Kommentar zum Handelsgesetzbuch. Band 2 §§ 105–177. §§ 335–342: Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft [2. Aufl. Reprint 2018] 9783111624884, 9783111247243


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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis des zweiten Bandes
Vorbemerkungen
Erster Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft
Erster Titel. Errichtung der Gesellschaft
Zweiter Titel. Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander
Dritter Titel. Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten
Vierter Titel. Auflösung der Gesellschaft und Ausscheiden von Gesellschaftern
Fünfter Titel. Liquidation der Gesellschaft
Sechster Titel. Verjährung
Zweiter Abschnitt. Kommanditgesellschaft
Dritter Abschnitt. Aktiengesellschaft
Vierter Abschnitt. Kommanditgesellschaft auf Aktien
Fünfter Abschnitt. Stille Gesellschaft
Sachregister
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Kommentar zum Handelsgesetzbuch. Band 2 §§ 105–177. §§ 335–342: Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft [2. Aufl. Reprint 2018]
 9783111624884, 9783111247243

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Großkommentar der Praxis

Kommentar zum

Handelsgesetzbuch Früher herausgegeben von Mitgliedern des Reichsgerichts

Zweiter Band (§§ 105—177, §§ 355—542) Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft bearbeitet von

Reichsgerichtsrat a. D. Dr. OTTO W E I P E R T (Zitiermethode: Weipert in RGR Komm. z. HGB.)

Zweite Auflage

Berlin 1 9 5 0

W a l t e r de G r u y t e r & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J. TrQbner • Veit & Comp.

Archiv-Nr. 2235 50

Inhaltsverzeichnis des zweiten Bandes (§§ 1 0 5 - 3 4 2 )

Zweites Buch Handelsgesellschaften und stille Gesellsehalt

Seite

Vorbemerkungen

1

Erster Abschnitt Offene Handelsgesellschaft Erster Titel. Errichtung der Gesellschaft $ 105. Begriffsbestimmung 5 § 106. Anmeldung der Gesellschaft . 65 § 107. Anmeldung von Änderungen . 68 71 § 108. Form der Anmeldungen . . . Zweiter Titel Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander 1109. Feststellung durch Gesellschaftsvertrag 78 j 110. Ersatzansprüche der Gesellschafter für Aufwendungen usw. 85 §111. Folgen von Pflichtverletzungen 92 § 112. Wettbewerbverbot 95 5 113. Folgen der Verletzung des Wettbewerbverbote 102 $ 114. Geschäftsführung 109 § 115. Inhalt der Geschäftsführungsbefugnis 115 § 116. Grenze der Geschäftsführungsbefugnis; Prokurenerteilung . 122 § 117. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis 134 §118. Kontrollrecht d. Gesellschafter 144 § 119. Beschlüsse der Gesellschafter; Stimmverhältnis 147 § 120. Beteiligung an Gewinn und Verlust 154 § 121. Verteilung von Gewinn und Verlust 176 § 122. Rechte der Gesellschafter auf Entnahmen 181

Seite

Dritter Titel Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten § 123. Beginn der Wirksamkeit einer offenen Handelsgesellschaft nach außen § 124. Selbständigkeit der offenen Handelsgesellschaft § 125. Vertretung der Gesellschaft . § 126. Umfang der Vertretungsmacht § 127. Entziehung der Vertretungsmacht § 128. Gesamthaftung d.Gesellschafter 1129. Einwendungen der Gesellschafter gegen Forderungen der Gesellschaftsgläubiger § 130. Eintritt in eine bestehende Gesellschaft

188 193 212 228 239 248 263 270

Vierter Titel Auflösung der Gesellschaft und Ausscheiden von Gesellschaftern § 131. Auflösungsgründe § 132. Kündigung § 133. Antrag eines Gesellschafters auf Auflösung § 134. Gesellschaft auf Lebenszeit . § 135. Auflösungsrecht des Gläubigers eines Gesellschafters . . . . § 136. Geschäftsführungsbefugnis nach erfolgter Auflösung . . § 137. Vorläufige Fortsetzung bei Tod oder Konkurs eines Gesellschafters § 138. Fortbestehen der Gesellschaft bei Tod, Kündigung oder Konkurs, Auseinandersetzimg mit dem ausscheidenden Gesellschafter § 139. Fortsetzung mit den Erben .

279 310 321 336 339 347 349

355 378

Inhaltsverzeichnis des zweiten Bandes

VI

Seite

§ 140. Ausschließung eines Gesellschafters 406 § 141. Aiisscheiden eines Gesellschafters bei Kündigung durch Privatgläubiger oder Konkurs . 420 § 142. Übernahme des Geschäfts durch einen von zwei Gesellschaftern 426 § 143. Anmeldung der Auflösung . . 436 § 144. Fortsetzung der Gesellschaft 443 Fünfter Titel Liquidation der Gesellschaft § 145. Abwicklung als regelmäßige Folge der Auflösung . . . . § 146. Abwickler § 147. Abberufving von Abwickler . § 148. Anmeldung § 149. Aufgabe und Rechtsstellung . § 150. Vertretungsmacht § 151. Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht §152. Anordnungen der Gesellschafter § 153. Zeichnung der Firma durch die Abwickler § 154. Bilanzen im Abwicklungszustande § 155. Verteilung des Vermögens . . § 156. Geltung der Vorschriften über die Gesellschaft im Abwicklungszustande § 157. Anmeldung des Erlöschens der Firma § 158. Anderweitige Auseinandersetzung

445 456 474 480 483 503 507 510 513 515 522 532

Zweiter Abschnitt Kommanditgesellschaft § 161. Begriffsmerkmale § 162. Anmeldung und Bekanntmachung § 163. Rechtsverhältnis nach innen §164. Geschäftsführung

§335. § 336. § 337. § 338. § 339. § 340. § 341.

563 575 581 583

592 598 606 609 615 619 638 656 672 675 677 685

Fünfter Abschnitt Stille Gesellschaft

541

547 556

589

Der 3. Abschnitt: Aktiengesellschaft (§§ 178 bis 319) und der 4. Abschnitt: Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 320—334) sind ersetzt durch das Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937 (RGBl. I S. 107).

535

Sechster Titel Verjährung § 159. Verjährungsfrist § 160. Unterbrechung

Seite

§ 165. Wettbewerbverbot § 166. Kontrollrecht der Kommanditisten § 167. Beteiligung am Gewinn und Verlust § 168. Verteilung von Gewinn und Verlust § 169. Recht auf Entnahmen . . . § 170. Vertretung § 171. Haftung des Kommanditisten § 172. Schutz der Gläubiger gegen Verkürzung der Einlage . . . § 173. Eintritt als Kommanditist in eine bestehende Gesellschaft . § 174. Herabsetzung der Einlage des Kommanditisten § 175. Anmeldung der Erhöhung und Herabsetzung der Einlage . . § 176. Haftung des Kommanditisten für vor d. Eintragung gemachte Geschäfte § 177. Tod des Kommanditisten . .

§ 342.

Begriffsmerkmale Anteil am Gewinn und Verlust Gewinn- u. Verlustberechnung Aufsichtsrechte des stillen Gesellschafters Auflösungsgründe Rechtsverhältnisse nach Auflösung Konkurs des persönlich haftenden Gesellschafters Anfechtung der Rückgewähr der Einlage an den stillen Gesellschafter

Sachregister

702 727 730 742 744 757 770 777 785

Z w e i t e s Buch

Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft Vorbemerkungen Anm. 1. I. Das zweite Buch enthält nach seiner Überschrift die Vorschriften über die Handelsgesellschaften und über die stille Gesellschaft. Es trat an die Stelle der Artt. 85—270 ADHGB. Schon durch die Überschrift bringt es zum Ausdruck, daß es die stille Gesellschaft nicht zu den Handelsgesellschaften rechnet. Die stille Gesellschaft ist auch ihrem Wesen nach nicht als Handelsgesellschaft anzusehen. Der stille Gesellschafter beteiligt sich nur finanziell an dem Handelsgewerbe eines anderen, der es nach wie vor allein als Inhaber betreibt; § 335 Ab. 1 Satz 1; §§340—342. Als reine Innengesellschaft, vgl. die Erl. zu § 335, kann die stille Gesellschaft auch deshalb keine Handelsgesellschaft sein, weil zum Wesen der Handelsgesellschaft das Hervortreten nach außen gehört, das sich namentlich in der gemeinsamen Firma und in der vorgeschriebenen Eintragung zum Handelsregister äußeit. Anm. 2. Im Handelsgesetzbuch sind als H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e n behandelt: die offene Handelsgesellschaft, §§105—160; die Kommanditgesellschaft, §§161—177; die Aktiengesellschaft, §§178—319, und die Kommanditgesellschaft auf Aktien, §§320—334. Die Vorschriften über die beiden letzten Gesellschaftsarten sind jetzt ersetzt durch das am 1. Oktober 1937 in Kraft getretene Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30. Januar 1937, RGBl. I 107ff. (§ 1 Abs. 1, § 18 Abs. 1 des EG. zum Aktiengesetz vom gleichen Tage, RGBl. I 166). Im Handelsgesetzbuch sind somit nur noch die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft (die sog. P e r s o n e n - oder P e r s o n a l g e s e l l s c h a f t e n ) geregelt. Als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs gilt auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung; § 13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892 (GmbHG.). Die GmbH, wie die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien gelten auch dann als Handelsgesellschaften, wenn sie kein Handesgewerbe betreiben, während ein solcher Betrieb zum Wesen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft gehört; §§ 105, 161 HGB.; § 3 AktG. Keine Handelsgesellschaft ist die e i n g e t r a g e n e G e n o s s e n s c h a f t nach dem Gesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 20. Mai 1898 (GenG.). Nach § 17 Abs. 2 GenG. gelten zwar die Genossenschaften als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuchs, soweit das GenG. keine abweichenden Vorschriften enthält. Diese Bestimmung bedeutet aber nur, daß auf die Genossenschaften die für Kaufleute geltenden a l l g e m e i n e n Vorschriften des HGB. Anwendung finden, z. B. diejenigen über Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher, über die Firma, soweit nicht § 3 GenG. maßgebend ist, über kaufmännische Zinsen, über den Schutz des guten Glaubens, über die Formfreiheit von Bürgschaft; Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis und über das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht. Das ADHGB. enthielt in den Artt. 266—271 besondere Vorschriften über die „Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinsame Rechnung" (Gelegenheitsgesellschaft). Sie sind in das neue HGB. nicht übernommen worden. Ihre einzelnen Vorschriften sind als allgemeines Recht in die Vorschriften über die bürgerlichrechtliche Gesellschaft, §§ 705ff. BGB., aufgenommen worden. Nach diesen Vorschriften richtet sich jetzt auch die Gelegenheitsgesellschaft, wenn sie einzelne Handelsgeschäfte zum Gegenstand hat; vgl. § 105 Anm. 85. Anm. 3. Die Handelsgesellschaften sind entweder Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften. Bei den Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft, Kommandit1

HOB. Bd. II. (Weipert.) 2. Aufl.

1

Zweites Buch: Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft Anm.4—6 gesellschaft auf Aktien, OmbH.) bildet das eingebrachte Kapital die alleinige n o t w e n dige Grundlage des Kredites des Unternehmens, wenn auch wie bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien eine persönliche Haftung einzelner Gesellschafter (der Komplementäre) hinzukommen kann. Das bei diesen Gesellschaften notwendig einzubringende Vermögen, das Grundkapital oder die Stammeinlage, ist im Interesse der Gesellschaftsgläubiger gewissen Sicherungsvorschriften hinsichtlich seiner Aufbringung und Zurückzahlung unterworfen ( v e r a n t w o r t l i c h e s oder g e b u n d e n e s K a p i t a l ) . Bei den Personengesellschaften (offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft, insbesondere bei der ersten) bildet dagegen die persönliche Haftung der Gesellschafter mit ihrem ganzen Vermögen und teilweise auch ihre persönliche Mitarbeit bei der Führung des Unternehmens die Grundlage des Vertrauens. Wenn auch hier regelmäßig ein besonderes Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, das den Gläubigern ebenfalls haftet, so bedarf es doch hier gerade wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter keiner Bindung des Vermögens zugunsten der Gläubiger. Anm.4. II. Z e i t l i c h e r G e l t u n g s b e r e i c h der V o r s c h r i f t e n ü b e r die H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e n , soweit sie jetzt noch im HGB. geregelt sind. Für Handelsgeellsschaften, die nach Inkrafttreten des Handelsgesetzbuchs von 1897 (1. Januar 1900) in dessen Geltungsgebiet entstanden sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Sind sie vorher entstanden, so unterliegen sie den Vorschriften des älteren Rechts, also regelmäßig des ADHGB. und des dieses ergänzenden alten Landesrechts, RG. bei Gruchot 50, 1026, soweit nicht zwingende Vorschriften des neuen HGB., z. B. des § 133 Abs. 3, über die Unabdingbarkeit des Rechts auf Auflösung der Gesellschaft oder des sonstigen neuen Rechts der Anwendung des alten Rechts entgegenstehen, Art, 170 EG.z.BGB., oder soweit sich nicht die Gesellschaft durch eine neue gesellschaftsvertragliche Bestimmung dem neuen Recht unterworfen hat. Die Unterwerfung unter das neue Recht oder einzelne Bestimmungen desselben kann auch durch schlüssige Handlungen geschehen. Sie ist aber nicht schon darin zu finden, daß die Gesellschafter seit Inkrafttreten des neuen HGB. das Gesellschaftsverhältnis fortgesetzt haben oder daß neue Gesellschafter der Gesellschaft beigetreten sind, Insbesondere dann nicht, wenn dieser Bin tritt (z.B. der Erben eines verstorbenen Gesellschafters) im alten Vertrag vorgesehen war; RG. 84,138; 109, 57; 145, 29 - JW. 1935, 4171; KG. in OLGR. 3, 343; Lehmann in ZHR. 48,17. Auch eine sonstige Änderung des Gesellschaftsvertrages läßt nicht ohne weiteres auf eine Unterwerfung unter das neue Recht schließen. Dagegen Ist sie anzunehmen, wenn die Gesellschafter unter der Herrschaft des neueu Rechts einen völlig neuen Gesellschaftsvertrag unter ausdrücklicher oder stillschweigender Aufhebung deaalten geschlossen haben oder wenn die Grundlagen der Gesellschaft durch neue Vereinbarungen vollständig oder wesentlich geändert sind; RG. 71, 254. Eine wesentliche Änderung k a n n z. B. vorliegen, wenn auf Verlangen der Erben eines persönlich haftenden Gesellschafters gemäß § 139 Abs. 1 HGB., der auch für altrechtliche Gesellschaften gilt, die Erben Kommanditisten geworden sind. Jedenfalls in der Regel wird als gewollt anzusehen sein, daß sich die Gesellschafter dem neuen Recht unterstellen wollen. Vertragliche Vereinbarungen, die für das alte und neue Recht passen, bleiben dabei in Kraft; RG. Urt. v. 27.1. 44; II 111/43. Die Unterwerfung unter das neue Recht kann sich auch daraus ergeben, daß die Gesellschafter nach dessen Vorschriften gelebt haben, z. B. statt der dem ADHGB., Art. 106, eigentümlichen Verzinsung der Einlagen nur im Falle eines Gewinnes sich die Vordividende nach § 121 HGB. gegenseitig bewilligt haben. Anm. 5. G e l t u n g des d e u t s c h e n R e c h t s der P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e n in Ö s t e r r e i c h . Auf Grund der 4.Vo. zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften in Österreich vom 24. Dezember 1938, RGBl. 1 1999 („österr. EVo."), ist in Österreich das deutsche Handelsgesetzbuch am 1. März 1939, jedoch mit Ausnahme des 6, und 7. Abschnitts des Ersten Buchs (also mit Ausnahme des Rechts der Handelsangestellten und der Handelsagenten), vgl. die Erl. zu § 84, in Kraft getreten. Das HGB. gilt auch für diejenigen Gesellschaften, die vor seinem Inkrafttreten in Österreich entstanden sind. I n s o f e r n weicht die Regelung ab von derjenigen, die für die in Deutschland vor 1. Januar 1900 entstandenen Gesellschaften gilt; vgl. Anm. 4. Anm. 8. Da das Handelsrecht kein in sich abgeschlossenes Rechtsgebiet ist, sondern durch Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts ergänzt wird, vgl. § 105 Abs. 2 2

Vorbemerkungen (Weipert)

Anm. 7—8 HOB., und da das bisherige bürgerliche Recht, also das österreichische ABGB., weiter gilt, würde die Ergänzung des Handelsrechts somit in Österreich auf Grund des ABGB. erfolgen. Bei Schaffung des deutschen BGB. sind nun manche Bestandteile des ADHGB. wegen ihrer allgemeinen Bedeutung in das deutsche BGB.übernommen und damit im HGB. überflüssig und gestrichen worden, während sie in Österreich als Bestandteile des ADHGB. noch galten. Die Verweisung auf das österreichische ABGB. würde also zur Ergänzung des Hechts der alten Gesellschaften in Österreich neben dem deutschen HGB. nicht genügen. Um diese Lücke auszufüllen und um auch für die alten Gesellschaften die tunlichste Angleichung an das deutsche Recht zu erreichen, sind eine Reihe ergänzender Vorschriften, und zwar jeweils tunlichst im Anschluß an den Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen des deutschen BGB. in die EVo. aufgenommen worden. Durch die Aufnahme der Bestimmungen in die EVo.wird auch für Österreich eine in sich geschlossene einheitliche Regelung des Rechts der handelsrechtlichen Personengesellschaften und der stillen Gesellschaft erreicht. Die Anpassung ist erfolgt in dem „Zweiten Abschnitt: Angleichungs- und Ergänzungsbestimmungen zum Handelsgesetzbuch". Nach Artikel I 1 gelten an Stelle des auf das BGB. verweisenden § 105 Abs. 2 HGB. die in den Nummern 2—5, 17—19 wiedergegebenen Vorschriften. Wegen ihres Inhalts wird auf die Erläuterungen zu den einzelnen Paragraphen des HGB., z. B. zu §§ 109, 161, verwiesen: vgl. auch die Übersicht von Brandstetter in DJ. 1939 S. 154ff. Anm, 7. Da die Vorschriften der Angleichung an das deutsche Recht dienen, haben sie'für die Auslegung des BGB. die Bedeutung einer Auslegung durch den Gesetzgeber (authentische Interpretation). Anm. 8. Das d e u t s c h e R e c h t gilt n u r f ü r i n l ä n d i s c h e G e s e l l s c h a f t e n , soweit es nicht seiner Natur nach zwingend ist. Von einer i n l ä n d i s c h e n oder a u s l ä n d i schen S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t einer H a n d e l s g e s e l l s c h a f t kann man zwar nicht sprechen, da der Begriff der Staatsangehörigkeit nur für natürliche Personen gilt, wohl aber kann man von e i n e r in- oder a u s l ä n d i s c h e n G e s e l l s c h a f t in dem Sinne sprechen, ob sie als Gesellschaft dem deutschen oder einem fremden Rechte untersteht; vgl. deutsch-englisches Schiedsgericht in JW. 1922,1161* mit Anm.; wegen elsaß-lothr. offener Handelsgesellschaften nach französischem Recht: cour d'appel Colmar in JW. 1926,1373 mit Anm.; vgl. auch OLG. Hamburg in OLGR. 10,129; Wieland I 459 Anm. 57, 8, 617 Anm. 18. Ob eine Gesellschaft eine i n l ä n d i s c h e oder eine a u s l ä n d i s c h e ist, bestimmt sich nach ihrem Sitze. Mafigebend ist der Sitz der H a u p t n i e d e r l a s s u n g (wegen des Begriffs des Gesellschaftssitzes vgl. die Erl. zu § 106); RG. in LZ. 11, 616**; Kohler in ZHR. 74, 459. Darauf, ob die Gesellschafter oder ein Teil von ihnen Inländer oder Ausländer sind, kommt es nicht an; OLG. Hamburg in DJZ. 1900, 444; OLG. Posen in JW. 1915,1038; Dresden in JW. 1918, 58; Pariser Kass.-Hof in JW. 1930, 38161 (wegen der zu bejahenden Zulässigkeit der Eintragung einer aus Deutschen und Ausländern bestehenden o.HG. in das Handelsregister eines deutschen Konsuls vgl. RG. 36, 172). Nach dem R e c h t e des G e s e l l s c h a f t s s i t z e s richtet sich danach die Frage, ob eine Gesellschaft die Rechts- (die Partei- und Prozeß-Jfähigkeit oder eine beschränkte Rechtsfähigkeit oder die in § 124 für das deutsche Recht bestimmte Fähigkeit zu eelbständigem Auftreten im Rechtsverkehr besitzt. Hat eine ausländische Gesellschaft nach dem Rechte ihres Sitzes diese Fähigkeit, so ist sie ihr auch im Inlande zuzuerkennen. Einer besonderen Anerkennung der Rechtsfähigkeit wie bei Vereinen nach Art. 10 EG. z.BGB. bedarf es nicht. Verschieden von der Rechtsfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft ist die Frage, ob eine Gesellschaft befugt ist, im Inlande ein Gewerbe zu betreiben, insbesondere ob sie dazu einer Erlaubnis bedarf. Diese Frage entscheidet sich nach inländischem Recht, soweit nicht durch Staatsverträge die Frage geregelt ist. Die Notwendigkeit einer solchen Erlaubnis erstreckt sich nicht ohne weiteres auf den Abschluß einzelner Geschäfte. Maßgebend ist hier Inhalt und Zweck des Gesetzes; RG. 83, 67; 114, 217. Ob eine a u s l ä n d i s c h e G e s e l l s c h a f t im Inlande als K a u f m a n n anzusehen ist, bestimmt sich nach deutschem Recht; vgl. Allgem. Einl. vor § 1 und Erl. zu § 6. Das Recht einer ausländischen Gesellschaft zur F i r m e n f ü h r u n g richtet sich nach dem Rechte ihres Sitzes; Wieland I 617 Anm. 18; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, 1931, I 53ff. mit Nachweisen der Rechtsprechung.

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Zweites Buch: Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft Anm. »—11 Nach dem Rechte des Gesellschaftssitzes bestimmen sich auch die R e c h t s v e r h ä l t nisse der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r u n d zu D r i t t e n , namentlich also auch die Haftbarkeit der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten und ihre Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten. Das gleiche gilt von der Möglichkeit, die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter abweichend von der gesetzlichen Regel zu ordnen. Nicht anzuerkennen ist das ausländische Recht, soweit es den deutschen Anschauungen über die guten Sitten widerspricht oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt; Art. 30 EG.z.BGB.; vgl. auch Allgem. Einl. vor § 1. Soweit es sich um das V e r f a h r e n vor deutschen Behörden, insbesondere deutschen Gerichten handelt, sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, die deutschen Vorschriften auch für ausländische Gesellschaften maßgebend. Gilt eine Handelsgesellschaft nach den angegebenen Grundsätzen als ausländische Gesellschaft, so hat sie, soweit nicht zwischenstaatliche Verträge etwas anderes bestimmen, nach §110 ZPO. S i c h e r h e i t f ü r die P r o z e ß k o s t e n zu leisten, auch wenn alle oder einige Gesellschafter Inländer sind. Ist sie als inländische Gesellschaft anzusehen, so ist sie von der Vorschußpflicht befreit, auch wenn alle oder einige Gesellschafter Ausländer sind; Jonas-Pohle §110 ZPO. I 1 b; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, S. 25; a.M.RG. 36, 393; OLG. Dresden in SächsA. 5, 707. Für die Frage, ob einer ausländischen Gesellschaft das A r m e n r e c h t wegen Verbürgung der Gegenseitigkeit zu gewähren ist, kommt es ebenfalls auf das Recht des Gesellschaftssitzes an. Anm. 9. Für das Deyisenrecht ist eine Personengesellschaft mit inländischem Sitz auch dann als Inländerin zu betrachten, wenn einer ihrer Inhaber Ausländer ist und im Auslande seinen Wohnsitz hat. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft sich in Abwicklung befindet; RG. 151, 43 mit Schrifttumsnachweisen. Wegen der Bedeutung des Wohnsitzes oder des Gesellschaftssitzes für das i n t e r l o k a l e P r i v a t r e c h t : Beitzke in DR. 1940, 1539 mit weiteren Nachweisen und die Erl. zu § 1 u. § 106. Anm. 10. Eine a u s l ä n d i s c h e , also nicht deutsche Gesellschaft unterwirft sich dem deutschen Recht, wenn sie ihren Sitz ins Inland verlegt. Nach deutschem Recht bestimmt sich dann, ob sie nach ihrem Gesellschaftsvertrag den Erfordernissen einer deutschen Gesellschaft bestimmter Art genügt. Durch die Errichtung einer Z w e i g n i e d e r l a s s u n g einer ausländischen Gesellschaft im Inlande wird die Beurteilung ihrer Rechtsfähigkeit u n i ihrer sonstigen Rechtsverhältnisse grundsätzlich nicht berührt. Die Zweigniederlassung ist aber den für inländische Gewerbebetriebe geltenden Vorschriften unterworfen; wegen der Anmeldung der Zweigniederlassung vgl. § 13 b. Durch die S i t z v e r l e g u n g i n s A u s l a n d verliert eine deutsche Gesellschaft die Eigenschaft einer deutschen Gesellschaft. Sie kann dann als ausländische Gesellschaft nach dem Recht ihres neuen Sitzes weiter bestehen. Wegen der Frage der Auflösung durch die Sitzverlegung vgl. die Erläuterungen zu § 131. Anm. 11. Besondere Bestimmungen enthält das Gesetz betreffend das F l a g g e n r e c h t der K a u f f a h r t e i s c h i f f e vom 22. Juni 1899, RGBl. 319, in der Fassung vom 29. Mai 1901, RGBl. 184, abgeändert durch Vo. vom 14. Februar 1939, RGBl. I 209 (neues Bundesgesetz in Vorbereitung). S c h r i f t t u m : Außer den Lehrbüchern und Kommentaren zum HGB.- und Gesellschaftsrecht des BGB.: u . a . : Affolter, Die rechtliche Natur der offenen Handelsgesellschaft in Arch. f. bürg. Recht Bd. 5, S. 5ff.; Boesebeck: Die kapitalistische Kommanditgesellschaft 1938; O. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung 1887; derselbe: Die Handelsgesellschaften und das bürgerl. Recht, Günther Haupt, Gesellschaftsrecht 1944; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft 1946; E. Jäger, Die offene Handelsgesellschaft im Zivilprozeß 1915; derselbe, Der Konkurs der offenen Handelsgesellschaft 1897; Laufke, Die Handelsgesellschaften und das zwingende Recht 1931; Würdinger. Recht der Personalgesellschaften 1937. Zur geschichtlichen Entwicklung der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft: Lastig, ZHR. 29, 387ff.; Wieland, Handelsrecht I, 521 ff.; Haumann, ZHR. 68, 439ff.; 69, 47ff.; Max Weber, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter 1889; Rehme, Geschichte des Handelsrechts in Ehrenbergs Handbuch I, 162ff.

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Erster A b s c h n i t t

Offene Handelsgesellschaft Erster Titel

Errichtung der Gesellschaft

§ 105 Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. Auf die offene Handelsgesellschaft finden, soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung. I. Einleitung Anm.l. Geschichte der offenen Handelsgesellschaft. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Handelsbeziehungen seit dem Ende des Mittelalters, insbesondere auch des zwischenstaatlichen Handels, ergab sich das Bedürfnis zum Zusammenschluß mehrerer Unternehmer zum Betrieb eines Unternehmens zum Zwecke der gemeinsamen Gewinnerzielung. Je nachdem dabei das Bedürfnis nach dem Kapital oder nach der persönlichen Mitarbeit des Gesellschafters in den Vordergrund rückte, bildeten sich drei G r u n d a r t e n g e s e l l s c h a f t l i c h e r U n t e r n e h m e n s f o r m e n . Diese Formen entwickelten sich nicht nur in Deutschland, sondern auch namentlich bei den großen Handelsvölkern von Italien, England und Frankreich. Dabei war besonders die in Italien und England durch den Kaufmannsstand geübte Geschäfts- und Vertragsgestaltung auch vielfach vorbildlich für die deutsche Entwicklung. Wo die Kapitalbeteiligung ausschlaggebend war, bildete sich die Aktiengesellschaft, bei der die Gesellschafter ausschließlich mit Kapital und in beschränkter Weise beteiligt sind (wegen der Geschichte der Aktiengesellschaft vgl. Großkommentar zum Aktiengesetz, Einleitung, und Karl Lehmann, Dif geschieht liehe Entwicklung des Aktienrechts bis zum code de commerce 1895). Die GmbH, di° im wesentlichen eine Kapitalgesellschaft, aber mit stark persönlichem Einschlag darstellt, trat in neuerer Zeit neben die Aktiengesellschaft. Im wesentlichen um die Kapitalbeteiligung handelt es sich auch bei der stillen Gesellschaft, die gar nicht nach außen in die Erscheinung tritt. Das persönliche Hervortreten der Gesellschafter durch Auftreten als Unternehmer nach außen, eigene Unternehmungsleitung der Gesellschafter und persönliche Haftung der Gesellschafter fand neben der Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei der aber das beschränkt haftende, in Aktien zerlegte Kapital stark in den Vordergrund tritt, ihre Form in der offenen Handelsgesellschaft und in der Kommanditgesellschaft. Diese beiden Formen wurden früh auch schon in Deutschland gewählt. So war die Handelsgesellschaft der Brüder Fugger in Augsburg ihrem Wesen nach bereits eine offene Handelsgesellschaft. In Frankreich wurde das Recht dieser Gesellschaften erstmals im code de commerce gesetzgeberisch formuliert, die Notwendigkeit des Gebrauchs einer gemeinsamen Firma festgelegt und darnach auch die Bezeichnung der Gesellschaft als société en nom collectif gewählt. Auch das schweizerische Recht wählt eine

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§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 2—4 entsprechende Bezeichnung (Kollektivgesellschaft), läßt aber unter dieser Rechtsform den Zusammenschluß zu jedem Zweck, nicht wie die anderen Rechte nur zum Betrieb eines Handelsgewerbes zu; Schweiz. Obl.Recht Artt. 552ff. Das englische Recht kennt die offene Handelsgesellschaft unter der Bezeichnung partnership. In Deutschland erfolgte die gesetzliche Regelung dieser Gesellschaftsform und der Kommanditgesellschaft durch das ADHGB von 1861. Es bringt auch nach dem Vorschlage in dem preußischen Entwurf zu einem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch die Bezeichnung offene Handelsgesellschaft. Die Vorschriften des ADHGB. sind im wesentlichen in das HGB. von 1897 übergegangen. Wegen der Geschichte der offenen Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft im einzelnen wird auf das umfangreiche Schrifttum dazu verwiesen (vgl. die obenstehenden Schrifttumsangaben und insbesondere auch J. v. Gierke, Handels- u. Schiffahrtsrecht S. 11). Anm. 2. Wegen der verschiedenen Gestaltung der offenen Handelsgesellschaft unterscheidet man den f r a n z ö s i s c h e n und den d e u t s c h e n R e c h t s k r e i s . Der erste, dem die romanischen, auch die südamerikanischen Länder folgen, betrachtet die offene Handelsgesellschaft als juristische Person, während die Gesetzgebungen des deutschen Rechtskreises — nach der jedenfalls herrschenden Meinung — das Bestehen einer eigenen Rechtspersönlichkeit verneinen. Zu diesen gehören auch England (vgl. Späing, Ztschr. HR. Bd. 43, S. 222f.), die Schweiz (Obl.Recht Artt. 552ff.), Ungarn (HGB. Artt. 64ff.), Schweden, Holland (vgl. Müller-Erzbach, Handelsrecht S. 179/80). Anm. 8. 2. D e u t s c h r e c h t l i c h e r C h a r a k t e r der P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e n des H a n d e l s r e c h t s . Die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft beruhen in der Rechtsgestaltung, die sie bereits durch das ADHGB. gefunden und auch im HGB. von 1897 behalten haben, durchweg auf d e u t s c h r e c h t l i c h e n G r u n d s ä t z e n . Dies zeigt sich vor allem in der Ausbildung des G e s a m t h a n d v e r h ä l t n i s s e s und in der im Wesen des Gesamthandsvermögens liegenden Bindung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gesamtheit, in der Ausschließung des freien Verfügungsrechts des einzelnen Gesellschafters über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen, in der gesetzlichen Regel, daß jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft also zur v e r a n t w o r t l i c h e n L e i t u n g berufen ist, ferner darin, daß die Erhaltung des Unternehmens beim Ausfall oder Unfähigkeit einzelner Gesellschafter erleichtert und die mit der Auflösung oft verbundene Gefahr der Verschleuderung von Vermögenswerten vermindert ist, und vor allem auch in der bei der o.HG. u n b e s c h r ä n k t e n , bei der KG. beschränkten und nicht ausschließbaren persönlichen H a f t u n g aller G e s e l l s c h a f t e r mit ihrem ganzen Vermögen gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. (Wegen der Geltung dieser Grundsätze vgl. die Erläuterungen, insbesondere zu § 105 Abs. 1, §§ 114, 127, 128, 129, 131 ff.) Durch diese Ordnung des Verhältnisses der Gesellschafter zum Unternehmen ist die im volkswirtschaftlichen Interesse gebotene Initiative und das Verantwortungsbewußtsein des Unternehmers im höchsten Maße gewährleistet. Wegen dieser Vorzüge der Personengesellschaften hat das Umwandlungsgesetz vom 5. Juli 1934, RGBl. I 569, die Umwandlung von Kapitalgesellschaften in offene Handels- und Kommanditgesellschaften gefördert. Von dieser Möglichkeit ist zahlreich Gebrauch gemacht worden. Dadurch ist auch die Zahl der Personengesellschaften erheblich vermehrt worden und damit ihre Bedeutung im Wirtschaftsleben gestiegen. II. Einteilung des Gesetzes Anm. 4. Der Erste Titel des Zweiten Buchs behandelt die „Errichtung der Gesellschaft", §§ 105—108, enthält aber auch die Begriffsbestimmung der offenen Handelsgesellschaft, § 105 Abs. 1. Der Zweite Titel ordnet das „Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander", §§ 109—122; er enthält auch Vorschriften über das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und über die Führung der Geschäfte der Gesellschaft und die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse. Der Dritte Titel regelt das „Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten", §§ 123—130. Der Vierte Titel enthält die Vorschriften über die Auflösung der Gesellschaft und das Ausscheiden von Gesellschaftern, §§ 131—144. Der Fünfte Titel behandelt die Liquidation der Gesellschaft, §§ 145—158; der Sechste Titel die Verjährung, §§ 159, 160.

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ .105 Anm. 6—7

III. Der Begriff der offenen Handelsgesellschaft Anm. 5. Sie ist nach § 105 Abs. 1 eine „ G e s e l l s c h a f t , deren Zwock auf den B e t r i e b eines H a n d e l s g e w e r b e s u n t e r g e m e i n s c h a f t l i c h e r F i r m a g e r i c h t e t ist u n d b e i der bei k e i n e m der G e s e l l s c h a f t e r die H a f t u n g g e g e n ü b e r den G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n g e s c h r ä n k t ist". Anm. 6. 1. Die o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t i s t nach dem k l a r e n W o r t l a u t des A b s a t z e s 1 eine G e s e l l s c h a f t . Nach Art. 85 ADHGB. war eine offene Handelsgesellschaft vorhanden, „wenn zwei oder mehrere Personen ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreiben und bei keinem der Gesellschafter die Beteiligung auf Vermögenseinlagen beschränkt ist". Auf Grund dieser Fassung wurde zum Teil (Laband in ZHR. 30, 509) die Meinung vertreten, die offene Handelsgesellschaft sei lediglich ein schuldrechtliches Verhältnis, dessen wesentlicher Inhalt in der Haftung für die Schulden eines unter gemeinschaftlicher Firma betriebenen Handelsgewerbes bestehe, und daß es auf die inneren Beziehungen der Beteiligten nicht ankomme, daß es sich also nur um eine schuldrechtliche Bindung, wie bei der römisch-rechtlichen societas handle. Dieser auch früher überwiegend nicht geteilten Meinung tritt die neue Fassung des Gesetzes dadurch entgegen, daß es die offene Handelsgesellschaft als Gesellschaft mit den anschließend festgelegten Eigenschaften bezeichnet; Denkschrift zum HGB. (künftig „D.") 86. Die offene Handelsgesellschaft ist somit stets eine Gesellschaft. Abgesehen von den zweifellos vorhandenen schuldrechtlichen Bindungen liegt, sobald die Gesellschaft ins Leben getreten ist, ein körperschaftlicher Verband der ihn bildenden Personen vor. Dies zeigt sich namentlich bei Beantwortung der Frage, ob Mängel des Gesellschaftsvertrages, die dessen Nichtigkeit oder Anfechtung wegen Willensmängeln begründen, ohne weiteres zur Verneinung des Bestehens der Gesellschaft von Anfang an mit ihren weitgehenden Folgen führen oder nur die Auflösung der Gesellschaft für die Zukunft und ihre Abwicklung nach sich ziehen können; vgl. § 105 Anm. 73ff. Bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft tritt der körperschaftliche Charakter durch ihre Ausgestaltung als Firmenunternehmen mit gebundenem Zweckvermögen besonders hervor; vgl. § 124. Anm. 7. 2. Die rechtliche Natur der offenen Handelsgesellschaft als Personengesellschaft. Zweifel bestanden auch noch unter der Herrschaft des neuen HGB. über die Bectatsnatur dieser Gesellschaft. Sie gingen dahin, ob die offene Handelsgesellschaft eine Personengesellschaft im Sinne der §§ 705ff. BGB. oder ob sie eine j u r i s t i s c h e P e r s o n ist. Den Standpunkt, daß es sich um eine juristische Person, eine Gesellschaft mii eigener Rechtspersönlichkeit handle, vertrat namentlich Kohler, ZHR. 74, 456 und ArchBürgR. 40, 299, und Wieland I 396ff. Auch Jonas-Pohle §50 ZPO. II 5 und N. 28 mit weiteren Nachweisen, § 239 I 3 und N. 15, § 268 II 3 und N. 10 halten die offene Handelsgesellschaft für ein „selbständiges Rechtssubjekt" und bestreiten ihre bloße formelle Parteifähigkeit. Überwiegend wird aber im Schrifttum und seit langer Zeit durchweg in der Rechtsprechung, insbesondere des Reichsgerichts, mit Recht angenommen, daß die offene Handelsgesellschaft keine juristische Person, sondern eine Gesellschaft im Sinne der §§ 705ff. BGB. ist; vgl. Müller-Erzbach, Kap. 35, II 178; J. v. Gierke, Handels- und Schiffahrtsrecht II § 39, IV S. 11; Ritter, Anm. 7 zu § 105; Schlegelberger, Anm. 28; Hueck, S. 18; Würdinger S. 105; RG. 46, 41; 49, 343, 426; 54, 280; 56, 432; 65, 229; 68, 412; 74, 9; 79,146; 86, 66; 114, 92; 118, 298; 141, 34 u. a. Zwar sprechen einzelne Bestimmungen des Gesetzes für eine eigene Rechtspersönlichkeit, so die eigene Firma und der besondere Sitz der Gesellschaft, § 105 Abs. 1, § 106, die Vorschrift, daß die offene Handelsgesellschaft unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden kann, daß ein besonderes Gesellschaftsvermögen möglich ist, daß zur Zwangsvollstreckung in dieses Vermögen ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Titel erforderlich ist, § 124 Abs. 1 u. 2, daß ein besonderer Gesellschaftskonkurs möglich ist, § 131 Nr. 3, § 144 HGB., § 209 KO. Diese Ausgestaltung der Rechtsstellung der offenen Handelsgesellschaft ist aber mit ihrer Eigenschaft als Personengesellschaft im Sinne der §§ 705ff. BGB. nicht unvereinbar. Zwar hat die juristische Person ohne weiteres die in § 124 HGB. der offenen 7

§ 105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 7 Handelsgesellschaft verliehenen Befugnisse. Aber aus deren Vorhandensein folgt nicht umgekehrt, daß jedes Rechtsgebilde, das sie hat, eine juristische Person ist. Vielmehr können diese Befugnisse aus Zweckmäßigkeitsgründen vom Oesetzgeber auch einem nicht rechtsfähigen Verein oder einer Oesellschaft verliehen werden. So hat § 50 ZPO. einem nicht rechtsfähigen Verein teilweise die Stellung eines rechtsfähigen Vereins verliehen und dadurch ermöglicht, daß der Verein als solcher verklagt werden kann. Ebenso konnte der Gesetzgeber auch einer Oesellschaft im Sinne des bürgerlichen Rechts Befugnisse verleihen, die sonst nur einem rechtsfähigen Verbände zustehen. Bei der offenen Handelsgesellschaft erklärt sich diese Ausstattung mit besonderen Befugnissen ohne weiteres aus dem Zwecke der Gesellschaft, im Rechtsverkehr als Kaufmann aufzutreten. Wenn die offene Handelsgesellschaft unter ihrer Firma Rechte erwerben kann, so braucht dies somit nicht zu bedeuten, daß sie eine eigene Rechtspersönlichkeit ist, es bedeutet nur, daß die unter dem Firmennamen, der „gemeinschaftlichen" Firma, zusammengefaßte Vereinigung der Gesellschafter unter der Firmenbezeichnung Rechte erwerben kann. Auch eine gewöhnliche Oesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich eines gemeinsamen Namens bedienen, wenn es sich dabei auch nicht um eine Firma im handelsrechtlichen Sinne handelt; HoldhMschr. 1906, 255; RG. in JW. 1906, 452«; RGRKomm. § 705 Anm. 1. Auch aus dem Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens ergibt sich nichts für eine eigene Rechtspersönlichkeit. Auch die Oesellschaft bürgerlichen Rechts kann ein Gesellschaftsvermögen haben; §§ 718, 719 BGB. Aus den Bestimmungen des § 124 HOB. folgt somit nur, daß die offene Handelsgesellschaft eine mit besonderen Befugnissen ausgestattete Personengesellschaft ist. Sie zeigt sich durch diese Ausstattung wie durch die sonstigen Begriffsmerkmale des § 105 Abs. 1, insbesondere durch die Beschränkung ihres Zweckes auf den Betrieb eines Handelsgewerbes lediglich als eine Aba r t der b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e n G e s e l l s c h a f t . Daß der Gesetzgeber des HGB. die offene Handelsgesellschaft nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausstatten wollte, zeigt aber auch deutlich ein Vergleich der Fassung des § 105 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 mit dem Sprachgebrauch, den er teilweise in demselben HGB. anwendet, um die eigene Rechtspersönlichkeit eines Verbandes zum Ausdruck zu bringen. So wird, was bei § 105 fehlt, in § 210 HGB. ausdrücklich gesagt: die Aktiengesellschaft als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten. Daran schließt sich dann nur erläuternd, daß sie Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden kann. Genau die gleiche Fassung wählen § 13 Abs. 1 GmbHG., § 17 GenG. Wenn § 105 Abs. 1 statt dieser Ausdrucksweise die offene Handelsgesellschaft lediglich als eine Gesellschaft mit bestimmten näheren Begriffsmerkmalen bezeichnet und Abs. 2 noch hinzufügt, daß auf die offene Handelsgesellschaft die Vorschriften des BGB. über die Gesellschaft Anwendung finden, soweit nicht in dem Ersten Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist und die Vorschriften des § 124 über das Auftreten unter der eigenen Firma nur in den Titel über das Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten aufgenommen sind, können letztere nicht zur Bestimmung der rechtlichen Natur der offenen Handelsgesellschaft herangezogen werden. Gesellschaft im Sinne des § 105 kann vielmehr nur eine solche im Sinne der §§ 705ff. BGB. sein. Angesichts der jahrzehntelangen gleichmäßigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, die stets an dem gekennzeichneten Charakter der offenen Handelsgesellschaft festgehalten und daraus wichtige Schlußfolgerungen gezogen hat, und deren Anerkennung im Rechtsleben, muß auch eine g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e Festlegung des Begriffs angenommen werden, so daß künftig für eine andere Auslegung des Begriffs kein Raum mehr ist. Auch andere Gesetze, auch neuerer Zeit, gehen davon aus, daß die offene Handelsgesellschaft keine juristische Person ist. So bezeichnet § 11 Abs. 2 a des Reichsgesetzes über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934, RGBl. I 1203, als „Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit" „insbesondere offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften". Die Steuergesetzgebung behandelt diese Gesellschaften ebenfalls nicht als juristische Personen und unterwirft sie deshalb nicht der Körperschaftsteuer nach dem Körperschaftsteuergesetz, sondern erfaßt ihr Einkommen als Einkommen ihrer Gesellschafter mit der für natürliche Personen geltenden Einkommensteuer; vgl. unten Anm. 86. Die o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t ist s o m i t eine G e s e l l s c h a f t im Sinne der §§ 705ff. BGB., a b e r eine ihrem Zwecke a n g e p a ß t e A b a r t d i e s e r Ge-

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 8—10 s e l l s c h a f t s f o r m . Nicht zutreffend ist es daher, mit Gareis, Das deutsche Handelsrecht, § 27 Anm. 5, KG. in J F G . 1, 369, von einer „relativen" juristischen Person zu sprechen. Soll damit nichts anderes gesagt werden, als daß die Gesellschaft die in § 124 festgelegten Befugnisse hat, so ist die Bezeichnung überflüssig. Soll daraus mehr abgeleitet werden, so ist der Ausdruck unrichtig und irreführend. Anm. 8. Ist die offene Handelsgesellschaft keine selbständige Rechtspersönlichkeit, so können die T r ä g e r d e r s i c h a u s d e m G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s e r g e b e n d e n R e c h t e u n d P f l i c h t e n n u r d i e G e s e l l s c h a f t e r sein. Sie sind es allerdings nur in ihrer Verbundenheit in der Gesellschaft. Wegen der nähreren Ausgestaltung dieser Rechte und Pflichten n a c h d e m G r u n d s a t z e d e r g e s a m t e n H a n d vgl. unten Anm. 33 ff. Die Frage, ob die offene Handelsgesellschaft eine Gesellschaft im Sinne der §§ 705ff. BGB. oder eine juristische Person ist, ist nicht ohne praktische Bedeutung. Die bei der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft vorhandene, mit ihrer Organisation zusammenhängende Erschwerung des Rechtsverkehrs ist allerdings bei der offenen Handelsgesellschaft durch die Ausstattung der Gesellschaft mit den Befugnissen des § 124 und auch sonst durch die Regelung des Rechtsverhältnisses der Gesellschaft zu Dritten im Dritten Titel, §§ 123ff., vermieden. Der Unterschied zwischen Gesellschaft und juristischer Person zeigt sich aber — auch im Verhältnis zu Dritten — in den Rechtswirkungen, die darauf beruhen, daß die Gesellschafter Träger aller Rechte und Pflichten, insbesondere die Inhaber des Gesellschaftsvermögens sind; vgl. unten Anm. 33ff. Es sei hier nur verwiesen auf die Möglichkeit der Aufrechnung zwischen Schulden der Gesellschaft und Ansprüchen eines Gesellschafters gegen einen Gesellschaftsgläubiger, wenn der einzelne Gesellschafter von einem Gesellschaftsgläubiger oder umgekehrt in Anspruch genommen wird; auf die Möglichkeit der Fortführung eines von der Gesellschaft eingeleiteten Rechtsstreits durch die Gesellschafter nach Wegfall des die Gesellschafter zusammenhaltenden Bandes, vgl. die Erl. zu §§ 124, 129; auf die Kaufmannseigenschaft der einzelnen Gesellschafter, weil sie das Handelsgewerbe der Gesellschaft betreiben, vgl. unten Anm. 18. Anm. 0. 3. Der gemeinsame Zweck. Wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gehört auch bei der offenen Handelsgesellschaft der g e m e i n s a m e Z w e c k zum Wesen der Gesellschaft. Fehlt es hieran, so besteht keine Gesellschaft; RG. in J W . 1930, 2655; RG. 73, 287; 77, 227. Ein gemeinsamer Zweck liegt nur vor, wenn die Erreichung des Zweckes allen Gesellschaftern einen g e m e i n s a m e n Vorteil bringt. Es genügt also nicht, wie beim gewöhnlichen gegenseitigen Vertrag, daß jeder Vertragsgenosse aus dem Vertrage irgend einen, wenn auch anderen, also nicht gemeinsamen Vorteil hat wie Käufer und Verkäufer aus einem Kaufvertrage. Die Erreichung des Zweckes muß der G e s e l l s c h a f t als der Gesamtheit der Gesellschafter zum Vorteil gereichen. Ist Zweck der Gesellschaft der gemeinsame Betrieb eines Gewerbes, so gehört zum gemeinsamen Gesellschaftszweck auch die Gewinnerzielung d e r G e s e l l s c h a f t durch den Gewerbebetrieb. Erforderlich ist, daß jeder Gesellschafter irgendwie an dem Schicksal des gemeinsamen Unternehmens beteiligt ist. Es genügt, wenn er bei der Auseinandersetzung an dem dann noch vorhandenen Gewinn teilnimmt, oder daß ihm die vorteilhafte Erwerbung des Unternehmens bei der Auseinandersetzung durch den Gesellschaftsvertrag ermöglicht wird. Es genügt auch, daß er mit einem festen Betrage an d e m G e w i n n teilnimmt. Soll er ohne Rücksicht auf die Erzielung von Gewinn eine feste Summe erhalten, so ist das keine Gewinnbeteiligung; a. A.: RG. 90,17; in JW. 1915,1428* und 1470»; im Recht 1919 Nr. 125. Nicht nötig ist, daß jeder Gesellschafter an der V e r t e i l u n g des gemeinsamen J a h r e s g e w i n n s beteiligt ist. Die Verwendung des Gewinns kann in andererWeise als durch Verteilung an die Mitglieder erfolgen. Sie kann nach dem Gesellschaftsvertrage anch zugunsten eines Dritten oder einzelner Gesellschafter unter Ausschluß anderer Gesellschafter geschehen; vgl. Anm. 10. Die Beteiligung aller Gesellschafter am V e r l u s t gehört nicht zum Wesen der Gesellschaft Ein Gesellschafter kann deshalb durch den Gesellschaftsvertrag von der Beteiligung am Verlust ausgeschlossen werden; RG. in JW. 1903, Beilage S. 17"; vgl. auch die Erl. zu §§ 120, 121 u„ Würdinger S.23 ff. Anm. 10. Nicht erforderlich sit, daß der Betrieb auf R e c h n u n g der G e s e l l s c h a f t erfolgt. Soll der Betrieb auf den Namen (unter der Firma) der Gesellschaft erfolgen, so liegt eine offene Handelsgesellschaft auch dann vor, wenn der Ertrag — der Jahresertrag

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 11—18 oder der Abwicklungserlös — einem einzelnen Gesellschafter oder einem Dritten zufließen und dieser auch das Risiko des Unternehmens tragen soll, denn dann handelt es sich lediglich um ein zulässiges Treuhandverhältnis. Es ist durchaus möglich, daß es dem Willen der Beteiligten entspricht, daß die als Gesellschafter auftretenden wirklich eine offene Gesellschaft bilden und unter deren Firma ein Handelsgewerbe betreiben und nach außen auch das Risiko übernehmen wollen. Nur im innern Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern und dem Treuhandgeber ist dann das Treuhandverhältnis maßgebend. Unzulässig wird das Rechtsverhältnis nur dann, wenn eine Gesellschaft als Betriebsinhaber zum Schein vorgeschoben wird; RG. 3, 120; 37, 61; 84, 304; 99, 158; in DJZ. 1915, 818; BayObLG. in OLGR. 3, 406; KG. in OLGR. 8, 248; in JFG. 18, 308; Groschuff in JW. 1935, 253 u. 3261; 1936, 683; 1938, 1361; 1939, 294. Die als Gesellschafter zum Schein Vorgeschobenen haften dann aber auf Grund des erweckten Rechtsscheins wie wirkliche Gesellschafter; vgl. unten Anm. 73ff.; der sie Vorschiebende haftet unter Umständen aus unerlaubter Handlung. Im inneren Verhältnis der vorgel schobenen Gesellschafter und des Hintermannes entscheidet der zwischen ihnen bestehende Vertrag; dieser kann wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein; § 138 BGB.; RG. 109, 379. Unerheblich ist auch, von wem die Mittel stammen, mit denen der Betrieb geführt wird. Deshalb kann eine offene Handelsgesellschaft auch dann vorliegen, wenn die Gesellschafter im inneren Verhältnis zu einem von ihnen oder einem Dritten nur dessen Angestellte sind und im inneren Verhältnis zu ihm seinen Weisungen zu folgen haben; § 1 Anm. 12. Anm. 11. 4. Der Zweck der G e s e l l s c h a f t m u ß auf den Betrieb eines Handelsgewerbesgerichtet sein. In diesem Erfordernis zeigt sich die Eigenart der offenen Handelsgesellschaft (und der Kommanditgesellscdaft); durch sie unterscheidet sie sich von der gewöhnlichen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der Begriff des Gewerbes und des Handelsgewerbes ist der gleiche wie im Falle des § 1 HGB.; vgl. die Anm. 5 ff. dazu. Notwendig ist danach insbesondere die Absicht der Gesellschafter, als selbständige Unternehmer in Gestalt einer Gesellschaft Geschäfte gleicher Art p l a n m ä ß i g in f o r t g e s e t z t e m Z u s a m m e n h a n g und zum Zwecke der Gewinnerzielung zu betreiben. Ob das betriebene Gewerbe ein Handelsgewerbe ist, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen der §§ 1,2 oder 3 HGB. erfüllt sind, vgl. die Erläuterungen dazu, insbesondere § 1 Anm.14, 19ff. Der Betrieb eines Handelsgewerbes als Gesellschaftszweck liegt nur vor, wenn die Gesellschaft selbst eine Tätigkeit entwickelt, wie sie ein Handelsgewerbe erfordert. Es müssen also namens der Gesellschaft Geschäfte abgeschlossen werden, wie sie im Handelsgewerbe üblich sind. Denn betrieben wird ein Unternehmen von demjenigen, auf dessen Namen es als selbständige Veranstaltung geführt wird, der der Träger der im Betriebe entstehenden Rechte und Verbindlichkeiten ist; RG. 13,146; 37, 61; RGSt. 9, 68; KGJ. 26 A 214. Hat die Gesellschaft ihr Unternehmen v e r p a c h t e t , so betreibt es während der Pachtzeit nicht sie, sondern der Pächter; BayObLG. in LZ. 1909, 567; § 1 Anm. 17. Eine offene Handelsgesellschaft liegt auch nicht vor, wenn nicht der Betrieb, sondern die Beendigung eines Handelsunternehmens, etwa der Erwerb eines Handelsgeschäfts zum Zwecke der Abwicklung Zweck des gesellschaftlichen Zusammenschlusses ist. Ein auf den Betrieb eines Handelsunternehmens gerichteter Gesellschaftszweck wäre auch nicht vorhanden, wenn von vornherein vereinbart würde, daß die Gesellschaft sich sofort nach der Gründung wieder auflösen solle; RG. in DJZ. 1902, 167, oder wenn sonst der ernstliche Wille der Gesellschafter, gemeinschaftlich ein Handelsgewerbe zu betreiben, fehlen würde; OLGR. 8, 378; BayObLG. in LZ. 1921, 385. Anm. 12. Handelt es sich nur um die V e r w a l t u n g eines Vermögens oder soll, wie regelmäßig bei Kartellen und Syndikaten, nur der selbständige Handelsbetrieb der einzelnen Mitglieder gefördert werden, so liegt keine offene Handelsgesellschaft vor. Anm. 18. Von dem Gesellschaftszweck zu unterscheiden ist der G e g e n s t a n d des U n t e r n e h m e n s . Gegenstand des Unternehmens ist der Geschäftsbereich, in dem die Gesellschaft tätig sein soll, um den Gesellschaftszweck zu erreichen; also regelmäßig der G e s c h ä f t s z w e i g , den die Gesellschaft nach dem Willen der Gesellschafter betreiben soll. Er wird regelmäßig im Gesellschaftsvertrag und zwar nicht nur in allgemeinen Wendungen zu bezeiehnen sein. Eine nähere Bezeichnung, mindestens nach dem Geschäftszweig ist auch zweckmäßig, um eine willkürliche Änderung des Gegenstandes durch die

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 14—16 g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n Gesellschalter zu verhindern und deren Befugnisse zur selbständigen Führung der Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, namentlich im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern zu umgrenzen; vgl. §§ 112ff. Diese Angabe ermöglicht auch eine Prüfung der Erlaubtheit des Gesellschaftszweckes. Der Gegenstand des Unternehmens kann sich auf jedes Handelsgewerbe beziehen, soweit nicht dessen Betrieb allgemein oder für die offene Handelsgesellschaft durch besondere gesetzliche Bestimmungen untersagt ist. Ein solches Verbot besteht z. B. für den Betrieb von Schiffspfandbriefbanken durch offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften aber auch für Ges.mbH., eingetragene Genossenschaften, rechtsfähige und nicht rechtsfähige Vereine und einzelne Personen; er ist erlaubt nur für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, vgl. §§ 1, 7 des Ges. über Schiffspfandbriefbanken (Schiffsbankges.) v. 8. April 1943, RGBl. I 241. Der Gegenstand des Unternehmens ist nicht ins Handelsregister einzutragen. Anm. 14. Eine offene Handelsgesellschaft ist nur möglich, wenn der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines TolIkaufmSnnlschen Unternehmens gerichtet ist. Ist Gesellschaftszweck nur der gemeinsame Betrieb eines Handwerks oder geht der geplante Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinaus (wegen des Begriffes des Kleingewerbes vgl. § 4 Anm. 12), so kann zu diesem Zwecke wohl eine bürgerlich-rechtliche, nicht aber eine Personenhandelsgesellschaft errichtet werden; OLGR. 14,330. Wohl aber können sich die Beteiligten zu einer Kapitalgesellschaft (AG. oder KG. auf Aktien oder einer GmbH, oder einer eingetragenen Genossenschaft) zusammenschließen, wenn die Voraussetzungen für diese Gesellschaftsformen, insbesondere hinsichtlich der vorgeschriebenen Kapitalgrundlage, gegeben sind; § 4 Anm. 27. Gründen sie eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft, so können sie auf Grund der geltenden Vertragsfreiheit vereinbaren, daß im inneren Verhältnis die Regeln der offenen Handelsgesellschaft Anwendung finden, soweit diese Vorschriften nicht ihrer Natur nach nur für eine wirkliche offene Handelsgesellschaft geschaffen sind, wie z. B. die Vorschrift über die gerichtliche Bestellung von Abwicklern; § 146 Abs. 2 HGB.; RG. 50,157; KG. in HRR. 1931 Nr. 517; § 4 Anm. 27. Eine Gesellschaft, die ursprünglich, etwa wegen ihres geringen Betriebes oder ihrer Eigenschaft als Handwerksbetrieb, nur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden konnte und wurde, auch wenn sie im Gesellschaftsvertrag als offene Handelsgesellschaft bezeichnet wurde (vgl. RG. in LZ. 1907, 283), kann nachträglich offene Handelsgesellschaft werden, wenn die Voraussetzungen hierfür, etwa durch Ausdehnung oder Umgestaltung ihres Betriebes, geschaffen werden. Betreibt sie dann Handelsgeschäfte nach § 1, so wird sie ohne weiteres offene Handelsgesellschaft, andernfalls kann und muß sie sich nach § 2 eintragen lassen oder kann sich nach § 3 eintragen lassen, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind; sie wird dann durch die Eintragung offene Handelsgesellschaft. Anm. 15. Liegen die Voraussetzungen des § 1, oder der §§2 oder 3 vor und ist in den Fällen der §§ 2 und 3 die Eintragung erfolgt, so b e s t e h t eine o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t m i t den sich d a r a u s e r g e b e n d e n R e c h t s w i r k u n g e n , a u c h wenn die B e t e i l i g t e n i h r e n Z u s a m m e n s c h l u ß n i c h t als solche g e w o l l t h a b e n , falls auch die sonstigen sachlichen Voraussetzungen des Abs. 1 gegeben sind; KGJ. 41, 117. Deshalb ist eine Personenvereinigung, z. B. eine solche, die sich als „Vereinsbäckerei" bezeichnet, aber Waren auch an Nichtmitglieder gewerbsmäßig verkauft und auf Gewinnerzielung ausgeht, trotz dieser Bezeichnung eine offene Handelsgesellschaft und unterliegt den für sie geltenden Regeln. Ihre Mitglieder haften insbesondere den Gläubigern der Vereinigung unbeschränkt und samtschuldnerisch, § 128, auch wenn nach ihrer Satzung die Verpflichtung der Mitglieder auf die Leistung der Vereinsbeiträge beschränkt ist; KG. im Recht 12 Nr. 1668; Wieland I 521; Ehrenberg in seinem Handbuch II 1, 70. Die Vereinigung kann, wenn die von ihr gewählte Bezeichnung als Verein oder Vereinsunternehmen irreführend ist, durch den Registerrichter zur Änderung einer etwa bereits eingetragenen Firmenbezeichnung, und wenn sie noch nicht eingetragen ist, zur Anmeldung als offene Handelsgesellschaft angehalten werden, wenn die Voraussetzungen für eine solche Gesellschaft gegeben sind. Anm. 16. Ist der Zweck der Gesellschaft überhaupt auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, so wird an ihrer Eigenschaft als Handelsgesellschaft nichts dadurch

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16a—18 geändert, daß sie auch Geschäfte betreibt, die nicht Handelsgeschäfte sind. Es kommt also auch nicht, wie nach altem Recht (vgl. RG. 32, 32), darauf an, ob der Handelscharakter des Unternehmens überwiegt. Ist sie Handelsgesellschaft, so sind auch alle ihre Geschäfte Handelsgeschäfte, § 343 HGB. Anm. 16a. Ist die Gesellschaft zu Unrecht als offene Handelsgesellschaft einget r a g e n , weil es an einem Handelsgewerbe fehlt, oder weil der Betrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht, so wird die Gesellschaft durch die Eintragung nicht zur offenen Handelsgesellschaft. Sie gilt aber Dritten gegenüber als solche. Berufen sich diese auf die Eintragung, so kann ihnen nicht entgegengehalten werden, daß die Voraussetzungen für das Bestehen einer Handelsgesellschaft fehlen; §§ 5, 6. Auch im Verhältnis unter den Gesellschaftern gelten die Vorschriften für offene Handelsgesellschaften, wenn sich, was auch auf Grund der Eintragung der Fall sein kann, als Vertragswille ergibt, daß im inneren Verhältnis die Regeln der offenen Handelsgesellschaft gelten sollen; RG. 50,158. Eine unwiderlegbare Vermutung dafür, daß der Wille der Vertragschließenden auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet gewesen sei, ergibt sich aus der Eintragung nicht. Die einzelnen Gesellschafter können das Fehlen der Betriebsabsicht beweisen. § 5 gilt nicht für die sich aus dem öffentlichen Recht ergebenden Pflichten der Gesellschafter. Hier steht ihnen der Gegenbeweis offen; Schlegelberger Anm. 16. Deshalb sind Minderkaufleute trotz Eintragung zur kaufmännischen Buchführung nicht verpflichtet; RGSt. in JW. 1912, 941; DJZ. 12, 1299. Betreiben sie überhaupt kein Gewerbe, sondern haben sie sich zum gemeinsamen Betriebe eines freien Berufes zusammengeschlossen, so sind sie auch trotz Eintragung nicht gewerbesteuerpflichtig; RFH. in JW. 1938, 1067'°. Ann. 17. Aus dem auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichteten Zweck der Gesellschaft ergibt sich, daß die Gesellschaft s t e t s A u ß e n g e s e l l s c h a f t ist. Eine offene Handelsgesellschaft, die nicht nach außen hervortreten soll, ist begrifflich unmöglich. Deshalb ist die Gesellschaft und sind die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommaditgesellschaft, nicht aber die Kommanditisten stets K a u f l e u t e im Sinne des HGB. Als Träger aller Rechte und Pflichten betreiben auch die Gesellschafter das Unternehmen. Das gilt auch für diejenigen Gesellschafter, die von der Geschäftsführung oder Vertretung ausgeschlossen sind. Liegt ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 vor, so beginnt die K a u f m a n n s e i g e n s c h a f t der Gesellschaft und der Gesellschafter mit dem Beginn des Handelsbetriebes; in den Fällen der §§ 2 und 3 beginnt sie erst mit der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister, da das Unternehmen erst von da an als Handelsgewerbe gilt; Schlegelberger Anm. 29. Der Gesellschafter ist aber Kaufmann nur in seiner Eigenschaft als Gesellschafter; er ist nicht Einzelkaufmann; ROHG. 14, 284; 16, 380; RGSt. 29, 34. Deshalb bedarf die von einem Gesellschafter als Privatmann übernommene B ü r g s c h a f t der Schriftform; RG. in JW. 1909, 695"; vgl. § 1 Anm. 12. Anm. 18. 5. Förderung des g e m e i n s a m e n Zweckes. Beiträge. Ein notwendiges Erfordernis der Gesellschaft ist, daß jeder Gesellschafter verpflichtet ist, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu f ö r d e r n , insbesondere die vereinbarten B e i t r ä g e zu leisten. Eine Verabredung zwischen zwei Inhabern gleichartiger Geschäfte, daß jeder am Gewinn des anderen teilhaben solle, ohne daß er das andere Geschäft zu fördern hätte oder verpflichtet wäre, in seinem eigenen auf die Erzielung g e m e i n s a m e n Gewinnes hinzuwirken, ist kein Gesellschafts^extrag; RG. 73, 287; 77, 227; Warn. 1911 Nr. 9; 1931 Nr. 51. Es muß also jeder Gesellschafter eine Leistung erbringen, die geeignet ist, den gemeinsamen Zweck zu fördern. Jede Leistung, die diesem Zwecke zu dienen geeignet ist, ist ein B e i t r a g im Sinne des § 705 BGB. Eine bestimmte Art der Leistung erfordert das Gesetz nicht. Es ist Insbesondere nicht nötig, daß Beiträge bestimmter Art, etwa Geld- und Sachbeiträge, geleistet werden, wenn auch § 705 BGB. sie als ein Mittel zur Förderung des Gesellschaftszweckcs hervorhebt, und wenn sie, besonders bei einem Handelsunternehmen, auch regelmäßig zur Förderung des Gesellschaftszweckes dienlich sind. Aus dem Vertrage muß sich, wenn auch durch Auslegung ergeben, was von den Gesellschaftern zu leisten ist. Denn der Gesellschaftsvertrag kann immer nur mit einem bestimmten Inhalt bestehen. Sollte ein Gesellschafter überhaupt zu keiner Leistung zur Förderung des gemeinsamen

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anin. 19 Zweckes verpflichtet sein, so würde eine Gesellschaft nicht bestehen. S t a t t G e l d - u n d S a c h e i n l a g e n k ö n n e n a u c h a n d e r e g e l d w e r t e L e i s t u n g e n , wie d i e A n g a b e v o n B e z u g s q u e l l e n , G e s c h ä f t s v e r b i n d u n g e n , a b e r a u c h Dienste v e r e i n b a r t werden; § 706 Abs. 3. Als solche Dienstleistung kommt namentlich auch die Geschäftsführung in Betracht, die den Gesellschaftern der offenen Handelsgesellschaft mangels anderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag ohne weiteres obliegt; § 114. Auch die V e r s c h a f f u n g v o n K r e d i t , etwa durch eine besondere Bürgschaft oder Sicherheitsleistung mit nicht zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Vermögensgegenständen kann nach dem Gesellschaftsvertrage als Mittel zur Förderung des gemeinsamen Zweckes dienen. Auch der b l o ß e B e i t r i t t z u r G e s e l l s c h a f t kann wegen der damit verbundenen Haftung des Gesellschafters mit seinem ganzen Vermögen, § 128, den Kredit der Gesellschaft schaffen und insofern der Förderung des gemeinsamen Zweckes dienen und ausreichen, ohne daß noch eine weitere Leistung, insbesondere eine Einlage oder Tätigkeit in dem Unternehmen erfolgt; RG. 37, 61. G l e i c h h e i t oder G l e i c h a r t i g k e i t der Leistungen ist nicht geboten, insbesondere auch nicht Gleichwertigkeit derselben. Jedoch haben in Ermangelung einer anderen Vereinbarung alle Gesellschafter gleiche Beiträge zu leisten; § 706 BGB. Anm. 19. 6. Die gemeinschaftliche Firma. Zum Wesen der offenen Handelsgesellschaft gehört, daß der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes u n t e r g e m e i n s c h a f t l i c h e r F i r m a gerichtet ist. Wie beim Einzelkaufmann seine Firma, ist bei der offenen Handelsgesellschaft die gemeinsame Firma der Name, unter dem die Gesellschaft im Handel ihre Geschäfte betreibt und ihre Unterschrift abgibt, unter dem sie klagt und verklagt wird, unter dem sie überhaupt im Rechtsverkehr auftritt; §§ 17, 124. Die offene Handelsgesellschaft ist somit n o t w e n d i g l ' i r m e n g e s e l l s c h a f t . Durch die gemeinschaftliche Firma unterscheidet sie sich wesentlich von der bürgerlich-rechtlichen und der stillen Gesellschaft. Wollen die Gesellschafter überhaupt nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma auftreten, soll vielmehr das Geschäft auf den Namen des einen von ihnen oder eines Dritten, wenn auch auf ihre Rechnung betrieben werden, so liegt keine offene Handelsgesellschaft, sondern höchstens eine der bezeichneten anderen Gesellschaftsarten vor; § 705 BGB., §§ 335ff. HGB.; RG. 13, 230; 33, 128; 36, 140; 82, 84; in J W . 1901, 406; 1927, 1674 und 2298. Eine gemeinschaftliche Firma liegt aber vor, wenn die Gesellschafter ohne sich förmlich eine Firma beigelegt zu haben, doch die Geschäfte unter einer bestimmten Bezeichnung (etwa durch Zusammenstellung ihrer Namen oder unter Angabe der örtlichen Lage ihres Unternehmens und seines Gegenstandes) machen, diese Bezeichnung also firmenmäßig gebrauchen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die so gebrauchte Firma den gesetzlichen Vorschriften über die Handelsfirma, insbesondere einer offenen Handelsgesellschaft (§§ 17ff.), widerspricht, RGSt. 24, 262, etwa deshalb, weil ein Firmenname gebraucht wird, der nur einem Einzelkaufmann zusteht, oder weil die gewählte Firma irreführend auf eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (durch die Zusätze ,,AG." oder „GmbH.") oder einen Verein hindeutet, oder zu Verwechslungen mit anderen Firmen führen kann, oder weil eine reine Sachfirma statt der vorgeschriebenen Personenfi'-ma gewählt ist. Der Gebrauch der unzulässigen Firma begründet nur die Verpflichtung zur Unterlassung der unzulässigen Firmenbezeichnung und zur Änderung der Firma. E r kann ein Einschreiten des Registerrichters, § 37 HGB., oder eine Unterlassungs- oder Schadensersatzklage der durch den Gebrauch Verletzten, z. B. auf Grund des § 12 BGB., § 6 UnlWG., rechtfertigen. E r schließt aber das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft und insbesondere die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter nach § 128 nicht aus: RG. 82, 84; RGSt. 24, 262; in JW. 1927, 1674' und 2298; OLG. Jena in JW. 1929, 2169"; KG. in KGJ. 41 A 120; im Recht 1929 Nr. 1836; R J A . 11, 202; Hueck, S. 7; Würdinger S. 104; DürHach §105, Anm. 8. Jede offene Handelsgesellschaft kann nur eine Firma haben; vgl. § 17 Anm. 6. Wegen des Begriffs der Firma und ihres zulässigen Inhalts vgl. die §§ 17 ff. und die Erl. dazu. Hier soll in Form einer Übersicht nur folgendes bemerkt werden: Auch für die offene Handelsgesellschaft (und die Kommanditgesellschaft) gelten die allgemeinen Grundsätze über die kaufmännische Firma. Danach ist die Firma der Name, unter dem der Kaufmann im Handel seine Geschäfte betreibt, § 17 Abs. 1. Im Gebrauch ist auf Gleichmäßigkeit zu achten. Aber durch ungleichmäßigen oder unrich-

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anjn.20 tigen Gebrauch, auch durch Benutzung von Abkürzungen wird die Gültigkeit einer Rechtshandlung nicht berührt, wenn nur klar erkennbar ist, daß namens der Gesellschaft-oder ihr gegenüber gehandelt werden sollte. Dies gilt auch für die Formalakte, wie Wechselunterschriften, Bezeichnung des Bezogenen; § 17 Anm. 13. Die Firma der offenen Handelsgesellschaft ist grundsätzlich eine Personenfirma. Denn nach § 19 Abs. 1 hat die Firma einer offenen Handelsgesellschaft den Namen wenigstens eines der Gesellschafter mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz (z. B. & Co.) oder die Namen aller Gesellschafter zu enthalten. § 19 Abs. 2 bestimmt, daß die Firma der Kommanditgesellschaft den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatzzue nthalten hat. Die Bezeichnung als offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ist nicht vorgeschrieben. Nach Abs. 3 ist die Beifügung von Vornamen nicht erforderlich. Nach Abs. 4 dürfen die Namen anderer Personen als der persönlich Haftenden in die Firma nicht aufgenommen werden. Jedoch gelten die Vorschriften des § 19 nur für die u r s p r ü n g l i c h e , nicht für die a b g e l e i t e t e Firma, also nicht bei Übernahme des Geschäfts eines Einzelkaufmanns mit Firma oder bei Eintritt eines anderen in das Geschäft eines Einzelkaufmanns; § 19 Anm. 10. Die Fortführung einer übernommenen Firma, die nur den Namen eines Einzelkaufmanns enthält, ist auch ohne Hinzufügung eines ein Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatzes zulässig, wenn der bisherige Inhaber oder seine Erben ausdrücklich zustimmen; § 22 Abs. 1. Da anders als beim Einzelkaufmann eine Unterscheidung zwischen dem Namen des Inhabers und dem Firmennamen nicht möglich ist — die offene Handelsgesellschaft hat eben nur einen Namen, den Firmennamen — kann die offene Handelsgesellschaft (oder Kommanditgesellschaft), auch wenn sie mehrere Unternehmungen, auch an verschiedenen Orten betreibt, nur eine Firma haben, § 17 Anm. 5. übernimmt die Gesellschaft ein anderes Unternehmen mit Firma und will sie diese fortführen, so muß sie ihre eigene Firma aufgeben oder aus den beiden Firmen eine neue bilden; § 22 Anm. 38. Da aber die gleichen Personen mehrere selbständige offene Handelsgesellschaften bilden können (s. unten Anm. 29), so können sie eine zweite Gesellschaft errichten und in diese das neu erworbene Geschäft mit dossen bisheriger Firma einbringen. Die Einheitlichkeit der Firma gilt auch für Zweigniederlassungen. Abweichungen in der Bezeichnung für diese sind nur zulässig, wenn dabei unzweideutig zum Ausdruck kommt, daß es sich um eine Zweigniederlassung handelt; vgl. RG. 113, 213; KG.in J F G . 13, 65. Nach § 18 Abs. 2 darf die Firma keinen Zusatz enthalten, der geeignet ist, eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse der Geschäftsinhaber herbeizuführen. Unzulässig sind danach u. a. auch Zusätze, die auf das Bestehen einer anderen Gesellschaftsart als einer OHG. (oder KG.) hinweisen, insbesondere einer solchen, die eine selbständige Rechtspersönlichkeit darstellt oder bei der die Gesellschafter nicht oder nicht alle unbeschränkt haften (AG.; Komm.AG.; KG.; GmbH.). Sind solche Zusätze in einer übernommenen Firma enthalten, so sind sie zu streichen. Ist eine Gesellschaft der bezeichneten Art — was an sich zulässig ist, vgl. unten Anm. 26 — Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, so kann zwar der Firmenname dieser Gesellschaft, z. B. einer AG. in die Firma aufgenommen werden, es ist aber durch einen Zusatz (z. B. & Co. oder „offene Handelsgesellschaft") ersichtlich zu machen, daß es sich um eine von dem Mitglied verschiedene Gesellschaft handelt. Anm. 20. 7. Die Haftung gegenüber den OesellschaftsglSubigern darf bei keinem der Gesellschafter beschränkt sein. Der Ausschluß der Haftungsbeschränkung in der Begriffsbestimmung der offenen Handelsgesellschaft (das sog. negative Begriffsmerkmal der o.HG.) findet seine Ergänzung in der positiven Bestimmung des § 128, nach der die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich haften und eine entgegenstehende Vereinbarung (unter den Gesellschaftern) Dritten gegenüber unwirksam ist. Zusammen mit § 130, der die Haftung de» in eine bestehende Gesellschaft neu Eintretenden lür die vor seinem Eintritt entstandenen Gesellschaftsschulden ausspricht, enthalten diese Vorschriften die Gläubigerschutzbestimmungen für die offene Handelsgesellschaft. Die ausgesprochene unbeschränkte Haftung der Gesellschafter macht für die offene Handelsgesellschaft Bestimmungen entbehrlich, die für Gesellschaften, deren Gesellschafter nur beschränkt haften, wie die

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Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, erforderlich sind, und die in einer Beschränkung der Gesellschafter in der freien Verfügung über das Gesellschaftsvermögen bestehen; vgl. z. B. §§ 52, 54, 56 AktG.; §§ 30, 31 GmbHG. Die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter macht die offene Handelsgesellschaft zugleich besonders kreditwürdig und unterscheidet sie dadurch von den übrigen Handelsgesellschaften, auch von der Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei der nur ein Teil der Gesellschafter unbeschränkt haftet. Die Unbeschränkbarkeit der Haftung als Wesensmerkmal der offenen Handelsgesellschaft gilt nur für eine d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g ausgesprochene, also auf den Willen der Vertragsparteien beruhende, sog. gewillkürte Beschränkung der Haftung. Nur wenn durch den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g eine solche Haftungsbeschränkung erfolgt, liegt keine offene Handelsgesellschaft vor. Beschränkungen in der Verfügungsmacht des einzelnen Gesellschafters, die auf dem Gesetz beruhen, z. B. auf dem ehelichen Güterrecht, dem Familienrecht (Fideikommißrecht), dem öffentlichen Recht (z. B. durch das Erfordernis der Genehmigung anderer Stellen zur Verfügung über bestimmte Vermögensstücke) oder frühere Verfügungen des Gesellschafters über sein Vermögen, z. B. durch Bestellung einer Hypothek, können zwar den Zugriff der Gesellschaftsgläubiger auf das Vermögen des Gesellschafters ausschließen. Sie enthalten aber keine Haftungsbeschränkung des Gesellschafters im Sinne des § 105 und schließen auch seine Mitgliedschaft in einer offenen Handelsgesellschaft nicht aus. Die Unzulässigkeit der Haftungsbeschränkung durch den Gesellschaftsvertrag gilt für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, mögen sie auf privatem oder ö f f e n t l i c h e m Recht beruhen. N u r n a c h a u ß e n , im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern, muß die Haftung aller Gesellschafter unbeschränkt sein. Im I n n e n v e r h ä l t n i s kann auch bei der offenen Handelsgesellschaft die Beschränkung oder auch der völlige Ausschluß der Haftung einzelner Gesellschafter wirksam vereinbart werden. Da eine solche Vereinbarung nicht hindern kann, daß der begünstigte Gesellschafter gemäß § 128 von einem Gesellschaftsgläubiger unmittelbar in Anspruch genommen wird, kann eine solche Vereinbarung nur die Wirkung haben, daß im Falle einer solchen Inanspruchnahme der begünstigte Gesellschafter dem Dritten gegenüber von der Haftung freigemacht oder die Folgen der bereits durchgeführten Inanspruchnahme ausgeglichen werden müssen. Dies kann in der Weise geschehen, daß die Gesellschaft aus ihren Mitteln oder die Mitgesellschafter aus ihrem Privatvermögen den Gesellschaftsgläubiger alsbald befriedigen oder ihn in anderer Weise von der Haftung befreien oder dem in Anspruch genommenen seine Aufwendungen aus der Inanspruchnahme ersetzen. Im Zweifel ist eine vereinbarte Haftungsbefreiung ihrem Zwecke nach so auszulegen, daß die Leistungen der Gesellschaft sofort, bei Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens auch alsbald von den Mitgesellschaftern, bewirkt werden müssen, daß der begünstigte Gesellschafter also nicht wie sonst bei einer Inanspruchnahme auf einen Ausgleich bei der A u s e i n a n d e r s e t z u n g warten muß; vgl. § 110. Mit dem Grundsatz der unbeschränkten Haftung nach außen ist es nicht unvereinbar, wenn in dem e i n z e l n e n R e c h t s g e s c h ä f t m i t einem D r i t t e n vereinbart wird, daß aus diesem Geschäft nur das Gesellschaftsvermögen oder nur bestimmte Gesellschafter oder einzelne Gesellschafter nicht oder nur beschränkt in Anspruch genommen werden dürfen. Auch der Ausschluß der außervertraglichen Haftung durch Vertragsabrede ist zulässig, gleichgültig, ob es sich um eine bloße Gefährdungshaftung oder um eine solche aus Verschulden handelt. Nach § 276 Abs. 2 BGB. kann nur die Haftung für Vorsatz nicht im voraus erlassen werden. Eine Vereinbarung wäre nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstieße; § 138 BGB. Wegen der Zulässigkeit des Haftungsausschlusses vgl. RG. 81, 316; 117, 102; JW. 1907, 287»°; 1911, 28« und 308 und 71414. Soweit das Gesetz aus Gründen des öffentlichen Interesses, somit zwingend, den Ausschluß der Haftung für die Erfüllung einer Verpflichtung, z. B. der Fürsorgepflicht des Dienstberechtigten, verbietet (vgl. §§ 618, 619 BGB.), kann auch nicht die Haftung des Gesellschafters durch Vertrag mit dem Dritten beschränkt werden; RGRKomm., Vorbem. 2a und 4b vor § 823 BGB. Zur Sicherung der im inneren Verhältnis vereinbarten Haftungsbefreiung kann im Gesellschaftsvertrage auch bestimmt werden, daß die geschäftsführenden Gesellschafter als Vertreter der Gesellschaft Verträge mit Dritten nur unter Ausschluß der Haftung

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§ 105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 21, 22 der begünstigten Gesellschafter abschließen dürfen. Da Beschränkungen der Vertretungsmacht der Vertreter im Verhältnis zu Dritten aber nicht wirksam sind (§126 Abs. 2), tritt die Beschränkung der Haftung gegenüber dem Dritten nur ein, wenn sie mit ihm vereinbart ist. Der Dritte kann sich aber auf die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht nicht berufen, wenn er die Beschränkung im inneren Verhältnis kannte und in g e g e n d i e g u t e n S i t t e n v e r s t o ß e n d e r Weise mit dem seine Vertretungsmacht mißbrauchenden geschäftsführenden Gesellschafter zum Nachteil eines Gesellschafters zusammenwirkte (§ 826 BGB.); vgl. RG. 145, 316. Ist der Gesellschafter dem Dritten haftbar, weil er sich diesem gegenüber nicht auf die Beschränkung berufen kann, so ist ihm der Geschäftsführer bei schuldhafter Verletzung seiner vertraglich übernommenen Verpflichtungen schadensersatzpflichtig. Es bedarf keines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesellschaf tsvertrage, daß die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bei keinem Gesellschafter beschränkt sei. Treiben mehrere Personen gemeinsam ein Handelsgeschäft, so ist im Z w e i f e l a n z u n e h m e n , d a ß sie u n b e s c h r ä n k t h a f t e n w o l l e n . Die Haftungsbeschränkung ist die Ausnahme, nicht die Regel. Wer die Vereinbarung einer Beschränkung behauptet, hat sie zu beweisen und darzutun, daß er den Willen, nur beschränkt haften zu wollen, unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat. Auf diesem Gedanken beruht auch die Vorschrift des § 176. Es bedarf auch seitens des Dritten nicht des Beweises, daß die Gesellschafter die unbeschränkte Haftung gewollt haben. Es genügt jedenfalls, daß sie eine offene Handelsgesellschaft errichten wollen; ROHG. 15, 21. Haben sie trotzdem im Gesellschaf tsvertrag die Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgäubigern ausgeschlossen, so ist nach § 128 Satz 2 diese Bestimmung D r i t t e n g e g e n ü b e r unwirksam. Sie gilt also nur im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern. Die allgemeine Regel des BGB., § 139, daß bei Nichtigkeit eines Teiles eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde, gilt somit auf Grund der Sonderregelung des § 128 Satz 2 für die offene Handelsgesellschaft nicht. Es gilt vielmehr die umgekehrte Regel. Der Gesellschaf tsvertrag bleibt ohne die nichtige Bestimmung bestehen, wenn nicht anzunehmen ist, daß die Gesellschafter sich nur bei Gültigkeit des nichtigen Teils binden wollten. Auch bei völliger Nichtigkeit des Gesellschafts Vertrages sind die Gesellschafter Dritten gegenüber gebunden, wenn sie durch ihr Auftreten als offene Gesellschafter insbesondere durch Veranlassung der Eintragung der Gesellschaft als eine offene Handelsgesellschaft den Rechtsschein des Bestehens einer solchen Gesellschaft erweckt oder erklärt haben, wie offene Gesellschafter haften zu wollen; vgl. unten Anm. 73ff. IV. Die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Anm. 21. l . D i e Z a h l d e r G e s e l l s c h a f t e r . Da die offene Handelsgesellschaft eine Personengesellschaft ist, muß sie sowohl bei der Errichtung wie später aus mindestens zwei Personen bestehen. Fällt dieses Erfordernis auch nur später fort, so fällt die Grundlage der Gesellschaft weg. Sie wird aufgelöst. Da eine juristische Person nicht vorhanden ist, die selbständig fortbestehen könnte, wie von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung für die Kapitalgesellschaften angenommen wird, ist bei der offenen Handelsgesellschaft eine Einmanngesellschaft u n m ö g l i c h . Es kann deshalb auch nicht ein einzelner Gesellschafter alle Geschäftsanteile erwerben und so die Gesellschaft als solche fortsetzen. Er kann nur das Unternehmen als Einzelkaufmann übernehmen. Anm. 22. Es besteht k e i n e g e s e t z l i c h e B e s c h r ä n k u n g d e r Z a h l d e r G e s e l l s c h a f t e r . Die offene Handelsgesellschaft (und die Kommanditgesellschaft) kann aus einer beliebig großen Zahl von Gesellschaftern bestehen. Gesellschaften mit großer Zahl von Gesellschaftern kommen auch tatsächlich vor. Sie können namentlich dadurch entstehen, daß an die Stelle von verstorbenen Gesellschaftern eine größere Zahl von Erben tritt, denen nach dem Gesellschaftsvertrag oder einer n a c h dem Erbfall getroffenen Vereinbarung das Recht zusteht, als persönlich haftende Gesellschafter (oder als Kommanditisten) in die Gesellschaft einzutreten; vgl. § 139. Allerdings ergibt sich aus der Regel, daß jedenfalls bei der offenen Handelsgesellschaft alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sind, §§ 114, 125 HGB., und weil die Gesell-

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§ 105 Anm. 23—25 schaft nach der gesetzlichen Regel eine Arbeitsgemeinschaft darstellt, ein Bedenken gegen eine zu große Zahl von Gesellschaftern. Diesem kann aber dadurch begegnet werden, daß durch den Gesellschaftsvertrag nur einzelne Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berufen und die anderen davon ausgeschlossen werden. Auch kann durch eine besondere Organisation, z. B. Einsetzung eines Ausschusses, der die Geschäfte zu führen hat, oder eines solchen, der an Stelle der Gesellschafterversammlung die dieser obliegenden Beschlüsse über die Geschäftsführung, soweit sie über die Befugnisse der Geschäftsführer hinausgehen, zu fassen hat, der mit der Vielzahl von Gesellschaftern verbundenen Schwerfälligkeit abgeholfen werden; vgl. auch die Erl. zu § 119. Anm. 23. 2. J e d e p h y s i s c h e P e r s o n k a n n G e s e l l s c h a f t e r w e r d e n , ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Rasse, Volkszugehörigkeit und religiöses Bekenntnis. Anm. 24. G e s c h ä f t s u n f ä h i g e oder in der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t bes c h r ä n k t e P e r s o n e n können ebenso Gesellschafter sein, wie sie allein ein Handelsgewerbe betreiben können. Geschäftsunfähige, § 104 BGB., können es allerdings nur durch ihren gesetzlichen Vertreter betreiben. Ein beschränkt Geschäftsfähiger, §§ 106, 114 BGB., insbesondere auch ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, kann von seinem gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt werden, § 112 BGB. Zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, insbesondere einem Gesellschaftsvertrag über die Errichtung oder den Beitritt zu einer offenen Handelsgesellschaft oder als persönlich haftender Gesellschafter (nicht Kommanditist einer Kommanditgesellschaft oder Kommanditaktionär einer Kommanditgesellschaft auf Aktien) ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich; vgl. Vorbem. 36,37 vor §1; §1643 Abs. 1; § 1822 Nr. 3 BGB. Auch die „Fortsetzung" einer aufgelösten Gesellschaft (§ 144) bedarf dieser Genehmigung, da sie in ihren Folgen einer Neugründung gleichsteht. Will der gesetzliche Vertreter sich selbst an der Gesellschaft beteiligen, so ist für den Geschäftsunfähigen ein Pfleger, beim Vorhandensein mehrerer für jeden ein besonderer Pfleger zu bestellen; §§ 181, 1630, 1795 BGB.; RG. 67, 61; RJA. 10, 44. Die Genehmigung zum Betrieb als Alleininhaber enthält nicht auch die Genehmigung zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages. Anm. 25. Eine E h e f r a u kann, wie sie überhaupt Handelsfrau sein kann, auch ohne Einwilligung des Mannes Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft sein. Wegen der Hindernisse, die auf Grund der Wirkungen der Ehe im allgemeinen, namentlich auf Grund des Kündigungsrechts des Ehemanns nach § 1358 BGB., und wegen der besonderen, die auf dem ehelichen Güterrecht beruhen, und wegen der Folgen der erteilten oder versagten Einwilligung des Mannes auf die Stellung der Ehefrau in der Gesellschaft, wird auf die Vorbem. 7 ff. vor § 1 über die Rechtsstellung der Ehefrau als Gewerbetreibende verwiesen. Die Beschränkungen aus dem ehelichen Güterrecht zeigen sich namentlich darin, daß die Ehefrau durch ihren B e i t r i t t zu einer Handelsgesellschaft ohne Einwilligung des Mannes keine Verfügungen über das eingebrachte Gut oder über das Vermögen einer ehelichen Gütergemeinschaft treffen kann, die ihr auch sonst nicht über dieses Vermögen ohne Einwilligung des Ehemannes zustehen. Sie kann also Vermögensstücke, über die sie auch sonst nicht ohne Einwilligung des Mannes, z. B. durch Veräußerung an Dritte verfügen kann, nicht als Einlage in das Vermögen der Gesellschaft einbringen. Sie kann -auch nicht durch ihre allgemeine Haftung nach § 128 dieses Vermögen für die Schulden der Gesellschaft haftbar machen. War sie bei Eingehung der Ehe schon Gesellschafterin, so bleibt ihre Haftung auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses durch die Ehe unberührt, ebenso wie ihr Vermögen für andere vor der Ehe begründete Schulden weiterhaftet. Auch ein E h e m a n n kann infolge des ehelichen Güterrechts Beschränkungen unterliegen. Soweit er über Bestandteile des eingebrachten Gutes der Frau oder über Bestandteile einer ehelichen Gütergemeinschaft nicht ohne Zustimmung der Frau verfügen kann, kann er sie auch nicht ohne diese Zustimmung in eine Gesellschaft einbringen. Entsprechende Beschränkungen gelten auch für eine f o r t g e s e t z t e G ü t e r g e m e i n s c h a f t , soweit zur Verfügung über Vermögensstücke die Zustimmung der Abkömmlinge erforderlich ist; vgl. §§ 1442ff., 1487 BGB. 2

HOB. Bd. n . (Weipert.) 2. Aufl.

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 25 Ist ein Ehegatte Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, so wird die Beteiligung durch nachträgliche Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft nicht ohne weiteres Gesamtgut. Vom Gesamtgut sind nach § 1439 BGB. ausgeschlossen diejenigen Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Zu ihnen gehört grundsätzlich auch die Beteiligung an einer Personengesellschaft; § 717 BGB. Allerdings enthält diese Vorschrift nachgiebiges Recht. Mit Zustimmung aller Gesellschafter kann der Übergang der Beteiligung auf die Gütergemeinschaft erfolgen. Dann muß aber der Ehegatte auch Gesellschafter werden; vgl. RG. 92, 1681; 146, 282; RGRKomm. § 719 Anm. 3. Die Ehefrau „betreibt" das Unternehmen auch dann und ist Kau/mann, wenn sie als Gesellschafterin einer offenen Handelsgesellschaft oder als persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien angehört, aber von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen ist (nicht aber, wenn sie nur Kommanditistin oder stille Gesellschafterin ist); RG. in J W . 1930, 2215'; RG. 127, 110; vgl. auch RGRKomm. § 1367 BGB. Anm. 3. Auch E h e g a t t e n können sich zu einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft vereinigen. Der darüber abgeschlossene Vertrag ist dann lediglich ein Gesellschaftsvertrag, nicht etwa ein Ehevertrag. Er bedarf deshalb nicht der in § 1434 BGB. vorgeschriebenen Form. Auf den Gesellschaftsvertrag findet nicht das eheliche Güterrecht der Ehegatten, das im übrigen unberührt bleibt, Anwendung; RG. in LZ. 1919, 10761. Die Form des Ehevertrages ist namentlich dann nicht erforderlich, wenn durch Einbringung eines Grundstücks aus dem ehelichen Gemeinschaftsvermögen eine Verfügung über dieses Vermögensstück erfolgt. Eine solche Verfügung können die Ehegatten auch sonst ohne Änderung des ehelichen Güterrechts vornehmen. Die etwa erforderliche gegenseitige Zustimmung erteilen sie sich durch den Abschluß des Vertrags. Nur wenn durch den Vertrag das eheliche Güterrecht für die Zukunft geändert wird, etwa durch die Vereinbarung, daß die Einkünfte aus der Beteiligung nicht dem Gesamtgut zufließen sollen, ist die Form für Eheverträge einzuhalten; RG. in SeuffA. 94 Nr. 66. Liegt kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag vor, so kann sich auch aus den Umständen, z. B. dem Gebrauch einer gemeinschaftlichen Firma, Auftreten als Gesellschafter im Rechtsverkehr, ergeben, ob ein Gesellschaftsverhältnis vorliegt. Da die Ehefrau zur M i t a r b e i t im G e s c h ä f t e des M a n n e s schon kraft Gesetzes verpflichtet ist, soweit eine solche Tätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist (§ 1356 BGB.), ergibt sich aus der Tatsache der Mitarbeit ein Gesellschaftsverhältnis noch nicht. Die Eheleute können auch in e h e l i c h e r G ü t e r g e m e i n s c h a f t ein Handelsgeschäft betreiben. Dann liegt noch keine offene Handelsgesellschaft vor. Die offene Handelsgesellschaft kann auch außer Ehegatten von einer Familie betrieben werden; wegen der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Familienunternehmens vgl. Herschel, „Das Familienunternehmen" in Soz.Praxis 1943, Sp. 75ff. Haben E h e g a t t e n a u s l ä n d i s c h e r S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t , denen nach dem Rechte ihres Staates die Errichtung einer Gesellschaft unter sich verboten ist, wie nach französischem und belgischem Recht, im Deutschen Reiche eine solche Gesellschaft errichtet, so kommt es für die Frage der Wirksamkeit des Vertrages darauf an, ob das Verbot nach dem Heimatrecht der Ehegatten auf den persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten oder auf dem ehelichen Güterrecht beruht. Im ersten Falle ist es auch für den deutschen Richter maßgebend. Handelt es sich um eine Vorschrift des ehelichen Güterrechts, so kommt es darauf an, ob für dieses, wie nach französisch-belgischem Recht, der erste eheliche Wohnsitz entscheidend ist. Haben die Ehegatten den ersten ehelichen Wohnsitz in Deutschland genommen und gilt deshalb für sie das deutsche gesetzliche Güterrecht, so ist die Gesellschaft zulässig; RG. 163, 367. Als B e s t a n d t e i l d e s e h e l i c h e n G ü t e r r e c h t s sind alle diejenigen Bestimmungen anzusehen, die aus dessen Wesen hervorgehen, mögen sie sich auch äußerlich als erbrechtliche darstellen. Insbesondere müssen Vorschriften, die sich auf die Teilung des gemeinsam gewesenen Vermögens der Ehegatten beziehen, als güterrechtliche behandelt werden. Eine Teilungsanordnung muß danach nach dem zulässigerweise im Ehevertrag in bezug genommenen ausländischen Recht beurteilt werden. In das gemeinschaftlich gewesene Vermögen, auf das sich die Teilungsanordnung bezieht, fallen aber nicht gesellschaftsrechtliche Ansprüche, auf

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§ 105 Anm. 26 die deutsches Recht Anwendung findet und die nach deutschem Recht nicht übertragbar sind; § 717 BGB.; RG. in J W . 1938, 1718®. Anm. 26. 3. Juristische Personen des öffentlichen wie des privaten Rechts können Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft werden, soweit nicht nach den für die einzelne juristische Person geltenden besonderen Vorschriften die Beteiligung an einer Erwerbsgesellschaft gesetzlich verboten ist. Bestritten ist namentlich ob eine juristische Person des Privatrechts, deren Mitglieder selbst aus der Mitgliedschaft nur beschränkt haften, Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft sein kann (ob also die sog. „GmbHuCo." als offene Handelsgesellschaft möglich ist). Wegen des reichen Schrifttums zu der Frage v g l . u . a . Z H R . 45, 1 (o. HG. und AG. als Gesellschafter der o.HG.); Gierke, ArchBürgR. 19, 114; Heinzeier, GmbHuCo. 1928; Held, DJZ. 1913, 1196 (GmbH, als Gesellschafter der o.HG.); Zielinski, Grundtypenmischungen und Handelsrecht 1925. Gegen die Zulässigkeit insbesondere Ritter, § 105 Anm. 2b; Baumbach, § 105 Anm. 5; Gierke a. a. O.; Wieland I 835ff.; Brodmann J W . 1922, 1656; 1923, 683 und GmbHG. § 13 Anm. l a ; dafür: Zielinski a. a. O.; Hueck, Gesellschaftsrecht S. 13; Wüidinger S. 105; RG. 105,101 mit eingehenden Schrifttumsnachweisen: KG. in DJZ. 1913,1500; KGJ.51,122: 52,90; BayObLG. in OLGR. 27, 251; OLG. Karlsruhe in JW. 1925, 2017. Nach dem revidierten Schweizer Obligationenrecht vom 18. Dezember 1936, Artt. 592, 594, kann persönlich haftender Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft nur eine natürliche Person, nicht aber eine juristische Person oder eine handelsrechtliche Personengesellschaft werden. Für das geltende deutsche Recht ist mit der ausführlich und unter Darlegung der wirtschaftlichen Bedürfnisse begründeten Entscheidung des Reichsgerichts die Zulässigkeit der Mitgliedschaft einer Aktiengesellschaft, einer GmbH, oder eingetragenen Genossenschaft als persönlich haftenden Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft anzunehmen. Insbesondere ergibt sich vom Standpunkt der Interessen und Rechtsgestaltung der genannten Körperschaften nicht die rechtliche Unmöglichkeit einer solchen Mitgliedschaft. Die Leiter dieser Körperschaften sind auch sonst in der Lage, ihre Körperschaften durch Geschäfte jeder Art, etwa große Kaufgeschäfte, zu verpflichten. Gegen die damit verbundene Gefahr für das Vermögen und den Bestand der Körperschaft müssen die zum Schutz derselben gegebenen Sicherungsvorschriften ausreichen. Die Körperschaften sind insbesondere auch durch die Haftung der Leiter für einen durch Verletzung ihrer Pflichten entstandenen Schaden geschützt. Auch durch entsprechende Gestaltung der Satzungen und Dienstverträgo können sie sich weitgehend schützen. Andererseits entspricht es der heutigen freien Stellung, die das Gesetz gerade im Allgemeininteresse insbesondere dem Vorstand von juristischen Personen eingeräumt hat, diesem auch den Abschluß von Verträgen mit weitgehender Bindung zu gestatten. Der Haupteinwand, daß ein selbst beschränkt Haftender nicht unbeschränkt haftender Gesellschafter sein könne, spricht ebenfalls nicht gegen die Zulässigkeit der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft. Zwar haften die Teilhaber der AG. usw. dieser nur beschränkt. Diese selbst haftet aber mit ihrem ganzen Vermögen. Dieses Vermögen ist durch die gerade für Kapitalgesellschaften gegebenen Schutzbestimmungen oft mehr geschützt als das Vermögen einer physischen Person und infolge der strengen Bilanzierungsvorschriften auch besser erkennbar als bei einer Einzelperson. Wenn der Gesetzgeber die Kapitalgrundlage der Aktiengesellschaft für ausreichend hält, um sie zu jeder Tätigkeit in der Wirtschaft und Übernahme von Verpflichtungen in unbegrenzter Höhe zuzulassen, besteht kein Grund, eine Ausnahme zu machen, wenn es sich um'die Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft handelt. Auch die Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaften bildet oft eine höhere Gewähr für sachgemäße Vermögensverwaltung als die einer physischen Person. Wer sich um die Person der Gesellschafter kümmert, also das Handelsregister einsieht, erkennt auch, ob eine Kapitalgesellschaft zu den persönlich haftenden Gesellschaftern gehört, wenn das nicht schon aus der Firma der offenen Handelsgesellschaft (GmbHuCo.) ersichtlich ist. Wie sich aus den von Boesebeck, „Die kapitalistische Kommanditgesellschaft" S. 70ff. und Zielinski angeführten Fällen ergibt, werden mit derartigen Gründungen auch oft allgemeinwirtschaftlich erstrebenswerte Ziele verfolgt und gerade durch die oft gute finanzielle Fundierung der beitretenden Kapitalgesellschaft erreicht. Nicht durch2*

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 26 schlagend ist auch die Erwägung von Müller-Erzbach, Deutsches Handelsrecht, S. 180: Bei den Kapitalgesellschaften wie bei der eingetragenen Genossenschaft müsse der Vorstand jederzeit absetzbar sein. Diese Unternehmerverbände könnten daher nur Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft sein, wenn bei dieser die Vertretungsmacht der Gesellschafter kraft besonderer Bestimmung des Gesellschaftsvertrags jederzeit widerruflich sei. Die jederzeitige Abberafbarkeit besteht zwar bei der Genossenschaft, § 24 Abs. 3 GenG., bei der GmbH, nur, wenn sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag auf den Fall des wichtigen Grundes beschränkt ist, § 38 Abs. 2 GmbHG., bei der Aktiengesellschaft nur aus wichtigem Grunde, § 75 Abs. 3 AktG. Diese Abberufbarkeit ist aber kein rechtliches Hindernis für die Zulässigkeit der Mitgliedschaft einer der genannten Gesellschaften oder auch einer anderen juristischen Person (auch des Staates, dessen leitende Personen vielfach ebenfalls jederzeit abberufen werden können). Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft ist nicht der Leiter der betreffenden juristischen Person, sondern diese selbst. An der Mitgliedschaft ändert sich nichts durch die Abberufung. Nur wird die juristische Person künftig durch ihren neuen Leiter vertreten. Aufgabe des Mitgliedes ist es, dafür zu sorgen, daß alsbald ein neuer Leiter bestellt wird. Die Erwägung von Müller-Erzbach könnte auch höchstens rechtfertigen, die juristische Person von der Vertretung der offenen Handelsgesellschaft, nicht überhaupt von der Mitgliedschaft auszuschließen. Wenn nach § 75 Abs. 1 Satz 3 AktG. eine juristische Person nicht zum Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, wohl aber zum Abwickler (§ 206 Abs. 1 Satz 2 AktG.) bestellt werden kann, so ergibt sich daraus nicht die Unmöglichkeit der gesetzlichen Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft durch eine juristische Person. Zwar ist diese nicht selbst handlungsfähig und bedarf der Vertretung durch eine natürliche Person. Aber diese Person kann sie auch als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft und bei Führung deren Geschäfte vertreten. Dies ist ebenso möglich, wie wenn eine natürliche Person Gesellschafter ist und wegen ursprünglicher oder nachträglicher Geschäftsunfähigkeit durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten werden muß. Zuzugeben ist, daß die Verwendung der Rechtsform der „GmbHuCo." (wie auch der GmbH, selbst) im Einzelfall einen Rechtsmißbrauch darstellen und der sie erstrebende Vertrag gegen die guten Sitten verstoßen kann. Dies wäre der Fall, wenn eine Kommanditgesellschaft mit einer GmbH, als einzig persönlich haftendem Gesellschafter nur zu dem Zwecke gegründet worden wäre, um die Einkünfte der GmbH, steuerlich als Einkommen einer offenen Handelsgesellschaft erscheinen zu lassen und dadurch der Körperschaftsteuer zu entziehen oder wenn die Gesellschafter der GmbH, zugleich die Kommanditisten wären und tatsächlich die Kommanditgesellschaft leiten würden oder wenn durch eine solche Gründung eine größere Kreditfähigkeit vorgetäuscht würde, die Gesellschafter in Wirklichkeit aber doch nur mit dem vielleicht geringen Vermögen der GmbH, und einer kleinen Kommanditbeteiligung haften würden oder wenn die GmbH, nur errichtet wäre, um Gesellschafter einer ebenfalls erst zu errichtenden offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zu werden und so eine beschränkte Haftung des Hauptbeteiligten herbeizuführen. Solchen Mißbräuchen kann aber entgegengetreten werden, ohne daß die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin überhaupt für unzulässig erklärt wird. Den Versuch, sich der Körperschaftsteuer zu entziehen, hat die Steuerrechtsprechung schon auf Grund des § 5, später § 10 der Reichsabgabenordnung (jetzt § 6 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934, RGBl. I 925), der den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts durch Nichtbeachtung dieser Formen entgegentritt, als Umgehung der Steuerpflicht angesehen, indem sie die hinter der Tarnung stehende GmbH, auch mit dem scheinbaren Einkommen der Kommanditgesellschaft zur Körperschaftsteuer heranzog; vgl. RFH. Bd. lü, 65; JW. 1922, 1545 mit Anm.; RFH. 17, 90; 21, 104; StuW. 29 Nr. 479. Auf Grund der einem allgemeinen Rechtsgedanken entspringenden Vorschrift des § 6 SteueranpassungsG. wird die Rechtsprechung auch in anderen Fällen einen Weg finden, um diejenigen, die ein Handelsgewerbe unter Mißbrauch der Form der beschränkten Beteiligung betreiben, als voll haftbar zu behandeln. Es kann hier auf die neueren Entscheidungen des RG. in SeuffA. Bd. 92 S. 115 und Bd. 93 S. 165 verwiesen werden, wo dem Versuch entgegengetreten worden ist, unter Mißbrauch der Form der GmbH, sich der Haftung für den Mißerfolg eines Unternehmens zu entziehen. In Fällen, in denen offensichtlich die Grün-

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§ 105 Anm. 27 dung einer offenen Handelsgesellschaft oder auch einer GmbH, oder beider zu Täuschungszwecken erfolgt, so, wenn gleichzeitig eine GmbH, mit für ihre Aufgabe zu geringem Kapital und eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft mit der GmbH., als einzigen persönlich haftenden Gesellschaftern und den Gesellschaftern der GmbH., als maßgebenden Geschäftsleitern der offenen Handelsgesellschaft gegründet wird, wird auch der Registerrichter in der Lage sein, die Eintragung abzulehnen, denn er muß und darf nicht bei Gründungen und deren Verlautbarung in öffentlichen Registern mitwirken, wenn die angewandte Gesellschaftsform der Irreführung der Allgemeinheit dient. Der Gesetzgeber hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts indirekt dadurch bestätigt, daß er in § 10 der Ersten DurchfVo. zum Umwandlungsgesetz vom 14. Dezember 1934, RGBl. I 1262, eine Vorschrift für den Fall erlassen hat, daß bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine o.HG. an letzterer juristische Personen als Gesellschafter beteiligt sind; vgl. auch §6 Kapitalverkehrssteuergesetz (s. unten). Ist eine juristische Person persönlich haftender Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, so kann ihr Name (ihre Firma) auch in die Firma der offenen Handelsgesellschaft aufgenommen werden. Werden nicht die Namen aller Gesellschafter aufgenommen, so muß die Firma einen das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz erhalten, § 19. Die Firma kann dann etwa lauten: H . . AG. u. Co.; RJA. 16, 82; KG. in KGJ. 51, 122. Die bei der Anmeldung der Firma durch die juristische Person vorzunehmende Z e i c h n u n g der F i r m a der offenen Handelsgesellschaft hat in der Weise zu erfolgen, daß der anmeldende Vorstand oder Geschäftsführer zugleich mit der Firma seiner Aktiengesellschaft oder GmbH, unterschreibt; KGJ. 51, 125. Für die G e s e l l s c h a f t s s t e u e r , der der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber unterliegt (§ 2 des KapVStG. vom 16. Oktober 1934, RGBl. I 1058), bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 4 dieses Gesetzes, daß als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften auch gelten: Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft. Nach Abs. 2 des § 6 gelten als Gesellschafter die Personen, denen die in Abs. 1 bezeichneten Gest llschaftsrechte zustehen. Danach besteht für die Kommanditanteile Kapitalsteuerpflicht; vgl. RFH. 21,92. Wenn eine Kapitalgesellschaft in eine b e r e i t s b e s t e h e n d e Kommanditgesellschaft eintritt, so wird dadurch eine Kapitalsteuerpflicht der Kapitalgesellschaft für die Kommanditanteile ausgelöst, das folgt ebenfalls aus §6 KapVStG.; RFH. im Recht 1927, 1912 und 1913. Anm. 27. 4. K a n n eine o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t oder K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t als solche G e s e l l s c h a f t e r i n e i n e r a n d e r e n o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t oder p e r s ö n l i c h h a f t e n d e G e s e l l s c h a f t e r i n e i n e r K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t sein? Dafür im wesentlichen das Schrifttum, so Wieland I 837; Müller-Erzbach S. 180; Geiler in JW. 1924, 1113; Schreiber KommG. auf Aktien 41 Anm. 1; Baumbach § 105 Anm. F; Hueck S. 14; Schlegelherger § 105 Anm. 27; Würdinger S. 106. Dagegen Schwarz § 105 Anm. 151; RG. 36, 39; KG. in DNotZ. 1929, 341 und KGJ. 11,17; OLG. Hamburg in ZHR. 40, 457; OLG. Dresden RJA. 15, 43; OLGR. 24, 170; vgl. auch die Zusammenstellung des Schrifttums und der Rechtsprechung bei Boesebeck, Die kapitalistische Kommanditgesellschaft, S. 78. Von den Gegnern der Zulassung wird geltend gemacht: durch die Aufnahme einer o.HG. (als Gesamtverband, nicht der einzelnen Mitglieder derselben persönlich) komme, da diese sich jederzeit ohne Widerspruchsrecht der anderen Gesellschafter in ihrem Mitgliederbestande ändern könne, ein störender Umstand der Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit in die Gesellschaft, die ihrem Wesen widerspreche. Von Däschner, Handelsrechtliche Gestaltungsformen, wird sie nur für zulässig gehalten, wenn die Gesellschaftsverträge beider Gesellschaften einen Wechsel der Gesellschafter ausschließen. Der Einwand spricht nicht entscheidend gegen die Zulässigkeit einer solchen Mitgliedschaft. Wenn die eintretende Gesellschaft trotz eines Gesellschafterwechsels als solche fortbestehen kann, was anzunehmen ist (vgl. § 130 „wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt"; vgl. auch §§ 138,141), also trotz eines Gesellschafterwechsels die Identität der Gesellschaft gewahrt wird, so zeigt sich darin eine so weitgehende Selbständigkeit der Gesellschaft und insbesondere auch des in ihr gebundenen Sondervermögens, daß sie trotz des Personenwechsels nicht nur im Ver-

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 28, 29 hältnis zu beliebigen Dritten, sondern auch im Verhältnis zti einer anderen Gesellschaft als selbständig zu behandeln ist. Es liegt auch kein zwingender Grund vor, weshalb die offene Handelsgesellschaft nicht auch mit einem Gesellschafterwechsel im Kreise eines ihrer Gesellschafter rechnen darf und kann, so gut sie auch andere Geschäfte auf längere Dauer mit anderen offenen Handelsgesellschaften machen kann. Ohne Grund wird auch gegen die Zulässigkeit einer solchen Beteiligung eingewendet, die offene Handelsgesellschaft dürfe nur unter ihrer eigenen Firma Geschäfte machen, also auch nicht unter der Firma der offenen Handelsgesellschaft, deren Mitglied sie werden soll. Den Gesellschaftsvertrag über die Gründung der zweiten Gesellschaft oder den Beitritt zu dieser, schließt sie unter ihrer eigenen Firma. Die weiteren Geschäfte macht dann aber die a n d e r e Gesellschaft. Diese darf dabei nur ihre eigene Firma verwenden. Darin zeigt sich gerade die weitgehende Selbständigkeit der offenen Handelsgesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern, wenn diese auch Träger der Gesellschaftsrechte sind. Es entspricht auch einem praktischen Bedürfnis, die Mitgliedschaft einer offenen Handelsgesellschaft bei einer anderen offenen Handelsgesellschaft zuzulassen und dadurch den Kredit der zweiten Gesellschaft zu stärken. Durch den Beitritt der ersten als Kommanditist oder stiller Gesellschafter der zweiten, dem die angeführten Bedenken nicht entgegenständen, würde dieses Ziel nur unvollkommen oder gar nicht erreicht werden. Auch das OLG. Stuttgart, DR., 1944, 575 und der RFH. haben sich für die Zulässigkeit einer solchen Mitgliedschaft ausgesprochen; StuW. (Steuer und Wirtschaft) 1930 Nr. 29 und Nr. 1009. Tritt die offene Handelsgesellschaft einer anderen bei, so wird sie als G e s e l l s c h a f t Mitglied der anderen. Nicht ihre Gesellschafter werden Mitglied der anderen. Sie haften nur nach § 128 für die Schulden i h r e r Gesellschaft. Anm. 28. Eine offene Handelsgesellschaft kann G e s e l l s c h a f t e r i n e i n e r b ü r g e r l i c h r e c h t l i c h e n G e s e l l s c h a f t sein; vgl. RG. 142, 21; ebenso eines nicht rechtsfähigen Vereins. Dagegen kann eine bürgerlichrechtliche Gesellschaft oder ein nicht rechtsfähiger Verein nicht Gesellschafterin einer offenen Handelsgesellschaft sein, da es ihnen an der für das Auftreten nach außen erforderlichen Organisation fehlt. Die stille Gesellschaft kann ebenfalls nicht Mitglied einer o. HG. werden, da sie eine Innengesellschaft ist; wohl aber der Geschäftsinhaber; Hueck S. 15. Anm. 29. 5. Mehrere o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e n zwischen d e n s e l b e n P e r s o n e n sind rechtlich möglich. Da jede Einzelperson mehrere Handelsgewerbe auch unter verschiedener Firma betreiben kann (§ 1 Anm. 15, § 17 Anm. 5), müssen sich auch dieselben Personen zu verschiedenen selbständigen Gesellschaften vereinigen und durch diese mehrere Handelsgewerbe betreiben können. Jede Gesellschaft muß nur den Vorschriften des § 105 genügen. Es muß insbesondere jede den Betrieb eines besonderen, von dem des anderen rechtlich getrennten, wenn auch gleichartigen Handelsunternehmens zum Gegenstand haben. Insbesondere m u ß das Vermögen j e d e r Gesells c h a f t eine s e l b s t ä n d i g e V e r m ö g e n s m a s s e d a r s t e l l e n ; ROHG. 24,156; RG. 16, 16; 32, 34; 43, 81; 47, 157; KGJ. 15, 14; 28 A 253; OLGR. 19, 307; JFG. 3, 179; RFH. 10, 88 in JW. 28, 3761; Wieland I 789ff.; Jaeger, Der Konkurs der o.HG., S. 12; Hueck S. 10. Ob eine Gesellschaft mit mehreren Geschäften oder mehre Gesellschaften vorliegen, kann sich aus den Umständen ergeben, z. B. der Verschiedenheit der Firmenbezeichnungen; (RG. 43, 81; OLG. Hamburg in ZHR. 40, 456), der Verschiedenheit der Geschäftszweige und Niederlassungen. Die mehreren Gesellschaften können allerdings auch gleichlautende Firmen haben. Da sich aber jede neue Firma von allen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden muß (§ 30 Abs. 1), dürfen zwei offene Handelsgesellschaften, auch wenn sie aus denselben Gesellschaftern bestehen, mit dem Sitz am gleichen Ort oder in der gleichen Gemeinde nicht gleichlautende Firmen haben; RG. 16, 18; KGJ. 15 A 14; ZHR. 40. 456. Da es sich um selbständige Vermögensmassen handelt, können die einzelnen Gesellschaften auch miteinander Geschäfte wie mit Dritten abschließen, insbesondere miteinander in Wechselverkehr treten (RG. 47, 157), auch gegeneinander Prozesse führen; Wieland I 79; Jaeger, Die o.HG. in Zivilprozeß S. 44; a. A. hinsichtlich der Zulässigkeit der Prozeßführung Müller-Erzbach HR. S. 183; DürHach. Anm. 10; OLG. Hamburg in OLGR. 3, 81, für den Fall, daß nicht mindestens ein Gesellschafter der einen Gesell22

Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Amn. 30, 31 schaft von denen der anderen verschieden ist. Aus der Getrenntheit der Vermögensmassen ergibt sich auch, daß über jede Gesellschaft ein b e s o n d e r e s Konkursverfahren eröffnet werden kann und unter Umständen eröffnet werden muß; § 209 KO.; OLG. Hamburg in DJZ. 1909, 720; OLGR. 19, 307; Jaeger, Konkurs der o.HG., S. 12 (wegen der Notwendigkeit der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch, bei Übergang eines Grundstücks aus dem Vermögen der einen Gesellschaft in das der anderen vgl. unten Anm. 42; K G J . 28 A 253). Aus der Getrenntheit der Vermögensmassen ergibt sich andererseits, daß ein Schuldner der einen Gesellschaft nicht mit Forderungen gegen die andere aufrechnen kann, wenn er von der einen Gesellschaft in Anspruch genommen wird; Bolze 19 Nr. 26; vgl. auch ROHG. 24, 156. Wegen Entstehung der Umsatzsteuerpflicht bei Umsätzen zwischen beiden Gesellschaften vgl. R F H . 7, 209; 10, 88 u. 101; 17, 298; Ott in BankA. 23, 278; Friesecke in DJZ. 1925, 936; ZAktW. 1925, 255. Anm. 30. 6. M e h r f a c h e M i t g l i e d s c h a f t e i n e s G e s e l l s c h a f t e r s b e i d e r s e l b e n o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t ist ebenso wie bei der eingetragenen Genossenschaft, anders als bei den Aktiengesellschaften, nicht möglich. Nur der M a ß s t a b der Beteiligung kann, insbesondere auf Grund der verschiedenen Leistungen der einzelnen Mitglieder, verschieden sein; RG. 141, 178 = JW. 1933, 25154. V. Die offene Handelsgesellschaft als personenrechtliches Verhältnis. Die Treupflicht der Gesellschafter. Anm. 31. Die o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t ist als Gesellschaft im Sinne der §§ 705ff. BGB. ein p e r s o n e n r e c h t l i c h e s V e r h ä l t n i s . Im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen die Beibringung und Nutzung des Kapitals die Hauptsache ist, steht bei der offenen Handelsgesellschaft als der ausgeprägtesten Form der Personengesellschaft das persönliche Zusammenwirken der Gesellschafter im Vordergrunde. Nach dei regelmäßigen Gestaltung des Rechtsverhältnisses besteht eine Personal- und Arbeitsgemeinschaft; RG. 105, 101 (104). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit gegenseitigen Vertrauens der Gesellschafter. Diese Notwendigkeit wird noch verstärkt durch die gesetzliche Regel, nach der jeder Gesellschafter selbständig zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berufen ist, §§ 114, 125, und durch sein Maßnahmen die Mitgesellschafter nicht nur mit dem Gesellschafts vermögen, sondern auch mit ihrem gesamten Privatvermögen verpflichten kann, § 128. Daraus folgt für die Gesellschafter der handelsrechtlichen Personengesellschaften, namentlich der offenen Handelsgesellschaft, ein besonderes Maß von Treupflicht, die freilich in geringerem Umfange auch bei den Kapitalgesellschaften besteht; vgl. für die Aktiengesellschaft: RG. 146, 395; Weipert in Großkomm. z. AktG., § 84 Anm. 74, für die GmbH.: RG. vom 21. August 1940 II 25/40 = SeuffA. Bd. 95 Nr. 2; für die offene Handelsgesellschaft RG. 147, 342 = J W . 1935, 2362. Sie gilt für alle Gesellschafter, auch für die nicht geschäftsführenden, wenn sie auch für diese in besonderem Maße wichtig ist. Sie besteht schon bei Eingehung der Gesellschaft und äußert sich hier in einer weitgehenden O f f e n b a r u n g s p f l i c h t über Umstände, die für die Erreichung des Gesellschaftszweckes und die Entschließung der übrigen Beteiligten zum Beitritt von Bedeutung sein können. Insbesondere darf der Gesellschafter nicht unter Voranstellung seines eigenen Vorteils zum Nachteil der Gesellschaft handeln, z. B. durch eigensüchtige Ausnutzung seiner Kenntnis von Tatsachen, die er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter erlangt hat; vgl. § 111; vgl. RG. 82, 10; 107, 171. Auch soweit er auf Grund eines außergesellschaftlichen Rechtsverhältnisses Gläubiger der Gesellschaft ist, muß er auf deren Belange bei Ausübung seiner Rechte Rücksicht nehmen; vgl. RG. in LZ. 1913, 29 und RG. in JW. 1937, 1986. Doch wird von dem Gesellschafter nicht allgemein verlangt werden dürfen, seine berechtigten Interessen hinter denen der Gesellschaft zurückzusetzen, insbesondere wenn es sich auch bei ihm um lebenswichtige Belange handelt. Aus der personenrechtlichen Verbundenheit der Gesellschafter erklärt sich auch die g r u n d s ä t z l i c h e U n ü b e r t r a g b a r k e i t d e r M i t g l i e d s r e c h t e und die Bindung des Gesellschaftsvermögens nach den Regeln der Gemeinschaft zur gesamten Hand; vgl. die folgenden Anm. 32ff. und § 109 Anm. 4ff.; vgl. auch Geiler, bei Staudinger, Vorbem. IV vor § 705 BGB.; Hueck in Festschrift für Hübner 1935, S.72ff.; Hueck, o.HG., S. 105; Würdinger S.57f„ 114; Gerhard

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§ 105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 82 Schroth, Der Aufbau der Gesellschaft des BGB. als Schuldverhältnis und als Gemeinschaftsverhältnis 1931, (besprochen in JW. 1932, 706 ff.), der die personenrechtliche Theorie bekämpft; vgl. auch Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandslehre 1936 mit Schrifttumsnachweisen S. 174ff., s. auch S. 192, 195, 241. Tl. Das Gesellschaftsvermögen. Das Gesellschaftsrerhältnis als Gesamthandsverhältnis Anm. 82. a) Das Gcsellschaftsvermögen. Sowohl das BGB., dessen Vorschriften über die Gesellschaft auch hier Anwendung finden, wie das HGB. gehen von der Möglichkeit eines besonderen, von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter verschiedenen Gesellschaftsvermögens aus. § 718 BGB. bestimmt: „Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen)* Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes erworben wird." Die §§ 719, 720 BGB. enthalten Bestimmungen über die Verfügung über das „Gesellschaftsvermögen" und über die Anteile an diesem, § 725 über die Pfändung des Anteils eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen, §§ 730ff. über die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesellschaftsvermögens, § 124 Abs. 2 HGB. regelt die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen, §§ 131, 144 regeln die Folgen der Konkurseröffnung über das Gesellschaftsvermögen für den Bestand der Gesellschaft, §§ 145ff. treffen Bestimmungen über die Behandlung des Gesellschaftsvermögens im Kalle der Auflösung der Gesellschaft. Aus allen diesen Vorschriften ergibt sich die r e c h t l i c h e S e l b s t ä n d i g k e i t des G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s . Es folgt daraus nicht, daß die bürgerlich-rechtliche wie auch die offene Handelsgesellschaft notwendig ein Gesellschaftsvermögen haben m u ß ; RG. 77, 226; 80, 286. Vielmehr können diese Gesellschaften auch ohne ein Gesellschaftsvermögen entstehen. Auch die Beiträge der Gesellschafter müssen nicht in das Gesellschaftsvermögen übergehen. Die offene Handelsgesellschaft kann ihren Geschäftsbetrieb auch mit fremdem Vermögen, das ihr von den Gesellschaftern oder Dritten nur zur Benutzung zur Verfügung gestellt wird, beginnen und fortführen. Es genügt, daß die Gesellschafter auch nur ihre A r b e i t s k r a f t oder auch durch ihren bloßen Beitritt ihren K r e d i t zur Verfügung stellen; vgl. oben Anm. 18. Allerdings liegt in dem Anspruch auf diese Leistungen schon ein gewisser Vermögenswert und damit ein Vermögen der Gesellschaft. Da der Gesellschaftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes, also auf den gewerbsmäßigen Umtausch von Leistungen und damit auf Gewinnerzielung gerichtet ist, wird die offene Handelsgesellschaft auch regelmäßig ein Gesellschaftsvermögen erwerben, wenn sie nicht vorzeitig, etwa wegen Unerreichbarkeit des Gesellschaftszwecks ihr Ende findet. Soweit als Beiträge Sachleistungen — zu denen auch Rechte, z. B. Patentrechte, gehören können —, die der Gesellschaft nicht nur zur Benutzung zu überlassen sind, zu bewirken sind, werden sie ebenso wie Geldleistungen mit der Leistung Bestandteil des Gesellschaflsvermögens. Solange sie noch nicht geleistet sind, gehört der Anspruch auf die Leistung zum Gesellschaftsvermögen; RG. 76, 276; 100,166; 111, 83. Sind v e r t r e t b a r e oder v e r b r a u c h b a r e S a c h e n als Beitrag zu leisten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie gemeinschaftliches Eigentum der Gesellschafter werden sollen. Das gleiche gilt von n i c h t v e r t r e t b a r e n oder nicht verbrauchbaren Sachen, wenn sie nach einer Schätzung beizutragen sind, die nicht bloß für die Gewinnverteilung bestimmt ist; § 706 Abs. 2 BGB. = Art. 91 Abs. 1 ADHGB. Nicht übernommen ist Abs. 2 des Art. 91, nach dem im Zweifel angenommen wird, daß die in das Inventar der Gesellschaft mit der Unterschrift sämtlicher Gesellschafter eingetragenen, bis dahin einem Gesellschafter gehörigen beweglichen oder unbeweglichen Sachen Eigentum der Gesellschaft geworden sind. Jedoch kann die buchmäßige Behandlung solcher Gegenstände auch jetzt noch einen Anhaltspunkt für die Auslegung des Gesellschaftsvertrages abgeben. Infolge E r w e r b s d u r c h die G e s c h ä f t s f ü h r u n g wird ein Gegenstand (eine Sache oder ein Recht) Bestandteil des Gesellschaftsvermögens, wenn die zur Geschäftsführung (und Vertretung) berechtigten Gesellschafter die Erwerbshandlung vorgenommen

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§ 105 Anm.33,84 und dabei mit dem nach außen, wenn auch nur durch die Umstände erkennbaren Willen gehandelt haben, für die Gesellschaft zu erwerben. Hat ein Geschäftsführer im inneren Verhältnis für die Gesellschaft, nach außen aber im eigenen Namen gehandelt, so gehört der Anspruch gegen ihn auf Übertragung der Sache oder des Rechts zum Vermögen der Gesellschaft; RG. 54, 106; JW. 1903, 58. § 718 gibt k e i n e e r s c h ö p f e n d e D a r s t e l l u n g d e r E r w e r b s g r ü n d e für das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschaft kann auch auf Grund anderer Rechtstitel oder Rechtsvorschriften, z. B. durch Vermischung Gesellschaftsvermögen erwerben. Insbesondere soll dadurch die in § 124 HGB. ausgesprochene Befugnis der Gesellschaft zum Vermögenserwerb nicht auf die in § 718 bezeichneten Ursachen beschränkt werden. Auch soweit die vertretungsberechtigten Gesellschafter auf Grund ihrer Vertretungsmacht außerhalb des Geschäftsbetriebs etwas für die Gesellschaft erwerben, wird das Erworbene Bestandteil des Gesellschaftsvermögens. Zum Vermögen der Gesellschaft gehören auch die Ansprüche gegen die geschäftsführenden Gesellschafter aus der Art der Geschäftsführung, insbesondere aus der mangelhaften Führung der Geschäfte. Die Gesellschaft kann auch durch l e t z t w i l l i g e V e r f ü g u n g oder S c h e n k u n g unter Lebenden Vermögen erwerben; vgl. auch Würdinger S. 84. Auch hinsichtlich des Gegenstandes des Vermögens besteht eine Beschränkung der Vermögensfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft im Vergleich zu natürlichen Personen nicht. Sie kann wie diese Vermögen j e d e r A r t erwerben. Auch G e s c h ä f t s g e h e i m n i s s e können zum Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehören, insbesondere auch den Gegenstand einer Einlage bilden; RG. 7,172; ebenso der mittelbare oder unmittelbare B e s i t z ; RG. in Recht 1924 Nr. 24. Anm. 33. b) Die rechtliche Natur des Gesellschaftsvermögens und der Beteiligung der Gesellschafter im allgemeinen ergibt sich insbesondere aus § 719 BGB. Danach kann ein Gesellschafter „nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen". Durch diese Vorschriften übernahm das BGB. für das Recht der Personengesellschaften des bürgerlichen Rechts Grundsätze, die bisher nur für die Personengesellschaften des Handelsrechts in den Art. 98 und 108 ADHGB. reichsrechtlich gesetzgeberischen Ausdruck gefunden hatten. Art. 98 ADHGB. bestimmt: ,,Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen. Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinen Anteil beteiligt oder seinen Anteil an denselben abtritt, so erlangt dieser gegen die Gesellschaft unmittelbar keine Rechte " Nach Art. 108 Abs. 1 ADHGB. darf ein Gesellschafter ohne Einwilligung der übrigen Gesellschafter seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht vermindern. Durch diese Vorschriften, insbesondere durch die Fassung des § 719, ist unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß die B e t e i l i g u n g d e r G e s e l l s c h a f t e r nach dem deutschrechtlichcn Grundsatz der gesamten Iland g e r e g e l t i s t . Diese Art der Beteiligung und die damit notwendig verbundene weitgehende rechtliche Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens ftn Verhältnis zu dem sonstigen (Privat-)Vermögen der Gesellschafter findet ihren Ausdruck weiter in den Vorschriften, die den Fortbestand der Gesellschaft im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters ermöglichen, § 737 BGB., §§ 138 ff. HGB. und in der Vorschrift des § 738 BGB., nach der im Falle eines solchen Ausscheidens eines Gesellschafters sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zuwächst ( A n w a c h s u n g s r e c h t ) . Aus den angeführten gesetzlichen Vorschriften ergeben sich folgende M e r k m a l e d e r G e s a m t h a n d : Anm. 34. 1. Eigentümer des Gesellschaftsyermögens sind die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit; denn das Vermögen der Gesellschaft ist „gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter". Jeder Gesellschafter hat einen Anteil an diesem Vermögen; §§ 718, 719; RG. 65, 227 (231); 114,133; 118, 295. Die Beteiligung ist aber nicht, wie bei der römischrechtlichen societas, eine Beteiligung nach Bruchteilen. Der einzelne Gesellschafter ist nicht mit einer bestimmten oder bestimmbaren Quote am Gesellschaftsvermögen oder seinen einzelnen Bestandteilen beteiligt. Der einzelne Gesellschafter ist mit den anderen zusammen Inhaber des Gesellschaftsvermögens. Von einem dinglichen Anspruch kann man hier aber nicht sprechen, da dem deutschen Recht ein dinglicher Anspruch an einer Sachgesamtheit fremd ist; Schlegelberger § 105 Anm. 36. Das Recht des einzelnen Ge-

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 35—37 seilschafters ist eine Gesamtbeteiligung. Jeder Gesellschafter ist an dem Gesellschaftsvermögen und seinem einzelnen Bestandteilen v o l l b e r e c h t i g t ; seine Berechtigung ist nur b e s c h r ä n k t d u r c h die M i t b e r e c h t i g u n g d e r a n d e r e n G e s e l l s c h a f t e r . Fällt die Mitberecht.igung des einen Gesellschafters weg (durch sein Ausscheiden), so wächst sie nach dem Anwachsungsgrundsat.z des § 738 BGB. den anderen zu, d. h. die bestehende Beschränkung fällt weg. Tritt ein neuer Gesellschafter hinzu, so beschränkt er die bereits vorhandenen Gesellschafter durch Abwachsung an ihrer Beteiligung; vgl. Otto v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 339ff.; Deutsches PrivR. 1 663ff.; „Handelsgesellschaft und bürgerliches Recht" in ArchBürgR. 19, 114; Knoke, Das Recht der Gesellschaft nach BGB., S. 7ff.; Affolter in ArchBürgR. 35, 225; Wieland 602 Anm. 12; Schlegelberger Anm. 39; vgl. auch die Schrifttumsnachweise bei Oertmann, Vorbem. 4 vor 705 BGB. und oben VI; RG. 54, 297; 56, 209 und 432; 61, 75; 65, 299; 74, 9; 79,134; 107,172; 120, 337; in J W . 1901, 576 la ; 1903, 436 16 ; 1916,1409"; 1917, 748"; 1927, 2117; R F H . 7,196; 9, 66; K G J . 24 A 111; 28 A 252; BayObLG. in BayObLGZ. 20, 424; OLG. Hamburg in HansGZ. 1918 Nr. 38; OLG. Karlsruhe bei Bauer 11, 213. Anm. 35. 2. Das Gesellschaftevermögen ist für die Zwecke der Gesellschaft gebunden. Der einzelne Gesellschafter kann es weder dem Gesellschaftszwecke entziehen, noch kann er in anderer Weise darüber verfügen. Er kann weder über seinen Anteil am Gesamtvermögen noch über seine sich aus der Gesamtbeteiligung ergebende Beteiligung an den zum Gescllschaftsvermögen gehörenden Gegenständen, noch viel weniger über die einzelnen Gegenstände selbst selbständig verfügen; der einzelne Gesellschafter kann auch nicht Teilung verlangen. Danach untersteht das Gesellschaftsvermögen nur der gemeinschaftlichen Verfügung der Gesellschafter und — im Rahmen ihrer Aufgabe — der zur Verwaltung berufenen Organe. Die gesamthänderische Beteiligung und Bindung der Gesellschafter erstreckt sich auf das gesamte Vermögen der Gesellschaft in weitestem Sinne, also auch auf Rechte jeder Art. Dies gilt auch für Forderungen. Auch soweit die Forderungen an sich teilbar sind, tritt keine Teilung ein. Diese würde dem Gesamthandscharakter der Beteiligung widersprechen. Die Gesellschafter sind auch nicht G e s a m t g l ä u b i g e r im Sinne des § 428 BGB., sondern Gesamt handsgläubiger. Nicht jeder Gesellschafter kann die ganze Leistung fordern. Der Schuldner kann nur an alle gemeinschaftlich, d. h. an die G e s e l l s c h a f t mit schuldbefreiender Wirkung leisten; RG. 86,66 (68). W a s f ü r d i e B e t e i l i g u n g a m V e r m ö g e n a u s d r ü c k l i c h im G e s e t z a u s g e s p r o c h e n i s t , g i l t f ü r d i e B e t e i l i g u n g an d e r G e s e l l s c h a f t ü b e r h a u p t . Sie ist eine gesamthänderische. Auch andere, nicht vermögensrechtliche Ansprüche, die der Gesellschaft als solcher zustehen, sind Rechte der Gesellschafter in ihrer Verbundenheit, also Gesamthandsrechte. Anm. 86. Der Berechtigung der Gesellschafter in Form der Gesamthand entsprechen auch ihre Verpflichtungen. Wie die Gesellschafter in ihrer Vereinigung Träger aller Rechte sind, sind sie auch Träger aller Verpflichtungen der Gesellschaft. Wie sie Gesamthandsberechtigte sind, sind sie auch G e s a m t h a n d s s c h u l d n e r . Was die Gesellschaft schuldet, schulden auch die einzelnen Gesellschafter, aber nur in ihrer Verbundenheit und mit dem gesamthänderisch gebundenen Vermögen. Daneben sind sie auch g e s a m t s c h u l d n e r i s c h insofern verpflichtet, als sie nach § 128 für die Gesellschaftsschulden haften, und zwar mit ihrem ganzen Vermögen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um zwei voneinander zu trennende Verbindlichkeiten. Es liegt vielmehr nur eine einzige Schuld vor, für die die Gesellschafter haften. Sie haften nur mit einem d o p p e l t e n H a f t u n g s o b j e k t , einmal als Gesamthandschuldner mit dem Gesellschaftsvermögen, dann als Gesamtschuldner mit ihrem sonstigen Vermögen. Anm. 87. Die Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen in Form der Gesamthand gehört zum Wesen der bürgerlich-rechtlichen wie der offenen Handelsgesellschaft (und der Kommanditgesellschaft). Die Beteiligung ergibt sich notwendig aus der Mitgliedschaft. Deshalb kann der einzelne Gesellschafter auch nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen — der Vermögenssubstanz — ausgeschlossen werden, auch wenn er nicht durch Einlage (Dienstleistung) zu dessen Entstehung beigetragen hat. Dagegen kann die Beteiligung an der Entstehung des Gesellschaftsvermögens durch Beiträge im Gesellschaftsvertrag der G e w i n n b e t e i l i g u n g o d e r d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g nach Auflösung der Gesellschaft oder

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 38, 39 dem Ausscheiden eines Gesellschafters zugrunde gelegt werden; RG. 114,131 und JW. 1926, 29841 mit Anm.; vgl. auch die Erl. zu § 155. Nach der bestehenden Yertragsfreiheit können zwar mehrere Personen sich zum gemeinsamen Betrieb eines Handelsgewerbes in der Weise vereinigen, daß kein Gesellschaftsvermögen entsteht, sondern das, was namens der Gesellschaft erworben wird, alsbald nach Bruchteilen geteiltes Eigentum der einzelnen Gesellschafter wird, oder in der Weise, daß e i n z e l n e der Vertragschließenden an dem Gesellschaftsvermögen nicht teilnehmen. Dann entsteht aber keine offene Handelsgesellschaft, sondern eine Gesellschaft anderer Art. Eine solche Gesellschaft hat nicht die Rechte der offenen Handelsgesellschaft und darf auch nicht als solche ins Handelsregister eingetragen werden. Anm. 38. Dem Wesen der Gesamthandsgesellschaft würde es widersprechen, wenn einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag oder später durch Zustimmung aller übrigen Gesellschafter das Recht eingeräumt würde, über seinen gesamthänderischen A n t e i l an den e i n z e l n e n Gegenständen des Gesellschaftsvermögens zu verfügen, ihn etwa an einen Dritten abzutreten, im übrigen aber Gesellschafter zu bleiben. Die Gesellschaftsrechte können nicht in der Weise geteilt werden, daß das Verfügungsrecht über das Gesellschaftsvermögen teilweise einem Gesellschafter, teilweise einem Nichtgesellschafter zusteht. Das Gesellschaftsvermögen soll durch die Vorschriften des § 719 seinem Zwecke, dem gemeinschaftlichen Unternehmen zu dienen, erhalten werden, deshalb können nur die Gesellschafter und nur alle gemeinsam darüber verfügen. Daraus ergibt sich der z w i n g e n d e C h a r a k t e r des § 719, soweit er dem einzelnen Gesellschafter die Verfügung über seinen A n t e i l an den e i n z e l n e n Vermögensgegenständen verbietet; Müller-Erzbach S. 172. Durch Übertragung des Sozialrechts an einem einzelnen Gegenstande würde auch eine Rechtsverwirrung eintreten, deshalb ist die Vorschrift auch im öffentlichen Interesse gegeben. Eine dagegen verstoßende Verfügung ist nichtig; Schlegelberger Anm. 35; Geiler bei DürHach. II Allg. Einl. Anm. 24. Sie kann auch nicht durch nachträgliche Zustimmung der anderen Gesellschafter wirksam werden; a. A. Jaeger in ZHR. 51, 75. Haben die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag einem Gesellschafter ein solches Verfügungsrecht eingeräumt, so ist. der ganze Gesellschaftsvertrag nichtig, wenn nicht nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß die Gesellschafter den Vertrag auch ohne die nichtige Bestimmung abgeschlossen hätten; § 139 BGB. Der Anteil des einzelnen Gesellschafters an einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens kann auch nicht ge p f ä n d e t werden; § 859 ZPO. Dagegen kann ein Gesellschafter, auch wenn er nicht allgemein zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berufen ist, mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter über einen einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand selbst verfügen, ihn veräußern oder verarbeiten. Durch eine solche Zustimmung wird ihm die Geschäftsführung oder die Vollmacht für einen Einzelfall übertragen. Handelt er als Vertreter ohne Vertretungsmacht, so wird die Verfügung durch die nachfolgende Genehmigung aller übrigen Gesellschafter oder der zur Verfügung berechtigten Gesellschaftsorgane wirksam; § 185 BGB.; Schlegelberger Anm. 35 und die herrschende Lehre; a. M. RG. 93, 292. Anm. 39. Die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen in s e i n e r G e s a m t h e i t ist das wesentlichste Recht, das sich aus der Beteiligung des einzelnen an der Gesellschaft ergibt. Damit rechtfertigt sich die Unzulässigkeit der einseitigen V e r ä u ß e r u n g d e r G e s a m t b e t e i l i g u n g , denn sie enthält notwendig eine Aufgabe der Mitgliedschaft selbst. Eine solche einseitige Verfügung würde dem Wesen der Gesellschaft, als eines auf persönlichem Vertrauen und persönlichem Zusammenwirken beruhenden Verhältnisses widersprechen. Mit Zustimmung aller Gesellschafter kann aber dieses Band gelöst werden. Im Interesse der volkswirtschaftlieh erwünschten Erhaltung des Unternehmens und der Lebensgrundlage der übrigen Gesellschafter läßt das Gesetz ein Ausscheiden eines Gesellschafters und dessen Ersatz durch einen anderen auch weitgehend zu; vgl. §§ 138ff. Deshalb kann ein Gesellschafter mit Zustimmung a l l e r ü b r i g e n Gesellschafter über seine Beteiligung an dem Gesellschaftsvermögen im g a n z e n verfügen, seine Mitgliedschaft an einen Dritten abtreten oder sie auch ohne Abtretung aufgeben, aus der fortbestehenden Gesellschaft ausscheiden; insofern enthält § 719 somit nicht zwingendes Recht; RG. 54, 297; 57, 90 u. 414; 92, 163 u. 398. Auch im Gesellschaftsvertrag kann

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 40—42 einem Gesellschafter ein solches Verfügungsrecht eingeräumt werden; RG. in LZ. 1921, 617; Schlegelberger Anm. 36. Wird einem Gesellschafter das Recht eingeräumt auszuscheiden, mit oder ohne das Recht der Übertragung seines Anteils auf einen anderen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Gesellschaft unter den übrigen, bei Zulässigkeit der Veräußerung des Anteils mit dem neu Eintretenden fortgesetzt, nicht aber die bisherige Gesellschaft aufgelöst und eine neue gegründet werden soll; OLG. Karlsruhe m BadRpr. 41, 200; in JW. 1933, 115«. Anm. 40. Der Anteil des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen unterliegt wie bei der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft auch bei der offenen Handelsgesellschaft der P f ä n d u n g durch einen Gläubiger eines Gesellschafters, § 859 ZPO. Der Gläubiger wird aber dadurch nicht Gesellschafter; er erlangt nur ein Recht auf Befriedigung aus der vermögensrechtlichen Beteiligung des Gesellschafters durch Ausübung des in § 725 Abs. 1 BGB., § 135 HGB. näher umschriebenen Kündigungsrechts und des Gewinnbezugsrechts; vgl. die Erl. zu § 135. Anm. 41. Im Gegensatz zu der weitgehenden aus der Widmung des Gesellschaftsvermögens für Gesellschaftszwecke sich ergebenden Verfügungsbeschränkung der einzelnen Gesellschafter ist die Gesamtheit der Gesellschafter, die G e s e l l s c h a f t , zu unbeschränkter Verfügung über das Gesellschaftsvermögen befugt, ohne daran durch besondere Gläubigerschutzbestimmungen gehindert zu sein; die G e s a m t h e i t der Ges e l l s c h a f t e r k a n n d e s h a l b j e d e r z e i t das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n , auch das Vermögen als s o l c h e s v e r ä u ß e r n oder die Gegenstände des Vermögens oder den Erlös aus der Veräußerung unter die Gesellschafter verteilen. Dieses Verfügungsrecht unterliegt nur den Beschränkungen, die auch sonst nach dem allgemeinen Recht, z. B. dem Anfechtungsgesetz und der Konkursordnung, §§ 29ff., bestehen. Soweit Gegenstände des Gesellschaftsvermögens in a n f e c h t b a r e r W e i s e in das Privatvermögen einzelner Gesellschafter gelangt sind, sind diese im Verhältnis zur Gesellschaft als Dritte anzusehen und zur Rückgewähr verpflichtet; vgl. § 7 AnfG., § 37 KO. Dies ergibt sich aus der Selbständigkeit des Sondervermögens der Gesellschaft, die auch in der Konkursfähigkeit der Gesellschaft ihren Ausdruck findet; § 209 KO. Nach dem Grundsatz des § 119 Abs. 1 bedarf der Verteilungsbeschluß der Zustimmung aller Gesellschafter, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag unzweideutig einen Mehrheitsbeschluß auch über eine solche, immerhin ungewöhnliche Handlung zuläßt. Der Beschluß auf Verteilung des Gesellschaftsvermögens oder von Teilen desselben bedeutet nicht notwendig die Auflösung der Gesellschaft nach 131 Nr. 2, da die Gesellschaft unter Umständen auch ohne Vermögen ihren Zweck erreichen kann. Anm. 42. 3. Rechtswirkungen der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens im Verhältnis zum Privatvermögen der Gesellschafter. Durch die gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens wird dieses zu einem nur der Erfüllung des Gesellschaftszweckes dienenden S o n d e r v e r m ö g e n . Um diesen Zweck zu erfüllen, muß es auch im Rechtsverkehr zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Gesellschaftern rechtlich als Sondervermögen und als geschlossene Einheit behandelt werden. Daraus ergibt sich die Folge, daß der Übergang von der einen Vermögensmasse zur anderen ebenso vor sich gehen muß, wie zwischen zwei verschiedenen Rechtspersönlichkeiten. Es sind insbesondere auch die F o r m e n einzuhalten, die für eine solche Rechtsveränderung nach dem allgemeinen Recht erforderlich sind. Dies gilt namentlich auch für den Übergang der als Einlage zu leistenden Vermögensgegenstände aus dem Privatvermögen der Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen. Danach erfolgt die Ü b e r t r a g u n g des E i g e n t u m s an beweglichen Sachen d u r c h Ü b e r g a b e oder diese ersetzende Handlungen, die Übertragung von Rechten nach den für deren Übertragung geltenden Vorschriften, also z. B. durch Forderungsabtretung, bei Wertpapieren nach den für deren Übertragung geltenden Formen, bei Orderpapieren durch Indossament, bei Übertragung von GmbH.-Anteilen, durch gerichtliche oder notarische Beurkundung, § 15 GmbHG. N a m e n t l i c h e r f o r d e r t die Ü b e r t r a g u n g des E i g e n t u m s an einem Grundstücke aus dem P r i v a t v e r m ö g e n eines G e s e l l s c h a f t e r s auf die Ges e l l s c h a f t die Auflassung; vgl. die Erläuterungsbücher zur Grundbuchordnung. Aufzulassen ist an die Gesellschaft unter ihrer Firma. Auch dingliche Rechte an Grund28

Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 42 stücken zugunsten der Gesellschaft, etwa eine Grundschuld oder eine Hypothek oder ein Nießbrauch, sind in den für die Begründung dieser Rechte vorgeschriebenen Formen zu bestellen. Im Grundbuch ist als Berechtigte, Eigentümerin oder dinglich Berechtigte, die Gesellschaft unter ihrer Firma unter Angabe ihres Sitzes einzutragen; § 124; § 8 der Grundbuchverfügung vom 8. August 1935, RMB1. S. 637. Die Eintragung der Art der Gesellschaft ist nicht erforderlich; KGJ. 39 A 218. A u f l a s s u n g u n d E i n t r a g u n g ist a u c h e r f o r d e r l i c h , wenn das e i n z u b r i n g e n d e G r u n d s t ü c k b i s h e r im B r u c h t e i l s e i g e n t u m s ä m t l i c h e r G e s e l l s c h a f t e r s t a n d und durch die Einbringung das Bruchteilseigentum in Gesamteigentum umgewandelt wird. Das gleiche gilt, wenn Gesamteigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt wird oder in das Privatvermögen eines Gesellschafters übergeht, etwa als Abfindung im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft; RG. 25, 252; 30, 150; 57, 432; 65, 232; 68, 417; 84, 108; KGJ. 24 A 406; 45 A 232; 51 A 181; 52, 140; OLGR. 6, 144; 19, 338; Recht 1905, 2689; Gruchot 39, 1011; Staudinger § 925 BGB. Anm. II 2b; RGRKomm. § 925 Anm. 2; Güthe-Triebel § 20 GrBO. Anm. 16. Das gleiche gilt, wenn etwa bei der Auseinandersetzung oder bei teilweiser Rückgabe der Einlage Gesamteigentum in Eigentum aller Gesellschafter nach Bruchteilen umgewandelt werden soll; KGJ. 24 A 110; 28 A 252; RJA. 124, 9; OLGR. 13, 23; 26, 40; JW. 1927, 805'. Auflassung ist auch erforderlich, wenn eine fortgesetzte Gütergemeinschaft oder eine E r b e n g e m e i n s c h a f t eines Einzelkaufmanns bisher dessen Handelsunternehmen weiter betrieben hat und — auch unter Teilnahme aller Erben — sich in eine offene Handelsgesellschaft umwandelt, und zwar gleichgültig, ob noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen ist oder die Erbengemeinschaft. Hier findet zwar kein Personenwechsel statt; es bestand auch schon eine Gemeinschaft zur gesamten Hand; aber diese Gesamthandsgemeinschaft ist wesentlich verschieden von derjenigen, die durch die Umwandlung Eigentümerin werden soll. Die Erbengemeinschaft kann auch, z. B. hinsichtlich des nicht zu dem Erwerbsgeschäft gehörigen Vermögens, trotz Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft weiter bestehen. Dies zeigt deutlich, daß beide Gesamthandsgemeinschaften nicht identisch sind; KG. in DR. 1940 mit Anm.; RFH. 12, 76; 25, 291; KGJ. 28 A 251; 45, 230; 51 A 180; JFG. 3, 312 u. 410; OLGR. 46, 37; RGRKomm. § 925 BGB. Anm. 2; Staudinger § 1925 Anm. A II 29; Ott in BankA. 23, 279; Würdinger S. 64 f; wegen des Unterschiedes zwischen erbrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Gesamthandsgemeinschaft vgl. auch RGRKomm. § 2032 BGB. Anm. 3; RG. 117, 264. Soll ein Grundstück von einer offenen Handelsgesellschaft auf eine andere selbständige offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft übertragen werden, die aus denselben Gesellschaftern wie die übertragende besteht, vgl. Anm. 29, so ist Auflassung nötig, weil das Grundstück aus einem Sondervermögen in ein anderes übergeht und dessen Schicksale teilt (z. B. den Gläubigern der anderen Gesellschaft haftet). Das gleiche gilt, wenn der Übergang auf eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft unter denselben Personen erfolgt oder umgekehrt, denn auch hier erfolgt der Übergang in ein anderes Sondervermögen. KG., Beschluß v. 2. 6. 44,1 Wx 102/44 = DR. 1944, 45511 hält Auflassung nicht für erforderlich, sondern Berichtigung des Grundbuchs für genügend bei Übergang von Grundstücken einer Erbengemeinschaft auf eine von allen Miterben gebildete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, wenn die Gesellschaft sämtliche Erbteile erworben hat. Aber der rechtliche Unterschied der beiden Arten von Gesamthand und der Übergang von einem Sondervermögen in ein anderes mit verschiedenem Gläubigerbestand ist auch hier vorhanden; dies zeigt sich namentlich, wenn man folgerichtig den Beschluß des KG. auch auf den Fall anwendet, daß sämtliche Erbteile auf eine von allen Miterben gebildete offene Handelsgesellschaft übertragen werden. A u f l a s s u n g i s t n i c h t e r f o r d e r l i c h , wenn die Identität der Gesellschaft g e w a h r t b l e i b t . Dies ist der Fall, wenn eine offene Handelsgesellschaft diesen Charakter verliert, weil ihr Geschäftsbetrieb auf den des Kleingewerbes herabsinkt und dadurch zur bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft wird oder wenn aus einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft von Handwerkern durch Umgestaltungihres Betriebes eine offene Handelsgesellschaft wird oder wenn im Falle der Auflösung der offenen Handelsgesellschaft die Gesellschafter statt der völligen Abwicklung die Gesamthandsgemeinschaft am Grundbesitz aufrecht halten und auch der Personenbestand unverändert bleibt. Dann ist unter Um29

§ 105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 48—45 ständen B e r i c h t i g u n g d e s G r u n d b u c h s nötig, indem statt der offenen Handelsgesellschaft die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft oder ihre Gesellschafter als Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft eingetragen werden oder umgekehrt. Zur Berichtigung des Grundbuchs genügt ein Zeugnis des Registergerichts über die Löschung der offenen Handelsgesellschaft im Handelsregister; KG. in DR. 1939, 1826«. Im Handelsregister ist die nicht mehr bestehende offene Handelsgesellschaft zu löschen oder die durch Umgestaltung des Betriebs entstandene einzutragen; vgl. RG. 82,161; 84,112; 136, 402; 155, 75 (auch zur Art der Verlautbarung der Umwandlung im Grundbuch); K G J . 39 A 218; J F G . 1, 368; R F H . 12, 76; Güthe-Triebel GBO. § 20 Anm. 18, 20. Auch wenn unter Aufrechterhaltung der Identität der Gesellschaft die Firma der Gesellschaft geändert wird, ist Auflassung nicht erforderlich, sondern nur das Grundbuch und das Handelsregister zu berichtigen; KGJ. 28 A 251; 39 A 218. Erfolgt eine U m w a n d l u n g in der Weise, daß ein n e u e s R e c h t s s u b j e k t entsteht, auf die das Grundstück übergeht, so ist Auflassung geboten. Dies ist der Fall, wenn eine offene Handelsgesellschaft sich in eine AG., GmbH., Gewerkschaft „umwandelt", d. h. ihr Vermögen oder Teile desselben auf eine neu gegründete oder auch schon bestehende selbständige Rechtspersönlichkeit überträgt oder umgekehrt; OLGR. 40, 189. A u f l a s s u n g ist nicht n ö t i g , wenn aus der f o r t b e s t e h e n d e n Gesells c h a f t ein G e s e l l s c h a f t e r a u s s c h e i d e t und der Grundbesitz der Gesellschaft verbleibt. Hier tritt ein Wechsel des Eigentümers nicht ein. Die Gesellschaft bleibt Eigentümer. Nur der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesamthandseigentum wächst den übrigen Gesellschaftern zu; § 738 BGB. Ebenso verhält es sich, w e n n in d i e b e r e i t s b e s t e h e n d e G e s e l l s c h a f t ein n e u e r G e s e l l s c h a f t e r eintritt, wenn also nicht eine neue Gesellschaft gegründet und auf diese der Grundbesitz der bisherigen übertragen wird. Wegen der Frage, ob im Falle der Übernahme des Geschäfts durch den e'nen von den beiden einzigen Gesellschaftern auf Grund richterlicher Ermächtigung nach § 142 oder auf Grund einer Auseinandersetzungsvereinbarung nach § 145 in entsprechender Anwendung des § 738 BGB. Anwachsung stattfindet und deshalb eine Auflassung entbehrlich ist, vgl. die Erl. zu § 142 und § 145. Anm. 43. Soweit eine Übertragung des Eigentums, bei Grundstücken durch Auflassung oder eines Rechtes durch entsprechende Entäußerungsakte nötig ist, gilt, solange die Übertragung noch nicht erfolgt, bei Grundstücken neben der Auflassung die Eintragung ins Grundbuch nicht geschehen ist, der nach dem Gesellschaftsvertrag oder der sonst vorliegenden schuldrechtlichen Vereinbarung zu übertragende Vermögensgegenstand D r i t t e n g e g e n ü b e r noch als Bestandteil des Vermögens des zur Übertragung Verpflichteten, also soweit es sich um eine als Einlage einzubringende Sache handelt, als Privateigentum des Gesellschafters, soweit es sich um die Ausscheidung eines Gegenstandes aus dem Gesellschaftsvermögen handelt, noch als gesamthänderisch gebundenes Eigentum der Gesellschaft. Im ersten Fall dient er den Privatgläubigern, im zweiten den Gesellschaftsgläubigern als Befriedigungsobjekt; RG. 54, 103. Im ersten Fall kann der einzelne Gesellschafter, im zweiten die Gesellschaft noch rechtswirksam über den Gegenstand verfügen, demgemäß können auch die zur Einbringung in die Gesellschaft verpflichteten Miteigentümer eines Grundstücks vor der Auflassung noch einen Versteigerungsantrag nach § 180 ZwVG. stellen. Nur im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern sind sie zur Unterlassung einer solchen Verfügung verpflichtet; RG. in J W . 1925, 1634; a. A. für älteres Recht RG. 50, 158; ebenso Wieland I 541 Anm. 14. Anm. 44. Der Rechtsvorgang, der die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück auf die Gesellschaft oder umgekehrt zur Entstehung bringt, also regelmäßig der Gesellschaftsvertrag, wenn es sich um die Einbringung eines Grundstücks in eine offene Handelsgesellschaft handelt, begründet die Grunderwerbsteuerpflicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz vom 29. März 1940, RGBl. I 585; vgl. den Komm, dazu von Härtel, 1940. Anm. 45. Gewährleistungspflicht des einbringenden Gesellschafters. Die Einbringung von Vermögensgegenständen in eine Gesellschaft ist eine Veräußerung auf Grund eines Vertrages. Es gelten daher s i n n g e m ä ß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Folgen eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der Sache; §§ 433ff., §§ 445, 493 BGB.; Schwarz Anm. 9; Würdinger S. 78.

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 46,47 Wer eine F o r d e r u n g einzubringen hat, haftet für ihren rechtlichen Bestand, nicht für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners, § 437 BGB. Die Vorschriften über den Erwerb von einem Nichtberechtigten, §§ 932ff. BGB., und, falls ein Handelsgeschäft vorliegt, auch § 366 HGB., gelten auch für die Einbringung. Durch gutgläubigen Erwerb geht darnach das Eigentum des Berechtigten unter. Da aber auch der einbringende Gesellschafter aZs Mitglied der Gesellschaft zu den Erwerbern gehört, hindert schon sein böser Glaube den Rechtserwerb der Gesellschaft; RG. 9, 143; OLG. Hamburg in ZHR. 40, 458; vgl. auch die Erl. zu §§ 366, 367. Es gelten auch sinngemäß die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit sie mit dem Wesen der offenen Handelsgesellschaft vereinbar sind, z. B. über die Unmöglichkeit der Leistung § 306 BGB., über die Umkehrung der Beweislast, wenn eine als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen worden ist, § 303 BGB., RG. 68, 271; 86, 210; JW. 1902, 260. Auch die Vorschriften der §§ 373, 377 HGB. über die Untersuchungs- und Rügepflicht sind anzuwenden. Wegen Anwendung der Vorschriften der §§ 320—327 BGB. vgl. unten Anm. 82. Wird ein Handelsunternehmen eingebracht, so finden die Grundsätze sinngemäß Anwendung, die für den Verkauf eines solchen Unternehmens gelten; vgl. Vorbem. vor § 373. Veräußert ein Gesellschafter mit Zustimmung der übrigen seinen Geschäftsanteil, so findet nicht Gewährleistung wegen Mängel einer Sache nach § 493 BGB. statt, sondern nur die Haftung für den rechtlichen Bestand der Beteiligung nach § 437 BGB.; OLG. Karlsruhe in J W . 1933, 115«. Anm. 46. Aus der weitgehenden Selbständigkeit der offenen Handelsgesellschaft und insbesondere des Gesellschaftsvermögens ergibt sich auch die M ö g l i c h k e i t d e s R e c h t s v e r k e h r s zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Gesells c h a f t e r n auf nicht gesellschaftsrechtlichem Gebiete, namentlich die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Gesellschaftern; BayObLGZ. 20, 24. Die Gesellschaft kann mit dem einzelnen Gesellschafter wie mit jedem Dritten in Rechtsverkehr treten und wird daraus in gleicher Weise wie aus einem Rechtsgeschäft mit einem Nichtgesellschafter berechtigt und verpflichtet. Insbesondere kann auch der einzelne Gesellschafter seine Ansprüche aus einem solchen Geschäft in v o l l e r H ö h e geltend machen; vgl. auch die Erl. zu § 124. Auch öffentlich-rechtlich ist die Möglichkeit solcher Rechtsgeschäfte anerkannt, z. B. für die Umsatzsteuerpflicht; RFH. 10, 101; Frisecke in DJZ. 1935, 938. Werden solche Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter vorgenommen, so steht der Gesellschafter der Gesellschaft als Dritter gegenüber, auch soweit es sich um Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen handelt; RG. in J W . 1901, 576 la . Für die Vertretung der Gesellschaft gilt dabei § 181 BGB. Ein Gesellschafter kann auch wie ein Dritter die Bürgschaft f ü r e i n e G e s e l l s c h a f t s s c h u l d übernehmen oder sich in anderer Weise, etwa durch Übernahme der Mitschuld (häufende Schuldübernahme) neben der Gesellschaft verpflichten. Eine solche Verpflichtung hat nicht nur Bedeutung, wenn der Gesellschafter als solcher nur beschränkt haftet (als Kommanditist), sondern auch, wenn er als offener Gesellschafter ohnedies unbeschränkt haftet. Die Haftung aus der Bürgschaft dauert auch nach dem Ausscheiden fort und unterliegt namentlich nicht der kurzen Verjährung nach § 159. Sie hat auch ihre besondere Bedeutung im Falle des Konkurses oder bei Abschluß eines Zwangsvergleichs der Gesellschaft; Reichel in HansGZ. 1921, 401; RG. bei Warn. 1932 Nr. 101; in JW. 1933, 1011» mit Anm.; OLG. Karlsruhe in JurRundsch. 1925 Nr. 1360. Anm. 47. Aus der rechtlichen Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens ergeben sich u. a. noch andere Folgerungen: a) Ist ein Gesellschafter geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf die Verfügung der Gesellschaft über einen zu ihrem Vermögen gehörenden Gegenstand, z. B. über ein Grundstück, n i c h t d e r G e n e h m i g u n g d e s V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s nach denVorschriften über die Notwendigkeit solcher Genehmigungen, denn es handelt sich nicht um die Verfügung über im Miteigentum des Verfügungsbeschränkten stehende Vermögensstücke; RG. 54, 278; 125, 381. b) Der einzelne Gesellschafter kann auf seinen Anteil an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücken k e i n e H y p o t h e k b e s t e l l e n ; KG.im Recht 1902,

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§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 48 206. Dagegen kann die Gesellschaft zu seinen Gunsten, etwa zur Sicherung eines von ihm der Gesellschaft gewährten Darlehns eine Hypothek auf Grundstücken der Gesellschaft bestellen; KGJ. 26 A 135. c) Ein Gesellschafter kann eine Unterschlagung an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen begehen. Durch eine widerrechtliche Verfügung unterschlägt er den ganzen Gegenstand, nicht nur den seiner Beteiligung übersteigenden Betrag; RG. in DJZ. 1904, 817. d) Der Vorschrift des § 5 Abs. 2 GmbHG., nach der kein Gesellschafter bei Errichtung der GmbH, mehrere Stammeinlagen übernehmen darf, steht nicht entgegen, daß neben der offenen Handelsgesellschaft auch ihre einzelnen Gesellschafter persönlich Stammeinlagen übernehmen; Brodmann, GmbHG. § 5 Anm. l b ; LG. Straßburg bei Bauer 9, 36. e) Einzelne Gesellschafter können die Forderung eines Dritten gegen die Gesellschaft für ihr Privatvermögen erwerben. Erwerben alle gemeinschaftlich in dieser Weise eine solche Forderung und bilden sie so eine Gelegenheitsgesellschaft, so erlischt die Forderung nicht durch Vereinigung von Gläubiger und Schuldner; PrOVG. in DJZ. 1906, 1009; Wieland I 641 Anm. 3. f) Der einzelne Gesellschafter kann gegen einen Schuldner der Gesellschaft nicht auf Leistung eines seiner Beteiligung entsprechenden Anteils der Schuld an ihn klagen; vgl. die Erl. zu § 124; OLG. München in LZ. 1907, 146. g) Bestritten ist, ob die Haftung des Ü b e r n e h m e r s des V e r m ö g e n s eines anderen nach § 419 BGB. schon dann eintritt, wenn jemand das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft übernimmt oder ob die Haftung nur besteht, wenn er zugleich auch das Vermögen aller einzelnen Gesellschafter übernimmt oder wenn das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft im wesentlichen das gesamte Vermögen der Gesellschafter ausmacht; für letztere Auffassung mit Recht RG. in JW. 1918, 357; OLG. Düsseldorf in JW. 1932, 114; § 25 Anm. 25. § 419 BGB. beruht auf dem Gedanken, daß derjenige, der das ganze Vermögen eines Schuldners übernimmt, auch für die Schulden haftet; die offene Handelsgesellschaft mit ihrem Vermögen ist aber nicht allein Schuldner, das sind auch die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen; a. A. HansGZ. Beibl. 1926, 19. h) Macht eine offene Handelsgesellschaft eine Schenkung an einen nahen Verwandten eines Gesellschafters, so genießt dieser nicht die steuerliche Begünstigung einer solchen Zuwendung zwischen Verwandten; RFH. 1, 144. VII. Die Entstehung der offenen Handelsgesellschaft Anm. 48. 1. Der Gesellschaftsvertrag. Die offene Handelsgesellschaft kann, wie die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nur durch einen Vertrag der Gesellschafter, den Gesellschaftsvertrag entstehen. „ D u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu fördern"; § 705 BGB. Ob ein Vertrag zustande gekommen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts über den Vertragsschluß. Die Vertragschließenden müssen über alle Punkte einig sein, ohne deren Regelung auch nur einer von ihnen nicht gebunden sein will. Es genügt nicht, daß sie sich nur über die wesentlichen Punkte geeinigt haben; §§ 154, 155 BGB. Sie können aber die Hauptpunkte besonders festlegen und im übrigen die gesetzliche Regelung, auch stillschweigend, als maßgebend vereinbaren; ROHG. 9, 38; RG. 12, 304; 40, 47; RG. im Recht 1914 Nr. 2309. Sie können die Festlegung einzelner Bestimmungen einem der Vertragschließenden oder auch einem Dritten überlassen; §§ 315—317, 319 BGB. Sie können die Festlegung von Einzelheiten, wie auch spätere Änderungen des Vertrags, auch einem S c h i e d s g e r i c h t übertragen, auch soweit es sich um Aufnahme oder Ausscheiden von Mitgliedern handelt; die Beteiligten sind dann verpflichtet, den Vertrag nach Maßgabe des Schiedsspruchs zu schließen; RG. in JW. 1935, 178318; RG. 85, 291; in JW. 1917, 290"; 1921, 1239"; Ritter § 105 Anm. 2. Allerdings kann dann die Gesellschaft erst ins Leben treten, wenn die Ergänzung erfolgt ist, da damit erst der fertige Gesellschaftsvertrag vorliegt. Vorher besteht nur ein allerdings als solcher bindender V o r v e r t r a g . Erforderlich ist jedenfalls die Einigung der Gesell-

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 105 Anm. 49—51 schafter über den Betrieb eines b e s t i m m t e n Handelsgewerbes. Nicht unbedingt erforderlich sind dagegen ausdrückliche Vereinbarungen über die Art der Beitragsleistung und deren Höhe. Die etwa bestehenden L ü c k e n des V e r t r a g s können insofern aus dem Gesetz ausgefüllt werden, z. B. aus § 706 BGB. Die Art der Beiträge kann sich auch aus dem Gesellschaftszweck ergeben; RG. in HoldhMschr. 1928 Nr. 1409; Schwarz § 105 Anm. 3. Sollen die Vertragschließenden einander gar nicht als gleichberechtigte Gesellschafter gegenübertreten, sondern der eine dem anderen gegenüber sich in abhängiger Stellung befinden, so liegt ein Gesellschaftsvertrag nicht vor. Es kann dann aber ein Rechtsverhältnis anderer Art, z. B. ein Dienstverhältnis, bestehen. Anm. 49. Eine offene Handelsgesellschaft kann nur entstehen, wenn die Vertragschließenden eine Gesellschaft errichten wollen, die die in § 105 bezeichneten Begriffsmerkmale der offenen Handelsgesellschaft erfüllt. Im übrigen sind die Vertragschließenden in der Gestaltung ihres gegenseitigen Vertragsverhältnisses, soweit nicht, insbesondere im Verhältnis zu Dritten, zwingende Vorschriften, wie § 128, entgegenstehen, nach dem Grnndsatze der Tertragsfreiheft völlig frei; vgl. auch § 109. Anm. 60. Der Gesellschaftsvertrag kann auch unter einer a u f s c h i e b e n d e n Bed i n g u n g oder unter einer Z e i t b e s t i m m u n g , d. h. mit Wirkung auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, abgeschlossen werden; RG. in JW. 1936, 2065*. Die Wirksamkeit einer a u f l ö s e n d e n B e d i n g u n g unterliegt den gleichen Beschränkungen wie der Rücktritt vom Vertrage: Nachdem die Gesellschaft einmal nach außen in den Rechtsverkehr eingetreten ist, kann sie nicht mehr rückwirkend vernichtet werden. Es bleiben nur die Auflösung aus wichtigem Grunde oder die an deren Stelle gegebenen Rechtsbehelfe (Ausschließung, Übernahmerecht), wenn deren besondere Voraussetzungen gegeben sind; vgl. unten Anm. 83; oder die Ausübung eines im Gesellschaftsvertrag bedungenen Kündigungsrechts. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung kann unter Umständen in eine Vereinbarung der Auflösung der Gesellschaft bei Eintritt einer Bedingung umgedeutet werden; § 140 BGB.; vgl. die Erl. zu § 131. Es kann auch vereinbart werden, daß die offene Handelsgesellschaft mit Wirkung von einem vor dem Tage des Vertragsschlusses liegenden Zeitpunkte als bestehend gelten solle, z. B. bei Übernahme eines Handelsgeschäfts von einem der Gründer vom Ende des vorhergehenden Geschäftsjahres an. Jedoch kann dadurch nicht der Beginn der offenen Handelsgesellschaft selbst auf einen früheren Zeitpunkt verlegt werden, also mit der Folge, daß die Vertragschließenden schon von einem früheren Zeitpunkt an Gesellschafter sind. Insbesondere kann eine solche Wirkung nicht im Verhältnis nach außen erzielt werden. Die Vereinbarung hat nur die Bedeutung, daß das Unternehmen bereits von dem bestimmten früheren Zeitpunkt an auf Rechnung der Gesellschaft geführt sein soll. Anm. 61. 2. Abschloß des Gesellschaftsvertrags durch Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter. a) A b s c h l u ß d u r c h g e w i l l k ü r t e V e r t r e t e r . Die Gesellschafter können sich beim Abschluß des Gesellschaftsvertrags durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die P r o k u r a ermächtigt zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages, da eine Beteiligung an einem anderen Handelsunternehmen auch als persönlich haftender Gesellschafter zu den Rechtshandlungen gehört, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringen kann; §49. Die Gesellschaftsverträge sehen auch oft die Beteiligung an anderen Unternehmungen ausdrücklich vor. Da die Prokura nicht zu Rechtshandlungen ermächtigt, die auf Stillegung des Betriebes abzielen (vgl. § 49 Anm. 3), ist der Prokurist nicht zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages ermächtigt, nach dem seine Gesellschaft ihr Unternehmen in eine andere Gesellschaft einzubringen hat. Nach § 49 Abs. 3 kann er auch ohne besondere Vollmacht nicht Gesellschaf tsvarträge abschließen, durch die sich seine Gesellschaft ZUT Veräußerung eines Grundstücks durch Einbringung in eine andere Gesellschaft verpflichtet. Ob die H a n d l u n g s v o l l m a c h t zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages ermächtigt, hängt davon ab, ob der Betrieb eines Handelsgeschäfts von der Art des Geschäfts, in dem der Handlungsbevollmächtige angestellt ist, die Vornahme derartiger Geschäfte g e w ö h n l i c h mit sich bringt; § 54. In der Regel wird dies nicht der Fall sein. Wegen des Unterschieds des Umfanges der Prokura und der H a n d l u n g s v o l l m a c h t vgl. die Erl. zu §§49,54. Die personenrechtliche Bedeutung der Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft steht der Ermächtigung nicht ent3

HOB. Bd. n . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 52—57 gegen, da bei der Frage, ob eine solche Beteiligung erfolgen soll, nach kaufmännischer Auffassung die finanzielle Seite nicht neben der persönlichen zurücksteht. Allerdings kann der Prokurist oder Handlungsbevollmächtigte bei der Anmeldung zum Handelsregister den Gesellschafter nur auf Grund besonderer Vollmacht vertreten; § 49 Anm. 4; Tgl. auch § 108. Anm. 52. b) Die Vertretungsmacht der v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n Gesells c h a f t e r einer P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t umfaßt auch die Befugnis zum Abschluß eines Vertrages über den Beitritt der Gesellschaft zu einer anderen Personengesellschaft; §126.

Anm. 58. Für eine j u r i s t i s c h e P e r s o n müssen deren nach Gesetz und Satzung zur Vertretung berufenen Organe den Vertrag abschließen. Ob die regelmäßigen Vertreter allein auch zum Abschluß von Verträgen über die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft befugt sind oder ob die Mitwirkung eines anderen Organs, etwa der Gesellschafterversammlung, erforderlich ist, hängt von der Verfassung der einzelnen juristischen Person ab. Für die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien wird auf die §§ 255, 256 AktG. verwiesen, durch welche die sonst unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht des Vorstandes, §§ 71, 74 AktG., beschränkt wird, wenn es sich um die Ü b e r t r a g u n g des g a n z e n G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s auf einen Dritten oder um eine Gewinngemeinschaft oder einen B e t r i e b s ü b e r l a s s u n g s oder einen B e t r i e b s f ü h r u n g s v e r t r a g handelt. Zum Abschluß einer solchen Vereinbarung, auch wenn sie im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einer Personengesellschaft geschieht, bedarf der Vorstand der Zustimmung der Hauptversammlung mit der in den genannten Vorschriften bezeichneten erhöhten Mehrheit. Anm. 64. Wegen Abschlusses des Vertrages für G e s c h ä f t s u n f ä h i g e oder in der Geschäftsfähigkeit Beschränkte vgl. Anm. 24. Anm. 55. Eine E h e f r a u kann selbständig einen Gesellschaftsvertrag abschließen; vgl. Anm. 25. Anm. 56. 3. Der Gesellschaftsvertrag ist nur wirksam zustande gekommen, wenn alle Vertragschließenden sich rechtswirksam gebunden haben. Ist auch nur einer nicht gebunden, etwa weil er nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war oder weil die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder einer anderen Stelle fehlte, so ist der ganze Vertrag unwirksam, auch die anderen Gesellschafter sind nicht an ihre Erklärungen gebunden. Jedoch ist § 139 BGB. sinngemäß anzuwenden. Sind die Erklärungen der Vertragschließenden nach den Umständen des Falles so auszulegen, daß die anderen gebunden sein wollen, auch wenn einer nicht gebunden ist, so besteht kein Anlaß, diesem Vertragswillen nicht ebenso Geltung zu verschalten, wie wenn die Vertragschließenden sich ausdrücklich für den Fall der Unwirksamkeit des Beitritts des einen von ihnen für gebunden erklärt haben; Planck § 705 BGB. Anm. 2; Würbinger, Gesellschaften, S. 42; a. M. Schlegelberger Anm. 49. Anm. 57. S t a a t s g e n e h m i g u n g ist zur Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft nicht erforderlich. Ist aber Gesellschaftszweck der Betrieb eines Gewerbes, das nicht ohne staatliche Erlaubnis betrieben werden darf (vgl. z. B. § 3 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939, RGBl. I 1955, oder die devisenrechtlichen Vorschriften über Devisenbanken), so ist vor dem Beginn des G e w e r b e b e t r i e b e s die G e n e h m i g u n g hierzu einzuholen. Wird sie versagt, so ist die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich und die Gesellschaft nach § 133 aufzulösen oder nicht iu Vollzug zu setzen. Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch bestimmen—-und dies kann sich aus den Umständen ergeben —, daß die Gesellschaft nur unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der staatlichen Genehmigung entstehen soll. Durch § 2 des H y p o t h e k e n b a n k g e s e t z e s vom 13. Juli 1899, RGBl. S. 375, ist offenen Handelsgesellschaften der Betrieb einer Hypothekenbank verboten. Offenen Handelsgesellschaften kann auch nicht die Erlaubnis zum Betrieb der L e b e n s - , U n f a l l - , H a f t p f l i c h t - , F e u e r - u n d H a g e l v e r s i c h e r u n g erteilt werden; vgl. das Gesetz über die privaten Versiehtrungsunternehmungen vom 6. Juni 1931, RGBl. I 315. Ist der Betrieb eines Handelsgewerbes, z. B. eines Einfuhrgeschäfts oder eines Devisenbankgesch äfts, von einer bestimmten Eigenschaft des Inhabers oder einer staatlichen Erlaubnis abhängig, so ist aus dem Zweck der Vorschrift zu ermitteln, ob die Eigenschaft bei

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§105 Anm. 58 allen Gesellschaftern erforderlich sein muß; vgl. RG. 105, 288 = JW. 1923, 177 mit Anm.; OLG. Dresden in JW. 1922, 43. Fehlt es danach an den gesetzlichen Voraussetzungen für den Betrieb des Gewerbes durch die Gesellschaft, so ist der Gesellschaftsvertrag unwirksam; a. A. RG im Recht 1930 Nr. 239. Anm. 58. 4. Die E i n h a l t u n g einer b e s t i m m t e n Form ist f ü r den A b s c h l u ß des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s nicht erforderlich. Die Vertragschließenden können sich auch mündlich einigen. Wegen der Wichtigkeit des Vertragsgegenstandes, der damit verbundenen weittragenden, oft lange dauernden persönlichen Bindung im Innenverhältnis und der vermögensrechtlichen Haftung nach außen ist aber schriftliche Niederlegung des Vertrages zu empfehlen. Neben den Namen der Vertragschließenden enthält der schriftliche Vertrag zweckmäßig genauere Angaben über die Art des zu betreibenden Unternehmens, den Sitz der Gesellschaft, die Leistungen der Gesellschafter, die Dauer der Gesellschaft, die Kündigungsfrist, die Folgen der Arbeitsunfähigkeit eines Gesellschafters, das Recht der übrigen Gesellschafter zur Fortsetzung der Gesellschaft oder zur Übernahme des Geschäfts bei Eintritt eines Auflösungsgrundes in der Person eines Gesellschafters, über die Ermittlung und Zahlung des Abfindungsguthabens eines ausscheidenden Gesellschafters. Auch das Recht zur Geschäftsführung und das Entnahmerecht wird zweckmäßig ausdrücklich geregelt. Die Beobachtung einer bestimmten Form ist nötig, wenn der Gesellschaftsvertrag Vereinbarungen enthält, deren Wirksamkeit auch außerhalb eines Gesellschaftsvertrages nach den besonderen Vorschriften des BGB. oder anderer Gesetze von der Beobachtung einer Formvorschrift, z. B. von der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung, abhängt, so wenn die Verpflichtung zur Übertragung des gegenwärtigen Vermögens eines Gesellschafters oder eines Teiles desselben oder zur Bestellung eines Nießbrauches daran, § 311 BGB. (vgl. § 25 Anm. 25), oder zur Abtretung des Geschäftsanteils an einer GmbH., übernommen wird oder wenn der Gesellschaft oder einem Mitgesellschafter ein Vorkaufsrecht an einem im Eigentum eines Gesellschafters stehenden Grundstück eingeräumt werden soll; §§ 504ff., §§1049ff. BGB.; vgl. RG. 72, 335; 110, 332; 125, 261; a. M. OLG. Breslau, JW. 1929,1997 mit Anm., oder wenn die Verpflichtung der Schriftform bedarf, wie die Übernahme einer Bürgschaft durch einen Nichtkaufmann, 9 766 BGB. Die Einhaltung der Form der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung ist nicht erforderlich, wenn ein Gesellschafter sich verpflichtet, ein ihm gehöriges Grundstück nur zur Benutzung oder „dem Werte nach", also rein rechnerisch, e i n z u b r i n g e n ; auch die-Schriftförm für länger dauernde Mietverträge ist nicht erforderlich, denn es handelt sich nicht um ein Mietsverhältnis; RG. 109, 380; JW. 1925, 1634»; 1927, 1688; RG. im Recht 1927 Nr. 1648; in HRR. 1928 Nr. 1281. Bei einer auf Grundstückserwerb und Veräußerung gerichteten Gesellschaft ist im Zweifel durch Vertragsauslegung zu ermitteln, ob der Vertragswille auf Übertragung des Eigentums an den einem Gesellschafter gehörenden Grundstücken in das Gesamthandseigentum gehen oder die Beteiligung an der Gesellschaft sich nur auf das Innenverhältnis beziehen und nur schuldrechtliche Beziehungen begründen soll. Eine Vermutung für den einen oder anderen Vertragswillen besteht nicht; RG. in HRR. 1935 Nr. 1585; JW. 1905, 719. Die Form des § 313 ist auch einzuhalten, wenn ein Gesellschafter sich zwar nicht zur Einbringung eines Grundstücks in die Gesellschaft, aber zur unmittelbaren Übertragung des Eigentums an einen Dritten im Interesse der Gesellschaft verpflichtet; RG. in JW. 1905, 73'; in HoldhMschr. 17, 102. Hat ein Gesellschafter auf Grund Vereinbarung der Gesellschaft ein Grundstück für Gesellschaftszwecke, etwa zum Betriebe der gemeinsamen Fabrikation, also als Treuhänder, oder auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages und damit auf Rechnung der Gesellschaft erworben, so bedarf die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums auf die Gesellschaft nicht der Form des § 313 BGB., denn das der Verpflichtung zugrunde liegende Rechtsverhältnis besteht seinem Wesen nach nicht wie der Verkauf in der Verpflichtung zur Eigentumsübertragung, sondern die Verpflichtung ist nur eine Folge des anderen Rechtsverhältnisses, z. B. des Geschäftsbesorgungsvertrages, der zur Herausgabe des durch die Geschäftsbesorgung Erlangten verpflichtet; oder des Gesellschaftsvertrages selbst, der den Gesellschafter zur Förderung des gemeinsamen Zweckes verpflichtet; §§ 713, 667 BGB. Auch wenn die Vereinbarung über den gemeinsamen Erwerb erst nach Kaufabschluß, aber vor Auflassung an den Gesellschafter 8*

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§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 58 erfolgt ist, ist § 313 BGB. nicht anwendbar; denn dann ist nur die Abtretung des Anspruchs auf Auflassung vereinbart, diese Vereinbarung bedarf aber der Form des § 313 BGB. nicht; RG. 82, 302; mit weiteren Nachweisen; 108, 60; 109, 380; JW. 1905, 73 7 ; 1927, 1409 u. 2117"; 1928, 1813; 1935, 3529; LZ. 1928, 1070; HRR. 1935 Nr. 1580. Wegen der Form der G e s e l l s c h a f t s v e r t r ä g e u n t e r E h e g a t t e n vgl. Anm. 25. I s t a u c h n u r wegen eines Teiles des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s eine F o r m e i n z u h a l t e n , so b e d a r f doch der. g a n z e V e r t r a g , also alle B e s t i m m u n g e n , die n a c h dem V e r t r a g s w i l l e n eine E i n h e i t b i l d e n s o l l e n , d i e s e r F o r m . Denn die Form muß den ganzen Vertrag decken. Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form hat die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge; RG. 51,181; 52,1; 64, 35; 97, 219. Ist die Form nur wegen eines Teiles des Vertrages erforderlich, so ist der übrige Teil gültig, wenn anzunehmen ist, daß die Beteiligten den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten; § 139 BGB.; RG. 79, 303. G e w i l l k ü r t e F o r m des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s . Soweit das Gesetz die Einhaltung einer Form nicht vorschreibt, können die Vertragschließenden durch Vereinbarung eine solche Form, insbesondere die privatschriftliche Form oder die gerichtliche oder notarische Beurkundung vorschreiben und das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages von der Einhaltung dieser Form abhängig machen. Die Vereinbarung der Form kann aber auch nur zum Zwecke des Beweises erfolgen. Nach § 125 Abs. 2 BGB. ist im Zweifel anzunehmen, daß der Mangel der gewillkürten Form Nichtigkeit zur Folge haben soll. Die Vertragsauslegung kann aber auch einen anderen Parteiwillen ergeben; vgl. RG. 98, 235; bei Gruchot 52, 298; RGRKomm. § 125 Anm. 4. Im Falle der gesetzlich vorgeschriebenen oder der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form gelten die für diese Formen im allgemeinen bestehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere auch hinsichtlich der Erfordernisse der Schriftlichkeit, falls die Vertragschließenden nicht geringere Erfordernisse vereinbaren und einer solchen Vereinbarung nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen, §§ 126—128 BGB.; wegen der Zuständigkeit und des Verfahrens bei öffentlichen Beurkundungen vgl. die §§ 167ff. FGG. Ist die Heilung e i n e s Mangels der F o r m in anderer Weise als durch N a c h h o l u n g der F o r m , insbesondere durch formgerechte Erfüllung der formlos übernommenen Verpflichtung möglich, wie im Falle des § 313 BGB., § 15 GmbHG., oder bei der Bürgschaft durch Erfüllung der Hauptverpflichtung durch den Bürgen, § 766 Abs. 2 BGB., so wird damit auch der Mangel des Gesellschaftsvertrages geheilt. Heilung hinsichtlich des ganzen Vertrages tritt auch ein, wenn ein Teil des Vertrages (z. B. die Übernahme einer Bürgschaft) deshalb nichtig ist, weil ein Vertragschließender im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht Kaufmann war und die Erklärung, nachdem er aus einem anderen Grunde die Kaufmannseigenschaft erlangt hat, wiederholt. Die Eintragung ins Handelsregister hat die Heilung eines Formmangels nicht zur Folge; RG. 54, 418. Die N i c h t i g k e i t des Gesellschaftsvertrages wegen Formmangels ist vom Richter auch von A m t s wegen ebenso zu beachten, wie die Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen das sachliche Recht, z. B. gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, § 138 BGB., auch noch in der Revisionsinstanz. Ein Verzicht auf die Geltendmachung der Nichtigkeit ist wirkungslos; RG. 61, 267. Auf die Nichtigkeit kann sich auch jeder Dritte berufen, der ein Interesse daran hat; RG. in JW. 1909, 696»1; Gruchot 54, 165. Nach den Umständen des Einzelfalles kann aber die Geltendmachung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Formmangels gegen Treu und Glauben verstoßen, § 242 BGB., und eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Solche Umstände schließen dann auch die Beachtung der Nichtigkeit von Amts wegen aus. Sie können nach der Rechtslehre und Rechtsprechung namentlich in dem früheren Verhalten des die Nichtigkeit geltend Machenden liegen. Zwar genügt dazu nicht allein, daß alle Beteiligten — auch bewußt — gegen das Gesetz verstoßen haben, oder daß sie, sei es auch in verschuldetem Irrtum, das Geschäft für gültig angesehen haben. Aber die Gesamtumstände des Einzelfalls können, auch wenn es sich um ein Gesellschaftsverhältnis handelt, den Gegeneinwand der unzulässigen Rechtsausübung begründen; vgl. RG. 71, 425; 76, 354; 85,120; 86,192; 87, 282; 121, 14; in JW. 1927, 973® und 979»; RGRKomm. § 125 BGB. Anm. 1

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§ 105 Anm. 69—61 mit weiteren Nachweisen; wegen der Geltendmachung der Nichtigkeit, wenn die Gesellschaft in Vollzug gesetzt ist, vgl. auch unten Anm. 69 ff. Soweit für den Vollzug einer vertraglich übernommenen Leistung besondere Formen einzuhalten sind, wie die Auflassung für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, sind sie neben der Form für die schuldrechtliche Verpflichtung einzuhalten. Anm. 69. 5. Vertragsauslegung. Soweit eine bestimmte Form für den Vertrag eingehalten ist, sind auch die für die Bedeutung dieser Form geltenden Grundsätze des allgemeinen bürgerlichen Rechts zu beachten, so der Grundsatz, daß die schriftliche Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat; RG. 52, 23; 65, 46; 68, 15. Im übrigen gelten die allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen, §§ 133,157 BGB. Zur Ermittelung des Parteiwillens sind alle, auch außerhalb der Vertragsurkunde liegenden Tatumstände und Beweismittel heranzuziehen; RG. 52, 23; 59, 219; 62, 49; 65, 383; 88, 372; RGRKomm. § 125 BGB. Anm. 1, § 133 Anm. 1. Da der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft nicht wie die Satzung einer Kapitalgesellschaft wesentlich auch für die Öffentlichkeit und künftige Mitglieder bestimmt ist, gilt nicht die für diese Gesellschaften bestehende Beschränkung, daß der Gesellschaftsvertrag nur so auszulegen ist, wie die Allgemeinheit ihn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verstehen darf und wie der Vertragswille in der Urkunde selbst zum Ausdruck gekommen ist; vgl. RG. 70, 331; 81, 411; 83, 322; 97, 242; 101, 247; 140,306; in JW. 1930, 3735*. Da die Bedeutung des Vertrags für die Allgemeinheit nicht besteht, unterliegt der Gesellschaftsvertrag auch nicht wie bei den Kapitalgesellschaften, vgl. RG. 159, 278, der freien Auslegung durch das Revisionsgericht; dieses ist vielmehr an die Auslegung durch den Tatrichter gebunden und zur Nachprüfung nur insoweit berufen, als es sich um die Einhaltung der allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen handelt. Anm. 60. 6. Für die Änderung eines bereits rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags gilt hinsichtlich des Zustandekommens des ÄnderungsVertrages, seines Inhalts und seiner Form das gleiche wie für den Abschluß des Vertrages. Ist durch Vertrag (Vereinbarung der Gesellschafter) eine bestimmte Form für den Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben, so gilt sie im Zweifel auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrages (oft wird im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich ausgesprochen, daß Vertragsändehingen nur gelten sollen, wenn sie schriftlich oder in anderer Form, z. B. in notarieller Urkunde, niedergelegt sind). Soweit eine formbedürftige, noch nicht vollzogene Verabredung, z. B. über die Einbringung eines Grundstücks, lediglich aufgehoben, nicht durch eine andere ebenfalls formbedürftige Verpflichtung ersetzt werden soll, besteht kein Formzwang, da die Form nicht der Sicherung der Gesellschaft gegen den Verlust eines Anspruchs dient, sondern anderen Zwecken (im Falle des § 313 dem Schutze des Eigentümers gegen den Verlust seines Eigentums durch die Übernahme einer Veräußerungsverpflichtung ohne die mit Einhaltung der Form verbundene Hemmung); vgl. RGRKomm. § 313 BGB. Anm. 2 Abs. 8. Auch eine Vertragsänderung kann sich aus den Umständen, z. B. aus einer dem ursprünglichen Vertrag zuwiderlaufenden Übung, ergeben; BayObLG. in DJZ. 1909, 91. Der Einhaltung einer Form bedarf es nicht für einzelne vertragliche Vereinbarungen, die zwar mit dem Gesellschaftsvertrage nicht in Einklang stehen, diesen aber im übrigen namentlich für die Folgezeit unberührt lassen, z. B. die Vereinbarung, daß eine Gutschrift ausnahmsweise statt auf Privatkonto auf Kapitalkonto (oder umgekehrt) erfolgen soll oder daß die vereinbarte Verzinsung der Einlagen oder der Kapitalkonten oder die Gutschrift der Vordividende im einzelnen Jahr nicht erfolgt; dies gilt auch für die Anerkennung der Bilanzen, obwohl § 41 Abs. 1 HGB. die Unterzeichnung der Bilanz durch alle persönlich haftenden Gesellschafter vorschreibt; RG.Urt. v. 16. 9. 43, II 26/43; vgl. auch RG. 112, 25; oft soll aber die Vorschrift der schriftlichen Vereinbarung von Abweichungen auch jede Berufung auf eine mündliche abweichende Vereinbarung auch für Einzelfälle unterbinden (Auslegungsfrage). Anm. 61. 7. Vorvertrag. Die Beteiligten können sich durch einen Vorvertrag verpflichten, künftig einen Gesellschaftsvertrag zu schließen und dadurch eine Gesellschaft zu errichten. Auch ein solcher Vertrag kann unter einer Bedingung geschlossen 37

§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 62, 63 werden. Der Vertrag muß seinem Inhalte und seiner Form nach denselben Erfordernissen genügen wie der Gesellschaftsvertrag. Sein Inhalt muß hinreichend bestimmt oder wenigstens bestimmbar sein. Genügend bestimmt ist sein Inhalt, wenn er im Wege der Auslegung, bei Vorhandensein von Lücken durch ergänzende Vertragsauslegung, bei Einbringung von Sachwerten durch Schätzung, notfalls durch Richterspruch festgestellt werden kann. Die Ausfüllung von Lücken kann, namentlich hinsichtlich weniger wichtiger Einzelheiten, auch stillschweigend einem Vertragsteil oder einem Mehrheitsbeschluß überlassen werden; RG. 66,116; 106,177; 124, 81; 156,138; JW. 1917, 290"; 1921,1239; bei Gruchot 56, 97; in SeuffA. Bd. 92 Nr. 138; in LZ. 1908, 266. Die Beteiligten können auch wirksam vereinbaren, daß die Ausfüllung von Lücken durch ein Schiedsgericht erfolgen soll. Aus dem Vorvertrag muß jedenfalls ersichtlich sein, welche Gesellschaftsform gewählt werden soll. Wird nur die Verpflichtung zu irgend einem gesellschaftlichen Zusammenschluß ausgesprochen, so liegt keine hinreichend bestimmte Bindung vor; RG. 106, 174; in JW. 1924, 170». Aus einem rechtswirksamen Vorvertrag kann auf Abschluß des Gesellschaftsvertrags geklagt werden. Die zum Abschluß des endgültigen Vertrags erforderliche Willenserklärung ist mit der Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses abgegeben; § 894 ZPO. Anm. 62. 8. Der Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaft. Soll die Gesellschaft ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 betreiben, so entsteht die Gesellschaft im i n n e r e n V e r h ä l t n i s unter den Gesellschaftern mit dem Abschluß des Gesellschafts Vertrages, nicht mit dem etwa später liegenden Beginn des Geschäftsbetriebs; RG. 112, 280; JW. 1926, 699«; in HoldhMschr. 1905, 164; Wieland I 526; Schwarz Anm. 1. Der Abschluß des Vertrages hat dann eine doppelte Funktion. Er begründet die gegenseitige Verpflichtung der Gesellschafter zur Förderung des gemeinsamen Zweckes. Er ruft aber auch die Gesellschaft als Dauerverhältnis ins Leben. Er ist also einerseits Verpflichtungsvertrag, andererseits hat er k o n s t i t u t i v e Wirkung (ist Organisationsvertrag nach Würdinger, Gesellschaften I 42). Ist die Errichtung der Gesellschaft unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter einer Zeitbestimmung erfolgt, so kommt die Gesellschaft erst mit dem Eintritt der Bedingung oder dem vereinbarten Zeitpunkt zur Entstehung. In den Fällen der §§ 2 und 3 kommt die Gesellschaft als offene Handelsgesellschaft erst mit d e r E i n t r a g u n g ins H a n d e l s r e g i s t e r zur Entstehung, da erst von der Eintragung an das von der Gesellschaft betriebene Gewerbe als Handelsgewerbe gilt. Wegen der Entstehung der offenen Handelsgesellschaft im Verhältnis nach außen vgl. § 123. Fallen Abschluß des Gesellschaftsvertrags und Entstehung der offenen Handelsgesellschaft nicht zusammen, so besteht doch in der Zwischenzeit schon eine gegenseitige Bindung der Gesellschafter. Sie sind verpflichtet, die Entstehung der Gesellschaft zu fördern, sie jedenfalls nicht zu verhindern. Haben sie in den Fällen der §§ 2 und 3 schon vor der Eintragung ihr Gewerbe gemeinschaftlich betrieben, so bilden sie bis zur Eintragung eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und unterliegen den für diese geltenden Vorschriften. Mit der Eintragung wird das Vermögen dieser Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten, ohne daß es einer Übertragung im einzelnen (z. B. durch Auflassung) bedarf, ohne weiteres Vermögen der offenen Handelsgesellschaft, denn diese setzt nur die bisherige bürgerlich-rechtliche Gesellschaft fort. Haben die Vertragschließenden die Entstehung der Gesellschaft durch eine aufschiebende Bedingung oder eine Zeitbestimmung hinausgeschoben, so ist nicht anzunehmen, daß sie für die Zwischenzeit eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft errichten wollten. Anm. 63. Die Vertragschließenden können — auch schon vor dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags über die offene Handelsgesellschaft — zur Vorbereitung der Gründung der letzteren eine b e s o n d e r e G e s e l l s c h a f t b ü r g e r l i c h e n R e c h t s gründen, etwa zu dem Zwecke, weitere Gesellschafter zu gewinnen, Sicherungen für den künftigen Gewerbebetrieb zu treffen, Grundeigentum durch bindendes Angebot zu sichern. Die Haftung gegenüber Dritten und untereinander richtet sich dann nach den Regeln der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft; vgl. RGRKomm. § 718 Anm. 5. Eine dem § 34 AktG., § 11 GmbHG. entsprechende Vorschrift über die Haftung der Gesellschafter für Rechtshandlungen in der Zwischenzeit zwischen Abschluß des Gesellschaftsver-

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§ 105 Anm. 64 träges bis zur Entstehung der Gesellschaft besteht für die offene Handelsgesellschaft nicht, sie ist auch wegen der regelmäßig eintretenden Haftung der als handelnd auftretenden Personen entbehrlich. Anm. 64. 9. Die Entstehung der offenen Handelsgesellschaft durch Änderung der Bechtsform des Unternehmens. a) Eine offene Handelsgesellschaft kann dadurch entstehen, daß jemand als p e r sönlich h a f t e n d e r G e s e l l s c h a f t e r in das G e s c h ä f t eines E i n z e l k a u f m a n n s e i n t r i t t . Auch hier ist ein Gesellschaftsvertrag Voraussetzung des Entstehens der Gesellschaft; RG. 51, 39. § 28 regelt für diesen Fall den Übergang der Forderungen und die Haftung der Gesellschaft für die im Betriebe des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers. Diese Folgen treten aber schon ein, wenn eine gültige, an die Öffentlichkeit gerichtete Eintrittserklärung, z. B. durch Eintragung ins Handelsregister oder Bekanntmachung des Eintritts vorliegt. Die Gültigkeit des Gesellschaftsvertrages ist für den Eintritt der Wirkungen des § 28 nicht erforderlich, der Eintritt in das Unternehmen hat nur die Wirkungen des § 28, hat also keine allgemeine Rechtsnachfolge zur Folge; vgl. die Erläuterungen zu § 28. Eine offene Handelsgesellschaft kann auch dadurch entstehen, daß ein Kleingewerbe, das bisher in Form einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft betrieben wurde, zu einem vollkaufmännischen Betrieb sich entwickelt und unter einem gemeinsamen Namen betrieben wird. Liegen die Voraussetzungen des § 1 vor, so wird es ohne weiteres zur offenen Handelsgesellschaft. Im Falle des § 2 wird es erst durch den Eintrag zur offenen Handelsgesellschaft. In beiden Fällen wird keine neue Gesellschaft geschaffen, die bisherige ändert nur ihren Charakter. b) Eine offene Handelsgesellschaft kann ferner durch U m w a n d l u n g e i n e r Komm a n d i t g e s e l l s c h a f t in eine o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t entstehen, entweder dadurch, daß die Kommanditisten aus der unter den persönlich haftenden Gesellschaftern weiter bestehenden Gesellschaft ausscheiden oder dadurch, daß die Kommanditisten persönlich haftende Gesellschafter werden. In diesem Falle dauert die bisherige Gesellschaft fort; es wird keine neue gegründet, die bisherige ändert sich nur in der Zusammensetzung oder in der Haftung ihrer Mitglieder. c) Eine offene Handelsgesellschaft kann auch dadurch entstehen, daß eine Kapitalgesellschaft ihr Vermögen oder Teile desselben, insbesondere ihr Handelsunternehmen, auf eine neu zu errichtende offene Handelsgesellschaft überträgt. Die neue Gesellschaft kann nur auf Grund eines Gesellschaftsvertrages entstehen. In diesem Falle liegt keine Identität der Kapitalgesellschaft mit der offenen Handelsgesellschaft vor. Es ist eine Übertragung des Vermögens oder seiner Teile im einzelnen nötig. Es findet also keine Gesamtrechtsnachfolge statt; vgl. oben Anm. 42. Die Übertragung des gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteils desselben bedarf der Form des § 311 BGB.; für die AG. vgl. § 255 Abs. 2. Auch sind die für die übertragende Gesellschaft maßgebenden besonderen Vorschriften, für die Aktiengesellschaft z. B. die Vorschrift des § 255 Abs. 1 über die Erforderlichkeit eines Gesellschafterbeschlusses, mit erhöhter Mehrheit zu beachten. Eine Verpflichtung zur Übertragung des künftigen Vermögens oder eines Bruchteiles desselben kann nicht rechtswirksam übernommen werden, § 310 BGB. soweit nicht, wie in § 255 Abs. 2 in Verbindung mit § 235 Abs. 1 AktG. für die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Vermögens § 310 außer Wirksamkeit gesetzt ist; vgl. Weipert in Großk.z.AktG. § 225 Anm. 7, 8. d) Eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann nach dem Umwandlungsgesetz vom 5. Juli 1934, RGBl. I 569, und den vier Durchführungsverordnungen dazu vom 14. Dezember 1934, 17. Mai 1935, 2. Dezember 1936, 24. Juni 1937, RGBl. 1934 I 122; 1935 I 721; 1936 I 1003; 1937 I 661 auch durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft oder KG. in der Weise entstehen, daß ihr Vermögen u n t e r A u s s c h l u ß der A b w i c k l u n g auf die zu gründende Personengesellschaft übertragen wird. Sie unterscheidet sich von der uneigentlichen Umwandlung durch Übertragung der einzelnen Vermögensstücke auf eine neu zu gründende offene Handelsgesellschaft (vgl. Anm. c) wesentlich dadurch, daß mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister der u m z u w a n d e l n d e n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t deren Vermögen einschließlich der Schulden auf die offene Handelsgesell-

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§105 I.Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 65 Schaft übergeht; §§ 3, 4,13 UmwandlungsG. Es findet also Gesamtrechtsnachfolge statt, und es bedarf keiner Übertragung der einzelnen Vermögensstücke. Von der Umwandlung nach dem Aktiengesetz, § 257f., unterscheidet sich diese Umwandlung wesentlich dadurch, daß die Umwandlung nach dem Aktiengesetz, die nur für die dort genannten Gesellschaftsarten möglich ist, unter Wahrung der Identität der Gesellschaft stattfindet, während mit der Eintragung der Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz die Kapitalgesellschaft aufgelöst ist, UmwandlungsG. § 4. Sie besteht somit nicht in anderer Rechtsform weiter. Auch im Falle der Umwandlung durch Übertragung auf eine neu gebildete offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft entsteht diese nur auf Grund eines Gesellschaftsvertrages, d. h. einer Vereinbarung aller derjenigen, die die neue Gesellschaft bilden sollen. Die Vereinbarung liegt in der Beschlußfassung über die Umwandlung. Es finden deshalb auf die vorgeschriebene gerichtliche oder notarische Beurkundung des Umwandlungsbeschlusses, §§ 10,13,14 UmwandlungsG., auch die Vorschriften des §§ 168ff. FGG. über die Beurkundung Anwendung; KG. in HRR. 1938 Nr. 1181. Dem Beschlüsse müssen alle Aktionäre zustimmen, wenn alle Aktionäre Gesellschafter der neuen Gesellschaften werden sollen, § 9 UmwandlungsG. Es kann aber auch die Errichtung einer Gesellschaft beschlossen werden, an der nur die zustimmenden Gesellschafter als Gesellschafter beteiligt sind; vgl. auch wegen der Erfordernisse des Gesellschafterbeschlusses Art. 3, §§ 4,5 der 3. DurchfVo. Nach § 11 Abs. 2 UmwandlungsG. entsteht die offene Handelsgesellschaft mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses; sie ist von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Daraus folgt aber nicht, daß zur Entstehung der offenen Handelsgesellschaft ein Gesellschaftsvertrag nicht erforderlich ist. § 11 Abs. 2 bildet nur die Ergänzung zu § 4. Da mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses der Vermögensübergang stattfindet und die Kapitalgesellschaft aufgelöst ist, muß spätestens mit der Eintragung die offene Handelsgesellschaft als neue Vermögensträgerin entstehen. § 11 Abs. 2 will im Interesse der Rechtssicherheit dies klarstellen, die auf Errichtung einer neuen Gesellschaft gerichtete Willenserklärung der Gesellschafter aber nicht durch die Eintragung ersetzen; RG. in DR. 1940, 1464* mit Anm. Wegen der Einzelheiten der Umwandlung vgl. das Umwandlungsgesetz und die DurchfVo.en und die Erläuterungsbücher dazu. Anm. 66. 10. F o r t s e t z u n g des Handelsgeschäfts eines Einzelkaufmanns durch seine Erben. Die Erben eines Einzelkaufmanns können das von ihm betriebene Handelsgeschäft fortführen. Sie können dabei die bisherige F i r m a mit oder ohne einen das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz beibehalten; § 22. Sie können das Handelsgeschäft auch ohne die bisherige Firma und unter Annahme einer neuen Firma fortführen. Die Fortführung kann durch die Erbengemeinschaft als Geschäftsinhaberin erfolgen. Das Recht der. Erbengemeinschaft zum Betriebe des Handelsgeschäfts ergibt sich aus ihrer Befugnis zur Verwaltung des ungeteilten Nachlasses. Eine zeitliche Begrenzung dieses Rechtes besteht nicht. Es besteht namentlich keine Beschränkung auf einen zur Abwicklung und Auseinandersetzung ausreichenden Zeitraum oder auf eine angemessene Zeit (so Baumbach § 22 Anm. B) oder auf die Dreimonatsfrist des § 27 Abs. 2. Die Erbengemeinschaft ist weder verpflichtet, den Nachlaß auseinanderzusetzen noch das Handelsgeschäft abzuwickeln. Sie kann das Geschäft während der ganzen Dauer der Erbengemeinschaft betreiben. Im Interesse einer zweckmäßigen Abwicklung des Geschäfts und Verwertung des Nachlasses kann die Fortführung des Geschäfts sogar auf längere Zeit geboten sein; vgl. JFG. 5, 209; 9, 211; KG. in DNotZ. 1938, 822; in DJ. 1939, 400 mit Anm. Dagegen kann die Erbengemeinschaft nicht ein nicht zum Nachlaß gehörendes, etwa ein neu gegründetes oder unter Lebenden, d. h. durch die Erbengemeinschaft erworbenes Unternehmen als Erbengemeinschaft fortführen; KG. in HRR. 1932 Nr. 749 % JFG. 9,111. Auch wenn der Nachlaß im übrigen schon geteilt ist, kann die Erbengemeinschaft hinsichtlich des Handelsgeschäfts auf Grund einer Vereinbarung der Erben oder einer letztwilligen Anordnung des Erblassers aufrechterhalten und das Geschäft fortgeführt werden; RGRKomm. § 2059 BGB. Anm. 2. Die E r b e n g e m e i n s c h a f t k a n n a u c h als I n h a b e r i n des H a n d e l s g e s c h ä f t s ins H a n d e l s r e g i s t e r e i n g e t r a g e n werden; KG. in RJA. 9, 159; in JFG. 5, 209; 15, 6; in HRR. 1932 Nr. 749; BayObLG. in JW. 1931,3129; a. A.: Kretzschmar in ZB1FGG. 17,13. N i c h t z u l ä s s i g ist die E i n -

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§ 105 Anm. 66 t r a g u n g d e s T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r s oder eines Bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreters; RG. 132,138; KG. in RJA. 9, 162; in JW. 1936,1137"; 1937, 2599"; § 8 Anm. 7; § 22 Anm. 27, 28. Die F o r t f ü h r u n g des G e s c h ä f t s ist durch den Erben, bei einer Mehrheit von Erben durch alle Erben, zum H a n d e l s r e g i s t e r a n z u m e l d e n ; §27. Behält die Erbengemeinschaft die bisherige Firma bei, so braucht sie nur die Änderung des Firmeninhabers anzumelden, § 31; KG. in OLGR. 4 455. Bei Annahme einer neuen Firma müssen in dieser die Namen aller Erben mit je mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und dem Zusatz „in Erbengemeinschaft" enthalten sein; KG. in JFG. 5, 211; § 18 Anm. 8af; § 22 Anm. 27. Bei f o r t g e s e t z t e r G ü t e r g e m e i n s c h a f t ist nur der überlebende Ehegatte als Inhaber eines zum Gesamtgut gehörenden Handelsgeschäfts einzutragen. Die F o r t f ü h r u n g des G e s c h ä f t s ist eine H a n d l u n g zum Zwecke der V e r w a l t u n g des N a c h l a s s e s . Sie kann daher mit M e h r h e i t der Erben beschlossen werden, § 2038 in Verbindung mit § 745 BGB. Der Beschluß kann auch stillschweigend gefaßt werden, etwa dadurch, daß die Erben die ihnen bekannte tatsächliche Fortführung des Unternehmens durch einen der Miterben, z. B. die Witwe des Erblassers, dulden. Da durch die Fortführung eine erhöhte Haftung der Erben in gleicher Weise eintritt, wie wenn ein neues Erwerbsgeschäft begonnen wird, so soll der elterliche Gewalthaber eines minderjährigen oder der Vormund eines geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Erben nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts der Fortsetzung zustimmen, §§ 1645, 1823 BGB. Die Wirksamkeit der Zustimmung wird aber, da es sich nur um Ordnungsvorschriften handelt, durch das Fehlen der vormundschaiftsgerichtlichen Genehmigung nicht berührt. Führen die Erben das Handelsgeschäft fort, so gilt für ihre H a f t u n g f ü r die V e r b i n d l i c h k e i t e n aus dem G e s c h ä f t s b e t r i e b folgendes: die Erben haften einmal nach den allgemeinen e r b r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n mit den in diesen vorgesehenen Beschränkungen; §§ 2058ff. BGB. Sie haften aber weiter nach § 27 HGB. h a n d e l s r e c h t l i c h in entsprechender Anwendung des § 25 und mit der sich aus § 27 Abs. 2 ergebenden Beschränkung dieser Haftung. Wegen der sich daraus ergebenden Rechtslage wird auf die eingehenden Erläuterungen zu §27 verwiesen. Die F o r t f ü h r u n g des Ges c h ä f t s d u r c h einen T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r oder den K o n k u r s - oder N a c h l a ß v e r w a l t e r steht der Fortführung durch die Erben nicht gleich. Sie begründet nicht die Haftung nach § 27; RG. 132,144; KG. in JW. 1937, 2599"; a. M. Ehrenbergs Handb. I 257. Das gleiche gilt von der Fortführung durch einen Nachlaßpfleger oder durch den Ehemann einer Erbin in seinem eigenen Namen; RG. 50, 394; § 27 Anm. 4. Da die Fortsetzung des Handelsgeschäfts mit Mehrheit beschlossen werden kann und auch für die in § 27 Abs. 2 als Voraussetzung der Befreiung von der unbeschränkten Haftung vorgesehene Einstellung des Geschäftsbetriebs innerhalb der dort bestimmten Dreimonatsfrist ein Mehrheitsbeschluß der Erben erforderlich ist, kann der einzelne Miterbe sich gegen die mit Fortführung des Handelsgeschäfts verbundene Gefahr der Inanspruchnahme mit seinem ganzen Vermögen nur durch rechtzeitige Ausschlagung der Erbschaft und bis zu einem gewissen Grade durch Betreibung der beschleunigten Auseinandersetzung des Nachlasses schützen. Im übrigen bleibt ihm nur das Recht auf Schadensersatz, wenn die Mehrheit bei Fassung des Fortsetzungsbeschlusses und seiner Ausgestaltung im einzelnen pflichtwidrig, auch nur fahrlässig, gehandelt, insbesondere die Erfolgsaussichten der Fortführung des Unternehmens s c h u l d h a f t e r w e i s e unrichtig gewürdigt hat oder wenn ihr oder einzelnen mit der Durchführung der Fortführung betrauten Personen hierbei ein Verschulden zur Last fällt. Geeignetenfalls kann ein Miterbe unter diesen Voraussetzungen auch die Einstellung des Geschäftsbetriebes durch Klage oder e i n s t w e i l i g e Verfügung erzwingen um gemäß § 27 Abs. 2 die unbeschränkte Haftung zu vermeiden. Die handelsrechtliche Haftung nach § 27 tritt nur ein, wenn das Geschäft von den E r b e n fortgeführt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn ohne Kenntnis der Miterben das Geschäft von einem der Erben oder einem Dritten, wenn auch unter der bisherigen Firma fortgeführt wird. Gegen eine solche unbefugte Fortführung des Geschäfts, insbesondere auch gegen die Fortführung der Firma, die ohne ausdrückliche Einwilligung sämtlicher Erben nicht zulässig ist, § 22, kann jeder einzelne Miterbe durch Klage auf Unterlassung

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§105 I, Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm.6« des Firmengebrauchs oder der Fortsetzung des Geschäfts mit der Firma oder durch Antrag auf einstweilige Verfügung vorgehen. Jeder Miterbe kann auch ein E i n s c h r e i t e n des R e g i s t e r r i c h t e r s anregen, insbesondere auch den Antrag auf Löschung der Firma stellen, wenn deren Fortführung unzulässig ist, weil das Unternehmen nicht von den Erben, d. h. für ihre Rechnung, sondern von einem einzelnen Miterben fortgeführt wird. Der Rrgisterrichter hat dann insbesondere von Amts wegen zu ermitteln, ob ein Fortsetzungsbeschluß der Erben vorliegt. Machen die Miterben von diesen Möglichkeiten trotz Kenntnis des Sachverhalts keinen Gebrauch, so kann darin ihre Zustimmung zur Fortführung des Unternehmens auf Rechnung der Erbengemeinschaft liegen oder sich doch daraus ihre Haftung nach § 27 auf Grund des von ihnen hervorgerufenen R e c h t s scheins ergeben; vgl. unten Anm. 73. Wegen der Haftung bei Fortführung nur durch einzelne Erben oder durch einen Vermächtnisnehmer vgl. § 27 Anm. 22ff. Wegen der Unzulässigkeit der Bestellung eines Miterben zum P r o k u r i s t e n , des Ausschlusses eines Miterben von der V e r t r e t u n g und der Bestellung eines A b w i c k l e r s für die Auflösung der Erbengemeinschaft vgl. § 27 Anm. 16 mit Nachweisen der Rechtsprechung. Eine Person, die nicht Miterbe ist, kann von der Erbengemeinschaft als Prokurist bestellt werden. Jeder einzelne Miterbe kann eine solche Prokura durch seinen Widerruf zum Erlöschen bringen. Zur Anmeldung des Erlöschens müssen alle Miterben mitwirken; KG. 7. 9. 39, 1 Wx 586/39 = D.Not.Ztschr. 1939, 415. Wenn eine eingetragene Prokura beim Tode des Geschäftsinhabers bestehen bleibt, so ist das nicht ins Handelsregister einzutragen; KG. 12.1. 39,1 Wx 677/38 = D.Not.Ztschr. 1939, 272. Die Erbengemeinschaft ist zur Bestellung von Prokuristen befugt, solange sie das Handelsgeschäft betreibt; wegen der Befugnisse des Testamentsvollstreckers vgl. § 48 Anm. 3. Eine Erbengemeinschaft kann ein ererbtes Handelsgeschäft auch dann noch fortführen, wenn aus ihr ein Miterbe ausgeschieden ist; vgl. D.Not.Ztschr. 1939, 272 (KG.). Führen die Erben das Geschäft ohne die a l t e F i r m a , insbesondere unter Annahme einer neuen Firma fort, so tritt die besondere in § 27 ausgesprochene h a n d e l s r e c h t l i c h e Haftung der Erben nicht ein. Die Erben haften zunächst nur nach bürgerlichem Recht, zwar unbeschränkt, aber beschränkbar; § 2058ff. BGB. Darüber hinaus haften sie für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, etwa die Übernahme der Verbindlichkeit durch rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber einem einzelnen Gläubiger oder wenn die Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise von den Erwerbern bekannt gemacht worden ist; § 25 Abs. 3 HGB. Eine handelsübliche Form ist namentlich die Eintragung der Übernahme der Verbindlichkeiten ins Handelsregister in Verbindung mit der Bekanntmachung durch das Registergericht; RG. 8, 65, oder die Veröffentlichung der Übernahmeerklärung in den Zeitungen. Vgl. § 25 Anm. 26—30; § 27 Anm. 4ff. Anm. 66. Die Miterben können statt der Fortführung des Handelsgeschäfts durch die Erbengemeinschaft, die sich nicht nach Gesellschaftsrecht, sondern nach Erbrecht richtet, dieses auch in eine andere Gemeinschaftsform überführen, so dadurch, daß sie es in eine neu gegründete oder bereits bestehende Kapitalgesellschaft einbringen, also durch Übertragung auf eine andere Rechtspersönlichkeit veräußern oder dadurch, daß sie es auf eine von ihnen gegründete oder eine bereits bestehende o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t oder KG. übertragen. In allen diesen Fällen wird das Geschäft aus der bisherigen Erbengemeinschaft ausgeschieden; wegen der Notwendigkeit der Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände auf den neuen Inhaber vgl. oben Anm. 42. Errichten die Miterben eine neue Gesellschaft, so ist s t e t s der A b s c h l u ß e i n e s Ges e l l s c h a f t s v e r t r a g e s e r f o r d e r l i c h ; KG. in RJA. 17, 90. Die Gesellschaft kommt frühestens mit dem Vertragsschluß zustande. Ein Gesellschaftsvertrag ist auch erforderlich, wenn der Erblasser den Erben die Fortführung des Geschäfts in Form einer offenen Handelsgesellschaft durch letztwillige Verfügung zur Pflicht gemacht hat. Die Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht durch Verurteilung zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages erzwungen werden, jedenfalls nicht, wenn es sich um die Übernahme der unbeschränkten Haftung handelt. Wenn die Erben eines Gesellschafters einer bereits bestehenden Gesellschaft nicht gezwungen werden können, persönlich haftende Gesellschafter zu werden, § 139, so kann ein solcher Zwang auch nicht für die Neugründung einer Gesellschaft bestehen. Das Recht zu verlangen, Kommanditist zu werden, oder

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§ 105 Anm.67 auszuscheiden und ein Auseinandersetzungsguthaben zu verlangen, steht ihnen aber nicht zu. § 139 enthält eine eigenartige, nur für eine bereits bestehende Gesellschaft gegebene außerordentliche Vorschrift und kann deshalb nicht sinngemäß auf andere Fälle angewendet werden. Der Erblasser kann aber durch letztwillige Verfügung bestimmen, daß die Erben das Unternehmen in Gestalt einer von ihnen zu errichtenden juristischen Person oder einer Personengesellschaft fortzuführen haben. Für den Fall, daß die Fortführung als offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft erfolgen soll, kann er den Erben, die nicht persönlich haftende Gesellschafter werden wollen, das Recht einräumen, Kommanditisten zu werden, und wenn die anderen Erben damit nicht einverstanden sind, die Auszahlung ihres Auseinandersefzungsguthabens zu verlangen. Der Abschluß des Gesellschaftsvertrages kann sich auch aus den Umständen ergeben, wenn nicht wegen der Folgen der Umwandlung (z. B. Übertragung des Eigentums von Grundstücken von der einen Gesamthand in die andere) die Einhaltung einer Form geboten ist. Aus der langen Dauer der Fortführung des Unternehmens, auch über die Frist des § 27 Abs. 2 hinaus allein ergibt sich der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages noch nicht, da die Erben die Erbengemeinschaft und das Geschäft unbeschränkt lange fortführen können; vgl. BayObLG. in JW. t931, 3129*. Die lange dauernde Fortführung des Geschäfts k a n n aber nach den Umständen des Falles, insbesondere im Zusammenhalt mit anderen Tatsachen, für einen Vertragsschluß sprechen; OLG. München in HRR. 1937 Nr. 1593 = JFG. 16,153; RG. in LZ. 1922, 685. Eine Umgestaltung des Betriebs oder die Abfindung eines Miterben können, müssen aber nicht notwendig für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrags sprechen. Wegen der Notwendigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vgl. Anm. 24. Soweit die Verbindlichkeiten des Erblassers durch die Umwandlung Verbindlichkeiten der Gesellschaft geworden sind, haften die Erben für diese nach der Art ihrer Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafter oder als Kommanditisten. Anm.67. Die Mitglieder einer f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t können, wie die Miterben eines Erblassers, das zum Gesamtgutsvermögen gehörende Handelsgeschäft aus diesem ausscheiden und auf eine Kapital- oder Personengesellschaft übertragen. Auch in diesem Fall ist zur Entstehung einer neuen Gesellschaft ein Gesellschaftsvertrag erforderlich. Unmöglich ist die Überführung eines Handelsgeschäfts aus einer Erbengemeinschaft oder fortgesetzten Gütergemeinschaft in eine unter den Mitgliedern der bisherigen Gesamthandsgemeinschaft gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn das Geschäft auf den Namen der neuen Gesellschaft betrieben werden soll, denn ein Handelsgewerbe kann von einer Personengesellschaft nur in Form einer handelsrechtlichen Personengesellschaft (o.HG. oder KG.) betrieben werden; HRR. 1932, 749 = JFG. 9,111; HRR. 1936 Nr. 56. Betreibt die als bürgerlich-rechtliche Gesellschaft gegründete Gesellschaft unter gemeinsamem Namen dag Handelsgewerbe weiter, so wird die Gesellschaft trotzdem zur offenen Handelsgesellschaft, wenn die Voraussetzungen des § 1 vorliegen. Im Falle des § 2 wird sie es durch die Eintragung. Wollen die Beteiligten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichten, so kann diese nur Innengesellschaft sein; nach außen muß dann einer der Gesellschafter oder ein Dritter das Geschäft auf seinen Namen betreiben. V m . Die Nichtigkeit der Gesellschaft S c h r i f t t u m : E r m a n , Personalgesellschaften auf mangelhafter Vertragsgrundlage 1947; H a u p t , Faktische Vertragsverhältnisse 1941 (Festschrift für Silber); derselbe: in AkZschr. 1943, 238; Hueck, Mängel des Gesellschaftsvertrfgs bei der OHG. in Arch.f.ziv.Praxis, n. F. Bd. 29,1 ff.; derselbe, Offene Handelsgesellschaft 1946 (zitiert: „Hueck"; L a n g e n , Der Konflikt zwischen Gesellschaftern und Gläubigern bei betrügerischen Gründungen von Handelsgesellschaften 1928; Moos, Die Interessenkonflikte bei betrügerischen Abschlüssen von Gesellschaftsverträgen, 1911; L o b e d a n z , Der Einfluß von Willensmängeln auf Gründungs- und Beitrittsgeschäfte, 1938; S c h u m a n n , Faktische Personalgesellschaft u. Feststellungsklage, DR. 1943, 265; derselbe, Die Lebensverhältnisse der faktischen Personalgesellschaft, DR. 1943, 1193; R u l a n d , Das

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§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 68 Innenverhältnis der nichtigen OHG., 1941; S i b e r t , Die faktische Gesellschaft (Festschrift für Hedemann, 1938, 266ff.). Anm. 68. 1. Die Nichtigkeit des Gcsellschaftsvertrags: Das Handelsgesetzbuch enthält, anders als das Aktiengesetz §§ 216ff., das GmbH.Gesetz §§ 75—77, das Genossenschaftsgesetz §§ 94—97, keine Vorschriften über die Nichtigkeit der Personengesellschaften des Handelsrechts. Hält man die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften für anwendbar, so ist die Gesellschaft, d a sie n u r d u r c h d e n A b s c h l u ß e i n e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s z u s t a n d e k o m m t (vgl. oben Anm. 48), nichtig, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig ist. Die Gesellschaft wäre auch nichtig, wenn der Gesellschaftsvertrag mit Erfolg angefochten ist; denn die erfolgreiche Anfechtung hat die Wirkung, daß das Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig anzusehen ist; § 142 Abs. 2 BGB. Es ist aber bestritten, ob die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über Anfechtung und Nichtigkeit von Rechtsgeschäften auf das Gesellschaftsrecht anwendbar oder ob sie mit der Eigenart der Gesellschaft unvereinbar sind; vgl. zu der Frage u. a. Lobedanz a. a. O., der die Berufung auf Willensmängel mit den Folgen der §§ 116—120,123 BGB., da diese Vorschriften auf Individualrechtsgeschäfte zugeschnitten seien, auf Gesellschaftsverträge ausschließen, hinsichtlich des § 123 BGB. eine Ausnahme nur mächen will, wenn von Seiten der Mitbegründer der Gemeinschaft selbst die freie Willensbildung eines von ihnen durch Drohung, Gewalt oder arglistige Täuschung ausgeschlossen war. Bei Prüfung der Frage ist zu u n t e r s c h e i d e n , ob der Gesellschaftsvertrag im Zeitpunkt der Geltendmachung der Nichtigkeit bereits in V o l l z u g gesetzt war, oder nicht: A. W a r d e r G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g n o c h n i c h t in V o l l z u g g e s e t z t , so bestehen gegen die Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts keine Bedenken. Unter Berufung auf die Nichtigkeit oder durch die Anfechtung kann jede Vertragspartei die Invollzugsetzung der Gesellschaft verhindern. Schutzwürdige Belange Dritter, insbesondere von Gläubigern, werden dadurch ebenso wenig verletzt, wie wenn es sich um die Geltendmachung der Unwiiksamkeit eines anderen Rechtsgeschäfts handelt. Es besteht dann der Zustand, wie wenn überhaupt kein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen worden wäre. Die e i n z e l n e n F ä l l e d e r N i c h t i g k e i t d e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s : a) Nichtig ist ein Gesellschaftsvertrag, der zum S c h e i n oder zum S c h e r z abgeschlossen ist, also ein Vertrag, bei dessen Abschluß alle Vertragschließenden darüber einig sind, daß das Erklärte nicht gewollt sei, daß ein Gesellschaftsverhältnis unter ihnen nicht bestehen solle; § 117 Abs. 1 BGB.; RG. in JW. 1930, 26551; in HoldhMschr. 1905, 283. Ein Scheinvertrag kann vorliegen, wenn dadurch ein anderes Geschäft verdeckt werden soll, z . B . ein Dienstvertrag. Dann kann das andere Geschäft wirksam sein; § 117 Abs. 2; Ein Gesellschaftsvertrag kann auch zum Schein abgeschlossen sein, um einen fremden Namen als Firma verwenden zu können oder um durch Vortäuschen der Beteiligung kreditwürdiger Personen dem wirklichen Unternehmer Kredit zu verschaffen, oder um die Person des wirklichen Geschäftsinhabers wegen ihm anhaftender Eigenschaften zu verdecken. Ein Scheinvertrag liegt noch nicht schon deshalb vor, weil das Handelsunternehmen auf Rechnung eines Dritten betrieben werden soll, da zum Wesen des Handelsgewerbes zwar die Absicht der Gewinnerzielung erforderlich ist, nicht aber daß der erzielte Gewinn den Geschäftsinhabern verbleibt; vgl. oben Anm. 9; Ritter Anm. 2d. Im Einzelfall kann sich aber aus einer solchen Gestaltung des Vertragsverhältnisses ergeben, daß keine Gesellschaft, sondern ein anderes Rechtsverhältnis nach dem wahren Willen der Vertragschließenden entstehen sollte. Die Bedeutung einer solchen Gestaltung kann aber auch durch andere Bestimmungen, die den Willen zur Gesellschaftsgründung ergeben, aufgehoben sein; vgl. RG. in JW. 1915,1870; 1917, 719; J W . 1917, 600"; LZ. 1917, 5931'4. Auch wennn im Innenverhältnis eine Darlehnshingabe ohne Gewinn- oder Verlustbeteiligung des Geldgebers gewollt, war, kann die Entstehung eines Gesellschaftsverhältnisses gewollt sein, weil der Geldgeber ein Interesse daran hatte, durch seine ernst gemeinte Teilhaberschaft den Kredit des Unternehmens zu heben und sich so die Rückzahlung und Verzinsung des Darlehens zu sichern; Ritter

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§ 105 Anm. 69, 70 Anm. 2d. Anderseits kann auch nur die Beteiligung eines Einzelnen zum Schein erfolgt sein, während unter den übrigen eine Gesellschaft bestehen sollte; vgl. § 139 BGB. Anm. 69. b) Der G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g ist n i c h t i g , wenn er gegen ein Gesetz v e r s t ö ß t , § 134 BGB., so wenn das Unternehmen einen Geschäftsbetrieb, der durch das Gesetz überhaupt verboten ist, z. B. Börsentermingeschäfte, die durch das Börsengesetz (§ 50) schlechthin verboten sind, RG. 147,112 oder die verbotene Herstellung oder den verbotenen Vertrieb von etwa eingeschmuggelten Waren, oder verbotene Devisengeschäfte zum Gegenstand hat. Ist der Betrieb eines bestimmten Unternehmens nur von einer s t a a t l i c h e n Gen e h m i g u n g abhängig, so ist der Gesellschaftsvertrag nicht deshalb nichtig, weil die Genehmigung noch nicht vorliegt, sofern der Betrieb nicht ohne Erteilung der Genehmigung beginnen soll. Es darf nur mit dem Geschäftsbetrieb nicht vor Erteilung der Genehmigung begonnen werden. Wird sie endgültig versagt, so kann keiner der Vertragschließenden von dem andern Erfüllung verlangen, weil die Erreichung des Vertragszweckes unmöglich ist. Fallen nach Invollzugsetzungder Gesellschaft die Voraussetzungen der Genehmigung weg und erlischt diese damit, so kommt nur die Auflösung der Gesellschaft in Betracht; § 133. Wird durch den Gesellschaftsvertrag die Verpflichtung übernommen, über Vermögen zu verfügen, das nach Gesetz Nr. 52 u. 53 gesperrt ist, so bedarf der Vertrag der Genehmigung der Militärregierung. Ist die Genehmigung vor Vertragsschluß nicht erteilt, so ist der Vertrag nicht nichtig, sondern nur schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung nachträglich erteilt, so wird er voll wirksam. Wird sie versagt, ist er unwirksam; so jetzt die herrschende Lehre und Rechtsprechung: OLG. Düsseldorf NJW. 49, 310; OLG. Stuttgart-Karlsruhe, Betriebsberater 49, 73; Kohler, NJW. 49 230 mit Lit.-Nachweis; DRZ. 49, 261; Schräder, DRZ. 49, 465; a. A.: OLG. München, SJZ. 47, 617; OLG. Frankfurt, SJZ. 48, 809 = NJW. 49, 25; Dölle NJW. 49, 25. Nichtig ist auch ein Gesellschaftsvertrag, der auf eine von vornherein unmögliche Leistung gerichtet ist. Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages wegen Verfolgung eines verbotenen Zwecks (eines verbotenen Gegenstands des Unternehmens) liegt nicht vor, wenn nicht der Gesellschaftszweck als solcher unerlaubt oder unsittlich ist, sondern nur die von der Gesellschaft oder den Gesellschaftern zur Erreichung des gesetzlich zulässigen Gesellschaftszweckes vorgenommenen einzelnen Rechtshandlungen verboten oder sittenwidrig sind; RG. v, 15. 2. 43, II 102/42 = DR. 1943, 806«. Anm. 70. c) N i c h t i g ist auch ein G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g , der gegen die g u t e n S i t t e n v e r s t ö ß t . Der Begriff des Sittenverstoßes ist derselbe, wie im bürgerlichen Recht, § 138 Abs. 1 BGB.; RG. 150, 1. Ein Sittenverstoß liegt nicht nur vor, wenn der Vertrag durch seinen Inhalt, z. B. den Gegenstand des Unternehmens, sondern auch dann, wenn er nach seinem Beweggrunde und Ziele, nach der von dem Vertragschließenden bekundeten Sinnesart gegen die Anschauung aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Insbesondere kann der Gesellschaftsvertrag auch gegen die Vorschrift des Verbotes des wucherischen Geschäftes § 138 Abs. 2 BGB. verstoßen und deshalb nichtig sein; RG. bei Warneyer 11 Nr. 9 und die Erl. zu § 138 BGB. Nichtig kann ein Gesellschaftsvertrag auch sein, in dem sich der eine Teil alle Vorteile ausbedingt, den anderen aber jedes Wagnis aufgebürdet wird (Societas leonina). Auch eine zu weitgehende Freizeichnung von einer Haftung, z. B. für die Brauchbarkeit einer eingebrachten Fabrikeinrichtung, zu der die Gegenleistung in einem auffallenden Mißverhältnis steht, kann sittenwidrig sein. Ein Verstoß gegen P r e i s r e g e l u n g s v o r s c h r i f t e n , z.B. die PrelsstopVo. vom 26. November 1936, RGBl. I 956, §§ 1, 3, 4 und die sie ergänzenden Vorschriften, hat regelmäßig die N i c h t i g k e i t eines Veräußerungsvertrages nur zur Folge, wenn ein bewußter Verstoß beider Teile und eine in vorsätzlichem Zusammenwirken unternommene Umgehung der Preisregelung vorliegt. Andernfalls entbehrt das Geschäft nur hinsichtlich des Teiles des Preises, der die zulässige Grenze überschreitet, der Rechtsgültigkeit, der Verkäufer kann sich nicht von dem Geschäft lossagen, wenn festgestellt wird, daß ein geringerer als der vereinbarte Preis zulässig war. Es tritt also nur eine Minderung der Gegenleistung ein; SeuffA. Bd. 93 Nr. 110. Die sinngemäße Anwendbarkeit dieser Vor45

§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 71—72 b Schriften auf Gesellschaftsverträge ist möglich, wenn bestimmte Gegenstände gegen eine Gegenleistung, die sich nur auf diese bezieht, auf Grund eines Gesellschaftsvertrages in eine Gesellschaft eingebracht werden sollen. Eine solche Loslösung bestimmter Leistungen und Gegenleistungen aus dem Gesamtinhalt des Gesellschaftsvertrages läßt sich aber kaum durchführen. Die Preisvorschriften eignen sich ihrem Zwecke nach nicht für Veräußerungen eines Geschäfts als einer wirtschaftlichen Einheit und erst recht nicht für einen Gesellschaftsvertrag. Anm. 71. 2. Die A n f e c h t b a r k e i t des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s . Für die Anfechtung von Gesellschaftsverträgen wegen Willensmängeln, §§ 119—124 BGB., kommt namentlich der Irrtum oder die arglistige Täuschung über Eigenschaften der Mitgesellschafter, die für das vertrauensvolle Zusammenarbeiten einer Personengesellschaft wesentlich sind, z. B. Mängel des Charakters, Vorleben, Befähigung zur Geschäftsführung, der Wert und die Beschaffenheit des von einem Gesellschafter einzubringenden Unternehmens, dessen Ruf (Firmen-wert), wegen der gesamtschuldnerischen Haftung auch die Vermögensverhältnisse des Mitgesellschafters im allgemeinen als Anfechtungsgrund in Frage. Anm. 72a. G e l t e n d m a c h u n g der N i c h t i g k e i t u n d der A n f e c h t b a r k e i t . Die N i c h t i g k e i t des Gesellschaftsvertrages kann vor I n v o l l z u g s e t z u n g der G-: s e l l s c h a f t von jedem geltend gemacht werden, der daran ein Interesse hat. Die Anf e c h t u n g erfolgt, wie bei anderen Verträgen durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner, § 143 BGB. Anfechtungsgegner sind alle übrigen Vertragsparteien, auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen, bei der Kommanditgesellschaft auch die Kommanditisten. Mit dem Zugehen der Erklärung an alle Gesellschafter ist die Anfechtung mit der rechtsgestaltenden Wirkung des § 142 BGB. erfolgt, der Gesellschaftsvertrag somit als von Anfang an nichtig anzusehen. Eine Anfechtungsklage in sinngemäßer Anwendung des § 133 HGB. oder nach Art der aktienrechtlichen Nichtigkeitsklage (§ 201 AktG.), RG. 142, 98 (110) findet nicht statt. Eine Klage kann nur als Feststellungsklage nach § 256 ZPO. dahin gehen, daß die Anfechtung wirksam, der Gesellschaftsvertrag nichtig sei und nicht in Vollzug gesetzt werden könne. Jeder, der ein Interesse an dem Bestehen der Gesellschaft hat, kann auf Feststellung klagen, daß die Gesellschaft besteht, daß der Gesellschaftsvertrag weder kraft Gesetzes nichtig noch anfechtbar ist. Auch die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit kann von jedem an der Feststellung Interessierten erhoben werden. Die Geltendmachung der Nichtigkeit oder die Anfechtung oder die Feststellung des mangelfreien Zustandekommens der Gesellschaft kann auch mittelbar, auch durch Einrede in einem Rechtsstreit erfolgen, in dem die Folgen aus der Nichtigkeit oder dem Bestände der Gesellschaft gezogen werden, z. B. bei einer Klage auf Leistung der Beiträge. Anm. 72b. R e c h t s w i r k u n g e n der N i c h t i g k e i t oder A n f e c h t u n g des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s bei deren G e l t e n d m a c h u n g vor I n v o l l z u g s e t z u n g des V e r t r a g s . S c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t . Die Nichtigkeit oder die begründete Anfechtung hat in diesem Falle die Wirkung, daß keine Ansprüche auf Grund des Handelsrechts, insbesondere des Rechts der personenrechtlichen Handelsgesellschaften erhoben werden können, weder von den Vertragsparteien, noch von Dritten. Wer behauptet, der Vertrag sei von seiner Seite n i c h t e r n s t g e m e i n t und seine Erklärung sei in der Erwartung abgegeben, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt, der Vertrag sei deshalb nichtig, oder derjenige, der einen Vertrag wegen I r r t u m s nach §§ 119,120 BGB. angefochten hat, ist dem Vertragsgenossen zum E r s ä t z e des S c h a d e n s v e r p f l i c h t e t , den der andere dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere an der Gültigkeit der Erklärung (des Vertrags) hat (negatives I n t e r e s s e ) . Die Schadenersatzpflicht tritt nur nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte; § 122 BGB. Diese Vorschriften finden auch auf Gesellschaftsverträge Anwendung. Unter den Voraussetzungen des § 122 BGB. kann danach ein Gesellschafter von dem die Nichternstlichkeit oder die Anfechtbarkeit geltend machenden Schadloshaltung insoweit verlangen, als seine Vermögenslage gerade durch die im Vertrauen auf die Gültigkeit des

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§ 105 Anm. 78 Gesellschaftsvertrages von ihm getroffenen oder unterlassenen Maßnahmen verschlechtert wurde, z. B . dadurch, daß er im Vertrauen auf den Bestand des Gesellschaftsvertrages vom Abschluß eines anderen Geschäfts abgesehen hat oder daß er zwecks Erfüllung des Gesellschaftsvertrages ein anderes Rechtsgeschäft abgeschlossen, z. B . ein Darlehen zur Leistung seiner Einlage aufgenommen oder ein Grundstück zur Beschaffung von Bargeld veräußert hat. E r kann aber nicht Ersatz des Erfüllungsinteresses, also nicht das verlangen, was er bei Erfüllung des Gesellschaftsvertrages gehabt hätte; R G . 58, 327; 59, 157; R G . in SeuffA. 62 Nr. 226. Nach dem Grundsatze der Naturalherstellung kann er nicht nur Schadensersatz in Geld, sondern auch Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis (die Anfechtung) nicht eingetreten wäre. Danach könnte er z. B . Abnahme eines Grundstücks, das er nach dem Gesellschaftsvertrage in die Gesellschaft einzubringen und das er zu diesem Zwecke erworben hatte, gegen Ersatz seiner Aufwendungen von dem Anfechtenden fordern. Dagegen könnte er als Schadensersatz nicht Erfüllung des Gesellschaftsvertrages in seiner Gesamtheit begehren. Der Schaden kann abstrakt oder konkret berechnet werden. Wegen der Einzelheiten dieses Schadensersatzanspruches wird auf die Erläuterungsbücher zu B G B . §§ 122, 249, z. B . RGRKomm. zu § 122, verwiesen. Derjenige, der durch a r g l i s t i g e T ä u s c h u n g o d e r d u r c h D r o h u n g zum Vertragsschluß bestimmt worden ist, und den Vertrag deshalb angefochten hat, § 123 B G B . , kann S c h a d e n s e r s a t z verlangen, wenn der Täter ihm in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat, § 826 B G B . , oder wenn eine u n e r l a u b t e H a n d l u n g im Sinne des § 823 Abs. 2, Verstoß gegen ein Schutzgesetz (Betrug oder Erpressung nach §§ 263, 253 StGB.), vorliegt. Auch bei der Vertragsanfechtung nach § 123 B G B . kann der Anfechtende nur Ersatz des negativen Interesses verlangen;. R G . 132, 76. Ausnahmsweise kann — auch bei Aufrechterhaltung des Vertrags — Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangt werden, wenn der Getäuschte oder Bedrohte nachweist, daß ohne die unerlaubte Handlung des Vertragsgenossen der Vertrag für ihn zu günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre, daß er z. B . mit einer höheren Gewinnquote beteiligt worden wäre; R G . 83, 246; Warn. 1910 Nr. 383; 1915 Nr. 230; 1918 Nr. 181; Gruch. 55, 350; LZ. 1921, 373 1 ; vgl. R G R K o m m . § 123 Anm. 5. Anm. 78. B . Die Geltendmachung der Nichtigkeit dei Gesellschaftsvertrags oder dessen Anfechtung nach Invollzugsetzung der Gesellschaft. Schutz des Rechtsverkehrs. Würde man die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Folgen der Nichtigkeit oder der erfolgreichen Anfechtung des Gesellschafts Vertrags, auch auf die bereits in Vollzug gesetzte Gesellschaft anwenden, also annehmen, daß keine Gesellschaft zustande gekommen ist, und daß aus dem Gesellschaftsvertrag keinerlei Rechtswirkungen abgeleitet werden können, so müßte dies sowohl im inneren Verhältnis unter den Vertragschließenden gelten, wie im Verhältnis nach außen, zu Dritten, die mit der angeblichen Gesellschaft (der Scheingesellschaft) in Rechtsverkehr getreten sind, ihr z. B. Waren auf Kredit geliefert haben, ebenso im Verhältnis zum Staate oder öffentlichen Verbänden, die von der Gesellschaft auf Grund ihrer Entstehung oder Betätigung als Handelsgesellschaft öffentliche Abgaben, wie Umsatzsteuer oder Grunderwerbssteuer zu fordern oder bereits erhalten haben. Weder könnten gegenseitige Ansprüche aus dem Rechtsverkehr mit der Gesellschaft erhoben werden, noch könnte in das sich als Gesellschaftsvermögen darstellende Vermögen auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses vollstreckt werden. Die sog. Privatgläubiger eines Gesellschafters könnten in das in das angebliche Gesellschaftsvermögen übergegangene Vermögen ihres Schuldners vollstrecken, also in Konkurrenz mit den Gesellschaftsgläubigern treten. Letztere könnten sie nicht auf den Weg der Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens ihres Schuldners verweisen, vgl. § 135 HGB. Die Gesellschafter könnten nicht als solche d. h. auf Grund der besonderen handelsrechtlichen Haftungsvorschriften, § 128 HGB. in Anspruch genommen werden, sondern höchstens auf Grund einer vermuteten Haftungserklärung oder des Rechtsscheins (vgl. dazu unten Anm. 75). Etwa im Vertrauen auf das Bestehen der Gesellschaft vorgenommene Rechtshandlungen müßten rückgängig gemacht werden; insbesondere müßte das bereits Geleistete, da es ohne Rechtsgrund geleistet wäre, nach den Grundsätzen über die u n g e r e c h t f e r t i g t e B e r e i c h e r u n g zurückgegeben werden. Die folgerichtige Durchführung dieser Regeln wurde gerade bei einer Gesellschaft, die sich als

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 78 offene Handelsgesellschaft oder KG. darstellt und als solche in der verschiedensten Art in den Rechtsverkehr tritt, zu einer Rechtsverwirrung und oft zu unbilligen Härten führen. Dies gilt um so mehr, wenn, wie es häufig vorkommt, der Grund der Nichtigkeit, z. B. Geschäftsunfähigkeit eines angeblichen Gesellschafters wegen Geisteskrankheit, oder arglistige Täuschung beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages, auch von den Parteien des Gesellschaftsvertrages insbesondere aber von Dritten meist nur schwer, von Dritten fast gar nicht festgestellt werden kann. Da Eintragungszwang für die Gesellschaften des Handelsrechts besteht und sich der Verkehr auf diese Eintragungen verläßt und oft auch verlassen muß, würde die Möglichkeit schrankenloser Geltendmachung der Nichtigkeit auch zu einer Erschütterung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit des Handelsregisters führen. Die bloße Verweisung Dritter auf die Haftung der einzelnen Gesellschafter auf Grund ihrer Haftungserklärung oder des Rechtsscheins (vgl. unten Anm. 76) würde auch nicht immer zu einem vollen Schutze gutgläubiger Dritter führen. Dritte, die mit der Gesellschaft als solcher in Rechtsverkehr getreten sind, haben auch ein Interesse daran, daß die Gesellschaft als solche und ihr Handelsunternehmen besteht und betrieben wird. Oft hängt die vertragsgemäße Befriedigung des Dritten gerade von dem Betrieb des Handesunternehmens durch die Gesellschaft ab. Dieser wäre aber in Frage gestellt, wenn die Gesellschafter nach Feststellung der Nichtigkeit oder nach Anfechtung des Gesellschaftsvertrages sich weigern könnten, ihre Beiträge zu leisten, z. B. ihre Dienste, ihre Fabrikräume, ihre Patente dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Bei einer in den Rechtsverkehr eingetretenen Gesellschaft läßt sich hiernach auch das innere und das äußere Verhältnis nicht trennen. Aber auch rein vom inneren Verhältnis aus ist die folgerichtige Durchführung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Nichtigkeit und Anfechtung von Rechtsgeschäften mit dem Wesen einer Handelsgesellschaft als eines auf die Dauer und eine stete Entwicklung bestimmten Rechtsverhältnisses unvereinbar. Die geleisteten Beiträge bleiben nicht unverändert in dem Vermögen der Gesellschaft. Sie werden regelmäßig oder häufig im Geschäftsbetriebe verbraucht oder veräußert; andere treten an ihre Stelle; das Vermögen kann sich vermehren oder vermindern. Es werden Gewinne erzielt, die verteilt werden. Würde man annehmen, daß rechtlich keine Gesellschaft besteht, so könnte höchstens eine Gemeinschaft vorliegen. Die Auseinandersetzung nach den Grundsätzen der Gemeinschaft, §§ 741 ff. BGB., würde oft nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen und nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen. Es wird oft schon zweifelhaft sein, ob eine Rechtsgemeinschaft an dem äußerlich sich als solches darstellenden Gesellschaftsvermögen besteht. Die Auseinandersetzung der Gemeinschaft nach dem Grundsatze des § 742 BGB., nach dem im Zweifel gleiche Beteiligung anzunehmen ist, würde namentlich dann zu einem unbilligen Ergebnis führen, wenn durch die Arbeit oder Kapitalbeteiligung Einzelner das zu verteilende Vermögen erst geschaffen worden ist und diese Umstände nach dem Willen der Beteiligten bei der Beteiligung am Gewinn und Verlust und der Auseinandersetzung zu einer ungleichen Verteilung führen sollten. Aus allen diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Folgen der Nichtigkeit oder Anfechtung eines Rechtsgeschäfts auf eine bereits in Vollzug gesetzte Gesellschaft nicht passen ebensowenig, wie diejenigen über den Rücktritt vom Vertrage oder eine auflösenden Bedingung; vgl. oben Anm. 50, unten Anm. 82, 83. Die durch die Invollzugsetzung der Gesellschaft entstandenen Rechtstatsachen können nicht rückwirkend ungeschehen gemacht werden; ihre Wirkung bestimmt sich nach den besonderen Regeln des Gesellschaftsrechts, die den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts vorgehen. Diese Besonderheit des Gesellschaftsrechts hat auch bereits im HGB. v. 1897 in den Vorschriften über die Aktiengesellschaft Ausdruck gefunden in der Bestimmung des § 311, nach der durch die Nichtigkeit der Aktiengesellschaft die Wirksamkeit der im Namen der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht berührt wird und die Gesellschafter trotz Nichtigerklärung der Gesellschaft, die bedungenen Einlagen zu leisten haben, soweit es zur Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft erforderlich ist. Aus dieser Bestimmung, die auch in das neue Aktiengesetz, § 218, übergegangen und auch in das GmbHG., § 77, und das Genossenschaftsgesetz, § 97, aufgenommen worden ist, hat die Rechtsprechung und Lehre abgeleitet, daß die Rechtskraft des Urteils über die Nichtigerklärung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft nur dieselbe

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§ 105 Anm. 73 Wirkung wie eine Auflösungstatsache hat, daß also die Gesellschaft trotz des Nichtigkeitsgrundes besteht und nur in Abwicklung tritt; vgl. RG. 148, 225; Weipert in Großk.AktG. § 216 Anm. 18 mit weiteren Nachweisen. Die genannten Vorschriften entsprechen einem allgemeinen, aus der Eigenart der Gesellschaft sich ergebenden Rechtsgedanken und den bereits hervorgehobenen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs. Die Aufnahme einer besonderen Bestimmung in den angegebenen Gesetzen dient nur der Anpassung des ausgesprochenen Grundsatzes an die Eigenschaft der erwähnten Gesellschaften als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit und erklärt sich insbesondere daraus, daß diese Gesellschaften nur durch Eintragung entstehen und ihre Nichtigkeit nur durch richterliches Urteil festgestellt werden kann. Für die sinngemäße Anwendung dieser Grundsätze spricht auch, daß die offene Handelsgesellschaft durch die Eintragung ins Handelsregister oder durch den Beginn ihres Geschäftsbetriebes in die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. § 123). Auch die starke Annäherung der handelsrechtlichen Personengesellschaften an die Kapitalgesellschaften, die sich namentlich in der weitgehenden Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens und in der Befugnis zum Auftreten unter einer einheitlichen Firma äußert (vgl. § 124), spricht für eine sinngemäße Anwendung der erwähnten Lehre. Dies gilt jedenfalls, wenn die Gesellschaft als solche nach außen in den Rechtsverkehr getreten ist. Zusammenfassend ist also zu sagen: I s t eine G e s e l l s c h a f t als solche n a c h a u ß e n in Vollzug g e s e t z t w o r d e n , so k ö n n e n Mängel des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s , die seine N i c h t i g k e i t oder A n f e c h t b a r k e i t zur Folge h a b e n , n i c h t m e h r , u n d zwar w e d e r von den G e s e l l s c h a f t e r n noch von D r i t t e n , m i t der W i r k u n g g e l t e n d g e m a c h t w e r d e n , d a ß die G e s e l l s c h a f t als von A n f a n g an n i c h t b e s t e h e n d zu b e h a n d e l n ist. Die G e s e l l s c h a f t b e s t e h t v i e l m e h r t r o t z des G r ü n d u n g s m a n g e l s als H a n d e l s g e s e l l s c h a f t . Die Gesellschaft besteht n a c h a u ß e n u n d nach innen mit allen R e c h t e n u n d P f l i c h t e n , die sich aus der E n t s t e h u n g einer o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e r g e b e n . Das sich als G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n d a r s t e l l e n d e V e r m ö g e n ist G e s a m t h a n d s v e r m ö g e n . Die Gesellschaft ist Firmengesellschaft. Sie ist auch konkursfähig. Die G e s e l l s c h a f t e r , die auf Grund ihres verantwortlichen Verhaltens als Mitglieder der Gesellschaft erscheinen, h a b e n alle R e c h t e u n d P f l i c h t e n der Gesells c h a f t e r einer ordnungsmäßig zustandegekommenen offenen Handelsg e s e l l s c h a f t , sie haften also nicht nur kraft Rechtsscheins oder einer Haftungserklärung; vgl. Anm. 76. Hiernach gilt die offene Handelsgesellschaft trotz Gründungsmängeln als bestehend, wenn sie entweder als solche ins Handelsregister eingetragen ist oder vorher ihren Geschäftsbetrieb begonnen hat; vgl. §123. Das Reichsgericht hat ursprünglich mit der früher herrschenden abweichenden Lehre den Standpunkt vertreten, daß auch auf die offene Handelsgesellschaft die Regeln des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtbarkeit unbeschränkt anzuwenden seien. Es hat aber zunächst in der Entscheidung in JW. 1935, 26171 anerkannt, daß der einzelne Gesellschafter nach Anfechtung des Gesellschaftsvertrags einer schon ins Leben getretenen Gesellschaft wegen Willensmängeln nicht schlechthin das von ihm in die Gesellschaft Eingebrachte zurückfordern, sondern nur den sich aus der Auseinandersetzung für ihn ergebenden Überschuß verlangen könne. In fortschreitender Entwicklung hat es in RG. 165, 193 = DR. 1941, 633» mit Anm. (vgl. auch RG. 166, 54; DR. 1942, 275; 1943, 801 und 1221) ausgesprochen, daß bei einer ins Leben getretenen offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft eine Anfechtung des Gesellschaftsvertrages auf Grund von Willensmängeln oder ein Rücktritt vom Gesellschaftsvertrage wegen Fortfalls der Geschäftsgrundlage unzulässig sei; vgl. auch die dort enthaltenen Schrifttumsnachweise; so jetzt auch Geßler in SozPr. 1941, S. 142, unter Aufgabe der bei Schlegelberger § 105 Anm. 62 vertretenen abweichenden Auffassung. Was von der infolge A n f e c h t u n g e i n t r e t e n den N i c h t i g k e i t g i l t , muß auch gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag von Anfang an nichtig ist. Beruht die Nichtigkeit des Vertrages auf einem Formmangel, z. B. Nichtbeachtung des § 313 BGB., so kann allerdings Erfüllung des Vertrages insofern nicht verlangt werden, als die b e t r e f f e n d e V e r p f l i c h t u n g der Form bedarf. Aber die ins Leben getretene Gesellschaft besteht trotzdem. Es kann Erfüllung verlangt werden, 4

H O B . Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 74 a soweit eine Verpflichtung übernommen worden ist, deren Übernahme keiner Form bedarf. Wie die §§ 119ff. BGB. nicht anwendbar sind, gilt auch nicht die Regel des § 139 BGB., wonach die Nichtigkeit eines Teiles eines Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge hat; denn auch insofern ergibt sich aus der Eigenart der ins Leben getretenen Gesellschaft ein anderes. Anm. 74a. M a ß g e b l i c h k e i t d e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s . B e s c h r ä n k t e Z u l a s s u n g d e r G e l t e n d m a c h u n g d e r N i c h t i g k e i t u n d A n f e c h t u n g , a) Die R e c h t s v e r h ä l t n i s s e d e r G e s e l l s c h a f t r i c h t e n s i c h nach innen und außen nach dem Gesetz, d. h. nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechts und nach dem G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g . Jede Personengesellschaft hat ihre Eigenart, die durch die Persönlichkeit der Gesellschafter, ihre Eignung zur Geschäftsführung, ihre vermögensrechtlichen Leistungen und den Zweck und Gegenstand des Unternehmens ihr Gepräge erhält und das durch den Inhalt des Gesellschaftsvertrages im einzelnen bestimmt wird. Der Ersatz dieser Bestimmungen durch die gesetzlichen Normativbestimmungen würde oft zu einer völligen Veränderung des Charakters der Gesellschaft führen. Es wird deshalb regelmäßig dem vermutbaren (im Notfall durch Vertragsauslegung festzustellenden) Willen der Vertragsgenossen des Gesellschaftsvertrags entsprechen, daß die besonderen Vertragsbestimmungen auch gelten sollen, wenn der Gesellschaftsvertrag an sich nichtig oder anfechtbar ist, die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit aber wegen erfolgter Invollzugsetzung der Gesellschaft nicht mehr geltend gemacht werden kann. Müssen die Gesellschafter die Gesellschaft als bestehend hinnehmen, so wollen sie sie regelmäßig auch so leben lassen, wie sie es sich im Vertrage gedacht haben; ebenso im Ergebnis Hans Schumann in DR. 1943, 1193 (1197); vgl. auch Schumann, Faktische Gesellschaft und Feststellungsklage, DR. 1943, 265; Siebert, Die faktische Gesellschaft; Tasche, Vertragsverhältnis nach nichtigem Vertragsschluß in Jherings Jahrb. 2. Folge, Bd. 54, 131 ff. Dies gilt zunächst von den Vertragsbestimmungen, die die Grundlage der einzelnen Gesellschaft bestimmen, wie Gegenstand des Unternehmens, Einlagen der Gesellschafter (Einbringung des Unternehmens durch einen Gesellschafter), Firma (auch abgeleitete Firma), Dauer der Gesellschaft, Kündigung, Verwaltungs- und Vertretungsrechte und -pflichten, besondere Auflösungsgründe und deren Regelung (z. B. Fortsetzung unter den Übrigen oder mit den Erben beim Tode eines Gesellschafters oder bei dessen Konkurs oder bei Kündigung durch einen Privatgläubiger). Auch andere Abreden werden in der Regel aufrecht zu halten sein. b) E i n e b e s c h r ä n k t e Z u l ä s s i g k e i t d e r G e l t e n d m a c h u n g d e r N i c h t i g k e i t u n d A n f e c h t b a r k e i t d e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s besteht, soweit sie mit dem Zwecke verträglich ist, der für die Regel diese Geltendmachung ausschließt. Danach bestehen keine Bedenken, einem Gesellschafter, der durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verschulden — auch nicht grobes, da die Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nach § 708 BGB. auf den Vertragsschluß keine Anwendung findet — Vorteile erlangt hat, die ihm sonst nicht zugestanden worden wären, mit sofortiger Wirkung zu versagen. Hierher gehören jedenfalls finanzielle Vorteile, die einem Gesellschafter mit Rücksicht auf seine unrichtigen Angaben über seine Kenntnisse und Fähigkeiten und den Wert und die Brauchbarkeit und seine Verfügungsbefugnis über die zugesagten Einlagen bewilligt worden sind. Auch ohne Verschulden kann eine solche sofortige Entziehung einer Begünstigung gerechtfertigt sein, so wenn eine bestimmte Vergünstigung auf einem bei gewöhnlichen Verträgen rechtserheblichen Irrtum beruht oder wenn der Gesellschafter ohne Verschulden haftet, etwa aus seiner G e w ä h r l e i s t u n g s p f l i c h t nach dem Recht der gegenseitigen Verträge vgl. Anm. 82. Für den Bestand der werbenden Gesellschaft wird es regelmäßig ohne Bedeutung sein, wie das Entnahmerecht oder die Gewinnbeteiligung geregelt ist, jedenfalls, wenn ein Beteiligter weniger bekommt als ihm nach dem Vertrag zukäme. Das gleiche gilt, wenn ein anderer Gesellschafter durch das Verhalten eines Mitgesellschafters im Entnahmerecht oder in der Gewinnbeteiligung benachteiligt ist. Entsprechendes gilt für die Bemessung des Kapitalanteils für den Auflösungs- und Abwicklungszustand, z. B. für den Ansprach auf Abschlagszahlungen und die endgültige Verteilung des Abwicklungserlöses nach Beendigung der Abwicklung. Es besteht bei diesen Ansprüchen also kein Bedenken, eine Korrektur durch Anfechtung oder Geltendmachung der Nichtigkeit der einzelnen Vertrags-

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§ 105 Anm. 74» bestimmungen eintreten zu lassen. Auch bei der beschränkten Geltendmachung der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit werden die F o r m e n u n d F r i s t e n eingehalten werden müssen, die zu beobachten sind, wenn die Geltendmachung den ganzen Vertrag — vor der Invollzugsetzung — zu Fall bringen soll. Denn es besteht kein Grund, weshalb bei der beschränkten Geltendmachung von der Einhaltung der im Interesse der Rechtssicherheit gegebenen Vorschriften abgesehen werden soll. Dem zur Anfechtung und Geltendmachung Berechtigten soll keine Gelegenheit gegeben werden, auf Kosten der anderen zu spekulieren. Wer also Zwang behauptet, wird unverzüglich nach Wegfall der Zwangslage die beschränkte Anfechtung erklären müssen und zwar gegenüber allen Gesellschaftern. Für den, der sich auf Irrtum beruft, kann die Schadensersatzpflicht nach § 122 BGB. eintreten. Bezieht sich der Vertragsmangel auf die Erlangung einer besonderen S t e l l u n g in der V e r w a l t u n g oder die Verkürzung der Stellung eines anderen, so gilt unbeschränkt das vorstehend Bemerkte, soweit es sich um die V e r g ü t u n g für die übertragene Tätigkeit oder die Benachteiligung des von der Verwaltung ausgeschlossenen Gesellschafters handelt. Hier kann die Korrektur erfolgen, ohne daß dadurch der Bestand der Gesellschaft und des gemeinschaftlichen Unternehmens gefährdet wird, weil es sich nur um einen Ausgleich unter den Gesellschaftern handelt. Kommt hier keine Einigung unter den Beteiligten zustande, so kann unbeschadet des Fortbestandes des Unternehmens durch Feststellungs- oder Leistungsklage eine Klärung herbeigeführt werden. Handelt es sich aber um die Ausübung der Stellung in der Verwaltung, so wird der Bestand der Gesellschaft selbst berührt. Dies gilt im inneren Verhältnis — für die Geschäftsführung, wie nach außen — für die Vertretung. Für die Vertretung ist dies von besonderer Bedeutung, weil Abweichungen des Gesellschaftsvertrags von der gesetzlichen Regel der Alleinvertretungsbefugnis jedes einzelnen Gesellschafters der Eintragung zum Handelsregister und Bekanntmachung bedürfen, damit sie für oder gegen die Gesellschaft rechtswirksam sind (§§ 15, 125 HGB.). Eine bloße Erklärung der Gesellschafter, wie sie das BGB. für die Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit als ausreichend ansieht, genügt also nicht. Wenn den betroffenen Gesellschaftern auch nicht zugemutet werden kann, die Fortführung der Verwaltungstätigkeit durch einen Gesellschafter hinzunehmen, der seine Stellung durch einen Mangel des Vertrags, etwa durch Täuschung über seine Befähigung erlangt hat, so muß die Abhilfe doch nach den Regeln g e s c h e h e n , die das H G B . m i t R ü c k s i c h t auf die b e s o n deren B e d ü r f n i s s e der Handelsgesellschaften aufgestellt hat. Die Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis hat somit durch Gestaltungsklage nach §§ 117,127 HGB. zu erfolgen, vgl. die Erl. dazu, auch wegen der Möglichkeit e i n s t w e i liger V e r f ü g u n g e n . Die Gesellschaft und die Gesellschafter sind dann nicht schlechter gestellt, als wenn bei der fehlerfrei zustande gekommenen Gesellschaft die Ungeeignetheit eines Gesellschafters zur Geschäftsführung oder Vertretung nachträglich eintritt. Ein Gesellschafter kann auch nicht mit der einseitigen Behauptung, daß der Beitritt überhaupt oder in bestimmter Art durch Vertragsmängel, etwa durch Irrtum oder arglistige Täuschung herbeigeführt sei, ohne weiteres die Erfüllung, z. B. der Beitragspflicht, verweigern und dadurch das Unternehmen lahm legen. Dies würde dem Grundsatz, daß die Gesellschaft trotz Gründungsmangel entstanden sei, widersprechen. Hier kann ebenfalls nur nach den Regeln des Gesellschaftsrechts geholfen werden. Da, solange die Gesellschaft besteht, auch die V e r p f l i c h t u n g zur G e s e l l s c h a f t e r t r e u e f o r t d a u e r t , ist der sich benachteiligt fühlende Gesellschafter verpflichtet — um eine Schädigung der Gesellschaft abzuwenden, auch seinen eigenen Schaden zu vermindern — sich mit den Mitgesellschaftern in Verbindung zu setzen, um eine Ä n d e r u n g des Ges e l l s c h a f t s v e r t r a g s h e r b e i z u f ü h r e n . In Betracht kommt hier namentlich eine Neuregelung der Beitragspflicht und der Verwaltung des Unternehmens. Die Mitgesellschafter sind ihrerseits nach dem Grundsatz der Gesellschaftertreue zur Mitwirkung bei einer solchen Neuordnung des Vertragsverhältnisses verpflichtet. Sie können auch im Prozeßwege zur Abgabe entsprechender Willenserklärungen verurteilt werden. Der Gesellschaftsvertrag ist nach Treu und Glauben so auszulegen, daß die Gesellschafter verpflichtet sind, den Vertrag so abzuändern, wie es der Billigkeit entspricht. Kommt keine Einigung zustande, so ist es Aufgabe des Richters, an Stelle der Gesellschafter 4*

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Aam. 74a zu verfügen, §§ 317f. BGB. Außerdem bleibt auch der Weg der Klage auf Auflösung der Gesellschaft oder Ausschließung einzelner Gesellschafter aus wichtigem Grunde, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag abweichend von der gesetzlichen Regel die Abberufung eines Gesellschafters aus seiner Verwaltungsstellung oder die Ausschließung aus der Gesellschaft oder deren Auflösung durch Mehrheitsbeschluß zuläßt oder diese Wege nicht zum Erfolg führen. Die tiefer eingreifende Maßregel darf nur gewählt werden, wenn nicht durch eine weniger einschneidende geholfen werden kann. Im Falle dringender Gefahr etwa der Verschleuderung einer neu eingeforderten Einlage kann auch durch e i n s t w e i l i g e V e r f ü g u n g geholfen werden. Es gilt sinngemäß das gleiche, wie wenn bei der ordnungsmäßig zustandegekommenen Gesellschaft nachträglich ein Ereignis eintritt, das eine Umgestaltung des Gesellschaftsvertrages erfordert, wie die Bestellung anderer Geschäftsführer oder die Aufgabe eines von mehreren Geschäftszweigen wegen eingetretener Unrentabilität, damit verbundener Zwecklosigkeit weiter geforderter Einlagen; vgl. die Erläuterungen zu §§ 117, 127, 133ff. Damit ist auch den Bedenken von Hueck S. 49 Rechnung getragen, der anerkennt, daß die allgemeine Leistungsverwoigerung zum Ruin des Unternehmens führe und daß die ordnungsmäßige Fortführung des Unternehmens im Interesse aller Gesellschafter liege. Seine Auffassung, daß bis zur Erlassung des Auflösungsurteils in sinngemäßer Anwendung des § 748 BGB. alle Gesellschafter zur Aufbringung der zur Fortführung erforderlichen Mittel nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile verpflichtet seien, würde nicht immer zu einem billigen Ergebnis führen. Sie würde einen Gesellschafter unter Umständen gegen den erklärten Inhalt des Vertrages belasten, wenn seine finanzielle Beteiligung ziffernmäßig begrenzt war. Wer eine hohe Einlage gemacht und dazu seinen Gewinnanteil nicht abgehoben, sondern ihn dem Unternehmen belassen und dadurcn ziffernmäßig seinen Kapitalanteil erhöht hat, müßte mehr leisten, als der, der nur eine geringe Einlage versprochen oder die versprochene nur zum Teil geleistet (und damit die Gutschrift auf Kapitalanteil vermieden hat) oder seinen Gewinnanteil seit Jahren restlos abgehoben hat. Wie sollte der herangezogen werden, der gar keinen positiven oder gar einen negativen Kapitalanteil, aber wegen seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einen hohen Gewinnanteil und deshalb ein besonderes Interesse an der Fortführung des Unternehmens hat ? Jeder andere Maßstab als der im Vertrag festgelegte wäre mehr oder weniger willkürlich. c) M i t w i r k u n g n i c h t voll G e s c h ä f t s f ä h i g e r o d e r G e s c h ä f t s u n f ä h i g e r ohne gesetzlichen Vertreter. Auch wenn die Gesellschaft trotz Gründungsmängeln zustande gekommen ist, vgl. Anm. 73, und deshalb die Gesellschafter die gleiche Rechtsstellung haben wie die Gesellschafter einer mangelfrei entstandenen Gesellschaft, also namentlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft samtverbindlich haften und Teilung des Gesellschaftsvermögens oder Rückgabe ihrer Einlagen während des Bestehens der Gesellschaft nicht verlangen können, sondern die Auflösung der Gesellschaft und die Abwicklung und Schluß Verteilung abwarten müssen, so gilt dies doch nicht, soweit es sich um geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen handelt, die ohne gesetzlichen Vertreter und ohne deren nachträgliche Zustimmung oder ohne Genehmigung bestimmter Behörden, wie ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung oder z. B. bei Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne die vorgeschriebene Staatsgenehmigung gehandelt haben. In diesen Fällen muß das Verkehrs- und Vertrauensinteresse der mit der Gesellschaft, im Vetrrauen auf ihren Bestand und ihre Zusammensetzung in Rechtsverkehr Tretenden, hinter dem Schutze des Geschäftsunfähigen zurücktreten, da der Staat mit den zu diesem Schutz erlassenen Vorschriften eine höhere, in besonderem Maße im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe erfüllt, als durch den Schutz des Rechtsverkehrs im allgemeinen oder auf privatrechtlichen Gebiet; vgl. RG. 145, 159; a. A. für das Aktienrecht: Gadow in Großkommentar zum Aktiengesetz § 2, Anm. 4. In diesen Fällen haftet der ohne die erforderliche Mitwirkung der zu seinem Schutze bestellten Personen oder Organe (bei der Aktiengesellschaft auch des Aufsichtsrats oder der Gesellschafterversammlung, vgl. z. B. § 255 Akt.Gesetz) Handelnde Dritten nicht. Die Beziehungen zwischen ihm und der Gesellschaft — die unter Umständen zwischen den anderen Beteiligten zu Recht bestehen kann, vgl. § 139 BGB. und oben Anm. 73 —, bestimmen sich außerhalb des Vertragsrechts, insbesondere nach den Vorschriften über 52

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§ 105 Anm. 76—78 die Gemeinschaft oder die ungerechtfertigte Bereicherung. Doch schafft das Fehlen der zur Mitwirkung der dazu beruferien Personen in der Regel nicht die völlige Unwirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Schutzbedürftigen. Es entsteht vielmehr zuerst ein S c h w e b e z u s t a n d , innerhalb dessen das Fehlende nachgeholt werden kann. Diesen können die übrigen Beteiligten dadurch beendigen, daß sie die zur Mitwirkung Berufenen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts unter Fristsetzung zur Erklärung auffordern, vgl. § 177 BGB., dessen Vorschriften sinngemäß anzuwenden sind. Die erforderliche Zustimmung kann sich auch aus den Umständen ergeben, falls nicht Schriftform als wesentlich vorgeschrieben ist. Nicht immer wird die Versagung der Mitwirkung bei der H e i l u n g eines Mangels dem Schutzbedürftigen nützlich sein, besonders wenn sich ein Unternehmen günstig entwickelt hat und der Geschäftsunfähige nach Bereicherungsrecht am Gewinn und einer sonstigen Vermögensvermehrung nicht teilnehmen würde und die anderen Beteiligten die Gesellschaft unter sich fortsetzen würden. Anm. 75. V e r b o t e n e r G e s e l l s c h a f t s z w e c k . Eine Gesellschaft kann nicht als bestehend angesehen werden (vgl. Anm. 73), wenn ihr Vertragszweck auf einen von der Rechtsordnung verbotenen Gegenstand gerichtet war, z. B. auf einen aus dringenden Gründen des öffentlichen Interesses überhaupt verbotenen Geschäftsbetrieb, oder auf Umsturz der staatlichen Rechtsordnung. Einem solchen Gebilde kann keinerlei rechtliche Anerkennung zuteil werden. Dies schließt, nicht aus, daß die als handelnd auftretenden Personen gutgläubigen Dritten auf Grund der in ihrem Auftreten liegenden Haftungserklärung oder nach den Regeln über den R e c h t s s c h e i n haften. War dagegen der von den Gesellschaftern bei der Errichtung der Gesellschaft gewollte Zweck erlaubt, haben die Gesellschafter oder die Geschäftsführer nur nachträglich die Gesellschaft zu verbotenen Zwecken mißbraucht, so kann die Gesellschaft ordnungsmäßig entstanden sein. Sie kann dann aber aus Gründen des öffentlichen Rechts aufgelöst oder vernichtet werden; vgl. die Erl. zu § 131. Anm. 76. V e r t r a g s ä n d e r u n g . Die Beschränkung der Geltendmachung der Nichtigkeit und der Anfechtung gilt sinngemäß auch für eine Änderung des Gesellschaftsvertrags, wenn diese nach außen in die Erscheinung getreten ist. Dies trifft z. B. zu, wenn ein neuer Gesellschafter eingetreten ist, und er sich als solcher betätigt hat oder wenn sein Beitritt durch Eintragung ins Handelsregister offenkundig geworden ist. Anm. 77. Ist die Gesellschaft nur im i n n e r e n V e r h ä l t n i s unter den Gesellschaftern in Vollzug gesetzt worden, so besteht eine Beschränkung der Geltendmachung der Nichtigkeit oder der Anfechtung nicht. Denn die Erwägungen, die diesen Ausschluß bei der nach außen in Vollzug gesetzten Gesellschaft rechtfertigen, treffen hier nicht zu. Die Auseinandersetzung kann erfolgen, ohne daß Rechtsunsicherheit oder Rechtsverwirrung entsteht. Hat etwa einer der Vertragschließenden für den künftigen gemeinsamen Betrieb Aufwendungen gemacht, so kann er nach sich aus den Umständen anzunehmender Vereinbarung und aus dem Verhandlungsverhältnis berechtigt oder verpflichtet sein, das auf eigenen Namen Erworbene gegen Ersatz seiner Aufwendungen im Verhältnis zu der geplanten Beteiligung in das Miteigentum der Vertragschließenden zu übertragen. Anm. 78. Fehlen eines Gesellschaftsvertrags. Schutz des Rechtsverkehrs. Rechtsschein. Haftungserklärung. Haben die Beteiligten ü b e r h a u p t k e i n e n G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g a b g e s c h l o s s e n , auch keinen nichtigen oder anfechtbaren, so ist eine Gesellschaft nicht entstanden. Fehlt es daran, so können auch die Regeln über die Unzulässigkeit der Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfechtung des Vertrags nicht zur Anwendung kommen. Dieser Fall ist aber nicht gegeben, wenn die Beteiligten zum Schein einen Gesellschaf tsvertrag geschlossen haben, aber doch darüber einig waren, im Verhältnis nach außen ein Handelsunternehmen unter einer gemeinsamen Firma zu betreiben und wenn sie diesen Willen auch nach außen betätigt haben, etwa durch Anmeldung zum Handelsregister oder entsprechenden Geschäftsbetrieb. Auch nicht in allen Fällen, in denen der Gesellschaftsvertrag gegen die guten Sitten verstößt, versagt der Rechtsschutz, der in der Anerkennung des Bestandes der Gesellschaft Hegt. Dies wäre nicht der Fall, wenn die Sittenwidrigkeit nur im Verhältnis zu den Vertragsgenossen des Gesellschaftsvertrags, etwa in einer wucherischen Ausbeutung oder in einem Knebelungsvertrag (§ 138 BGB.) liegen würde, wohl aber, wenn der Be-

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 78 trieb selbst gegen die guten Sitten verstoßen würde; vgl. zu der Frage des Sittenverstoßes auch Hueck S. 47, Haupt, Gesellschaftsrecht S. 26, Boesebeck DR. 1943, S. 224, Ruland S. 112. Liegt kein Gesellschaftsvertrag vor, so kann auch kein Gesellschaftsvermögen vorhanden sein, das von Dritten als solches behandelt werden könnte. Die Abwicklung der durch das tatsächliche Verhalten der Beteiligten entstandenen Rechtsverhältnisse müßte nach außervertraglichem Recht erfolgen, insbesondere nach dem Recht der Gemeinschaft, der rechtlosen Bereicherung, des Auftretens ohne Vertretungsmacht und der unerlaubten Handlung. Unter letzterem Gesichtspunkt könnte auch ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter haftbar werden; § 827 B G B . Diese Vorschriften bieten aber nicht immer einen ausreichenden S c h u t z des R e c h t s v e r k e h r s , für den gerade im Handelsverkehr ein besonderes Bedürfnis besteht. Nach dem Grundsatz, daß jeder sich so behandeln lassen muß, wie er im Verkehr auftritt, haben Rechtsprechung und Lehre den Grundsatz aufgestellt, daß jeder, der im Verkehr als Kaufmann oder als Mitglied einer Handelsgesellschaft in der Öffentlichkeit oder sonst auftritt, damit auch die Erklärung abgibt, wie ein Kaufmann oder Gesellschafter haften zu wollen, auch wenn er nicht Kaufmann oder Gesellschafter ist oder wenn die Gesellschaft überhaupt nicht besteht ( H a f t u n g s e r k l ä r u n g ) . An diese Erklärung ist er gebunden. Die Erklärung kann ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen abgegeben werden. Zu den Handlungen der letzteren Art gehört insbesondere auch die Eröffnung eines Geschäftsbetriebes in einer Weise, die auf das Vorhandensein einer offenen Handelsgesellschaft schließen läßt. Auf dem Gedanken des Hervortretens als offene Gesellschaft beruhen auch die Vorschriften des § 123, nach denen die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft nach außen eintritt, entweder durch die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister o d e r durch den etwa schon vorher erfolgten Beginn der Geschäfte der Gesellschaft. Die Erklärung haften zu wollen kann auch erfolgen durch öffentliche Bekanntmachung der angeblichen Gesellschafter in Zeitungen, daß sie gemeinsam ein Handelsgeschäft eröffnet haben, namentlich wenn sie dabei in handelsüblicher Weise eine Firma gebrauchen. Ebenso kann die Erklärung an die Allgemeinheit durch R u n d s c h r e i b e n erfolgen, oder durch Anpreisung von Waren unter einer Gesellschaftsfirma in den Zeitungen, oder durch Eröffnung eines Geschäftslokals, insbesondere eines Verkaufsladens mit entsprechender Aufschrift, durch den Gebrauch von Geschäftspapieren mit auf einen gemeinsamen Handelsbetrieb hindeutender Firma. Die Erklärung kann auch gegenüber einem Einzelnen geschehen, indem mit ihm in einer Weise verhandelt wird, die auf das Bestehen einer Handelsgesellschaft hinweist. Erfolgt ein solches Auftreten, das nur erklärlich ist, wenn eine Handelsgesellschaft besteht oder jemand Mitglied einer solchen Gesellschaft ist, so liegt darin auch regelmäßig die Erklärung derjenigen, die gehandelt haben, oder mit deren Willen andere als Geschäftsführer gehandelt haben, daß sie als Gesellschafter haften wollen, auch wenn die an sich bestehende Gesellschaft keine Handelsgesellschaft, sondern eine solche anderer Art, oder ein Verein ist, oder wenn die Erklärenden nicht Mitglieder der Gesellschaft sind, als deren Mitglieder sie in die Erscheinung getreten sind, oder wenn ihre Beteiligung von anderer Art ist, als nach ihrer Erklärung anzunehmen ist, z. B . die eines stillen statt eines offenen Gesellschafters. Dem Einwand, der Erklärende wolle die Haftung nur für den Fall übernehmen, daß wirklich eine Gesellschaft bestehe und der Einzelne deren Mitglied sei, oder daß die Gesellschaft eine Handelsgesellschaft, und nicht eine Gesellschaft von Kleingewerbetreibenden sei, ist entgegenzuhalten, daß nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Erklärende sich gefallen lassen muß, daß seine Erklärung so aufgefaßt wird, wie sie im V e r k e h r verstanden wird. Die Anmeldung einer offenen Handelsgesellschaft oder ihr gleichkommende allgemeine Kundgebungen oder auch entsprechende Erklärungen gegenüber Einzelnen, nach denen jemand als Gesellschafter eines Handelsunternehmens auftritt, kann von jedem, dem nicht ein anderer Sachverhalt bekannt ist, nur dahin verstanden werden, daß der Erklärende in offener Handelsgesellschaft (oder Kommanditgesellschaft) ein Handelsgeschäft betreibe und sich damit den Folgen eines solchen Betriebs, vor allem hinsichtlich der Haftung für die im Betriebe entstehenden Verbindlichkeiten unterwerfe. Dem Verkehr liegt es fern, eine solche Erklärung nur mit dem Vorbehalt zu verstehen, daß wirklich eine solche Gesellschaft bestehe oder der Erklärende

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§ 105 Anm. 7 ihr als Gesellschafter angehöre. Auf Grund dieser Erwägungen hat das Reichsgericht auch für das Recht der Personengesellschaften, vgl. RG. 51, 53; 76, 439; 89, 97; 93, 227; 124, 288; 125, 228; 142, 98; 164, 115; 165, 193, die sich aus dem Verkehrsbedürfnis ergebenden Folgerungen gezogen. Es läßt die Erklärenden für die Verbindlichkeiten der angeblichen Handelsgesellschaft haften, wie wenn eine solche Gesellschaft zustande gekommen wäre, wenn im übrigen die Voraussetzungen des § 123 gegeben sind, also Tatsachen vorliegen, aus denen der Verkehr auf das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft im Verhältnis nach außen schließen muß, wenn also der B e t r e f f e n d e e n t w e d e r eine ö f f e n t l i c h e E r k l ä r u n g in h a n d e l s ü b l i c h e r Weise abgegeben hat, an der ihn der mit der angeblichen Gesellschaft im Rechtsverkehr Getretene festhalten kann, oder wenn er allgemein oder dem einzelnen Gläubiger gegenüber in einer Weise als Gesellschafter aufgetreten ist, oder andere so für sich handeln ließ, daß bei Berufung auf das Nichtbestehen einer Handelsgesellschaft oder Mitgliedschaft die Einrede der Arglist begründet wäre. In neueren Entscheidungen begründet das Reichsgericht die Bindung an die einmal abgegebene Erklärung auch mit dem im bürgerlichen, wie im Handelsrecht vielfach (vgl. §§ 171, 409, 576, 892, 893, 932, 1032, 1207 BGB.; §§ 5, 366 HGB.; § 218 AktG.; § 77 GmbHG.; § 97 GenG.) ausdrücklich festgelegten Rechtsgedanken, d a ß der Rechtsschein ü b e r a l l d a , wo er im R e c h t s v e r k e h r n a c h a u ß e n u n d in einer Weise u n d m i t dem A n s p r u c h , d a ß D r i t t e d a r a u f v e r t r a u e n sollen, h e r v o r t r i t t , r e c h t l i c h d i e s e l b e n W i r k u n g e n a u s l ö s t , wie die R e c h t s w i r k l i c h k e i t . RG. 145, 158; 149, 25. (Für die Begründung mit der Rechtsscheinwirkung auch Larenz, Anm. zu RG. in JW. 1934, 214", der ebenso wie Wieland I 236, die Begründung mit der an die Öffentlichkeit gerichteten Haftungserklärung ablehnt. Dagegen beruht die Lehre von J . v. Gierke in Handels- und Schiffahrtsrecht von dem sogenannten gesteigerten Offenkundigkeitsprinzip, wonach die Gläubiger sich auf die auf Veranlassung oder Duldung eines Beteiligten erfolgte Veröffentlichung des Bestehens einer Handelsgesellschaft verlassen dürfen, auf der Annahme einer Haftungserklärung; vgl. auch RG. 65, 413; 89, 163; das in der letztgenannten der zu weit gehenden Ausdehnung des Grundsatzes entgegentritt; vgl. auch § 5 Anm. 7 mit weiteren Nachweisen. Auch bei Anwendung der Rechtsfigur des Rechtsscheins wird mit Recht vom Reichsgericht betont, daß der Rechtsschein nicht ein selbständiger Verpflichtungsgrund sei, sondern daß der Dritten gewährte Vertrauensschutz in einer von den angeblichen Gesellschaftern abgegebenen, sie b i n d e n d e n Erklärung, haften zu wollen, wurzele. Da nur derjenige geschützt werden soll, der im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung sich auf ein Rechtsgeschäft eingelassen hat, haftet jemand, der nur für den Einzelfall eine Erklärung abgegeben hat, z. B. bei den Vertragsverhandlungen mit einem Dritten als offener statt als stiller Gesellschafter aufgetreten ist, zwar für die seiner Erklärung nachfolgenden Geschäfte mit dem e i n z e l n e n D r i t t e n , nicht aber für Ansprüche irgendwelcher Dritten, für die die Erklärung nicht bestimmt war; RG. in JW. 1933, 2617; RG. 142, 98; RG. II 110, 33 vom 13. Oktober 1933 in JW. 1934, 214" mit Anm. Liegt eine öffentliche Kundgebung vor, so braucht sich der Dritte nicht darauf zu berufen, daß er im Vertrauen auf die Richtigkeit der allgemeinen Kundgebung in den Rechtsverkehr mit der angeblichen Gesellschaft getreten sei, daß ihm insbesondere diese Kundgebung bekannt gewesen sei. Will man nicht so weit gehen, so ist jedenfalls zu vermuten, daß der Dritte im Vertrauen auf die Bekanntmachung gehandelt hat. Wer den wahren Sachverhalt gekannt hat, kann nicht den Vertrauensschutz für das Vertrauen auf das Gegenteil in Anspruch nehmen. Da der hervorgerufene Rechtsschein dieselben Folgen wie die Rechtswiiklichkeit nur hat, weil er durch das Verhalten des als Gesellschafter in Anspruch genommenen entstanden ist, treten die Folgen nicht ein, wenn der R e c h t s s c h e i n ohne Z u t u n des s c h e i n b a r e n G e s e l l s c h a f t e r s , e t w a d u r c h A n m e l d u n g zum H a n d e l s r e g i s t e r d u r c h einen U n b e f u g t e n entstanden ist, und der zu Unrecht als Gesellschafter Angemeldete die Eintragung weder gekannt noch geduldet hat, noch in anderer Weise durch sein Verhalten den Irrtum zugelassen hat, etwa durch Duldung einer unrichtigen Kundgebung. Anm. 79. Soweit die Voraussetzungen des § 15 gegeben sind, kann sich auch aus dieser Vorschrift der Rechtsschutz des gutgläubigen Dritten ergeben, so wenn die Auf

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§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm.80, 81 gäbe des wirklichen oder des Scheingewerbes nicht durch Löschung der Firma und Bekanntmachung offenkundig gemacht ist; R G . 65, 412; J . v. Gierke, HR. §13 II 5 a . A n m . 8 0 . Die Auswirkungen der Hoftungserklärung oder des Rechtsscheins Im einzelnen. Da die Wirkungen auf einem verantwortlichen Verhalten des Einzelnen beruhen, treten sie zunächst nur ein in dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und denen, mit deren Zustimmung er gehandelt hat und Dritten, die mit der Gesellschaft als einer bestehenden Handelsgesellschaft in den Rechtsverkehr getreten sind. Gleichgültig ist dabei die Art des Rechtsverkehrs; insbesondere ist nicht erforderlich, daß er in einem Rechtsgeschäft besteht. Auch soweit Ansprüche des Dritten gegen die angebliche Gesellschaft auf einer u n e r l a u b t e n H a n d l u n g ihrer angeblichen Organe beruhen, für die die Gesellschaft haftet, treten die Wirkungen des Rechtsscheins ein. Das gleiche gilt von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung, soweit sich nicht aus der Natur dieses Anspruchs, etwa daraus, daß er an den Besitz einer Sache geknüpft ist, etwas anderes ergibt. Wird die Herausgabe einer Sache verlangt, so kann sie nur von dem begehrt werden, der im Besitz der Sache ist. Ist aber der Anspruch in einen Geldanspruch übergegangen, etwa auf Grund Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung, §§ 946ff. B G B . , so haftet für diesen Anspruch jeder einzelne Scheingesellschafter. Das gleiche gilt, wenn im Falle der ungerechtfertigten Bereicherung der Wert zu ersetzen ist, § 818 Abs. 2, oder infolge Rechtshängigkeit des Anspruchs weitere Ansprüche entstehen, § 818 Abs. 3 B G B . Auf Grund seiner Haftung hat der Scheingesellschafter jeden Anspruch zu erfüllen, der gegen die Gesellschaft bestehen würde, wenn diese als Handelsgesellschaft entstanden wäre. E r hat ihn auch so zu erfüllen, wie ihn die Gesellschaft erfüllen müßte. Da Rechtsgeschäfte mit einer Handelsgesellschaft stets Handelsgeschäfte sind, wenn die Voraussetzungen des § 343 HGB. vorliegen, so bestimmen sich die Ansprüche des Dritten aus einem Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft nach den für Handelsgeschäfte, und wenn auch der Dritte Kaufmann ist, nach den für beiderseitige Handelsgeschäfte geltenden Vorschriften, vgl. §§ 343ff. (Selbstverständlich muß auch der Dritte gegen sich gelten lassen, daß ein Handelsgeschäft oder ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt.) Ein Anspruch gegen die Gesellschaft und damit gegen den als Gesellschafter Haftenden unterliegt daher in den Fällen des § 196 Abs. 2 B G B . der vierjährigen Verjährung. Für die Verzinsungspflicht gelten die §§ 352, 353 HGB. Hat der Handelnde für die Gesellschaft eine Bürgschaft übernommen, so besteht nicht die Einrede der Vorausklage, § 349 HGB. Auf die Bürgschaft, ein Schuldanerkenntnis oder ein Schuldversprechen finden die Formvorschriften des § 766 Satz 1, § 780, § 781 Satz 1 B G B . k e i n e Anwendung, §350 HGB. Auch die Vorschriften über die Zeit der Leistung, §§ 358, 359, über den Inhalt der Gattungsschuld, § 360, Maß und Gewicht usw., § 361, über Schweigen des Kaufmanns auf Anträge usw., §§ 362ff., über den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten und über das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht, §§ 369ff., über den Handelskauf, §§ 373ff., insbesondere über die Mängelrüge, § 377, finden Anwendung. Hat der Gesellschafter danach so zu leisten, wie die Gesellschaft selbst leisten müßte, so stehen ihm auch die Einreden zu, die die Gesellschaft erheben könnte, § 129 Abs. 1. E r kann die Leistung verweigern, solange die Gesellschaft im Falle ihres Bestehens das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anfechten könnte, § 129 Abs. 2, oder solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befreien könnte, §129 Abs. 3. Anm. 81. D i e B e e n d i g u n g der in V o l l z u g g e s e t z t e n G e s e l l s c h a f t bei Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrages. Da die Gesellschaft trotz der genannten Mängel der Gründung besteht, und zwar als offene Handelsgesellschaft, kann sie ihr Ende nur nach den Regeln über die offene Handelsgesellschaft finden. Die Auflösung der Gesellschaft tritt somit nicht durch die Erklärung der Anfechtung oder die Feststellung der Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages ein, sondern nur durch Eintritt der im Gesetz, § 131ff. HGB., oder im Gesellschaftsvertrag bestimmten Auflösungstatsachen, also z. B. durch Ablauf der vertragsmäßigen Zeit, Tod eines Gesellschafters, Konkurseröffnung über sein Vermögen oder über das Gesellschaftsvermögen, Kündigung durch einen Gesellschafter oder einen Privatgläubiger eines Gesellschafters. Auch die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde folgt den Regeln der §§ 133ff., erfolgt

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§ 105 Anm. 82 also regelmäßig nur durch r i c h t e r l i c h e s Urteil. Die Erklärung, den Gesellschaftsvertrag anzufechten, hat also keine die Gesellschaft rückwirkend vernichtende Wirkung und kann sie auch nicht für die Zukunft zur Auflösung bringen. Im Einzelfall kann die „Anfechtung" als Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses für die Zukunft mit der gesetzlichen oder der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Kündigungsfrist umgedeutet werden, wenn es dem Erklärenden tatsächlich nur auf die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses für die Zukunft und nach Ablauf der Kündigungsfrist ankommt und dies auch dem Empfänger der Erklärung erkennbar ist (Frage der Auslegung der Anfechtungserklärungen und der sich daran anschließenden Verhandlungen der Beteiligten). Die Tatsache, die bei einem Rechtsverhältnisse anderer Art die Nichtigkeit des Rechtsverhältnisses zur Folge haben würde, z. B. ein Vorstoß gegen § 138 BGB. oder eine arglistige Täuschung beim Vertragsschluß und eine darauf gestützte Anfechtung k a n n einen wichtigen Grund für eine Auflösungsklage nach § 133 oder eine Ausschließungsklage nach § 140 oder eine Übernahmeklage nach § 142 HGB. bilden. Nach den allgemeinen Regeln der §§ 133ff. ist unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, ob im Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g in der T a t s a c h e n i n s t a n z vor der r i c h t e r l i c h e n E n t s c h e i d u n g ein wichtiger Grund vorliegt; vgl. RG. 165, 193. Trotz Vorliegen einer bestimmten Tatsache kann danach die Auflösungsklage abgewiesen werden, wenn etwa der Gesellschafter, der die arglistige Täuschung begangen hat, im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr Gesellschafter war. Für die Verneinung des wichtigen Grundes kann im Einzelfall auch bestimmend sein, daß die geltend gemachte Tatsache weit zurückliegt oder daß das Unternehmen sich günstig entwickelt hat. Wenn die Gesellschaft trotz des Gründungsmangels besteht und nu r durch Auflösung ihr Ende erreicht, muß sich an die Auflösung die Abwicklung oder die etwa vereinbarte andere Art der Auseinandersetzung, und zwar nach den Verfahrens- und den sachlich-rechtlichen Vorschriften des HGB. §§ 145ff. und nach den besonderen Bestimmungen des Gesellschafts Vertrages, anschließen; vgl. RG. 165, 193; ebenso Geiler bei DürHach. II, 1, Allgem. Einl. 80, 82b; J. v. Gierke, HR. (5) II § 44 S. 66. Die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages gelten dabei nur, wenn sich nicht aus der Auslegung des Vertrages ergibt, daß ihre Anwendung durch die Tatsachen, die die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Vertrages begründen würden, nicht ausgeschlossen ist. Der Gesellschafter, der etwa die anderen über seine Leistungsfähigkeit getäuscht hat, könnte z. B. nicht die Beteiligung am Gewinn oder am Auseinandersetzungserlös verlangen, die ihm unter der Voraussetzung der Leistung der zugesagten Einlage im Gesellschaf tsvertrag eingeräumt worden war, sondern müßte sich eine der Billigkeit entsprechende Minderung gefallen lassen; § 242 BGB. Er kann namentlich auch nicht eine bevorzugte Stellung bei der Abwicklung in Anspruch nehmen, die ihm bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht eingeräumt worden ist. Das gleiche gilt auch von einem ihm eingeräumten Übernahmerecht. Unberührt durch die Unzulässigkeit der Geltendmachung der Nichtigkeit der Gesellschaft bleiben aus den zugrunde liegenden Tatsachen sich ergebende andere Ansprüche, z. B. der Gesellschaft auf E r f ü l l u n g der B e i t r a g s p f l i c h t , auf Schad e n s e r s a t z wegen N i c h t e r f ü l l u n g , der Mitgesellschafter, wegen V e r s c h u l d e n s beim V e r t r a g s s c h l u ß oder aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g . Soweit kein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist oder der einzelne, etwa wegen Geschäftsunfähigkeit oder wegen beschränkter Geschäftsfähigkeit nicht verpflichtet ist, erfolgt die Auseinandersetzung unter den Beteiligten nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über die Gemeinschaft oder über die ungerechtfertigte Bereicherung, §§741 ff., 812ff. BGB. IX. Der Geaellschaftsvertrag als Handelsgeschäft Anm. 82. Der Gesellschaftsvertrag ist nur dann ein Handelsgesellschaft im Sinne des § 343, wenn im Zeitpunkt seines Abschlusses mindestens einer der Vertragschließenden bereits Kaufmann war. Wenn man auch Vorbereitungsgeschäfte, wie Ankauf der gewerbsmäßig weiter zu veräußernden Waren als Handelsgeschäft ansieht, weil mit ihnen 57

§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 88 bereits der Gewerbebetrieb beginne, so kann man dies doch nicht von einer Handlung sagen, durch die die Gesellschaft, die das Handelsgewerbe unter ihren Namen betreibt, frühestens ins Leben gerufen wird, falls sie nicht, gar erst mit der Eintragung entsteht. Handelsgeschäfte der Gesellschaft können nur solche Geschäfte sein, die sie nach ihrer Entstehung und unter ihrer Firma, die auch erst mit der Entstehung der Gesellschaft beginnt, vornimmt. Der Abschluß des Gesellschaftsvertrags ist nur dem Entschluß einer Einzelperson, ein Handelsgewerbe zu betreiben, gleichzustellen. Erst mit der Betätigung dieses Entschlusses durch Vornahme des ersten Vorbereitungsgeschäfts wird das erste Handelsgeschäft abgeschlossen; vgl. die Erl. zu § 343; ebenso Ehrenbergs Handbuch II 1, 144; DürHach. Anm. 13; a. M. JW. 86, 75; Hueck S. 17 Anm. 9; ferner Ritter § 343 Anm. 6b, der den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages durch zwei Nichtkaufleute dann als Handelsgeschäft ansieht, wenn dem Abschluß auch der Beginn der Gesellschaft folgt, also nicht, wenn die Vertragschließenden vor dem als Beginn vorgesehenen Zeitpunkt den Gesellschaftsvertrag durch Gegenvertrag aufgehoben haben. Ist der Vertragsschluß ein Handelsgeschäft, so finden für die sich aus dem Abschluß ergebenden gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragschließenden die Vorschriften über Handelsgeschäfte auch für die Vertragschließenden Anwendung, die im Zeitpunkt des Abschlusses noch nicht Kaufleute waren, soweit sich nicht aus diesen Vorschriften ein anderes ergibt; §§ 345, 346ff. X. Der Gesellschafteveitrag als gegenseitiger Vertrag Anm. 88. Bestritten ist, ob der Gesellschaftsvertrag ein g e g e n s e i t i g e r Vertrag im Sinne der §§ 320ff. BGB. oder anderer Vorschriften, z. B. der §§ 4 und 28 der alten, §§ 36, 50 der neuen Vergleichsordnung oder ein „ z w e i s e i t i g e r " Vertrag im Sinne der §§ 17ff. KonkO. ist. Von der Rechtsprechung ünd Rechtslehre wird die Frage überwiegend bejaht; vgl. RG. 76, 279; 78, 305; 81, 303; 89, 334 u. 398; 112, 283; 145, 274; in JW. 1935, 1835' mit Anm.; in HRR. 1934 Nr. 6; in JW. 1938, 527» mit Anm.; bei Warn. 1917 Nr. 289; RAG. 14,183 u. a.; Oertmann § 705 BGB. Anm. 4; Schlegelberger § 105 Anm. 48; Planck, Vorbem. IV vor § 705; Heck, Grundriß des Schuldrechts S. 376; Schwarz Anm. 14; Geiler bei DürHach. II 1 S. 54ff.; a. M. Wieland I 464; MüllerErzbach S. 174ff.; Würdinger, Gesellschaften S. 42; J. v. Gierke (5) § 44 I 4; Brodmann in EhrenbergHandb. IV 2, 307; Staudinger-Zeiler § 705 Anm. 2; Palandt § 705 Anm. 3c; vgl. zu der Frage auch Hueck S. 31 f. Mit der ständigen Rechtsprechung ist die Frage grundsätzlich zu bejahen. Die dagegen erhobenen Einwendungen sind unbegründet. Dies gilt zunächst von der Erwägung von Müller-Erzbach a. a. O.: Beim Gesellschaftsvertrag wolle nicht, wie bei den (anerkannten) gegenseitigen Verträgen jeder Vertragsbeteiligte einen Wertausgleich für seine eigene Leistung in der Leistung des anderen erhalten; er opfere ja nicht wie beim Kauf oder der Miete den von ihm geleisteten Wert auf, sondern mache ihn nur den gemeinsamen Interessen dienstbar; daher brauchten die Beiträge der Gesellschafter nicht wertgleich zu sein; ebensowenig könne ein Gesellschafter seine Leistung davon abhängig machen, daß gleichzeitig auch der andere leiste wie beim Kauf und anderen gegenseitigen Verhältnissen, bei denen jeder Teil ein berechtigtes Interesse daran habe, nicht dem anderen Teile unnötig Kredit gewähren zu müssen. Dabei wird nicht beachtet, daß durch die Leistung an die Gesamthand jeder Gesellschafter immerhin die freie Verfügung über das Geleistete aufgibt, und daß auch die Leistung der anderen Gesellschafter nicht weiter geht. Es wild auch die weitgehende Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens nicht genügend gewürdigt. Ein Vertrag verliert dadurch den Charakter der Gegenseitigkeit nicht, daß die beiderseitigen Leistungen an einen Dritten bewirkt werden, noch weniger, wenn sie an ein gemeinschaftliches Sondervermögen geleistet werden; jeder findet seinen Ausgleich darin, daß der andere ebenfalls an dieses Sondervermögen leistet, an dem er selbst teilnimmt. Es gehört auch nicht zum Wesen des gegenseitigen Vertrags, daß die beiderseitigen Leistungen objektiv, dem Werte nach, einander entsprechen. Maßgebend ist der Wille der Parteien, eine bestimmte Leistung zu übernehmen, weil jeder Teil die von dem anderen Teil zu machende Leistung als einen für ihn, also subjektiv, gleichwertigen Ausgleich für die von ihm zu bewirkende Leistung

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§ 105 Anm. 88 ansieht, weil ihm die Leistung des Vertragsgenossen die eigene Leistung wert erscheint. Allerdings wird die objektive Gleichwertigkeit regelmäßig das sicherste Zeichen sein für den Willen der Parteien, bestimmte Leistungen gegeneinander auszutauschen; vgl. R G . 81, 365; 107, 128. Die Gegenseitigkeit der Leistungen besteht darin, daß jeder durch diese den Gesellschaftszweck fördert; R G . 76, 279; 78, 303. Die V o r s c h r i f t e n ü b e r g e g e n s e i t i g e V e r t r ä g e k ö n n e n a b e r a u f den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g n u r s i n n g e m ä ß a n g e w e n d e t w e r d e n , also nur soweit sie mit dem Wesen der Gesellschaft vereinbar sind; R G . - J W . 1911, 808; R G . 78, 303; 145, 274 (283) - J W . 1935, 3 5 ' mit Anm.; in H R R . 1934 Nr. 6; in J W . 1938, 527; RAG. 14, 183; Ritter Anm. 2a. Zunächst ist jede einzelne Vorschrift über gegenseitige Verträge darauf zu prüfen, ob sie auf die offene Handelsgesellschaft im Hinblick auf ihren Zweck und ihre Organisation als Gesamthandgemeinschaft paßt. Bei der offenen Handelsgesellschaft steht im Vordergrund der g e m e i n s a m e Zweck, der Betrieb eines Handelsgewerbes im Interesse der Gesamtheit der Gesellschafter. Die Belange des einzelnen treten dagegen zurück. Der einzelne Gesellschafter kann deshalb nicht verlangen, daß in erster Linie seine persönlichen Interessen gewahrt werden, daß er durch die Zugehörigkeit zur Gesellschaft keinen Schaden erleidet. Wer eine Gesellschaft eingeht, muß mit einem größeren Wagnis rechnen, als der, der nur ein einzelnes Geschäft mit einem Dritten, z. B . ein Kaufgeschäft, macht. Dies ergibt schon die längere Dauer des Rechtsverhältnisses und die Abhängigkeit von der Persönlichkeit der Mitgesellschafter, die das Gesetz auch in der Beschränkung der Haftung der Gesellschafter auf die in eigenen Angelegenheiten geübte Sorgfalt, §708 BGB.zum Ausdruck bringt. Zu einer besonderen Beurteilung nötigt auch der Charakter der offenen Handelsgesellschaft als eines Handelsunternehmens, das in die Öffentlichkeit tritt, und zur Erfüllung seiner Aufgabe regelmäßig auch eines Vermögens bedarf, das durch die Gesellschafter aufzubringen ist, und das im Interesse des Gesellschaftszweckes gesamthänderisch gebunden ist. Die Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter besteht deshalb in e r s t e r L i n i e gegenüber der Gesellschaft. Diese hat den Anspruch auf die Leistungen, nicht der einzelne Gesellschafter, wenn dieser auch Erfüllung des Gesellschaftsvertrages verlangen kann. Daraus ergibt sich für die Regel die Unanwendbarkeit der Vorschriften über das L e i s t u n g s v e r w e i g e r u n g s r e c h t wegen N i c h t e r f ü l l u n g des V e r t r a g s durch einen Vertragsgenossen, § 320 B G B . Ein Gesellschafter kann dehalb nicht die Leistung seines fälligen Beitrags, oder die Mitwirkung bei der Abstimmung oder bei der Feststellung der Jahresbilanz oder bei der Auseinandersetzung deshalb verweigern, weil ein anderer Gesellschafter eine ihm obliegende Verpflichtung gleicher Art nicht erfüllt hat; R G . in SeuffA. 38 Nr. 34; ROHG. in SeuffA. 29 Nr. 235; 36 Nr. 34; RGRKomm. § 705 B G B . Anm. 4. Dem einzelnen Gesellschafter kann auch die Beteiligung an der Abstimmung oder am Gewinn oder die Büchereinsicht nicht verweigert werden, weil er eine ihm obliegende Verpflichtung, z. B . die Beitragspflicht, nicht erfüllt hat. Der einzelne Gesellschafter kann auch die Erfüllung einer Verpflichtung nicht deshalb verweigern, weil ihm ein nach seiner Meinung zukommender Gewinnanteil nicht ausbezahlt worden ist; R G . 26, 256; in JW.1911,808 1 1 . Die Ansicht, daß die E i n r e d e des n i c h t e r f ü l l t e n V e r t r a g e s , schon dann gegeben ist, wenn auch nur einer der anderen Gesellschafter noch nicht erfüllt hat, Schlegelberger Anm. 51, würde zu dem Ergebnis führen, daß jeder einzelne Gesellschafter es in der Hand hätte, die Erfüllung des Vertrags unmöglich zu machen und auch die schon nach außen in den Rechtsverkehr getretene Gesellschaft lahm zu legen. Deshalb muß die Einrede jedenfalls dann versagen, wenn die G e s e l l s c h a f t einen Anspruch auf Leistung eines Beitrags geltend macht. Nur wenn die Gesellschaft einseitig von einem Gesellschafter die Leistung verlangt., von einem anderen aber nicht, könnte ihr mit dem Einwände begegnet werden, daß ihr Verlangen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verstoße. Sie könnte den Einwand dadurch ausschließen, daß sie auch die anderen verklagt. Der einzelne Gesellschafter kann aber nicht verlangen, daß er nur Zug um Zug gegen Leistung des anderen verurteilt wird. Ein solches Urteil würde die gleichzeitige Vollstreckung gegen alle Verurteilte erfordern, was praktisch kaum durchführbar ist. Auch wenn ein Gesellschafter (mit der actio pro socio, vgl. § 124) einen anderen Gesellschafter auf Leistung seiner Einlage an die Gesellschaft verklagt, kann ihm nicht entgegengehalten werden, daß ein dritter Gesellschafter

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§105

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Anin. 88

nicht erfüllt habe. Denn er macht nur das Recht der Gesamtheit geltend. Dagegen könnte ihm nach Lage des Einzelfalles die Einrede der Arglist entgegenstehen, wenn er selbst vertragsuntreu wäre und nicht geleistet hätte; RGRKomm. § 705 BGB. Anm. 4; Planck, Vorbem. IV vor § 705 BGB. Oft wird er aber auch dann noch, wenn auch in geringerem Maße am Gewinn zu beteiligen sein, schon weil er als Gesellschafter persönlich haftet oder weil er ihr als Geschäftsführer Dienste leistet. Der Beklagte könnte dann aber nur Zug um Zug gegen Leistung des Klägers an die Gesellschaft verurteilt werden. § 322 BGB.; vgl. Hueck S. 33. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages könnte aber begründet sein, wenn die Gesellschaft nur aus 2 Personen besteht; Hueck 8. 33; Würdinger S. 42; auch hier wäre nur Zug um Zug gegen die Leistung des anderen Gesellschafters zu verurteilen. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis im Sinne dieser Vorschriften besteht nicht mehr, wenn nur noch eine einzige Verpflichtung übrig geblieben, im übrigen aber das Gegenseitigkeitsverhältnis vollkommen abgewickelt ist, z. B. wenn eine Gesellschaft schon vor 20 Jahren aufgelöst und vollbeendet ist, und es sich nur noch um die Erfüllung eines einseitigen Anspruchs aus der Auseinandersetzung, wie die Leistung der Abfindungssumme, oder eines sonstigen Entgeltes für die Überlassung des Gesellschaftsvermögens an die anderen Gesellschafter handelt. RG. in JW. 1938, 527 mit Anm. Anwendbar sind die Vorschriften über die V o r l e i s t u n g , §321 BGB. Hat ein Gesellschafter v o r z u l e i s t e n , so kann er die V o r l e i s t u n g nach §321 BGB. verweigern, wenn nach Vertragsschluß in den Verhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird. Beim Vorhandensein von mehr als zwei Gesellschaftern müssen sich die Vermögensverhältnisse der anderen im ganzen wesentlich verschlechtert haben, so daß dadurch die Erreichung des Gesellschaftszweckes gefährdet ist; das Leistungsverweigerungsrecht besteht also nicht, wenn nur einer von mehreren Gesellschaftern, dessen rückständige Leistung im Verhältnis zum ganzen nicht wesentlich ist, zahlungsunfähig geworden ist: RGRKomm. § 705 BGB. Anm. 4. Es kann dann auf Ausschließung des nicht zahlungsfähigen Gesellschafters geklagt werden; Hueck S. 34; für eine Auflösungsklage wird der Mangel oft nicht wichtig genug sein. Die Vorschriften der §§ 323 bis 325 BGB. (letztere mit Ausnahme der Vorschrift über das Rücktrittsrecht; wegen dieses vgl. unten Anm. 83) finden auch auf die Personengesellschaft des Handelsrechts s i n n g e m ä ß Anwendung; RG. 78, 303; 81, 333; 89, 334, 398; 112, 283; Ritter Anm. 2 a. Der Gesellschafter, der durch eine von keiner Seite verschuldete Unmöglichkeit seiner Leistung von der Leistungspflicht befreit ist, kann nicht Teilnahme am Gewinn verlangen, der nur durch die Leistungen der anderen erzielt ist. Im Einzelfall kann sich durch Vertragsauslegung ergeben, daß bei Unmöglichkeit einer Sachleistung eine entsprechende Geldleistung treten soll; Hueck S. 34. Bei teilweiser Unmöglichkeit muß er sich ebenfalls eine entsprechende Minderung seiner Ansprüche gefallen lassen; § 323 BGB. Der Ausfall der Leistung k a n n für beide Teile ein wichtiger Grund zur Auflösung der Gesellschaft sein. Ist die Leistung des einen durch die Schuld eines anderen Gesellschafters unmöglich geworden, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung; § 324 BGB. Er kann auch Schadensersatz von dem Schuldigen verlangen, z. B. in der Weise, daß der andere die Leistung für ihn bewirkt; § 323. Hat der zur Leistung Verpflichtete die Unmöglichkeit selbst verschuldet, so ist er nach § 325 zum Schadensersatz in Geld verpflichtet. Der Anspruch steht der Gesellschaft zu, da ihr auch der Anspruch auf die Leistung zukam. Es kann aber auch ein Anspruch einzelner Gesellschafter bestehen, wenn sie durch die von dem anderen verschuldete Unmöglichkeit der Leistung (oder auch durch schuldhafte Nichterfüllung der Leistungspflicht überhaupt) persönlich Schaden erlitten haben; RGRKomm. § 705 BGB. Anm. 4. Die sinngemäße Anwendung der §§ 323—325 ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Gesellschaft schon nach außen hervorgetreten ist; a. M. Schlegelberger Anm. 52. Die. Unmöglichkeit der Leistung eines einzelnen braucht die Erreichung des Gesellschaftszweckes nicht unmöglich zu machen. Sie kann aber, auch wenn sie diese Folge nicht hat, doch einen wichtigen Grund zur Auflösung der Gesellschaft oder zur Ausschließung eines Gesellschafters aus ihr oder zur Geltendmachung eines Übernahmerechts bilden, §§ 133ff., § 142.

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§ 105 Anm. 84, 65 Anm. 84. Die A u s ü b u n g des g e s e t z l i c h e n R ü c k t r i t t s r e c h t s nach den §§ 325, 326 BGB. ist zulässig im Gründungszustand, also vor Invollzugsetzung des Vertrages; auch wegen Verzugs, zu vertretender Unmöglichkeit der Leistung. Der Rücktritt muß allen Gesellschaftern erklärt werden. Kann die Gesellschaft nach dem Vertrag bei Wegfall eines Gesellschafters von den übrigen fortgesetzt werden, so müssen alle andern dem Auszuscheidenden den Rücktritt vom Vertrage ihm gegenüber erklären und dann den Gesellschaflsvertrag in Vollzug setzen; Hueck S. 32; Die Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts ist nicht mehr zulässig, nachdem die Gesellschaft nach außen in den Rechtsverkehr getreten ist. Der §723 BGB., der die Kündigung der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft aus wichtigem Grunde regelt, und die bei den handelsrechtlichen Personengesellschaften an ihre Stelle tretenden Vorschriften der §§ 133ff. HGB. über die Auflösung der Gesellschaft oder die Ausschließung eines Gesellschaftersund das Ubernahmerecht nach § 142 HGB. enthalen die den besonderen Verhältnissen der handelsrechtlichen Personengesellschaft angepaßten Sondergesetze, denen nach dem Beginne der gesellschaftlichen Tätigkeit die Vorschriften des BGB. über den Rücktritt vom Vertrage zu weichen haben. Insbesondere nach längerem Bestehen der Gesellschaft und ihres Betriebes könnte die Zulassung des Rücktrittsrechts und die dann notwendige Anwendung der §§ 346ff. BGB. nicht nur unter den Gesellschaftern leicht Unklarheiten und Verwickelungen ergeben; auch Dritte, die im Vertrauen auf das Bestehen der Gesellschaft mit ihr in den Rechtsverkehr getreten sind, könnten in Mitleidenschaft gezogen werden. Aus diesen Erwägungen hat auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts nach Eintritt der Gesellschaft in den Rechtsverkehr die Zulässigkeit des Rücktritts vom Gesellschaftsvertrage mit ihren die Gesellschaft auch für die Vergangenheit auslöschen den Folgen verneint und nur die für die Zukunft wirkende Auflösung zugelassen; RG. 81, 303; 89, 333 = JW. 1917, 360, 9 mit Anm.; 112, 280 = JW. 1926, 699* mit Anm.; RG. 165, 193 für den R ü c k t r i t t wegen W e g f a l l s der G e s c h ä f t s g r u n d l a g e ; vgl. auch oben Anm. 73; ebenso Schlegel berger Anm. 52, 53; Hueck S. 52. Auch der Rücktritt von Vereinbarungen, durch die der Gesellschaftsvertrag geändert wird, z. B. ein Gesellschafteraustritt, ist in dieser Weise beschränkt; maßgebender Zeitpunkt ist dann die Vollzugsetzung der Vertragsänderung; RG. in JW. 1929, 214710 mit Anm. Der R ü c k t r i t t von einem V e r g l e i c h , durch den ein Gesellschaftsverhältnis für die Zukunft aufgehoben worden ist, ist zulässig, die Erwägungen, die den Rücktritt von einem bereits ausgeführten Gesellschaftsvertrag ausschließen, treffen hier nicht zu; RG. in J,W. 1936, 1953"; denn ein Vergleich dieses Inhalts ist seinem Wesen nach eine Auflösung der bestehenden Gesellschaft und folgt deren gesellschaftsrechtlichen Regeln. Keine Bedenken bestehen, den Gesellschaftsvertrag als g e g e n s e i t i g e n V e r t r a g im Sinne der erwähnten Vorschriften der Vergleichs- u n d K o n k u r s o r d n u n g anzusehen und deshalb dem Vergleichsschuldner oder dem Konkursverwalter mit Ermächtigung des Vergleichs- oder Konkursgerichts die Ablehnung der weiteren Erfüllung eines Gesellschaftsvertrages zu ermöglichen. Der Zweck der genannten Vorschriften, dem Vergleichs- oder Gemeinschuldner im Interesse der Wiederherstellung seiner wirtschaftlichen Existenz den Abschluß eines Vergleichs mit seinen Gläubigern zu ermöglichen und ihn zu diesem Zwecke von der Verpflichtung zur weiteren Erfüllung von gegenseitigen Verträgen zu befreien, trifft sogar in besonderem Maße bei Gesellschaftsverträgen zu, da sie regelmäßig Verpflichtungen von längerer Dauer begründen. Das Wesen der Gesellschaft, bei der sogar eine völlige Lösung des gesellschaftlichen Bandes aus den verschiedensten Ursachen möglich ist, steht der Anwendung der erwähnten Bestimmungen auf die Gesellschaft nicht entgegen; vgl. — auch wegen der weiteren Wirkungen der Erfüllungsablehnung — RG. 147, 341 = JW. 1935, 2364" mit Anm. und die Erl. zu § 131. XI. Die Anwendbarkeit der Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, insbesondere über die Gesellschaft anf die Handelsgesellschaften des Handelsrechts (§ 105 Abs. 2) Anm. 85. Nach Art. 2 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EG.),das nach Art. 1 d;ssjlbin Gisetzes gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft getreten ist, kommen in Handelssachen die Vorschriften des BGB. nur insoweit zur Anwendung, als nicht im Handelsgesetzbuch oder im Einführungsgesetz ein anderes

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 86 bestimmt ist. § 105 Abs. 2 HGB. bestimmt, daß auf offenen Handelsgesellschaften, soweit nicht im Ersten Abschnitt des Zweiten Buchs „Offene Handelsgesellschaft" ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung finden. Diese Vorschrift wird vielfach für überflüssig gehalten, da die offene Handelsgesellschaft ohnedies eine Gesellschaft im Sinne des BGB. (§§ 705ff.) sei und deshalb deren Regeln folge. Immerhin dient die Vorschrift der weiteren Erläuterung des Abs. 1, in dem die offene Handelsgesellschaft nur als „Gesellschaft" charakterisiert ist. Nach Abs. 2 unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß sie eine Gesellschaft im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist, und daß sie auch im einzelnen den Vorschriften dieses Gesetzbuchs unterliegt, soweit sich nicht aus den Vorschriften des HGB. über die offene Handelsgesellschaft ein anderes ergibt. Die Ergänzung der letztgenannten Vorschriften durch die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts ist auch notwendig, da das HGB. keine erschöpfende Regelung der Gesellschaft gibt und ohne diese Bezugnahme Lücken vorhanden wären, die ohne Ergänzung durch das BGB. kaum auszufüllen wären. XU. Die Vereinigung zu einzelnen Handelsgesellschaften für gemeinschaftliche Rechnung (Gelegenheitsgesellschaft) Anm. 86. Sie richtet sich, da die besonderen Vorschriften der Artt. 266—270 ADHGB. in das neue Handelsgesetzbuch nicht aufgenommen sind, nach den Vorschriften der §§ 705ff. BGB. über die Gesellschaft. Sie ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist auch das sog. Konsortium. Es kommt namentlich als V e r w a l t u n g s k o n s o r t i u m vor. Durch Schutzgemeinschaftsverträge, Konsortialverträge, „Poolverträge" oder „Syndikatsverträge" verbinden sich die Eigentümer von Aktien gegenseitig zur einheitlichen Ausübung des Stimmrechts. Oft beschränken sie sich auch gegenseitig in der Veräußerung der Aktien (indem die Veräußerung nur mit Zustimmung aller gestattet oder ein Vorkaufsrecht geschaffen wird). Ihr Zweck ist die dauernde Beherrschung der Aktiengesellschaft, durch Ausübung des Stimmrechts in einheitlichem Sinne, insbesondere bei Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat. Wegen der zivilrechtlichen Zulässigkeit solcher Vereinigungen und die Grenzen ihrer Zulässigkeit, z. B. wegen gegen die guten Sitten verstoßender Bindungen, § 138 BGB. wird auf dieErläuterungen zum Aktiengesetz verwiesen; vgl. Gadow in GroßkommAktG. § 15 Anm. 4; W. Schmidt, daselbst § 114 Anm. 43; Eb. Schmidt, daselbst § 299 Anm. 10 mit Nachweisen über die Rechtsprechung. Wegen der Beschränkung der Zulässigkeit solcher Vereinigungen durch die Gesetze der Militärregierung wird auf diese Gesetze verwiesen; vgl. z. B. Gesetz 56 der Militärregierung Deutschland über das Verbot der übermäßigen Konzentrierung deutscher Wirtschaftskraft; RegBl. Württ. Baden 1947, S. 64 ff. Bürgerlich-rechtliche Gesellschaften sind auch die Begebungs- oder Emissionsgesellschaften, die insbesondere bei Gründung von Aktiengesellschaften oder Kapitalerhöhungen oder Ausgabe von Anleihen sich bilden, die regelmäßig die Aktien oder die Anleihen zeichnen oder übernehmen, und den Vorteil, der sich aus der Begebung der Aktien über einen bestimmten Kurs hinaus ergibt, zugunsten aller Mitglieder des Konsortiums ausnützen wollen. Der gemeinsam erstrebte Gewinn besteht in dem Unterschied zwischen dem Übernahmepreis und dem bei der Weiterveräußerung der Aktien (oder sonstiger Wertpapiere) erzielten Preise. Das Ziel wird erreicht durch vertragsmäßigen Ausschluß des Veräußerungsrechts des einzelnen Konsortialmitgliedes und Übertragung des Verfügungsrechts auf das Konsortium oder den geschäftsführenden Konsortialleiter. Häufig übernimmt nach außen auch der Konsortialleiter allein die Stellung des Aktienzeichners und ist damit nach außen allein berechtigt und verpflichtet; RG. 26, 51; bei Gruchot 55, 94. Es besteht dann nur eine Innengesellschaft zwischen dem Konsortialleiter und den übrigen Konsorten. Es kann auch zwischen dem Konsortialleiter und jedem einzelnen Beteiligten ein besonderes Gesellschaftsverhältnis bestehen; vgl. ROHG. 13, 308; 15, 252; 22, 382; RG. 1, 87; 7,102; 21, 66; 43, 286; 46, 30; 50, 206; bei Gruchot 48, 1039; Sydow in ZHR. 19, 341; Ziegler in HoldhMschr. 16,25; Geiler bei DürHach. II 1 Anm. 399 ff.

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§ 105 Anm. 87 Vereinbaren die Gesellschafter nichts anderes, so wird das aus den Beiträgen der Gesellschafter und den erworbenen Aktien oder sonstigen Wertpapieren gebildete Vermögen Gesamthandsvermögen der Gesellschaft. Es kann aber auch vereinbart werden, daß ein Gemeinschaftsvermögen nicht gebildet wird und jeder Gesellschafter unmittelbar Eigentümer des seiner Beteiligung entsprechenden Anteils von Aktien wird; Ziegler S. 29, 33; Geiler Anm. 353, 355; RG. 56, 206; bei Gruchot 48, 1039. Die B e f u g n i s s e u n d P f l i c h t e n des K o n s o r t i a l l e i t e r s ergeben sich, wenn sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag im einzelnen bestimmt sind, aus seiner Aufgabe und dem Zwecke der Gesellschaft; RG. bei Gruchot 55, 94. Er hat insbesondere auf bestmögliche Verwertung der Wertpapiere und der aus ihrem Besitz sich ergebenden Rechte (Bezugsrechte) hinzuwirken und den Erlös an die Konsorten nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung zu verteilen. Bolze 19 Nr. 611. Von den erteilten Weisungen darf er unter der Voraussetzung des § 665 BGB. abweichen, d. h. wenn er den Umständen nach annehmen durfte, daß die Konsorten bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würden. Er hat den Konsorten die erforderlichen Nachrichten über seine Tätigkeit zu geben, und R e c h n u n g ü b e r seine T ä t i g k e i t zu legen; §§ 713, 666 BGB.; ROHG. 22,182, und zwar, wenn der Vertrag nichts anderes bestimmt, jedem einzelnen. Jeder einzelne Gesellschafter hat das Recht, sich über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten und die Bücher und Papiere der Gesellschaft einzusehen; § 716 BGB. Das Recht auf Ü b e r w a c h u n g und Rechnungslegung kann vertragsmäßig beschränkt, insbesondere nur der Gesamtheit, die Ausübung einem Gesellschafter oder einen Ausschuß oder Treuhänder eingeräumt werden; die Beschränkung gilt nicht, wenn Grund zur Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht; § 716 Abs. 2 BGB. Der Konsortialleiter haftet, wenn er selbst Gesellschafter ist und ausdrücklich oder nach den Umständen nicht anderes vereinbart ist, für die in eigenen Angelegenheiten geübte Sorgfalt, § 708 BGB.; ist er nur Angestellter, haftet er nach allgemeinen Vorschriften für jedes Verschulden. Gelingt die Verwertung der Aktien nicht innerhalb der im Vertrage bestimmten oder den Umständen nach als vereinbart anzunehmenden Zeit, so hat jeder Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil zu übernehmen; ROHG. 13, 308; 15, 252; Bolze 6 Nr. 628; RG. 7,102; in LZ. 1910, 767 4 und der Konsortialleiter sie ihnen baldmöglichst anzubieten; ROHG. 22, 386; RG. 7,102. Die Gesellschaft kann aus wichtigem Grunde gekündigt werden; § 723 BGB. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist auch die U n t e r b e t e i l i g u n g . Bei ihr ist ein Gesellschafter nach außen Gesellschafter einer anderen Gesellschaft (Personenoder Kapitalgesellschaft). Die anderen sind nur im Verhältnis zu ihm beteiligt. XTTT. Steuerrechtllche Fragen Anm.87. a) Die E r r i c h t u n g u n d V e r ä n d e r u n g e n in der Zusammensetzung der offenen Handelsgesellschaft unterlagen nach dem früheren Recht der Gesellschaftssteuer. Nach dem Urkundensteuergesetz vom 5. Mai 1936, RGBl. I 407, ist an deren Stelle für Personalgesellschaften die Urkundensteuer getreten. Danach unterliegt der Urkundensteuer 1. der Vertrag über die Errichtung einer inländischen Personengesellschaft, 2. die Erklärung des Beitritts eines neuen Gesellschafters, 3. die Erklärung eines Gesellschafters über die Erhöhung seiner Einlage, 4. die Erklärung eines Gesellschafters über die Überlassung seines Gesellschaftsrechts an einen anderen Gesellschafter oder an einen Dritten, 5. die Errichtung einer inländischen Niederlassung durch eine ausländische Gesellschaft; § 36 Abs. 2. Auch die Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft unterliegt der Steuer, ebenso die Aufnahme eines Dritten als Gesellschafter in das Unternehmen eines Einzelkaufmanns; nicht aber die Umwandlung einer offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft oder umgekehrt, wenn nur die Haftung der Gesellschafter sich ändert, nicht also ihre Einlage erhöht wird. Die Steuer ist vom Werte der Einlagen der Gesellschafter oder der Erhöhung oder dem Werte des übertragenen Rechts, im Falle 5 vom Werte des Anlage- und Betriebsvermögens, mit dem die Niederlassung ausgestattet ist, zu erheben. Der Steuersatz beträgt fünf vom Tausend (Mindestsatz in den Fällen 1 und 5: 20 RM., sonst 10 RM.). Für die Besteuerung der stillen Gesellschaft enthält § 38 UrkStG. entsprechende Vorschriften.

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§ 105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 87 Die Steuerpflicht tritt nur ein, wenn über den Rechtsvorgang eine Urkunde errichtet ist; die Urkunde muß wenigstens von einem Beteiligten unterschrieben sein; §§ 1, 2, 8 UrkStG. Nach § 36 Abs. 3 gilt als Urkunde auch die Anmeldung des nach Abs. 2 daselbst steuerpflichtigen Vorgangs zum Handelsregister. Wird eine Kapitalgesellschaft nach dem Umwandlungsgesetz vom 5. Juli 1934, RGBl. I 569, in der Weise umgewandelt, daß das Vermögen unter Ausschluß der Abwicklung auf eine bereits bestehende Personengesellschaft übertragen wird, so entsteht weder die Urkundensteuer noch die Kaufvertragssteuer nach § 12 UrkStG. In dem Gesellschaftsakt der Umwandlung liegt kein auf Veräußerung gegen Entgelt gerichtetes Geschäft. Als Erklärung eines Gesellschafters über die Erhöhung seiner Einlage nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 ist der Umwandlungsbeschluß der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nicht anzusehen, da eine Erklärung dieses Inhalts nicht beurkundet ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Anmeldung nach §§ 3, 4 UrkStG. besteht die Steuerpflicht nicht, da Anmeldung und Eintragung der Umwandlung nicht zum Register für die Personengesellschaft (A-Register), sondern zum Register für die AG. (B-Register) geschieht. Eine Eintragung zum A-Register kommt nicht in Frage, wenn die o.HG. bereits eingetragen ist; vgl. R F H . vom 17. Februar 1939 II 501/38 - DR. 1939, 17281; Crisolli-Groschuff-Kaemmel, Umwandlung und Löschung von Kapitalgesellschaften (3.), 71, 81, 82. Bei Umwandlung unter gleichzeitiger Errichtung einer Personengesellschaft wird das gleiche Ergebnis auf Grund der Steuerbefreiungsbestimmung des § 36 Abs. 6 Ziffer 1 UrkStG. erzielt. Von der Steuer befreit ist auch die Fortsetzung einer Gesellschaft mit Erben eines Gesellschafters oder mit Teilnehmern an einer beim Tod eines Gesellschafters eintretenden fortgesetzten Gütergemeinschaft und die Überlassung eines Gesellschaftsrechts an einen Angehörigen; § 10 des Steueranpassungsgesetzes; § 36 Abs. 6 Ziffer 2 u. 3 UrkStG. Scheidet einer von mehreren Gesellschaftern (freiwillig oder infolge Ausschlusses) aus einer Personengesellschaft gegen Abfindung aus, so ist die Urkundensteuer nach § 36 zu erheben, nicht die Kaufvertragssteuer nach § 12, gleichgültig, ob die Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen gewährt wird oder nicht. Wenn auch der Gesellschaftsanteil des Ausscheidenden den übrigen Gesellschaftern kraft Gesetzes zuwächst, § 738 BGB., § 105 Abs. 2 HGB., so liegt doch steuerrechtlich eine Überlassung des Gesellschaftsrechts vor; R F H . v. 18. Februar 1938 II 248/37 = J W . 1938, 1065". Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zum UrkStG., z. B. von Keßler, auf die DurchfVerf. zum Gesetz vom 13. Juni 1936 (DJZ. 917), wegen der Erhebung der Steuer und den Aufgaben des Kostenbeamten hierbei auf Berner, Die Urkundensteuer in Handelsregistersachen, Deutsche Rechtspflege 1940, S. 48, verwiesen; vgl. auch Brönner, Die Besteuerung der Gesellschafter, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, 1940; ferner Meilicke,,,Urkundensteuer und Personengesellschaften" in JW. 1937, 3198ff. S e i t l . S e p t e m b e r 1941 w i r d d i e U r k u n d e n s t e u e r n i c h t m e h r e r h o b e n ; § 5 der Vo. v. 20. August 1941, RGBl. 1941, I 510. b) Einkommensteuer. Das Einkommensteuergesetz von 1925 behandelte die Personengesellschaften (o.HG. und KG.) abweichend von dem früheren Recht als selbständige Steuersubjekte und besteuerte demgemäß ihr Einkommen als Gesellschaftseinkommen. Die Steuergesetzgebung von 1934 und auch die Einkommensteuergesetze von 1938 und vom 27. Februar 1939, RGBl. I 297, erfassen dagegen wieder das Einkommen der Gesellschafter nur bei den einzelnen Gesellschaftern mit dem Anteil der Einzelnen am Geschäftsgewinn, zuzüglich etwaiger sonstiger Vergütungen für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, und zwar als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb"; § 15 Ziffer 2 EStG. 1939. Anders als bei den Kapitalgesellschaften bemißt sich die Steuer des einzelnen Gesellschafters nicht nach dem v e r t e i l t e n , sondern nach dem von der Gesellschaft e r z i e l t e n Gewinn, auch soweit er nicht verteilt ist. § 215 Abs. 2 RAO. schreibt die einheitliche Veranlagung des Gewinnes der Gesellschaft in e i n e m Verfahren durch das Finanzamt des Gesellschaftssitzes vor; an diese Feststellung ist dann das Veranlagungsfinanzamt jedes einzelnen Gesellschafters für den auf ihn entfallenden Gewinn gebunden. Der einzelne Gesellschafter wird mit diesem Gewinnanteil veranlagt, gleichgültig, ob er ihm ausgezahlt wird oder ob er von der Verteilung ausgeschlossen bleibt;

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Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ § 1 0 5 , 106 Anm. 87 RFH.12, 242; 16, 10 und 15; Kaemmel-Bacciocco, EStG. § 15 Anm. 5; Brönner, Die Besteuerung der Gesellschafter, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, S. 33ff. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden 1. bei Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes, 2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Ziffer 2); •§ 16 Abs. 1 Ziffer 1 und 2. Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt; § 16 Abs. 2 EStG. Ein solcher Veräußerungsgewinn kommt namentlich bei Auflösung der Gesellschaft oder der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters in Betracht, wenn dabei wegen Auflösung der stillen Reserven sich ein Überschuß über das nach den Bewertungsgrundsätzen der Jahresbilanzen festgestellte Vermögen ergibt; vgl. die Erl. zu § 138. Die Steuerpflicht tritt nur ein, wenn der Veräußerungsgewinn bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs den Betrag von 10000 DM. oder bei Veräußerung eines Teilbetriebes oder eines Anteils am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 10000 DM. übersteigt; § 16 Abs. 4 EStG. Veräußerung eines Anteils ist nicht nur Verkauf oder Tausch, sondern auch die Gewährung einer Beteiligung, insbesondere durch Aufnahme eines weiteren Gesellschafters oder Übertragung eines Teils einer Beteiligung auf einen Mitgesellschafter; vgl. Kaemmel-Bacciocco § 16 Anm. 5. c) Vermögenssteuer. Auch für die Vermögenssteuer sind die Personengesellschaften abweichend von dem Vermögenssteuergesetz von 1925, RGBl. I 214, nach dem Vermögenssteuergesetz vom 16. Oktober 1934, RGBl. I 1308, nicht mehr selbständige Steuersubjekte. Ihr Vermögen unterliegt zwar der einheitlichen Bewertung; § 56 Abs. 1 Ziffer 7 Reichsbewertungsgesetz vom 16. Oktober 1934, RGBl. 11046. Es w'rd aber dann der auf den einzelnen Gesellschafter entfallende Anteil diesem als Betriebsvermögen zugeschrieben und von 'hm versteuert; § 67 Ziffer 3 RBewG. vgl. Thümen, Vermögenssteuergesetz, 1934, S. 48, 200; Brönner a. a. O. S. 58. Die s t i l l e G e s e l l s c h a f t gehört ebenfalls nicht zu den in § 1 Vermögenssteuergesetz aufgezählten selbständig Vermögenssteuerpflichtigen. Steuerpflichtig ist auch für andere Steuern nur der Geschäftsinhaber als alleiniger Inhaber des Geschäftsvermögens; vgl. § 335. Die Steuererklärungen sind von den geschäftsführenden Gesellschaftern abzugeben. Wird eine Beteiligung, etwa vom Vater an den Sohn, nur zu dem Zwecke eingeräumt, eine steuerliche Begünstigung zu erzielen, z. B. um durch Verteilung des Vermögens den Genuß der Freibeträge für die Vermögenssteuer zu erlangen, so ist dies steuerrechtlich nicht zu beachten. Zivilrechtlich kann eine solche Vereinbarung unter den Vertragschließenden wirksam sein, wenn sie die Beteiligung des neu Eintretenden ernstlich gewollt haben, im Verhältnis zu Dritten auch ohne diesen Willen auf Grund des durch ihr Auftreten als Gesellschafter hervorgerufenen Rechtsscheins; vgl. oben Anm. 74ff. d) Für die Aufbringungsomlage (Industriebelastung), die den Betrieb als solchen trifft, ist die offene Handelsgesellschaft (und Kommanditgesellschaft) als solche steuerpflichtig. Das gleiche gilt für die Gewerbesteuer; § 5 Abs. 1 GewStG.; wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter; § 7 Steueranpassangsgesetzes; ebenso für die Umsatzsteuer; vgl. Brönner, a. a. O. S. 53, 54, 63, 65. Wegen der Grunderwerbssteuer im Falle des Gesellschafterwechsels vgl. oben Anm. 44.

§ 106 Die Gesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirke sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung hat zu enthalten: 1. den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes Gesellschafters; 2. die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz hat; 3. den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft begonnen hat. S

HOB. Bd. II. (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 106 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 1, 2 Anm. 1. Die §§ 106—108 enthalten, im wesentlichen übereinstimmend mit den Artt. 86—88 ADHGB., die Vorschriften über die Anmeldung der offenen Handelsgesellschaft und der Änderungen in den eingetragenen Tatsachen zum Handelsregister. Die Vorschriften sind duchweg z w i n g e n d , da sie im öffentlichen Interesse die Verhältnisse der Gesellschaft, soweit sie sich aus den anzumeldenden Tatsachen ergeben, offenkundig machen sollen. § 106 stellt den Grundsatz des R e g i s t e r z w a n g s für die offene Handelsgesellschaft und damit auch für die Kommanditgesellschaft auf. Er paßt die in § 29 bestimmte allgemeine Anmeldungspflicht des Kaufmanns den besonderen Bedürfnissen und der Eigenart der Handelsgesellschaft an. Er ordnet an, daß die offene Handelsgesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Er bestimmt den Inhalt der Anmeldung und das zuständige Gericht. Wegen des Schrifttums vgl. Vorbem. vor § 7. Anm. 2. Der Inhalt der Anmeldung: 1. A n z u m e l d e n ist die G e s e l l s c h a f t . Nach Abs. 2 Nr. 2 hat die Anmeldung zu enthalten: die Firma der Gesellschaft und den Ort, an dem sie ihren Sitz hat. a) Die F i r m a . Es muß eine Firma gewählt und angemeldet werden, die den allgemeinen Vorschriften über die Handelsfirma und den besonderen über die Gesellschaftsfirma entspricht; vgl. § 105 Anm. 19. b) Der Sitz der G e s e l l s c h a f t . Aus Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 1 ergibt sich, daß die offene Handelsgesellschaft einen Sitz haben muß, däß sie aber auch nur einen Sitz haben kann, bei dessen Gericht die Anmeldung erfolgen muß; ebenso OLGR. 23, 73; BuschA. 9, 43; vgl. auch § 13 Anm. 4. Sitz der G e s e l l s c h a f t ist d e r O r t , an dem die V e r w a l t u n g g e f ü h r t wird. Wird an verschiedenen Orten eine Verwaltungstätigkeit ausgeübt, so ist der Ort der Hauptverwaltung maßgebend; KG. in OLGR. 22, 2; 42, 214. Es gilt insofern das gleiche, wie wenn ein Einzelkaufmann ein Geschäft mit mehreren Niederlassungen unter einer Firma betreibt. Bei der offenen Handelsgesellschaft ist der Sitz der Gesellschaft registerrechtlich das gleiche, was die Hauptniederlassung beim Einzelkaufmann ist. Es kann auch nicht, wie beim eingetragenen Verein, § 24 BGB., oder bei der Aktiengesellschaft, § 5, § 16 Abs. 3 Nr. 1 AktG., im Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt werden. Als Sitz der Gesellschaft kann nur der Ort gelten, von dem die Verwaltung des Gesamtunternehmens ausgeht. Die Angabe des Sitzes der Gesellschaft ist notwendig, da sich nach ihm der allgemeine Gerichtsstand der Gesellschaft, § 17 ZPO., und das für die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft maßgebende Recht bestimmt. Ort im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 ist die politische Gemeinde, in deren Bezirk sich der Sitz der Gesellschaft befindet; RG. 59, 109. Beim Gericht des Gesellschaftssitzes sind auch die Errichtung einer Z w e i g n i e d e r l a s s u n g und alle die Zweigniederlassung angehenden Rechtsvorgänge anzumelden, §§ 13, 13 a - c . 2. Die Anmeldung hat ferner zu enthalten: den N a m e n , V o r n a m e n , S t a n d und W o h n o r t jedes Gesellschafters. Hat eine Person mehrere Vornamen, so genügt, wie auch sonst im Rechtsverkehr die Angabe des Rufnamens, falls sie zur Unterscheidung von anderen Personen mit dem gleichen Familiennamen ausreicht. Nicht vorgeschrieben ist die Angabe von Straße und Hausnummer. Ist eine juristische Person Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, so ist die Bezeichnung anzuwenden, unter der die juristische Person nach den für sie geltenden Bestimmungen im Rechtsverkehr aufzutreten hat, z. B. bei einer Aktiengesellschaft der Firmenname. Auch wenn eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft Gesellschafterin einer anderen o.HG. ist, genügt die Angabe ihrer Firma; wer die Inhaber der Gesellschafterin sind, braucht nicht angemeldet und eingetragen zu werden; aus dem Handelsregister für diese Gesellschaft kann ersehen werden, wer ihre Gesellschafter sind. Die Anmeldung und E i n t r a g u n g des e h e l i c h e n G ü t e r s t a n d e s eines verheirateten Gesellschafters ist nicht vorgeschrieben und zulässig; für güterrechtliche Verhältnisse besteht das Güterrechtsregister.

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Erster Teil: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 106 Anm. 8 Nach dem Grundsatz, daß in das Handelsregister eine Rechtstatsache nur einzutragen ist, wenn die Eintragung vorgeschrieben ist (RG. 132, 138; JW. 1934, 1730; vgl. § 8 Anm. 7), sind auch die Erteilung von V o l l m a c h t e n und die Namen von g e s e t z lichen V e r t r e t e r n oder die B e s c h r ä n k u n g der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t oder die G e s c h ä f t s u n f ä h i g k e i t von Gesellschaftern nicht in das Handelsregister einzutragen (a. M. hinsichtlich der Eintragbarkeit der gesetzlichen Vertreter: Schlegelberger Anm. 4, 5). Nicht anzumelden und einzutragen sind die E i n z e l h e i t e n des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s , die Dauer der Gesellschaft, vertragsmäßiges Kündigungsrecht, Einlagen der Gesellschafter, überhaupt alles, was sich auf das innere Verhältnis unter den Gesellschaftern bezieht. Als W o h n o r t eines Gesellschafters ist der Ort anzumelden, an dem er tatsächlich wohnt, da dieser für den Rechtsverkehr mit ihm für Dritte wichtig ist, nicht der juristische Wohnsitz im Sinne der §§ 7ff. BGB. Bei juristischen Personen ist an Stelle des Wohnorts der Sitz der Gesellschaft, d. h. der politischen Gemeinde, in deren Bezirk sich der Sitz befindet, anzugeben. Durch die Anmeldung und Eintragung der Personen der Gesellschafter soll offenkundig gemacht werden, wer Träger des Gesellschaftsvermögens ist und wer die mit der Zugehörigkeit zur Gesellschaft verbundenen Rechte und Pflichten hat, insbesondere, wer den Gesellschaftsgläubigern persönlich haftet. Deshalb kann auch nicht, wenn eine offene Handelsgesellschaft das Geschäft eines Einzelkaufmanns mit dem Recht zur Fortführung der Firma erwirbt, bei der Eintragung der bisherigen Firma lediglich nachgetragen werden, daß die offene Handelsgesellschaft in Firma H. Inhaberin ist. Vielmehr muß die offene Handelsgesellschaft und deren Gesellschafter eingetragen werden; KGJ. 23 A 96. Der G e g e n s t a n d des U n t e r n e h m e n s ist, anders als bei der Aktiengesellschaft und GmbH., vgl. § 32 AktG., § 3 Ziff. 2 GmbH.Ges., nicht anzumelden und einzutragen; KG. in JW. 1934, 1730 = HRR. 1934 Nr. 1299. Die Anmeldung der Lage der Ges c h ä f t s r ä u m e der Gesellschaft nach Straße und Hausnummer und des G e s c h ä f t s zweigs ist nicht vorgeschrieben, das Gericht soll aber bei der Anmeldung darauf hinwirken, daß Angaben hierüber gemacht werden, und falls dies geschieht, sie in die Bek a n n t m a c h u n g e n aufnehmen; es soll dabei darauf hinweisen, daß diese Angaben ohne Gewähr für die Richtigkeit erfolgen; §§ 24, 34 der Registerverfügung (HRV.), Anhang zu § 8. Einzutragen sind diese Angaben nicht; vgl. auch § 29 Anm. 6. 3. Anzumelden ist ferner der Z e i t p u n k t , in w e l c h e m die G e s e l l s c h a f t beg o n n e n h a t , Abs. 2 Nr. 3, d. i. der Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft ihr Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma begonnen hat, d. h. der Zeitpunkt, in dem sie in dieser Weise nach außen erkennbar hervorgetreten ist; RG. 34, 53; nicht maßgebend ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages oder der früher oder später liegende Zeitpunkt, in dem im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern das Geschäft auf Rechnung der Gesellschafter begonnen hat. Zweck des § 106 und insbesondere des Abs. 2 Ziff. 3 ist klarzustellen, in welchem Zeitpunkt die Wirksamkeit der Gesellschaft als offene Handelsgesellschaft im Verhältnis zu Dritten begonnen hat. § 106 steht im Zusammenhang mit § 123, der die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen mit der Eintragung oder dem f r ü h e r e n Beginn der Geschäfte der Gesellschaft eintreten läßt. Deshalb kann nicht eingetragen werden, daß die Gesellschaft ihre Geschäfte erst nach der Eintragung beginnt. Eine dahin lautende Eintragung wäre unwirksam, denn mit der Eintragung beginnt spätestens die Wirkung der Gesellschaft nach außen; vgl. § 123. Nur ein früherer Zeitpunkt kann danach als Beginn der Gesellschaft angemeldet und eingetragen werden. Wird die Gesellschaft erst durch die Eintragung zur offenen Handelsgesellschaft, also in den Fällen der §§ 2 und 3, so kann als Zeitpunkt des Beginns der Gesellschaft nur der Zeitpunkt der Eintragung angemeldet und eingetragen werden. Soweit es auf den tatsächlichen Geschäftsbeginn ankommt, also in den Fällen des § 1, genügen auch Vorbereitungshandlungen; vgl. die Erl. zu § 123. Anm. 8. Der Z e i t p u n k t der A n m e l d u n g . Das Gesetz enthält darüber keine besondere Vorschrift. Zum Teil wird die Meinung vertreten (vgl. JW. 1926, 699; DüfHach. § 106 Anm. 1), daß die Anmeldung erst nach dem Beginn der Gesellschaft, d . h . s*

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§ § 106, 107 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8 nach dem Beginn der Geschäfte der Gesellschaft erfolgen könne, weil die Anmeldung und Eintragung ins Handelsregister die an die Öffentlichkeit gerichtete Erklärung enthalte, daß die Gesellschaft nunmehr ihr Handelsgewerbe unter der angegebenen Firma betreibe, und zwar gegenwärtig betreibe; nur wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Anmeldung das Geschäft schon betreibe, entspreche die Anmeldung der Wahrheit. Dieser Auffassung steht aber § 123 entgegen, der die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen entweder mit der Eintragung oder dem früheren Geschäftsbeginn eintreten läßt, also beide Ereignisse für das Verhältnis nach außen einander gleichstellt. Eine andere Ansicht beruht auf der unrichtigen Annahme, daß die offene Handelsgesellschaft überhaupt, also auch im Verhältnis nach innen, mit dem Beginn des Gewerbebetriebes entstehe, während sie nach der hier vertretenen Auffassung (vgl. § 105 Anm. 62) bereits mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages im inneren Verhältnis beginnt, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag ein späterer Zeitpunkt der Entstehung vereinbart ist oder die Entstehung von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sein soll. Dagegen ist aus dem Zweck der Eintragung, Dritten, die mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr treten, erkennbar zu machen, daß und von wann an sie es mit einer offenen Handelsgesellschaft zu tun haben, zu entnehmen, daß die P f l i c h t zur Anmeldung erst entsteht, wenn die Gesellschaft mit ihrem Geschäftsbetrieb begonnen hat. Vorher hat die Öffentlichkeit an der Anmeldung und der sich daran anschließenden Bekanntmachung kein Interesse, insbesondere auch nicht an der Kenntnis der bloßen Tatsache des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages. Dagegen besteht dieses Interesse, wenn auch nur die ersten nach außen wirkenden Vorbereitungshandlungen zur Eröffnung des regelmäßigen Geschäftsbetriebs, wie Mieten von Geschäftsräumen, vorgenommen werden. Hat der Geschäftsbetrieb begonnen, so muß die Anmeldung der Gesellschaft u n v e r z ü g l i c h erfolgen; ebenso Schlegelberger Anm. 2; Baumbach Anm. 2. Die Gesellschafter sind aber b e r e c h t i g t , die Anmeldung auch schon unmittelbar nach Abschluß des Gesellschafts Vertrages, wenn durch diesen die Gesellschaft entstanden ist (vgl. oben Anm. 2 Nr. 3), zu bewirken, denn die Gesellschaft kann gerade für die Vorbereitung des Beginns des Geschäftsbetriebes an der alsbaldige Anmeldung ein Interesse haben. Mit der Anmeldung geben die Gesellschafter dann der Öffentlichkeit zu erkennen, daß die Gesellschaft auch nach außen bestehen soll. Entsteht die offene Handelsgesellschaft erst durch die Eintragung, so entsteht im Falle des § 2 HGB. die Anmeldepflicht erst, wenn die Voraussetzungen dieses Paragraphen tatsächlich gegeben sind, wenn also das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Art eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ohne diese Voraussetzung besteht auch keine Berechtigung zur Anmeldung. In den Fällen des § 3 besteht nur eine Berechtigung, aber keine Verpflichtung zur Anmeldung. Die Verpflichtung zur Anmeldung d a u e r t f o r t , solange die offene Handelsgesellschaft besteht oder die Voraussetzungen des § 2 gegeben sind; im Falle des § 1 auch, wenn die Gesellschaft bereits aufgelöst ist, denn die Auflösung ändert nur den auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichteten Gesellschaftszweck, die Gesellschaft dauert aber als Abwicklungsgesellschaft fort, wenn noch eine Abwicklung erforderlich und die Gesellschaft nicht bereits voll beendet ist; vgl. § 131. Dann muß die Gesellschaft schon deshalb eingetragen werden, damit auch die Auflösung und die Abwickler eingetragen werden können; §§ 143, 148; R G . in J W . 1902, 1 7 2 " ; KG. in OLGR. 4, 202. An der Eintragung haben auch nach der Auflösung Dritte, aber auch die Gesellschafter ein Interesse, z. B . deshalb, weil mit der Eintragung der Auflösung, die ohne Eintragung der Gesellschaft unmöglich ist, der Lauf der kurzen Verjährungsfrist des § 159 beginnt; vgl. auch § 15 Abs. 1; ROHG. 23, 227.

§ 107 Wird die Firma einer Gesellschaft geändert oder der Sitz der Gesellschaft an einen anderen Ort verlegt oder tritt ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft ein, so ist dies ebenfalls zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. 68

Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ IC 7 Anm. 1 Anm. 1. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 31 Abs. 1 ist eine Änderung der Firma oder ihrer Inhaber sowie die Verlegung der Niederlassung an einen anderen Ort nach den Vorschriften des § 29 zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. § 107 regelt die Anmeldung der entsprechenden Veränderungen bei der offenen Handelsgesellschaft. Die Anmeldepflicht, soweit sie in § 107 geordnet ist, bezieht sich durchweg auf Veränderungen in den Verhältnissen der Gesellschaft, die nach § 106 bei der Entstehung der Gesellschaft anzumelden sind, also solche Veränderungen, die die Firma der Gesellschaft, ihren Sitz und ihre Zusammensetzung zum Gegenstand haben. Eine Ä n d e r u n g d e r F i r m a liegt vor, wenn künftig eine von der bisherigen irgendwie abweichende Firma gebraucht werden soll, mag es sich um den sogenannten Firmenkern oder um Zusätze dazu handeln; vgl. § 18 Anm. 3, 7. Ob die Änderung zulässig ist, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Handelsfirmen und den besonderen Vorschriften über die Firma der offenen Handelsgesellschaft; vgl. § 18 Abs. 2, § 19 und die Erl. dazu. Wegen des Begriffs des Gesellschaftssitzes vgl. § 106 Anm. 2; wegen der Folgen der Sitzverlegung in den Bezirk eines anderen Registergerichts oder ins Ausland, insbesondere für die Registerführung, vgl. §§ 13 b u. c und die Erl. dazu, § 20 HRV. Durch die Vorschrift des § 107, daß der E i n t r i t t e i n e s n e u e n G e s e l l s c h a f t e r s anzumelden ist, soll die allgemeine Bestimmung des § 31, daß eine Änderung der Inhaber der Firma anzumelden ist, nicht eingeschränkt werden. Bei der offenen Handelsgesellschaft besteht das Bedürfnis Dritter, die jeweilige Zusammensetzung der Gesellschaft durch Einsicht in das Handelsregister feststellen zu können, mindestens in gleichem Maße, wie wenn es sich um die Kenntnis von dem Inhaber des Unternehmens eines Einzelkaufmanns handelt. Es ist daher jede Änderung in der Mitgliedschaft der Gesellschaft, also auch der bloße Austritt eines Gesellschafters ohne Eintritt eines anderen, ebenso aber auch die Verbindung eines Austritts mit einem Eintritt anzumelden. Dabei ist es gleichgültig aus welchem Grunde die Änderung in dem Mitgliederstand erfolgt. Die Anmeldepflicht besteht danach insbesondere, wenn bei Eintritt eines Ereignisses, das nach dem Gesetz die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat (Kündigung oder Tod eines Gesellschafters oder Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen, § 138, oder Kündigung der Gesellschaft durch einen Privatgläubiger, §§ 135, 141, oder Ausschließung eines Gesellschafters, §§ 133,140), die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Das gleiche gilt, wenn die Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft deren Fortsetzung vereinbaren, § 144, oder wenn die Gesellschaft auf Grund des Gesellschaftsvertrages oder einer späteren Vereinbarung mit den Erben eines verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt wird, § 139; vgl. BayObLG. in K G J . 53, 257; DJZ. 1920,320. Anzumelden und einzutragen ist auch eine Veränderung in den in § 107 genannten Verhältnissen, also eine Firmenänderung, eine Sitzverlegung oder der Eintritt oder Austritt eines Gesellschafters, w e n n sie w ä h r e n d d e r A b w i c k l u n g d e r G e s e l l s c h a f t e i n t r i t t ; RG. 106, 67; KG. in J W . 1935,1100; Schlegelberger Anm. 4. Eine Änderung der Firma während der Abwicklung kann namentlich in Betracht kommen, wenn die bisherige unzulässig geworden ist, etwa weil der namengebende Gesellschafter ausgeschieden ist oder weil der Gesellschaft der Gebrauch der Firma durch Urteil verboten worden ist oder weil sie das Unternehmen mit dem Recht zur Fortführung der Firma veräußert hat; vgl. § 18 Abs. 2, § 145 HGB.; § 16 UnlWG. Im Verhältnis zu § 106 ist dieAnmeldepflicht nach § 107 gegenständlich beschränkt. Die A n m e l d e p f l i c h t besteht zwar für das Ausscheiden und den Eintritt von Gesellschaftern, nicht aber für Veränderungen ihrer Namen (Vor- und Familiennamen) oder ihres Standes (insbesondere des Familienstandes durch Verehelichung). Nicht anmeldepflichtig sind auch Änderungen des Geschäftszweigs des Unternehmens. Soweit keine Anmeldepflicht besteht, kann die Anmeldung auch nicht durch Ordnungsstrafen erzwungen werden; K G J . 29 A 213 = OLGR. 10, 351; 36 A 263 = R J A . 9, 180; vgl. auch J W . 1928, 201. Dagegen besteht kein Hindernis, Eintragungi n, die einmal erfolgt, sind, wenn sie unrichtig geworden sind, z. B. durch Änderung des Namens oder des Wohnorts, auf Antrag zu berichtigen; K G J . 30 B 32; BayObLG. in DNotVZ. 1922, 72. Für das Verfahren bei der Anmeldung und die Rechtswirkungen der erfolgten

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§ 107 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 2 oder unterbliebenen Eintragungen gilt sinngemäß das gleiche, wie im Falle des § 106; vgl. die Erl. dazu. Anm. 2. Bei allen Tatsachen, die nach § 107 anzumelden sind, handelt es sich um bloße Veränderungen des Gesellschaftsverhältnisses. Sie enthalten eine Änderung des Gesellschaftsvertrags. Wie alle Vertragsänderungen können sie nur durch den übereinstimmend bekundeten Willen der Gesellschafter herbeigeführt werden, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag unzweideutig auch für Gesellschafterbeschlüsse dieser Art Mehrheitsbeschlüsse zuläßt, vgl. § 119 und die Erl. dazu. Die Identität der Gesellschaft wird aber dadurch nicht berührt. Die Gesellschaft als solche besteht vielmehr fort, wenn auch mit anderer Firma oder anderem Sitz oder in anderer Zusammensetzung ihrer Mitglieder. Dies gilt namentlich auch von einer Verlegung des Gesellschaftssitzes. Diese wird wirksam mit dem Beschluß der Gesellschafter und dessen tatsächlichem Vollzug. Dies gilt für die Haupt- wie für Zweigniederlassungen. Nur die mit der Eintragung verbundenen Rechtswirkungen treten erst mit dieser ein; vgl. § 15. Aus der Neuordnung der Registerführung in § 13ff. HGB., nach der alle Anmeldungen bei dem Registergericht der im Register eingetragenen Hauptniederlassung erfolgen müssen und dann erst die Eintragung in das Register der neuen Niederlassung erfolgen darf, können sich Schwierigkeiten ergeben, wenn das bisherige Registergericht überhaupt nicht arbeitet oder doch die Annahme einer Anmeldung verweigert. Diese Schwierigkeiten haben sich namentlich ergeben, wenn eine Gesellschaft mit einer Hauptniederlassung östlich der Oder-Neißelinie ihren Sitz in ein anderes Gebiet verlegt, in dem das deutsche sachliche Handelsrecht und Registerrecht gilt, z. B. in einen Ort in den Westzonen. In diesem Falle bestehen keine Hindernisse gegen die Anmeldung und Eintragung beim Registergericht des neuen Gesellschaftssitzes. Denn bei den Vorschriften über die einheitliche Registerführung am Sitze der Hauptniederlassung handelt es sich nur um Verfahrensvorschriften, die der Verwirklichung des sachlichen Rechts dienen, diese aber nicht hemmen dürfen. Die Konzentration der Registerführung ging selbstverständlich davon aus, daß an jedem Orte, an dem eine deutsche Firma ihren Sitz hat, die Registerführung auch tatsächlich und rechtlich möglich ist. Wo dies nicht zutrifft, kann die Vorschrift nicht gelten. Es bleibt dann nur der Weg, daß die Anmeldung und Eintragung an dem Orte der neuen Niederlassung erfolgt. Ist dies geschehen, so hat die Eintragung dieselben Wirkungen, wie wenn die Anmeldung beim Register des früheren Sitzes vorgenommen worden wäre. Es wird nur in der Eintragung und Bekanntmachung in den für den neuen Sitz maßgebenden Verkündungsblättern unzweideutig auszusprechen sein, daß es sich um eine Sitzverlegung aus dem genau zu bezeichnenden Orte handelt. Im Sinne der Zulässigkeit einer solchen Eintragung haben sich auch die Justizverwaltungen und die Gerichte geäußert, die bisher zu der Frage Stellung genommen haben. Sie steht auch in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung zu ähnlichen Vorgängen (SitzVerlegung von Unternehmen im Elsaß und Oberschlesien nach Verlust dieser Gebiete); RG. 107, 94; RJA. 17, 84; JW. 1926,1391. Selbstverständlich bedarf es, möglichst an Hand urkundlicher Unterlagen sorgfältiger Prüfung, ob die Verlegung ordnungsmäßig und von den befugten Personen beschlossen und durchgeführt worden ist — wozu regelmäßig auch eine materielle Grundlage gehören wird, um Mißbräuche zu verhüten; vgl. Verlautbarung des Oberlandesgerichtspräsidenten in Hamburg, Hans.JVbl. 1946 S. 16; Amtsgericht Hamburg vom 11. 2. 48, betr. Akt.-Gesellschaft; LG. Krefeld vom 26. 2. 48, daselbst S. 485 mit Anm. und Bericht über weitere Entscheidungen nach dem Stand vom September 1948. LG. Bonn, Urt. vom 8. 9. 47 = SJZ. 48 S. 94 für OHG. Entsprechendes gilt, wenn in einzelnen Zonen oder Ländern auf Grund dort bestehender Gesetze oder Befehle Unternehmungen enteignet worden sind. Diese Verfügungen sind zwar als Rechtstatsachen auch von den Gerichten der anderen Zonen und Ländern anzuerkennen. Aber nach internationalem und interlokalem (interzonalem) Recht ergreifen sie nur das Vermögen, das sich im Machtbereich der verfügenden Stellen befindet. Dazu gehören außer Sachwerten auch Forderungen, die sich nach den genannten Regeln dort befinden, wo der Schuldner seinen Wohnort oder Sitz hat; vgl. N u ß b a u m , Internat. Privatrecht S. 84, vgl. auch § 23 ZPO. Über das außerhalb dieses Machtbereichs befindliche Vermögen können die Gesellschafter nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechts verfügen. Sie können auch die Sitzverlegung beschließen und

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§ 108 Anm. 1—6 diese bei dem Gericht des neuen Sitzes anmelden. Sie können dabei auch die a l t e F i r m a eintragen lassen. Dies ist namentlich von Bedeutung, wenn es sich um eine abgeleitete Firma handelt, die die Gesellschafter nicht übernehmen könnten, wenn sie eine neue Gesellschaft errichten würden. Eine Enteignung des Vermögens enthält nicht auch eine Enteignung der Gesellschafterrechte und kann sich keineswegs auf die Firma erstrecken, die jedenfalls bei der Personengesellschaft ein höchstpersönliches Recht darstellt und ohne Zustimmung der Gesellschaften nicht übertragen oder entzogen werden kann. Wegen der Wirkung der Enteignung vgl. die genannten Entscheidungen, ferner OLG. Gera vom 3. 2. 47 = Neue Justiz 47, 64, zur Praxis der Hans. Registergerichte: Hans.Justizverwbl. 46, 46. B e n k a r d , DRZ. 1947 S. 356 und Schreiber daselbst 1948 S. 8 mit Erwiderung von Benkard; B e u c k , Zonenprobleme 1947; P e t e r s e n , Tagung deutscher Juristen 1947; S p r i n g e r , Interzonale Rechtsbeziehungen im Handelsregisterrecht, Neue JW. 48, 455; Würdinger, Haftung für Ostschulden nach erfolgter Übereignung im Osten, SJZ. 50, 81.

§ 108 Die Anmeldungen sind von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken. Die Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen. Anm. 1. §108 regelt in Übereinstimmung mit Art. 88ADHGB. die Pflicht der Gesellschafter zur Anmeldung der nach §§ 106 und 107 anmeldepflichtigen Tatsachen und die Verpflichtung der vertretungsberechtigten Gesellschafter zur Zeichnung der Firma für das Handelsregister. Anm. 2. I. Die Anmeldepflicht sämtlicher Gesellschafter. Abs. 1 stellt nicht den allgemeinen Grundsatz auf, daß sämtliche Anmeldungen zum Handelsregister in den Angelegenheiten der Gesellschaft von allen Gesellschaftern zu bewirken sind. Abs. 1 gilt nur für die in den §§ 106 und 107 angeordneten Anmeldungen, andernfalls wäre die in anderen Vorschriften des HGB. (vgl. § 125 Abs. 1, §§ 143, 144, 148) enthaltene Bestimmung, daß die dort bezeichneten Rechtsvorgänge von allen Gesellschaftern anzumelden sind, überflüssig. Wie die Betrachtung der einzelnen Vorschriften ergibt, handelt es sich bei allen Bestimmungen, die die Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Anmeldung anordnen, um besonders wichtige Vorgänge im Leben der Gesellschaft. In diesen Fällen sollen alle Gesellschafter die Verantwortung für die Richtigkeit der angemeldeten Vorgänge übernehmen. In allen anderen Fällen genügt die Anmeldung durch die zur Vertretüng der Gesellschaft berufenen Gesellschafter (vgl. §§ 125f.), z. B. für die Anmeldung einer Prokura oder einer Zweigniederlassung oder der insofern eingetretenen Änderungen. Für die Zweigniederlassungen kommt dies auch durch die neue Fassung des § 13 zum Ausdruck; vgl. § 13 Anm. 15; RG. 134, 307; KG. in BankA. 36, 232; a. a. Schlegelberger Anm. 5 unter Berufung auf die vor der Neufassung der §§ 13ff. ergangene Entscheidung des OLG. Dresden in RJA. 13, 28; Recht 1935, 3823. Die einzelnen Vorschriften, die die Anmeldung durch alle Gesellschafter anordnen, enthalten danach Ausnahmen von der Regel, daß die Gesellschaft durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter — in vertretungsberechtigter Zahl — vertreten wird. Für bestimmte Anmeldungen, die an sich einen Akt der Vertretung darstellen, wird zwingend die Vertretung durch alle Gesellschafter vorgeschrieben. Anm. 8. Die Anmeldepflicht aller Gesellschafter nach Abs. 1 erstreckt sich auf alle Vorgänge, die nach den §§ 106 und 107 anzumelden sind, also auch auf die in § 107 nicht ausdrücklich genannten, aber sinngemäß darunterfallenden Vorgänge wie das Ausscheiden eines Gesellschafters. Anm. 4. Da sämtliche Gesellschafter mitzuwirken haben, müssen auch die von der Geschäftsführung oder Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter bei der Anmeldung mitwirken. Anm. 6. Wenn ein Gesellschafter g e s c h ä f t s u n f ä h i g oder in der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t ist (juristische Personen, wegen Geisteskrankheit Geschäfts-

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g 108 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6—9 unfähige, Entmündigte, Minderjährige), muß sein gesetzlicher Vertreter (Vorstand der Aktiengesellschaft, Vormund usw.) bei der Anmeldung mitwirken. Der beschränkt Geschäftsfähige kann die Anmeldung vornehmen, soweit er zum Betriebe des Handelsgewerbes selbständig befugt ist. Ein gesetzlicher Vertreter kann zugleich für sich und einen oder mehrere seiner Mündel die Anmeldung bewirken. Die Vorschriften der §§ 181, 1795, 1630 B G B . bilden kein Hindernis, da die Anmeldung zum Handelsregister kein privatrechtliches Rechtsgeschäft, insbesondere kein Vertragsschluß ist; § 1 2 Anm. 2; Schlegelberger Anm. 2. Da eine E h e f r a u , auch wenn sie nicht in Gütertrennung lebt, auch ohne Einwilligung des Mannes Gesellschafterin werden kann, bedarf sie zur Mitwirkung bei den den Gesellschaftern nach dem Gesetz obliegenden Anmeldungen nicht der Einwilligung des Mannes. Gehört die Beteiligung einer Frau an einer bereits bestehenden Gesellschaft zum e i n g e b r a c h t e n G u t oder einer e h e l i c h e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t oder gehört die Beteiligung zu einer f o r t g e s e t z t e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t , so hat derjenige anzumelden, dem die Verwaltung zusteht. Das gleiche gilt, wenn ein Dritter N u t z n i e ß e r oder N i e ß b r a u c h e r einer solchen Beteiligung ist, wenn ihm auch die Verwaltung der Beteiligung zusteht. Im Falle des K o n k u r s e s über das Vermögen eines Gesellschafters obliegt dem Konkursverwalter die Anmeldung. Ein Gläubiger eines Gesellschafters ist zur Anmeldung nicht befugt. Anm. 8. Der P r o k u r i s t eines Gesellschafters ist zur Anmeldung nicht berechtigt, da es sich um eine aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringende persönliche Verpflichtung handelt. Die Anmeldung kann durch einen von dem einzelnen Anmeldungspflichtigen besonders B e v o l l m ä c h t i g t e n , auch durch einen G e n e r a l b e v o l l m ä c h t i g t e n geschehen, wenn dessen Vollmacht sich auch auf die hier in Betracht kommenden Rechtsvorgänge erstreckt; § 12 Abs. 2; KG. in R J A . 8, 130. Die Vollmacht kann aber nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch einen der Errichtung der Gesellschaft nachfolgenden Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter erteilt werden, denn dies würde eine Umgehung der zwingenden Vorschrift des Abs. 1 bedeuten; KG. in J F G . 2, 189. Nur der einzelne Gesellschafter kann für seine Person die Vollmacht erteilen. Anm. 7. Ist eine o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t oder Kommanditgesellschaft G e s e l l s c h a f t e r i n e i n e r a n d e r e n derartigen Personengesellschaft, so wird sie dabei von den Gesellschaftern vertreten, die auch sonst zu ihrer Vertretung berufen ist. Es brauchen nicht ihre anderen von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter mitzuwirken, denn nicht die Gesellschafter dieser Gesellschaft, sondern die Gesellschaft selbst ist Mitglied der anderen Gesellschaft. Besteht bei der anmeldepflichtigen Gesellschaft die u n e c h t e G e s a m t v e r t r e t u n g durch einen Gesellschafter m Gemeinschaft mit einem Prokuristen, § 125 Abs. 3, so können auch diese ihre Gesellschaft bei der Anmeldung vertreten; auch im Falle der unechten Gesamtvertretung ist ein Gesellschafter Vertreter der Gesellschaft, seine Vertretungsmacht ist nur durch die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Prokuristen beschränkt; vgl. R G . 134, 303 (306). Anm. 8. Anmeldepflichtig sind die Gesellschafter, auch die aus der Gesellschaft ausgeschiedenen, im Falle des Todes eines Gesellschafters seine Erben; vgl. §143, dessen Abs. 3 sinngemäß anzuwenden ist. Anm. 9 . W i d e r r u f d e r A n m e l d u n g . Die Anmeldung kann ebenso wie eine andere Anmeldung zum Handelsregister frei, also ohne Angabe von Gründen, widerrufen werden, solange die Eintragung noch nicht vollzogen ist. Die Eintragung muß dann unterbleiben, auch wenn die Anmeldung erzwungen werden kann; KG. in OLGR. 42, 214; 43, 204; § 12 Anm. 9. Ein zu beachtender Widerruf liegt aber, wenn alle anmeldepflichtigen Gesellschafter die Anmeldung vorgenommen haben, nur vor, wenn auch alle widerrufen. Die Anmeldung ist eine Handlung der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit und für die Gesamtheit, deshalb kann ein einzelner Gesellschafter so wenig wirksam widerrufen wie bei Gesamtvertretung ein nicht allein vertretungsberechtigter Gesellschafter ein von den Gesamtvertretern unter seiner Mitwirkung abgeschlossenes Rechtsgeschäft allein rückgängig machen kann; a. M. Schlegelberger Anm. 1 unter Berufung auf K G . in OLGR. 42, 214; 43, 204; Hueck S. 56. Doch wird man dem ein72

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§ 108 Anm. 10—18 xelnen das Widerrufsrecht zuerkennen müssen, wenn er ein persönliches berechtigtes Interesse an der Nichteintragung hat. Dies ist auch bei Nichtigkeit oder Anfechtung des Gesellschaftsvertrages wegen Willensmängeln der Fall; durch die Verhinderung der Eintragung wird ihm Schutz dagegen gewährt, daß die Gesellschaft, insbesondere im Verhältnis nach außen als bestehend angesehen werden muß und er als Gesellschafter haftet; vgl. § 105 Anm. 73ff. Regelmäßig wird in diesem Falle auch ein Grund zu einer e i n s t w e i l i g e n V e r f ü g u n g gegeben sein, durch die den Gesellschaftern die Herbeiführung der Eintragung untersagt wird. Der Widerruf kann formlos geschehen. Wegen Unzulässigkeit der Anfechtung einer Anmeldung wegen Willensmängeln vgl. § 12 Anm. 2, 9. Anm. 10. Fehlt es an der erforderlichen Mitwirkung aller Gesellschafter, etwa deshalb, weil sein geschäftsunfähiger Gesellschafter statt seines gesetzlichen Vertreters mitgewirkt hat, so ist der Vorschrift des Abs. 1 nicht genügt und die Eintragung muß unterbleiben. Anm. 11. Für die F o r m d e r A n m e l d u n g und der V o l l m a c h t gelten die allgemeinen Vorschriften des § 12; wegen Zweigniederlassungen vgl. §§ 13 ff. Die Anmeldepflicht ist eine ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e V e r p f l i c h t u n g aller Gesellschafter. Da sie im öffentlichen Interesse besteht, kann sie weder durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden, noch kann sich ihr, solange die Gesellschaft, sei es auch nur als Abwicklungsgesellschaft besteht, der einzelne Gesellschafter durch Einwendungen aus dem Verhältnis der Gesellschafter untereinander, z. B. durch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, wie der Nichtleistung der vereinbarten Einlage, oder der Versagung der Mitwirkung der anderen Gesellschafter bei der Anmeldung entziehen. Da die Anmeldung nicht g l e i c h z e i t i g durch alle Gesellschafter zu erfolgen hat, kann jeder Gesellschafter seine Anmeldepflicht allein erfüllen, indem er die Anmeldung beim Gericht erklärt oder in öffentlich beglaubigter Form einreicht. Die Erzwingung der Anmeldung der anderen kann er dem Registerrichter überlassen. Anm. 12. Der Registerrichter kann die Anmeldung durch O r d n u n g s s t r a f e n erzwingen; §14. Das Ordnungsstrafverfahren kann gegen jeden einzelnen säumigen Gesellschafter und nur gegen einen solchen, nicht gegen die Gesellschaft und die nicht säumigen Gesellschafter durchgeführt werden; LG. Hamburg in HoldhMschr. 1904,198. Ist der Gesellschaftsvertrag von Anfang an oder auf Grund Anfechtung nichtig und ist die Gesellschaft noch nicht in Vollzug gesetzt (vgl. § 105 Anm. 73ff.) oder ist er vor Entstehung der Gesellschaft unwirksam geworden, z. B. durch bereits erfolgte Versagung der erforderlichen Staatsgenehmigung, oder ist die Gesellschaft bereits voll beendet, etwa weil sie ihr gesamtes Vermögen auf eine AG. übertragen hat oder weil sie ihren Sitz ins Ausland verlegt hat und eine Abwicklung im Inlande nicht in Betracht kommt oder hat der Geschäftsbetrieb noch nicht begonnen und ist deshalb eine Bekundung des Bestehens der Gesellschaft nicht erforderlich, so besteht die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Anmeldung nicht. Auch solange eine erforderliche Staatsgenehmigung noch aussteht, besteht keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Anmeldung. Das Fehlen dieser Genehmigung steht aber der Anmeldung und Eintragung nicht entgegen, wenn sich nicht aus dem sie für erforderlich erklärenden Gesetz ausdrücklich oder seinem Zwecke nach ergibt, daß die Gesellschaft nicht ohne vorherige Staatsgenehmigung entstehen soll. Anm. 13. Die Gesellschafter sind auch z i v i l r e c h t l i c h — g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h — v e r p f l i c h t e t , bei der Anmeldung mitzuwirken. Wereinen Gesellschaftsvertrag abschließt, muß auch zivilrechtlich den Mitgesellschaftern gegenüber die aus dem Bestehen einer Gesellschaft sich ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, wie die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen und zur Anmeldung der Gesellschaft und der sonst anmeldepflichtigen Vorgänge zum Handelsregister erfüllen. Auch die zivilrechtliche Verpflichtung zur Vornahme einer Anmeldung entsteht, sobald die öffentlich-rechtliche Verpflichtung entstanden ist. Jeder Gesellschafter kann ein zivilrechtliches Interesse daran haben, daß das Bestehen der Gesellschaft nach außen offenkundig gemacht wird, z. B. deshalb, damit Streitigkeiten mit Dritten über die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen mit den sich daraus ergebenden Folgen vermieden werden. Auch wenn die Gesellschaft schon durch Eröffnung ihres Geschäftsbetriebs nach außen

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§ 108 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 14—16 wirksam geworden ist, § 123, kann jeder Gesellschafter ein Interesse daran haben, daß diese Wirksamkeit auch durch Eintragung offenkundig wird. Es entspricht auch regelmäßig dem vermutbaren Willen der Gründer einer Handelsgesellschaft, daß diese baldtunlichst in Vollzug gesetzt wird. Aus dem Gesellschaftsvertrag, auch aus den Umständen kann sich ein anderes ergeben. Auf Erfüllung der zivilrechtlichen Anmeldepflicht kann jeder Gesellschafter klagen. Auch eine e i n s t w e i l i g e V e r f ü g u n g ist nicht ausgeschlossen. Das Rechtsschutzinteresse an einer solchen Klage kann nicht ohne weiteres deshalb verneint werden, weil das Einschreiten des Registerrichters nach § 14 veranlaßt werden kann. Dies führt nicht immer zum Ziel, z. B. dann, wenn die Nichtigkeit der Gesellschaft in Frage steht und mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß der Registerrichter die Beteiligten auf den Prozeßweg verweist; § 127 FGG. Auch kann ein Beteiligter ein Interesse daran haben, die streitige Frage zur Entscheidung der höchsten richterlichen Instanz zu bringen. Die a u c h n u r v o l l s t r e c k b a r e , w e n n a u c h n i c h t r e c h t s k r ä f t i g e F e s t s t e l l u n g d e r V e r p f l i c h t u n g z u r M i t w i r k u n g b e i d e r A n m e l d u n g gen ü g t z u r E i n t r a g u n g auf G r u n d d e r A n m e l d u n g d e r ü b r i g e n B e t e i l i g t e n , § 16. Dem zivilrechtlichen Anspruch können die Einwendungen aus dem inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern entgegengehalten werden, soweit sie mit Rücksicht auf die Eigenart der Gesellschaft als einer Außengesellschaft überhaupt noch geltend gemacht werden können. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages ist überhaupt nicht gegeben; vgl. §105 Anm. 82f.; DürHach. §106 Anm. 1; JW. 1926, 699 Anm. ; a. A. ROHG. 2, 172. Deshalb kann kein auf Erfüllung der Anmeldepflicht verklagter Gesellschafter, auch wenn ein anderer Gesellschafter der Kläger ist, geltend machen, daß auch andere Gesellschafter die Anmeldepflicht nicht erfüllt haben. Dem Verklagten kann auch durch die Erfüllung seiner Verpflichtung vor der Anmeldung durch die anderen Gesellschafter sachlich kein Nachteil entstehen. Denn ehe die Anmeldungen aller Gesellschafter dem Registergericht vorliegen, kann es die Eintragung nicht verfügen. Im Einzelfall kann die Klage eines einzelnen Gesellschafters, insbesondere wenn er selbst zur Mitwirkung bei der Anmeldung nicht bereit ist, gegen Treu und Glauben verstoßen und eine u n z u l ä s s i g e R e c h t s a u s ü b u n g darstellen', § 242 BGB. Das Verlangen auf Eintragung der Gesellschaft kann aus diesem Grunde unzulässig sein, wenn die sofortige Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde nach § 133 verlangt werden kann und die ernstliche Absicht der Beteiligten besteht, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen, oder wenn vertragsmäßig gekündigt worden und die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist; §132; RG. 112, 280 = JW. 1926, 699. Vorausgesetzt ist dabei, daß nicht trotz der Auflösung ein Grund zur Eintragung besteht, weil noch eine Abwicklung eintreten muß oder noch unbefriedigte Gesellschaftsgläubiger vorhanden sein können und deshalb der Lauf der kurzen Verjährungsfrist, § 159, durch die Eintragung der Auflösung in Gang gesetzt werden muß. Anm. 14. Die Anmeldungen sind an das Registergericht (Amtsgericht) zu richten, in dessen Bezirk der Sitz der Gesellschaft liegt. Anm. 15. Stirbt der Anmeldungspflichtige nach Absendung der Anmeldung an das Registergericht, aber vor Eingang bei diesem und vor der Eintragung, so wird dadurch die Anmeldung nicht hinfällig, die Anmeldung kann vollzogen werden, ebenso wenn er nachträglich geschäftsunfähig wird. Jedoch muß der Einreichende zur Einreichung ermächtigt sein; OLG. Dresden in OLGR. 4, 22. Anm. 16. II. Das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht des Registerrichters richtet sich nach den dafür geltenden allgemeinen Grundsätzen; vgl. § 8 Anm. 8 - 10. Für die Eintragung einer offenen Handelsgesellschaft ergibt sich daraus insbesondere das Recht und die Pflicht des Registerrichters zu prüfen, ob eine offene Handelsgesellschaft besteht oder in den Fällen der §§ 2 und 3 duich die Eintragung entstehen kann. Es kann namentlich eine Prüfung in der Richtung geboten sein, ob ein rechtswirksamer, auch formell gültiger Gesellschaftsvertrag besteht, ob er die Voraussetzungen einer offenen Handelsgesellschaft erfüllt, ob die Mitwirkenden geschäftsfähig sind, oder ob es an der gebotenen Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters oder der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts fehlt. Der Registerrichter hat die Beteiligten auf die bestehenden Bedenken hinzuweisen und auf deren Behebung, etwa durch Beibringung der erforderlichen Genehmigungserklärungen hinzuwirken; K G J . 22A 280; 23A 89; OLGR. 41, 202. 74

Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipsrt)

§ 108 Anm. 17—19 Er kann auch von Amts wegen Ermittelungen anstellen. Zu einer ins einzelne gehenden Prüfung des sachlichen Inhalts des Gesellschaftsvertrages auf dessen Wirksamkeit und Deutlichkeit ist er nicht verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht schon deshalb nicht, weil die Vorlage eines schriftlichen Vertrags oder die Angabe des Inhalts des Vertrags nicht vorgeschrieben ist; KG. in OLGR. 42, 214 (anders § 29 AktG.). Im Rahmen seines Rechts zur Aufklärung des Sachverhalts kann der Registerrichter aber auch wegen des sachlichen Inhalts des Vertrags Auskunft von den Beteiligten verlangen, die Vorlage von Urkunden anordnen und weitere Ermittelungen anstellen. Einen nur zum Schein abgeschlossenen oder aus sonstigen Gründen offensichtlich nichtigen Vertrag darf der Registerrichter nicht zur Grundlage einer Eintragung machen. Ergeben sich derartige Mängel, so ist die Eintragung abzulehnen; K G J . 11, 372. Die bloße Anfechtbarkeit des Vertrags bildet keinen Grund zur Ablehnung der Eintragung. Der Registerrichter kann das Verfahren, auch das zur Erzwingung der Anmeldung eingeleitete, aussetzen, wenn in einem anderen Verfahren die Prüfung der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit des Vertrags zu erwarten ist. Er kann auch einem Beteiligten eine Frist zur Erhebung der Klage über die Nichtigkeit oder die Wirksamkeit einer Anfechtung bestimmen; § 127 FGG. Er kann aber auch die streitigen Vorfragen selbst entscheiden. Wegen der zulässigen Rechtsmittel vgl. § 8 Anm. 12; wegen der Eintragung selbst wird auf die allgemeinen Vorschriften über die Führung des Handelsregisters verwiesen; vgl. § 8 Anm. 11 f. und die im Anhang zu § 8 abgedruckte H ä n d e l s r e g i s l e r v e r f ü g u n g (HRV.). Anm. 17. Einzutragen ist alles, was nach § 106 (und § 107) „zur Eintragung" anzumelden ist. Wegen des B e s c h w e r d e r e c h t s vgl. § 8 Anm. 12. Anm. 18. L ö s c h u n g u n r i c h t i g e r E i n t r a g u n g e n . Ergibt sich nach einer Eintragung, daß sie wegen Fehlens einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war und deshalb zu U n r e c h t e r f o l g t ist, z. B. weil es sich um ein Kleingewerbe handelt oder daß das Unternehmen nachträglich zum Kleingewerbe herabgesunken ist, so kann die Gesellschaft von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten g e l ö s c h t werden; § 142 FGG. (abgedruckt bei § 8). Liegt nur ein Formmangel vor, z. B. weil nicht alle Anmeldepflichtigen bei der Anmeldung mitgewirkt haben, entspricht aber die Anmeldung dem wahren Sachverhalt, ist also die Gesellschaft nach außen wirksam geworden, so kann die Löschung von Amts wegen nicht erfolgen, da ein Formmangel allein die Löschung nicht rechtfertigt; § 142 FGG.; KG. in RJA. 12, 60; BayObLG. in K G J . 53, 257. Ergibt sich die Unrichtigkeit von Einzelheiten der Eintragung, z. B. über Namen, Stand- und Wohnort der Gesellschafter, so kann die B e r i c h t i g u n g d e s R e g i s t e r s ebenfalls von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten erfolgen. O f f e n b a r e U n r i c h t i g k e i t e n , wie S c h r e i b f e h l e r , können ohne weiteres berichtigt werden; § 17 HRV. Anm. 19. m . Die Wirkungen der Eintragung. Zur Entstehung der offenen Handelsgesellschaft ist die Eintragung nur in den Fällen der §§ 2 und 3 erforderlich. Die wesentliche Wirkung der Eintragung besteht darin, daß die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, wenn diese Wirksamkeit nicht schon mit dem früheren Beginn der Geschäfte der Gesellschaft eingetreten ist; vgl. §123 und die Erl. dazu. Die Eintragung als offene Handelsgesellschaft hat auch die Wirkung, daß demjenigen gegenüber, der sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend geamcht werden kann, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder daß es zu den in § 4 Abs. 1 bezeichneten Betrieben der Handwerker oder des Kleingewerbes gehöre; vgl. § 5 mit Erl. Hinsichtlich der Person der Gesellschafter tritt mit der Eintragung sowohl der wirklichen Gesellschafter wie der fälschlich Eingetragenen die in § 15 bezeichnete Wirkung ein; vgl. § 15 Anm. 11 ff., 22f. Wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig ist oder eine offene Handelsgesellschaft aus anderen Gründen nicht zustandegekommen ist, müssen diejenigen, die für den durch die Eintragung entstandenen Rechtsschein verantwortlich sind oder die mit der Veranlassung

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§108 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 20, 21 der Eintragung eine Haftungserklärung an die Öffentlichkeit abgegeben haben, gutgläubigen Dritten gegenüber sich als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft behandeln lassen; vgl. § 105 Anm. 75ff. Darüber hinaus besteht ein ö f f e n t l i c h e r G l a u b e des H a n d e l s r e g i s t e r s , auch für Einträge in Gesellschaftssachen nicht; vgl. RG. 142, 98. Im i n n e r e n V e r h ä l t n i s unter den Gesellschaftern hat die Eintragung der Gesellschaft keine Rechtswirkung, wenn die offene Handelsgesellschaft schon durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages entstanden ist. Wird die Gesellschaft aber erst durch die Eintragung offene Handelsgesellschaft, also in den Fällen der §§ 2 und 3, so treten auch im inneren Verhältnis erst mit der Eintragung die Wirkungen ein, die sich aus dem Wesen der offenen Handelsgesellschaft ergeben oder die nach dem Gesellschafts vertrag erst mit der Eintragung eintreten sollen. Bis d a h i n gelten die Regeln der b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e n G e s e l l s c h a f t . Dies kann in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung sein, z. B. für die Frage, ob die Auflösung der Gesellschaft oder die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigen Gründen nur durch rechtsgestaltendes Urteil nach §§ 133 ff. HGB. oder durch Kündigung oder Ausschließungserklärung der übrigen Gesellschafter, §§ 723, 737 BGB., erfolgen kann, ob im Falle der Auflösung der Gesellschaft die Abwicklung nach den Vorschriften des HGB. erfolgen muß oder ob die Auseinandersetzung nach den Vorschriften des BGB. vorzunehmen ist. Wegen der 'B< k a n n t m a c h u n g der E i n t r a g u n g und deren Folgen vgl. die Erläuterungen zu § 15. Anm. 20. IV. Die Z e i c h n u n g der F i r m a n e b s t der N a m e n s u n t e r s c h r i f t der v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r zur A u f b e w a h r u n g bei dem R e g i s t e r g e r i c h t . Die Vorschrift des Abs. 2 entspricht der des § 29 Abs. 2, nach der jeder Kaufmann seine Firma zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen hat. Aus der Eigenart der Gesellschaft ergibt sich, daß die Zeichnung durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter geschieht. Vom § 29 Abs. 2 unterscheidet sich § 108 Abs. 2 auch dadurch, daß nicht nur die Firma, sondern die Namensunterschrift zu zeichnen ist. Die Zeichnungen sollen der Prüfung der Echtheit von im Rechtsverkehr namens der Gesellschaft geleisteten Unterschriften dienen; RG. 54, 171; KG. in RJA. 9, 244 = OLGR. 18, 309. Sie können nach § 9 Abs. 1 von jedermann eingesehen werden. Die Zeichnung muß p e r s ö n l i c h durch denjenigen erfolgen, der zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist oder die Vertretungsbefugnis für einen Gesellschafter ausübt (Vormund, elterlicher Gewalthaber). Ist eine j u r i s t i s c h e P e r s o n Gesellschafter, so ist neben der Firma der offenen Handelsgesellschaft mit der Bezeichnung der juristischen Person und der Unterschrift ihrer gesetzlichen Vertreter zu zeichnen. Sind mehrere Vorstandsmitglieder der juristischen Person vorhanden, so müssen alle zeichnen. Aus dem Zwecke und dem persönlichen Charakter der Zeichnung ergibt sich, daß eine gewillkürte Stellvertretung (Bevollmächtigung) nicht zulässig ist. Die Zeichnung kann auch uicht durch einen Prokuristen erfolgen. Ist der vertretungsberechtigte Gesellschafter eine Gesellschaft, bei der unechte Gesamtvertretung besteht, § 125 Abs. 3 HGB.. § 71 Ads. 3 AktG., so muß auch der Prokurist zeichnen. Die F o r m d e r Z e i c h n u n g ist dieselbe wie bei den Anmeldungen zum Handelsregister (zu Protokoll des Richters oder Urkundsbeamten der Geschäftsselle oder Einreichung bei diesem in öffentlich beglaubigter Form). Aus der Beglaubigung muß sich ergeben, daß die Zeichnung persönlich vor dem beglaubigenden Beamten vorgenommen worden ist. Aus dem Zwecke der Vorschrift ergibt sich auch, daß sie nicht durch Stempeldruck oder ein ähnliches Verfahren vorgenommen werden kann; KGJ. 30A 119. Die B e i f ü g u n g des V o r n a m e n s in der Namensunterschrift ist nicht vorgeschrieben, auch nicht üblich, kann aber im Einzelfall zur Unterscheidung von anderen Vertretern mit gleichem Familiennamen geboten sein. Anm. 21. Behinderung an der Zeichnung durch ein Gebrechen befreit von der Verpflichtung, nicht aber Schreibensunkunde; wer nicht schreiben kann, ist zur Vertretung einer Handelsgesellschaft nicht geeignet; Österr. Oberster Gerichtshof, ZHR. 8, 541. 76

Erster Titel: Errichtung der Gesellschaft (Weipert)

§ 108 Anm. 22—28 Anm. 22. Die Zeichnung der Firma und der Namensunterschrift brauchen nicht in räumlichem Zusammenhang zu stehen oder gleichzeitig durch alle Zeichnungspflichtigen zu erfolgen. Die Firma kann im Text der Erklärung oder Niederschrift stehen, die Namensunterschrift kann zugleich als Unterschrift der Urkunde dienen; KG. in OLGR. 19, 311. Anm. 28. Die Zeichnung von Firma und Namensunterschrift muß als solche zur Aufbewahrung bei dem Registergericht erfolgen; eine zu anderen Zwecken, etwa von einem neu eintretenden Gesellschafter, früher als Prokurist eingereichte Zeichnung genügt nicht; KGJ. 37 A 140. Wird die Firma geändert, so muß die Zeichnung wiederholt werden. Anm. 24. Die Zeichnung nach Abs. 2 kann zeitlich nach den in §§ 106, 107 vorgeschriebenen Anmeldungen erfolgen. Die Eintragung auf Grund dieser Vorschriften kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil die Zeichnung nach Abs. 2 noch nicht vorliegt; KG. in RJA. 9, 244 = OLGR. 19, 309; OLGR. 41, 195. Anm. 25. Da es sich bei der Zeichnung um eine persönliche Verpflichtung des vertretungsberechtigten Gesellschafters handelt, erlischt sie mit seinem Tode. Die Erben können nur persönlich zur Zeichnung verpflichtet sein, wenn sie vertretungsberechtigte Gesellschafter werden. Anm. 26. Wegen der Z e i c h n u n g f ü r eine Z w e i g n i e d e r l a s s u n g vgl. §13 Abs. 2, §§ 13a, 13b. Anm. 27. Die Erfüllung der Zeichnungspflicht kann durch O r d n u n g s s t r a f e n gegen die Pflichtigen Personen, nicht gegen die Gesellschaft, erzwungen werden; § 14. Die Gesellschaft und jeder Mitgesellschafter kann auch auf Erfüllung der Verpflichtung klagen. Auch eine e i n s t w e i l i g e V e r f ü g u n g , die die Zeichnung anordnet, ist zulässig. Die Leistung der Zeichnungspflicht kann aber nicht nach § 16 HGB. oder nach § 894 ZPO. ersetzt werden. Dadurch würde auch der Zweck der Vorschrift nicht erfüllt werden. Die Erfüllung kann nur durch gerichtliche Zwangsstrafen nach § 888 ZPO. erzwungen werden; vgl. auch §16 Anm. 2. Anm. 28. Über die Z e i c h n u n g d e r F i r m a im R e c h t s v e r k e h r enthält (anders als § 72 AktG., § 25 GenG., § 35 GmbHG.) das Handelsgesetzbuch weder für den Einzelkaufmann noch für die Personengesellschaft besondere Vorschriften. Die, von besonders bestimmten Ausnahmen abgesehen, bestehende Formfreiheit im handelsrechtlichen Verkehr gilt daher auch für die Art, wie die Gesellschaft im schriftlichen Verkehr auftritt. Die Abgabe der Unterschrift in der Form, wie sie sich aus der beim Gericht eingereichten Zeichnung ergibt, ist zwar zu empfehlen, da die Vergleichung mit der beim Gericht aufbewahrten Zeichnung Streitigkeiten über die Echtheit einer Unterschrift bis zu einem gewissen Grade verhindern kann. Die Zeichnung mit der Firma ist aber, wie auch bei den genannten juristischen Personen, kein Erfordernis für die Rechtswirksamkeit einer namens der offenen Handelsgesellschaft abgegebenen Willenserklärung. Wesentlich ist nur, ob die vertretungsberechtigten Gesellschafter namens der Gesellschaft handeln wollten, und ob dieser Wille dem Dritten, für den die Willenserklärung bestimmt war, aus dem Inhalt der Erklärung und den Umständen des Falles erkennbar war; RG. 50, 60; 75, 1; 83, 121; 119, 114; OLGR. 20, 244; Schmidt in Großk. z. AktG. § 72 Anm. 1. Soweit die S c h r i f t f o r m gewählt wird oder nach der Art des Geschäfts oder auf Grund Vereinbarung der Beteiligten gewählt werden muß, genügt die Zeichnung des persönlichen Namens des zur Vertretung befugten Gesellschafters mit dem Zusatz ,,als Mitinhaber der Firma H." (OLGR. 4, 465). Der Zusatz zu dem Namen „in Firma H." könnte allerdings zu Zweifeln Anlaß geben, ob der Erklärende persönlich handeln und sich nur nebenbei als Mitinhaber einer Handelsfirma bezeichnen will. Regelmäßig muß aber doch auch darin der Ausdruck des Willens, für die Gesellschaft zu handeln, gefunden werden. Es soll damit gesagt sein, der Erklärende handle in seiner Eigenschaft als Firmeninhaber oder Teilhaber. Der Wille, für die Firma zu handeln, kommt auch ausreichend zum Ausdruck, wenn unter der vorgedruckten oder mit Stempel oder handschriftlich von einem Dritten hergestellten Firmenbezeichnung die Namensunterschrift beigesetzt wird. Dies gilt auch bei einer Wechselunterschrift; RG. 47, 165; in HoldhMschr. 12, 47. Es ist (auch für den Wechselverkehr) nicht erforderlich, daß die eingetragene Firma ihrem

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§109 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 1 Wortlaut nach gebraucht wird; vielmehr genügt auch eine verkehrsübliche Bezeichnung; RG. 28,118; in JW. 1928, 218'. Auch sonst sind Unrichtigkeiten in der Firmenbezeichnung ohne Einfluß, wenn über die Identität der bezeichneten Firma kein Zweifel besteht; ROHG. 16, 206. Auch die Zeichnung der Firma ohne Zusatz des persönlichen Namens reicht aus; RG. in JW. 1902, 636". Soweit die Wirksamkeit einer Erklärung von der Einhaltung der Schriftform abhängt, ist eigenhändige Unterschrift erforderlich, § 126 BGB. Aber auch in diesem Falle genügt es, wenn der Vertretungsberechtigte mit dem Namen des Vertretenen, also der Firma, unterzeichnet; RGVZ. 74, 69; Großkomm. z. AktG. § 72 Anm. 1. Bei Gesamtvertretung kann ein vertretungsberechtigter Gesellschafter mit Ermächtigung der übrigen wirksam unterzeichnen, und zwar mit seinem Namen allein, oder auch zugleich mit dem Namen derübrigen; RG. 118,168; Großkomm, z. AktG. a. a. O. Daß er ermächtigt ist, braucht in der Urkunde nicht zum Ausdruck zu kommen. Die Ermächtigung kann im Streitfall durch jedes Beweismittel dargetan werden; vgl. Schlegelberger Anm. 12. Ist die Erklärung in einer Notariatsurkunde abgegeben, so genügt die Unterschrift mit dem persönlichen Namen des Vertreters, wenn sich aus der Urkunde ergibt, daß sie namens der Gesellschaft abegegeben worden ist, ebenso wenn bloß mit dem Firmennamen unterzeichnet ist und von dem Notar beurkundet wird, daß diese Unterschrift von einem vertretungsberechtigten Gesellschafter herrührt; KG. 13,170; 21 A 103; 31 A 211; a. A. Schwarz Anm. 3. Anders als bei der GmbH. (§ 35 Abs. 2 GmbHG.) und der e. Genossenschaft, § 25 Abs. 1 GenG., ist für die Personengesellschaften im Gesetz keine Bestimmung vorhanden, nach der die gesetzlichen Vertreter in der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Firma zu zeichnen haben. Gleichwohl kann auch im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaften den vertretungsberechtigten Gesellschaftern die Einhaltung einer bestimmten Form für die Willenserklärungen der Gesellschaft und für die Firmenzeichnung vorgeschrieben werden. Diese Vorschrift bindet aber nur die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft auf Grund des zwischen ihnen bestehenden Vertrages. Dritten, jedenfalls solchen gegenüber, die die Vorschrift des Gesellschaftsvertrages nicht kennen oder mit denen nicht die Einhaltung dieser Form als Wesenserfordernis für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts vereinbart ist, ist sie wirkungslos. Dem Dritten gegenüber würde sie eine rechtsunwirksame Beschränkung der Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter darstellen, § 126; ebenso Brodmann GmbHG. § 35 Anm. 4; vgl. ROHG. 16, 35; RG. bei Bolze 8, 548; anders ROHG. 12, 32. Zweiter Titel Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander

§ 109 Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage; die Vorschriften der §§ 110 bis 122 finden nur insoweit Anwendung, als nicht durch den Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. Anm. 1. Der zweite Titel regelt nach dem Vorbilde der Artt. 90—109 ADHGB. nach seiner Überschrift das „Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander", während der dritte Titel das „Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten" ordnet. § 109 Halbsatz 1 stellt den allgemeinen Grundsatz auf, daß das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag richtet. In Durchführung dieses Grundsatzes spricht Halbsatz 2 aus, daß die nachfolgenden Vorschriften des zweiten Titels, §§ 110—122, nur gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. In diesen Paragraphen wird für besonders wichtige Fragen eine der Eigenart der offenen Handelsgesellschaft angepaßte Regelung getroffen. § 110 ordnet die An-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 109 Anm. 2, 8 spräche eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft aus Aufwendungen, die er in Gesellschaftsangelegenheiten gemacht hat, oder aus Verlusten, die er unmittelbar durch die Geschäftsführung oder aus Gefahren, die mit ihr untrennbar verbunden sind, erlitten hat. § 111 bestimmt die Folgen verzögerter Einzahlungen oder unbefugter Entnahmen. Die §§ 112 und 113 ordnen das Wettbewerbsrecht zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft, die §§ 114—118 die Geschäftsführung, § 119 die Beschlüsse der Gesellschafter, die §§ 120—122 die Ermittelung von Gewinn und Verlust der Gesellschaft und deren Verteilung unter die Gesellschafter und das Entnamherecht der Gesellschafter. Außer diesen Vorschriften enthält das HGB. auch noch weitere Bestimmungen nachgiebigen Rechts, die das Verhältnis der Gesellschafter untereinander ordnen, z. B. die des § 136 über die Fortdauer der Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters nach Auflösung der Gesellschaft, des § 132 über die gesetzliche Kündigungsfrist, der §§ 146, 156, 158 über die Abwicklung einer aufgelösten Gesellschaft. Soweit die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch die besonderen Vorschriften des HGB. geordnet sind, gelten ergänzend weiter die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Gesellschaft, §§ 705ff. BGB., und die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit sie mit dem Wesen der offenen Handelsgesellschaft vereinbar sind, § 105 Abs. 2. Anm. 2. Der V o r r a n g des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s v o r der g e s e t z l i c h e n Regelung. Das R e c h t s v e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r richt e t sich z u n ä c h s t n a c h dem G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e . Das Gesetz wiederholt damit für die offene Handelsgesellschaft den dem Handelsrecht eigentümlichen Grundsatz, daß die Vertragschließenden ihr Rechtsverhältnis frei gestalten können, soweit nicht zwingende Vorschriften diese Freiheit einschränken. Die Vertragschließenden müssen selbstverständlich, wenn sie eine offene Handelsgesellschaft errichten wollen, den Vertrag so gestalten, daß die Gesellschaft den Begriffsmerkmalen der offenen Handelsgesellschaft, wie sie in § 105 Abs. 1 enthalten sind, entspricht. Innerhalb dieser Grenzen besteht V e r t r a g s f r e i h e i t . Die Vereinbarungen dürfen nicht dem Wesen der Personengesellschaft, wie sie in BGB. §§ 705ff. festgelegt sind, widersprechen. Auch soweit die dort aufgestellten Grundsätze nicht zwingend sind, sind sie doch als Auslegungsregeln zu beachten. In Betracht kommt hier namentlich Folgendes: Anm. 8. a) Der Grundsatz der Gleichheit oder der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter. Er besagt, daß grundsätzlich jeder Gesellschafter die gleichen Rechte und Pflichten hat. Der Grundsatz gilt für die Personengesellschaften ebenso wie für die Kapitalgesellschaften und die eingetragene Genossenschaft; RG. 38,16; 62, 308; JFG. 5, 277; 10, 158; Gadow in Großkomm. z. AktG. § 1 Anm. 12; Lang-Weidmüller, GenG. (Kl.Komm.) §18Anm.l; § 69 Anm. 4; Würdinger 8. 38; Heck, Grundriß des Schuldrechts 376; Hueck in Festgabe für Heymann II 716ff.; im Ergebnis auch Hueck, OHG. S. 58; Wilh. Kisch in ArchfRechtsphil. 1927,214. Für die Personengesellschaften ergibt sich der Grundsatz insbesondere aus der einem allgemeinen Rechtsgedanken entspringenden Vorschrift des § 706 BGB., nach der in Ermangelung einer anderen Vereinbarung die Gesellschafter gleiche Beiträge zu leisten haben. Für die offene Handelsgesellschaft kommt der Grundsatz namentlich auch in den Vorschriften zum Ausdruck, nach denen in der Regel alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sind, § 114 Abs. 1, § 125 Abs. 1, und es für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, § 119 Abs. 2. Der Grundsatz sagt nicht, daß alle Gesellschafter gleiche Rechten und Pflichten haben m ü s s e n , sondern daß sie im Zweifel gleichberechtigt und gleichverpflichtet sind. Durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder eine Änderung desselben kann davon abgewichen werden. Liegt eine solche Vereinbarung nicht vor, so ist ein gegen den Grundsatz verstoßendes Verhalten der Gesellschaft unzulässig; z. B. ist die Einforderung der nur auf Verlangen der geschäftsführenden Gesellschafter zu leistenden Beiträge von nur einem Teil der Gesellschafter unwirksam, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag insofern die Abweichung von der Regel zuläßt. Beschlüsse der Gesellschafter, die gegen den Grundsatz verstoßen, sind, auch wenn nach dem Gesellschaftsvertrage Mehrheitsbeschlüsse zulässig sind, unwirksam, wenn nicht die Abweichung von dem Grundsatz im Gesellschaftsvertrage unzweideutig zugelassen ist. Die Unwirksamkeit wirkt aber nur unter den Gesellschaftern. Die von

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§ 109 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm.4, 5 einem solchen Beschluß oder einer Verfügung der Verwaltungsorgane betroffenen Gesellschafter können durch ihre Zustimmung, auch nachträglich, die Wirksamkeit herbeiführen; vgl. RG. 62, 308; 68, 213; 73,191; 80, 86; 113,156; 11?, 228; 120, 180. Abweichungen von der Regel können in verschiedenster Weise vereinbart werden und sowohl die allgemeinen Mitverwaltungsrechte der Gesellschafter wie ihre vermögensrechtliche Beteiligung, z. B. bei der Gewinn- oder Verlustbeteiligung oder bei der Auseinandersetzung bei der Beendigung der Gesellschaft, zum Gegenstande haben. Der Grundsatz der Gleichberechtigung der Gesellschafter hat besondere Bedeutung als Auslegungsregel. Eine Vereinbarung ist im Zweifel zugunsten der Gleichberechtigung auszulegen. Anm.4. Die B e s c h r ä n k u n g des V e r f ü g u n g s r e c h t e s der G e s e l l s c h a f t e r über ihre B e t e i l i g u n g am G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n und über ihre s o n s t i g e n Ansprüche aus dem G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s . Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander wird wesentlich bestimmt durch die namentlich in den §§ 717, 719, 738 zum Ausdruck gekommene A u s g e s t a l t u n g der P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e n des bürgerlichen und des Handelsrechts als G e s a m t h a n d g e s e l l s c h a f t e n ; vgl. dazu § 105 Anm. 35ff. Durch diese Vorschriften ist das Gesellschaftsvermögen, das allen Gesellschaftern gemeinsam gehört, im Interesse der Erreichung des Gesellschaftszweckes in der Weise gebunden, daß mit bestimmten Ausnahmen die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegeneinander zustehen, nicht übertragbar sind (§ 717) und daß ein Gesellschafter weder über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen noch an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen kann, daß er auch nicht berechtigt ist, Teilung zu verlangen (§ 719). Der einzelne Gesellschafter kann auch nicht bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft Teilung des Vermögens verlangen; vielmehr wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu; diese sind nur verpflichtet, ihn abzufinden und die von ihm der Gesellschaft nur zur Benutzung überlassenen Gegenstände zurückzugeben; § 738 BGB. Aus dem Zweck dieser Vorschriften und den vorgeshenen Ausnahmen ergibt sich, daß alle nicht unter eine Ausmahmevorschrift fallenden Rechte der Gesellschafter, die sog. Sozialrechte, h ö c h s t p e r s ö n l i c h e R e c h t e und als solche nicht übertragbar sind. Ihre Ubertragbarkeit widerspricht dem Wesen der Personengesellschaft als einer auf persönlichem Vertrauen beruhenden und auf gegenseitige Zusammenarbeit gerichteten Vereinigung. Aus dem Zwecke des Grundsatzes ergibt sich auch seine Bedeutung als Auslegungsregel: Dritte sollen von dem inneren Leben der Gesellschaft tunlichst ferngehalten werden. Anm. 5. Unübertragbar sind danach nicht nur die vermögensrechtlichen Ansprüche, soweit das Gesetz nicht eine Ausnahme zuläßt, sondern auch die sogenannten gesellschaftlichen Herrschaft«- oder Mitverwaltungsrechte. Zu diesen gehört das Recht der Gesellschafter auf die Mitwirkung bei der Vertretung und bei der Entziehung der Befugnis zur Vertretung, §§ 125, 127, das Stimmrecht, § 119, das Recht auf Mitwirkung bei Anmeldungen zum HR., § 108 oder bei der Abwicklung und Auseinandersetzung, § 146. Nicht übertragbar ist auch das Recht auf Prüfung der Geschäftsführung (Bucheinsicht), auf Auskunft und Rechnungslegung, auch nicht, wenn es sich um Auskunft und Rechnungslegung über einen Anspruch handelt, der übertragbar ist, wie der Anspruch auf den Gewinnanteil und das Auseinandersetzungsguthaben, denn dadurch würde der Zweck der Regel, Dritten den Einblick in die inneren Verhältnisse zu verwehren, vereitelt werden; RG. bei Gruchot 48, 912; LZ. 1912, 558. Deshalb kann der Dritte, dem der Anspruch abgetreten ist, auch nicht auf Vornahme der Auseinandersetzung oder auf Aufmachung einer Bilanz, aus der sich Gewinn oder Verlust ergibt, klagen; RG. 52, 35; 90, 91; in JW. 1902, 397"; 1917, 539'; in BauersZschr. 12, 93; in HoldhMschr. 21, 188; Wieland I 663". Der Abtretungsempfänger kann nur von dem abtretenden Gesellschafter Auskunft über den Betrag seines Guthabens, nicht aber über deren Grundlagen verlangen, soweit sie zugleich einen Einblick in die inneren Verhältnisse der Gesellschaft geben würde. Da es sich um h ö c h s t p e r s ö n l i c h e Rechte handelt, kann der einzelne Gesellschafter die Mitverwaltungsrechte regelmäßig auch nicht durch einen Bevollmächtigten ausüben lassen; vgl. aber § 118. Nicht übertragbar ist auch das gesetzliche Ent-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschalter untereinander (Weipert) § 1 0 9 Anm. 6, 7 nahmerecht nach § 111, da es sich nicht um einen abtretbaren Gewinnanspruch handelt; R G . 67, 17. Aus dem Gesellschaitsverhältnis fließt auch und ist deshalb nicht übertragbar — das einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eingeräumte O p t i o n s r e c h t , nämlich das Recht, einen Gesellschafter auszukaufen und das Geschäft allein weiterzuführen; KG. in J W . 1926, 2099« mit Anm. Anm. 6. Nicht übertragbar ist auch der Anspruch des einzelnen Gesellschafters gegen einen anderen auf Erfüllung seiner Verpflichtungen gegen die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnisse. Einen solchen Anspruch, aber nur auf Leistung an die Gesellschaft (actio pro socio, vgl. § 124 Anm. 36), kann der einzelne Gesellschafter nur in seiner Eigenschaft als Gesellschafter geltend machen. Durch die Abtretung an einen Dritten würde der Anspruch seinen sozialrechtlichen Charakter verlieren, auch wenn der Dritte nur Leistung an dieGesellschaft verlangen würde; § 399 B G B . ; R G . 76, 436; Warn. 1919 Nr. 55; OLG. Hamburg in SeuffA. 73, 40. Anm. 7. D i e r e c h t l i c h e B e d e u t u n g der U n ü b e r t r a g b a r k e i t der Ges e l l s c h a f t e r r e c h t e ist je nach der Art der Rechte verschieden. Zum Teil bedeutet das Verbot der Übertragung, daß die Übertragung überhaupt nicht möglich ist; zum Teil hat das Verbot nur den Sinn, daß der einzelne Gesellschafter seine Rechte nicht e i n s e i t i g übertragen darf, daß die Übertragung aber mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist. A u c h m i t Z u s t i m m u n g a l l e r G e s e l l s c h a f t e r können nicht auf einen Dritten übertragen werden e i n z e l n e R e c h t e , die nur in V e r b i n d u n g m i t der M i t g l i e d s c h a f t d e n k b a r s i n d , wie das Recht am Gesellschaftsvermögen und die Anteilsrechte an den dazugehörenden Gegenständen, also die G e s a m t h a n d s b e r e c h t i g u n g , das Recht auf Bucheinsicht und Rechnungslegung, auf Ausübung der Verwaltungsrechte (mit Ausnahme der Geschäftsführungsbefugnis und der damit zusammenhängenden Rechte; vgl. § 114 Anm. 7, 9), das Entnahmerecht, das Stimmrecht, das Recht auf Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft. Nicht unvereinbar mit dem Wesen der Personengesellschaft ist dagegen die Übertragung der B e t e i l i g u n g an der G e s e l l s c h a f t ü b e r h a u p t . Zwar beruht die Personengesellschaft auf dem persönlichen Vertrauen der Gesellschafter, die sich in ihr, regelmäßig auch zu gemeinsamer Arbeit, zusammengefunden haben. Das Gesetz sieht aber selbst in verschiedenen Vorschriften eine Veränderung in der Zusammensetzung der Gesellschafter vor; vgl. §130. In §139 läßt es eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrages zu, nach der im Falle des Todes eines Gesellschafters die übrigen Gesellschafter verpflichtet sind, die Gesellschaft mit den Erben des Verstorbenen fortzusetzen. Diese Verpflichtung kann auch begründet werden, wenn die Erben den Mitgesellschaftern völlig unbekannt sind. Daraus ergibt sich, daß der M i t g l i e d e r w e c h s e l dem Wesen der Gesellschaft nicht widerspricht. Der einzelne Gesellschafter darf sich nur nicht e i n s e i t i g aus der bestehenden persönlichen Bindung loslösen und seine Beteiligung auf einen Dritten übertragen. Wie Art. 98 ADHGB. ausdrücklich aussprach, kann er aber mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter seine Beteiligung auf einen Dritten übertragen. Der Dritte tritt dann an seiner Stelle in die Gesellschaft ein. Die Zustimmung der übrigen Gesellschafter kann schon im Gesellschaftsvertrage aber auch später erteilt werden; R G . in LZ. 1921, 617*. Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, daß die Zustimmung der Mehrheit genügt. Im Gesellschaftsvertrag kann auch einem einzelnen Gesellschafter das Recht eingeräumt werden, einseitig einen Dritten an seine Stelle zu setzen. Zum Eintritt des Dritten ist stets ein Vertrag mit ihm nötig, den die übrigen Gesellschafter, bei einseitigem Aufnahmerecht eines Gesellschafters der Berechtigte, mit ihm abschließen müssen; R G . in LZ. 1931, 234 4 ; HoldhMschr. 14, 163; OLG. Karlsruhe im Recht 1903, 42; KG. in J W . 1926, 2099. Bestritten ist, ob einem Gesellschafter das Recht eingeräumt werden kann, einen b e l i e b i g e n Dritten als weiteren Gesellschafter oder an seiner Stelle aufzunehmen oder ob die Vereinbarung nur zulässig ist, wenn sie sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person, etwa einen Familienangehörigen beschränkt. Gegen die Beschränkung spricht das Beispiel des § 139, vgl. den vorstehenden Abschnitt und das praktische Bedürfnis, so auch R G . im Recht 1915 Nr. 621; in HoldhMschr. 14, 161; vgl. auch R G . 92, 166; OLG. Dresden in BankA. 16, 376; Wieland I 660 8 ; Müller-Erzbach 181. Gegen einen 6

HGB. Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§109 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8, 9 Rechtsmißbrauch schützt die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung; § 242 BGB. Stellt sich die Ungeeignetheit des neu Eintretenden nachträglich heraus, so kann durch eine Ausschließungs- oder Übernahmeklage nach §§ 140, 142 geholfen werden. Da die regelmäßige Unübertragbarkeit der Mitgliedsrechte nur im Interesse der Mitgesellschafter bestimmt ist, hat die Übertragung der Beteiligung (der Mitgliedschaft) ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter nicht die Nichtigkeit der Abtretung nach §134 BGB. zur Folge. Sie ist nur gegenüber den anderen Gesellschaftern unwirksam, weil ein Verstoß gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot vorliegt, das nur dem Schutze bestimmter Personen, der Mitgesellschafter, dient; § 135 BGB. Diese können auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit verzichten und die Abtretung auch stillschweigend genehmigen; RG. in JW. 1919, 933*. Da sämtliche Gesellschafter einen Mitgliederwechsel zum Handelsregister anzumelden haben, §§ 107, 108, können sie die Eintragung einer ohne ihre Zustimmung erfolgten Übertragung zum Handelsregister durch die Versagung ihrer Mitwirkung verhindern. Es ist Tatfrage, ob eine ohne Zustimmung der Mitgesellschafter vereinbarte Abtretung der Beteiligung als Abtretung nur der übertragbaren Rechte auszulegen und als solche aufrechtzuerhalten ist. Zulässig ist auch — mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter — die Übertragung der Beteiligung eines Gesellschafters auf einen Mitgesellschafter. Er erwirbt dann auch dessen Kapitalanteil, nicht aber notwendig dessen besondere Verwaltungsrechte, wenn nicht auch insofern die Zustimmung der übrigen Gesellschafter vorliegt! Denn die Übertragung der Geschäftsbefugnisse beruht auf besonderem Vertrauen jeden einzelnen Gesellschafters. Mit Zustimmung aller Gesellschafter kann ein Gesellschafter seine Beteiligung auch nur zum Teile auf einen Mitgesellschafter oder einen Dritten übertragen, auch mit einem entsprechenden Kapitalanteil. Die besonderen Verwaltungsrechte des Abtretenden gehen auch in diesem Falle ohne besondere Vereinbarung nicht auf den Abtretungsempfänger über; Hueck S. 226. Anm. 8. Soweit Rechte, also auch Gesellschafterrechte, nicht übertragbar sind, können sie auch nicht Gegenstand eines NieObrauchs oder eines Pfandrechts sein; § 1069 Abs. 2; § 1274 Abs. 2 BGB.; und sind sie auch nicht pfändbar: § 851 ZPO. Sie gehören insofern auch nicht zur Konkursmasse eines Gesellschafters; § 1 KO. Nießbrauch und Pfandbestellung sind zulässig an den übertragbaren Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis, also an dem Anspruch auf Gewinn- und Abwicklungserlös. Mit Zustimmung aller Gesellschafter können die gesamten Rechte aus der Beteiligung auf den Nießbraucher ebenso übertragen werden, wie auch sonst die gesamte Beteiligung übertragen werden kann. Da auch ein Dritter zum Geschäftsführer bestellt werden kann, vgl. § 114 Anm. 6f., kann auch einem Dritten als Nießbraucher die Geschäftsführung mit Zustimmung aller Gesellschafter übertragen werden. Soweit eine Übertragung der Rechte nicht wirksam erfolgt ist, müssen die Rechte, z. B. das Stimmrecht, von dem Gesellschafter selbst ausgeübt werden. Bei dem g e s e t z l i c h e n G ü t e r s t a n d der V e r w a l t u n g u n d N u t z n i e ß u n g übt der Mann die Verwaltungsrechte aus, wenn die Beteiligung zum eingebrachten Gut der Frau gehört. Gehört die Beteiligung zum Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft, so übt der Mann oder der überlebende Ehegatte die Verwaltungsrechte aus. Zu einer Verfügung über das Recht selbst, etwa zu einem Auflösungsbeschluß oder einer Abtretung der Beteiligung, bedarf es aber der Zustimmung der Frau oder der Abkömmlinge. Wegen Pfändung des Anspruchs eines Gesellschafters auf sein A u s e i n a n d e r s e t z u n g s g u t h a b e n und der Verwertung dieses Pfandrechts vgl. §§ 135, 141. Anm. 9. Die Unterbeteiligung eines Dritten. Auch soweit eine Übertragung der Gesellschafterrechte auf einen Dritten unzulässig ist, kann zwischen einem einzelnen Gesellschafter und einem Dritten doch ein Rechtsverhältnis bestehen, nach dem der Dritte im Verhältnis zu diesem Gesellschafter an dem wirtschaftlichen Werte der Beteiligung, insbesondere an dem Gewinn und Verlust und dem Ergebnis der künftigen Auseinandersetzung bei der Auflösung der Gesellschaft oder dem Ausscheiden des einzelnen Gesellschafters aus ihr beteiligt ist. Dieses Rechtsverhältnis kann ein Gesellschaftsverhältnis des bürgerlichen Rechts, §§ 705ff. BGB., oder auch ein Rechtsverhältnis anderer Art sein. •Gegenüber der offenen Handelsgesellschaft hat der Dritte aus einer

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 109 Anm. 10 solchen Beteiligung keinerlei Rechte und Pflichten, namentlich kein Recht auf Rechnungslegung. Er kann wohl gegenüber seinem Vertragsgenossen einen Anspruch auf Rechnungslegung haben. Er kann unter diesem Gesichtspunkt aber nur Aufschluß über die E r g e b n i s s e der Beteiligung des Gesellschafters, nicht aber über den Betrieb des Gesellschaftsunternehmens verlangen; durch eine Auskunft über den Betrieb würde der Gesellschafter seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit verletzen; ROHG. 23, 120. Anm. 10. Die g e s e t z l i c h e n A u s n a h m e n von der U n ü b e r t r a g b a r k e i t der G e s e l l s c h a f t e r r e c h t e sind in §717 Satz 2 BGB. genannt. Danach sind frei, also auch ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter, übertragbar: a) die einem G e s e l l s c h a f t e r aus s e i n e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g z u s t e h e n den A n s p r ü c h e , soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann. Dazu gehört auch der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und von durch die Geschäftsführung erlittenen Verlusten nach § 110 und auf eine dem Gesellschafter für seine Geschäftsführung bewilligte b e s o n d e r e Vergütung; vgl. die Erl. zu § 110. Unbeschränkt zulässig ist selbstverständlich auch die Abtretung von Ansprüchen, die nicht auf dem Gesellschaftsverhältnisse beruhen; b) die A n s p r ü c h e auf einen G e w i n n a n t e i l . Als Gewinn ist nur das anzusehen, was nach kaufmännischer Anschauung als Gewinn gilt, also der für ein Geschäftsjahr sich aus einer nach kaufmännischen Regeln aufgestellten Jahresbilanz ergebende Gewinn, RG. 67, 13; Gewinnanteile sind somit nicht feste Bezüge, die ohne Rücksicht darauf, ob tatsächlich Gewinn erzielt wird oder nicht, geschuldet werden; z. B. feste Zinsen, soweit die Ansprüche nicht unter a fallen. Gewinnanteil ist die sogenannte Vordividende nach § 121, denn sie erhält der Gesellschafter „von dem Jahresgewinn"; c) die A n s p r ü c h e auf das A u s e i n a n d e r s e t z u n g s g u t h a b e n , d. h. auf dasjenige, was einem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung bei Auflösung der Gesellschaft oder was ihm als Abfindung bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft zusteht; d) abtretbar ist auch der A u s g l e i c h s a n s p r u c h eines Gesellschafters gegen die übrigen Gesellschafter aus Zahlung einer Gesellschaftsschuld. Es liegt eine reine Geldforderung vor, die nicht höchstpersönlicher Art ist; vgl. § 124 Anm. 40; § 155 Anm. 18; Hueck S. 147. Durch die Übertragung der abtretbaren Ansprüche wird ihre sozialrechtliche Natur nicht geändert. Ihre Befriedigung kann regelmäßig nur aus dem Gesellschaftsvermögen, nicht aus dem Privatvermögen der Gesellschafter begehrt werden; Hueck S. 147. Die Abtretung kann auch rechtswirksam erfolgen, ehe die einzelnen Ansprüche, etwa auf Gewinnanteil, fällig geworden oder entstanden sind, denn auch künftige oder bedingte Ansprüche sind abtretbar. Die Ansprüche der oben bezeichneten Art bestehen aber auch schon vor der Feststellung ihrer Höhe auf Grund des Gesellschaftsvertrages; RG. 60, 130; in JW. 1919, 933«; Schlegelberger Anm. 16; RGRKomm. §117 BGB. Anm. 2. Der Anspruch auf einen bestimmten Betrag als Gewinnanteil oder Auseinandersetzungsguthaben kann aber erst g e l t e n d gemacht werden, wenn er im gesellschaftsrechtlichen Verfahren, also durch Gesellschafterbeschluß über die Feststellung der Jahresbilanz oder im Auseinandersetzungsverfahren durch die gemeinschaftliche Tätigkeit der Gesellschafter, also durch einen gesellschaftsrechtlichen Akt festgestellt, wenn aus dem Anspruch ein reiner I n d i v i d u a l a n s p r u c h geworden, er also vollständig aus dem Gesellschaftsverhältnis losgelöst worden ist; RG. 90, 19; vgl. auch RG. im Recht 1905,19»; in JW. 1919, 501» und 933«; KG. in OLGR. 42, 77. Die Feststellung der Höhe des Anspruchs ist ausschließlich Sache der Gesellschafter; RG. 52, 35; Schlegelberger Anm. 16. Die Gesellschafter sind aber verpflichtet, die Berechnung nach den Vorschriften des Gesetzes oder Gesellschaftsvertrages, insbesondere über Abschreibungen usw. vorzunehmen; Schlegelberger Anm. 17. Die Übertragung der Ansprüche hindert die Gesellschafter nicht, diese Ansprüche nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen umzugestalten oder aufzuheben. Die Gesellschafter handeln dabei nur in Ausübung ihres gesellschaftsrechtlichen Herrschaftsrechtes. So kann durch Änderung des Gesellschaftsvertrages — wenn es dieser zuläßt, auch durch Mehrheitsbeschluß, § 119 — der Anteil der einzelnen Gesellschafter auf Auseinandersetzungsguthaben anderweitig geordnet und auch ganz aufgehoben werden. In gleicher Weise kann der Anspruch auf den Gewinn

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§ 109 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm 11, 12 eines einzelnen Jahres aufgehoben und beschlossen werden, den Gewinn für Gesellschaftszwecke zu verwenden. Es kann auch beschlossen werden, eine aufgelöste Gesellschaft nicht auseinanderzusetzen, sondern fortzusetzen und damit den werbenden Betrieb wieder aufzunehmen, § 144. Dabei kann auch der Gesellschafter, der die Übertragung seines Anspruchs vorgenommen hat, mitwirken ohne gesellschaftsrechtlich durch das Rechtsgeschäft mit dem Dritten verhindert zu sein. Der Zessionar kann dann nur gegen seinen Zedenten aus dem mit diesem bestehenden Rechtsverhältnisse vorgehen, von ihm unter Umständen Schadensersatz fordern. Von der Gesellschaft kann er Schadensersatz nur fordern, falls das Verhalten der Gesellschaft gegen Treu und Glauben verstößt, eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, § 242, oder den Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt. Zweifelhaft kann aber doch sein, ob das Gestaltungsrecht der Gesellschafter auch dann noch besteht, wenn das Geschäftsjahr, um dessen Gewinn es sich handelt, bereits abgelaufen oder die Auflösung der Gesellschaft bereits eingetreten u n d die Abwicklung durchgeführt ist, so daß es sich nur noch um die Verteilung des Erlöses handelt. In beiden Fällen hat der einzelne Gesellschafter einen Anspruch, dessen Beseitigung nur mit seinem Willen möglich ist. Läßt er einen Gewinnanteil stehen, so kommt dies auf Erhöhung des vereinbarten Beitrags hinaus, wozu kein Gesellschafter verpflichtet ist. Auch zur Zustimmung zu einem Fortsetzungsbeschluß ist der einzelne Gesellschafter nicht verpflichtet. Die Beteiligung verpflichtet danach den einzelnen Gesellschafter nicht, bei derartigen Beschlüssen die Belange der Gesamtheit zu wahren. Deshalb muß auch die Gesellschaft Verfügungen des Gesellschafters über den Gewinn- oder Auseinandersetzunganspruch gegen sich gelten lassen, wenn das Geschäftsjahr abgelaufen oder die Auflösung und Abwicklung erfolgt ist und im Zeitpunkt der Gesellschafterbeschlüsse die Abtretung bereits erfolgt war. Man wird dabei nur in Anwendung des in § 407 BGB. ausgesprochenen Grundsatzes verlangen müssen, daß im Zeitpunkt der Beschlüsse der Gesellschaft, d. h. sämtlichen Gesellschaftern die Abtretung bekannt war. Allerdings wird dadurch die g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e Wirksamkeit eines Beschlusses, insbesondere eines Fortsetzungsbeschlusses, nicht aufgehoben. Aber der Zessionar kann die Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen verlangen. Es wird freilich seine Aufgabe sein, zu beweisen, daß ihm danach ein Anspruch in bestimmter Höhe zusteht.Wenn er auch nicht die Aufstellung einer Jahres- oder einer Abschichtungsbilanz fordern kann, so wird unter Umständen doch auf Grund freier tatrichterlicher Prüfung festgestellt werden können, daß ein bestimmter Betrag mindestens zu leisten ist. Kann der Zessionar die anderweite Verwendung des Gewinns oder die Fortsetzung der Gesellschaft nicht verhindern, so ist er, sofern ihm der Anspruch von einem Gesellschafter zur Abgeltung einer Forderung des Zessionars abgetreten ist, wegen WegfalL des Anspruchs aus der Abtretung Gläubiger des einzelnen Gesellschafters geblieben. Er kann nunmehr gemäß § 135 den Anspruch seines Schuldners auf das Auseinandersetzungsguthaben pfänden und durch Kündigung die Auflösung der Gesellschaft herbeiführen und so zur Befriedigung seines Anspruchs gelangen, § 141. Wollen die Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft nicht durch einen Fortsetzungsbeschluß rückgängig machen, sondern die Vollbeendigung der Gesellschaft herbeiführen, so können sie nicht zum Nachteile des Zessionars eine andere Art der Auseinandersetzung, §145, vereinbaren; RG. 90, 19. Anm. 11. B e s c h r ä n k u n g der Ü b e r t r a g b a r k e i t d u r c h den Gesells c h a f t s v e r t r a g . Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Übertragung an sich übertragbarer Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis ausgeschlossen werden. Eine trotzdem erfolgte Abtretung ist den übrigen Gesellschaftern und der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Sie kann aber von ihnen nachträglich ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt werden; RG. in JW. 1919, 933®. Der Zessionar kann aus einer unwirksamen Abtretung keine Ansprüche gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter geltend machen. Eine durch den Gesellschaftsvertrag geschaffene Unübertragbarkeit der Ansprüche hindert aber ihre Pfändung nicht; § 851 Abs. 2 ZPO. und Jonas, Anm. 3 dazu; § 399 BGB. Anm. 12. A b w e i c h u n g e n von der g e s e t z l i c h e n R e g e l u n g der §§ 706 bis 708 BGB. können durch den Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. So kann die Beitragspflicht der einzenen Gesellschafter verschieden gestaltet werden. Dem einzelnen

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § § 1 0 9 , 1 1 0 Anm. 13, 1 4 Gesellschafter kann das Recht eingeräumt werden, seinen Beitrag einseitig zu erhöhen oder zu vermindern. Es kann auch die N a c h s c h u ß p f l i c h t der Gesellschafter vereinbart werden. Auch die E r h e b u n g von N a c h s c h ü s s e n auf G r u n d e i n e s M e h r h e i t s b e s c h l u s s e s ist zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag Mehrheitsbeschlüsse, und zwar unzweideutig auch für derartige, von der gesetzlichen Regel abweichende Beschlüsse zuläßt; vgl. § 119; vgl. auch § 317 B G B . Eine schrankenlose Unterwerfung der Minderheit unter den Beschluß der Mehrheit kann aber nach Lage des Einzelfalls gegen die guten Sitten verstoßen und deshalb nichtig sein; § 138 B G B . ; R G . 91, 166; 151, 327; Gruchot 58, 965; RGRKomm. § 707 Anm. 2. Erforderlich ist deshalb regelmäßig eine Begrenzung des Rechts zur Beschließung von Zubußen durch Mehrheitsbeschluß z. B . durch Festsetzung eines Höchstbetrages. Auch nach den Umständen zur Zeit der Beschlußfassung kann das Begehren auf Nachschuß gegen Treu und Glauben verstoßen und eine unzulässige Rechtsausübung enthalten; § 242 B G B . Die mißbräuchliche Ausübung des Rechts kann im Einzelfall auch einen wichtigen Grund zur Auflösung der Gesellschaft, §§ 133ff., bilden. Wegen der Beschränkung der Haftung für Verschulden vgl. die Erl. zu § 116. Anm. 13. A b t r e t b a r k e i t d e r A n s p r ü c h e der G e s e l l s c h a f t g e g e n die e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r . Die Gesellschaft kann über die Ansprüche frei verfügen, sie an Dritte abtreten, auch mit Gegenansprüchen des einzelnen Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis oder einem anderen Rechtsverhältnis aufrechnen, soweit nicht ein Anspruch seiner Natur nach nicht abtretungsfähig ist — wie der Anspruch auf Führung der Geschäfte der Gesellschaft — und soweit die allgemeinen Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts, insbesondere über die Aufrechnung (Gleichartigkeit der aufzurechnenden Ansprüche) gegeben sind. Die Beschränkung der Abtretbarkeit eines Anspruchs auf die Einlagen, wie sie im Recht der Kapitalgesellschaften besteht und durch die Rechtsprechung entwickelt worden ist und wonach insbesondere eine Abtretung nur gegen vollwertiges Entgelt und die Aufrechnung nur mit einer vollwertigen Gegenforderung erfolgen darf, gelten für die Personengesellschaften des Handelsrechts nicht. Der Grund der Beschränkung bei den Kapitalgesellschaften ist die Funktion des Gesellschaftskapitals als einziges Deckungsmittel für die Gesellschaftsgläubiger. Die Beschränkung, auch der Aufrechnung, wird aus den für die Kapitalgesellschaften geltenden besonderen Gläubigerschutzvorschriften abgeleitet, insbesondere dem Verbot der Rückgewähr oder des Erlasses der Einlagen; vgl. §§ 52, 56, 60 AktG.; R G . 124, 380; 133, 83; 135, 57. Für die Personalgesellschaften bestehen derartige Schutzvorschriften nicht. Sie sind hier wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter entbehrlich. Die gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens dient nur der Sicherung der Erreichung des Gesellschaftszweckes. Anm. 14. B e w e i s l a s t . Das Zustandekommen eines Gesellschaftsvertrages hat der zu beweisen, der aus dem Vertrag Rechte herleitet. Liegt äußerlich ein Vertrag vor, so hat derjenige, der die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Vertrags behauptet, die Tatsachen zu beweisen, aus denen sich der Rechtsmangel ergibt; R G . II B 5/44 v. 5. 6. 44 = Seuff. A. 98. Das Gleiche gilt für die Frage, ob die Gesellschaft in Vollzug gesetzt worden ist; vgl. § 105 Anm. 77.

§ 110 Macht der Gesellschafter in den Gesellschaftsangelegenheiten Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus Gefahren, die mit ihr untrennbar verbunden sind, Verluste, so ist ihm die Gesellschaft zum Ersätze verpflichtet. Aufgewendetes Geld hat die Gesellschaft von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. 85

§110 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm 1—3 Anm. 1. Die Vorschriften des § HO stellen die Verpflichtung der Gesellschaft zum Ersatz und zur Verzinsung von Aufwendungen, die ein Gesellschafter in Gesellschaftsangelegenheiten gemacht hat, und zum Ersatz der Verluste fest, die er durch die Geschäftsführung und die damit verbundenen Gefahren erleidet. Die Bestimmungen sind mit einer sachlich unerheblichen Fassungsänderung aus Art. 93 Abs. 1 u. 2 ADHGB. übernommen. Soweit die Verpflichtung zum Ersätze von Aufwendungen ausgesprochen ist, ist die Vorschrift an sich entbehrlich, da § 713 BGB. für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und damit auch für die Personengesellschaften des Handelsrechts, § 105 Abs. 2, anordnet, daß die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664—670 BGB. bestimmen, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis ein anderes ergibt und § 670 BGB. die Verpflichtung des Auftraggebers zum Ersatz von Aufwendungen des Beauftragten ausspricht. Nach der Denkschrift zum HGB. (D. I) 83 erfolgte die Wiederholung der Vorschrift im HGB. nur des Zusammenhangs und der Übersicht wegen. Aus der Aufnahme der Vorschrift kann deshalb nicht geschlossen werden, daß andere Bestimmungen des BGB., die nach § 713 BGB. auf die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts anwendbar sind, z. B. des § 669 BGB. über die Vorschußpflicht des Auftraggebers oder des § 667 BGB. über die Pflicht des Beauftragten zur Herausgabe des durch die Ausführung des Auftrags Erlangten, auf die offene Handelsgesellschaften keine Anwendung finden. Vielmehr gelten auch diese Vorschriften nach dem Grundsatze des § 105 Abs. 2. Die Hauptbedeutung des § 110 liegt in der weiteren Vorschrift über die Haftung der Gesellschaft für Verluste. Anm. 2. Die V e r p f l i c h t u n g der G e s e l l s c h a f t zum E r s a t z von A u f w e n d u n g e n u n d V e r l u s t e n besteht gegenüber jedem Gesellschafter, der in Angelegenheiten der Gesellschaft Aufwendungen gemacht oder bei der Geschäftsführung Verluste erlitten hat. Der Anspruch auf Ersatz steht somit nicht nur einem Gesellschafter zu, der im Sinne des § 114 ständig mit der Geschäftsführung betraut ist. Auch einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter können die Ansprüche zustehen, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 110 gegeben sind. Dies gilt namentlich, wenn ein im allgemeinen von der Geschäftsführung ausgeschlossener Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter auf Grund einer besonderen Bestimmung des Gesellschafts Vertrages oder auf Grund eines Beschlusses der Gesellschafter oder im Auftrag der geschäftsführenden Gesellschafter ein bestimmtes Geschäft für die Gesellschaft ausgeführt und dabei Aufwendungen oder Verluste gehabt hat; Schlegelberger Anm. 2; Wieland I 580 Anm. 9. Auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter nicht besonders zur Erteilung eines solches Auftrags ermächtigt war, ist die Gesellschaft erstattungspflichtig, wenn die Auftragserteilung von dem Geschäftsführer nach pflichtgemäßen Ermessen für notwendig gehalten werden durfte. Jedenfalls dann, wenn auch dem Geschäftsführer die Aufwendungen erwachsen wären, wenn er das Geschäft selbst vorgenommen hätte; a. A. Hueck S. 114. „Gesellschaftsangelegenheiten" sind auch solche, die nicht einen Akt der laufenden Geschäftsführung zum Gegenstand haben. Aufwendungen in Gesellschaftsangelegenheiten können auch Gesellschafter haben, die überhaupt nichts mit der Geschäftsführung zu tun haben. Deshalb sind z. B. auch Aufwendungen erstattungspflichtig, die einem nicht geschäftsführenden Gesellschafter durch eine notwendige Reise in Gesellschaftsangelegenheiten entstehen, etwa weil er von einer Behörde zur Auskunftserteilung geladen ist oder weil er am Sitze des Registergerichts bei einer Anmeldung, § 108, mitzuwirken hat. Anm. 8. A u f w e n d u n g e n („Auslagen" nach dem Sprachgebrauch des Art. 93 ADHGB.) sind Vermögenswerte Opfer jeder Art, die ein Gesellschafter im Interesse der Gesellschaft f r e i w i l l i g , d. h. ohne dazu nach dem Verhältnis der Gesellschafter untereinander verpflichtet zu sein, gemacht hat; RG. 122, 303. Danach sind keine Aufwendungen die Pflichtleistungen, die der Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zu bewirken hatte, wie die Einlagen in Geld und anderen Sachwerten. Ebensowenig gehört zu den Aufwendungen die Tätigkeit, die einem Gesellschafter als Geschäftsführer obliegt. Das gleiche gilt, wenn es sich um einzelne Dienstleistungen handelt, die ihm durch den Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterbeschluß oder durch einen geschäftsführenden

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 110 Anm. 4, 6 Gesellschafter übertragen sind und zu deren Ausführung er auf Grund des Gesellschaftsvertrages verpflichtet ist; R G . in J W . 1909, 311; 1910, 803; LZ. 1912, 659. Aufwendungen liegen z. B. vor, wenn ein geschäftsführender Gesellschafter aus seinem Privatvermögen Geld zur Begleichung von Geschäftsschulden, die der Gläubiger von der Gesellschaft verlangt, verwendet, oder wenn er zu gleichem Zwecke eine Privatforderung an einen Gesellschaftsgläubiger zur Aufrechnung gegen dessen Forderung benutzt, oder wenn er die Bürgschaft für eine Gesellschaftsschuld übernimmt; R G . 31, 141; 122, 303; Zeitschrift für Aktiengesellschaft und GmbH. 7, 212; oder wenn er im Interesse der Gesellschaft aber auf eigenen Namen Waren kauft, R G . in J W . 1927, 1089 1 , oder wenn er der Gesellschaft Räumlichkeiten zum Zwecke der Geschäftsführung überläßt. Auch Leistungen aus dem Berufe (als Arzt., Architekt) oder dem Gewerbe des Gesellschafters können solche Aufwendungen darstellen, aber nur, wenn sie ihm nicht ohne weiteres als geschäftsführender Gesellschafter obliegen, etwa weil er gerade wegen seiner besonderen Fähigkeiten in die Gesellschaft aufgenommen und ihm deshalb als Geschäftsführer die Leitung des Unternehmens oder eines bestimmten Teiles desselben übertragen worden ist; Hueck S. 116. Eine Aufwendung kann auch vorliegen, wenn ein Gesellschafter eine E r f i n d u n g gemacht hat und sie, statt sie privat auszunutzen, im Geschäftsbetrieb der Gesellschaft verwendet; nicht dagegn, wenn er wegen seiner technischen Kenntnisse geschäftsführender Gesellschafter geworden ist und b e i der Ges c h ä f t s f ü h r u n g die Erfindung gemacht hat. Zu den zu erstattenden Aufwendungen gehören auch S t e u e r n und andere öffentliche Abgaben, die ein Gesellschafter bezahlt hat, wenn sie, wie die Vermögenssteuer, die Aufbringungsumlage, die Gewerbesteuer nach den Steuergesetzen die Gesellschaft, und nicht, wie z. B . die Einkommenssteuer, der einzelne Gesellschafter zu tragen hat; vgl. § 105 Anm. 86. Sind Gegenstände, die einem Gesellschafter gehören, der Gesellschaft nur zum Gebrauch überlassen worden, aber — lediglich aus steuertechnischen Gründen — nach § 44 Abs. 2 des Reichsbewertungsgesetzes zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gerechnet und mit diesem zur Vermögenssteuer herangezogen worden, vgl. auch § 66 RBewG., so muß der Gesellschafter, dem die Gegenstände gehören, den darauf entfallenden Teil der Steuer persönlich tragen, wenn sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag, auch durch dessen Auslegung ergibt, daß die Gesellschaft die auf dem Gegenstand ruhenden Steuerlasten tragen soll. Auch w e n n ein G e s e l l s c h a f t e r e i n e G e s e l l s c h a f t s s c h u l d b e z a h l t h a t , weil er von einem Gesellschaftsgläubiger auf Grund seiner persönlichen Haftung in Anspruch genommen worden ist, § 128, liegt eine Aufwendung im Sinne des § 110 vor, denn im Verhältnis der Gesellschafter untereinander ist der Gesellschafter nicht zur Zahlung der Gesellschaftsschulden verpflichtet; R G . 75, 212; 94, 169; 122, 303. Eine Aufwendung nach § 110 besteht dagegen nicht, wenn sich ein Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber verpflichtet hat, die Einlage eines anderen Gesellschafters zu leisten; R G . in J W . 1928, 2368«. Anm. 4. Die Aufwendungen müssen in G e s e l l s c h a f t s a n g e l e g e n h e i t e n gemacht sein. Sie müssen nicht gerade der Erfüllung des Gesellschaftszweckes dienen. Auch zum Z w e c k e der A b w e n d u n g e i n e r G e f a h r für das Gesellschaftsvermögen gemachte Aufwendungen sind zu erstatten. Anm. 6. Der Ersatzanspruch besteht, wenn der Gesellschafter zur Zeit der Vornahme der Handlung, durch die ihm die Aufwendungen entstanden, z. B . des Abschlusses des Kaufvertrages in eigenem Namen, die Aufwendungen den Umständen nach f ü r e r f o r d e r l i c h h a l t e n d u r f t e . Es kommt weder darauf an, ob sie o b j e k t i v erforderlich waren, noch ob der Gesellschafter sie in dem genannten Zeitpunkt für erforderlich gehalten hat, sondern darauf, ob ein sorgfältig prüfender Gesellschafter der Überzeugung sein konnte, daß sie erforderlich seien. Das Maß der anzuwendenden Sorgfalt bestimmt sich nach dem Grade von Sorgfalt, die der einzelne Gesellschafter in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt; § 708 B G B . Deshalb kann ein Gesellschafter auch dann Ersatz verlangen, wenn er ohne von ihm zu vertretendes Verschulden eine nur nach seiner Meinung, aber in Wirklichkeit nicht bestehende oder noch nicht fällige Schuld bezahlt hat. Einen ihm aus der nicht geschuldeten Zahlung etwa erwachsenen Berei-

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§110 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm 6—11 cherungsanspruch hat er an die ihm Ersatz leistende Gesellschaft abzutreten; § 255 BGB.; vgl. auch § 128 Anm. 34. Anm. 6. Steht ein Gesellschafter wie ein Dritter mit der Gesellschaft in Geschäftsverbindung, z. B. auf Grand eines Werk- oder Dienstvertrages, und macht er dabei Aufwendungen oder erleidet er Verluste, so richten sich seine Ansprüche auf Ersatz und Verzinsung lediglich nach den für diese Geschäfte geltenden allgemeinen und besonderen Vorschriften; vgl. z. B. §§ 256, 662, 670 BGB.; §§ 396, 410, 420 HGB. Anm. 7. Bestritten ist, ob § 110 anzuwenden ist, wenn ein Gesellschafter als G e s c h ä f t s f ü h r e r ohne A u f t r a g für die Gesellschaft gehandelt hat und dabei Aufwendungen oder Verluste gehabt hat, so Schlegelberger Anm. 2, DürHach. Anm. 2, oder ob auch in diesem Falle nur die allgemeinen Vorschriften gelten, so Ritter Anm. 10. Nach der allgemeinen Fassung des § 110 wird man der ersten Meinung den Vorzug geben müssen. Der Gesellschafter, der, wenn auch ohne besonderen Auftrag, im Interesse der Gesamtheit, zu der er selbst gehört, gehandelt hat, kann im Sinne des § 110 nicht als ein „Dritter" angesehen werden. Anm. 8. Um einen Ersatz von Aufwendungen handelt es sich nicht, wenn ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft bestimmte Gegenstände (Geräte) nur zur Benutzung gegen Vergütung zu überlassen hatte, und vereinbart war, daß die Gegenstände instandgesetzt („durchrepariert") zurückzugeben seien. Der Anspruch hieraus ist ein rein gesellschaftsrechtlicher, kein Individualanspruch. Er kann während Bestehens der Gesellschaft nicht abgetreten werden, wenn im Gesellschaftsvertrage nicht die einseitige Übertragung zugelassen ist. § 717 Abs. 2 BGB. enthält Ausnahmen, die als solche nicht ausgedehnt werden können; § 717 BGB.; KG. in JW. 1937, 1256«. Anm. 9. E r s a t z von V e r l u s t e n . Nach bürgerlichem Recht, auch nach dem Recht der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, besteht keine allgemeine Haftpflicht desjenigen, in dessen Interesse ein Dritter eine Handlung vornimmt, für dem Dritten dabei erwachsene Verluste, jedenfalls nicht für ohne Verschulden des anderen entstandene Verluste. Eine solche Haftung kann nur auf Grund des für das zugrunde liegende einzelne Rechtsverhältnis geltenden Rechts bestehen; vgl. RG. 75, 212; JW. 1909, 311; LZ. 10, 860; RGRKomm. § 670 BGB. Anm. 2 Abs. 2 mit Nachweisen. Das HGB. stellt in § 110 eine solche Verpflichtung für die Personengesellschaften des Handelsrechts auf. Der Grund der Abweichung vom allgemeinen Recht muß in der engen Verbundenheit der Gesellschafter einer Handelsgesellschaft mit dieser und der mit der Geschäftsführung einer solchen verbundenen Gefahr gefunden werden. Deshalb besteht die Haftung für Verluste nur, wenn sie im Zusammenhang mit der Geschäftsführung, wenn auch bei der Ausführung einzelner, einem Gesellschafter übertragenen Geschäfte entstanden sind. Es genügt nicht, wie bei dem Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, daß sie in „Gesellschaftsangelegenheiten" entstanden sind; vgl. oben Anm. 3. Anm. 10. V e r l u s t e sind Vermögensbeschädigungen jeder Art, insbesondere Personen- oder Sachschäden, nicht immaterielle Schäden; deshalb kann auch z. B. kein Schmerzensgeld von der Gesellschaft verlangt werden. Der Anspruch auf Verlustersatz geht auf die Erben des Gesellschafters über. Anm. 11. Die Ersatzpflicht besteht ohne R ü c k s i c h t auf ein V e r s c h u l d e n der G e s e l l s c h a f t oder ihrer Organe oder der Mitgesellschafter oder Dritter, für die sie einzustehen hat. Das Gesetz knüpft allein an die Tatsache des Verlustes aus den im Gesetz angegebenen Ursachen die Ersatzpflicht. Die Gesellschaft kann sich deshalb nicht durch den Nachweis des Fehlens eines Verschuldens entlasten. Wohl aber kann sie geltend machen, daß der Schaden auf einem Verschulden des Geschädigten beruhe oder dadurch mitverursacht sei; § 254 BGB. Zum E r s a t z einer G e l d s t r a f e oder der durch eine Freiheitsstrafe erlittenen Vermögensbeschädigungen, die ein Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführung erlitten hat, ist die Gesellschaft nicht verpflichtet. Der Geschäftsführer muß hier die Folgen seines eigenen Verschuldens allein tragen. Zur Vornahme einer strafbaren Handlung ist er nicht verpflichtet; RG. in JW. 1919, 837; Schlegelberger Anm. 10; Hueck S. 118. Auch die vorherige oder nachträgliche Zustimmung der Mitgesellschafter zu dem verbotenen Geschäft begründet keine Ersatzpflicht der Gesellschaft.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 110 Anm. 12—16 Anm. 12. Die Ersatzpflicht tritt ein, wenn der Verlust u n m i t t e l b a r d u r c h die G e s c h ä f t s f ü h r u n g entstanden ist, seine Ursache also in einer Handlung der Geschäftsführung hat, z. B. wenn bei der Leitung des Unternehmens, etwa durch eine Explosion in der Fabrik, ein Sach- oder Körperschaden entstanden ist. Anm. 18. Das Gesetz stellt daneben („oder") einen weiteren selbständigen Haftungsgrund auf. Die Haftung soll auch eintreten, wenn ein Gesellschafter einen Verlust erleidet, aus Gefahren, die m i t der G e s c h ä f t s f ü h r u n g u n t r e n n b a r v e r b u n d e n sind. Aus der Formulierung beider Tatbestände „unmittelbar" und „untrennbar verbunden" ergibt sich, daß die Haftpflicht für Verluste nur eintreten soll, wenn sie mit der Geschäftsführung im e n g s t e n Z u s a m m e n h a n g stehen und wegen dieses Zusammenhangs unvermeidbar sind. Auch für die Fälle der zweiten Art genügt es danach nicht, daß der ursächliche Zusammenhang nach der allgemeinen Rechtslehre vom adäquaten Kausalzusammenhang (wegen dieses Begriffs vgl. u. a. RGRKomm. Vorbem. 3 vor § 249, Vorbem. 5 vor § 823 BGB.) gegeben ist. Die Ersatzpflicht beschränkt sich vielmehr auf den Fall, daß die unmittelbar den Schaden verursachende Gefahr in der Eigentümlichkeit des Geschäftsunternehmens liegt, daß diese Gefahr den Schaden unmittelbar ausgelöst hat, die sogenannte proxima causa für den Schaden darstellt. Die Ersatzpflicht tritt somit nicht ein, wenn ein eingetretener Verlust nur in losem Zusammenhang zur Geschäftsführung steht, wie z. B. die durch Überarbeitung in Gesellschaftsgeschäften eingetretene Erkrankung eines Geschäftsführers; Ritter Anm. 3; Schlegelberger Anm. 9. Ist die Folge des schädigenden Ereignisses der Tod des Gesellschafters, so haben seine Erben gegen die Gesellschaft nur Anspruch auf Ersatz des dem Erblasser selbst erwachsenen Schadens; sie können nicht Ersatz ihres eigenen, durch den Tod des Ernährers erlittenen Schadens in entsprechender Anwendung des § 844 BGB. verlangen; DürHach. Anm. 14; Schwarz Anm. 6; Hueck S. 118. Anm. 14. Die Gesellschaft haftet nicht nur h i l f s w e i s e , d. h. für den Fall, daß der Geschädigte nicht von einem Dritten Ersatz erlangen kann. Wo das Gesetz einen Anspruch in dieser Weise beschränkt, spricht es dies unzweideutig aus; vgl. z. B. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch aus dem Zweck der Vorschrift ergibt sich eine solche Beschränkung nicht; ebenso Ritter Anm. 3; Hueck S. 118; a. A.: Schlegelberger Anm. 8; DürHach. Anm. 9. Aus der allgemeinen Verpflichtung jedes Geschädigten, den Schaden abzuwenden oder zu vermindern, § 254 BGB., und aus der gesellschafterlichen Verbundenheit der Mitglieder, ergibt sich aber die Pflicht des geschädigten Gesellschafters, tunlichst von dem unmittelbaren Schädiger Ersatz zu erlangen zu suchen und die Verfolgung des Anspruchs gegen den Dritten zu sichern, etwa durch Nachforschung nach dem Täter, Feststellung des Tatbestandes, Versuch der unmittelbaren Einziehung der Entschädigung von diesem. Dagegen kann dem geschädigten Gesellschafter nicht zugemutet werden, zuerst einen lange dauernden, in seinen Aussichten zweifelhaften Rechtsstreit zu führen und bis zu dessen Beendigung mit der Geltendmachung seines Erstattungsanspruchs gegen die Gesellschaft zu warten. Anm. 15. Der Anspruch auf Ersatz des Verlustes ist ein durch das Gesetz bestimmter Schadensersatzanspruch. Er ist, wie der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, ein aus dem Gesellschaftsverhältnis erwachsener I n d i v i d u a l a n s p r u c h . Der A n s p r u c h ist f r e i ü b e r t r a g b a r ; § 717 BGB. Er kann auch v e r p f ä n d e t und gep f ä n d e t werden; RG. 31, 141. Der I n h a l t des A n s p r u c h s auf Ersatz des Verlustes richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Schadensersatzpflicht; §§ 249ff. BGB. Ersatz kann auch in der Weise begehrt werden, daß Befreiung von einer im Interesse der Gesellschaft übernommenen Verbindlichkeit erfolgt; § 257 BGB. Zu ersetzen sind unter Umständen auch die Kosten eines Rechtsstreits, den der Gesellschafter bei Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger (§.128) wegen Zweifelhaftigkeit der Schuld geführt hat, insbesondere wenn er der Gesellschaft den Streit verkündet hat. Anm. 18. Der Ersatz des Verlustes kann nurgegen A b t r e t u n g d e r A n s p r ü c h e verlangt werden, die dem Geschädigten auf Grund des schädigenden Ereignisses gegen einen Dritten zustehen. Der Grundgedanke des § 255 BGB. gilt auch für Ansprüche aus § 110. Der Gesellschafter soll durch den außerordentlichen, auf der Gemeinschaft beruhenden Anspruch nicht bereichert werden; ebenso Ritter Anm. 3.

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§ 110 I . Abschnitt: Offene Handekgeseilschaft Anm 18—21 Anm. 17. Der Gesellschafter muß sich das anrechnen lassen, was er auf Grund des schädigenden Ereignisses erhält, z. B. die Versicherungssumme aus einer eigenen oder von der Gesellschaft für ihn abgeschlossenen Unfall- oder Lebensversicherung; ebenso selbstverständlich die Entschädigung, die er von dem Verletzer unmittelbar erhalten hat. Die Versicherungsgesellschaft oder der Verletzer kann nicht seinerseits Abtretung der Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft verlangen. Die auf dem Gemeinschaftsgedanken beruhende Ersatzpflicht aus § 110 soll ihrem Zwecke nach nicht einem Dritten zugute kommen; deshalb gehört der Anspruch gegen die Gesellschaft nicht zu den Ansprüchen, die nach § 255 BGB. abzutreten sind; Hueck S. 119. Anm. 18. Die Gesellschaft hat aufgewendetes Geld von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen; Abs. 2 wiederholt mit dieser Vorschrift, was bereits in § 256 BGB. allgemein ausgesprochen ist. Die Aufnahme der Vorschrift in das HGB. hat die Wirkung, daß der Zinsfuß nach § 352 Abs. 2 fünf vom Hundert für das Jahr beträgt (statt vier vom Hundert nach § 246 BGB.). Aus § 352 Abs. 1 Satz 1 HGB. würde sich dieser Zinsfuß ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag, auf dem die Verpflichtung beruht, ein beiderseitiges Handelsgeschäft ist; vgl. §105 Anm. 81; Hueck S. 119. Sind a n d e r e G e g e n s t ä n d e als G e l d a u f g e w e n d e t w o r d e n , so ist der als Ersatz ihres Wertes zu zahlende Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen; § 256 B G B . Daß die Verzinsung mit dem Zeitpunkt der Aufwendung beginnt, erklärt sich daraus, daß die aufgewendeten Beträge von diesem Zeitpunkt an dem Gesellschaftsunternehmen zugute kommen und dem aufwendenden Gesellschafter entzogen werden. Die Zinspflicht tritt deshalb auch unabhängig vom Verzuge ein. Anm. 19. Abs. 2 findet nur Anwendung auf die in Abs. 1 genannten A u f w e n d u n g e n , nicht auf den Ersatz von V e r l u s t e n . Für die Pflicht zur Verzinsung der letzteren gelten die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts sowohl für Beginn der Zinspflicht, also regelmäßig mit Eintritt des'Verzugs, § 288 BGB., wie für den Zinsfuß (vier vom Hundert); § 246 BGB. Ist der Gesellschaftsvertrag ein beiderseitiges Handelsgesellschaft, so ist auch die Schuld auf Ersatz von Verlusten von der Fälligkeit an mit fünf vom Hundert zu verzinsen; § 352 Abs. 1, § 353 HGB. Anm. 20. Vorschußpflicht der Gesellschaft. Das HGB. enthält darüber keine besonderen Bestimmungen. Die Vorschußpflicht der Gesellschaft ergibt sich aber aus den Vorschriften des BGB. über die Gesellschaft, § 713 in Verbindung mit § 669 BGB. Danach kann ein Gesellschafter für die A u f w e n d u n g e n , die zur Erledigung der Gesellschaftsangelegenheiten erforderlich sind, einen Vorschuß verlangen. Für etwa mögliche V e r l u s t e ist dagegen kein Vorschuß zu leisten. Anders als bei dem Ersatz von bereits geleisteten Aufwendungen genügt es für die Vorschußpflicht nicht, daß der Gesellschafter die Aufwendungen für erforderlich halten darf, vgl. oben Anm. 5. Die Vorschußpflicht besteht nur, wenn die Aufwendung objektiv erforderlich ist. Ob dies der Fall ist, prüft das Gesellschaftsorgan, welches über die Auszahlung des Vorschusses zu befinden hat. Verfügt der vorschußfordernde Gesellschafter selbst über die Gesellschaftskasse, so bestimmt er auch zunächst selbständig über die Entnahme des Vorschusses. Im Streitfalle entscheidet der Richter. Die Gesellschaft kann nicht, wie im Falle des Auftrags, §§ 662ff. BGB., die Gewährung des Vorschusses mit der Begründung ablehnen, daß nur der Auftraggeber an der Erfüllung des Auftrags ein Interesse habe und daß der Auftraggeber sogar den Auftrag jederzeit widerrufen könne. Die Befugnisse und Verpflichtungen des geschäftsführenden Gesellschafters kann die Gesellschaft regelmäßig nicht ohne Zustimmung des geschäftsführenden Gesellschafters jederzeit aufheben; vgl. § 117. Als Mitgesellschafter hat dieser auch selbst ein Interesse an der Ausführung eines für das Gesellschaftsunternehmen notwendigen oder zweckdienlichen Geschäfts. Der geschäftsführende Gesellschafter kann die Ausführung eines Geschäfts unterlassen, wenn ihm nicht der nötige Vorschuß zur Verfügung gestellt wird, wenn sich nicht aus der Treupflicht (Gefahr in Verzug) etwas anderes ergibt. Anm. 21. E r s a t z - und v o r s c h u ß p f l i c h t i g ist die G e s e l l s c h a f t . Dies ist für die Ersatzpflicht oder Verluste in Abs. 1 ausdrücklich ausgesprochen, versteht sich auch von selbst, da die Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft gemacht worden oder entstanden sind.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § § 1 1 0 Anm. 22, 23 Die Gesellschaft kann von dem Ersatzberechtigten jederzeit in Anspruch genommen werden. Er braucht nicht bis zur Auflösung der Gesellschaft und Abwicklung zu warten, sondern kann sofort Befriedigung, aber nur aus Gesellschaftsmitteln verlangen; ROHG. 23, 195; RG. 31, 141; RG. in JW. 1927, 1089». Der Gesellschafter kann von der Gesellschaft Ersatz des g a n z e n Betrages seiner Aufwendungen oder seines Verlustes verlangen. Er braucht sich nicht den Anteil abziehen zu lassen, den er als Mitgesellschafter selbst zu tragen hätte; RG. 31, 141; 153, 309; JW. 1934, 1851; OLG. Dresden in BuschA. 9, 303. Die anteilige Verlusttragung durch die Gesellschafter erfolgt erst bei der Auseinandersetzung. Die an den einzelnen Gesellschafter geleistete Zahlung mindert wie die Zahlung einer anderen Gesellschaftsschuld das zur Verteilung verbleibende Vermögen. Da es sich für die Gesellschaft um reine Gesellschaftsschulden handelt, ist der entsprechende Forderungsbetrag auch nicht dem Kapitalkonto des forderungsberechtigten Gesellschafters in den Büchern der Gesellschaft gutzuschreiben, sondern besonders auf Privatkonto zu buchen; a. a. Schwarz Anm. 3. Auch wenn der Anspruch unrichtig auf Kapitalkonto gebucht ist, so wird dadurch seine rechtliche Natur nicht geändert. Insbesondere bedeutet die Buchung keine Umwandlung der Forderung in eine Vermögenseinlage, durch die die Beteiligung des Gesellschafters am Gewinn und Verlust und am Auseinandersetzungserlös bestimmt wird, die er aber auch nicht während Bestehens der Gesellschaft zurückfordern könnte; RG. 31, 143. Eine solche Änderung wäre nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich, wenn nicht der Gesellschaf tsvertrag einen Mehrheitsbeschluß zuläßt. Je nach den Umständen des Falles könnte allerdings eine solche Zustimmung sich aus der Art der Buchung ergeben, so wenn sie im allseitigen Einverständnis der Gesellschafter und dauernd geschieht und insbesondere wenn daraus auch dauernd die Folgerungen hinsichtlich Gewinnverteilung, Vorausgewinnbeteiligung mit den Kapitalanteilen, § 121 Abs. 1, usw. gezogen worden sind; vgl. RG. 31, 143. Anm. 22. G e l t e n d m a c h u n g des E r s a t z a n s p r u c h s beim F e h l e n a u s r e i c h e n d e n G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s u n d im G e s e l l s c h a f t s k o n k u r s . Da es sich um ein echtes Gläubigerrecht, nicht um einen aus der Kapitalbeteiligung abgeleiteten Anspruch handelt, kann dem Gesellschafter bei Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die G e s e l l s c h a f t nicht entgegengehalten werden, daß das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger, deren Anspruch nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht (der „ D r i t t g l ä u b i g e r " ) , nicht ausreiche. Der ersatzberechtigte Gesellschafter hat mit allen übrigen Gesellschaftsgläubigern den gleichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen. Deshalb kann er den Anspruch auch im Konkurs der Gesellschaft neben den anderen Konkursgläubigern geltend machen; ebenso Jaeger KO. § 209 Anm. 15; derselbe, Konkurs der OHG. S. 36, 37; Mentzel KO. § 209 Anm. 2; KG. im Recht 1922 Nr. 1297; a. A. Gierke, Genossenschaftstheorie S. 365 Nr. 2; RG. 29, 15. RG. a. a. O. erwägt: Solange nicht feststehe, daß der ersatzfordernde Gesellschafter nicht wegen Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens zur Deckung eines Fehlbetrages (jetzt nach § 735 BGB.) beitragen müsse, könne er einen Anspruch gegen die Gesellschaft nicht geltend machen. Aber den Fehlbetrag muß er nur als Gesellschafter mittragen und nur wenn feststeht, daß ein solcher vorhanden ist. Bei folgerichtiger Durchführung der Entscheidung müßte auch einen Gesellschafter, der aus einem reinen Drittschuldverhältnis, z. B. einem Kauf, einen Anspruch gegen die Gesellschaft hat, dessen Geltendmachung bei Zweifelhaftigkeit des Vorhandenseins ausreichenden Gesellschaftsvermögens versagt werden. Anm. 23. A u s g l e i c h s a n s p r u c h gegen die M i t g e s e l l s c h a f t e r . Von den e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r n kann der ersatzberechtigte Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft, auch während des Abwicklungszustandes Ersatz nicht verlangen. Dies folgt schon aus der Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens, aus dem die Ersatzpflicht zu erfüllen ist, und aus der Beschränkung der Verpflichtungen der Gesellschafter auf die vereinbarten Beiträge; § 705 BGB.; ROHG. 12, 274; RG. 31, 141; 59, 143; 80, 268; JW. 12, 271. Der Ersatzberechtigte kann nur verlangen und mit der actio pro socio (vgl. § 124) darauf klagen, daß die mit Beiträgen rückständigen Gesellschafter diese an die Gesellschaft leisten, damit diese ihn dann aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigen kann.

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§§110, 111 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm 24—26 Er kann auch auf Grund eines gegen die Gesellschaft erwirkten Schuldtitels den Anspruch der Gesellschaft auf die rückständigen Beiträge pfänden und sich so befriedigen. Ein ersatzberechtigter Gesellschafter kann die Mitgesellschafter auch nicht auf G r u n d des § 128 in Anspruch nehrflen, denn die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden besteht nur für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten, nicht für Ansprüche eines Gesellschafters, die in dem Gesellschaftsverhältnisse ihren Ursprung haben; RG. 59, 148; 120, 136; 153, 325; 163, 327; a. A. Wieland 538. Um einen Anspruch dieser Art handelt es sich auch in den Fällen des § 110. Über Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnisse haben sich die Gesellschafter erst nach Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Bei der Auseinandersetzung ist allerdings die Schuld aus Aufwendungen und Verlusten wie die Schuld gegenüber einem Dritten zu behandeln. Soweit das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung dieser Schuld nicht ausreicht, haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach dem sie den Verlust zu tragen haben; § 733 BGB., § 128, § 156. Dabei hat dann auch der Forderungsberechtigte seinen Anteil an der Schuld auf sich zu nehmen. Danach kann sich also der einzelne Gesellschafter an die Mitgesellschafter in der Regel nur bei der Auseinandersetzung halten. Nur wenn kein Gesells c h a f t s v e r m ö g e n v o r h a n d e n oder dieses zur Befriedigung des Ersatzberechtigten nicht ausreicht, kann sich dieser auch vor der förmlichen Auflösung und Abwicklung an die Mitgesellschafter halten und kann von ihnen das verlangen, was auf jeden nach dem für die Auseinandersetzung geltenden Maßstab, also nach Abzug seines eigenen Verlustanteils entfallen würde, denn in diesem Falle hätte es keinen Zweck abzuwarten, ob die Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen erfolgen kann; Hueck, S. 145, 153. Anm. 24. Ist ein Gesellschafter auf Grund des § 128 von einem dritten Gesellschaftsgläubiger für eine Gesellschaftsschuld auf das Ganze in Anspruch genommen worden, so kann er auch während Bestehens der Gesellschaft auf Grund des b e s t e henden G e s a m t s c h u l d v e r h ä l t n i s s e s Ausgleich von den Mitgesellschaftern nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Verlust und unter Abzug seines eigenen Anteils am Verlust fordern, aber auch nur, soweit er keine Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen finden kann: RG. 153, 312; in JW. 1912, 249; vgl. die Erl. zu § 128; Ritter § 128 Anm. 6; Schlegelberger daselbst Anm. 28; Düringer-Hachenburg § 128 Anm. 14; Würdinger JW. 1937, 1639; a. A. Plank, BGB. § 714 Anm. 4. Hindert ein Gesellschafter die Erfüllung eines gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruchs, etwa als Geschäftsführer oder Verwalter der Kasse, so kann er auf Duldung der Vollstreckung und Zurücknahme des Widerspruchs verklagt werden; RG. 170, 395; DR. 1944, 245. Anm. 25. Die Vorschriften des § 110 enthalten nachgiebiges R e c h t . Deshalb kann z. B. im Gesellschaftsvertrag angeordnet werden, daß ein Gesellschafter statt des Ersatzes jeder einzelnen Aufwendung keine oder nur eine begrenzte Vergütung oder eine ohne Nachweis im einzelnen zu leistende Pauschvergütung erhält, daß die Gesellschaft für Verluste nicht oder nur bis zu einer bestimmten Höhe aufkommt, daß Ersatz auch durch die Gesellschaft erst bei der Abwicklung und Auseinandersetzung erfolgt, daß keine oder eine andere Verzinsung stattfindet oder daß die Mitgesellschafter auch während des Bestehens der Gesellschaft auf Ersatz und auf Leistung von Vorschüssen in Anspruch genommen werden können. Anm. 26. A r t des A n s p r u c h s . E i n w i r k u n g der W ä h r u n g s r e f o r m . Der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Verlusten ist auf eine Geldleistung gerichtet. Daher erfolgt die Umstellung nach den für Geldansprüche geltenden Vorschriften; da kein bevorzugter Anspruch besteht, im Verhältnis 1:10, wenn er vor der Geldumstellung entstanden ist; §§13, 16 des Umstellungsgesetzes; vgl. auch die Erl. zu § 120.

§

H l Ein Gesellschafter, der seine Geldeinlage nicht zur rechten Zeit einzahlt oder eingenommenes Gesellschaftsgeld nicht zur rechten Zeit an die Gesellschaftskasse abliefert oder unbefugt Geld aus der Gesellschafts92

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § I I I Anm. 1—3

kasse für sich entnimmt, hat Zinsen von dem Tage an zu entrichten, an welchem die Zahlung oder die Ablieferung hätte geschehen sollen oder die Herausnahme des Geldes erfolgt ist. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Anm. 1. § 111 regelt in Übereinstimmung mit Art. 95 ADHGB. die Verpflichtung der Gesellschafter zur Verzinsung der Gesellschaft vorenthaltener Gelder (Abs. 1) und spricht in Abs. 2 aus, daß in Abs. 1 die Folgen der Vorenthaltung nicht erschöpfend geregelt sind. Abs. 1 bildet das Gegenstück zu § 110 Abs. 2, nach dem die Gesellschaft von einem Gesellschafter für sie aufgewendetes Geld von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen hat. Beide Vorschriften entsprechen den Grundgedanken des Handelsrechts, daß der Kaufmann stets in der Lage ist, ihm zustehende Gelder nutzbringend zu verwenden, und daß er deshalb von dem, der ihm die Gelder vorenthält, die üblichen kaufmännischen Zinsen verlangen kann. Abweichend vom bürgerlichen Recht, das zur Begründung der Verzinsungspflicht regelmäßig noch Verschulden und Verzug fordert, vgl. § 288 BGB., knüpft § 111 die Verzinsungspflicht lediglich an die Tatsache der widerrechtlichen Vorenthaltung oder Entziehung der Gelder. Die Verzinsungspflicht besteht: Anm. 2. a) wenn ein Gesellschafter seine Geldeinlage nicht znr rechten Zelt einzahlt. Einlage ist der Beitrag, den ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks zu leisten hat; § 705 BGB. Die Verzinsungspflicht nach § 111 besteht nur für Geldeinlagen, nicht aber für Beiträge anderer Art, wie Einbringung von Sachen, z. B. eines Warenlagers. Bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Leistung anderer als Geldeinlagen gelten nur die allgemeinen Vorschriften über die Folgen der Nichterfüllung übernommener Verpflichtungen; wegen Anwendbarkeit der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den gegenseitigen Vertrag vgl. insbesondere § 105 Anm. 83. Geldeinlage ist nicht gleichbedeutend mit Bareinlage in dem Sinne, daß es sich nur um Leistungen in deutscher Währung oder den gesetzlich gleichgestellten Zahlungsmitteln handeln darf. Eine Geldeinlage ist auch eine Einlage, die in ausländischen Zahlungsmitteln zu leisten ist. Geldeinlage ist auch eine solche Leistung, die nach der Verkehrsau ffassung einer Einlage in Bargeld gleichkommt, wie ein fälliger Scheck auf eine Großbank, oder ein Wertpapier, das jederzeit in Geld umgesetzt werden kann. Der Zeitpunkt, zu dem die Leistung zu bewirken ist, von dem ab der Zinsenlauf beginnt, muß sich aus dem Gesellschaftsvertrage ergeben, entweder in der Weise, daß der Zeitpunkt im Vertrage selbst angegeben ist, oder daß er von einem im Vertrage angegebenen Ereignis abhängt, das ermittelt werden kann. Die Bestimmung des Zeitpunkts der Leistung kann durch den Gesellschaftsvertrag auch einem Beschlüsse der Gesellschafter (auch einem Mehrheitsbeschluß, wenn er auch für diesen Fall zugelassen ist, vgl. § 119) oder der Anordnung der Geschäftsführer oder eines Dritten überlassen werden. Ist kein Zeitpunkt ausdrücklich oder stillschweigend bestimmt, so ist die Einlage sofort zu leisten. Anm. 3. b) w e n n ein G e s e l l s c h a f t e r e i n g e n o m m e n e s G e s e l l s c h a f t s g e l d n i c h t z u r r e c h t e n Z e i t an d i e G e s e l l s c h a f t s k a s s e a b l i e f e r t . Die Vorschrift trifft in erster Linie die geschäftsführenden Gesellschafter. Kraft ihres Amtes haben sie alles, was sie zur Führung der Geschäfte und aus Anlaß der Geschäftsführung erlangen, soweit sie es nicht anderweit für Gesellschaftszwecke zu verwenden haben, an die Gesellschaft herauszugeben; §§ 712, 667 BGB..Die Ablieferungspflicht und damit die Verzinsungspflicht besteht aber auch für jeden anderen Gesellschafter, dem für die Gesellschaft bestimmte Gelder zugehen, und gleichgültig, ob der Empfänger zur Annahme befugt war, oder nicht. Als Geldeinnahme gilt auch der Empfang von Worten, die dem Gelde gleichstehen, wie fällige Schecke und Wechsel, die sofort in Geld umgesetzt werden können, vgl. Anm. 1. Ein Geldbetrag ist auch dann eingenommen, wenn er dem Gesellschafter anders als durch Barzahlung zur Verfügung steht, etwa durch Einzahlung auf sein privates Konto. Es ist nicht erforderlich, daß er den Scheck eingelöst, das Geld abgehoben hat; dies entspricht dem Zweck der Vorschrift; a. A. Schlegelberger Anm. 3.

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§111 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Aiim 4—9 A b g e l i e f e r t ist das eingenommene Geld erst, wenn die Gesellschaft unmittelbar darüber verfügen kann. Es genügt nicht, wenn der Empfänger sich nur in den Büchern der Gesellschaft damit belastet hat. Die Ablieferung hat unverzüglich, d. h. so wie es bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang und mit den zur Verfügung stehenden Einrichtungen (z. B. durch Postanweisung) möglich ist. Anm. 4. c) wenn ein Gesellschafter unbefugt aus der Gesellschaftskasse Geld entnommen hat. Die Entnahme von anderen Gegenständen als Geld oder diesem gleichstehenden Werten, vgl. Anm. 1, z. B. von Waren, fällt nicht unter § 111. Doch kann sich in diesen Fällen die Verzinsungspflicht aus anderen Vorschriften ergeben, etwa weil sich die Entnahme als Kauf darstellt, den der Gesellschafter unter ausdrücklicher oder stillschweigender Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB. mit sich selbst abgeschlossen hat; § 452 BGB. Der Entnahme von Geld steht es gleich, wenn ein Gesellschafter den Kredit der Gesellschaft, etwa durch Ausstellung und Einlösung von Schecken für seine p r i v a t e n Zwecke in Anspruch nimmt. Ob eine Entnahme befugt ist, ergibt sich in erster Linie aus dem Gesellschaftsvertrage in Ermangelung einer vertragsmäßigen Regelung aus dem Gesetz. Außer den in § 122 HGB. zugelassenen Entnahmen kann der Gesellschafter sich auch für seine fälligen Ansprüche an die Gesellschaft, z. B. für Verwendungen, § 110, oder als Drittgläubiger, durch entsprechende Entnahmen aus der Gesellschaftskasse befriedigen, jedoch nur, soweit er als Geschäftsführer über die Kasse verfügen darf. Da aber im Falle einer unzulässigen Selbsthilfe die Gesellschaft doch das etwa Zurückgeforderte alsbald wieder an den Gesellschafter zahlen müßte, tritt in diesem Falle keine Verzinsungspflicht ein; ebenso Schlegelberger Anm. 4. Befugt ist eine Entnahme auch dann, wenn sie mit Zustimmung aller Gesellschafter oder der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Mehrheit oder der geschäftsführenden Gesellschafter erfolgt. Soweit eine Entnahme nicht befugt ist, wird sie es auch nicht dadurch, daß sich der Gesellschafter in den Büchern der Gesellschaft belastet oder Kassenbelege und Quittungen ausstellt und der Kasse übergibt. Die Verzinsungspflicht entsteht, wenn die Entnahme o b j e k t i v u n b e f u g t war. Sie wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gesellschafter sich zur Entnahme befugt hielt. Die Verzinsungspflicht hängt nicht davon ab, ob der Gesellschafter die voernthaltenen Gelder nutzbringend verwendet hat, oder ob die Gesellschaft sie hätte für sich nutzbringend verwerten können. Dagegen besteht die Verzinsungspflicht nicht, so lange sich die Gesellschaft im A n n a h m e v e r z u g befindet; § 301 BGB. Anm. 5. Die V e r z i n s u n g s p f l i c h t b e g i n n t bei Nichterfüllung der Einlagepflicht mit der Fälligkeit der Einlage, bei Nichtablieferung von Gesellschaftsgeldern mit dem Zeitpunkt, in dem abzuliefern war, bei unbefugter Entnahme mit der Entnahme" Sie endigt, sobald und soweit der Gesellschafter die der Gesellschaft zukommenden Beträge einschließlich der bis dahin fälligen Zinsen an diese leistet. Die Leistung kann auch durch Aufrechnung mit einer fälligen, zur Aufrechnung geeigneten Gegenforderung erfolgen; §§ 387ff. BGB. Anm. 6. Die Höhe der Zinsen beträgt fünf vom Hundert für das Jahr; § 352 Abs. 2 HGB. Anm. 7. Die Zinsen sind in voller Höhe an die Gesellschaft zu zahlen. Einen Abzug in Höhe seines Gewinnanteils für das laufende Jahr kann der Gesellschafter nicht machen. Er kann nur nach Feststellung seines Gewinnanteils aufrechnen. Anm. 8. Die sich ergebende Zinsenschuld ist dem Gesellschafter auf seinem Privatkonto, nicht auf seinem Kapitalkonto zu belasten, da sie seine Beteiligung als Gesellschafter nicht berührt; RG. 3, 59. Anm. 9. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen; Abs. 2. Daraus ergibt sich, daß die Folgen der in Abs. 1 genannten Tatbestände dort nicht erschöpfend geregelt sind. Auch Abs. 2 ist nicht erschöpfend. Es gilt auch jetzt noch, was Art. 95 Abs. 2 ADHGB. ausdrücklich aussprach, daß neben der Verpflichtung zum Ersätze eines größeren Schadens die übrigen rechtlichen Folgen der Handlung nicht

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 112 Anm. 1, 2 ausgeschlossen sind. Als solche weitere Folgen kommen namentlich in Betracht: die Entziehung der Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung, §§ 117, 127, oder die Klage auf Auflösung der Gesellschaft oder auf Ausschließung eines Gesellschafters oder Ausübung des Übernahmerechts, §§ 133ff., wenn nach den Gesamtumständen des Falles in dem Verhalten des Gesellschafters ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschriften zu finden ist. Ersatz weiteren Schadens kann nur verlangt werden, wenn die besonderen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch gegeben sind. Es genügt also neben dem Tatbestande des Abs. 1 nicht schon der Eintritt eines Schadens als Folge des Verhaltens des Gesellschafters. Es müssen vielmehr die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegeben sein, also z. B. die Voraussetzungen des Schadenstrsatzanspruchs wegen Vertragsverletzung, § 326 BGB., oder wegen unerlaubter Handlung, §§ 823ff. BGB. Darnach ist regelmäßig Verschulden, bei Vertragsverletzung auch Verzug erforderlich, §§ 276, 277, 708, 823ff. BGB. Wegen der Beschränkung der Anwendung der Vorschriften über den gegenseitigen Vertrag vgl. § 105 Anm. 83 f. Anm. 10. Neben den Ansprüchen aus Abs. 1 und 2 bleibt auch der Anspruch auf Erfüllung der Einlagepflicht und auf Zahlung der vorenthaltenen Gesellschaftsgelder und der unbefugt entnommenen Beträge bestehen. Anm. 11. Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrag die Folgen des in Abs. 1 bezeichneten Verhaltens eines Gesellschafters abweichend von den Vorschriften dieses Paragraphen regeln. Sie können z. B. weitere Ansprüche als die in Abs. 1 genannten ausschließen, aber auch mit dem Vorliegen des Tatbestandes des Abs. 1 weitere Folgen, z. B. die unbedingte Ausschließung eines Gesellschafters oder eine Vertragsstrafe verbinden.

§ Ein Gesellschafter darf ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweige der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen. Die Einwilligung zur Teilnahme an einer anderen Gesellschaft gilt als erteilt, wenn den übrigen Gesellschaftern bei Eingehung der Gesellschaft bekannt ist, daß der Gesellschafter an einer anderen Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnimmt, und gleichwohl die Aufgabe dieser Beteiligung nicht ausdrücklich bedungen wird. Anm. 1. § 112 enthält ein Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft. Er stimmt mit Art. 96 ADHGB. überein. Gesetzliche Wettbewerbsverbote bestehen auch für Handlungsgehilfen, §§ 60, 61 HGB., für den Vorstand der Aktiengesellschaft, § 79 AktG., für die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, § 161 Abs. 2, und der Kommanditgesellschaft auf Aktien, §226 AktG. Sämtliche Wettbewerbsverbote haben ihren Grund in der Treupflicht des Verpflichteten, die es ihm verbietet, einem Konkurrenzunternehmen zu dienen. Im einzelnen ist die Ausgestaltung der Verpflichtung je nach der Stellung des Verpflichteten zu dem Unternehmen verschieden. Anm. 2. Der Kreis der von dem Wettbewerbsverbot betroffenen Personen. Das g e s e t z l i c h e W e t t b e w e r b s v e r b o t des Abs. 1 g i l t f ü r alle G e s e l l s c h a f t e r der o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t , auch für diejenigen, die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen, und die nicht mit Kapital an der Gesellschaft beteiligt sind. Auch diese sind Träger aller Rechte und Pflichten der Gesellschaft, insbesondere auch Mitinhaber des Gesellschaftsvermögens. Da das gemeinschaftliche Unternehmen auch auf ihre-Rechnung betrieben wird, und sie Mitinhaber des Unternehmens sind, sind sie auch Kaufleute. Durch ihr weitgehendes Aufsichtsrecht, die Notwendigkeit ihrer Zu-

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§ 112 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 3 Ziehung bei außergewöhnlichen Geschäften und über die Geschäftsführung hinausgehenden Beschlüssen haben sie auch weitgehenden Einblick in die Verhältnisse des Unternehmens. Alles dies rechtfertigt im Interesse des gemeinsamen Unternehmens das Wettbewerbsverbot gegen alle Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft. Wegen der in den angegebenen Richtungen andersartigen Stellung der Kommanditisten und der stillen Gesellschafter, die nicht Geschäftsinhaber sind, besteht für diese das Wettbewerbsverbot nicht, während es für die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien und den Geschäftsinhaber bei der stillen Gesellschaft besteht. Jedoch kommt es f ü r das Bestehen des Wettbewerbsverbots nicht darauf an, ob jemand im Verhältnis nach außen nur Kommanditist oder stiller Gesellschafter ist. Hat er nach dem Gesellschaftsvertrag im inneren Verhältnis die Stellung eines Geschäftsinhabers und die Rechte eines offenen Gesellschafters, hat er die maßgebende Stellung in dem Unternehmen, insbesondere die Geschäftsführung, so gilt auch f ü r ihn das Wettbewerbsverbot, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt. Denn das Wettbewerbsverbot regelt das Verhältnis der Gesellschafter untereinander; es will diese in ihrer Zusammenfassung gegen den Wettbewerb eines einzelnen Gesellschafters schützen. Das Wettbewerbsverbot besteht auch für Gesellschafter, die die Gesellschafterrechte nicht persönlich ausüben k ö n n e n , sondern durch Dritte ausüben lassen müssen, wie Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen. E s gilt aber nicht f ü r deren gesetzliche Vertreter, wenn diese auf ihre eigene Rechnung W e t t bewerbshandlungen vornehmen. Denn das Verbot richtet sich nur an Gesellschafter. Aus dem Verhalten der gesetzlichen Vertreter, insbesondere aus deren Mißbrauch der durch die Vertretung des Gesellschafters erworbenen Kenntnisse, kann sich aber, wenn nicht auf anderem Wege Abhilfe geschaffen werden kann, z. B. durch Veranlassung der Abberufung eines Vormundes oder Bestellung eines Pflegers für die Beteiligung durch das Vormundschaftsgericht, ein wichtiger Grund zur Auflösung der Gesellschaft oder Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft oder zu einer Übernahmeklage nach §§ 133ff. oder zur Ausschließung des Gesellschafters von der Geschäftsführung oder Vertretung, §§ 117, 127, ergeben. Der Vertreter, der die durch Ausübung seiner Befugnisse als Vertreter erworbenen Kenntnisse zum eigenen Wettbewerb ausnutzt, ist dem Vertretenen haftbar, insbesondere wenn dieser für Handlungen seines Beauftragten nach allgemeinen Vorschriften h a f t e t . E r kann auch auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden; Hueck S. 107. Im Einzelfall kann das Verlangen auf Unterlassung des Wettbewerbs auch schon vor der Auflösung gegen Treu und Glauben verstoßen, etwa wenn ein Gesellschafter durch arglistige Täuschung zum Beitritt bestimmt worden ist und er unverzüglich die Anfechtungsklage erhebt. Anm. 8. Dauer des Wettbewerbsverbots. Da nur Gesellschafter von dem g e s e t z l i c h e n Verbot betroffen werden, erlischt es mit dem A u f h ö r e n d e r M i t g l i e d s c h a f t des einzelnen Gesellschafters oder Umwandlung seiner Stellung in die eines Kommanditisten oder stillen Gesellschafters. Das Wettbewerbsverbot endet auch spätestens mit V o l l b e e n d i g u n g der Gesellschaft, mag sie durch Abwicklung oder in anderer Weise erfolgen, §§ 145, 158. Deshalb dauert es auch nicht bei Veräußerung des Handelsgeschäfts mit oder ohne F i r m a an einen Dritten im Zuge der Abwicklung fort. Das Wettbewerbsverbot fällt nicht schon ohne weiteres mit der A u f l ö s u n g der Gesellschaft, d e m B e g i n n der Abwicklung fort. Zwar ändert sich durch die Auflösung der Gesellschaft der Gesellschaftszweck. Dieser geht nicht mehr auf die Gewinnerzielung durch Betrieb eines Handelsgewerbes, sondern auf die Abwicklung der Gesellschaft und Lösung des Geseilschaftsvermögens aus der gesellschafterlichen Bindung und dessen Verteilung an die Mitglieder. Aber gerade die Erfüllung dieser Aufgabe kann die Weiterführung des Unternehmens in vollem Umfange und in der bisherigen Weise noch auf längere Zeit gebieten, um den geeigneten Zeitpunkt für die Veräußerung des Warenlagers oder des Geschäftes im Ganzen mit oder ohne Weiterführung der Firma durch den Erwerber abzuwarten. Nur durch die Veräußerung des Geschäftes im Ganzen kann vielfach der in einem eingerichteten Unternehmen und in einer bei der Kundschaft eingeführten Firma steckende Vermögenswert der Gesamtheit der Gesellschafter und auch

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipprt) § 112 Anm. 4, 6 der Volkswirtschaft erhalten werden. Deshalb sind auch die Abwickler berechtigt und verpflichtet, nach Lage des Einzelfalles das Unternehmen noch kürzere oder längere Zeit unverändert weiterzuführen; vgl. § 149. Solange dies geschieht, besteht auch noch das Bedürfnis für das Unterbleiben von Wettbewerbshandlungen der einzelnen Gesellschafter zum Nachteil der Gesamtheit fort. Erst wenn die Abwicklung des Gesellschaftsunternehmens selbst, insbesondere durch Umsetzung der einzelnen Vermögensstücke in Geld erfolgt oder im Gange ist, entfällt das Wettbewerbsverbot. Nur mit dieser Einschränkung kann somit der Ansicht zugestimmt werden; vgl. ROHG. 21, 145; DürHach. Anm. 5, daß mit der Auflösung der Gesellschaft das Wettbewerbsverbot hinfällig werde. So auch RG. in J W . 1938, 3180" mit Anm. Anm. 4. Z u l ä s s i g s i n d H a n d l u n g e n , die d e n k ü n f t i g e n z u l ä s s i g e n W e t t b e w e r b v o r b e r e i t e n s o l l e n . Ein Bedürfnis zu solchen Handlungen kann schon vor Auflösung der Gesellschaft bestehen, insbesondere wenn die Auflösung wegen Zeitablaufs oder aus anderen Gründen nahe bevorsteht oder wenn die Gesellschaft schon im Abwicklungszustand ist und ihrer Vollbeendigung entgegengeht. Es wird dann den Gesellschaftern nicht immer zuzumuten sein, mit der Vorbereitung des zulässigen künftigen Wettbewerbs zu warten, bis die Gesellschaft voll beendigt ist. Wieweit sie dabei gehen dürfen, muß sich aus der Lage des Einzelfalls und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, die für beide — die Gesellschaft und den einzelnen Gesellschafter — maßgebend sind, bestimmen. Solange die Gesellschaft ihr Unternehmen betreibt, sei es vor der Auflösung, sei es nachher zum Zwecke der bestmöglichen Verwertung des Geschäfts und der Vorräte, sind jedenfalls solche Wettbewerbshandlungen unzulässig, die dem Gewerbebetrieb der Gesellschaft unzuträglich sein können, wie Verkauf von Waren aus dem Geschäftszweige der Gesellschaft, Werbung von Kunden durch öffentliche Anzeigen oder Aufforderung an einzelne Kunden (z. B. die Befriedigung ihres Bedarfs zurückzustellen); OLGR. 16, 90. Dagegen sind rein vorbereitende Handlungen, wie Mieten der Geschäftsräume, Anschaffung der Geschäftsausstattung, Abschluß von Verträgen über Erwerb von Waren, Anstellung von Personal zulässig, soweit nicht dadurch dem Gesellschaftsunternehmen der Gewerbebetrieb erschwert oder unmöglich gemacht wird, wie durch Abschneiden der Bezugsquellen, Wegengagierung des Personals, insbesondere des eingearbeiteten. Eine weitergehende Verpflichtung kann hier bestehen, wenn ein Gesellschafter aus einem fortbestehenden Unternehmen austritt, als wenn das Geschäft selbst abgewickelt wird und aufhören soll, zu bestehen. Anm. 6. Die verbotenen Wettbewerbshandlungen. K e i n G e s e l l s c h a f t e r d a r f in d e m H a n d e l s z w e i g e d e r G e s e l l s c h a f t G e s c h ä f t e m a c h e n . Dieses Verbot gilt auch für den Handlungsgehilfen und die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft, diesen verbietet aber das Gesetz darüber hinaus überhaupt ein H a n d e l s g e w e r b e zu betreiben, also auch ein solches, das nicht zu dem Handelszweige des Unternehmens gehört, zu dem die Genannten in einem Dienstverhältnis stehen; § 60 HGB.; § 79 AktG. Das weitergehende Verbot erklärt sich damit, daß die genannten Personen in fremdem Dienste stehen, stets ihre Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen haben und dafür bezahlt werden, während bei den Personengesellschaften eigene Tätigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter zwar die gesetzliche Regel bildet, aber nicht notwendig ist; § 114 HGB.; § 219 Abs. 2 AktG. D e r B e g r i f f d e s G e s c h ä f t e m a c h e n s ist nach dem Sprachgebrauch des Handelsverkehrs zu bestimmen. Er ist nicht gleichbedeutend mit dem Abschließen von Rechtsgeschäften. Zum Begriff gehört, daß das Geschäft zu Erwerbszwecken abgeschlossen wird. Den Gegensatz bildet die Betätigung zu privaten persönlichen Zwecken, wie die Anschaffung von Gegenständen zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Kapitalanlage (z. B. durch Anlegung des Privatvermögens in Wertpapieren). Erforderlich ist eine spekulative Tätigkeit, d. h. eine solche, bei der der Gesellschafter mit am Risiko, mindestens am Gewinn oder Verlust in irgend einer Weise beteiligt ist; RG. in J W . 1911, 57"; KG. in OLGR. 1, 128. Der spekulative Charakter fehlt z. B. wenn ein Gesellschafter in einem anderen Unternehmen lediglich riicht auf den Abschluß von Handelsgeschäften gerichtete Dienste, etwa als Maschinenschreiber, leistet. Eine gewerbsmäßige, mit der Absicht der Wiederholung entwickelte Tätigkeit braucht nicht vorzuliegen. Auch ein einzelnes, in den Geschäftszweig der Gesellschaft fallendes Ge7

HOB. Bd. n . (Weipert.) 2. Aull.

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§112 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6, 7 schäft kann das Wettbewerbsverbot verletzen. Es muß sich auch nicht um ein Handelsgeschäft handeln. Auch ein anderes Geschäft kann zum Handelszweig der Gesellschaft gehören. Auch die Betätigung als Handwerker oder Kleingewerbetreibender kann genügen. Verboten sind Geschäfte für eigene und für fremde Rechnung, wenn auch § 112 dies nicht, wie § 60 HGB., § 79 AktG., ausdrücklich sagt. Verboten sind danach auch Geschäfte als Kommissionär, Handlungsagent, Makler und solche Geschäfte, die als Handlungsgehilfe oder Prokurist in Geschäfte des Ehegatten oder als Vorstand einer AG. oder GmbH, vorgenommen werden; nicht aber die bloße Beteiligung als Mitglied (Aktionär) einer solchen Gesellschaft. Wird aber das fremde Unternehmen auf Rechnung des Gesellschafters betrieben, etwa weil er Allein- oder Mehrheitsaktionär ist, ist also die andere Gesellschaft nur Strohmann für ihn, oder hat er sonst auch einen tatsächlich erheblichen Einfluß auf die Geschäftsführung des anderen Unternehmens, so liegt eine unzulässige Umgehung des Verbots vor; Hueck S. 108. Unerheblich ist auch, ob der Gesellschafter das Geschäft im eigenen oder f r e m d e n N a m e n macht. Es genügt, daß es auf seine Rechnung geht; dies ist auch der Fall, wenn das Ergebnis des Unternehmens nicht ihm allein zugute kommt, sondern noch andere daran beteiligt sind. Auch wenn das Geschäft auf fremde Rechnung, aj>er auf den Namen des Gesellschafters geht, verstößt es gegen das Verbot, denn auch dies widerspricht der Treuepflicht unter den Gesellschaftern und ist geeignet, dem gemeinsamen Unternehmen Abbruch zu tun. Anm. 6. N u r im H a n d e l s z w e i g e der G e s e l l s c h a f t darf der Gesellschafter keine Geschäfte machen; in anderen Geschäftszweigen sind sie ihm erlaubt, und zwar sowohl für eigene wie für fremde Rechnung (z. B. als Kommissionär). Der B e g r i f f des H a n d e l s z w e i g e s ist nach dem Zweck des Verbotes zu bestimmen. Dieses will Wettbewerbshandlungen verhüten, die dem Gesellschaftsunternehmen nachteilig sein können. Ob dies zutrifft, ist nach Lage des Einzelfalls zu entscheiden; OLGR. 32, 104; RG. 109, 355; im Recht 1917 Nr. 1711. Betreibt die Gesellschaft eine Bank, so ist nicht jedes Geschäft, das unter den Begriff des Bankgewerbes fällt, verboten, sondern es kommt darauf an, ob es ein Geschäft ist, wie sie in dem gerade von der Gesellschaft betriebenen Bankgeschäft vorkommen. Hat sich die Gesellschaft auf bestimmte Arten von Geschäften spezialisiert, z. B. auf Devisengeschäfte oder auf die bankmäßige Befriedigung bestimmter Bedürfnisse oder Kreise, wie der Landwirtschaft, des Handwerks, so sind Geschäfte nicht verboten, die ganz außerhalb dieses Rahmens liegen, wohl aber solche, die im Betriebe der Gesellschaft auch nur gelegentlich vorgenommen werden. Nicht nötig ist, daß die Gesellschaft das einzelne Geschäft so, wie es von dem Gesellschafter getätigt worden ist, auch selbst gemacht hätte. Wenn eine Bank überhaupt Devisengeschäfte macht, nur nicht auf eigene Rechnung, so fällt das Geschäft noch nicht aus dem Rahmen ihres Geschäftszweigs; RG. 109, 355. Der Bjgriff des Geschäftszweigs darf nicht eng aufgefaßt werden. Auch verwandte Betätigungen gehören zu dem Gaschäftszweig, wenn die Betätigung in ihnen nach den Anschauungen des Verkehrs als Wettbewerbshandlung angesehen wird. Danach ist es Tatfrage, ob Groß- und Einzelhandel, bloßer Handel und Verarbeitung von Rohstoffen als einheitlicher Geschäftszweig anzusehen ist. Nicht entscheidend ist, wie der Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Unternehmens bezeichnet oder umgrenzt. Geht der tatsächliche Betrieb weiter oder bleibt er dahinter zurück, so kommt es nur auf den wirklichen Betrieb im Zeitpunkt der Wettbewerbshandlung an. Betreibt die Gesellschaft einen Geschäftszweig nicht, der nach dem Gesellschaftsvertrag zum Gegenstand ihres Unternehmens gehört, so kann der Gesellschafter sich zunächst auf diesem Gebiete betätigen, muß aber den Betrieb aufgeben, wenn die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb auf das bisher nicht gepflegte Gebiet ausdehnt, soweit nicht in dem Verhalten der Gesellschaft eine unwiderrufliche Einwilligung liegt. Anm. 7. Kein G e s e l l s c h a f t e r darf an einer a n d e r e n g l e i c h a r t i g e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t als p e r s ö n l i c h h a f t e n d e r G e s e l l s c h a f t e r t e i l n e h m e n . Das hier ausdrücklich ausgesprochene Verbot würde sich schon aus dem ersten allgemeinen Verbot des Paragraphen ergeben, soweit es sich um die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft handelt. Denn die persönlich haftenden Gesellschafter sind hier stets Geschäftsinhaber und „machen" als solche die Geschäfte ihrer Ge-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 112 Anm.8 sellschaft, auch wenn sie sich nicht persönlich an der Geschäftsführung beteiligen. Bt i der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafter, jedenfalls soweit es sich um den maßgebenden Einfluß auf die Geschäftsführung und damit um den Grund des Wettbewerbsverbots handelt, die gleiche, wie bei der reinen Personengesellschaft. Nach dem Zwecke der Vorschrift fällt auch die Beteiligung an einer Gesellschaft, die mangels Eintragung ins Handelsregister noch nicht Handelsgesellschaft ist, aber nach §§ 2 und 3 eingetragen werden kann, weil sie nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb verlangt, unter das Verbot. Denn Gleichartigkeit bedeutet nicht, daß es sich um eine ihrer rechtlichen Natur nach gleichartige Gesellschaft handelt, sondern daß sie einen gleichartigen Betrieb hat, daß sie sich in dem Handelszweige der Gesellschaft betätigt, in dem auch die durch das Verbot begünstigte Gesellschaft tätig ist. Allerdings setzt auch das Verbot voraus, daß der Gesellschafter in der Konkurrenzgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist. Damit beschränkt sich das Verbot auf die Beteiligung an den vorstehend genannten Gesellschaften. Es gilt somit nicht für die Beteiligung an solchen Gesellschaften, welche persönlich haftende Gesellschafter im Sinne des Handelsgesetzbuchs nicht kennen. Das Verbot gilt danach auch nicht für die Beteiligung än einer eingetragenen Genossenschaft. Wegen der Beteiligung an einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH. vgl. oben Arim. 5. Das Verbot gilt, wenn sich ein persönlich haftender Gesellschafter an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt und diese, z.B. durch eine inländische Niederlassung oder auch durch Handel im Auslande, mit der durch das Verbot geschützten Gesellschaft in Wettbewerb tritt. Welche rechtliche Natur die ausländische Gesellschaft hat, ob sie etwa eine juristische Person ist, ist gleichgültig. Notwendig ist nur, daß der Gesellschafter in ihr eine Stellung einnimmt, die der des persönlich haftenden Gesellschafters einer inländischen Personengesellschaft gleichkommt, daß er also bei der ausländischen Gesellschaft persönlich haftender Gesellschafter, wenn auch nur für die inländische Niederlassung, ist und daß auf Grund seiner Stellung in beiden Gesellschaften die Gefahr besteht, daß er die in der einen erworbenen Kenntnisse ihres Betriebs zur Förderung des Wettbewerbs der anderen verwendet. Auch bei der Wettbewerberin kommt es nur darauf an, ob sie tatsächlich im Handelszweig der anderen Gesellschaft Geschäfte macht, nicht darauf, ob solche Geschäfte nach ihrem Gesellschaftsvertrage zum Gegenstand ihres Unternehmens gehören. Anm.8. Der wesentliche I n h a l t der V o r s c h r i f t in ihrem zweiten Teil liegt somit in der B e s c h r ä n k u n g des W e t t b e w e r b s v e r b o t s auf die Beteiligung als persönlich h a f t e n d e r G e s e l l s c h a f t e r an einer Konkurrenzgesellschaft. Die Beschränkung erklärt sich daraus, daß die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Konkurrenzgesellschaft nicht den Einfluß auf das fremde Unternehmen haben, daß sie dadurch den anderen Unternehmen gefährlichen Wettbewerb machen können. Aus diesem Grunde sind die Gesellschafter, die in dem einen Unternehmen nicht persönlich haftender Gesellschafter sind, auch nicht gehindert, bei einem Konkurrenzunternehmen persönlich haftende Gesellschafter zu werden. Danach besteht das Wettbewerbsverbot nicht für denjenigen, der selbst nur Kommanditist ist oder bei dem anderen Unternehmen nur Kommanditist werden soll. Das gleiche gilt von der Beteiligung als stiller Gesellschafter. Sind aber die nach ihrer äußeren Stellung nicht unter das Verbot fallenden Gesellschafter einer anderen Gesellschaft im inneren Verhältnis dieser Gesellschaft nicht nur Kommanditisten oder stille Gesellschafter, sondern nehmen insofern die Stellung eines offenen Gesellschafters ein, sind sie insbesondere an der Geschäftsführung maßgeblich beteiligt, so gilt auch für sie das Wettbewerbsverbot, denn ihre Stellung nach außen bezweckt dann nur die Tarnung ihrer Stellung als Leiter des Wettbewerbsunternehmens; vgl. oben Anm. 2. Ebenso verhält es sich, wenn der nach außen nur als Kommanditist oder stiller Gesellschafter Auftretende aus einem anderen Grunde, etwa auf Grund einer Kreditgewährung oder eines Interessengemeinschaftsvertrages die Geschäftsführung dieses Unternehmens tatsächlich beherrscht. In diesen Fällen könnte gegen den nur nach außen als Kommanditist Auftretenden wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes vorgegangen werden. Die Gesellschaft, zu deren Gunsten der verbotene Wettbewerb begangen wird, und deren übrige Gesellschafter könnten nach den allgemeinen Vorschriften über die 7*

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$112 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 9—11 Folgen der Unterstützung fremden Vertragsbruchs, unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung in Anspruch genommen werden; vgl. § 826 BGB., § 1 UnlWG.; RGRKomm. § 826 Anm. 5c; RG. 81, 91; 83, 237; 88, 9 u. 361; 90, 350; 108, 58; JW. 1927,1407»; RG. in MuW. XXV, 25; 1931, 202; KG. in OLGR. 25, 339; 30, 268. Anm. 9. Die Verpflichtung zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots besteht auch, wenn ein persönlich haftender Gesellschafter ein anderes Handelsunternehmen oder die Beteiligung an einem solchen als persönlich haftender Gesellschafter d u r c h E r b s c h a f t oder S c h e n k u n g erwirbt. Er muß entweder die Erbschaft ausschlagen oder die Schenkung ablehnen oder dafür sorgen, daß seine Beteiligung an dem anderen Unternehmen so gestaltet wird, daß sie nicht unter das Verbot fällt, etwa durch Umwandlung in eine kommanditistische. Im Falle der Rechtsnachfolge als Erbe eines Gesellschafters bietet ihn dazu § 139 einen Weg. Unter Umständen kann auch der nicht frei gewählte Erwerb einer solchen Beteiligung dem Gesellschafter einen wichtigen Grund zur Lösung des einen oder anderen Gesellschaftsverhältnisses bieten, §§ 133ff. Auch für die anderen Gesellschafter kann in dem Erwerb einer solchen Beteiligung ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 133 ff. liegen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch für den, der d u r c h V e r e h e l i c h u n g , etwa auf Grund des ehelichen Güterrechts, Gesellschafter wird. Anm. 10. Mit Einwilligung der anderen Gesellschafter sind die in Abs. 1 genannten Wettbewerbsbetätigungen erlaubt. Alle übrigen Gesellschafter müssen einwilligen, um das Verbot auszuschließen, auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen und die nicht mit Kapital beteiligten. Die anderen Gesellschafter sind nicht, wie im Falle des § 115 Abs. 2, auf ein Widerspruchsrecht beschränkt. Nicht erforderlich ist ein Beschluß der Gesellschafter. Jeder einzelne Gesellschafter kann die Einwilligung besonders erklären. Sie ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie kann vor oder nach Vornahme einer Wettbewerbshandlung erklärt werden. Im letzten Fall wirkt sie als Verzicht auf die Folgen der Zuwiderhandlung; §§ 183, 184 BGB. Die Einwilligung kann für ein einzelnes Geschäft oder bestimmte Arten von Geschäften oder auf die Dauer oder v o r b e h a l t l i c h des W i d e r r u f s oder unter einer aufschiebenden oder einer auflösenden Bedingung oder unter einer sonstigen Bestimmung (z. B. Ablieferung eines Teiles des Gewinns an die Mitgesellschafter) erteilt werden. Ohne Vorbehalt des W i d e r r u f s , der sich aus den Umständen ergeben kann, ist die Einwilligung nicht willkürlich widerruflich; Schlegelberger Anm. 7. Nach dem Vorbilde der Kündigung aus wichtigem G r u n d e , § 723 BGB., und deren Ausdehnung auf Dauerschuldverhältnisse kann der Widerruf der Einwilligung aus einem solchen Grunde auch ohne besonderen Vorbehalt bei der Zustimmung erfolgen. Die Einwilligung kann f o r m l o s erklärt werden. Sie muß als empfangsbedürftige Willenserklärung dem wettbewerbsberechtigten Gesellschafter gegenüber erklärt werden. Sie kann auch in dem Verhalten der Mitgesellschafter gegenüber der wettbewerblichen Betätigung eines Gesellschafters gefunden werden. In diesem Falle müssen aber alle übrigen Gesellschafter von den Tatsachen Kenntnis haben, aus denen die Einwilligung abgeleitet werden soll. Anm. 11. Die E i n w i l l i g u n g g i l t als e r t e i l t , wenn den ü b r i g e n Gesells c h a f t e r n bei E i n g e h u n g der G e s e l l s c h a f t b e k a n n t i s t , d a ß der Gesells c h a f t e r an einer a n d e r e n G e s e l l s c h a f t als p e r s ö n l i c h h a f t e n d e r Gesells c h a f t e r t e i l n i m m t u n d g l e i c h w o h l die A u f g a b e dieser B e t e i l i g u n g n i c h t a u s d r ü c k l i c h b e d u n g e n w i r d ; Abs. 2. Das Gesetz stellt damit eine u n w i d e r l e g b a r e V e r m u t u n g auf; Schlegelberger Anm. 8. Ausdrücklich bedungen ist die Aufgabe der Beteiligung, wenn eine besondere Erklärung der Vertragschließenden vorliegt, die zwar nicht notwendig wörtlich, aber doch dem Inhalte nach die Regelung dieses Punktes zum Gegenstand haben muß. Eine ausdrückliche Vereinbarung liegt nicht vor, wenn sich nur aus Erklärungen, die unmittelbar auf andere Punkte gerichtet sind, der Parteiwille entnehmen läßt, auch diesen Punkt in bestimmter Weise zu regeln; RGRKomm. Vorbem. vor § 116 BGB.; RG. 65, 179; 67, 483. Aus der Beschränkung der Vermutung auf die Beteiligung an einer H a n d e l s g e s e l l s c h a f t ergibt sich, daß sie nicht gilt für den Fall, daß ein Gesellschafter im Zeitpunkt der Eingehung der Gesellschaft, d. h. des A b s c h l u s s e s des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s , in anderer Weise, insbesondere als

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 112 Anm. 12, I S Alleininhaber eines Handelsgeschäfts im Handelszweige der Gesellschaft Geschäfte machte und dies den anderen Gesellschaftern in jenem Zeitpunkt bekannt war. In diesen anderen Fällen k a n n aber oft aus den Gesamtumständen des Falles die Einwilligung der übrigen zur Fortsetzung des Konkurrenzunternehmens geschlossen werden. In diesen Fällen bedarf es auch keiner ausdrücklichen Vereinbarung der Aufgabe des Konkurrenzunternehmens. Wenn nichts bedungen ist, ist in diesen Fällen der Gesellschafter ohne weiteres zur Aufgabe des Konkurrenzunternehmens verpflichtet. Beweispflichtig für das Gegenteil ist derjenige, der seine Befugnis zum Wettbewerb behauptet. Die Voraussetzung der gesetzlichen Vermutung des Abs. 2, daß alle übrigen Gesellschafter von der Beteiligung eines Gesellschafters Kenntnis gehabt haben müssen, ist nur erfüllt, wenn alle übrigen Gesellschaften die entscheidenden Tatsachen, also die Beteiligung und die Art derselben (als persönlich haftender Gesellschafter) positiv gekannt haben. Wissenmüssen oder Vermutungen genügen nicht. Die Vermutung gilt auch dann, wenn bei Aufnahme eines weiteren Gesellschafters in eine bereits bestehende Gesellschaft, d. h. bei Abschluß des Aufnahmevertrages, den übrigen Gesellschaftern die Beteiligung des neuen Gesellschafters an einer anderen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter bekannt war. Sie besteht nicht, wenn nach dem Abschluß des GeseUschaftsvertrages oder eines Aufnahmevertrages ein Gesellschafter in ein solches Rechtsverhältnis zu einer anderen Gesellschaft getreten und dies den übrigen Gesellschaftern bekannt geworden ist. Dann kann nur von Fall zu Fall durch den Tatrichter entschieden werden, ob aus der Kenntnis der übrigen und der Unterlassung eines Widerspruches eine Einwilligung zu folgern ist. Anm. 12. F o r t d a u e r des W e t t b e w e r b s v e r b o t s n a c h B e e n d i g u n g d e r G e s e l l s c h a f t oder der B e t e i l i g u n g eines G e s e l l s c h a f t e r s . Wer die Beendigung der Gesellschaft oder seiner Mitgliedschaft schuldhaft herbeiführt, etwa durch ein Verhalten, das seine Ausschließung aus der Gesellschaft oder eine Übernahmeklage, §§ 133ff., § 142, rechtfertigt, kann unter dem Gesichtspunkte der Schadensersatzpflicht gehalten sein, den Wettbewerb auch nach seinem Ausscheiden so lange zu unterlassen, bis eine Schädigung des Unternehmens durch seine Tätigkeit wegen Länge der Zeit nicht mehr in Betracht kommt. Anm. 18. Die Vorschriften des § 112 enthalten n a c h g i e b i g e s Recht, soweit es sich um die sachliche Regelung des Wettbewerbsverbots handelt. Die Vorschrift des Abs. 2 über die Notwendigkeit der ausdrücklichen Ausbedingung der Aufgabe der Beteiligung an einer anderen Handelsgesellschaft ist dagegen als zwingend anzusehen, dä sie der Rechtssicherheit dient; sie ist deshalb nicht abdingbar. Sachlich-rechtlich kann im Gesellschaftsvertrag das Wettbewerbsverbot ganz bes e i t i g t oder gegenständlich, zeitlich oder persönlich b e s c h r ä n k t werden. Es kann auch e r w e i t e r t werden, etwa dahin, daß es auf alle Fälle bis zum Ende der Abwicklung gilt, oder daß eine gewerbliche Betätigung jeder Art, auch in einem anderen Handelszweige verboten ist. Es kann auch bestimmt werden, daß die Einwilligung in allen Fällen ausdrücklich oder in bestimmter Form erteilt werden muß oder daß sie jederzeit frei widerrufen werden kann. Es kann auch vereinbart werden, daß Einwilligung und Widerruf durch die geschäftsführenden Gesellschafter oder durch Mehrheitsbeschluß erfolgen kann. Die Verschärfung des Verbotes kann durch Vereinbarung einer V e r t r a g s s t r a f e geschehen. Ihre Herabsetzung durch richterliches Urteil nach § 343 BGB. ist nur zulässig, wenn der sie bedingende Gesellschaftsvertrag nicht als Handelsgeschäft anzusehen ist; § 348 HGB., § 105 Anm. 81. Die Ausdehnung des Wettbewerbsverbots auf die Z e i t n a c h V o l l b e e n d i g u n g der G e s e l l s c h a f t oder Ausscheiden eines Gesellschafters kann durch den Gesellschaftsvertrag oder nachträglich vereinbart werden; vgl. dazu Ritter, Die Konkurrenzklausel im neuen Recht, in DJZ. 1902, 349. Sie kommt namentlich in Betracht, wenn ein einzelner Gesellschafter oder ein Dritter das Geschäft mit oder ohne das Recht zur Fortführung der Firma übernimmt. Die Vereinbarung kann sich auch aus den Umständen ergeben; RG. 117, 180; OLGR. 12, 51. In der Veräußerung des Unternehmens allein ist sie noch nicht zu finden; OLG. München in LZ. 1915, 568". Für ein derartiges vert r a g s m ä ß i g e s Verbot gelten nur die Vorschriften des allgemeinen Rechts über Verträge, nicht die besonderen Vorschriften über das gesetzliche Wettbewerbsverbot des

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§ 113 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 1, 2 § 112 und auch nicht die Vorschriften des HGB. über das vertragsmäßige Wettbewerbsverbot der Handlungsgehilfen in §§ 74ff. HGB.; RG. 53, 154; 101, 378; in JW. 1906, 477; im Recht 1907 Nr. 1780; OLGR. 22, 205. Das Verbot darf nicht, insbesondere nicht durch seine Ausgestaltung gegen die guten Sitten verstoßen; § 138 BGB. Wegen der zulässigen Grenzen und der Folgen einer Überschreitung derselben auf die Gültigkeit der Verbotsbestimmung oder des ganzen Vertrags, § 139 BGB., und der Möglichkeit der Zurückführung auf das zulässige Maß durch richterliches Urteil vgl. § 22 Anm. 17, 18. Auch wenn einem Gesellschafter der Wettbewerb an sich erlaubt ist, muß er ihn nicht nur nach den allgemeinen Vorschriften über den Wettbewerb (vgl. das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb) ausüben, sondern auch so wie es die Gesellschaftstreue erfordert. Hieraus kann sich nach Lage des Einzelfalls eine Einschränkung des allgemeinen Rechts zum freien Wettbewerb ergeben. Eine Verletzung der allgemeinen Vorschriften kann insofern auch gesellschaftsrechtlich von Bedeutung sein, etwa nach §§ 133ff. (Ausschluß aus der Geschäftsführung und Vertretung oder Ausschluß aus der Gesellschaft usw.); vgl. § 113.

§ 113 Verletzt ein Gesellschafter die ihm nach § 112 obliegende Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern; sie kann statt dessen von dem Gesellschafter verlangen, daß er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete. Über die Geltendmachung dieser Ansprüche beschließen die übrigen Gesellschafter. Die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem die übrigen Gesellschafter von dem Abschlüsse des Geschäfts oder von der Teilnahme des Gesellschafters an der anderen Gesellschaft Kenntnis erlangen; sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in fünf Jahren von ihrer Entstehung an. Das Recht der Gesellschafter, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, wird durch diese Vorschriften nicht berührt. Schrifttum: L e i t m e y e r , Das Eintrittsrecht des Prinzipals und der Handelsgesell" Schäften, Göttingen 1927. W e i m a r und Crisolli, Die Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Konkurrenzverbot im Recht der o.HG., in JW. 1934, 1709. Anm. 1. § 113 bestimmt die Folgen der Zuwiderhandlung gegen das in § 112 gegebene Wettbewerbsverbot. Von der Regelung in Art. 97 ADHGB. unterscheidet sich § 113 zunächst durch die in ADHGB. fehlende Bestimmung des Abs. 2 über die Notwendigkeit eines Gesellschafterbeschlusses zur Geltendmachung der in Abs. 1 gegebenen Ansprüche. Außerdem ist die Verjährung anders geregelt als im alten Gesetz. Zur Klarstellung dient der neu aufgenommene Abs. 4 über die Zulässigkeit des Rechts der Gesellschafter, neben den Ansprüchen nach Abs. 1 die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen. Sachlich-rechtlich und hinsichtlich der Verjährung ist die Regelung die gleiche wie bei Zuwiderhandlungen der Handlungsgehilfen und der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften bei Verletzung des ihnen auferlegten gesetzlichen Wettbewerbsverbots; § 61 HGB.; § 79 Abs. 2 u. 3 AktG. Anm. 2. Der Schadensersatzanspruch der Gesellschaft. Als Folge der Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots bestimmt Abs. 1 in erster Linie die Schadensersatzpflicht des Gesellschafters. Sie setzt, wie allgemein im Schuldrecht, wenn das Ge-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 113 Auin. 8, 4 setz nicht etwas anderes bestimmt, Verschulden voraus. Dies gilt auch für das an Stelle des Schadensersatzanspruchs gegebene Eintrittsrecht; Hueck S. 109; Düring-Hach Anm. 1. Das Verschulden kann auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen. Das Maß der dem Gesellschafter obliegenden Sorgfaltspflicht richtet sich wie bei allen Verpflichtungen des Gesellschafters nach § 708 BGB.; vgl. § 116 Anm. 18. Anm. 8. Der Umfang des S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h s richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB., §§ 249ff. Regelmäßig besteht der Schaden in dem der Gesellschaft durch den Wettbewerb des Gesellschafters entgangenen Gewinn; § 252 BGB. Er kann sich mit dem Gewinn decken, den der Gesellschafter durch das verbotene Geschäft erzielt hat. Er kann aber auch niedriger oder höher sein, namentlich dann, wenn der Gesellschafter nicht den bei sorgfältiger Geschäftsführung erzielbaren Gewinn gemacht hat. Der Schaden kann auch in einer allgemeinen Geschäftsschädigung bestehen, z. B. durch Drückung der Preise, dauernden Verlust eines Kunden. Hätte die Gesellschaft das von dem Gesellschafter verbotswidrig gemachte Geschäft gar nicht machen können oder hätte sie dabei keinen Gewinn erzielen können, so kann sie entgangenen Gewinn nicht als Schadensersatz verlangen, wohl aber kann sie Schadensersatz verlangen, wenn anzunehmen ist, daß der Dritte ohne das Eingreifen des Gesellschafters mit ihr ein anderes für sie gewinnbringendes Geschäft gemacht hätte; R G . 89, 99 = J W . 17,104". Hat sie einen Schaden nicht erlitten, so bleibt nur das Eintrittsrecht; OLGR. 7, 149; 36, 253. Ob ein Schaden entstanden ist und in welcher Höhe entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung; § 287 ZPO. Daß eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot vorliegt, hat die Gesellschaft zu beweisen. Ein auf Grund des § 113 zum Schadensersatz verpflichtender Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot liegt nicht vor, wenn ein Gesellschafter für R e c h n u n g der Gesells c h a f t ein Geschäft macht, sich aber von dem Dritten eine Provision auszahlen läßt. Er ist jedoch zur Herausgabe des so Erlangten auf Grund der §§ 713, 667 BGB. verpflichtet; RG. 82, 10; 99, 32; vgl. auch § 89 Anm. 40. Ist im Gesellschaftsvertrag für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot eine V e r t r a g s s t r a f e vereinbart, so ist, notfalls durch Vertragsauslegung, ihr Zweck zu ermitteln. Soll sie nur die Erfüllung des Verbots unterstützen, den Anspruch auf Erfüllung und Schadensersatz aber unberührt lassen, was vereinbart werden kann, RG. 70, 442, so ist sie ohne Einfluß auf die Ansprüche nach Abs. 1. Ist aber der Anspruch auf Erfüllung nicht vorbehalten, so kann die Gesellschaft die verwirkte Strafe nur statt der Erfüllung verlangen. Verlangt sie die Strafe, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen; damit entfällt auch der Anspruch auf das Eintrittsrecht; § 340 Abs. 1 BGB. Die Gesellschaft kann aber neben der Vertragsstrafe, die als Mindestbetrag des durch die Nichterfüllung entstandenen Schadens gilt, auch einen etwa erwachsenen weiteren Schaden geltend machen; § 340 Abs. 2 HGB.; vgl. § 61 Anm. 3. Den als Schadensersatz zu leistenden Betrag hat der Gesellschafter in voller Höhe an die Gesellschaft abzuliefern. Er kann nicht einen seiner Beteiligung entsprechenden Teil in Abzug bringen. Anm. 4. Das Elntrittsrecht der Gesellschaft. Das Gesetz gibt der Gesellschaft ein Wahlrecht. Sie kann statt des Schadensersatzes verlangen, daß der Gesellschafter die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder ihr seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete. Seiner rechtlichen Natur nach handelt es sich bei dem Wahlrecht um eine sogenannte facultas alternativa des Gläubigers (der Gesellschaft), nicht um ein Wahlrecht nach § 262 BGB. Es werden nicht von vornherein mehrere Leistungen geschuldet, von denen die eine oder die andere die Erfüllung der Vertragspflicht bewirkt. Das Wahlrecht kommt erst durch die Zuwiderhandlung gegen die Vertragspflicht zur Entstehung; § 61 Anm. 1; wegen des Begriffs der facultas alternativa vgl. R GR Komm. § 262 BGB. Anm. 1. Die Vorschriften der §§ 262ff. BGB. sind nur sinngemäß anzuwenden; a. A. Schwarz Anm. 1; vgl. auch Staudinger Vorbem. Nr. 4 zu § 262 BGB. „ S t a t t des S c h a d e n s e r s a t z e s " bedeutet nicht, daß die Gesellschaft das Eintrittsrecht nicht hat, wenn sie nicht auch einen Schaden erlitten hat, daß sie also die

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§ 113 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 5 Entstehung eines Schadens als Voraussetzung des Eintrittsrechts nachweisen müsse. „Statt dessen" bedeutet nur, daß die Gesellschaft nicht beide Ansprüche nebeneinander erheben kann. Die Unabhängigkeit des Eintrittsrechts von dem Bestehen eines Schadens ergibt sich aus dem gesetzgeberischen Grund für die Gewährung des Eintrittsrechts. Dem vertragsuntreuen Gesellschafter sollen die Vorteile seiner Handlung entzogen und damit der Anreiz zu einer Zuwiderhandlung beseitigt werden. Zu diesem Zweck sollen die Vorteile des Geschäfts der Gesellschaft zugewendet werden; RG. 8, 49. Insofern hat die Vorschrift strafähnlichen Charakter. Der verklagte Gesellschafter kann deshalb nicht einwenden, daß die Gesellschaft selbst das Geschäft nicht machen konnte oder daß sie dabei keinen Gewinn erzielt hätte. Die Wahl ist eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e W i l l e n s e r k l ä r u n g . Sie wird dadurch wirksam, daß die Erklärung dem schuldigen Gesellschafter zugeht; §§130—132, 263 BGB. Mit der Ausübung des Wahlrechts durch diese Erklärung ist der Anspruch auf die gewählte Leistung beschränkt. Die Wahl kann auch durch Klageerhebung unter Geltendmachung eines der beiden Ansprüche erfolgen; OLGR. 7,149. Sie ist mit dem Eintritt ihrer Wirksamkeit unwiderruflich. Die gewählte der beiden Leistungen gilt als von Anfang, d. h. von der Zuwiderhandlung an, allein geschuldet; § 263 Abs. 2 BGB. Der schuldige Gesellschafter kann nicht der Gesellschaft oder den übrigen Gesellschaftern eine Frist für die Ausbildung der Wahl setzen; § 264 Abs. 2 ist nicht anwendbar, weil ein alternatives Schuldverhältnis im Sinne des § 264 Abs. 3 nicht vorliegt. Der Schuldner kann nur die Dreimonatsfrist des Abs. 3 dadurch in Gang setzen, daß er alle übrigen Gesellschafter von dem Abschluß des Geschäfts in Kenntnis setzt. Anm. 5. Der Inhalt des Eintrittsrechts ist verschieden, je nachdem der Gesellschafter Geschäfte für eigene oder für fremde Rechnung gemacht hat. Hat er die G e s c h ä f t e f ü r eigene R e c h n u n g gemacht, so kann die Gesellschaft nur verlangen, daß der Gesellschafter sie als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse. Nur dem Gesellschafter gegenüber hat die Gesellschaft diesen Anspruch, nicht dem Dritten gegenüber, mit dem der Gesellschafter das vertragswidrige Geschäft gemacht hat. Zu diesem steht die Gesellschaft in keinem Rechtsverhältnis. Der Vertragsgegender des Dritten ist und bleibt der Gesellschafter. Die Gesellschaft tritt weder mit Ausübung des Eintrittsrechts in das Vertragsverhältnis mit dem Dritten ohne weiteres ein, noch kann sie von dem Gesellschafter die Abtretung seiner Rechtsstellung gegenüber dem Dritten verlangen. Einen solchen Anspruch auf Abtretung gewährt das Gesetz nur, wenn es sich um für fremde Rechnung gemachte Geschäfte und auch nur um den Anspruch des Gesellschafters auf die Vergütung handelt. Auch in diesem Fall kann die Gesellschaft nicht die Erfüllung des Vertrags gegenüber dem Dritten übernehmen und diesem gegenüber sonstige Vertragsrechte ausüben. Der Eintritt in die Rechtsstellung des Gesellschafters gegenüber dem Dritten ist nur mit Zustimmung aller Beteiligten, also auch des anderen Gesellschafters und des Dritten möglich. Danach hat die Gesellschaft bei Ausübung des Eintrittsrechts nach dem Gesetz nur den Anspruch gegen den Gesellschafter, so gestellt zu werden, als wäre das Geschäft in ihrem Namen vorgenommen worden. Sie kann somit nur das wirtschaftliche Ergebnis des Geschäfts für sich in Anspruch nehmen. Sie kann von dem Gesellschafter Herausgabe dessen verlangen, was er aus dem Geschäfte erlangt hat; dies allerdings auch dann und soweit sie selbst nicht den gleichen Vorteil aus dem Geschäft gehabt hätte. Sie muß aber, wenn sie das Eintrittsrecht ausübt, auch die Nachteile aus dem Geschäft auf sich nehmen. Sie erhält den Gewinn aus dem Geschäft, trägt aber auch den Verlust. Die Gesellschaft kann nur vollkommen in das Geschäft in dem hier angegebenen Sinne eintreten, nicht zu einem Toil, und im übrigen den Eintritt ablehnen. Hat der Gesellschafter m e h r e r e v e r b o t e n e G e c h ä f t e abgeschlossen, die nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich, wenn auch nicht rechtlich, eine Einheit bilden, so kann die Gesellschaft das Eintrittsrecht nur für alle ausüben, nicht nur für die ihr vorteilhaft erscheinenden.; RG. 45, 33; in JW. 11, 57. Da der Gesellschafter das Geschäft als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gegen sich galten lassen muß, muß er nach Ausübung des Eintrittsrechts auch die W e i s u n g e n der G e s e l l s c h a f t befolgen, die einem Gesellschafter für die Geschäftsführung erteilt werden können;

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 113 Anm. 6—9 vgl. § 119. Er haftet dann für die Durchführung des Geschäfts wie ein geschäftsführender Gesellschafter. Hat der Gesellschafter das verbotene Geschäft f ü r f r e m d e R e c h n u n g u n d im f r e m d e m N a m e n gemacht, etwa als Vorstand einer konkurrierenden Aktiengesellschaft oder als Handlungsgehilfe oder auf Grund eines besonderen Auftrags eines dritten Unternehmens, so beschränkt sich das Recht der Gesellschaft auf Herausgabe der von dem Gesellschafter für seine Tätigkeit im Interesse des Dritten bereits bezogenen Vergütung und auf Abtretung des Anspruchs auf die noch ausstehende Vergütung. Dieser Anspruch setzt voraus, daß ein selbständiger Anspruch auf eine solche Vergütung besteht oder daß doch ermittelt werden kann, welcher Teil einer Gesamtvergütung auf die verbotene Tätigkeit entfällt. Hat der Gesellschafter auf Grund des Rechtsverhältnisses mit dem Dritten, z. B. als Kommissionär (§§ 383ff., § 400 HGB.), ein Selbsteintrittsrecht, so kann die Gesellschaft auf Grund ihres Weisungsrechts verlangen, daß der Gesellschafter von diesem Rechte Gebrauch macht. Macht die Gesellschaft von dem Eintrittsrechte Gebrauch, so muß sie dem Gesellschafter auch die Aufwendungen ersetzen, die er durch das Geschäft hatte, ihn auch von den V e r p f l i c h t u n g e n b e f r e i e n , die ihm durch das Geschäft erwachsen sind; RG. 45, 53; 109, 355. Der Gesellschafter kann bis zur Bewirkung dieser Leistungen das gesetzliche Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t ausüben; § 273 BGB. Einen Anspruch auf V e r g ü t u n g für seine Tätigkeit hat er nicht. Anm. 6. Die Gesellschaft kann von dem Gesellschafter Auskunft und Rechnungslegung über die verbotswidrig vorgenommenen Geschäfte verlangen; die Auskunft auch schon vor der völligen Abwicklung des Geschäfts. Die Verpflichtung besteht, weil der Gesellschafter vertragswidrig gehandelt hat und er auch allein imstande ist, die erforderliche Aufklärung zu geben. Die Gesellschaft ist nur so in der Lage, sich über die Ausübung ihres Wahlrechts schlüssig zu machen und festzustellen, welche Ansprüche ihr aus der Vertragverletzung zustehan, auch welche Ansprüche ihr abzutreten sind. Der Anspruch besteht auch, wenn das Geschäft mit dem Dritten wieder aufgehoben worden ist, da sich aus der Aufhebung unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen den Dritten oder den Gesellschafter ergeben können; RG. in JW. 1928, 2092"; OLGR. 16, 90; 41, 197. Soweit es zur Aufklärung erforderlich ist, hat der Gesellschafter der Gesellschaft auch E i n s i c h t in seine B ü c h e r und Papiere zu gewähren; OLGR. 16, 91. Soweit ein Anspruch abzutreten ist, muß der Gesellschafter der Gesellschaft auch die sich auf den Anspruch beziehenden Urkunden herausgeben; §402 BGB. Mit der Klage auf Rechnungslegung kann auch die Herausgabe dessen, was der Gesellschafter auf Grund der Rechnungslegung schuldet, verlangt werden; § 254 ZPO. Anm. 7. Die W i r k s a m k e i t des zwischen dem G e s e l l s c h a f t e r u n d dem D r i t t e n a b g e s c h l o s s e n e n G e s c h ä f t s wird durch die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot nicht berührt. Das Verbot des § 112 dient nur dem Schutze der Gesellschaft, nicht Dritter. Daraus ergibt sich, daß das Geschäft nicht nichtig ist. Die Zuwiderhandlung hat nur Folgen im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter; § 134 BGB. Das Geschäft kann aber aus anderen Gründen, insbesondere wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB.), nichtig sein. Anm. 8. Das Eintrittsrecht der Gesellschaft ist nicht gegeben, wenn die Z u w i d e r h a n d l u n g d u r c h E i n t r i t t des Gesellschafters in eine a n d e r e G e s e l l s c h a f t begangen ist. Es gilt nach dem klaren Wortlaut des § 113, der sich an den des § 112 anschließt, nur, wenn der Gesellschafter verbotswidrige „Geschäfte" für eigene oder fremde Rechnung gemacht hat. Auch in die einzelnen Geschäfte der anderen Gesellschaft kann die durch das Verhalten ihres Gesellschafters verletzte Gesellschaft nicht eintreten. Die Geschäfte jeder Gesellschaft bilden eine Einheit, für die Gewinn und Verlust für bestimmte Zeitabschnitte festzustellen ist. In dem Falle der verbotenen Beteiligung an einer anderen Gesellschaft besteht nur der Anspruch auf Schadensersatz; RG. 73, 423; in JW. 1911, 57"*; Schlegelberger Anm. 3; Hueck S. 110; a. A. Ritter § 61 Anm. 3. Eine solche Beteiligung kann aber in besonderem Maße ein wichtiger Grund zu einem Vorgehen nach §§ 117, 127, 133ff. sein; vgl. unten Anm. 11. Anm. 9. Ü b e r die Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz oder des Eintrittsrechte beschließen die ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r ; Abs. 2. Da es sich um einen

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§ 113 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 9 Anspruch handelt, der der Gesellschaft und nicht den einzelnen Gesellschaftern zusteht, hätten nach der gesetzlichen Regel deren geschäftsführende und vertretungsberechtigte Organe die Ansprüche aus §§ 112, 113 zu verfolgen und sich über die Geltendmachung nach pflichtmäßigem Ermessen schlüssig zu machen. Abweichend von dieser Regel verlangt Abs. 2 für die Geltendmachung dieser Ansprüche einen Beschluß der übrigen Gesellschafter. Der Grund dieser Regelung liegt in der Eigenart der Ansprüche. Es handelt sich bei ihnen nicht nur um die vermögensrechtlichen Belange der Gesellschaft, sondern auch um das persönliche Verhältnis der Gesellschafter, das auf persönlichem Vertrauen beruht. Soll wegen Verletzung dieses Vertrauens gegen einen Gesellschafter vorgegangen werden, so soll dies nur auf Beschluß aller übrigen Gesellschafter geschehen. Die übrigen Gesellschafter haben zu beschließen, ob die Geltendmachung erfolgen soll Und wie es geschehen soll, insbesondere auch wie das W a h l r e c h t nach Abs. 1 ausgeübt werden soll. Die übrigen Gesellschafter können auch von der Geltendmachung der Ansprüche absehen, etwa weil sie das Bestehen der Ansprüche für zweifelhaft halten oder weil sie das Einvernehmen unter den Gesellschaftern nicht stören und größeren Nachteil, insbesondere den Untergang der Gesellschaft, verhüten wollen. Die übrigen Gesellschafter haben bei ihrer Entschließung sich von den Belangen der Gesamtheit leiten zu lassen. Eine Verletzung dieser Verpflichtung, auch durch Vereitelung rechtzeitiger Beschlußfassung, kann den schuldhaft handelnden Gesellschafter schadensersatzpflichtig machen; Hueck, Der Treugedanke im Recht der o.HG., S. 84. Unter Umständen kann sein Verhalten auch einen Ausschließungsgrund, vgl. §§ 133ff., bilden. Nach dem in § 101 Abs. 4 AktG. zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken wird die Ersatzpflicht zu verneinen sein, wenn die Ablehnung der Geltendmachung der Ansprüche schutzwürdigen Belangen dient. Alle zur Beschlußfassung berufenen Gesellschafter, auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen, müssen dem Beschlüsse zustimmen, mag er auf Geltendmachung der Ansprüche oder auf Abstandnahme davon oder auf einen förmlichen V e r z i c h t auf die Ansprüche lauten. Soweit im Gesellschaftsvertrag Mehrheitsbeschlüsse zugelassen sind, und zwar unzweideutig auch für Beschlüsse dieser Art, vgl. § 119, genügt auch ein Mehrheitsbeschluß. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Entschließung über die Geltendmachung oder Nichtgeltendmachung der Ansprüche auch den geschäftsführenden oder vertretungsberechtigten Gesellschaftern übertragen werden. Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so beschließt der andere. Auch w ä h r e n d des A b w i c k l u n g s z u s t a n d e s ist nach der gesetzlichen Regel ein Beschluß der übrigen Gesellschafter erforderlich. Der Abwickler ist zur Entscheidung nicht berufen. Das Recht der Gesellschafter auf Beschlußfassung ist ein persönliches mit der Mitgliedschaft verbundenes Recht. Es kann deshalb nicht auf Dritte übertragen werden; § 717 Abs. 1 BGB. Dagegen sind die Ansprüche aus der Verbotsverletzung, nachdem sie durch die Beschlußfassung, insbesondere die Ausübung des Wahlrechts, festgelegt sind, übertragbar. Zur Geltendmachung der Ansprüche ist ein positiver Beschluß erforderlich. Kommt es nicht zu einem solchen Beschluß, der sich auch über das etwa bestehende Wahlrecht ausspricht, so kann nicht der im Gesetz an erster Stelle stehende Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden; Hueck in Festschrift für Heymann, S. 708 u. Hueck, OHG. S. 111; Schlegelberger Anm. 15; a. A. Wieland I 583; Crisolli in JW. 1934, 1709. Fehlt es an dem erforderlichen Beschluß, z. B. deshalb, weil die übrigen Gesellschafter sich nicht einigen können, so kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden. Eine trotzdem erhobene Klage ist — solange eine Beschlußfassung noch möglich ist, angebrachtermaßen — abzuweisen. Möglich ist die Beschlußfassung und damit die Verfolgung der Ansprüche auch noch nach Ablauf der Verjährungsfristen des Abs. 3, da die Verjährung nur eine Einrede begründet. Liegt ein Beschluß, den Anspruch nicht geltend zu machen, vor, so kann er, soweit er den vertragsuntreuen Gesellschafter nicht mitgeteilt und dadurch für die Gesellschaft verbindlich geworden ist, mit Zustimmung der Gesellschafter, deren Zustimmung erforderlich ist, aufgehoben und durch einen anderen ersetzt werden. Einen auf Geltendmachung lautenden Beschluß können die übrigen

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 113 Anm. 10 Gesellschafter jederzeit aufheben, da sie für die hier in Betracht kommenden Ansprüche die Gesellschaft vertreten. Die A u s f ü h r u n g eines auf Geltendmachung der Ansprüche lautenden Beschlusses kann durch die gewöhnlichen Organe der Gesellschaft, die Klageerhebung also durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen. Sie sind auch zur Ausführung verpflichtet. Ein von diesen ohne einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß erklärter V e r z i c h t oder abgeschlossener V e r g l e i c h der Gesellschaft ist schwebend unwirksam. Er wird durch nachträgliche Genehmigung voll wirksam. Die Vorschrift des § 126 Abs. 2 über die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht gilt nur für das Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten; §426 Anm. 20. Nach Fassung des Beschlusses kann auch jeder einzelne Gesellschafter auf Leistung an die G e s e l l s c h a f t klagen; § 124. Man muß aber auch den beschlußfassenden Mitgliedern in der Gesamtheit das Recht zugestehen, namens der Gesellschaft die Klage zu erheben; sie vertreten insofern kraft der besonderen Bestimmung des Abs. 3 die Gesellschaft. Ein Bedürfnis hierfür besteht namentlich, wenn der zu Verklagende der alleinige vertretungsberechtigte Gesellschafter ist. Im K o n k u r s der Gesellschaf t ist nur der Konkursverwalter zur Geltendmachung der Ansprüche befugt. Auch das Klagerecht der einzelnen Gesellschafter besteht während des Konkurses nicht; Schlegelberger Anm. 18; Jaeger KO. §§ 209/210 Anm. 18; a. M. Schwarz Anm. 2. Eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter bedarf es während des Konkurses ebensowenig wie zur Einforderung einer rückständigen Einlage. Ist die Gesellschaft durch den Konkurs aufgelöst und geht sie damit ihrem Ende entgegen, so treten die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter vor den finanziellen Belangen der Gesellschaftsgläubiger zurück. Der Konkusverwalter übt auch allein das Wahlrecht aus; Hueck S. 111; Schlegelberger Anm. 18; a. A. Düring.-Hach. Anm. 3. Anm. 10. Die Verjährung der Ansprüche aus Abs. 1. Nach Art. 97 Abs. 3 ADHGB. e r l i s c h t das Recht der Gesellschaft auf Schadensersatz oder Eintritt in die verbotswidrigen Geschäfte nach drei Monaten von dem Zeitpunkt an gerechnet, in welchem die Gesellschaft von dem Abschlüsse des Geschäfts Kenntnis erhalten hat. In Übereinstimmung mit § 61 HGB. für Handlungsgehilfen, § 79 AktG. für die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften bestimmt dagegen Abs. 3, daß die Ansprüche der V e r j ä h r u n g unterliegen. Es läuft eine doppelte Verjährungsfrist, die eine dauert drei Monate und läuft mit dem Zeitpunkte an, in welchem die ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r von dem Abschluß des Geschäfts oder der Teilnahme des Gesellschafters an der anderen Gesellschaft. Kenntnis erlangten. Die zweite Frist beträgt fünf Jahre und läuft ohne Rücksicht auf die Kenntnis der übrigen Gesellschafter von der Entstehung der Ansprüche an. Die Verjährung ist danach unbedingt mit dem Ablauf der zweiten Frist beendigt, auch wenn die übrigen Gesellschafter vor Ablauf der Frist von der verbotenen Handlung keine Kenntnis erhalten haben oder die dreimonatige Frist noch nicht abgelaufen war. Zweifelhaft ist, ob auch der A n s p r u c h auf U n t e r l a s s u n g (vgl.Anm. 12) der kurzen Verjährung unterliegt. Die Frage ist zu bejahen, da der Grund für die Einführung der kurzen Verjährung auch hier gegeben ist; ebenso RG. 63, 252 (zu § 61 HGB.); vgl. auch § 21 UnlWG., das (ausdrücklich) auch für den Unterlassungsanspruch die kurze Verjährung einführt, nach der amtlichen Begründung dazu S. 13, um im Interesse des Verkehrs das Zurückgreifen auf weiter zurückliegende Vorgänge auszuschließen. Jedenfalls kann bei längerem Dulden des Wettbewerbs die Einrede derVerwirkunggegebensein, wenn deren allgemeine Voraussetzungen vorliegen, § 242 BGB. Im übrigen finden — auch auf die kurze Verjährung — die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Verjährung, insbesondere über H e m m u n g und U n t e r b r e c h u n g , Anwendung. Der Lauf der dreimonatigen Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem alle übrigen Gesellschafter von der verbotenen Handlung Kenntnis haben. Es ist positives Wissen erforderlich. Bloße Vermutung genügt nicht. Dagegen ist die Kenntnis der Einzelheiten nicht nötig; OLGR. 7,149; RG. 63, 255. Innerhalb der Frist muß der nach Abs. 2 erforderliche Gesellschafterbeschluß gefaßt, dem schuldigen Gesellschafter mitgeteilt und auch die zur Unterbrechung der Verjährung erforderliche Handlung vorgenommen sein.

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§113 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 11, 12 Der Begriff der Entstehung des Anspruchs ist derselbe wie im bürgerlichen Recht. Soweit der Anspruch auf eine Unterlassung geht, beginnt die f ü n f j ä h r i g e Verjährungsfrist mit der Zuwiderhandlung; § 198 BGB. Nach der Rechtsprechung zu dieser Vorschrift und den der Vorschrift des Abs. 3 entsprechenden Verjährungsvorschriften in anderen Gesetzen, vgl. z. B. § 79 Abs. 3 AktG., gilt der Anspruch als entstanden und wird der Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt, sobald der Schuldner rechtlich auf ein Tun oder Lassen in Anspruch genommen werden kann. Zur Ingangsetzung der beiden Verjährungsfristen genügt auch, daß eine die Verjährung unterbrechende Feststellungsklage erhoben werden kann; RG. 83, 354; 87, 306; 152, 273 = JW. 1937, 683 mit Anm.; in JW. 1914, 310; 1932, 1648»; in SeuffA. 92 Nr. 108; vgl. auch RG. (VZ.) 21, 382; Jonas § 250 ZPO. III 4, 5. Das ist namentlich der Fall, wenn es sich um einen erst in der Entwicklung begriffenen, sich noch also erweiternden Schaden handelt. Dann beg nnt nach der Rechtsprechung die Verjährung schon dann, wenn der Schaden auch nur zum Teil entstanden ist, weil dann bereits die Möglichkeit einer Feststellungsklage wegen des künftigen, aus dem gleichen Ereignisse entstehenden Schadens gegeben ist. Diese Rechtsprechung führt aber zu dem wenig erfreulichen Ergebnis, daß Verjährung schon eingetreten sein kann, ehe der Schaden entstanden ist, es muß deshalb angenommen werden, daß für jeden Teilschaden die Verjährung erst beginnt, sobald dieser Schaden entstanden ist; vgl. Weipert, AktG. § 84 Anm. 58. Für jede einzelne selbständige Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot, also insbesondere für jedes selbständige Geschäft läuft jedenfalls eine besondere Verjährungsfrist. Erfüllt die Zuwiderhandlung zugleich den Tatbestand einer u n e r l a u b t e n H a n d l u n g , wie sie auch von einem Nichtgesellschafter begangen werden könnte, z. B. einer Untreue (§ 266 StGB.), so läuft neben der Verjährung aus Abs. 3 zugleich eine Verjährung nach § 852 BGB. Diese beginnt erst mit der Kenntnis der Verletzten, also der Gesellschaft, von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen (des schuldigen Gesellschafters). Sie beträgt regelmäßig nur drei Jahre. Hier ist die Kenntnis aller übrigen Gesellschafter zur Ingangsetzung der Verjährung nicht erforderlich. Es gelten vielmehr die allgemeinen Vorschriften über die Vertretung der Gesellschaft im Wissen, nach denen auch bei Gesamtvertretung die Kenntnis eines einzelnen Gesamtvertreters als Kenntns der Gesellschaft anzusehen ist; vgl. die Erl. zu §125; RG. in JW. 1927,1676. Auf alle Fälle tritt Verjährung in dreißig Jahren seit Begehung der Handlung ein; RG. 87, 300; RG. in SeuffA. 92 Nr. 3 = HRR. 1937 Nr. 1235. Anm. 11. D a s R e c h t der G e s e l l s c h a f t e r , die A u f l ö s u n g der Gesells c h a f t zu v e r l a n g e n , wird d u r c h die v o r h e r g e h e n d e n V o r s c h r i f t e n des P a r a g r a p h e n n i c h t a u s g e s c h l o s s e n ; Abs. 4. Die Bestimmung stellt klar, daß durch die Einräumung des Schadensersatzanspruchs und des Eintrittsrechts nach Abs. 1 das Recht der Gesellschafter, die Auflösung der Gesellschaft wegen der Verletzung des Wettbewerbsverbots zu verlangen, nicht berührt wird. Nach § 133 kann also neben der Geltendmachung dieser Ansprüche auf Auflösung der Gesellschaft durch richterliches Urteil geklagt werden, wenn sich aus der Zuwiderhandlung zugleich ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift ergibt. Statt der Auflösung kann auch die Ausschließung des schuldigen Gesellschafters beantragt oder die Übernahme des Geschäfts durch den noch übrig bleibenden einzigen Gesellschafter begehrt werden; §§ 140, 142. Durch Geltendmachung der Ansprüche nach Abs. 1 wird auch das Recht der übrigen Gesellschafter nicht berührt, wegen der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot auf E n t z i e h u n g der B e f u g n i s zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g und V e r t r e t u n g zu klagen; §'§ 117, 127. Ahm. 12. Unberührt bleibt auch der A n s p r u c h auf V e r t r a g s e r f ü l l u n g , d. h. auf U n t e r l a s s u n g k ü n f t i g e r Z u w i d e r h a n d l u n g ; ROHG. 19,136; RG. 63, 254; 73, 426. Zu diesem Zwecke kann auch verlangt werden, daß der Gesellschafter den Betrieb seines Einzelhandelsgeschäfts aufgibt, seine Firma im HR. löschen läßt, seine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft löst, etwa dadurch, daß er von einem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder die Auflösung der anderen Gesellschaft durch Klage nach §§ 133ff. herbeiführt. Zur Abgabe der hiernach erforderlichen Willenserklärungen kann er mit der Wirkung verurteilt werden, daß die Willenserklärung mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt; § 894 ZPO. Der Zulässigkeit eines derartigen Urteils steht nicht

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 1 t 4 Anm.1, 2 entgegen, daß die Willenserklärung oder eine Anmeldung zum Handelsregister Dritten oder einer Behörde gegenüber abzugeben ist (vgl. Jonas § 894 ZPO. I 2 und wegen der Notwendigkeit der Mitteilung des rechtskräftigen Urteils an den Dritten zur Herbeiführung der vollen Wirksamkeit der Erklärung daselbst Anm. II). Auch mit dem Wesen der Personengesellschaft ist eine solche Verurteilung nicht unvereinbar, da sie nicht die Fortsetzung eines Gesellschafts Verhältnisses, sondern nur dessen Beendigung oder die Loslösung des einzelnen Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis zum Gegenstand hat. Die Verurteilung muß hier ebenso möglich sein, wie wenn jemand auf Grund eines Vertrages mit einem Dritten etwa als dessen Vermögensverwalter Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft wird und sich im Vertrage verpflichtet hat, auf Verlangen des Auftraggebers oder unter bestimmten Voraussetzungen das Gesellschaftsverhältnis zu lösen. Der Anspruch auf Unterlassung künftiger Zuwiderhandlung bedarf zu seiner Geltendmachung keiner Beschlußfassung der übrigen Gesellschafter. Er kann von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern verfolgt werden. Auch eine Peststellungsklage ist möglich, wenn deren besondere Voraussetzungen, § 256 ZPO., gegeben sind. Der Anspruch auf Unterlassung setzt Verschulden nicht voraus. Anm. 13 Die Vorschrift der Abs. 1—3 über das Eintrittsrecht, die Notwendigkeit eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter und die kurze Verjährung enthalten Ausnahmen von dem allgemeinen Recht. Sie gelten deshalb nicht für vertragsmäßige Erweiterungen des Wettbewerbs Verbots, namentlich für dessen Ausdehnung auf die Zeit nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft; RG. 73, 423; Schlegelberger Anm. 3. So verjährt der Anspruch auf eine Vertragsstrafe in dreißig Jahren; OLG. Dresden in SeuffA. 67 Nr. 61. Anm. 14. Für die Ansprüche nach Abs. 1 und aus einer vertragsmäßigen Erweiterung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots gilt der G e r i c h t s s t a n d des Gesells c h a f t s s i t z e s ; §22 ZPO. Daneben kann der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben sein.

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Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Ist im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Anm. 1. Die §§ 114—117 regeln die Geschäftsführung der Gesellschaft. § 114 bestimmt, wer zur Geschäftsführung berufen ist. § 115 regelt die Geschäftsführung beim Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer. § 116 umgrenzt den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis der geschäftsführenden Gesellschafter und ordnet die Mitwirkung der Gesamtheit der Gesellschafter bei außergewöhnlichen Geschäften. § 117 enthält die Bestimmungen über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis. Die Vorschriften sind an Stelle der Artt. 99—104 ADHGB. getreten. Anm. 2. Der Begriff der G e s c h ä f t s f ü h r u n g . Weder das BGB. noch die Vorschriften des HGB. über die Personengesellschaften enthalten eine Begriffsbestimmung der Geschäftsführung. Beide unterscheiden aber scharf zwischen der „Führung der Geschäfte der Gesellschaft" und der „Vertretung der Gesellschaft"; vgl. §§ 709—713 BGB.; §§ 114—117 HGB. einerseits, § 714 BGB., §§ 125—127 HGB. andererseits. Aus dieser Gegenüberstellung, für die Handelsgesellschaften auch aus der Stellung der Vorschriften im Gesetz, ergibt sich deutlich, daß Geschäftsführung die Betätigung der Gesellschaft im V e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r , Vertretung die B e t ä t i g u n g nach a u ß e n ist. Beide Betätigungen werden durch besondere Organe, die „geschäftsführenden" oder die „vertretungsberechtigten" Gesellschafter ausgeübt. Bei den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit sind beide Funktionen in einer Hand, so daß bei diesen die sachlich ebenfalls bestehende Trennung zwischen Geschäfts-

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§114 1. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8 führung und Vertretung weniger hervortritt. Bei der Gesellschaft des BGB. sind im Zweifel die nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter auch zur Vertretung befugt; § 714 BGB. Bei ihr wie bei den Personengesellschaften des Handelsrechts, für die die Auslegungsregel des § 714 BGB. nicht gilt, können aber beide Funktionen in den Händen verschiedener Gesellschafter liegen. Nicht jede Betätigung der Gesellschafter im inneren Verhältnis fällt unter den Begriff der Geschäftsführung. Handlungen, die die G r u n d l a g e n der G e s e l l s c h a f t , ihre Zusammensetzung, die Beibringung des Kapitals, den Wechsel der Mitglieder, die Bestellung und Abberufung ihrer Organe, die Änderung des Gesellschaftsvertrags, die Auflösung der Gesellschaft, die Auseinandersetzung mit ausscheidenden Gesellschaftern oder ihren Erben zum Gegenstand haben, fallen nicht in den Rahmen der Geschäftsführung, sie werden auch nicht von besonderen Gesellschaftsorganen, sondern regelmäßig von der Gesamtheit der Mitglieder ausgeübt; ROHG. 25,163; RG. 114, 395; StaudingerGeiler § 709 GBG. Anm. I 2b; Wieland I 565. Als Gegenstand der Geschäftsführung bleibt danach in der Hauptsache die auf die Erreichung des Gesellschaftszweckes, insbesondere den Betrieb ihres Handelsgewerbes gerichtete Tätigkeit der geschäftsführenden Gesellschafter. Dies kommt namentlich auch dadurch zum Ausdruck, daß mit der Auflösung der Gesellschaft die Befugnisse der geschäftsführenden Gesellschafter aufhören und durch die der Abwickler ersetzt werden; § 146. Zur Geschäftsführung gehört auch die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens und jede Tätigkeit, die nicht der Gesamtheit der Gesellschafter vorbehalten ist. Zur Geschäftsführung gehören insbesondere Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt; § 116 Abs. 1. Aber auch Handlungen, die darüber hinausgehen, liegen nicht außerhalb des Begriffes der Geschäftsführung. Wenn zu ihrer Vornahme ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter, § 116 Abs. 2, oder der übrigen Gesellschafter, vgl. § 113 Abs. 2, erforderlich ist, so ist der Beschluß zwar Voraussetzung für die Vornahme der Handlung; die Handlung selbst, z. B. die beschlossene Veränderung des Gegenstandes des Unternehmens, die Sitzverlegung, die Einziehung von Beiträgen, ist aber ein Akt der Geschäftsführung, wenn auch nicht derjenigen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt. Die Ausführung der Beschlüsse ist daher auch in diesen Fällen Aufgabe der geschäftsführenden Organe. Zur Geschäftsführung gehört auch die B u c h f ü h r u n g , die Aufstellung der Jahresbilanz als Grundlage für deren Feststellung durch sämtliche Gesellschafter, vgl. § 38. Sind Handlungen der Geschäftsführung und der Vertretung wegen der Wirkungen der einen auf das innere, der anderen auf das Verhältnis nach außen, auch rechtlich scharf zu trennen, so berühren sie sich tatsächlich doch vielfach. Eine Handlung, wie z. B. die Anschaffung von Rohstoffen für den Fabrikbetrieb der Gesellschaft, ist sowohl eine Handlung der Geschäftsführung wie eine solche der Vertretung. Wenn die Geschäftsführung und Vertretung in verschiedenen Händen liegt, ist somit das Zusammenwirken der mit den verschiedenen Funktionen betrauten Personen erforderlich. Aus der Notwendigkeit dieses Zusammenwirkens wird sich oft die Vereinigung der Geschäftsführungsund der Vertretungsbefugnis in einer Hand ergeben. Es ist aber wohl möglich, daß ein Gesellschafter wegen seiner besonderen Eigenschaft (als Techniker) nur mit der Geschäftsführung (der Fabrikleitung), ein anderer wegen seiner andersartigen Befähigung (als Kaufmann) mit der Vertretung betraut wird; vgl. Anm. 7. Unter Führung der Geschäfte im Sinne der §§ 114—117 ist nur die vorstehend umgrenzte Tätigkeit der nach diesen Vorschriften zur Führung der Geschäfte, wenn auch nur eines Teiles der gesamten Geschäfte, berufenen Personen zu verstehen. Nicht unter die Geschäftsführung im Sinne der genannten Vorschriften fällt dagegen eine sonstige Betätigung der Gesellschafter in dieser Eigenschaft, wie die Ausübung des Stimmrechts. Über den Rahmen der Geschäftsführung hinaus geht die Betätigung ,,in Gesellschaftsangelegenheiten", die einem Gesellschafter unter Umständen einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen geben kann; vgl. § 110. Anm. 3. Die GescMftsführungsbefugnis aller Gesellschafter. Abs. 1 stellt die gesetzliche Regel auf, daß bei der offenen Handelsgesellschaft alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sind. Zusammen mit § 125 Abs. 1, nach dem jeder Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt ist, wenn er nicht durch den

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 114 Anm. 4—6 Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist, kommt damit zum Ausdruck, daß die offene Handelsgesellschaft eine Personenvereinigung ist, die in der Regel die Erreichung ihres Zweckes, den Betrieb eines Handelsgewerbes, durch g e m e i n s a m e p e r s ö n l i c h e Z u s a m m e n a r b e i t a l l e r i h r e r M i t g l i e d e r erstrebt. Alle sind Inhaber des Gesellschaftsvermögens und des Handelsgewerbes, treten als solche hervor und haften den Gesellschaftsgläubigern als Gesamtschuldner. Dieser Stellung entspricht es, daß auch alle an der Verwaltung des gemeinsamen Vermögens und der Geschäftsführung des gemeinsamen Unternehmens teilnehmen. Anm. 4. Der Grundsatz des Abs. 1 wird ergänzt durch den in § 115 Abs. 1 ausgesprochenen G r u n d s a t z d e r E i n z e l g e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s . Alle Gesellschafter sind nach der gesetzlichen Regel ohne Beschränkung durch die anderen zur Geschäftsführung befugt. Das bedeutet, daß jeder einzelne für sich und unabhängig von den anderen Gesellschaftern befugt ist, alle Handlungen vorzunehmen, die unter den Begriff der Geschäftsführung fallen. Damit unterscheidet sich die offene Handelsgesellschaft wesentlich von der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, für die § 709 BGB. als — allerdings abdingbare — Regel die gemeinschaftliche Geschäftsführung durch alle Gesellschafter aufstellt und ausdrücklich festlegt, daß für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Die Regelung bei der offenen Handelsgesellschaft erklärt sich aus dem Gesellschaftszweck, der auf Betrieb eines auf die Dauer berechneten Erwerbsgeschäftes gerichtet ist, aus der deshalb erforderlichen Bewegungsfreiheit und dem Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern und der grundsätzlichen Gleichberechtigung aller Gesellschafter. Deshalb sind auch alle Gesellschafter g l e i c h m ä ß i g zur Geschäftsführung berechtigt. Anm. 6. Die G e s c h ä f t s f ü h r u n g i s t R e c h t , a b e r a u c h P f l i c h t aller dazu durch das Gesetz (oder den Gesellschaftsvertrag) berufenen Gesellschafter. Der einzelne Gesellschafter kann deshalb, wenn er von der Gesellschaft oder ihren Organen an der Geschäftsführung verhindert wird, auf ungestörte Zulassung zur Geschäftsführung und Führung der Geschäfte nach Maßgabe des Gesetzes oder Vertrages, z. B. nur in Gemeinschaft mit ihm, wenn der Vertrag dies vorsieht, klagen; RG. in JW. 1936, 235' mit Anm.; er kann auch von den anderen bei Verletzung des Gesellschaftsvertrags gegebenen Rechtsbehelfen Gebrauch machen (Anspruch auf Schadensersatz, Auflösung der Gesellschaft oder Ausschließung einzelner Gesellschafter von der Geschäftsführung oder aus der Gesellschaft, §§ 117,133ff.). Andererseits kann die Gesellschaft, auch jeder einzelne Gesellschafter mit der actio pro socio (vgl. § 124) auf Erfüllung der Geschäftsführerpflichten und auf Schadensersatz an die Gesellschaft klagen. Der U m f a n g d e r G e s c h ä f t s f ü h r e r p f l i c h t e n , insbesondere, ob die Geschäftsführer ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen haben, bestimmt sich, falls der Gesellschaftsvertrag nichts Näheres darüber enthält, nach den Bedürfnissen des gemeinsamen Unternehmens. Der zu tätiger Mitarbeit verpflichtete Gesellschafter verletzt auch seine Gesellschafterpflichten, wenn er seine Gesundheit und dadurch seine Fähigkeit zur weiteren Mitarbeit leichtfertig aufs Spiel setzt. Doch ist nicht jede durch eine Erkrankung, die sich bei genügender Vorsicht hätte vermeiden lassen, hervorgerufene Arbeitsunfähigkeit als Folge einer schuldhaften Verletzung der Gesellschafterpflichten anzusehen. Dies wäre nur der Fall, wenn ein Gesellschafter sich bewußt ohne hinreichenden Grund Einwirkungen aussetzt, die mit großer Wahrscheinlichkeit zum dauernden oder längeren Verlust der Arbeitsfähigkeit führen müßte; RG. II 40/43 v. 25. 11. 43. Anm. 6. Persönliche Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse. Da es sich um eine aus der Mitgliedschaft abgeleitete Befugnis handelt, RG. 142,18, kann der einzelne Gesellschafter sie nicht e i n s e i t i g auf einen Dritten übertragen, sondern muß sie persönlich ausüben. Er kann sich auch nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, RG. 123, 299; Wieland I 572; RG. in J W . 1929, 369, hält die Bevollmächtigung für zulässig, wenn es sich um die Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Befugnisse aus den §§ 120, 121, 122 oder um die Ausübung des Kündigungsrechts nach § 132 handelt. Soweit es sich nur um die Geltendmachung von Individualansprüchen, auch das Kündigungsrecht, nicht um das Leben der Gesellschaft handelt, wozu allerdings auch die Feststellung der Jahresbilanz gehört, ist dieser Entscheidung zuzustimmen. Jedenfalls kann sich der geschäftsführende Gesellschafter der Mitwirkung eines Gehilfen bedienen, der

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§ 114 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 7—9 unter seiner Leitung und Verantwortung die Geschäfte besorgt. Bei größeren Betrieben kann sich die Notwendigkeit einer solchen Mitwirkung schon aus dem Umfang der Geschäfte ergeben. Die Gehilfen können im Dienste der Gesellschaft, aber auch im Dienste des geschäftsführenden Gesellschafters stehen; Tgl. auch Anm. 9. G e s e t z l i c h e V e r t r e t e r eines Gesellschafters, z. B. der Vorstand einer Aktiengesellschaft, die Gesellschafterin ist, der Vormund eines Geschäftsunfähigen, üben an dessen Stelle die Verwaltungsbefugnisse aus; R G . 123, 299. Ist eine E h e f r a u Gesellschafterin, so übt sie die Geschäftsführungsbefugnisse selbst aus, wenn sie in Gütertrennung lebt, oder ihre Beteiligung zum Vorbehaltsgut gehört. Gehört sie zum eingebrachten Gut oder zum Gesamtgut der ehelichen Gütergemeinschaft oder zu einer fortgesetzten Gütergemeinschaft, so übt der Ehemann oder derjenige die Befugnisse aus, dem die Verwaltung zusteht. Gehört die Beteiligung zu einem Vermögen, an dem einem Dritten der Nießbrauch zusteht, so übt der Nutzungsberechtigte die Befugnisse aus, wenn ihm die Verwaltung des Vermögens zusteht. Anm. 7. Abs. 1 enthält n a c h g i e b i g e s R e c h t . § 114 Abs. 2, § 115 gehen davon aus, daß entgegen der Regel des Abs. 1 nicht alle Gesellschafter zur Geschäftsführung oder daß nicht jeder allein zur Geschäftsführung berufen ist. Deshalb, und weil es sich lediglich um das innere Verhältnis unter den Gesellschaftern handelt, ist anzunehmen, daß durch den Gesellschaftsvertrag eine von der Regel des Abs. 1 abweichende Ordnung der Geschäftsführung vorgenommen werden kann. Danach kann insbesondere vereinbart werden, daß nicht alle, sondern nur einzelne Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind, die anderen nicht. § 114 Abs. 2 enthält dazu eine Auslegungsregel: I s t im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e die G e s c h ä f t s f ü h r u n g e i n e m G e s e l l s c h a f t e r o d e r m e h r e r e n G e s e l l s c h a f t e r n ü b e r t r a g e n , so sind die ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r v o n d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g a u s g e s c h l o s s e n . Die Übertragung der Geschäftsführung an einzelne Gesellschafter und damit der Ausschluß aller übrigen muß nicht ausdrücklich erfolgen. Er kann sich auch durch Vertragsauslegung und aus den Umständen ergeben. Im Gesellschaftsvertrag kann auch vereinbart werden, daß einzelne Gesellschafter nur für bestimmte Geschäfte, etwa für die Fabrikation oder für die Geschäfte in einem bestimmten Betriebe oder nur auf begrenzte Zeit oder nur bei Behinderung anderer zur Geschäftsführung berufen sind oder daß ihre Geschäftsführungsbefugnis nur bis zum Eintritt eines Ereignisses (Volljährigkeit eines bisher minderjährigen Gesellschafters) dauert. Anm. 8. Der Gesellschaftsvertrag kann auch einem Gesellschafter nur das Recht, aber nicht die Verpflichtung zur Geschäftsführung einräumen oder nur seine Verpflichtung, .nicht aber seine Berechtigung zur Geschäftsführung aussprechen, letztere also ausschließen; R G . in HoldhMschr. 1905, 47. Anm. 9. Im Gesellschaftsvertrag kann auch die Ü b e r t r a g u n g d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s s e auf einen Dritten angeordnet oder durch die geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter zugelassen werden. Es handelt sich bei der Geschäftsführung um Vorgänge, wie die Fabrikation, den Vertrieb der Waren, die auch von einem Dritten wahrgenommen werden können, und nicht um eigentliche Herrschaftsrechte wie das Stimmrecht. Deshalb ist trotz der grundsätzlichen Unabtretbarkeit der einzelnen Verwaltungsrechte (vgl. § 109 Anm. 4f.) die Übertragung der Geschäftsführungsbefugnisse zuzulassen, wenn sie im Gesellschaftsvertrage vorgesehen ist oder alle Gesellschafter nachträglich zustimmen; R G . 123, 299; vgl. auch RGUrt. vom 18. Oktober 1939 I I 86/39; in SeuffA. 94 Nr. 8. Die Zulässigkeit der Übertragung auf Grund Vereinbarung der Gesellschafter ergibt sich auch aus § 713 BGB., der für die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter die Vorschriften des BGB. über den Auftrag, §§ 664—670, für anwendbar erklärt. Nach § 664 Satz 1 BGB. darf aber der Beauftragte nur im Zweifel die Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Danach kann die Übertragung ihm jedenfalls durch den Gesellschaftsvertrag oder nachträglich von allen übrigen Gesellschaftern gestattet werden. Ist dies zulässig, so kann durch den Gesellschaf tsvertrag auch unmittelbar ein Nichtgesellschafter als Geschäftsführer (nicht als Vertreter) bestellt werden.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 114 Anm. 10 Im Gesellschaftsvertrage kann auch bestimmt werden, daß der geschäftsführende Gesellschafter die ihm zustehende Geschäftsführungsbefugnis durch einen auf seinen Vorschlag zu bestellenden Prokuristen mit Einzelhandclsbefugnis ausüben lassen darf. Die Gesellschaft ist dann verpflichtet, den Vorgeschlagenen zum Prokuristen zu bestellen. Die Mitgesellschafter können zur Mitwirkung dabei verurteilt werden. Die Bestimmung des § 116 Abs. 3 Satz 2, nach der der Widerruf der Prokura jederzeit erfolgen kann, steht dem nicht entgegen, denn § 116 Abs. 3 Satz 2 enthält nachgiebiges Recht. Die Gesellschafter können sich dahin binden, daß der Widerruf nicht erfolgen darf, solange der Auftrag des bevorrechtigten Gesellschafters an den Dritten, für ihn die Geschäfte zu führen, fortdauert; RG. in Seu'fA. 94 Nr. 8. Die B e v o l l m ä c h t i g u n g eines D r i t t e n kann im Gesellschaftsvertrage namentlich auch für den Fall einer Verhinderung des geschäftsführenden Gesellschafters zugelassen, ihm auch die Bestellung eines solchen vorgeschrieben werden. Dabei kann auch vereinbart werden, wer die K o s t e n der S t e l l v e r t r e t u n g zu tragen hat. Im Zweifel fallen sie dem Vollmachtgeber zur Lagt. Zu den auf Grund einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrags übertragbaren Rechten gehört auch das W i d e r s p r u c h s r e c h t nach § 115 Abs. 1, da es ein Teil der Befugnisse des Geschäftsführers ist. Eine Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis liegt nicht vor, wenn ein Geschäftsführer sich lediglich zur Übermittlung seiner Erklärungen in Angelegenheiten der Geschäftsführung eines Boten (des Fernsprechers) bedient. Dies ist zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht eine besondere Form vorschreibt. Die H a f t u n g des seine G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s s e ü b e r t r a g e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s . War dem Gesellschafter die Übertragung gestattet, so hat er nur ein ihm bei der Übertragung oder der Unterlassung eines Widerrufs zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Das V e r s c h u l d e n eines Gehilfen hat er in gleicher Weise zu vertreten wie eigenes Verschulden; § 278, § 708 BGB.; vgl. Art. 7 Nr. 5 der obengenannten EVo.en; vgl. auch § 116 Anm. 18ff. Anm. 10. B e s t r i t t e n i s t , ob d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g alle Ges e l l s c h a f t e r von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g ausgeschlossen werden können. Für die Zulässigkeit der Ausschließung: DürHach. Anm. 4; Ritter Anm. 4; Wieland 1 572; Hueck S. 63; Würdinger, Personalgesellschaft S. 48; a. M. Köhler in ArchBürgR. 40, 253; Schlegelberger Anm. 6. Die Übertragung der gesamten Geschäftsführung und Vertretung auf einen Dritten ist mit dem Wesen der Personengesellschaft unvereinbar. Bei dieser Gesellschaftsart ist die Unternehmungsleitung untrennbar von der gesellschafterlichen Stellung der persönlich haftenden Gesellschafter. Es ist aber möglich, die Frage verschieden zu beantworten, je nachdem, ob es sich um die Geschäftsführung oder um die Vertretung handelt. Zwar ist es naheliegend, daß die persönlich haftenden Gesellschafter schon wegen ihrer Verantwortlichkeit die Geschäfte persönlich führen und auch die Gesellschaft nach außen vertreten. Aber das Gesetz sieht für beide Funktionen die Möglichkeit vor, daß ein Gesellschafter von diesen Funktionen ausgeschlossen wird; §§ 117, 127; seine gesellschafterliche Stellung wird dadurch nicht geändert. Es besteht deshalb aus dem Wesen der Personengesellschaft auch kein Bedenken, daß alle Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung teilnehmen. Ob dies auch für die Vertretung gilt, kann hier dahingestellt bleiben; vgl. dazu §§ 125ff. Aber die nur im inneren Verhältnis wirkende Tätigkeit, also die Geschäftsführung, kann ohne Änderung ihres Wesens auch von Nichtgesellschaftern wahrgenommen werden. Gibt man dies für einzelne Gesellschafter zu und gestattet man, daß im Gesellschaftsvertrag die Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis an einen Dritten zugelassen wird (vgl. oben Anm. 9), so besteht kein durchschlagender Grund dagegen, auch alle Gesellschafter von der Geschäftsführung auszuschließen. Bedenken bestehen um so weniger, als die Geschäftsführer, und das würde auch für fremde Geschäftsführer gelten, nach der Regel des § 116 nur zu Handlungen befugt sind, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, während zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist. Zu Handlungen, die überhaupt nicht in den Rahmen der Geschäftsführung gehören, sondern den Aufbau der Gesellschaft usw. zum Gegenstand haben (vgl. oben Anm. 2), wäre auch im Falle des Ausschlusses aller Gesellschafter 8

HOB. Bd. n . (Welport.) 2. Aull.

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§114 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 11—16 von der Geschäftsführung die Mitwirkung der Gesellschafter erforderlich. Die Gesellschafter blieben deshalb doch immer die Herren des Unternehmens; sie könnten insbesondere die Auflösung der Gesellschaft beschließen, oder den Gesellschaftsvertrag ändern, namentlich auch dessen Bestimmungen über die Geschäftsführung, die Geschäftsführer abberufen und durch andere ersetzen, die Geschäftsführung auch selbst übernehmen. Wenn der Geschäftsführer nicht Gesellschafter ist, bedürfte es ihm gegenüber zur Ausschließung aus wichtigem Grunde nicht einer Ausschließungsklage und eines rechtsgestaltenden Urteils, es würde vielmehr ihm gegenüber nur einer Erklärung der Abberufung bedürfen, über deren Wirksamkeit der Richter durch Feststellungsurteil oder mittelbar etwa bei einem Anspruch auf eine Vergütung für die Geschäftsführung zu entscheiden hätte. Verneint man die Zulässigkeit des vertragsmäßigen Ausschlusses aller Gesellschafter von der Geschäftsführung, so ist eine sie aussprechende Vertragsbestimmung nichtig. Ob dann der ganze Gesellschaftsvertrag nichtig ist, hängt davon ab, ob die Vertragschließenden bei Kenntnis der Nichtigkeit den Vertrag auch ohne diese Bestimmung abgeschlossen hätten oder nicht, § 139 BGB.; wegen der Geltendmachung der Nichtigkeit des ganzen Vertrags vgl. § 105 Anm. 73 ff. Ist der Vertrag im übrigen gültig, so ist es Auslegungsfrage, ob nunmehr für die Geschäftsführung nach der gesetzlichen Regel Alleinbefugnis oder die Gesamtbefugnis aller Gesellschafter gilt. Aus der Ausschließung aller Gesellschafter ergibt sich nicht notwendig der Wille der Gesellschafter, daß keiner allein geschäftsführungsberechtigt sein soll; so Schlegelberger Anm. 6. Da die Gesellschafter bei Ausschluß aller notwendig einen Dritten zum Geschäftsführer bestimmt haben müssen, kann auch angenommen werden, daß sie bei Unmöglichkeit dieser Bestimmung es bei der gesetzlichen Regel lassen wollten. Anm. 11. Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrage die gesetzliche Befugnis zur Geschäftsführung e r w e i t e r n . So können sie sie auf außergewöhnliche Geschäfte ausdehnen. Sie können den geschäftsführenden Gesellschaftern auch A u f g a b e n ü b e r t r a g e n , die ü b e r den R a h m e n d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g h i n a u s g e h e n , z. B. die Feststellung (nicht nur die Aufstellung) der Bilanz und die Bestimmung des verteilbaren Gewinns, die Aufnahme neuer, die Auseinandersetzung mit ausgeschiedenen Mitgliedern, die Annahme der Kündigung eines Gesellschafters. Anm. 12. Die vertragsmäßigen Abweichungen von der gesetzlichen Regelung der Geschäftsführungsbefugnis sind nicht in das H a n d e l s r e g i s t e r einzutragen, da sie nur im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern wirken und das Register für solche Eintragungen nicht bestimmt ist; Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern 23, 55. Anm. 18. Das R e c h t s v e r h ä l t n i s der g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r zur G e s e l l s c h a f t . Es ist kein D i e n s t v e r h ä l t n i s . Die gegenseitigen Rechte und Pflichten entspringen aus der Mitgliedschaft. Nach § 713 BGB. bestimmen sich die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter nach den für den A u f t r a g geltenden Vorschriften der §§ 664—670 BGB., soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis ein anderes ergibt. Der geschäftsführende Gesellschafter ist an die ihm im Gesellschaftsvertrag oder durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter gegebenen Weisungen gebunden. Er darf davon nur abweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß die übrigen Gesellschafter bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würden. Er hat vor der Abweichung den übrigen Gesellschaftern Anzeige zu erstatten und ihre Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist; § 665 BGB. Anm. 14. Wegen der V e r p f l i c h t u n g der G e s c h ä f t s f ü h r e r zur B e r i c h t e r s t a t t u n g u n d R e c h n u n g s l e g u n g vgl. § 118. Anm. 15. Wegen der H a f t u n g der G e s e l l s c h a f t e r wegen V e r l e t z u n g i h r e r V e r p f l i c h t u n g e n als G e s c h ä f t s f ü h r e r vgl. § 116 Anm. 18ff. Anm. 16. Es besteht kein Anspruch der geschäftsführenden Gesellschafter auf Vergütung für die Führung der Geschäfte der Gesellschaft. Art. 93 Abs. 3 ADHGB. sprach dies ausdrücklich aus. Auch nach dem HGB. oder BGB. besteht kein solcher Anspruch. Er ergibt sich auch nicht aus § 662 BGB., da dieser in § 713 BGB. nicht für anwendbar erklärt ist, ebensowenig aus § 354 HGB. Durch die Geschäftsführung erfüllt

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 115 Anm. 1, 2 der Gesellschafter nur seine Gesellschafterpflicht. E r besorgt nicht in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte oder leistet ihm Dienste. Zulässig ist die V e r e i n b a r u n g e i n e r V e r g ü t u n g im Gesellschaftsvertrage. Sie kann auch von Fall zu Fall durch Beschluß der Gesellschafter, auch durch Mehrheitsbeschluß, falls der Gesellschaftsvertrag einen solchen auch für diesen Fall zuläßt (vgl. § 119), bewilligt werden. Die Vereinbarung kann sich auch aus den Umständen ergeben; R G . in J W . 1901, 4 0 6 ' ; Ritter Anm. 2. Aus dem Umstände allein, daß nur einer oder einzelne Gesellschafter Geschäftsführer sind, andere aber nicht, ergibt sich die Vereinbarung einer Vergütung noch nicht; RG.Urt. v. 4. 3. 43, II 113/42 = DR. 1943, 806. Es besteht auch keine allgemeine Verkehrsauffassung dahin, daß beim Ausschluß einzelner Gesellschafter von der Geschäftsführung die übrigen eine Vergütung erhalten. Der Ausschluß einzelner kann im Interesse der Gesamtheit und auch der geschäftsführenden Gesellschafter liegen und auch durch andere Leistungen, z. B . Einbringung des von den Ausgeschlossenen gegründeten Unternehmens, ausgeglichen sein. Bei außergewöhnlichen Leistungen, die eine besondere Fähigkeit erfordern, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine besondere Vergütung; R G . in J W . 1938, 2769 19 . Aber auch hier kann der Ausgleich darin liegen, daß der Betreffende gerade wegen seiner Fähigkeiten in die Gesellschaft aufgenommen wurde; ROHG. 3, 174 u. 230; RG. in J W . 1901, 406; im Recht 1907, 933. Auch der Gesellschafter, der vorübergehend, etwa wegen Verhinderung eines Geschäftsführers, die Geschäfte führt, oder dadurch Mehrarbeit hat, kann nicht ohne weiteres eine Vergütung verlangen. E r erfüllt ebenfalls nur die sich aus seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft ergebenden Verpflichtungen; R G . in H R R . 1936, 611. Übt ein Gesellschafter außerhalb des Aufgabenkreises der Gesellschaft eine besondere Tätigkeit z. B . als Rechtsanwalt aus und stellt er diese der Gesellschaft zur Verfügung, so übt er damit nicht eine Geschäftsführertätigkeit aus. E r erhält dafür die im Gesetze vorgesehene oder besonders vereinbarte Vergütung. Ist ein Nichtgesellschafter Geschäftsführer, so besteht zwischen ihm und der Gesellschaft ein D i e n s t - oder A u f t r a g s v e r h ä l t n i s . Wenn über die Vergütung nichts besonderes v e r e i n b a r t ist, so kann sich doch aus den Umständen ergeben, ob ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung und in welcher Höhe zusteht oder ob dies nicht der Fall ist, etwa weil er in seinem eigenen Interesse zum Geschäftsführer bestellt worden ist.

§ 115 Steht die Geschäftsführung allen oder mehreren Gesellschaftern zu, so ist jeder von ihnen allein zu handeln berechtigt; widerspricht jedoch ein anderer geschäftsführender Gesellschafter der Vornahme einer Handlung, so muß diese unterbleiben. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß die Gesellschafter, denen die Geschäftsführung zusteht, nur zusammen handeln können, so bedarf es für jedes Geschäft der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, es sei denn, daß Gefahr im Verzug ist. Anm. 1. Abs. 1 Halbsatz 1 stellt die gesetzliche Regel auf, daß bei Vorhandensein mehrerer geschäftsführungsberechtigter Gesellschafter jeder von ihnen allein zu handeln berechtigt ist; Abs. 1 Halbsatz 2 gibt in diesem Falle den übrigen geschäftsführenden Gesellschaftern ein Widerspruchsrecht. Abs. 2 regelt die Geschäftsführungsbefugnis mehrerer geschäftsführenden Gesellschafter, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrage nur zusammen handeln können. Die entsprechenden sachlich übereinstimmenden Vorschriften des ADHGB. sind in Art. 100 enthalten. Anm. 2. D e r G r u n d s a t z d e r E i n z e l g e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s . Die gesetzliche Regel des Abs. 1 Halbsatz 1 gilt, wenn nach der Regel des § 114 Abs. 1 alle Gesellschafter, oder wenn auf Grund des Gesellschaftsvertrags nur ein Teil von ihnen zur Geschäftsführung berufen, andere aber davon ausgeschlossen sind; § 114 Abs. 2. Die 8*

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§ 115

I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft

Anm. 8, 4

Befugnis erstreckt sich auf alle Handlungen, die in den Rahmen der Geschäftsführung fallen, wie er in § 116 umgrenzt ist; vgl. die Erl. zu § 116. Alle danach zulässigen Handlungen darf jeder einzelne geschäftsführende Gesellschafter vornehmen, ohne dazu der Zustimmung oder der Mitwirkung eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters zu bedürfen. Auch an Weisungen der anderen Geschäftsführer oder einzelner nicht geschäftsführenden Gesellschafter ist er dabei nicht gebunden, wohl aber an Weisungen, die im Gesellschaftsvertrage oder in besonderen — regelmäßig einstimmigen — Beschlüssen der Gesellschafter gegeben sind; vgl. § 119. Anm. 3. Der B e f u g n i s entspricht die V e r p f l i c h t u n g jedes Geschäftsführers, allein zu handeln, d. h. diejenigen Geschäftsführungshandlungen vorzunehmen, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlich und zweckdienlich sind. Der einzelne Gesellschafter wird somit bei Unterlassung einer danach gebotenen Handlung nicht dadurch entlastet, daß auch ein anderer geschäftsführender Gesellschafter die Handlung hätte vornehmen können. Die Alleingeschäftsführungsbefugnis aller geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter entspricht dem Bedürfnis der offenen Handelsgesellschaft, bei der oft rasches Handeln erforderlich ist. Dieses würde aber durch die Notwendigkeit des Zusammenwirkens oder doch der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter erschwert. Der mit der Alleingeschäftsführung verbundenen Gefahr, daß durch Handlungen eines einzelnen Gesellschafters eine Schädigung der Gesellschaft und auch der einzelnen Gesellschafter eintritt, begegnet das Gesetz durch das W i d e r s p r u c h s r e c h t der übrigen Geschäftsführer und durch die Möglichkeit, durch den Gesellschaftsvertrag die Gesamtgeschäftsführung anzuordnen; Abs. 1 Halbs. 2, Abs. 2. Anm. 4. Das Widerspruchsrecht der geschäftsfüKrenden Gesellschafter. W i d e r s p r i c h t ein g e s c h ä f t s f ü h r e n d e r G e s e l l s c h a f t e r einer H a n d l u n g eines a n d e r e n g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s , so m u ß die H a n d l u n g u n t e r b l e i b e n ; Abs. 1 Halbsatz 2. Nach seinem Zwecke, Schaden der Gesellschaft durch die Geschäftsführung eines Teils der Geschäftsführer zu verhindern, besteht das Widerspruchsrecht auch, wenn mehrere geschäftsführenden Gesellschafter zusammen eine solche Handlung vornehmen wollen. Dies gilt nicht nur, wenn mehrere Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrage zusammenwirken müssen (Abs. 2), sondern auch wenn sie freiwillig zusammenwirken. Ist noch ein weiterer Geschäftsführer vorhanden, so hat er das Widerspruchsrecht. Nur die zur Geschäftsführung berechtigten Gesellschafter haben das Widerspruchsrecht, da nur sie auf Grund ihrer eigenen Tätigkeit die Zweckmäßigkeit einer Geschäftsftthrungshandlung beurteilen können, nicht aber die durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Richterspruch, § 117, von der Geschäftsführung ausgeschlossenen, auch nicht die nur zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Gesellschafter; vgl. aber Anm. 16. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag nur ein geschäftsführender Gesellschafter vorhanden, so besteht kein Widerspruchsrecht. Schädigungen der Gesellschaft können in diesem Falle, abgesehen von der Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters, nur durch Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grunde durch Richterspruch (auch durch einstweilige Verfügung, § 117) oder durch Ausschließung des Gesellschafters (§ 140) abgewendet werden. Ein Gesellschafter, der nur für eine bestimmte Tätigkeit (einen einzelnen Geschäftszweig) zur Geschäftsführung berufen ist, ist im übrigen von der Geschäftsführung ausgeschlossen; Schwarz Anm. 1. Er hat deshalb auch kein Widerspruchsrecht bei Handlungen, die über seinen Geschäftskreis hinausgehen oder diesen nicht mittelbar berühren, soweit es sich nicht um eine Handlung der Geschäftsführung dreht, für die auch bei Arbeitsteilung alle geschäftsführenden Gesellschafter verantwortlich sind. Jeder einzelne Geschäftsführer hat das Widerspruchsrecht (ein „anderer"). Er bedarf nicht der Zustimmung oder Mitwirkung der etwa noch vorhandenen weiteren geschäftsführenden Gesellschafter, auch wenn er auf Grund des Gesellschaftsvertrags Geschäftsführungshandlungen nur zusammen mit anderen Gesellschaftern vornehmen kann; Düring-Hach Anm. 3 u. 8; Ritter Anm. 3; a. M. Gorski, Die Geschäftsführung und Vertretung der offenen Handelsgesellschaft, S. 88; Hueck S. 68. Der Widerspruch irgendeines der anderen geschäftsführenden Gesellschafter soll genügen, die Handlung zu verhindern. Aus dem Zweck des Widerspruchsrechts folgt, daß der Gesellschafter,

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § I I S Anm. 6—8 dem widersprochen werden soll, oder ein anderer geschäitsführender Gesellschafter die Erhebung des Widerspruchs nicht dadurch unmöglich machen kann, daß er der Erhebung widerspricht. Anm. 5. Der Widerspruch kann nur gegen eine H a n d l u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g , nicht gegen eine andere Handlung eines Gesellschafters erhoben werden, also nicht gegen eine solche, die nicht in der Eigenschaft als Geschäftsführer vorgenommen wird, die auch von einem nicht geschäftsführenden Gesellschafter vorgenommen werden kann, z. B. die in eigenem Namen des Gesellschafters gegen einen anderen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis (aus einem Sozialanspruch) erhobene Klage, etwa auf Leistung eines Beitrags an die Gesellschaft; vgl. dazu im einzelnen § 124. Anm. 6. Der Widerspruch kann nicht gegen die Geschäftsführung eines Gesellschafters überhaupt, sondern nur gegen die Vornahme einer Handlung, d. i. eines bes t i m m t e n t a t s ä c h l i c h e n Vorgangs der Geschäftsführung, erhoben werden. Der Widerspruch gegen alle Handlungen eines geschäftsführenden Gesellschafters, gegen seine Geschäftsführertätigkeit überhaupt, wäre wirkungslos und deshalb nicht zu beachten. Auch der f o r t g e s e t z t e p l a n m ä ß i g e W i d e r s p r u c h gegen jede einzelne Handlung wäre als Umgehung der Beschränkung des Widerspruchsrechts wirkungslos. Zulässig ist der Widerspruch gegen eine R e i h e b e s t i m m t e r g l e i c h a r t i g e r , sich voraussichtlich wiederholender H a n d l u n g e n oder gegen bestimmte Pläne, da andernfalls das Widerspruchsrecht häufig seinen Zweck verfehlen würde; RG. 84,109; 58,136; Bolze 17. Nr. 526. Die Alleingeschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters darf auch nicht dadurch lahm gelegt werden, daß ein Geschäftsführer alle Handlungen eines anderen sofort rückgängig macht, etwa alle seine Anweisungen an die Angestellten und Arbeiter alsbald widerruft. Ein solches Vorgehen würde eine unzulässige Rechtsausübung darstellen und eine Klage auf Unterlassung rechtfertigen. Es könnte auch eine Verletzung der Gesellschafterpflichten enthalten und zu einem Vorgehen nach §§ 117, 133ff. Anlaß geben. Hält ein geschäitsführender Gesellschafter die weitere Tätigkeit eines anderen überhaupt für schädlich, so kann er seinerseits nach §§ 117,133ff. vorgehen, wenn er die dort vorgesehene Mitwirkung der anderen Gesellschafter erreicht. Er kann aber nicht unter Umgehung der übrigen Gesellschafter dieses Ziel zu erreichen suchen. Anm. 7. Auch wenn G e f a h r im Verzuge ist, muß die geplante Geschäftsführungshandlung bei Widerspruch eines anderen geschäftsführungsberechtigten Gesellschafters unterbleiben. Dies ergibt sich klar aus Abs. 2, nach dem im F a l l e d e r Ges a m t g e s c h ä f t s f ü h r u n g bei Gefahr im Verzuge die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter nicht erforderlich ist. Bei Gefahr im Verzuge braucht die Zus t i m m u n g der anderen nicht eingeholt zu werden. Widerspricht aber einer, dann soll der Widerspruch maßgebend sein; Widerspruch kann nicht erhoben werden gegen eine Handlung, die zur Erhaltung des gemeinsamen Vermögens erforderlich ist. Zu deren Vornahme ist jeder Gesellschafter, nicht nur der geschäftsführende selbständig befugt; § 744 Abs. 2 BGB.; Hueck S. 72; vgl. auch Anm. 22. Anm. 8. Der einzelne Gesellschafter darf den Widerspruch nicht w i l l k ü r l i c h erheben, sondern nur, wenn er ihn nach pflichtgemäßer Prüfung im Interesse der Gesamtheit, also der Gesellschaft, für erforderlich hält. Das Widerspruchsrecht ist dem einzelnen Gesellschafter nicht in seinem persönlichen Interesse gegeben, um ihn gegen die in der schrankenlosen Berechtigung der anderen Geschäftsführer liegende Gefahr der Belastung, auch mit seinem Piivatvermögen (vgl. § 128) zu schützen. Wäre dies der Zweck des Widerspruchsrechts, so müßte es auch dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter zustehen. Eine Voranstellung der eigenen Interessen bei Ausübuug des Widerspruchsrechts würde auch gegen die gesellschafterliche Treupflicht verstoßen; ebenso Schlegelberger Anm. 7; vgl. Hueck, Der Treugedanke im Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 73. Die Ausübung des Widerspruchsrechts darf auch nicht dem Schikaneverbot des § 226 BGB. zuwiderlaufen; vgl. Anm. 6; RG. bei Gruchot 49, 630; im Recht 1912 Nr. 1602; OLG. Hamburg in ZHR. 35, 230; Ritter Anm. 3a. Ein zweifellos die Treupflicht verletzender willkürlicher Widerspruch kann unbeachtet gelassen werden; RG. 109, 50; 158, 310; RGUrt. vom 27. Januar 1940 II 159/39 = RG. 163, 35; OLG. Hamburg in SeuffA. 41 Nr. 120; in OLGR. 24, 210; J. v. Gierke, HR. S. 186; Ritter Anm. 2; Schlegelberger Anm. 8. Ein M i ß b r a u c h des W i d e r s p r u c h s r e c h t s

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§ 115 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 9—12a würde z. B. vorliegen, wenn sich der Widerspruch gegen eine Handlung richtet, zu deren Vornahme die Gesellschaft unzweifelhaft verpflichtet ist oder deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt; vgl. § 679 BGB. Nicht zu beachten ist auch ein Widerspruch, wenn ein Gesellschafter sich verpflichtet hat, einem bestimmten Geschäft nicht zu widersprechen, oder wenn er dem Geschäfte bereits zugestimmt hat, außer wenn er seine Erklärung in zulässiger Weise widerrufen hat; Bolze 17 Nr. 526. Anm. 9. Der Widerspruch kann nicht durch den Einwand beseitigt werden, daß die Handlung im Interesse der Gesellschaft liege (vgl. aber die vorhergehenden Ausführungen). Nach dem Zweck der Vorschrift soll der Widerspruch schon dann wirken, wenn unter den geschäftsführenden Gesellschaftern Meinungsverschiedenheiten über die Zweckmäßigkeit einer Handlung bestehen, dann soll die Meinung des der Vornahme der Handlung widersprechenden Gesellschafters maßgebend sein. Würde man die Einwendung zulassen, so müßte zuletzt im Rechtsstreit das Gericht über die Zweckmäßigkeit jeder einzelnen Geschäftsführungshandlung entscheiden. Für eine solche Entscheidung würde es dem Gericht regelmäßig an dem erforderlichen Einblick in die Lage des Unternehmens fehlen. Die Überzeugung des Richters von der Zweckmäßigkeit der Handlung würde an die Stelle des Ermessens und des gesetzlich gewährleisteten Mitbestimmungsrechts der anderen geschäftsführenden Gesellschafter treten; RG. 109, 59. Der Richter kann auch nicht in der Weise in die Geschäftsführung eingreifen, daß er die Vornahme einer bestimmten Handlung anordnet. Anm. 10. Der G e l t e n d m a c h u n g eines b e r e i t s b e s t e h e n d e n A n s p r u c h s der Gesellschaft gegen einen G e s e l l s c h a f t e r aus dem Gesellschaftsvcrhältnis oder aus einem anderen Rechtsverhältnis, z. B. aus Kauf, kann dieser Gesellschafter nicht widersprechen, da ein solcher Widerspruch nicht den gemeinsamen Belangen der Gesellschafter dienen kann. Dagegen kann die Vornahme einer anderen R e c h t s h a n d l u n g g e g e n ü b e r einem G e s e l l s c h a f t e r , z. B. der K ü n d i g u n g eines MietVerhältnisses, von dem Gesellschafter widersprochen werden, wenn die Aufrechterhaltung des Rechtsverhältnisses den gemeinsamen Belangen nützlich ist. Werden mit dem Widerspruch private, also gesellschaftsfremde Interessen verfolgt, so enthält er eine unzulässige Rechtsausübung und ist deshalb unwirksam; RG. 81, 94. Anm. 11. Die Gesellschaft und der Gesellschafter, gegen den der Widerspruch sich richtet, kann gegen den Widersprechenden unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO. auf F e s t s t e l l u n g klagen, daß der Widerspruch (wegen Verstoßes gegen die Gesellschaftstreue, wegen Schikane usw.) unwirksam sei. Bei Gefahr der Wiederholung schikanöser Widersprüche k a n n a u c h a u f U n t e r l a s s u n g geklagt werden .Der Widersprechende kann auf Feststellung klagen, daß der Widerspruch rechtswirksam sei; ebenso kann er auf Unterlassung der geplanten Handlung klagen und eine dahingehende e i n s t w e i l i g e V e r f ü g u n g erwirken; Bolze 17 Nr. 526. Der Widerspruch ist zulässig, solange die H a n d l u n g , der widersprochen werden soll, noch n i c h t a u s g e f ü h r t ist. Anm. 12. Da das Widerspruchsrecht den geschäftsführenden Gesellschaftern im Interesse der Gesellschaft gegeben ist, haben sie auch die P f l i c h t , v o n dem R e c h t G e b r a u c h zu m a c h e n , wenn es die Belange der Gesellschaft gebieten. Bei Ausübung und Unterlassung des Widerspruchsrechts hat der Widerspruchsberechtigte die in eigenen Angelegenheiten gebotene Sorgfalt anzuwenden; § 708 BGB. Die Verletzung der Sorgfaltspflicht löst die allgemeinen Folgen der Pflichtverletzung (Schadensersatzpflicht oder ein Vorgehen nach §§ 117, 127, 133ff.) aus. Anm. 12a. Ein nichtgeschäftsführender Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ist nicht befugt, die Unterlassung einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme eines geschäftsführenden Gesellschafters, z. B. einer Anordnung über die Art der Buchführung mit der Begründung zu verlangen, daß ein Mitgeschäftsführer der Maßnahme widersprochen habe. Handelt es sich dagegen um eine Maßnahme, die ü b e r den U m f a n g des g e w ö h n l i c h e n G e s c h ä f t s b e t r i e b s hinausgeht oder die allgemeinen oder besonderen gesellschafterlichen (gesellschaftsvertraglichen) Verpflichtungen widerspricht und gesellschafterliche Rechte verletzt, so kann der einzelne Gesellschafter (auch der Kommanditist) die Unterlassung der Maßnahme (oder ihre Rückgängigmachung) verlangen und durch Klage gegen den zu-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 115 Anm. 13—15 widerhandelnden Gesellschafter oder gegen die Gesellschaft (etwa wenn diese die Rückgängigmachung nicht zuläßt) erzwingen; RG.Urt. v. 6.1. 44, II 107/43 = DR. 1944, 575. Zur Unterlassung eines außergewöhnlichen Geschäfts sind die Geschäftsführer auch ohne förmlichen Widerspruch eines Gesellschafters verpflichtet, da solche Geschäfte der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen; § 116 Abs. 2. Anm. 13. Die Geltendmachung des Widerspruchs. Der Widerspruch ist eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e W i l l e n s e r k l ä r u n g . Er wird dadurch wirksam, daß er dem Geschäftsführer dessen Handlung verhindert werden soll, zugeht; §§ 130f. BGB. Eine F o r m ist nicht vorgeschrieben. Es genügt die unzweideutige Kundgebung, daß der eine Geschäftsführer mit dem geplanten Vorgehen des anderen nicht einverstanden ist; R G. 109, 56. In der fristlosen Entlassung eines Angestellten liegt z. B. der Widerspruch gegen dessen sofortige Wiederanstellung durch einen anderen Gesellschafter; RG. 81, 92. Die A n g a b e von G r ü n d e n ist zur Wirksamkeit des Widerspruchs nicht erforderlich. Sie kann aber im Interesse ersprießlicher Zusammenarbeit der geschäftsführ enden Gesellschafter und zur Vermeidung unhaltbarer Verhältnisse mit den Wirkungen der §§ 133ff. geboten sein. Der zu einer Geschäftsführungshandlung Entschlossene braucht den Mitgeschäftsführern nicht vorher auf sein Vorhaben aufmerksam zu machen und ihnen dadurch Gelegenheit zur Ausübung des Widerspruchsrechts zu geben; a. A. Franz Beyerle, DRZ. 47, 275; Hueck S. 101. Anm. 14. Die Folge des r e c h t s w i r k s a m e r k l ä r t e n W i d e r s p r u c h s ist, daß die geplante Handlung zu unterbleiben hat. Der Gesellschafter, gegen den sich der Widerspruch richtet, verliert damit für die betreffende Handlung die Befugnis, ohne Zustimmung des Widersprechenden zu handeln. Er muß jede Tätigkeit unterlassen, die die Ausführung der Handlung zum Gegenstande hat. Er muß.auch die Fortsetzung der bereits begonnenen Handlung unterlassen, er muß auch, soweit das möglich ist, ohne in die Rechte Dritter einzugreifen, die Fortsetzung unmöglich machen; insbesondere muß er eine Weisung an die Angestellten und Arbeiter, eine bestimmte Art der Fabrikation durchzuführen, zurücknehmen. Dagegen braucht er nicht eine bereits vollendete Handlung r ü c k g ä n g i g zu machen, denn der nach Vornahme der Handlung erfolgte Widerspruch ist wirkungslos. Ist der widersprechende Gesellschafter selbständig zur Geschäftsführung berechtigt, so kann er die vorgenommene Handlung rückgängig machen. Nimmt ein geschäftsführender Gesellschafter trotz eines ihm rechtzeitig zugegangenen zulässigen Widerspruchs eine Handlung vor, so verletzt er damit seine Geschäftsführerpflichten, ebenso wie der Gesellschafter, der durch einen unberechtigten Widerspruch die Ausführung einer Handlung verhindert. Einem S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h der Gesellschaft kann er nicht mit dem Einwand begegnen, daß er geglaubt habe, die Handlung liege im Interesse der Gesellschaft; RG. in LZ. 1914, 580*. Weist der Zuwiderhandelnde nach, daß die Handlung der Gesellschaft nur Vorteil gebracht hat, so entfällt mangels eines Schadens die Ersatzpflicht; KG. in OLGR. 27, 332. Es genügt aber nicht der Nachweis, daß das verbotene Geschäft, für sich betrachtet, für die Gesellschaft vorteilhaft war. Der Gesellschaft kann trotzdem Schaden entstanden sein, etwa durch Entziehung der flüssigen Mittel zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs im ganzen oder für andere Geschäfte. Hat er verbotswidrig der Kasse Gelder für Anschaffungen entnommen, so muß er diese der Gesellschaft erstatten, soweit sie zur Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich sind; er kann diese Leistung nicht zurückhalten, bis die Gesellschaft ihm das herausgegeben hat, was er für die Gesellschaft aus dem unrechtmäßig verwendeten Geld angeschafft hat, denn er hat keinen Anspruch auf die Herausgabe des Angeschafften. Den Ausgleich einer etwaigen Bereicherung kann er erst verlangen, wenn das Angeschaffte in Geld umgesetzt und so der Gesellschaftskasse als Bargeld zugeflossen ist; vgl. RG. 54, 237; 109, 60. Wegen des Einflusses der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse durch Nichtbeachtung der Sorgfaltspflicht, insbesondere wegen Anwendung der Bestimmung des § 708 BGB., vgl. § 116 Anm. 18ff. Anm. 15. Der W i d e r s p r u c h w i r k t n u r im V e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r , n i c h t g e g e n ü b e r D r i t t e n . Handlungen, die ein Gesellschafter trotz eines Widerspruchs in den Grenzen seiner V e r t r e t u n g s m a c h t (§§ 125, 126) Dritten gegenüber vorgenommen hat, sind für die Gesellschaft dem Dritten gegen-

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§115 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16—18 über verbindlich. Sie können nicht einseitig rückgängig gemacht werden. Der pflichtwidrig handelnde Gesellschafter ist aber der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, das Geschäft insoweit rückgängig zu machen, als dies im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit dem Dritten möglich ist, etwa dadurch, daß er von einem vertragsmäßigen Kündigungsrecht Gebrauch macht, ein freibleibendes Angebot zurücknimmt. Zu einer solchen Handlung ist auch der Widersprechende befugt, wenn sie im Rahmen einer eigenen Vertretungsmacht liegt. Die Gesellschaft kann den Eintritt der Wirksamkeit einer verbotenen Handlung gegenüber einem Dritten dadurch verhindern, daß sie durch einen anderen vertretungsberechtigten Gesellschafter vorher oder gleichzeitig mit der Erklärung des verbotswidrig handelnden dem Dritten den Widerspruch mitteilt. Dann heben sich die einander widersprechenden Erklärungen der beiden Vertreter auf und es entsteht keine Bindung der Gesellschaft; RG. 81, 95. Von dieser Möglichkeit einer unmittelbaren Erklärung wird aber im Interesse des guten Einvernehmens der Gesellschafter nur Gebrauch zu machen sein, wenn damit zu rechnen ist, daß der Gesellschafter trotz ihm zugegangenen Widerspruchs das Geschäft mit dem Dritten machen wird; Bolze 17 Nr. 526. Der Dritte kann sich auch nicht auf die Wirksamkeit des Geschäfts berufen, wenn er trotz Kenntnis des Widerspruchs arglistig mit dem einen Gesellschafter zum Nachteil der Gesellschaft zusammengewirkt hat; RG. 145, 311. Anm. 18. Die V o r s c h r i f t e n ü b e r das W i d e r s p r u c h s r e c h t k ö n n e n d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g g e ä n d e r t w e r d e n . Das Widerspruchsrecht kann ganz beseitigt oder beschränkt werden, etwa auf bestimmte Arten von Geschäften. Es k a n n auch n i c h t g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r n oder D r i t t e n , z. B. Kreditgebern oder Angestellten oder Prokuristen, die die Interessen Dritter wahrnehmen, eingeräumt werden. Die Zulassung der Übertragung auf Dritte durch den Gesellschaftsvertrag oder durch spätere Zustimmung aller Gesellschafter ergibt sich daraus, daß auch die Geschäftsführungsbefugnis selbst auf Dritte übertragen werden kann; vgl. § 114 Anm. 9; Hueck S. 68; a. A. Oertmann BGB..§ 711 Anm. 3. Es kann auch eine bestimmte Form f ü r die A u s ü b u n g des R e c h t s vorgeschrieben werden. Es kann bestimmt werden, daß die Mitgesellschafter nur das Recht, nicht aber die Pflicht zum Widerspruch haben. Es kann angeordnet werden, daß das Widerspruchsrecht nur von mehreren oder von allen übrigen Gesellschaftern gemeinsam oder auf Grund einstimmigen oder Mehrheitsbeschlusses ausgeübt werden dürfe oder daß im Falle eines Widerspruchs die Gesellschafter oder die sämtlichen Geschäftsführer oder daß ein Dritter über die Vornahme des Geschäfts zu entscheiden habe; vgl. Hueck, Gesellschafterbeschlüsse bei offenen Handelsgesellschaften in Heymanns Beiträgen zum Wirtschaftsrecht, S. 700 ff. Anm. 17. A n o r d n u n g der Gesamtgeschäftsführung d u r c h den Gesellschaf tsv e r t r a g . Da die Einzelgeschäftsführungsbefugnis die gesetzliche Regel bildet, kann eine andere Regelung nur durch den Gesellschaftsvertrag erfolgen, Abs. 2; wegen der Möglichkeit, durch richterliches Urteil statt Entziehung der Einzelgeschäftsführuugsbefugnis Gesamtgeschäftsführung anzuordnen, vgl. die Erl. zu § 117. Aus dem Gesellschaftsvertrage muß sich somit, wenn auch nur im Wege der Auslegung, ergeben, daß die geschäftsführenden Gesellschafter nur zusammen handeln können. Im Zweifel besteht Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Aus der Anordnung der Gesamt V e r t r e t u n g ergibt sich noch nicht die Anordnung der Gesamtgeschäftsführung (und umgekehrt). Die Gesellschaft hat nicht nur die Wahl, es bei der gesetzlichen Einzelgeschäftsführung zu belassen oder die Gesamtgeschäftsführung aller geschäftsführenden Gesellschafter anzuordnen. Es kann vielmehr eine Verbindung beider Systeme erfolgen. So kann angeordnet werden, daß bestimmte Gesellschafter nur zur Gesamtgeschäftsführung, andere zur Einzelgeschäftsführung — allgemein oder nur für gewisse Geschäfte — befugt sind oder daß für bestimmte Geschäfte die Zustimmung aller oder einzelner anderer Geschäftsführer oder aller Gesellschafter oder einer Mehrheit nötig ist. Auch kann die Zustimmung eines Dritten, etwa eines Prokuristen, vorgeschrieben werden. Anm. 18. Soweit G e s a m t g e s c h ä f t s f ü h r u n g a n g e o r d n e t i s t , b e d a r f es f ü r j e d e s G e s c h ä f t r e g e l m ä ß i g der Z u s t i m m u n g aller g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r . Diese Vorschrift hat nur Bedeutung für Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, denn für darüber hinausgehende Handlungen ist nach § 116 Abs. 2 ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 115 Anm. 19—22 erforderlich. Nur soweit der Gesellschaftsvertrag von diesem Erfordernis abweicht, ist im Falle der Gesamtgeschäftsführung die Vorschrift des Abs. 2 auch für außergewöhnliche Handlungen praktisch. Anm. 19. Erforderlich ist die Z u s t i m m u n g aller Geschäftsführenden. Ein Z u s a m m e n w i r k e n im Sinne einer gemeinsamen Vornahme der Handlung ist nicht vorgeschrieben. Die Zustimmung kann zu jedem einzelnen Geschäfte, aber auch a l l g e m e i n f ü r e i n e R e i h e g l e i c h a r t i g e r G e s c h ä f t e gegeben werden. Ein geschäftsführender Gesellschafter kann aber n i c h t ein f ü r alle Male einem Mitgeschäftsführer seine Zustimmung für alle von diesem vorzunehmenden Geschäfte erteilen. Dies würde dem Zwecke der Vertragsbestimmung, die Geschäftsführung nicht unbeschränkt einem einzelnen Gesellschafter zu überlassen, zuwiderlaufen. Sie käme auf Einführung der Einzelgeschäftsführung hinaus, enthielte somit eine Vertragsänderung. Eine solche ist aber regelmäßig nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich. Anm. 20. Bei ihrer Entschließung über die Erteilung der Zustimmung haben die Mitgeschäftsführer sich ebenso von den Belangen der Gesamtheit leiten zu lassen wie bei der Einzelgeschäftsführung bei Ausübung des Widerspruchsrechts. Anm. 21. Die Zustimmung ist eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e W i l l e n s e r k l ä r u n g und insofern ebenso zu behandeln wie der Widerspruch. Die erteilte Zustimmung kann wie der V e r z i c h t auf e i n e n W i d e r s p r u c h widerrufen werden, wenn ein w i c h t i g e r G r u n d vorliegt, etwa deshalb, weil sich die Verhältnisse geändert haben. Ein w i l l k ü r l i c h e r W i d e r r u f ist nicht zulässig; er wäre mit einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung unvereinbar; ebenso Wieland I 571 Anm. 38; Schwarz Anm. 3; Schlegelberger Anm. 14. Auch der Widerruf ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Zustimmung kann nach den Vorschriften über die Anfechtung von Willenserklärungen widerrufen werden. Anm. 22. G e f a h r im V e r z u g e . Auch im Falle der Gesamtgeschäftsführung ist der einzelne geschäftsführende Gesellschafter allein, also ohne Zustimmung der Mitgeschäftsführer, zum Handeln berechtigt, wenn G e f a h r im V e r z u g e ist. Gefahr ist im Verzuge, wenn der Gesellschaft ein Schaden irgendwelcher Art dadurch droht, daß bis zur Einholung der Zustimmung der anderen Geschäftsführer mit der Vornahme des Geschäfts zugewartet werden müßte. Auch die Gefahr eines Gewinnentgangs rechtfertigt dann das eigenmächtige Vorgehen des einzelnen Gesellschafters; ebenso Hueck S. 66; Schlegelberger Anm. 16; a. A. Gorski S. 74. Die Ausnahmevorschrift will die Gesellschaft nur gegen die Gefahr schützen, daß ein wichtiges Geschäft unterbleiben muß, weil die Zustimmung des Mitgeschäftsführers nicht r e c h t z e i t i g eingeholt werden kann; nicht dagegen, daß die Zustimmung überhaupt nicht erteilt wird. Diese Gefahr muß die Gesillschaft auf sich nehmen, wenn sie Gesamtgeschäftsführung anordnet. Deshalb ist der einzelne Gesamtgeschäftsführungsberechtigte nicht allgemein zum Alleinhandeln befugt, wenn die Zustimmung des Mitgeschäftsführers etwa wegen Krankheit oder Abwesenheit nicht beigebracht werden kann; dann muß das Geschäft unterbleiben, wenn nicht Gefahr im Verzug ist. Unter Umständen kann aber durch das Vormundschaftsgericht ein Abwesenheitspfleger bestellt werden, der die Aufgabe des abwesenden Gesellschafters übernimmt; vgl. die Vo. vom 11. Oktober 1939, RGBl. I 2026. Im Gesellschaftsvertrag kann aber auch für den Fall der Unmöglichkeit der Beibringung der Zustimmung aus bestimmten Gründen Alleingeschäftsführungsbefugnis angeordnet werden. Ist dies nicht geschehen, so kann der einzelne Geschäftsführungsberechtigte —• wie auch ein überhaupt nicht geschäftsführender Gesellschafter oder ein Dritter — nur als G e s c h ä f t s f ü h r e r o h n e A u f t r a g handeln, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind (§ § 674ff. BGB.), muß sich dann aber auch, namentlich hinsichtlich der Sorgfaltspflicht, wie ein solcher behandeln lassen; vgl. § 116 Anm. 28f. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 744 Abs. 2 BGB., die auch für die Gesellschaft gilt, kann jeder Gesellschafter, auch ein Nichtgeschäftsführender und ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter und auch gegen den Widerspruch eines geschäftsführenden Gesellschafters, die z u r E r h a l t u n g e i n e s G e g e n s t a n d e s d e s G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s n o t w e n d i g e n M a ß r e g e l n treffen; ebenso Staudinger-Geiler § 709 BGB. Anm. II 3; Oertmann § 709 Anm. 2, § 744 Anm. 2; RG. 158, 311. Streitig ist, ob § 744 Abs. 2 auch auf die zur Erhaltung der Gesellschaft selbst notwendigen Maßnahmen anzuwenden ist;

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§ § 115, 116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 28—26, Anm. 1 RG. a. a. 0. läßt diese Frage offen. Sie ist zu bejahen. Die Begünstigung der Erhaltung eines Unternehmens liegt nicht nur im öffentlichen Interesse, sie hat auch im Gesetz ihren Niederschlag gefunden, vgl. § 138; dem hier zum Ausdruck gelangten allgemeinen Rechtsgedanken entspricht die Anwendung auf den hier behandelten Tatbestand. Anm. 28. Auch wenn Gefahr im Verzuge ist, muß eine Handlung unterbleiben, wenn die Mitgeschäftsführer die Zustimmung verweigern, denn dann stehen sich wie im Falle des Widerspruchs zwei Meinungen gegenüber und es hat die Meinung des Ablehnenden den Vorzug; deshalb muß auch bei Gefahr im Verzuge der zum Handeln Entschlossene wenigstens SQ viele Mitgeschäftsführer als möglich ist, ohne daß ein Schaden für die Gesellschaft zu befürchten ist, um ihre Zustimmung ersuchen. Verweigert auch nur einer seine Zustimmung, so darf das Geschäft auch bei Gefahr im Verzuge nicht vorgenommen werden. Es gilt also das gleiche wie bei Einzelgeschäftsführung beim Vorliegen eines Widerspruchs; Ritter Anm. 12; Schlegelberger Anm. 15. Anm. 24. Die erforderliche Zustimmung kann auch n a c h V o r n a h m e der H a n d l u n g erteilt werden. Sie beseitigt dann die Unrechtmäßigkeit der Handlung. Die F o l g e n einer Z u w i d e r h a n d l u n g gegen die Vorschriften des Abs. 2 sind dieselben, wie wenn ein zur Einzelgeschäftsführung berufener Gesellschafter trotz Widerspruchs eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters eine Handlung vornimmt. Unterbleibt eine Handlung, weil ein anderer Geschäftsführer widerspricht, oder weil die erforderliche Zustimmung eines Mitgeschäftsführers nicht erteilt wird, so ist der zum Handeln Entschlossene von der Haftung für das Unterbleiben der Handlung frei, wenn er nicht das der Gesellschaft etwa schädliche Verhalten der übrigen selbst, etwa durch falsche Berichterstattung, verschuldet hat. Die Verantwortung trifft dann nur die anderen schuldhaft handelnden Gesellschafter. Anm. 25. Auch die Vorschriften des Abs. 2 gelten nur im Verhältnis der Gesellschafter untereinander, nicht im Verhältnis nach außen; vgl. Anm. 15. Die Wirksamkeit eines Geschäfts nach außen wird somit nicht dadurch berührt, daß ein geschäftsführender Gesellschafter ohne die im inneren Verhältnis erforderliche Zustimmung eines Mitgeschäftsführers gehandelt hat. Die rechtsgeschäftliche Wirkung einer solchen Handlung gegenüber Dritten hängt nur davon ab, ob der Handelnde die erforderliche Vert r e t u n g s m a c h t , §§ 125, 126, hatte. Die Ausnahme des Abs. 2 gilt nur für die Geschäftsführung, nicht für die Vertretung. Ist G e s a m t v e r t r e t u n g angeordnet, so kann der einzelne Vertreter auch bei Gefahr im Verzuge nicht allein als Vertreter der Gesellschaft im Sinne des § 125 auftreten; vgl. die Erl. zu § 125 Abs. 2.

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Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Zur Bestellung eines Prokuristen bedarf es der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, es sei denn, daß Gefahr im Verzug ist. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung berufenen Gesellschafter erfolgen. Anm. 1. Abs. 1 bestimmt positiv, welche Handlungen unter die Geschäftsführungsbefugnis der nach den §§114, 115 zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter fallen. Abs. 2 ordnet an, daß Handlungen, die die geschäftsführenden Gesellschafter nicht nach Abs. 1 auf Grund eigener Zuständigkeit vornehmen dürfen, einen Beschluß sämtlicher Gesellschafter erfordern. Abs. 3 enthält besondere Vorschriften für einen wichtigen Fall der Geschäftsführung, die Bestellung und Abberufung von Prokuristen. Die Vorschriften stimmen ihrem Inhalte nach mit den Artt. 103, 104 ADHGB. überein. 122

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 116 Anm. 2 Anm. 2. Die gewöhnlichen Betriebsgeschäfte. Die geschäftsführenden Gesellschafter dürfen nach Abs. 1 alle Handlungen vornehmen, die der g e w ö h n l i c h e B e t r i e b des H a n d e l s g e w e r b e s der G e s e l l s c h a f t m i t sich b r i n g t . Die Vorschrift gilt wie die des Abs. 2 für alle geschäftsführenden Gesellschafter, gleichgültig, ob sie Einzelgeschäftsführungsbefugnis haben oder nach dem Gesellschaftsvertrag nur zusammen handeln können; vgl. §115. Ist ein Gesellschafter nur für einen Teil der Geschäfte, z. B. für eine Zweigniederlassung oder nur für die technische Leitung des Fabrikunternehmens der Gesellschaft zur Geschäftsführung berufen (vgl. § 114 Anm. 7), so darf er nur die Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb des ihm zugewiesenen Geschäftskreises mit sich bringt. Maßgebend für den Umfang der Geschäftsführungsbefugn's nach Abs. 1 ist das Handelsgewerbe der G e s e l l s c h a f t , um deren Geschäftsführung es sich handelt. Die Vorschrift ist der des § 54 Abs. 1 angepaßt, nach der sich die Handlungsvollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen erstreckt, c!ie der Betrieb eines d e r a r t i g e n Handelsgewerbes, d. h. eines solchen, wie es der Vollmachtgeber tatsächlich betreibt, mit sich bringt; vgl. § 54 Anm. 3. Die Befugnis des geschäftsführenden Gesellschafters erstreckt sich somit nur auf die Handlungen, die der Betrieb des von der Gesellschaft betriebenen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Was hiernach ein gewöhnliches Geschäft ist, ergibt sich in erster Linie aus den Best-mmurgen des Gesellschaftsvertrages über den Gegenstand des Unternehmens, weiter aus der tatsächlichen Gestaltung und den besonderen Bedürfnissen des einzelnen Unternehmens und aus der in dem einzelnen Betrieb oder in dem Geschäftszweig des Unternehmens bestehenden Übung; vgl. RG. in JW. 1930, 70fi. Eine H a n d l u n g des g e w ö h n l i c h e n B e t r i e b s ist eine solche, wie sie in dem einzelnen Betriebe, wenn auch nicht alltäglich, so doch von Zeit zu Zeit zu erwarten ist. Es gehören dazu also nicht nur die Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte oder die Arbeitsvorgänge, die unmittelbar auf die Erreichung des Gesellschaftszweckes gerichtet sind, sondern auch andere Handlungen, die den Geschäftsbetrieb fördern oder ermöglichen, wie Reparaturen, Versicherungen, Anlage nicht sofort verwertbarer Gelder. Den Gegensatz bilden die u n g e w ö h n l i c h e n H a n d l u n g e n , d. h. solche, die a u ß e r o r d e n t l i c h e r Natur sind, die nach ihrem Inhalt und Zweck und d u r c h i h r e T r a g w e i t e , insbesondere durch die mit ihnen verbundene Gefahr, über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der einzelnen Gesellschaft hinausgehen; RG. 158, 308. Außergewöhnliche Handlungen sind, wie Art. 103 Abs. 1 ADHGB. ausdrücklich hervorhpb, immer solche, welche dem Zwecke der G e s e l l s c h a f t f r e m d sind oder die die Grundlage der Gesellschaft verändern, wie Änderung des Geschäftszweigs, Neuaufnahme eines solchen. Nicht zu den gewöhnlichen Betriebshandlungen gehört auch eine erhebliche Erweiterung des Umfangs des Unternehmens, die Errichtung neuer Fabrikbauten oder die erhebliche Erweiterung bestehender Fabrikanlagen, Verkaufsräume, Verwaltungsgebäude; OLG. Bamberg in OLGR. 3, 276. Auch die Aufnahme von im Verhältnis zur Gesamtlage der Gesellschaft erheblichen Krediten — wenn sie nicht wie bei Saisongeschäften in kurzer Zeit aus laufenden Einnahmen zurückbezahlt werden können — ist ein außergewöhnliches Geschäft, insbesondere dann, wenn die Gesellschaft dadurch mit erheblichen Zinsen belastet wird. Das gleiche gilt für Aufwendungen für nicht alltägliche Geschäfte, wie Ersteigerung von Grundstücken, auch wenn es sich um Rettung einer Hypothekenforderung oder des Kaufpreises aus einer Warenlieferung handelt, namentlich wenn dazu eine Festlegung von Betriebsvermögen nötig ist; RG. in LZ. 1914, 580»; OLG. Stuttgart im Recht 1913 Nr. 741. Auch die mit einem einzelnen Geschäfte verbundene Gefahr, z. B. durch Festlegung des Unternehmens auf längere Zeit und die erhebliche Gefahr von Preisschwankungen kann ein Geschäft zu einem außergewöhnlichen machen; ROHG. 20, 244. Aus dem Geschäftszweig der Gesellschaft und ihrer Organisation (Bankgeschäft oder Warenhandel, Groß- oder Einzelhandelsbetrieb) ergibt sich auch, ob eine Kreditgewährung oder eine solche von bestimmter Art und Dauer oder eine Börsenspekulation zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört oder nicht. Von der Art des Unternehmens, z. B. als Bankgeschäft, hängt es ab, ob eine A u s k u n f t s e r t e i l u n g an die Kundschaft, etwa über die Kreditwürdigkeit eines anderen Kunden, oder über Devisenfragen, zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört; RG. 20, 194.

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§116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 3 Ob die Veräußerung von Vermögensgegenständen, wie Aktien, ein gewöhnliches Betriebsgeschäft ist, hängt davon ab, ob sie zum Betriebsvermögen gehören, und deshalb zum Umsatz, wenn auch nur zur gelegentlichen Kreditbeschaffung bestimmt sind oder nicht. Letzteres wird der Fall sein, wenn sie als Rücklage f ü r besondere Fälle, wie außerordentliche Bauaufwendungen, eine in Aussicht genommene Betriebs Vergrößerung angeschafft worden sind; R G . in HansRGZ. 1930 B 22. Zu den gewöhnlichen Betriebshandlungen gehören ihrer Natur nach nicht solche, die gar nicht die F ö r d e r u n g des Betriebs zum Gegenstand haben, deshalb können die geschäftsführenden Gesellschafter nicht die E i n s t e l l u n g d e s B e t r i e b s anordnen. Sie dürfen auch nicht das gesamte Gesellschaftsvermögen auf einen Dritten oder einen Gesellschafter mit der Verpflichtung übertragen, dieses Vermögen zu verwerten und den Erlös so zu verteilen, wie wenn die Gesellschaft gemäß §§ 145ff. abgewickelt worden wäre. Die übrigen Gesellschafter würden dadurch um ihr Recht auf Mitwirkung bei der Abwicklung gebracht, § 146. Es können auch nur a l l e Gesellschafter eine andere Art der Auseinandersetzung als die gesetzlich als Regel vorgeschriebene Abwicklung beschließen, § 145; R G . 162, 370 = D R . 1940, 8 0 6 " mit Anm. — Wegen der Vertretungsmacht zum Abschluß eines solchen Vertrags vgl. die Erl. zu § 126. Die N e u a u f n a h m e eines o f f e n e n G e s e l l s c h a f t e r s oder eines K o m m a n d i t i s t e n ändert die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses und enthält stets eine Änderung des Gesellschaftsvertrags. Sie kann deshalb nur unter Mitwirkung aller Gesellschafter erfolgen. Auch die A u f n a h m e e i n e s s t i l l e n G e s e l l s c h a f t e r s gehört nicht zu den gewöhnlichen Betriebshandlungen. Wenn es sich dabei auch nur um rein rein schuldrechtliches Verhältnis handelt, der stille Gesellschafter auch nicht Gesamthandseigentümer wird und kein Mitverwaltungsrecht hat, vgl. §§ 335ff., so ist die Eingehung eines solchen Rechtsverhältnisses doch etwas Außergewöhnliches. Durch die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters kann auch die Beteiligung der offenen Gesellschafter am Gewinn erheblich beeinträchtigt werden (wegen der Wirksamkeit des Vertrags im Verhältnis zu dem dritten Gesellschafter vgl. die Erl. zu § 126). Auch sonst geht die Einräumung einer erheblichen Gewinnbeteiligung an einem Dritten (Kreditgeber, regelmäßgen Kunden oder Rohstofflieferanten oder einen Angestellten) in der Regel über den Rahmen des gewöhnlichen Betriebsgeschäftes hinaus. Ob die E r r i c h t u n g oder A u f h e b u n g e i n e r Z w e i g n i e d e r l a s s u n g eine gewöhnliche Betriebshandlung ist, hängt von dem Umfang und der Art des Unternehmens ab, z. B. davon, ob es sich um ein Großunternehmen handelt, das seinen Absatz gerade in zahlreichen Zweigniederlassungen sucht. Die Bestellung eines H a n d l u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n oder eines H a n d l u n g s g e h i l f e n oder eines G e n e r a l b e v o l l m ä c h t i g t e n oder die Rückgängigmachung einer solchen Bestellung gehört i n d e r R e g e l z u den gewöhnlichen Betriebsgeschäften; ebenso die B e w i l l i g u n g von V e r g ü t u n g e n f ü r die von diesen oder von anderen f ü r die Gesellschaft geleisteten Dienste. Im Einzelfall kann aber eine solche Handlung eine nicht gewöhnliche Handlung sein, wenn ungewöhnlich lange Dauer des Rechtsverhältnisses oder die Lösung unter ungewöhnlichen Bedingungen vereinbart oder dem Bestellten ungewöhnliche Befugnisse eingeräumt worden sind; R G . 40, 184; in J W . 30, 7057 = LZ. 1914, 580". Der geschäftsführende Gesellschafter ist nicht befugt, bei Abwesenheit des Mitgesellschafters zur Finanzierung des notleidenden Betriebs seinen Gesellschaftsanteil an einen Geldgeber abzutreten und dann von dem abwesenden Gesellschafter die nachträgliche Genehmigung zu dieser tiefeingreifenden Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses zu verlangen; Oberster Gerichtshof Köln, Urt. v. 1 7 . 6 . 4 8 , Z.S. 13/48 = MDR. 48, 343. Anm. 3. Die Notwendigkeit emes Gesellschafterbeschlusses bei außergewöhnlichen Handlungen. Z u r V o r n a h m e v o n H a n d l u n g e n , d i e ü b e r d e n R a h m e n d e r g e w ö h n l i c h e n B e t r i e b s h a n d l u n g e n h i n a u s g e h e n , ist ein B e s c h l u ß s ä m t l i c h e r G e s e l l s c h a f t e r e r f o r d e r l i c h ; Abs. 2. Auch die von der Geschäftsführung oder Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter müssen dabei mitwirken. Nach der gesetzlichen Regel, §119, ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich; R G . 158, 306. Wird diese von einem Gesellschafter verweigert oder kann seine Erklärung

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 116 Anm. 4—7 aus irgendwelchem Grunde, etwa wegen dessen Abwesenheit oder wegen Krankheit nicht eingeholt werden, so muß die Handlung unterbleiben; vgl. § 115 Anm. 22. Die Einholung der Zustimmung ist auch nicht bei G e f a h r im Verzuge e n t b e h r l i c h . Die Ausnahme des § 115 Abs. 2 gilt nur für gewöhnliche Betriebsgeschäfte und macht nur für solche die Zustimmung der übrigen g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n Gesellschafter überflüssig; ROHG. 20, 247; Hueck, Gesellschaften S. 704; vgl. auch wegen der Möglichkeit der Bestellung eines Abwesenheitspflegers § 115 Anm. 22. Auch wenn es sich um außergewöhnliche Geschäfte handelt, können die übrigen Gesellschafter unter den allgemeinen Voraussetzungen der §§ 677 ff. BGB. als Geschäftsführer ohne Auftrag handeln. Die Übernahme der Geschäftsführung steht schon dann mit dem Willen des Geschäftsherrn (der Gesellschaft) in Widerspruch und begründet die in § 678 BGB. bestimmte verschärfte Haftung, wenn auch nur ein Gesellschafter seine Zustimmung versagt hat; wegen Anwendbarkeit des § 744 BGB. vgl. § 115 Anm. 22. Anm. 4. Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 enthalten n a c h g i e b i g e s R e c h t . Der Gesellschaftsvertrag kann den Umfang der Geschäftsführungsbefugnisse der Gesellschafter in anderer Weise bestimmen. Er kann z. B. anordnen, daß auch zu gewöhnlichen Betriebshandlungen oder solchen bestimmter Art, z. B. Kreditgewährung über einen bestimmten Betrag, ein Beschluß aller Gesellschafter erforderlich ist oder daß auch zu ungewöhnlichen Geschäften oder solchen bestimmter Art, auch zu solchen, die die Grundlagen der Gesellschaft ändern, ein Gesellschafterbeschluß nicht erforderlich ist oder daß allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (Verhinderung eines Gesellschafters, Gefahr im Verzuge) ein Mehrheitsbeschluß oder ein solcher der erreichbaren Gesellschafter genügt; RG. 136, 243 (für bürgerlich-rechtliche Gesellschaft). Anm. 5. B i n d e n d e W i r k u n g des G e s e l l s c h a f t e r b e s c h l u s s e s . Ist der eine Handlung anordnende Beschluß der Gesellschafter ordnungsmäßig zustandegekommen, so sind alle und namentlich die geschäftsführenden Gesellschafter daran gebunden. Die letzteren haben den Beschluß zu vollziehen, denn der Beschluß enthält zugleich eine W e i s u n g an die G e s c h ä f t s f ü h r e r . Falls der Beschluß nicht etwas anderes bestimmt, ermächtigt er nicht nur die Geschäftsführer zur Vornahme der Handlung. Ein nachträglicher Widerspruch eines einzelnen Gesellschafters oder eines Mitgeschäftsführers ist wirkungslos und nicht zu beachten. Die geschäftsführenden Gesellschafter können aber den Vollzug des Beschlusses aufschieben oder von ihm abweichen, wenn sich die Sachlage geändert oder Tatumstände neu hervorgetreten sind, und sie den Umständen nach annehmen können, daß die Gesellschafter bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würden. Sie haben aber von der Abweichung sämtlichen Gesellschaftern Anzeige zu machen und deren Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist; §§ 665, 713 BGB. Hat ein Gesellschafter, auch ein geschäftsführender, seine Zustimmung vor Ausführung des Beschlusses widerrufen — was nur aus w i c h t i g e m G r u n d e zulässig ist, vgl. § 115 Anm. 21 —, so muß die Ausführung des Beschlusses unterbleiben. Zur Rückgängigmachung eines bereits vollzogenen Beschlusses genügt aber ein erst nach dem Vollzug erklärter Widerruf nicht. Die Rückgängigmachung ist eine neue Handlung. Ob sie von den geschäftsführenden Gesellschaftern allein vorgenommen werden kann oder eines (regelmäßig einstimmigen) Beschlusses aller Gesellschafter bedarf, hängt davon ab, ob die Rückgängigmachung ein gewöhnliches Betriebsgeschäft ist oder darüber hinausgeht. Der widerrufende Gesellschafter kann eine neue Beschlußfassung beantragen. Wird der Beschluß wegen eines Willensmangels (§§ 119ff. BGB.) mit Erfolg angefochten oder ist er etwa wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB.) oder aus anderen Gründen nichtig, so ist er nicht zu beachten. Anm. 6. Da die Gesellschafter durch Vereinbarung die Geschäftsführung abweichend vom Gesellschaftsvertrage ordnen können, können sie in ihrem Beschlüsse auch anordnen, daß die Ausführung des einzelnen Beschlusses, z. B. über Verfolgung eines Anspruchs gegen einen geschäftsführenden Gesellschafter, nicht durch die allgemein berufenen, sondern durch b e s o n d e r s b e r u f e n e oder durch alle Gesellschafter zu erfolgen hat. Anm. 7. K o m m t ein w i r k s a m e r B e s c h l u ß n i c h t z u s t a n d e , so muß die Vornahme der Handlung auch dann unterbleiben, wenn die Unterlassung der Gesellschaft Nachteile bringt.

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§116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anin. 8—10 Anm. 8. D e r M a n g e l d e s e r f o r d e r l i c h e n G e s e l l s c h a f t e r b e s c h l u s s e s w i r k t n u r im i n n e r e n V e r h ä l t n i s s e unter den Gesellschaftern, nicht nach außen. Handelt ein Geschäftsführer ohne den erforderlichen Beschluß, so ist das Geschäft für und gegen die Gesellschaft verbindlich, wenn der Geschäftsführer die erforderliche Vertretungsmacht hatte; KG. in OLGR. 42, 106. Dies gilt auch dann, wenn der Dritte das Fehlen des Beschlusses kannte, wenn nicht im Einzelfall ein arglistiges Zusammenspiel zum Nachteile der Gesellschaft vorliegt; Bolze 5 Nr. 747; RG. 145, 311. Anm. 9. Z u r Bestellung eines Prokuristen bedarf es der Z u s t i m m u n g a l l e r g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r , es sei d e n n , d a ß G e f a h r im V e r z u g e i s t ; Abs. 3 Satz. 1. Die Erteilung (wie der Widerruf) einer Prokura gehört zu den gewöhnlichen Betriebshandlungen eines Handelsunternehmens, wenn nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls (z. B. wegen eines von dem Üblichen stark abweichenden AnstellungsVertrages, vgl. oben Anm. 2) ausnahmsweise eine ungewöhnliche Handlung vorliegt. Deshalb geht auch Abs. 3 davon aus, daß Erteilung und Widerruf der Prokura durch die geschäftsführenden Gesellschafter zu erfolgen haben. Wegen der Bedeutung der Prokura gibt Abs. 3 nur besondere Vorschriften, durch die im Interesse der Gesellschaft die Bestellung eines Ungeeigneten erschwert (Satz 1), dessen Abberufung erleichtert wird (Satz 2). Satz 1 weicht von der Regel des § 115 Abs. 1 ab, nach der jeder Geschäftsführer allein zur Vornahme von Geschäftsführungshandlungen befugt ist. Er ändert auch die Bestimmung des § 114 Abs. 2, nach der durch den Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden kann und die anderen davon ausgeschlossen werden können für die Erteilung der Prokura ab. Für die Bestellung eines Prokuristen, auch wenn die Geschäftsführung im a l l g e m e i n e n anders geordnet ist, gilt die Regel, daß sie nur mit Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter zu erfolgen hat. Es gilt insofern also die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller geschäftsführenden Gesellschafter. Dies ist nicht nur der Fall, wenn nach der Regel des § 115 Abs. 1 Einzelgeschäftsführungsbefugnis besteht, sondern auch dann, wenn die Gesamtbefugnis in der Weise besteht, daß nur ein Teil aller Geschäftsführer (etwa je zwei von mehreren) zusammenwirken müssen. Ist ein Gesellschafter nur für einen Teil der Geschäfte, z. B. für eine Zweigniederlassung, Geschäftsführer, so ist seine Zustimmung nur erforderlich, wenn die Prokura sich auch auf seinen Geschäftskreis erstreckt, nicht aber, wenn die Prokura diesen Geschäftskreis nicht umfaßt, weil sie etwa nur für eine (andere) Zweigniederlassung erteilt wird; vgl. § 50 Abs. 3. In diesem Falle besteht kein Grund, weshalb der Geschäftsführer durch seine Zustimmung die Verantwortung für die Erteilung der Prokura übernehmen soll. Auch bei Erweiterung einer Prokura, z. B. wenn die Bestellung zunächst nur für eine Zweigniederlassung erfolgt war, ist die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter in gleicher Weise erforderlich wie bei der Bestellung. Ist überhaupt kein geschäftsführender Gesellschafter vorhanden, etwa deshalb, weil alle die Geschäftsführung niedergelegt haben, ist die Gesamtheit der Gesellschafter befugt (durch in der Regel einstimmigen Beschluß, vgl. § 119), einen Prokuristen zu bestellen und abzuberufen. Wie die Gesamtheit neue Geschäftsführer bestellen kann, kann sie auch eine einzelne Geschäftsführungshandlung übernehmen und ausführen. Art. 104 Abs. 1 ADHGB. bestimmte ausdrücklich, daß zur Bestellung eines Prokuristen die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich ist, wenn keine geschäftsführenden Gesellschafter ernannt sind. Anm. 10. Stellt die Erteilung der Prokura wegen des besonderen Inhalts des Bestellungsvertrages oder nach den sonstigen Umständen des Falles eine a u ß e r g e w ö h n l i c h e H a n d l u n g dar (vgl. Anm. 9), so ist ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Durch die Vorschrift des Abs. 3 Satz 1 sollte nach ihrem Zwecke die Geschäftsführungsbefugnis der geschäftsführenden Gesellschafter beschränkt, nicht erweitert und damit die Vorschrift des § 115 Abs. 2 eingeengt werden. Die Vorschrift des Abs. 3 Satz 4 gilt nicht für den Abschluß des Anstellungsvertrags, wenn dieser nicht außergewöhnliche Bedingungen enthält. Im lrtztf n Fall Iii gt ein außergewöhnliches Geschäft vor. Im ersten Falle kann jeder geschäftsführende Gesellschafter allein abschließen. Erfolgen Bestellung und Abschluß des Anstellungsvertrages in einem einheitlichen Akte, so müssen alle geschäftsführenden Gesellschafter, bei außergewöhnlichen Bedingungen alle Gesellschafter zustimmen; Hueck S. 65 Anm. 1.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 116 Anm. 11—18 Anm. 11. D i e B e s c h r ä n k u n g d e s Abs. 3 S a t z l g i l t n i c h t , w e n n Gefahr im Verzug ist. Dann kann jeder einzelne geschäftsführungsberechtigte Gesellschafter ohne Zustimmung der anderen Geschäftsführungsberechtigten einen Prokuristen bestellen. Dies gilt auch dann, wenn im allgemeinen Gesamtgeschäftsführung besteht; denn auch bei deren Bestehen kann nach § 115 Abs. 2 jeder einzelne Geschäftsführungsberechtigte ohne Zustimmung der anderen handeln. Auch wer nur für einen bestimmten Geschäftskreis Geschäftsführer ist, hat dieses Recht. Als Geschäftsführer hat er auch über seinen Geschäftskreis hinaus die Belange der Gesamtheit zu wahren, dies ergibt der Zweck der Vorschrift. Wegen des Begriffs der Gefahr im Verzuge vgl. § 115 Anm. 22. Stellt die Erteilung der Prokura eine außergewöhnliche Maßnahme dar, so gilt die Ausnahme nicht. Für außergewöhnliche Handlungen gilt überhaupt keine Ausnahme von der Vorschrift des Abs. 2. Ein Bedürfnis dafür besteht auch nicht, wenn es sich um eine Prokura handelt. Ist die Bestellung besonders dringend, so kann vorerst der Prokurist durch eine gewöhnliche Geschäftsführungshandlung, also ohne Ausnahmebestimmungen im Dienstvertrag, bestellt werden. Wird von der Ausnahmebefugnis Gebrauch gemacht, so ist die Bestellung doch nur eine v o r l ä u f i g e M a ß r e g e l ; OLG. Dresden in HRR. 35, 230. Der Handelnde hat unverzüglich, d. h. sobald es möglich ist, die endgültige Entscheidung aller geschäftsführenden Gesellschafter herbeizuführen. Versagen diese die Zustimmung, so ist die Prokura zu widerrufen. Der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zur Erteilung einer Prokura nach § 1822 Nr. 11, §§ 1643, 1686 BGB. bedarf es nicht, auch wenn an der Gesellschaft geschäftsunfähige oder in der Geschäftstätigkeit beschränkte Personen beteiligt sind und ihr gesetzlicher Vertreter für sie als Geschäftsführer der Gesellschaft handelt. Die offene Handelsgesellschaft wird durch eine Verfügungsbeschränkung eines Gesellschafters nicht in ihrer eigenen Geschäftsfähigkeit beschränkt; RG. 125, 380; 127, 154; JW. 1930, 1382®; R J A . 12, 237. Anm. 12. Die Vorschriften des Abs. 3 gelten n u r im i n n e r e n V e r h ä l t n i s u n t e r d e n G e s e l l s c h a f t e r n . Nach außen kommt es nur darauf an, ob der die Bestellung Vornehmende v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t war, auch wenn er nicht zur G e c h ä f t s f ü h r u n g befugt war oder es an der erforderlichen Zustimmung der übrigen geschäftsführenden Gesellschafter fehlte. Diese Wirkung tritt sowohl für Dritte ein, die mit der Gesellschaft durch den Prokuristen in Geschäftsverbindung treten, wie für den Prokuristen selbst, der für den Bestellungsvorgang als Dritter anzusehen ist; vgl. die Erl. zu § 126 Abs. 1; Schlegelberger Anm. 8. Auch der R e g i s t e r r i c h t e r kann sich mit der Prüfung der Vertretungsmacht des Anmeldenden begnügen; KG. in J F G . 2, 218. Ergibt sich offensichtlich, daß die Befugnis zur Bestellung im inneren Verhältnis nicht bestand und ist deshalb mit dem alsbaldigen Widerruf durch die übrigen Geschäftsführer zu rechnen, so kann die Eintragung abgelehnt werden; Schlegelberger Anm. 8; vgl. auch BayObLG. in J F G . 5, 244. Anm. 13. D e r Widerruf der Prokura k a n n d u r c h j e d e n d e r z u r E r t e i l u n g oder zur Mitwirkung bei der E r t e i l u n g b e f u g t e n Gesellschafter erfolgen; Abs. 3 Satz 2. Die Vorschrift will den Widerruf einer Prokura erleichtern und verstärkt deshalb die Befugnisse der einzelnen geschäftsführenden Gesellschafter. Er enthält eine Sonderregelung. Es gilt daher weder die Vorschrift des § 115 Abs. 1 Halbsatz 2 über das Widerspruchsrecht noch des Abs: 2 über die Notwendigkeit der Zustimmung der übrigen geschäftsführenden Gesellschafter im Falle der Gesamtgeschäftsführung. Einem Gesellschafter, dem nur für einen bestimmten Geschäftskreis, z. B. für eine Zweigniederlassung die Geschäftsführungsbefugnis erteilt ist, kann nur widerrufen, wenn die Bestellung des Prokuristen nur für seinen Geschäftskreis erfolgt ist. Das selbständige Recht jedes geschäftsführenden Gesellschafters zum jederzeitigen Widerruf der Prokura besteht, auch wenn nicht Gefahr im Verzuge ist. Die B e s c h r ä n k u n g d e s U m f a n g s d e r P r o k u r a , z. B. durch die Anordnung, daß der Prokurist künftig nur für eine bestimmte Zweigniederlassung tätig sein dürfe oder daß er bestimmte Geschäfte, z. B. Wechselzeichnungen nicht vornehmen dürfe (vgl. § 50 Abs. 2), fällt nicht unter die Sonderregelung des Abs. 3 Satz 2. Es gelten insofern die allgemeinen Vorschriften des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrags über die Geschäftsführung; 127

§ 116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 15 Bolze 3 Nr. 792; Wieland I 573 Anm. 50; Schlegelberger Anm. 11. Nach Abs. 3 Satz 1 müssen alle geschäftsführenden Gesellschafter zustimmen. Anm. 14. Für die W i r k s a m k e i t d e s W i d e r r u f s n a c h a u ß e n kommt es nur darauf an, ob der Widerrufende Vertretungsmacht hatte; § 126 Abs. 1. Ist ein Gesellschafter im inneren Verhältnis zum Widerruf berechtigt, aber nicht oder nicht allein vertretungsberechtigt, so kann er auf Grund des inneren Verhältnisses von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern verlangen, daß sie nach außen hin, also insbesondere gegenüber dem Prokuristen, den Widerruf erklären und bei der erforderlichen Anmeldung zum Handelsregister mitwirken; OLG. Hamburg in HansRGZ. 30 B 534; Schlegelberger Anm. 10. Ein Widerruf und das Verlangen des Widerrufenden auf Erklärung des Widerrufs gegenüber dem bestellten Prokuristen und Anmeldung zum Handelsregister ist nicht zu beachten, wenn der Widerruf rein willkürlich und gegen die Interessen der Gesellschaft erfolgt und deshalb gegen die Gesellschaftstreue verstößt. Die Beweislast für einen solchen Verstoß liegt bei dem, der ihn behauptet; RGUrt. v. 1. 9. 42, II 52/42 = SeuffA. 97 S. 3. Die übrigen Gesellschafter verletzen ihre Gesellschafterpflichten, wenn sie willkürlich ihre nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung zum Widerruf oder bei Gesamtvertretung ihre Mitwirkung bei Erklärung des Widerrufs an den Prokuristen oder zur Anmeldung des Erlöschens der Prokura zum Handelsregister verweigern; RG. a. a. O. Anm. 15, Im übrigen gelten auch bei der offenen Handelsgesellschaft (und Kommanditgesellschaft) die allgemeinen Vorschriften der §§ 48 bis 53 über E r t e i l u n g , W i d e r r u f , A n m e l d u n g und I n h a l t der P r o k u r a wegen der Einzelheiten wird auf die eingehenden Erläuterungen zu diesen Vorschriften verwiesen. E s soll hier nur folgendes in Kürze bemerkt werden: Da die Prokura nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts, hier durch die vertretungs- und geschäftsführenden Gesellschafter, erteilt werden kann, ist ein Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter dazu nicht berufen; § 48 Abs. 1 und Anm. 1 dazu. Voraussetzung der Erteilung der Prokura ist, daß der Inhaber des Handelsgeschäfts, hier die Gesellschaft, ins H a n d e l s r e g i s t e r e i n g e t r a g e n ist. Das ergibt sich schon daraus, daß die Erteilung der Prokura ins Handelsregister eingetragen werden muß; § 53, vgl. § 48 Anm. 4. Wegen der Zulässigkeit der Bestellung eines von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafters der oHG. oder persönlich haftenden Gesellschafters oder des Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft vgl. § 125 Anm. 4; § 170 Anm. 4. Der stille Gesellschafter kann Prokurist sein; § 48 Anm. 6/3; nicht aber das M i t g l i e d einer E r b e n g e m e i n s c h a f t , die-das Geschäft des Erblassers weiterführt; § 48 Anm. 6 (bestritten). Ist ein T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r dazu berufen, ein zum Nachlaß gehörige Handelsgesellschaft in Besitz zu nehmen und darüber zu verfügen, so kann er wohl einem Dritten, auch einem Erben, nicht aber sich selbst Prokura erteilen; § 48 Anm. 6/J. Die Prokura kann nur mittels a u s d r ü c k l i c h e r E r k l ä r u n g erteilt werden; § 48 Abs, 1. Es können mehrere Prokuristen bestellt werden, entweder so, daß jeder selbständig zu handeln befugt ist oder so, daß sie nur gemeinschaftlich bestellt werden und handeln dürfen, (Gesamtprokura) § 48 Abs. 2. E r k l ä r u n g e n D r i t t e r können dem einen von mehreren Gesamtprokuristen gegenüber wirksam abgegeben werden; § 48 Anm. 15 ß. Handelt es sich nur um das W i s s e n einer Tatsache, so genügt die Kenntnis auch nur eines Gesamtprokuristen, um die Kenntnis der Gesellschaft anzunehmen. Entsprechendes gilt für Willensmängel, Kennenmüssen, vertragliches und außervertragliches Verschulden; §48 Anm. 15/?. Nach §49 Abs. 1 e r m ä c h t i g t die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Der Umfang der Prokura geht weiter als der der regelmäßigen Handlungsvollmacht. Die Ermächtigung gilt nicht nur, wie beim Handlungsbevollmächtigten nach § 54, für Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgeschäfts von der Art dessen, in dem der Prokurist tätig ist, mit sich bringt, sondern für alle, die der Betrieb eines Handelsgewerbes irgend welcher Art mit sich bringt. Sie ermächtigt auch nicht nur wie beim Handlungsbevollmächtigten zu Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb gew ö h n l i c h mit sich bringt, sondern auch zu ungewöhnlichen Geschäften, vgl. § 49 Anm. l f f . Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist aber nur 128

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 116 Anm. 16, 1 ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist; § 49 Abs. 2-, Dagegen ist er auch ohne besondere Ermächtigung zum Erwerb von Grundstücken, zur Bestellung einer Hypothek auf das Grundstück zur Sicherung des Kaufpreises und zur Befreiung des erworbenen Grundstücks von dinglichen Lasten befugt, §49 Anm. 6, 7. Eine Bes c h r ä n k u n g des I n h a l t s der P r o k u r a ist Dritten gegenüber unwirksam; § 50 Abs. 1. Dies gilt insbesondere von der Beschränkung, daß die Prokura nur für gewisse Arten von Geschäften oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten ausgeübt werden soll, § 50 Abs. 2. Eine Beschränkung der Prokura auf den Betrieh einer von mehreren Niederlassungen des Geschäftsinhabers (hier der Gesellschaft) ist Dritten gegenüber nur wirksam, wenn die Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden. Eine Verschiedenheit der Firmen im Sinne dieser Vorschrift wird auch dadurch begründet, daß für eine Zweigniederlassung der Firma ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Firma der Zweigniederlassung bezeichnet; § 50 Abs. 3; wegen der Firmenbezeichnung bei Zweigniederlassungen vgl. auch § 105 Anm. 19. § 51 schreibt vor, daß der Prokurist in der Weise zu zeichnen hat, daß er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusätze beifügt. Nach § 53 Abs. 2 hat er die Firma nebst seiner Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht (Registergericht) zu zeichnen. Die Prokura ist ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Prokura ist nicht übertragbar, § 52 Abs. 1 u. 2. Nach § 52 Abs. 3 erlischt die Prokura nicht durch den Tod des Geschäftsinhabers. Bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft erlischt die Prokura mit der Auflösung der Gesellschaft, da damit der auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtete Zweck der Gesellschaft aufhört und der Zweck der Gesellschaft nur noch auf deren Vollbeendigung gerichtet ist; RG. 72, 122; §53 Anm.'7; §149 Anm. 40. Die Erteilung der Prokura ist von dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ist die Prokura als Gesamtprokura erteilt, so muß auch dies angemeldet werden; § 53 Abs. 1. Anzumelden und einzutragen ist auch die besondere Ermächtigung nach § 49 Abs. 2 (Verfügung über Grundstücke). Anmeldepflichtig sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter; § 126 Anm. 17. Anm. 16. Auch die Vorschriften des Abs. 3 enthalten n a c h g i e b i g e s R e c h t . So kann der Gesellschaftsvertrag bestimmen, daß auch für die Erteilung oder den Widerruf einer Prokura die gesnhäftsführenden Gesellschafter in gleicher Weise wie zur Vornahme anderer Handlungen der Geschäftsführung befugt sind oder daß es für diese Handlungen eines Beschlusses sämtlicher Gesellschafter oder eines Mehrheitsbeschlusses bedarf. Es kann auch vereinbart werden, daß eine bestimmte Person zu bestellen sei oder daß sie nur mit Zustimmung eines bestimmten Gesellschafters, auch eines nicht geschäftsführenden oder eines Dritten abberufen werden dürfen. Der gegen den Gesellschaftsvertrag verstoßende Widerruf ist zwar nach außen gültig. Es kann aber gegen den vertragswidrig Handelnden auf Wiederbestellung des Abberufenen wie auch auf die erstmalige Bestellung geklagt werden; RG. 2, 30; 27, 35 (40); RGUrt. vom 18. Oktober 1939 II 86/39; SeuffA. 94 Nr. 8; vom 27. Januar 1940151/39 = RG. 163, 35 —DR. 1940, 805; Schlegelberger Anm. 11; Ritter Anm. 9. Anm. 17. Die Vorschriften über die Geschäftsführungsbefugnis, §§ 114—116, gelten auch dann, wenn eine Gesellschaft keine offene Handelsgesellschaft, sondern eine solche des bürgerlichen Rechts ist, weil ihr Zweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes, sondern etwa nur auf die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens, z. B. durch Verpachtung des vorhandenen Fabrikgebäudes an eine besondere Betriebsgesellschaft gerichtet ist, die Gesellschafter aber die Gesellschaft als offene Handelsgesellschaft begründen wollten und die Vorschriften des HGB. über die Geschäftsführung ausdrücklich oder stillschweigend als maßgebend vereinbart haben. Sie haben dann durch Vertrag diese Vorschriften für das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis für bindend erklärt; RG. 158, 302 (305). Die Vereinbarung ist aber nur wirksam, soweit die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften nicht das Vorhandensein einer wirklichen offenen Handelsgesellschaft, oder doch, wie die Bestellung eines Prokuristen, den Betrieb eines Handelsgewerbes, voraussetzt. Den Vorschriften des § 117 über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis durch Richterspruch können sie sich nicht unterwerfen, da S

HGB. Bd. II. (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 18—20 durch Vertrag eine Verpflichtung des staatlichen Gerichts zur Entscheidung nicht begründet werden kann. Sie können aber die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts im Gesellschaftsvertrag vereinbaren. Anm. 18. Die Haftung der Gesellschafter für Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag. Vgl. Hans Schumann, Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus pflichtwidriger Geschäftsführung bei Personengesellschaften, DR. 1942, 1670. Nach den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts haften auch die Gesellschafter einer Personengesellschaft für Schaden, der durch die Nichterfüllung ihrer vertraglichen Pflichten entstanden ist. Dies gilt sowohl für die Verpflichtungen, die jedem Gesellschafter obliegen, z. B. die allgemeine Pflicht zur Gesellschaftstreue, zur Förderung des gemeinsamen Zwecks der Gesellschaft, das Wettbewerbsverbot, wie für die besonderen Pflichten, die dem einzelnen Gesellschafter obliegen, z. B. die Pflicht zur Leistung der Beiträge, zur Mitwirkung bei der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft, der pflichtwidrigenUnterlassung eines Widerspruchs. Nach den allgemeinen Grundsätzen setzt die Haftung stets V e r s c h u l d e n voraus. Die Formen des Verschuldens sind Vorsatz und Fahrlässigkeit; § 276 BGB. Wegen der Begriffe des Verschuldens und der Verschuldensform vgl. RGRKomm. zu § 276 BGB. Das Gesellschaftsrecht beschränkt in § 708 BGB. die dem Gesellschafter bei Erfüllung der Gesellschafterpflichten obliegende S o r g f a l t s p f l i c h t auf das Maß von S o r g f a l t , das er in eigenen A n g e l e g e n h e i t e n anzuwenden pflegt. Die Vorschrift, die aus dem römischen Recht stammt, beruht auf dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis, auf Grund dessen jeder Gesellschafter nur mit der Sorgfalt rechnet, die der Mitgesellschafter in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsbeschränkung des § 708 befreit nicht von der Haftung für g r o b e F a h r l ä s s i g k e i t ; § 277 BGB. Der Gesellschafter haftet auch unbeschränkt, wenn er seine Gesellschafterpflichten vorsätzlich verletzt. Die Haftungsbeschränkung kommt somit nur in Betracht, soweit es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt; OLG. Hamburg in HansGZ. 1924, 30. § 708 BGB. will, wie aus dem Gebrauche des Wortes „nur" ersichtlich ist, die Haftung des Gesellschafters gegenüber der eines gewöhnlichen Beauftragten mildern. Der Gesellschafter haftet deshalb nicht für mehr als die übliche Sorgfalt, auch wenn er in eigenen Angelegenheiten ein größeres Maß von Sorgfalt anzuwenden pflegt. Die Haftungsbeschränkung besteht auch dann, wenn der Gesellschafter für seine Tätigkeit eine besondere V e r g ü t u n g erhält, vorausgesetzt, daß er dabei in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, insbesondere als Geschäftsführer oder Vertreter, handelt. Die Beschränkung besteht nicht, wenn der Gesellschafter auf Grund eines anderen Rechtsverhältnisses als des Gesellschaftsverhältnisses, z. B. als Bauunternehmer, Rechtsanwalt, Angestellter, Vertragspflichten gegenüber der Gesellschaft zu erfüllen hat oder soweit er außervertraglich, etwa aus unerlaubter Handlung haftet; dann haftet er nach den allgemeinen Vorschriften. Anm. 19. Haftet der Gesellschafter auf Grund des § 708, so hat er der Gesellschaft den vollen S c h a d e n zu ersetzen, der durch die Pflichtverletzung im einzelnen Fall entstanden ist. Der Umfang des Schadens bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, §§ 249ff. BGB. Der schuldige Gesellschafter kann nicht mit den Vorteilen aufrechnen, die die Gesellschaft durch seine s o n s t i g e Tätigkeit, insbesondere als Geschäftsführer, gehabt hat. (Art. 94 Abs. 2 ADHGB. sprach dies ausdrücklich aus. Im neuen HGB. ist der Satz als selbstverständlich weggelassen.) Der Gesellschafter kann auch nicht den Anteil in Abzug bringen, mit dem er an der Gesellschaft beteiligt ist. Vorteile, die der Gesellschaft durch die pflichtwidrige Handlung erwachsen sind, können den Schaden mindern und sind zu berücksichtigen; RG. 109, 60. Anm. 20. E r s a t z b e r e c h t i g t ist die G e s e l l s c h a f t , soweit ihr ein Schaden entstanden ist (RG. 109, 56; 158, 302; in JW. 1930, 705'), unter Umständen auch der einzelne Mitgesellschafter, soweit er über den Schaden der Gesellschaft hinaus, in seinem Privatvermögen beschädigt ist. Wegen der Ansprüche der Gesellschaft kann der einzelne Gesellschafter nur auf Leistung an die Gesellschaft klagen; RG. 90, 300; 91, 35; 158, 302; in JW. 1927, 109014; § 124.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 1 1 6 Anm. 21—25 Anm. 21. Die B e w e i s l a s t . Nach allgemeinen Beweisgrundsätzen hat die geschädigte Gesellschaft das Verschulden des in Anspruch genommenen Gesellschafters, die Entstehung eines Schadens durch eine Handlung oder Unterlassung des Gesellschafters und die Höhe des Schadens zu beweisen. Eine andere Verteilung der Beweislast ergibt sich nur, wenn der Gesellschafter G e s c h ä f t s f ü h r e r der Gesellschaft im allgemeinen oder für einen beschränkten Geschäftskreis war und ihm ein Verschulden bei Erfüllung der sich aus der Geschäftsführerstellung ergebenden Verpflichtungen vorgeworfen wird. In diesem Falle gelten die gleichen Grundsätze, die die Rechtsprechung für die Haftung der geschäftsführenden Organmitglieder der juristischen Personen entwickelt hat und die in § 84 Abs. 2 des neuen Aktiengesetzes in Gesetzesform gefaßt worden sind. Rechtsprechung und Aktiengesetz gehen davon aus, daß das geschäftsführende Organmitglied der Gesellschaft r e c h n u n g s l e g u n g s p f l i c h t i g i s t und daß es deshalb bei Entstehung eines Schadens durch eine von ihm begangene Handlung oder Unterlassung d a r z u t u n h a t , d a ß es s e i n e P f l i c h t a l s G e s c h ä f t s f ü h r e r getan hat oder daß der Schaden auch bei Anwendung der ihm obliegenden Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte; die Gesellschaft hat danach nur zu beweisen, daß ihr durch eine Handlung oder Unterlassung des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist; vgl. u. a.: RG. in JW. 1931, 40"; 1936, 2313; 1938, 2019; in BankA. 37, Jahrg. 64; bei Warn. 1934 Nr. 159; in H R R . 1936 Nr. 1229; DR. 1949,452; Weipert, AktG. § 84 Anm. 17. Macht der belangte Gesellschafter die mildere Haftung des § 708 BGB. für sich geltend, so hat er zu beweisen, daß er in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die übliche Sorgfalt anzuwenden pflege. Anm. 22. Die Schadensersatzpflicht fällt weg, wenn die übrigen Gesellschafter (einstimmig, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht einen Mehrheitsbeschluß für diesen Fall vorsieht) der Handlung, durch die der Schaden entstanden ist, zugestimmt haben oder die Handlung in Ausführung eines von ihnen gefaßten Beschlusses, § 116 Abs. 2 ausgeführt worden ist. Sie können dann nicht für den Schaden einen einzelnen verantwortlich machen, wenn ihre Zustimmung nicht auf einem Verschulden des Handelnden, etwa falscher Berichterstattung, beruht. Auch durch nachträgliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter wird die Haftung beseitigt. Fehlte es nur an der Mitwirkung einzelner Geschäftsführer oder Gesellschafter, so genügt deren nachträgliche Zustimmung. Die Gesellschaft kann auch auf Geltendmachung des bereits entstandenen Schadens verzichten, dazu ist ein Beschluß der übrigen Gesellschafter erforderlich, da es sich nicht um eine Handlung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 116 Abs. 1 handelt. Anm. 23. Die geschäftsführenden Gesellschafterhaben einen klagbaren A n s p r u c h auf Entlastung, wenn sie ordnungsmäßig Rechenschaft abgelegt haben und sich dabei kein Anspruch der Gesellschaft ergibt. Die Entlastung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafter. Sie kann regelmäßig nach Aufstellung der Jahresbilanz verlangt werden. Anm. 24. Für die Verjährung gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, §§ 198ff. BGB. Danach beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre. Wegen der Verfolgung der Ansprüche der Gesellschaft durch die Gesellschafter vgl. auch die Erl. zu § 124. Anm. 25. Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters für Verschulden Dritter. Soweit der geschäftsführende Gesellschafter in zulässiger Weise (vgl. § 114 Anm. 9) die Führung der Geschäfte einem Dritten übertragen hat, hat er nur ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten; § 664 Abs. 1 Satz 2; § 713 BGB.; vgl. oben Anm. 19. Das V e r s c h u l d e n e i n e s G e h i l f e n hat er in gleichem Umfange zu vertreten, wie eigenes Verschulden; § 278, 664 Abs. 1 Satz 3 BGB. Dies gilt aber nur, soweit es sich um von ihm privat bestellte Gehilfen handelt. Dabei haftet er der Gesellschaft auch nur dafür, daß diese Gehilfen die Sorgfalt anwenden, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Für die im Dienste der Gesellschaft stehenden Gehilfen haftet er, soweit er sich deren Mitwirkung in zulässiger Weise bedient, nur soweit ihn bei deren Anstellung, Anleitung und Überwachung ein Verschulden trifft. Hat der Gesellschafter durch einen g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r oder eine E h e f r a u durch ihren Ehemann die Geschäfte geführt, so haften die Vertretenen in der selben Weise, wie sie auch sonst nach allgemeinen Vorschriften für Handlungen oder Unter-

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§ 116 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 26—29 lassungen des Vertreters haften; vgl. §§ 278,831. Entsprechendes gilt für die fortgesetzte Gütergemeinschaft. Anm. 26. Haben m e h r e r e G e s e l l s c h a f t e r den Schaden schuldhaft verursacht, so haften sie als G e s a m t s c h u l d n e r , § 427 BGB. Sie sind untereinander nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts a u s g l e i c h s p f l i c h t i g , §§ 426ff. BGB., soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt. Dabei ist auch das Maß der Beteiligung an der Entstehung des Schadens zu berücksichtigen; § 254 BGB.; Hueck S. 77. Ist durch den Gesellschaftsvertrag oder nachträglich mit Zustimmung aller Gesellschafter eine A r b e i t s t e i l u n g vorgenommen worden, so haftet jeder Geschäftsführer der Gesellschaft nur für Erfüllung der ihm nach der Arbeitsteilung obliegenden Leistung. Durch die Arbeitsteilung kann eine Entastung nicht eintreten, soweit alle Gesellschafter öffentlich-rechtlich gemeinsam zu einer Leistung verpflichtet sind und diese Verpflichtung nur unter Mitwirkung aller erfüllt werden kann. Soweit die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, z. B. zur Buchführung, auch von einzelnen Gesellschaftern erfüllt werden kann, kann der einzelne Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber durch eine Arbeitsleistung entlastet werden. Die Arbeitsteilung entbindet den einzelnen Geschäftsführer nicht von der allgemeinen Verpflichtung zur Überwachung der Geschäftsführung der Mitgesellschafter und zum Einschreiten bei Mißständen; RGUrt. vom 23. Oktober 1940 II 24/40 = SeuffA. 95 Nr. 30 (für GmbH.). Eine nur unter mehreren Geschäftsführern vereinbarte p r i v a t e A r b e i t s t e i l u n g entlastet den einzelnen gegenüber der Gesellschaft nicht. Wird er von dieser in Anspruch genommen, so kann er sich nur an die Mitgeschäftsführer halten, soweit diese ihm gegenüber zur Leistung verpflichtet waren. Anm. 27. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Haftung der Gesellschafter, insbesondere der geschäftsführenden, a b w e i c h e n d von der g e s e t z l i c h e n Regel geordnet werden. So kann in allen Fällen oder für bestimmte Gesellschafter, insbesondere die geschäftsführenden, die mildere Haftung des § 708 BGB. beseitigt und die volle Haftung nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts eingeführt werden. Es kann aber auch die Haftungsbeschränkung des § 708 BGB. weiter ausgedehnt oder die Haftung in anderer Weise beschränkt werden. Es kann auch die Haftung für Fahrlässigkeit, auch für grobe, im voraus erlassen werden, nicht auch für Vorsatz; § 276 BGB. Anm. 28. Die H a f t u n g der G e s e l l s c h a f t e r im F a l l e der Ü b e r s c h r e i t u n g i h r e r B e f u g n i s s e . Überschreitet der geschäftsführende Gesellschafter bei Vornahme einer Handlung für die Gesellschaft den Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis, sei es dadurch, daß er als Einzelgeschäftsführungsbefugter trotz des zulässigen Widerspruchs eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters die Handlung vornimmt (§ 115 Abs. 1), sei es dadurch, daß er bei Gesamtgeschäftsführung ohne die Zustimmung der Mitgeschältsführer handelt (§ 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 Halbsatz 1), sei es dadurch, daß er eine über den Rahmen des gewöhnlichen Betriebsgeschäftes hinausgehende Handlung ohne Einholung oder trotz eines ablehnenden Gesellschafterbeschlusses vornimmt (§ 116 Abs. 2), sei es dadurch, daß er die besonderen Vorschriften des Gesellschaftsvertrages über die Geschäftsführungsbefugnis übertritt, so handelt er widerrechtlich. Das gleiche gilt, wenn er als Geschäftsführer handelt, ohne überhaupt zur Geschäftsführung berufen zu sein. Ssin Tun kann dann nicht rrnhr als Erfüllung einer gssellschafterlichen Verpflichtung angesehen werden. Seine Haftung richtet sich deshalb nicht nach der Vorschrift des § 708 BGB. Vielmehr haftet er nach den allgemeinen Grundsätzen für jedes Verschulden; so auch die neuere Rechtsprechung des Reichsgerichts; in LZ. 1914, 5804; RG. 158, 302 (für Anwendung des § 708 BGB. u. a.: Baumbach § 116 Anm. 2; Ritter § 115 Anm. 3b). Der Gesellschafter haftet somit wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag (Hueck S. 78 will ihm die mildere Haftung nach § 788 BGB. einräumen, wenn er nicht wußte oder bei sorgfältiger Prüfung nicht erkennen konnte, daß eine Überschreitung der Befugnisse vorliege). Anm. 29. Bestritten ist, ob der Gesellschafter im Falle der Überschreitung seiner Befugnisse ohne weiteres wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln ist, der gegen den w i r k l i c h e n oder m u t m a ß l i c h e n Willen des Geschäftsherrn die Geschäftsbesorgung übernommen hat (§§ 678, 679 BGB.) und ob deshalb in j e d e m F a l l e

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 116 Anm. 80 der Überschreitung der Befugnisse sich die Gesellschaft auf den Standpunkt stellen kann, das Geschäft gehe im Verhältnis des Geschäftsführers zur Gesellschaft nicht auf ihre Rechnung, sondern für Rechnung des Handelnden mit der Folge, daß er die Gefahr des Geschäfts zu tragen hat, gleichgültig, ob ihn bei Beurteilung der Lage ein Vorwurf trifft oder nicht und daß er die Gesellschaft von allen Folgen des Geschäfts freistellen muß, ohne Rücksicht darauf, ob er schuldhaft gehandelt hat oder ohne Verschulden der Meinung sein konnte, daß die anderen Gesellschafter zustimmen würden (oder wenn sie gefragt worden wären, zugestimmt hätten). Für diese strenge Beurteilung die älteren Kommentare: u. a. DürHach. Anm. 6 und die allere Rechtsprechung: RG. in LZ. 1914, 580*; JW. 1930, 7057. In seiner bereits erwähnten neuen Entscheidung, RG. 158, 302, hat aber das Reichsgericht mit Recht sich auf den Standpunkt gestellt, daß die bisherige strenge Auffassung eine zu einseitige Überspannung des Rechtsschutzbedürfnisses der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter bedeute, bei der berechtigte Belange der Gesellschaft und des geschäftsführenden Gesellschafters leicht zu Schaden kommen können. Der geschäftsführende Gesellschafter, der ein außergewöhnliches Geschäft ohne die erforderliche Zustimmung der Mitgesellschafter vornehme, handle eben als Geschäftsführer ohne Geschäftsführungsbefugnis und hafte folgerichtig wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag. Diese Rechtsfolge trete auch dann ein, wenn der Geschäftsführer irrtümlich angenommen habe, daß seine Geschäftsführungsbefugnis auch den Abschluß eines bestimmten Geschäfts (z.B. eines Bürgschaftsvertrages) mitumfasse; so auch schon RG. bei Gruchot 52, 1002; RG. 90, 215; 98, 134. Die Erwägungen des Reichsgerichts treffen nicht nur in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall der Vornahme eines außergewöhnlichen Geschäfts, sondern auch dann zu, wenn der Handelnde seine Geschäftsführungsbefugnis in anderer Weise überschreitet oder wenn ein Gesellschafter, der von der Geschäftsführung überhaupt ausgeschlossen ist, ein Geschäft für die Gesellschaft ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschaft oder der geschäftsführenden Gesellschafter vornimmt. Darnach sind in allen diesen Fällen die Handelnden als gewöhnliche Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln; §§ 667ff. BGB. Nach §677, §276 BGB. haftet der Geschäftsführer ohne Auftrag für j e d e s V e r s c h u l d e n , also auch für leichte Fahrlässigkeit. Andererseits muß der Geschäftsherr, die Gesellschaft, das Geschäft auch für und gegen sich gelten lassen, insbesondere auch dem Handelnden seine Aufwendungen ersetzen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 BGB.) oder wenn bei entgegenstehendem Willen des Geschäftsherrn eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden würde; § 679 BGB. Steht dagegen die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so trifft, wenn nicht der erwähnte Fall des § 679 BGB. vorliegt, den Handelnden die verschärfte Haftpflicht des § 678 BGB. Er ist der Gesellschaft zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstandenen Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt. In diesem Falle k a n n die G e s e l l s c h a f t es a u c h dem H a n d e l n d e n g e g e n ü b e r a b l e h n e n , das G e s c h ä f t f ü r sich g e l t e n zulassen und kann Freistellung von allen Folgen aus dem Geschäft durch den Handelnden, insbesondere von allen Verbindlichkeiten verlangen. Der Fall des § 678 BGB. liegt regelmäßig vor, wenn der Gesellschafter gegen den berechtigten Widerspruch eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters, § 115 Abs. 1, oder trotz Verweigerung der Zustimmung der übrigen Geschäftsführer, § 115 Abs. 2, oder soweit ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist, § 116 Abs. 2, trotz eines ablehnenden Beschlusses gehandelt hat. Der Fall des § 678 BGB. liegt nicht vor, wenn der Handelnde ohne Verschulden geglaubt hat, die Zustimmung liege vor oder sie sei nicht erforderlich. Wegen der sich aus der Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag im einzelnen ergebenden Fragen wird auf die Erläuterungsbücher zum BGB. §§ 677ff. verwiesen; vgl. auch Hueck S. 79/80. Anm. 80. Haftung der Gesellschaft gegenüber Dritten ans Handlungen eines geschäftsführenden Gesellschafters. Nach dem Grundsatz des § 31 BGB., der auch für die offene Handelsgesellschaft gilt, RG. 76, 48, ist die Gesellschaft für den Schaden verant-

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§117 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 1, 2 wortlich, den ein geschäftsführender Gesellschafter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung schuldhafterweise einem Dritten zufügt. Sie haftet ferner für Schaden, den ihre Angestellten und Gehilfen in Ausführung der ihnen übertragenen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügen; § 831 BGB. N o t s t a n d s - und Selbsthilfemaßnahmen, die die geschäftsführenden Gesellschafter für die Gesellschaft vornehmen, §§ 231, 904 BGB., können die Haftung der Gesellschaft begründen, auch wenn kein Verschulden vorliegt; vgl. RGRKomm. § 31 Anm. 1. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungsbücher zum BGB. verwiesen; wegen der Haftung für Handlungen der V e r t r e t u n g vgl. § 126 Anm. 26ff. Die Haftung des Handelnden selbst gegenüber Dritten, soweit sie nicht auf seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft beruht, § 128, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB.; regelmäßig besteht sie nur, wenn der Tatbestand der unerlaubten Handlung gegeben ist; §§ 823ff. BGB.

§

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Die Befugnis zur Geschäftsführung kann einem Gesellschafter auf Antrag der übrigen Gesellschafter durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Anm. 1. § 117 regelt die Entziehung der Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung auf Antrag der übrigen Gesellschafter. Von der entsprechenden Vorschrift des Art. 101 ADHGB. unterscheidet er sich wesentlich dadurch, daß die Entziehung nicht durch Widerruf der übrigen Gesellschafter, sondern durch rechtsgestaltendes Urteil geschieht. Er weicht damit auch von der Vorschrift dfes § 712 BGB. ab, der für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft die Entziehung durch einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter zuläßt. Anm. 2. J e d e m g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r kann die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden, gleichgültig, ob seine Befugnis auf der gesetzlichen Regel des § 114 oder auf einer besonderen Übertragung durch den Gesellschaftsvertrag nach § 115 Abs. 2 beruht. Für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft sieht § 712 BGB. die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nur bei der d u r c h den Gesellschaf t s v e r t r a g einem Gesellschafter übertragenen Befugnis vor, nicht wenn nach der Regel des § 709 BGB. allen Gesellschaftern die Befugnis zusteht. Eine Ausdehnung der Vorschrift des § 712 auf den Fall des § 709 wird mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 712 und dessen Ausnahmecharakter mit Recht abgelehnt; vgl. Geiler bei DürHach. II 1, S. 144/145; RGRKomm. § 712 Anm. 1. Der Wortlaut des § 117 HGB. spricht unzweideutig gegen eine solche Beschränkung, ebenso das Bedürfnis der offenen Handelsgesellschaft, bei der die Entfernung eines Gesellschafters aus der Geschäftsführung im Interesse des Unternehmens in höherem Maße geboten sein kann als bei der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft. Daß der verschiedene Wortlaut des § 712 BGB. und des gleichzeitig entstandenen HGB. nicht ohne Grund gewählt ist, zeigt auch der Vergleich mit Art. 101 ADHGB. § 712 BGB. übernimmt die Fassung des Art. 101, der nur die Entziehung einer im Gesellschaftsvertrag übertragenen Befugnis zuließ. Wenn § 117 diese Einschränkung nicht aussprach, so sollte sie offensichtlich auch nicht gelten § 117 ist auch entsprechend anzuwenden, wenn es sich um die Entziehung oder Beschränkung anderer v e r t r a g l i c h e r und gesetzlicher M i t w i r k u n g s - und K o n t r o l l r e c h t e , z. B. der Befugnisse eines Kommanditisten handelt. Wird Beteiligung einer E h e f r a u von deren Ehemann auf Grund des ehelichen Güterrechts und seines daraus abgeleiteten Verwaltungsrechts verwaltet, so kann auch eine gegen die Gesellschafterin auszusprechende Beschränkung des Inhalts in Frage kommen, daß der Ehemann die Rechte des Gesellschafters nicht persönlich (sondern durch einen Bevollmächtigten) ausüben darf. Die Frau muß dabei das Verhalten des Mannes gegen sich gelten

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 117 Anm. 8 lassen, § 278 BGB. § 1400 Abs. 1 BGB. ist auch auf die Gestaltungsklage aus § 117 anwendbar und rechtfertigt die Mitverklagung des der Prozeßführung der Ehefrau nicht zustimmenden Ehemanns; Oberster Gerichtshof Köln, Zivilsenat, Urt. v. 17. 6. 48; Z. S. 12/48 = MDR. 1948 S. 340. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist zulässig, gleichgültig, ob es sich um Einzel- oder G e s a m t g e s c h ä f t s f ü h r u n g handelt. Sie ist auch möglich, wenn es sich nicht nur um die den geschäftsführenden Gesellschaftern d u r c h das Ges e t z (§§ 114, 115, 116 Abs. 1 u. 3) verliehenen, sondern auch, wenn es sich um ihnen d a r ü b e r h i n a u s durch Vertrag verliehene Rechte handelt, so wenn ihnen durch den Gesellschaftsvertrag in Erweiterung der Befugnisse nach § 116 Abs. 1 auch die Befugnis zur "Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte ohne Beschluß sämtlicher Gesellschafter (§ 116 Abs. 2) oder die Befugnis allein einen Prokuristen zu bestellen (§ 116 Abs. 3) oder wenn ihnen für eine bestimmte Art von Geschäften Einzelgeschäftsführung eingeräumt ist; RG. 110, 418. Das gleiche muß gelten, wenn einem im allgemeinen von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter Sonderrechte hinsichtlich der Geschäftsführung eingeräumt sind, wie das Recht, daß bestimmte Handlungen der Geschäftsführung oder auch außergewöhnliche Geschäfte seiner Zustimmung bedürfen. Auch einem Dritten, dem die Geschäftsführungsbefugnis zusteht (vgl. § 114 Anm. 7, 9), kann sie aus einem wichtigen Grunde entzogen werden; § 117 HGB. beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 242 BGB. Bei veränderten Umständen soll eine Lösung einer B i n d u n g im ganzen oder zu einem Teile möglich sein, wenn ihr Fortbestehen gegen Treu und Glauben verstoßen würde; RG. 103, 331 = JW. 1925, 1997; RGRKomm. § 712 Anm. 4. Da aber die Geschäftsführungsbefugnis des Dritten nicht auf einer gesellschafterlichen Beteiligung beruht, erfolgt die Entziehung nicht durch rechtsgestaltendes Urteil, sondern durch einstimmigen Beschluß aller Gesellschafter, wenn der Gesellschaftsvertrag oder Anstellungsvertrag nicht für diesen Fall einen Mehrheitsbeschluß vorsieht, § 119. Die Entziehung wird wirksam durch Mitteilung an den Geschäftsführer. Uber die Rechtmäßigkeit der Entziehung entscheidet im Streitfall der Richter im gewöhnlichen Prozeß (Feststellungs- oder Leistungsprozeß); Hueck S. 81. Nicht unter § 117 fällt der Widerruf eines einem Gesellschafter von der Gesellschaft außerhalb des Rahmens der Geschäftsführung erteilten Auftrags oder die Kündigung eines Dienst- oder Werkvertrags. Hier kommen nur die für diese Rechtsverhältnisse geltenden Vorschriften über den Widerruf und die Kündigung zur Anwendung; §§ 627, 649, 671 BGB. Anm. 8. Sachliche Voraussetzung des Entziehungsreclites ist ein wichtiger Grund. Wie in anderen Fällen, in denen das Gesetz eine Rechtsfolge an das Bestehen eines wichtigen Grundes knüpft, so beim Kündigungsrecht des Dienstberechtigten und Dienstverpflichteten (§ 626 BGB.), des Handlungsgehilfen und des Geschäftsinhabers (§§ 70—72 HGB.), des Handlungsagenten und des Geschäftsherrn (§ 92 HGB.), bei der Auflösungsund Ausschließungsklage (§§ 133ff. HGB.), bei der Kündigung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 723 BGB.), bei Abberufung der Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft (§ 75 AktG.), des Geschäftsführers der GmbH. (§ 38 GmbHG.), gibt auch § 117 keine Begriffsbestimmung des wichtigen Grundes. Wie § 117 HGB. bezeichnen diese Gesetze zum Teil bestimmte Tatbestände ausdrücklich als wichtigen Grund. Übereinstimmend mit § 117 heben § 75 AktG., § 38 GmbHG. als wichtigen Grund grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung hervor. Aus den hervorgehobenen Fällen, die n u r Beispiele s i n d , und dem Zweck der Vorschrift, die Gesellschaft vor schweren Nachteilen durch die Eigenschaft oder das Verhalten einzelner Gesellschafter zu schützen, insbesondere die Gesellschaft und das von ihr betriebene Unternehmen zu erhalten, ergibt sich, d a ß ein w i c h t i g e r G r u n d zur E n t z i e h u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s d a n n v o r l i e g t , wenn d u r c h das w e i t e r e Verbleiben des G e s e l l s c h a f t e r s in seiner S t e l l u n g als G e s c h ä f t s f ü h r e r die Belange der G e s e l l s c h a f t erheblich g e f ä h r d e t w e r d e n , namentlich wenn ihr dadurch der Untergang droht, mit anderen Worten, wenn der Gesamtheit der übrigen Gesellschafter die Fortdauer der Geschäftsführertätigkeit des einzelnen Gesellschafters nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann. Ob eine bestimmte Tatsache einen wichtigen Grund darstellt, hängt von den Um-

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§117 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 4—7 ständen des Einzelfalles ab. Die Entscheidung liegt deshalb überwiegend auf tatlichem Gebiet. Art. 101 Abs. 2 ADHGB. brachte das durch den Satz zum Ausdruck: „Die Beurteilung, ob eine rechtmäßige Ursache vorliegt" (bei deren Vorhandensein nach Abs. 1 der Widerruf zulässig ist), bleibt dem Ermessen des Richters überlassen." In der Revisionsinstanz ist nur nachzuprüfen, ob der Tatrichter den Begriff des wichtigen Grundes nicht verkannt hat, ob die Tatsachen, in denen er den wichtigen Grund gesehen hat, an sich (abstrakt betrachtet) geeignet sind — im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift —, einen wichtigen Grund zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis zu bilden und ob der Richter alle in Betracht kommenden Tatsachen unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt gewürdigt hat; RG. 78, 22; 110, 300; RG. in JurRdsch. 1925 Nr. 6; in JW. 1906, 813». Wenn einzelne, vielleicht auch zeitlich zurückliegende Tatsachen noch keinen wichtigen Grund bilden, so können sie doch im Zusammenhang mit anderen (insbesondere durch die Wiederholung) eine Gefährdung der Belange der Gesellschaft und damit einen wichtigen Grund darstellen. Ob die Tatsachen in dieser Richtung gewürdigt sind, kann ebenfalls in der Revisionsinstanz geprüft werden. Ein Rechtsverstoß liegt nicht vor, wenn der Richter unter Würdigung der Gesamtumstände des Falles die Entziehung der Befugnis für unbillig hält; RG. 122, 312; 146, 179. Die Gründe, die zur Entziehung der Vertretungsmacht führen, reichen meist auch zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus (vgl. auch die Anpassung des § 127 in den Beispielen für den wichtigen Grund an § 117); jedoch kann eine Tatsache im Einzelfall für die Entscheidung nach § 127 genügen, für die nach § 117 aber nicht und umgekehrt. Anm. 4. In § 117 (und § 127) ist nicht, wie im Falle des § 140 ausgesprochen, daß der wichtige Grund in der P e r s o n des G e s e l l s c h a f t e r s liegen müsse. Oft wird dies der Fall sein. Die persönliche Beziehung der Geschäftsführereigenschaft des einzelnen Gesellschafters zu den Belangen der Gesellschaft muß immer mitverursachend für die Unzumutbarkeit der Weiterbelassung des einzelnen Gesellschafters auf seinem Posten sein. Der wichtige Grund muß auch nicht notwendig in einer persönlichen, d a u e r n d e n Eigenschaft des Gesellschafters liegen. Anm. 5. E i n V e r s c h u l d e n des G e s e l l s c h a f t e r s ist n i c h t V o r a u s s e t z u n g der E n t z i e h u n g der B e f u g n i s s e . Z. B. kann auch unverschuldete Krankheit, unverschuldete Unfähigkeit, den durch äußere Umstände geänderten Erfordernissen der Geschäftsfühlung zu genügen, ausreichen; ebenso das Alter des Gesellschafters verbunden mit erheblich verminderter Leistungsfähigkeit. Anm. 6. Grobe P f l i c h t v e r l e t z u n g liegt nur bei Verschulden vor. Sie kann in Nichtausübung der zur Erreichung des Gesellschaftszweckes oder zur Erhaltung des Gesellschaftsvermögens erforderlichen Tätigkeit, in Unterlassung ordnungsmäßiger Buchführung (RGSt. 45, 388), Unredlichkeit bei der Geschäftsführung und Rechenschaftsablegung, Handeln zum Nachteil der Gesellschaft, z. B. durch sachlich nicht gebotene Beantragung der Konkurseröffnung oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (OLG. Düsseldorf in JW. 1932, 1671'), in Störung der Tätigkeit der Mitgesellschafter durch schikanöse Widersprüche oder fortgesetzte grundlose Versagung der Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen, in schweren Beleidigungen oder Belästigungen der übrigen Geschäftsführer, Überschreiten der eigenen Befugnisse, Voranstellung der eigenen Belange vor denen der Gesellschaft liegen. Anm. 7. Grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit bilden nicht u n b e d i n g t einen Grund zur Entziehung der Geschäftsführung, wenn auch in § 117 nicht wie in §§ 71, 72 ausdrücklich die Einschränkung gemacht ist, „daß nicht andere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen". Die Einschränkung ergibt sich auch für § 117 aus dem Zwecke der Vorschrift, die Belange der Gesellschaft zu wahren und dem Charakter der Entscheidung als einer Ermessensentscheidung; vgl. Anm. 6. Die hervorgehobenen Tatbestände werden zwar regelmäßig einen wichtigen Grund im Sinne des § 117 bilden. Aber im Einzelfall, z. B. bei einer einmaligen, wenn auch groben Pflichtverletzung, ohne Gefahr der Wiederholung oder bei sonstiger besonderer Befähigung oder Leistung des Geschäftsführers kann der wichtige Grund verneint werden. Auch Krankheit und Alter eines Geschäftsführers muß nicht unbedingt einen wichtigen Grund bilden, insbesondere bei den Gründern des Unternehmens, oder wenn wegen Vorhandenseins noch anderer

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 117 Anm. 8—10 Geschäftsführer oder der Möglichkeit einer Aushilfe die Belange der Gesamtheit nicht erheblich leiden. Zu beachten sind auch die Belange des von der geplanten Maßregel betroffenen Gesellschafters, insbesondere die Wirkung, die seine Ausschließung von der Geschäftsführung auf seine eigene Beteiligung, z. B. durch Gefährdung des von ihm in dem Unternehmen angelegten Vermögens, haben kann. Unter Umständen kann von den Mitgesellschaftern auf Grund des bestehenden gegenseitigen Treueverhältnisses auch eine Mitwirkung zur Beseitigung bestehender Mißstände, durch die die einschneidende Maßregel des § 117 vermieden werden kann, verlangt werden, z. B. durch Änderung des Gesellschaftsvertrages, Übernahme einer Vertretung eines erkrankten Geschäftsführers — soweit sie diesen, auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen Interessen billigerweise zugemutet werden kann — (unter den gleichen Voraussetzungen auch Aushilfe durch einen nichtgeschäftsführenden Gesellschafter), Einführung der Gesamtgeschäftsführung, wenigstens für das betreffende Mitglied, Beschränkung seines Wirkungskreises. Unter Umständen kann einem geschäftsführenden Gesellschafter, insbesondere dem schuldigen Teil, zur Vermeidung der durch persönliche Feindschaft vei ursachten Störungen auchzugemutet werden, seine Geschäftsführungsbefugnisse durch Bevollmächtigte (Treu-, häuder) auszuüben, den übrigen kann dann auch zugemutet werden, sich damit einverstanden zu erklären; RG. vom 21. August 1940 II 25/40 = SeuflA. 95 Nr. 2; ferner vom 27. Juni 1940 RG. 164, 257. Nur wenn dieser Weg nicht zum Ziele führt, obwohl der betreffende Gesellschafter auch seinerseits zur Beseitigung der Mißstände, etwa durch geeignete Vorschläge, beigetragen hat, kann unter Umständen der wichtige Grund gegeben sein. Den Mitgesellschaftern wird ein Entgegenkommen freilich nur zugemutet werden können, wenn dies der Billigkeit, also Treu und Glauben, entspricht. Dies kann im Einzelfall durch die Schwere der Verfehlungen des Gesellschafters, etwa seine große Unverträglichkeit oder schwere Beleidigungen gegenüber den Mitgesellschaftern ausgeschlossen sein. Anm. 8. Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, daß gewisse T a t s a c h e n wie Krankheit, Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes s t e t s e i n e n w i c h t i g e n Grund bilden oder daß sie ihn nicht bilden. Namentlich kann dies für den Fall kürzerer oder längerer Verhinderung (durch Krankheit oder andere Ursachen) vereinbart werden. Die Vereinbarung ist besonders zugunsten der Gründer des Unternehmens üblich. Regelmäßig sieht dann schon der Gesellschaftsvertrag eine Abhilfe vor, z. B. durch Einstellung von Ersatzkräften, dann wird auch meist in Wirklichkeit ein wichtiger Grund gar nicht vorliegen. Die Einschränkung des Entziehungsrechts darf aber nicht zu einer schweren Gefährdung der Belange der Gesellschaft führen. So kann die Ausschließung der Entziehung wegen Krankheit bis zu bestimmter Dauer r e g e l m ä ß i g keinen wichtigen Grund darstellen; sie kann aber nach der besonderen Lage des Einzelfalls wegen Hinzutritts anderer Tatsachen doch ein solcher werden, dann liegt in den Gesamtumständen des Falls der wichtige Grund. Die Beschränkung darf auch nicht gegen die g u t e n S i t t e n (§ 138 BGB.) verstoßen, insbesondere die Berufung darauf dem Begünstigten nicht den Weg zu einem die Gesellschaft schwer schädigenden Mißbrauch ebnen; vgl. RG. in JW. 1935, 696. Anm. 9. Die v o l l k o m m e n e A u s s c h l i e ß u n g des E n t z i e h u n g s r e c h t s widerspricht dem Zweck der Vorschrift und ist deshalb unzulässig, wenn der Vertrag nicht einen anderen Ausweg bietet, etwa durch Einräumung eines vertraglichen Übernahmerechts an die Mitgesellschafter; RG. in JW. 1935, 696; Schlegelberger Anm. 14; Düring.-Hach. Anm. 8. Anm. 10. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis kann nur solange erfolgen, als eine Gesellschaft und eine Geschäftsführungsbefugnis des Gesellschafters besteht; daher ist sie nicht mehr möglich und ein dahingehender Antrag abzuweisen, wenn (auch während des Prozesses) die Gesellschaft aufgelöst wird und damit die Liquidatoren an die Stelle der geschäftsführenden Gesellschafter getreten sind oder wenn das Amt des einzelnen Gesellschafters etwa wegen Aufgabe des Geschäftszweiges, für den er allein bestellt ist, hinfällig geworden ist; OLG. Celle im Recht 1905, 22; RG. in JW. 26, 553.

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§ 117 I- Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 11—14 Der wichtige Grund muß im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz vorhanden sein, also in diesem Zeitpunkt die Entziehung rechtfertigen. Anm. 11. Die E n t z i e h u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s k a n n n u r auf A n t r a g der ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r erfolgen. Es müssen alle übrigen Gesellschafter den Antrag stellen, auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen. Die Mitwirkung aller übrigen Gesellschafter ist auch nicht bei G e f a h r im Verzug entbehrlich. Auch bei unbegründeter Verweigerung der Mitwirkung einzelner Gesellschafter fehlt es an einer sachlichen Voraussetzung derEntziehung, an dem Willensentschluß der Gesamtheit der übrigen Gesellschafter. Dies gilt auch dann, wenn die Stellung des Antrages offensichtlich im Interesse der Gesellschaft liegt; a. A. Böhm in DJZ. 28, 936. Der einzelne Gesellschafter hat nach freiem, aber pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er die Entziehung im Gesellschaftsinteresse für geboten hält; ebenso Schlegelberger Anm. 6; vgl. Hueck, Treugedanke, S. 87/88. Der Ansicht von Hueck, oHG. S. 81, der auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Verpflichtung zur Mitwirkung des einzelnen Gesellschafters bei der Klageerhebung allgemein verneint, kann nicht beigetreten werden. Das freie Ermessen entscheidet wohl, ob ein wichtiger Grund vorliegt, der die Ausschließung von der Geschäftsführung erfordert. Aber die Entscheidung muß so erfolgen, wie es die Belange der Gesellschaft gebieten. Liegen im Einzelfall Tatsachen vor, durch die die Gefährdung der Gesellschaft als nicht dringend anzusehen ist, so kann allerdings der einzelne Gesellschafter von seiner Mitwirkung absehen, weil nach seiner pflichtgemäßen Prüfung eben kein wichtiger Grund gegeben ist. Stellt die Verweigerung der Mitwirkung einen Rechtsmißbrauch dar, so können die übrigen Gesellschafter gegen den Widerspenstigen in einem besonderen Rechtsstreit auf Mitwirkung klagen. Dann ersetzt die rechtskräftige Verurteilung dieses Gesellschafters seinen Antrag; K a e r g e r in DJZ. 28, 1074. Unter Umständen kann die Weigerung auch einen Entziehungsantrag nach § 117 oder eine Ausschließungs- oder Übernahmeklage nach § 133, 140, 142 gegen ihn begründen. Soll mehreren geschäftsführenden Gesellschaftern die Befugnis entzogen werden, so genügt der Antrag der noch übrig bleibenden Gesellschafter. Deshalb kann auch ein einziger Gesellschafter den Antrag gegen alle anderen oder den einzigen Mitgesellschafter stellen. In eine-m Rechtsstreit kann die Klage gegen mehrere Gesellschafter nur erhoben werden, wenn die Klage gegen alle Beteiligten auf den gleichen oder wenigstens innerlich zusammenhängenden Gründen beruht, z. B. bei beiden Beklagten Unfähigkeit zur Geschäftsführung oder doch bei dem einen Unterschlagung, beim andern Mitverschulden daran vorliegt; nicht aber, wenn bei einem Unfähigkeit, beim andern Pflichtverletzung vorliegt; denn in dem letzten Fall würde es daran fehlen, daß nicht alle klagen, bei denen der einzelne Ausschließungsgrund nicht geltend gemacht wird; vgl. Hueck S. 82. Auch eine Verbindung selbständig erhobener Klagen kann in diesem Falle nicht erfolgen. Eine Klage braucht nicht erhoben zu werden gegen den, der den Ausschließungsgrund anerkennt und daran bis zuletzt festhält. Er stimmt damit seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung zu, was jederzeit vereinbart werden kann. Anm. 12. Der Antrag ist ein r e c h t s c h a f f e n d e r Akt. Er bewirkt im Zusammenhang mit dem Urteil die Änderung des Gesellschaftsvertrags hinsichtlich der Geschäftsführung der Gesellschaft. Er ist aber auch ein prozeßrechtlicher Vorgang, indem er das Entziehungsverfahren in Gang setzt. Anm. 18. Die Entziehung erfolgt durch gerichtliches Urteil. Daher muß dem Urteil eine Klage nach den Regeln der ZPO. vorhergehen. Durch die Klageerhebung wird der Antrag gestellt. Alle übrigen Gesellschafter müssen die Klage erheben. Sie sind Kläger, nicht die Gesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, daß die Stellung des Antrags mit Mehrheit der übrigen Gesellschafter beschlossen werden kann. Dann müssen die überstimmten Gesellschafter sich diesem Beschluß fügen und ebenfalls Prozeßvollmacht erteilen. Sie können darauf auch in einem besonderen Rechtsstreit verklagt werden; Wieland I 575; Schlegelberger Anm. 8,15. Es genügt ein vorläufig vollstreckbares Urteil, um die Entziehungsklage zu erheben; Schlegelberger Anm. 8. Anm. 14. Der K l a g e a n t r a g hat dahin zu lauten, daß dem betreffenden Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird. Da bei den Personengesellschaften

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 117 Anm. 15—1» Geschäftsführung und Vertretung scharf zu unterscheiden sind, muß sich aus dem Antrag oder dessen Begründung (und jedenfalls aus dem Urteil) ergeben, ob die eine oder andere Befugnis entzogen werden soll. Durch Auslegung des Antrages ist — bei Zweifeln nach Ausübung des richterlichen Fragerechts — festzustellen, ob ein Antrag auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sich auch auf die Entziehung der Vertretung erstrecken soll. Anm. 15. Es ist nicht erforderlich, daß der Entziehungsantrag u n v e r z ü g l i c h gestellt wird, nachdem der wichtige Grund eingetreten ist und alle übrigen Gesellschafter von ihm Kenntnis erhalten haben. Oft wird aber längeres Zuwarten mit der Klage nach den allgemeinen Grundsätzen über die Verwirkung eines Anspruchs den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründen (wegen des Einwandes der Verwirkung im allgemeinen vgl. u . a . RG. 155, 151; in JW. 1937, 2267'). Verzögerte Klageerhebung kann ein Anzeichen dafür sein, daß die geltend gemachte Tatsache kein wichtiger Grund ist. Anm. 16. E i n e r Klage u n d eines r e c h t s g e s t a l t e n d e n U r t e i l s b e d a r f es n i c h t , wenn der Gesellschafter die Entziehung seiner Geschäftsführungsbefugnis als berechtigt a n e r k e n n t . Damit stimmt er der Änderung des Gesellschaftsvertrages zu. Ein öffentliches Interesse oder ein sonstiger zwingender Grund dafür, daß auch in diesem Falle die Entziehung der Befugnis durch Urteil ausgesprochen wird, besteht nicht; RG. 146, 169 (172) (zu §140 HGB.). Anm. 17. S c h e i d e t der G e s e l l s c h a f t e r vor E r l a s s u n g des U r t e i l s aus d e r G e s e l l s c h a f t aus oder endet seine Geschäftsführungsbefugnis aus anderem Grunde, etwa durch Ablauf der Zeit, für die er bestellt war, so ist damit der Antrag erledigt. Anm. 18. Der E n t z i e h u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s s t e h t n i c h t e n t g e g e n , d a ß der B e k l a g t e der einzige G e s c h ä f t s f ü h r e r der G e s e l l s c h a f t i s t , sei es deshalb, weil von Anfang an nur einer vorhanden war, sei es deshalb, weil die anderen schon vorher aus der Geschäftsführerstellung ausgeschieden sind. Deshalb kann auch gegen alle geschäftsführenden Gesellschafter gleichzeitig der Entziehungsantrag durch die übrigen gestellt werden; a. M. Schlegelberger Anm. 10. Allerdings muß jemand da sein, der die Geschäfte der Gesellschaft führt. Aber deshalb muß nicht ein Gesellschafter in seiner Stellung als Geschäftsführer belassen werden, der die Belange der Gesellschaft gerade durch seine Tätigkeit schädigt. Es können auch alle Gesellschafter aus einem anderen Grunde, z. B. durch Tod oder Amtsniederlegung wegfallen. Sieht der Gesellschaftsvertrag nicht für diesen Fall einen Ersatz vor, so können die Gesellschafter durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages für Ersatz sorgen. Aus dem Gesellschaftsverhältnis ergibt sich auch die Verpflichtung aller Gesellschafter, bei einer solchen Änderung mitzuwirken. Führt dieser Weg etwa wegen Uneinigkeit der Gesellschafter nicht zum Ziel, so bleibt unter Umständen nur die Auflösung der Gesellschaft oder die Ausschließung einzelner widerstrebender Gesellschafter aus wichtigem Grunde, §§ 133ff., übrig. Daß bei Wegfall aller geschäftsführenden Gesellschafter durch zwangweise Entziehung ihrer Befugnisse die gesetzliche Regel der §§ 114,115 in Wirksamkeit tritt, also alle Gesellschafter, und zwar jeder allein, geschäftsführungsberechtigt sein soll, wird regelmäßig nicht dem Willen der Gesellschafter entsprechen. Haben sie einzelne zu Geschäftsführern bestellt und damit die anderen ausgeschlossen, so wollten sie nicht, daß diese an der Geschäftsführung überhaupt teilnehmen. Würden diejenigen, denen die Geschäftsführung durch Urteil entzogen ist, doch neben allen anderen, Geschäftsführer bleiben, so würde dies dem Zweck der Entziehung widersprechen. Im Einzelfall kann sich aus dem Gesellschaftsvertrage, auch durch Vertragsauslegung, etwas anderes ergeben, etwa daß alle nicht ausgeschlossenen bis auf weiteres Gesamtgeschäftsführer sein sollen. Anm. 19. Mit der Entziehungsklage kann fürsorglich, d. h. für den Fall, daß ihr nicht stattgegeben wird, der A n t r a g auf A u f l ö s u n g der G e s e l l s c h a f t , auf Ausschließung des verklagten Gesellschafters oder auf Erteilung der Ermächtigung zur Übernahme des Geschäfts verbunden werden; §§ 133ff., 140, 142. Es ist immerhin möglich, daß der Entziehungsantrag für unbegründet angesehen wird, weil mit Rücksicht auf das Interesse des Beklagten an der Teilnahme an der Geschäftsführung die Ent-

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§ 117 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 20—24 ziehung unbillig ist, während eine alle Gesellschafter gleichmäßig treffende Auflösung oder eine der genannten anderen Änderungen gerechtfertigt erscheinen. Umgekehrt kann mit der Auflösungsklage usw. fürsorglich der Antrag auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis verbunden werden. Auch der Beklagte kann, wenn der Entziehungsantrag für gerechtfertigt angesehen wird, durch W i d e r k l a g e die Auflösung der Gesellschaft beantragen. Wenn durch die Entziehung seine Belange schwer beeinträchtigt werden, kann darin ein wichtiger Grund im Sinne des § 133 liegen. Auch kann er eine Widerklage nach §§ 133ff., 140, 142 auf andere Tatsachen stützen; vgl. auch Anm. 26. Anm. 20. Ein a u s s c h l i e ß l i c h e r Gerichtsstand besteht für die Klage nicht. Sie kann im Gerichtsstand der Gesellschaft oder im allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten erhoben werden; §§12, 22 ZPO. Anm. 21. Im Rechtsstreit sind die Kläger n o t w e n d i g e S t r e i t g e n o s s e n . Die mit der Klage erstrebte Änderung des Gesellschaftsverhältnisses kann nur allen Gesellschaftern gegenüber einheitlich erfolgen; §§ 62, 322 ZPO.; Wieland I 575; RG, 122, 315; 146, 173. Verurteilung kann nur erfolgen, wenn bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz alle übrigen Gesellschafter den Antrag aufrechterhalten, also die Vertragsänderung noch wollen. Fehlt es von Anfang an an der Mitwirkung aller übrigen Gesellschafter oder hat einer den Antrag in z u l ä s s i g e r Weise z u r ü c k g e n o m m e n , so fehlt es an einer sachlichrechtlichen Voraussetzung für die Entziehungsklage. Die Klage ist dann als unbegründet, nicht als nur prozeßrechtlich unzulässig abzuweisen. Jedoch kann eine neue Klage erhoben werden, wenn der wichtige Grund noch fortdauert und nunmehr alle übrigen Gesellschafter mitwirken. Anm. 22. Die Z u r ü c k n a h m e des A n t r a g e s ist wie der Widerruf einer Abstimmung nur aus wichtigem Grunde zulässig; §115 Anm. 21; § 116 Anm. 5. Eine unzulässige Zurücknahme ist nicht zu beachten; a. A. Hueck S. 83. In der Zurücknahme des Antrages kann ein V e r z i c h t nur auf Geltendmachung des wichtigen Grundes liegen. Ein solcher Verzicht ist zulässig. Eine Wiederholung der Klage ist dann unmöglich. Anm. 28. Die Kläger haben die klagebegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen. Wird die Klage auf eine Schädigung der Gesellschaft durch die Art der Geschäftsführung gestützt, so gelten die Beweisregeln sinngemäß, die für eine Schadensersatzklage der Gesellschaft von der Rechtsprechung entwickelt worden sind; vgl. § 116 Anm. 21. Anm. 24. Das Urteil muß dahin lauten, daß dem verklagten Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird. Da es sich um eine außerordentliche Befugnis des Richters zum Eingriff in ein Vertragsverhältnis handelt, ist eine darüber hinausgehende Umgestaltung durch Richterspruch nicht zulässig. Es kann also z. B. nicht durch Urteil die Geschäftsführungsbefugnis einem anderen Gesellschafter übertragen werden; Hueck S. 84; a. A. Wieland S. 576 Anm. 80. Es kann zwar auf weniger als das Beantragte (ein minus), nicht aber auf etwas anderes (ein aliud) erkannt werden. Letzteres ist nur möglich, wenn ein entsprechender Hilfsantrag vorliegt oder der Klageantrag im Sinne eines solchen auszulegen ist. Aus den Besonderheiten des Gesellschaftsrechts ergibt sich kein Hindernis für eine Entscheidung, die weniger zuspricht als beantragt ist. Oft wäre den Belangen der Gesellschaft gedient, wenn statt der Entziehung im ganzen nur auf eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis, etwa auf einen bestimmten Geschäftszweig oder der Einzelbefugnis auf Gesamtbefugnis erkannt würde; ebenso Wieland I 576 Anm. 58; Schlegelberger Anm. 3; RG. in JW. 1935, 696 für offene Handelsgesellschaft; nicht für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft: Warn. 1913, 66; a. A. auch für oHG.; Düring.-Hach. Anm. 8; Hueck S. 84; Ritter Anm. 2; Schwarz Anm. 5. Es ist aber auch Pflicht des Richters, die Beteiligten auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zu geben, darzutun, daß sie an einer bloßen Beschränkung der Befugnisse kein Interesse haben. Bei der Entscheidung über die Beschränkung der Befugnisse sind auch die Belange des betroffenen Gesellschafters zu beachten. Der Gesellschafter ist nicht unbedingt verpflichtet, die beschränkten Befugnisse auszuüben. Die Beschränkung k a n n für ihn ein wichtiger Grund zur Niederlegung seiner Geschäftsführungsbefugnis oder zu einer Auflösungsklage sein; vgl. Anm. 31; Hueck S. 84.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 117 Anm. 25, 86 Liegt der gesetzliche Tatbestand vor, so ist das Gs rieht auch verpflichtet, auf Entziehung der Gsschäftsführungsbefugnis zu erkennen; Diiring.-Hach. Anm. 8; Ritter Anm. 4; Hueck S. 83. Anm. 25. Die sachlich-rechtliche Wirkung des Urteils besteht darin, daß die Geschäftsftthrungsbefugnis des betroffenen Gesellschafters aufhört. Das Urteil hat somit rechtsgestaltonde Wirkung; RG. in JW. 1926, 553*. Diese Wirkung tritt jedoch erst mit der Rechtskraft des Urteils (mit der Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs, vgl. unten Anm. 30) ein. Ein bloß vorläufig vollstreckbares Urteil hat diese Wirkung nicht; ebenso Schlegelberger Anm. 9. Anm. 28. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis kann ü b e r i h r e n I n h a l t h i n a u s g e h e n d e W i r k u n g e n h a b e n . Sie kann wie für den betroffenen (vgl. Anm. 19) auch für andere Gesellschafter einen wichtigen Grund zu einer Auflösungs-. oder Ausschließungsklage bilden, etwa weil gerade die Mitwirkung dieses Gesellschafters für sie von besonderer Wichtigkeit war und den Grund zum Beitritt zur Gesellschaft bildete, und weil durch den Ausfall seiner Mitwirkung das Unternehmen benachteiligt wird. Durch den Wegfall des einen Geschäftsführers kann die Arbeitslast und Verantwortung der anderen erheblich gesteigert werden. Dieser Umstand kann für die Betroffenen nach Lage des Falles auch einen wichtigen Grund zur Amtsniederlegung bilden. Sind neben dem aus der Geschäftsführung ausscheidenden Gesellschafter noch andere Geschäftsführer vorhanden, die ohne den ausscheidenden handeln dürfen, so ändert sich an deren Befugnissen nichts. War G e s a m t s c h ä f t s g e f ü h r u n g angeordnet, so kann die Entziehung der Befugnis des einzelnen zugleich einen anderen Geschäftsführer, der ohne ihn nicht handeln darf, in seiner Tätigkeit lahmlegen. Es entspricht regelmäßig nicht dem Willen der Gesellschafter, daß dann der verbleibende Geschäftsführer allein zur Geschäftsführung befugt sein soll oder daß er mit einem noch vorhandenen von der Geschäftsführung schon bisher, etwa wegen Alters oder Unfähigkeit, ausgeschlossenen nunmehr zusammen, etwa als Gesamtgeschäftsführer tätig sein soll, oder daß an Stelle der vertraglichen nunmehr die gesetzliche Regelung treten soll (vgl. RG. 103, 417; 116,117 für den Fall des Wegfalls der Vertretungsmacht); ebenso Hueck S. 84; Dür.-Hach. Anm. 10; Wieland S. 376. Enthält der Gesellschaftsvertrag nicht für diesen Fall eine Regelung, läßt sich eine solche auch nicht durch Vertragsauslegung feststellen, so ergibt sich aus dem bestehenden Treueverhältnis die gegenseitige Verpflichtung aller Gesellschafter an einer Neuordnung durch Änderung des Gesellschaftsvertrags mitzuwirken. Nach Lage des Einzelfalls kann auch stillschweigend als vereinbart angesehen werden, daß die Regelung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten erfolgen soll. Geschieht dies nicht, so kann nach dem Grundgedanken des § 315 BGB. die Regelung durch Urteil erfolgen; Hueck S. 85; Schlegelberger Anm. 12; Wieland S. 576 Anm. 60; vgl. auch RG. in JW. 1924, 671«. Kann § 315 BGB. nicht Anwendung finden, so kann das Gericht im Entziehungsprozeß auch auf Antrag aller Gesellschafter nicht aussprechen, wie die Lücke in der Geschäftsführung auszufüllen sei; denn dies geht über die Aufgabe des Prozeßrichters hinaus. Die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte kann durch Vereinbarung der Parteien nicht erweitert werden; a. M. Schlegelberger Anm. 12. Wohl aber kann einem S c h i e d s g e r i c h t die Ausfüllung der Lücke übertragen werden. E i n f l u ß der E n t z i e h u n g auf die A r b e i t s v e r g ü t u n g des G e s e l l s c h a f t e r s . War dem Gesellschafter für seine Tätigkeit als Geschäftsführer eine besondere feste Vergütung oder eine erhöhte Gewinnbeteiligung im Gesellschaftsvertrage oder durch besonderen Beschluß der Gesellschafter bewilligt, so fällt der Anspruch auf die Vergütung regelmäßig weg, insbesondere wenn die Entziehung auf einem Verschulden des Gesellschafters beruht. Im Falle des Verschuldens hat er der Gesellschaft auch den durch sein Verhalten und den dadurch bedingten Wegfall seiner Tätigkeit entstandenen Schaden, z. B. die Kosten für die Einstellung einer Hilfskraft, zu ersetzen. Auch den Mitgesellschaftern hat er für die Vermehrung ihrer Arbeit Ersatz zu leisten; ROHG. 4, 380. Auch wenn er keinen Anspruch auf eine besondere Vergütung hat, so kann zwar nicht ohne weiteres eine Änderung der Gewinnbeteiligung erfolgen; er kann aber doch zum Schadensersatz verurteilt werden, z. B. zum Ersatz der Aufwendungen für ein-

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§117 I. Abschnitt: Olfene Handelsgesellschaft Anm. 27—29 gestellte Hilfskräfte. Auch bei unverschuldeter Unmöglichkeit der Arbeitsleistung verliert er den Anspruch auf die b e s o n d e r s v e r e i n b a r t e Vergütung, § 323 BGB., wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes ergibt, etwa deshalb, weil mit dem Ausfall der Tätigkeit eines (älteren) Gesellschafters von vornherein gerechnet wurde. Anm. 27. Die Befugnis zur Geschäftsführung kann einem Gesellschafter auch durch einstweilige Verfügung entzogen werden, wenn die allgemeinen prozeßrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Maßregel gegeben sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn die besonderen Voraussetzungen des §117 nicht gegeben sind, so z.B.wenn es nach Erhebung einer Auflösungs- oder Ausschließungs- oder Übernahmeklage oder einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Gesellschaft zur Verhütung von Veränderungen im Vermögensbestande der Gesellschaft oder zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das Gericht bestimmt dann n a c h f r e i e m E r m e s s e n die Maßnahmen, die zur Erreichung des Zweckes der Verfügung erforderlich sind. Es kann auch einen Dritten als Geschäftsführer einsetzen; §§935ff. ZPO.; RG. in LZ. 1914, 113411; RG. 22, 170; im Recht 1909 Nr. 741; RGSt. 45, 387. Die durch die Geschäftsführung eines Dritten entstandenen Kosten, insbesondere die vereinbarte oder angemessene Vergütung des Geschäftsführers, hat die Gesellschaft an den Geschäftsführer zu leisten; RG. 22, 170. Der Antrag auf einstweilige Verfügung ist, falls er zur Sicherung eines Antrages nach § 117, §§ 127 oder 140 dienen soll, von allen übrigen Gesellschaftern, im Falle der §§ 133 und 142 von den Klägern zu stellen. Ist einer der Antragsberechtigten tatsächlich verhindert, so können auch die übrigen allein den Antrag stellen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß auch der Fehlende bei Kenntnis der Sachlage den Antrag gestellt hätte. Dies ergibt sich aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, wesentliche Nachteile zu verhindern; Hueck S. 83. Anm. 28. Die E i n t r a g u n g der E n t z i e h u n g in das H a n d e l s r e g i s t e r f i n d e t n i c h t s t a t t , da auch die gesetzliche oder vertragliche Vereinbarung über die Geschäftsführung nicht eingetragen wird. Anm. 29. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluß der Gesellschafter. Die Vorschrift des § 117, wonach die Entziehung durch rechtsgestaltendes Urteil zu erfolgen hat, enthält kein z w i n g e n d e s R e c h t . § 117 weicht zwar von der Vorschrift des § 712 BGB. ab, nach dem bei der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft die Entziehung durch regelmäßig einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter geschieht und der Beschluß schon mit seiner Bekanntgabe die Rechtsänderung herbeiführt. Die Abweichung erklärt sich aus der größeren Wichtigkeit der Geschäftsführerstellung bei der offenen Handelsgesellschaft und dem sich daraus ergebenden Bedürfnis nach einem stärkeren Rechtsschutz des geschäitsführenden Gesellschafters. Die Abweichung ist aber nicht durch das Wesen der offenen Handelsgesellschaft bedingt. Auch sonst ergibt sich nichts für den zwingenden Charakter der Vorschrift. Insbesondere stehen Belange der Allgemeinheit nicht in Frage. Die Geschäftsführung ist eine innere Angelegenheit der Gesellschafter. Sie können sie im Gesellschaftsvertrag beliebig regeln. Sie können einzelne Gesellschafter von vornherein von der Geschäftsführung ausschließen. Sie können die Dauer der Befugnis des einzelnen von vornherein zeitlich begrenzen oder von dem Eintritt eines künftigen ungewissen Ereignisses abhängig machen. Im Gesellschaftsvertrag kann auch die p e r i o d i s c h e W a h l der G e s c h ä f t s f ü h r e r und ein T u r n u s f ü r ihr A u s s c h e i d e n und den Eintritt anderer Gesellschafter in ihre Stellung vereinbart werden. Selbst die Mitgliedschaft einzelner Gesellschafter kann durch den Vertrag zeitlich begrenzt oder an eine auflösende Bedingung geknüpft werden. Den übrigen Gesellschaftern kann das Recht eingeräumt werden, einem der Gesellschafter seine Beteiligung zu kündigen, deshalb kann auch die Vereinbarung der Kündigung oder der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis — auch ohne Grundangabe — durch die übrigen Gesellschafter nicht unzulässig sein. Es ist auch vom Standpunkt der Interessen des einzelnen Gesellschafters kein Grund ersichtlich, weshalb er sich nicht ebenso wie sonst, etwa bei Aufnahme neuer Mitglieder oder bei der Abstimmung in Gesellschaftsangelegenheiten, einem Beschlüsse der übrigen Gesellschafter sollte unterwerfen können. Insbesondere ist nicht erkennbar, weshalb die Gesellschafter nicht von vornherein die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grunde durch Beschluß der übrigen Mitglieder sollten vereinbaren können. Wie bei der

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 117 Anm. 80, 31 bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft hätte dann der Richter das Bestehen des wichtigen Grundes im Streitfalle zu prüfen. Aber auch bei Zulassung der Entziehung ohne Grundangabe, also der Kündigung mit sofortiger Wirkung, die auch sonst im Rechtsleben vereinbart werden kann, wäre der Gesellschafter nicht schutzlos. Es blieben ihm, wie auch bei sonstigen vereinbarten fristlosen Kündigungen, immer noch die allgemeinen Einwendungen aus dem bürgerlichen Recht, z. B. daß der Vertrag oder die einzelne Bestimmung gegen die guten Sitten, § 138 BGB., oder daß die Ausübung des Ausschließungsrechts nach der Lage des Falles gegen Treu und Glauben verstoße; § 242 BGB. Über diese Einwendungen und auch über die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des Beschlusses, z. B. über die Einhaltung der etwa im Vertrag vorgeschriebenen Form der Entziehung, hat auch in diesem Falle der Richter zu entscheiden; für Zulässigkeit einer solchen Regelung auch: Wieland I 578 Anm. 61; Schreiber, KommG. a. Aktien, S. 112; Hueck, Gesellschafterbeschlüsse, S. 720; Schlegelberger Anm. 17, 18; RG. II 105/31 vom 24. November 1931; jetzt auch für die Zulässigkeit der Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluß der übrigen Gesellschafter (§ 140) RG. II 149/37 vom 23. März 1938 in Akad. Zschr. 1938, 818 mit Anm.; und für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis RG. in DR. 1940, 621«; a. M. Schwarz Anm. 2. Die Entziehung kann auch durch M e h r h e i t s b e s c h l u ß der übrigen Gesellschafter geschehen, wenn ein Mehrheitsbeschluß für diesen Fall im Gesellschaftsvertrag unzweideutig zugelassen ist; vgl. § 119. U n z u l ä s s i g ist dagegen die V e r e i n b a r u n g , daß der Rechtsweg überhaupt ausgeschlossen sein soll, da dies der öffentlichen Ordnung widersprechen würde; RG. a. a. O.; Hueck S. 720; Ritter Anm. 5; Schlegelberger Anm. 17. Anm. 80. Es kann vereinbart werden, daß die Entscheidung durch ein S c h i e d s g e r i c h t zu erfolgen hat; vgl. §§ 1025ff. ZPO.; RG. 71, 254 (zu § 133). Einem Schiedsgericht oder einem Dritten kann, auch für den Fall von Streitigkeiten unter den Gesellschaftern, die Neuordnung der Geschäftsführung (oder der Vertretung) nach billigem Ermessen übertragen werden, auch wenn dadurch einem bisherigen geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird; RG. vom 20. Dezember 1939, II 95/39 = HRR. 1940 Nr. 1074. Anm. 31. Die Niederlegung der Geschäftsführung durch einen geschäftsführenden Gesellschafter ist mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter jederzeit zulässig. Im Gesellschaftsvertrag kann auch dem Geschäftsführer das Recht eingeräumt werden, jederzeit oder unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. nach Erreichung eines bestimmten Alters oder nach Einhaltung einer Kündigungsfrist das Amt niederzulegen. Im übrigen ist die Niederlegung regelmäßig nicht zulässig, da ein Gesellschafter sich nicht einseitig von einer Vertragsverpflichtung befreien kann. Nur bei Vorliegen eines w i c h t i g e n G r u n d e s kann der Geschäftsführer sein Amt e i n s e i t i g niederlegen. Eine besondere Vorschrift hierüber enthält das HGB. nicht. Für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft bestimmt § 712 Abs. 2 im Anschluß an die in Abs. 1 daselbst ausgesprochene Befugnis der übrigen Gesellschafter, einem Gesellschafter die ihm durch den G e s e l l s c h a f t v e r t r a g ü b e r t r a g e n e Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen, daß der Gesellschafter seinerseits kündigen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Daraus wurde schon bisher auch für die offene Handelsgesellschaft die Befugnis der Geschäftsführer zur Amtsniederlegung aus wichtigem Grunde ohne Einschränkung abgeleitet; u . a . : Wieland I 575 Anm. 57; Schreiber, KommG. a. Aktien, 116. Von anderer Seite wurde mit Rücksicht auf den Inhalt des § 712 Abs. 1 auch die Kündigung des Gesellschafters nur zugelassen, wenn die Geschäftsführung einzelnen Gesellschaftern durch den Gesellschaftsvertrag übertragen war; so Knoke S. 66. Ritter Anm. 4 lehnt das Kündigungsrecht ab, wenn durch den Gesellschaftsvertrag die der Regel des § 712 BGB. entsprechende Gesamtgeschäftsführungsbefugnis eingeführt ist. Eine solche Einschränkung besteht für die offene Handelsgesellschaft aber nicht. Sie würde auch den besonderen Bedürfnissen der offenen Handelsgesellschaft nicht entsprechen, die als Handelsunternehmen kein Interesse daran hat, einen Geschäftsführer trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes für eine Amtsniederlegung in seiner Stellung festzuhalten, gleichgültig, auf welchem Wege er in seine Stellung gelangt ist; ebenso Hueck S. 88.

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§ § 117, 118 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 82—84, Anm. 1—4 Als wichtige Gründe kommen namentlich in Betracht: nicht zu beseitigende Zerstörung des Vertrauens unter mshreren Geschäftsführern, aber auch persönliche Verhältnisse des Kündigenden, z. B. Krankheit. Anm. 82. Auf das Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde kann seiner Natur nach nicht verzichtet werden. Das Kündigungsrecht darf nicht zur Unzeit ausgeübt werden. Anm. 83. Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie muB allen Gesellschaftern zugehen, auch damit sie anderweit Vorsorge treffen können. Um diese Vorsorge zu ermöglichen, ist es auch zulässig, die Kündigung auf einen angemessenen späteren Zeitpunkt auszusprechen. Die Kündigung wird schon durch deren Zugehen wirksam, wenn sie nicht auf einen späteren Zeitpunkt erklärt ist. Das Urteil, das über ihre Rechtmäßigkeit entscheidet, hat nur feststellende, nicht rechtschaffende Wirkung. Anm. 84. Die Kündigung eines geschäftsführenden Gesellschafters kann ähnliche Wirkungen haben, wie die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis (Verlust des Vergütungsanspruchs, aber auch Schadensersatzanspruch des kündigenden Geschäftsführers bei Verschulden von Mitgeschäftsführern oder Gesellschaftern, Auflösungs- und Ausschließungsklagen von Mitgesellschaftern); vgl. Anm. 26. Durch den Gesellschaftsvertrag kann das Kündigungsrecht des geschäftsführenden Gesellschafters auch erweitert werden; z. B. kann es ihm für den Fall des Eintritts eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses unbedingt eingeräumt werden. Es kann ihm auch das Recht zur Niederlegung der Geschäftsführung zu jeder Zeit oder unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gewährt werden.

§ H 8 Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Handelsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Bilanz anfertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Anm. 1. § 118 regelt nach dem Vorbilde des Art. 105 ADHGB. das Recht der einzelnen Gesellschafter zur U n t e r r i c h t u n g über die Angelegenheiten der Gesellschaft ( P r ü f u n g s - oder K o n t r o l l r e c h t ) . Die Vorschriften stimmen im wesentlichen mit § 716 BGB. überein. Anm. 2. Alle Gasellschafter haben das in Abs. 1 umschriebene Recht, auch die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen; für diese ist es sogar hauptsächlich von Bedeutung, da die an der Geschäftsführung bateiligten Gesellschafter, wenn ihre Befugnisse nicht auf einen Teil der Geschäfte beschränkt sind, sich schon durch ihre Tätigkeit über die Gasellschaftsangelegenheiten ausreichend unterrichten können. Anm. 8. Das Prüfungsrecht besteht, solange die Mitgliedschaft dauert; auch nach Auflösung der Gesellschaft im Zustande der Abwicklung; RG. in LZ. 32, 693; KG. im Recht 1936 Nr. 337. A u s g e s c h i e d e n e Gesellschafter haben das Recht nicht, auch nicht die Erben eines verstorbenen Gesellschafters, wenn sie nicht selbst Gesellschafter werden; vgl. aber Anm. 17. Anm. 4. Da es sich um ein persönliches, mit der Mitgliedschaft verbundenes Recht, ein Mitverwaltungsrecht handelt, kann es ein Gesellschafter nicht ohne Zustimmung der übrigen, die auch im Gesellschaftsvertrage erteilt werden kann, abtreten; vgl. § 109, § 717 BGB. Es kann, wie die Mitgliedsrechte überhaupt, durch g e s e t z l i c h e V e r t r e t e r eines Gesellschafters oder durch den E h e m a n n einer G e s e l l s c h a f t e r i n auf Grund seines güterrechtlichen Verwaltungsrechts ausgeübt werden; RG. im Recht 1929 Nr. 1223;

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 118 Anm. 5—7 in LZ. 1930, 24611; DR. 1942, 279; vgl. auch RG. in Seuff.A. 83 S. 152; Schlegelberger Anm. 3. Eine unbeschränkte B e v o l l m ä c h t i g u n g eines Dritten würde auf eine Abtretung hinauskommen und ist deshalb ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter unzulässig (für unbeschränkte Übertragbarkeit anscheinend RG. in JW. 1927, 368»), Nur wenn einem Gesellschafter die persönliche Ausübung des Rechts, etwa wegen l ä n g e r d a u e r n der Krankheit oder Abwesenheit, unmöglich ist, muß ihm die Bestellung eines Bevollmächtigten gestattet sein; BayObLG. in BayObLGZ. 14, 605; RG. in SeuffA. 67 178; in HRR. 1929 Nr. 964; Schlegelberger Anm. 3. Der Gesellschafter darf einen Dritten als G e h i l f e n jedenfalls zuziehen, soweit er eine wirksame Kontrolle wegen fehlender Buchführungskenntnisse nicht allein vornehmen kann; ROHG. 7, 71; KGJ. 30 A 121; KG. in OLG.R. 1927, 397. Aber auch ohne den besonderen Nachweis, daß die Verweigerung der Zuziehung eines Sachverständigen der Vereitelung des Einsichtsrechts gleichkommen würde, darf der Gesellschafter sich regelmäßig der Mitwirkung eines Sachverständigen, auch eines anderen als eines Büchersachverständigen, bedienen; eine Ausnahme besteht nur, wenn die Zuziehung entweder völlig überflüssig ist oder wenn überwiegende Belange der Gesellschaft, z. B. der Pflicht zu Geheimhaltung im öffentlichen Interesse entgegenstehen; für beides ist die Gesellschaft darlegungs- und beweispflichtig; RG. 25, 88; RG.Urt. v. 27. 10. 41, II 94/41 = DR. 1942, 279; Seuff.A. 96 Heft 2. Der Gesellschafter, der den Dritten zuzieht, übernimmt damit die Verantwortung gegen Mißbrauch des an sich höchstpersönlichen Rechts durch den zugezogenen Dritten. Anm. 5. Bei Ausübung des Rechts sind Treu und Glauben und die k a u f m ä n nische V e r k e h r s s i t t e zu beachten; § 242 BGB.; OLGR. 27, '397. Deshalb darf der Gesellschafter als Bevollmächtigte oder Gehilfen nur Personen zuziehen, die die erforderliche Sachkenntnis besitzen (Bücher- und andere Sachverständige), vertrauenswürdig sind und nicht als Wettbewerber in Frage kommen; RG. 25, 88; JW. 1907, 523"; OLGR. 27, 398; KGJ. 30 A 121. Die Ausübung des Rechts darf nur zur Wahrung der Belange des Gesellschafters in dieser Eigenschaft, nicht zur Förderung eigenen Wettbewerbs geschehen; RG. 148, 278 = HRR. 1936 Nr. 12. Es ist auch auf den Betrieb des Unternehmens Rücksicht zu nehmen. Daher sind tunlichst die Geschäftsstunden einzuhalten. Durch die Ausübung des Rechts darf der Betrieb nicht gehemmt werden. Deshalb kann im Einzelfall gerade im Interesse des Betriebs die Büchereinsicht außerhalb der Geschäftszeit zweckmäßig sein. Auch die Verhältnisse des Gesellschafters können nach Treu und Glauben eine Abweichung vom Üblichen rechtfertigen; OLGR. 16, 90 u. 91. Anm. 6. J e d e r G e s e l l s c h a f t e r k a n n sich ü b e r alle A n g e l e g e n h e i t e n der G e s e l l s c h a f t u n t e r r i c h t e n , nicht nur über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes, sondern auch über außergewöhnliche Geschäfte und die sonstigen Angelegenheiten der Gesellschaft, z. B. über die Anlegung zur Zeit nicht werbenden Vermögens, über die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft. Er kann zu diesem Zwecke von den geschäftsführenden Gesellschaftern auch A u s k u n f t ü b e r b e s t i m m t e G e s c h ä f t e verlangen und E i n s i c h t in den B e t r i e b nehmen. Er kann aber weder eine r e g e l m ä ß i g e B e r i c h t e r s t a t t u n g noch eine vorherige Anzeige geplanter Geschäfte verlangen; RG. in LZ. 1914, 8507. Anm. 7. Das Recht auf Einsicht der Handelsbücher nnd der Papiere der Gesellschaft ist das wichtigste Mittel zur Unterrichtung des Gesellschafters. Es erstreckt sich auf alle Bücher und Papiere, in denen die Angelegenheiten der Gesellschaft beurkundet sind, auch wenn die Aufzeichnungen nicht in Bücher und Papiere der Gesellschaft, sondern in solche der geschäftsführenden Gesellschafter (Privatbücher, Geheimbücher) erfolgt sind. Dies gilt auch für Geschäfte, die ein Geschäftsführer auf eigenen Namen, aber auf Rechnung der Gesellschaft gemacht hat oder als auf Rechnung der Gesellschaft gemacht gegen sich gelten lassen muß, vgl. § 113, natürlich nur für den Teil der Privatbücher, in dem die Geschäfte beurkundet sind; RG. 103, 71; OLGR. 16, 90. Im Rahmen seines Auskunftsrechts kann der Gesellschafter von den geschäftsführenden Gesellschaftern auch Erläuterung des Inhalts der Bücher und Schriften, insbesondere zweifelhafter Stellen verlangen; RG. in JW. 1907, 523"; OLG. Hamburg in JW. 1921, 687. 10

HOB. Bd. n . (Weipert.) 2. Anfl.

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§ 118 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8—15 Anm. 8. Die Einsicht in die Bücher und Papiere kann regelmäßig nur an dem O r t e verlangt werden, an dem sie bei ordnungsmäßiger Geschäftsführung aufbewahrt werden, also regelmäßig in den G e s c h ä f t s r ä u m e n der Gesellschaft. Die Einsicht muß während einer zur sachgemäßen Prüfung a n g e m e s s e n e n Z e i t g e s t a t t e t werden; OLGR. 16, 90. Die H e r a u s g a b e der B ü c h e r u n d P a p i e r e kann nicht verlangt werden. Anm. 9. Zu den der Einsicht zugänglichen Gesellschaftspapieren gehört auch die von der Gesellschaft nach den allgemeinen Vorschriften des HGB. für alle Kaufleute vorgeschriebene Eröffnungsbilanz und die Jahresbilanz, §§ 38ff., ebenso die sonst vorgeschriebenen Bilanzen, so die Steuerbilanz und die nach den Währungsgesetzen aufzustellenden Bilanzen. Die vorzulegende Jahresbilanz ist nach diesen Vorschriften, § 41, von allen Gesellschaftern zu unterschreiben. Mit einer nur von den Geschäftsführern oder einem Prokuristen unterschriebenen Bilanz braucht ein Gesellschafter sich nicht zu begnügen; RG. 112, 25. Der einzelne Gesellschafter kann auch B e r i c h t i g u n g einer f e h l e r h a f t e n B i l a n z oder u n r i c h t i g e r B u c h e i n t r ä g e verlangen. Er kann die Erfüllung dieser Verpflichtung der geschäftsführenden Gesellschafter auch durch Klage gegen diese erzwingen; BuschA. 7, 349; OLG. Colmar in ElsLothZ. 1918, 228; vgl. auch RG. in HRR. 1928 Nr. 588; § 41 Anm. 3, 4. Gegen die die Prüfung und Büchereinsicht zu Unrecht verweigernden Gesellschafter kann Klage auf Duldung erhoben werden. Anm. 10, Der Auskunftsberechtigte hat k e i n e n A n s p r u c h auf E r t e i l u n g von A b s c h r i f t e n aus den Büchern und Papieren. Er kann sich aber an dem Aufbewahrungsort derselben Auszüge und Abschriften machen oder durch Hilfskräfte machen lassen. Anm. 11. Jeder Gesellschafter kann sich aus den Büchern und Papieren s e l b s t eine B i l a n z a n f e r t i g e n . Anm. 12. Das Prüfungsrecht besteht auch dann, wenn die geschäftsführenden Gesellschafter ihrer Rechenschaftspflicht genügt haben und die Bilanz von allen Gesellschaftern genehmigt und unterschrieben ist; RG. 148, 278 = HRR. 1936 Nr. 12. Anm. 13. Der einzelne Gesellschafter hat keine w e i t e r g e h e n d e n K o n t r o l l r e c h t e als sie in § 118 festgelegt sind. Weder der einzelne noch die Gesamtheit der Gesellschafter haben einen allgemeinen A n s p r u c h auf R e c h n u n g s l e g u n g . Die sich aus der Stellung der geschäftsführenden Gesellschafter ergebende R e c h e n s c h a f t s p f l i c h t erschöpft sich in der Regel in der Erfüllung der sich aus § 118 ergebenden Verpflichtungen und insbesondere in der Aufstellung einer ordnungsmäßigen Jahresbilanz. Die weitergehende Rechnungslegungspflicht im Sinne des § 259 BGB. (Verpflichtung zur Mitteilung einer die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltenden Rechnung und zur Vorlage der Belege) besteht in der Regel nicht. Nur unter besonderen Umständen kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine weitergehende Rechnungslegung und die Leistung des Offenbarungseides nach § 259 Abs. 2 BGB. verlangt werden; RG. in JW. 1927, 368». Anm. 14. Das Recht des einzelnen Gesellschafters auf Unterrichtung, Bücher- und Schrifteneinsicht kann d u r c h M e h r h e i t s b e s c h l u ß der G e s e l l s c h a f t e r weder aufgehoben noch beschränkt werden; RG. in HoldhMschr. 23, 204; BankA. 14, 69. Die Ausübung kann ihm auch nicht deshalb verweigert werden, weil er seine Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag (z.B. auf Beitragsleistung) noch nicht erfüllt hat; vgl. KG. in LZ. 1918, 66"; vgl. auch § 105 Anm. 82. Da jeder einzelne Gesellschafter Mitträger aller Rechte der Gesellschaft ist und ihm die Befu nisse in seinem eigenen Interesse gegeben sind, kann ihm Auskunft, Bücher- und Schrifteneinsicht auch nicht mit der Begründung verweigert werden, daß die in Betracht kommenden Tatsachen im Gesellschaftsinteresse auch vor den Gesellschaftern geheim gehalten werden müssen; Hueck, Treuhandgedanke, S. 86; Schlegelberger Anm. 2. Der Auskunft und Einsicht verlangende Gesellschafter ist aber auf Grund des bestehenden Treueverhältnisses zur Geheimhaltung verpflichtet, soweit es das Interesse der Gesellschaft verlangt. Anm. 15. A b w e i c h e n d e B e s t i m m u n g e n des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s sind zulässig. Kontrollrechte der einzelnen Gesellschafter können erweitert oder eingeschränkt werden. So kann die r e g e l m ä ß i g e Berichterstattung an alle oder einzelne Gesellschafter angeordnet werden. Den einzelnen Gesellschaftern kann das Recht ein-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) §§ 118,119 Anm. 10,17, Anm. 1—8 geräumt werden, jederzeit eine Prüfung durch Sachverständige, auch auf Kosten der Gesellschaft, zu fordern, während sie nach der gesetzlichen Regel die K o s t e n i h r e r P r ü f u n g s t ä t i g k e i t selbst zu t r a g e n haben. Die Ausübung des Prüfungsrechts kann auch einem Ausschuß oder einem einzelnen Gesellschafter unter Ausschluß der übrigen übertragen werden. Es kann auch vereinbart werden, daß die Prüfung nicht persönlich, sondern nur durch beeidigte Sachverständige erfolgt. Anm. 16. Eine das Prüfungsrecht nach Abs. 1 ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zur A n n a h m e u n r e d l i c h e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g besteht; Abs. 2. Unredlichkeit setzt nicht Täuschungsabsicht voraus. Bewußte Benachteiligung der Gesellschaft reicht aus. Ein Nachweis u n r e d l i c h e n V e r h a l t e n s , wie ihn Art. 102 ADHGB. verlangte, ist nicht erforderlich. Es genügt ein durch Tatsachen unterstützter ausreichender Verdacht, nicht aber eine bloße Vermutung. Anm. 17. Ausgeschiedenen G e s e l l s c h a f t e r n oder deren E r b e n können durch den Gesellschaftsvertrag oder eine spätere Vereinbarung, auch im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung, insbesondere wenn sie noch an den künftigen Ergebnissen des Unternehmens beteiligt sind, dem Abs. 1 entsprechende Befugnisse eingeräumt werden. Sie dürfen diese Befugnisse nur so ausüben, wie es die Belange erfordern, zu deren Schutz ihnen die Befugnisse gegeben sind; sie dürfen sie namentlich nicht zur Förderung ihres eigenen Wettbewerbs mit der Gesellschaft mißbrauchen; RG. 148, 278 = HRR. 1936 Nr. 12; § 242 BGB. Mangels einer besonderen Vereinbarung können sie nur unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts, § 810 BGB., Einsicht in die Bücher und Papiere verlangen; RG. 117, 332 = JW. 1927, 2416«; vgl. auch RG. in JW. 1926, 18124; OLGR. 16, 91. Nach § 45 HGB. kann das P r o z e ß g e r i c h t im Laufe eines Rechtsstreits auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlegung der Handelsbücher einer Partei anordnen. Gemäß § 429 ZPO. ist der Prozeßgegner zur Vorlegung derjenigen in seinen Händen befindlichen Urkunden (auch Bücher und Papiere) verpflichtet, auf welche er sich im Prozeß zur Beweisführung berufen hat; vgl. auch die Erl. zu § 45. §

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Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter. Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. Anm. 1. Schrifttum: H u e c k , Gesellschafterbeschlüsse bei offenen Handelsgesellschaften (Heymanns Beiträge zum Wirtschaftsrecht), S. 700ff.; Bartolomezcik, Der Körperschaftsbeschluß als Rechtsgeschäft, ZHR. 105, 293ff.; Heck, Gesellschafterbeschlüsse bei den Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, Festgabe für Gierke S. 319ff.; Ludewig, Stimmrecht der geschäftsführenden Gesellschafter, JW. 1925, 2586. Abs. 1 stellt in Übereinstimmung mit Art. 103 Abs. 3 ADHG. den Grundsatz der Einstimmigkeit der Gesellschafterbeschlüsse auf. Abs. 2 gibt für den Fall, daß nach dem Gesellschaftsvertrag ein Mehrheitsbeschluß genügt, eine Auslegungsregel. Anm. 2. N o t w e n d i g sind Gesellschafterbeschlüsse bei allen Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, § 116 Abs. 2, oder durch die die G r u n d l a g e n der Gesellschaft geändert werden, z.B. solchen über Aufnahme und Entlassung von Gesellschaftern, Auflösung der Gesellschaft, § 131 Nr. 2; Abänderung des Gesellschaftsvertrags. Anm. 8. Zulässig sind Gesellschafterbeschlüsse in allen Angelegenheiten der Gesellschaft, auch in solchen, in denen die Verfügung nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag den geschäftsführenden Gesellschaftern übertragen ist. Der Gesellschaitsvertrag kann auch allgemein bestimmen, daß Handlungen bestimmter Art, die nach 10*

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§ 119 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 4—6 dem Gesetz zur Zuständigkeit der geschäftsführenden Gesellschafter gehören, eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen. Die Gesamtheit der Gesellschafter hat als Trägerin aller Rechte und Pflichten die V e r m u t u n g der B e r e c h t i g u n g für sich. Anm. 4. Dr Grundsatz der Einstimmigkeit. F ü r die von den G e s e l l s c h a f t e r n zu f a s s e n d e n Beschlüsse b e d a r f es der Z u s t i m m u n g aller z u r Mitw i r k u n g bei der B e s c h l u ß f a s s u n g b e r u f e n e n G e s e l l s c h a f t e r ; Abs. 1. Der Grundsatz gilt für alle Beschlüsse, die während des Bestehens der Gesellschaft, auch während der Abwicklung zu fassen sind, z. B. über die Bestellung und Abberufung der Abwickler, §§ 146, 147, über die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft nach Einstellung oder Aufhebung des Konkursverfahrens, § 141. Dem Erfordernis der Einstimmigkeit ist nicnt genügt, wenn a u c h n u r e i n e r der zur Mitwirkung berufenen Gesellschafter dem zu fassenden Beschlüsse nicht zustimmt. An der erforderlichen Zustimmung fehlt es auch dann, wenn einer der Berufenen sich der Abstimmung enthält oder wenn er etwa wegen Abwesenheit oder Krankheit nicht abstimmen kann. Eine Ausnahme besteht auch nicht bei Gefahr im Verzuge; vgl. §116 Anm. 3. Anm. 5. Die B e r u f u n g zur A b s t i m m u n g beruht entweder auf dem Gesetz oder auf dem Gesellschaftsvertrag. Nach dem Grundsatze der Gleichberechtigung der Gesellschafter sind im Zweifel alle Gesellschafter zur Mitwirkung, d. h. zur Abstimmung berufen und auch regelmäßig verpflichtet. Sie haben so abzustimmen, wie es nach ihrer pflichtgemäßen Prüfung das Interesse der Gesellschaft gebietet. Dagegen brauchen sie, auch wenn es im Interesse der Gesellschaft liegt, solchen Beschlüssen nicht zuzustimmen, durch die sie mit einer höheren Leistung belastet werden; Staudinger-Geiler § 709 BGB. Anm. 18; Hueck S. 75. In bestimmten Fällen ordnet das Gesetz an, daß die ,,übrigen" G e s e l l s c h a f t e r zur Vornahme einer Handlung berechtigt sind. Dies ist dann der Fall, wenn sich die vorzunehmende Handlung gegen einen Gesellschafter richtet, so bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot, § 113, bei der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, §§ 117, 127, bei der Ausschließung eines Gesellschafters, §§ 140, 141. In diesen Fällen ist der von der Maßregel betroffene Gesellschafter von der Beschlußfassung ausgeschlossen. Anm. 6. G e s e t z l i c h e r A u s s c h l u ß eines G e s e l l s c h a f t e r s von der Abs t i m m u n g . Die besonderen Vorschriften'über die offene Handelsgesellschaft (wie auch über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft) enthalten, anders als § 252 Abs. 3 HGB. für die Aktiengesellschaft, § 34 BGB. für den Verein, § 47 Abs. 4 GmbHG., § 43 Abs. 3 GenG., keine ausdrückliche allgemeine Vorschrift, nach denen ein Gesellschafter bei einer Beschlußfassung, welche die V o r n a h m e eines R e c h t s g e s c h ä f t s oder die E r n l e U t u n g o d e r ' E r l e d i g u n g eines R e c h t s s t r e i t s zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft, kein Stimmrecht hat. Diese Bestimmungen wurden aber bisher auch auf die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft und die offene Handelsgesellschaft sinngemäß angewendet; RG. 136, 245; in LZ. 1907, 738»; Staudinger-Geiler BGB. IV 3 S. 1252. Daran ist auch jetzt festzuhalten. Die Vorschriften der genannten Gesetze entsprechen einem allgemeinen Rechtsgedanken, der auch in § 181 BGB. und in § 113 Abs. 2, zum Ausdruck gekommen ist. § 252 Abs. 3 HGB. ist zwar in das neue Aktiengesetz nicht übernommen, soweit er den einzelnen Aktionär von der Mitwirkung bei der Beschlußfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm ausschloß. Beibehalten ist nur der Ausschluß von der Beschlußfassung über die Entlastung des Aktionärs oder über seine Befreiung von einer Verpflichtung oder über die Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft gegen ihn; § 114 AktG. Die Erwägungen, die für die Änderung des Aktienrechts maßgebend waren, daß die Vorschriften des alten Rechts von der Rechtsprechung sehr einengend ausgelegt worden und daher bedeutungslos geworden und deshalb im Interesse der Rechtssicherheit die Bestimmung über die Rechtsgeschäfte mit dem Gesellschafter zu streichen seien, daß gegen Mißbrauch des Stimmrechts zu privaten Zwecken durch die Möglichkeit der Anfechtung wegen Verfolgung gesellschaftsfremder Interessen, § 197 Abs. 2 AktG., Vorsorge getroffen sei, amtliche Begründung zum AktG., 4. Abschnitt, 5. „Stimmrechtsbeschränkungen" treffen für die offene Handelsgesellschaft schon wegen des Fehlens von Anfechtungsbestimmungen nach Art des Aktiengesetzes nicht zu. Bei

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 119 Anm. 7 der engeren Verbindung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bei der offenen Handelsgesellschaft ist auch die Gefahr eines Mißbrauchs größer als bei der Aktiengesellschaft mit der heute weitgehenden Selbständigkeit des Vorstandes auch gegenüber den Aktionären. Die Aktiengesellschaft steht als selbständige Rechtspersönlichkeit dem Aktionär nicht so gegenüber, wie die offene Handelsgesellschaft ihren Gesellschaftern. Bei der Aktiengesellschaft ist auch die k a p i t a l i s t i s c h e Beteiligung das Wesentliche, so daß dort die Ausschaltung des überwiegend beteiligten Aktionärs unter Umständen zu einem unbilligen Ergebnis führen kann. Die Zweckmäßigkeit der Gesetzesänderung im Aktienrecht ist auch schon jetzt nicht unbestritten. Daß es sich bei der Neuordnung im Aktienrecht nur um eine wohl versuchsweise Regelung für ein Sondergesetz handelt, ergibt sich auch daraus, daß der Gesetzgeber nicht gleichzeitig die anderslautenden ausdrücklichen Bestimmungen des GmbHG. und des GenG. geändert hat. Jedenfalls besteht kein zwingender Grund, ohne Änderung der Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft von der bisher herrschenden Auffassung abzugehen. D a n a c h ist ein G e s e l l s c h a f t e r von d e r A b s t i m m u n g a u s g e s c h l o s s e n , wenn es sich um die B e s c h l u ß f a s s u n g ü b e r ein R e c h t s g e s c h ä f t mit ihm, um seine E n t l a s t u n g , seine F r e i s t e l l u n g von V e r b i n d l i c h k e i t e n oder einen A n s p r u c h der G e s e l l s c h a f t gegen ihn h a n d e l t ; gegen die Ausschließung bei Abschluß von Rechtsgeschäften: Hueck, Gesellschafterbeschlüsse S. 710; derselbe oHG. S. 94; wie hier: Ritter Anm. 1, Düring.-Hach. Anm. 1; Schlegelberger Anm. 3 will unter Berufung auf die Neuerung des Aktiengesetzes und auf Hueck, Gesellschafterbeschlüsse 710, das Mitstimmen des Gesellschafters über den Abschluß von Rechtsgeschäften mit ihm zulassen, verlangt aber, daß er sich dabei im Rahmen der Gesellschaftstreue hält und dabei die Ziele und Belange der Gesellschaft beachtet. Gerade diese Einschränkung würde aber oft zur Rechtsunsicherheit führen; vgl. auch RG. 162, 373. Abgesehen von den vorgenannten Fällen ist ein Gesellschafter nicht deshalb grundsätzlich von der Abstimmung ausgeschlossen, weil durch einen Beschluß seine eigenen InteressenalsGesellschafterberührt werden. Es handelt sich insofern nicht um Rechtsgeschäfte mit dem Gesellschafter. Er kann deshalb mitbestimmen, wenn es sich um seine Bestellung zum Geschäftsführer oder zum Abwickler handelt, soweit diese nach dem Gesellschaftsvertrag durch Beschluß der Gesellschafter, insbesondere durch Mehrheitsbeschluß zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bestellung eine Vergütung für die zu leistende Tätigkeit beschlossen wird; RG. 60, 172; 74, 276. Ist entgegen der gesetzlichen Regel der §§ 117, 127 die Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis statt durch gerichtliche Entscheidung durch Beschluß der ü b r i g e n Gesellschafter zulässig, so darf der betroffene Gesellschafter dabei nicht mitstimmen. Auch wenn in der Vertragsbestimmung nicht ausdrücklich die Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters ausgeschlossen ist, so ist die Vereinbarung jedenfalls im Zweifel in diesem Sinne auszulegen. Anm. 7. Stimmrechtsbeschränkung und Ausschließung des Stimmrechts durch den Gesellschaftsvertrag. Durch den Gesellschaftsvertrag können die Ausschließungsgründe erweitert oder aufgehoben oder beschränkt werden; vgl. RG. 122, 162. Es kann auch bestimmt werden, daß bei Ausübung des Stimmrechts nach der Kapitalbeteiligung oder den jeweiligen Kapitalanteil im Sinne des § 120 HGB. (z. B. so, daß auf je 100 DM eine Stimme fällt) eine Höchstzahl von Stimmen fällt (was geeignet ist, ein Übergewicht der Kapitalbeteiligung zu verhindern), oder daß bei Veräußerung oder Vererbung einer Beteiligung eine solche Beschränkung eintritt. Für GmbH, hat auch das Reichsgericht (DR. 1944, 775 Nr. 17) eine Beschränkung in den letztgenannten Fällen für zulässig erklärt, wenn es sich dabei auch nur um Ausnahmen handeln sollte. Es bestehen keine aus dem Wesen der Personengesellschaften sich ergebenden Bedenken, die Zulässigkeit bei der offenen Handelsgesellschaft zu verneinen, um so mehr als auch bei der Kommanditgesellschaft eine Beschränkung des Kommanditisten sich schon oft aus seiner geringeren Beteiligung rechtfertigt. Auch eine Beschränkung des Stimmrechts eines persönlich haftenden Gesellschafters kann durchaus gerechtfertigt sein, z. B. dann, wenn ein Gesellschafter gar nicht mit Kapital beteiligt und im innern Verhältnis nur Geschäftsführer ist und die andern Gesellschafter im innern Verhältnis das ganze Risiko des Unternehmens tragen.

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§ 119 I . Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8—10 Anm. 8. Stimmt ein Gesellschafter ab, der von der Abstimmung ausgeschlossen ist, so ist seine Stimme bei Ermittelung des Ergebnisses der Abstimmung nicht mitzuzählen. Anm. 9. Besteht eine Verpflichtung zur Abstimmung in einem bestimmten Sinne, eben weil eine Ablehnung gegen den Treugedanken verstoßen würde, so kann auch auf Abstimmung in diesem Sinne geklagt werden; wegen der Vollstreckung vgl. § 894 ZPO.; Hueck S. 96; hat sich ein Gesellschafter einem Dritten gegenüber zur Abstimmung in bestimmtem Sinne verpflichtet, so hindert ihn dies nicht, nach seiner pflichtmäßigen Überzeugung anders zu stimmen. Seine Abstimmung ist für die Gesellschaft maßgebend. Der Dritte kann ihn unter Umständen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Anm. 10. Abs. 1 enthält n a c h g i e b i g e s R e c h t . Durch den Gesellschaftsvertrag oder eine Änderung desselben, die sich aus einer ständigen Übung ergeben kann (BayOb L G . in D J Z . 1909, 91), kann von der gesetzlichen Regel abgewichen werden. So kann angeordnet werden, daß grundsätzlich oder für gewisse Beschlüsse oder bei Gefahr im Verzug die Z u s t i m m u n g d e r Mehrheit aller Gesellschafter oder einer bestimmten Gruppe von Gesellschaftern oder der an der Abstimmung nicht verhinderten oder der tatsächlich abstimmenden genügt. S t a t t der Zustimmung aller Gesellschafter kann z. B . auch die Zustimmung aller zur Geschäftsführung berufenen allgemein oder für gewisse Fälle für ausreichend erklärt werden. Den tatsächlich, etwa innerhalb einer von den Geschäftsführern zu bestimmenden Frist, abstimmenden Gesellschaftern oder der Gesamtheit der Geschäftsführer kann auch die Entscheidung übertragen werden, ob eine Ausnahme von dem Erfordernis der Mitwirkung aller Gesellschafter, etwa wegen Gefahr im Verzug, vorliegt. Auch für Beschlüsse, die sich auf die Grandlagen der Gesellschaft beziehen, wie die Aufnahme öder Entlassung von Mitgliedern aus dem Gesellschafts Verhältnis, sonstige Vertragsänderungen, Erhöhung der Beiträge der Mitglieder, Änderung des Gegenstandes des Unternehmens, Auflösung der Gesellschaft vor dem im Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeitpunkt können im Gesellschaftsvertrag Mehrheitsbeschlüsse zugelassen werden; R G . 91, 166; J W . 1918, 170«; R G . 114, 395; 151, 327. Da es sich um eine Abweichung von der gesetzlichen Regel der Einstimmigkeit handelt, muß sich aus dem Gesellschaftsvertrage u n z w e i d e u t i g ergeben, daß die Ausnahme auch für die gerade in Betracht kommende Maßregel gelten soll. Die bloße Bestimmung, daß Gesellschafterbeschlüsse mit Mehrheit gefaßt werden können, läßt nicht genügend erkennen, daß z. B . Mehrheitsbeschlüsse nicht nur für ungewöhnliche Handlungen der Geschäftsführung, § 116 Abs. 2, sondern auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder die Art der Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft zulässig sein sollen; R G . 114, 395; in J W . 1926, 2987. Namentlich reicht die allgemeine Formel nicht aus, wenn es sich um einen Beschluß über die Erhöhung der Beiträge der Gesellschafter über das im Gesellschaftsvertrage bestimmte Maß hinaus handelt, wenn also die G r u n d r e g e l d e s § 707 B G B . wegbedungen werden soll, nach der ein Gesellschafter zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung einer durch Verlust verminderten Einlage nicht verpflichtet ist; R G . 91, 168; R G U r t . vom 13. April 1940 I I 143/39 = R G . 163, 385. Das gleiche gilt, wenn von dem G r u n d s a t z d e r G l e i c h b e h a n d l u n g der Gesellschafter durch Mehrheitsbeschluß abgewichen werden soll. Die allgemeine Bestimmung, daß Angelegenheiten jeder Art, auch wenn sie die Grundlagen der Gesellschaft oder die Belange der einzelnen Gesellschafter berühren, insbesondere den Grundsatz der Gleichberechtigung verletzen, durch Mehrheitsbeschluß geregelt werden können, kann, wenn sie die einzelnen Gesellschafter der Willkür der Mehrheit aussetzen würde, gegen die guten Sitten verstoßen, § 138 B G B . , und deshalb nichtig sein. Jedenfalls kann das Gebrauchmachen von der gegebenen umfassenden Befugnis im Einzelfall einen solchen Verstoß enthalten und die Nichtigkeit des gefaßten Beschlusses zur Folge haben. Um einer schrankenlosen Willkür der Mehrheit vorzubeugen, verlangt die Rechtsprechung deshalb mit Recht, daß in der Vertragsbestimmung, die die Erhöhung der Beiträge mit Mehrheit zuläßt, gewisse Grenzen festgelegt sein müssen, innerhalb deren sich der Erhöhungsbeschluß zu halten h a t ; R G . 91, 166;

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 119 Anm. 11—16 151, 327; 163, 371; Hueck, Gesellschafterbeschlüsse, S. 718; Hueck, oHG., S. 97; vgl. auch § 131 Anm. 13. Anm. 11. Die Berechnung der Mehrheit. E n t h ä l t der G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g keine b e s o n d e r e n B e s t i m m u n g e n , so ist n a c h der A u s l e g u n g s r e g e l des Abs. 2 im Zweifel die M e h r h e i t nach der Zahl der G e s e l l s c h a f t e r zu ber e c h n e n . Die hier als Regel angeordnete Abstimmung nach Köpfen entspricht der Eigenart der offenen Handelsgesellschaft als einer Personengesellschaft und der Gleichberechtigung aller Gesellschafter. Zu zählen sind nur die zur Abstimmung berufenen Gesellschafter. Da die Zahl der Gesellschafter maßgebend ist, hat eine handelsrechtliche P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t , die Mitglied einer o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t i s t , bei dieser n u r eine S t i m m e . Anm. 12. Der Gesellschaftsvertrag kann eine a n d e r e A r t der B e r e c h n u n g vorschreiben. So kann bei Verschiedenheit der Kapitalbeteiligung angeordnet werden, daß die Abstimmung nach der Beteiligung mit Vermögen, — der ursprünglichen oder erhöhten Einlage oder dem jeweiligen buchmäßigen Kapitalanteil oder nach der Gewinnbeteiligung — erfolgt. Es kann z. B. bestimmt werden, daß auf je 100 DM. des Kapitalanteils je eine Stimme entfällt. Den geschäftsführenden Gesellschaftern kann für ihre besonderen Leistungen eine gewisse Stimmenzahl eingeräumt werden. Einem Gesellschafter kann ohne Rücksicht auf seine Kapitalbeteiligung ein m e h r f a c h e s S t i m m r e c h t , allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten gewährt werden. Das im neuen Aktiengesetz, § 12 Abs. 2, als Regel ausgesprochene Verbot der Mehrstimmrechtsaktien will dem dem Unternehmen dienenden Kapital, das bei der Aktiengesellschaft in erster Linie steht, den ihm gebührenden Einfluß sichern. Bei den Personengesellschaften trifft diese Erwägung nicht zu. Es kann auch bestimmt werden, daß allgemein oder für bestimmte Beschlüsse, z. B. über Leistung von N a c h s c h ü s s e n oder Aufnahme neuer Mitglieder, eine doppelte Abstimmung — nach Köpfen und nach der Kapitalbeteiligung — nötig ist. Auch kann allgemein oder für bestimmte Beschlüsse eine erhöhte Mehrheit vorgeschrieben werden. Anm. 13. Auch die Schaffung von B e t e i l i g u n g e n o h n e S t i m m r e c h t , die für die Aktiengesellschaft durch das Aktiengesetz von 1937 ausdrücklich zugelassen worden ist, ist auch für die Personengesellschaften des Handelsrechts nicht ausgeschlossen. Immerhin stellen die weitgehende oder völlige Ausschließung des Stimmrechts gerade bei der auf persönlichem Vertrauen beruhenden Personengesellschaft und der mit Wirkung nach außen nicht abdingbaren unbeschränkten Haftung eine außergewöhnliche Regelung dar. Im Einzelfall kann eine solche Bestimmung gegen die guten Sitten verstoßen und deshalb nichtig sein; Hueck S. 93. Ein Gesellschafter kann nicht e i n s e i t i g mit bindender Wirkung auf das ihm zustehende Stimmrecht ve r z i c h t e n . Denn das Stimmrecht, ist ihm nicht nur in seinem eigenen, sondern hauptsächlich im Interesse der Gesellschaft verliehen. Im Einzelfall kann er von der Ausübung des Stimmrechts nach pflichtmäßigem Ermessen absehen. Er darf aber dabei nicht die Belange des gemeinsamen Unternehmens schädigen; in diesem Fall würde eine Verletzung der Gesellschafterpflichten vorliegen, die nach den Umständen des Einzelfalls seine Ausschlif ßung aus der Gesellschaft oder die Entziehung seiner Verwaltungsbefugnisse aus wichtigem Grunde, §§117, 127, 133ff. rechtfertigen könnte. Anm. 14. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine besonderen Bestimmungen über eine erhöhte Mehrheit, so entscheidet die einfache Mehrheit aller zur Abstimmung berufenen Gesellschafter (ebenso § 113 AktG.). Anm. 15. Das Gesetz s c h r e i b t keine Form f ü r die B e s c h l ü s s e vor. Die Beschlüsse brauchen nicht in besonderen Versammlungen der Gesellschafter gefaßt zu werden; Hueck S. 91; RG. 128, 176; 163, 392. Die Zustimmung der einzelnen Gesellschafter kann in jeder beliebigen Form erteilt werden, auch mündlich, fernmündlich, telegraphisch, durch Briefwechsel. Wegen der Stimmabgabe durch Vertreter vgl. § 114 Anm. 6. Die Stimmabgabe braucht auch nicht gleichzeitig zu erfolgen. Auch eine nachträglich abgegebene Stimme führt zum Beschluß solange die anderen Gesellschafter an ihrer Abstimmung festhalten und das Gegenteil nicht erklären oder dieses sich aus den Umständen, etwa wegen der Länge der Zeit, oder veränderter Verhältnisse ergibt;

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§119 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16, 17 RG. 128, 176 ff. Die Erklärungen müssen, wenn sie nicht bei Anwesenheit aller Gesellschafter erfolgen, allen anderen Gesellschaftern gegenüber, nicht nur gegenüber der Gesellschaft abgegeben werden; RG. vom 13. April 1940 II 143/39 = RG. 163, 385. Jeder Gesellschafter kann die Vornahme einer Abstimmung verlangen und die anderen Gesellschafter dazu auffordern. Anm. 16. Eine B e u r k u n d u n g der Beschlüsse ist nicht vorgeschrieben, aber für Beweiszwecke nützlich. Der Gesellschaftsvertrag kann die Einhaltung bestimmter Formen vorschreiben, z. B. die Beschlußfassung in Versammlungen der Gesellschafter (sog. Generalversammlungen), die Ladung der Gesellschafter in bestimmter Form und Frist, Mitteilung der Tagesordnung, die Notwendigkeit wiederholter Abstimmungen, die öffentliche oder private Beurkundung der Beschlüsse. Es kann auch bestimmt werden, daß die Mehrheit der ordnungsmäßig geladenen und in der Gesellschafterversammlung erschienenen und abstimmenden Gesellschafter entscheidet; RG. in LZ. 1914, 1030'. Die gegebenen Formvorschriften dürfen nicht dazu mißbraucht werden, um einem Gesellschafter die Abstimmung unmöglich zu machen, etwa durch Berufung der Gesellschafterversammlung an einen schwer zu erreichenden Ort oder durch Bestimmung einer zu kurzen Frist. Ob die Nichteinhaltung einer bestimmten Form die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge haben soll, oder ob es sich nur um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Nichteinhaltung auf die Wirksamkeit des Beschlusses keinen Einfluß hat, ist, wenn der Gesellschaftsvertrag darüber keine ausdrückliche Bestimmung enthält, durch Ausl gung des Vertrages, insbesondere aus dem Zweck der Vorschrift zu ermitteln. Ist in Anlehnung an § 111 AktG. die gerichtliche oder notarische Beurkundung der Beschlüsse angeordnet, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Nichteinhaltung dieser Form die Nichtigkeit der Beschlüsse nach sich ziehen soll. Ist nur privatschriftliche Beurkundung, etwa in einem Beschlußbuch, vorgeschrieben, so spricht dies dafür, daß die Beurkundung nur Beweiszwecken dienen soll; vgl. RG. 122, Z69. Die Nichteinhaltung der für die Einberufung der Gesellschafterversammlung vorgeschriebenen Form hat die Nichtigkeit der gefaßten Beschlüsse nicht zur Folge, wenn alle Beteiligten, die zur Beschlußfassung Berufenen und die von dem Beschluß Betroffenen mit der Nichteinhaltung der Form einverstanden sind. Sie verzichten damit auf Einhaltung der Form. Der Verzicht kann namentlich darin gefunden werden, daß alle Beteiligten erschienen sind und ohne Widerspruch abgestimmt haben; vgl. § 195 Nr. 1 AktG.; anders wenn sie unter Widerspruch gegen die Zulässigkeit der Abstimmung nur fürsorglich ihre Stimme abgeben. Anm. 17. Nichtigkeit der GesellschafterbeschKiese. Das BGB. und das HGB. enthalten keine besonderen Vorschriften über die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Sie unterscheiden auch nicht, wie das Aktiengesetz, §§ 195ff., zwischen N i c h t i g k e i t , die kraft Gesetzes eintritt, und b l o ß e r A n f e c h t b a r k e i t , die nur auf Grund erfolgreicher Anfechtung durch Klage zur Nichtigkeit führt. Es besteht auch kein besonderes Verfahren für die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses. Nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts, die auch auf Gesellschafterbeschlüsse sinngemäß anzuwenden sind, sind Beschlüsse nichtig, die gegen ein g e s e t z l i c h e s Verb o t v e r s t o ß e n , wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt; § 134 BGB. Auch ein Beschluß, der gegen den Gesellschaftsvertrag verstößt, ist nichtig, wenn nicht nach dem Willen der Vertragschließenden etwas anderes gewollt ist; vgl. Anm. 16. Danach sind z. B. regelmäßig nichtig Beschlüsse, die nicht mit der im Gesetz oder im Gesellsehaftsvertrage vorgeschriebenen Einstimmigkeit oder Mehrheit gefaßt worden sind. Da das Gesetz für die Personengesellschaften eine Anfechtung mit rechtsgestaltender Wirkung nicht kennt, können, anders als im Aktienrecht (vgl. RG. 75, 239; 122, 107), Beschlüsse, die zwar mit einfacher Mehrheit, aber nicht mit der vorgeschriebenen erhöhten Mehrheit gefaßt sind, nicht als wirksame Gesellschafterbeschlüsse angesehen werden, bis sie mit Erfolg angefochten sind; sie sind vielmehr nichtig. Nichtig sind auch Gesellschafterbeschlüsse, die durch ihren Inhalt, ihren Zweck oder durch die Art ihres Zustandekommens gegen die guten Sitten v e r s t o ß e n ; § 138 BGB. Wegen des Begriffs des Sittenverstoßes vgl. RG. 150,1. Ein solcher Verstoß kommt namentlich in Betracht, wenn der Beschluß die Gesellschaftstreue verletzt, so wenn die

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 119 Anm. 18 Mehrheit unter Mißbrauch ihrer Macht die Minderheiten vergewaltigt oder gesellschaftsfremde Vorteile zum eigenen oder zum Vorteil Dritter verfolgt; RG. in LZ. 1916, 1100; SeuffA. 48 Nr. 4; vgl. auch Weipert im Großkomm, zum Aktiengesetz, Erl. zu §§ 195 u. 197, und die dort angeführte Rechtsprechung zu dem Begriff des Sittenverstoßes. Unwirksam ist ein Beschluß, der in ein Recht eines einzelnen Gesellschafters (insbesondere ein Sonderrecht) eingreift, ohne daß die für diesen Eingriff erforderliche Zustimmung des betroffenen Gesellschafters vorhanden ist. Solange die Zustimmung des Betroffenen noch möglich ist, ist der Beschluß nur schwebend unwirksam. Er wird voll wirksam, sobald die Zustimmung erfolgt, voll unwirksam, wenn sie versagt wird oder nicht mehr eingeholt werden kann. Soweit ein Beschluß nichtig ist, tritt diese Wirkung ohne weiteres ein, ohne daß es einer sie herbeiführenden Tätigkeit bedarf. Besondere Vorschriften über die Heilung m a n g e l h a f t e r B e s c h l ü s s e (vgl. § 196 AktG.) enthält das Gesetz für die Personengesellschaften nicht. Die Heilung kann aber nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts erfolgen. Danach tritt regelmäßig Heilung ein, wenn der mangelhafte Beschluß durch einen fehlerfreien ersetzt wird. Die Beteiligten können auch, soweit es sich nicht um die Verletzung im öffentlichen Interesse ergangener oder nach dem Zwecke der Vorschriften sonst zwingender Bestimmungen handelt, auf die G e l t e n d m a c h u n g der N i c h t i g k e i t v e r z i c h t e n . Die G e l t e n d m a c h u n g der N i c h t i g k e i t kann in jeder Form, also durch Klageerhebung (auch Feststellungsklage) oder durch Einrede erfolgen. Eine Feststellungsklage ist gegen die übrigen Gesellschafter zu richten; B r o d m a n n in JW. 1931, 777; wegen Zulässigkeit einer Klage der Gesellschaft vgl. auch § 124. Nach allgemeinen Vorschriften ist die Geltendmachung der Nichtigkeit, wie auch im Aktienrecht, unzulässig, wenn sie gegen Treu und Glauben, insbesondere gegen die Gesellschaftstreue, verstößt; § 242 BGB.; vgl. Weipert, Aktiengesetz § 197 Anm. 13; RG. 134, 262; 146, 395; in JW. 1932, 16471. Der Gesellschaftsvertrag kann besondere Vorschriften geben, wonach bestimmte Verstöße, insbesondere gegen vertragliche Formvorschriften, nur a n f e c h t b a r sind und auch das Verfahren für Geltendmachung der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit im Anschluß an die entsprechenden Vorschriften des Aktienrechts (§§ 197ff. AktG.) regeln. Eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zu einem dem Aktienrecht entsprechendem Rechtsgestaltungsurteil kann durch eine solche Vertragsbestimmung nicht begründet werden, wohl aber die eines S c h i e d s g e r i c h t s . Anm. 18. Anfechtung der Stimmabgabe des einzelnen Gesellschafters. Der einzelne Gesellschafter kann seine Abstimmung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Anfechtung von Willenserklärungen wegen Willensmängeln (arglistige T ä u s c h u n g , I r r t u m , D r o h u n g (§§ 119ff. BGB.), auch wegen V e r s t o ß e s gegen § 138 BGB., Wucher) a n f e c h t e n . Wenn man die Abstimmung des einzelnen Gesellschafters auch nicht als Rechtsgeschäft, sondern nur als Teil eines gesellschaftsrechtlichen Vorgangs ansieht (vgl. Geiler, Über die rechtliche Natur der Beschlüsse und der Abstimmung; DürHach. II Anm. 126a; vgl. auch Bartholomeyczik, Der Körperschaftsbeschluß als Rechtsgeschäft in ZHR. 105, 1938, S. 293ff.; Gierke, HR. S. 52), so ist die Anwendung der für die Anfechtung von Willenserklärungen geltenden Vorschriften doch mindestens sinngemäß zulässig; RG. 115, 385; Geiler a. a. O. Anm. 129. Die Anfechtung muß als empfangsbedürftige Willenserklärung allen übrigen zur Beschlußfassung berufenen Gesellschaftern zugehen. Sie wird dadurch, wenn sie sachlich begründet ist, wirksam mit der Folge, daß die Stimmabgabe als nichtig, also als nicht erfolgt anzusehen ist. Die Anfechtung muß unverzüglich nach Kenntnis von dem Anfechtungsgrund oder Wegfall des Zwangs erklärt werden, §§ 119ff. BGB. Die Abstimmung kann auch nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. von Anfang an nichtig sein. Die Stimmabgabe ist auch nichtig, wenn sie gsgen die gesellschaftliche Treupflicht verstößt; Hueck S. 99; Schlegelberger Anm. 3, Staudinger-Geiler § 709 BGB. Anm. 20. Danach ist zu beurteilen, ob der Beschluß selbst trotz der fehlenden Stimme (etwa weil die übrigen Stimmen bei Mehrheitsbeschlüssen ausreichten) zustandegekommen ist oder nicht, oder ob nunmehr wegen Änderung der Mehrheit ein anderer Beschluß zustande gekommen ist. Ist die Stimmabgabe des einzelnen Gesellschafters infolge Anfechtung wirkungslos, so

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§ § 119, 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 19, Anm. 1—8 kann der Gesellschafter erneut seine Stimme abgeben; haben sich inzwischen die tatsächlichen Verhältnisse grundlegend geändert, so sind die übrigen Gesellschafter an ihre Stimmabgabe nicht mehr gebunden. Anm. 19. Der W i d e r r u f der A b s t i m m u n g ist wie die Zustimmung zu einer Handlung der Geschäftsführung zulässig, wenn ein w i c h t i g e r G r u n d vorliegt; vgl. § 115 Anm. 21, § 116 Anm. 5. Ein willkürlicher Widerruf ist unzulässig und unwirksam. Der Widerruf ist nicht mehr zulässig, wenn mit der Abstimmung der Beschluß wirksam geworden ist und damit eine Änderung des Gesellschaftsvertrags eingetreten ist; Hueck, oHG., S. 92.

§ iao Am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs wird auf Grund der Bilanz der Gewinn oder der Verlust des Jahres ermittelt und für jeden Gesellschafter sein Anteil daran berechnet. Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird dem Kapitalanteile des Gesellschafters zugeschrieben; der auf einen Gesellschafter entfallende Verlust sowie das während des Geschäftsjahrs auf den Kapitalanteil entnommene Geld wird davon abgeschrieben. Anm. 1. Die §§ 120—122 regeln die Feststellung des Anteils jedes Gesellschafters am Gewinn und Verlust jedes Geschäftsjahres, die Gut- und Lastschrift dieses Anteils auf den Kapitalanteil jedes Gesellschafters, § 120, die Verteilung des Jahresgewinns und Verlustes, § 121, und das Entnahmerecht der Gesellschafter, § 122. § 120 entspricht dem Art. 107 ADHGB. .Die Abweichung in der Fassung dient nur der Klarstellung; sie bringt keine sachliche Abweichung von dem bisherigen Recht. Anm. 2. Der Grundsatz der jährlichen Ermittelung des Gewinns oder Verlustes der Gesellschaft und der Berechnung der Anteile jedes Gesellschafters am Jahresgewinn oder -Verlust. Am Schlüsse j e d e s G e s c h ä f t s j a h r e s wird auf G r u n d der Bilanz der Gewinn oder der Verlust des J a h r e s e r m i t t e l t u n d f ü r j e d e n Gesells c h a f t e r sein A n t e i l d a r a n b e r e c h n e t ; Abs. 1. Die Vorschrift unterscheidet sich wesentlich von der Bestimmung des § 721 BGB. für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, nach der ein Gesellschafter regelmäßig den Rechnungsabschluß und die Verteilung des Gewinns und Verlustes erst nach Auflösung der Gesellschaft verlangen kann (§ 721 Abs. 1) und nur bei Gesellschaften von längerer Dauer der Rechnungsabschluß und die Gewinnverteilung im Zweifel am Schlüsse jedes Geschäftsjahres zu erfolgen hat. Der Unterschied erklärt sich aus der Eigenart der offenen Handelsgesellschaft als einer auf dauernden Erwerb durch Betrieb des Handelsgewerbes gerichteten Gesellschaft, deren Gesellschafter in der persönlichen Betätigung in dem Unternehmen auch in der Regel ihren Beruf und ihre Lebensgrundlage finden und deshalb auch auf jährliche Gewinnverteilung zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes rechnen müssen. Anm. 8. Die E r m i t t e l u n g des Gewinns oder V e r l u s t e s der G e s e l l s c h a f t erfolgt auf Grund der Bilanz am Schlüsse j e d e s G e s c h ä f t s j a h r e s . Maßgebend für die Gewinn- oder Verlustermittelung ist somit die Jahresbilanz der Gesellschaft die sog. H a n d e l s b i l a n z , d. i. die Bilanz, die die Gesejlschaft am Schluß jedes Jahres zum Zwecke der Ermittelung des Gewinns oder Verlustes des abgelaufenen Geschäftsjahres festzustellen hat. Da die offene Handelsgesellschaft stets Kaufmann ist, ist sie nach § 38 Abs. 1 HGB. schon ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h v e r p f l i c h t e t , B ü c h e r zu f ü h r e n und in diesen ihre Handelsgeschäfte und die Lage ihres Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Sie hat ferner bei dem Beginne ihres Handelsgewerbes eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, d. h. ihre Grundstücke, ihre Forderungen und Schulden und ihre sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen, dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände anzugeben und einen das Verhältnis des Ver-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 4, 5 mögens und der Schulden darstellenden Abschluß zu machen; § 39 Abs. 1. Sie hat demnächst für den Schluß eines jeden Geschäftsjahres ein solches Inventar und eine solche Bilanz (die J a h r e s b i l a n z ) aufzustellen, § 39 Abs. 2. Für die Zeit der Aufstellung der Jahresbilanz, den maßgebenden Stichtag, die Gliederung der Bilanz und ihren Inhalt, die Bewertung des Vermögens und der Schulden der Gesellschaft, für Abschreibungen und Wertberichtigungen gelten die — auch für Einzelkaufleute bestehenden allgemeinen Vorschriften; vgl. die Erl. zu §§ 38—40. Für Gesellschaften, die B a n k - oder S p a r k a s s e n g e s c h ä f t e betreiben, ist die Verwendung von Formblättern für die Gliederung des Jahresabschlusses vorgeschrieben; vgl. die Vo. vom 18. Oktober 1939, RGBl. I 2079. Anm. 4. Die Bildung einer g e s e t z l i c h e n R ü c k l a g e (Reserve), wie sie im Aktienrecht zur Erschwerung der Gewinnausschüttung und im Interesse der Gesellschaftsgläubiger stattfindet (§ 130 AktG.), ist für die Personengesellschaften nicht vorgeschrieben, wegen der persönlichen, bei der offenen Handelsgesellschaft unbeschränkten Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden (§§ 128,171 f.) auch entbehrlich. Die freiwillige Bildung von Rücklagen ist, wie beim Einzelkaufmann, auch bei den Personengesellschaften zulässig. S t i l l e R ü c k l a g e n können auch ohne besondere Vorschrift des Gesellschaftsvertrages, insbesondere durch Unterbewertung des Gesellschaftsvermögens (vor allem des Warenbestandes), gebildet werden, soweit die Bildung kaufmännischer Übung entspricht und das übliche Maß einhält. Sie ist eine Maßregel vorsichtiger kaufmännischer Geschäftsführung und entspricht dem Bedürfnis, das Unternehmen auch gegen unvorhergesehene Ereignisse, aber auch gegen die vorhersehbaren Folgen im Wirtschaftsleben wiederkehrender Schwankungen zu sichern; RG. 116, 119. Auf wielange auf diese Weise Vorsorge getroffen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; OLG. Hamburg in DJ. 1936,1733; RG. in DJ. 1937,1962. Die Bildung über das übliche Maß hinausgehender o f f e n e r oder s t i l l e r R ü c k l a g e n , insbesondere stiller durch ü b e r m ä ß i g e A b s c h r e i b u n g e n , ist nur zulässig, wenn sie im Gesellschaftsvertrage besonders vorgesehen oder von allen G e s e l l s c h a f t e r n , die bei der Feststellung der Jahresbilanz mitzuwirken haben, im Einzelfall genehmigt wird. Über das übliche Maß gehen in der Regel nicht hinaus Rücklagen, die gebildet werden, um auch in ungünstigen Geschäftsjahren eine Verteilung von Gewinn zu ermöglichen oder eine gleichmäßige Gewinnverteilung auf eine Reihe von Jahren zu sichern. Die Zulassung kann sich auch aus einer bestehenden Übung ergeben. Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, daß die Bildung größerer Rücklagen durch Mehrheit aller Gesellschafter oder durch die geschäftsführenden Gesellschafter beschlossen werden kann; vgl. § 119; RG. im Recht 1907, 838; in JW. 1902, 590"; in LZ. 1914, 850»; 1917, 394"; OLG. Dresden in SeuffA. 72, 28. Besteht eine Vereinbarung über die Bildung von erhöhten Rücklagen, die nicht nur für einen Einzelfall getroffen ist, so kann sie während der Dauer der Gesellschaft nicht von einem Gesellschafter einseitig widerrufen werden; Bolze 12 Nr. 503. Eine Vereinbarungfür die Jahresbilanzen gilt nicht für die Auseinandersetzungsbilanz, namentlich nicht für die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters, wenn es nicht besonders vereinbart ist; vgl. die Erl. zu § 138. Die Auflösung von Rücklagen kann in der gleichen Weise erfolgen wie ihre Bildung; waren sie zum Ausgleiche von Verlusten oder zu einem anderen Zwecke gebildet, so kann die Auflösung, ohne daß es eines Gesellschafterbeschlusses bedarf, geschehen, sobald der vorgesehene Fall eingetreten ist. Mit Zustimmung aller Gesellschafter ist sie stets zulässig. Anm. 5. U n t e r die A k t i v e n sind auch die F o r d e r u n g e n der G e s e l l s c h a f t gegen die e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r einzustellen, gleichgültig, ob es sich um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis oder um solche aus einem anderen Rechtsverhältnis, z. B. einem Kaufgeschäft, handelt. Zu den Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis gehören insbesondere die Ansprüche auf noch ausstehende Beiträge in Geld oder Sachwerten, nicht dagegen auf Dienstleistungen, die dem einzelnen Gesellschafter aus der Pflicht zur Geschäftsführung obliegen. Auch soweit es sich um einen Anspruch auf Leistung von Sacheinlagen handelt, ist nur der Anspruch darauf einzustellen, nicht der Wert der Sacheinlagen selbst. Jedoch wird, wenn der Anspruch fällig und zweifellos erfüllbar ist, der Wert des Anspruchs regelmäßig gleich dem der einzubringenden Sachen sein. Der Wert der einzubringenden Sachen kann auch ohne weiteres eingesetzt werden,

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§120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6—10 wenn man die dem Kaufmann geläufige wirtschaftliche Betrachtungsweise anwendet, nach der es darauf ankommt, ob die Gesellschaft wirtschaftlich und wenigstens schuldrechtlich über eine Sache frei verfügen kann, auch wenn die sachenrechtliche Übertragung, z. B. durch Auflassung von nach dem Gesellschaftsvertrag einzubringenden Grundstücken noch nicht erfolgt ist; ebenso Wieland I 558. Wird der A n s p r u c h auf die Geld- oder Sacheinlage als Aktivum in die Bilanz eingestellt, so muß durch Aufnahme eines Gegenpostens auf der Passivseite darauf hingewiesen werden, daß nach Leistung der Einlage Gutschrift auf das Kapitalkonto zu erfolgen hat; Düring.-Hach. § 120 Anm. 6. Anm. 6. Da anders als bei der Aktiengesellschaft das von den Gesellschaftern in die Gesellschaft eingebrachte Vermögen nicht zugunsten der Gesellschaftsgläubiger geschützt ist, sondern mit Zustimmung aller Gesellschafter frei zurückbezahlt werden kann, ist das E i n l a g e v e r m ö g e n nicht, wie nach § 131 Abs. 1 B I AktG. das Grundkapital, auf die Passivseite in die Jahresbilanz aufzunehmen (bestritten; a. A. z. B. Otto, Betriebsberater 1949 S. 200; für den eigentlichen Zweck der Jahresbilanz, die Ermittelung und Verteilung des Jahresgewinns- oder Verlustes, macht es keinen Unterschied, wenn das Kapital-Saldo der Aktiv- und Passivposten, in die Bilanz nicht als Passivposten aufgenommen wird). Anm. 7. Da das jeweilige Jahresergebnis zu ermitteln ist, ist von der B i l a n z des v o r h e r g e h e n d e n J a h r e s auszugehen. Danach kann im einzelnen Jahre ein Gewinn vorhanden und unter die Gesellschafter nach Maßgabe des § 120 zu verteilen sein, auch wenn das oder die vorhergehenden Jahre mit einem ungedeckten Verlust abgeschlossen haben und das durch die ursprüngliche oder spätere Einlage der Gesellschafter aufgebrachte Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden ist. Dadurch unterscheidet sich die offene Handelsgesellschaft wesentlich von der Aktiengesellschaft, bei der verteilbarer Gewinn nicht vorhanden ist, solange das satzungsmäßige Grundkapital infolge früherer Verluste nicht mehr vorhanden ist und nicht durch Gewinne wieder aufgefüllt ist (verhindert wird die Auszahlung von Gewinn in diesem Falle durch die vorstehend erwähnte Vorschrift des § 131 AktG.). Andererseits kann bei der offenen Handelsgesellschaft in einem einzelnen Geschäftsjahr ein Verlust entstehen, der nach § 120 auf die Gesellschafter zu verteilen ist, obwohl das Einlagevermögen noch voll erhalten ist oder infolge der Gewinne früherer Jahre sich sogar vermehrt hat. Anm. 8. Da es sich nur um das innere Verhältnis unter den Gesellschaftern handelt, können diese f ü r die Gewinn- u n d V e r l u s t e r m i t t e l u n g u n d - V e r t e i l u n g von den öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittelung, insbesondere über die Bewertung desVermögens abweichen. Die Verpflichtung zur Aufstellung einer Jahresbilanz nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften wird dadurch nicht berührt. Die Gesellschafter können auch vereinbaren, daß für die Gewinn- und Verlustermittelung und -Verteilung, die sogenannte S t e u e r b i l a n z , d. h. die nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Ermittelung des Gewinns aufzustellende Bilanz, maßgebend sein soll. Anm. 9. Unter G e w i n n o d e r Verlust ist bei der Bilanzaufstellung wie auch beim Einzelkaufmann und den Kapitalgesellschaften nur der R e i n g e w i n n , d . h . der Über* schuß der Aktivposten über die Passivposten, oder der R e i n v e r l u s t , d. h. der Überschuß der Passivposten über die Aktivposten, jeweils gemessen am Ergebnis der vorhergehenden Jahresbilanz, zu verstehen, denn nur Gewinn oder Verlust in diesem Sinne kann nach kaufmännischer Auffassung für eine Verteilung in Betracht kommen; vgl. auch § 131 Abs. 3, § 132 Abs. 2 AktG. Über einzelne Geschäfte innerhalb des Geschäftsjahres ist eine Feststellung und Verteilung voir Gewinn oder Verlust nicht zu machen; RG. 73, 426. Auch Z w i s c h e n b i l a n z e n kommen für die Gewinnermittelung und Verteilung nach § 120 nicht in Frage; RG. in JW. 1898, 360. Sie können aber zu anderen Zwecken aufgemacht werden und erforderlich sein, wenn während des Geschäftsjahres der Vermögensstand der Gesellschaft auf einen bestimmten Tag festgestellt werden soll, etwa für die Abfindung eines ausscheidenden oder wegen des Eintritts eines neuen Gesellschafters. Anm. 10. Die A u f s t e l l u n g u n d F e s t s t e l l u n g der Bilanz. Unternehmer sind bei der offenen Handelsgesellschaft alle Gesellschafter, deshalb haben auch alle Gesellschafter die Bilanz zu unterzeichnen (bei der Kommanditgesellschaft nur die per-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120

Anm. 11—18

sönlich haftenden Gesellschafter; vgl. wegen der Stellung des Kommanditisten auch § 107 Anm. 3), § 41. Die g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n Gesellschafter haben die Feststellung durch Aufstellung eines Entwurfs vorzubereiten (sie haben sie nach dem Sprachgebrauch des § 125 AktG. „aufzustellen", während die Gesamtheit der Gesellschafter die Bilanz „festzustellen" und damit die Verantwortung für ihre Richtigkeit zu übernehmen hat). Auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter sind zur Mitwirkung bei der Feststellung der Bilanz berechtigt und verpflichtet. Jeder Gesellschafter kann auf Aufstellung der Bilanz durch die geschäftsführenden Gesellschafter und auf Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Feststellung der Bilanz gegen die säumigen Gesellschafter klagen. Der einzelne Gesellschafter kann auch auf Feststellung klagen, daß die ihm zur Unterzeichnung vorgelegte Bilanz sachlich unrichtig ist. Ebenso kann gegen die die Richtigkeit Bestreitenden auf Feststellung der Richtigkeit geklagt werden. Die Feststellung der Bilanz ist regelmäßig mit der Unterzeichnung durch alle Gesellschafter vollendet. Die Feststellung enthält das Anerkenntnis der Richtigkeit der Bilanz. Das Anerkenntnis kann aber auch in anderer Weise, insbesondere durch schlüssige Handlungen erfolgen. Die F e s t s t e l l u n g d e r B i l a n z h a t die W i r k u n g , daß sie im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern für die Ermittelung und Verteilung des Gewinns oder Verlustes des abgelaufenen Geschäftsjahres maßgebend ist. Dies gilt namentlich für die Bewertung der Aktiven und Passiven, die Bildung stiller Reserven und die damit vereinbarte Zurückhaltung von Gewinn, die Grenzen des Entnahmerechts, die Gut- und Lastschriften auf die Kapitalkonten. Die festgestellte Bilanz hat damit den Charakter eines Vertrags unter den Gesellschaftern, vgl. Buchwald, Die Bilanzen der Personalgesellschaften als Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern, Jur.Rundschau 1948 S. 65 ff. Die festgestellte Bilanz bildet aber auch die Grundlage für das weitere Leben der Gesellschaft, namentlich für die Geschäftsführung, und ist auch die Grundlage für die Ermittelung des Gewinns und Verlustes für das nachfolgende Geschäftsjahr der Gesellschaft. Durch e i n s t i m m i g e n B e s c h l u ß können die Gesellschafter die B i l a n z ä n d e r n oder eine neue feststellen, Wenn sich die zuerst festgestellte als unrichtig erwiesen hat. Anm. 11. Der einzelne Gesellschafter kann seine zustimmende Erklärung nach den allgemeinen Vorschriften über die Anfechtung einer Abstimmung wegen W i l l e n s m ä n g e l n a n f e c h t e n ; vgl. § 119 Anm. 18. E r kann auch die Nichtigkeit der Abstimmung oder der Bilanz im ganzen nach den Regeln des bürgerlichen Rechts geltend machen. Die Anfechtung eines einzelnen Bilanzpostens hat nicht notwendig die Nichtigkeit der ganzen Bilanz zur Folge, vgl. auch die Erl. zu § 40 und Buchwald a. a. O. Ein Gesellschafter kann auch das in der Zustimmung liegende Anerkenntnis der Richtigkeit der Bilanz mit der Begründung, daß die Zustimmung auf tatsächlich unrichtigen Voraussetzungen beruhe gemäß § 812 Abs. 2 B G B . widerrufen; R G . 4 8 , 8 2 ; Bolze 12 Nr. 403; R G . in J W . 1903,28. E r kann auch auf Feststellung einer neuen, richtigen Bilanz klagen. Der Widerruf ist unzulässig, wenn der Gesellschafter trotz Kenntnis der Unrichtigkeit die Bilanz gutgeheißen hat. Liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften vor, wie gegen das Verbot der Überbewertung der Aktiven, so muß die Berichtigung der öffentlich-rechtlichen Bilanz trotzdem erfolgen. Im inneren Verhältnis, wie bei Berechnung des Abfindungsguthabens eines ausscheidenden Gesellschafters, bleibt der Anerkennende auch in diesem Falle gebunden. Anm. 12. Für die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften festzustellende Bilanz sind die Gesellschafter im Falle der Konkurseröffnung auch s t r a f r e c h t l i c h v e r a n t w o r t l i c h , wenn sie in der Bilanz wissentlich falsche Angaben machen, z. B . durch Aufnahme fingierter Forderungen; § 240 Nr. 3 KO.; R G S t . 13, 354. Anm. 13. Auf die Feststellung der Bilanz erfolgt die in Abs. 1 vorgeschriebene E r m i t t e l u n g des J a h r e s g e w i n n s oder - V e r l u s t e s . Gewinn oder Verlust ergeben sich ohne weiteres aus der Vergleichung der neuen mit der vorhergehenden Bilanz. Während die Feststellung der Bilanz, insbesondere weil sie auch die Grundlage für die weitere Geschäftsgebarung der Gesellschaft bildet, ein sozialrechtlicher Vorgang ist, hat die sich daran anschließende Ermittlung und Verteilung von Gewinn und Verlust nur vermögensrechtliche Bedeutung. Deshalb kann sich ein Gesellschafter, wohl bei der letzteren, nicht

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§120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 14—16 aber bei der ersteren beliebig durch einen B e v o l l m ä c h t i g t e n vertreten lassen; RG. in J W . 1929, 328". Anm. 14. Abs. 1 schreibt weiter vor, daß am Schlüsse jedes Geschäftsjahres der A n t e i l j e d e s G e s e l l s c h a f t e r s an dem auf G r u n d d e r J a h r e s b i l a n z e r r e c h n e t e n G e w i n n o d e r V e r l u s t berechnet wird. Nur die Berechnung des Anteils wird hier vorgeschrieben. Was mit dem Gewinn oder Verlust geschieht und welchen Einfluß die Berechnung auf die künftige Beteiligung der Gesellschafter hat, ist in den folgenden Vorschriften (§ 120 Abs. 2; §§ 121, 122) gesagt. Die Berechnung des Anteils jedes Gesellschafters am Gewinn und Verlust muß auch für solche Gesellschafter erfolgen, d e r e n K a p i t a l k o n t o (vgl. über dieses Anm. 16) p a s s i v i s t , denn auch der Gesellschafter mit passivem Kapitalkonto bleibt Gesellschafter, RG. in SeuffA. 95 Nr. 34 und nimmt am Gewinn und Verlust teil; v?l. Anm. 17. Anm. 15. Die Vorschriften des Abs. 1 sind n i c h t z w i n g e n d . Im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Gesellschafter, vgl. § 119, kann bestimmt werden, daß die jährliche Berechnung und Verteilung von Gewinn oder Verlust unterbleibt oder in längeren Zeitabschnitten oder erst nach Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft erfolgt. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Feststellung der Jahresbilanz bleibt dadurch allerdings unberührt. Liegt eine solche Vereinbarung vor, so kann auch die in Abs. 2 vorgesehene Gut- oder Lastschrift und die Verteilung von Gewinn und Verlust und die Ausübung des Entnahmerechts nur in Anpassung an die vom Gesetz abweichende Vereinbarung erfolgen. Anm. 16. Die Gut- und Lastschrift des Gewinn- und Verlnstanteäls jedes Gesellschafters. D e r e i n e m G e s e l l s c h a f t e r z u k o m m e n d e G e w i n n w i r d d e m K a p i t a l a n t e i l des G e s e l l s c h a f t e r s z u g e s c h r i e b e n ; d e r auf e i n e n G e s e l l s c h a f t e r e n t f a l l e n d e V e r l u s t sowie d a s w ä h r e n d des G e s c h ä f t s j a h r e s auf den K a p i t a l a n t e i l e n t n o m m e n e Geld w i r d d a v o n a b g e s c h r i e b e n , Abs. 2. Die Vorschrift ordnet ihrem Wortlaut nach nur die buchmäßige Behandlung des jeden Gesellschafter auf Grund der Berechnung nach Abs. 1 treffenden Anteils am Gewinn und Verlust des abgelaufenen Geschäftsjahrs, indem sie eine entsprechende Gutschrift oder Lastschrift zu oder von dem Kapitalanteil des Gesellschafters vorschreibt. Daraus ergibt sich, daß die Gesellschaft für jeden Gesellschafter ein besonderes Konto, das Kapitalkonto, führen muß, das über den Kapitalanteil jedes Gesellschafters Auskunft gibt. Das Gesetz enthält keine B e g r i f f s b e s t i m m u n g des K a p i t a l a n t e i l s . Außer der Vorschrift in Abs. 2 enthält es nur noch die nachgenannten Bestimmungen, die das Vorhandensein eines Kapitalanteils voraussetzen. Nach § 121 Abs. 1 bemißt sich die dort vorgesehene Zuteilung der sogenannten Vordividende von vier vom Hundert des Jahresgewinns nach dem Kapitalanteil jedes Gesellschafters. Nach § 121 Abs. 2 sind bei der Berechnung nach Abs. 1 daselbst die im Laufe des Geschäftsjahres gemachten Einlagen zugunsten des Gesellschafters, die im Laufe des Geschäftsjahres entnommenen Gelder zu seinen Ungunsten zu berücksichtigen, daraus ergibt sich jedenfalls, daß die gemachten Einlagen dem Kapitalanteil zzuurechnen, entsprechende Entnahmen ihm abzuschreiben sind. In § 122 Abs. 1 ist das Entnahmerecht des Gesellschafters von der Höhe seines Kapitalanteils abhängig gemacht. Abgesehen von den vorstehend genannten Verfügungsrechten ist im übrigen der Gesellschafter nicht befugt, ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter seinen Kapitalanteil zu vermindern. Nach § 155 ist nach Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft das Reinvermögen nach dem Verhältnis der Kapitalanteile, wie sie sich aus der Schlußbilanz ergeben, zu verteilen. Aus dem Inhalt und Zweck dieser Vorschriften ist zu entnehmen, daß der Kapital' anteil und dag ihn wiedergebende Kapitalkonto nur der gesetzliche Maßstab ist für die wirtschaftliche Beteiligung des einzelnen Gesellschafters am Geschäftskapital der Gesellschaft, d. h. am Gesellscbaftsvermögen; RG. 117, 242. Der Kapitalanteil bezeichnet somit, nicht einen bestimmten q u o t e n m ä ß i g e n Anteil des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen. Da das Gesellschaftsvt rmögen im Gesamthandseigentum aller Gesellschafter steht, gibt es einen quotenmäßigen Anteil der Gesellschafter daran nicht; vgl. § 105 Anm. 35ff. Die im Kapitalanteil zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Beteiligung des einzelnen Gesellschafters hat aber bestimmte R e c h t s w i r k u n g e n , die in den genannten Vorschriften ausgesprochen sind, nämlich für die Gewinnverteilung,

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 17—19 das Entnahmerecht, den Anspruch auf das Reinvermögen bei der Auflösung der Gesellschaft. Die Vorschriften über die Gut- und Lastschrift dienen der Feststellung und Sicherung dieser auf der Höhe des Kapitalanteils beruhenden Ansprüche. Da der Kapitalanteil nach diesen Vorschriften sich durch Gut- und Lastschriften ziffernmäßig bestimmter Beträge bemißt, ist er selbst ziffernmäßig begrenzt und dargestellt. Aus der angegebenen Bedeutung des Kapitalanteils ergibt sich aber, daß diese Ziffer nicht das Bestehen eines Anspruchs des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Leistung eines bestimmten Geldbetrages, sei es auch erst bei Beendigung der Gesellschaft, zum Ausdruck bringt. Deshalb kann der einzelne Gesellschafter auch nicht einen Anspruch auf einen dem buchmäßigen Kapitalanteil entsprechenden Geldbetrag an einen Dritten abtreten. Er kann nur das abtreten, was er n a c h M a ß g a b e seines K a p i t a l a n t e i l s als Gewinn oder als Abwicklungsguthaben bei Beendigung der Gesellschaft oder als Abfindungsguthaben bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft erhält; vgl. RFH. 12, 68; Geiler in StuW. 1928, 1014ff. Anm. 17. Die Zusammensetzung des Kapitalanteils. Der Kapitalanteil setzt sich nach den für seine Begriffsbestimmung maßgebenden Vorschriften und nach seinem Zweck, die wirtschaftliche Beteiligung des einzelnen Gesellschafters darzustellen (vgl. vorstehende Anm.), zusammen aus den Einlagen des einzelnen Gesellschafters und den nach Abs. 2 zu bewirkenden Gutschriften aus Gewinnanteil. Bei Beginn der Gesellschaft können dem Kapitalkonto des einzelnen Gesellschafters nur die Einlagen zugeschrieben werden, die er zu diesem Zeitpunkt gemacht hat. Als Einlagen können nur solche Sachen und Rechte gelten, die in das Vermögen der Gesellschaft übergehen, nicht ihr nur zur Benützung überlassene Gegenstände. Gutzuschreiben sind auch nur Vermögenseinlagen, nicht aber die Arbeitskraft; die der einzelne Gesellschafter zur Verfügung zu stellen hat. Sie ist eingelegtem Kapital nicht gleichzustellen. Das Kapitalkonto wird vermehrt durch spätere neue Einlagen und durch die Gutschriften der Gewinnanteile. Es vermindert sich durch die anteilsmäßige Belastung mit dem entstandenen Verlust und durch die z u l ä s s i g e n Entnahmen. Das Kapitalkonto kann danach auch passiv werden. Auch das passive Kapitalkonto bezeichnet nur die anteilsmäßige wirtschaftliche Beteiligung des einzelnen Gesellschafters an der Gesellschaft. Die Passivität der Beteiligung äußert sich namentlich bei der Auseinandersetzung bei der Beendigung der Gesellschaft; vgl. die Erl. zu § 155. Die in dem passiven Kapitalkonto des einzelnen Gesellschafters ersichtliche Ziffer bedeutet danach nicht das Bestehen einer Schuld des einzelnen Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Er ist auch während Bestehens der Gesellschaft nicht verpflichtet, zur Ausgleichung des Verlustes des einzelnen Geschäftsjahres einen seinem ihm zur Last geschriebenen Anteil entsprechenden B trag an die Gesellschaftskasse zu bezahlen. Da das Kapitalkonto nur das Verhältnis der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter am Geschäftskapital darstellt, braucht die Summe der aktiven Kapitalkonten nicht gleich dem Geschäftskapital zu sein. Bei Beginn der Gesellschaft trifft das allerdings zu. Da Verschiebungen möglich sind, z. B. durch ungleiche Entnahmen der einzelnen Gesellschafter, ist später die Summe aller aktiven Kapitalanteile auch nach Abzug der passiven nicht notwendig gleich dem Gesellschaftsvermögen. Anm. 18. Die K a p i t a l k o n t e n s i n d , da sie keine F o r d e r u n g oder S c h u l d der G e s e l l s c h a f t d a r s t e l l e n , n i c h t als A k t i v u m oder P a s s i v u m in der J a h r e s b i l a n z der G e s e l l s c h a f t a u f z u n e h m e n ; a. M. J. v. Gierke, HR. (5) II S. 123; Hueck S. 128; Haupt S. 61; Würdinger S. 117. Anm. 19. Vom Kapitalkonto zu unterscheiden ist das P r i v a t k o n t o oder Sep a r a t k o n t o oder S o n d e r k o n t o des einzelnen Gesellschafters. Auf diesem sind einmal die Ansprüche und Verpflichtungen des Gesellschafters zu buchen, die nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis herrühren, z. B. solche aus einem Kaufgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Hier sind aber auch alle Vorgänge gesellschaftsrechtlicher Natur zu buchen, die nicht nach vorstehenden Ausführungen auf dem Kapitalkonto zu buchen sind. Dahin gehören z. B., auf der Passivseite, die u n b e r e c h t i g t e n Entnahmen eines Gesellschafters, denn diese sind der Gesellschaft zu erstatten (OLG. 16, 92), seine nicht erfüllten Einlageverpflichtungen, auf der Aktivseite Ansprüche aus Verwendungen (§ 110) oder Einlagen, die nicht im Gesellschaftsvertrage vorgesehen oder

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§120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 20—22 nicht von allen Gesellschaftern zugelassen sind. Hier handelt es sich um echte, ziffernmäßig bestimmte Forderungen und Schulden zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Sie können die Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftskapital und damit am Gewinn oder dem Reinvermögen bei der Auseinandersetzung und das Entnahmerecht nicht beeinflussen. Wenn die Veränderungen des Kapitalkontos während des Geschäftsjahres, z. B. durch Entnahmen, zunächst auf einem besonderen Konto gebucht werden, um am Ende des Jahres auf das Kapitalkonto umgebucht zu werden, so hat die vorläufige Buchung keine Bedeutung für die Beteiligung des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen. Eine unrichtige Buchung allein kann die rechtliche Beurteilung eines Postens nicht ändern; Bolze 19 Nr. 621; RG. 31, 143. Die scharfe Trennung von Kapitalkonto und Privatkonto eines Gesellschafters ist nicht nur wegen der gesellschaftsrechtlichen Bedeutung des Kapitalkontos, vgl. Anm. 16, sondern auch deshalb zu beachten, weil der Unterschied beider Konten auch für die s t e u e r l i c h e B e w e r t u n g d e s B e t r i e b s v e r m ö g e n s von wesentlicher Bedeutung ist; RFin.hof 16, 10 = J W . 1925, 20331. Anm. 20. Im Gesellschaftsvertrage oder nachträglich kann zwischen den Gesellschaftern vereinbart werden, daß die an sich auf Kapitalkonto zu buchenden Posten, z. B. Ansprüche auf Gewinn, nicht auf dem Kapitalkonto, sondern auf dem Privatkonto gebucht werden. Sie ändern dadurch ihre Natur mit den sich aus dieser ergebenden Folgen für das Beteiligungsverhältnis und für das Entnahmerecht. Sie werden gewöhnliche Forderungen und Schulden; RG. 128, 75; R F H . 16,10 = J W . 25, 20331. Andererseits kann auch vereinbart werden, daß andere Leistungen eines Gesellschafters als Geld- und Sacheinlagen auf Kapitalkonto gutgeschrieben werden, um bei der Gewinnverteilung oder bei der Vermögensverteilung nach Auflösung als solche behandelt zu werden; z. B. könnte die Arbeitsleistung eines mit Vermögenseinlagen nicht oder wenig beteiligten Gesellschafters mit einem bestimmten Betrage gewertet und auf seinem Kapitalkonto gutgeschrieben werden oder gewisse Leistungen der Gesellschaft an ihn könnten seinem Kapitalkonto belastet werden. Anm. 21. Die Gesellschafter können auch vereinbaren, daß die Rechtsfolgen, die sich nach der gesetzlichen Regel aus der Höhe des Kapitalanteils ergeben, vgl. Anm. 16, in anderer Weise geregelt werden. Sie können insbesondere vereinbaren, daß ihre Beteiligung durch ein unverändert bleibendes Verhältnis, also q u o t e n m ä ß i g , bestimmt wird, z. B. daß der einzelne zu V« beteiligt ist und daß sich nach diesem Verhältnis die Beteiligung am Gewinn und Verlust und am Abwicklungserlös, das Abfindungsguthaben des Ausscheidenden und das Entnahmerecht richtet; RGUrt. vom 6. Februar 1941, II 69/40 = SeuffA. 95 Nr. 34 = DR. 1941, 1299". Es kann auch für die Verteilung des jährlichen Reingewinns ein anderer Maßstab als für die Verteilung des sog. Abwicklungserlöses, der nach Durchführung der Abwicklung zu ermitteln ist, oder für die Ermittelung des Abschließungsguthabens eines aus der fortbestehenden Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafters vereinbart werden; vgl. § 154 Anm. 12 u. 13; § 155 Anm. 4. Es kann auch vereinbart werden, daß ein Gesellschafter einen bestimmten Prozentsatz im voraus erhält, und daß der Rest nach dem gesetzlichen oder einem andern Maßstab verteilt wird. Haben die Gesellschafter eine Vereinbarung über die Verteilung des Gewinns getroffen, so ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln, ob die vom Gesetz abweichende Regelung nur für die Verteilung des Jahresgewinns oder auch für die Verteilung des Abwicklungsgewinns gilt; vgl. § 154 Anm. 12, oder ob sie auch für die Verteilung des Reinvermögens nach § 155 gelten soll. Ist ein „Voraus" für eine besondere Tätigkeit, z. B. die Geschäftsführung gewährt, so spricht das für eine Beschränkung auf den Jahresgewinn. Anm. 22. Vereinbart kann auch werden, daß der nach den allgemeinen Grundsätzen als Gewinn zu behandelnde Vermögensüberschuß überhaupt nicht als Gewinn behandelt werden, sondern dauernd im Vermögen der Gesellschaft bleiben soll. Er verliert dann den rechtlichen Charakter als Gewinn mit den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, insbesondere mit der Folge, daß die Auszahlung nicht einseitig gefordert werden kann. Eine solche Vereinbarung liegt auch vor, wenn sie auf Bildung einer Rücklage, einer offenen oder stillen, geht. Doch kann — was unter Umständen durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln ist — der Vertragswille auch dahin gehen, daß der bei

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 23—25 der Gesellschaft zurückbehaltene Gewinn oder Gewinnanteil seinen rechtlichen Charakter behalten soll und daß der Gewinn nur vorerst nicht, sondern erst später, etwa wenn das Bedürfnis für eine Rücklage weggefallen ist, ausbezahlt werden soll. Dann steht der Anspruch auf diesen Gewinn nach wie vor den Gesellschaftern zu, denen er ohne die Vereinbarung der Nichtausschüttung zukäme. Diese Gesellschafter können dann — wieder nach Maßgabe des näheren Inhalts der Vereinbarung — darüber verfügen. Dies kann von praktischer Bedeutung sein, wenn ein Gesellschafter ausscheidet. Bildet der zurückbehaltene Gewinnanteil eines Gesellschafters nach dem Willen der Gesellschafter in Wirklichkeit einen Teil seines Kapitalanteils, so erhöht sich sein Abfindungsguthaben, wenn es sich nach seinem Kapitalanteil richtet, entsprechend. Tritt ein neuer Gesellschafter ein, so können die bisherigen den zurückbehaltenen Gewinn nunmehr ihren Kapitalanteilen gutschreiben lassen oder von dem neu eintretenden verlangen, daß er ihnen für die künftige Beteiligung an der geschaffenen Rücklage eine Vergütung leistet oder mit anderen Worten: sie können die durch die Rücklagebildung geschehene Vermehrung des Gesellschaftsvermögens bei Bemessung des Ginkaufsgeldes des neuen Gesellschafters berücksichtigen. Wird lediglich die Bildung einer Rücklage vereinbart, i nsbesondere zum Ausgleich von künftigen Verlusten, und wird nicht die Buchung auch dieses Teils auf die Kapitalkonten vereinbart, so verliert sie regelmäßig den Charakter als Gewinn. Dann sind die Beträge weder bei Berechnung der Vordividende nach § 121 noch der Entnahme zu berücksichtigen. Anm. 23. Der Anspruch des einzelnen Gesellschafters auf Gewinnberechnung und Verteilung auf die einzelnen Gesellschafter, auf Gutschrift auf seinen Kapitalanteil und auf Auszahlung seines Anteils und auf Entnahme nach § 122 ist unabhängig davon, ob der Gesellschafter seine Einlagepflicht oder sonstige Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag erfüllt hat, denn es handelt sich insofern nicht um Leistungen, die miteinander im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen; vgl. § 105 Anm. 82. Anm. 24. Wegen der für die Aufstellung der Bilanz für die Zeit der nach dem 1. Weltkrieg eingetretenen Geldentwertung und die sich daran anschließende Übergangszeit maßgebenden Grundsätze vgl. RG. 117, 238; Warn. 28, 123; 29, 116; SeuffA. 85, 182; OVG. 90, 189. Anm. 25. Einwirkung der Währungsreform auf das Rechtsverhältnis der Oeselischafter untereinander. Schrifttum: H a r m e n i n g - D u d e n , Kommentar zu den Währungsgesetzen nebst Durchführungsverordnungen für die Westzonen und Abdruck der W ä h r u n g s v o r s c h r i f t e n f ü r die Ostzone. B e n k a r d , Die Währungsreform der Ostzone und ihre Folgen für die Rechtbeziehungen zu den Westzonen. Betriebsberater (BB) 48, S. 365ff.). Probleme der Währungsreform, Gemeinschaftswerk von Götze, H i l d e b r a n d t , J u r i s c h - K r e c h - M ö l l e r - S i e g e r t - S k a u p . H u b e r n a g e l , Umstellungsgesetz. V e i t h , Recht der Geldumstellung I; II: Beteiligungen und Auseinandersetzungen (gemeinsam mit H. K. Klauss) Beuck-Paret, D. M. Bilanzgesetz. F a l k , DM. Eröffnungsbilanz. H. von B o e h m e r , Das Bilanzgesetz u. die Umstellung von Schuldverhältnissen. Geile r - S t e h l i k - V e i t h , Kommentar zum D.M.-Bilanzgesetz. Meilicke, D.M.-Bilanzen, Kapitalumstellung, Unterpehmensgestaltung, Kommentar zum Bilanzgesetz. Schmöld e r - G e s s l e r - M e y l e , D. M.-Bilanzgesetz, Komm. Zum Schrifttum über die Währungsreform vgl. auch die Zusammenstellung von Duden SJZ. 49, 302 und die für Dez. 49/Jan. 50 angekündigte Fortsetzung. Da die Gesetze über die Währungsreform, nur das Geldwesen neu regeln, bleiben unberührt alle Bestimmungen des Gesellschaftsrechts und der Gesellschaftsverträge, aus denen sich nicht Ansprüche auf oder Verpflichtungen zu Geldleistungen ergeben. Unberührt bleiben also vor allem Ansprüche auf Sachleistungen jeder Art, auf Sacheinlagen, auf Nutzungsrechte an Sachen oder gleichgestellte Werte (Wertpapiere, Berechtigungen), auf Rückgabe von Sachen, auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, auf Dienste, auf die Verwaltungs- und Kontrollrechte. Nach § 2 des 1. Währungsgesetzes für die Westzonen, tritt, soweit in Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsakten oder rechtsgeschäftlichen Erklärungen die Rechnungseinheiten Reichsmark, Goldmark oder Rentenmark verwendet werden, vorbehaltlich besonderer Vorschriften für bestimmte Fälle, an die Stelle dieser Rechnungseinheiten die Rechnungseinheit Deutsche Mark. 11

HGll.

l l d . l l . ( W c i l i c r t . ) 2. Aufl.

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 25 Diese Bestimmung enthält das Grundprinzip der Währungsreform, das neben dem Hauptziel der Reform, durch Beseitigung des Geldüberhang die Wirtschaft zu sanieren, auch für die Auslegung der vorbehaltenen Bestimmungen von Bedeutung ist. Diese besonderen Bestimmungen sind im Umstellungsgesetz enthalten. Sie enthalten ihrer Natur nach Übergangsvorschriften. Zu ihnen gehören die §§13 und 16 UG. für die Westzonen nach denen aus Schuldverhältnissen vor dem 21. Juni entstandene Ansprüche, die auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sind, im Verhältnis 10:1 umzustellen sind, soweit nicht wieder Ausnahmen bestimmt sind. §§ 16, 18. Umstellang auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhender Ansprüche aal Leistung einer Reichsmarkzahlung. Der Umstand, daß eine Reichsmarkforderung oder -schuld ihren Ursprung in dem Gesellschaftsverhältnis hat, hindert die Umstellung nach den Vorschriften des Umstellungsgesetzes, insbesondere nach § 16 im Verhältnis 10:1, allein nicht. Dies gilt namentlich von Ansprüchen, die den Bestand der Gesellschaft und das Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes nicht wesentlich beeinträchtigen. Dazu gehören namentlich Ansprüche, die der freien Abtretung unterliegen. Deshalb sind im Verhältnis 10:1 umgestellt: die Ansprüche der Gesellschafter auf ihren festgestellten Gewinnanteil, auf Entnahmen, die vor dem Stichtag fällig waren, auf Ersatz von Aufwendungen und bei der Geschäftsführung erlittener Schäden, auf besondere Vergütungen für die Geschäftsführung oder besondere Dienstleistungen. In gleicherweise sind umzustellen Z.B.Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter auf Zinsen oder Schadensersatz wegen verspäteter Leistung einer Geld- oder Sacheinlage, auf Schadensersatz wegen Verletzung der Geschäftsführerpflichten-Verletzung des Wettbewerbsverbots oder sonstigen pflichtwidrigen Verhaltens, wegen unzulässiger Entnahmen. Meinungsverschiedenheiten bestehen darüber ob in Geld zu leistende E i n l a g e n oder der Schadensersatz bei zu vertretender Unmöglichkeit der Leistung von Sacheinlagen nach § 16 UG. im Verhältnis von 10:1 umzustellen ist oder ob nach der Grundregel des § 2 des Währungsgesetzes an Stelle des Reichsmarkbetrags der gleiche Betrag in Deutscher Mark tritt. Für die erste Auffassung: Harmening-Duden, Umstellungsges. S. 254; Bosebeck N J W . 48, 510; Veith, Betrieb 48, 421 von Cämmerer, SJZ. 1948, 820; Veith, Beteiligungen S. 21, für die zweite: Würdinger, MDR. 48, 230. Für individuelle Behandlung treten ein: Meyer N J W . 49, 284; TedrupWirtschaftsprüfung 49, 85; Sudhoff N J W . 49, 87. Die Umstellung 10:1 führt wie auch HarmeningDuden zugeben, in der Regel zu unbilligen Ergebnissen, wenn ein Gesellschafter eine wertvolle Sacheinlage geleistet hat und dem Unternehmen durch die Reduzierung der Geldeinlage das flüssige Betriebskapital nicht zufließt. Das Umstellungsgesetz zwingt auch nicht notwendig zu der Umstellung im Verhältnis 10:1. Zwar ist eine Geldeinlage zu leisten. Aber das Rechtsverhältnis ist doch nicht auf diese Geldleistung gerichtet, sondern auf den gemeinsamen Betrieb eines Handelsunternehmens, für den die Gesellschafter die vereinbarten Beiträge für erforderlich gehalten haben. Die Nichtleistung eines einzelnen würde über den eigentlichen Gegenstand der Leistung hinaus die weitergehende Gesellschafterpflicht und die Gesellschaftertreue verletzen. Auch der dem § 18 Abs. 1 Nr. 3 UG. zugrunde liegende Gedanke spricht für die Umrechnung zum Nennwert in DM. Wie der ausscheidende Gesellschafter voll dafür abgefunden werden soll, daß die anderen das Unternehmen behalten, soll auch jeder, der darin bleiben will, den vollen Einsatz leisten, vgl. Boehmer, 8. Beiheft DRZ. 49, 30. Nach Lage des Einzelfalls könnte eine vermittelnde Lösung geboten sein, § 242 BGB., oder die r i c h t e r l i c h e V e r t r a g s h i l f e eingreifen. Nimmt man an, daß die Einlageverpflichtung im Verhältnis von 10:1 umgestellt ist und dadurch das von den Gesellschaftern bei Vertragsschluß vorgesehene Verhältnis der gegenseitigen Leistungen geändert wird, so kann dies nicht ohne Einfluß auf die Bateuigung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen oder ihre Stelluug in der Verwaltung sein. Hat ein Gesellschafter berechtigt seine Geldeinlage in DM. u n t e r Umstellung im Verhältnis 10:1 geleistet, so kann ihm auch nur der entsprechende Betrag auf Kapitalkonto gutgeschrieben werden. In der dadurch bewirkten Verminderung seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, unter Umständen auch am Gewinn im

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 26 Vergleich zum Sacheinleger oder zu dem, der seine Geldeinlage früher der Gesellschaft zur nutzbringenden Verwendung zur Verfügung gestellt hat, kann im Binzelfall ein billiger Ausgleich für die Minderung des Beitrags zur Förderung des gemeinsamen Unternehmens liegen. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags nach Treu und Glauben wird aber regelmäßig die übrigen Gesellschafter verpflichten, einer Wiederherstellung des früheren Beteiligungsverhältnisses durch eine zusätzliche neue Einlage zuzustimmen. Der begünstigte Gesellschafter ist nach Treu und Glauben verpflichtet, innerhalb angemessener Frist, die spätestens mit Aufstellung der DM.-Eröffnungsbilanz beginnt, die neue Einlage anzubieten und zu leisten. Nach den Umständen des Falls kann die Verminderung der Geldeinlage durch die Umstellung auch die Grundlage des Unternehmens erschüttern, wie dies auch durch den Wegfall der Arbeitsfähigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters der Fall sein kann. Dies kann zutreffen, wenn der Betrieb des Unternehmens von einer großen Geldeinlage eines Gesellschafters abhängt und durch deren Wegfall auch die Existenz der im Betrieb arbeitenden Gesellschafter bedroht ist. In diesen Umständen k a n n ein wichtiger Grund zur Auflösung der Gesellschaft oder zur Ausschließung eines Gesellschafters wegen eines in seiner Person liegenden Grundes gefunden werden, um das Unternehmen zu liquidieren oder durch Aufnahme eines neuen Geldgebers wieder lebensfähig zu machen, §§ 133ff. HGB. Nach der Rechtsprechung sollen diese Rechtsbehelfe nur das äußerste Mittel sein, wenn nicht auf anderem Wege eine andere den beiderseitigen Interessen dienliche Lösung möglich ist. Insbesondere kommt hier eine der veränderten Sachlage entsprechende Umgestaltung des Gesellschaftsvertrags, etwa durch Aufnahme eines weiteren Gesellschafters in Frage. Zur Mitwirkung bei einer solchen Änderung — notfalls auch unter Opfern — sind alle Gesellschafter nach dem Grundsatz der gesellsc liehen Treupflicht gehalten. Die Verletzung dieser Pflicht kann den wichtigen Grund bilden oder sein Gewicht verstärken. Vgl. § 133 Anm. 17, § 140 Anm. 10 und die dort zitierten Entscheidungen und die Rechtslehre und Rechtsprechung über die ergänzende Vertragsauslegung; Palandt § 157 BGB. Anm. 2. Danach können namentlich Vertragsbestimmungen hinfällig werden, die einem Gesellschafter wegen seiner hohen Kapitalbeteiligung eine bevorzugte Stellung in der Verwaltung oder bei der Verteilung des Gewinns oder des Liquidationserlöses gewähren; vgl. auch Veith, Beteiligungen, S. 22. Anm. 26. Gesellschafterdarlehen. Nimmt man an, daß ausstehende Gesellschaftereinlagen, die auf Leistung eines Geldbetrages gehen, nach dem Währungsstichtag im Verhältnis 1:1 zu leisten sind, so erhebt sich die Frage, ob G e s e l l s c h a f t e r d ^ r l e h e n als Beteiligungen zu behandeln sind und ob demgemäß zugesagte, aber noch nicht geleistete Darlehen im Verhältnis 1:1 an die Gesellschaft zu leisten sind und die Rückzahlung vor dem Stichtag geleisteter Zahlungen unter dem Gesichtspunkt einer Teilauseinandersetzung nach § 18 Abs. 1. Z. 3 des Umstellungsgesetzes im gleichen Verhältnis zu erfolgen hat. Für die Bejahung spricht die Steuerrechtsprechung, die regelmäßig Gesellschafterdarlehen, wenigstens solche von längerer Dauer als verdeckte Einlagen, die Zinsen als verdeckten Gewinn betrachtet. Die Fortdauer dieser Rechtslage wird aber gerade im Hinblick auf § 73 Abs. 1 des DM.-Bilanzgesetzes bezweifelt. Vgl. Deutsche Ztg. u. Wirtsch. Ztg. 1949 Nr. 89. Vom Standpunkt des Gesellschaftsrechts wird es auf die steuerrechtliche Beurteilung nicht ankommen, sondern darauf, ob der Darlehnsgeber dlirch das Darlehen überwiegend das gemeinschaftliche Unternehmen fördern wollte. Für ein reines Darlehen wird regelmäßig sprechen, wenn der Darlehensgeber die vollen Gläubigerrechte aber keine durch die Geldhingabe bedingten Herrschaftsrechte, z. B. erhöhtes Stimmrecht oder erhöhten Gewinnanspruch hat, sondern nur auf feste Zinsen beschränkt ist und es sich nur um die üblichen Bedingungen fremder Geldgeber handelt. Liegen dagegen die für Beteiligung sprechenden Merkmale vor, so wird diese zu bejahen sein; Sudhoff N J W . 1949, 894/895. Dann sind diese Darlehen im vollen Nennbetrag in DM. in der DM.-Eröffnungsbilanz als Passiven einzustellen und bei Fälligkeit 1:1 zurückzubezahlen; vgl. Otto, BB. 49, 201; R. Köhler in Deutsche Zeitung u. Wirtsch.Ztg. 1949 Nr. 101. Liegt nach den gegebenen Tatsachen eine gesellschafterliche Beteiligung mit dem geliehenen Gelde vor, so. muß der Geldgeber sich aber auch dritten Gläubigern der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter behandeln lassen. Diese gehen ihm also im Gesellschaftskonkurse vor. ii*

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 27, 28 Anm. 27. Aufrechnung zwischen einer durch die Währungsgesetzgebung bevorzugten und einer im Verhältnis 10:1 umgestellten Forderung. Es ist bestritten, ob es nur darauf ankommt, ob sich beide Forderungen vor dem Währungsstichtage aufrechnungsfähig gegenüberstanden oder ob auch die Aufrechnungserklärung vor diesem Zeitpunkt von einer Seite dem anderen Teil zugegangen sein muß. Nach der ersten Meinung ist die bevorzugte Forderung in Höhe des RM.-Nennbetrags der Gegenforderung getilgt, auch wenn die Aufrechnungserklärung erst nach dem Stichtag erfolgt; so Duden, DRZ. 48, 335; Harmening-Duden, Die Währungsgesetze 1949, S. 202; Bergmann, N J W . 48, 407; v. Caemmerer, SJZ. 48, 515; Däubler DRZ. 49, 5; Spengler, N J W . 48, 644; Wünschmann, Jur.R. 48, 242 und zuletzt 0 . und D. Reinicke MDR. 49, 663. Nach der anderen Auffassung soll die Aufrechnung nur im Rahmen des unterschiedlich umgestellten DM.-Betrages erfolgen; so Landgericht Düsseldorf vom 28. 7. 49 Betrieb 49, 394 mit Anm.; Münzel, MDR. 49, 519; Wörbelauer, NJW. 49, 566. Der ersten Auffassung ist zuzustimmen. Aus dem Zwecke der Währungsgesetzgebung ergibt sich kein Grund, den einen Schuldner deshalb schlechter zu stellen, weil die Aufrechnungserklärung erst nach dem Währungsstichtag abgegeben ist und den Grundsatz des bürgerlichen Rechts nicht zur Geltung zu bringen, daß die Aufrechnungserklärung so wirkt, wie wenn sie im Zeitpunkt des Eintritts der gegenseitigen Aufrechnungsfähigkeit abgegeben worden wäre. Anm. 28. Die Relehsmarkscblnlibilanz. Nach der 17. DurchfVo. zum Umstellungsgesetz haben Kaufleute, die zur Führung vom Handelsbüchern verpflichtet sind, zum 20. Juni 1948 ihre in Reichsmark geführten Bücher durch eine Reichsmarkschlußbilanz, nebst Gewinn und V e r l u s t r e c h n u n g abzuschließen. §1 Abs. 1. Vom 21. Juni 1948 ab dürfen in der Reichsmarkrechnung lediglich noch diejenigen Buchungen vorgenommen werden, die durch die Gesetze zur Neuordnung des Geldwesens und die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen ausdrücklich zugelassen sind oder zur Bewirkung zugelassener Buchungsvorgänge, technisch erforderlich sind, und diejenigen, die der förmlichen Erstellung d Q s Reichsmarkabschlusses dienen. Alle derartigen Buchungen sind mit Wertstellung vom 20. Juni 1948 vorzunehmen, § lAbs. 2. Nach Abs. 3 beginnen die gesetzlichen und satzungsmäßigen Fristen für die Aufstellung, Vorlegung und Feststellung des Reichsmarkabschlusses am 1. März 1949. Kaufleute deren Jahresabschluß wie es bei Personengesellschaften der Fall ist, nicht der Prüfung bedarf, haben den Reichsmarkabschluß spätestens am 31. März 1949 aufzustellen. Im übrigen gelten für die Rechnungslegung und den Reichsmarkabschluß die allgemeinen Vorschriften. Der Jahresabschluß eines zwischen dem 1. Januar und dem 20. Juni 1948 abgelaufenen Geschäftsjahrs kann mit dem Reichsmarkabschluß in der Weise verbunden werden, daß der bis zum 20. Juni 1948 abgelaufene Teil des neuen Geschäftsjahrs dem vorhergehenden Geschäftsjahr hinzugerechnet wird, ohne daß es einer Beschlußfassung über die Verlegung oder Verlängerung des Geschäftsjahres bedarf. Die Entscheidung ist dem Registergericht anzuzeigen. Einer Eintragung in das Handelsregister und einer Veröffentlichung bedarf es nicht, § 2. Die Reichsmarkschlußbilanz ist ihrer rechtlichen Natur nach eine Handelsbilanz und zwar eine solche, wie die in § 120 Abs. 1 vorgesehene, durch die der Gewinn oder Verlust eines bestimmten Zeitraums der Betätigung der Gesellschaft festgestellt werden. Dies ergibt sich deutlich daraus, daß der Abschluß mit einer Gewinn- und Verlustrechnung zu versehen ist, die bisher nur für Kapitalgesellschaften im Aktiengesetz § 125 ausdrücklich vorgeschrieben aber auch bei Personengesellschaften üblich war. Auch die Möglichkeit der Verbindung der RM.-Schlußbilanz mit der Jahresbilanz des letzten, zwischen 1. Januar und 20. Juni 1948 abgelaufenen Geschäftsjahrs ergibt die Natur der Abschlußbilanz. Der einzige Unterschied liegt darin, daß für einen Teile eines Geschäftsjahres eine Erfolgsbilanz aufzustellen ist, weil mit dem Inkrafttreten der Währungsreform die RM nicht mehr Währungseinheit ist und an ihre Stelle die DM. getreten ist, und es unmöglich ist, die Bilanz für einen einheitlichen Zeitraum teils in RM., teils in DM. aufzustellen. Der Erfolg der Vorschrift ist, daß die vor dem 21. Juni 1948 und die später liegenden Teile des laufenden wie zwei selbständige handelsrechtliche Abschnitte zu behandeln sind. Die Möglichkeit der Verbindung der RM.-Schlußbilanz mit der Jahresbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs dient der Geschäftsvereinfachung.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 29—81 Da aber im Falle der Verbindung der beiden Zeiträume das Ergebnis des Unternehmens f ü r einen größeren Zeitraum festzustellen ist, können sich Unterschiede der Ergebnisse in den Teilen ausgleichen. Dies kann sich in der Gewinn- und Verlustverteilung und der Gestaltung der Kapitalanteile der Gesellschafter auswirken. Deshalb ist die Beschlußfassung über die Verbindung nicht Aufgabe der mit der Aufstellung der Bilanz befaßten Geschäftsführer, sondern aller Gesellschafter, die auch die Bilanz „festzustellen", d. h. den von dep Geschäftsführern aufzustellenden Bilanzentwurf zu genehmigen haben, vgl. § 119. War die Bilanz für das vorhergehende Geschäftsjahr schon festgestellt, so kann die Verbindung mit Zustimmung aller Gesellschafter — bei der Kommanditgesellschaft auch der Kommanditisten — nachträglich beschlossen werden. Denn die Gesellschafter können, da es sich um eine innere Angelegenheit der Gesellschafter handelt, den Feststellungsbeschluß und die damit zusammenhängenden Verfügungen über Gewinn- und Verlustverteilung und Gut- und Lastschrift auf den Kapitalkonten der Gesellschafter aufheben oder ändern. Für die Anzeige der Verbindung der beiden Zeiträume ist keine Frist vorgeschrieben. Die Wirksamkeit des Verbindungsbeschlusses wird durch die Unterlassung der Anzeige nicht berührt. Für Form und Inhalt des Reichsmarkabschlusses gelten die f ü r jeden Jahresabschluß maßgebenden gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Vorschriften. Die Gesellschafter können daher auch die üblichen oder außerordentliche R e s e r v e n bilden oder bestehende Reserven a u f l ö s e n . Sie können auch durch einstimmigen Beschluß von der Gewinnverteilung f ü r die Abschlußperiode absehen. Der auf die einzelnen Gesellschafter entfallende Gewinn- und Verlustanteil ist nach dem Gesetz oder Gesellschaftsvertrag ihrem Kapitalanteil gutzuschreiben oder zu belasten. Anm. 29. Eine s t e u e r r e c h t l i c h e R M . - S c h l u ß b i l a n z als Grundlage f ü r die Berechnung der Steuerschuld des 1. Halbjahres 1948 ist in X § 2 des Anhangs zum Mil.RG. 64 für die brit. und am. Zone vorgeschrieben worden. Nach ihr haben Steuerpflichtige, deren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird, auf den Tag vor dem Stichtag der Währungsreform eine Schlußvermögensübersicht aufzustellen. Für die Bewertung gelten die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Wegen der Bedeutung dieser Bilanz für den Lastenausgleich vgl.: Bartelt, „Das Bilanzrecht der Währungsreform", in MDR. 1949, S. 666. A n m . 3 0 . Die s t e u e r r e c h t l i c h e DM. Ü b e r l e i t u n g s b i l a n z . Die zur Auf-, Stellung der steuerrechtlichen RM.-Schlußbilanz verpflichteten Steuerpflichtigen (Anm. 29) haben „zum Zwecke der Vorauszahlungen" auf den 21. J u n i 1948 eine Anfangsvermögensübersicht aufzustellen. Art. X § 3 A des Anhangs zum Mil.Reg.Ges. 64. Die Überleitungsbilanz bringt eine Umwertung der in der RM.-Schlußbilanz enthaltenen einzelnen Bilanzposten nach dem neuen Währungsrecht. Eine Feststellung der wahren Werte ist nicht vorgesehen. Art. X § 3 Abs. 2 des Anhangs stellt folgende Bewertungsvorschriften auf: 1. Wirtschaftsgüter, für die durch die Währungsreform ein Umrechnungsverhältnis bestimmt worden ist, sind mit den umgerechneten Werten anzusetzen. 2. Wirtschaftsgüter, die nach dem 8. Mai 1945 angeschafft oder hergestellt worden sind, dürfen nicht zu überhöhten Preisen angesetzt werden, alle anderen Bilanzposten und Wirtschaftsgüter sind in neuer Währung mit den Bilanzzahlen der Schlußvermögensübersicht (Schlußbilanz) des § 2 Abs. 1 anzusetzen. Wegen der Auswirkungen der Vorschriften im einzelnen, vergl. Bartelt a. a. O. Für die handelsrechtliche DM.-Eröffnungsbilanz sind die Bestimmungen ohne Bedeutung, da das DM.-Bilanzgesetz neue Grundsätze aufstellt; vergl. Anm. 31. A n m . 3 1 . Die D M . - E r ö f f n u n g s b i l a n z u n d d i e K a p i t a l n e u f e s t s e t z u n g . A. Rechtsgrundlage der D M . - E r ö f f n u n g s b i l a n z f ü r die Westzonen ist das Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (DM.-Bilanzgesetz), veröffentlicht im Ges. Bl. für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet v. 30. 8. 49 und im Öffentlichen Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet vom 30. August 1949. Es wurde zunächst nur für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet (britische und amer. Zone erlassen, aber nach Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Deutsche Republik als Bundesgesetz auf die französische Zone ausgedehnt.) Das DM.-Bilanzgesetz schreibt die Aufstellung einer h a n d e l s r e c h t l i c h e n DM.Eröffnungsbilanz auf den 21. Juni 1948 vor. Diese Bilanz ist nicht zugleich die s t e u e r -

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 31 r e c h t l i c h e DM.-Eröffnungsbilanz. Eine solche ist vielmehr besonders aufzustellen. Nach § 74 DMBG. sind aber die für einzelne Vermögensgegenstände nach den Vorschriften dieses Gesetzes in die Eröffnungsbilanz eingestellten Werte auch für die Steuern vom Einkommen und Ertrag zugrunde zu legen. Die für die einzelnen Vermögensgegenstände nach den Vorschriften des Gesetzes in der Eröffnungsbilanz eingestellten Werte sind auch für die Steuern vom Vermögen maßgebend, die unter Zugrundelegung des Stichtages vom 21. Juni 1948 veranlagt werden. Für diese Steuern sind jedoch mindestens die nach den Bestimmungen des Reichsbewertungsgesetzes maßgebenden Werte oder, wenn die sich nach diesem Gesetz ergebenden Höchstwerte niedriger sind, diese Werte anzusetzen, § 75. Die B e r i c h t i g u n g von Wertansätzen in der DM.-Eröffnungsbilanz rechtfertigt auch eine Berichtigung der steuerlichen Eröffnungsbilanz, vgl. § 74, Abs. 2—4, § 75, letzter Satz. Die aus der Eröffnungsbilanz und der Neufestsetzung des Kapitals sich ergebenden zahlenmäßigen Veränderungen im Vermögen der im § 1 genannten natürlichen und juristischen Personen (d. h. der im Währungsgebiet ansässigen buchführungspflichtigen Kaufleute) und deren Gesellschafter begründen für die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen k e i n e S t e u e r p f l i c h t . Dies gilt namentlich für Vermögensteile, die 1. einer Rücklage zugewiesen werden oder 2. durch Auflösung bisher bestehender stillen Rücklagen (z. B. bei Unterbewertungen) in Erscheinung treten, wenn diese Vermögensteile schon vor dem Zeitpunkt der Neufestsetzung Betriebsvermögen gewesen sind. Die Heranziehung zu einem späteren Lastenausgleich bleibt unberührt, §73 Abs. 1. Für Verluste aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 21. Juni 1948 geendet haben, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer und Vermögenssteuer für Veranlagungszeiträume, die nach dem 20. Juni 1948 beginnen, ein Verlustabzug (§ 10 Abs. 1 Z. 4 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22. Juni 1948 geltenden Fassung) nicht zulässig, § 73 Abs. 6. Zur A u f s t e l l u n g d e r D M . - E r ö f f n u n g s b i l a n z sind alle Kaufleute mit Handelsniederlassung im Währungsgebiet, die zur Führung von Handelsbüchern verpflichtet sind, gehalten, also auch alle offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, §1. Die Verpflichtung besteht auoh für Gesellschaften, die ihre Hauptniederlassung nach dem 20. Juni 1948 in das Währungsgebiet verlegt haben. Das Inventar und die Eröffnungsbilanz ist dann für den Tag der Eintragung des Unternehmens im Handelsregister aufzustellen. Das Gericht der neuen Hauptniederlassung bestimmt auch die Fristen für die Eröffnungsbilanz, § 3 Abs. 7. Auch a u f g e l ö s t e Gesellschaften müssen eine DM. Eröffnungsbilanz aufstellen. Unternehmungen, die ihre Hauptniederlassung außerhalb des Währungsgebiets haben, sind verpflichtet, a) über die von ihren Zweigniederlassungen oder sonstigen Betriebsstätten im Währungsgebiet betriebenen Geschäfte, b) über das dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens im Wärungsgebiet dienende Vermögen, c) über das sonstige im Währungsgebiet befindliche Vermögen des Unternehmens, gesondert B u c h zu f ü h r e n u n d R e c h n u n g zu legen. Das gleiche gilt für noch bestehende Unternehmungen, die im Handelsregister ihrer Hauptniederlassung gelöscht worden sind mit der Maßgabe, daß sie außerdem auch über das sonstige im Ausland beflindliche Vermögen des Unternehmens gesondert Buch zu führen und Rechnung zu legen haben. Die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über Handelsbücher sowie die Vorschriften des DMBG. über die Aufstellung eines Inventars und einer Eröffnungsbilanz gelten entsprechend. Gleiches gilt sinngemäß für nach dem 20. Juni 1948 errichtete Zweigniederlassungen oder sonstige Betriebsstätten solcher Unternehmen, §2, Abs. 1. Die Unternehmen haben für ihre im Währungsgebiet befindlichen Zweigniederlassungen einen oder mehrere s t ä n d i g e V e r t r e t e r mit Wohnsitz im Währungsgebiet zu bestellen. Hat es im Währungsgebiet nur Betriebsstätten, so hat es am Orte der Geschäftsleitung oder der Verwaltung für die Betriebsstätten im Währungsgebiet eine Z w e i g n i e d e r l a s s u n g zu e r r i c h t e n . Die Errichtung der Zweigniederlassung und die Bestellung des ständigen Vertreters sind abweichend von §§13, 13 a des HGB. beim Gericht des Sitzes der Zweigniederlassung anzumelden. Dieses hat die Eintragung von Amts wegen dem Gericht des Sitzes mitzuteilen. Das gleiche gilt für alle sonstigen ausschließlich die Zweigniederlassung betreffenden Anmeldungen durch

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 82, 88 den ständigen Vertreter; vgl. § 2, auch wegen der Ausnahmen von der Pflicht zur Bestellung eines besonderen Vertreters — er vertritt die Gesellschaft hinsichtlich des Vermögens, über das gesondert Buch zu führen ist mit den Befugn 5 ssen eines vertretungsberechtigten Gesellschafters. — Ein Vertreter ist nicht zu bestellen, wenn der Geschäftsinhaber oder die Gesellschafter, d. h. die zur selbständigen Vertretung erforderliche Zahl von solchen, den Wohnsitz im Währungsgebiet haben oder nach anderen Vorschriften ein gesetzlicher Vertreter für die Zweigniederlassung bestellt ist. Wegen der Befugnis des Registergerichts von Amts wegen, die Errichtung der Zweigniederlassung einzutragen und einen Vertreter zu bestellen und einzutragen; wegen Widerrufs der Bestellung; wegen Eintragung und Widerrufs bei Errichtung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes; wegen der Vergütung des Vertreters und deren Festsetzung durch das Registergericht, des Beschwerderechts und der Zulassung von Ausnahmen durch Durchführungsverordnungen vgl. § 2 Abs. 4—6. F r i s t e n . Die Eröffnungsbilanz der Personengesellschaften ist spätestens bis zum 30. September 1949 festzustellen, §3 Abs. 2. Das das Gesetz erst nach dem 15. Juli 1949 in Kraft trat, verlängert sich die Frist um 2 Monate, § 82 Abs. 2. Der Registerrichter kann die Frist angemessen verlängern. Die Verlängerung soll sechs Monate nicht übersteigen, § 3 Abs. 6; diese Vorschrift gilt aber nur für Kapitalgeschaften, denn nur der Vorstand, der persönlich haftende Gesellschafter oder der Geschäftsführer können einen Verlängerungsantrag stellen; ebenso Höres in Dtsch.Zeitg. Nr. 298 vom 7.12. 49, A. Besondere N a c h t e i l e f ü r F r i s t ü b e r s c h r e i t u n g , namentlich O r d n u n g s s t r a f e n , bestimmt das Gesetz nicht. Sie ergeben sich auch nicht aus anderen handelsrechtlichen Vorschriften. Die Aufstellung der DM.-Eröffnungsbilanz kann aber s t e u e r r e c h t l i c h erzwungen werden, weil die Feststellung der Bilanz auch im Interesse der Besteuerung zu erfolgen hat, §§ 160, 202 RAO. Das Finanzamt kann die Vorlage der Bilanz fordern, wenn sie ihr als Unterlage für eine Entscheidung dient. Sie muß jedenfalli bis zur Jahressteuerveranlagung für das Jahr 1949 fertiggestellt werden, da andernfalls eine zuverlässige Einkommensteuererklärung nicht abgegeben werden kann. Im inneren Verhältnis unter den Gssellschaftern kann jeder Gesellschafter von den anderen die rechtzeitige Aufstellung der Bilanz oder die Mitwirkung bei dieser verlangen. Namentlich trifft dies zu, wenn ein Kommanditist oder stiller Gesellschafter nach Gesetz oder Gesellschaf tsve rtrag ein Recht auf Vorlegung der Bilanzen hat, oder wenn die rechtzeitige Feststellung des Gewinns des folgenden Geschäftsjahrs und dessen Auszahlung davon abhängt und durch die Verzögerung Schaden entsteht. Im Falle des Konkurses kann die Unterlassung auch ein Konkursvergehen wegen mangelhafter Buchführung darstellen. Anm. 32. Soweit sich nicht aus dem Bilanzgesetz etwas anderes ergibt, linden die allgemeinen nach dem Gesetz oder der Satzung (dem Gesellschaftsvertrag) für das Inventar und die Jahresbilanz geltenden Vorschriften auch auf die Aufstellung des Inventars sowie die Aufstellung, Prüfung, Vorlegung, Feststellung der Eröffnungsbilanz Anwendung, §3 Abs. 1, Satz 1. Danach ist bei den Personengesellschaften, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, die Aufstellung der Bilanz Aufgabe der geschäftsführenden Gesellschafter, die endgültige Feststellung Sache eines Beschlusses aller Gesellschafter. Auch die B e r i c h t i g u n g und A n f e c h t u n g der Bilanz richtet sich nach den für die Jahresbilanz geltenden Vorschriften. Anm. 33. Zweck und Inhalt oder DM.-Eröffnungsbilanz. Der Zweck der Bilanz ist, das Unternehmen durch Ermittlung des w a h r e n W e r t e s des G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s auf eine neue Grundlage zu stellen. Es soll dadurch die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen und am Gewinn und Verlust des Betriebs des Unternehmens in der Zukunft klargestellt werden. Die Gesellschafter sollen wissen, welchen Wert in der neuen Währung ihr Unternehmen am Bilanzstichtage hat. Die Jahresbilanzen der letzten Jahre des Kriegs und der Nachkrisgszeit waren nicht mehr geeignet, eine Übersicht über den Vermögensbestand zu gewähren. Wegen der großen Vermehrung des Geldumlaufs und der damit verbundene starken Geldentwertung und der sich daraus ergebenden, aber nicht gleichmäßigen Preiserhöhungen bildeten die Wertangaben in RM. keinen geeigneten Wertmaßstab mehr. Das Gesetz mußte daher von dem für die Jahresbilanzen geltenden Grundsatze des B i l a n z z u s a m m e n h a n g s (der Bi-

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 88 l a n z k o n t i n u i t ä t ) a b g e h e n . Es bringt dies durch Aufstellung allgemeiner und besonderer B e w e r t u n g s v o r s c h r i f t e n zum Ausdruck (§§ 14 und 15—34. H ö c h s t b e w e r t u n g . Vermögensgegenstände dürfen, soweit sich nicht aus §§ 6—34 etwas anderes ergibt, höchstens mit dem Wert angesetzt werden, der ihnen am Stichtag der Eröffnungsbilanz beizulegen ist § 5 Abs. 1, vgl. auch § 40 Abs. 2 HGB. Auch die anderen im Gesetz enthaltenen Bewertungsgrundsätze sind Höchstwertvorschriften. Aus dem Wesen der Höchstbewertungsvorschriften ergibt sich, daß h a n d e l s r e c h t l i c h in der DM.-Eröffnungsbilanz die Höchstwerte unterschritten werden können. Auf diese Weise können auch stille Rücklagen in dieser Bilanz gebildet werden. Auf die Eröffnungsbilanz sind § 133 Nr. 1—3 des Aktiengesetzes, § 42 Nr. 1 des GmbH.Gesetzes § 33 Nr. 1 u. 2 des Genossenschaftsgesetzes, sowie entsprechende Bestimmungen der Satzung (des Gesellschaftsvertrags, des Statuts) nicht anzuwenden § 5; Abs. 2. F ü r die künftigen Jahresbilanzen gelten die in der Eröffnungsbilanz angesetzten Werte als A n s c h a f f u n g s - o d e r H e r s t e l l u n g s k o s t e n im Sinne der in Abs. 2 angeführten Bestimmungen; Abs. 3. Für die Eröffnungsbilanz gilt also nicht das sonst bestehende Individualprinzip, nach dem die Herstellungs- oder Anschaffungskosten des einzelnen Betriebs entscheiden. Es gilt vielmehr der gewöhnliche Anschaffungs- oder Herstellungspreis, Falk, DM.-Bilanzg. 310, 311. Abgesehen von besonderen Ausnahmen ist der Zusammenhang mit der RM.-Schlußbilanz grundsätzlich unterbrochen. Die Wertauffassung des Bilanzierenden in der RM.-Schlußbilanz muß nicht in der Eröffnungsbilanz aufrechterhalten werden. Entscheidend ist nur, daß die zulässigen Höchstwerte nicht überschritten werden, Veith, die DM.-Eröffnungsbilanz, N J W . 1949, S. 762; BeuckParet, DMGB. S. 4, § 5 Anm. 7. Eine andere Bewertung in dem durch das Gesetz gezogenen Rahmen kann auch eintreten, wenn die rechtliche Beurteilung eines Anspruchs etwa eines Lieferungsanspruchs, eines Patentes sich ändert; Veith a. a. O.; Thies, BB. 49, 506. Es können dabei namentlich neue Erkenntnisse und Erfahrungen, die seit Aufstellung der RM.-Schlußbilanz gesammelt worden sind, verwertet werden. Wie durch Unterschreitung der Höchstwerte können auch durch Höherbewertung von Passiven (in Gestalt von Rückstellungen für ungewisse Belastungen) s t i l l e R ü c k l a g e n gebildet werden. Da die Bilanz bei den Personengesellschaften von allen Gesellschaftern genehmigt werden muß, bestimmen diese auch das Maß der Rücklagen. Steuerrechtlich kann diese Art der Rücklagenbildung beanstandet werden, wenn sie das übliche Maß überschreitet. Während grundsätzlich die am Stichtage, 21. Juni 1948 gegebene tatsächliche und rechtliche Lage des Vermögens maßgebend ist, läßt das Gesetz in bestimmten Fällen die Berücksichtigung späterer Veränderungen zu: nach § 6 Veränderungen durch das Festkontogesetz, durch die Neuordnung des Geldwesens im amerikanischen, britischen und französischen Sektor von Berlin und die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone, namentlich durch die Anordnung der „Deutschen Wirtschaftskommission" über die Behandlung von Forderungen von Kreditinstituten in den Westzonen einschließlich des Saargebiets der geschlossenen Banken in Groß-Berlin gegen Schuldner in der sowjetischen Besatzungszone vom 15. August 1948 und ähnliche Maßnahme, die zwischen dem 21. Juni 1948 und dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes getroffen worden sind. Demontagen, Reparationsentnahmen und ähnliche Maßnahmen, die in derselben Zeit getroffen worden sind, können, wenn ihre Durchführung mutmaßlich eine Überschuldung einer Kapitalgesellschaft zur Folge hat, bei den Wertansätzen berücksichtigt werden; § 6 Abs. 2. Für Personengesellschaften fehlt eine entsprechende Vorschrift. Ansprüche und Verbindlichkeiten, die sich aus dem Lastenausgleich ergeben, sind, soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, in der Eröffnungsbilanz nicht anzusetzen. Dies gilt auch für die auf Grund des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948, Gestezund VoBl. des Vereinigten Wirtschaftsgebiets S. 87, und der entsprechenden Gesetze der franz. Zone entstandenen Grundschulden; sie sind jedoch in der Eröffnungsbilanz zu v e r m e r k e n . Soweit sich aus dem Lastenausgleich Veränderungen in dem Vermögen ergeben, ist die Eröffnungsbilanz der Gesellschaft, gegebenenfalls die der Gesellschafter, mit Wirkung vom 21. Juni 1948 zu berichtigen. Soweit die Vorschriften über den Lastenausgleich einen anderen Wertansatz als nach den Vorschriften des DMBG.

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 88 zwingend anordnen, gelten diese Werte auch als Höchstwerte für die Eröffnungsbilanz; § 14. Die allgemeinen Bewertungsvorschriften enthalten weiter Bestimmungen über das anzuwendende Währungsrecht bei Zweifel über das Währungsrecht bei Forderungen oder Verbindlichkeiten § 7 (bei Schuldnern, die sich innerhalb Deutschlands befinden, ist maßgebend der letztbekannte Wohnsitz vor dem 21. Juni 1948, es sei denn daß sich der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses am Stichtag eindeutig an einem anderen Ort befunden hat, oder die Voraussetzungen von Nr. 3 vorliegen, Nr. 1). Bei durch Grundpfandrecht gesicherten Forderungen ist davon auszugehen, daß sich diese nach dem Währungsrecht des Ortes, der belegenen Sache richten, Nr. 2. Reichsmarkforderungen gegen Schuldner mit Wohnsitz (Sitz) in Deutschland außerhalb des Währungsgebiets gelten für ihren Wertansatz, als nach den Vorschriften des Umstellungsgesetzes auf Deutsche Mark umgestellt, soweit in Vermögen vollstreckt werden kann, das sich im Währungsgebiet befindet, Nr. 3. § 8 erklärt eine niedrigere Bewertung nicht als geboten bei Vermögensgegenständen, die öffentlichrechtlichen Verfügungsbeschränkungen unterliegen (Gesetz Nr. 52 und 53 der Mil.Reg., § 26 Abs. 2 UG. oder eine sonstige gegen jeden wirkende Verfügungsbeschränkung). Nach § 9 sind Vermögensgegenstände, die von dem Kontrollratsgesetz Nr. 5 oder entsprechenden Maßnahmen im Ausland erfaßt worden sind, sowie Gegenstände, die auf Grund des Gesetzes Nr. 53 der Militärregierung abgeliefert wurden, mit einem E r i n n e r u n g s p o s t e n von einer DM. anzusetzen. §10 bestimmt den U m r e c h n u n g s k u r s b e i V a l u t a s c h u l d e n und nicht unter § 9 fallende Valutaforderungen auf 0,30 USA-Dollar für eine DM.; für andere Fremd-Valuten ist die von der Bank deutscher Länder als Anlage Nr. 21 der Richtlinien der RM.-Schlußbilanz und der Umstellungsrechnung der Geldinstitute im Öffentlichen Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Nr. 10 vom 5. Februar 1949 veröffentlichte Umrechnungstabelle zugrunde zu legen. Über die G e l d w e r t s c h u l d v e r h ä l t n i s s e bestimmt §11 (1): Für den Wertansatz von Forderungen und Verbindlichkeiten, die nicht auf einen bestimmten Betrag lauten, sondern nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses in deutscher Währung in Höhe des Wertes einer bestimmten Menge von Edelmetallen, Waren, Wertpapieren oder auslandischen Zahlungsmitteln oder von Sach- oder Dienstleistungen zu erfüllen sind, ist dieser Wert zugrunde zu legen; §§ 10, 20 und 22 sind entsprechend anzuwenden. Abs. 1 findet nach Abs. 2 keine Anwendung, wenn der Wert einer bestimmten Menge von Feingold geschuldet wird; in diesem Falle ist für den Wertansatz der Umstellungsbetrag in Deutscher Mark zugrunde zu legen, der sich aus den Vorschriften des Umstellungsgesetzes für den Preis von 2790 Reichsmark für 1 kg Feingold ergibt (Abs. 2). § 5 Abs. 4 findet Anwendung, d.h. daß durch §11 die Forderungen eines ausländischen Gläubigers in ihrem Inhalt nicht berührt werden (Abs. 3 Satz 1). Für den Wertansatz von RM.-Forderungen und Verbindlichkeiten mit W e r t s i c h e r u n g s k l a u s e l n ist der Umstellungsbetrag in Deutscher Mark zugrunde zu legen, der sich aus den Vorschriften des Umstellungsgesetzes für den Reichsmarkbetrag ohne Berücksichtigung der Wertsicherungsklausel ergibt. § 5 Abs. 4 findet auch hier Anwendung, § 12 Abs. 1 und Abs. 2 S a t z l . Nach dem 3. Unterabschnitt, „ B e s o n d e r e Bewertungsvorschriften" sind Grundstücke innerhalb des Währungsgebiets höchstens mit den E in he i t s w e r t e n anzusetzen, die auf den letzten Feststellungszeitpunkt festgesetzt worden sind. Festsetzungen nach dem 21. Juni sind nicht zu berücksichtigen. An Stelle des festgesetzten RM.-Betrages tritt nach §2 des Währungsgesetzes der gleiche Betrag in DM.; §16 Abs. 1. Ist das Grundstück in der steuerlichen RM.-Schlußbilanz mit einem höheren Wert als dem nach Abs. 1 maßgebenden Einheitswert angesetzt, so kann es bis zu diesem höheren Wert jedoch höchstens mit dem Wert, der ihm am Stichtag der Eröffnungsbilanz beizulegen ist, angesetzt werden. Braucht eine steuerliche RM.-Schlußbilanz nicht aufgestellt zu werden, so tritt an ihre Stelle die handelsrechtliche RM.-Schlußbilanz, Abs. 2. Bei am Stichtag noch vorhandenen K r i e g s s c h ä d e n und sonstigen W e r t m i n d e r u n g e n an Gebäuden, die durch eine Wertfortschreibung noch nicht berücksichtigt s>nd, ist der Einheitswert anteilsmäßig zu mindern, Abs. 3. Bei Grundstücken außerhalb des Währungsgebiets, aber innerhalb Deutschlands ist die Möglichkeit, über das Grundstück, seinen Ertrag oder einen etwaigen Verkaufserlös zu verfügen, zu berücksichtigen; in begründeten Fällen ist ein E r i n n e r u n g s p o s t e n von

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 33 1DM. anzusetzen, §17. B e w e g l i c h e G e g e n s t ä n d e d e s A n l a g e v e r m ö g e n s (insbesondere Maschinen, Schiffe, maschinelle Anlagen und sonstige Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, Werkzeuge und Einrichtungsgegenstände) sind höchstens mit dem Wert anzusetzen, der sich auf der Grundlage der am 31. August 1948 geltenden Wiederbeschaffungs- oder Herstellungskosten (Neuwert) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer im Verhältnis zur bisherigen tatsächlichen Nutzung ergibt, § 18 Abs. 1. Ist der Nennwert am letzten Tage des Monats, in dem das Bilanzgesetz in Kraft getreten ist, also am 31. August 1949, niedriger, so ist höchstens dieser an Stelle des nach Abs. 1 für den 31. August 1948 errechneten Neuwerts dem Wertansatz zugrunde zulegen ( N i e d e r s t w e r t g r u n d satz), § 18 Abs. 2. Batspricht die tatsächliche Nutzung dem Zeitraum, für den steuerliche Absetzungen für Abnutzung von Gegenständen dieser Art bisher üblich waren (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer), so sind die Gegenstände höchstens mit einem Drittel des Neuwerts anzusetzen, Abs. 3 a, b, u, c regeln den Fall, daß die betriebsübliche Nutzungsdauer nur zum Teil abgelaufen oder bereits überschritten war. Die Vorschriften der §§ 16—18 ermöglichen es, bereits ganz oder teilweise abgeschriebene Ge geistände in beschränktem Umfange wieder z j aktivieren. Gegenstände d e s V o r r a t s v e r m ö g e n s sind höchstens mit dem Wert anzusetzen, der sich auf der Grundlage der am 31. August 1948 galtenden, gewöhnlichen Wiederbeschaffungs- oder Herstellungskosten ergibt (Neuwert. §20). Sind solche Gegenstände vor dem 1. September 1948 veräußert worden, so sind sie höchstens mit dem Wert anzusetzen, der sich aus dem Verkaufserlös unter Abzug der handelsüblichen Gewinnspanne ergibt, § 20. Das Gesetz enthält ferner Bestimmungen über den Wertansatz für Wertpapiere des Reichs und sonstige Forderungen gegen das Reich und ihm gleichgestellte Schuldner und etwaige Eitschädigungsansprüche auf Grund von Demontagen, Reparationsentnahmen und sonstigen Maßnahmen. Sie sind mit einem E r i n n e r u n g s p o s t e n von 1 DM. anzusetzen, §21, §22 bestimmt für W e r t p a p i e r e , die im Währungsgebiet an einer deutschen Börse amtlich notiert oder im geregelten Freiverkehr gehandelt werden, die Steuerkurswerte als Höchstbetrag des Ansatzes. An deren Stelle treten vorläufig die Werte, die von der Bank deutscher Länder für die Umstellungsrechnung der Geldinstitute mit Stichtag vom 31. Oktober 1948 im Öffentlichen Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in den amtlichen Bekanntmachungsorganen der Länder der franz. Zone veröffentlicht worden sind, Abs. 1. Wertpapiere ohne Börsenkurs und nicht in Wertpapieren verkörperte Anteile (Geschäftsanteile, Anteile an Personengesellschaften) sind vorläufig höchstens mit einem Drittel des letzten vor dem 21. Juni 1948 festgestellten Vermögenssteuerwerts anzusetzen, Abs. 2. Wegen der Bewertung von Anteilen an Geldinstituten und Versicherungsunternehmen, ferner von Wertpapieren voa Ausstellern im Währungsgebiet, die sich im Girosamraeldepot befinden, anderer vor dem 1. Januar 1945 ausgestellter Wertpapiere, für die Lieferbarkeitsbescheinigungen nicht ausgestellt werden können, und wegen Wertpapieren in Streifbanddepots im Saargebiet vgl. § 22 Abs. 3—6, wegen eigener Aktien und Geschäftsanteile, § 23. Bei dem Wertansatz von F o r d e r u n g e n sind die Vorschriften des Umstellungsgesetzes und dessen Durchführungsverordnungen zu berücksichtigen, § 24 Abs. 1. Die allgemeine Bilanzregel, daß zweifelhafte Forderungen nach ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, uneinbringliche abzuschreiben sind, erläutert § 24 Abs. 2, Satz 2 dahin, daß als zweifelhaft auch eine Forderung gilt, bei der mit einer Herabsetzung im V e r t r a g s h i l f e v e r f a h r e n gerechnet werden muß. Ist die Herabsetzung nach dem 20. Juni 1948 bis zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz erfolgt, so ist sie bei dem Wertansatz zu berücksichtigen. Das gleiche gilt, wenn eine Forderung durch eine Parteivereinbarung höher oder niedriger festgesetzt worden ist, als dem gesetzlichen Umstellungsverhältnis entsprechen würde, §24 Abs. 3. Über s c h w e b e n d e G e s c h ä f t e bestimmt §25, daß Lieferungsansprüche aus Kauf- und Werkverträgen, für die die Gegenleistung bereits vor dem 21. Juni 1948 bewirkt war, so angesetzt werden können, als wenn die Lieferung bereits am 21. Juni 1948 erfolgt wäre. Forderungen gegen Schuldner in Deutschland außerhalb des Währungsgebiets können mit einem E r i n n e r u n g s p o s t e n von einer Deutschen Mark angesetzt werden. Für Forderungen, die nach den in dem französischen, britischen und amerikanischen Sektor von Groß-Berlin geltenden Vorschriften zur Neu-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 83, 34 Ordnung des Geldwesens umgestellt sind, sowie für Forderungen gegen Schuldner im Saargebiet gelten §§5, 24, Abs. 2,3. Für p e r i o d i s c h e E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n , die sich auf einen Zeitraum beziehen, in den der 20. Juni 1948 fällt, können als a k t i v e A b g r e n z u n g s p o s t e n angesetzt werden: a) Ausgaben vor dem 21. Juni 1948, soweit sie Aufwand für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 darstellen ( t r a n s i t o r i s c h e A k t i v a ) , b) Einnahmen nach dem 20. Juni 1948, soweit sie Ertrag für die Zeit vor dem 21. Juni 1948 darstellen ( a n t i z i p a t i v e A k t i v a ) , §27 Abs. 1. Die transitorischen Aktiva sind höchstens mit dem Betrag anzusetzen, um den sich die Ausgaben nach dem 20. Juni 1948 tatsächlich vermindern, antizipativen Aktiva sind mit dem Betrag anzusetzen, um den sich die Einnahmen nach dem 20. Juni 1948 tatsächlich erhöhen, Abs. 2. Für anteilige Zinsen sowie für sonstige wiederkehrende Leistungen gelten Abs. 1 und 2 sinngemäß, Abs. 3. Für den Ansatz der P a s s i v e n enthalten die §§ 29—34 besondere Bestimmungen. §29: P e n s i o n s r ü c k s t e l l u n g e n sind vorzunehmen für Verpflichtungen aus den bereits am 21. Juni 1948 laufenden Pensionen in Höhe eines versicherungsmathematisch auf der Grundlage eines dreiein halbprozentigen Rechnungszinsfußes errechneten Gegenwartswerts. Die Passivierungspflicht besteht jedoch insoweit nicht, als bei vorsichtiger Beurteilung der künftigen Entwicklung des Unternehmens anzunehmen ist, daß die Pensionsverpflichtungen aus den Jahreserträgen erfüllt werden können, Abs. 1. Für die am 21. Juni bestehenden A n w a r t s c h a f t e n auf Pensionen k a n n eine solche Rückstellung erfolgen, Abs. 2. Eine in der Reichsmarkschlußbilanz ausgewiesene Rückstellung für Pensionen und Anwartschaften auf solche ist mindestens im Verhältnis von einer Deutschen Mark für je zehn RM. in die Eröffnungsbilanz aufzunehmen, Abs. 3. Eine nach Abs. 2 und 3 in die Eröffnungsbilanz eingestellte Rückstellung darf für den durch sie noch nicht gedeckten Teil der Anwartschaften durch jährliche Zuführungen auf die Höhe gebracht werden, die sich unter der Annahme einer am 21. Juni 1948 neu gegebenen Pensionszusage ergeben würden, Abs. 4. Eine Verminderung des Umfangs der am 21. Juni 1948 bestehenden Pensionsverpflichtungen und Anwartschaften, insbesondere aus §§ 21 und 27 UG., die bis zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz eingetreten sind, sind bei Bemessung der Rückstellungen zu berücksichtigen, Abs. 5. Für Verbindlichkeiten gelten die für Forderungen geltenden Vorschriften des §24 über die Einwirkung des Umstellungsgesetzes, des Vertragshilfegesetzes und besonderer Vereinbarungen über Abweichungen von dem gesetzlichen Umstellungsverhältnis, §30. Verbindlichkeiten gegenüber a u s l ä n d i s c h e n G l ä u b i g e r n sind nur insoweit anzusetzen, als sie nach der deutschen Gesetzgebung über die Tilgung von Auslandsverbindlichkeiten noch geschuldet werden. Insbesondere sind die bis zum 8. Mai 1945 an die Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden abgeführten Zins- und Tilgungsbeträge nicht mehr als Verbindlichkeiten anzusetzen, § 31 Abs. 1. Ist für die Verbindlichkeiten eine Sicherheit bestellt, die nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 5 oder entsprechenden Maßnahmen im Ausland erfaßt oder nach dem Gesetz Nr. 53 der Militärregierung abgeliefert worden ist, so ist dies zu vermerken, § 31 Abs. 2. Diese Vorschrift gilt auch für die Kredite, die unter das Deutsche Kreditabkommsn fallen (Stillhaltekredite), Abs. 4. Durch die Vorschriften in Absatz 1 werden die Forderungen der a u s l ä n d i s c h e n G l ä u b i g e r in ihrem Inhalt nicht berührt, Abs. 1 Satz 3. Hat ein Angehöriger der V e r e i n t e n N a t i o n e n der Umstellung einer Reichsmarkverbindlichkeit bis zum 20. Oktober 1948 widersprochen oder die Annahme einer nach den Vorschriften des Umstellungsgesetzes angebotenen oder bewirkten Leistung verweigert, so darf die Verbindlichkeit gleichwohl nur mit einem Zehntel ihres Reichsmarknennwertes angesetzt werden (§15 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes), §32. Nach §33 sind Verbindlichkeiten gegenüber g e s c h l o s s e n e n Geldinstituten mit Sitz außerhalb des Währungsgebiats mit dem sich bei Anwendung des Umstellungsgesetzes ergebenden Betrag in Deutscher Mark anzusetzen. Entsprechend der Vorschrift des §27 über die Einstellung aktiver Abgrenzuajsposten läßt S 34 den A n s a t z passiver A b g r e n z u n g s p o s t e n zu. Anm. 84. Neufestsetzung des Gesellschaftskapitals und des Beteiligungsverhältnisses der Gesellschafter. Das DM.-Bilanzgesetz schreibt in Abschnitt I „Neufestsetzung der Kapitalverhi'ltnisse von Kapitalgesellschaften" vor, daß Kapitalgesellschaften ihr Grund- oder Stammkapital (Nennkapital) und ihre Aktien oder Geschäfts171

§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 84 anteile (Anteile) in Deutscher Mark neu festzusetzen haben, § 35 Abs. 1, und gibt dazu in den §§ 36—59 eingehende Einzelvorschriften. Da das Gesetz nach sorgfältiger Vorbereitung erlassen worden ist, muß angenommen werden, daß der Gesetzgeber für die personenrechtlichen Handelsgesellschaften eine solche Neufestsetzung bewußt nicht vorschreiben wollte. Dies ist verständlich, weil bei den Kapitalgesellschaften das Nennkapital und der Nennwert der Anteile eine besondere rechtliche Funktion hat, die bei den Personengesellschaften nicht besteht. Das Schweigen des Gesetzes bedeutet aber auch nicht, daß bei den Personengesellschaften eine Neufestsetzung nicht zulässig ist. Es besteht jedenfalls kein rechtliches Hindernis, daß die Gesellschafter durch eine Neufassung, also durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags- mit der für eine solche nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag erforderlichen Einstimmigkeit oder Stimmenmehrheit, vgl. die Erl. zu § 119 die durch die Währungsgesetzgebung und durch die Eröffnungsbilanz zutage getretene Vermögenslage der Gesellschaft auf den Stichtag im Gesellschaftsvertrage festlegen und dieser Feststellung auch die Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen durch Neufestsetzung der Kapitalanteile und Kapitalkonten, in Deutscher Mark anpassen. Es wird zweckmäßig sein, dabei auch das Kapitalkonto, soweit es die Beteiligung zum Ausdruck bringt, deutlich von den Posten zu scheiden, die bei dem Gesetz entsprechender Kontenführung nicht auf „Kapitalkonto (I)", sondern auf Sonderkonte („Kapitalkonto II") gehören. Aus dem Umstellungsgesetz folgt aber nicht die Notwendigkeit einer Umstellung. Das Reinvermögen am Stichtag ergibt sich ohne weiteres in DM. aus der Eröffnungsbilanz. Auf die Kapitalanteile, die in dem Kapitalkonto zum Ausdruck kommen, findet das Umstellungsgesetz keine Anwendung. Denn es stellt keine auf Zahlung einer Geldsumme gerichtete Verbindlichkeit oder Forderung dar; es ist vielmehr nur eine Verhältniszahl, die die wirtschaftliche Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen zum Ausdruck bringt. Da mit Inkrafttreten des Währungsgesetzes die Reichsmark durch die Deutsche Mark ersetzt ist, tritt nur die Folge ein, daß in dem Kapitalkonto (I) an die Stelle der Bezeichnung Reichsmark die Bezeichnung Deutsche Mark tritt. Die Zahl bleibt unberührt. Dies entspricht dem Grundgedanken undZweck des § 2 des Währungsgesetzes. Es ist auch weder vorgeschrieben noch beeinträchtigt es die Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen und den künftigen Gewinnen und Verlusten, wenn die Summe der aktiven und negativen Kapitalanteile nicht dem Betrage desReinvermögens gleich ist, das in der Bilanz ausgewiesen ist, auf Grund deren die letzte Feststellung der Kapitalanteile erfolgt ist. Es kommt auch in der Praxis immer vor, daß dauernd bis zur Auflösung der Gesellschaft ein erheblicher Unterschied zwischen Vermögensstand und Summe der Kapitalanteile besteht. Erst nach Durchführung der Abwicklung muß auf Grund der„AbwicHungsschlußbilanz" die Angleichungerfolgen. Dabei wird auch der sog. Abwicklungsgewinn oder -Verlust berücksichtigt. Da der Abwicklungsgewinn- oder Verlust nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel verteilt wird, so erfolgt damit zugleich der Ausgleich für während des Betriebs im Interesse des Fortbestandes des Unternehmens und zur Stärkung seiner Kapitalunterlage zurückbehaltene, von der jährlichen Gewinnverteilung ausgeschlossene Gewinne; vgl. §154 Anm. 10ff., §155 Anm. 4 HGB. Die gesetzliche Regel, die den Ausgleich auf den Zeitpunkt der Vollbeendigung der Gesellschaft verlegt, entspricht auch dem Wesen der Personenhandelsgesellschaft, insbesondere der offenen Handelsgesellschaft, in der sich die Gesellschafter zum gemeinsamen Betrieb eines Handelsunternehmens zusammenschließen und in dem sie regelmäßig persönlich mitarbeiten und auch ihre Lebensgrundlage finden. Im einzelnen Fall können die Gesellschafter etwas anderes vereinbaren. Dies wird aber die Ausnahme sein. Es erhebt sich nun die Frage, ob die Währungsreform nach Zweck und Inhalt dieser Gesetzgebung einschließlich des DM.-Bilanzgesetzes ein Ereignis ist, das die Berichtigung des Verteilungsmaßstabs mit sofortiger Wirkung gebietet und den Gesellschaftern einen gegenseitigen Rechtsanspruch auf eine solche Berichtigung gibt. Das bisher zu der Frage erschienene Schrifttum vertritt vier verschiedene Lösungen : a) Der Unterschiedsbetrag zwischen dem in der Reichsmarkschlußbilanz und dem durch die DM.-Eröffnungsbilanz ermittelten Reinvermögen, soll nach dem Verhältnis der Kapitalanteile, wie sie sich auf Grund der Reichsmarkschlußbilanz und der sich

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Zweiter Titel; Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 120 Anm. 84 an diese anschließende Gut- oder Lastschrift von Gewinn oder Verlust ergeben verteilt und auf Kapitalkonto gutgeschrieben, etwaiger Verlust belastet werden; oder anders ausgedrückt: Das nach der DM.-Eröffnungsbilanz vorhandene Reinvermögen soll auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer auf den 20. J u n i 1948 festgesetzten Kapitalanteile verteilt werden. Die so ermittelten Ziffern würden dann vom 21. Juni an die Kapitalanteile der Gesellschafter bilden (Anwendung des Kapitalverteilungsschlüssels). So Dreiss StW. 48, 719f.; Höppner, Wirtschaftsprüfung 49, 173; Krieger N J W . 49, 295; Mader, Wirtschaftsprüfung 49, 403; Meyer N J W . 49, 284; Otto BB 49,200; Peters BB. 48, 511; Sudhoff StW. 49, 229f. und N J W . 49, 893 (896). b) Der Unterschiedsbetrag zwischen Reinvermögen nach der Reichsmarkschlußbilanz und nach der DM.-Eröffnungsbilanz soll a l s G e w i n n o d e r V e r l u s t behandelt und jedem Gesellschafter nach dem Verhältnis seines auf Grund der Reichsmarkschlußbilanz festgestellten Kapitalanteils auf diesem gutgeschrieben oder belastet werden (Maßgeblichkeit des Gewinn- und Verlust Verteilungsschlüssels). So Möhle, Wirtschaftsprüfung 49, 129; Rentrop, Betrieb 48, 298; Tedrup, Wirtschaftsprüfung 49, 85; Veith, Beteiligungen und Auseinandersetzungen 49, 11. c) Die Verteilung soll nach der Art der Bestandteile des Vermögens und der Ursache der Werterhöhung oder -minderung entweder nach dem Kapital- oder nach dem Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssel erfolgen; nach dem Kapitalverteilungsschlüssel, wenn der Unterschied gegenüber der Reichsmarkschlußbilanz nur auf der neuen Bewertung nach dem DM.-Bilanzgesetz beruht, z. B. wegen der Möglichkeit der Wiederaktivierung ganz oder zu stark abgeschriebener Vermögensbestandteile. Dagegen soll der Gewinn- oder Verlustverteilungsmaßstab gelten, wenn es sich um „Währungsgewinne oder -Verluste" handelt (gemischte Behandlung). So Binder-Wetter-Reinbothe, Währungsges. § 2 Anm. 30; Hartkopf, Wirtschaftsprüfung 49, 171 und Betrieb 49, 493, 507, 517 Naust, Betrieb 49, 340; Littmann, Betriebsberater (BB.) 49, 639; dazu Bern, von Schubert und Risse BB. 49, 680. d) Veith, N J W . 49, 889 (892) hält in erster Reihe den Gesellschaftsvertrag f ü r maßgebend. Da dieser regelmäßig keine Antwort gibt, sei durch e r g ä n z e n d e V e r t r a g s a u s l e g u n g die Lücke auszufüllen, also ZJ ermitteln, wie die Gesellschafter die Frage gelöst hätten, wenn sie ihnen vorgelegt worden wäre. Veith t r i t t f ü r eine i n d i v i d u e l l e Beurteilung ein. Bei einer vorwiegend kapitalistischen Personengesellschaft entspreche die Anwendung des Kapital Verteilungsschlüssels dem mutmaßlichen Willen der Gesellschaften. Anders liege es, wenn die persönliche Tätigkeit der Gesellschafter überwiege oder wenn ein Gesellschafter erst kurz vor der Währungsreform durch Einlagen in entwertetem Geld sein Kapitalkonto erhöht habe; hier sei die Anwendung des Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssels geboten. Für die Lösung unter a) spricht folgende Erwägung: Weder das Währungsgesetz und das Umstellungsgesetz noch das DM.-Bilanzgesetz verfolgen den Zweck, das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter — einer Kapital- oder Personengesellschaft —• am Gesellschaftsvermögen zu ändern. Ihr Zweck ist nur die Währung wieder in Ordnung zu bringen. Die einzelnen Maßnahmen, die sie vorschreiben, dienen nur der Erreichung dieses Zweckes. Dies gilt namentlich auch von der Anordnung, daß auf den Stichtag der Währungsreform eine DM.-Eröffnungsbilanz aufzustellen ist, und von den Einwirkungen dieser Bilanz auf die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und ihrer Mitglieder. Zur Durchführung der Währungsreform ist eine Veränderung des Beteiligungsverhältnisses ihrer Mitglieder nicht erforderlich. Zweck der Eröffnungsbilanz im besonderen ist auch nicht, wie bei den Jahresbilanzen und auch bei der Reichsmarkschlußbilanz, die Ermittelung des Ergebnisses der Entwicklung des Unternehmens in einem zeitlich begrenzten Abschnitt — regelmäßig in einem Geschäftsjahr — und die Verteilung des Gewinns oder Verlustes dieses Zeitraums auf die Mitglieder und die Gutoder Lastschrift der Anteile auf die Kapitalkonten der Gesellschafter und die Auszahlung eines derartigen Gewinnanteils an die Gesellschafter, damit sie daraus, wie es gerade bei der nicht überwiegend kapitalistisch gestalteten offenen Handelsgesellschaft erforderlich ist, ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Deshalb ist auch nicht, wie f ü r die Reichsmarkschlußbilanz ausdrücklich vorgeschrieben, eine G e w i n n - u n d V e r l u s t r e c h n u n g aufzumachen. Eine Gewinn- oder Verlustberechnung wäre auch

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§ 120 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 84 begrifflich gar nicht möglich, weil Reichsmarkschlußbilanz und DM.-Eröffmingshilanz eine Jahres- also eine Erfolgsbilanz und eine Vermögensbilanz in verschiedener Währung keine vergleichbaren Größen sind. Eine Gewinn- oder Verlustermittlung setzt die Bilanzkontinuität voraus. Diese hat aber das Bilanzgesetz für die DM.-Eröffnungsbilanz aufgehoben. Die neue Bilanz ist eben keine Gewinnermittlungsbilanz, sondern eine Eröffnungsbilanz, die nicht mit einem Gewinn beginnen kann sondern- nur den Bestand und den Betrag des Reinvermögens in einem bestimmten Zeitpunkt festzustellen hat. Es ist danach unmöglich, durch Vergleich der RM.-Ziffern der RM.-Schlußbilanz mit den DM.-Ziffern der Eröffnungsbilanz einen Gewinn oder Verlust festzustellen, der wie ein gewöhnlicher Jahresgewinn oder -Verlust nach § 120 den Kapitalanteilen der Gesellschafte gut-r oder zur Last zu schreiben und nach § 121 oder abweichenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zu verteilen wäre. Wollte man den sog. DM.Bilanzgewinn wie einen echten Jahresgewinn behandeln, so müßte man auch einen Anspruch des einzelnen Gesellschafters auf Auszahlung seines Gewinnanteils aberkennen. Dieses würde aber dem Zwecke der Währungsreform widersprechen, die die Wirtschaft stärken, nicht aber die Unternehmen durch Entziehung von Betriebsmitteln schwächen will. Sie wäre auch mit dem Grundsatz unvereinbar, daß kein Gesellschafter einseitig über das Gesellschaftsvermögen verfügen kann. Auf eine solche Verfügung käme es aber hinaus, wenn ein Gesellschafter deshalb, weil der wahre Wert eines Gegenstandes des Anlagevermögens höher ist, als der Bilanzwert der RM.-Schlußbilanz unter dem Gesichtspunkt des Gewinns eine Herauszahlung verlangen könnte, zu der die Gesellschaft die Mittel sich unter Umständen nur durch Kreditaufnahme verschaffen könnte. Es ist zwar richtig, daß verteilbare Gewinne nicht nur durch die werbende Tätigkeit des Gesellschaftsunternehmens, sondern auch durch Erzielung von Mehrerlösen über den Bilanzwert bei Gegenständen des Anlagevermögens erzielt werden können. Es genügt aber nicht die bloße Höherbewertung in einer zu anderen Zwecken aufgemachten Bilanz ohne Realisierung der „Gewinne". Bis zu einer etwaigen Realisierung, die jedenfalls bei der Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft erfolgt, können sich nicht nur die allgemeinen Wertverhältnisse sondern auch die Beschaffenheit und damit der Wert des einzelnen Gegenstandes geändert haben. Will man aber nur eine Gewinnberechnung und -Gutschrift auf die Kapitalkonten zulassen, so handelt es sich eben nicht um einen Gewinn, der von der Gesellschaft erzielt worden ist. Auch der sog. Währungsgewinnoder Verlust kann nicht eine Gewinn- oder Verlustverteilung auf den Stichtag der DM.Eröffnungsbilanz, auch nicht durch bloße Gut- oder Lastschrift auf Kapitalkonto begründen, Wegen des bevorstehenden, in seiner Gestaltung noch ungewissen Lastenausgleichs läßt sich auch bei Aufstellung der DM.-Eröffnungsbilanz noch nicht übersehen, welchen Wert die Währungsgewinne haben werden. Wie Sudhoff, NJW. 49, 896 zutreffend ausführt, sind die sog. Währungsverluste- oder Gewinne betriebswirtschaftlich gesehen überhaupt keine Gewinne oder Verluste, sondern nur Veränderungen am ruhenden Vermögen. Bloße Vermögensänderungen in der Kapitalsphäre können aber nicht zu einer Gewinnverteilung führen. Wenn die Aufstellung der DM.-Eröffnungsbilanz zu einer Verteilung des sogenannten Gewinns führen müßte, so könnten sie nach dem Verhältnis der bisherigen Kapitalanteile der Gesellschafter gutgeschrieben, sog, Verluste entsprechend belastet werden. Zusammenfassend ist also zu sagen; U n t e r s c h i e d s b e t r ä g e zwischen dem Reinvermögen der RM.-Schlußbilanz und der DM.-Eröffnungsbiianz, die auf anderer Bewertung des Vermögens oder Veränderung von Forderungen oder Verbindlichkeiten als Folge der Geldumstellung beruhen, sind nicht als laufende Gewinne oder Verluste anzusehen. Eine Aufteilung nach dem Gewinn, oder Verlustverteilungsschlüssel auf die Kapitalkonten der Gesellschafter findet nicht statt. Stellt man sich auf diesen Standpunkt, so erledigt sich die Frage, ob eine gemischte Behandlung möglich ist: d. h. a) Verteilung nach dem Kapitalverteilungsschlüssel, wenn es sich um Höher- oder Minderbewertung des Vermögens handelt oder wenn in der Gesellschaft die Kapitalbeteiligung überwiegt, b) Verteilung nach dem Gewinnoder Verlustverteilungsschlüssel, wenn es sich um Währungsgewinne oder Verluste handelt oder wenn in der Gesellschaft die persönliche Mitarbeit der Gesellschafter maßgebend ist. Man wird auch regelmäßig nicht sagen können, daß es dem zu vermutenden

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 1 2 0 Anm. 86 Willen a l l e r Gesellschafter entspricht, daß bei der überwiegend kapitalistischen Gesellschaft die Differenz einer Neufeststellung des Vermögens gegenüber der vorhergehenden Jahresbilanz dem Kapitalisten, bei der Gesellschaft, bei der die persönliche Arbeit überwiegt, aber den im Unternehmen tätigen allein zufallen solle. Der Wille der Beteiligten wird oft dahin gehen, daß es bei der gesetzlichen oder vertraglichen Regelung bleiben und eine Verteilung nicht stattfinden soll, da es sich doch um eine Zwischenbilanz handelt und noch nicht abzusehen ist, ob die neue Bewertuug von Dauer ist. Erst bei der Auflösung und Abwicklung wird sich zeigen, ob zur Zeit des Betriebs des Unternehmens Gewinne zurückgehalten worden sind, deren Verteilung nach der Abwicklungsbilanz zu erfolgen hat. Stellt man die Frage nach dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter für den Fall des Verlusts, so wird es gewiß nicht dem Willen aller Gesellschafter entsprechen, daß die Gesellschafter, die die Arbeit geleistet haben, allein den sog. Verlust zu tragen haben, durchdessen Lastschrift ihr Kapitalkonto sehr geschwächt, sogar passiv werden könnte, namentlich wenn Außenstände in erheblichen Maße im Verhältnis 10:1 oder gar 10:0,65 abewertet werden. Bs entspricht eher dem Ziele des Gesetzgebers, daß erst nach einer weiteren Entwicklung des Unternehmens eine Gewinn- oder Verlustverteilung stattfindet. Dies kommt auch in der Schaffung der Möglichkeit zum Ausdruck, das Rumpfgeschäftsjahr 1948 mit dem folgenden ganzen Geschäftsjahr zu verbinden. Das Ergebnis ist daher: Die A u f s t e l l u n g d e r E r ö f f n u n g s b i l a n z b i e t e t k e i n e n A n l a ß , die B e t e i l i g u n g d e r G e s e l l s c h a f t e r , wie sie s i c h a u s d e r R e i c h s m a r k s c h l u ß b i l a n z e r g i b t , zu ä n d e r n . Zulässig ist nur die K a p i t a l anteile der Gesellschafter nach der RM.-Schlußbilanz dem R e i n v e r m ö gen n a c h d e r D M . - E r ö f f n u n g s b i l a n z a n z u p a s s e n . Beispiel: Das Reinvermögen nach der DM.-Eröffnungsbilanz beträgt 100000 DM. Der Kapitalanteil jedes der vier Gesellschafter beträgt nach der RM.-Schlußbilanz: 20000 (für alle zusammen: 80000 RM.). Der Kapitalanteil jedes Gesellschafters wird neu auf 25000 DM. festgesetzt. In besonderen Ausnahmefällen kann eine andere Bemessung den Willen der Gesellschafter entsprechen, etwa wenn die RM.-Schlußbilanz fehlerhaft war. Dann ist diese zu berichtigen. Anm. 35. Die erste DM.-Jahresbilanz. Verlängerung des Geschäftsjahrs. Die festgestellte DM.-Eröffnungsbilanz bildet die Grundlage für die künftige Geschäftsführung der Gesellschaft und für die späteren Jahresbilanzen. Für diese gilt wieder der Grundsatz des Bilanzsusammenhangs (der Bilanzkoetinuität), der für die DM.-Bröffnungsbilanz nicht bestand. Die erste Jahresbilanz hat also auf der DM.-Eröffnungsbilanz aufzubauen. Die Wertansätze in den künftigen Jahresbilanzen können also von der Gesellschaft nicht frei bestimmt werden, sondern sind aus der DM.-Eröffnungsbilanz herzuleiten. Von ihnen sind auch die Abschreibungen zu machen. War am 21. Juni 1948 ein Geschäftsjahr im Lauf, so ist die erste Jahresbilanz auf das Ende des Geschäftsjahrs, also für das Rumpfgeschäftsjahr aufzustellen. § 3 der 17. Durchf.Vo. in der Fassung der 26. Durchf.Vo. zum Umstellungsgesetz bestimmt: Endet das am 21. Juni 1948 laufende Geschäftsjahr vor dem 1..Januar 1949, so kann der am 21. Juni 1948 beginnende"Teil des Geschäftsjahrs mit dem folgenden Geschäftsjahr verbunden werden. Es kann also ein vom 21. Juni bis 31. Dezember endendes Geschäftsjahr mit dem folgenden Geschäftsjahr verbunden werden, nicht aber ein nach dem 31. Dezember 48, etwa am 31. Januar 1949 endendes. Die Vorschrift gilt zunächst für das Handelsrecht, nach § 5 Einko.steuergesetz damit aber auch für das Steuerrecht. Bei Unternehmen, die der Eintragung in ein öffentliches Register bedürfen, also auch bei OHG. und KG. ist die Verbindung nur wirksam, wenn sie bis zum 30. September 1949 dem Registergericht angezeigt wird; einer' Eintragung in das Register und einer Veröffentlichung bedarf es nicht; § 3 Abs. 1 Satz 3. Durch die 41. Durchführungs-Vo. zum Umstellungsgesetz ist die Anmeldefrist bis zum 31. Janur 1950 einschließlich verlängert worden. Die Verbindung bedarf bei den Personengesellschaften eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt, §119. Die Anmeldung kann durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen. Die Frist ist eine A u s s c h l u ß f r i s t . Sie kann durch den Registerrichter nicht verlängert werden. W i e d e r e i n s e t z u n g in den vorigen S t a n d

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§ § 120, 121 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 86, Anm. 1, 2 gegen Fristversäumnis ist unzulässig. Durch rechtzeitige Anmeldung tritt die Verbindung in Wirksamkeit. Liegen die Voraussetzungen der Verbindung nicht vor ode.' wird von der Verbindungsmöglichkeit nicht in der vorgeschriebenen Form und Frist Gebrauch gemacht, so beginnen die gesetzlichen und satzungsmäßigen (bei den Personengesellschaften die vertragsmäßigen) Fristen für die Aufstellung, Vorlegung, Feststellung und Veröffentlichung des 1. Jahresabschlusses in Deutscher Mark am 1. April 1949, § 3 Abs. 2 der 17/26. Durchf.Vo. zum UG. Die Verbindung, durch die zugleich die Grenzen des Geschäftsjahrs geändert werden, ist nur für das Rumpfgeschäftsjahr 1948 und das anschließende Jahr möglich. Die Veränderung des durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag bestimmten Geschäftsjahres nach den allgemeinen Vorschriften des Handelsrechts, vgl. § 39 HGB., wird durch die 17. und 26. Durchf.Vo. zum UG. nicht ausgeschlossen; von Boehmer, DM.-Bilanzgesetz S. 118. § 3 in der Fassung der 17. Durchf.Vo. bestimmte anders als die 26. Durchf.Vo., daß ein nach dem 20. Juni 1948 und vor dem 30. Juni 1949 abgelaufenes Geschäftsjahr in der Weise verlängert werden kann, daß es am 31. Dezember 1948 oder am 30. Juni 1949 endet. Gesellschafterbeschlüsse, die auf Grund dieser Fassung vor Inkrafttreten der 26. Durchf.Vo. getroffen worden sind, bleiben nach Art. II der 26. Durchf.Vo. wirksam. Die Anzeige kann noch innerhalb der neu gesetzten Fristen erfolgen, da die 17. Durchf.Vo. keine Frist bestimmte; von Boehmer a. a. O. S. 117. § 1 3 1 Von dem Jahresgewinne gebührt jedem Gesellschafter zunächst ein Anteil in Höhe v o n vier v o m Hundert seines Kapitalanteils. Reicht der Jahresgewinn hierzu nicht aus, so bestimmen sich die Anteile nach einem entsprechend niedrigeren Satze. Bei der Berechnung des nach Abs. 1 einem Gesellschafter zukommenden Gewinnanteils werden Leistungen, die der Gesellschafter im Laufe des Geschäftsjahrs als Einlage gemacht hat, nach dem Verhältnisse der seit der Leistung abgelaufenen Zeit berücksichtigt. Hat der Gesellschafter im Laufe des Geschäftsjahrs Geld auf seinen Kapitalanteil entnommen, so werden die entnommenen Beträge nach dem Verhältnisse der bis zur Entnahme abgelaufenen Zeit berücksichtigt. Derjenige Teil des Jahresgewinns, welcher die nach den Abs. 1, 2 zu berechnenden Gewinnanteile übersteigt, sowie der Verlust eines Geschäftsjahrs wird unter die Gesellschafter nach Köpfen verteilt. Anm. 1. § 121 ergänzt die Vorschriften des § 120. Während dort bestimmt wird, daß alljährlich der Jahresgewinn oder -Verlust der Gesellschaft ermittelt, der Anteil jedes Gesellschafters an Gewinn und Verlust berechnet und seinem Kapitalanteil zu- oder davon abgeschrieben wird, gibt § 121 die Regel, nach der die Berechnung des Anteils des einzelnen Gesellschafters am Gewinn und Verlust eines Jahres zu erfolgen hat. Er sagt, welcher Anteil jedem Gesellschafter gebührt. Wie die Auszahlung des Anteils zu erfolgen hat, bestimmt erst § 122. Die wesentlich abweichenden Vorschriften des ADHGB. sind in den Artt. 105 und 108 enthalten. Anm. 2. Der Vorzugsgewinnanteil aus dem Kapitalanteil. Von dem J a h r e s gewinn g e b ü h r t j e d e m G e s e l l s c h a f t e r z u n ä c h s t ein A n t e i l in Höhe von vier vom H u n d e r t seines K a p i t a l a n t e i l s , Abs. 1 Satz 1. Der hier festgelegte Vorzugsgewinnanteil (die Vordividende) stellt eine Vergütung für die Beteiligung des einzelnen Gesellschafters an der Gesellschaft mit K a p i t a l dar. Der Vorzug ist gerechtfertigt, weil die Personengesellschaft nicht allein durch die Arbeitsleistung ihrer Gesell176

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 121 Anm. 8—7 schafter, sondern vielfach erst durch das dem Unternehmen von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Kapital ihren Zweck erreichen kann. Da nicht jeder Gesellschafter eine Vermögenseinlage macht und die Einlagen auch verschieden groß sein können, entspricht es der Billigkeit und kaufmännischen Auffassung, daß die mit Kapital beteiligten Gesellschafter nach Maßgabe dieser Beteiligung einen Vorzug bei der Gewinnverteilung haben. Die Gewährung des Vorzugs knüpft aus dem angegebenen Grunde für seine Bewilligung an den Kapitalanteil des einzelnen Gesellschafters an, denn dieser bringt nach seiner Entstehung aus den g e l e i s t e t e n Einlagen und den gutgeschriebenen und nicht abgehobenen Gewinnanteilen (vgl. § 120) die kapitalistische Beteiligung des einzelnen Gesellschafters zum Ausdruck. Die Vordividende wird danach aus demAktivsaldo des Kapitalkontos des einzelnen Gesellschafters berechnet. Maßgebend ist das Kapitalkonto am Bilanzstichtage, das ist der Tag, auf den die Jahresbilanz aufzumachen ist, aus der sich der zu verteilende Jahresgewinn ergibt, also der letzte Tag des abgelaufenen Geschäftsjahres. Ansprüche des Gesellschafters, die ihm auf Privatkonto zu buchen sind, bleiben somit außer Betracht, auch wenn sie — unrichtig — auf Kapitalkonto gebucht sind. Anm. 3. Ein Gesellschafter ohne aktiven oder mit passivem Kapitalsaldo erhält keine Vorzugsdividende. Er wird auch nicht mit 4°/» seines negativen Kapitalanteils belastet; vgl. Anm. 8. Anm. 4. Der Vorzug wird n u r aus dem Gewinn des einzelnen Geschäftsjahres gewährt; fällt also weg, wenn in einem Geseifäftsjähr kein verteilbarer Gewinn erzielt worden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn zwar Gewinn erzielt, dieser aber nicht zu verteilen ist, weil er nach dem Gesellschaftsvertrag oder einem Beschlüsse der Gesellschafter nicht zu verteilen, sondern etwa zur Bildung von Rücklagen zu verwenden ist. Der Gesellschaftervertrag oder Gesellschafterbeschluß kann aber auch bestimmen, daß aus dem Gewinn die Vorzugsdividende zu leisten und nur der Rest ganz oder teilweise nicht zu verteilen ist; vgl. § 119. Ein Beschluß, nach dem die Vorzugsdividende nicht zu leisten, der Gewinn aber doch zu verteilen ist, bedürfte der Zustimmung der betroffenen Gesellschafter, auch wenn Mehrheitsbeschlüsse zugelassen sind. Eine Gewährung des Vorzugs aus dem Gewinn s p ä t e r e r J a h r e findet nicht statt; vgl. auch § 120 Anm. 22. Anm. 5. Die Höhe der V o r d i v i d e n d e beträgt vier vom Hundert des Kapitalanteils des einzelnen Gesellschafters, nicht des zu verteilenden Gewinns. Der Hundertsatz steht fest, ist also nicht mit dem üblichen Zinsfuß für Leihkapitalien veränderlich; RG. in HRR. 1936, 611. Es handelt sich überhaupt nicht um eine Verzinsung geliehenen Geldes, die auch eintritt, wenn kein Gewinn erzielt worden ist; RG. 67, 13. Anm. 6. Verhältnismäßige Kürzung der Vordividende. R e i c h t der J a h r e s gewinn zur G e w ä h r u n g eines V o r z u g s g e w i n n a n t e i l s in Höhe von vier vom H u n d e r t n i c h t a u s , so b e s t i m m e n sich die A n t e i l e n a c h einem e n t s p r e c h e n d n i e d r i g e r e n S a t z e ; Abs. 1 Satz 2. Es ist danach der vorhandene Gewinn auf alle Gesellschafter mit aktivem Kapitalsaldo nach dem Verhältnis dieser Salden zu verteilen. Anm. 7. Berücksichtigung der im Laufe des Geschäftsjahres eingetretenen Veränderungen in der Kapitalbeteiligung der einzelnen Gesellschafter. Bei der B e r e c h n u n g des n a c h Abs. 1 einem G e s e l l s c h a f t e r z u k o m m e n d e n G e w i n n a n t e i l s w e r d e n L e i s t u n g e n , die der G e s e l l s c h a f t e r im L a u f e des G e s c h ä f t s j a h r e s als E i n l a g e g e m a c h t h a t , n a c h dem V e r h ä l t n i s der seit der L e i s t u n g abg e l a u f e n e n Zeit b e r ü c k s i c h t i g t . H a t der G e s e l l s c h a f t e r im L a u f e des G e s c h ä f t s j a h r e s Geld auf seinen K a p i t a l a n t e i l e n t n o m m e n , so w e r d e n die e n t n o m m e n e n B e t r ä g e n a c h dem V e r h ä l t n i s s e der bis zur E n t n a h m e a b g e l a u f e n e n Zeit b e r ü c k s i c h t i g t ; Abs. 2. Diese Vorschrift führt den Grundgedanken des Abs. 1, nach dem der einzelne Gesellschafter für seine Kapitalbeteiligung einen Vorzug am Gewinn haben soll, durch. Hat er im Laufe des Jahres eine Einlage oder eine weitere Einlage geleistet, so soll er auch aus dieser den Vorzugsanteil erhalten. Hat sich seine Beteiligung durch Entnahme oder in anderer Weise vermindert, so wird sein Vorzugsanteil entsprechend gekürzt. Die Erhöhung oder Kürzung erfolgt selbstverständlich nur für den Zeitraum, in dem das weitere Kapital der Gesellschaft zur Ver12

HGB. Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 121 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8, 9 fügung stand oder für den es ihr infolge der Entnahme entzogen war. Es ist danach jeweils auf den Zeitpunkt des Eintritts einer solchen Änderung der sich aus ihr ergebende Stand des Kapitalanteils zu ermitteln und danach für den abgelaufenen und den folgenden Teil des Geschäftsjahres der Vorzugsanteil gesondert zu berechnen. Als Einlage im Sinne des Abs. 2 Satz 1 gilt nicht nur eine Geldeinlage, sondern auch eine Sacheinlage, überhaupt alles, was auf Kapitalanteil gutgeschrieben werden kann, also nicht die Dienstleistungen, die ein Gesellschafter als geschäftsführender Gesellschafter zu bewirken hat. Sacheinlagen, die im Laufe des Geschäftsjahres erfolgen, werden ebenso wie die bei Beginn der Gesellschaft bewirkten, nach ihrem Werte im Zeitpunkt der Leistung, d. h. des Übergangs in das Gesellschaftsvermögen berechnet und dem Kapitalanteile zugeschrieben. Abs. 2 Satz 2 schreibt nach seinem Wortlaut nur die Berücksichtigung von Entnahmen in Geld vor. Das Entnahmerecht des Gesellschafters erstreckt sich auch nur auf die Entnahme von Geld; § 122 Abs. 1. Nach dem Grundgedanken der Vorschrift, nach der die jeweilige Kapitalbeteiligung des einzelnen Gesellschafters für die Vorzugsdividende maßgebend sein soll, wird man die Vorschrift auch dann anwenden müssen, wenn der Gesellschafter statt des Bargeldes nach dem Gesellschaftsvertrag oder einem Gesellschafterbeschluß oder ohne dies Sachwerte entnimmt oder wenn er während des Geschäftsjahres eine Sacheinlage zurückerhält. Denn es werden auch alle „Leistungen", die der Gesellschafter im Laufe des Jahres als Einlagen macht, zu seinen Gunsten berücksichtigt. Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem die Verminderung der Kapitalbeteiligung anders behandelt werden soll als die Erhöhung. Entnimmt ein Gesellschafter wie ein Dritter als Käufer Waren aus den Beständen der Gesellschaft, so gelten nur die Vorschriften über den Kauf. Nach diesen hat er den Kaufpreis vom Tage der Fälligkeit an zu verzinsen; § 353 HGB. Auch Entnahmen auf Privatkonto oder von Beträgen, die zwar auf Kapitalkonto gebucht, aber richtig auf Privatkonto zu verbuchen waren, beeinträchtigen die Höhe der Vordividende nicht. Abs. 2 gilt nur für die Vordividende, nicht für die Verteilung des übrigen Gewinns nach Abs. 3; denn für diese Verteilung kommt es auf die Kapitalbeteiligung nicht an. Anm. 8. Die R e g e l u n g in Abs. 1 u n d 2 w e i c h t w e s e n t l i c h ab von der des AD HGB. Nach dessen Art. 106 werden jedem Gesellschafter am Schlüsse jeden Geschäftsjahres von seiner Einlage oder wenn sich dieselbe beim Schlüsse des vorigen Jahres durch Hinzurechnung seines Anteils am Gewinn vermehrt oder durch Abrechnung seines Anteils am Verluste vermindert hat, von seinem Anteile am Gesellschaftsvermögen Zinsen von vier vom Hundert gutgeschrieben und von den während des Geschäftsjahres auf den Anteil entnommenen Geldern Zinsen in demselben Maßstabe zur Last geschrieben. Die dem Gesellschafter hiernach zukommenden Zinsen vermehren seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen. Vor Deckung dieser Zinsen ist kein Gewinn vorhanden und der Verlust der Gesellschaft wird durch dieselben vermehrt oder gebildet. Nach dieser Regelung handelt es sich also um eine echte, der Höhe nach feststehende Verzinsung des der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kapitals. Es entsteht eine Schuld der Gesellschaft in Höhe der Zinsen, auch wenn Gewinn nicht erzielt oder sogar mit Verlust gearbeitet wird. Die mit Kapital höher Beteiligten sind somit vor den geringer oder gar nicht Beteiligten bevorzugt, was sich namentlich bei fortdauernden Verlustjahren auswirken kann. Diese Wirkung war der Anlaß zur Neuordnung im HGB. Die Vorschriften des ADHGB. gelten noch für die vor Inkrafttreten des neuen HGB., 1. Januar 1900, entstandenen Gesellschaften (vgl. Vorbem. vor § 105; Art. 170 EG.z.BGB.), falls sie sich nicht nachträglich allgemein oder für die hier in Betracht kommenden Fragen dem neuen Recht unterstellt haben; dies kann auch durch schlüssige Handlungen, z.B. durch regelmäßige Gutschrift von vier vom Hundert, nur bei Erzielung von Gewinn geschehen; auch die „Verzinsung" nach älterem Rjcht beruht auf gssellschaftlicher Grundlage. Der Zinsbetrag ist deshalb dem Kapitalkonto des Berechtigten zuzuschreiben; er kann dessen Auszahlung verlangen; vgl. Art. 26 der Vo. v. 24.12.38, RGB1.I 1999. Anm. 9. Da es sich in Abs. 1 u. 2 um n a c h g i e b i g e s R e c h t handelt, können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag oder durch Vertragsänderung eine andere Regelung vornehmen. Sie können namentlich vereinbaren, daß statt des Vorzugsgewinnanteils eine feste Verzinsung der Einlagen oder der Kapitalanteile erfolgen soll. Dies ist auch vielfach üblich. Wird in Gesellschaftsverträgen die „Verzinsung" der Einlagen verein178

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 121 Anm. 10—12 bart, so ist im Zweifel der Vertrag dahin auszulegen, daß die Gesellschafter nach dem Vorbild der früheren gesetzlichen Regelung und der fortbestehenden Handelsübung eine feste Verzinsung ohne Rücksicht auf das Ergebnis des einzelnen Geschäftsjahres vereinbaren wollten, OLGR. (Hamburg) 24,128; jedenfalls ist dies dann anzunehmen, wenn die Verbuchung der „Zinsen" auf Gewinn- oder Verlustkonto vereinbart worden ist; RG. in LZ. 29, 1340. Anm. 10. Die Verteilung des nach der Verteilung nach Abs. 1 nnd 2 übrig bleibenden Jahresgewinns e r f o l g t n a c h K ö p f e n ; Abs. 3. Diese Bestimmung berücksichtigt die Eigenschaft der offenen Handelsgesellschaft als einer Personengesellschaft, deren sämtliche Gesellschafter, insbesondere durch die persönliche Haftung nach § 128, und nach der gesetzlichen Regel, §§ 114ff., § 125, auch durch ihre persönliche Betätigung an den Ergebnissen ihres Unternehmens teilnehmen. Soweit nicht die kapitalistische Beteiligung einen Vorzug rechtfertigt, sollen alle Gesellschafter am Gewinn (und Verlust) gleichmäßig teilnehmen. Dies gilt auch für die Gesellschafter mit negativem Kapitalanteil. Anm. 11. A b w e i c h e n d e B e s t i m m u n g e n des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g s können die gesetzliche Regel der Absätze 1 und 2 wie auch des Abs. 3 außer Kraft setzen. So kann der Anspruch auf einen Vorzugsanteil nach Abs. 1 ganz beseitigt und bestimmt werden, daß der ganze Jahresgewinn unter alle Gesellschafter nach Köpfen zu verteilen ist oder es kann die Gewährung eines Vorzugsanteils nur an einzelne Gesellschafter, z. B. an die an der Geschäftsführung beteiligten, vereinbart werden. Sie kann davon abhängig gemacht werden, daß ein Mindestgewinn erzielt worden ist oder daß auch für die nicht kapitalistisch beteiligten Gesellschafter ein bestimmter Betrag übrig bleibt oder daß die übrigen Gesellschafter nicht mehrere Jahre leer ausgegangen sind. Auch den nicht kapitalistisch beteiligten Gesellschaftern (z. B. den geschäftsführenden) kann ein Vorzug bewilligt werden. Es kann auch vereinbart werden, daß die im Laufe eines Geschäftsjahres eintretenden Veränderungen durch Einlagen und Entnahmen (Abs. 2), bei Berechnung des Vorzugsanteils nicht oder nur dann berücksichtigt werden sollen, wenn sie einen bestimmten Betrag erreichen. Es kann auch bestimmt werden, daß die Vorzugsgewinnanteile nicht nach dem jeweiligen Kapitalanteil, sondern nach dem Maßstabe der ursprünglichen oder späteren Einlagen berechnet werden; RG. 128, 175. Auch die Verteilung des nach der Vorzugsverteilung nach Abs. 1 übrig bleibenden Gewinns kann abweichend von der Regel des Abs. 3 geordnet werden. Es kann z. B. bestimmt werden, daß nicht alle Gesellschafter von dem Rest den gleichen Anteil erhalten, sondern daß eine Abstufung eintritt, etwa dahin, daß die kapitalistisch Beteiligten auch von dem Rest einen höheren, etwa nach ihrer Kapitalbeteiligung oder ihrem Alter oder der Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft oder ihrer Betätigung abgestuften Anteil erhalten. Einzelnen, insbesondere den geschäftsführenden Gesellschaftern, kann — von dem gesamten oder dem nach Abs. 1 übrigbleibendem Gewinn — im voraus ein bestimmter fester Betrag zugesichert werden; Bolze 1, 162. Es ist Sache der Vertragsauslegung, ob eine G e w i n n g a r a n t i e nur unter normalen, nicht aber unter außerordentlichen Verhältnissen, wie sie durch Krieg und Zusammenbruch entstanden sind, gilt (§ 242 BGB.). Soll der Betrag auch ausbezahlt werden, wenn kein Gewinn erzielt wird, so handelt es sich nicht um einen Anteil am Gewinn, sondern um eine echte Gesellschaftsschuld, um Geschäftsunkosten, die als solche zu verbuchen und schon bei Ermittelung des Gewinns als solche zu behandeln sind. Ob bei G a r a n t i e r u n g eines bestimmten „Gewinnanteils" die Auszahlung nur aus Mitteln der Gesellschaft gefordert werden kann oderob die übrigen Gesellschafter als Garanten dem Begünstigten haftbar sind oder ob im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern die übrigen Gesellschafter oder einzelne von ihnen den nicht durch Gewinn gedeckten Teil des garantierten Betrages aus Privatmitteln zu decken haben, ist nach dem Inhalte der einzelnen Vereinbarung, notfalls durch Vertragsauslegung, zu ermitteln. Die Verteilung des übrigen oder des gesamten Gewinns kann im Gesellschaftsvertrag auch billigem E r m e s s e n aller Gesellschafter oder der Mehrheit oder eines einzelnen Gesellschafters oder eines Dritten überlassen werden; ROHG. 16. 428. Vgl. auch § 120 Anm. 22. Anm. 12. Der völlige A u s s c h l u ß eines G e s e l l s c h a f t e r s von j e d e m Gewinn während der ganzen Dauer der Gesellschaft, auch bei der Auseinandersetzung 12»

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§121 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 18—16 nach Auflösung der Gesellschaft oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters ist unvereinbar mit dem Wesen der offenen Handelsgesellschaft als einer Gesellschaft, deren Zweck auf Gewinnerzielung durch den g e m e i n s a m e n Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Zulässig ist es dagegen, einen Gesellschafter von der Beteiligung am J a h r e s g e w i n n ganz auszuschließen und ihn nur an dem sich bei der Beendigung der Gesellschaft ergebenden Gewinn des Unternehmens zu beteiligen und umgekehrt. Die Beteiligung eines Gesellschafters am Gewinn kann auch auf einen bestimmten festen oder auf einen Höchstbetrag beschränkt werden. Es kann auch vereinbart werden, daß der Gewinnanteil eines Gesellschafters nicht auf Kapitalkonto, sondern auf Privatkonto gutgeschrieben und als reiner Privatanspruch behandelt wi.'d und deshalb auch hinsichtlich des Rechts auf Entnahme nicht der Beschränkung des § 122 Abs. 1 unterliegt. Nach der Feststellung seines Gewinnanteils kann jeder Gesellschafter A u s z a h l u n g des ihm d a n a c h z u k o m m e n d e n B e t r a g s nach Maßgabe des § 122 verlangen. Er kann gegen die Gesellschaft im Weigerungsfalle auf Zahlung des Gewinns klagen, ebenso gegen den geschäftsführenden Gesellschafter, der die Zahlung aus Gesellschaftsmitteln verweigert; RG. v. 4. 3. 43, II 113/42 = DR. 1943, 806". Anm. 13. Der Anspruch auf den Gewinnanteil kann a b g e t r e t e n u n d v e r p f ä n d e t und auch g e p f ä n d e t werden; § 717 BGB.; RG. 67, 13; Wieland I 553 Anm. 16. Anm. 14. Die Verteilung des Verlustes g e s c h i e h t n a c h der g e s e t z l i c h e n Regel des Abs. 3 nach Köpfen. Während der Dauer der Gesellschaft wird aber jedem Gesellschafter nur sein Anteil am Verlust an seinem Kapitalanteil abgeschrieben; § 120 Abs. 2. Zu einer Zahlung an die Gesellschaft in Höhe seines Verlustanteiles ist der Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft nicht verpflichtet. Dies entspricht auch dem Grundsatze des § 707 BGB., nach dem ein Gesellschafter zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlagen nicht verpflichtet ist. Die Verteilung des Verlustes äußert sich danach zunächst nur in einer Buchungsmaßnahme, durch die der Kapitalanteil des einzelnen Gesellschafters verändert wird, und in den Folgen, die sich aus der Verminderung des Kapitalanteils für die Beteiligung am künftigen Gewinn und Verlust oder am Auseinandersetzungserlös ergeben. Nur wenn am Schlüsse der Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft noch ein Passivsaldo eines Gesellschafters vorhanden ist, ist bei der nunmehr erfolgenden A u s e i n a n d e r s e t z u n g ein Ausgleich unter den Gesellschaftern vorzunehmen; vgl. § 735 BGB. und die Erl. zu § 155. Anm. 15. Der einzelne Gesellschafter ist n i c h t b e r e c h t i g t , seinen V e r l u s t a n t e i l in b a r in die G e s e l l s c h a f t s k a s s e zu b e z a h l e n , um die Abschreibung auf seinen Kapitalanteil zu vermeiden und sich dadurch die Vorteile des höheren Kapitalanteils (vgl. Anm. 16) zu erhalten. Eine derartige Einzahlung wäre eine Erhöhung seiner Einlage. Die Erhöhung ist aber nur zulässig, wenn sie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder wenn alle Gesellschafter zustimmen. Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, daß der Verlustanteil jedes oder oder einzelner Gesellschafter sofort nach Feststellung oder auf Aufforderung der geschäftsführenden Gesellschafter oder auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses d u r c h B a r z a h l u n g a b z u d e c k e n ist. Anm. 16. Die T r a g u n g und V e r t e i l u n g des V e r l u s t e s k a n n im Gesells c h a f t s v e r t r a g a b w e i c h e n d von der Regel des Abs. 3 g e o r d n e t w e r d e n . Es kann bestimmt werden, daß eine Verteilung des Verlustes auf die einzelnen Gesellschafter und damit eine Lastschrift auf deren Kapitalanteil während des Bestehens der Gesellschaft nicht stattfindet. Der Verlust ist dann erst bei der Auseinandersetzung (oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters) zu verteilen. Es kann auch vereinbart werden, daß zur Deckung des Verlustes nur die Einlagen aller Gesellschafter verwendet werden und nur ein darüber hinausgehender Verlust gleichmäßig verteilt und den Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter zur Last geschrieben wird. Es kann auch vereinbart werden, daß ein einzelner Gesellschafter nur bis zur Höhe seiner Einlage mit Verlust belastet werden soll; RG. 40, 30. Ein Gesellschafter kann auch von der Haftung für Verlust überhaupt oder für die Dauer des Bestehens der Gesellschaft, also bis zur Beendigung der Abwicklung befreit werden; im letzten Fall wird erst bei der Auseinandersetzung die Verlustverteilung auch auf ihn vorgenommen. Ist einem Gesellschafter ein

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § § 121,122 Anm. 17, Aam. 1, 2 M i n d e s t g e w i n n g a r a n t i e r t , so ist er damit vom Verlust befreit. Auch die Verteilung des Verlustes kann durch den Gesellschaf tsvertrag dem billigen Ermessen der Mehrheit oder der geschäftsführenden Gesellschafter oder eines Dritten überlassen werden. Anm. 17. Der Gesellschaftsvertrag kann die Beteiligung am Gewinn anders ordnen als die Beteiligung am Verlust. Enthält der Gesellschaftsvertrag nur eine Bestimmung über die Verteilung des Gewinns, so gilt nach der Auslegungsregel des § 722 Abs. 2 BGB. die Bestimmung im Zweifel sowohl für Gewinn wie für Verlust (und umgekehrt). Vertragsmäßige A b w e i c h u n g e n von der gesetzlichen Regelung der Gewinn- und Verlustverteilung hat der zu b e w e i s e n , der sie behauptet; RG. 57, 51; Bolze 23 Nr. 570. Scheidet ein Gesellschafter aus der fortbestehenden Gesellschaft aus, so wächst sein Gesellschafts- und damit sein Gewinn- und Verlustanteil nach den Grundsätzen der Gesamthand (§ 738 RGB.) den übrigen Gesellschaftern anteilsmäßig zu, wenn nicht der Gesellschaf tsvertrag etwas anderes, z. B. den Übergang auf die Erben eines verstorbenen Gesellschafters als dessen Rechtsnachfolger in der Gesellschafterstellung, bestimmt. Die Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters oder seiner Rechtsnachfolger (Erben) wird durch die Anwachsung der gesellschafterlichen Beteiligung an die übrigen Gesellschafter nicht berührt; vgl. die Erl. zu §§ 138ff.

§ 122 Jeder Gesellschafter ist berechtigt, aus der Gesellschaftskasse Geld bis zum Betrage von vier vom Hundert seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils zu seinen Lasten zu erheben und, soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht, auch die Auszahlung seines den bezeichneten Betrag übersteigenden Anteils am Gewinne des letzten Jahres zu verlangen. Im übrigen ist ein Gesellschafter nicht befugt, ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter seinen Kapitalanteil zu vermindern. Anm. 1. § 122 regelt das E n t n a h m e r e c h t der Gesellschafter. Er bestimmt im Anschluß an die Vorschriften der §5120 und 121 über die Ermittelung des Jahresgewinns der Gesellschaft und des Anteils der einzelnen Gesellschafter an diesem Gewinn, welche Beträge den Gesellschaftern auf Grund der letzten Bilanzen auszuzahlen sind und legt fest, daß darüber hinaus ein Gesellschafter nicht einseitig berechtigt ist, seinen Kapitalanteil zu vermindern. Die entsprechenden Vorschriften des ADHGB. weichen von denen des HGB. wesentlich ab, soweit es sich um das Entnahmerecht auf Grund der Kapitalbeteiligung der Gesellschafter handelt. Der Unterschied erklärt sich daraus, daß das ADHGB. in Art. 106 den kapitalistisch beteiligten Gesellschaftern eine Verzinsung ihrer Kapitalanteile, das HGB. in § 121 Abs. 1 nur einen Vorzugsgewinnanteil gewährt; vgl. die Erl. zu § 121. Durch die Gewährung der Ansprüche auf die in § 122 bezeichneten Leistungen will das Gesetz den laufenden Unterhalt, der Gesellschafter aus dem Betriebe ihres gemeinschaftlichen Unternehmens sichern. Es gibt aber im Interesse einer stetigen Geschäftsführung und tunlichster Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens keine an die Bedürfnisse des einzelnen Gesellschafters angepaßte Regelung. Es macht der Einfachheit halber die Ausübung und den Umfang des Entnahmerechts nur von zwei Tatsachen abhängig, die an die Beteiligung des einzelnen Gesellschafters anknüpfen, nämlich 1. von dem Bestehen eines Kapitalanteils, 2. von dem Vorhandensein eines Gewinnanspruchs des einzelnen Gesellschafters. Unter diesen Voraussetzungen steht das Entnahmerecht jedem Gesellschafter zu, g l e i c h g ü l t i g , o b e r a n d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g b e t e i ligt ist oder nicht. Anm. 2. I. Das Entnahmerecht nach Maßgabe des letzten Kapitalanteils. J e d e r G e s e l l s c h a f t e r i s t b e r e c h t i g t , a u s d e r G e s e l l s c h a f t s k a s s e Geld b i s z u m Betrage von vier vom H u n d e r t seines f ü r das letzte G e s c h ä f t s j a h r fest-

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§ 122 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 3—6 g e s t e l l t e n K a p i t a l a n t e i l s zu seinen L a s t e n zu e r h e b e n ; Abs. 1 Halbsatz 1. Der Grund dieses Rechts liegt darin, daß der Gesellschafter im Zeitpunkt der Entnahme mit Kapital an der Gesellschaft beteiligt ist. Insofern stimmt die Vorschrift mit § 121 Abs. 1 überein. Diese Vorschrift gibt aber den Vorzugsgewinnanspruch nur, wenn in dem betreffenden Geschäftsjahr Gewinn erzielt worden ist; § 122 Abs. 1 Halbsatz 1 knüpft dagegen nur an die Tatsache der Beteiligung mit Kapital an. Das Entnahmerecht besteht danach auch dann, wenn in dem letzten Bilanzjahr kein Gewinn erzielt oder gar mit Verlust gearbeitet worden ist. Insbesondere bei fortdauerndem Verlust kann die Ausübung dieses Entnahmerechts zu einer Verminderung der Kapitalbeteiligung führen. Da es nur auf die vorhandene Beteiligung ankommt, ist maßgebend deren Höhe, wie sie sich aus der für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Jahresbilanz und der sich daran anschließenden Feststellung der Kapitalanteile durch Zuschreiben der Gewinn- und Abschreiben der Verlustanteile und der im abgelaufenen Jahre gemachten Entnahmen ergibt; ebenso J. v. Gierke, HR. (5) II 126; Leitner, Bilanztechnik und Bilanzkritik, 1929, S. 129; Schlegelberger Anm. 2. Insofern besteht ein Unterschied zu der Berechnung des Vorzugsgewinnanteils nach § 121 Abs. 1, für den der am Schlüsse des Geschäftsjahres, dessen Gewinn berechnet wird, vorhandene Kapitalanteil maßgebend ist. Danach kann ein Gesellschafter auf Grund des § 122 unter Umständen mehr entnehmen als ihm als Vorzugsgewinnanteil nach § 121 zusteht. Der Anspruch aus § 122 ist aber nicht ein vom Gewinnanspruch völlig unabhängiger neben diesem bestehender Anspruch. Dies ergibt sich aus Abs. 1 Halbsatz 2, nach dem der Gesellschafter außer dem Anspruch aus Halbsatz 1 den Gewinnanspruch nur geltend machen kann, soweit er den Anspruch aus Halbsatz 1 übersteigt. Der Gesellschafter muß sich also bei Geltendmachung des Anspruchs aus Halbsatz 2 das anrechnen lassen, was er nach Halbsatz 1 zu fordern hat und tatsächlich erhält. Nur wenn er keinen Gewinnanspruch aus dem letzten Jahre hat, ist der Anspruch nach Halbsatz 1 selbständig. Der Zusammenhang zwischen beiden Ansprüchen zeigt sich auch darin, daß der Gesellschafter, der bereits über den Gewinnanspruch verfügt hat, etwa durch Abtretung, nicht daneben noch den Anspruch nach Halbsatz 1 erheben kann. Da es sich bei dem bloßen Anspruch nach Halbsatz 1 nicht um einen Gewinnanspruch im Sinne des § 717 Satz 2 BGB. handelt, gilt die dort ausgesprochene A u s n a h m e von der Regel der U n ü b e r t r a g b a r k e i t der G e s e l l s c h a f t e r r e c h t e f ü r diesen A n s p r u c h n i c h t . Der Gesellschafter kann somit diesen Anspruch n i c h t a b t r e t e n , sondern nur den etwa bestehenden Anspruch auf einen Gewinnanteil nach § 121. Das gleiche gilt von der Pfändung und Verpfändung des Anspruchs; RG. 67, 13; Wieland I 553 Anm. 16; Schlegelberger Anm. 6; a. A. WarneyerRspr. 1907, 520. Anm. 8. Die Entnahme ist nur dem Gesellschafter gestattet, dessen K a p i t a l a n t e i l n a c h der l e t z t e n f e s t g e s t e l l t e n Bilanz a k t i v w a r ; denn nur dann ist er mit Kapital beteiligt und besteht eine Grundlage für die Berechnung des Betrages der zulässigen Entnahme. Einlagen, die der Gesellschafter erst im Laufe des Jahres macht, in dem die Entnahme erfolgt, werden anders als bei Berechnung des Vorzugsgewinnanteils nach § 121 Abs. 2, bei Berechnung des Betrags der zulässigen Entnahme nicht berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, daß der ursprüngliche Kapitalanteil des Gesellschafters bei Gründung der Gesellschaft noch vorhanden ist; Cosack, Lehrb.d.HR. § 196 III 2 a. Anm. 4. Da der Entnahmeanspruch sich nach dem f ü r das l e t z t e G e s c h ä f t s j a h r festgestellten Kapitalanteile richtet, besteht er nur, wenn b e r e i t s ein Ges c h ä f t s j a h r der G e s e l l s c h a f t abgelaufen und eine Jahresbilanz festgestellt ist. Ist dies der Fall, so kann sofort Auszahlung des vollen Betrags verlangt werden. Da es sich um eine a u ß e r o r d e n t l i c h e B e f u g n i s handelt und diese auf der Erwägung beruht, daß die Gesellschaft regelmäßig im Laufe des Jahres so viel verdient hat, daß den Gesellschaftern eine mäßige Vergütung für das zur Verfügung gestellte Kapital gewährt werden kann, ist eine sinngemäße Anwendung der Vorschrift auf das erste Geschäftsjahr nicht möglich. Anm. 5. Der Gesellschafter hat vor der Feststellung seines Kapitalanteils auf Grund der letzten Bilanz k e i n e n A n s p r u c h auf Vorschuß. Der Gesellschafter kann auch nur A u s z a h l u n g des Betrages in den angegebenen Grenzen, n i c h t G u t s c h r i f t , 18a

Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 122 Anm. 6—11 etwa auf Privatkonto, verlangen. Er müßte doch wieder mit dem gleichen Betrag, und zwar auf Kapitalkonto belastet werden; vgl. unten Anm. 7. Die Geltendmachung des Anspruchs ist, anders als die Geltendmachung des Gewinnanspruchs, nach Halbsatz 2 nicht dann ausgeschlossen, wenn die Auszahlung der Gesellschaft zum Schaden gereichen würde. Auch Überschuldung der Gesellschaft steht der Geltendmachung nicht entgegen; Schlegelberger Anm. 2. Doch kann sich aus der Gesellschaftstreue unter Abwägung der b e i d e r s e i t i g e n Belange im Einzelfall die Verpflichtung ergeben, von der Entnahme überhaupt oder teilweise oder während bestimmter Zeit abzusehen. Dem trotzdem erhobenen Anspruch könnte mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnet werden; § 242 BGB. Anm. 6. Der Gesellschafter hat, wie auch bei dem Gewinnanspruch, nur Anspruch auf eine Geldleistung. Die Entnahme kann auch in Teilbeträgen erfolgen. Anm. 7. S c h u l d n e r i n ist n u r die G e s e l l s c h a f t . Es ist ihre Sache, sich das erforderliche Geld zu verschaffen. Die Mitgesellschafter haften, wie auch bei dem Gewinnanspruch, n i c h t als G e s a m t s c h u l d n e r , da es sich nur um eine sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebende Schuld, nicht um die Forderung eines Dritten handelt; § 128; RG. 120,135. Die Gesellschaft kann gegen den Anspruch wie auch gegen sonstige gleichartige Ansprüche des Gesellschafters mit Gegenansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis, z. B. auf Leistung der Einlage oder aus einem anderen Rechtsverhältnis, z. B. einem Kauf, a u f r e c h n e n . Die E i n r e d e des n i c h t e r f ü l l t e n V e r t r a g e s , etwa wegen Nichtleistung der Einlage, ist nicht zulässig; vgl. § 105 Anm. 83. Der Gesellschafter, der, etwa als Geschäftsführer oder Prokurist, über die Gesellschaftskasse oder ein Bankguthaben der Gesellschaft verfügt, kann sich den geschuldeten Betrag aus der Kasse entnehmen oder durch Inanspruchnahme des Kredits der Gesellschaft verschaffen. Der Anspruchberechtigte kann den Anspruch auch durch Klage gegen die Gesellschaft verfolgen. Er kann auch gegen einen der Auszahlung widersprechenden oder diese verweigernden Geschäftsführer auf Feststellung der Grundlosigkeit des Widerspruchs oder auf Leistung aus der Gesellschaftskasse klagen; ROHG. 19, 416; OLG. Celle in LZ. 13, 402; RG.Urt. v. 4. 3. 43, II 113/42 = DR. 1943, 806" = RG. 170, 156. Anm. 8. Das Entnahmerecht für das einzelne Jahr e r l i s c h t , wenn es nicht vorher durch Anforderung des geschuldeten Betrags geltend gemacht ist, mit der Feststellung der Bilanz für das nächste Geschäftsjahr. Von da an kann der Gesellschafter das Entnahmerecht nur für das neue Geschäftsjahr auf Grund der Neufestsetzung seines Kapitalanteils nach der neuesten Bilanz ausüben; ebenso Ritter Anm. 2; Schlegelberger Anm. 3. Eine spätere Entnahme auf Grund der erloschenen Berechtigung ist nur mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter zulässig; vgl. Abs. 2. Anm. 9. E i n e V e r p f l i c h t u n g zur E n t n a h m e b e s t e h t , auch im Falle des Halbsatz 2, n i c h t . Die Unterlassung der Entnahme steht nicht einer Erhöhung der Einlage gleich; es bedarf zur Unterlassung der Entnahme somit nicht der Zustimmung aller übrigen Gesellschafter. Es tritt durch die Unterlassung auch keine Erhöhung des Kapitalanteils ein. Anm. 10. Die E n t n a h m e e r f o l g t zu L a s t e n des G e s e l l s c h a f t e r s . Das bedeutet nicht, daß eine Schuld des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft entstehe; RG. 3, 59; RFH. in JW. 1931, 3016". Der entnehmende Gesellschafter wird nur auf seinem Kapitalkonto durch Abschreibung des entnommenen Betrags belastet. Durch die Abschreibung wird der Vorzugsgewinnanteil des nächsten Jahres gemindert; § 121 Abs. 2. Die Entnahme kann auch zunächst auf dem Privatkonto des Gesellschafters belastet und mit den sich daraus ergebenden Zinsen von vier vom Hundert zu seinen Lasten auf Ende des Geschäftsjahres auf sein Kapitalkonto übertragen werden. Anm. 11. II. Der Anspruch auf Auszahlung des festgestellten Gewinnanteils. J e d e r G e s e l l s c h a f t e r ist auch b e r e c h t i g t , die A u s z a h l u n g seines G e w i n n a n t e i l s des l e t z t e n J a h r e s zu v e r l a n g e n , der den in H a l b s a t z l b e z e i c h n e t e n Bet r a g ü b e r s t e i g t , soweit es n i c h t zum o f f e n b a r e n S c h a d e n der Gesells c h a f t g e r e i c h t ; Abs. 1 Halbsatz 2. Grundsätzlich kann jeder Gesellschafter die Auszahlung seines vollen Gewinnanteils verlangen. Nur die Beschränkung des Auszahlungs183

§ 122 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 13—15 rechts im Interesse der Gesellschaft gilt für den Teil, der vier vom Hundert des zuletzt festgestellten Kapitalanteils überschreitet. Den diesen Teil nicht überschreitenden Betrag kann der Gesellschafter nach Halbsatz 1 unbeschränkt fordern. Anm. 12. Der Anspruch auf Auszahlung des vollen Gewinnanteils steht jedem Gesellschafter zu, a u c h d e m j e n i g e n , dessen K a p i t a l k o n t o passiv i s t ; Schlegelberger Anm. 7; Cosack, Lehrb. § 196 III 2a; a. A. Wieland I 551; Leitner S. 214, die die Barabhebung nur bei aktivem Kapitalkonto, bei passivem nur A u f r e c h n u n g zulassen wollen. Eine Verpflichtung zum Ausgleich eines Passivsaldos oder zur Auffüllung eines durch Verluste verminderten Kapitalanteils besteht aber bei der offenen Handelsgesellschaft — anders als bei der Kommanditgesellschaft für den Kommanditisten, § 169 Abs. 1 Satz 2 — nicht. Die Gesellschaft (oder der Gesellschafter) kann nur mit einer wirklichen Forderung aufrechnen. Wird in dieser Weise mit einer Einlageforderung aufgerechnet, so hört damit die Verpflichtung zur Verzinsung der Einlageschuld (§ 111) auf. Anm. 18. Der A n s p r u c h auf A u s z a h l u n g e n t s t e h t e r s t m i t der F e s t s t e l l u n g der J a h r e s b i l a n z (durch alle Gesellschafter) und der sich daran anschließenden Berechnung des Gewinnanteils der einzelnen Gesellschafter nicht schon mit Ablauf des Geschäftsjahres. Vorher kann von einem b e s t i m m t e n Gewinnanspruch nicht gesprochen werden. Die Bilanzaufstellung ist weitgehend von dem Ermessen der Gesellschafter abhängig, insbesondere soweit es sich um die Bewertung der Aktiven und Passiven oder um die Bildung von Rücklagen handelt. Erst wenn die in der Bilanzfeststellung und Gewinnverteilung liegende rechtsgestaltende Tätigkeit der Gesellschaft zu Ende ist, steht der Gewinn der Gesellschaft und damit der Gewinnanteil des einzelnen Gesellschafters fest; RG. 112,119 (123); vgl. auch Erler in ZHR. 27, 267; RFH. 16,10 = JW. 25, 20331. Bei Verspätung der Bilanzfeststellung durch Verschulden eines zur Mitwirkung Verpflichteten können Schadensersatzansprüche gegen den Schuldigen, nicht gegen die Gesellschaft, entstehen; denn es handelt sich nicht um die Haftung der Gesellschaft gegenüber einem Dritten aus einem Verschulden ihrer Organe. Gegen die Gesellschaft könnte höchstens ein Bereicherungsanspruch entstehen, wenn ihr durch die verspätete Auszahlung etwas zugeflossen ist (z. B. Bankzinsen). Anm. 14. A b g e t r e t e n kann der Anspruch auf Auszahlung auch schon vor seiner Feststellung werden, da auch künftige Ansprüche abgetreten werden können; aber übergehen kann er erst im Zeitpunkt der Entstehung; vgl. RFH. in RStBl. 32,114. Der Anspruch kann auch verpfändet und gepfändet werden. Der Zessionar hat keinen Anspruch auf Mitwirkung bei Feststellung der Bilanz und des Gewinnanspruchs des Zedenten gegenüber der Gesellschaft und nicht das Recht der Anfechtung der Feststellung. Damit würde er in die inneren Verhältnisse der Gesellschaft eingreifen, RG. 90, 20. Er kann nur aus dem zwischen ihm und dem Zedenten bestehenden Rechtsverhältnis gegen diesen einen Anspruch haben, daß er seine gesellschafterlichen Rechte auf Berichtigung der Bilanz oder Gewinnfeststellung geltend macht und bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung gegen ihn einen Schadensersatzanspruch erheben und auf Grund dieses den Auseinandersetzungsanspruch des Gesellschafters nach § 135 HGB. pfänden. Er hat auch kein Informationsrecht nach § 118 gegenüber der Gesellschaft; RG. 52, 35, 90, 19; LZ. 1912, 558; Staudinger-Geiler § 717 Anm. 5; Hueck S. 137. Auch von dem Zedenten kann er Vorlage der Bilanz nicht verlangen, wenn er dadurch Einblick in die inneren Verhältnisse der Gesellschaft erlangen würde. Ist der Anspruch des Zedenten auf den Gewinn des vergangenen Jahres festgestellt, so kann der Anspruch nicht dadurch hinfällig gemacht werden, daß die Gesellschaft den Gewinnverteilungsbeschluß ändert oder aufhebt. Vor der Abtretung und für künftige Jahre ist sie zulässig. Die Änderung kann durch die Belange der Gesellschaft geboten sein. Wer sich einen solchen Anspruch abtreten läßt, muß mit einer Änderung des Gesellschaftsvertrags rechnen; Hueck S. 138; a. A. RGR.Komm. § 717 BGB. Anm. 2; Staudinger-Geiler § 717 Anm. 3; Palandt § 717 Anm. 2b. Anm. 15. Die G e s e l l s c h a f t ist zur A u s z a h l u n g n u r v e r p f l i c h t e t , wenn sie von dem B e r e c h t i g t e n verlangt w i r d ; RFH. 23, 252 ; StuW. 30 Nr. 400 und 896. Auch der Zessionar oder Nießbraucher können das Verlangen stellen; es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie darauf verwiesen werden sollen, von dem Gesellschafter die Ausübung des Rechts zu verlangen; es handelt sich hier nur um die Ausübung eines abtret-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 122 Anm. 16—17 baren Rechts; § 717 Hueck S. 136; a. A. Wolff-EhrenbergHandb. IV 1, 20 Anm. 28, der ein höchstpersönliches Recht der Gesellschafter, das Verlangen zu stellen, annimmt; Düring-Hach. Anm. 8. Anm. 16. Da der Gesellschafter nur die Auszahlung seines Anteils „am Gewinn des l e t z t e n Jahres" verlangen kann, e r l i s c h t der Anspruch, wie der nach Halbsatz 1, mit der Feststellung der nächsten Bilanz. Das Verlangen an die Gesellschaft muß also vorher gestellt werden. Ist dies nicht geschehen, so ist der Zweck des Entnahmerechts, den Gesellschaftern die Mittel zum Unterhalt zu gewähren, für die abgelaufene Zeit hinfällig geworden. Nach Ablauf der für das Verlangen der Zahlung vorgeschriebenen Zeit kann die Auszahlung nur mit Zustimmung aller Gesellschafter geschehen. Es besteht keine V e r p f l i c h t u n g des Gesellschafters zur A b h e b u n g seines Gewinnanteils (Schlegelberger Anm. 8; Wieland I 552 Anm. 4; a. A. Ritter Anm. 3), er kann auch auf Ausübung des Rechts v e r z i c h t e n . Anm. 17. Die Beschränkung des Gewinnbezugsrechte wegen Interessenwiderstreits. Der G e s e l l s c h a f t e r k a n n die A u s z a h l u n g seines G e w i n n a n t e i l s n i c h t verl a n g e n , wenn sie zum o f f e n b a r e n S c h a d e n der G e s e l l s c h a f t g e r e i c h t . Das Gesetz wendet hier den allgemeinen Grundsatz der Gesellschaftstreue auf einen bestimmten Fall an. Es gibt selbst eine Entscheidung auf Grund einer Interessenabwägung; den Anspruch aus Halbsatz 1 soll der mit Kapital beteiligte, also stärker festgelegte Gesellschafter auch dann haben, wenn die Ausübung des Rechts zum Schaden der Gesellschaft gereicht. Der in Halbsatz 2 umgrenzte Gewinnanspruch soll aber durch die stärkeren Belange der Gesamtheit beschränkt sein; vgl. oben Anm. 2. Ans dem Zweck der Beschränkung ergibt sich ihr Inhalt. Danach ist das Begehren auf Auszahlung unzulässig, wenn auch ein gewissenhafter Geschäftsmann als Alleininhaber des Unternehmens diesem nicht durch Gewinnentnahme die zur Erhaltung und Förderung desselben unbedingt notwendigen Mittel entziehen würde. Dieser Fall ist namentlich gegeben, wenn durch die Abhebung der Bestand des Unternehmens, die Erreichung des Gesellschaftszwecks, aber auch die Ausführung bereits eingeleiteter, ohne erhebliche Nachteile nicht rückgängig zu machender großen Geschäfte gefährdet würde. Ein unerheblicher Nachteil ist ohne Bedeutung. Der Gesellschaft muß unter Umständen auch zugemutet werden, ihren Kredit zur Abwendung einer Gefahr auszunutzen. Die Gefahr eines o f f e n b a r e n Nachteils besteht nur, wenn die n a h e l i e g e n d e Gefahr einer erheblichen Benachteiligung u n v e r k e n n b a r gegeben ist. Die Schädigung durch die Auszahlung muß auf der Hand liegen (zur Auslegung des Begriffs „offenbar" vgl. RG. 147, 63). Maßgebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Auszahlung verlangt wird. Die Untunlichkeit im Zeitpunkt der Aufforderung bringt den Anspruch nicht zum Erlöschen; der Gesellschafter, der das Verlangen rechtzeitig gestellt hat, kann auch später Auszahlung begehren, auch in einem späteren Geschäftsjahr, wenn die Belange der Gesellschaft ihr nicht mehr entgegenstehen. Tritt die Gefährdung der Gesellschaft im Falle der Ratenzahlung nicht ein, so kann der Gesellschafter diese verlangen. Da das Gesetz die Belange der Gesellschaft voranstellt, kann der Gesellschafter dem Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft nicht mit dem Gegeneinwand begegnen, daß er das Geld zur Befriedigung seiner dringenden persönlichen Bedürfnisse brauche. Aus der G e g e n s e i t i g k e i t der Treupflicht ergibt sich aber, daß auch die Gesellschaft auf die Belange des forderungsberechtigten Gesellschafters billige Rücksicht nehmen muß. Sie muß sich auch bei ihrer Geschäftsgebarung auf das Bestehen des Anspruchs auf sofortige Gewinnauszahlung einrichten. Sie darf sich nicht durch neue Geschäfte derart binden, daß sie die Ansprüche der Gesellschafter auf Gewinnauszahlung nicht befriedigen kann. Die geschäftsführenden Gesellschafter sind verpflichtet, dafür zu sorgen, daß eine solche Festlegung der Gesellschaftsmittel tunlichst vermieden wird und haften bei schuldhaftem Handeln dem einzelnen Gesellschafter für den entstandenen Schaden. Das Leistungsverweigerungsrecht bildet eine A u s n a h m e von der Verpflichtung zur sofortigen Zahlung. Deshalb muß die Gesellschaft das Vorhandensein der tatsächlichen Voraussetzungen für die Leistungsverweigerung dartun und beweisen. Sie ist auch — durch ihre geschäftsführenden Gesellschafter — allein dazu imstande; Schlegelberger Anm. 11; Ritter Anm. 3; Wieland I 552; a. A. Brand Anm. 3b. Als Ausnahme ist die Beschränkung auch nicht ausdehnend auszulegen.

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§ 122 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 18—22 Das Leistungsverweigerungsrecht besteht auch gegenüber denen, die den Anspruch auf Auszahlung des Gewinns an Stelle des Berechtigten geltend machen (Erben, Zessionare, Nießbraucher). Die Beschränkung durch die Belange der Gesellschaft gilt für den gesamten Gewinnanspruch, soweit ein Gesellschafter nicht kapitalistisch beteiligt ist, da bei ihm ein Grund für den Vorzug nicht besteht; Heymann-Kötter Anm. 4. Anm. 18. Während der Abwicklung besteht ein Entnahmerecht der Gesellschafter nach Abs. 1 nicht; § 155 Abs. 1 Satz 2. Vor der Auflösung durch Aufstellen des Verlangens geltend gemachte Ansprüche sind auch während der Abwicklung, durch die Abwickler, aus dem Gesellschaftsvermögen zu erfüllen. Anm. 19. Nach erfolgter Auszahlung kann die Gesellschaft den gezahlten Betrag nicht mit der Begründung zurückfordern, daß sie nunmehr das Geld zur Befriedigung neu aufgetretener Bedürfnisse nötig habe oder daß sich nachträglich die Unentbehrlichkeit des Betrags herausgestellt habe; Schlegelberger Anm. 9; a. A. Ritter Anm. 3. Da das Leistungsverweigerungsrecht den Anspruch nicht zum Erlöschen bringt, sondern nur seine Geltendmachung bis zur Beseitigung der Gefahr hemmt, handelt es sich nicht um eine Einrede, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird. Der Fall des § 813 BGB. liegt somit nicht vor. Anm. 20. R e i c h e n die ohne S c h a d e n f ü r die G e s e l l s c h a f t v e r f ü g b a r e n M i t t e l n i c h t zur B e f r i e d i g u n g aller g e w i n n b e r e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r aus, so entspricht es dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller Gesellschafter, daß die vorhandenen Mittel zur verhältnismäßigen Befriedigung aller Berechtigten verwendet werden. Es ist Aufgabe der geschäftsführenden Gesellschafter, bei Erfüllung des Zahlungsanspruchs eines Einzelnen hierauf zu achten und nur unter Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, daß nicht alle befriedigt werden können, zu zahlen. Aus der gesellschafterlichen Verbundenheit aller Beteiligten ergibt sich dieser Vorbehalt regelmäßig auch ohne ausdrücklichen Ausspruch. Tritt der Fall ein, so kann der erforderliche Betrag zur Verteilung an die anderen zurückgefordert werden; Schlegelberger Anm. 10; Ritter Anm. 3. Ist die Rückforderung nicht ausführbar, so können die übrigen Gesellschafter von der Gesellschaft Zahlung nicht verlangen, da ihnen gegenüber die Belange der Gesellschaft vorgehen. Die benachteiligten Gesellschafter können sich aber an die geschäftsführenden Gesellschafter halten, wenn diese die Auszahlung an den sich zuerst meldenden ohne genügende Prüfung vorgenommen haben; DürHach. Anm. 10. Anm. 21. Mit der Feststellung des Anspruchs auf Gewinn und seiner Geltendmachung innerhalb der bestimmten Zeit wird er zu einem I n d i v i d u a l a n s p r u c h und ist damit von dem Gesellschaftsverhältnis gelöst. Er steht daher den Ansprüchen anderer Gesellschaftsgläubiger nicht nach, sondern hat gleichen Rang mit ihnen (a. A. DürHach. Anm. 9) erst recht natürlich nicht den Gewinnansprüchen späterer Jahre. Die Gesellschaftsgläubiger können aber, da sie auch Gläubiger des einzelnen Gesellschafters auf Grund seiner gesamtverbindlichen Haftung sind, den Anspruch des Gesellschafters auf den Gewinn pfänden. Anm. 22. III. Verbot der Verminderung des Kapitalanteils. Im ü b r i g e n , d. h. abgesehen von den in Abs. 1 z u g e l a s s e n e n F ä l l e n , ist ein G e s e l l s c h a f t e r n i c h t b e f u g t , ohne E i n w i l l i g u n g der a n d e r e n G e s e l l s c h a f t e r seinen Kap i t a l a n t e i l zu v e r m i n d e r n ; Abs. 2. Das Verbot ergibt sich von selbst aus dem Zusammenschluß der Beteiligten zur Erreichung des Gesellschaftszweckes und der Widmung des der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kapitals. Die einseitige Verminderung der Beteiligung wäre auch unvereinbar mit der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens. Die Verminderung des Kapitalanteils kann von einem Gesellschafter auch dann nicht gefordert werden, wenn ein Teil des Gesellschaftsvermögens zur Erreichung des Gesellschaftszweckes nicht mehr erforderlich ist. Der einzelne Gesellschafter kann auch nicht während des Bestehens der Gesellschaft zur Verminderung seiner Beteiligung einen Teil des Gesellschaftsvermögens fordern. Nimmt er einseitig Gegenstände aus dem Gesellschaftsvermögen an sich, so wird dadurch sein Kapitalanteil nicht vermindert. Es entsteht nur ein Anspruch der Gesellschaft auf Rückerstattung oder auf Schadensersatz, der auf dem Privatkonto des Entnehmenden zu verbuchen ist. Erst nach Auflösung der Gesellschaft und Beendigung der Abwicklung kann die Ver-

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Zweiter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander (Weipert) § 122 Amn. 2 g teilung des Gesellschaftsvermögens begehrt werden. Der einzelne Gesellschafter kann auch seinen Kapitalanteil nicht an einen Dritten abtreten. Der Kapitalanteil ist keine ziffernmäßig begrenzte Forderung an die Gesellschaft und wird es auch nicht durch die Abtretung. Mit Z u s t i m m u n g d e r ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r k a n n d e r K a p i t a l a n t e i l v e r m i n d e r t w e r d e n . Auf diese Weise kann z. B. ein Betrag von dem Kapitalanteil auf das Privatkonto des Gesellschafters übertragen werden; erst dann oder auf den Zeitpunkt der Umwandlung kann er auf einen Dritten übertragen werden. Auch die Übertragung eines Kapitalanteils auf einen anderen Gesellschafter, z. B. einen neu eintretenden, ist nicht ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter möglich, da dadurch das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter verändert wird; RG. 128, 175. Anm. 23. Die Ä n d e r u n g des E n t n a h m e r e c h t s d u r c h d e n G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g i s t z u l ä s s i g , da die Vorschriften der Abs. 1 und 2 nicht zwingend sind. So kann bestimmt werden, daß das Recht auf Entnahme von vier vom Hundert des Kapitalanteils ganz oder teilweise wegfällt oder nur einzelnen Gesellschaftern, etwa den geschäftsführenden, zusteht. Das Entnahmerecht kann auch erweitert werden, sowohl hinsichtlich des Hundertsatzes wie hinsichtlich der entnahmeberechtigten Gesellschafter. Auch den Gesellschaftern ohne aktiven Kapitalanteil kann ein Entnahmerecht auch ohne Rücksicht auf Bestehen eines Gewinnanteils eingeräumt werden, etwa in der Weise, daß monatlich ein bestimmter Betrag abgehoben werden kann. Es kann auch vereinbart werden, daß diese Abhebungen schon vom Beginn der Gesellschaft an, nicht erst nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres zulässig sind. Es kann auch bestimmt werden, daß der Anspruch nach Abs. 1 Halbsatz 1, auch soweit er nicht durch einen entsprechenden Gewinnanteil gedeckt ist, abgetreten und verpfändet werden kann. Den Gesellschaftern oder einzelnen von ihnen kann durch den Gesellschaftsvertrag auch gestattet werden, ohne ziffernmäßige Beschränkung, auch ohne Deckung durch Gewinn, das zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse Erforderliche fortlaufend aus der Gesellschaftskasse zu entnehmen. Der Berechtigte hat dann im Zweifel die Bemessung der Entnahmen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft vorzunehmen; § 315 BGB. Auch das vertraglich erweiterte Entnahmerecht ist nach Treu und Glauben auszuüben. Regelmäßig wird nicht anzunehmen sein, daß der Gesellschafter mehr als 4% entnehmen darf, wenn dies der Gesellschaft zum offenbaren Schaden gereicht; ebenso Ritter § 120 Anm. 5; a. A. Schlegelberger Anm.14. Die vom Gesetze abweichende Änderung des Entnahmerechts kann sich auch aus den Umständen, insbesondere einer bestehenden Übung ergeben. Im Vertrag kann auch vereinbart werden, daß die zugelassenen Entnahmen — was sich nicht von selbst versteht — verzinst oder daß sie, insbesondere wenn sie ein bestimmtes Maß übersteigen, zurückgezahlt oder auf späteren Gewinn angerechnet werden müssen. Es kann auch vereinbart werden, daß die Entnahmen nicht auf dem Kapitalkonto, sondern auf dem Privatkonto des Entnehmenden verbucht werden. Vom G e s e t z a b w e i c h e n d e V e r e i n b a r u n g e n können auch f ü r d i e A b h e b u n g des G e w i n n a n t e i l s allein getroffen werden. Es kann z. B. vereinbart werden, daß Gewinne überhaupt oder von bestimmten Gesellschaftern nicht oder nur bis zu bestimmter Höhe abgehoben werden dürfen oder daß sie innerhalb bestimmter Fristen abgehoben oder auf Privatkonto umgeschrieben werden müssen, daß sie noch nach Ablauf des der Feststellung folgenden Jahres abgehoben werden dürfen, daß die nicht rechtzeitig abgehobenen Gewinnanteile nur nach Kündigung mit Kündigungsfrist abgehoben werden können oder daß sie von der Gesellschaft zu verzinsen oder daß Abhebungen nur zulässig sind, sowsit der Kapitalanteil eines Gesellschafters nicht passiv ist. Im Gesellschaftsvertrag kann einem Gesellschafter auch gestattet werden, seinen Gewinn auch dann abzuheben, wenn das der Gesellschaft zum Nachteil gereicht, etwa bei eigenem dringenden Bedarf. Das Entnahmerecht kann auch für die Zeit der Abwicklung gewährt werden. Es bedarf dann aber näherer Festlegung im Gesellschaftsvertrag; vgl. auch § 155 Abs. 2. Auch o h n e B e s t i m m u n g im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e kann m i t Z u s t i m m u n g a l l e r G e s e l l s c h a f t e r von den Vorschriften des Absatzes 1 im Einzelfall abgewichen werden. Die vertragsmäßige Erweiterung des Entnahme- oder des Gewinnbezugsrechts ist nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt, § 138 BGB. Dies kann nach Lage des

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SS 122, 123 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 24, 25, Anm. 1 Einzelfalls zutreffen, wenn den maßgebenden Gesellschaftern ein Anspruch auf Vorauserhebung noch nicht erzielten Gewinns, etwa in Gestalt eines Rabatts auf ihnen von der Gesellschaft gelieferte Waren zusteht und dadurch die Gesellschaft notwendig mit Verlust arbeitet, für dessen Deckung keine Mittel vorhanden sind, insbesondere wenn die Gesellschaft von vornherein ohne ausreichendes Kapital gegründet ist, und der geschäftsführende Gesellschafter sich in Abhängigkeit von dem begünstigten Gesellschafter befindet. In diesem Falle kann die Gesellschaft Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beträge fordern; RG. 166, 65. Es kann auch vereinbart werden, daß die Gewinnansprüche nicht abgetreten oder verpfändet werden können. Die Pfändung kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden, § 851 Abs. 2 ZPO. Durch den Gesellschaftsvertrag können die Rechte des Zessionars auch erweitert werden, z. B. durch Einräumung des Informationsrechts oder des Rechts zur Mitwirkung bei Feststellung des Gewinnanspruchs. Dies kann auch für den Einzelfall durch Beschluß der Gesellschafter geschehen, § 119. Anm. 24. In Abänderung der Vorschrift des Abs. 2 kann im Gesellschaftsvertrage auch vereinbart werden, daß ein Gesellschafter auch ohne Zustimmung aller übrigen, in anderen Fällen als denen des Absatzes 1 allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen einseitig oder mit Zustimmung eines Teils oder der Mehrheit der übrigen Gesellschafter seinen Kapitalanteil vermindern kann, daß er ihn in eine Privatforderung Umwandeln und diese dann beitreiben oder abtreten kann. Anm. 25. Die Verjährung der Ansprüche nach Abs. 1 oder der Ansprüche, die sich aus einer abweichenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrages ergeben, erfolgt in 30 Jahren; § 195 BGB.; RG. in JW. 1916, 576«; RG. 88. 45; ebenso der Gewinnanteile; RG. 88, 45. Dritter Titel

Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten

§133 Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Beginnt die Gesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung, so tritt die Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte des Geschäftsbeginns ein, soweit nicht aus dem §2 sich ein anderes ergibt. Eine Vereinbarung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkt ihren Anfang nehmen soll, ist Dritten gegenüber unwirksam. Anm. 1. Der Dritte Titel enthält die Vorschriften über das Rechtverhältnis der Gesellschafter zu Dritten. Er ergänzt den Zweiten Titel, der das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander regelt. § 123 bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten eintritt. § 124 ordnet das Auftreten der Gesellschaft unter ihrer Firma im Rechtsverkehr und die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen. Die §§ 125—127 enthalten die Vorschriften über die Vertretung der Gesellschaft, die §§ 128—130 die Bestimmungen über, die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Dritten. Abweichend von den Vorschriften des Zweiten Titels sind die des Dritten Titels ihrer Zweckbestimmung entsprechend der Abänderung durch den Gesellschaftsvertrag weitgehend entzogen. Sie enthalten also r e g e l m ä ß i g zwingendes Recht; vgl. aber § 125 Abs. 3 und die Erl. zu § 127 über das Verfahren bei der Entziehung der Vertretungsbefugnis. Die Vorschriften des Dritten Titels gelten auch während der Abwicklung, soweit sich nicht aus den besonderen Bestimmungen des Fünften Titels oder aus dem Zwecke der Abwicklung ein anderes ergibt; § 156.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 123 Anm. 2—6 § 123 stimmt sachlich mit Art. 110 ADHGB. überein. Anm. 2. Die Vorschriften des § 123 setzen das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft voraus. Sie bestimmen nicht, wie eine offene Handelsgesellschaft entsteht, sondern nur, wann sie Dritten gegenüber wirksam wird. Die Gesellschaft muß schon vorhanden sein, damit sie Dritten gegenüber wirksam werden kann; RG. 157, 372. Zur Entstehung gelangt die offene Handelsgesellschaft, wenn sie ein Grundhandelsgewerbe betreibt (vgl. §§ lff.) regelmäßig durch den Abschluß eines rechtsgültigen Gesellschaftsvertrages, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag — auch für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander — das Entstehen der Gesellschaft auf einen späteren Zeitpunkt oder erst nach Eintritt einer aufschiebenden Bedingung anordnet; vgl. § 105 Anm. 11 und 62. Die Ansicht, daß die offene Handelsgesellschaft auch im Verhältnis nach inn en erst entsteht, wenn mit dem Betriebe des Handelsgewerbes begonnen worden ist, findet im Gesetz keine Stütze. Es besteht für ein solches Hinausschieben des Entstehens der Gesellschaft kein praktisches Bedürfnis. Der Vertragsschluß schafft unter den Vertragschließenden völlige Klarheit über das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft;RG. 112, 280. Anders verhält es sich bei Dritten, denen der Vertrag nicht bekannt ist. Um die Wirksamkeit der Gesellschaft gegenüber Dritten klarzustellen, knüpft deshalb das Gesetz die rechtliche Wirksamkeit der Gesellschaft gegenüber Dritten an zwei leicht erkennbare und feststellbare Tatsachen, a) an den Beginn der Geschäfte der Gesellschaft oder b) an die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister. Jede dieser Tatsachen läßt unabhängig vom Bestehen der anderen die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen eintreten. Die Eintragung stellt den spätesten Zeitpunkt des Eintritts dieser Wirkung dar. Sie ist am sichersten zu erkennen und wird deshalb im Gesetz vorangestellt. Betreibt die Gesellschaft kein Grundhandelsgewerbe im Sinne des § 1, sondern ein Gewerbe im Sinne der §§2 oder 3, so kann die Gesellschaft zwar schon vor der Eintragung bestehen und auch ihren Geschäftsbetrieb beginnen. Zur offenen Handelsgesellschaft wird sie — auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander — erst mit der Eintragung, da erst von da an das von ihr betriebene Gewerbe als Handelsgewerbe gilt; §§ 2 u. 3. In diesem Falle kommt somit für die Wirksamkeit der Gesellschaft gegenüber Dritten nur der Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister in Betracht. Anm. 8. Die Eintragung der offenen Handelsgesellschaft ins Handelsregister hat stets den Eintritt ihrer Wirksamkeit gegenüber Dritten zur Folge. Da die Eintragung der Gesellschaft nur auf Anmeldung aller Gesellschafter geschieht, § 108 Abs. 1, erklären die Gesellschafter rechtsverbindlich gegenüber der Öffentlichkeit, daß die Gesellschaft mit der Eintragung auch nach außen wirksam sein solle. Diese Wirkung tritt deshalb auch dann ein, wenn der Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung tatsächlich noch nicht begonnen hatte. Die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter können die Wirkung ihrer Erklärung nicht durch den Nachweis entkräften, daß die Gesellschaft im Zeitpunkt der Eintragung hre Geschäfte noch nicht begonnen habe. Es kommt daher nicht darauf an, ob ein Dritter, der nach der Eintragung mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr getreten ist, in diesem Zeitpunkt wußte, daß der Geschäftsbeginn noch nicht eingetreten sei; RG. 34, 55; Schlegelberger Anm. 2. Anm. 4. Maßgebend ist der Z e i t p u n k t der E i n t r a g u n g , n i c h t der A n m e l d u n g oder der B e k a n n t m a c h u n g ; ROHG. 23, 283; Wieland I 530. Beim Vorhandensein von Z w e i g n i e d e r l a s s u n g e n genügt die Eintragung in das Register der Hauptniederlassung. § 15 Abs. 3 gilt nur für Tatsachen, deren Rechtswirkung durch die Eintragung u n d Bekanntmachung hervorgerufen wird. Anm. 5. Das Gesetz spricht die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten nur aus als Folge der E i n t r a g u n g der G e s e l l s c h a f t , nicht einer anderen einzutragenden Tatsache, namentlich nicht des nach § 106 Nr. 3 anzumeldenden und einzutragenden Zeitpunkts des Beginns der Gesellschaft. Entspricht die Anmeldung und Eintragung über diesen Punkt nicht den Tatsachen, weil die Gesellschaft früher oder später als im Zeitpunkt der Eintragung die Geschäfte begonnen hat, so ist die Eintragung des unrichtigen Zeitpunkts nicht maßgebend. Es besteht keine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit dieser Eintragung. Ein Dritter kann sich daher nicht auf die Richtigkeit der Eintragung berufen, wenn er nach der Eintragung der G e s e l l s c h a f t mit dieser in den Rechtsverkehr getreten ist, gleichgültig, ob er die Unrichtigkeit der

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§123 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6—9 Eintragung des Zeitpunktes des Geschäftsbeginns kannte oder nicht; denn wenn er auf Grund Einsicht in das Register, also nach der Eintragung der Gesellschaft mit dieser Gesellschaft in Rechtsverkehr getreten ist, ist er nicht durch einen Irrtum über einen vor der Eintragung liegenden Geschäftsbeginn zu seinem Tun bestimmt worden; RG. 34, 55; Baumbach Anm. 2. Soweit aus dem Geschäftsbeginn die Wirksamkeit der Gesellschaft abgeleitet wird, gilt nur der wirkliche Geschäftsbeginn, Abs. 2 und unten Anm. 9; RG. 119, 64 = JW. 1928, 2131; Baumbach Anm. 1. Auch die Gesellschaft kann sich nicht auf die unrichtige Anmeldung berufen. Ist die Eintragung des Geschäftsbeginns auf ihre Anmeldung erfolgt, so liegt in der Anmeldung eine Erklärung der Gesellschaft über den Zeitpunkt des Geschäftsbeginns, also ein Beweismittel zu ihren Ungunsten. Sie kann aber die Unrichtigkeit ihrer Erklärung beweisen. Aus der Eintragung muß erichtlich sein, um welche Gesellschaft es sich handelt. Mängel der E i n t r a g u n g , die diese Erkennbarkeit nicht hindern, wie die Eintragung einer unzulässigen Firma, stehen dem Eintritt der Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen nicht entgegen; HRR. 37, 457. Die tatsächliche Eintragung ist aber unbedingte Voraussetzung der Wirksamkeit; vgl. auch RArbG. in JW. 1937, 3056. Anm. 6. V e r h ä l t n i s des Abs. 1 zu § 15. Der Schutz des Abs. 1 geht insofern weiter, als er nicht wie § 15 die Eintragung und Bekanntmachung als Voraussetzung des Schutzes verlangt. Nach § 15 wird nur der Rechtsverkehr auf Grund des Handelsregisters geschützt, wenn eine nach gesetzlicher Vorschrift einzutragende Tatsache eingetragen worden ist. Die Gesellschaft braucht aber im Falle des § 1 vor Geschäftsbeginn gar nicht eingetragen zu werden, § 106 Nr. 3. In § 123 Abs. 1 wird der Verkehr gerade geschützt, wenn die Eintragung der Gesellschaft erfolgt ist, obwohl sie noch nicht notwendig war. Anm. 7. Abs. 1 ist auch nicht wegen der Vorschrift des § 5 entbehrlich, nach der nach Eintragung einer Gesellschaft im Handelsregister gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden kann, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe oder ein Kleingewerbe sei; denn nach § 5 ist der Gegenbeweis zulässig, daß die Gesellschaft überhaupt kein Gewerbe betreibt. Nach § 123 Abs. 1 genügt es, daß die Gesellschafter den Betrieb eines Handelsgewerbes vereinbart haben und die Eintragung der Gesellschaft auf ihre Anmeldung erfolgt ist, auch wenn noch keinerlei Betrieb begonnen hat. Anm. 8. Ist eine Eintragung ohne Anmeldung der Berechtigten, etwa auf Anmeldung Dritter Unbefugter, erfolgt, so hat die Eintragung allein die Wirkung des Abs. 1 nicht. W i r d die E i n t r a g u n g g e l ö s c h t , so endet mit der Löschung für die Zukunft die Wirkung der Eintragung, also für Dritte, die erst nach der Löschung mit der Gesellschaft in Rechtsbeziehungen getreten sind. Da die Wirksamkeit der Eintragung auf der von den Gesellschaftern in der Anmeldung abgegebenen Erklärung beruht (vgl. Anm. 3), treten die gleichen Wirkungen wie durch die Eintragung auch dann ein, wenn die Gesellschafter in einer anderen Form, etwa durch Rundschreiben oder Zeitungsanzeigen, Aufschriften an ihrem Geschäftslokal, der Öffentlichkeit gegenüber die Erklärung abgeben, daß sie als offene Handelsgesellschaft ein Handelsgewerbe betreiben; OLG. Rostock in MecklZ. 13, 277. Dieselbe Wirkung muß einem einzelnen Dritten gegenüber eintreten, dem gegenüber eine solche Erklärung abgegeben wird; eine solche Erklärung wirkt aber nicht gegenüber anderen, für die sie nicht bestimmt ist. Anm. 9. Geschfiftsbeginn vor der Eintragung. B e g i n n t die G e s e l l s c h a f t ihre G e s c h ä f t e schon vor der E i n t r a g u n g , so t r i t t die W i r k s a m k e i t m i t dem Z e i t p u n k t des G e s c h ä f t s b e g i n n s e i n , soweit n i c h t aus dem § 2 sich ein a n d e r e s e r g i b t ; Abs. 2. Nach dieser Vorschrift entscheidet der t a t s ä c h l i c h e Beginn des Geschäftsbetriebes für das Wirksamwerden der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, wenn er vor der Eintragung der Gesellschaft liegt. Die Ausnahme von dieser Regel für den Fall des § 2 erklärt sich ohne weiteres daraus, daß im Falle des § 2 eine offene Handelsgesellschaft erst durch die Eintragung entsteht; vgl. Anm. 2. Die Ausnahme gilt auch im Falle des § 3, da auch dort die offene Handelsgesellschaft erst durch die Eintragung entsteht. Auch in den Fällen der §§2 und 3 ist eine Eintragung der Gesellschaft zu ihrem Wirksamwerden gegenüber Dritten nicht erforderlich, wenn ein Unternehmen bereits

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 123 Anm. 10—18 für eine Einzelperson ins Handelsregister eingetragen ist und diese einen Gesellschafter aufnimmt oder das Unternehmen mit der Firma an eine Gesellschaft veräußert und von dieser die alte Firma benutzt wird. Im ersten Fall entsteht die offene Handelsgesellschaft bereits durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages; RGUrt. vom 3. Februar 1941 II 72/40 = SeuffA. Bd. 95 Nr. 33. Als Beginn des Geschäfts gilt dann der Zeitpunkt, von dem an das Geschäft für Rechnung der Gesellschaft fortgeführt wird; a. M. OLG. Rostock in MecklZ. 13, 275. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der bisherige Inhaber nach außen Alleininhaber bleiben soll und das Geschäft künftig nur auf Rechnung der neuen Gesellschaft geführt werden soll, es sich also um eine Innengesellschaft handelt. Aum. 10. Die Wirksamkeit nach außen tritt nur ein, wenn die G e s e l l s c h a f t ihren Geschäftsbetrieb begonnen hat, wenn sie durch eine Handlung, die unter den Begriff des Geschäftsbetriebs fällt, nach außen als G e s e l l s c h a f t in die Erscheinung getreten ist. Dazu gehört, daß im Namen d. h. für die Gesellschaft, gehandelt worden ist; regelmäßig ergibt sich dies aus dem Gebrauch der Firma; es genügt aber auch, wenn in anderer Weise ersichtlich gemacht worden ist, daß für die Gesellschaft gehandelt werden soll. Hat ein Gesellschafter, wenn auch auf Rechnung der Gesellschaft, aber nur in eigenem Namen, jedenfalls nicht in dem beteiligten Dritten erkennbarerweise im Namen der Gesellschaft gehandelt, so reicht das nicht aus; RG. in JW. 1901, 406; 1928, 213; Schlegelberger Anm. 4; a. M. Wieland I 529. Der G e s c h ä f t s b e g i n n m u ß mit dem, wenn auch stillschweigend, etwa durch Duldung erklärten Willen aller G e s e l l s c h a f t e r e r f o l g t sein; ROHG. 9, 283; 12, 410; RG. 19,197; im Recht 1902 Nr. 2745; Bolze 3 Nr. 789. Handelt ein Gesellschafter entgegen den Vorschriften des Gesellschaftsvertrags oder gegen den erklärten Willen der übrigen Gesellschafter, so tritt dadurch die Wirksamkeit der Gesellschaft gegenüber Dritten nicht ein. Auf die den einzelnen Gesellschaftern nach de/ Regel des § 125 zustehende Vertretungsmacht kann sich ein Dritter für die Wirksamkeit einer Handlung zu Lasten der Gesellschaft nicht berufen, ehe die Gesellschaft nach Abs. 1 oder 2 wirksam geworden ist; denn die Wirkung des § 125 tritt eben nur ein, nachdem die Gesellschaft Dritten gegenüber wirksam geworden ist; ROH G. 12, 410; OLG. Rostock in MecklZ. 13, 275. Solange die Gesellschaft nicht eingetragen ist, muß der Dritte, um sicher zu gehen, die Mitwirkung aller Gesellschafter verlangen. Anm. 11. Der tatsächliche Geschäftsbeginn ist für die Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen auch dann maßgebend, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft erst in einem späteren Zeitpunkt oder nach Eintritt einer aufschiebenden Bedingung beginnen sollte. Begann der Betrieb mit Zustimmung aller Gesellschafter vor dem vertraglich festgelegten Zeitpunkt, so haben sie damit den Vertrag geändert; jedenfalls müssen sie die in dem tatsächlichen Beginn liegende Bekundung nach außen gegen sich gelten lassen. Anm. 12. Begonnen sind die Geschäfte nicht erst, wenn die Gesellschaft das im Gesellschaftsvertrage als Zweck der Gesellschaft bezeichnete Unternehmen in vollem Umfang in Betrieb gesetzt hat. Auch einzelne Geschäfte, die zum Betrieb eines solchen Unternehmens gehören, wie die Annahme einer einzigen Bestellung, ein einziges Kreditgeschäft (Wechselzeichnung) reichen aus; ROHG. 12, 413. Der Betrieb braucht auch noch nicht den Umfang eines Vollhandelsgewerbes angenommen zu haben; es genügt, wenn er vorerst den Umfang eines Kleinhandelsgeschäfts hat; erforderlich ist freilich, daß der Betrieb eines Vollhandelsgewerbes Zweck der Gesellschaft ist, weil andernfalls keine offene Handelsgesellschaft bestehen würde; §• 4 Abs. 2. Auch sogenannte Vorber e i t u n g s g e s c h ä f t e , wie Versendung von Warenproben und Preislisten, Anzeigen in Zeitungen, Auslegung von Waren in einem mit der Firma bezeichneten Laden, Anstellung von Handlungsgehilfen, reichen aus; KG. im BuschA. 7, 189; OLG. Hamburg in HansRZ. 26, 675. Anm. 13. Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen. E i n e V e r e i n b a r u n g , d a ß die G e s e l l s c h a f t e r s t in einem s p ä t e r e n Z e i t p u n k t i h r e n A n f a n g n e h m e n soll, ist D r i t t e n g e g e n ü b e r u n w i r k s a m ; Abs. 3. Die Vorschrift bezieht sich sowohl auf Abs. 1 wie auf Abs. 2. Liegt eine der in Abs. 1 oder 2 bezeichneten Tatsachen vor, so gilt die Gesellschaft unbedingt Dritten gegenüber als in Wirksamkeit getreten. Auch durch Eintragung eines späteren Zeitpunkts ins Handelsregister kann die

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§123 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 14—16 in Abs. 1 und 2 ausgesprochene Wirkung nicht hinausgeschoben werden. Da die Eintragungen nur für die Öffentlichkeit bestimmt sind, könnte auch ein nach dem tatsächlichen Geschäftsbeginn oder der Eintragung der Gesellschaft liegender Zeitpunkt als solcher des Geschäftsbeginns nicht eingetragen werden. Ein dahingehender Antrag wäre durch den R e g i s t e r r i c h t e r abzulehnen; eine trotzdem erfolgte Eintragung wäre von Amts wegen zu löschen; § 142 FGG. Auch einem Dritten, der eine dem Abs. 3 entgegenstehende Vereinbarung kennt, kann sie nicht entgegengehalten werden (Schlegelberger Anm. 3 u. 9), er muß sich aber unter Umständen auf Grund eines Rechtsgeschäfts mit der Gesellschaft, also nach Vereinbarung, so behandeln lassen als ob die Gesellschaft erst in einem späteren Zeitpunkt wirksam geworden wäre. I m V e r h ä l t n i s d e r G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r kann die Wirksamkeit der Gesellschaft auf einen nach der Eintragung wie einen vorher, auch vor dem tatsächlichen Geschäftsbeginn liegenden Zeitpunkt rechtswirksam vereinbart werden. Auch die Vereinbarung eines vor dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages liegenden Zeitpunktes ist zulässig; eine Vereinbarung dieses Inhalts kann aber nur den Sinn haben, daß das bestehende Unternehmen schon vor seiner Einbringung in die Gesellschaft im Verhältnis unter den Gesellschaftern als auf deren Rechnung geführt angesehen werden soll. Vereinbarungen, die einen späteren Zeitpunkt als den des tatsächlichen Geschäftsbeginns oder der Eintragung als Beginn der Gesellschaft bezeichnen, können eine ähnliche Bedeutung haben; dies ist im Zweifel durch Vertragsauslegung zu ermitteln. Anm. 14. Die Rechtsfolgen des Wirksamwerdens der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten. Vor Eintritt einer der nach Abs. 1 und 2 maßgebenden Tatsachen, der Eintragung oder des Geschäftsbeginns, ist die Gesellschaft Dritten gegenüber nicht wirksam; sie gilt Dritten gegenüber nicht als offene Handelsgesellschaft, auch wenn sie im inneren Verhältnis als solche besteht. Sie hat nur die Stellung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit den für diese im Verhältnis zur offenen Handelsgesellschaft bestehenden Unterschieden. Der Gesellschaftsvertrag kann durch Vereinbarung unter den Gesellschaftern aufgehoben und damit die Gesellschaft selbst beseitigt werden. Mit dem dadurch erfolgten Wegfall einer Voraussetzung für das Wirksamwerden der Gesellschaft, vgl. Anm. 2, kann dieses selbst für die Zukunft unmöglich gemacht werden. Ist die Gesellschaft durch Eintragung oder Geschäftsbeginn im Verhältnis zu Dritten wirksam geworden, so kann sich jeder Dritte auf diese Wirksamkeit berufen, auch wenn er die die Wirksamkeit begründenden Tatsachen und die Personen der Gesellschafter zu der Zeit, in der er mit der Gesellschaft als solcher in Geschäftsverbindung trat, vgl. Anm. 12, nicht kannte. Die Gesellschaft kann sich mit Eintritt dieser Tatsachen ebenfalls auf das Wirksamwerden der Gesellschaft berufen, auch dem gegenüber, der die Tatsachen nicht kannte. VomEintritt der Wirksamkeit an sind auf die Gesellschaft und die Gesellschafter alle Vorschriften anzuwenden, die für eine offene Handelsgesellschaft im Verhältnis zu Dritten bestehen. Insbesondere gelten die weiteren Vorschriften des Dritten Titels; §§ 124—130. Die Gesellschaft erlangt damit die der offenen Handelsgesellschaft eigene Selbständigkeit im Rechtsverkehr, § 124. Es gelten die Vorschriften über die Vertretungsmacht, §§ 125—127, und über die persönliche Haftung der Gesellschafter, §§ 128—130. Ist die W i r k s a m k e i t d e r G e s e l l s c h a f t im Verhältnis zu Dritten einmal eingetreten, so d a u e r t sie f o r t , bis die Gesellschaft (in der Regel durch Auflösung und Abwicklung) voll beendet und diese Änderung durch Löschung der Firma im Handelsregister zum Ausdruck gekommen ist; OLGR. 6, 26. Auch wenn die Gesellschaft durch A u f g a b e i h r e s H a n d e l s b e t r i e b s oder Zurückgang des Betriebs auf den Umfang des Kleingewerbes aufgehört hat, Handelsgesellschaft zu sein, gilt sie Dritten gegenüber noch als offene Handelsgesellschaft, solange sie als solche noch im Handelsregister eingetragen ist. Anm. 15. E i n f l u ß d e r E i n t r a g u n g o d e r d e s G e s c h ä f t s b e g i n n s auf die K a u f m a n n s e i g e n s c h a f t d e r G e s e l l s c h a f t u n d d e r G e s e l l s c h a f t e r . Sobald die Gesellschaft durch Eintragung oder Geschäftsbeginn nach außen wirksam wird, gilt sie und auch die Gesellschafter als Kaufleute; Wieland I 530; EhrenbergHandb. II 1,144. Anm. 16. Die in Abs. 1 und 2 ausgesprochenen Wirkungen beziehen sich nur auf die Stellung der Gesellschaft im Privatrecht und im Zivilprozeß. Für den R e g i s t e r r i c h t e r

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) §§ 123, 124 Anm. 17, 18 g e l t e n die V o r s c h r i f t e n n i c h t . Er ist durch die zivilrechtliche Wirksamkeit der Gesellschaft nach außen nicht gehindert, die Löschung der Firma anzuordnen, wenn die Eintragung zu Unrecht erfolgt ist; vgl. RG. 93, 240; § 5 Anm. 5. Die Vorschriften gelten auch nicht für das ö f f e n t l i c h e R e c h t , insbesondere das S t e u e r r e c h t . Das Auftreten als Vollkaufmann kann aber steuerrechtliche Folgen haben; RFH. in JW. 1926, 1616. Anm. 17. Für a u s l ä n d i s c h e G e s e l l s c h a f t e n gilt § 123 HGB. nicht. Ob und wann sie nach außen wirksam geworden sind, richtet sich nach dem für sie maßgebenden Recht; vgl. Vorbem. vor § 105. Betreiben sie aber im Inlande Geschäfte, ohne ihre Ausländereigenschaft erkennbar zu machen, so müssen sie sich den in Betracht kommenden Dritten gegenüber so behandeln lassen, als seien sie eine inländische Gesellschaft; RG. in LZ. 13, 550». Anm. 18. Anwendung des Rechtsschutzgedankens des $ 123 auf andere Tatbestände. Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gehen davon aus, daß eine offene Handelsgesellschaft besteht. Der dem § 123 zugrunde liegende Schutzgedanke trifft aber auch auf andere Tatbestände zu. Dies ist z. B. der Fall, wenn zwar eine Gesellschaft besteht, sie aber keine Handelsgesellschaft, sondern eine solche des bürgerlichen Rechts ist, etwa deshalb, weil sie kein Handelsgewerbe oder überhaupt kein Gewerbe im Rechtssinne betreibt, so wenn zwei Personen als Gesellschafter die Heilkunde betreiben oder wenn die Gesellschaft nur ein Kleingewerbe betreibt, die Gesellschafter aber durch die Art des Betriebs und ihr Auftreten nach außen den Anschein erwecken, als sei die Gesellschaft eine offene Handelsgesellschaft und sie Gesellschafter einer solchen Gesellschaft. Das gleiche gilt, wenn mehrere Personen ein Gewerbe betreiben, das nur durch die Eintragung ins Handelsregister zum Handelsgewerbe wird, §§ 2, 3, die Gesellschafter zwar die Eintragung nicht herbeiführen, aber durch die Art des Betriebs den Anschein erwecken, als sei die Gesellschaft eine offene Handelsgesellschaft. Ein Bedürfnis zum Schutze des gutgläubigen Verkehrs liegt auch dann vor, wenn zwar eine offene Handelsgesellschaft besteht, aber ein Nichtgesellschafter den Anschein erweckt, als sei er offener Gesellschafter; so wenn ein ausgeschiedener Gesellschafter seine Löschung im Handelsregister nicht betreibt oder duldet, daß er von der Gesellschaft noch als offener Gesellschafter bezeichnet wird. Ebenso besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein stiller Gesellschafter oder Kommanditist als offener Gesellschafter auftritt, oder wenn eine Gesellschaft überhaupt nicht besteht, aber jemand als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft auftritt. In allen diesen Fällen müssen sich die Gesellschaft, die keine offene Handelsgesellschaft ist, aber als solche auftritt, und die Personen, die den Anschein erwecken, als seien sie Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, nach der Lehre vom R e c h t s s c h e i n oder auf Grund der in ihrem Auftreten liegenden Erklärung, als offene Handelsgesellschaft oder als Gesellschafter einer solchen haften zu wollen, gutgläubigen Dritten gegenüber als das behandeln zu lassen, als was sie erscheinen. Wollten die Beteiligten eine offene Handelsgesc llschaft errichten, ist aber der Gesellschaftsvertrag nichtig oder anfechtbar, so kann die Richtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschaft in den Rechtsverkehr getreten ist, insbesondere wenn die in § 123 bezeichneten Tatbestände erfüllt sind, die unzweideutig auf das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft hinweisen; vgl. dazu im einzelnen: § 105 Anm. 75ff.

§

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Die offene Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Schuldtitel erforderlich. 13

HGB. Bd. n . (Welport.) 2. Aufl.

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§ 124 I. Abschnitt; Offene Handelsgesellschaft Anm. 1—6 Anm. 1. § 124 enthält die Vorschriften über das Auftreten der offenen Handelsgesellschaft unter ihrer Firma im Rechtsverkehr (Abs. 1) und über das Erfordernis eines besonders gegen sie gerichteten Schuldtitels zur Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen (Abs. 2). Abs. 1 stimmt mit Abs. 1 des Art. I I I ADHGB. überein. Abs. 2, dem eine entsprechende Vorschrift des ADHGB. nicht gegenübersteht, dient nur der Klarstellung. Sein Inhalt zieht nur die Folge aus der Eigenschaft der Gesellschaft als Firmengesellschaft und der weitgehenden Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens. Die in Art. 111 Abs. 2 enthaltene Bestimmung über den Gerichtsstand der offenen Handelsgesellschaft ist durch § 17 ZPO. ersetzt. Anm. 3. Das Auftreten der Gesellschaft als Firmengesellscliaft und ihre rechtliche Natur. Wie von der herrschenden Rechtslehre und von der Rechtsprechung angenommen wird, ist die offene Handelsgesellschaft keine j u r i s t i s c h e P e r s o n , sondern eine Personengesellschaft im Sinne des § 705 BGB. Träger aller Rechte und Verbindlichkeiten sind die Gesellschafter in i h r e r Z u s a m m e n f a s s u n g zur Gesellschaft; vgl. § 105 Anm. 6. Auch durch die Vorschriften des § 124 sollte an di ser rechtlichen Natur der offenen Handelsgesellschaft nichts geändert werden. Die Gesellschaft soll durch sie nur in die Lage versetzt werden, ihren Zweck, den Betrieb eines Handelsgewerbes, zu erfüllen. Könnte die offene Handelsgesellschaft nur unter den Personennamen ihrer Gesellschafter auftreten, so würde dadurch ihr Gewerbebetrieb, der zu ihrem Wesen gehörende Verkehr mit Dritten wesentlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werden. Durch die Ausstattung der Gesellschaft mit dem Firmenrecht wird ihr, wie dem Einzelkaufmann und den Kapitalgesellschaften, die erforderliche Beweglichkeit verliehen. § 124 dient insofern dem gleichen Zweck wie die Vorschriften über die Vertretung der Gesellschaft, §§ 125f. Durch diese Ausgestaltung kommt auch die Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens zum Ausdruck. Die offene Handelsgesellschaft ist danach trotz der Vorschriften des § 124 rechtlich eine Personengesellschaft im Sinne des § 705 BGB., aber eine ihrem Zwecke entsprechende Abart dieser Gesellschaftsform; vgl. § 105 Anm. 6, 7. Unter diesem Gesichtspunkt sind die einzelnen Vorschriften des § 124 zu betrachten. Die Ausstattung der offenen Handelsgesellschaft mit dem eigenen Firmenrecht gehört nach § 105 zu den Begriffsmerkmalen der offenen Handelsgesellschaft. Ohne eigenes Firmenrecht der Gesellschaft besteht keine offene Handelsgesellschaft; insofern bringt § 124 die nähere Ausführung zu § 105; vgl. die Erl. dazu. Anm. 8. I. Die offene Handelsgesellschaft im Rechtsverkehr. Die o f f e n e H a n delsgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindl i c h k e i t e n e i n g e h e n , E i g e n t u m u n d a n d e r e d i n g l i c h e R e c h t e an G r u n d s t ü c k e n e r w e r b e n ; Abs. 1. Die Vorschrift spricht nicht aus, daß die offene Handelsgesellschaft als solche überhaupt Rechte habe und Verbindlichkeiten eingehen kann, denn die Befugnis für die Gesamthand, Rechte zu erwerben und Verpflichtungen zu begründen, ergibt sich schon aus dem Wesen der Gesellschaft als Personengesellschaft im Sinne des § 705 BGB. Von der gewöhnlichen Gesellschaft im Sinne des BGB. unterscheidet sie sich gerade dadurch, daß sie bei den angegebenen Rechtshandlungen, wie der Einzelkaufmann, unter ihrer Firma, also einem besonderen Handelsnamen, auftreten kann. Anm.4. Wegen des I n h a l t s des F i r m e n b e g r i f f s , der besonderen Erfordernisse der Firma einer offenen Handelsgesellschaft, insbesondere auch wegen der Möglichkeit der F o r t f ü h r u n g der F i r m a eines E i n z e l k a u f m a n n s o d e r einer K a p i t a l g e s e l l s c h a f t (AG.; GmbH.) bei Übergang des Geschäfts auf eine offene Handelsgesellschaft, wegen der U n z u l ä s s i g k e i t m e h r e r e r F i r m e n für die gleiche Gesellschaft, wegen der Möglichkeit mehrerer Firmen beim Vorhandensein von Zweign i e d e r l a s s u n g e n , wegen der Zulässigkeit des Gebrauchs im Verkehr üblicher Abk ü r z u n g e n , wird auf die Erläuterungen zu §§ 17, 18, 19, 22 HGB. und die dort angeführte Rechtsprechung verwiesen. Anm. 5. Dem Firmenrecht entspricht die Firmenpflicht der Gesellschaft. Die Gesellschaft m u ß sich im rechtsgeschäftlichen und sonstigen Verkehr (auch mit Behörden) der von ihr gewählten Firma bedienen. Diese Verpflichtung ergibt sich schon aus der Begriffsbestimmung der offenen Handelsgesellschaft, nach der ihr Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes u n t e r g e m e i n s c h a f t l i c h e r F i r m a gerichtet ist; § 105.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 6 Auch die Sicherheit des Rechtsverkehrs erfordert den Gebrauch der eingetragenen oder handelsüblichen Firma. Tritt die Gesellschaft unter der Firma auf, so ist damit genügend gekennzeichnet, wer aus einem mit ihr abgeschlossenen Rechtsgeschäft berechtigt oder verpflichtet ist. E s b e d a r f k e i n e r A n g a b e , wer die G e s e l l s c h a f t e r sind. Zur Wirksamkeit eines Geschäfts für oder gegen die Gesellschaft ist freilich nicht nötig, daß die Firma ausdrücklich bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts genannt wird. Es genügt insofern, daß sich unzweideutig — aus den Umständen — ergibt, daß für oder gegen eine bestimmte Gesellschaft eine rechtsgeschäftliche Handlung vorgenommen wird; RG. 28, 120. Auch die Abweichung von der eingetragenen Firma oder der Gebrauch einer unzulässigen Firma ist in dieser Beziehung unschädlich. Er kann aber Anlaß zu einem Einschreiten des Registerrichters geben; § 37 Abs. 1. Auch eine Wechselunterschrift kann trotz Gebrauchs einer unrichtigen Firmenbezeichnung für die Gesellschaft verbindlich sein; RG. in JW. 1927, 1354. Anm. 6. Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte aller A r t erwerben, die überhaupt Gegenstand des Gesellschaftsvermögens einer offenen Handelsgesellschaft sein können. Von dem Erwerb für die Gesellschaft ausgeschlossen sind solche Rechte, die mit dem Wesen der offenen Handelsgesellschaft unvereinbar sind, z. B. Familienrechte. Die Gesellschaft kann danach niemanden an Kindes Statt annehmen; sie kann auch nicht zum Vormund oder Pfleger, dem die Fürsorge für eine natürliche Person obliegt, bestellt werden; dagegen kann sie T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r werden, da es sich hier nur um eine V e r m ö g e n s v e r w a l t u n g handelt, Schlegelberger.Anm. 4; aus demselben Grunde auch A b w e s e n h e i t s p f l e g e r für eine bloße Vermögensverwaltung, Die offene Handelsgesellschaft kann auch durch Rechtsgeschäfte, die außerhalb ihres Gesellschaftszweckes liegen, Rechte und sonstiges Vermögen erwerben, falls die für sie Auftretenden in den Grenzen ihrer Vertretungsmacht handeln. Auch durch einen Vorgang nicht rechtsgeschäftlicher Art kann sie wie eine natürliche Person Vermögen erwerben, auch durch E r b s c h a f t oder S c h e n k u n g ; sie kann dagegen nicht b e e r b t werden, da als Erblasser nur natürliche Personen in Frage kommen. Die offene Handelsgesellschaft kann Mitglied einer K a p i t a l g e s e l l s c h a f t oder eingetragenen Genossenschaft, aber auch einer anderen Personengesellschaft, auch einer offenen Handelsgesellschaft sein; vgl. § 105 Anm. 27; RG. 87, 408; 112, 382; Gadow in Großk. z. AktG. § 2 Anm. 9. Auch einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft kann die offene Handelsgesellschaft u n t e r i h r e r F i r m a als Mitglied beitreten; selbstverständlich können auch ihre einzelnen Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft beitreten, die ähnliche Zwecke verfolgt wie die offene Handelsgesellschaft; RG. 142,13 t z. B. eine Gesellschaft Von Kleingewerbetreiebenden. Der offenen Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma eine V o l l m a c h t , auch eine H a n d l u n g s v o l l m a c h t erteilt werden; KG. in OLGR. 4, 466; KGJ. 23 A 123; Wieland I 620. P r o k u r i s t kann die offene Handelsgesellschaft nicht werden, da sie selbst nicht geschäftsfähig ist, § 165 BGB. Die Prokura muß an eine bestimmte, natürliche Person gebunden sein; vgl. § 52 Abs. 2,§ 53 Abs. 2 HGB.; § 48 HGB. Anm. 6. Die Gesellschaft kann P a t e n t r e c h t e , Gebrauchsmusterschutzrechte, W a r e n z e i c h e n r e c h t e und U r h e b e r r e c h t e erwerben, auch als Urheberin, das ursprüngliche nicht nur das abgeleitete Urheberrecht; Kohler in ArchBürgR. 40, 245; Schlegelberger Anm. 4; a. A. Wieland I 615. Die Gesellschaft genießt den S c h u t z des F i r m e n r e c h t s wie der Einzelkaufmann und kann gegen Verletzung diese Rechts vorgehen, insbesondere wenn die Verletzung zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgt; vgl. § 16 UnlWG. Auch ein besonderes Namensrecht kann sie geltend machen, § 12 BGB., wenn in der Firma der Name eines Gesellschafters vorkommt; RG. 114,93; in J R . 1926 Nr.1811 (anders RG. 08, 421). Die Gesellschaft kann ein N i e ß b r a u c h s r e c h t erwerben, RG. 16,1, z. B. an einem Handelsgeschäft. Der Nießbrauch endet, wenn sich nicht aus dem Willen der Vertragschließenden etwas anderes ergibt, nicht mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters bei Fortbestand der Gesellschaft oder durch die Auflösung und den Beginn der Abwicklung, sondern erst durch die Vollbeendigung der Gesellschaft; RGRKomm. § 1061 BGB. Anm. 2; Staudinger § 1061 Anm. 2. Jedoch kann, sich aus dem Rechtsgeschäft, durch 13*

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§ 124 I. Abschnitt; Offene Handelsgesellschaft Aqm, 6 das der Nießbrauch bestellt wird, z. B. aus dem Zwecke desselben, dem werbenden Betriebe zu dienen, etwas anderes ergeben. Die offene Handelsgesellschaft kann nicht nur privatrechtliche, sondern auch ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e Rechte erwerben, z. B. eine Gewerbekonzession, wenn sich nicht aus der Natur des Rechts notwendig die Verbindung mit einer bestimmten natürlichen Person ergibt. Wenn der Erwerb von Rechten von einer bestimmten Eigenschaft, als die auch das Vorhandensein der Erlaubnis zum Betrieb eines bestimmten Gewerbes angesehen werden kann, anhängt, so muß die Eigenschaft bei allen Gesellschaftern vorhanden sein, falls sich aus dem maßgebenden Gesetz nicht etwas anderes ergibt; RG. 105, 288. Soweit es im Rechtsleben auf die Eigenschaft einer Person ankommt, z. B. in der Frage der Anfechtung von Rechtsgeschäften eines Schuldners oder Gemeinschuldners mit Verwandten (§ 3 Nr. 2 AnfG., § 31 Abs. 2 KO.), sind Eigenschaften eines einzelnen Gesellschafters zugleich Eigenschaften der Gesellschaft. Dies ergibt sich daraus, daß Träger der Rechte und Pflichten die vereinigten Gesellschafter sind; RG. 43,104; in JW. 14, 2551; J a e g e r , Die o.HG. im Zivilprozesse, S. 74. Dies gilt auch, wenn der einzelne Gesellschafter nicht Vertreter der Gesellschaft ist; vgl. aber RG. im Recht 15 Nr. 620. Die Gesellschaft kann auch die aus ihrer privatrechtlichen Stellung entspringenden öffentlichen Rechte geltend machen, z, B. S t r a f a n t r a g wegen Sachbeschädigung oder übler Nachrede, §187 StGB.; wegen unlauteren Wettbewerbs, Patent- und Musterschutzverletzung oder Verletzung eines Verlagsrechts stellen, die Zuerkennung einer Buße beantragen. Sie kann nicht im Sinne der §§ 185, 186 StGB, beleidigt werden. Sie genießt den Schutz des § 824 BGB.; sie hat die Beweislast für die Unrichtigkeit der sie verletzenden Behauptung; RG. in Seuff.A. 95 Nr. 13; RGST. 70,140; 74, 268. Die E i n g e h u n g von V e r b i n d l i c h k e i t e n . Die Gesellschaft kann durch Rechtsgeschäft oder in anderer Weise sich v e r b i n d l i c h m a c h e n , z.B. durch unerlaubte Handlungen ihrer Organe. Sie hat die aus dem Privateigentum sich ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen (Anliegerbeiträge, Wegeunterhaltspflicht, Pflicht zur Instandsetzung der Gebäude zur Beseitigung von Gefahren für die Öffentlichkeit, die Steuerpflicht). G e s t r a f t kann die offene Handelsgesellschaft als solche in der Regel nicht werden. Die strafrechtliche Verantwortung trifft die handelnden Personen, z. B. wegen Betrugs bei der Gründung die Gründer, sonst in der Regel die geschäftsführenden Gesellschafter oder die sonst für sie handelnden Personen; RGSt. in JW. 1913, 1652. Jedoch kann die Gesellschaft für die strafbaren Handlungen ihrer Geschäftsführer zivilrechtlich haften; vgl. § 116 Anm. 30. Nach einzelnen besonderen gesetzlichen Bestimmungen, z. B. für das Steuerrecht nach der RAO., oder wegen Zuwiderhandlungen gegen Preisregelungsbestimmungen, kann ausnahmsweise auch gegen die Gesellschaft als solche auf Geld(Ordnungsstrafe) erkannt werden; RGSt. in JW. 1913, 1652; Entsch. des Reichswirtschaftsgerichts v. 13.10. 39 in HRR. 1940, Sp. 122/29; a. A. Hueck, Deutsches Arbeitsrecht 1943, 3. Straf a n t r ä g e gegen die G e s e l l s c h a f t , z. B. wegen unlauteren Wettbewerbs, sind als gegen die handelnden Personen gerichtet zu behandeln; RGSt. in DJZ. 1907, 1148. P o l i z e i l i c h e V e r f ü g u n g e n und Auflagen ohne Strafcharakter können unmittelbar gegen die Gesellschaft ergehen. Die o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t k a n n u n t e r i h r e r F i r m a a u c h E i g e n t u m u n d a n d e r e d i n g l i c h e R e c h t e an G r u n d s t ü c k e n e r w e r b e n ; Abs. 1. Dieses Recht der Gesellschaft ergibt sich schon aus der in § 124 zuerst festgestellten allgemeinen Befugnis zum Rechtserwerb unter dem Firmennamen. Die aus dem ADHGB. Art. 111 übernommene Vorschrift dient nur der Erläuterung der vorangehenden allgemeinen Bestimmung und hat ihre Bedeutung hauptsächlich für den Grundbuchverkehr. Nach den heute geltenden Grundbuchvorschriften besteht kein Zweifel, daß die Grundstücke der Gesellschaft u n t e r i h r e r F i r m a ins Grundbuch einzutragen sind; § 15 I b der Grundbuchverfügung vom 8. August 1935, RMB1. 35, 637, schreibt vor, daß Sitz und F i r m a der Gesellschaft e i n z u t r a g e n sind. Durch die Eintragung kommt die Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens im Verhältnis zum sonstigen (Privat-)Vermögen

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 7—9 der Gesellschafter zum sinnfälligen Ausdruck. Diese Selbständigkeit ergibt auch die Einhaltung der sachenrechtlichen Vorschriften über den Eigentumswechsel an Grundstücken (insbesondere die Notwendigkeit der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung des Veräußerungsvertrages, der Auflassung, der Eintragung ins Grundbuch) beim Übergang eines zum Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücks in das Einzeleigentum eines Gesellschafters oder in das Bruchteilseigentum der Gesellschafter oder in das Eigentum einer anderen, unter denselben Personen bestehenden Gesellschaft oder umgekehrt (wegen der Einzelheiten vgl. § 105 Anm. 42); RG. 54, 106; 56, 97, 207; 57, 432; 65, 227ff., 233; 68, 417; 76, 413. Verwandelt sich die offene Handelsgesellschaft lediglich in eine solche des bürgerlichen Rechts, etwa durch Rückgang ihres Betriebs auf den des Kleingewerbes, wird also u n t e r A u f r e c h t e r h a l t u n g der I d e n t i t ä t der Gesellschaft nur ihr rechtlicher Charakter geändert, so ist Auflassung nicht nötig. Es genügt vielmehr die B e r i c h t i g u n g des G r u n d b u c h s . Anm. 7. II. Die Stellung der offenen Handelsgesellschaft im Verfahren vor den Gerichten und anderen Behörden und in der Zwangsvollstreckung. Schrifttum: J a e g e r , Die offene Handelsgesellschaft im Zivilprozeß, 1915; Hellwig, Anspruch und Klagerecht, S. 266ff.; derselbe, System des deutschen Zivilprozeßrechts, I 158; W a c h s m a n n , Die Firma als Bezeichnung der Prozeßpartei bei Gruchot 51, 313; G ö p p e r t in ZHR. 47, 267; R o s p a t t , Die oHG. im Zivilprozeß, ZHR. 1933, S. 51 ff.; de B o o r , Zur Lehre vom Parteiwechsel und Parteibegriff 1941. Die o f f e n e H a n d e l s g e s e l l s c h a f t k a n n v o r G e r i c h t k l a g e n u n d v e r k l a g t w e r d e n ; Abs. 1, letzter Fall. Zur Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in d a s V e r m ö gen der G e s e l l s c h a f t i s t ein gegen die G e s e l l s c h a f t g e r i c h t e t e r S c h u l d t i t e l e r f o r d e r l i c h ; Abs. 2. Beide Vorschriften ergänzen sich und bilden die folgerichtige Durchführung des in Abs. 1 aufgestellten Grundsatzes über die Selbständigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr. Die erste Vorschrift ist neben der Bestimmung des §17 Abs. 2, nach der der Kaufmann unter seiner Firma klagen und verklagt T/erden kann, entbehrlich; sie dient aber immerhin der Klarstellung. Zwischen der Stellung des Einzelkaufmanns im Prozeß und der der Handelsgesellschaft besteht der Unterschied, daß der Einzelkaufmann außer unter seiner Firma auch unter seinem etwa davon abweichenden bürgerlichen Namen klagen und verklagt werden kann, während für die Gesellschaft beim Fehlen eines arideren Namens für sie nur die Firma als Parteibezeichnung im Prozeß in Frage kommt. Die Vorschriften gelten nicht nur für Klagen im engeren Sinne der Zivilprozeßordnung, also für das ordentliche Prozeßverfahren, sondern auch für besondere Verfahren, wie Arreste, einstweilige Verfügungen, die Beteiligung der Gesellschaft als Streitgehilfe, für Strafverfahren, das Auftreten als Nebenkläger; KGJ. 31 A 207. Sie sind sinngemäß auch anwendbar für das Verfahren vor anderen Behörden, insbesondere vor Verwaltungsbehörden. Anm. 8. Die P a r t e i f ä h i g k e i t der o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t . Durch die Vorschrift in Abs. 1, daß die Gesellschaft unter ihrer Firma vor Gericht klagen oder verklagt werden kann, ist durch positive gesetzliche Bestimmung die Parteifähigkeit der offenen Handelsgesellschaft, d. h. ihre Fähigkeit, aktiv oder passiv Subjekt eines Prozesses zu sein, festgestellt; RG. 12, 398; 14, 20; 32, 175; 86, 65; 102, 302; in LZ. 1912, 539». Damit erledigt sich für die Personengesellschaften des Handelsrechts die theoretische Frage, ob Prozeßpartei nur einzelne natürliche oder juristische Personen, nicht aber ein Personenverband ohne eigene Rechtspersönlichkeit sein kann. Da Träger der Rechte und Pflichten nicht eine jurististische Person, sondern die Gesellschafter in ihrer Zusammenfassung sind, kann man mit Wach, Handbuch des Zivilprozeßrechts, S. 520, von einer formellen Parteifähigkeit sprechen. Die Gesellschaft bleibt solange Partei des einzelnen Prozesses als sie als Gesellschaft besteht. Durch eine bloße Änderung in der Zusammensetzung der Gesellschaft tritt ein Wechsel der Partei nicht ein, solange die Gesellschaft als solche fortbesteht, was trotz eines Mitgliedwechsels möglich ist; vgl. §§ 130,138,139,140,141; RG. 86, 66; 102, 303. Solange die Gesellschaft fortbesteht, ist sie Prozeßpartei in i h r e r j e w e i l i g e n Z u s a m m e n s e t z u n g ; vgl. Hueck S. 185; Dür.-Hach. Anm. 6; RG. 102, 302. Anm. 9. Die Prozeßfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft. Die Gesellschaft kann zwar Rechte und Pflichten haben und auch im Prozesse Partei sein. Aber sie kann ihre 197

§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 10—14 Rechte nicht selbst als Gesellschaft ausüben, da sie weder eine natürliche noch eine juristische Person ist. Daß jeder einzelne Gesellschafter für sich prozeßfähig ist, ist unerheblich, da nicht der einzelne Gesellschafter der Rechtsträger ist, sondern alle nur in ihrer Zusammenfassung. Die Gesellschaft muß deshalb ihre Rechte, auch im Prozeß, wie die juristische Person, durch ihre gesetzlich bestimmten Organe ausüben; §126. Die Gesellschaft ist also zwar parteifähig, aber nicht prozeßfähig; RG. 45, 342. Anm. 10. Vertreter der Gesellschaft im Prozesse sind die zur Vertretung der Gesellschaft im allgemeinen berechtigten Gesellschafter; RG. 5, 70; RG. bei Gruchot 48, 102. Wer danach zur Vertretung der Gesellschaft im Prozeß berechtigt ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Gesetzes über die Vertretung der offenen Handelsgesellschaft oder nach dem Gesellschaftsvertrage, § 125. Ob man die vertretungsberechtigten Gesellschafter als „gesetzliche" Vertreter in dem Sinne ansehen kann, der bei der Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder für natürliche Personen (Vormund) damit verbunden ist oder ob man dies verneint (so Ritter Anm. 4 a), kann für die Stellung der Vertreter im Prozeß dahingestellt bleiben, da es jedenfalls für den Prozeß keine praktische Bedeutung hat, wie die Frage beantwortet wird; ebenso Hueck S. 186. Anm. 11. Die v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r h a b e n die Klage zu e r h e b e n u n d den P r o z e ß b e v o l l m ä c h t i g t e n zu b e s t e l l e n . Ihre Tätigkeit genügt zur Wirksamkeit der Klageerhebung im Neunen der Gesellschaft im Verhältnis zur Gegenpartei. Im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern kann noch die Mitwirkung anderer Gesellschafter, insbesondere der geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich sein, wenn die vertretungsberechtigten nicht zugleich die geschäftsführenden Gesellschafter sind. Ist die Erhebung einer Klage im Einzelfall, etwa wegen des Gegenstandes des Rechtsstreits oder seiner besonderen Bedeutung, ein ungewöhnliches Geschäft, so ist im inneren Verhältnis ein Beschluß der Gesellschafter nötig; § 116 Abs. 2. Die Wirksamkeit der Klage wird aber durch das Fehlen einer im inneren Verhältnis erforderlichen Mitwirkung nicht berührt. Anm. 12. Nach § 56 ZPO. hat das Gericht den Mangel der L e g i t i m a t i o n eines gesetzlichen Vertreters von Amts wegen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die nicht selbst prozeßfähigen Personengesellschaften. Zur Anstellung von Ermittelungen über die Vertretereigenschaft der als Vertreter auftretenden Personen ist das Gericht nur verpflichtet, wenn Zweifel in dieser Beziehung bestehen, sich etwa aus dem Gesellschaftsvertrage oder dem Parteivortrage ergeben. Der Gesellschaft kann auch aufgegeben werden, den Mangel zu beseitigen, etwa durch den Nachweis, daß Gesellschafter in vertretungsberechtigter Zahl der Klage zugestimmt haben. Wird der Mangel nicht behoben, so ist die Klage durch Prozeßurteil abzuweisen. Wegen der Mängel der Vertretung im einzelnen vgl. die Erläuterungsbücher zur ZPO. Anm. 18. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter haben im Prozeß auch namens der Gesellschaft die erforderlichen Erklärungen abzugeben. Anm. 14. Sind m e h r e r e v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e G e s e l l s c h a f t e r vorhanden, so haben so viele mitzuwirken als nach dem Gesellschaftsvertrage oder dem Gesetz auch sonst zur Vertretung der Gesellschaft erforderlich sind; § 125. Haben nicht alle mitgewirkt, deren Mitwirkung danach nötig ist; z. B. zur Erteilung oder zum Widerruf der Prozeßvollmächt, zu einem gerichtlichen Geständnis, zu einem Verzicht, so liegt eine Handlung der Gesellschaft nicht vor. Etwaige Erklärungen Einzelner über Tatsachen haben dann nur Wert als Beweismittel. Besteht E i n z e l v e r t r e t u n g s b e f u g n i s , so kann auch im Prozeß jeder einzelne vertretungsberechtigte Gesellschafter Prozeßhandlungen mit Wirkung für die Gesellschaft vornehmen. Geben mehrere alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter g l e i c h z e i t i g einander widersprechende Erklärungen ab, so haben sie keine Rechtswirkung. Sie heben sich gegenseitig auf und haben nur Beweiswert; RG. 34, 366; 81, 95; in DR. 1941,1540; Ritter Ahm. 4; vgl. auch Kormann bei Gruchot 57, 749; vgl. auch die Erl. zu § 125; a. A. DürHach. § 126 Anm. 5. Gibt zuerst einer der alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter eine Erklärung, z. B. ein Anerkenntnis, ein Geständnis, ab und ist diese mit der Abgabe für die Gesellschaft verbindlich geworden, so kann die nachträgliche gegenteilige Erklärung eines anderen alleinvertretungsberechtigten Gesellschafters nur Wirkung haben, soweit auch eine Einzelperson als Prozeßpartei ihre Erklärungen einseitig widerrufen kann, wenn z. B. die

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 15—17 Voraussetzungen des Widerrufs eines gerichtlichen Geständnisses gegeben sind; § 290 ZPO.; vgl. auch § 126 Anm. 13. Wegen der V e r n e h m u n g und B e e i d i g u n g der vertretungsberechtigten Gesellschafter vgl. unten Anm. 17. Anm. 16. P a r t e i b e z e i c h n u n g in der Klage. Da die Gesellschaft unter ihrer Firma klagen oder verklagt werden kann, genügt die Angabe der Firma als Parteibezeichnung. Es bedarf nicht der Darlegung in der Klage, daß es sich um eine offene Handelsgesellschaft handle. Auch die Angabe der Gesellschafter ist nicht erforderlich, wenn deren Namen nicht in der Firma vorkommen. Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits die Notwendigkeit, aufzuklären, ob es sich um eine offene Handelsgesellschaft handelt, wer ihre Gesellschafter und ihre Vertreter sind, etwa um die Möglichkeit der Vernehmung bestimmter Personen als Zeugen oder Partei zu prüfen (vgl. Anm. 17), so sind jedenfalls auf Verlangen des Gerichts die erforderlichen Angaben zu machen; RG. im Recht 1906 Nr. 2256; 1909 Nr. 330; OLG. Hamburg in SeuffA. 56 Nr. 167; Karlsruhe im Recht 1906 Nr. 1974; Göppert, ZHR. 47, 274. Zur Wirksamkeit der Klage und des Urteils ist es nicht erforderlich, die vertretungsberechtigten Gesellschafter in der Klageschrift zu benennen; RG. 54,16; KGJ. 31 A 211; Jonas § 50 ZPO. II 5. Doch ist diese Angabe schon deshalb zweckmäßig, weil das Urteil nach § 313 Nr. 1 ZPO. u. a. die Bezeichnung der gesetzlichen Vertreter enthalten soll; vgl. auch § 17 Anm. 24. Enthält die Klage neben der Firmenbezeichnung die Angabe der Gesellschafter in der Form „Inhaber", so liegt regelmäßig nur eine Klage der oder gegen die Gesellschaft, nicht auch eine solche der oder gegen die Gesellschafter persönlich vor; OLG. Braunschweig in LZ. 1908, 9591 (Auslegungsfrage). Unrichtige Bezeichnungen der Firma können im Wege der gewöhnlichen Berichtigung eines Schreib- oder ähnlichen Fehlers berichtigt werden, wenn über die Identität der Partei kein Zweifel besteht. Eine Klageänderung liegt dann nicht vor. Die Parteibezeichnung ist von Amts wegen richtig zu stellen; OLG. Zweibrücken in OLGR. 9, 252; Stettin in OLGR. 5, 82; RG. 157, 369; vgl. auch § 17 Anm. 27. Eine bloße Berichtigung einer falschen Parteibezeichnung ist auch nur erforderlich, wenn in der Klage sämtliche Gesellschafter als Kläger bezeichnet sind, aus den Umständen, insbesondere aus der Klagebegründung oder dem Klageantrage sich aber ergibt, daß sie für die Gesellschaft — nicht persönlich — klagen wollen; OLG. Kiel in SchlHolstAnz. 30, 42. Anm. 16. Z u s t e l l u n g e n und L a d u n g e n sind rechtswirksam, wenn sie an einen der zur Vertretung befugten Gesellschafter erfolgen, auch wenn Gesamtvertretung besteht: § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB.; § 171 Abs. 3 ZPO.; RG. 82, 69. Die U n t e r b r e c h u n g oder A u s s e t z u n g des V e r f a h r e n s wegen Wegfalls des gesetzlichen Vertreters tritt nur ein, wenn überhaupt kein zur Vertretung der Gesellschaft befugter, bei Gesamtvertretung nicht die zur Vertretung, notfalls zusammen mit einem Prokuristen (vgl. § 125 Abs. 3 HGB.) erforderliche Zahl von Vertretern mehr vorhanden ist; §§ 241, 246 ZPO. Bei G e f a h r im V e r z u g e kann der Vorsitzende des Prozeßgerichts, soweit die Gesellschaft Beklagte ist, auf Antrag bis zum Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter bestellen; § 57 ZPO.; RG. 116,118. Seine Befugnisse erstrecken sich aber nur auf die Vertretung der Gesellschaft in dem anhängigen Verfahren. Neben der Wahrung der Belange der Gesellschaft im Prozeß ergibt sich aus dem vorübergehenden Charakter seiner Stellung die Aufgabe, soweit möglich die Gesellschafter von dem Sachverhalt zu benachrichtigen, um ihnen Gelegenheit zu geben, für die Bestellung eines vertretungsberechtigten Gesellschafters, oder falls die Auflösung der Gesellschaft erfolgt ist, eines Abwicklers zu sorgen. Anm. 17. Die Vernehmung der Gesellschafter als Zengen oder als Partei im Gesellschaftsprozesse. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG. 17, 365; 32, 399; 35, 389; 82, 131; in LZ. 1910, 150; JW. 1910, 25"; Ritter Anm. 4g; Schlegelberger Anm. 19) können die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (ebenso die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft) einschließlich der Kommanditisten im Gesellschaftsprozesse nicht als Zeugen vernommen werden, auch wenn sie von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Als Grund hierfür wird angegeben, daß die Gesellschafter als Träger aller Rechte und Pflichten in ihrer Vereinigung selbst die Prozi ßpartei seien und Zeuge nur eine von der Prozeßpartei verschiedene Person sein könne .Geht m a n

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§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 17 hiervon aus, so erhebt sich die Frage, ob die Gesellschafter nach den Vorschriften der §§ 445 ff. der Zivilprozeßordnung über den Beweis durch Partei Vernehmung als Partei vernommen und beeidigt werden können (§ 452 ZPO.). § 455 Abs. 1 ZPO. bestimmt nun, daß, wenn eine Partei nicht prozeßfähig ist, vorbehaltlich derVorschrift in Abs. 2 ihr gesetzlicher Vertreter zu vernehmen ist, und daß beim Vorhandensein mehrerer gesetzlicher Vertreter § 449 entsprechend gilt, daß also dann das Gericht nach Lage des Falles bestimmt, ob alle oder nur einzelne Vertreter zu vernehmen sind. In Abs.2 ist — nach Ermessen des Gerichts — nur die Vernehmung undBeeidigungMinderjähriger, die das sechzehnte Lebsnsjahr vollendet haben, sowie Volljährige, die wegen Geistesschwäche, Verschwendung oderTrunksucht entmündigt oder unter vorläufige Vormundschaft gestellt sind und nur überTatsachen zugelassen, die in ihren eigenen Handlungen bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind; das gleiche gilt von einer prozeßfähigen Person, die in dem Rechtsstreit durch einen Pfleger vertreten wird. Da danach die nicht zur Vertretung befugten Gesellschafter von der Parteivernehmung ausgeschlossen sind, müßte — worauf schon Jaeger für das frühere Prozeßrecht hinweist (vgl. Jaeger, Die offene Handelsgesellschaft im Zivilprozeß, S. 35; LZ. 1910,151) — auf ein oft wichtiges Beweismittel verzichtet werden, wenn sie auch nicht als Zeugen vernommen werden könnten. Dies entspricht aber nicht dem Bedürfnis der Beteiligten und auch nicht dem Grundgedanken des heutigen Zivilprozesses, dem starre Beweisvorschriften nicht eigentümlich sind, dessen Bestreben es im Gegenteil ist, jedes geeigneteBeweismittel dem Siege des sachlichen Rechts dienstbar zu machen. Nach dem Grundsatze, daß die Verfahrensvorschriften nur ein Mittel zur Verwirklichung des sachlichen Rechts sind, muß es möglich sein, einen Gesellschafter als Zeugen zu vernehmen, wenn seine Vernehmung als Partei nach den für diese geltenden Vorschriften nicht zulässig ist. Da es für die Zulässigkeit der Parteivernehmung darauf ankommt, ob im Z e i t p u n k t der V e r n e h m u n g der zu Vernehmende die dafür erforderliche Eigenschaft besitzt, könnte bei gegenteiliger Auffassung ein Gesellschafter, der bei Abschluß des in Betracht kommenden Rechtsgeschäfts Vertreter der Partei war, im Zeitpunkt der Vernehmung aber Gesellschafter ohne Vertretungsmacht ist, weder als Zeuge noch als Partei vernommen werden. Diese Unmöglichkeit bestände auch bei einem Gesellschafter, der nur zur Geschäftsführung, nicht aber zur Vertretung berufen ist und z. B. als Leiter der Fabrik über die Herstellung der den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Ware allein zuverlässige Auskunft geben kann. Dies kann unmöglich der Inhalt des Gesetzes sein. Man muß also entweder die Parteivernehmung der von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter zulassen, so Gadow § 17 Anm. 24, Schlegelberger § 124 Anm. 18, Hueck S. 187, oder ihre Vernehmung als Zeugen, so Jonas I 2 vor § 373, § 455 Anm. 1 ZPO.; Hellwig, System, S. 708; Jaeger in LZ. 10, 151 und in „Die o.HG. im Zivilprozeß" 36; Wieland I 61. Gegen die Zulassung zur Parteivernehmung spricht der Wortlaut und Zweck des § 455 Abs. 1, der eben nur den Vertreter der Partei für Parteierklärungen, auch wenn sie als Beweismittel dienen, zulassen will. Selbst wenn man an dem Grundsatz festhält, daß Zeuge nur sein kann, wer nicht Partei ist, steht dies der Vernehmung eines von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafters als Zeuge nicht entgegen. Alle Gesellschafter sind zwar zivilrechtlich die Träger der Rechte und Pflichten der Gesellschaft. Aber sie sind es nur in ihrer Zusammenfassung als Gesellschaft und nur in dieser Zusammenfassung sind sie auch Prozeßpartei. Der einzelne Gesellschafter ist nicht die Prozeßpartei. P r o z e ß r e c h t l i c h ist jedenfalls nur die Gesellschaft unter ihrer Firma die Partei; ebenso Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, S. 18; Schlegelberger Anm, 16; anders Ritter Anm. 4c; RG. in JW. 15, 1471. Würde man dies nicht annehmen, so könnte auch nicht der einzelne Gesellschafter im Prozesse Gegenpartei der Gesellschaft sein. Hiernach kann ein Gesellschafter, der im Zeitpunkt der Vernehmung nicht Vertreter der Gesellschaft ist, als Zeuge, wenn auch als am Ausgange des Rechtsstreits beteiligter (§384 Nr. 12 ZPO.), vernommen werden; diese Folge entsprichtauch der weitgehenden Annäherung der offenen Handelsgesellschaft an die Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, wie sie gerade in § 124 und auch in der Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens zum Ausdruck kommt (es ist nicht gleichgültig, ob Zeugen- oder Parteivernehmung zulässig ist; erstere erfolgt nur auf Beweisantrag einer Partei, letztere ist auch ohne Antrag zulässig, § 448 ZPO.). Ist ein Ge sellschafter mitverklagt oder ist er Mitkläger, so kann er nur als Parteivernommen werden.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 18—19 Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so kann er unbeschränkt als Zeuge vernommen werden, auch wenn er früher Vertreter der Gesellschaft war. Ein neu aufgenommener Gesellschafter wird als Zeuge unfähig, wenn er Vertreter wird; RG. in JR. 1926 Nr. 1265; RG. 49, 426; vgl. auch RG. 102, 302. Wegen der Stellung des einzelnen Gesellschafters im Gesellschaftsprozesse vergleiche im übrigen Anm. 19—21. Anm. 18. Die der Partei in § 134 ZPO. eingeräumte Befugnis, in A n w a l t s p r o zessen selbst das Wort zu ergreifen, kann nur von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern ausgeübt werden, da es sich hier um das Auftreten der Gesellschaft nach außen handelt. Aus demselben Grunde sind auch zur L e i s t u n g des O f f e n b a r u n g s e i d e s nur die im Z e i t p u n k t der E i d e s l e i s t u n g zur Vertretung der Gesellschaft berechtigten Gesellschafter berechtigt und verpflichtet; vgl. JR. 1926 Nr. 1265; SeuffA. 70, 80. Die Gesellschaft ist der Schuldner, der das Verzeichnis über sein Vermögen vorzulegen hat; § 807 ZPO. Sie hat auch die Einwendung engegen die Verpflichtung zur Eidesleistung zu machen, z. B. daß gezahlt oder Stundung erteilt oder daß der Eid in den letzten 5 Jahren bereits geleistet sei; §§ 900, 903 ZPO. Sie ist in das Schuldnerverzeichnis einzutragen; § 915 ZPO. Deshalb kann sie im Verfahren, auch bei der Leistung des Eides nur durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten werden; OLGR. 6, 144; SeuffA. 65, 482; Jaeger, o.HG. im Zivilprozeß, S. 34; Jonas § 807 ZPO. IV; a. A. OLGR. 21, 261; Ritter Anm. 4h, die alle Gesellschafter für eidespflichtig halten. Sind mehrere Vertreter vorhanden, so haben alle den Eid zu leisten. Zuständig zur Eidesabnahme ist das Amtsgericht des Gesellschaftssitzes; OLGR. 22, 2. Scheidet ein Gesellschafter aus der Stellung als Vertreter aus, so erlischt damit sein Recht und seine Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides. Sie entsteht für einen anderen, auch neu eintretenden mit der Übernahme der Vertretungsbefugnis. Anm. 19. Die B e t e i l i g u n g des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s am Gesells c h a f t s p r o z e ß . Der einzelne Gesellschafter hat auf Grund seiner Mitgliedschaft allein nicht die Befugnis, die Ansprüche der Gesellschaft gegen D r i t t e durch Klage zu verfolgen, auch nicht in der Weise, daß er auf Leistung an die Gesellschaft klagt. Ebenso wenig ist er befugt, Ansprüche Dritter gegen die Gesellschaft namens der Gesellschaft abzuwehren. Diese Rechtsverfolgung oder Verteidigung ist ausschließlich Sache der Gesellschaft; sie übt sie nur aus durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter; RG. 86, 66 = JW. 1915, 273; RG. 90, 300; 91, 34; in JW. 1916, 83710 und 963»; 1929, 1373». Eine F e s t s t e l l u n g s k l a g e kann der einzelne Gesellschafter unter den allgemeinen Voraussetzungen für eine solche Klage dahin erheben, daß die Gesellschaft einen Anspruch gegen einen Dritten habe oder daß einem Dritten ein Anspruch gegen die Gesellschaft nicht zustehe. Voraussetzung der Feststellungsklage ist nicht, daß das streitige Rechtsverhältnis gerade zwischen den Prozeßparteien besteht; RG. bei Gruchot 68, 333; SeuffA. 59,114; OLGR. 27, 68; Jonas § 256 ZPO. II 3. Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Gesellschafter. In der Regel wird aber kein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Feststellungsklage zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gegeben sein; RG. in JW. 1915, 273; OLG. Kiel in SeuffA. 70 Nr. 249. Da auch Ansprüche zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Gesellschafter bestehen können, und zwar sowohl aus dem Gesellschaftsverhältnis, z. B. auf Leistung der Einlage oder Rückgabe einer nur auf Zeit zu leistenden Einlage oder auf Gewinnauszahlung, wie aus einem nicht gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis, z. B. einem Kauf vertrage, können die G e s e l l s c h a f t u n d der einzelne G e s e l l s c h a f t e r a u c h P r o z e ß g e g n e r sein. Die Gesellschaft tritt auch in einem solchen Falle unter ihrer Firma auf und wird dabei von ihren vertretungsberechtigten Gesellschaftern vertreten; denn § 124, der allerdings unter den Vorschriften über das Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten steht, ist auch in diesen Fällen anwendbar, insbesondere auch für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis; vgl. den Fall des § 113, wo das Gesetz die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft wegen Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots regelt und nur einen Beschluß der übrigen Gesellschafter als Voraussetzung der Klageerhebung verlangt, nicht aber die übrigen Mitglieder als Inhaber des Anspruchs bezeichnet.

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§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 20—23 Anm. 20. Da im Gesellschaftsprozeß die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter die Prozeßpartei ist (vgl. Anm. 17), sind Gesellschaft und Gesellschafter oder nur die Gesellschafter nicht auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses ohne weiteres S t r e i t g e n o s s e n . Dem steht nicht entgegen, daß das im Prozeß zwischen der Gesellschaft und einem Dritten ergehende Urteil, soweit das Gesellschaftsvermögen in Betracht kommt, auch insofern zu Gunsten oder Ungunsten der einzelnen Gesellschafter wirkt, als dem Gesellschaftsvermögen auf Grund des Urteils etwas zufließen oder ihm entzogen werden kann; vgl. Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, S. 18ff. Ein Gesellschafter k a n n Streitgenosse der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter sein, und zwar sowohl als Mitkläger wie als Mitbeklagter; z. B. als Mitbeklagter, wenn von einem Gesellschaftsgläubiger neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter mitverklagt werden. Er ist aber auch dann n i c h t n o t w e n d i g e r Streitgenosse im Sinne des § -62 ZPO., soweit die Entscheidung für oder gegen ihn anders lauten kann als für oder gegen die Gesellschaft (weil ihm z. B. im Falle des § 128 Einreden zustehen können, die der Gesellschaft oder einem anderen Gesellschafter versagt sind); RG. 34, 365; 123, 151; 136, 268; JW. 1925, 756; HRR. 30 Nr. 808; Hueck S. 188; Jäger S. 19; Schlegelberger Anm. 16; Rospatt S. 64; Jonas § 62 ZPO. Anm. II, 3; a. A. Düring.-Hach. Anm. 7. Anm. 21. Aus der Selbständigkeit von Gesellschaft und Gesellschafter als Prozeßparteien und der Möglichkeit einander gegenüberstehender Interessen ergibt sich auch, daß jeder Gesellschafterin! Gesellschaftsprozeß auch S t r e i t g e h i l f e (Nebenintervenient) der Gesellschaft, aber auch ihres Prozeßgegners, und auch H a u p t i n t e r v e n i e n t (§§ 64ff. ZPO.) sein kann; RG. 5, 71; 34, 363; 102, 303; in JW. 1902, 213»; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, 37ff.; Wieland I 241; Ritter Anm. 4b; Jonas § 66 ZPO. II 2; a. A.: Wach S. 530. Sein rechtliches Interesse zum Beitritt als Streitgehilfe ergibt sich regelmäßig schon aus der Einwirkung der Entscheidung auf seine persönliche Haftung. Tritt er nur als Streitgehilfe der Gesellschaft, nicht als selbständige Partei (Mitkläger oder Beklagter) auf, so kann er auch nur die Interessen der Gesellschaft wahren, also z. B. nicht Einwendungen erheben, die ihm nur persönlich zustehen. Ist er neben der Gesellschaft selbständige Partei, so kann er auch gleichzeitig zugunsten der Gesellschaft als Streitgehilfe auftreten; JW. 1896, 176"'. Tritt er als Streitgehilfe bei, so gilt er als Streitgenosse der Hauptpartei; § 69 ZPO. Anm. 22. Das A r m e n r e c h t kann einer offenen Handelsgesellschaft ebenso bewilligt werden wie einer einzelnen natürlichen Person. Dies ergibt sich schon daraus, daß Träger der Rechte und Pflichten die Gesellschafter, wenn auch in ihrer Verbundenheit, sind; RG. in JW. 1926,1557»; bei Warneyer 30, Nr. 19; in SeuffA. 54 Nr. 53; KG. in JW. 29, 1678"; OLG. München in DJZ. 28, 1585; Jaeger, o.HG. im Zivilprozeß, 24; Schlegelberger Anm. 15; Ritter Anm. 4a; Jonas § 114 ZPO. II; Hueck S. 186; a. A. OLG. Köln in JW. 1929, 679»; Hamburg in JW. 1933, 553 (OLG. Hamm in JW. 1936, 1690" mit Anm. will der offenen Handelsgesellschaft das Armenrecht nur unter den Voraussetzungen bewilligen, unter denen es nach § 114 ZPO. einer juristischen Person zu bewilligen ist). Ob die erforderliche Dürftigkeit vorliegt, bestimmt sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvermögen. Reicht dieses nicht aus, so kommt es darauf an, ob die Gesellschafter zur Aufbringung der Kosten einzeln oder zusammen imstande sind; auch die Fähigkeit eines einzelnen Gesellschafters kann zur Ablehnung des Gesuchs genügen. Dies ergibt sich auch daraus, daß die Gesellschafter für die Prozeßkosten wie für andere Verbindlichkeiten der Gesielschaft als Gesamtschuldner haften; § 128. Besteht die offene Handelsgesellschaft nur aus juristischen Personen, so ist ihr das Armenrecht nur unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 4 ZPO. zu gewähren. Anm. 23. Die gegen die Gesellschaft gerichtete Klage u n t e r b r i c h t n i c h t die V e r j ä h r u n g gegen die einzelnen Gesellschafter. Das Gegenteil folgt nicht aus der Eigenschaft der Gesellschafter als Träger der Gesellschaftsrechte. Im Rechtsstreit gegen die Gesellschaft handelt es sich nur um deren Verpflichtung zur Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen, deshalb kann aus dem ergehenden Urteil auch nur in das Gesellschaftsvermögen vollstreckt werden; § 129 Abs. 4; aber die gegen die Gesellschaft während der Zugehörigkeit eines Gesellschafters eingetretene Unterbrechung der Verjährung wirkt insofern auch gegen den Gesellschafter, als er die Gesellschaftsschuld so zu erfüllen hat,

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis des Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 24, 25 wie sie sich während seiner Mitgliedschaft gegen die Gesellschaft gestaltet hat; KG. in OLGR. 28, 348. Eine nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters erfolgte Unterbrechung hat diese Wirkung nicht. Gegen den Ausgeschiedenen läuft die besondere Verjährung nach § 159. Anm. 24. Der allgemeine G e r i c h t s s t a n d für Klagen gegen die Gesellschaft richtet sich nach dem Sitze der Gesellschaft. Das Gericht des Gesellschaftssitzes ist auch zuständig für Klagen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter als solche und für Klagen der Gesellschafter als solche untereinander, § 22 ZPO. Da der Grund der Zuständigkeit das Gesellschaftsverhältnis ist, besteht diese, auch wenn ein Gesellschafter bereits ausgeschieden ist, oder es sich um Ansprüche der oder gegen die Erben eines verstorbenen Gesellschafters handelt; RG. in JW. 1903, 174*. Nicht ohne weiteres zuständig ist das Gericht des Gesellschaftssitzes für Klagen eines Gesellschaftsgläubigers gegen einzelne Gesellschafter aus ihrer Haftung für die Gesellschaftsschulden. Da aber der einzelne Gesellschafter die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen hat, kann das gleiche Gericht als Gericht des Erfüllungsortes zuständig sein; § 29 ZPO. Anm. 25. Die Rechtskraft des im G e s e l l s c h a f t s p r o z e s s e e r g e h e n d e n U r t e i l s erstreckt sich, wie regelmäßig, nur auf das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Prozeßgegner. Ist die Gesellschaft rechtskräftig zu einer Leistung verurteilt oder ihr eine solche zugesprochen, so steht fest, daß ihr ein Anspruch zusteht oder eine Verpflichtung obliegt. Diese Wirkung tritt, da die Gesellschafter in ihrer Zusammenfassung die Gesellschaft und damit die Prozeßpartei darstellen, auch für und gegen die einzelnen Gesellschaften ein, aber nur, soweit es sich um die Rechtsfolge der gesellschafterlichen Verbundenheit handelt. Dies zeigt sich vor allem, soweit die einzelnen Gesellschafter kraft ihrer gesellschafterlichen Verbundenheit für die Gesellschaftsschulden haften; diese Wirkung kann aber auch eintreten, wenn es sich um die sich aus dem Urteil zugunsten der Gesellschaft ergebenden Wirkungen handelt. Ist danach rechtskräftig festgestellt, daß die Gesellschaft zu einer Leistung verpflichtet ist, so gilt dies auch im Verhältnis des Gläubigers zu dem einzelnen Gesellschafter. Dieser kann nach rechtskräftiger Feststellung der Gesellschaftsschuld keine Einwendungen gegen das Bestehen der Schuld erheben, soweit sie nicht auch noch von der Gesellschaft erhoben werden können; § 129 Abs. 1. Insofern ist somit der Gesellschafter ebenso an die Rechtskraft des Urteils gebunden wie die Gesellschaft selbst. Die Einwendungen der Gesellschaft, die mit der Rechtskraft des Urteils gegen die Gesellschaft erledigt sind, sei es, weil sie nicht oder verspätet vorgebracht sind, sei es, weil sie vom Gericht für unbegründet angesehen worden sind, sind auch für die einzelnen Gesellschafter erledigt; Wieland I Anm. 6. Dagegen bleiben ihm trotz der Rechtskraft des Urteils die Einwendungen, die ihm persönlich zustehen; RG. 3, 57; 5, 71; 13, 96; 34, 365; vgl. § 129. Ist die Klage gegen die Gesellschaft rechtskräftig abgewiesen, so kommt insofern die Rechtskraft des Urteils auch dem einzelnen Gesellschafter zugute; RG. 5, 70; 34, 365; Wieland I 624 Anm. 8. Ist andererseits der Dritte rechtskräftig zu einer Leistung an die Gesellschaft verurteilt, ihm persönlich zustehen; RG. 3, 57; 5, 71; 13, 96; 34, 365; vgl. § 129. Ist die Klage gegen die Gesellschaft rechtskräftig abgewiesen, so kommt insofern die Rechtskraft des Urteils auch dem einzelnen Gesellschafter zugute; RG. 5, 70; 34, 365; Wieland I 624 Anm. 8. Ist andererseits der Dritte rechtskräftig zu einer Leistung an die Gesellschaft verurteilt, so gilt dies auch im Verhältnis zu den einzelnen Gesellschaftern, sofern diese die Ansprüche der Gesellschaft geltend machen können, was insbesondere zutrifft, wenn die Gesellschaft voll beendet ist; vgl. unten Anm. 26f. Nur das r e c h t s k r ä f t i g e Urteil hat diese Wirkungen; das vorläufige vollstreckbare schneidet die Einwendungen nicht ab; RG. 3, 338. Um widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, wird das Gericht, wenn in getrennten Prozessen gegen die Gesellschaft und einen Gesellschafter geklagt ist, von dem Verbindungsrecht nach § 147 oder dem Aussetzungsrecht nach § 148 ZPO. Gebrauch machen müssen. Auch ein rechtskräftiges Versäumnisurteil oder ein A n e r k e n n t n i s u r t e i l hat die bezeichnete Rechtswirkung; ebenso ein von der Gesellschaft abgeschlossener P r o z e ß v e r g l e i c h ; RG. 13, 96; 49, 343; RG. in JW. 1902, 213»; KG. Auch die Feststellung der Gesellschaftsschuld im Gesellschaftskonkurse gilt zu Lasten des einzelnen Gesellschafters, soweit er nicht die Forderung bestritten hat; vgl. § 146 Abs. 2, § 164 Abs. 2

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§ 124 I. Abschnitt; Offene Handelsgesellschaft Anm. 26 KO.; RO. 36, 62; Jaeger, Konkurs der o.HG. 75; derselbe, Die o.HG. im Zivilprozeß, 63. A b e r i m m e r m u ß zur V o l l s t r e c k u n g in sein P r i v a t v e r m ö g e n d e r b e s o n dere T i t e l g e g e n ihn d a z u k o m m e n ; denn sein Nichtbestreiten im Konkursfeststellungsverfahren bewirkt nur, daß er die Rechtskraftwirkung der Tabellenfeststellung gegen sich ebenso gelten lassen muß wie ein gegen die Gesellschaft ergangenes Urteil. Durch die Feststellung zur Tabelle werden dem Gesellschafter nur die der Gesellschaft, nicht die ihm persönlich zustehenden Einreden abgeschnitten; vgl. § 129 Abs. 4; vgl. auch Jaeger, KO. § 164 Anm. 9; vgl. auch § 129 Anm. 5. S o w e i t die b e z e i c h n e t e n R e c h t s w i r k u n g e n e i n t r e t e n , e r s t r e c k e n sie s i c h auf alle G e s e l l s c h a f t e r , die w ä h r e n d des P r o z e s s e s G e s e l l s c h a f t e r w a r e n , also auch auf diejenigen, die bei Prozeßbeginn Gesellschafter waren, aber während des Prozesses aus irgendeinem Grunde, z. B . durch Ausschließung, aus der fortbestehenden Gesellschaft ausgeschieden sind, aber auch auf diejenigen, die erst während des Prozesses Gesellschafter geworden sind. Für alle handelt es sich im Gesellschaftsprozesse um die Frage, ob eine Gesellschaftsschuld besteht, für die sie nach § 128 HGB. persönlich haften. Da alle zusammen die Gesellschaft bilden, wird mit der Erhebung der Klage gegen die Gesellschaft der Anspruch auch gegen sie rechtshängig, s o w e i t es sich um die F r a g e des B e s t e h e n s der G e s e l l s c h a f t s s c h u l d h a n d e l t ; R G . 49, 340. Der während des Prozesses aus der Gesellschaft Ausscheidende kann sich durch sein Ausscheiden dieser Wirkung der Rechtskraft nicht entziehen. Wie der Ausscheidende im allgemeinen die Beendigung schwebender Geschäfte durch die übrigbleibenden Gesellschafter, so wie es ihnen am vorteilhaftesten erscheint, gegen sich gelten lassen muß (§ 740 BGB.), wirkt auch die Prozeßführung der übrigen für oder gegen ihn, soweit es sich um die Nachwirkungen seiner Gesellschaftszugehörigkeit handelt; R G . 102, 302; a. A. DürHach. § 128 Anm. 9; Ritter Anm. 4 e ; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, 65. Der neu Eintretende haftet gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 128, 129 für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, § 130. E r gilt wie einer, der schon von Anfang an Gesellschafter war. Anm. 26, Durch die A u f l ö s u n g d e r G e s e l l s c h a f t und die s i c h d a r a n a n s c h l i e ß e n d e A b w i c k l u n g bleibt die rechtliche Stellung der Gesellschaft als Prozeßpartei und ihrer Gesellschafter im Gesellschaftsprdzeß unberührt. An Stelle der veitretungsberechtigten Gesellschafter treten aber die Abwickler als Vertreter der Gesellschaft auch im Prozeß, §§ 146, 149. Bestritten ist, ob durch die Auflösung der Gesellschaft die U n t e r b r e c h u n g des Verfahrens eintritt oder, falls die Gesellschaft durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten ist, auf Antrag die A u s s e t z u n g des V e r f a h r e n s anzuordnen ist; §§ 241, 246 ZPO. Obwohl die Gesellschaft infolge der Auflösung regelmäßig nicht ohne Vertreter ist, da an Stelle der bisherigen Vertreter alsbald die Abwickler treten, ist die Frage zu bejahen, denn die Vertretungsbefugnis der bisherigen Vertreter hört auf und dies genügt für die Unterbrechung und Aussetzung nach den genannten Bestimmungen und deren Zweck. Die Gesellschaft kommt durch die Auflösung in eine neue Lage, die eine Prüfung durch die Abwickler in der Richtung erfordert, ob der Prozeß überhaupt oder in der bisherigen Weise fortzusetzen ist; a. A. Ritter Anm. 4a, dieser mit der Begründung, daß die vertretungsberechtigten Gesellschafter nicht „gesetzliche" Vertreter im Sinne der §§241, 246 ZPO. sind; ferner Wieland I 627 Anm. 17; Schlegelberger Anm. 24. Hält man, wie hier vertreten, den Eintritt einer neuen Lage der Gesellschaft für entscheidend, so tritt die Unterbrechung und Aussetzung auch dann ein, wenn die gleichen Personen, die bisher Vertreter waren, Abwickler werden; vgl. § 146; a. A. Baumbach Anm. D ; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, 48; Wieland I 627 Anm. 17. Wegen der W i r k u n g e n der U n t e r b r e c h u n g und Aussetzung ,und der W i e d e r a u f n a h m e eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens vgl. § 249 ZPO. Auch durch die E r ö f f n u n g des K o n k u r s v e r f a h r e n s über ihr Vermögen hört die Gesellschaft nicht auf zu bestehen. Sie wird nur aufgelöst. Es tritt eine besondere Art der Abwicklung ein. An die Stelle der vertretungsberechtigten Gesellschafter tritt der Konkursverwalter. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens wird ein anhängiges Prozeßverfahren unterbrochen, bis es nach den für den Konkurs geltenden Vorschriften wieder aufgenommen wird; § 240 ZPO.; vgl. auch die Erl. zu § 131.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Arno. 27 Anrn. 27. Einfluß der Vollbeendigung der Gesellschaft auf den Geselischafteprozeß. Hört eine Prozeßpartei überhaupt auf zu bestehen, ohne daß wie im Falle des Todes ein Rechtsnachfolger an ihre Stelle tritt, so kann sie auch im Prozesse nicht mehr Partei sein. Der anhängige Rechtsstreit zwischen ihr und einem anderen erreicht damit sein Ende. Ist wie im Falle des Todes einer natürlichen Person oder im Falle der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften, vgl. § 240 Abs. 3 AktG., ein allgemeiner Rechtsnachfolger vorhanden, so tritt dieser in den Rechtsstreit ein. Bestritten ist, ob das Ende des Rechtsstreits auch durch die sogenannte V o l l b e e n d i g u n g der G e s e l l s c h a f t eintritt (wegen des Begriffs der Vollbeendigung vgl. die Erl. zu § 131). Die Gesellschaft kann ohne Abwicklung voll beendigt werden, etwa weil die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage oder später eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbart haben, z. B. in der Weise, daß ein Gesellschafter das vorhandene Gesellschaftsvermögen mit Aktiven und Passiven und mit oder ohne das Recht zur Fortführung der Firma übernimmt und die anderen Gesellschafter in Geld abfindet. Vollbeendigung der Gesellschaft tritt auch ein, wenn die Abwicklung vollständig durchgeführt und die Gesellschaftsfirma im Handelsregister gelöscht ist; § 154. In diesen Fällen kann die Gesellschaft künftig nicht mehr u n t e r i h r e r F i r m a im Rechtsstreit, auch in einem bei Eintritt der Vollbeendigung bereits anhängigen, als Prozeßpartei auftreten. Nach der herrschenden Lehre, insbesondere nach der Rechtsprechung, auch des Reichsgerichts, nimmt aber der Rechtsstreit trotz der nach außen in die Erscheinung getretenen Vollbeendigung der Gesellschaft nicht sein Ende, denn mit Recht wird angenommen, daß durch die Vollbeendigung der Gesellschaft zwar diese selbst aus dem Rechtsverkehr ausscheidet, daß aber die Prozeßpartei bestehen bleibt. Prozeßpartei sind von Anfang an die Gesellschafter, allerdings in ihrer Zusammenfassung durch das gesellschaftliche Band. Wird dieses Band gelöst, so bleiben doch die sämtlichen Gesellschafter (oder ihre Rechtsnachfolger) bestehen. Sie bilden wie bisher sämtlich, aber nunmehr als Einzelpersonen, die Prozeßpartei. Der anhängige Prozeß geht mit dieser Änderung weiter. Nur sind als Prozeßpartei die einzelnen Gesellschafter zu bezeichnen, zur Klarstellung etwa mit dem Zusatz: „als bisherige Gesellschafter der Firma . . . " . Das Gericht hat dies bei Kenntnis der Veränderung von Amts wegen durch Berichtigung der Parteibezeichnung zu berücksichtigen; RG. 35, 388; 46, 39; 64, 75; 124,146 = J W . 1929, 1397; RG. 127, 100; 141, 277 = J W . 1933, 2451; J W . 1901, 226«; 1903, 388 w ; 1907, 3 1 3 " und 5 1 6 " ; LZ. 1914, 851»; OLG. Frankfurt in OLGR. 30, 7; OLG. Karlsruhe in BadRpr. 24, 6. Ist die Umstellung unterblieben, so sind trotzdem die einzelnen Gesellschafter als Einzelpersonen Prozeßpartei geworden. Eine neue Klage gegen oder durch die einzelnen Gesellschaften ist danach nicht erforderlich; RG. 124, 146; 127, 100. Von Jaeger, o.HG. im Zivilprozeß, S. 56ff., und anderen wird dagegen die Ansicht vertreten, daß die Parteifähigkeit der offenen Handelsgesellschaft notwendig bis zur Beendigung der anhängigen Gesellschaftsprozesse fortdauere. Diese Auffassung wird mit dem dem § 265 ZPO. zugrunde liegenden Gedanken gerechtfertigt, daß — in der Regel wenigstens — eine Partei außerstande ist, einseitig aus dem Prozeßverhältnis, also aus einer im öffentlichen Recht begründeten Gebundenheit auszuscheiden (RG. 124, 150 läßt es, da für die dortige Entscheidung unerheblich, dahingestellt, ob diese Auffassung die Stellung der physischen Personen im Rechtsstreit auf juristische Personen oder parteifähige Personenvereinigungen folgerichtig überträgt oder ob sie abzulehnen ist). Aber § 265 ZPO. kann zur Bekämpfung der ständigen Rechtsprechung der Gerichte nicht verwertet werden. Die Prozeßpartei scheidet nicht aus dem Prozeß aus; sie ändert nur ihren Charakter durch den Wegfall des die einzelnen Gesellschafter umschlingenden Bandes. Mit größerem Recht könnte gegen die Behandlung der einzelnen Gesellschafter als Prozeßpartei eingewendet werden, daß die Gesellschaft sachlich-rechtlich überhaupt noch nicht vollbeendet sei, solange noch ein Prozeß der Gesellschaft anhängig sei, weil auch anhängige Prozesse zu den laufenden Geschäften gehören, vor deren Beendigung das Gesellschaftsvermögen nicht verteilt und die Abwicklung nicht als beendet angesehen und das Erlöschen der Firma zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden können; §§ 149, 155, 157. Regelmäßig wird auch die Abwicklung noch nicht als beendet anzusehen sein, solange noch ein Rechtsstreit anhängig ist, dessen Ausgang die Verteilung des Vermögens oder die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern be-

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§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anw. 28 einflussen kann. Es besteht aber die Möglichkeit, daß die Abwickler, etwa wegen Wechsels in der Person, von dem Anhängigsein eines Rechtsstreits keine Kenntnis haben und deshalb die Abwicklung als beendet ansehen und das Erlöschen der Firma durch Anmeldung zum Handelsregister herbeiführen. In diesem Falle ist die Gesellschaft n a c h a u ß e n j e d e n f a l l s als beendet anzusehen. Diese formelle Beendigung ist auch vom Gesetz anerkannt, indem es die Anmeldung des Erlöschens der Firma anordnet, wenn die Abwicklung beendet, d. h. wenn sie n a c h pflichtgemäßer Prüfung und nach der A n s i c h t der A b w i c k l e r beendet ist; § 157. Die f o r m e l l e B e e n d i g u n g kommt auch im neuen Aktiengesetz, § 214, zum Ausdruck, nach dem der (äußerliche) Schluß der Abwicklung anzumelden und einzutragen und die Firma zu löschen ist. Die formelle Beendigung hat auch rechtliche Bedeutung. Ist sie eingetreten und durch Löschung der Firma in die äußere Erscheinung gekommen, so gilt die Gesellschaft nach außen, auch für den Prozeß als nicht mehr bestehend. Die Löschung der Firma bildet das Gegenstück zur Eintragung der Gesellschaft, mit der die Gesellschaft nach außen wirksam wird, vgl. § 123. Stellt sich nachträglich das Bedürfnis nach weiteren Abwicklungsmaßnahmen heraus, so sind diese zwar vorzunehmen; die formell erloschene Gesellschaft lebt damit aber nicht ohne weiteres als Firmengesellschaft wieder auf. Die noch ausstehenden Abwicklungsaufgaben können auch ohne Wiedereintragung der Firma vorgenommen werden. Die Wiedereintragung wird nur in Betracht kommen, wenn noch umfangreichere Abwicklungsmaßnahmen vorzunehmen sind, sich etwa großes Vermögen herausstellt und die danach erforderlichen Abwicklungshandlungen, wie der Betrieb eines Geschäfts nicht ohne den Gebrauch einer Firma möglich sind. Ist dies nicht der Fall, so können die erforderlichen Maßnahmen auch durch Zusammenwirken der früheren Gesellschafter ausgeführt werden. Dies gilt auch für die Fortführung eines noch nicht vollendeten oder für die Führung eines neuen Prozesses. Für die prozessuale Stellung der Gesellschaft wird man deshalb diese als nicht mehr vorhanden ansehen müssen, wenn die Abwickler ihre Aufgabe als beendet angesehen und deshalb die Löschung der Firma herbeigeführt haben. Ein etwa noch anhängiger oder neuer Prozeß ist dann von den einzelnen Gesellschaftern zu führen. Solange die Firma nicht gelöscht ist, muß umgekehrt die Gesellschaft noch als bestehend behandelt werden und kann unter der Firma klagen und verklagt, auch verurteilt werden. Jedenfalls kann derjenige, der gegen die noch eingetragene Firma klagt, sich auf den Schutz des § 15 berufen; RG. 127, 98 = JW. 1930, 2656. Tritt während des Laufes eines Rechtsstreits die Vollbeendigung der Gesellschaft in der Weise ein, daß ein Gesellschafter auf Grund Vertrags oder richterlichen Urteils, § 142, das Unternehmen mit Aktiven und Passiven übernimmt, so tritt der übernehmende zwar kraft Anwachsung zivilrechtlich an die Stelle der üb/igen Gesellschafter. Aber die Gesellschafter bleiben Prozeßpartei. Der Übernehmende kann nur mit Zustimmung des Prozeßgegners die alleinige Prozeßpartei werden; § 265 ZPO. Auch ein Dritter, der das Geschäft übernimmt, kann nur mit Zustimmung des Gegners Prozeßpartei werden; RG. 35, 389; 46, 42; in JW. 1915, 1471»; OLGR. 13, 141. War die Gesellschaft schon zur Zeit der Klageerhebung formell, also durch Löschung der Firma völlbeendet, so ist die unter der Firma erhobene Klage ohne weiteres abzuweisen. Die Umstellung auf die richtige Parteibezeichnung im Wege des Berichtigungsverfahrens kann auch noch nach Erlassung des Urteils durch das Prozeßgericht erfolgen. Auf die Berichtigung der Parteibezeichnung hat das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen hinzuwirken, sie auch selbst vorzunehmen; RGBeschluß v. 14. 6. 44, VII 79/44 = DR. 1944, 665. Anm. 28. Sind infolge Vollbeendigung der Gesellschaft die einzelnen Gesellschafter die Partei, so sind sie nunmehr S t r e i t g e n o s s e n ; RG. bei Bauer 15, 69; RG. 127,100. Sie sind n o t w e n d i g e Streitgenossen, wenn die Gesellschaft Klägerin war, da der Rechtsstreit allen gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann; RG. 35, 389; 46, 321; 64, 77; JW. 1901, 226»; Ritter Anm. 4m; a. A. OLG. Rostock in SeuffA. 70, 81. War die Gesellschaft Beklagte, so sind die einzelnen Gesellschafter nicht notwendige Streitgenossen, da die Haftung des einen von der des anderen verschieden sein kann, etwa weil dem einen persönliche Einreden zustehen, dem anderen nicht; vgl. § 129; RG. 46, 40; 124, 146; 127, 100; 141, 281; Ritter Anm. 4m. 206

Dritter Titel: Rechtsverhältnis des Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 29—86 Ist ein Gesellschafter Prozeßgegner der Gesellschaft, so können im Falle der Vollbeendigung der Gesellschaft nur die-übrigen Gesellschafter an ihrer Stelle die Parteirolle einnehmen. Anm. 29. Da die rechtliche Unterscheidung zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Gesellschafter weggefallen ist, muß der einzelne Gesellschafter in dem fortdauernden Prozeß, in dem er nunmehr persönlich Beklagter ist, auch seine p e r s ö n l i c h e n E i n r e d e n bei Gefahr des Verlustes vorbringen; RG. 64, 90. Er kann zur Vorbringung dieser Einreden gegen das noch gegen die Gesellschaft ergangene Urteil die zulässigen Rechtsmittel gebrauchen; RG. 124, 150. Anm. 80. Die geänderte Stellung der Gesellschafter in dem fortdauernden Prozeß hat die Folge, daß die einzelnen Gesellschafter nicht mehr n e b e n der Gesellschaft selbständige Prozeßpartei sein können, etwa weil sie als Gesamtschuldner nach § 128 mitverklagt sind. Sie sind nunmehr allein Partei, und zwar mehrere als Gesamtschuldner; zweckmäßig wird dies auch im Klagantrage zum Ausdruck gebracht. Anm. 81. Der klagende Gläubiger kann, ebenso wie wenn er von vornherein nur die einzelnen Gesellschafter nach § 128 als Gesamtschuldner verklagt hätte, den Prozeß gegen den einen Gesamtschuldner fortsetzen, gegen andere von der Weiterbetreibung absehen; RG. 34, 362; 46, 39; 64, 78; JW. 1900, 18"; 1906, 477«; 1908, 687"; KG. in OLGR. 3, 345; Ritter Anm. 3; Jonas § 62 ZPO. II 3; a. A. RG. in JW. 1902, 443»; 1903, 21». Anm. 82. Da der Rechtsstreit fortgeführt, nicht eine neue Klage erhoben wird, bleibt trotz der Vollbeendigung der Gesellschaft die örtliche Z u s t ä n d i g k e i t des Ger i c h t s u n b e r ü h r t ; RG. im Recht 1902, 78; RG. 49, 419; Schlegelberger Anm. 14; Jonas § 263 ZPO. IV. Anm. 88. Da kein Wechsel der Parteien eintritt, bleibt auch die von der Gesellschaft erteilte P r o z e ß v o l l m a c h t w i r k s a m ; § 86 ZPO.; OLG. Hamburg in OLGR. 17,182; LZ. 1908, 871. Dagegen e r l i s c h t die V e r t r e t u n g s m a c h t der v e r t r e t u n g s b e x e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r oder der Abwickler. Dies hat zur Folge, daß das Verfahren u n t e r b r o c h e n wird oder soweit die Gesellschaft durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten ist, auf Antrag auszusetzen ist; die sinngemäße Anwendung des § 239 ZPO. ist wegen der Bedeutung der Änderung für die persönliche Haftung der Gesellschafter auf Grund des künftigen Urteils (vgl. oben Anm. 29) nötig, damit alle Gesellschafter auch ihre persönlichen Einwendungen vorbringen können. In sinngemäßer Anwendung des § 86 Halbsatz 2 kann auch die Vorlage einer V o l l m a c h t der einzelnen G e s e l l s c h a f t e r verlangt werden. Anm. 84. Solange die Gesellschaft noch besteht, kann der Kläger die gegen diese erhobene Klage n i c h t auf die e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r u m s t e l l e n ; dies wäre eine Änderung der Klage, die nur unter den Voraussetzungen des § 264 ZPO. zulässig ist. Anm. 86. Nach formeller Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. oben Anm. 27), auch wenn sie während des Prozesses eintritt, kann gegen sie kein Urteil mehr ergehen, ebensowenig zu ihren Gunsten. Ein trotzdem ergangenes ist wirkungslos; KG. in OLGR. 28, 348; Schwarz § 129 Anm. 7; a. A. RG. 124, 146 = JW. 1929,1397"und 1578 (Anm.); Schlegelberger Anm. 31. Die Gegenmeinung würde zu einem unbilligen Ergebnis führen. Die einzelnen Gesellschafter, die unter Umständen gar keine Kenntnis von dem Prozeß hatten, würden dabei jedenfalls die der Gesellschaft zustehenden Einreden, und wenn man die Umstellung des Urteils auf die Gesellschafter zulassen würde, auch die persönlichen verlieren; vgl. § 129. Hat ein Dritter oder ein Gesellschafter das Geschäft mit der Firma übernommen so kann er unter der Firma klagen, solange er das Handelsgewerbe betreibt. Die etwa in der Firma enthaltene, nunmehr falsche Bezeichnung als offene Handelsgesellschaft rechtfertigt die Klagabweisung noch nicht. Die unrichtige Parteibezeichnung ist aber richtigzustellen. Ist der Kläger damit nicht einverstanden, so ist seine Klage abzuweisen; RG. 157, 369. Anm. 86. Die g e r i c h t l i c h e G e l t e n d m a c h u n g der A n s p r ü c h e der Ges e l l s c h a f t gegen die G e s e l l s c h a f t e r u n d dieser gegen die G e s e l l s c h a f t aus dem G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s , der sogenannten Sozialaraprüche ist in erster Linie Sache der Gesellschaft. Macht die Gesellschaft die Sozialansprüche geltend, so 207

§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 86 handelt es sich bei der Entschließung darüber zunächst um einen Akt der Geschäftsführung, nicht der Vertretung; so: Staudinger-Geiler § 705 BGB. Anm. 41; v. Gierke, H.R. (5) II, 47; RG. 90, 301; .TW. 1927, 1090; für Geltendmachung nur durch vertretungsberechtigte Gesellschafter: Wieland, I, 593; Ritter § 114 Anm. 2; RG. 91, 35. Man wird aber das Vorhandensein der Geschäftsführungs- und der Vertretungsbefugnis der handelnden der letzteren jedenfalls bei der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs, d. h. die bejahende Entschließung der geschäftsführenden und die Vertretung im Prozeß durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter verlangen müssen; vgl. auch § 126 Anm. 9 u. 19; ebenso: Haupt, Gesellschaftsrecht S. 30; Hueck, Der Treugedanke im Recht der o.HG., in Festschrift für Hübener S. 73 ff. Auch jeder einzelne Gesellschafter, auch der von der Geschäftsführung ausgeschlossene, kann die Ansprüche geltend machen, die der Gesellschaft aus dem Gesells c h a f t s v e r h ä l t n i s s e (nicht aus einem anderen Rechtsverhältnisse) gegen einen Gesellschafter, z. B. auf Leistung von Einlagen, von Schadensersatz wegen Verletzung der Gesellschafterpflichten, zustehen (actio pro socio). Diese Befugnis des einzelnen Gesellschafters ergibt sich aus seiner Eigenschaft als Vertragspartei des Gesellschaftsvertrags, und dem sich daraus ergebenden Anspruch auf Erfüllung des Gesellschaftsvertrages. Der einzelne Gesellschafter kann die Klage nur im eigenen N a m e n , n i c h t n a m e n s der G e s e l l s c h a f t erheben. Da es sich aber um einen Anspruch der Gesamtheit handelt, kann er nicht Leistung an sich, sondern nur an die Gesellschaft verlangen; R ß . 67, 276; 70, 32; 90, 300; 91, 34; 100,165. Er kann nicht mehr Rechte geltend machen als der Gesellschaft zustehen. Er kann nicht über den Anspruch verfügen, z. B. durch einen Verzicht. Er muß die Verfügungen gegen sich gelten lassen, die die Gesellschaft durch ihre dazu berufenen Organe in den Grenzen ihrer Zuständigkeit über den Anspruch getroffen hat. Deshalb kann er auch nicht selbst ein etwaiges W a h l r e c h t ausüben, sondern muß die Ausübung durch die zuständigen Organe der Gesellschaft abwarten. Erst wenn dies geschehen ist, kann er den gewählten Anspruch geltend machen. Das gleiche gilt von der Einziehung von Beiträgen, wenn deren Leistung nur auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses zu erfolgen hat. Der Anspruch auf Buße kann von einem einzelnen Gesellschafter nur erhoben werden, nachdem die Gesellschaft durch ihre zuständigen Organe, wenn es sich um ein außergewöhnliches Geschäft handelt, durch Gesellschafterbeschluß, § 116 Abs. 2, sich darüber schlüssig gemacht hat, ob sie Buße oder Schadensersatz verlangen will; a. A. RGSt. in JW. 1918, 233" mit Anm.; vgl. auch RGSt. 41, 378. Der einzelne Gesellschafter kann auch nicht von einem abberufenen Geschäftsführer oder Abwickler Rechnungslegung verlangen; RG.91, 34. Vielmehr hat die Gesellschaft darüber zu entscheiden, ob dieser Anspruch geltend gemacht werden soll. Die Geltendmachung eines Sozialanspruchs z. B. eines Schadenersatzanspruchs gegen einen geschäftsführenden Gesellschafter wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten durch einen einzelnen Gesellschafter kann nach Lage des Einzelfalls den Gesellschaftszweck gefährden, weil sie eine ersprießliche Zusammenarbeit der Gesellschafter erheblich beeinträchtigt und damit gegen die Gesellschaftstreue verstößt. Dann läge ein Rechtsmißbrauch vor, § 242 BGB.; v. Gierke, H. R. (5) II, 48. Der bloße Widerspruch anderer Gesellschafter, auch der geschäftsführenden genügt nicht. Der einzelne Gesellschafter hat aber für sich allein schon das Recht, die Erfüllung des Gesellschaftsvertrags zu verlangen und die sich daraus ergebenden Rechte für die Gesellschaft geltend zu machen. Die Zustimmung der Gesamtheit der Gesellschafter im Sinne des § 116 Abs. 2 ist hiernach nicht grundsätzlich erforderlich wie anscheinend RGUrt. v. 1. 4. 43, II 138/42 = DR. 1943, 868" mit Anm. annimmt. Jedenfalls kann die verweigerte Zustimmung einzelner Gesellschafter die andern nicht grundsätzlich hindern, den Anspruch, den sie für gerechtfertigt halten, zu verfolgen. Andernfalls würde dem nicht Zustimmenden das Verfügungsrecht über den Anspruch eingeräumt werden. Ein Verzicht könnte auch nicht durch die geschäftsführenden Gesellschafter erfolgen; regelmäßig würde es sich dabei um ein Geschäft handeln, das über den Rahmen der gewöhnlichen Geschäftsführung hinausgeht und deshalb gerade der Zustimmung aller Gesellschafter, auch der nicht geschäftsführenden bedarf; § 116 Abs. 2; (vgl. auch die Beschränkung des Verzichtsrechts aus Ansprüchen gegen Organmitglieder der Aktiengesellschaft; § 84 Abs. 1 Akt.Ges.). Hat der einzelne Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis einen

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 1 2 4 Anm. 37 Anspruch, z. B. auf Auszahlung seines Gewinnanteils, so kann er ihn nur gegen die Gesellschaft u n t e r ihrer F i r m a durch Klage geltend machen. Von den einzelnen Mitgesellschaftern kann er höchstens M i t w i r k u n g bei Erfüllung der Sozialverpflichtungen verlangen, wenn ohne sie die Erfüllung unmöglich ist. Die einzelnen Gesellschafter h a f t e n aber nicht mit ihrem Privatvermögen f ü r die E r f ü l l u n g der Verpflichtungen der Gesells c h a f t ; R G . 59, 143; 80, 268; 120, 135. Besteht zwischen den Gesellschaftern oder zwischen einzelnen Gesellschaftern und der Gesellschaft Streit über die den Einzelnen zustehenden Rechte oder die ihnen obliegenden Verpflichtungen, z. B. darüber, wie eine Vorschrift des Gesellschaftsvertrages über die Ausübung des Stimmrechts auszulegen ist, so ist die Gesellschaft f ü r eine Feststellungsklage über den Streitpunkt als Prozeßpartei die richtige Klägerin oder Beklagte, denn die Gesellschaft h a t ein rechtliches Interesse an der Klärung einer Streitfrage, von deren Entscheidung die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens a b h ä n g t ; R G . in SeuffA. 93 S. 283. Aber auch die Gesellschafter können u n t e r sich den Streit im Prozesse austragen, wenn die Entscheidung auch den Streit f ü r die Gesellschaft schlichtet, oder wenn es sich um eine Frage handelt, die nur die streitenden Gesellschafter berührt. Ist die Gesellschaft die richtige Prozeßpartei, so wirkt das Urteil, jedenfalls soweit es sich u m Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern handelt, auch f ü r u n d gegen die am Rechtsstreit nicht beteiligten Gesellschafter. Dies m u ß in sinngemäßer Anwendung des § 200 A k t G . angenommen werden und ergibt sich auch aus der weitgehenden Selbständigkeit der Gesellschaft. Ist einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt worden, seine Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen zu erhöhen, und behaupten die Mitgesellschafter, das Recht sei durch Nichtausübung erloschen, so kann der Fortbestand des Rechts nur durch Klage gegen die Mitgesellschafter, nicht gegen die Gesellschaft festgestellt werden, denn es handelt sich n u r u m das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander, nicht u m eine Sonderberechtigung gegenüber der Gesellschaft; diese könnte den Anspruch auch nicht erfüllen; nur die Mitgesellschafter könnten verpflichtet sein, der Erhöhung der Beteiligung zuzustimmen; R G . II 143/39 vom 13. April 1940 = R G . 163, 385. Wegen der Geltendmachung der Sozialansprüche im Konkurs der Gesellschaft vgl. § 131 Anm. 23. Sprechen sich aber alle andern Gesellschafter gegen die Geltendmachung des Anspruchs aus, weil sie das Gesamtinteresse Schwei beeinträchtigen würde, so muß auch der überstimmte Gesellschafter nach dem Grundsatz der Gesellschaftstreue sich fügen. Es wird aber der Nachprüfung im Prozeß unterliegen, ob wirklich die Verfolgung des Anspruchs den überwiegenden Belangen der Gesellschaft Nachteil bereiten werde. Anm. 37. Die Zwangsvollstreckung in dag Gesellschaftsvermögen ist nur auf Grund eines gegen die G e s e l l s c h a f t g e r i c h t e t e n v o l l s t r e c k b a r e n S c h u l d t i t e l s m ö g l i c h ; Abs. 2. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 129 Abs. 4, nach dem aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter, d. h. in ihr Privatvermögen, nicht s t a t t f i n d e t . Beide Vorschriften sind zwingend, können also nicht durch Vereinbarungen der Beteiligten geändert werden. Dies ergibt sich nicht nur aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung, sondern auch aus dem Zweck der Bestimmungen. Durch sie sollen nicht nur die Belange der Gesellschaft einerseits und der Gesellschafter andererseits, sondern auch die der Gesellschaftsgläubiger u n d der Privatgläubiger der Gesellschafter und deren Zugriffsrecht auf die ihrer Befriedigung vorbehaltenen Vermögensmassen gewahrt werden. Durch Abs. 2 wird f ü r die Zwangsvollstreckung das ausgesprochen, was auch sachlich-rechtlich gilt, daß nämlich der einzelne Gesellschafter und damit seine Gläubiger nicht über die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Gegenstände und auch nicht über die Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnisse von bestimmten Ausnahmen abgesehen, verfügen können; vgl. §§ 717, 719, 725 Abs. 2 BGB. Die Privatgläubiger eines Gesellschafters können, abgesehen von den angedeuteten Ausnahmen, den in der Beteiligung ihres Schuldners steckenden Vermögenswert nur dadurch zu ihrer Befriedigung benutzen, daß sie u n t e r den Voraussetzungen des § 135 den künftigen Auseinandersetzungsanspruch des Schuldners pfänden und sich überweisen lassen und dann die Gesellschaft kündigen. Auch ein gegen alle Gesellschafter persönlich, unter Bezeich14

H O B . Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 124 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 88 nung mit ihren Namen gerichteter Schuldtitel ist deshalb zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht ausreichend (anders bei der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft nach § 736 ZPO.); a. M. Ritter Anm. 5. Es empfiehlt sich daher, die Gesellschaft und die Gesellschafter zu verklagen. Dies kann in einer Klage geschehen. Bei der Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft hat der einzelne Gesellschafter nach dem Grundsatz der Gesellschaitstreue auf die Belange des gemeinschaftlichen Unternehmens billige Rücksicht zu nehmen; er muß bei der Vollstreckung eine Gefährdung des Unternehmens tunlichst vermeiden, unter Umständen eine Stundung gewähren, wenn sie ihm ohne Gefährdung seiner eigenen Existenz zugemutet werden kann. Dies gilt nicht nur für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis, z. B. auf Auszahlung seines Gewinnanteils, sondern auch für Ansprüche nicht gesellschaftsrechtlicher Art, z. B. solcher aus einem Kaufvertrag; RG. 169, 153. Ist das Urteil während des Bestehens der Gesellschaft, wenn auch im Zustande der Abwicklung gegen die Gesellschaft, ergangen und tritt nachträglich die V o l l b e e n d i g u n g der G e s e l l s c h a f t ein, so kann die Vollstreckungsklausel gegen die zur Zeit der Vollbeendigung der Gesellschaft vorhandenen Gesellschafter erteilt werden, da diese nach Wegfall der Gesellschaft die Rechtsträger sind. Ein Fall der Rechtsnachfolge liegt nicht vor; KG. in OLGR. 3, 345; RG. 124,150; a. M. KG. in OLGR. 14, 166; OLG. Dresden in SächsOLG. 32, 35; Schwarz Anm. 7; Ritter Anm. 4 m. Durch die Auflösung des gesellschaftlichen Bandes kann der Inhalt des vorher ergangenen Urteils nicht geändert werden. Deshalb kann auf Grund des Urteils auch künftig nur in das etwa noch vorhandene Gesellschaftsvermögen, also auch nicht in das durch Schlußverteilung in das Vermögen der einzelnen Gesellschafter übergegangene Vermögen vollstreckt werden. Zur Klarstellung kann dies in der Vollstreckungsklausel zum Ausdruck gebracht werden. Gegen eine hiernach unzulässige Zwangsvollstreckung ist Einwendung nach § 766 ZPO. zulässig. Ein Schiedsspruch, der nur gegen die Gesellschaft ergangen ist, kann nur gegen die Gesellschaft für vollstreckbar erklärt werden und nur zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen verwendet werden; OLG. Hamburg im Recht 1919 Nr. 2021. Wegen der Zwangsvollstreckung gegen denjenigen, der nach rechtskräftiger Feststellung einer Gesellschaftsschuld das Handelsgeschäft mit dem Recht zur Fortführung der Firma übernommen hat, vgl. § 17 Anm. 31. Anm. 88. Die Aufrechnung von G e s e l l s c h a f t s f o r d e r u n g e n u n d P r i v a t f o r d e r u n g e n eines G e s e l l s c h a f t e r s m i t G e s e l l s c h a f t s s c h u l d e n u n d u m g e k e h r t . Schrifttum: C o n r a d e s in ZHR. 43, 455. Nach § 719 Abs. 2 BGB., der auch für die offene Handelsgesellschaft gilt, § 105 Abs. 2, kann der Schuldner „gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen". Die Vorschriften stimmen sachlich überein mit Art. 121 ADHGB. Sie beruhen auf der auch den Vorschriften des § 124 zugrundeliegenden scharfen Trennung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter. Derjenige, der der Gesellschaft etwas schuldet, muß an diese leisten. Er kann deshalb auch zur Tilgung seiner Schuld an die Gesellschaft durch Aufrechnung nur eine Forderung verwenden, die ihm gegenüber der Gesellschaft zusteht. Nur dadurch wird der der Aufrechnung eigentümliche Ausgleich zwischen dem, der eine Leistung zu fordern hat und dem, der eine gleiche Leistung schuldet, also zwischen Gläubiger und Schuldner erreicht; vgl. § 387 BGB. Wäre die Aufrechnung mit der Schuld eines einzelnen Gesellschafters möglich, so würde dieser von seiner Schuld auf Kosten des Gesellschaftsvermögens und damit zu Lasten der Gesamtheit der Gesellschafter befreit werden. Würde er selbst die Aufrechnung erklären, so würde er damit auch eine Verfügung über das Gesellschaftsvermögen treffen, zu der er auf Grund seiner bloßen Mitgliedschaft nicht befugt ist. Auch mit seinem „Anteil" an der Gesellschaftsforderung kann er nicht aufrechnen, da darin eine nach § 719 Abs. 1 BGB. verbotene Verfügung über seinen Anteil an zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen liegen würde. Danach kann die Aufrechnung durch e i n s e i t i g e Erklärung des Schuldners gegenüber dem anderen Teile (§ 388 BGB.) nicht erfolgen, wenn die Forderung eine Gesellschaftsforderung, die Schuld eine solche eines einzelnen Gesellschafters ist oder die Forderung des Dritten sich gegen die Gesellschaft richtet, seine Gegenforderung aber gegen einen einzelnen Ge-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 124 Anm. 88

sellschafter. Dabei ist es gleichgültig, von welcher Seite die Aufrechnungserklärung abgegeben wird; ROHG. 6, 419; RG. 11,117. Der einzelne Gesellschafter kann auch nicht mit Zustimmung aller Gesellschafter eine Gesellschaftsforderung zur Aufrechnung mit einer Privatschuld gegenüber dem Gesellschaftsschuldner verwenden; ebensowenig kann die Gesellschaft eine Privatforderung eines Gesellschafters mit dessen Ermächtigung einseitig zur Aufrechnung gegen eine Gesellschaftsforderung verwenden. Die bloße E r m ä c h t i g u n g der Gesellschafter oder des einzelnen Gesellschafters würde nur das Hindernis beseitigen, das von Seiten d i e s e r der Aufrechnung entgegensteht. Dagegen braucht sich de." Gegner des Aufrechnenden die einseitige Aufrechnung mit einer fremden Forderung nicht gefallen zu lassen. Die Zustimmung des Gegners ist nur entbehrlich, wenn dem Aufrechnenden die zur Aufrechnung zu verwendende Forderung abgetreten wird; RG. 10, 47; LZ. 1907, 427; Warneyer 1917 Nr. 136; Bolze 9 Nr. 474; OLGR. 6, 25; Siber, Kompensation, S. 96ff.; Gonrades, ZHR. 43, 52; a. A. RG. 31, 81. Die Einwilligung in die Verwendung der Forderung zur Aufrechnung kann im Einzelfall als Abtretung aufgefaßt werden; RG. 78, 382. Die Abtretung kann noch im Prozeß erfolgen. Geschieht die Abtretung an die Gesellschaft durch Einbringung in die Gesellschaft als Einlage, so braucht der Dritte sie nur gegen sich gelten zu lassen, wenn er von ihrer Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen Kenntnis erlangt h a t ; § 720 BGB. Der Mangel der Kenntnis kann von Bedeutung sein, wenn der Gesellschaftsgläubiger zugleich Privatgläubiger und Schuldner des Gesellschafters ist, der seine Forderung an ihn in die Gesellschaft eingebracht hat; hat er vor Kenntnis der Abtretung gegenüber dem Gesellschafter die Aufrechnung erklärt, so ist Forderung und Schuld zwischen ihm und dem Gesellschafter erloschen; die Gesellschaftsforderung ist bestehen geblieben; vgl. Geiler bei DürHach. II Anm. 158. Auch wenn alle Gesellschafter dem Gesellschaftsschuldner für eine Forderung desselben samtverbindlich haften, aber aus einem anderen Rechtsverhältnis als in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, können weder die Gesellschafter noch der Gesellschaftsschuldner mit der Gesellschaftsschuld einseitig aufrechnen. Ebensowenig kann die Gesellschaft gegenüber einer Gesellschaftsschuld eine Forderung verwenden, die allen Gesellschaftern aus einem anderen Rechtsverhältnis als Gesamtgläubiger zusteht, wenn sie sich die Forderung der Gesellschafter nicht abtreten läßt; ROHG. 24,156; denn auch hier sind Gläubiger und Schuldner dies nicht wechselseitig; ebenso Gierke in ArchBürgR. 19, 126. Der Privatschuldner eines einzelnen Gesellschafters kann gegen diesen aufrechnen mit einer Forderung an die Gesellschaft, indem er den Gesellschafter auf Grund seiner persönlichen Haftung in Anspruch nimmt, § 128; RG. 31, 86; 41, 27. Diese Aufrechnung ist auch zulässig, wenn die Gesellschaft sich im Konkurse befindet, da der Gesellschaftskonkurs die Haftbarkeit des einzelnen Gesellschafters unberührt läßt. Auch der Gesellschafter, der für ein Gesellschaftschuld in Anspruch genommen wird, § 128, kann mit einer Privatforderung, die ihm gegen den Gesellschaftsgläubiger zusteht, aufrechnen. Er tilgt dadurch zugleich die Schuld der Gesellschaft; § 422 BGB. Er kann aber, solange der Gesellschaftsgläubiger nicht v o n i h m Zahlung der Gesellschaftsschuld verlangt, die Aufrechnung mit einer ihm gegen den Gesellschaftsgläubiger zustehenden Privatforderung nicht erklären; denn der Gesellschaftsgläubiger hat die Wahl, ob er Zahlung von der Gesellschaft oder von den einzelnen Gesellschaftern verlangen will. Der einzelne Gesellschafter kann auch nicht, sofern er nicht Geschäftsführer und Vertreter der Gesellschaft ist, die Tilgung ihrer Schulden durch Aufrechnung mit einer ihm gegen den Gesellschaftsgläubiger zustehenden Privatforderung vornehmen; denn darin liegt eine Handlung der Geschäftsführung. Erklärt der zur Vertretung der Gesellschaft berechtigte Gesellschafter die Aufrechnung mit einer ihm zustehenden Privatforderung, so ist dies wirksam, denn er ist zur Verfügung über beide Forderungen befugt; RG. im Recht 30 Nr. 793. Der Gesellschafter, der von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen wird, kann aber die Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers verweigern, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der G e s e l l s c h a f t befriedigen kann; § 129 Abs. 3; wegen Verweigerung der Leistung während des Bestehens eines Anfechtungsrechtes der Gesellschaft vgl. § 129 Abs. 2. 14'

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§ § 124, 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anra. 89, 40 Der einzelne Gesellschafter kann nicht mit seiner Privatschuld gegen einen Gesellschaftsgläubiger wegen seiner Haftung nach § 128 mit einer Privatforderung eines anderen Gesellschafters aufrechnen; anders, wenn dieser ihm seine Forderung abtritt. Im übrigen richtet sich die Aufrechnung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 387ff. B G B . ) , soweit sie i m P r o z e ß geschieht oder geltend gemacht wird, nach den prozeßrechtlichen Vorschriften (§§ 115, 329 ZPO.). Anm. 89. Die vertragsmäßige Aufrechnung ist an die für die einseitige Aufrechnung geltenden Beschränkungen nach dem Grundsatze der Vertragsfreiheit nicht gebunden; R G . 72, 377; 78, 382; Warneyer 12 Nr. 76. Alle beteiligten Gläubiger und Schuldner können danach z. B . vereinbaren, daß i m V e r h ä l t n i s unter ihnen auch eine Schuld der Gesellschaft durch eine Forderung eines einzelnen Gesellschafters getilgt sen soll und umgekehrt. Ebenso kann vereinbart werden, daß die Aufrechnung ohne Abtretung wirksam sein soll; vgl. Anm. 38. Möglich ist, auch nur einem Vertragsteil ein über das Gesetz hinausgehendes einseitiges Aufrechnungsrecht einzuräumen; R G . in J W . 1931, 3109 und 3603. F ü r die Wirksamkeit der Vereinbarung gegenüber dem Vertragsgenossen kommt es nur darauf an, ob der die Vereinbarung für die Gesellschaft Abschließende im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt h a t ; § 125. Ob er im inneren Verhältnis zu der Verfügung berechtigt war, berührt die Wirksamkeit der Vereinbarung gegenüber dem Dritten nicht, auch nicht, wenn der Dritte die Beschränkung des handelnden Gesellschafters im inneren Verhältnis gekannt hat, falls nicht ein sittenwidriges Zusammenspiel zum Nachteil der Gesellschaft vorliegt; R O H G . 9, 429; R G . 10, 4 7 ; 145, 311. Hat die Gesellschaft ohne Ermächtigung des einzelnen Gesellschafters oder ein Gesellschafter über die eines anderen verfügt, so bindet die Vereinbarung den betroffenen einzelnen Gesellschafter weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber dem, mit dem sie die Aufrechnungsvereinbarung abgeschlossen hat. Der verklagte Gesellschafter kann nicht wie der Miterbe gemäß § 2035 B G B . einreden (vgl. für das Erbrecht R G . 156, 263), daß ihm an diesem Anspruch ein seiner Beteiligung entsprechender Anteil zustehe und daß er diesen in Abzug bringen könne. Die oHG. ist in höherem Maße ein zweckgebundenes selbständiges Sondervermögen als der Nachlaß; es dient der lebenden Gesellschaft zur Erreichung des Gesellschaftszwecks; der einzelne Gesellschafter kann nicht über seinen Anteil daran verfügen. Anm. 40. A u s g l e i c h s a n s p r u c h . Ist ein Gesellschaftsgläubiger durch Aufrechnung mit einer Gesellschafterforderung befriedigt worden oder ist in anderer Weise das Gesamthandsvermögen zu Lasten des Privatvermögens eines Gesellschafters bereichert worden und umgekehrt, so findet ein Ausgleich s t a t t ; § 426 B G B . Der Gesellschafter, mit dessen Forderung die Gesellschaftsschuld getilgt wurde, kann Ersatz aus dem Gesellschaftsvermögen verlangen und umgekehrt; vgl. die Erl. zu § 110.

§

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Zur Vertretung der Gesellschaft ist jeder Gesellschafter ermächtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß alle oder mehrere Gesellschafter nur in Gemeinschaft zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen (Gesamtvertretung). Die zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten Gesellschafter. 212

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Amti. 1—8

Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß die Gesellschafter, wenn nicht mehrere zusammen handeln, nur in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen. Die Vorschriften des Abs. 2 Satz 2, 3 finden in diesem Falle entsprechende Anwendung. Der Ausschluß eines Gesellschafters von der Vertretung, die Anordnung einer Gesamtvertretung oder eine gemäß Abs. 3 Satz 1 getroffene Bestimmung sowie jede Änderung in der Vertretungsmacht eines Gesellschafters ist von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Schrifttum: B a c m e i s t e r , Ausschluß aller Gesellschafter von der Vertretung, ZHR. 55, 417; K o r m a n n , Gegensätzliches Handeln von Vertretern, bei Gruchot 57, 497. Anm. 1. § 125 stellt die gesetzliche Regel der Alleinvertretungsbefugnis aller Gesellschafter auf (Abs. 1), setzt die Ausnahmen von dieser Regel fest (Abs. 2 und 3) und schreibt die Anmeldung von der Regel abweichender Anordnungen des Gesellschaftsvertrages und jeder Änderung in der Vertretungsmacht eines Gesellschafters zum Handelsregister vor. Die Vorschriften sind an die Stelle der Art. 86 Nr. 4, Art. 115 ADHGB. getreten. Anm. 2. V e r t r e t u n g der Gesellschaft ist die zugunsten oder Lasten der Gesellschaft durch das zuständige Organ ausgeübte Betätigung gegenüber Dritten, im Gegensatz zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g , die die Betätigung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zum Gegenstande h a t ; wegen des Unterschiedes im einzelnen vgl. §114 Anm. 2. Bei den Kapitalgesellschaften sind die Befugnisse zur Vertretung und zur Geschäftsführung stets in einer Hand (des Vorstandes bei der Aktiengesellschaft, §§ 70ff. AktG., des „Geschäftsführers" bei der GmbH., §§ 35ff. GmbHG.). Bei der offenen Handelsgesellschaft gilt nur die gesetzliche Regel, daß alle Gesellschafter zur Geschäftsführung u n d zur Vertretung berufen sind; das Gesetz läßt aber eine andere Regelung zu. Es enthält demgemäß auch besondere Vorschriften über die Geschäftsführung, §§ 114ff., und über die Vertretung. Die Vorschriften stimmen aber zum Teil überein, so daß die Erläuterungen zu den erstgenannten Bestimmungen auch zur Erklärung der Bestimmungen über die Vertretung herangezogen werden können. Wenn die Vertretung sich auch auf den Verkehr der Gesellschaft nach außen bezieht, so ist sie doch immer auch ein—besonderer—Akt der Geschäftsführung, da sie für die Gesellschaft und die Gesellschafter eine rechtsgestaltende Wirkung hat. Anm. 3. Die Alleinvertretungsbefugnis als gesetzliche Regelung. Z u r V e r t r e t u n g d e r G e s e l l s c h a f t i s t j e d e r G e s e l l s c h a f t e r e r m ä c h t i g t , w e n n er n i c h t d u r c h d e n G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g v o n d e r V e r t r e t u n g a u s g e s c h l o s s e n i s t ; Abs. 1. Der hier ausgesprochene Grundatz bedeutet, daß kraft Gesetzes jeder einzelne Gesellschafter, ohne der Mitwirkung eines anderen Gesellschafters zu bedürfen und ohne durch den Widerspruch eines anderen Gesellschafters daran gehindert werden zu können, die Gesellschaft vertreten kann, d. h. durch seine Handlungen gegenüber Dritten für die Gesellschaft Rechte erwerben oder sie verpflichten kann. Dadurch unterscheidet sich die offene Handelsgesellschaft wesentlich von der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, den Kapitalgesellschaften und den eingetragenen Genossenschaften, für die die Regel gilt, daß mehrere zur Vertretung befugte Personen nur gemeinschaftlich handeln können ( G e s a m t v e r t r e t u n g s b e f u g n i s ) ; §§ 709, 714 BGB.; § 71 Abs. 2 AktG.; § 35 Abs. 2 GmbHG.; § 25 Abs. 1 GenG. Eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel gilt nur, wenn sie im Gesellschaftsvertrage, dem ursprünglichen oder einem Abänderungsvertrage unzweideutig ausgesprochen ist. Welche Ausnahmen zulässig sind, ist in den Absätzen 1 bis 3 e r s c h ö p f e n d bestimmt. Nach Abs. 1 können einzelne Gesellschafter von der Vertretung überhaupt ausgeschlossen werden. Nach Abs. 2 kann die G e s a m t v e r t r e t u n g angeordnet werden. Nach Abs. 3 kann auch die sogenannte u n e c h t e G e s a m t v e r t r e t u n g , d. h. die Ver-

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§ 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 4 tretung durch einen Gesellschafter in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vereinbart werden. Die Regel des Abs. 1 gilt auch für den Gesellschafter, der von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g ausgeschlossen ist. Da Geschäftsführung und Vertretung scharf zu trennen sind, bedeutet Ausschließung von der Geschäftsführung noch nicht Ausschließung von der Vertretung und umgekehrt. Eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags über die Ausschließung muß daher unzweudeutig ergeben, auf welche Befugnis sich die Ausschließung bezieht. Es ist aber Sache der Vertragsauslegung, ob unter Ausschließung von der „Geschäftsführung" auch die Ausschließung von der Vertretung zu verstehen ist. § 125 enthält keine dem § 114 Abs. 2 entsprechende Auslegungsregel nach der, wenn im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist, die übrigen von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Es ist daher im Einzelfall durch Vertragsauslegung zu ermitteln, ob mit der Bestellung einzelner Gesellschafter zu Vertretern die Ausschließung aller übrigen ausgesprochen ist. Der dem § 114 Abs. 2 zugrunde liegende Gedanke kann aber im Einzelfall zur Auslegung einer Vertragsbestimmung im Sinne des Ausschlusses der nicht als Vertreter Benannten verwertet werden. Werden bestimmte Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag als die „firmierenden" Gesellschafter oder als allein „zeichnungsberechtigt" bezeichnet, so liegt darin nach kaufmännischem Sprachgebrauch die Ausschließung aller übrigen von der Vertretung. Die Einräumung der „Zeichnungsbefugnis" bedeutet über ihren Wortlaut hinaus die Übertragung der Vertretungsmacht in vollem Umfange, nicht die Beschränkung auf bestimmte Rechtshandlungen, die jedenfalls nach außen unzulässig wäre; § 126 Abs. 2; KGJ. 15, 98; RG. 24, 27; 34, 56; Hueck S. 153 Anm. 9. Eine F o r m für die Ausschließung von Gesellschaftern schreibt das Gesetz nicht vor. Da die Vertretungsbefugnis aller Gesellschafter die Regel ist, ist im Zweifel der Ausschluß nicht als gewollt anzusehen ; OLG. Stuttgart in BuschA. 9, 453. Darüber, wie die Vertreter der Gesellschaft die Firma zu zeichnen haben, vgl. die Erl. zu § 108. Anm. 4. Bestritten ist, ob d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g alle Gesells c h a f t e r der o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t (bei der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien alle persönlich haftenden Gesellschafter) von d e r V e r t r e t u n g a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n k ö n n e n mit der Folge, daß die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft durch Nichtgesellschafter zu erfolgen jhat. Auch die Zulässigkeit der Ausschließung aller Gesellschafter von der Geschäftsführung durch den Gesellschaf tsvertrag ist bestritten. Die Frage muß nicht für beide Arten gesellschaftlicher Tätigkeit gleichmäßig beantwortet werden. Gegen den Ausschluß aller Gesellschafter von der Geschäftsführung bestehen keine Bedenken, da es sich dort nur um das Verhältnis der Gesellschafter untereinander handelt. Das Gesetz verweist auch für die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter in § 713 BGB. ausdrücklich auf die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664—670 BGB., die die Übertragung der Ausführung des Auftrags nur im Zweifel ausschließen, eine andere Regelung aber zulassen, § 664 BGB.; vgl. § 114 Anm. 7, 9, 10. Bei der Vertretung der Gesellschaft handelt es sich aber um den Verkehr nach außen. Der offenen Handelsgesellschaft ist die Verantwortlichkeit der Gesellschaft für das Geschäftsgebaren der Gesellschaft nach außen eigentümlich. Diese Verantwortung erschöpft sich nicht in der vermögensrechtlichen Seite, sondern erstreckt sich auch auf das Verhalten der Gesellschaft gegenüber der Allgemeinheit, gegenüber den Behörden und den Angestellten und Arbeitern. Mit dieser Stellung der Gesellschaft ist es unvereinbar, daß die o r g a n s c h a f t liche Vertretung der Gesellschaft einem Nichtgesellschafter übertragen wird. Es muß vielmehr mindestens ein eigenverantwortlicher Gesellschafter vorhanden sein, der die Gesellschaft Dritten gegenüber vertritt, der durch seine Vertreterstellung in jeder, in zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Beziehung, auch in strafrechtlicher, die Verantwortung für das Verhalten der Gesellschaft übernimmt. Die Vorschriften des HGB. über die Vertretung der Gesellschaft gehen auch durchweg davon aus, daß die Vertretung der Gesellschaft durch ihre Gesellschafter erfolgt. Auch die Regelung der (unechten) Gesamtvertretung in Abs. 3 läßt erkennen, daß das Gesetz einen Nichtgesellschafter a l l e i n nicht zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft zulassen will. Das Reichsgericht

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschalter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 6 hat zu der Frage nicht Stellung genommen. Wenn RG. 74, 298 es für zulässig hält, nicht nur einigen, sondern allen Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis durch r i c h t e r l i c h e s U r t e i l zu entziehen, so ergibt sich aus der Zulässigkeit dieser Maßnahme nocht nicht notwendig die Zulässigkeit des Ausschlusses aller Gesellschafter von A n f a n g an durch den Gesellschaftsvertrag. Die Entziehung der Befugnis während der Dauer der Gesellschaft kann wegen unvorhergesehener Umstände notwendig sein, auch wenn es sich um den letzten vertretungsberechtigten Gesellschafter handelt. Ist sie notwendig, so muß, wenn die Gesellschaft weiter bestehen soll, für Ersatz gesorgt werden; vgl. § 117 Anm. 18. Das OLG. München hat sich in seiner Entscheidung vom 14. Juli 1937, JFG. 16, 65 = HRR. 1937 Nr. 23 = Akad.Z 1937, 761 mit Anm. für die Zulässigkeit des Ausschlusses aller Gesellschafter d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g erklärt; das KG. vertritt inOLGR.42,214 denselben Standpunkt; in einer neueren Entscheidung (JW. 1939, 42428 mit Anm. = Zeitschrift für deutsche freiwillige Gerichtsbarkeit 1939, Heft 1 = HRR. 1939 Nr. 94) schließt es sich aber der hier vertretenen Auffassung an. Für Unzulässigkeit des vertragsmäßigen Ausschlusses aller Gesellschafter auch u. a.: Kohler in ArchBürgR. 40, 253; Wieland I 585; Koenige in JW. 1923, 214; Düring.-Hach. Anm. 4; Schlegelberger Anm. 11; Bacmeister in ZHR. 55, 417; Hueck S. 153; vgl. auch KGJ. 52 A 90, wo betont wird, daß eine natürliche Person wie eine Personengesellschaft sich nicht allgemein durch Vertrag des Rechts begeben kann, sich selbst zu vertreten; a. A. ZHR. 42, 322; Schwarz Anm. 2; KGJ. 10, 7; OLG. Stuttgart in HRR. 42, 527; Dresden in OLGR. 2, 516. Eine Vertragsbestimmung, nach der alle Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen sind, ist nichtig. Der Registerrichter muß die Eintragung einer Gesellschaft, deren Vertrag eine solche Bestimmung oder die Bestellung Dritter als Vertreter enthält, ablehnen, den Beteiligten vorher aber Gelegenheit zur Klarstellung oder Änderung der Bestimmung geben. Ob eine Vertragsbestimmung, nach der alle Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen sind, nur als Ausschluß von der Alleinvertretung und damit als Einführung der Gesamtvertretung nach Abs. 2 aufzufassen ist, so Wieland I 587 Anm. 7, Ritter Anm. 4, ist durch Vertragsauslegung im Einzelfall zu ermitteln. Ist anzunehmen, daß die Gesellschafter den Vertrag auch ohne die nichtige Bestimmung abgeschlossen hätten, so gilt die gesetzliche Regel des Abs. 1. Auch wenn diese Annahme nicht zutrifft, gilt die gesetzliche Regel, sobald die Gesellschaft nach außen in Vollzug gesetzt ist; denn dann kann die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages nicht mehr geltend gemacht werden. Die Gesellschaft besteht; mangels einer gültigen abweichenden Regelung kann sich die Vertretung nur nach dem Gesetz richten; § 105 Anm. 75ff.; a. A. Hueck S. 154, der bis auf weiteres, d. h. bis zu einer anderen Regelung durch Vereinbarung der Gesellschafter Gesamtvertretung als fürsorglich vereinbart ansieht. Anm. 5. Die Vertretung der Gesellschaft durch geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Gesellschafter ist nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. Sollen diese Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen werden, so muß das ebenfalls im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden. Der g e s c h ä f t s u n f ä h i g e Gesellschafter kann aber, wie er seine eigenen Rechtsangelegenheiten persönlich nicht wahrnehmen kann, persönlich die Gesellschaft nicht vertreten. Die Ausübung der Vertretungsbefugnis erfolgt dann durch die gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähigen Gesellschafters (also durch den elterlichen Gewalthaber, Vormund oder Pfleger einer natürlichen oder das gesetzliche Vertretungsorgan einer juristischen Person, z. B. den Vorstand der AG. oder Leiter eines Kommunalverbandes). Gegen Zulassung geschäftsunfähiger und in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter zur Vertretung überhaupt: Ritter Anm. 3, der aber auch die Zulassung juristischer Personen als Gesellschafter ablehnt. In der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t e Gesellschafter können die Vertretungsbefugnis ebenfalls durch ihre gesetzlichen Vertreter ausüben, nicht aber persönlich. Zwar kann ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts von seinem gesetzlichen Vertreter zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes ermächtigt werden, aber nur für solche Geschäfte, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt; ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf; § 112 BGB.

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§ 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6 Nach § 165 BGB. wird auch die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Aber die in § 112 BGB. vorgesehene Ermächtigung eines beschränkt Geschäftsfähigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts paßt nur für den Betrieb eines dem beschränkt Geschäftsfähigen allein gehörenden Geschäfts. Der entsprechenden Anwendung des § 112 auf die Vertretung einer Gesellschaft, der der beschränkt Geschäftsfähige angehört, würde zwar unter dem Gesichtspunkte des § 165 BGB. nicht entgegenstehen, daß der für die Gesellschaft Handelnde durch seine Handlungen auch sein Privatvermögen belasten würde, denn diese Folge tritt auch ein, wenn er allein ein Erwerbsgeschäft mit Ermächtigung seines gesetzlichen Vertreters betreibt. Ließe man ihn aber zur persönlichen Vertretung der Gesellschaft zu, so würde eine Verteilung der Vertretungsbefugnis eintreten. Für gewöhnliche Geschäfte könnte der beschränkt Geschäftsfähige die Gesellschaft vertreten; bei anderen, nämlich solchen, zu denen auch der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf, müßte der gesetzliche Vertreter die Vertretungshandlungen vornehmen, darin würde eine sachliche Beschränkung der Vertretungsbefugnis einerseits des beschränkt Geschäftsfähigen, andererseits des gesetzlichen Vertreters liegen, die jedenfalls dem Sinne des § 126 Abs. 2 widerspricht und im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsverkehrs nicht möglich ist. Aus der Einschränkung der Geschäftsfähigkeit des nur beschränkt Geschäftsfähigen auf Geschäfte, zu deren Wirksamkeit die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht erforderlich ist, ergibt sich auch die Unzulässigkeit der Anwendung der Bestimmungen auf die Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft, denn die Verfügung über das Gesellschaftsvermögen unterliegt auch bei Beteiligung geschäftsunfähiger oder geschäftsbeschränkter Personen nicht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts; vgl. Anm. 6. Für die A u s ü b u n g der Vertretungsbefugnis kommen daher nur natürliche Personen in Betracht, die selbst unbeschränkt geschäftsfähig sind und die der Gesellschaft für ihre Handlungen voll verantwortlich sind. Auch für die Aktiengesellschaft wird heute im Gegensatz zu der früheren Auffassung die Führung der Vorstandsgeschäfte durch einen nur beschränkt Geschäftsfähigen als unvereinbar mit den Aufgaben eines Unternehmensleiters angesehen; vgl. Schmidt im GroßkommAktG. §75 Anm. 5; Schlegelberger-Quassowski, AktG. § 75 Anm. 4. Für Zulassung der Vertretungsausübung durch einen beschränkt Geschäftsfähigen: Brand § 125 Anm. l b c c ; Wieland I 597; vgl. auch Kohler in ArchBürgR. 40, 251. Gegen die Z u l ä s s i g k e i t d e r V e r t r e t u n g d e r Ges e l l s c h a f t d u r c h d i e g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r g e s c h ä f t s u n f ä h i g e r o d e r in d e r G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t e r P e r s o n e n bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Ausübung der Befugnisse erfolgt stets durch natürliche Personen, die die Belange der Gesellschaft ebenso gut vertreten können, wie die sonstigen Interessen der von ihnen Vertretenen, und wie ein vollkommen geschäftsfähiger Gesellschafter, der eine natürliche Person ist. Durch die Zubilligung des Vertretungsrechts an die gesetzlichen Vertreter eines Gesellschafters entsteht auch keine Unklarheit über die Person des Vertretungsberechtigten. Aus dem Handelsregister ergibt sich, wer Gesellschafter ist. Zur Klarstellung, ob ein Gesellschafter geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, ist das Handelsregister nicht bestimmt. Nur Abweichungen von der gesetzlichen Regel des Abs. 1 sind einzutragen. Ist nach der Eintragung ins Handelsregister eine juristische Person Gesellschafter, so kann ein Dritter, mit dem jemand als Vertreter dieses Gesellschafters namens der offenen Handelsgesellschaft verhandelt, sich aus dem Handelsregister für die juristische Person über die Vertretereigenschaft des Handelnden vergewissern; vgl. § 73 Abs. 1 AktG. Anm. 6. Die gesetzlichen Vertreter eines Gesellschafters unterliegen bei Ausübung der Vertretungsbefugnis wie auch der Geschäftsführungsbefugnis n i c h t d e n B e s c h r ä n k u n g e n , die f ü r sie b e i d e r V e r f ü g u n g ü b e r d a s P r i v a t v e r m ö g e n d e s g e s c h ä f t s u n f ä h i g e n o d e r in d e r G e s c h ä f t i g k e i t b e s c h r ä n k t e n g e l t e n . Danach bedarf z. B. die Verfügung über Grundstücke der Gesellschaft nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung; es besteht auch für das in der offenen Handelsgesellschaft festgelegte Vermögen nicht die Verpflichtung zur Verzeichnung des Vermögens und Einreichung des Verzeichnisses beim Vormundschaftsgericht nach § 1802 BGB. Für das

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis des Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 7 Gesellschaftsvermögen gilt auch bei Beteiligung Minderjähriger nicht das Verbot von Schenkungen aus dem Vermögen des Minderjährigen; §§ 164t, 1804 BGB.; RG. 125, 380; ebenso ist die für Verfügungen über das Vermögen einer öffentlichen Körperschaft etwa vorgeschriebene Staatsgenehmigung nicht erforderlich. Nimmt der gesetzliche Vertreter eines Gesellschafters Vertretungsverhandlungen für die Gesellschaft vor, so handelt er als Vertreter d e r G e s e l l s c h a f t . Die Gesellschaft selbst steht nicht unter Vormundschaft oder unter der Aufsicht der für die Gesellschafterin als öffentliche Gesellschaft bestehenden Aufsichtsbehörde, soweit nicht durch besondere Gesetze etwas anderes bestimmt wird. Soweit die Verwaltungsrechte, insbesondere die Vertretungsbefugnis, von dem E h e m a n n einer Gesellschafterin oder dem ü b e r l e b e n d e n E h e g a t t e n in einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ausgeübt werden, gelten für die Verfügung über das Gesellschaftsvermögen durch den Vertretungsberechtigten nicht die besonderen Beschränkungen, die sich sonst aus dem ehelichen Güterrecht ergeben; die diese enthaltenden Vorschriften treten hinter den besonderen Vorschriften über die Vertretung der offenen Handelsgesellschaft zurück; RG. in LZ. 30, 1458 1 ; BayObLG. in DJZ. 1902, 179; Schlegelberger Anm. 4. Die erwähnten Beschränkungen bestehen auch nicht, soweit durch die Handlungen des gesetzlichen Vertreters für die offene Handelsgesellschaft zugleich das Privatvermögen des Gesellschafters nach Vorschrift des § 128 belastet wird. Diese Belastung ist die Folge der Beteiligung an der Gesellschaft. Sie tritt auch ein, wenn ein anderer namens der Gesellschaft handelt. Will der gesetzliche Vertreter darüber hinaus das Privatvermögen des Gesellschafters belasten, etwa durch Übernahme einer Bürgschaft, Bestellung einer Hypothek auf ein Privatgrundstück des Gesellschafters, so ist die Einhaltung der für die Verfügung über das Privatvermögen gegebenen Vorschriften (z. B. durch Einholung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts) erforderlich. Ergibt sich bei der Vertretung der Gesellschaft durch den gesetzlichen Vertreter eines Gesellschafters ein Interessenwiderstreit, so kann der gesetzliche Vertreter nicht die Gesellschaft und den nicht oder nicht vollgeschäftsfähigen Gesellschafter zugleich vertreten; vgl. §§ 181, 1630, 1795 BGB. Anm. 7. Die r e c h t l i c h e N a t u r d e r V e r t r e t u n g s b e f u g n i s i s t b e s t r i t t e n . Sie wird zum Teil als Vollmachtsverhältnis, zum Teil als „gesetzliche Vertretung" wie die eines nicht oder nicht voll Geschäftsfähigen, zum Teil auch als eine besondere auf dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag beruhende Ermächtigung angesehen. Unter den Begriff der Vollmacht kann sie wohl insofern fallen, als sie auf dem Gesellschaftsvertrag beruht; dem stünde auch nicht entgegen, daß das Gesetz bestimmt, wer in d e r R e g e l die Vertretungsbefugnis ausübt; denn das Gesetz läßt den Gesellschaftern weitgehend die Befugnis, die Vertretung abweichend von der gesetzlichen Regel zu ordnen. Insofern enthält die gesetzliche Regel nur eine Normativbestimmung, eine Ausfüllung des Gesellschaftsvertrages für den Fall, daß die Gesellschafter die Vertretungsbefugnis nicht ausdrücklich geregelt haben. Der Annahme einer Vollmacht würde auch nicht entgegenstehen, daß der vertretungsberechtigte Gesellschafter nicht allein die anderen Gesellschafter vertritt, sondern auch f ü r sich handelt und insofern nicht Bevollmächtigter sein kann; so DürHach. § 125 Anm. 2; Schlegelberger Anm. 2; vgl. auch RG. 74, 300. Es ist immer zu beachten, daß es sich um ein gesamthänderisch gebundenes, weitgehend selbständiges Zweckvermögen handelt, dessen Träger nicht der einzelne Gesellschafter, sondern alle Gesellschafter nur in ihrer Zusammenfassung sind und daß der einzelne Gesellschafter kein selbständiges Verfügungsrecht hat, daß es ihm also — für das Gemeinschaftsvermögen — von der Gesamtheit erst übertragen werden muß, was schon bei Entstehung der Gesellschaft durch den Gesellschaftsvertrag geschieht. Nur aus der weitgehenden Selbständigkeit der Gesellschaft erklärt es sich auch, daß der einzelne Gesellschafter von der Vertretung oder der Geschäftsführung ganz ausgeschlossen werden kann. Ist dies aber möglich, so könnte auch die Übertragung der Vertretungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag als Vollmacht aufgefaßt werden. Ein bloßes Vollmachtsverhältnis liegt aber doch deshalb nicht vor, weil die Gesellschafter bei Ordnung der Vertretungsmacht nicht völlig frei, sondern an gewisse Schranke gebunden sind. Der Annahme einer gesetzlichen Vertretung (so W i e l a n d I 584, K o r m a n n bei Gruchot 57, 504ff.)

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§125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8, 9 würde nicht entgegenstehen, daß die e i n z e l n e n Gesellschafter nicht handlungsunfähig sind. In ihrer Zusammenfassung zur Gesellschaft sind sie nicht handlungsfähig. Da aber das Bedürfnis zum Handeln nach dem Zweck der Handelsgesellschaft besteht, verleiht ihr das Gesetz eine beschränkte Parteifähigkeit (§124) und die dazu erforderliche Vertretung. Es läßt sich daher durchaus von einer gesetzlichen Vertretung im Sinne einer vom Gesetz zwingend vorgeschriebenen Vertretung sprechen, wenn sie auch ihrem Zwecke entsprechend anders gestaltet ist als z. B. die gesetzliche Vertretung der geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten natürlichen oder der juristischen Personen. In dem für den Vergleich allein in Betracht kommenden Punkt, daß ein selbst nicht handlungsfähiges Gebilde kraft Gesetzes in bestimmter Weise vertreten werden muß, besteht jedenfalls Übereinstimmung. In den Einzelfragen wird es nicht darauf ankommen, ob man von einer gesetzlichen Vertretung im gesetzestechnischen Sinne des BGB. oder von einer auf einem besonderen Gesetz (dem HGB.) und Vertrag beruhenden Ermächtigung spricht oder ob man die Gesellschafter die „geborenen" Vertreter der Gesellschaft nennt. Natürlich sind nicht alle Bestimmungen anzuwenden, die für bestimmte Arten von gesetzlichen Vertretungen, z. B. die Vormundschaft, gelten. Der Inhalt des Vertretungsrechts ist vielmehr aus seinem Zwecke heraus zu ermitteln. Wegen der verschiedenen Ansichten über die rechtliche Einordnung der Vertretungsbefugnis vgl. DürHach. § 125 Anm. 2; Ritter § 124 Anm. 4a; Schlegelberger Anm. 2; Wieland 1 584; Brodmann in EhrenbergHandb. IV 2, 213; Hueck S. 151; RG. 2, 32; 10, 302; 15, 131; 74, 300. Anm. 8. Die Vorschriften über die Vertretung der Gesellschaft dienen nicht allein dem Interesse der Gesellschafter an einer ordnungsmäßigen Führung der Geschäfte, sondern insbesondere auch dem Schutze Dritter, die mit der Gesellschaft als einem nach außen selbständigen Rechtsgebilde in Verkehr treten. Die Bestimmungen sind danach zwingend, soweit sie dem letzteren Zwecke dienen. Nur soweit dieser auch in anderer Weise erreichbar ist, läßt das Gesetz der Gesellschaftsautonomie freien Raum, die Vertretung im Gesellschaftsvertrag (oder einem Nachtrag) zu ordnen. Zwingend ist darnach jedenfalls, daß eine Vertretung der Gesellschaft bestehen muß. Anm. 9. Die Gcsamtvertretunsr. Im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e k a n n b e s t i m m t w e r d e n , d a ß alle G e s e l l s c h a f t e r oder m e h r e r e G e s e l l s c h a f t e r n u r in Gem e i n s c h a f t zur V e r t r e t u n g der G e s e l l s c h a f t e r m ä c h t i g t sein sollen (Ges a m t v e r t r e t u n g ) ; Abs. 2 Satz 1. Die Gesamtvertretung kann, auch wenn ein Teil der Gesellschafter von der Vertretung überhaupt ausgeschlossen ist oder wenn einem oder mehreren von ihnen Einzelvertretungsbefugnis zusteht, für die übrigen angeordnet werden. Es kann auch vereinbart werden, daß bestimmte Personen nur miteinander, nicht aber mit anderen vertretungsberechtigt sind. Zulässig ist es auch, einem Gesellschafter die Gesamtvertretungsbf fugáis nur zusammen mit e'nem bestimmten anderen, der für sich Einzelvertretungsbefugnis hat, zu erteilen. Der zweite bedarf dann der Mitwirkung des ersten nicht. Die Vertretungsbefugnis des ersten ist dann zwar von geringem Wert. Sie hat mehr die Bedeutung einer Ehrenstellung. Aber der Berechtigte kann doch, da er zu den zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschaftern gehört, von diesen nach Abs. 2 Satz 2 zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder Arten von Geschäften ermächtigt werden. Auch genügt zur Abgabe einer Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft die Abgabe gegenüber ihm; Abs. 2 Satz 3; RG. 90, 21; JW. 1917, 601" mit Anm.; KG. in OLGR. 27, 378; OLG. Hamburg in LZ. 1907, 927; Wieland I 594 Anm. 40; Schlegelberger Anm. 12; KG. in DJZ. 1906, 1263. Er kann auch als Parteivertreter vernommen und beeidigt werden; vgl. §124. Die Eintragung im Handelsregister muß erkennen lassen, daß der eine Gesellschafter nur Gesamt-, der andere Einzelvertretungsbefugnis hat. Auch wenn nach dem Gesellschaftsvertrag ein Prokurist als Einzelprokurist zu bestellen ist, kann vereinbart werden, daß die Gesellschafter oder ein Teil von ihnen nur gesamtvertretungsberechtigt ist. Dies ist ebenso möglich, wie nachträglich von den Gesamtvertretern ein Einzelprokurist bestellt werden kann. Die Anordnung der Gesamt Vertretung enthält nicht eine Beschränkung der Vertretungsmacht ihrem Inhalte nach. Es handelt sich ähnlich wie bei der Gesamtprokura um eine Vertretungsbefugnis, die aber mehreren Gesellschaftern gemeinsam zusteht; vgl. § 48 Anm. 12ff.; RG. 74, 300; in JW. 1898, 482. Die Gesamtvertretung kann nur

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 10 in der Weise angeordnet werden, daß die Gesamtvertreter zu allen Rechtshandlungen ermächtigt sind, zu denen auch ein Alleinvertreter befugt ist. Es kann nicht bestimmt werden, daß für einzelne Geschäfte Alleinvertretung, für andere Gesamtvertretung besteht. Solche Einschränkungen können nur für das innere Verhältnis wirksam vereinbart werden; OLG. Königsberg in WuR. 1930, 276. Die Gesamtvertretungsbefugnis kann durch Änderung des Gesellschaftsvertrags aufgehoben oder geändert werden. Die Änderung kann auch durch schlüssige Handlungen erfolgen, z. B. durch Duldung des ständigen Auftretens als Alleinvertreter. Da alle Gesellschafter die Änderung des Gesellschaftsvertrages beschließen müssen, ist Kenntnis und entsprechendes Verhalten aller Gesellschafter erforderlich; RG. 5, 10; in LZ. 10, 618®; in JW. 1918, 504*. Ist die Änderung eingetreten, so ist sie nach Abs. 4 durch Anmeldung der Eintragung zum Handelsregister offenkundig zu machen. Auf eine Beschränkung der Alleinvertretung durch Umwandlung in eine Gesamtvertretung könnte sich die Gesellschaft Dritten gegenüber nicht berufen, wenn die Eintragung der Änderung nicht erfolgt ist; vgl. auch Anm. 20. Anm. 10. Sondervollmacht für einzelne Gesamtvertreter. Die zur Gesamtv e r t r e t u n g b e r e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r k ö n n e n einzelne von i h n e n zur V o r n a h m e b e s t i m m t e r G e s c h ä f t e oder b e s t i m m t e r A r t e n von G e s c h ä f ten e r m ä c h t i g e n ; Abs. 2 Satz 2. Die Vorschrift stellt klar, daß bei der Erteilung der Ermächtigung auch diejenigen Gesamtvertreter mitwirken dürfen, denen die Ermächtigung erteilt werden soll. Dadurch werden Zweifel ausgeschlossen, die sich aus § 181 BGB. ergeben können, nach dem ein Vertreter, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, mit sich in eigenem Namen ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen kann. Für die Erteilung der Sondervollmacht bestimmt Abs. 2 Satz 2 ein „anderes"; RG.80, 180; 81, 325; 101, 342; 106, 268 = JW. 1927,1089; RG. 118,168; JW. 1927,167. Das Wesen der Bestimmung liegt nicht in dem Ausspruch, daß die Gesamtvertreter überhaupt eine Vollmacht zur Vornahme von Geschäften der Gesellschaft erteilen können; denn zur Erteilung einer Vollmacht für die Gesellschaft sind sie schon auf Grund ihrer Vertretungsmacht befugt. Der wesentliche Inhalt der Bestimmung liegt vielmehr darin, daß sie die Befugnis zur Bevollmächtigung einschränkt. Die Gesamtvertreter können einen von i h n e n nicht wie einen Dritten unbeschränkt, sondern nur zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschalten ermächtigen. Einem einzelnen von mehreren Gesamtvertretern soll, wenn der Gesellschaftsvertrag allgemein oder für einen Teil der Gesellschafter die Gesamtvertretung anordnet, nicht durch unbeschränkte Vollmachtserteilung an die Mitgesamtvertreter im wesentlichen, wenn auch nicht vollständig, eine Macht eingeräumt werden, die nur dem alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter zukommt. Die beschränkte Befugnis wird den Gesamtvertretern aber eingeräumt, um den Erschwerungen der Geschäftsführung vorzubeugen, die mit der Gesamtvertretung verbunden sein können. Aus diesem Zweck der Vorschrift ergibt sich ihre Auslegung. Danach kann die Ermächtigung nur erteilt werden, wenn und soweit dies im Interesse der Gesellschaft liegt, nicht im Interesse des einzelnen Gesamt Vertreters. Dem einzelnen Gesamtvertreter kann nicht, eine a l l g e m e i n e H a n d l u n g s v o l l m a c h t oder G e n r a l v o l l m a c h t erteilt werden; RG. 48, 56; in JW. 1912, 526»; KGJ. 20 A 74; OLG. Karlsruhe im Recht 1905 Nr. 1629. Die Ermächtigung zu bestimmten Arten von Geschäften darf auch nicht einen derartigen Umfang annehmen, daß sie tatsächlich auf eine allgemeine Ermächtigung hinauskommt. Zulässig ist z. B. die Erteilung der Ermächtigung für die Geschäfte einer Zweigniederlassung, zur Vornahme aller Börsengeschäfte, zur Quittungserteilung, zum Verkehr mit der Post (Postvollmacht); D. 98; RG. 24, 28. Abs. 2 Satz 2 stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 126 Abs. 1 über die sachliche Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht dar und ist deshalb der Ausdehnung auf andere Fälle nicht zugänglich. Ihrer r e c h t l i c h e n N a t u r nach ist die Ermächtigung nach Abs. 2 Satz 2 eine Handlungsvollmacht im Sinne des § 54; RG. 48, 56; 80, 180; in JW. 1900, 663'8; KG. in OLGR. 27, 375; RAG. in HRR. 1929 Nr. 1924; vgl. auch § 127 Anm. 2. Es läßt sich aber auch die Meinung vertreten, daß es sich um eine Erweiterung der Gesamtvertretungsbefugnis in eine Einzelvertretungsbefugnis in beschränktem Umfange handelt. Der Er219

§ 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 11, 12 mächtigte würde dann als Organ, nicht als Bevollmächtigter der Gesellschaft handeln; vgl. Brodmann, Aktienrecht, § 232 HGB. Anm. 4b. Die Ermächtigung kann nur mit Zustimmung aller Gesamtvertreter, die zusammen handeln müssen, an einen von ihnen verteilt werden. Sie kann auch durch schlüssige Handlungen (Dulden der übrigen) geschehen; RG. in l.Z. 1930, 1238; vgl. auch oben Anm. 9. Zur Wirksamkeit der Ermächtigung genügt es, daß die übrigen Gesamtvertreter dem Ermächtigten ihre Zustimmung erklären und er die Ermächtigung annimmt. Die Erklärung muß also nicht dem Dritten gegenüber erfolgen oder für ihn erkennbar sein. Sie kann aber auch dem Dritten gegenüber wirksam erfolgen; RG. 81, 325; 101, 343; 118, 170. Die Ermächtigung kann auch durch eine an eine unbestimmte Personenmehrheit gerichtete Erklärung (öffentliche Bekanntmachung) erfolgen. In allen Fällen kann die Erklärung formlos geschehen. Es findet aber § 174 BGB. Anwendung; ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere aus diesem Grunde das Rechtsgeschäft unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber (also die Gesellschaft in vertretungsberechtigter Zahl von Gesellschaftern) den anderen von der Ermächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Während ein Dritter zur A n n a h m e einer E r m ä c h t i g u n g nur auf Grund eines besonderen Rechstverhältnisses, z. B. eines Geschäftsbesorgungsvertrages, verpflichtet ist, besteht diese Verpflichtung für den Gesamtvertreter schon auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft; RG. 116, 116 = JW. 1927, 1089. Der W i d e r r u f der E r m ä c h t i g u n g ist wie der einer Handlungsvollmacht oder Prokura zulässig. Er hat zu erfolgen, wenn es die Belange der Gesellschaft erfordern. Der Widerruf kann durch die übrigen gesamtvertretenden Gesellschafter geschehen; § 168 Satz 1, § 671 Abs. 1 BGB.; Heymann-Kötter Anm. 4. Der ermächtigte Gesellschafter kann dabei nicht mitstimmen, da ihm das Stimmrecht nur für die Erteilung der Ermächtigung eingeräumt ist (vgl. oben) und beim Widerruf der Interessengegensatz regelmäßig vorhanden ist. Sind nur zwei Gesellschafter gesamtvertretungsberechtigt, so ist der andere zum Widerruf, vorbehaltlich der Nachprüfung der sachlichen Berechtigung desselben durch den Richter, ermächtigt. Hält man dies für unzulässig, so kann die Entziehung in sinngemäßer Anwendung des § 127 HGB. durch gerichtliche Entscheidung erfolgen. Bei der Erteilung der Ermächtigung kann auch der Widerruf durch einen oder mehrere Gesamtvertreter vorbehalten werden. Ist die E r m ä c h t i g u n g d u r c h E r k l ä r u n g g e g e n ü b e r einem D r i t t e n erteilt oder ist sie einem Dritten besonders mitgeteilt worden, so bleibt sie diesem gegenüber wirksam, bis ihm das Erlöschen angezeigt wird; § 170 BGB.; RG. in JW. 1915, 998". Ist sie öffentlich bekannt gemacht worden, so muß sie auf demselben Wege widerrufen werden, soweit nicht der einzelne auf anderem Wege von dem Widerruf Kenntnis erhalten hat. Anm. 11. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter — Einzelvertreter wie Gesamtvertreter — können nicht einem Dritten ihre gesamte V e r t r e t u n g s m a c h t ü b e r t r a g e n , auch nicht mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter, denn dieses Recht ist untrennbar mit der Mitgliedschaft verbunden; RG. 2, 34; 86, 265 (für GmbH.); im Recht 1928 Nr. 2276; RG. bei Bauer 19, 242; Schlegelberger Anm. 19; vgl. auch Anm. 4. Der einzelne Gesellschafter kann sich bei einzelnen Geschäften in der Ausübung der Vertretung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, wenn dies die Belange der Gesellschaft gebieten, z. B. bei Krankheit oder sonstiger Behinderung. Die Vollmacht darf aber nicht soweit gehen, daß tatsächlich ein Gesellschaftsfremder den maßgebenden Einfluß auf die Vertretung hat; Schlegelberger Anm. 19; Wieland I 597; Brodmann Anm. 3 zu § 36 GmbHG. Jedenfalls muß die einem Dritten erteilte Vollmacht jederzeit widerruflich sein, damit der Vertretungsberechtigte selbst stets sofort die Vertretungsbefugnis persönlich ausüben kann. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter können einem D r i t t e n eine G e n e r a l v o l l m a c h t f ü r die G e s e l l s c h a f t erteilen; RG. in JW. 1923, 121». Anm. 12. Einem von der V e r t r e t u n g a u s g e s c h l o s s e n e n Gesellschafter kann wohl Vollmacht für einzelne Geschäfte oder einzelne Arten von Geschäften, nicht 220

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 13—16 aber Generalvollmacht erteilt werden, da dies dem Vertragswillen der Gesellschafter widersprechen würde. Bestritten ist, ob einem von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter oder einem von mehreren gesamtvertretungsberechtigten Gesellschaftern P r o k u r a erteilt werden kann. Gegen ihre Zulässigkeit spricht nicht, daß der Prokurist eine vom Geschäftsinhaber verschiedene Person sein müsse, denn der einzelne Gesellschafter ist nicht Prinzipal, sondern nur die Gesamtheit aller Gesellschafter in ihrer Zusammenfassung. Eine Verwechslung mit einem Vertreter nach Abs. 1 tritt auch nicht ein, wenn der als Prokurist bestellte Gesellschafter, wozu er verpflichtet ist (vgl. § 51), bei seinem Auftreten sich als Prokurist zu erkennen gibt. Danach ist die Bestellung eines Gesellschafters, der nicht Alleinvertreter ist, zum Prokuristen zulässig; ebenso Ritter Anm. 4; Schwarz Anm. 1; Schlegelberger Anm. 10; Wieland I 568 Anm. 29; Glienicke ZHR. 36, 353; DürHach. Anm. 5; vgl. auch KGJ. 48, 128. Anm. 13. Die passive Vertretung der Gesellschaft. I s t der G e s e l l s c h a f t g e g e n ü b e r eine W i l l e n s e r k l ä r u n g a b z u g e b e n , so g e n ü g t die A b g a b e g e g e n ü b e r einem der zur M i t w i r k u n g bei der V e r t r e t u n g b e f u g t e n G e s e l l s c h a f t e r ; Abs. 2 Satz 3. Die Vorschrift befindet sich unter den Bestimmungen über die Gesamtvertretung. Sie hat nur für diese Bedeutung, denn bei der Einzelvertretung ergibt sich die Befugnis jedes vertretungsberechtigten Gesellschafters zur Entgegennahme empfangsbedürftiger Willenserklärungen von selbst. Die Ausdehnung der passiven Einzelvertretungsmacht auf jeden einzelnen Gesamtvertreter dient der Erleichterung des Verkehrs und dem Schutze Dritter, die mit der Gesellschaft in Verkehr treten. Die Vorschrift ist deshalb zwingend und der Änderung durch den Gesellschaftsvertrag nicht zugänglich, ebenso wie die entsprechenden Vorschriften für den Verein; § 28 Abs. 2, § 40 BGB. In Betracht kommen insbesondere: Entgegennahme von Vertragsangeboten, Kündigungen, Mängelanzeigen, Anfechtungserklärungen, Erhebung von Wechsel- und Scheckprotesten; RG. 53, 231. Nach dem Zweck der Vorschrift gilt sie aber nicht nur für Willenserklärungen im Sinne r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e r Erklärungen, sondern auch für Äußerungen und Mitteilungen tatsächlicher Art (wegen der Vertretung „im Wissen" vgl. Anm. 15). Um die Abgabe einer Willenserklärung g e g e n ü b e r der Gesellschaft handelt es sich nicht, wenn statt eines gegen die Gesellschaft gerichteten Protestes die Gesellschaft als Bezogene eine schriftlich datierte Erklärung auf dem Scheck über dessen Vorlegung nach Art. 40 Nr. 2 des Scheckgesetzes vom 14. August 1933 abgibt; denn hier handelt es sich um eine von der Gesellschaft abgegebene Erklärung, die bei Gesamtvertretung nur von der für die Vertretung erforderlichen Zahl von Vertretern wirksam abgegeben werden kann; RG. 100, 138. Die passive Vertretungsbefugnis jedes einzelnen Gesamtvertreters gilt auch für Zustellungen und Ladungen im Prozesse, vgl. § 171 Abs. 3 ZPO. Nicht nötig ist, daß die von dritter Seite abgegebenen Erklärungen an die Anschrift des einzelnen Gesellschafters gerichtet sind. Sind sie an die Gesellschaft gerichtet und einem alleinoder gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafter zugegangen, so sind sie der Gesellschaft zugegangen, auch wenn dieser sie nicht weitergibt und die Mitvertreter davon keine Kenntnis erlangt haben; erfolgt darauf keine Antwort, so gilt dies als Schweigen der Gesellschaft; RG. in JW. 1927, 675«; 1928, 1075». Anm. 14. Der einzelne Gesamtvertreter kann ebenso wie ein Nichtgesellschafter oder ein von der Vertretung ausgeschlossener Gesellschafter auf Grund besonderer Bestimmungen zur Einzelvertretung als ermächtigt gelten, so nach § 56 HGB., wenn er im Laden oder in einem offenen Warenlager der Gesellschaft tätig ist, zu Verkäufen und Empfangnahme (Zahlungen), die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich sind; auf ein förmliches Anstellungsverhältnis kommt es bei der gebotenen weiten Auslegung des § 56 nicht an; vgl. § 56 Anm. 1. Als Überbringer einer Quittung gilt auch der nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter zum Empfang der Leistung als ermächtigt, sofern nicht die den Leistenden bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen; § 370 BGB. Anm. 15. Vertretung der Gesellschaft im Wissen. Soweit es auf das Wissen oder Nichtwissen einer Tatsache ankommt, genügt die Kenntnis auch nur eines Vertreters, auch eine Gesamtvertreters (§ 166 Abs. 1 BGB.), z. B. dann, wenn eine Anfechtung eines Rechtsgeschäfts durch die Gesellschaft wegen Irrtums in Frage kommt oder sonst die

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§ 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16 Ungültigkeit des Geschäfts auf einen Willensmangel gestützt wird oder wenn der Gesellschaft Unredlichkeit oder betrügerisches Verhalten beim Vertragsschluß oder der Vertragserfüllung zur Last gelegt wild; RG. 78, 354; 90, 21; HO, 146; 129, 49; in JW. 99, 46; 60, 624"; 1928, 1075s; LZ. 1915, 290"; im Recht 1925 Nr. 991; OLGR. 24, 144. Auch die Kenntnis eines tatsächlich nach außen nicht auftretenden Gesamtvertreters gilt als Kenntnis der Gesellschaft; RG. 53, 230; 57, 93; 59, 408; 81, 433; in JW. 1914, 399; 1932,165. Vorausgesetzt ist dabei, daß das Geschäft mit Kenntnis des betreffenden Gesellschafters und insofern unter seiner Duldung und Mitwirkung abgeschlossen worden ist. Hat ein Alleinvertreter abgeschlossen, der von einem bestimmten Sachverhalt keine Kenntnis hatte, so kann nicht aus der Kenntnis eines anderen am Geschäft völlig unbeteiligten Vertreters arglistiges Verhalten der Gesellschaft beim Vertragsschluß abgeleitet werden. Unter Umständen kann es aber gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Gesellschaft an einem so zustandegekommenen Rechtsgeschäft festhält. § 166 Abs. 2 BGB., nach dem sich der Vollmachtgeber, wenn sein Vertreter nach seinen Weisungen gehandelt hat, in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen kann, gilt nur für die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (Vollmacht); nur bei dieser besteht die Möglichkeit einer von der Kenntnis des Vertreters abweicherden Kenntnis des Vertretenen. Das Wissen der Gesellschaft wird aber nur durch das Wissen ihrer Vertreter vermittelt; Kormann bei Gruchot 57, 527; DürHach. Anm. 13. Das W i s s e n m ü s s e n steht dem Wissen gleich, soweit die Gesellschaft für Fahrlässigkeit ihrer Vertreter haftet. Das Wissen eines nicht zur V e r t r e t u n g der Gesells c h a f t b e f u g t e n G e s e l l s c h a f t e r s kann nicht als Wissen der Gesellschaft angesehen werden; RG. in LZ. 1915, 2902»; Schwarz Anm. 4. Soweit das Gesetz die Vermutung der Benachteiligungsabsicht an bestimmte Beziehungen einer Vertragspartei zu einer anderen (Verwandtschaft) knüpft (vgl. z. B. § 3 Nr. 2 des Anfechtungsgesetzes), genügt es, wenn diese bei einem Gesellschafter, wenn auch einem nicht vertretungsberechtigten, vorhanden ist; RG. 43, 104. Die Grundsätze über die Vertretung im Wissen gelten auch für das öffentliche Recht. Von der Kenntnis eines vertretungsberechtigten Gesellschafters läuft danach auch die Frist zur Stellung eines Strafantrages für die Gesellschaft; BayObLG. in DJZ. 1904, 432. Anm. 16. Die unechte (oder gemischte) Gesamtvertretung. Im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e k a n n b e s t i m m t w e r d e n , d a ß die G e s e l l s c h a f t e r , w e n n n i c h t m e h r e r e z u s a m m e n h a n d e l n , n u r in G e m e i n s c h a f t mit einem P r o k u r i s t e n zu h a n d e l n e r m ä c h t i g t sein sollen. Die V o r s c h r i f t e n des Abs. 2 S a t z 2, 3 f i n d e n in diesem F a l l e e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g ; Abs. 3. Die Vorschrift enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Gesellschaft nur durch Gesellschafter als Gesellschaftsorgan vertreten wird; vgl. Anm. 4. Die Ausnahme gilt nur für den Fall, daß nach dem Gesellschaftsvertrage Gesamtvertretung besteht, wenn auch nur für einen Teil der vertretungsberechtigten Gesellschafter. Bs muß also zunächst angeordnet sein, daß mehrere Gesellschafter gemeinsam die Gesellschaft vertreten. In diesem Fall soll die Gesamtvertretung dadurch erleichtert werden, daß statt eines Gesellschafters als Gesamtvertreter ein Prokurist mitwirkt. Die Mitwirkung eines Prokuristen ist aber nur möglich, wenn nicht mehrere (Gesellschafter) zusammen handeln, d. h. nicht so viele, als zur Vertretung der Gesellschaft nötig sind. Die Vertretung durch einen Gesellschafter und einen Prokuristen kann somit im Gesellschaftsvertrage nicht in der Weise zugelassen werden, daß ein Gesellschafter nur zusammen mit einem Prokuristen, nicht aber zusammen mit einem anderen Gesellschafter vertretungsberechtigt ist. Dies gilt auch dann, wenn alle Gesellschafter bis auf einen von der Vertretung ausgeschlossen sind. Es ist danach auch nicht möglich zu bestimmen, daß in allen F ä l l e n die Mitwirkung eines Prokuristen erforderlich ist. Eine solche Beschränkung der Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter wäre mit deren Stellung als Leiter des Unternehmens unvereinbar; KG. in RJA. 1, 50; 5, 242; in KGJ. 20, 97 und 28 A 126; im Recht 13 Nr. 2782; in OLGR. 40, 187; OLG. Hamburg in OLGR. 34, 343; Hamm in OLGR. 44,199; Koenige in JW. 1923, 215; RG. in JW. 1939, 424; KG. J. 44, 126; Hueck S. 157; a. A. KG. im Recht 13 Nr. 265. Zulässig ist die Vereinbarung, daß bei Erforderlichkeit der Mitwirkung von mehr als zwei Gesamtvertretern zwar nicht 222

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 17 einer allein, aber weniger als die erforderliche Zahl von Gesellschaftern (z. B. statt drei nur zwei) zusammen mit einem Prokuristen handeln oder daß statt eines Prokuristen mehrere mitzuwirken haben. Die Mitwirkung von Prokuristen kann allgemein gestattet werden; es ist aber auch möglich, nur die Mitwiikung eines mit Namen bezeichneten Prokuristen zuzulassen; die allgemeine Fassung der Vorschrift steht dem nicht entgegen; Schwarz Anm. 6; DürHach. Anm. 14; Koenige-Teichmann-Koehler Anm. 4. Abs. 3 bringt eine Ausgestaltung der Vertretung durch gesamtvertretungsberechtigte G e s e l l s c h a f t e r . Es handelt sich auch im Falle des Abs. 3 um eine Vertretungsmacht im Sinne der Absätze 1 und 2. Die auszuübenden Befugnisse haben den Inhalt der Vertretungsmacht der G e s e l l s c h a f t e r ; es besteht nicht nur der Umfang der Macht eines Prokuristen. Vielmehr wird der Umfang der Vertretungsmacht des Prokuristen erweitert. Der Umfang der gemeinsamen Vertretungsmacht richtet sich also nicht nach der des Prokuristen, wie D. 99 annahm; RG. 134, 303; OLGR. 43, 282; KGJ. 15, 96; 43,162; Wieland I 540; Ritter Anm. 8. Der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Vertreter, § 126 Abs. 2, gilt auch für die unechte Gesamtvertretung. Ein Gesamtvertreter kann danach auch zusammen mit einem Prokuristen einen weiteren Prokuristen bestellen oder eine Prokura widerrufen und die entsprechende Anmeldung zum Handelsregister vornehmen (RG. 134, 303; in JW. 32, 718) oder die Gesellschaft im Prozesse vertreten; a. A. für die AG. W. Schmidt in.Großkomm.z.AktG. § 71 Anm. 2 unter Berufung auf RG. 102, 303. Für die Ausübung' der unechten Gesamtvertretungsbefugnis, für die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung), die Folge unbefugten Alleinhandelns eines von beiden Vertretern, die Firmenzeichnung, gilt das gleiche wie bei der echten Gesamtvertretung; vgl. Anm. 5, 6, 22 f. Durch den Wegfall der Prokura erlangt der mit ihm zusammen zur Vertretung berufene Gesamtvertreter nicht Alleinvertretungsbefugnis. Die s i n n g e m ä ß e A n w e n d u n g des A b s . 2 S a t z 2 (vgl. oben Anm. 10, 13) ergibt, daß auch durch einen Gesamtvertreter im Zusammenwirken mit einem Prokuristen eine Ermächtigung zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften erteilt werden kann. Als zu Ermächtigende kommen hier der mitwirkende, aber auch die anderen Gesamtvertreter in Betracht. Für den Prokuristen kommt eine solche Ermächtigung wegen des Umfanges der Prokura regelmäßig nicht in Frage; denn die Ermächtigung würde insofern keine Erweiterung seiner Befugnisse bringen. Nur soweit die Prokura ihn nicht ermächtigt, z. B. ohne besondere Erteilung der Befugnis dazu, zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken, § 49 Abs. 2, oder soweit der Prokurist als solcher nur Gesamtprokura hat, wäre eine Ermächtigung als Einzelbevollmächtigter von praktischer Bedeutung. Durch die sinngemäße Anwendung des Abs. 2 Satz 3 wird die passive Vertretungsmacht der Gesamtvertreter auch für den Fall der unechten Gesamtvertretung festgelegt. Wissen des Prokuristen, mit dem zusammen ein Gesamtvertreter ein Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen hat, gilt als Wissen der Gesellschaft. Willenserklärungen, die ihm gegenüber abgegeben wurden, sind gegenüber der Gesellschaft abgegeben. Anm. 17. Z u s a m m e n w i r k e n von G e s a m t v e r t r e t e r n u n d H a n d l u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n . Eine Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, nach der ein einzeloder gesamtvertretungsberechtigter Gesellschafter nur zusammen mit einem H a n d l u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n zur Vertretung der Gesellschaft befugt sein soll, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Da das Gesetz nur als Ausnahme die Gesamtvertretung durch einen gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafter und einen Prokuristen zuläßt, ist diese Art der Vertretung jedenfalls nicht in dem Sinne zugelassen, daß dadurch die Vertretung der Gesellschaft von der Mitwirkung eines Handlungsbevollmächtigten abhängig gemacht werden könnte; ebenso Schlegelberger Anm. 24; Schwarz Anm. 6; Ritter Anm. 8. Zulässig ist dagegen eine Beschränkung der Handlungsvollmacht in der Weise, daß der Handlungsbevollmächtigte nur unter Mitwirkung eines gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafters handeln darf. Diese Beschränkung braucht ein Dritter nur gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte; § 54 Abs. 3 HGB.; DürHach. Anm. 15. 223

§105 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 18—21 Anm. 18. Die Eintragung in das Handelsregister. D e r A u s s c h l u ß e i n e s G e s e l l s c h a f t e r s v o n d e r V e r t r e t u n g , die A n o r d n u n g e i n e r G e s a m t v e r t r e t u n g o d e r e i n e g e m ä ß Abs. 3 S a t z 1 g e t r o f f e n e B e s t i m m u n g s o w i e j e d e Ä n d e r u n g in d e r V e r t r e t u n g s m a c h t e i n e s G e s e l l s c h a f t e r s i s t v o n s ä m t l i c h e n G e s e l l s c h a f t e r n z u r E i n t r a g u n g in d a s H a n d e l s r e g i s t e r a n z u m e l d e n ; Abs. 4. Nicht einzutragen ist, daß alle Gesellschafter zur Vertretung befugt sind, da sich dies nach der Regel des Abs. 1 von selbst versteht; K G J . 37 A 40. Nur die Ausnahmen von dieser Regel, die der Gesellschaftsvertrag in zulässiger Weise vorsieht, sind einzutragen, um die Abweichung von der Regel offenkundig zu machen. Nicht anzumelden und einzutragen ist eine nach Abs. 2 Satz 2 erteilte Ermächtigung, da es sich hierbei nur um eine Handlungsvollmacht handelt und diese nicht zu den einzutragenden Rechtsverhältnissen gehört; K G J . 29 A 213; KG. in DJZ. 1905, 316; R J A . 9, 159; vgl. auch § 8 Anm. 7. Es kann auch bei Betrieb eines Handelsgeschäfts durch eine E r b e n g e m e i n s c h a f t nicht angemeldet und eingetragen werden, daß nur einzelne Erben zur Vertretung berechtigt sind, andere nicht, weil kein Miterbe von der Vertretung ausgeschlossen werden kann. Die Erben können aber eine offene Handelsgesellschaft errichten und dann eine entsprechende Vereinbarung über den Ausschluß einzelner Miterben von der Vertretung treffen und eintragen lassen; K G J . 48 A 127; K G J . in DNotVZ. 1926, 400; in OLGR. 19, 294. Auch Ä n d e r u n g e n , die durch stillschweigende Änderung des Gesellschaftsvertrages, z. B. durch eine von der vereinbarten Gesamtvertretung abweichende Übung der Alleinvertretung entstehen, sind anzumelden und einzutragen. Ist die Gesellschaft selbst noch nicht eingetragen, so ist mit ihrer Anmeldung auch die Abweichung von der gesetzlichen Regel anzumelden. Liegt eine Vereinbarung nach Abs. 3 vor, so ist sie auch anzumelden, wenn die Prokura selbst noch nicht angemeldet ist. Diese ist gleichzeitig anzumelden, § 53. Der P r o k u r i s t braucht bei der Anmeldung einer Vereinbarung nach Abs. 3 nicht mitzuwirken. Er muß aber nach § 108 Abs. 2 die Firma zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zeichnen. Zur Anmeldung sind auch die Gesellschafter verpflichetet, die von der Geschäftsführung oder Vertretung ausgeschlossen sind. Die Erfüllung der Anmeldepflicht kann durch O r d n u n g s s t r a f e n erzwungen werden; § 14. Anm. 19. Wegen der P r ü f u n g s p f l i c h t d e s R e g i s t e r r i c h t e r s vgl. § 8 Anm. 8 bis 10. Anm. 20. Die W i r k u n g e n d e r E i n t r a g u n g o d e r der N i c h t e i n t r a g u n g ergeben sich aus § 15. Danach kann sich insbesondere die Gesellschaft einem Dritten gegenüber nicht darauf berufen, daß eine von der Regel der Alleinvertretungsbefugnis abweichende Vereinbarung über die Vertretung getroffen sei, wenn sie nicht eingetragen und b e k a n n t g e m a c h t ist. Andererseits muß ein Dritter die eingetragene und bekanntgemachte Abweichung gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß er sie weder kannte noch kennen mußte. Die Wirkungen der Nichteintragung treten auch ein, wenn die Gesellschaft nicht zum Handelsregister eingetragen ist, sofern sie auch ohne Eintragung eine offene Handelsgesellschaft ist; vgl. § 5; ROHG. 15, 22; vgl. auch die Erl. zu § 15 und § 8. Erfolgt nach der Eintragung einer Abweichung von der gesetzlichen Regel eine Änderung des eingetragenen Rechtszustandes, so kann sich die Gesellschaft nicht darauf berufen, wenn sie nicht ebenfalls eingetragen und bekanntgemacht ist. Sie kann sich aber auch nicht auf die Eintragung berufen, wenn z. B. trotz der Eintragung der Gesamtvertretung durch tatsächliche Übung der Alleinvertretung und Duldung derselben stillschweigend die Alleinvertretung wieder eingeführt oder wenigstens der R e c h t s s c h e i n einer solchen Änderung erweckt worden ist; RG. 5,17; 24, 28; KG. im Recht 1923 Nr. 677. Anm. 21. Die Eintragungen im Handelsregister dienen zugleich der L e g i t i m a t i o n d e r V e r t r e t e r der Gesellschaft, besonders im G r u n d b u c h v e r k e h r . Nach § 9 Abs. 3 HGB. in der Fassung dieses Paragraphen durch das Gesetz vom 20. Juli 1933, R G B l . I S. 520, kann der Nachweis der Befugnis zur Vertretung einer Handelsgesellschaft Behörden gegenüber durch ein Zeugnis des Gerichts über die Eintragung geführt werden. Zu diesen Behörden gehören insbesondere die Gerichte und die Grundbuchämter. F ü r den Grunbuchverkehr gilt die dem § 9 Abs. 3 entsprechende besondere Vorschrift des § 32 GrunbdO. Die Eintragung ins Handelsregister erzeugt die allerdings w i d e r l e g b a r e Vermutung, daß ihr Inhalt tatsächlich richtig sei; BayObLG. in LZ. 1928, 500; a. A.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anra. 22 Koenige-Teichmann-Koehler § 8 Nr. 32; J. v. Gierke(«), HR., §12 III l b ; Herbert Meyer in ZHR. 81, 482 und 414ff.; vgl. § 8 Anm. 15; § 9 Anm. 4. Ist das Gericht (das Grundbuchamt) zugleich das Registergericht, so genügt die Bezugnahme auf die Registerakten § 34 GrundbO.; KGJ. 24 A 96. Falls es darauf ankommt oder Zweifel bestehen, kann statt des Zeugnisses auch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Eintragungen oder anderer Nachweise verlangt werden; KGJ. 20 A 285; 33 A 153. Nach § 9 Abs. 4 hat das Gericht auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu erteilen, daß bezüglich des Gegenstandes einer Eintragung weitere Eintragungen nicht vorhanden sind oder daß eine bestimmte Eintragung, so auch über eine Änderung der Vertretungsmacht, nicht erfolgt ist. Anm. 22. Die Ausübung der Vertretungsbefugnis erfolgt ihrer Natur nach durch Betätigung nach außen, gegenüber Dritten, die mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr treten, bei der p a s s i v e n Vertretung dadurch, daß eine Handlung gegenüber dem Vertreter in dieser seiner Eigenschaft vorgenommen wird. Nicht unbedingt erforderlich ist der Gebrauch der Firma. Es genügt, daß der Vertretungsberechtigte, für die Beteiligten erkennbar, für die Gesellschaft, oder daß ein Dritter gegenüber der Gesellschaft gehandelt hat; RG. 47, 166; 119, 64; in HoldhMschr. 1903, 47. Ob dies der Fall ist, ist auf Grund freier Beweiswürdigung festzustellen. Wer behauptet, daß im Namen oder gegen die Gesellschaft gehandelt worden sei, hat es zu beweisen. Es gibt keine g e s e t z l i c h e Verm u t u n g dafür, daß derjenige, der Vertreter einer offenen Handelsgesellschaft ist, ein von ihm vorgenommenes Geschäft im Namen der Gesellschaft abgeschlossen hat. Auch aus § 344 Abs. 1 HGB. ergibt sich eine solche Vermutung nicht; ROHG. 13, 288; 18, 226; RG. 119, 64; Bolze 16, 494; JW. 13, 4361»; Warneyer 14 Nr. 10; 16 Nr. 174. Außer aus dem Gebrauch der Firma, auch einer ungenauen, abgekürzten oder mit Zusätzen versehenen (RG. 28, 118; in HoldhMschr. 1903, 47), k a n n der Abschluß eines Rechtsgeschäfts für die Gesellschaft oder die Abgabe einer Erklärung an die Gesellschaft auch aus den Umständen entnommen werden; ROHG. 13, 287; 22, 60; RG. 28, 120; 80, 400; Bolze 2 Nr. 836 B; KG. in LZ. 1903, 318. Daß jemand unter seinem eigenen Namen aufgetreten ist, begründet aber auch noch keine Vermutung dafür, daß er in eigenem Namen abgeschlossen hat; ROHG. 22, 62; RG. 28,118. Lautet der Privatname so wie die Gesellschaftsfirma, so ist aus den Umständen zu ermitteln, für wen abgeschlossen worden ist; RG. 17, 75. Bei Verschiedenheit der Gesellschaftsfirma und des Privatnamens des Handelnden spricht das Auftreten des Handelnden unter seinem Privatnamen für Abschluß auf private Rechnung, wenn sich nicht aus besonderen Umständen, z. B. aus der vorhergehenden Korrespondenz, früheren Geschäften u. dgl. etwas anderes ergibt; ROHG. 13, 287; OLGR. 4, 465. Hier kann insbesondere für ein Handeln zugunsten der Gesellschaft in Frage kommen, ob das Geschäft in den Geschäftskreis der Gesellschaft fällt; OLG. Hamburg in ZHR. 40, 461; KG. in LZ. 1908, 3181 und 5531; RG. 80, 400. Die Lebenserfahrung spricht dafür, daß mit dem abgeschlossen werden sollte, der Inhaber des in Betracht kommenden Handelsbetriebes ist, daß es insbesondere dem Dritten nicht darauf ankommt, wer handelnd auftritt; RG. 17, 75; 30, 77; in LZ. 11, 454. Der Wille beider Parteien muß aber darauf gerichtet sein, daß für oder gegen die Gesellschaft als Inhaberin des Betriebs gehandelt werden sollte; ROHG. 16, 357; RG. in JW. 1901,163". Auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften, z. B. bei G r u n d b u c h g e s c h ä f t e n , genügt es, daß klar erkennbar ist, für oder gegen wen gehandelt werden sollte; KGJ. 13, 171. Soweit die Verpflichtung wesentlich durch die Urkunde begründet wird (Skripturobligation) und die Rechtsübertragung nur durch eine entsprechende Handlung in der Urkunde (durch Indossament) erfolgen kann, wie beim Wechsel, muß aus der Urkunde selbst auch ohne Heranziehung begleitender Umstände ersichtlich sein, in wessen Namen gehandelt wurde; deshalb muß in der Urkunde die Firma genannt sein; ROHG. 12,173; 14, 201; 20, 262; RG. 47, 166; es genügt aber auch hier eine Firmenbezeichnung, z. B. eine übliche Abkürzung, die über die Identität keinen Zweifel aufkommen läßt; RG. in HoldhMschr. 1900, 47; Wieland I 596 Anm. 31; dagegen ROHG. 12, 173. Ob eine genügende Kennzeichnung vorliegt, wenn jemand mit seinem Familiennamen und dem Zusatz „in Firma" (und Angabe des Firmennamens der offenen Handelsgesellschaft) unterzeichnet, ist Tatfrage. Der Zusatz kann im Einzelfall als nähere Bezeichnung der Privatperson gedeutet werden; ROHG. 14, 201. 15

H G Ü . Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 125 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 28 Ist ein formbedürftiges Rechtsgeschäft, wie ein Wechsel, mangels der Form nichtig, so kann es als formloses Geschäft gültig sein, wenn dies dem Willen der Vertragschließenden entspricht und die sonstigen Voraussetzungen dafür gegeben sind; ROHG. 22, 62. Daß der für die Gesellschaft Handelnde im Z e i t p u n k t seines Handelns vertretungsberechtigt war, hat der zu beweisen, der darauf Rechte gründet. Es besteht keine Vermutung dafür, daß derjenige, der einmal vertretungsberechtigt war, es auch in dem Zeitpunkt war, in dem er eine bestimmte Handlung vorgenommen, z. B. eine undatierte Urkunde unterschrieben hat. Anm. 28. Bei G e s a m t v e r t r e t u n g müssen die Gesamtvertreter in der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zahl zusammenwirken; RG. 81, 325; 101, 342; 106, 268; in LZ. 1910, 8471. Anders als bei der Gesamtgeschäftsführung (§ 115 Abs. 2) besteht von dieser Vorschrift keine Ausnahme, auch wenn G e f a h r im Verzuge ist; RG. 103, 417; 116, 116. Bs besteht nur die Möglichkeit, daß ein Gesellschafter, auch einer von mehreren Gesamtvertretern, auch nach außen als G e s c h ä f t s f ü h r e r ohne A u f t r a g handelt; §§ 677ff. BGB. Die Gesellschafter sind sich gegenseitig und der Gesellschaft gegenüber zum Zusammenwirken verpflichtet, wenn die Belange der Gesellschaft, insbesonder die ordnungsmäßige Geschäftsführung es erfordern. Der einzelne Gesamtvertreter oder ein nur zur Geschäftsführung berufener Gesellschafter kann — auch zu seiner Entlastung — etwa, wenn nach § 115 Abs. 2 wegen Gefahr im Verzuge eine Geschäftsführungshandlung vorgenommen werden muß, von den dazu Berufenen die Vornahme der erforderlichen Vertretungshandlung oder die Mitwirkung dabei verlangen und auf Erfüllung dieser Verpflichtung klagen. Nicht erforderlich ist, daß die einzelnen Vertreter die ihnen obliegenden Handlungen in u n m i t t e l b a r e r G e m e i n s c h a f t , insbesondere am gleichen Ort oder zur gleichen Zeit vornehmen, RG. 81, 325, wenn nicht für ein bestimmtes Rechtsgeschäft (wie die Auflassung, § 925 BGB.) die gleichzeitige Vornahme durch beide Parteien zorgeschrieben ist. Die Einzelhandlungen müssen sich aber immer als eine zusammenhängende Einheit darstellen und dem Willen der Handelnden entspringen, gemeinsam eine rechtserhebliche Handlung für die Gesellschaft vorzunehmen; ROHG. 16, 33; Bolze 8 Nr. 548; RG. in JR. 1926 Nr. 567. Die Mitwirkung eines Gesamtvertreters kann auch in einem s t i l l s c h w e i g e n d e n V e r h a l t e n bestehen, z. B. in dem Schweigen zu dem Verhandeln des Mitvertreters; ROHG. 6, 392; 12, 34; 16, 33; 17, 402; RG. 5,17; 75, 419; 106, 268. Knüpft das Gesetz an das Stillschweigen einer Partei eine bestimmte Rechtsfolge (z. B. das der Genehmigung der Handlung eines Handlungsagenten, wenn nicht der Geschäftsherr unverzüglich die Ablehnung erklärt), so muß die Ablehnung durch positive Erklärung der zur Ablehnung erforderlichen Zahl von Vertretern geschehen; DürHach. Anm. 7. Die Mitwirkung hat u n m i t t e l b a r g e g e n ü b e r dem D r i t t e n zu erfolgen, mit dem das Geschäft vorgenommen wird. Um das Geschäft gegenüber dem Dritten wirksam zu machen, genügt es aber auch, wenn der eine Gesamtvertreter mit vorheriger, nur ihm erklärter Zustimmung des Mitvertretungsberechtigten gehandelt hat oder wenn der Mitvertreter nachträglich zustimmt (die Handlung genehmigt), die Zustimmung also ein innerer Vorgang bleibt, der dem Dritten nicht bekannt gegeben wird; RG. 80, 180; 112, 215; 118, 168; DürHach. Anm. 8; Schlegelberger Anm. 16; anders die ältere Rechtsprechung; RG. 40, 19; JW. 98, 16. Diese Wirkung tritt nur ein, wenn der Handelnde durch sein Handeln die Gesellschaft verpflichten wollte und dieser Wille im Falle nachträglicher Zustimmung auch noch im Zeitpunkt der Zustimmung vorhanden war; RG. 81, 329. Auch durch die nachträgliche Zustimmung eines Alleinvertreters wird die eigenmächtige Handlung eines Gesamtvertreters wirksam; RG. in JW. 1905, 527*. Die Genehmigung kann auch durch einen Gesamtvertreter erteilt werden, der es erst nach Abschluß des Geschäfts geworden ist; RG. in JW. 1908,151". Auch aus dem Stillschweigen der zur Mitwirkung Berechtigten kann im Einzelfall eine G e n e h m i g u n g abgeleitet werden. Ist für das Rechtsgeschäft eine F o r m vorgeschrieben, so muß sie von allen Gesamtvertretern eingehalten werden, die das Geschäft dem Dritten gegenüber vornehmen. Hat aber nur einer das Geschäft in der vorgeschriebenen Form vorgenommen, so kann 226

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 125 Anm. 24 die Ermächtigung oder die nachträgliche Genehmigung des anderen dem Handelnden gegenüber formlos erklärt werden; RG. 81, 325; 118, 168. Wer aus der Mitwirkung aller in Betracht kommenden Personen eine Rechtsfolge ableitet, hat die Mitwirkung zu beweisen (ROHG. 17, 403), soweit eine Erklärung in bestimmter Form, z. B. für das Grundbuchamt, vorgeschrieben ist, die Urkunde vorzulegen; KGJ. 20 A 76. Anm. 24. Nimmt ein von der Vertretung ausgeschlossener oder ein nur zur Gesamtvertretung berufener Gesellschafter e i g e n m ä c h t i g eine Vertretungshandlung vor, so ist diese unwirksam, wenn nicht nachträglich Genehmigung durch zur Vertretung berufene Personen erfolgt; vgl. Anm. 23. Der unbefugt Handelnde ist dem gutgläubigen Dritten als Vertreter ohne Vertretungrmacht persönlich haftbar; § 179 BGB.; RG. 6, 214; wegen Handelns ohne Vertretungsmacht bei einseitigen Geschäften vgl. § 180 BGB.; vgl. auch die Vorbem. vor § 48 HGB. über Handeln ohne Vertretungsmacht. Durch Genehmigung eigenmächtig von einem Gesamtvertreter vorgenommene Handlungen kann nicht jedes Geschäft wirksam werden. So liegt eine wirksame Genehmigung nicht vor, wenn f ü r b e s t i m m t e H a n d l u n g e n die g l e i c h z e i t i g e Anw e s e n h e i t aller B e t e i l i g t e n e r f o r d e r l i c h ist. Doch gilt dies nicht von allen F o r m a l a k t e n . So kann die Wechselunterschrift eines Gesamtvertreters durch Genehmigung wirksam werden; RG. 118, 168; in JW. 1901, 518'; in SeuffA. 56 Nr. 260; ebenso die Aktienzeichnung; RG. 63, 96; die von einem Gesamtvertreter vorgenommene Auflassung; RGRKomm. § 925 BGB. Anm. 7. Für die Abstimmung, die wie bei der Aktiengesellschaft, der GmbH, und der Genossenschaft in Versammlungen der Gesellschafter stattfinden muß (§ 102 AktG., § 48 GmbHG., § 43 GenG.), wird die Meinung vertreten, daß die Abstimmung nur durch die Gesamtvertreter gemeinsam erfolgen könne und eine nachträgliche Zustimmung unwirksam sei, weil eine nachträgliche Genehmigung dem Wesen der Abstimmung zuwider sei; vgl. Schmidt in Großkomm.z.AktG. § 224 Anm. 6. Dem Wesen der Abstimmung, die nur in der Hauptversammlung stattfinden kann und deren Ergebnis in der vorgeschriebenen Weise, z. B. zur Niederschrift oder im Protokollbuch, zu beurkunden ist (§ 111 AktG., § 47 GenG., § 53 Abs. 2 GmbHG.), entspricht nur eine Handlung, die die Stimmabgabe noch in der Sitzung wirksam macht und nicht deren Ergebnis in der Schwebe läßt. Deshalb kann der Vorsitzer der Versammlung jedenfalls die Stimmabgabe durch einen nicht zur Vertretung des Aktionärs Berufenen zurückweisen. Der Vorsitzer oder die Hauptversammlung können aber den als Vertreter Auftretenden vorerst zulassen; RG. 106, 258 (260). Seine Stimme gilt dann jedenfalls vorerst als abgegeben und ist als solche bei Ermittlung des Ergebnisses zu zählen. Die Abstimmung durch einen Nichtberechtigten bildet nur einen Anfechtungsgrund nach § 197 AktG. Wird von dem Anfechtungsrecht, das nur bestimmten Personen zusteht, innerhalb der Anfechtungsfrist kein Gebrauch gemacht oder die Klage abgewiesen (vgl. §§ 198ff. AktG.), so gilt die Abstimmung durch einen Nichtberechtigten für den einzelnen Beschluß als vollwirksam. Auch die Abstimmung durch einen Nichtberechtigten, also auch durch einen Gesamtvertreter, hat somit aktienrechtliche Wirkungen. Da nach dem neuen Aktiengesetz sogar Beschlüsse heilbar sind, die mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbar sind oder durch ihren Inhalt gegen Vorschriften verstoßen, die im öffentlichen Interesse gegeben sind oder die gegen die guten Sitten verstoßen und deshalb nichtig sind (§§ 195, 196 AktG.), muß auch der Mangel ausreichender Vertretung durch nachträgliche Genehmigung behoben werden können, solange der Beschluß nicht rechtskräftig für nichtig erklärt ist. Demgemäß hat das Reichsgericht auch die nachträgliche Beibringung einer Vollmacht für die Abstimmenden noch im Anfechtungsprozeß nicht beanstandet; RG. 106, 158. Die Genehmigung kann auch noch mit Wirkung für das innere Verhältnis unter den Gesellschaftern, insbesondere zur Entlastung des Abstimmenden, erfolgen.

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§ 126 Anm. 1—8

I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft §

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Die Vertretungsmacht der Gesellschafter erstreckt sich auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura. Eine Beschränkung des Umfanges der Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam; dies gilt insbesondere von der Beschränkung, daß sich die Vertretung nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder daß sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll. In betreff der Beschränkung auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen der Gesellschaft finden die Vorschriften des § 50 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Anm. 1. § 126 bestimmt den Umfang der Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter (Abs. 1), stellt die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht fest (Abs. 2) und läßt eine Ausnahme von dem Grundsatze des Abs. 2 für Zweigniederlassungen zu (Abs. 3). Abs. 1 stimmt mit Art. 114 Abs. 1, Abs. 2 mit Art. 116 und Art. 118 ADHGB. überein. Abs. 3 ist in das HGB. neu aufgenommen. Anm. 2. Der Umlang der Vertretungsmacht. Die V e r t r e t u n g s m a c h t e r s t r e c k t s i c h auf alle g e r i c h t l i c h e n u n d a u ß e r g e r i c h t l i c h e n G e s c h ä f t e u n d R e c h t s h a n d l u n g e n , einschließlich der V e r ä u ß e r u n g u n d B e l a s t u n g von G r u n d s t ü c k e n s o w i e d e r E r t e i l u n g u n d d e s W i d e r r u f s e i n e r P r o k u r a ; Abs. 1. Die Vorschrift ergänzt die Bestimmung des § 124 Abs. 1, der ausspricht, daß die Gesellschaft unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden kann; §126 Abs. 1 spricht aus, daß bei allen diesen Rechtshandlungen die Gesellschaft durch ihre nach § 125 zu ihrer Vertretung berufenen Vertreter vertreten wird, daß diese Vertreter mit Wirkung für und gegen sie handeln. Die Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter hat danach denselben Umfang wie die Parteifähigkeit der Gesellschaft. Die Vertreter der Gesellschaft können alle Handlungen vornehmen, die d a s B e s t e h e n d e r G e s e l l s c h a f t ü b e r h a u p t m i t s i c h b r i n g t . Ihre Vertretungsmacht unterscheidet sich danach wesentlich von der Prokura, die nur zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen ermächtigt, die d e r B e t r i e b e i n e s H a n d e l s g e w e r b e s m i t s i c h b r i n g t . Sie erstreckt sich vielmehr auch auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die mit dem Handelsbetriebe oder einer geschäftlichen Tätigkeit irgenwelcher Art nichts zu tun haben, z. B. auf unentgeltliche Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen oder die Fördreung ideeller Bestrebungen durch Beitritt zu einem wissenschaftlichen Verein. Sie ist auch nicht wie die Geschäftsführungsbefugnis (vgl. § 116) auf Handlungen beschränkt, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt; ebenso Hueck S. 159; Würdinger, S. 123; Düring.-Hach. Anm. 2; RG. 26, 18; 125, 380; a. A. v. Gierke, H.R. S. 128. Jm inneren Verhältnis, also soweit sie Geschäftsführer der Gesellschaft sind, sind sie aber verpflichtet, die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen, soweit dies nach den Vorschriften über das Verhältnis der Gesellschafter untereinander erforderlich ist; vgl. § 116. Anm. 3. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter handeln hiernach im Rahmen ihrer Vertretungsmacht und verpflichten die Gesellschaft, w e n n sie d a s G e s c h ä f t d e r o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t a l s G a n z e s — o h n e die F i r m a — v e r ä u ß e r n . Auch zur V e r ä u ß e r u n g d e s g a n z e n G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s sind sie im Verhältnis zu Dritten berufen. Für die Personengesellschaften des Handelsrechts gilt hier keine dem § 255 AktG. entsprechende Bestimmung, nach der die Übertragung

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 126 Anm. 4—8 des ganzen Gesellschaftsvermögens nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zulässig und wirksam, die Vertretungsmacht des Vorstandes also für solche Geschäfte beschränkt ist; vgl. Weipert AktG. § 255 Anm. 9. Das Recht der Personengesellschaften kennt auch für andere außergewöhnliche Geschäfte von besonderer Tragweite, wie Eingehung einer Gewinngemeinschaft, eines Betriebsüberlassungs- oder eines Betriebsführungsvertrages, anders als § 256 AktG., keine Beschränkung der Vertretungsmacht der Vertreter durch die Notwendigkeit der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter. Das Gesetz hielt diese Beschränkung für entbehrlich, weil die Vertretungsmacht hier immer von Gesellschaftern ausgeübt wird und es sich bei den Gesellschaftern regelmäßig um einen kleineren Kreis dem Unternehmen nahestehender Personen handelt. Gegen einen Mißbrauch des Verfügungsrechts sind die Mitgesellschafter auch dadurch bis zu einem gewissen Grade geschützt, daß die Veräußerung des Geschäfts oder des ganzen Vermögens stets eine außergewöhnliche Handlung darstellt, zu deren Vornahme im inneren Verhältnis regelmäßig ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist; vgl. § 116 Abs. 2, § 119. Für Zulässigkeit der Veräußerung des Geschäfts und des Gesellschaftsvermögens auch die überwiegende Meinung des Schrifttums: Düring.-Hach. Anm. 3; Hueck S. 161; Wieland I 591; Schlegelberger Anm. 9; ä. A. Glienicke ZHR. 36, 353. Wegen der Notwendigkeit der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung des Vertrages über die Veräußerung des gesamten Vermögens und der Voraussetzungen für das Vorliegen einer solchen Veräußerung vgl. § 22 Anm. 14. Anm. 4. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter kann das Geschäft auch in eine Aktiengesellschaft oder in eine GmbH, oder in eine andere Personengesellschaft einbringen, der er namens der von ihm vertretenen Gesellschaft beitritt, oder mit dem Unternehmen einem Syndikat, einem Kartell oder einem Konzern beitreten; Wieland I 590; Schlegelberger Anm. 9; Ritter Anm. 2b; KG. in OLGR. 42, 196. Anm. 6. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter dürfen keine Handlung vornehmen, die die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat; denn die Auflösung der Gesellschaft kann, wenn sie nicht kraft Gesetzes oder infolge Kündigung oder gerichtlicher Entscheidung eintritt, nur auf Grund eines Beschlusses der Gesellschafter erfolgen; § 131 Nr. 2. Die Veräußerung des Geschäfts bedeutet aber nicht nötwendig die Auflösung der Gesellschaft, selbst wenn sie auf einem Beschluß der Gesellschafter beruht; RG. in JW. 1906, 478"; vgl. die Erl. zu § 131. Anm. 6. Die Vertretungsbefugnis ermächtigt die vertretungsberechtigten Gesellschafter nicht zur Änderung des Gesellschaftsverhältnisses, insbesondere nicht zur Änderung des Gesellschaftsvertrages. Deshalb sind die Vertreter auch nicht zu solchen Rechtsgeschäften mit Dritten legitimiert, die eine Veränderung des Gesellschaftsverhältnisses zur Folge haben. Sie können insbesondere nicht das Geschäft der Gesellschaft ohne Zustimmung aller Gesellschafter m i t dem R e c h t d e r F o r t f ü h r u n g d e r Ges e l l s c h a f t s f i r m a veräußern, denn damit würde die Gesellschaft ihre Firma, die durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt ist, verlieren und müßte, wenn sie als werbendes Unternehmen weiter bestehen wollte, eine andere Firma annehmen; KG. in JW. 1926, 605» (abweichend in JFG. 7,198); Wieland I 591; Schlegelberger Anm. 9; Hueck S. 161. Anm. 7. Die Vertretungsmacht ermächtigt auch nicht zur A u f n a h m e eines o f f e n e n G e s e l l s c h a f t e r s oder eines K o m m a n d i t i s t e n in die Gesellschaft oder zu einer Vereinbarung namens der Gesellschaft mit einem Gesellschafter über sein Auss cheiden aus der Gesellschaft, denn darin würde eine Änderung des Gesellschaftsvertrages liegen, die nur unter Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist, nicht nur die Begründung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses zwischen der unverändert bestehen bleibenden Gesellschaft und einem Dritten; RG. 52, 161; 91, 412; 128, 176. Auch schuldrechtlich kann der vertretungsberechtigte Gesellschafter die Gesellschaft nicht zu einer solchen Änderung verpflichten; Schlegelberger Anm. 6, Hueck S. 161; a. M. RG. in JW. 21, 1238": OLG. Karlsruhe in JFG. 7, 164. Anm. 8. Wohl aber kann der Vertretungsberechtigte mit einem Dritten namens der Gesellschaft einen Vertrag über dessen Eintritt als s t i l l e r G e s e l l s c h a f t e r abschließen. Durch die Errichtung der stillen Gesellschaft wird nur ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Stillen begründet. Dieser wird insbesondere nicht gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Seine Einlage

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§126 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 9—11 fließt im Gegenteil in das Gesellschaftsvermögen, an dem nach wie vor nur die bisherigen Gesellschafter beteiligt bleiben. Er hat auch keine Verwaltungsrechte am Gesellschaftsvermögen. Allerdings kann der Beitritt eines Dritten als stiller Gesellschafter wegen dessen Gewinnbeteiligung den Anteil der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft am Gewinn des Unternehmens schmälern. Dies trifft aber auch zu, wenn eine Dritter sonst am Gewinn des Unternehmens auf Grund eines rein schuldrechtlichen Vertrags, z. B. eines Darlehensvertrags mit Gewinnanteil, beteiligt ist. Der an dem Dritten abzuführende Gewinnanteil ist eine Schuld der Gesellschaft wie eine andere Schuld, z. B. eine Zinsenschuld. Sie vermindert den Gewinn der Gesellschaft. Erst was danach als Reingewinn übrig bleibt, ist verteilbarer Gewinn, auf den die Gesellschafter nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages einen Anspruch haben; vgl. § 120; Ritter Anm. 1; Schwarz Anm. 1; Schlegelberger Aiim. 8; Hueck S. 161; J. v. Gierke in ZHR. 90, 240; Lang, Die Typen der stillen Gesellschaft, 1930, S. 53; jetzt auch RG. 153, 371 unter Aufgabe des früheren abweichenden Standpunkts in JW. 1921, 1239 1 '; a. A. Wieland I 590; ROHG. 13, 62. Ist der Dritte nur im Verhältnis n a c h a u ß e n stiller Gesellschafter, nach den Bestimmungen des mit ihm abgeschlossenen Vertrags im inneren Verhältnis aber den Gesellschaftern der offenen Handelsgesellschaft gleichgestellt, insbesondere am Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch beteiligt, so liegt nicht nur ein schuldrechtlicher Vertrag mit einem Dritten, sondern einer Gesellschaft im Sinne des §§ 705ff. BGB., wenn auch nur eine Innengesellschaft vor. Dieses kann nur von allen Gesellschaftern begründet werden. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter ist zum Abschluß eines solchen Vertrages durch seine Vertretungsmacht nicht befugt. Er kann dagegen namens der Gesellschaft einer a n d e r e n o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t oder K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t b e i t r e t e n , da dadurch nur die Gesellschaft, nicht die einzelnen Gesellschafter Mitglieder der anderen Gesellschaft werden. Unter dem Gesichtspunkt der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s ist die Aufnahme eines Dritten als stillen Gesellschafters regelmäßig ein u n g e w ö h n l i c h e s G e s c h ä f t , das der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft nicht mit sich bringt. Im inneren Verhältnis ist daher zu einer solchen Handlung ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter, auch der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen, erforderlich; § 116 Abs. 2 BGB.; Schlegelberger Anm. 8; Boesebeck in JW. U 37, 1493. Die Aufnahme eines Dritten ohne einen solchen Beschluß kann den aufnehmenden Vertreter schadensersatzpflichtig machen; sie berührt aber die Rechtswirksamkeit der Aufnahme im Verhältnis zu den Dritten nicht. Für den Beitritt zu einer anderen offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft gilt in der Regel das gleiche. Im Einzelfall kann ein solcher Beitritt ebenso wie die Aufnahme einer stillen Gesellschaft auch ein gewöhnliches Geschäft sein, wenn es etwa gerade zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich ist, stille Gesellschafter zu werben. Anm. 9. Der Vertretungsberechtigte nimmt die Rechte der Gesellschaft als solcher in jeder Richtung wahr. Namentlich vertritt er die Gesellschaft, soweit sie Mitglied einer anderen Gesellschaft ist. So übt er das Stimmrecht der Gesellschaft als Aktionärin, die Verwaltungsrechte in einer anderen offenen Handelsgesellschaft aus. Er übt auch die Rechte der Gesellschaft gegenüber den einzelnen Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis, z. B. auf Leistung von Beiträgen aus; vgl. Anm. 19 und § 124 Anm. 36. Anm. 10. In den Bereich der Vertretung gehören auch die Geschäfte der Gesellschaft m i t i h r e n A n g e s t e l l t e n , insbesondere mit den Prokuristen. Dazu gehört die A n s t e l l u n g u n d E n t l a s s u n g der A n g e s t e l l t e n , die Bestellung und Abberufung der Prokuristen; RG. 134, 303. Die in dieser Richtung von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter vorgenommenen Rechtshandlungen binden und berechtigen somit die Gesellschaft gegenüber dem Angestellten oder Prokuristen, gleichgültig, ob der Vertreter nach dem Innenverhältnis zu der Handlung befugt war oder nicht. Fehlt es an dieser Befugnis, so kann dies nur zu Rechtsfolgen im inneren Verhältnis, z. B. der Verpflichtung zur Rückgängigmachung einer Maßnahme, führen. Anm. 11. Zweifelhaft ist, ob Weisungen an die A n g e s t e l l t e n unter die Vertretungs- oder unter die Geschäftsführungsbefugnis fallen und ob bei Verteilung der beiden Befugnisse auf verschiedene Gesellschafter die Angestellten den Weisungen der 230

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 126 Anm. 11, 13 geschäftsführenden oder der vertretungsberechtigten Gesellschafter zu folgen habenSoweit es sich um die dem Angestellten durch den Anstellungsvertrag aufgetragene Verrichtungen handelt, wird man unterscheiden müssen, ob diese Verrichtungen selbst das äußere oder innere Verhältnis der Gesellschaft zum Gegenstand haben. Handelt es sich um eine Tätigkeit, die Gegenstand der Geschäftsführung und der Vertretung zugleich ist, wie Anschaffung von Rohstoffen oder Maschinen für die Fabrikation, so kann der vertretungsberechtigte Gesellschafter im Zweifel nicht Weisungen erteilen, die mit denen des geschäftsführenden Gesellschafters in Widerspruch stehen; denn es handelt sich dann doch nur um den Vollzug einer Aufgäbe der Geschäftsführung und es entspricht dem Willen der Gesellschafter, daß insofern der Wille des Geschäftsführers maßgebend ist. Handelt es sich dagegen in der Hauptsache um eine Angelegenheit der Vertretung, wie eine Anmeldung zum Handelsregister oder die Vertretung der Gesellschaft in einem anhängigen Rechtsstreit, so kann der nur geschäftsführende Gesellschafter die Ausführung der Vertretungshandlung nicht dadurch unmöglich machen, daß er die Büroangestellten anweist, die für Ausführung einer Vertretungshandlung erforderlichen Schreibarbeiten nicht vorzunehmen. Erteilt ein geschäftsführender oder vertretungsberechtigter Gesellschafter Weisungen, zu denen er nach Vorstehendem nicht befugt war, so braucht der Ang stellte sie nicht zu befolgen. Aus der Nichtbefolgung einer solchen Weisung können ihm Nachteile nicht entstehen. Macht der vertretungsberechtigte Gesellschafter in einem solchen Fall von dem ihm nach außen zustehenden Entlassungsrecht Gebrauch, so kann er die Gesellschaft auch in dem Rechtsstreit mit dem Angestellten vertreten; aber der Richter entscheidet dann auf Grund des Dienstvertrages, ob die Nichtbefolgung der Weisung berechtigt war. War die Erteilung der Weisung im inneren Verhältnis und damit auch die Entlassung des Angestellten nicht berechtigt, so können die geschäftsführenden Gesellschafter im innern Verhältnis die Zurücknahme der Weisung und auch die Rückgängigmachung der Entlassung verlangen; vgl. zu der Frage Hueck S. 160; Düring.-Hach. § 126 Anm. 4; Wieland S. 591 Anm. 31; Ritter Anm. 2; Schlegelberger Anm. 5, die annehmen, daß grundsätzlich der vertretungsberechtigte Gesellschafter die Weisungen zu erteilen habe, weil der Angestellte auf Grund seines Dienstvertrages der Gesellschaft als Dritter gegenüber stehe; anderer A. Großmann JW. 1912, 775; Titze in Ehrenbergs Handbuch II 2, S. 555. Handelt es sich lediglich um das äußere Verhältnis, also um rechtsgeschäftliche Beziehungen zu Dritten, so hat der Angestellte die Weisungen des vertretungsberechtigten Gesellschafters zu befolgen. Handelt es sich um eine Tätigkeit, die nur als solche aus dem Kreise der Geschäftsführung angesehen werden k a n n , wie um die Fabrikation, so wird es dem Willen der Gesellschafter entsprechen, daß die Weisungen über die Art der Betätigung des Angestellten demjenigen Gesellschafter obliegen, dem die Geschäftsführung übertragen ist. Danach ist der Gesellschaftsvertrag dahin auszulegen, daß im inneren Verhältnis der bloß vertretungsberechtigte Gesellschafter sich Weisungen an die Angestellten zu enthalten hat, auch wenn er sie als Vertreter nach außen vornehmen dürfte. Weiter ist anzunehmen, daß dem geschäftsführenden Gesellschafter eine Sondervollmacht zur Vertretung der Gesellschaft erteilt ist, soweit es sich um die sich aus der Geschäftsführung ergebenden Weisungen handelt; wegen deren Zulässigkeit vgl. RG. 24, 28. Eine solche Vollmacht kann nicht nur durch Entschließung der vertretungsberechtigten Gesellschafter (vgl. § 125 Abs. 2), sondern auch durch den Gesellschaftsvertrag erteilt werden. Sie wird, solange der Grund für ihre Erteilung fortbesteht, nach dem zu vermutenden Vertragswillen, auch wenn sie nur von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter erteilt ist, nicht frei widerruflich sein; § 168 BGB. Der Dienstvertrag zwischen der Gesellschaft und dem Angesetellten wird, soweit sich aus ihm oder aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, dahin auszulegen sein, daß der Angestellte in den Angelegenheiten, die nur die Geschäftsführung angehen, und den Rechtsverkehr mit a n d e r e n Dritten, als dem Angestellten nicht berühren, nur den Weisungen des geschäftsführenden Gesellschafters zu folgen hat. Anm. 12. Im inneren Verhältnis kann der Vertreter auch sonst (vgl. Anm. 11) verpflichtet sein, eine Handlung zu unterlassen. Andererseits kann sich aus dem inneren Verhältnis seine Verpflichtung ergeben, eine Vertretungshandlung vorzunehmen, z. B. einen Angestellten zu entlassen, einen Kauf über Anschaffung von Rohmaterialien für

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$126 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 13—15 die Fabrikation von Waren, die der geschäftsführende Gesellschafter angeordnet hat, vorzunehmen. Anm. 18. Z u s a m m e n t r e f f e n e i n a n d e r w i d e r s p r e c h e n d e r V e r t r e t u n g s handlungen mehrerer selbständig vertretungsberechtigter Gesellschafter. Handeln selbständig vertretungsberechtigte Gesellschafter zeitlich n a c h e i n a n d e r , so wird die Gesellschaft durch die Tätigkeit des zuerst Handelnden berechtigt und verpflichtet. Der später Handelnde kann die so entstandene Rechtslage nicht rückwirkend aufheben, sondern nur durch eine neue Handlung, etwa eine Kündigung oder Abschluß eines neuen Vertrages ändern. Nehmen sie g l e i c h z e i t i g Handlungen vor, die einander widersprechen, erklärt z. B. der eine den Rücktritt von einem Vertrage, während der andere Schadensersatz verlangt, oder lehnt der eine ein Angebot ab, während der andere es annimmt, so liegt überhaupt keine wirksame Erklärung vor, ebenso wie wenn ein Einzelkaufmann am Anfang eines Briefes ein Angebot macht und es am Schlüsse zurücknimmt. Es liegt kein Grund vor, der einen Erklärung den Vorzug zu geben. Auch der Dritte, dem die Erklärungen abgegeben werden, hat nicht die Wahl, ob er sich an die eine oder andere Erklärung halten will. Es besteht in diesem Falle kein Rechtsschutzbedürfnis zu seinen Gunsten. Will er ein Geschäft abschließen, das wegen widersprechender Erklärungen zunächst nicht zustande gekommen ist, so kann er später erneut mit einem der selbständig Vertretungsberechtigten verhandeln und abschließen. Auch gleichzeitig abgegebene einander widersprechende Erklärungen tatsächlicher Art, z. B. über die Beschaffenheit einer Ware, heben sich auf, weder die eine noch die andere ist als die Erklärung der Gesellschaft anzusehen. Dies gilt auch von einem gerichtlichen oder außergerichtlichen G e s t ä n d n i s . Das gerichtliche Geständnis ersetzt nur den Beweis, § 288 ZPO. Ist es mit Einschränkungen abgegeben, so ist sein Beweiswert durch den Richter zu würdigen; § 289 Abs. 2. Auch widersprechende Erklärungen der Parteivertreter sind auf ihren Wert zu würdigen; RG. in JW. 1913, 270; Bolze 9 Nr. 470; Kormann S. 518; vgl. auch § 89 ZPO.; Jonas-Pohle § 84 ZPO. II. Ist das Geständnis von einem Alleinvertreter allein abgegeben, so kann es nur unter den Voraussetzungen über den Widerruf eines Geständnisses widerrufen werden; vgl. § 290 ZPO. Gleichzeitig abgegebene einander widersprechende prozessuale Willenserklärungen alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter heben sich gegenseitig auf; vgl. auch § 124 Anm. 14. Geben nur zur Gesamtvertretung berufene Gesellschafter gleichzeitig einander widersprechende Erklärungen ab, so kommt keine Erklärung der Gesellschaft zustande, da sie nur einheitlich handeln können. Ihre Erklärungen kommen dann nur für die Beweiswürdigung in Betracht. Anm. 14. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter vertritt die Gesellschaft nicht nur bei Geschäften, sondern auch bei Rechtshandlungen jeder Art, z. B. bei Erteilung von Auskünften. Den Rechtshandlungen stehen Unterlassungen gleich, soweit solche Rechtswirkungen für die Gesellschaft haben können, wie z. B. die Unterlassung einer Mängelanzeige (§ 377 BGB.), Nichtbeantwortung eines Geschäftschreibens. Anm. 15. Die V e r t r e t u n g s m a c h t der G e s e l l s c h a f t e r e r s t r e c k t sich auch auf alle g e r i c h t l i c h e n G e s c h ä f t e u n d R e c h t s h a n d l u n g e n . Die Vertretungsmacht im Prozesse geht soweit als die Gesellschaft Prozeßpartei sein kann. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter ist daher befugt, alle Prozeßhandlungen vorzunehmen, die für eine Partei überhaupt in Frage kommen. Hierher gehören vor allem die prozeßrechtlichen Handlungen, wie Klageerhebung, Einlegung und Zurücknahme von Rechtsmitteln; aber auch die Verfügungshandlungen, wie Anerkenntnisse, Verzichte, Vergleiche, Aufrechnungserklärungen, Erteilung von Prozeßvollmachten. Auch im Prozeß ist die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter u n b e s c h r ä n k t und u n b e s c h r ä n k bar. Die Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Gesellschafters erstreckt sich auch auf den sonstigen Rechtsverkehr mit Behörden, bei denen die Gesellschaft als solche auftritt, z. B. auch mit dem Grundbuchamt, mit der Staatsanwaltschaft (Stellung von Strafanträgen), mit den Steuerbehörden; vgl. § 102 RAO. Demgemäß haben die vertretungsberechtigten Gesellschafter auch für die Gesellschaft die S t e u e r e r k l ä r u n g e n , z. B. für die Vermögenssteuer, abzugeben. Soweit Sondergesetze (vgl. § 239 Abs. 1 Nr. 3 RAO.) dabei von den g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n und nicht von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern sprechen, denen eine Verpflichtung auferlegt ist, so ist aus dem Zweck 232

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 126 Anm. 16—18 der Bestimmung zu ermitteln, ob darunter doch die vertretungsberechtigten oder dem Wortlaut entsprechend die geschäftsführenden Gesellschafter zu verstehen sind; vgl. Becker in StuW. 30, 757; Strutz, EinkStG, § 66 Anm. 6; DürHach. Anm. 8. Im Zweifel wird anzunehmen sein, daß auch die Rechtsbehelfe von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern wahrzunehmen sind, wenn sich nicht aus dem Zwecke der Vorschrift etwas anderes ergibt; vgl. Hueck S. 160. Anm. 16. Gesamtvertretungsberechtigte Gesellschafter können auch im Prozesse nur gemeinsam die Gesellschaft vertreten. Wegen der p a s s i v e n V e r t r e t u n g vgl. § 125 Abs. 2 Satz 2. Anm. 17. Die Vertretungsmacht der Gesellschafter erstreckt sich auch auf die Erteilung und den Widerrut einer Prokura. Auch diese Befugnis folgt schon aus der allgemeinen Vertretungsmacht; vgl. auch § 48 Abs. 1, nach dem die Prokura nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden kann. Durch die besondere Erwähnung der Befugnis in Abs. 1 wird, was sich freilich schon aus der Stellung des § 116 Abs. 3 in dem Abschnitt über das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander ergibt, klargestellt, daß die in § 116 für erforderlich erklärte Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter zur Bestellung eines Prokuristen, nur für das innere Verhältnis gilt, die Rechtswirkung der ohne diese Mitwirkung durch einen v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n Gesellschafter vorgenommenen Handlung nach außen, auch gegenüber dem Prokuristen, nicht berührt. Demgemäß muß auch eine so erfolgte Bestellung auf Anmeldung eingetragen werden. Der Registerrichter hat nicht zu prüfen, ob sämtliche geschäftsführenden Gesellschafter zugestimmt haben; Schlegelberger Anm. 15; Hueck S. 159. Auf Verlangen der geschäftsführenden Gesellschafter muß der vertretungsberechtigte Gesellschafter, der ohne ihre Zustimmung oder gegen ihren Widerspruch gehandelt hat, die Bestellung widerrufen und den Widerruf anmelden. In diesem Falle kann der Registerrichter, wenn die Eintragung der Bestellung noch nicht erfolgt ist, das Verfahren aussetzen, bis in einem etwa anhängigen Prozeß der Streit unter den Gesellschaftern entschieden ist; BayObLG. in JFG. 5, 244; Schlegelberger Anm. 15. Bei Gesamtvertretung muß zur Erteilung der Prokura die erforderliche Zahl von Gesamtvertretern mitwirken. Dies gilt auch für den Widerruf der Prokura. § 116 Abs. 3 Satz 2, nach dem der Widerruf der Prokura durch jeden der zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung befugten Gesellschafter geschehen kann, gilt nur für das innere Verhältnis. Der Gesamtgeschäftsführer, der nicht auch allein vertretungsberechtigt ist, kann daher nur von vertretungsberechtigten Gesellschaftern verlangen, daß sie den Widerruf nach außen vornehmen, d. h. gegenüber dem Prokuristen erklären oder dabei mitwirken; Schlegelberger Anm. 16; Brand Anm. l b ; a. A. Lastig in Endemanns Handbuch I 359. Die Anmeldung der Prokura und des Widerrufs zum Handelsregister erfolgt durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter, bei Gesamtvertretung durch Gesamtvertreter in der erforderlichen Zahl; RG. 134, 307; KG. in JW. 1937, 890; abw. JW. 1931, 2995. Anm. 18. Die Unbeschränkbarkeit des Umfanges der Vertretungsmacht. E i n e B e s c h r ä n k u n g des U m f a n g s der V e r t r e t u n g s m a c h t ist D r i t t e n g e g e n ü b e r u n w i r k s a m ; dies gilt i n s b e s o n d e r e von der B e s c h r ä n k u n g , daß sich die V e r t r e t u n g n u r auf gewisse G e s c h ä f t e oder A r t e n von G e s c h ä f t e n ers t r e c k e n oder d a ß sie n u r u n t e r gewissen U m s t ä n d e n oder f ü r eine gewisse Zeit oder an e i n z e l n e n O r t e n s t a t t f i n d e n soll; Abs. 2. Die g r u n d s ä t z l i c h e Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht g e g e n ü b e r D r i t t e n hat die offene Handelsgesellschaft mit den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit gemeinsam; § 74 AktG.; § 37 GmbHG.; § 27 GeriG. In gleicher Weise schließt § 50 HGB. die Beschränkung der Prokura aus. Alle diese Vorschriften dienen der Verkehrssicherheit und sind unter diesem Gesichtspunkte auszulegen. Sie sind deshalb auch der Änderung durch den Gesellschaf tsvertrag oder den Bestellungsakt unzugänglich. Außer den hervorgehobenen Möglichkeiten kann die Beschränkung auch nicht, was § 37 GmbHG., § 27 GenG. ausdrücklich aussprechen, in der Weise erfolgen, daß für e i n z e l n e G e s c h ä f t e die Zustimmung der Gesellschafter oder eines anderen Organs der Gesellschaft (z. B. eines durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Aufsichtsrats) 233

§ 126 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 19, 80 erforderlich ist. Derartige Beschränkungen sind aber im inneren Verhältnis der Gesellschafter möglich und können im Gesellschaftsvertrag angeordnet werden. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter hat diese Beschränkungen einzuhalten und ist im Falle der Zuwiderhandlung schadensersatzpflichtig. Im inneren Verhältnis kann ihm auch vorgeschrieben werden, Vertretungshandlungen, insbesondere solche bestimmter Art, nur mit Zustimmung eines Dritten, etwa eines Darlehensgebers mit Gewinnbeteiligung vorzunehmen. Allerdings gelten diese Beschränkungen auch im inneren Verhältnis nicht, soweit eine Handlung durch das öffentliche Recht vorgeschrieben ist oder die Unterlassung sonst gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen würde. Im i n n e r e n V e r h ä l t n i s kann auch vorgeschrieben werden, daß die Vertretungshandlungen nur in bestimmter Form, z. B. schriftlich, vorgenommen werden dürfen oder daß ein Alleinvertreter nur mit Zustimmung eines anderen handeln darf. Nach außen gelten die im inneren Verhältnis zulässigen Beschränkungen auch dann nicht, wenn sie — unzulässigerweise — in das Handelsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt sind; RG. 57, 388; OLG. Köln in JW. 1925, 1795»; KG. in OLGR. 40, 185; vgl. Anm. 21. Anm. 19. Die A n w e n d u n g der G r u n d s ä t z e ü b e r die V e r t r e t u n g d e r G e s e l l s c h a f t d u r c h die v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n G e s e l l s c h a f t e r auf das V e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t zu den e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r n . Es wird die Meinung vertreten, daß der einzelne Gesellschafter begrifflich niemals als Dritter betrachtet werden könne und daß deshalb im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter die Grundsätze der G e s c h ä f t s f ü h r u n g , nicht diejenigen der V e r t r e t u n g anzuwenden seien; danach müsse sich ein Gesellschafter, auch soweit er wie ein Drittel' mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr tritt, alle gesetzlichen und vertraglichen Beschränkungen der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s entgegehalten lassen, könne sich aber auch selbst darauf berufen. Ein geschäftsführender Gesellschafter könne, auch wenn er von der V e r t r e t u n g ausgeschlossen sei, die Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter vertreten. Eine Ausnahme soll nur gegeben sein für Formalakte, wie Wechselzeichnung, bei denen die Gesellschaft nur von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern vertreten werden könne; ROHG. 2, 41; Brand Anm. 2d. Mit Recht wird dieser Auffassung die weitgehende Selbständigkeit der Gesellschaft, insbesondere des Gesellschaftsvermögens, im Verhältnis zum Privatvermögen des einzelnen Gesellschafters entgegengehalten. Wenn es sich um den Rechtsverkehr zwischen diesen beiden Vermögensmassen handelt, können die sich darauf beziehenden Rechtshandlungen auf Seiten der Gesellschaft nur Handlungen der Vertretung, nicht der Geschäftsführung sein, deshalb müssen die vertretungs-, nicht die geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter für die Gesellschaft handeln; so Wieland I 593, 642, 851; Ritter Anm. 2a; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 539; DürHach. Anm. 14; Schlegelberger Anm. 17; ROHG. 6,140; RG. 7,120; 81, 92; in JW. 13, 27011. Auch soweit es sich um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis handelt, besteht kein Grund, von der Regel abzugehen. Wenn Ansprüche zwischen der Gesellschaft und den einzelnen aus dem Gesellschaftsverhältnis möglich sind und sie sich durch Verschiebungen zwischen dem Gesellschafts- und dem Privatvermögen geltend machen, so ist das Natürliche, daß sie auch von den Organen geltend gemacht werden, die regelmäßig die Interessen der Gesamtheit wahrnehmen. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter müssen daher jedenfalls befugt sein, die Gesellschaft bei der Geltendmachung zu vertreten. Daneben ist jeder einzelne Gesellschafter zur Verfolgung der Ansprüche für die Gesellschaft berufen (actio pro socio); vgl. § 124 Anm. 36. Anm. 20. Der G r u n d s a t z der Unbeschränkbarkeit der V e r t r e t u n g s m a c h t soll nur dem Schutze Dritter dienen. Für ihn ist daher kein Raum, w e n n es sich um r e i n e A n s p r ü c h e aus dem G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s h a n d e l t . Ein Gesellschafter kann z. B. einer von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern erhobenen Klage den Einwand entgegensetzen, daß nach dem Gesellschaftsvertrag Klagen gegen einen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erhoben werden können und daß es daran fehle. Auch wenn ein Gesellschafter mit der Gesellschaft wie ein Dritter in Geschäftsverkehr tritt, so steht er ihr doch nicht in jeder Beziehung wie ein Fremder gegenüber. Er kann sich deshalb nicht auf die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Gesellschafters berufen, wenn dieser bei Ausübung der Vertretungsbefugnis die ihm im inneren Verhältnis obliegenden Verpflichtungen

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 126 Anm. 21, 22 verletzt, z. B. bei Gewährung eines Kredits an den Gesellschafter die im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene Grenze für die Kreditgewährung überschreitet. Ein Widerspruch eines anderen Gesellschafters kann ihm nicht entgegengehalten werden, wenn er von dem Widerspruch keine Kenntnis hatte und seine Unkenntnis auch nicht auf Verschulden (und zwar groben, vgl. § 708 BGB.) beruhte; Hueck S. 164. Keine Beschränkung der Vertretungsmacht, sondern eine Beschränkung des sachlichen Inhalts eines Anspruchs ist es, wenn geltend gemacht wird, daß nach dem Gesellschaftsvertrag Ansprüche jeder Art gegen einen Gesellschafter erst bei der Auflösung der Gesellschaft geltend gemacht werden können; Wieland I 593, 850 Anm. 22; Schwarz Anm. 3; Bau-mbach Anm. 2 A und 3; RG. 81, 92 = JW. 1913, 270». Anm. 21. A u s s c h l i e ß u n g der B e r u f u n g auf die U n b e s c h r ä n k b a r k e i t der V e r t r e t u n g s m a c h t im F a l l e des u n e r l a u b t e n E i n v e r s t ä n d n i s s e s (Kollusion). Die bloße Kenntnis eines Dritten von der im inneren Verhältnis bestehenden Beschränkung der Vertretungsmacht schließt die Berufung des Dritten auf die Unbeschränktheit nicht aus. Nach dem den Rechtsverkehr beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben gilt dies jedoch nicht, wenn der Vertreter absichtlich zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt und der Dritte dabei w i s s e n t l i c h mitgewirkt hat; RG. 57, 389; 58, 356; 71, 222; 153, 374. Trotz Bestehens der Vertretungsmacht erlangt der Dritte in diesem Falle keine Rechte aus dem Geschäft, weil es infolge des Verhaltens der Beteiligten gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nichtig ist; §§ 138, 826, 853 BGB.; RG. 9,149; 58, 356; in JW. 1904, 482»; OLGR. 11, 407. Baß die Handlung dem Privatinteresse des Gesellschafters diente, begründet noch keine Kollusion; ROHG. 9, 431; JR. 1927, Nr. 1751. Dagegen ist nicht erforderlich, daß eine Schädigung der Gesellschaft beabsichtigt war. Es genügt, daß die Beteiligten mit der Möglichkeit einer solchen rechnen konnten. Zweifelhaft ist, ob der Dritte, der infolge Fahrlässigkeit nicht wußte, daß der Vertreter seine Vertretungsmacht zum Nachteile der Gesellschaft mißbraucht, aus dem Geschäft gegen die Gesellschaft Rechte herleiten kann. Für die Überschreitung einer Vollmacht hat die neuere Rechtsprechung diese Folge bejaht; z. B. für den Fall, daß der Dritte bei naheliegendem Verdacht einer mißbräuchlichen Benutzung der Vollmacht, eine aufklärende Anfrage bei dem Vollmachtgeber unterließ; RG. 143, 201; Warneyer 1936 Nr. 153; in SeuffA. 90, 130; in BankA. Bd. 35, 246. RG. 145, 315 stellt sich im Gegensatz zur älteren Rechtsprechung (RG. 71, 222) in einem Fall, wo es sich um Überschreitung der Vertretungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt, auf den gleichen Standpunkt, während RG. in JW. 1935,1084 an der früheren Rechtsprechung festhält. Der heutigen Rechtsauffassung entspricht die in RG. 145, 315 vertretene Meinung; vgl. auch HRR. 1929 Nr. 84; auch Ritter Anm. 2 zu § 50; Kipp, Festgabe für das Reichsgericht 2, 285; oben Vorbem. 107 vor § 48; Schlegelberger Anm. 22, der a r g l i s t i g e s Zusammenwirken zwischen dem Vertreter und dem Dritten für erforderlich hält; vgl. auch Hueck S. 162, der aus der ausdrücklich in § 126 Abs. 2 ausgesprochenen Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht die Befreiung Dritter von jeder Nachforschung über das Innenverhältnis ableitet; selbst positive Kenntnis von der Nichteinholung der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zustimmung der anderen Gesellschafter oder ein Widerspruch eines andern Gesellschafters könne ihm nicht entgegen gehalten werden, solange er nicht auch wisse, daß der handelnde Gesellschafter die wahren Interessen der Gesellschaft verletze. Anm. 22. Eine Ausnahme von der U n b e s c h r ä n k b a r k e i t der V e r t r e t u n g s m a c h t enthält Abs. 3. Er erklärt in betreff der Beschränkung auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen der Gesellschaft die Vorschriften des § 50 Abs. 3 für entsprechend anwendbar. Nach dieser Bestimmung ist die Beschränkung der Prokura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen des Geschäftsinhabers Dritten gegenüber nur wirksam, wenn die Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden; eine Verschiedenheit der Firma im Sinne dieser Vorschrift wird auch dadurch begründet, daß für eine Zweigniederlassung der Firma ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Zweigniederlassung der Firma bezeichnet. Danach kann auch die Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen der Gesellschaft beschränkt werden, und zwar entweder auf die Hauptniederlassung oder 235

§ 126 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 23—26 auf eine Zweigniederlassung. Bin Gesellschafter kann auch für mehrere Niederlassungen als Vertreter bestellt und nur für die eine oder andere von der Vertretung ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist aber, daß die Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben weiden. Dies ist auch bei einer offenen Handelsgesellschaft möglich, wenn sie ein Unternehmen mit dem Recht zur Fortführung der Firma erwirbt und es unter dieser als Zweigniederlassung betreibt, oder wenn sie der Firma der Zweigniederlassung einen sie als solche kennzeichnenden Zusatz gibt; vgl. wegen der Firma der o.HG. § 19. Anm. 23. Die Beschränkung der Vertretungsmacht nach Abs. 3 enthält einen t e i l w e i s e n Ausschluß des Gesellschafters von der Vertretung im Sinne des § 125 Abs. 4 und ist von sämtlichen Gesellschaftern zur E i n t r a g u n g in das H a n d e l s r e g i s t e r a n z u m e l d e n . Bei der Anmeldung und Eintragung ist die Beschränkung auf eine bestimmte Niederlassung unzweideutig zum Ausdruck zu bringen, JFG. 7, 169; ebenso bei der Zeichnung der Firma zur Aufbewahrung bei dem Gericht gemäß § 108 Abs. 2. Wegen des Verfahrens der Anmeldung und Eintragung und des zuständigen Gerichts vgl. §§ 13, 13a. Anm. 24. A u s s c h l i e ß u n g eines G e s e l l s c h a f t e r s von der V e r t r e t u n g wegen I n t e r e s s e n g e g e n s a t z e s . Nach der allgemeinen Regel des § 181 Satz 1 BGB. kann ein Vertreter, soweit nicht ein anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Dies gilt auch für den vertretungsberechtigten Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft; RG. 67, 61; JW. 1924, 1862; OLGR. 5, 20; Düring.-Hach. Anm. 14; Hueck S. 164. Auch als Gesamtvertreter kann er bei einem solchen Geschäft nicht mitwirken. Etwas anderes kann gestattet sein, entweder durch das Gesetz (RG. 68, 175; 71, 165; vgl. § 125 Abs. 2 Satz 2 und Anm. 10 dazu Abs. 1) oder durch Vertrag, insbesondere durch den Gesellschaftsvertrag, oder eine Änderung desselben, die auch durch stillschweigende Duldung aller übrigen über den Sachverhalt unterrichteten Gesellschafter geschehen kann; RG. 118, 304. Die Gestattung kann z. B. dahin gehen, den eigenen Bedarf käuflich aus dem Warenbestand der Gesellschaft zu entnehmen. Auch einem Gesamtvertreter kann bei Ermächtigung nach § 115 Abs.2 Satz 2 gestattet werden, mit sich selbst zu kontrahieren. Als ausschließliche Erfüllung einer Verbindlichkeit kommt z. B. in Betracht ; die Leistung der Einlage, die Zahlung des Kaufpreises für bezogene Waren, die Entnahme des Betrags geleisteter Aufwendungen. Unbefugtes Selbstkontrahieren ist als Überschreitung der Vertretungsmacht anzusehen; das Rechtsgeschäft ist nicht nichtig, sondern nur unwirksam, aber genehmigungsfähig; RG. in JW. 1924, 1862«; Vorbem. 49 vor § 48. Ein Gesellschafter kann die Gesellschaft auch nicht in einen R e c h t s s t r e i t zwischen ihm und der Gesellschaft vertreten; OLG. Celle in ZHR. 42, 520; Wieland I 642 Anm. 5. Er kann die Klage auch nicht als Vertreter der Gesellschaft zustellen. Er kann nur gemäß § 57 ZPO. die Bestellung eines besonderen Vertreters durch den Vorsitzenden des Prozeßgerichts beantragen. Anm. 25. Die Wirkung der Vertretungshandlungen für und gegen die Gesellschaft. Nach dem Grundsatz der unmittelbaren Stellvertretung wirken die von einem und die gegenüber einem vertretungsberechtigten Gesellschafter im Rahmen seiner Vertretungsmacht vorgenommenen Rechtshandlungen unmittelbar für und gegen die Gesellschaft. Handlungen, die die Vertretungsmacht überschreiten, haben diese Wirkung nicht. Für die e i n z e l n e n Gesellschafter können die Vertreter der Gesellschaft auf Grund ihrer Vertretungsmacht nicht Rechte oder Verpflichtungen schaffen. Anm. 26. Die Haftpflicht der Vertreter gegenüber der Gesellschaft für Verletzung ihrer Verpflichtungen als Vertreter richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie die Haftung der geschäftsführenden Gesellschafter. Denn im Innenverhältnis ist auch die Ausübung der Vertretungsmacht Geschäftsführung. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter haftet danach für die Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt; § 708 BGB. Diese Vorschrift findet auch auf die Gesellschafter Anwendung, die nach § 125 Abs. 2 Satz 2 von den Gesamtvertretern zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt worden sind. Sie gilt dagegen nicht für Gesellschafter, die nicht auf Grund des Gesellschafts-, sondern eines anderen Rechts-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 126 Anm. 27, 88 Verhältnisses, z. B. eines Werkvertrages oder Dienst Vertrages (als Prokurist, Handlungsbevollmächtigter oder Angestellter), zu Dienstleistungen für die Gesellschaft verpflichtet sind. Sie haften nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die Haftung der Vertreter kommt namentlich in Betracht, wenn sie nach außen zwar im Rahmen ihrer Vertretungsmacht gehandelt und die Gesellschaft dadurch verpflichtet haben, ihr Verhalten aber gegen die im inneren Verhältnis bestehenden Beschränkungen — z.B. gegen das Verbot von Kreditgewährungen über ein bestimmtes Maß hinaus — verstößt. Wegen der Haftung, im übrigen auch wegen der Folgen der Überschreitung der Vertretungsmacht, wird auf die Erl. zu § 116 Anm. 18ff. verwiesen. Anm. 27. Die Haftung der Gesellschaft aus unerlaubten Handlungen ihrer Vertreter. Die Haftung der Gesellschaft für Schaden, den ein Dritter durch eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung ihrer Vertreter erleidet, ergibt sich, wie auch die Haftung für Handlungen der g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n Gesellschafter (wegen dieser vgl. § 116 Anm. 30; RG. bei Warneyer 15, 96 = LZ. 15, 705"; Wieland I 586 Anm. 9), aus der sinngemäßen Anwendung des § 31 BGB.; RG. 46,18; 76, 48; in JW. 11, 97"; 31, 16891; in LZ. 1911, 772; 1914, 383* bei Warneyer 11 Nr. 78; Wieland I 419, 485; Staudinger § 31 BGB. Anm. l a . Die schadenverursachende Handlung muß in einem i n n e r e n — nicht nur äußeren — Zusammenhang mit dem Geschäftsbetriebe stehen, „in Ausführung", nicht nur bei Gelegenheit der Ausführung begangen sein; RG. bei Gruchot 51, 1023; in LZ. 1913, 378«; OLG. Braunschweig im Recht 11 Nr. 2983. Die Haftung der offenen Handelsgesellschaft nach § 31 BGB. tritt danach nicht ein, wenn ein Gesellschafter seine Verpflichtungen als Organmitglied einer anderen Gesellschaft verletzt, auch wenn er diese Stellung wegen der Beteiligung der offenen Handelsgesellschaft an der anderen Gesellschaft (z. B. durch Aktienbesitz) erlangt hat; denn die Ausübung der Stellung bei der anderen Gesellschaft, etwa als Aufsichtsrat, ist keine Verrichtung, die ihm als Vertreter der offenen Handelsgesellschaft obliegt; nur wenn die schädigende Handlung zugleich eine für die o.HG. vorgenommene Handlung darstellt, haftet diese; RG. in DJZ. 13, 698; RG. 64, 14; 112, 382. Die Haftung tritt nicht nur ein, wenn der Vertreter rechtsgeschäftliche Handlungen vornimmt, sondern auch, wenn er in Ausübung seiner Vertretungsmacht Verrichtungen tatsächlicher Art ausführt, z. B. bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo), oder wenn er eine Auskunft erteilt; RG. 157, 228; vgl. auch § 349 Anhang Anm. 37. Bei G e s a m t v e r t r e t u n g haftet die Gesellschaft für die unerlaubte Handlung, z. B. eine Auskunft bei Vertragsverhandlungen jedes einzelnen Gesamtvertreters; vgl. dazu Rospatt in JR. 1933, 13ff. Es kommt also nicht darauf an, ob der Handelnde die Gesellschaft r e c h t s g e s c h ä f t l i c h allein durch sein Handeln verpflichten kann; RG. 57, 94; 74, 250; 78, 354; 110, 426; 157, 233; in JW. 1914, 202"; 17, 5931; in LZ. 1913, 140®; bei Gruchot 51,1023. Die Haftung der Gesellschaft tritt auch dann ein, wenn nach dem inneren Verhältnis der Gesellschafter zu der Handlung, bei oder durch deren Vornahme er die unerlaubte Handlung begangen hat, nicht befugt war, also ein Mißbrauch der Vertretungsmacht vorliegt. Als Fälle der Haftpflicht kommen nach der Rechtsprechung u. a. in Betracht: Verletzung von Firmen-, Urheber- und gewerblichen Schutzrechten (Patenten), RG. 15,121; falsche Empfehlungen und Auskünfte, RG. 17, 93; 20,190; 157,228; Bolze 21 Nr. 553. Anm 28. Für unerlaubte Handlungen, die nur im A n s t e l l u n g s v e r h ä l t n i s zur G e s e l l s c h a f t s t e h e n d e D r i t t e (Handlungsgehilfen, Handlungsbevollmächtigte, Prokuristen) in Ausführung der ihnen übertragenen Verrichtungen begehen und durch die andere Schaden erleiden, haftet die Gesellschaft nur nach § 831 BGB. Sie hat die Entlastungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift (durch den Nachweis der Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl der Bestellten und der Leitung der Verrichtung). Bei der Haftung nach § 31 BGB. steht ihr diese Möglichkeit nicht zu; wegen der Anwendung des § 831 auf Prokuristen vgl. RG. in JW. 1932, 722*. Auch wenn ein Gesellschafter ohne gesetzliche Vertretungsmacht, etwa als Handlungsbevollmächtigter oder Prokurist durch Dienst vertrag angestellt ist oder mit einzelnen Verrichtungen betraut ist, haftet die Gesellschaft nicht weiter, als wenn sie einen Dritten zu diesen Verrich237

§ 126 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 29—33 tungen bestellt hätte. Hat der Gesellschafter keinen im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g festgelegten Anspruch auf seine Tätigkeit, ist er selbst nur von vertretungsberechtigten Gesellschaftern bestellt, so nimmt er keine andere Stellung ein wie der Handlungsbevollmächtigte usw. eines Binzelkaufmanns, für den der Betriebsinhaber nur nach § 831 BGR. haftet. Anm. 29. Ist ein e i n z e l n e r G e s a m t v e r t r e t e r nach §125 Abs. 2 Satz 2 zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt, so ist er deshalb noch kein dem Vorstandsmitgliede eines Vereins oder einem „anderen verfassungsmäßig berufenen Vertreter" im Sinne der §§ 30, 31 BGB. gleichstehendes Organ der Gesellschaft. Zwar würde die Widerruflichkeit der Stellung der für die Vertreterstellung nach den genannten Bestimmungen erforderlichen v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n S e l b s t ä n d i g k e i t der Stellung nicht entgegenstehen, ebensowenig, daß der Gesellschafter etwa im inneren Verhältnis an Weisungen und Anordnungen der übrigen Gesamtvertreter gebunden wäre. Die Selbständigkeit würde in der Befugnis, nach außen für die Gesellschft zu handeln, genügend zum Ausdruck kommen; vgl. RG. 157, 228 (236). Hinzukommen muß aber nach §§ 30, 31 BGB. die Festlegung der Stellung in der Satzung, bei der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag; RG. 90,1; 157, 228 (236). Nur wenn diese vorliegt, kann der als Handlungsbevollmächtigter oder als Prokurist berufene Gesellschafter als ein Organ der Gesellschaft angesehen werden, für das sie ebenso haftet, wie für ihre allgemein vertretungsberechtigten Gesellschafter. Sie haftet dann für die unerlaubten Handlungen, die der Gesellschafter innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftskreises begeht. Als genügende Festlegung im Gesellschaftsvertrag ist es anzusehen, wenn in diesem die Errichtung einer selbständigen Zweigniederlassung und die Betrauung eines Gesellschafters mit ihrer Leitung festgelegt ist; RG. 90,1; vgl. auch RG. bei Gruchot 51,1023; im Recht 1909 Nr. 3349; bei Warneyer 11 Nr. 78; Ritter Anm. 200; DürHach. Anm. 16; ferner Vorbem. 69 vor §48. Ist ein Prokurist Gesamtvertreter nach § 125 Abs. 3 (unechte Gesamtvertretung) und handelt er in dieser Eigenschaft, so haftet die Gesellschaft nach § 31 BGB.; denn er ist insofern verfassungsmäßiger Vertreter im Sinne der §§ 30, 31 BGB. ; a. A. Schlegelberger Anm. 27. Die Haftung aus unerlaubter Handlung, insbesondere nach §§ 823, 826 BGB. setzt Verschulden desjenigen voraus, der die Handlung vorgenommen hat. Allerdings können auch N o t s t a n d s - u n d S e l b s t h i l f e h a n d l u n g e n zum Schadenersatz verpflichten; §§ 261, 904 BGB. Anm. 80. Soweit der Schadensersatzanspruch eines Dritten aus einem für die Gesellschaft eingegangenen V e r t r a g s v e r h ä l t n i s abgeleitet wird, kommt es nicht darauf an, ob der für die Gesellschaft Handelnde zu den Vertretern im Sinne des § 31 BGB. gehört. Aus Vertrag haftet die Gesellschaft nach § 278 BGB. unbedingt für das Verschulden der Personen, die bei Eingehung rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen befugt für sie gehandelt haben. Eine Entlastung wie nach § 831 bei unerlaubten Handlungen findet nicht statt; vgl. Vorbem. 53ff. vor §48. Anm. 81. Beweislast. Die Tatsachen, auf die ein Schadensersatzanspruch eines Dritten gestützt wird, hat der zu b e w e i s e n , der darauf seinen Anspruch stützt; wegen der Beweislast im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Vertretungspflichtigen Gesellschafter vgl. § 116 Anm. 21. Anm. 32. Die für die Gesellschaft handelnden Gesellschafter haften Dritten unmittelbar nach § 128 BGB., aber auch als unmittelbare Täter nach den §§ 823ff. BGB., wenn der Tatbestand dieser Vorschriften in ihrer Person erfüllt ist. Anm. 88. Mehrere Gesellschafter, die den Schaden gemeinsam verursacht haben, haften als G e s a m t s c h u l d n e r , § 128 HGB., § 427 BGB.; wegen der Ausgleichspflicht vgl. § 426 BGB.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 127 Anm. 1, 2

§

Die Vertretungsmacht kann einem Gesellschafter auf Antrag der übrigen Gesellschafter durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Vertretung der Gesellschaft. Anm. 1. § 127 regelt die E n t z i e h u n g der V e r t r e t u n g s b e f u g n i s d u r c h ger i c h t l i c h e s U r t e i l . Er entspricht dem §117, der wörtlich übereinstimmend eine gleiche Regelung für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis enthält. Es wird daher zur Auslegung des § 127 auch auf die Erläuterung zu § 117 verwiesen. Im ADHGB. fehlt eine entsprechende Bestimmung. Dessen Art. 101 spricht nur aus, daß die Übertragung der G e s c h ä f t s f ü h r u n g nicht ohne rechtmäßigen Grund widerrufen werden könne. Ob diese Vorschrift sinngemäß auf die Entziehung der Vertretungsmacht angewendet werden könne, war bestritten. Die Vertretungsbefugnis ist wie die Geschäftsführungsbefugnis ein auf dem gesellschafterlichen Zusammenschluß der Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag beruhendes Recht der zur Vertretung berufenen Gesellschafter. Deshalb kann sie grundsätzlich nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags, also nur mit Zustimmung aller Gesellschafter aufgehoben werden. Diese Art der Aufhebung der Befugnis bleibt durch § 127 unberührt. § 127 gibt eine Möglichkeit, eine solche Änderung auch ohne Zustimmung des Vertretungsberechtigten herbeizuführen. Von der Regelung für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts unterscheidet sich das Recht der offenen Handelsgesellschaft in zwei Punkten. Das BGB. kennt bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Entziehung der Vertretungs- (wie der Geschäftsführungsbefugnis) gegen den Willen des Betroffenen nur für den Fall, daß es sich um eine durch den Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern übertragene, nicht um die auf dem Gesetz beruhende Befugnis handelt. Bei der offenen Handelsgesellschaft gilt diese Einschränkung nicht. Nach bürgerlichem Recht erfolgt die Entziehung durch einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß, §§ 712 Abs. 1, § 715 BGB.; bei der offenen Handelsgesellschaft aber durch gerichtliche Entscheidung. Anm. 2. Die Zulässlgkeit der Entziehung der Vertretungsbefugnis erstreckt sich auf alle Arten der Vertretungsmacht, die den G e s e l l s c h a f t e r n als solchen z u s t e h t , gleichgültig, ob sie auf der gesetzlichen Regel des § 125 Abs. 1 oder auf einer davon abweichenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrags beruht. Sie besteht somit auch bei echter oder unechter Gesamtvertretung (§ 125 Abs. 2 und 3) oder bei der auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen beschränkten Vertretungsmacht; § 126 Abs. 3. Sie entfällt auch bei einer Gesamtvertretung nicht mangels eines Rechtsschutzinteresses deshalb, weil durch Versagung der Mitwirkung des anderen Gesamtvertreters die Mitvertretungsmacht desjenigen, bei dem ein wichtiger Grund zur Entziehung vorliegt, ausgeschaltet werden könnte; eine Gefährdung der Belange der Gesellschaft durch die Fortdauer der passiven Vertretungsmacht (§ 125 Abs. 2 Satz 3) bliebe jedenfalls bestehen. Das Bedürfnis zur Entziehung kann auch bestehen, wenn die Mitvertreter bereit sind, mit dem anderen weiterzuarbeiten. Außerdem könnte auch die Gesellschaft durch eine Unmöglichkeit oder Erschwerung ihrer Vertretung in der Erfüllung ihrer Aufgaben gehemmt werden; OLG. Hamburg in OLGR. 34, 342. Die Entziehungsmöglichkeit nach § 127 besteht nicht für die E r m ä c h t i g u n g eines G e s a m t v e r t r e t e r s n a c h § 125 Abs. 2 u. 3 oder eines von der Vertretung überhaupt ausgeschlossenen Gesellschafters zur Vornahme bestimmter oder bestimmter Arten von Geschäften. Solche Ermächtigungen haben die rechtliche Natur einer Handlungsvollmacht; § 125 Anm. 10. Sie können ohne weiteres, ebenso wie eine Prokura, jederzeit im ersten Falle von den übrigen Gesamtvertretern, sonst von zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschaftern widerrufen werden; vgl. §125 Anm. 10. Es besteht deshalb auch kein Bedürfnis zu einer Entziehung der Befugnis durch eine r e c h t s c h a f f e n d e gerichtliche Entscheidung.

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§127 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 3—« Bei der u n e c h t e n G e s a m t v e r t r e t u n g erfolgt die Entziehung der Vertretungsbefugnis nur gegen den zur Gesamtvertretung berufenen Gesellschafter. Mit ihr fällt auch die Befugnis des Prokuristen, mit diesem zusammen die Gesellschaft zu vertreten, weg. Die Prokura, die dadurch im übrigen unberührt ble'bt, kann aber nach § 52 selbständig widerrufen werden; mit diesem Widerruf fällt auch die Gesamtvertretungsbefugnis des Gesellschafter-Gesamtvertreters mit diesem Prokuristen weg. Vgl. Hueck, S. 165. Anm. 3. Die E n t z i e h u n g d e r V e r t r e t u n g s m a c h t k a n n n u r a u s wichtigem Grunde geschehen; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Vertretung der Gesellschaft. Der Begriff des wichtigen Grundes ist derselbe wie bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis; vgl. §117 Anm. 3ff. Die zur Rechtfertigung der Entziehung geltend gemachten Tatsachen müssen gerade die Entziehung der Vertretung rechtfertigen. Was zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis genügt, braucht nicht die Entziehung der Vertretungsbefugnis zu rechtfertigen (und umgekehrt). Im Einzelfall kann das Bedürfnis zu einer Entfernung von der Vertretung insbesondere auch wegen der Belastung der übrigen Gesellschafter mit der Haftung mit ihrem Privatvermögen und wegen der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht wichtiger und daher eher begründet sein als die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis. Ein wichtiger Grund kann insbesondere auch der Mißbrauch der Vertretungsmacht z . B . durch Überschreitung der im inneren Verhältnis bestehenden Beschränkungen sein. Maßgebend sind die Belange der Gesamtheit. V e r s c h u l d e n des von der Entziehung Betroffenen ist nicht erforderlich. Bei der Entscheidung sind auch die B e l a n g e d e s B e t r o f f e n e n zu b e a c h t e n . Da es sich für diesen unter Umständen um eine tief eingreifende Maßregel handelt, durch die sein Interesse an der gesellschaftlichen Beteiligung überhaupt in Frage gestellt sein kann, ist auch zu prüfen, ob nicht die Belange der Gesamtheit auf a n d e r e m W e g e g e w a h r t w e r d e n k ö n n e n , insbesondere bei mangelndem Verschulden des Betroffenen, durch Umgestaltung des Vertragsverhältnisses, etwa Bestellung eines weiteren Vertreters bis zum Wegfall einer zeitweiligen Behinderung des Betroffenen. Weigern sich die anderen Gesellschafter, bei einer billigen Lösung mitzuwirken, so kann unter Umständen das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint werden. Anm. 4. Die Geltendmachung des Entzlehungsrechts e r f o l g t d u r c h Klage im W e g e d e s Z i v i l p r o z e s s e s , nicht durch Beschluß der übrigen Gesellschafter oder durch Mehrheitsbeschluß. Anm. 5. Da es sich nicht um einen Anspruch der Gesellschaft, auch nicht um eine Handlung der Geschäftsführung oder der Vertretung, sondern um eine Änderung des Gesellschaftsvertrages handelt, bestimmt das Gesetz, daß der Antrag wie bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis (§117) v o n a l l e n ü b r i g e n M i t g l i e d e r n zu stellen ist. Diese sind die Kläger, während Beklagter der von der Vertretung auszuschließende Gesellschafter ist. Auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter müssen bei der Stellung des Antrages, die in der Klageerhebung liegt, mitwirken. Andernfalls ist eine Entscheidung zur Sache unmöglich und die Klage abzuweisen. Auch bei Gefahr im Verzug besteht keine Ausnahme. Jeder Gesellschafter muß also in dem Prozeß mitwirken, entweder als Kläger oder als Beklagter; vgl. § 117 Anm. 11. Können sich die übrigen Gesellschafter, die notwendige Streitgenossen sind, nicht über die gemeinsame Klageerhebung einigen, so bleibt nur die Klage auf Auflösung der Gesellschaft oder Ausschließung der Widerstrebenden; vgl. auch § 140. Auch wenn n u r zwei G e s e l l s c h a f t e r v o r h a n d e n s i n d , kann der eine gegen den anderen den Antrag stellen. Auch ein Gesellschafter kann den Antrag gegen alle anderen stellen. Anm. 6. Z u s t ä n d i g ist das Gericht des Sitzes der Gesellschaft (§ 22 ZPO.), und zwar die Kammer für Handelssachen; § 95 Nr. 4 GVG. Die Klage kann aber auch im allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten erhoben werden. Eine F r i s t f ü r die S t e l l u n g d e s A n t r a g e s besteht nicht. E r wird aber mit der Auflösung der Gesellschaft hinfällig, da damit die Vertretungsbefugnis der Gesell-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis des Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 1 2 7 Anm. 7, 8 schaiter erlischt; vgl. auch § 117 Anm. 15; wegen der Möglichkeit der Abberufung von Abwicklern im Abwicklungsverfahren vgl. § 146. Anm. 7. Da Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu unterscheiden sind, muß sich aus dem Antrage und aus dem Urteile, notfalls durch Auslegung ergeben, welche Befugnis entzogen werden soll; vgl. § 117 Anm. 14. Anm. 8. Die E n t z i e h u n g der V e r t r e t u n g s b e f u g n i s i s t a u c h z u l ä s s i g , w e n n nur ein vertretungsberechtigter Gesellschafter v o r h a n d e n i s t ; vgl. für die entsprechende Frage bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis § 117 Anm. 18 und wegen des Ausschlusses aller Gesellschafter von der Vertretung d u r c h den G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g §125 Anm. 4. Auch wenn nur ein vertretungsberechtigter Gesellschafter vorhanden ist, — oder wenn bei allen vertretungsberechtigten ein wichtiger Grund vorliegt, — besteht kein Anlaß, die Entziehung der Vertretungsbefugnis auszuschließen; denn auch dann können es die Belange der Gesamtheit erfordern, einen zur Vertretung völlig ungeeigneten oder seine Stellung grob mißbrauchenden Gesellschafter aus seiner Stellung auch gegen seinen Willen zu entfernen. Der Umstand, daß die Gesellschaft dadurch zunächst ohne Vertreter ist und eine Vertretung für die Gesellschaft wegen ihrer Geschäftsunfähigkeit unentbehrlich ist, spricht nicht dagegen. Der einzige Vertreter kann auch aus anderem Grunde wegfallen, z. B . durch Tod oder er kann dauernd unfähig werden, die Gesellschaft zu vertreten, z. B . durch Verfall in Geschäftsunfähigkeit, Abwesenheit. In allen Fällen des Wegfalls des Vertreters ist es Aufgabe der Gesellschafter, durch Änderung des Gesellschaftsvertrags für Abhilfe zu sorgen, wenn nicht schon der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag den Wegfall eines Vertreters berücksichtigt. Regelmäßig wird es als stillschweigend vereinbart anzusehen sein, daß- bis zur Neuregelung der Vertretung durch Vereinbarung der Gesellschafter die gesetzliche Regelung gelten soll, daß die übrigen Gesellschafter allein vertretungsberechtigt sein sollen; vgl. § 125 Anm. 19. Nur wenn dieser Weg wegen Uneinigkeit der Gesellschafter versagt, kann sich ein wichtiger Grund zu der weit einschneidenden Auflösung der Gesellschaft oder deren Ersatz (vgl. §§ 133,140,142) ergeben. Da die Auflösung usw. nur das äußerste Mittel darstellt (vgl. § 133 Anm.), muß vorher versucht werden, durch Ausscheiden des nicht mehr geeigneten Vertreters aus der Vertretung zu helfen. Die Klage nach § 127 kann nicht deshalb abgewiesen werden, weil der verklagte Gesellschafter sich weigert, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Es bleibt dann immer noch die Möglichkeit seiner Ausschließung aus der Gesellschaft oder der Übernahme des Geschäfts durch den anderen Gesellschafter. Unter Umständen kann auch die Weigerung eines a n d e r e n Gesellschafters, bei der Umgestaltung des Vertrages durch Bestellung eines anderen Gesellschafters als Vertreter mitzuwirken, eine Verletzung der Gesellschaftertreue darstellen und einen wichtigen Grund zur Ausschließung d i e s e s Gesellschafters bilden. Nach Lage des Falles kann auch als stillschweigend vereinbart angesehen werden, daß zur Erhaltung des Unternehmens ein neuer Vertreter durch die übrigen Gesellschafter berufen oder durch Mehrheitsbeschluß der Geselchaftsvertrag in diesem Punkte entsprechend geändert werden kann. Für Zulässigkeit der Entziehung, auch bei einem einzigen Vertreter: RG. 74, 301; Wieland I 598 Anm. 17; Schlegelberger Anm. 9; Ritter Anm. 2 a ; Hueck S. 165; Haupt S. 47; Würdinger S. 123; a. A. DürHach. Anm. 9; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, S. 44 Anm. 66. Nach § 29 B G B . sind, soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes eines Vereins (auch eines eingetragenen, vgl. H R R . 37 Nr. 75) fehlen, sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten von dem Amtsgericht des Vereinssitzes zu bestellen. Die Rechtsprechung hat die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift zwar für juristische Personen des Handelsrechts (Aktiengesellschaft und GmbH.), nicht aber für die Personengesellschaften des Handelsrechts anerkannt; R G . 116,118; R J A . 15,127. Für die Ausschließung dieser Möglichkeiten bei den letztgenannten Gesellschaften besteht aber kein zwingender Grund. Das Bedürfnis für eine Fürsorge durch das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht auch bei diesen Gesellschaften, da auch die Gesellschafter, die für Ersatz sorgen könnten, verhindert sein können. Auch durch e i n s t w e i l i g e V e r f ü g u n g nach den Vorschriften der ZPO. ist die Bestellung eines Vertreters bis zur Entscheidung über die Ausschließungsklage möglich. 16

H O B . Bd. I I . (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 127 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 9—11 Anm. 9. D i e E n t z i e h u n g d e r V e r t r e t u n g s m a c h t e r f o l g t d u r c h gerichtliche Entscheidung, und zwar durch Urteil. Das Urteil hat r e c h t s g e s t a l t e n d e W i r k u n g . Diese Wirkung tritt erst mit der Rechtskraft des Urteils ein. Ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil kann diese Wirkung, die in einer auf die Dauer geltenden Änderung des Gesellschaftsvertrages besteht, nicht haben; Schlegelberger Anm. 8; vgl. auch § 117 Anm. 13, 25. Z u l ä s s i g i s t , a u f weniger als die volle Entziehung der Vertretungsmacht zu e r k e n n e n und dies auch schon in der Klage zu beantragen; ebenso Wieland I 588; a. A. Ritter Anm. 2; Brand Anm. 2e; vgl. auch § 117 Anm. 24. Es ist aber nur zulässig, die Vertretungsmacht so zu beschränken, wie es auch durch den Gesellschaftsvertrag geschehen kann. Danach ist eine Beschränkung des Umfanges der Vertretungsmacht, die nach § 126 Abs. 2 Dritten gegenüber unwirksam ist, also insbesondere die Beschränkung auf gewisse Geschäfte oder gewisse Arten von Geschäften unzulässig, denn dies würde dem durch § 126 Abs. 2 erstrebten Schutze des Verkehrs widersprechen. Zulässig wäre danach die Beschränkung auf eine von mehreren Niederlassungen, wenn dadurch die Belange der Beteiligten gewahrt sind; § 126 Abs. 3. Auch die Entziehung der Alleinvertretungsbefugnis in der Weise, daß der Gesellschafter künftig nur mit einem anderen Gesellschafter als Mitvertreter oder einem Prokuristen handeln darf, also die U m g e s t a l t u n g in e i n e e c h t e o d e r u n e c h t e G e s a m t v e r t r e t u n g (§ 125 Abs. 2 u. 3), ist möglich. Da es sich um eine Ausnahmebefugnis des Gerichts zur Umgestaltung eines Vertragsverhältnisses handelt, bei der lediglich der mangelnde Vertragswille des Betroffenen durch die gerichtliche Entscheidung ersetzt wird, kann die Entscheidung das Vertragsverhältnis nicht über die reine Entziehung einer Befugnis hinaus umgestalten. Es kann somit nicht, um die Durchführung der Einzelvertretungsbefugnis in eine Gesamtvertretung zu ermöglichen, angeordnet werden, daß einem anderen Gesellschafter ebenfalls Gesamtvertretungsbefugnis erteilt wird. Eine solche weitere Umgestaltung könnte nur nach den allgemeinen Regeln über die Vertragsänderung, also mit Zustimmung aller Gesellschafter, d. h. durch Vertrag, geschehen. Aber die bloße Umwandlung der Einzelvertretungsbefugnis in eine Gesamtvertretungsbefugnis könnte angeordnet werden. Ob sie vollziehbar ist, würde dann davon abhängen, ob noch andere Gesamtvertreter vorhanden sind oder durch Vertragsänderung geschaffen werden. Falls noch ein Alleinvertreter vorhanden ist, könnte auch angeordnet werden, daß der Betroffene nur zusammen mit diesem handeln dürfe (wegen der Zulässigkeit einer solchen Regelung auch durch den Gesellschaftsvertrag vgl. § 125 Anm. 8), das Alleinvertretungsrecht des anderen würde aber daneben bestehen bleiben; denn in die Befugnisse eines anderen Gesellschafters, der nicht mitverklagt ist, kann die Entscheidung nicht eingreifen. Nicht zulässig ist die Anordnung, daß der Vertreter künftig nur zusammen mit einem Dritten (außer einem Prokuristen) zur Vertretung berechtigt sei; denn eine solche Bestimmung könnte auch nicht im Gesellschaf tsvertrage getroffen werden, da, abgesehen von dem Fall der unechten Gesamt Vertretung, nur Gesellschafter Organvertreter sein können; vgl. § 125 Anm. 3. Die in HoldhMschr. 1909, 23 vertretene Meinung, daß der Richter bei der E n t scheidung an keine gesetzlichen Schranken gebunden sei, also jede ihm zweckmäßig erscheinende Umgestaltung vornehmen dürfe, würde dem Ausnahmecharakter des § 127 widersprechen. Auch soweit die beschränkte Entziehung an sich zulässig ist, muß sie unterbleiben, wenn sie, wie z. B. die Beschränkung auf eine Niederlassung, den berechtigten Belangen des Betroffenen widerspricht. Erfordern die Belange der Gesellschaft aber eine Änderung des Zustandes, so muß von der Beschränkung abgesehen und nach dem Klageantrage erkannt werden, wenn für diese ein wichtiger Grund vorliegt; vgl. auch unten Anm. 13, letzter Absatz. Anm. 10. Die Wirkung der Entziehung geht dahin, daß die Vertretungsmacht des betroffenen Gesellschafters mit der Rechtskraft des Urteils erlischt oder, falls eine teilweise Entziehung erfolgt, entsprechend beschränkt wird. Anm. 11. E i n w i r k u n g d e r E n t z i e h u n g auf d i e V e r t r e t u n g s m a c h t a n d e r e r G e s e l l s c h a f t e r . Hatte der betroffene Gesellschafter Gesamtvertretungsmacht und ist nach Wegfall seiner Vertretungsmacht nicht mehr die erforderliche Zahl von Gesamtvertretern vorhanden, so können auch die noch vorhandenen die Gesamtver242

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 127 Anm. 12, IS tretung nicht mehr ausüben. Durch die Entziehung der Vertretungsmacht eines Gesellschafters kann nicht ohne weiteres die Vertretungsmacht anderer verstärkt werden; Ritter A n m . 3; Brand Anm. 2e; Schwarz Anm. 3; DürHach. Anm. 9; OLG. Rostock in JFG. 2, 31; OLG. Colmar bei Bauer 15, 62; vgl. auch RG. 116,117. Deshalb erlangt der einzig übrig bleibende Gesamtvertreter durch die Entziehung der Vertretungsbefugnis eines anderen Gesamtvertreters nicht Alleinvertretungsbefugnis; a. A. Wieland I 588 Anm. 17; OLG. Dresden bei Bauer 11,188. Dies würde dem Willen der Gesamtheit der Gesellschaft widersprechen, die dem übrigbleibenden gerade die Alleinvertretung nicht übertragen wollten. Auch hier muß unter Umständen durch Änderung des Gesellschaftsvertrags geholfen werden; vgl. oben Anm. 8. Bei unechter Gesamtvertretung fällt mit der Entziehung der Vertretungsmacht auch die Vertretungsbefugnis des Prokuristen weg (seine Befugnisse als Prokurist bleiben aber unberührt). Wird sämtlichen Prokuristen die Prokura entzogen (§ 52), so kann auch der Gesamtvertreter die Vertretung mit einem Prokuristen nicht mehr ausüben, bis wieder ein Prokurist bestellt wird. Anm. 12. Die Entziehung wirkt einem Dritten gegenüber nur, wenn sie zum Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder dem Dritten bekannt ist; § 15. Die Anmeldung hat durch alle übrigen Gesellschafter zu erfolgen; §125 Abs. 4; §16. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger ist zur Anmeldung nicht befugt; OLG. Königsberg in J W . 25,1800 8 . Der R e g i s t e r r i c h t e r ist zu einer N a c h p r ü f u n g der Richtigkeit des Urteils (oder einer etwa ergangenen einstweiligen Verfügung, vgl. unten Anm. 13) nicht befugt; EhrenbergHandb. I 580; KG. bei Bauer 30, 30; K G J . 53, 91. Anm. 13. Durch einstweilige Verfügung kann die vorläufige Entziehung der Vertretungsmacht bis zur Beendigung des Entziehungsprosesses angeordnet werden; RGSt. in LZ. 14,1134 11 . Eine B e s c h r ä n k u n g der Vertretungsmacht kann auch hierbei nicht anders erfolgen, als sie im Gesellschaf tsvertrage und im Urteil in der Hauptsache möglich ist; vgl. Anm. 9. Die Entziehung oder Beschränkung wirkt Dritten gegenüber auch hier nur, wenn sie auf Antrag der zur Entziehungsklage berechtigten, d. h. der „übrigen" Gesellschafter eingetragen und bekannt gemacht oder dem Dritten bekannt ist. Gegenüber dem betroffenen Gesellschafter tritt die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung durch die Zustellung an ihn ein. Nur diese Zustellung, nicht die Eintragung muß innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO. erfolgen; RG. im Recht 1909 Nr. 950; OLG. Dresden im Recht 1901 Nr. 1676; bei Bauer 9, 137; KG. in K G J . 37A 142; Schlegelberger Anm. 12. Da in diesem Verfahren das Gericht nach freiem Ermessen bestimmt, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks einer solchen Verfügung nötig sind, und § 127 dieses Recht nicht beschränkt, kann neben der vorläufigen Entziehung oder Beschränkung der Vertretungsmacht oder statt dieser Maßregel auch eine andere Anordnung getroffen werden. So kann auch einem Dritten oder einem bisher nicht oder nur gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafter vorläufig die Vertretung der Gesellschaft übertragen werden; § 938 ZPO.; ROHG. 16, 72; RG. 22,170. Doch ist dieser Vertreter, auch nicht im Verhältnis zu Dritten, kein Vertretungsberechtigter im Sinne des § 125. Er hat nur die Befugnisse eines zum Betrieb eines Handelsgewerbes Ermächtigten nach § 54 HGB.; Schlegelberger Anm. 12; DürHach. Anm. 7. Ein Bedürfnis zur Verleihung einer weitergehenden Vertretungsmacht wird auch kaum bestehen. Seine Bestellung ist auch nicht ins Handelsregister einzutragen. Einstweilige Verfügungen gleichen Inhalts können auch in einem Rechtsstreit über die Auflösung der Gesellschaft, über die Ausschließung eines Gesellschafters oder über das Ubernahmerecht eines Gesellschafters auf Antrag der zur Klage befugten Gesellschafter erlassen werden; §§ 133,140,142; vgl. § 117 Anm. 27. Derartige vorläufige Maßregeln sind auch zulässig, soweit durch den Gesellschaftsvertrag das Recht auf Entziehung der Vertretungsbefugnis in zulässiger Weise eingeschränkt ist; vgl. unten Anm. 15; RG. in LZ. 1914,1134 11 ; RGSt.45, 387; OLG. Dresden bei Bauer 11,188. Aus der Entziehung der Vertretungsmacht, insbesondere, wenn sie ohne Verschulden des betroffenen Gesellschafters erfolgt, kann sich für diesen ein w i c h t i g e r G r u n d z u r A u f l ö s u n g der Gesellschaft ergeben; § 133, vgl. auch § 117 Anm. 26. 16*

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§ 127 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 14, 15 Anm. 14. Die Niederlegung der Vertretungsbefagnis d u r c h e i n s e i t i g e E r k l ä r u n g des B e r e c h t i g t e n . Wie dar Gesellschafter als solcher sich nicht während der Dauer der Gasellschaft einseitig aus der gesellschafterlichen Bindung loslösen kann, kann er sich auch nicht w i l l k ü r l i c h von der durch Übertragung der Vertretung durch das Gesetz oder besondere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages begründeten Verp f l i c h t u n g zur Vertretung befreien. Es gilt insofern das gleiche wie von der Verpflichtung zur Geschäftsführung. Für diese läßt der auch auf die offene Handelsgesellschaft anwendbare § 712 Abs. 2 BGB. die Kündigung durch den Gesellschafter zu, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; vgl. § 117 Anm. 31. Eine entsprechende Vorschrift für die Vertretung besteht nicht. Die Vorschriften über die Niederlegung der Geschäftsführung sind aber mindestens sinngemäß anzuwenden. Im Verhältnis zur Gesellschaft hat die Vertretung dieselbe Bedeutung wie die Geschäftsführung. Sie dient insofern ebenfalls der Erreichung des Gesellschaftszweckes. Für die Möglichkeit einer Lösung sprechen die gleichen Erwägungen wie bei der Geschäftsführung. Besondere Gründe, die dagegen sprechen, ergeben sich aus der Eigenart der Vertretung nicht. Auch dringende Bedürfnisse Dritter ergeben nicht die Unmöglichkeit einer Niederlegung der Vertretungsmacht. Abhilfe gegen den Wegfall eines Vertreters kann in diesem Falle ebenso geschehen, wie wenn aus anderem Grunde ein Vertreter wegfällt. Regelmäßig wäre auch den Belangen der Gesamtheit nicht gedient, wenn ein Gesellschafter trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes in seiner Stellung festgehalten werden könnte. Es muß daher auch dem Vertreter das Recht zustehen, aus wichtigem Grunde die Vertretung zu kündigen; a. A. DürHach. Anm. 10; Schlegelberger Anm. 13; Hueck S. 165. (Diesem kann nicht zugestimmt werden, daß der Vertretungsberechtigte, wenn er nicht als Geschäftsführer dazu verpflichtet ist, die Vertretungsbefugnis nicht auszuüben v e r p f l i c h t e t sei. Im innern Verhältnis ist die Vertretung ebenfalls Geschäftsführung. Deshalb muß der Vertreter auch die Vertretungsverhandlungen vornehmen, die die Erreichung des Gesellschaftszwecks erfordern). Der Vertreter muß dabei aber ebenso wie der Geschäftsführer bei der Niederlegung der Geschäftsführungsbefugnis die Vorschriften des § 671 Abs. 2 BGB. beachten (§ 712 Abs. 2 BGB.). Er muß in der Art kündigen, daß die Gesellschaft für die Vertretung in anderer Weise Vorsorge treffen kann: es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt; andernfalls hat er der Gesellschaft den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist er zur Niederlegung aber auch dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat; § 671 Abs. 3 BGB. Anm. 15. Zulässigkeit von Abweichungen von der gesetzlichen Regel durch den Gesellschaftsvertrag. Die Vorschrift, daß die Entziehung der Vertretungsbefugnis durch g e r i c h t l i c h e E n t s c h e i d u n g geschieht, enthält kein z w i n g e n d e s Recht. Daß sie nicht im Interesse Dritter erfolgt ist, zeigt § 117, der für die nur das innere Verhältnis der Gesellschafter berührende Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ebenfalls als Regel den Weg der gerichtlichen Entscheidung vorsieht. Der Verkehr ist durch die Notwendigkeit der Eintragung der Entziehung zum Handelsregister geschützt, § 15. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das Gesetz im Interesse der Gesellschafter, insbesondere der vertretungsberechtigten, nur die Entziehung durch Richterspruch zulassen wollte. Die Gesellschafter können auf Grund übereinstimmenden Willens schon im Gesellschaftsvertrag einzelne Gesellschafter von der Vertretung und von der Geschäftsführung, also weitgehend von der Verwaltung ausschließen. Sie können auch die Vertretungsmacht zeitlich beschränken oder ihr Ende von dem Eintritt einer auflösenden Bedingung, etwa des Aufhörens der Behinderung oder des Eintritts der Volljährigkeit eines anderen Gesellschafters, abhängig machen. Das Gesetz läßt auch in anderen Fällen Beschlüsse der ü b r i g e n Gesellschafter zu; vgl. §113 Abs. 2. Es gestattet auch Mehrheitsbeschlüsse, wenn sie im Gesellschaftsvertrage vorgesehen sind; vgl. § 119. Es kann deshalb auch nicht unzulässig sein, durch den Gesellschaftsvertrag die Entziehung der Vertretungsbefugnis in anderer Weise zu ordnen, als sie § 127 regelt'; insbesondere die Form zu wählen, die bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Regel ist (§§ 712, 715 BGB.), also den einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter oder falls es der Vertrag für Beschlüsse dieser Art unzweideutig gestattet, den Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter; vgl. RGRKomm. § 712 BGB. Anm. 3; ebenso Schreiber, KGaA. 9. dÄ

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 1 2 7

Anm. 15 S. 112, 136; DürHach. Anm. 8; Schlegelberger Anm. 11; ebenso f ü r d i e w e i t e r g e h e n d e A u s s c h l i e ß u n g eines Gesellschafters; RG. in AkZ. 1938, 818; a.A. Schwarz Anm. 2; Wieland II 255. Unbegründet ist der Einwand, daß durch eine derartige Regelung der Rechtsweg aufgeschlossen sei. Diese Felge tiitt auch nach der Regelung im BGB. nicht ein. Es bleibt immer noch der Rechtsweg offen zur Prüfung der Frage, ob wirklich ein wichtiger Grund gegeben ist und ob der Beschluß nicht gegen die Bestimmungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrsgs über das Verfahren oder sachlichrechtliche Bestimmungen, z. B. gegen § 138 BGB. verstößt; RGRKcmm. § 712 Anm. 4. Der Gesellschaftsvertrag kann auch die Entziehung der Vertretungsbefugnis durch Gesellschafteibeschluß nach pflichtmäßigem Eimessen, also ohne Angabe von Gründen zulassen. Auch dann ist der R e c h t s w e g n i c h t a u s g e s c h l o s s e n , die Prüfung des Gerichts erstreckt sich dann aber nur darauf, ob ein formell ordnungsmäßiger Beschluß vorliegt und ob nicht die zugrunde liegende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder ihre Anwendung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstößt; § 138 BGB. D e r v ö l l i g e A u s s c h l u ß d e s R e c h t s w e g s würde aber gegen die öffentliche Ordnung verstoßen und wäre deshalb nichtig; RG. a. a. O.; vgl. auch § 117 Anm. 29. Haben nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschafter selbst zu entscheiden, so bewirkt ihr Beschluß bereits die Entziehung der Vertretungsmacht gegenüber dem Betroffenen mit der Bekanntgabe an ihn durch alle übrigen Gesellschafter, §130 BGB. Gegenüber Dritten tritt die Wirkung aber erst ein mit der Eintragung und Bekanntmachung oder mit der Kenntniserlangung durch den einzelnen Dritten. Die richterliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Entziehung hat nur die Bedeutung einer Feststellung. E s kann auch vereinbart werden, daß die Entziehung der Vertretungsbefugnis durch S c h i e d s r i c h t e r zu erfolgen habe. Wenn der Gesellschaftsvertrag für alle Vertragschließenden ein Handelsgeschäft ist (vgl. § 105 Anm. 81), kann die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder einem Nachtrag getroffen werden und bedarf nicht der S c h r i f t f o r m ; jeder Gesellschafter kann aber die Errichtung einer schriftlichen Urkunde über den Schiedsvertrag verlangen; § 1027 ZPO. Dem Schiedsgericht kann durch den Vertrag die Entziehung (die rechtschaffende Entscheidung) oder auch nur die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Entziehung durch Gesellschafterbeschluß übertragen werden. Ist vereinbart, daß die Entziehung durch Beschluß der Gesellschaft oder durch Schiedsrichter zu erfolgen habe, so ist damit in der Regel das Vorgehen nach § 127 als ausgeschlossen anzusehen. Im Einzelfall kann jedoch etwas anderes vereinbart sein. Mit Zustimmung des Auszuschließenden kann jedenfalls auch bei Vorliegen einer anderen Vereinbarung nach § 127 verfahren werden. Der Gesellschaftsvertrag kann nähere Bestimmungen über die sachlichrechtlichen und die formellrechtlichen Voraussetzungen der Entziehung enthalten. So kann ausgesprochen werden, daß bestimmte Tatsachen, z. B. Wegzug vom Sitze der Gesellschaft oder Abwesenheit von bestimmter Dauer oder Eintritt familienrechtlicher Beziehungen zum Inhaber eines Konkurrenzunternehmens oder finanzielle Beteiligung an einem anderen Geschäft auch ohne Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot (§ 112), unbedingt die Entziehung rechtfertigen oder daß bestimmte Tatsachen, z. B. Krankheit, die eine festgelegte Zeit nicht überdauert, keinen wichtigen Grund darstellen. Jedoch kann im Einzelfall die Berufung auf die Vereinbarung gegen Treu und Glauben verstoßen. Auch können die als selbständiger Entziehungsgrund ausgeschlossenen Tatsachen in V e r b i n d u n g m i t a n d e r e n T a t s a c h e n einen wichtigen Grund bilden. Vereinbarungen über die Beschränkung der Ausübung des Entziehungsrechts sind nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen; §138 BGB. Ein solcher Verstoß würde z . B . in der Vereinbarung liegen, daß auch bei groben Veruntreuungen oder arglistigen Handlungen k e i n e s f a l l s die Entziehung ausgesprochen werden dürfe. V e r z i c h t auf A u s s c h l i e ß u n g . Nach Eintritt einer bestimmten Tatsache können die Gesellschafter auf die Geltendmachung des Entziehungsrechts wegen dieser Tatsache v e r z i c h t e n . Zweifelhaft ist, ob ein a l l g e m e i n e r V e r z i c h t auf das Entziehungsrecht vereinbart werden kann oder cb ein solcher Verzicht dem Zweck des § 127 zuwiderlaufen würde; vgl. RGRKcmm. Anm. 2 zu § 712 BGB. Die Wirkung der Ver-

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§ 127 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16 tretungsmacht nach außen spricht dafür, daß es ein Mittel geben muß, um bei groben Mißständen und Gefährdungen der Allgemeinheit und der Gesellschaft einen Gesellschafter aus seiner Vertreterstellung zu entfernen und daß deshalb ein völliger Ausschluß der Entziehung mit der öffentlichen Ordnung nicht vereinbar ist. Aber das Gesetz macht die Entziehung stets von einem Antrag der Mitgesellschafter, also der nächstbeteiligten, abhängig. Diese sind Dritten gegenüber nicht verpflichtet, von dem Antragsrecht Gebrauch zu machen; sie werden den Antrag regelmäßig nur bei Gefährdung ihrer eigene n Belange stellen. Auch können im Einzelfall berechtigte Gründe dafür sprechen, die vertragliche Ausschließung oder doch eine weitgehende Einschränkung des Entziehungsrechts zuzulassen. So kann der Gründer eines Großunternehmens ein berechtigtes Interesse daran haben, daß ihm das Vertretungsrecht nicht völlig entzogen wird und daß deshalb vereinbart wird, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes könne nur die Auflösung der Gesellschaft verlangt werden, mit der die Vertretungsbefugnis aller bisherigen Vertreter aufhören würde. Die Vereinbarung kann insbesondere dann begründet sein, wenn anderweit noch für ausreichende Vertretung gesorgt ist und ein Mißbrauch nicht zu befürchten ist; dann würde es freilich auch wohl oft an dem wichtigen Grunde fehlen. Die Berufung auf eine Ausschließung oder Beschränkung des Entziehungsrechts darf nicht gegen die Gesellschaftstreue verstoßen; vgl. § 117 Anm. 9. Im Gesellschaftsvertrage kann vereinbart werden, daß die Klageerhebung durch Mehrheitsbeschluß beschlossen werden kann und daß nur die Mehrheit die Klage zu erheben braucht. Ist letzteres nicht vereinbart, so müssen auch die überstimmten Gesellschafter die Klage erheben und können darauf von den übrigen verklagt werden; Wieland I 575; vgl. §117 Anm. 13. Der Gesellschaftsvertrag kann auch das Recht des Vertreters zur Niederlegung seiner Stellung besonders ordnen, z. B . es unbeschränkt zulassen oder es an Einhaltung einer Kündigungsfrist knüpfen, sofern nicht ein wichtiger Grund zur sofortigen Niederlegung besteht. Anm. 16. A u s ü b u n g d e r a l l g e m e i n e n M i t g l i e d s r e c h t e u n d d e r H e r r schafts-(Verwaltungs-)rechte durch gesetzliche V e r t r e t e r oder B e v o l l mächtigte. A l l g e m e i n e M i t g l i e d s r e c h t e . Wird für einen Gesellschafter infolge Abwesenheit ein A b w e s e n h e i t s p f l e g e r oder aus anderen Gründen, z. B . wegen Gebrechlichkeit ein Pfleger oder wegen Geschäftsunfähigkeit oder Beschränkung der Geschäftsfähigkeit ein V o r m u n d oder für einen aus einem besonderen rechtlichen Grunde an der Verwaltung seines Vermögens behinderten Gesellschafter ein T r e u h ä n d e r bestellt, so haben diese Fürsorgepflichtigen die aus der Beteiligung des von Ihnen vertretenen an einer Personengesellschaft sich ergebenden a l l g e m e i n e n Befugnisse auszuüben und die mit der Mitgliedschaft verbundenen Pflichten für den Gesellschafter zu erfüllen. Denn die Mitgliedschaft wird durch die B e s c h r ä n k u n g der Rechtsausübung durch die persönlichen Gesellschafter nicht zum Erlöschen gebracht. Sie ruht auch nicht während der Dauer der persönlichen Behinderung des Gesellschafters. Die Ausübung der allgemeinen Mitgliedsrechte fällt auch in den Aufgabenkreis eines mit der Vermögensverwaltung betrauten Pflegers (oder Vormunds). Darunter fallen in erster Linie die vermögensrechtlichen A n s p r ü c h e des Gesellschafters, z. B . auf den Gewinnanteil, auf Rückzahlung vertragsmäßig zur Rückzahlung fälliger Einlagen, auf Auszahlung des Abwicklungserlöses nach Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft oder auf Mitwirkung bei der Ermittlung und auf Auszahlung der Abfindungssumme beim Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft, auf Schadenersatz gegen die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter wegen Verletzung des Gssellschafts Vertrags oder die Verteidigung gegen Ansprüche der Gesellschaft oder Mitgesellschafter. Aufgabe der Vertreter des Gesellschafters ist auch die Ausübung der dem einzelnen Gesellschafter als solchem zustehenden K o n t r o l l r e c h t e , § 1 1 8 H G B . Der Pfleger (Vormund, Treuhänder) ist auch berechtigt, das dem Gesellschafter zustehende vertragsmäßige oder gesetzliche Recht zur Kündigung des Gesellschafts Verhältnisses, § 132 H G B . , auszuüben oder bei Stellung eines Antrags auf Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis eines anderen Gesellschafters oder dessen Ausschließung aus der Gesellschaft aus wichtigem Grunde, §§ 117, 127, 133ff., an Stelle des Gesellschafters zu handeln. E r ver-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 127 Anm. 16 tritt den Gesellschafter auch bei allen anderen Handlungen gesellschaftsrechtlicher Art, die dem einzelnen Gesellschafter als solchem zustehen. Dies gilt insbesondere für alle Rechtsgestaltungen, die die G r u n d l a g e der G e s e l l s c h a f t zum Gegenstande haben; nämlich Änderungen des Gesellschaftsvertrages (Aufnahme und Entlassung von Gesellschaftern, Änderung der Dauer der Gesellschaft, Auflösungsbeschlüsse, Fortsetzung einer aufgelösten, in Abwicklung befindlichen Gesellschaft, Änderung des Gesellschaftszweckes). Der Pfleger (usw.) vertritt den Gesellschafter auch bei den Handlungen, die sonst der Mitwirkung jedes Gesellschafters bedürfen, so bei allen Gesellschaftsbeschlüssen die nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag der Mitwirkung aller Gesellschafter bedürfen, z. B. bei der Zustimmung zu Handlungen der Geschäftsführer, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, § 116 Abs. 2 HGB., bei Feststellung der Jahresbilanz, § 120 Anm. 10, bei einem Beschluß über Verteilung des Jahresgewinns oder über Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft gegen die Verwaltungsträger. Alle diese Befugnisse können regelmäßig auch durch einen von dem einzelnen Gesellschafter aufgestellten G e n e r a l b e v o l l m ä c h t i g t e n für die Verwaltung seiner vermögensrechtlichen Interessen oder einem für seine Gesellschafterrechte von ihm ausdrücklich aufgestellten S p e z i a l b e v o l l m ä c h t i g t e n ausgeübt werden. Jedenfalls für den Fall nicht abwendbarer Behinderung muß in dieser Weise trotz des höchstpersönlichen Charakters der Beteiligung an einer Personengesellschaft und der grundsätzlichen Unübertragbarkeit der Rechte aus dem Gesellschaftsverhältnis für die Belange des einzelnen Gesellschafters gesorgt werden können. Der Grundsatz der persönlichen Ausübung der Gesellschafterrechte enthält für die Regel, jedenfalls für die hier in Betracht kommenden Befugnisse nachgiebiges Recht. Für den Fall wirklicher Behinderung wird deshalb die Geltendmachung dieser Rechte durch einen Bevollmächtigten als bedungen oder Treu und Glauben in der Anwendung des Vertrags entsprechend angesehen werden können. Unter Umständen kann aber dauernde Behinderung an der persönlichen Wahrnehmung der Gesellschafterrechte einen wichtigen Grund zur Ausschließung oder zur Auflösung der Gesellschaft bilden, §§ 133ff., 140, 142. Dagegen gehört die Ausübung der H e r r s c h a f t s r e c h t e in der Gesellschaft (Vertretung nach außen, Geschäftsführung) nicht zu den Aufgaben des gesetzlichen Vertreters (Vormunds, Pflegers usw.), den der einzelne Gesellschafter zur Wahrung seiner Vermögensangelegenheiten erhalten hat oder den er sich in Gestalt eines General- oder Spezialbevollmächtigten für die Verwaltung seines Vermögens, insbesondere auch seine Beteiligung an einer Personengesellschaft selbst einseitig ohne Zustimmung der Mitgesellschafter gewählt hat. Das Gesellschaftsvermögen steht auch nicht zu einem Bruchteil dem einzelnen Gesellschafter, sondern nur der Gesamtheit zu. Bs ist rechtlich selbständig und von dem übrigen (sog. Privat-JVermögen der einzelnen Gesellschafter rechtlich geschieden. Der Gesellschafter, der auf Grund des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages zur Verwaltung der Gesellschaft berufen ist, verwaltet somit nicht nur sein eigenes Vermögen, sondern auch das Vermögen der Mitgesellschafter, soweit es in deren Beteiligung an der Gesellschaft besteht. Diese Beteiligung kann im Binzelfall viel bedeutender sein als das sonstige Vermögen des Gesellschafters. Die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters (oder eines Bevollmächtigten) für die eigenen Vermögensangelegenheiten gibt diesem Vertreter nicht die Befugnis, seinen Pflegebefohlenen oder Vollmachtgeber auch in den Angelegenheiten zu vertreten, in denen dieser die Angelegenheiten anderer (Dritter) als deren gesetzlicher Vertreter wahrzunehmen hat. Deshalb ist der Vormund (Pfleger) eines geschäftsunfähig gewordenen oder eines abwesenden Vorstandsmitglieds einer juristischen Person, z. B. einer Aktiengesellschaft, nicht berufen, nun die Vorstandsgeschäfte der juristischen Person zu führen. Vielmehr ist nach den für die betreffende juristische Person geltenden Regeln ein anderes Vorstandsmitglied zu bestellen. Bei dessen Auswahl sind ganz andere Gesichtspunkte entscheidend als bei der Bestellung des gesetzlichen Vertreters des etwa geschäftsunfähig gewordenen Gesellschafters; vgl. § 1685 BGB.; KG. im JW. 1938, 1033; in DFG. 1937, 267. Das Gleiche gilt auch bei Behinderung der durch das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag berufenen Gesellschafter einer Personengesellschaft. Aus dem Wesen der offenen Handelgesellschaft ergibt sich nichts anderes. Nach den für die offene Handelsgesell247

§ § 127, 128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16, Anm. 1, 2 schaft (oder die Kommanditgesellschaft) nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag geltenden Regeln ist ein anderer Geschäftsführer oder Vertreter f ü r die Ges e l l s c h a f t zu bestellen und zwar durch dazu berufene Gesellschaftsorgane. Dies gilt auch dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag nicht alle Gesellschafter, bei der Kommanditgesellschaft nicht alle persönlich haftenden zur Geschäftsführung oder Vertretung befugt sind. Nur wenn diese Befugnisse einem Gesellschafter unzweideutig als S o n d e r r e c h t eingeräumt sind, kann sich nach Lage des Einzelfalls als Vertragsinhalt ergeben, daß dieser Gesellschafter auch im Falle persönlicher Verhinderung an der Verwaltung beteiligt sein soll. Einem Gesellschafter kann als Sonderrecht auch die Befugnis eingeräumt sein, im Falle seiner Behinderung den Vertreter (aus der Reihe der übrigen Gesellschafter) oder den Geschäftsführer, der auch ein Nichtgesellschafter sein kann, zu bestimmen. Liegt ein solches Sonderrecht nicht vor, so ist es zunächst Aufgabe aller Gesellschafter (auch der Kommanditisten), zur Bestellung der erforderlichen Verwaltungsorgane zusammenzuwirken. Bei Ausübung dieses — allgemeinen — Mitgliedsrechtes kann auch der Vertreter des verhinderten Gesellschafters mitwirken. Kein Gesellschafter, auch keiner der Nichtverhinderten, darf einseitig unter Umgehung der Übrigen die Vertretung oder Geschäftsführung an sich nehmen. Das würde der gesellschafterlichen T r e u p f l i c h t widersprechen. §

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Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. Anm. 1. Die §§ 128—130 regeln die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. § 128 enthält den grundlegenden Rechtssatz über die unbeschränkte persönliche und. selbstschuldnerische Haftung aller Gesellschafter. § 129 ordnet die Einwendungen des einzelnen Gesellschafters und die Zwangsvollstreckung gegen ihn. § 130 bestimmt die Haftung eines in eine Gesellschaft neu eintretenden Gesellschafters. § 128 stimmt seinem Inhalte nach mit Art. 112 ADHGB. überein. Nach § 105 liegt eine offene Handelgesellschaft nur vor, wenn bei keinem Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist. § 128 enthält die nähere Ausführung zu dieser Begriffsbestimmung der offenen Handelsgesellschaft. Anm. 2. Die Gesellschafter halten für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den GISnbigern persönlich. Die rechtliche Natur der Haftung der Gesellschafter. H a f t u n g b e d e u t e t n i c h t E i n t r e t e n f ü r eine f r e m d e S c h u l d ; denn die Gesellschafter sind als Träger aller Rechte und Pflichten, die unter dem Namen der Gesellschaft entstehen, selbst die Schuldner aus den zwischen der Gesellschaft und Dritten bestehenden Rechtsverhältnissen; §105 Anm. 7f., 35ff. In der Zusammenfassung in der Gesellschaft haften sie m i t dem G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n . Dazu tritt nach §128 die p e r s ö n l i c h e Haftung, d. h. die Haftung mit dem Privatvermögen jedes einzelnen Gesellschafters. Es bestehen nicht zwei Verbindlichkeiten, eine solche der Gesellschaft und daneben eine solche der Gesellschafter. Es besteht vielmehr nur eine Schuld der Gesellschafter, für die aber verschiedene Haftungsobjekte bestehen, das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n , an dem der einzelne Gesellschafter gesamthänderisch beteiligt ist (§ 105 Anm. 35ff.), und das sonstige sogenannte Privatvermögen jedes einzelnen Gesellschafters RG. in JW. 1916, 1409» = LZ. 1916, 1303; JW. 1928, 2612; Furrer, Die Haftung der Kommandittisten 16ff.; Gierke in ArchBürgR. 19,127; Lehmann in ZHR. 79, 23; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß 61; Schlegelberger Anm. 2. Eine W e c h s e l s c h u l d der Gesellschaft ist somit auch ohne weiteres eine Wechselschuld der einzelnen Gesellschafter und kann gegen jeden einzelnen im Wechselprozesse verfolgt werden; Bolze 9 Nr. 469; Hueck S. 176. Unrichtig ist danach die Ansicht von Wieland I 629ff., es handle sich bei der Haf-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 8—6 tung des einzelnen Gesellschafters um eine „Nebenverpflichtung nach Art der Schuldpflicht des Bürgen", oder von Schreiber, KommGes. auf Aktien, S. 138ff., vom Standpunkt des einzelnen Gesellschafters aus sei die Gesellschaftsschuld eine fremde Schuld. Der einzelne Gesellschafter kann aber neben seiner Haftung als Gesellschafter noch aus einem anderen Rechtsgrund für die Gesellschaftsschuld haften, etwa weil er dafür die Bürgschaft übernommen hat (RG. 139, 252 = HRR. 1933 Nr. 80) oder weil er als selbständiger Unternehmer neben der Gesellschaft als Käufer aufgetreten ist oder weil die Schuld auf einer gemeinsam begangenen unerlaubten Handlung beruht; vgl. Reichel in HansRGZ. 22, 401. Aus der Einheit von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld folgt natürlich nicht, daß Gesellschaft und Gesellschafter in jeder Beziehung identisch sind. Ist die Gesellschaft Käufer, so ist es nicht jeder einzelne Gesellschafter mit der Folge, daß er etwa ohne Vertretungsmacht eine Mängelrüge erheben, die Annahme der Leistung ablehnen könnte; ROHG. 21,128; Wieland in ZHR. 83, 302; EhrenbergHandb. IV I, 79; Harney in HoldhMschr. 12, 88; DürHach. Anm. 5. Anm.3. G e g e n s t a n d der H a f t u n g sind die V e r b i n d l i c h k e i t e n der Ges e l l s c h a f t . Die persönliche Haftung der Gesellschafter besteht nicht für Privatschulden eines Gesellschafters, auch wenn er sie im Interesse der Gesellschaft, als ihr mittelbarer Stellvertreter gemacht hat. Der dritte Gläubiger kann sich wegen dieser Schulden nur an den ihm als Vertragsgegner gegenüberstehenden Gesellschafter halten; er kann nur dessen etwaige Ansprüche gegen die Gesellschaft aus dem inneren Verhältnis (vgl. § 110), als Vollstreckungsgegenstand durch Pfändung und Überweisung in Anspruch nehmen; vgl. §135. G e s e l l s c h a f t s s c h u l d e n sind alle Schulden, die die Gesellschaft als solche eingehen kann und eingegangen hat; vgl. §124. Für alle diese Schulden haften die Gesellschafter dem Gläubiger ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund ihrer Entstehung, nicht nur die Verbindlichkeiten aus Verträgen, z. B. aus einem Vertrag über die Abfindung eines ausgeschiedenen Gesellschafters (RG. 89, 406; LZ. 1907, 500l) und einem in Zusammenhang damit gegebenen sogenannten Besserungsschein (OLGR. 32, 106), sondern auch für solche aus dem Gesetz, z. B. aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder den Haftpflichtgesetzen, oder aus unerlaubten Handlungen der Geschäftsführer und Vertreter und der Erfüllungsgehilfen, für die die Gesellschaft einzustehen hat; RG. in LZ. 1911 771»; 1914, 383'; OLGR. Karlsruhe in BadRpr. 1903, 301; aus ungerechtfertigter Bereicherung, RG. 93, 229; im Recht 1906 Nr. 1112; ebenso für Ansprüche aus dem öffentlichen Recht wie Steuern, RFH. in StuW. 28 Nr. 400; DJZ. 22, 632 und Gerichtskosten. Anm. 4. Die Haftung des einzelnen Gesellschafters kann nicht weitergehen als die Verbindlichkeit der Gesellschaft. Haftet diese nicht mit ihrem ganzen Vermögen, sondern nur mit einem bestimmten Gegenstand, z. B. bei der Grundschuld oder bei Bestellung einer Hypothek zugunsten eines Dritten ohne Übernahme der persönlichen Haftung, also nur mit dem Grundstück, so ist die Haftung der Gesellschafter in gleicher Weise begrenzt; Schreiber, KGaA., S. 139. Anm. 5. Der I n h a l t der V e r p f l i c h t u n g der e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r . Aus der Einheit von Gesellschaftsschuld und Gesellschafterschuld ergibt sich, daß der einzelne Gesellschafter das zu leisten hat was die G e s e l l s c h a f t zu l e i s t e n h a t . Dies gilt nicht nur für die Leistung vertretbarer Sachen (Geld usw.), sondern auch für Leistungen anderer Art, z. B. für die Übereignung von Grundstücken, die Ausführung eines Werkvertrages (Errichtung eines Bauwerkes); vgl. Jacobi in ZHR. 31, 288. Soweit es sich z. B. um Lieferung einer fremden Sache handelt, hat der Gesellschafter, falls er von dem Gläubiger in Anspruch genommen wird, sie sich notfalls aus eigenen Mitteln zu verschaffen, um die Lieferungsverpflichtung der Gesellschaft erfüllen zu können. Er haftet somit nicht nur auf das Interesse, also auf Schadensersatz; ebenso Ritter Anm. 4; a. A. Wieland I 637; Müller-Erzbach (3) 205; Hueck S. 171f. Soll die Verpflichtung nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis n u r d u r c h die Gesells c h a f t erfüllt werden oder kann sie ihrer Natur nach nicht durch den in Anspruch genommenen Gesellschafter erfüllt werden, so besteht auch keine Verpflichtung desselben zur Erfüllung. Dann kann die Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters höchstens da249

§128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6—9 hin gehen, auf Erfüllung durch die Gesellschaft hinzuwirken und für die Folgen der Nichterfüllung, den entstandenen Schaden, einzutreten. Auch bei Handlungen, die in erster Linie Aufgabe der Geschäftsführung oder Vertretung sind, wie z. B. die Rechnungslegung aus einem zwischen der Gesellschaft und einem Dritten bestehenden Rechtsverhältnis, z. B. einem Dauerlieferungsvertrag, kann der Dritte die Erfüllung durch einen einzelnen, auch einen von der Geschäftsführung oder Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter fordern, soweit die Erfüllung durch ihn möglich ist. Oft wird das nicht der Fall sein, etwa weil dem in Anspruch genommenen Gesellschafter die Belege für eine Auskunftserteilung nicht zur Verfügung stehen und die Mitgesellschafter sie ihm vorenthalten oder weil es sich um eine Auskunft handelt, die nur ein bsstimmter Gesellschafter, etwa der Leiter des Betriebs, erteilen kann. Die Erfüllung hängt dann nicht ausschließlich von dem Willen des in Anspruch Genommenen ab. Dies schließt aber nur die Anhaltung desselben durch Geldstrafe oder Haft nach § 888 ZPO. aus. Es hindert nicht die Verurteilung zur Leistung, insbesondere nicht die Verurteilung aller Gesellschafter als Gesamtschuldner. Dagegen besteht das Hindernis in der Vollstreckung nicht, wenn der einzelne Gesellschafter tatsächlich allein zur Erfüllung imstande ist, die Mitgesellschafter aber der Erfüllung widersprechen. Ein solcher Widerspruch hat nur Bedeutung für das innere Verhältnis der Gesellschafter, berührt aber die Verpflichtung nach außen nicht, auf die es in § 128 allein ankommt. Es kann hiernach vorkommen, daß ein Gesellschafter, der mit der Geschäftsführung oder Vertretung gar nichts zu tun hat, von einem Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung der Gesellschaft gezwungen wird. Anm. 6. Die Pflicht der Gesellschafter zur Erfüllung kann auch eine U n t e r l a s s u n g zum Gegenstand haben, die der Gesellschaft obliegt, z. B. die auf Grund eines Kartell- oder eines Alleinvertriebsvertrages gebotene Unterlassung der Herstellung oder des Vertriebs bestimmter Waren eines Dritten. Aus den Umständen kann sich freilich ergeben, daß die einzelnen Gesellschafter nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zur Unterlassung nicht verpflichtet sind, daß die Verpflichtung vielmehr nur die Gesellschaft als solche, d. h. den von ihr geführten Betrieb betrifft. So verpflichtet die Vereinbarung eines W e t t b e w e r b s v e r b o t s zu Lasten der Gesellschaft noch nicht ohne weiteres auch die einzelnen Gesellschafter für ihren Privatbetrieb. Entsprechendes gilt für eine andere Unterlassungspflicht. Aber unter besonderen Umständen kann ein Wettbewerb durch die einzelnen Gesellschafter gegen Treu und Glauben verstoßen; RG. in JW. 32, 2614; RG. 136, 266; 146, 71; vgl. auch G r i s e b a c h in HansRZ. 19, 518. Zwischen der Gesellschaft und dem Dritten wird in der Regel als vereinbart angesehen werden können, daß die Unterlassungspflicht des einzelnen Gesellschafters mit se inem Ausscheiden aus der Gesellschaft erlischt; Brand Anm. 4b; DürHach. Anm. 3; RG. in JW. 1900, 235'; 1902, 78"; RFH. in BankA. 23, 102; in LZ. 308, 60. Es kommt aber immer auf die Lage des Einzelfalls an, was als vereinbart anzusehen ist; vgl. auch RG. in DJZ. 23, 370. Anm. 7. Die Erfüllungspflicht der Gesellschafter erstreckt sich auch auf die Neb e n v e r p f l i c h t u n g e n der Gesellschaft und die sich aus der Nichterfüllung einer Verpflichtung ergebenden oder die kraft Gesetzes an Stelle des ursprünglichen Anspruches tretenden Ansprüche des Dritten gegen die Gesellschaft, insbesondere einen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h wegen Nichterfüllung und die von der Gesellschaft wegen i h r e r Zuwiderhandlungen oder ihres Ungehorsams zu zahlenden G e l d s t r a f e n (wegen der Zulässigkeit solcher Strafen gegen die Gesellschaft selbst vgl. Jonas-Pohle ZPO. § 888 Anm. IV; RG. in JW. 1902, 78 10 ; DürHach. Anm. 3). Auch soweit der einzelne Gesellschafter selbst zu einer Unterlassung nicht verpflichtet ist, hat er doch gemäß § 128 für die Folgen der Verletzung der Unterlassungspflicht der Gesellschaft einzustehen. Anm. 8. Hat sich die Gesellschaft einem Schiedsgericht unterworfen, so gilt dies nicht für die persönliche Haftung der Gesellschafter. Die Gesellschaft kann nur für ihre eigenen Rechtsstreitigkeiten eine solche Vereinbarung treffen; OLG. Hamburg in HansRZ. 1920, 87; RG. daselbst 214; a. A. OLG. Hamburg in HansRGZ. 28B 453; Ritter Anm. 4; Schlegelberger Anm. 10; Hueck S. 176. Anm.9. Ist eine offene Handelgesellschaft einer a n d e r e n b e i g e t r e t e n , so haften ihre Gesellschafter nach § 128 für die Verbindlichkeiten, die der ersten aus der

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 10—15 Mitgliedschaft erwachsen; sie werden aber, wenn sich durch Vertragsauslegung nicht etwas anderes ergibt, nicht selbst einzelne Gesellschafter der anderen Gesellschaft (RG. 111, 274) und haften deshalb nicht persönlich für alle Verbindlichkeiten der anderen Gesellschaft. Anm. 10. Erfüllungsort. Da die einzelnen Gesellschafter die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erfüllen haben, ist Erfüllungsort für sie der Erfüllungsort der Gesellschaftsschuld; RG. 32, 44; Bolze 18 Nr. 303; in JW. 98, 4 und 225; OLG. Kassel im Recht 1906 Nr. 367; OLG. Dresden in ZHR. 42, 526; Jaeger, Die o.HG. im Zivilprozeß, 23. Anm. 11. Die persönliche Haftung der Gesellschafter b e g i n n t m i t dem Zeitp u n k t e , in dem die Gesellschaft Dritten gegenüber wirksam geworden ist; § 123. Sie d a u e r t auch w ä h r e n d der A b w i c k l u n g f o r t u n d gilt auch f ü r im Abw i c k l u n g s z u s t a n d e b e g r ü n d e t e V e r b i n d l i c h k e i t e n der G e s e l l s c h a f t ; RG. 72, 119; Wieland I 640; a. A. ROHG. 21, 47. Anm. 12. Die persönliche Haftung trifft alle Gesellschafter, auch die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen; ebenso die nachträglich eingetretenen, § 130; wegen der Folgen des Austritts für den Ausgetretenen vgl. unten Anm. 29. Anm. 13. Die G e s e l l s c h a f t e r h a f t e n als Gesamtschuldner. Diese Folge ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses und der Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Ohne die besondere Bestimmung des § 128 würden die Gesellschafter zwar aus V e r t r ä g e n , die die Gesellschaft, also alle Gesellschafter, gemeinschaftlich geschlossen haben, oder aus Ansprüchen auf eine unteilbare Leistung als Gesamtschuldner haften (§§ 427, 431 BGB.), ebenso würden sie für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden, für den sie nebeneinander verantwortlich sind, haften; § 840 BGB. Dagegen würden sie nicht als G e s a m t s c h u l d n e r haften für die Folgen einer Geschäftsführung ohne Auftrag, für die die Gesellschaft und damit die Gesellschafter einzustehen hätten. Das gleiche gilt für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder sonstige auf dem Gesetz beruhende Ansprüche. Soweit es sich nicht um eine unteilbare Leistung handeln würde, würden sie vielmehr nach Köpfen haften; §420 RGB. Nach §128 gilt aber die Haftung als Gesamtschuldner kraft Gesetzes für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Anm. 14. Nur die Gesellschafter untereinander sind Gesamtschuldner. Zwischen der o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t u n d i h r e n G e s e l l s c h a f t e r n b e s t e h t dagegen kein G e s a m t s c h u l d v e r h ä l t n i s . Dies ergibt sich schon daraus, daß es sich bei der Gesellschaft nicht um eine selbständige Rechtspersönlichkeit handelt, vielmehr die Gesellschafter auch die Schuldner der Gesellschaftsschuld sind; vgl. oben Anm. 9; RG. in JW. 28, 2612*; Lenz in JW. 25, 734; DürHach. Anm. 5; Schlegelberger Anm.21; in der Begründung und den Folgen teilweise abweichend Hueck S. 177. Es ist zwar zulässig, die Gesellschaft und die Gesellschafter gleichzeitig in einer Klage zu verklagen; vgl. Anm. 15. Der Klageantrag hat jedoch nicht dahin zu lauten, daß die Gesellschaft und die Gesellschafter als Gesamtschuldner verurteilt werden. Dies ist nur bei mehreren Gesellschaftern möglich. Anm. 15. Die Rechtsfolgen der Haftung als Gesamtschuldner ergeben sich, da das Handelsgesetzbuch nichts anderes bestimmt, aus den §§421 ff. BGB. 65, 28. a) N a c h § 421 BGB. k a n n der G l ä u b i g e r die L e i s t u n g n a c h seinem Belieben von j e d e m der G e s e l l s c h a f t e r ganz oder zu einem Teil f o r d e r n . Bis zur B e w i r k u n g der g a n z e n L e i s t u n g b l e i b e n s ä m t l i c h e G e s e l l s c h a f t e r v e r p f l i c h t e t . Der Gläubiger kann die Gesellschaft allein oder gleichzeitig mit den Gesellschaftern oder einzelnen von ihnen verklagen. Er kann auch von der Verklagung der Gesellschaft absehen und nur die Gesellschafter oder einzelne von ihnen verklagen, von einem Verklagten auch das Ganze, von anderen nur einen Teil fordern; ROHG. 7, 385; 17, 288; RG. 5, 53; 102, 302. Von den einzelnen Gesellschaftern kann nicht geltend gemacht werden, daß der Gläubiger bei rechtzeitiger Betreibung seiner Forderung von der Gesellschaft befriedigt worden wäre. Er kann gegen alle im Gerichtsstand des Erfüllungsortes der Gesellschaft klagen (RG. 32, 44; JW. 98, 4; HRR. 42, 526; vgl. Anm. 10), er kann auch gegen die Gesellschafter im allgemeinen Gerichtsstand des Einzelnen klagen. Er kann die Klage gegen den einen betreiben und gegen den anderen zum Ruhen 251

§ 128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 16—18 bringen oder zurücknehmen; ebenso kann er bei Einlegung und Zurücknahme von Rechtsmitteln verfahren. Wegen der S t r e i t g e n o s s e n s c h a f t vgl. §124 Anm. 20, 28. Anm. 16. b) Die E r f ü l l u n g d u r c h einen G e s e l l s c h a f t e r w i r k t a u c h f ü r die übrigen. Das gleiche gilt von der L e i s t u n g an E r f ü l l u n g s S t a t t , der Hinterlegung und Aufrechnung; § 422 Abs. 1 BGB. Da die Leistung des Gesellsellschafters Erfüllung der Gesellschaftsschuld ist (vgl. Anm. 2), so wird diese durch die Leistung des Gesellschafters getilgt. Anm. 17. c ) E i n zwischen dem G l ä u b i g e r und einem G e s a m t s c h u l d n e r (Gesellschafter) v e r e i n b a r t e r Erlaß der Schuld w i r k t auch f ü r die ü b r i g e n S c h u l d n e r , wenn die V e r t r a g s c h l i e ß e n d e n die Schuld als solche, n i c h t n u r die H a f t u n g des e i n e n G e s e l l s c h a f t e r s a u f h e b e n w o l l t e n ; §423 BGB.; RG. in HoldhMschr. 14, 258. Die Aufhebung der ganzen Schuld kann auch von einem nicht zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Gesellschafter mit dem Gläubiger vereinbart werden. Es erlischt auch damit die Gesellschaftsschuld und die Haftung der übrigen Gesellschafter. Es kann aber auch zwischen einem Gesellschafter und dem Gläubiger vereinbart werden, daß nur der den Erlaßvertrag schließende Gesellschafter befreit werden soll, die Geltendmachung des Anspruchs gegen die übrigen aber vorbehalten bleibt; RG. in JW. 1928, 2612»; Bolze 8 Nr. 542. Ob Aufhebung des ganzen Schuldverhältnisses oder nur Befreiung des vertragschließenden Gesamtschuldners gewollt war, ist Tatfrage, auch wenn die Entlassung gegen eine Abfindung aus Mitteln des Einzelnen erfolgt. Zur Aufhebung des Rechtsverhältnisses im Ganzen, nicht nur der einzelnen sich daraus ergebenden Schuld ist der auf Grund des § 128 in Anspruch genommene Gesellschafter nicht legitimiert, wenn er nicht zugreich zur Alleinvertretung der Gesellschaft berechtigt ist. Die gleiche Wirkung wie der bloße Erlaß hat ein Vergleich, durch den die Schuld ganz oder teilweise erlassen wird; RG. in SeuffA. 82,154. Im Falle der S c h u l d ü b e r n a h m e (§ 414 BGB.) kommt es darauf an, ob nach der Vereinbarung über diese nur die Verpflichtung der Gesellschaft zur Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen übernommen werden sollte, etwa in dem Sinne, daß der Dritte nur dafür einstehen wollte, daß die Gesellschaft nicht in Anspruch genommen wird oder ob der Übernehmer in jeder Beziehung an Stelle des bisherigen Schuldners in das Schuldverhältnis als Schuldner eintreten sollte, im letzten Falle wäre mit der Schuld der Gesellschaft auch die der Gesellschafter beseitigt. Auch bei einem Schuldübernahmevertrag zwischen einem Dritten und einem einzelnen Gesellschafter kommt es darauf an, ob nach dem Willen der Vertragschließenden der Dritte die Schuld in jeder Beziehung oder nur die Haftung des einzelnen Gesellschafters übernehmen sollte. Anm. 18. Ein Z w a n g s v e r g l e i c h im Privatkonkurs oder im Vergleichsverfahren eines Gesellschafters läßt die persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter unberührt; § 193 Satz 2 KO.; Jaeger, dazu Anm. 14, § 211 KO. Anm. 9; § 82 VglO. von 1935. Anm. 19. Wird m i t der G e s e l l s c h a f t ein Schulderlaß vereinbart, so wird damit das ganze Schuldverhältnis aufgehoben. Damit erlischt auch die Schuldverpflichtung der einzelnen Gesellschafter; OLG. Königsberg in OLGR. 14, 350; RG. in JW. 1928, 2612» a. E. Zweifelhaft ist, ob der G e s e l l s c h a f t durch Vertrag mit dem Gläubiger eine Schuld in der Weise erlassen werden kann, daß die Geltendmachung der Forderung gegen die Gesellschafter dem Gläubiger v o r b e h a l t e n wird. Zulässig ist dies jedenfalls mit — auch allgemein im Gesellschaftsvertrag oder stillschweigend erteilter — Zustimmung der Gesellschafter, denen gegenüber die Geltendmachung vorbehalten wird; ebenso DürHach. Anm. 12; RG. a.a.O. mit Anm. dazu in JW. 1929, 577; denn mit Zustimmung aller Beteiligten, der Gesellschaft, der von dem Vorbehalt betroffenen Gesellschafter und des Gläubigers unterliegt eine derartige Umgestaltung eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses keinen Bedenken. Ohne Zustimmung der Betroffenen wäre der Erlaß mit diesem Vorbehalt nicht, wie anscheinend DürHach. Anm. 12 annahmen, schon deshalb unzulässig, weil dadurch dem einzelnen Gesellschafter Nachteil entstehen würde. Der Nachteil würde darin bestehen, daß der Gläubiger nun nicht mehr auf das Gesellschaftsvermögen zu seiner Befriedigung greifen könnte, sondern nur noch auf das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter. Aber ein ähnlicher Nachteil tritt auch ein, wenn der Gläubiger den M i t g e s e l l s c h a f t e r n die Schuld erläßt und damit — außer dem Gesellschaftsvermögen — nur noch der Zugriff auf das Vermögen des

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Dritter Titul: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 19, 20 letzten Gesellschafters offen bleibt. Trotzdem gestattet das Gesetz einen Erlaß zugunsten nur e i n e s Gesamtschuldners, also auch eines Gesellschafters, ohne daß diese Vereinbarung der Zustimmung der betroffenen anderen Gesellschafter bedürfte. Durch einen derartigen beschränkten Erlaß könnte nur das Rückgriffsrecht des Betroffenen gegen den durch den Schulderlaß des Gläubigers begünstigten Gesellschafter nach § 426 BGB. nicht ausgeschlossen werden; denn dies wäre ein Eingriff in das Verhältnis der Gesellschafter u n t e r e i n a n d e r , das nicht durch Vertrag e i n e s Gesellschafters mit einem Dritten geändert werden kann. Läßt man gegenüber der Gesellschaft einen Erlaß unter Vorbehalt des Vorgehens gegen die Gesellschafter zu, so wäre der in Anspruch genommene somit auch nicht schlechter gestellt, als wenn einem Mitgesellschafter dfe Schuld unter Vorbehalt erlassen wird. Der Betroffene könnte nicht nur die Mitgesellschafter als Ausgleichsverpflichtete in Anspruch nehmen, sondern auch von der Gesellschaft Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, § 110, Hueck S. 178. Daß der Gläubiger sich zuerst aus dem Gesellschaftsvermögen Deckung verschaffe, kann ein Gesellschafter, wenn es nicht besonders zwischen ihm und der Gesellschaft oder zwischen ihm und den einzelnen Gesellschaftern vereinbart ist, in keinem Falle verlangen. Vielmehr kann der Gläubiger auch bei ausreichendem Gesellschaftsvermögen den einzelnen Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen. Vom Standpunkt des einzelnen Gesellschafters aus besteht deshalb auch kein Bedürfnis, einen Erlaß gegenüber der Gesellschaft unter Vorbehalt nicht zuzulassen. Nun ist freilich § 423 BGB., auch soweit er den Erlaß nur zugunsten eines Gesamtschuldners zuläßt, auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht unmittelbar anwendbar, weil dieses kein G e s a m t s c h u l d v e r h ä l t n i s ist; Anm. 14. Aber der sinngemäßen Anwendung steht nichts entgegen. Auch Zweckmäßigkeitserwägungen sprechen dafür, den Erlaß der Gesellschaftsschuld ohne gleichzeitige Beseitigung der Haftung der einzelnen Gesellschafter zuzulassen. Wenn man den Erlaß mit Vorbehalt mit Zustimmung der Gesellschafter zuläßt, so bestehen rechtsbegrifflich auch keine Bedenken gegen die Zulassung ohne solche Zustimmung. Auch der Einwand ist nicht durchschlagend, daß der wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommene Gesellschafter nach § 129 Abs. 1 die der Gesellschaft zustehenden Einwendungen, also auch den Einwand des Erlasses, geltend machen könne; vgl. Schlegelberger Anm. 32. §129 Abs. 1 sagt nicht, daß der Gesellschafter alle Einwendungen, die der Gesellschaft zustehen, geltend machen könne, sondern daß er — außer den in seiner Person begründeten — Einwendungen sie nur insoweit geltend machen kann, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Es ist danach wohl möglich, daß ihm Einwendungen, die der Gesellschaft zustehen, versagt sind. So könnte dem Verlangen auf Lieferung gegen die Gesellschaft der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung oder des Verstoßes gegen Treu und Glauben entgegengehalten werden, weil das Unternehmen der Gesellschaft wegen Kriegs still liegt, gegenüber dem einzelnen Gesellschafter müßte er aber nicht notwendig begründet sein. § 129 Abs. 1 schließt somit nicht aus, daß eine Einwendung zwar der Gesellschaft, aber nicht jedem einzelnen Gesellschafter zusteht. Danach ist auch in sinngemäßer Anwendung des § 423 BGB. eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschaftsgläubiger zulässig, nach der ein Schulderlaß nur gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber den Gesellschaftern wirkt; ebenso RG. in JW. 1928, 2612 a ; abw. Güldenagel in Anm. dazu; DürHach. Anm. 12, 16 und in J W . 1929, 577, Anm. zu R G . 1928, 2612; Schlegelberger Anm. 32. Ist der in Anspruch genommene Gesellschafter zur Zeit der Vereinbarung bereits ausgeschieden, so findet § 423 BGB. unmittelbar Anwendung; denn dann ist er nicht mehr in s e i n e r E i g e n s c h a f t a l s G e s e l l s c h a f t e r Schuldner, sondern auf Grund seiner trotz seines Ausscheidens fortbestehenden Haftung für die Gesellschaftsschulden; vgl. Anm. 29. Die Gesellschaft, die in der Gesellschaft verbliebenen und ihr neu beigetretenen Gesellschafter (vgl. § 130) und die ausgeschiedenen Gesellschafter sind dann echte Gesamtschuldner; RG. in JW. 1928, 2612'; in LZ. 16, 1303»; H. Lehmann in ZHR. 79, 57ff.; Rospatt in BankA. 30, 308. Anm. 20. Der Verzug des Gläubigers ( A n n a h m e v e r z u g , §§ 293ff. BGB.) g e g e n ü b e r e i n e m G e s a m t s c h u l d n e r (Gesellschafter) w i r k t a u c h f ü r die ü b r i g e n S c h u l d n e r (Gesellschafter); § 424 BGB. Hätte der Gläubiger die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner nicht verhindert, so wären sämtliche, auch die Gesellschaft, be-

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§ 128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 21—24 freit (§ 422), deshalb wirkt der Verzug auch für die Gesellschaft. V e r z u g g e g e n ü b e r d e r G e s e l l s c h a f t wirkt auch für alle einzelnen Gesellschafter. Mit der nachträglichen Bereiterklärung gegenüber der Gesellschaft entfallen auch die Wirkungen des Verzugs gegenüber den Gesellschaftern. Durch nachträgliche Bereiterklärung gegenüber einem Gesellschafter wird der Verzug nur diesem gegenüber beseitigt. Anm. 21. A n d e r e a l s die in d e n §§422—424 b e z e i c h n e t e n T a t s a c h e n ( E r f ü l l u n g , E r l a ß u n d Verzug des Gläubigers) w i r k e n , soweit sich n i c h t a u s d e m S c h u l d v e r h ä l t n i s ein a n d e r e s e r g i b t , n u r f ü r o d e r g e g e n den G e s a m t s c h u l d n e r ( G e s e l l s c h a f t e r ) , in d e s s e n P e r s o n sie e i n g e t r e t e n s i n d . Das gilt i n s b e s o n d e r e von der K ü n d i g u n g , dem Verzuge, von der Unm ö g l i c h k e i t d e r L e i s t u n g in d e r P e r s o n e i n e s G e s a m t s c h u l d n e r s , v o n d e r V e r j ä h r u n g , deren U n t e r b r e c h u n g und H e m m u n g , von der Vereinigung der F o r d e r u n g mit der Schuld u n d von dem r e c h t s k r ä f t i g e n U r t e i l ; § 425 BGB. Danach macht die Erfüllungsverweigerung eines Gesellschafters nicht die Fristsetzung nach § 326 BGB. gegenüber den anderen entbehrlich; RG. 65, 26; vgl. auch RG. 72, 106; 78, 280. Treten diese Tatsachen b e i d e r G e s e l l s c h a f t ein, so haben sie den Einfluß auf das Schuldverhältnis, der auch eintritt, wenn diese Tatsachen bei dem alleinigen Inhaber eines Handelgeschäfts eintreten. Die dadurch hervorgerufenen Änderungen in dem Schuldverhältnis wirken dann auch für und gegen die einzelnen Gesellschafter. Gerät die Gesellschaft z. B. in Verzug und wird dadurch der Umfang der Gesellschaftsschuld verändert, insbesondere durch Schadensersatzansprüche erweitert, so ändert sich die Gesamthaftung der Gesellschafter entsprechend. Das gleiche gilt von einer Veränderung des Schuldverhältnisses durch die Kündigung der Gesellschaft und von einer gegenüber der Gesellschaft eingetretenen Verjährung; vgl. § 160; Wieland I 633 Anm. 11. Anm. 22. §128 HGB. begründet nur eine z i v i l r e c h t l i c h e G e s a m t h a f t u n g der Gesellschafter, keine gesamtstrafrechtliche Verantwortung. Strafbar ist immer nur derjenige, der im einzelnen Fall den strafbaren Tatbestand erfüllt hat; OLG. Stettin in JW. 26, 2228. Anm. 23. G e l t e n d m a c h u n g d e r g e s a m t s c h u l d n e r i s c h e n H a f t u n g d e r G e s e l l s c h a f t e r d u r c h e i n e n G l ä u b i g e r d e s G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r s . Hat ein Gläubiger eines Gesellschaftsgläubigers dessen Forderung gegen die Gesellschaft gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen, so kann er von jedem Gesellschafter auf Grund des § 128 unmittelbar Zahlung fordern; RAG. in DNotZ. 38, 189. Das in der Pfändung liegende Zahlungsverbot wirkt aber nur gegen den Drittschuldner, an den es gerichtet ist, nicht gegen einen Mitschuldner. Soll es gegen die Gesellschaft u n d gegen die einzelnen Gesellschafter wirken, so muß sich dies aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß unzweideutig ergeben. Andernfalls ist der Beschluß unwirksam. Er muß auch jedem, gegen den es wirken soll, zugestellt werden; RG. in JW. 1933, 1324 25 und 2452«. Anm. 24. Die Gesamthaftung der Gesellschafter im Konkurs der offenen Handelsgesellschaft. Schrifttum: J a e g e r , Der Konkurs der o. HG. Der Konkurs der offenen Handelsgesellschaft hat keinen unmittelbaren Einfluß auf die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter. Diese Haftung gewinnt gerade ihre volle Bedeutung, wenn infolge des Vermögenszerfalls der Gesellschaft aus deren Vermögen eine Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht zu erwarten ist. Die Gesellschafter haften somit auch nach Konkurseröffnung als Gesamtschuldner. Die Gesellschafter haften n i c h t nur ers a t z w e i s e , d.h. f ü r d e n A u s f a l l , den die Gläubiger im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft erleiden. Art. 122 ADHGB., der dies anordnete, ist in das HGB. nicht übernommen. Nur wenn a u ß e r d e m K o n k u r s v e r f a h r e n ü b e r d a s P r i v a t v e r m ö gen eines p e r s ö n l i c h h a f t e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s auch das K o n k u r s v e r f a h r e n ü b e r d a s G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n eröffnet ist, können die Gesellschaftsgläubiger im Privatkonkurse Befriedigung nur wegen des Betrags suchen, für welchen sie im Gesellschaftskonkurse keine Befriedigung erhalten; §212 Abs. I KO. Bei den Verteilungen sind die Anteile auf den vollen Betrag der Gesellschaftsforderungen zuzückzubehalten, bis der Ausfall bei dem Gesellschaftsvermögen feststeht; § 212 Abs. 2 KO. Bei Verzicht auf Inanspruchnahme der Gesellschaftskonkursmasse können aber die

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Ann, 26, 26 Gesellschaftsgläubiger mit dem vollen Betrage ihrer Forderung am Privatkonkurse des einzelnen Gesellschafters teilnehmen; §212 Abs. 3 in Verbindung mit §64 KO.; vgl. Jaeger, KO. § 212 Anm. 4ff. Die Vorschrift des § 212 findet ihre Rechtfertigung darin, daß das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftsgläubigem allein zur Befriedigung zur Verfügung steht (nach Art. 122 ADHGB. werden sie daraus „abgesondert befriedigt"), und daß demgemäß der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen seinen Privatgläubigern erst nach den Gesellschaftsgläubigern und nach Abwicklung der offenen Handelsgesellschaft als Anteil am Abwicklungserlös zur Verfügung steht. Diese Billigkeitserwägung fällt weg, wenn über das Privatvermögen des Gesellschafters das Konkursverfahren erst eröffnet worden ist, nachdem er aus der Gesellschaft bereits ausgeschieden war, er also auch gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen nicht mehr beteiligt war. Dann fällt das ganze Vermögen des Gesellschafters einschließlich der erhaltenen Abfindung oder des Anspruchs auf sie in seine Konkursmasse und steht damit zur Verfügung aller seiner Gläubiger. Dann müssen nach der Regel des § 68 KO. auch alle seine Gläubiger, auch, soweit sie in einem anderen Verfahren einen Anspruch auf dieselbe Leistung haben, berechtigt sein, mit der Forderung gegen die Gesellschaft auch voll, d. h. bis zur Vollbefriedigung, am Privatkonkurse teilzunehmen; es hat nur die in solchen Fällen nötige A u s g l e i c h u n g unter den beteiligten Vermögensmassen stattzufinden; wegen dieser vgl. Jaeger KO. § 68 Anm. 8 f. Dies entspricht auch der Stellung die der ausgeschiedene Gesellschafter auch sonst nach der neueren Rechtsauffassung einnimmt und die in ihm im Verhältnis zu der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern nur einen d r i t t e n Mitschuldner sieht (vgl. Anm. 26). Danach ist entgegen der älteren Auffassung, auch der älteren Rechtsprechung RG. in JW. 1903, 2 706 und mit DürHach. § 144 Anm. 11, Schubert, Rechtl. Stellung des ausgeschiedenen Gesellschafters 1930 S. 99, Bley, VglO. § 90 II l b , Mentzel, § 212 KO. Anm. 2, Hinsberg ZHR. 46, 72 und insbesondere Jaeger, § 212 KO. Anm. 11 anzunehmen, daß die B e s c h r ä n k u n g d e s §212 A b s . 1 KO. b e i m K o n k u r s des a u s g e s c h i e d e n e n G e s e l l s c h a f t e r s n i c h t g i l t ; Hueck S. 217. Anm. 25. Im K o n k u r s a b w e n d u n g s - ( g e r i c h t l i c h e n V e r g l e i c h s - o d e r A u s g l e i c h s ) v e r f a h r e n gilt der Grundsatz des §212 KO. ebenfalls; §110 VglO. von 1935. Die Haftung des Gesellschafters für die Gesellschaftsschulden wird zur A u s f a l l h a f t u n g , wenn gleichzeitig über beide Vermögensmassen, das Gesellschaftsvermögen und das Privatvermögen, ein Konkursverfahren oder ein gerichtliches Vergleichsverfahren schwebt; also wenn beide im Konkursverfahren oder beide im Vergleichsverfahren oder die eine im Konkurs-, die andere im Vergleichsverfahren sind. Wie § 212 KO. gilt auch § 110 VglO. nur für die gegenwärtigen, nicht für die ausgeschiedenen Gesellschafter; Jaeger, KO. §212 Anm. 18. Die Beschränkungen des § 212 Abs. 1KO., § 110 VglO. gelten nicht für Verbindlichkeiten eines Gesellschafters aus s e l b s t ä n d i g e n Rechtsgründen, wie Übernahme einer Bürgschaft, Schuldübernahme einer selbständig eingegangenen wechselmäßigen Verpflichtung, auch wenn diese Verpflichtungen zur Förderung des Gesellschaftszweckes übernommen worden sind. Sie können im Gesellschaftskonkurs ( = Vergleichsverfahren) und im gleichzeitig anhängigen Verfahren über das Privatvermögen des Gesellschafters bis zur Vollbefriedigung geltend gemacht werden; Bolze 16 Nr. 500; Jaeger, KO. § 212 Anm. 12. Anm. 26. B e s c h r ä n k u n g d e r p e r s ö n l i c h e n H a f t u n g d e r G e s e l l s c h a f t e r d u r c h Zwangsvergleich. Schrifttum: Freyher, Das Vergleichsverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft und der persönlich haftenden Gesellschafter, 1932. Nach § 211 Abs. 2 KO. und der entsprechenden Vorschrift des § 109 Nr. 3 der Vergleichsordnung von 1935 ( = § 89 Nr. 4 der alten VglO.) begrenzt der im Konkursoder Vergleichsverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft abgeschlossene Zwangsvergleich, soweit er nicht ein anderes festsetzt, zugleich den Umfang der persönlichen Haftung der Gesellschafter. Die Beschränkung gilt nur für Verbindlichkeiten, für die die g e s e t z l i c h e Gesamthaftung besteht, nicht für solche, die auf besonderen Rechtsgründen, z. B. einer Bürgschaft, Bestellung einer Hypothek auf einem Grundstück eines Gesellschafters, einer persönlichen Schuldübernahme, einer persönlichen wechselmäßigen Unterschrift (Giro) eines Gesellschafters

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§128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 26 auf einem Gesellschaftswechsel beruhen; RG. 19, 252; RG. in JW. 38, 2841"; OLG. Karlsruhe in JW. 33, 133; vgl. die vorige Anm. (wegen der Kostenerstattungspflicht im Prozeß und der Teilnahme am Prozeß als selbständigen Rechtsgrund vgl. OLG. Köln in JW. 36, 1548" mit Anm.). Die Beschränkung gilt auch nicht für einen zur Zeit des Eintritts der Rechtskraft des Zwangsvergleichs bereits aus der Gesellschaft a u s g e s c h i e d e n e n Gesellschafter. Dies entspricht nicht nur dem Wortlaute des Gesetzes, sondern auch dem Zwecke der Beschränkung. § 193 KO. (§110 VglO.) enthält die R e g e l , daß der Zwangsvergleich nur dem Gemein- oder Vergleichsschuldner zugute kommt. Sie wird in § 193 Abs. 2 dahin erläutert, daß der Vergleich die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners unberührt läßt. § 211 Abs. 2 KO. (§ 109 Nr. 3 VglO.) macht davon eine Ausnahme zugunsten der Gesellschafter des Gemeinschuldners. Der Grund ist der, daß durch den Vergleich das Unternehmen erhalten werden soll, daß dieser Zweck aber gefährdet wird, wenn die Gesellschafter, die auch künftig die Träger des Gesellschaftsvermögens und in der Regel auch die verantwortlichen Leiter desselben (§§ 114, 125) sind, nach wie vor für die alten Schulden voll haftbar gemacht werden können mit dem Ergebnis, daß die Gläubiger nicht nur ihr Privatvermögen in Anspruch nehmen, sondern auch gemäß § 135 HGB. die Gesellschaft kündigen und dadurch zur Auflösung bringen können. Aber wenn man auch annimmt, daß den alten Gesellschaftsgläubigern nach dem Zwecke des Gesellschaftsvergleichs der Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen auch auf dem Wege über § 135 versagt sei, bliebe noch eine erhebliche Gefährdung des Vergleichszwecks. Diese Erwägungen treffen bei dem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zu. Es steht in keinem Verhältnis mehr zu der fortbestehenden Gesellschaft, trägt insbesondere auch nicht das Wagnis, das mit dem Weiterbetrieb des Unternehmens verbunden ist. Nur seine Verpflichtung als Gesamtschuldner dauert fort. Er kann den Zwangsvergleich nicht hindern, da dieser auf Vorschlag der gegenwärtigen persönlich haftenden Gesellschafter geschlossen werden kann; § 211 Abs. 1. Er kann aber die Gesellschaftsgläubiger, deren Vorgehen gegen ihn er befürchten kann, befriedigen und sich an ihrer Stelle am Verfahren a l s G l ä u b i g e r beteiligen und gegen den Zwangsvergleich stimmen. Aus dem Zweck der Haftungsbeschränkung ergibt sich, daß der ausgeschiedene Gesellschafter, der für den Ausfall im Vergleich von den Gläubigern in Anspruch genommen wird, von der Gesellschaft und den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern nicht im Ausgleichsweg (vgl. Anm. 32, 35) Befreiung von der Haftung oder Erstattung der auf Grund derselben geleisteten Beträge fordern kann. Für die rechtliche Beurteilung ist es auch unerheblich, welcher Art die Forderung war, die der Ausgeschiedene beglichen hat. Zulässig und wirksam ist eine beim Ausscheiden eines Gesellschafters zwischen diesem und den in der Gesellschaft verbleibenden oder neu eintretenden Gesellschaftern getroffene Vereinbarung, daß die Gesellschafter ihm persönlich dafür einstehen, daß er nach dem Ausscheiden auch im Falle eines Zwangvergleichs von den Gesellschaftsgläubigern nicht für den Ausfall in Anspruch genommen oder im Falle der Inanspruchnahme von ihnen schadlos gehalten wird. Eine solche Verpflichtung können die Gesellschafter ebenso übernehmen, wie sie eine besondere Bürgschaft für Gesellschaftsschulden übernehmen können und aus der sie trotz Zwangsvergleich weiter haften; vgl. RG. 139, 252. Die Ausschließung des ausgeschiedenen Gesellschafters von der Beschränkung d e r Schulden durch den Zwangsvergleich entspricht auch der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung des Schrifttums: RG. 29, 38; 56, 366; 142, 206; SeuffA. 53 Nr. 71; Hinsberg, ZHR. 46, 81; Bley, VglO. § 89 V 2b; Ritter § 128 Anm. 8; DürHach. § 128 Anm. 16, § 144 Anm. 8; Jaeger, KO. § 211 Anm. 5; abw. u. a. Cosack (7) § 198 Nr. 7. Maßgebend ist, ob der Gesellschafter noch z u r Z e i t d e s E i n t r i t t s d e r R e c h t s k r a f t des B e s t ä t i g u n g s b e s c h l u s s e s Gesellschafter war, nicht ob dies zur Zeit der Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens der Fall war; denn, wenn er bei Rechtskraft des Zwangsvergleichs nicht mehr Gesellschafter ist, kommt er für das künftige Schicksal der offenen Handelsgesellschaft nicht mehr in Betracht (für den Zeitpunkt der Konkurs- oder Vergleichsverfahrenseröffnung: Jaeger KO. §211 Anm. 5). Der Ausgeschiedene kann sich nicht, um die beschränkte Haftung zu erlangen, darauf berufen, daß sein Ausscheiden erst nach Rechtskraft des Zwangsvergleichs ins Handelsregister eingetragen sei; § 15 ist nicht zu seinem Schutze bestimmt; vgl. au?h Anm. 29.

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 27, 29 Wird der Zwangsvergleich auf Grund einer Bestimmung desselben (vgl. Jaeger § 195 KO. Anm. 1) wegen Nichterfüllung hinfällig und tritt damit auch der bewilligte teilweise Erlaß der Gesellschaftsschuld und damit auch deren Beschränkung zugunsten der in ihr verbliebenen Gesellschafter außer Wirksamkeit, so kann auch der ausgeschiedene Gesellschafter, wenn er nunmehr auf Zahlung in Anspruch genommen wird, gegen die bisherigen Mitgesellschafter den Rückgriff nehmen. Kommt dann ein gewöhnlicher Erlaßvertrag zwischen der Gesellschaft und den Gläubigern zustande, so wirkt er auch zugunsten des Ausgeschiedenen; Schlegelberger Anm. 33. Anm. 27. A b d i n g b a r k e i t der V o r s c h r i f t e n d e r K o n k u r s - u n d Verg l e i c h s o r d n u n g ü b e r die H a f t u n g der G e s e l l s c h a f t e r . Die Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter tritt nicht ein, soweit der Vergleich ein anderes festsetzt; § 211 Abs. 2 KO.; § 110 Abs. 2 VglO. Danach kann im Vergleich die Beschränkung der Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen oder in geringerem Umfange zugelassen werden, als es das Gesetz vorsieht, z. B. kann bestimmt werden, daß alle oder einige Gesellschafter voll oder über die Vergleichsquote hinaus bedingt oder unbedingt haften. Die Erhöhung der Verpflichtungen der Gesellschafter bedarf der Zustimmung der davon Betroffenen. Im übrigen kann sie mit der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheit (§ 182 KO.) beschlossen werden. Eine über die gesetzliche Beschränkung der persönlichen Haftung hinausgehende Haftung kann m i t M e h r h e i t nicht beschlossen werden. Möglich ist sie mit Zustimmung aller betroffenen Gläubiger. Ein a u s g e s c h i e d e n e r Gesellschafter kann von der in vollem Umfange fortbestehenden Haftung, ganz oder teilweise, nicht durch Mehrheitsbeschluß, sondern nur durch die Gesamtheit aller Gläubiger, denen er haftet, oder durch jeden einzelnen für seine Person befreit werden; Jaeger §211 KO. Anm 5,7. Die. Unberührtheit der Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner usw. durch den Zwangsvergleich (§ 193 Satz 2 KO., § 82 VglO.) kann nicht durch Mehrheitsbeschluß zugunsten der danach weiter Haftenden eingeschränkt werden. Die einzelnen Gläubiger können selbstverständlich auf ihre Rechte gegen Mitschuldner usw. verzichten; Jaeger KO. §193 Anm. 14; RG. in SeuffA. 53 Nr. 71. Kommt ein Gesellschafter (oder ein ausgeschiedener Gesellschafter) nach Rechtskraft eines Zwangsvergleichs der Gesellschaft selbst in ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren und wird dort ein Zwangsvergleich geschlossen, so ermäßigt dieser auch die Schuld des Gesellschafters oder des Ausgeschiedenen, die sich nach dem Vergleich der Gesellschaft ergab. Es tritt also eine doppelte Minderung ein; Jaeger, KO. § 211 Anm. 9. Anm. 29. Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Schrifttum: Mengering, Die Haftung des ausgeschiedenen oder ausgeschlossenen Gieselischafters der o.HG., 1902; H.Lehmann in ZHR. 79, 57ff.; Rospatt in BankA. 30, 305ff.; Schubert, Die rechtliche Stellung des aus der o.HG. ausgeschiedenen Gesellschafters; Lukat, Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, 1927; Peters, Haftung und Enthaltung des aus der Kommanditgesellschaft ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafters, in Rechtsspiegel der Wirtschaft 1937 Nr. 21, Hueck S. 253. Die persönliche Haftung des Gesellschafters dauert trotz seines Ausscheidens aus der weiterbestehenden Gesellschaft fort, gleichgültig aus welchem Grunde das Ausscheiden erfolgt ist. Die Haftung ist die Folge davon, daß der Haftende während Bestehens der Schuld Mitglied der Gesellschaft war und damit die Schuld auch als seine persönliche entstanden ist. Das Ausscheiden aus der gesellschafterlichen Verbundenheit ist kein Grund, die persönliche Verpflichtung des Gesellschafters zum Erlöschen zu bringen. Vor dem Ausscheiden entstanden sind Schuldverpflichtungen, deren Rechtsgrundlage vor dem Ausscheiden gelegt ist, auch wenn die einzelnen Verpflichtungen erst nach dem Ausscheiden fällig geworden sind. In Betracht kommen hier Dauerschuldverhältnisse, insbesondere langfristige Lieferungsverträge (RG. in LZ. 1912, 5481; OLG. Dresden in SächsOLG. 34, 368), Dienst- und Mietverträge österr.OGH. in JW. 29, 3520; OLG. Frankfurt in HRR. 1931 Nr. 1686), Effektendepotverträge (RG. 125, 417; Rospatt S. 314; Ohse in JW. 30, 2057; Jacobi in ZB1HR. 31, 237). Die Haftung besteht auch für einen Kredit, der vor dem Ausscheiden eines Gesellschafters bindend zugesagt ist, aber erst nachher in Anspruch genommen worden ist; Hueck S. 252; Würdinger S. 138; Düring.-Hach. Anm. 17; Ritter Anm. 8; a.A.RG. 4, 84; Wieland S. 40. Auch für An17

HGB. Bd. II. (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 29 Sprüche auf Unterlassung, wenn sie sich auch gegen den Gesellschafter persönlich, nicht nur gegen das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen richten, dauert die Haftung des Ausgeschiedenen fort. Soweit ein Anspruch sich darauf stützt, daß ein Rechtsverhältnis, z. B. ein MietsVerhältnis, nach dem Ausscheiden des Gesellschafters durch neue Vereinbarung, auch stillschweigend verlängert worden ist, fällt er nicht unter die Haftung des Ausgeschiedenen; RG. 86, 60; 125, 417; Schwarz Anm. 6. Bei Dauerschuldverhältnissen des täglichen Lebens, wie Arbeitsverhältnisse, Gas-, Wasser- und Stromlieferungsverträge, auch gewöhnliche Miet- und Pachtverhältnisse mit den üblichen Kündigungsfristen entspricht es der Verkehrsauffassung, daß die Gegenleistung (Vergütung) von dem getragen wird, der jeweils auch die Leistung bezieht, bei einer Gesellschaft in der Zusammensetzung, in der sie sich jeweils befindet. Unterläßt in solchen Fällen der andere Teil die Kündigung auf den nächst zulässigen Termin, so ist als vereinbart anzusehen, daß der Ausscheidende für die spätere Zeit nicht haften soll; Hueck S. 252 Anm. 32; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts S. 294. Hat eine Vertragspartei auf Grund des ursprünglichen Vertrags das Recht, das Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung zu verlängern und wird davon Gebrauch gemacht (Option), so handelt es sich um Verpflichtungen aus dem ursprünglichen Vertrag. Um solche handelt es sich auch, wenn im Konkurs- oder Vergleichsverfahren ein Miet- oder Pachtvertrag mit Ermächtigung des Gerichts vorzeitig gekündigt wird und nun der Vermieter oder Verpächter Schadensersatz verlangt; vgl. RG. in JW. 33, 112714. — RG. 140,10 mit Anführung ähnlicher Fälle; vgl. auch J a e g e r , KO. § 19 Anm. 9, 17. Das Gleiche gilt, wenn die Gesellschaft wegen Verzugs oder mangelhafter Erfüllung oder von ihr zu vertretender Unmöglichkeit der Erfüllung schadensersatzpflichtig wird; RG. 125, 417; 140,10; Hueck S. 253; Würdinger S. 130; a. A. RG. 65, 26; Schlegelberger Anm. 32; Ritter Anm. 8; Düring.-Hach. Anm. 16,17; RG. 140,12. Im Falle eines K o n t o k u r r e n t v e r k e h r s mit einem Dritten auf Grund eines rechtlich bindenden Kreditvertrages dauert auch die Haftung des Ausgeschiedenen fort, wenn und soweit der beim Ausscheiden bestehende Saldo fortbesteht; § 356 Anm. 2 HGB.; RG. 76,330; bei W a r n e y e r 1935 Nr. 153; OLG. Bamberg in LZ. 1920, 666«; v. Godin in BankA. 13, 358; Rospatt S. 310. Die V e r j ä h r u n g zugunsten des Ausscheidenden (§159) beginnt in dem Zeitpunkt, auf den das Kontokurrent gekündigt werden konnte (§ 199 BGB.), also bei jederzeitiger Kündbarkeit im Augenblick des Ausscheidens. Besteht ein Vertrag mit der Bank, nach dem diese der Gesellschaft laufenden Kredit im Kontokurrentverkehr gewährt, so sind die einzelnen Geschäfte nur Einzelakte eines einheitlichen Rechtsverhältnisses. Der Ausscheidende haftet dann für alle Forderungen aus dem Kontokurrentverkehr, auch soweit die Einzelleistungen erst nach seinem Ausscheiden erfolgen; vgl. § 356 Anm. 2. § 740 BGB., nach dem der Ausscheidende an dem Gewinn und Verlust teilnimmt der sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens s c h w e b e n d e n G e s c h ä f t e n ergibt, begründet keine Haftung des Ausscheidenden gegenüber Dritten für Ansprüche, die erst nach dem Ausscheiden entstehen, z. B. durch Ausstellung von Prolongationswechseln oder einen zur Beendigung des schwebenden Geschäfts geschlossenen Vergleich; RG. in JW. 1902, 445; RG. 86, 60 (wegen der Fortdauer der Haftung aus dem ursprünglichen Rechtsverhältnis, auf Grund dessen z. B. eine Wechselprolongation erfolgte, vgl. RG. in JW. 13, 324). Die Vorschrift des § 740 gilt nur für das innere Verhältnis; RG. in JW. 1900, 663"; 1902, 445"; vgl. auch die Erl. zu § 138 über die Auseinandersetzung mit dem ausscheidenden Gesellschafter. Es ist Tatirage, ob in dem Verhalten des Gläubigers nach Kenntnis von oder bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters, z. B. in einer Stundung oder in der Mitwirkung bei der Auseinandersetzung der Gesellschaft mit dem Ausscheidenden, ein Verzicht auf Ansprüche gegen ihn liegt; RG. 65, 26; im Recht 1928 Nr. 562; in JW. 1900, 157; in LZ. 10, 618«; 12, 549; OLG. Hamburg in HansGZ. 1924 Nr. 149; Bamberg in LZ. 20, 166»; v. Godin in BankA. 13, 388. War der Ausgeschiedene zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses noch im Handelsregister eingetragen, so muß er sich dies nach § 15 entgegenhalten lassen, wenn nicht der Dritte den Sachverhalt kannte. Da der Ausgeschiedene nur noch Gesamtschuldner für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Gesellschaftsschulden ist, finden

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 29, 81 auch nur noch die Vorschriften über das Gesamtschuldverhältnis (§§ 421 ff. BGB.) Anwendung. Es fallen alle Rechtsfolgen weg, die sich aus seiner Gesellschafterstellung ergeben. Wenn die offene Handelsgesellschaft Prozeßpartei ist, so gehört er nicht selbst: zu dieser Partei; er ist insofern in jeder Beziehung ein D r i t t e r (z. B. für die V e r n e h m u n g als Zeuge). Das Verhalten der Gesellschaft ist ohne Einfluß auf sein Verhältnis zu dem Gläubiger. Auch ein Vorgehen des Gläubigers gegen die Gesellschaft berührt ihn nicht. So wird durch eine Klage gegen die Gesellschaft die Verjährung gegen ihn nicht unterbrochen. Er wird auch durch die Gesellschaft nicht mitvertreten. Deshalb wirkt die nach dem Ausscheiden erfolgte rechtskräftige Verurteilung der Gesellschaft nicht gegen ihn, die Klagabweisung nicht für ihn. Die nach dem Ausscheiden von der Gesellschaft abgegebenen Anerkenntnisse und abgeschlossenen Vergleiche wirken nicht zu seinen Ungunsten. So lange der Ausgeschiedene eingetragen ist, muß er sich aber dem Gläubiger gegenüber als Gesellschafter behandeln lassen, wenn dieser nicht den Sachverhalt kennt; § 15. Nach seinem Ausscheiden eintretende Tatsachen wirken gegen ihn nur, wenn sie in seiner Person eintreten; § 425 Abs. 1 BGB; die Folgen eines V e r z u g s der G e s e l l s c h a f t (§ 326 BGB.) wirken nicht gegen ihn (RG. 65, 26). Andererseits hat er auch keine Rechte mehr aus dem zwischen der Gesellschaft und dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnis; es kann auch Erfüllung nicht an ihn erfolgen; RG. 83, 107. Da nur noch ein Gesamtschuldverhältnis besteht, kann auch die Gesellschaft oder ein früherer Mitgesellschafter einen E r l a ß v e r t r a g mit dem Vorbehalt des Vorgehens des Gläubigers gegen die Gesellschaft oder den einen oder anderen von ihnen abschließen. Die gegen die Zulässigkeit während der Zugehörigkeit des Gesellschafters möglichen Bedenken (vgl. oben Anm. 19) bestehen nun nicht mehr. Ein vorbehaltsloser Erlaß kommt auch dem Ausgeschiedenen zugute, wie ihm jedes Erlöschen der Gesellschaftsschuld nützt. Auch der Ausgeschiedene kann einen Erlaßvertrag unter Vorbehalt des Vorgehens des Gläubigers gegen die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter schließen. Wegen V e r j ä h r u n g der Ansprüche gegen den Ausgeschiedenen vgl. §§ 159, 160. Durch V o l l b e e n d i g u n g der Gesellschaft ohne Abwicklung, z.B. durch Übernahme des Geschäfts mit Aktiven und Passiven durch einen Gesellschafter oder einen Dritten (vgl. § 145), hört auch die Gesellschaftsschuld als solche auf. Alle Gesellschafter einschließlich der vor der Vollbeendigung ausgeschiedenen sind dann gewöhnliche Gesamtschuldner im Sinne der §§421ff. BGB. Auch mit dem Übernehmer entsteht ein Gesamtschuldverhältnis, wenn er für die Schuld nach § 25 HGB. oder § 419 BGB. haftet; RG. 135, 107; § 25 Anm. 12, 25. Die Geschäftsübernahme befreit die früheren Gesellschafter nicht, wenn nicht der Gläubiger die Schuldübernahme genehmigt, sie aus der Haftung entläßt; ROHG. 6, 3; RG. in LZ. 12, 654»; vgl. auch § 26 Anm. 2. Auf die vor der Übernahme liegenden Tatsachen, durch die die Gesellschaftsschuld erlischt, können sich die früheren Gesellschafter berufen (§ 129 Abs. 1), nicht aber auf die später nur in der Person des Übernehmers eingetretenen; DürHach. Anm. 18; H. L e h m a n n in ZHR. 79, 75; RG. in LZ. 1907, 427«. Der vom Geschäftsübernehmer in seinem eigenen Konkurs- oder Vergleichsverfahren abgeschlossene Zwangsvergleich hat auf die Haftung der früheren Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft keinen Einfluß; RG. 14, 178; Jaeger § 211 Anm. 8; Lehmann, ZHR. 40, 464; Bley, VglO. § 89 V 2 b ; Bolze 2 Nr. 1998. Anm. 31. Die Stellung des einzelnen Gesellschafters als GISnbiger der Gesellschaft im V e r h ä l t n i s zu dieser u n d zu den M i t g e s e l l s c h a f t e r n . a) Für Ansprüche eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen die Gesellschaft, sogenannte S o z i a l v e r p f l i c h t u n g e n der Gesellschaft, gilt § 128 nicht. Er regelt nur das Verhältnis der Gesellschafter zu Dritten, er soll diesen Schutz gewähren gegen die Unübersichtlichkeit der Lage der Gesellschaft und ihre Leistungsunfähigkeit. Ein Nichtgesellschafter, der Sozialansprüche eines Gesellschafters erwirbt, kann deshalb den Schutz des § 128 ebenfalls nicht in Anspruch nehmen, da diese durch den Rechtsübergang nicht ihre rechtliche Natur verlieren. Im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern kann deshalb die Nichterfüllung des Sozialanspruchs erst bei der Auseinandersetzung der Gesellschaft berücksichtigt werden; RG. 120, 137 - JW. 28, 1565 mit Anm.; vgl. auch (teilweise abweichend) Roth in JurRundsch. 1928, 205. Als solche Sozialansprüche 17*

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§ 128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 32 kommen z. B. in Betracht Ansprüche auf Gewinnauszahlung, vertragsmäßige Verzinsung der Einlagen (§ 120), auf Ersatz von Aufwendungen, § 110; vgl. aber wegen der Möglichkeit der Beanspruchung der Mitgesellschafter auf Erstattung von Aufwendungen, insbesondere durch Zahlung von Gesellschaftsschulden, während bestehender Gesellschaft bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, § 110 Anm. 23 f. und unten Anm. 32. Gegen die Gesellschaft können die Sozialansprüche regelmäßig jederzeit und in voller Höhe geltend gemacht werden. Anm. 82. b) Ist ein Gesellschafter aus einem a n d e r e n R e c h t s v e r h ä l t n i s als dem G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s , z. B. aus einem Kauf-, Miet- oder Darlehens vertrage oder aus unerlaubter Handlung oder ungerechtfertigter Bereicherung, Gläubiger der Gesellschaft (Gesellschafter = Drittgläubiger) geworden, steht ihr also als Dritter gegenüber, so kann er von der G e s e l l s c h a f t , wie jeder andere Dritte, Erfüllung verlangen, sobald der Anspruch fällig ist. Er braucht sich namentlich nicht deshalb, weil er als Gesellschafter zugleich Mitträger der Gesellschaftsrechte und -pflichten ist, einen seiner Beteiligung entsprechenden Abzug an seiner Forderung gefallen zu lassen. Immerhin kann seine Eigenschaft als Gesellschafter bei der Geltendmachung seiner Ansprüche nicht ganz unberücksichtigt bleiben. Er kann nicht ohne jede Rücksicht auf die mißliche Lage der Gesellschaft Erfüllung verlangen (wie DürHach. Anm. 15 unter Berufung auf eine ältere Entscheidung des Reichsgerichts in LZ. 12, 9117 annehmen). Die Gesellschaftstreue kann ihm gebieten, bei der Beitreibung seiner Forderung Nachsicht zu üben, wenn es die Belange der Gesellschaft dringend gebieten und seine Forderung nicht gefährdet ist, insbesondere, wenn der Bestand des Unternehmens davon abhängt; allerdings ist bei der Abwägung der Interessen auch seine eigene Lage nach den Umständen des Einzelfalls zu berücksichtigen; denn die Gesellschaft ist auch den einzelnen Gesellschaftern zur Treue verpflichtet; RG. in JW. 37, 1986; vgl. § 105 Anm. 31. Der Gesellschafter = Drittgläubiger kann seine Forderung gegen die Gesellschaft auch im K o n k u r s e der Gesellschaft anmelden; ROHG. 5, 205; ebenso kann er sie im Abwicklungszustand der Gesellschaft geltend machen. Bestritten ist, ob der Gesellschafter, der der Gesellschaft in der vorbezeichneten Weise wie ein Dritter gegenüber steht, sich g e g e n ü b e r den M i t g e s e l l s c h a f t e r n auf die G e s a m t h a f t u n g der G e s e l l s c h a f t e r b e r u f e n und demgemäß nach seiner Wahl von der Gesellschaft oder von den Mitgesellschaftern, und zwar von jedem einzelnen in voller Höhe Befriedigung fordern kann. Nach einer früher vertretenen Meinung soll sich der Gesellschafter nur an das Gesellschaftsvermögen halten und bei dessen Unzulänglichkeit erst bei der endgültigen Auseinandersetzung einen Ausgleich der Aktivund Passivsalden verlangen können; ROHG. 13, 145; RG. bei Bolze 7 Nr. 63; Förtsch in HoldhMschr. 98, 277 u. a. Später hat sich die Rechtsprechung des RG. überwiegend und ebenso das Schrifttum auf den Standpunkt gestellt, daß der Gesellschafter — Drittgläubiger statt der Gesellschaft auch die Mitgesellschafter als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen könne, aber n u r u n t e r Abzug des B e t r a g e s , f ü r den er s e l b s t n a c h seiner g e s e l l s c h a f t e r l i c h e n B e t e i l i g u n g am V e r l u s t im i n n e r e n V e r h ä l t n i s h a f t e t , da er nicht das fordern könne, was er bei späterer Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens unter Umständen wieder herausgeben müsse; vgl. die Entscheidungen des II. Zivilsenats des Reichsgerichts; RG. 36, 60; 59, 114; 120, 135 (für KommG.); in JW. 96, 581® = Bolze 21 Nr. 58, des III. Senats: RG. 85, 157 für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft; OLG. Hamburg in LZ. 19, 923»; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 539; Cosack (7) § 194 II 5; Brand Anm. 5 b; Ritter Anm. 4. Vereinzelt hat das Reichsgericht (1. Senat, RG. 77, 102; LZ. 12, 912«) noch die frühere Meinung vertreten. In einer neuen Entscheidung vom 7. Januar 1937, RG. 153, 305, hat der II. Zivilsenat seine frühere Stellungnahme wiederholt und sie dahin präzisiert, daß der Gesellschafter als Dritter zu behandeln sei, wenn das zugrunde liegende Geschäft rechtlich nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe, und daß es im Interesse der Rechtssicherheit nicht darauf ankommen könne, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Geschäftsabschluß und der Eigenschaft des Vertragsgegners der Gesellschaft als Gesellschafter bestehe, ob es mit Rücksicht auf diese Eigenschaft zustande gekommen sei und ob es der Förderung des Gesellschaftsunternehmens habe dienen sollen. Das Reichsgericht läßt danach nach Wahl des Gesellschafters die Inanspruch-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128 Anm. 82 nähme der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter als Gesamtschuldner zu. Dieser Auffassung ist beizutreten. Sie entspricht der weitgehenden Selbständigkeit von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter, die es allein ermöglicht, den Gesellschafter für Geschäfte nicht gesellschaftsrechtlicher Grundlage als Dritten zu behandeln, und auch dem Bedürfnisse des Verkehrs und der Verkehrsauffassung. Dieser •würde es nicht entsprechen, einen Gesellschafter als Lieferanten des Gesellschaftsunternehmens, der dasselbe Risiko trägt und dasselbe leistet, schlechter zu stellen, als einen beliebigen Dritten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, ihm auch zu gestatten, aus solchen Rechtsgeschäften nach seiner Wahl die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter, diese als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen. Wenn man einmal die Möglichkeit von Geschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern anerkennt, kann aus dem Wesen der Gesellschaft kein grundsätzliches Hindernis für diese Folgerung abgeleitet werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist auch der scharfen Abgrenzung des Reichsgerichts zuzustimmen, nach der es nur darauf ankommen kann, ob der Anspruch r e c h t lich auf der Gesellschaftereigenschaft des Berechtigten beruht, oder ob das Geschäft ein solches ist, das ebenso gut von einem völlig Fremden abgeschlossen werden konnte, nicht aber auf den wirtschaftlichen Zusammenhang. Da der betreibende Gläubiger auch selbst für die Gesellschaftsschulden als Gesamtschuldner haftet, ergibt sich aus dem Gesamtschuldverhältnis auch, daß er sich das abziehen muß, was bei dem Ausgleich unter den Gesamtschuldnern auf ihn entfällt. Nach den gleichen Regeln kann der Gesellschafter die Mitgesellschafter in Anspruch nehmen, wenn er die F o r d e r u n g eines D r i t t e n d u r c h R e c h t s g e s c h ä f t oder sonst im Wege der R e c h t s n a c h f o l g e , ( A b t r e t u n g , E r b s c h a f t ) erworben hat; denn die Forderung ändert durch den Wechsel der Person des Gläubigers nicht ihren rechtlichen Charakter. I s t ein G e s e l l s c h a f t e r von einem D r i t t g l ä u b i g e r auf G r u n d s e i n e r p e r s ö n l i c h e n H a f t u n g in A n s p r u c h g e n o m m e n w o r d e n , so handelt es sich um eine Aufwendung im Sinne des § 110, deren Erstattung er von der Gesellschaft jederzeit verlangen kann. Auch hier erhebt sich die Frage, ob der Gesellschafter seine Mitgesellschafter auf Grund des § 128 als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen kann. Es besteht kein Anlaß, diesen Fall anders zu behandeln, wie wenn der Gesellschafter den Anspruch von dem Dritten durch Rechtsgeschäft erworben hat und ihn geltend macht; vgl. § 110 Anm. 23f. Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrage oder durch nachträgliche Vereinbarung bestimmen, daß im Verhältnis untereinander ein Gesellschafter, der als Dritter mit der Gesellschaft Geschäfte macht, aus diesen während des Bestehens der Gesellschaft nur die Gesellschaft, nicht die Mitgesellschafter oder einzelne von ihnen in Anspruch nehmen dürfe oder daß dies nur bei Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens geschehen dürfe. Möglich ist aber auch die Vereinbarung, daß der Gesellschafter = Drittgläubiger die Mitgesellschafter als Gesamtschuldner auf das Ganze ohne Abzug seines Anteils belangen kann und daß diese den Ausgleich erst bei der Auseinandersetzung verlangen können. Derartige Vereinbarungen können durch die Umstände gerechtfertigt sein. So kann sich bei einer Sanierung durch ein Darlehen eines zahlungskräftigen Gesellschafters und gleichzeitiger Ablehnung eines Beitrages anderer wegen ihrer schlechten Vermögenslage aus den Umständen ergeben, daß sie während Bestehens der Gesellschaft nicht in Anspruch genommen werden sollen. Andererseits kann ein einzelner Gesellschafter sich zu einer Hilfe, da sie auch den anderen Gesellschaftern zugute kommt, nur unter der Bedingung bereit erklären, daß ihm die Mitgesellschafter für den vollen Betrag seines Darlehens ohne Abzug einstehen. Das Reichsgericht läßt es in der Entscheidung RG. 153, 305 dahingestellt, ob der Gesellschafter = Drittgläubiger bei Inanspruchnahme eines Mitgesellschafters sich nur das abziehen muß, was nach dem Verlustverteilungsmaßstab auf ihn entfällt oder ob er n u r die v e r h ä l t n i s m ä ß i g e V e r t e i l u n g auf alle a n d e r e n G e s e l l s c h a f t e r v o r n e h m e n d a r f , sich also bei einer Mehrheit anderer Gesellschafter wegen des seinen Anteil übersteigenden Betrages nicht an einen einzigen halten kann. Beschränkt man die Abzugspflicht auf den eigenen Verlustanteil des Gläubigers, so würde dies eine unbillige Belastung des von den Gläubigern gerade in Anspruch genommenen bedeuten; wenn

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§128 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 88—86 man diesem aber gestatten würde, sich an die weiteren Mitgesellschafter unter Abzug seines eigenen Verlustanteils zu halten, so würde auf einem Umweg doch die Verteilung unter alle Gesellschafter nach dem Maßstabe ihrer Verlustbeteiligung herauskommen. Eis entspricht aber dem Verhältnis der Gesellschafter als Gesamtschuldner diese Verteilung alsbald vorzunehmen. Als Gesellschafter haften sie im inneren Verhältnis nach Maßgabe ihres Verlustanteils, § 426 BGB. Wenn der einzelne sich diesen Verlustanteil abziehen muß, wenn er als Drittgläubiger auftritt, weil er nicht das fordern kann, was er möglicherweise endgültig als Verlustaneil tragen muß, so ist es folgerichtig, daß er von dem einzelnen Mitgesellschafter auch nicht mehr fordern darf, als dieser bei der Auseinandersetzung voraussichtlich endgültig zu tragen hat. Danach kann der Gesellschafter = Drittgläubiger den einzelnen Mitgesellschafter nur nach Maßgabe von dessen Beteiligung am Verlust in Anspruch nehmen (so grundsätzlich auch DürHach. Anm. 15; W ü r d i n g e r Gesellschaften, S. 91; a. M. Schlegelberger Anm. 27). Da aber der Gesellschafter = Drittgläubiger außer seinem eigenen Verlustanteil gerade auf Grund der Gesamthaft der Gesellschafter keinen Verlust erleiden soll, braucht er bei der Verteilung die Gesellschafter nicht zu berücksichtigen, die zahlungsunfähig sind. Anm. 88. F o r d e r u n g s ü b e r g a n g . Soweit ein Gesellschafter auf Grund seiner Haftung einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat, geht die Forderung auf ihn über. Es besteht kein Grund, die den Forderungsübergang aussprechende Vorschrift des § 426 Abs. 2 BGB. (vgl. auch §§ 401, 412 BGB.), wie zum Teil unter Berufung auf D. I 101 angenommen wird, auf die offene Handelsgesellschaft nicht anzuwenden; ebenso RG. in JW. 1916, 1409. Der in Anspruch genommene Gesellschafter kann sie aber gegen die Mitgesellschafter nur geltend machen, soweit nicht die oben festgestellten Grundsätze über die Ausgleichspflicht entgegenstehen. Mit der Forderung gehen auch die von der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern gegebenen Sicherheiten über. Dagegen erlischt eine von einem Dritten für die Gesellschaftsschuld gegebene Sicherheit mit der Tilgung der Gesellschaftsschuld; Schlegelberger Anm. 29. Anm. 81. Die Ansprüche eines Gesellschafters aus der Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers auf Erstattung gegen die Gesellschaft und auf Ausgleich durch die Mitgesellschafter entstehen nur, wenn der von einem Dritten geltend gemachte Anspruch gegen die Gesellschaft zu R e c h t b e s t a n d . Der in Anspruch genommene Gesellschafter muß deshalb prüfen, ob der Anspruch besteht; unter Umständen muß er die Feststellung des Anspruchs in einem Prozeß abwarten. Er muß die Gesellschaft und Mitgesellschafter von der Geltendmachung des Anspruchs in Kenntnis setzen, im Prozeß ihnen den Streit verkünden und ihnen dadurch Gelegenheit geben, sich gegen den Anspruch zu verteidigen, etwa durch Beitritt im Prozeß, Erhebung einer Feststellungsklage. Hat er alles getan, um den Anspruch abzuwehren, und ist er rechtskräftig verurteilt und hat danach den Gläubiger befriedigt, so würde es der gesellschafterlichen Verbundenheit und Treupflicht widersprechen, wenn die Gesellschaft und die Mitgesellschafter ihm noch entgegenhalten könnten, daß der Anspruch des Gläubigers nicht bestanden habe; vgl. auch § 110 Anm. 5. Anm. 85. Der ausgeschiedene G e s e l l s c h a f t e r , der eine vor seinem Ausscheiden entstandene Forderung hat, kann sie bei Fälligkeit unbeschränkt gegen die Gesellschaft und gegen die früheren Mitgesellschafter als Gesamtschuldner geltend machen, auch wenn der Anspruch seinen Rechtsgrund in dem inneren Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander hatte, es sich z. B. um einen Anspruch auf (estgestellten Gewinn oder um sein Abfindungsguthaben handelt, Er kann namentlich von den Mitgesellschaftern weder auf das Gesellschaftsvermögen noch auf die künftige Auseinandersetzung unter den verbleibenden Gesellschaftern verwiesen werden, noch kann ein Abzug eines auf ihn entfallenden Verlustanteils in Frage kommen; denn alle derartige Beschränkungen beruhen nur auf der Mitgliedschaft, die mit dem Ausscheiden für den Ausscheidenden aufgehört hat. Wird der Ausgeschiedene selbst auf Grund seiner früheren Gesellschaftszugehörigkeit gemäß § 128 von einem Dritten wegen einer Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen, so kann er, falls sich aus dem Gesellschafts- oder Auseinandersetzungsvertrag nichts anderes ergibt, von der Gesellschaft und von den in ihr verbliebenen oder den neu eingetretenen Gesellschaftern, von diesen gemäß §§ 128, 130, B e f r e i u n g von der 262

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 128, 129 Anm. 86—88 H a f t p f l i c h t verlangen. Soweit er bereits geleistet hat, kann er von der Gesellschaft und von ihren Gesellschaftern alsbaldige Erstattung des Aufgewendeten verlangen, und zwar in voller Höhe ; denn nach der Lösung des gesellschaftslichen Bandes ist er auch den früheren Mitgesellschaftern nicht mehr ausgleichspflichtig, diese können nur unter sich Ausgleichung nach § 426 BGB. und von der Gesellschaft Erstattung nach § 110 HGB. fordern. Anm. 88. Wegen der Haftung auf Grund einer d e r ö f f e n t l i c h k e i t g e g e n ü b e r a b g e g e b e n e n E r k l ä r u n g oder auf Grund R e c h t s s c h e i n s im Falle der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrages vgl. § 105 Anm. 73ff. Anm. 37. Eine der gesetzlichen Haftung der Gesellschafter entgegenstehende Vereinbarung; ist Dritten gegenüber unwirksam, Satz 2. Im Verhältnis unter den Gesellschaftern kann etwas anderes vereinbart werden, und zwar sowohl im Gesellschaftsvertrag wie beim Ausscheiden eines Gesellschafters, etwa in der Weise, daß bei der Auseinandersetzung die vorhandenen Gesellschaftsschulden oder bestimmte Arten von ihnen bei der Berechnung des Abschichtungsguthabens des Ausscheidenden nicht als Passiva in die Abschichtungsbilanz eingestellt werden oder daß im Falle der Inanspruchnahme eines bestimmten Gesellschafters durch den Gläubiger von den übrigen bestimmte Leistungen zu erbringen sind, um den in Anspruch genommenen von der Haftung zu befreien. Auch zwischen der G e s e l l s c h a f t u n d einzelnen G l ä u b i g e r n kann schon bei Beginn der Geschäftsbeziehungen oder später vereinbart werden, daß nur das Gesellschaftsvermögen oder daß einzelne Gesellschafter nicht oder erst nach anderen in Anspruch genommen werden dürfen oder daß nur bei Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens die Gesellschafter oder einige persönlich belangt werden können; ROHG. 15, 17. Nur in innerem Verhältnis vereinbarte Beschränkungen berühren Dritte nicht, auch wenn sie sie kennen. Auch zwischen einem einzelnen Gesellschafter und einem Gläubiger kann eine Beschränkung oder Ausschließung der Haftung des Gesellschafters vereinbart werden; ROHG. 20, 182; RG. 13, 98. Anm. 88. Ob die Gesellschafter einer ausländischen offenen Handelsgesellschaft den Gesellschaftsgläubigern persönlich und gesamtschuldnerisch haften, bestimmt sich nach dem am Sitze ihrer ausländischen Hauptniederlassung geltenden Rechte, auch wenn die Gesellschafter Deutsche sind und wenn die Geschäfte, aus denen die Gesellsphaftsschuld herrührt, von einer inländischen Niederlassung abgeschlossen sind und die deutsche Zweigniederlassung ins Handelsregister ihres Sitzes eingetragen ist; vgl. Vorbem. vor § 105; Bolze 1 Nr. 41 von B a r in EhrenbergHandb. I 345. Erweckt die ausländische Gesellschaft durch ihr Auftreten im Rechtsverkehr den Anschein, also ob sie eine deutsche offene Handelsgesellschaft sei, so haften auch ihre Gesellschafter so, als ob sie Gesellschafter einer solchen Gesellschaft wären. §

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Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie v o n der Gesellschaft erhoben werden können. Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann. Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt. 263

§129 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 1—3 Anm. 1. § 129 enthält Bestimmungen über die dem einzelnen Gesellschafter gegen seine Inanspruchnahme für die Gesellschaftsschulden zustehenden Einwendungen und über die Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter. Das ADHGB. enthält keine entsprechenden Vorschriften. Eine sachliche Änderung ist durch die Aufnahme der Vorschriften, abgesehen von den Vorschriften in Abs. 2 u. 3 (vgl. unten Anm. 8) nicht erfolgt. Die Absätze 1 und 4 dienen nur der Klarstellung. Anm. 2. W i r d ein G e s e l l s c h a f t e r wegen einer V e r b i n d l i c h k e i t d e r G e s e l l s c h a f t in A n s p r u c h g e n o m m e n , so k a n n er E i n w e n d u n g e n , die n i c h t in seiner P e r s o n b e g r ü n d e t s i n d , n u r insoweit g e l t e n d m a c h e n , als sie der G e s e l l s c h a f t z u s t e h e n ; Abs. 1. Die Vorschrift gilt, wie auch die grundsätzliche Vorschrift des § 128, nur für Ansprüche, die einem Dritten gegen die Gesellschaft zustehen, nicht für solche, die ein Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis hat, wohl aber für solche, die ein Gesellschafter aus einem anderen als dem Gesellschaftsverhältnis, einem Drittschuldverhältnis gegen die Gesellschaft hat. Dem Gesellschafter stehen nach Abs. 1 zwei Arten von Einwendungen zu, 1. diejenigen, die von der Gesellschaft erhoben werden können, 2. diejenigen, die in seiner Person begründet sind. Andere Einwendungen sind nicht möglich und auch nicht denkbar. Enwendungen, die in der Person eines anderen als des Schuldners liegen („Einwendungen aus dem Rechte eines Dritten"), sind auch einer Einzelperson als Schuldner nicht gestattet. Wenn bei den Gesellschaftsschulden und der sich daraus ergebenden Haftbarkeit des Gesellschafters überhaupt eine Verschiedenheit der Einwendungen vorkommt, so erklärt sich das daraus, daß für die Gesellschaftsschuld eine doppelte Haftung besteht, einmal mit dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen und dann mit dem Privatvermögcn der Gesellschafter. Daß die der Gesellschaft zustehenden Einwendungen von dem in Anspruch genommenen Gesellschafter geltend gemacht werden können, ist die natürliche Folge davon, daß die Gesellschaftsschuld nichts anderes ist als eine Schuld der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter. Anm. 3. E i n w e n d u n g e n der G e s e l l s c h a f t sind alle rechtlichen oder tatsächlichen Anführungen, durch die das Nichtbestehen des angeblichen Anspruchs gegen die Gesellschaft dargetan werden kann. Den Gegensatz dazu bilden die V e r f ü g u n g e n , durch die ein an sich bestehender Anspruch beseitigt oder umgestaltet werden kann. Zu den Einwendungen gehört die Geltendmachung des Fehlens eines Rechtsgeschäfts oder einer anderen rechtschaffenden Tatsache, auf die der Anspruch gestützt werden könnte oder der Sachbefugnis (der Passivlegitimation) der Gesellschaft oder der Nicht i g k e i t des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts wegen Formmangels, wegen mangelnder Vertretungsbefugnis oder Geschäftsfähigkeit der bei der Entstehung des Schuldverhältnisses als handelnd aufgetretenen Personen, oder wegen Verstoßes des Rechtsgeschäfts gegen das Gesetz § 134 BGB., oder die guten Sitten, § 138 BGB. Eine Einwendung aus dem Gesetz wäre es auch, wenn die Gesellschaft geltend machen würde, der vereinbarte Kaufpreis verstoße gegen die gesetzliche Preisregelung, z. B. die Preisstop-Vo. vom 2. November 1936, RGBl. I, 955, es sei deshalb zwar das Geschäft nicht nichtig, es werde aber nur der gesetzlich zulässige Preis geschuldet; vgl. RG.Urt. vom 29. März 1939 II 185/38 - SeuffA. 93 Nr. 110. Eine der Gesellschaft und damit dem einzelnen Gesellschafter zustehende Einwendung ist auch der Hinweis darauf, daß die Forderung des Gläubigers durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung erworben sei. Eine Einwendung ist auch die Geltendmachung des Untergangs des Anspruchs durch Erfüllung oder Erfüllungsersatz (z. B. durch Hinterlegung) oder durch Unmöglichkeit der Leistung oder die Berufung auf Erlaß, mangelnde Fälligkeit oder Stundung der Gesellschaftsschuld. Wie der Gesellschaft steht dem Gesellschafter auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu, mit der Folge, daß er nur Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung an die Gesellschaft verurteilt werden kann; ebenso die Einrede des Zurückbehaltungsrechts. Auch die Einrede der Verjährung des Anspruchs gegen die Gesellschaft ist eine Einwendung; sie hindert nur die Verurteilung, bringt aber keine Umgestaltung des Rechtsverhältnisses, ist also keine V e r f ü g u n g über das Rechtsverhältnis oder ein daraus abgeleitetes Recht; vgl. Anm. 4. Auch die Einwendung, daß

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschalter zu Dritten (Weipert) § 129 Anm. 4, 6 die Klage gegen die Gesellschaft rechtskräftig abgewiesen sei, kann von dem einzelnen Gesellschafter erhoben werden (RG. 49, 343; 102, 301). Anm. 4. Nach §719 BGB. ist der einzelne Gesellschafter nicht berechtigt, über die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände, zu denen auch die der Gesellschaft zustehenden Rechte gehören, zu v e r f ü g e n . Er kann also auch nicht Verfügungen treffen, durch die das Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu einem Dritten und die sich daraus ergebenden Rechte umgestaltet werden, um aus der Umgestaltung Einwendungen gegen die Ansprüche des Dritten gegen die Gesellschaft zu erheben. So kann er nicht, falls er nicht zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, die Vertragserfüllung namens der Gesellschaft ablehnen oder einen Vertrag wegen Irrtums anfechten und dadurch die Umwandlung des ursprünglichen Anspruchs des Dritten in einen Schadensersatzanspruch des Dritten herbeiführen, vgl. §§122, 326 BGB.; ebensowenig kann er namens der Gesellschaft den Rücktritt von einem Vertrage mit den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen erklären; er kann auch nicht die Aufrechnung mit einer Gegenforderung der Gesellschaft erklären und damit das Erlöschen der Gegenforderung verursachen, um daraus das Erlöschen der Gesellschaftsschuld abzuleiten. Er kann sich nur auf die W i r k u n g e n der von ihm oder einem anderen v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n Gesellschafter oder einem Bevollmächtigten (Prokuristen) der Gesellschaft vorgenommenen Handlungen auf die Gesellschaftsschuld, z. B. auf das Erlöschen des Anspruchs durch eine vollzogene Aufrechnung — auch eine in zulässiger Weise durch einen Mitgesellschafter erklärte — berufen. Dann handelt es sich nur um die Geltendmachung von Einwendungen der Gesellschaft aus den von ihr oder mit Wirkung für sie vollzogenen, das Rechtsverhältnis umgestaltenden Handlungen. Eine solche Einwendung l'egt auch nur vor, wenn der Gesellschafter auf Grund einer von' der Gesellschaft dem Verkäufer einer Sache vor Verjährung des Wandelungs- oder MindeTungsanspruchs zugegangenen oder an ihn abgesandten Mängelanzeige gemäß § 478 BGB. auch nach Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises ganz oder teilweise verweigert (wegen der Möglichkeit der Berufung auf eine Aufrechnungsb e f u g n i s des Gläubigers gegen eine Gesellschaftsschuld vgl. Abs. 3 und die Erl. dazu, Anm. 8f.). Anm. 6. Jeder Gesellschafter kann alle Einwendungen erheben, die von der Gesellschaft erhoben werden können. Das Gesetz stellt jedoch nur eine Regel auf, deren Nichtanwendung der Verfügung der Parteien unterliegt. Es legt kein Grund für die Annahme vor, daß die Vorschrift zwingend ist, etwa weil sie dem Schutze der einzelnen Gesellschafter gegen zuweit gehende Belastung ihres Privatvermögens dienen sollte. Dem Schutze der Gläubiger dient sie ebenfalls nicht. Es kann somit durch Vertrag bestimmt werden, daß die gesetzliche Regel des Abs. 1 für ein bestimmtes Rechtsverhältnis nicht gilt, daß also der einzelne Gesellschafter gegenüber einem bestimmten Gläubiger die Einwendungen der Gesellschaft nicht oder daß er bestimmte Einwendungen nicht geltend machen könne. So könnte z. B. vereinbart werden, daß ein der Gesellschaft unter näher angegebenen Voraussetzungen eingeräumter Anspruch auf Stundung den Gesellschaftern oder einigen von ihnen nicht zustehen solle. Jedenfalls werden solche Vereinbarungen keinen Bedenken unterliegen, wenn sie mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter erfolgt sind. Die Zustimmung könnte auch darin liegen, daß der einzelne Gesellschafter im inneren Verhältnis der Gesellschafter die Berichtigung einer Gesellschaftsschuld übernommen hat. Auch ohne Zustimmung des einzelnen Gesellschafters kann die Gesellschaft einen Dritten verpflichten, in erster Linie einen bestimmten Gesellschafter in Anspruch zu nehmen. Der einzelne Gesellschafter wird dadurch nicht zu mehr verpflichtet, als ihm schon auf Grund seiner Gesellschaftereigenschaft obliegt. Nur das Reht des D r i t t e n wird mit seinem Willen eingeschränkt. Wird aber von vornherein vereinbart, daß die Gesellschaft überhaupt nicht in Anspruch genommen werden dürfe, sondern nur die Gesellschafter oder einige von ihnen, so würde ein solches Geschäft über die Vertretungsbefugnis der vertretungsberechtigten Gesellschafter hinausgehen; denn diese können nur die Gesellschaft verpflichten; die Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter kann nur eine Folge des Entstehens einer Verpflichtung der Gesellschaft sein. Ein von vornherein auf eine Leistung lediglich aus dem Privatvermögen der Gesellschafter gerichtetes Rechtsgeschäft könnte nur mit

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S 129 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 6, 6 Zustimmung der betroffenen Gesellschafter vorgenommsn werden. Hat sich ein Gesellschafter im inneren Verhältnis der Gesellschafter zu einer solchen Leistung aus seinem Privatvermögen bereit erklärt, so liegt darin freilich regslmäßig auch die Erteilung der Vollmacht an die Vertreter der Gesellschaft, in seinem Namen die Verpflichtung gegenüber dem Dritten zu übernehmen. Vereinbart die Gesellschaft mit den Gläubigern, daß z u e r s t ein bestimmter Gesellschafter in Anspruch genommen werden soll, so ist das keine Einwendung, die der G e s e l l s c h a f t gegen ihre Verurteilung zusteht, wenn nicht nach der Vereinbarung der bestimmte Gesellschafter vor ihr in Anspruch genommen werden sollte; trotzdem wird man einem a n d e r e n Gesellschafter die Einwendung zugestehen müssen; denn es wird sich regelmäßig um einen Vertrag zugunsten des anderen Gesellschafters nach Analogie des Vertrages zugunsten Dritter handeln; abw. Schlegelberger Anm. 5 unter Berufung auf RG. in JW. 1928, 2613. Darüber, ob die Gesellschaft in einem Erlaßvertrag zu ihren Gunsten dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs gegen die Gesellschafter vorbehalten kann, vgl. § 128 Anm. 19. Aus der Natur einer Einwendung kann sich ergeben, daß sie nur der Gesellschaft und nicht dem einzelnen Gesellschafter zusteht. Dies gilt namentlich von Einwendungen aus dem Gebiete des Prozeßrechts. So wird der Beklagte Gesellschafter sich nicht auf die Unzuständigkeit des Gerichts deshalb berufen können, weil es für eine Klage gegen die Gesellschaft nicht zuständig wäre, wenn es das Gericht seines allgemeinen Gerichtsstandes ist. Das gleiche gilt von der E i n r e d e der R e c h t s h ä n g i g k e i t , wenn sie auf eine gegen die Gesellschaft gerichtete Klage gestützt wird; ebenso Schlegelberger Anm. 5. Diese Einrede soll eine Prozeßpartei nur gegen die mit einer mehrfachen Einklagung desselben Anspruchs gegen sie verbundenen Nachteile schützen, insbesondere die Erlassung einander widersprechender Urteile zwischen den gleichen Prozeßparteien vermeiden. Prozeßrechtlich sind aber die Gesellschaft und der einzelne Gesellschafter zwei verschiedene Parteien. Jede kann besonders verklagt werden. Das Urteil kann gegen die eine auf Verurteilung gegen die andere auf Klagabweisung lauten. Das gegen die Gesellschaft ergangene Urteil ist gegen den einzelnen Gesellschafter nicht vollstreckbar und umgekehrt; § 129 Abs. 4. Es wirkt nur für und gegen das Gesellschaftsvermögen; es ist auch unrichtig, von einer Rechtskraftwirkung des gegen die Gesellschaft ergangenen Urteils zu sprechen und damit dem beklagten Gesellschafter aus einer gegen die Gesellschaft anhängigen Klage die Einrede der Rechtshängigkeit zu geben. Dem einzelnen Gesellschafter werden durch das gegen die G e s e l l s c h a f t e r g e b e n d e U r t e i l mit Eintritt seiner Rechtskraft nur die der Gesellschaft zustehenden Einwendungen genommen; ebenso Hueck S. 181; Ritter §124 Anm. 4f.; DürHach. §128 Anm. 8; RGUrt. v. 14. 6. 44 = DR. 1944, 665"; abw. RG. 49, 341; OLGR. 32, 107; vgl. auch $124 Anm. 25. Auf die Wirkungen eines gegen die Gesellschaft eröffneten Konkurs- oder Vergleichsverfahrens und die sich daraus ergebenden Einwendungen gegen einen gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch, z. B. die Verweisung der Gläubiger auf die gemeisame verhältnismäßige Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger kann sich ein Gesellschafter schon deshalb nicht berufen, weil dies dem Zwecke der persönlichen Haftung der Gesellschafter widersprechen würde; vgl. BayObLG. in JW. 30, 1507*; vgl. auch § 128 Anm. 24ff. Anm. 6. Der G e s e l l s c h a f t e r k a n n die E i n w e n d u n g e n n u r in demselben Umfange g e l t e n d m a c h e n , in dem sie der G e s e l l s c h a f t im Z e i t p u n k t i h r e r E r h e b u n g d u r c h ihn zustehen. Er kann Einwendungen, die der Gesellschaft ursprünglich zustanden, somit nicht mehr geltend machen, wenn die Gesellschaft selbst das Recht darauf verloren hat. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gesellschaft auf eine einzelne Einwendung, wie die Einrede der Verjährung, oder des nicht erfüllten Vertrages verzichtet hat, oder wenn sie die Einwendung durch ihr Verhalten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB.) v e r w i r k t hat. Ein Verzicht liegt auch in einem Vergleich über die Gesellschaftsschuld, soweit nach ihm die Gesellschaft zur Leistung verpflichtet ist. Auch ein v e r t r a g l i c h e s selbständiges S c h u l d v e r s p r e c h e n oder S c h u l d a n e r k e n n t n i s (§§ 780, 781 BGB.) der Gesellschaft, die 266

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 129 Anm. 6 die streitige Leistung zum Gegenstand haben, schneidet ihr und damit dem einzelnen Gesellschafter die bis dahin bestehenden Einwendungen ab. Auch wenn darin die Übernahme einer neuen Verpflichtung gefunden wird, so haftet der Gesellschafter für diese aus § 128 (falls er zur Zeit ihrer Übernahme noch Gesellschafter ist). Auch durch das Verhalten der Gesellschaft im Gesellschaftsprozeß können ihr und damit den Gesellschaftern Einwendungen verloren gehen. Dies gilt vor allem von einem A n e r k e n n t nis. Durch die r e c h t s k r ä f t i g e Verurteilung der Gesellschaft im Prozeß fallen alle Einwendungen weg, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung zugunsten der Gesellschaft bestanden, auch wenn die Gesellschaft sie nicht kannte. Denn mit der Rechtskraft des Urteils steht fest, daß der dem Gläubiger zuerkannte Anspruch auch bestand; RG. 3, 57; 5, 70; 13, 96; 34, 365; 49, 343; vgl. Anm. 5 Abs. 4. Da es für den Untergang der Einwendungen der Gesellschafter nur auf deren Verhalten und die Wirkung des Urteils gegen sie ankommt, ist es unerheblich, ob der in Anspruch genommene Gesellschafter am Prozeß teilgenommen und ob er der Stellungnahme der Gesellschaft widersprochen hat oder ob ihm die eine Einwendung begründenden Tatsachen bekannt waren. Er kann sich von den Wirkungen der Rechtskraft dadurch bis zu einem gewissen Grad schützen, daß er dem Reichtsstreit der Gesellschaft als Streitgehilfe beitritt, die bestehenden Einwendungen vorbringt und die gegebenen Rechtsmittel einlegt; vgl. § 124 Anm. 21. Bei Zweifelhaftigkeit eines Anspruchs, insbesondere bei erheblichem Umfang eines solchen, sind die geschäftsführenden und auch die vertretungsberechtigten Gesellschafter verpflichtet, den anderen Gesellschaftern von Erhebung einer Klage Kenntnis zu geben, um ihre Belange zu wahren, namentlich wenn nach Lage des Falles eine Unterstützung des Standpunktes der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter zu erwarten ist oder wenn mit Rücksicht auf die Vermögenslage der Gesellschaft mit Inanspruchnahme der Gesellschafter zu rechnen ist, vgl. auch § 128 Anm. 34. Nur das r e c h t s k r ä f t i g e Urteil oder eine Entscheidung, die die gleiche Wirkung hat, z. B. die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, eines Schiedsgerichts, auch ein rechtskräftiger Vollstreckungsbefehl im Mahnverfahren, schneidet die Einwendungen ab, nicht aber ein nur vorläufig vollstreckbares. Gleichgültig ist, wie das Urteil zustande gekommen ist, insbesondere, ob es auf einem Anerkenntnis oder einer Versäumnis der Gesellschaft beruht. Auch solche Urteile haben dieselben Wirkungen wie ein auf streitige Verhandlung ergangenes Urteil (abw. RG. in JW. 1903, 241"). Zulässig ist, das Anerkenntnis auf die Schuld der Gesellschaft zu beschränken; DürHach. Anm. 2; Schwarz Anm. 2. Die Beschränkung muß dann aber auch im Urteil zum Ausdruck kommen; denn es wäre möglich, daß das Gericht ohne Rücksicht auf das beschränkte Anerkenntnis die Gesellschaftsschuld schon auf Grund anderer Tatsachen und ohne Beschränkung für feststehend ansieht. Auch einen Vergleich kann die Gesellschaft unter dem Vorbehalt schließen, daß den Gesellschaftern oder einzelnen von ihnen die Geltendmachung der der Gesellschaft zustehenden Einwendungen vorbehalten wird. Die Einwendungen, die der Gesellschaft trotz der Rechtskraft des gegen sie ergangenen Urteils zustehen, kann auch der einzelne Gesellschafter der gegen ihn erhobenen Klage entgegenhalten; RG. 124, 146. Er ist dabei nicht auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO. beschränkt; denn er ist im Gesellschaftsprozeß nicht die verurteilte Partei. Die Einwendungen werden ihm auch nicht deshalb abgeschnitten, weil die Rechtskraft des Urteils gegen ihn wirkt, sondern weil die im Gesellschaftsprozeß vorzubringenden Einwendungen sachlichrechtlich der Gesellschaft und damit auch ihm verloren gehen. Er kann daher die nach Rechtskraft des Urteils der Gesellschaft noch zustehenden Einreden in dem gegen ihn anhängigen Prozeß vorbringen. Selbst nach seiner rechtskräftigen Verurteilung kann er Einwendungen, die der Gesellschaft nach Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Urteils erwachsen sind, noch vorbringen, nunmehr aber nur noch im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767; Schlegelberger Anm. 4. Konnte er sie vor seiner Verurteilung vorbringen, so sind sie für ihn durch die Rechtskraft des gegen ihn erlassenen Urteils ausgeschlossen. Zu den nach Eintritt der Rechtskraft zulässigen Einwendungen gehört auch die, daß das Urteil im Gesellschaftsprozeß durch unerlaubtes Zusammenwirken der Vertreter der Gesellschaft mit dem Prozeßgegner (Kollusion) zustande gekommen sei, daß es somit auf einer unerlaubten Handlung (§ 826 BGB.) beruhe, die den Gläubiger zum Schadensersatz und 267

§ 129 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 7, 8 damit zur Wiederherstellung des Rechtszustandes vor dem Urteil, auch hinsichtlich der Zulässigkeit der Einwendungen verpflichte, so daß er sich auf den Verlust der Einwendungen gegenüber einem Gesellschafter nicht berufen könnte. Selbst wenn man der Prozeßpartei gegenüber, zu deren Ungunsten das Urteil ergangen ist, die Zulässigkeit der Berufung auf eine Erschleichung des Urteils im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Unantastbarkeit rechtskräftiger Entscheidungen verneint (vgl. zu der Frage Jonas ZPO. § 322 Anm. IX und die dort angeführte Rechtsprechung), so gelten die hierfür sprechenden Erwägungen nicht gegenüber dem G e s e l l s c h a f t e r , auf den sich die Rechtskraft des im Gesellschaftsprozeß ergangenen Urteils nicht erstreckt (vgl. Anm. 5). Jedenfalls würde dem einzelnen Gesellschafter die Berufung auf ein unzulässiges Zusammenspiel zwischen den Vertretern der Gesellschaft und dem Gläubiger als p e r s ö n liche Einwendung zustehen (vgl. die folgende Anmerkung). Anm. 7. Die in der P e r s o n des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s b e g r ü n d e t e n E i n w e n d u n g e n kann der in Anspruch genommene Gesellschafter geltend machen, ohne Rücksicht darauf, ob die Einwendungen auch der Gesellschaft zustehen oder ob sie die ihr ursprünglich Zustehenden nachträglich, z. B. durch ein Anerkenntnis, einen Verzicht, eine rechtskräftige Verurteilung verloren hat. Zu nennen ist hier z. B. die Einwendung, daß dem Gesellschafter persönlich Stundung gewährt, daß er nach dem Vertrag der Gesellschaft mit dem Dritten persönlich überhaupt nicht hafte oder daß er persönlich aus der Gesamthaft entlassen sei, daß ihm persönlich ein Zurückhaltungsrecht gegen die Forderung zustehe, weil nach dem Vertrag der Gesellschaft mit dem Gläubiger Zahlung nur Zug um Zug gegen eine an den Gesellschafter zu bewirkende Leistung zu erfolgen habe, daß der Anspruch gegen ihn verjährt sei; RG. in JW. 1909, 226". Zu den persönlichen Einwendungen gehört auch die Berufung auf einem im Privatkonkurs- oder Vergleichsverfahren abgeschlossenen Zwangsvergleich; vgl. §128 Anm. 24ff. Anm. 8. Die Einwendungen des Gesellschafters ans einem Anfeehtimgs- und Aufrechnungsrecht der Gesellschaft. Das Bestehen von Tatsachen, die der Gesellschaft das Recht geben, ein dem Anspruch eines Gesellschaftsgläubigers zugrunde liegendes Rechtsgeschäft anzufechten oder die Gesellschaftsschuld zu tilgen, geben auch der Gesellschaft noch kein Recht, Einwendungen gegen den Anspruch mit dem Ziele der Klagabweisung zu erheben. Erst wenn die Gesellschaft von dem Anfechtungsrecht oder dem Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht hat, kann sie aus der dadurch erfolgten Umgestaltung des Rechtsverhältnisses eine Einwendung erheben. Deshalb hätte auch der einzelne Gesellschafter, dem das Verfügungsrecht nicht zusteht, kein Recht, eine solche Einwendung zu erheben. Die Absätze 2 und 3 geben ihm aber das Recht, die Befriedigung des Gläubigers zu verweigern, solange der Gesellscha t das Anfechtungsrecht oder die Befugnis zur Befriedigung des Gläubigers durch Aufrechnung zusteht. Sie e r w e i t e r n damit sein Einwendungsrecht gegenüber dem der Gesellschaft; ebenso Ritter Anm. 2 und 3, DürHach. Anm. 5, abw. Brand Anm. 1 c, der in den Abs. 2 und 3 eine Beschränkung der Einwendungsbefugnis des Gesellschafters aus dem Rechte der Gesellschaft sieht. Das außerordentliche Einwendungsrecht der Abs. 2 und 3 für den einzelnen Gesellschafter läßt sich damit erklären, daß es unbillig erscheint, daß der einzelne Gesellschaftes einen Anspruch erfüllen soll, solange noch nicht feststeht, ob er nicht durch der Gesellschaft zustehende Rechtsbehelfe zu Fall gebracht werden wird. Das außerordentliche Einwendungsrecht des Gesellschafters besteht nur so lange, als der Schwebezustand dauert. Er erlischt, sobald die Gesellschaft das Anfechtungsoder Aufrechnungsrecht ausgeübt hat — dann kann der Gesellschafter die Einwendungen aus der erfolgten Anfechtung oder Aufrechnung erheben — oder bis diese Gesellschaft diese Befugnisse, etwa durch Bestätigung des anfechtbaren Geschäfts, Versäumung der Anfechtungsfrist oder Verwirkung oder durch Untergang der zur Aufrechnung geeigneten Gegenforderung verloren hat. Die Einwendungsbefugnis des Gesellschafters aus einem Anfechtungs- oder Aufrechnungsrecht der Gesellschaft entspricht der gleichen Befugnis des Bürgen bei Bestehen eines Anfechtungsrechts 3es Hauptschuldners, § 770 BGB. Voraussetzung des Reehts des einzelnen Gesellschafters zur Verweigerung der Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers nach Abs. 2 ist das Recht der Gesellschaft zur A n f e c h t u n g des der Verbindlichkeit zugrunde liegenden

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 1 2 9 Anm, 9 Rechtsgeschäfts. Dar Begriff der Anfechtung in Abs. 2 ist der gleiche, wie im B G B . , also eine Erklärung, durch die die Nicdtigkeit des Geschäfts im Sinne des § 142 B G B . herbeigeführt wird, d. i. die Anfechtung wegen Willensmängeln, Irrtum, arglistiger Täuschung, Drohung, §§ 119, 120, 123 B G B . Das Leistungsverweigerungsrecht ist somit nicht gegeben wegen solcher Mängel, deren Galtendmachung durch die Gesellschaft diese selbst nicht von der Verpflichtung zur Leistung befreien würden. Das Anfechtungsrecht nach der Konkursordnung oder nach dem Anfechtungsgesetz kann von der Gesellschaft nur als G l ä u b i g e r i n wegen Rechtshandlungen ihres Schuldners geltend gemacht werden, kommt somit für eine Einwendung des Gesellschafters gegen den Gesellschaftsgläubiger nicht in Betracht; ebenso DürHach. Anm. 6; Schwarz Anm. 4. Eine sinngemäß 3 Ausdehnung des Abs. 2 auf verwandte Fälle, z. B. auf den F a l l , daß der Gesellschaft ein W a n d e l u n g s - oder M i n d e r u n g s r e c h t zusteht, ist zulässig; ebenso Hueck S. 180; DürHach. Anm. 5 unter Berufung auf R G . 66, 332; Staudinger § 770 B G B . Anm. 3; RGRKomm. § 770 Anm. 4. Anm.9. Auf das A u f r e c h n u n g s r e c h t der Gesellschaft kann sich der einzelne Gesellschafter nach dem klaren Wortlaut des Abs. 3 nur berufen, solange sich der G l ä u b i g e r durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann. Es genügt nicht, daß die G e s e l l s c h a f t die Aufrechnung vornehmen könnte. Der Gläubiger hat Anspruch auf sofortige Befriedigung. E r braucht nicht zu warten bis die Gesellschaft sich entschließt aufzurechnen; ebenso Ritter Anm. 3; TeichmannKöhler Anm. 2; a. M. u. a.: Schlegelberger Anm. 11. Kann nur die Gesellschaft, nicht aber der Gläubiger aufrechnen, so bleibt dem auf Leistung in Anspruch genommenen Gesellschafter nur übrig, die Gesellschaft zur Vornahme der Aufrechnung zu veranlassen. Das Befriedigungsverweigerungsrecht des Gesellschafters besteht danach nicht, wenn die Forderung der Gesellschaft der Pfändung nicht unterliegt oder auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht; §§ 392, 393 B G B . Beruht die Forderung des D r i t t e n auf einer derartigen unerlaubten Handlung, für die die Gesellschaft und damit auch der einzelne Gesellschafter einzustehen hat, so könnte der Dritte sich durch Aufrechnung mit einer Forderung der Gesellschaft befriedigen. Da aber der Gläubiger aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungsich die von dem S c h u l d n e r erklärte Aufrechnung nicht gefallen zu lassen braucht, er also einen Anspruch auf Barzahlung hat, kann ihm anch von einem Gesellschafter, der lediglich die Schuld der Gesellschaft zu erfüllen hat, nach dem der Aufrechnungsbeschränkung des § 393 B G B . zugrunde liegenden Gedanken auch die Verweisung auf die Aufrechnungsmöglichkeit und ein darauf gestütztes Befriedigungsverweigerungsrecht nicht entgegengehalten werden. Ist die Gasellschaft rechtskräftig verurteilt, ohne daß sie das Aufrechnungsrecht geltend machte, oder ist sie mit ihrer Aufrechnung nicht durchgedrungen, so hat sie und damit auch der Gasellschafter das Aufrechnungsrecht verloren; Schlegelberger Anm. 12. Nur das Bestehen einer zur Aufrechnung geeigneten Forderung (vgl. §§ 387ff. BGB.) der G e s e l l s c h a f t , auch einer solchen, die sie durch Abtretung erlangt hat, begründet das Befriedigungsverweigerungsrecht des Gesellschafters; der Gläubiger braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, daß er mit einer Forderung eines anderen Gesellschafters aufrechnen könne. Das Verweigerungsrecht des Gesellschafters besteht selbstverständlich nur, wenn die Gegenforderung der Gssellschaft fällig ist. Daß der Dritte die Leistung aus der Gegenforderung bewirken kann, was wohl meist bei einer vertretbaren Leistung der Fall ist, gibt ihm nach § 387 B G B . die Aufrechnungsbefugnis. Daraus folgt aber nicht, daß der Gesellschafter dann ein Verweigerungsrecht hat. § 387 B G B . will nur den Gläubiger b e g ü n s t i g e n , der an sich noch nicht zu leisten braucht, aber die Leistung zur Tilgung einer Gegenforderung verwenden wili. Der Gegner kann dadurch seine Verpflichtung zur alsbaldigen Erfüllung nicht hinausschieben. Das Ziel kann auch nicht erreicht werden, wenn ein Gesellschafter auf Zahlung belangt wird. Die Anwendung des § 387 B G B . entspricht somit nicht dem Zwecke des Abs. 3; a. A. DürHach. Anm. 11. Wegen der Aufrechnung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern einerseits und Dritten andererseits im allgemeinen vgl. die Erl. zu § 124.

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§ 129, 130 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 10, 11, Anm. 1 Anm. 10. Der a u s g e s c h i e d e n e G e s e l l s c h a f t e r kann alle Einwendungen, die der Gesellschaft zustehen, in gleicher Weise vorbringen wie der noch in der Gesellschaft befindliche, z. B. die Einwendung, daß die Schuld durch einen das ganze Schuldverhältnis aufhebenden Erlaßvertrag erloschen sei, §423 BGB. Er hat auch das gleiche Befriedigungsverweigerungsrecht beim Vorliegen eines Anfechtungsrechts der Gesellschaft und eines Aufrechnungsrechtes des Gläubigers; vgl. Anm. 9. Der ausgeschiedene Gesellschafter hat ferner alle Einwendungen, die ihm persönlich zustehen. Dazu gehören insbesondere: die Einrede der fünfjährigen Verjährung seit der Auflösung der Gesellschaft oder seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach § 159, des ihm persönlich gewährten Schulderlasses; ROHG. 20, 182; RG. 13, 96; wegen der Wirkung eines der Gesellschaft oder einzeinen Gesellschaftern gewährten Erlasses vgl. § 128 Anm. 19. Veränderungen der Gesellschaftsschuld nach seinem Ausscheiden durch ihn nicht berührende Vorgänge, wie Verzug der Gesellschaft ohne eigenen Verzug, braucht er nicht gegen sich gelten zu lassen; vgl. § 128 Anm. 21. Anm. 11. Die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter f i n d e t aus einem gegen die G e s e l l s c h a f t g e r i c h t e t e n V o l l s t r e c k u n g s t i t e l n i c h t s t a t t ; Abs. 4 bildet die Ergänzung zu § 124 Abs. 2, nach dem zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Schuldtitel erforderlich ist. Beide Vorschriften ergeben sich aus der Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens und der prozeßrechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft. Im Gesellschaftsprozeß handelt es sich nur um das Bestehen der Gesellschaftsschuld, nicht um die Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen. Deshalb muß über diese Haftung besonders entschieden und zur Vollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter ein besonderer Vollstreckungstitel erwirkt werden. Dies gilt auch für das schiedsrichterliche Verfahren. Solange die Gesellschaft, auch als Abwicklungsgesellschaft, besteht, kann der Gläubiger mit der Klage gegen die Gesellschaft die Klage gegen die Gesellschafter verbinden; vgl. § 124. Wegen der Möglichkeit der U m s t e l l u n g der V o l l s t r e c k u n g s k l a u s e l auf die G e s e l l s c h a f t e r aus einem nur gegen die Gesellschaft erwirkten Urteil nach Vollbeendigung der Gesellschaft ohne Liquidation oder nach der Erkenntnis, daß die Gesellschaft bereits bei Erlassung des Urteils nicht mehr bestand; vgl. § 124 Anm. 27, 37 und RG. 124, 146; in J W . 1908, 687. Gegen eine gegen die Vorschrift des Abs. 4 in das Privatvermögen des Gesellschafters erfolgte Zwangsvollstreckung steht diesem die Erinnerung nach § 766 ZPO. ausnahmsweise auch die Widerspruchsklage nach §771 ZPO. zu; vgl. Jonas §766 ZPO. IV 3.

§ 130 Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 128, 129 für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ohne Unterschied, ob die Firma eine Änderung erleidet oder nicht. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. S c h r i f t t u m : H a g e m a n n , Der Eintritt eines Gesellschafters in die o. HG., 1911; H u e c k , Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, ZHR. 83, l f f . ; Ruth, Eintritt und Austritt von Mitgliedern einer o. HG., ZHR. 88, 454ff.; K n o k e , Der Eintritt eines neuen Gesellschafters in die Gesellschaft nach BGB., in ArchBürgR. 20, 170. Anm. 1. § 130 regelt die Haftung des neu in eine offene Handelsgesellschaft Eintretenden für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Er stimmt seinem Inhalte nach mit Art. 113 ADHGB. überein. Er bildet das Gegenstück zu § 28, der die Haftung desjenigen ordnet, der in das Geschäft eines Einzelkaufmanns als persönlich haftender Gesellschafter eintritt. § 130 setzt somit das Bestehen einer Gesellschaft voraus; im Falle des § 28 wird sie erst gegründet. Beide Vorschriften bilden eine Ergänzung zu den §§ 25, 27, die die Haftung desjenigen, der durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen ein Handelsgeschäft erwirbt 270

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 130 Anm. 2 und es fortführt, für die im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers bestimmen; bei diesen Vorschriften kommt es nicht darauf an, ob schon eine offene Handelsgesellschaft bestand oder wenigstens geschaffen wird; sie gelten auch, wenn der bisherige Inhaber oder der Erwerber keine Handelsgesellschaft sind oder begründen; sie erfordern aber, um die Haftung eintreten zu lassen, das Vorliegen eines besonderen Verpflichtungsgrundes, etwa durch besondere Kundgebung des Haftungswillens, durch Bekanntmachung der Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise (§ 25 Abs. 3) oder durch Beibehaltung der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes (§25 Abs. 1, § 27), während in den Fällen der §§ 28, 130 die Haftung auch eintritt, wenn die bisherige Firma nicht fortgeführt wird. Die Fälle der §§ 25, 27, 28 unterscheiden sich von § 130 wesentlich dadurch, daß sie die Ausschließung oder Einschränkung der Haftung für die früher entstandenen Schulden durch Vereinbarung der Beteiligten auch im Verhältnis zu Dritten durch Eintragung der Vereinbarung ins Handelsregister und deren Bekanntmachung oder durch Mitteilung an den Dritten ermöglichen; im Falle des § 130 besteht diese Möglichkeit nicht. Die Vorschriften der §§ 25, 27, 28 fehlten im ADHGB. Ihre Aufnahme in das neue HGB. erfolgte nach dem Vorbilde des Art. 113 ADHGB. Anm. 2. V o r a u s s e t z u n g der H a f t u n g ist der E i n t r i t t eines D r i t t e n in eine b e s t e h e n d e G e s e l l s c h a f t , d. h. in eine b e s t e h e n d e offene H a n d e l s g e s e l l s c h a f t , und zwar als offener Gesellschafter, nicht als Kommanditist. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Haftung nach Maßgabe der §§ 128, 129 erfolgt, die das Bestehen einer offenen Handelsgesellschaft voraussetzen und die Haftung des Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft, also eines persönlich haftenden Gesellschafters ordnen. Die Haftung des als Kommanditist in eine Handelsgesellschaft (o.HG. oder Kommanditgesellschaft) Eintretenden ist in § 173 in Nachbildung des § 130 besonders geregelt. Für die Haftung desjenigen, der als persönlich haftender Gesellschafter in eine Kommanditgesellschaft eintritt, gilt § 130 auf Grund des § 161 Abs. 2. Da Voraussetzung der Haftung nach §130 der Eintritt in eine bestehende offene Handelsgesellschaft ist, liegt der Fall des § 130 nicht vor, wenn zwei oder mehr Personen erst eine offene Handelsgesellschaft errichten. Bringt dabei einer ein von ihm betriebenes Handelsgeschäft ein (vgl. RG. im Recht 24 Nr. 404), so haftet die Gesellschaft und die Gesellschafter, diese soweit sie nicht schon als bisherige Inhaber haften, ebenfalls, aber auf Grund des § 28 und mit der dort gegebenen Möglichkeit des Ausschlusses oder der Beschränkung der Haftung; vgl. Anm. 1. Erwerben die Gründer der offenen Handelsgesellschaft das Handelsgeschäft eines Dritten zum Zwecke des Weiterbetriebs durch die offene Handelsgesellschaft, so haften sie neben dem bisherigen Inhaber nach § 25, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen; § 28 Anm. 3, 5, 9c. Tritt der Inhaber eines Handelsgewerbes unter Einbringung seines Geschäfts in eine bereits bestehende Handelsgesellschaft ein, erwirbt also diese das Handelsgeschäft, so haftet sie nach § 25, wenn dessen besondere Voraussetzungen vorliegen, wenn sie also das Geschäft unter dessen bisheriger Firma mit oder ohne einen das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz weiterführt, oder ein besonderer Verpflichtungsgrund (insbesondere Bekanntmachung der Haftungsübernahme nach § 25 Abs. 3) vorliegt. Der Eintretende haftet für die bisherigen Schulden der Gesellschaft schon unter den Voraussetzungen des § 130, also auf Grund seines bloßen Eintritts. Tritt jemand in eine Gesellschaft von M i n d e r k a u f l e u t e n ein und wird diese durch seinen Beitritt zur offenen Handelsgesellschaft, etwa weil sie mit Hiife seiner Einlage ihren Betrieb zum Vollhandelsgewerbe umgestaltet, so findet § 130 u n m i t t e l b a r keine Anwendung, weil dieser den Eintritt in eine bereits bestehende offene Handelsgesellschaft voraussetzt. § 130 ist aber auf diesen Fall sinngemäß ebenso anzuwenden, wie § 28 auf den Fall, wenn jemand in das Geschäft eines Minderkaufmanns eintritt und das Unternehmen dadurch zum Vollhandelsgewerbe wird; vgl. §28 Anm. 2 und das die dort vertretene Auffassung bestätigende RG.Urt. II 149/39 vom 8. Juni 1940 = RG. 164, 115 - DR. 1940, 14631 mit (ablehnender) Anm. § 130 ist auch sinngemäß anzuwenden, wenn der bisherige K o m m a n d i t i s t durch Änderung des Gesellschaftsvertrages oder auf Grund einer bereits bestehenden Be271

§130 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anin. 3 Stimmung des Vertrags persönlich haftender Gesellschafter wird. Seine bisher beschränkte Haftung erweitert sich zur Vollhaftung. Anm. 8. Der Eintritt in eine bestehende offene Handelsgesellschaft. §130 setzt, wie auch andere Vorschriften des HGB. §§ 24, 107, 140, die Fortdauer der bestehenden Gesellschaft trotz eines Mitgliederwechsels voraus, geht also davon aus, daß durch einen solchen Wechsel die I d e n t i t ä t d e r G e s e l l s c h a f t bestehen bleibt. Der Eintritt eines neuen Gesellschafters bringt aber, wie der Austritt eines bisherigen Mitgliedes, stets eine wesentliche Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses mit sich. Diese Umgestaltung geht über den Rahmen der Vertretungsbefugnis der vertretungsberechtigten Gesellschafter hinaus; vgl. § 126 Anm. 7. Der Eintritt eines neuen Gesellschafters kann nur unter Mitwirkung aller Gesellschafter durch Vertrag mit dem Aufzunehmenden (den Aufnabmevertrag) erfolgen; RG. 128,179; RG. im Rscht 30 Nr. 1060; KG. in J W . 1926, 2099. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Aufnahme neuer Mitglieder auch der Mehrheit oder einem einzelnen Gesellschafter, auch einem Dritten, übertragen werden. Die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis ist nicht erforderlich. Mißbräuchen können die Gesellschafter unter Berufung auf § 242 entgegentreten, indem sie den Vorgeschlagenen ablehnen; RG. 92, 163; 128, 176; im Recht 15 Nr. 621; in BankA. 17, 190; OLG. Dresden in BankA. 16, 376; Hueck in ZHR. 83, 30; Schlegelberger Anm. 14; abw. RG. in HoldhMschr. 1905, 163; Schwarz §109 Anm. 14. Das Bestimmungsrecht eines Dritten hat nur die Bedeutung eines P r ä s e n t a t i o n s r e c h t s ; es ist immer ein Vertrag zwischen den Gesellschaftern und dem Aufzunehmenden abzuschließen. Die Aufnahme neuer Mitglieder kann bereits im Gesellschaftsvertrage unter Festlegung der Eintrittsbedingungen vorgesehen sein, z. B. zugunsten bestimmter Personen oder bei Eintritt bestimmter Ereignisse (Erreichung eines bestimmten Lebensalters, Ausscheiden anderer Gesellschafter); RG. in JW. 1925, 2608. Die Vereinbarung kann auch in Gestalt eines Vertrages zugunsten Dritter, z. B. der oder einzelner Erben eines Gesellschafters, also zunächst ohne deren Mitwirkung getroffen werden; RG. in JW. 1925, 2608; zum Beitritt, d. h. zum Erwerb der Mitgliedschaft, ist dann aber stets die Zustimmung des Begünstigten, also ein Vertrag mit ihm erforderlich. Mit dem Aufzunehmenden kann auch ein V o r v e r t r a g über seine künftige Aufnahme abgeschlossen werden, entweder in der Weise, daß ihm der künftige Beitritt unter näher festzulegenden Bedingungen freigestellt wird, oder so, daß sich beide Teile binden. Damit ein klagbares Recht auf Aufnahme oder auf Beitritt besteht, müssen die Bedingungen der Aufnahme und die künftige Stellung des neuen Gesellschafters im Vorvertrage unzweideutig festgelegt sein, so daß die mangelnde Einwilligung des einen Teils zum Abschluß des Aufnahmevertrags durch richterliches Urteil ersetzt werden kann: §894ZPO.; ROHG. 9, 38; vgl. auch §105 Anm. 61. Jedoch können Lücken des Vertrags in der Weise ergänzt werden, daß das allgemein Übliche als stillschweigend vereinbart git. Die Bedingungen des Eintritts und die Rechtsstellung des Neueintretenden in der Gesellschaft können auch dem b i l l i g e n E r m e s s e n einer Vertragspartei oder eines Dritten überiassen werden; §§ 315ff. BGB.; RG. 30, 148. Auch e i n e m a u s s c h e i d e n d e n G e s e l l s c h a f t e r kann im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt werden, einen Nachfolger zu bestimmen; §139 begrenzt nicht die Nachfolge auf die Erben eines Gesellschafters, sondern regelt nur den häufigst vorkommenden Fall im Hinblick auf die besondere Stellung des Erben; RG. 128, 176; bei Warneyer 1914 Nr. 179; im Recht 15 Nr. 621; HoldhMschr. 15, 88; Wieland I 478; 612, 660; Hueck in ZHR. 83, 25; Schlegelberger Anm. 13; abw. RG. in LZ. 14, 1380". Erfolgt der Neueintritt auf Grund eines dem ausscheidenden Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Rechts zur Bestimmung eines Nachfolgers, so brauchen die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter bei dem Aufnahmevertrag nicht mitzuwirken. Die Aufnahme vollzieht sich in diesem Falle zwischen dem alten und neuen Mitglied; RG. 91, 413; 126, 176. Fehlt es an einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrags, so wird eine nur zwischen dem Ausscheidenden und dem Neueintretenden erfolgte Vereinbarung durch nachträgliche Zustimmung aller Gesellschafter wirksam und damit der Eintritt vollzogen; RG. 128, 177; Schlegelberger Anm. 7. Anm. 4. Durch den Eintritt in die Gesellschaft erlangt der Neueintretende die Stellung eines Gesellschafters. W e n n der V e r t r a g n i c h t s a n d e r e s b e s t i m m t , h a t 272

Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 130 Anm. 5—7 e r die g l e i c h e n R e c h t e wie die ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r (Grundsatz der Gleichberechtigung der Gesellschafter als Auslegungsregel, vgl. § 109 Anm. 3). Regelmäßig wird aber schon wegen der oft vorhandenen Ungleichheit der Beteiligung der bereits vorhandenen Gesellschafter eine Neuordnung der Rechte und Pflichten und damit eine Ergänzung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages erforderlich sein. Erfolgt eine R e c h t s n a c h f o l g e d u r c h Ü b e r t r a g u n g d e r M i t g l i e d s c h a f t , so ist mangels abweichender Bestimmungen anzunehmen, dgß der Neueintretende mit allen Rechten und Pflichten in die Rechtsstellung seines Vorgängers eintritt; RG. 128, 149; in HoldhMschr. 1905, 233; in LZ. 13, 854; Warneyer 12 Nr. 421; vgl. auch die Erl. zu §139. Die Aufnahme eines Dritten in eine bestehende Handelsgesellschaft kann auch in der Weise geschehen, daß der neu Eintretende einen T e i l d e r B e t e i l i g u n g eines schon vorhandenen Gesellschafters erwirbt und ihm dieser einen Teil seines Kapitalanteils abtritt; KG. v. 17.9.42, 1 Wx 315/42 % DR. 1942,1699. Wegen der r e c h t l i c h e n N a t u r des G e s e l l s c h a f t e r w e c h s e l s vgl. auch Zitelmann in JheringsJ. 73, 185; Krückmann daselbst 74, 69. Da durch den Neueintritt eines Gesellschafters (auch bei gleichzeitigem Austritt eines anderen) die I d e n t i t ä t d e r G e s e l l s c h a f t nicht berührt wird (vgl. RG. 55, 126; 106, 66; KG. in OLGR. 13, 24; vgl. auch § 105 Anm. 42), bedarf der Aufnahmevertrag auch bei Vorhandensein von Grundbesitz der Gesellschaft nicht der F o r m des § 313 B G B . ; RG. 82, 160 (ebenso nicht der Form des § 15 GmbHG. bei Vorhandensein von Geschäftsanteilen an einer GmbH.), wohl aber, wenn solche Rechte in die Gesellschaft eingebracht werden sollen. Im übrigen richtet sich der Vertrag nach den allgemeinen Vorschriften, die für den Abschluß des Gesellschaftsvertrages gelten. Nach ihnen bestimmt sich auch, ob der Vertrag ein Handelsgeschäft ist (vgl. § 105 Anm. 81), ob zum Beitritt geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Personen die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters oder die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist; § 1823 Nr. 3 BGB. Anm. 5. Die Verpflichtung zur Aufnahme eines Gesellschafters oder zum Eintritt in eine bestehende Gesellschaft unterliegt auf Grund des in § 723 BGB. ausgesprochenen allgemeinen Rechtsgedankens dem Widerruf aus wichtigem Grunde; Bolze 9 Nr. 472; 23 Nr. 575; Dür.Hach. Anm, 4; Schlegelberger Anm. 11. Ein wichtiger Grund für die bisherigen Gesellschafter kann namentlich vorliegen, wenn der Aufzunehmende wegen seines bisherigen Verhaltens odes der hervorgetretenen Eigenschaften sich als ungeeignet zum Gesellschafter erwiesen hat, für den zum Eintritt Verpflichteten, wenn sich die Lage der Gssellschaft erheblich verschlechtert hat oder die Mitgesellschafter sich als unzuverlässig erwiesen haben; allgemein, wenn die vorliegerden Tatsachen einen wichtigen Grund für eine Auflösungsklage oder eine Ausschließung, insbesondere des Neueintretenden, abgegeben würden. Ist der Eintritt bereits vollzogen, so ist nur dir Auflösungsklage oder die Ausschließung nach §§ 133ff., 142; vgl. §105 Anm. 73f.. möglich. Anm, 6. Besteht eine o f f e n e Handelsgesellschaft n u r a u s zwei G e s e l l s c h a f t e r n und tritt einer aus und ein dritter ein, so tritt der Dritte in eine bestehende Gesellschaft ein, wenn Austritt und Eintritt nach der Vereinbarung mit den beiden bisherigen Gesellschaftern gleichzeitig stattfindet. Dann entspricht es dem Willen aller Beteiligten, daß das Unternehmen dauernd von einer offenen Handelsgesellschaft betrieben wird. Durch fortlaufende Führung der Geschäfte unter der bisherigen Firma tritt dies auch nach außen in die Erscheinung, der Austritt des alten Gesellschafters erfolgt dann nicht vor dem Eintritt des neuen; ROHG. 14, 151; bei Bolze 9 Nr. 478; RGSt. in LZ. 14, 689"; KGJ. 11, 17; OLG. Stuttgart in SeuffA. 54 Nr. 233 und OLGR. 12, 311; Wieland I 804. Anm. 7. In allen Fällen kann der Wille der Beteiligten dahin gehen, daß die bish e r i g e G e s e l l s c h a f t a u f g e l ö s t u n d eine n e u e e r r i c h t e t w i r d . Dadurch wird die Haftung nach § 130 vermieden. Es kann dann aber die Haftung nach § 25 eintreten, wenn das in die neue Gesellschaft eingebrachte Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes weitergeführt wird. Die Gesellschafter der neuen Gesellschaft können aber nach § 25 Abs. 2 durch abweichende Vereinbarung und deren Eintragung und Bekanntmachung 18

H O B . B d . IT. ( W e i p e r t . ) 2. Aull.

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§130 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anm. 8—10 oder Mitteilung an Dritte die Haftung ausschließen, was beim Eintritt in eine fortbestehende Gesellschaft nicht möglich ist. Ob Auflösung und Neubildung oder Fortsetzung der alten Gesellschaft gewollt ist, ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln; RG. in LZ. 1914, 689»; vgl. auch LZ. 1913, 854". Da die Auflösung und Neubildung mit erheblichen Kosten, insbesondere durch Übertragung des Grundbesitzes nach § 313 BGB., auch der Notwendigkeit der Aufstellung einer neuen Eröffnungsbilanz (RGSt. in LZ. 14, 689"), verbunden ist, ist im Zweifel Eintritt in eine fortbestehende Gesellschaft anzunehmen; RG. bei Holdheim 11, 37 und 202; RG. in JW. 26, 14321; RFH. in JW. 22, 630; OLG. Karlsruhe in OLGR. 41, 200; OLG. München in SeuffBl. 74, 319; in BayObLGZ. 17, 40. Die Auflösung und Neubildung muß auch deutlich nach außen in die Erscheinung treten. Ist nur der Eintritt eines Dritten aus dem Registereintrag erkennbar, so sind Dritte durch § 15 geschützt. Anm. 8. Die H a f t u n g des n e u e i n t r e t e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s t r i t t n u r ein, wenn der E i n t r i t t n a c h a u ß e n w i r k s a m geworden ist. Dies ergibt sich daraus, daß der neu eintretende Gesellschafter nur nach Maßgabe der §§128, 129 haftet, also wie die von Anfang an der Gesellschaft angehörenden Gesellschafter, und daß diese nur haften, wenn die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft im Verhältnis zu Dritten eingetreten ist; § 123. An die Stelle der Wirksamkeit der Gesellschaft tritt beim Neueintritt die Wirksamkeit des Eintritts. Sie tritt in sinngemäßer Anwendung des § 123 ein mit dem Zeitpunkt, in dem der Eintritt in das Handelsregister eingetragen ist, oder mit dem Zeitpunkt, in dem die Geschäfte der Gesellschaft nach dem Eintritt fortgesetzt worden sind. Bis dahin ist der Eintritt nur ein innerer Vorgang unter den Gesellschaftern; RG. 89, 97; 93, 228. Wie für den Beginn der Gesamthaftung der ursprünglichen Gesellschafter nicht erforderlich ist, daß nach außen erkennbar ist, wer Gesellschafter ist, vielmehr der Geschäftsbetrieb unter der gemeinsamen Firma ausreicht, ist auch für die Haftung des neu eintretenden Gesellschafters nicht erforderlich, daß der Eintritt des neuen Gesellschafters nach außen kenntlich geworden ist oder daß er dem Dritten bekannt geworden ist; ROHG. 17, 354; OLG. Hamburg in HansGZ. 1921 Nr. 121; abw. OLG. Rostock in OLGR. 27, 333; vgl. § 123 Anm. 14 Erforderlich ist, daß die Fortsetzung des Betriebs mit Zustimmung des neuen Gesellschafters erfolgt ist, wie auch nach § 123 die Haftung der ursprünglichen Gesellschafter nur eintritt, wenn vor der E i n t r a g u n g der Geschäftsbeginn mit Z u s t i m m u n g der G e s e l l s c h a f t e r erfolgt ist; vgl. § 123 Anm. 10. Die Zustimmung kann dahin erteilt werden, daß die Fortsetzung der Geschäfte erst nach der Eintragung oder nach deren Bekanntmachung erfolgen darf; RG. 128, 181. Der einmal nach außen wirksam gewordene Eintritt kann nicht mehr durch Vereinbarung der Gesellschafter rückgängig gemacht werden. Vorher steht dem kein Hindernis entgegen. Anm. 9. Die Haftung nach Abs. 1 tritt auch ein, wenn die alte Firma nicht beibehalten wird; auch wenn eine ganz neue Firma gewählt wird; vgl. Anm. 1. Entscheidend ist nur, daß die alte G e s e l l s c h a f t fortgesetzt wird. Anm. 10. Die Folge des Eintritts eines n e u e n G e s e l l s c h a f t e r s ist dessen H a f t u n g f ü r die vor seinem E i n t r i t t b e g r ü n d e t e n V e r b i n d l i c h k e i t e n der G e s e l l s c h a f t . Die Haftung erstreckt sich somit auf alle bisherigen Schulden der Gesellschaft. Sie geht weiter als die Haftung nach den §§ 25, 27, 28 (vgl. Anm. 1), die sich nur auf die im B e t r i e b e des G e s c h ä f t s begründeten Verbindlichkeiten erstreckt. Sie entspricht damit der Haftung der ursprünglichen Gesellschafter, die ebenfalls für alle Verbindlichkeiten, ohne Rücksicht auf den Grund ihrer Entstehung haften. Der neu Eintretende haftet deshalb z. B. auch für die dem ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindung, die eine echte Gesellschaftsschuld ist, wenn nicht im Vertrag mit dem Ausscheidenden bestimmt ist, daß nur die übrigen Gesellschafter die Abfindung zu zahlen haben (RG. 93, 228; in LZ. 1907, 5001; vgl. die Erl. zu § 138), oder für sonstige Verpflichtungen der Gesellschaft aus den früheren Beziehungen des Auscheidenden zur Gesellschaft, z. B. für die vertraglich übernommene Verpflichtung, dem Ausscheidenden keinen Wettbewerb zu machen, eine bestimmte Firma nicht zu führen; RG. im Recht 1913, 561. Unerheblich für die Haftung ist, ob der Neueintretende die Schulden gekannt hat oder ob sie ihm verschwiegen wurden; RG. 66, 323; bei Bauer 7, 43;

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 130 Anm. 11—15 22, 19. Wegen arglistigen Verschweigens oder Verschuldens der Vertragsgenossen des Aufnahmevertrags kann er sich nur an die Gesellschaft oder an die für sie Handelnden halten; RG. 66, 323; bei Bauer 22, 19; OLG. Stuttgart bei Bauer 7, 43. Dem Dritten gegenüber kann sich der Neueintretende zu seiner Befreiung nur auf unerlaubte Handlung des Dritten (unerlaubtes Zusammenspiel mit den Mitgesellschaftern) berufen. Anm. 11. Auf gegen die Gesellschaft gerichtete oder von ihr erhobene Klagen ist der Eintritt eines neuen Gesellschafters ohne Einfluß. Die Prozesse gehen unter der Gesellschaftsfirma unverändert fort. Das ergehende rechtskräftige Urteil wirkt auch für und gegen den Neueintretenden in gleicher Weise wie gegen die anderen Gesellschafter. Er kann aus den alten Gesellschaftsverbindlichkeiten nach § 128 in Anspruch genommen werden und kann auch die Einwendungen vorbringen, die den Gesellschaftern nach § 129 zustehen; vgl. § 129. Auch im übrigen bleiben die Rechte und Pflichten der Gesellschaft gegenüber Dritten durch einen Gesellschafterwechsel unberührt, wenn sich nicht aus dem einzelnen Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt. Anm. 12. Die einmal durch den Eintritt begründete Haftung für die Altschulden dauert auch nach dem Wiederausscheiden aus der Gesellschaft ebenso fort, wie wenn ein anderer Gesellschafter nachträglich ausscheidet; vgl. auch § 159. Selbstverständlich haftet der Neueintretende für die n a c h seinem Eintritt während seiner Gesellschaftszugehörigkeit entstandenen Gesellschaftsschulden. Er ist Dritten gegenüber hinsichtlich der Schuldenhaftung in jeder Beziehung so zu behandeln, wie ein seit der Errichtung der Gesellschaft dieser angehörender Gesellschafter. Anm. 13. Wenn ein Dritter sein Handelsgeschäft in eine bestehende offene Handelsgesellschaft einbringt und gleichzeitig offener Gesellschafter wird, aber die Voraussetzungen des § 25 nicht gegeben sind (vgl. Anm. 2), so besteht zwar seine persönliche Haftung gegenüber seinen Gläubigern aus dem Geschäftsbetriebe weiter. Die das G e s c h ä f t e r w e r b e n d e G e s e l l s c h a f t h a f t e t a b e r n i c h t f ü r diese Schulden. Weder im Privatkonkurse des Neueintretenden noch im Wege der gewöhnlichen Zwangsvollstreckung können sich seine Gläubiger aus dem eingebrachten Unternehmen an das Bestandteil des Gesellschaftsvermögens gewordene eingebrachte Vermögen halten, ebenso wie auch das sonstige Gesellschaftsvermögen allein dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegt. Die alten Geschäftsgläubiger können dann wie sonstige Privatgläubiger nur nach § 135 durch Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses Befriedigung suchen. Liegt in der Übertragung des Geschäfts auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft die „Übernahme des Vermögens" des Neueintretenden, so können dessen Gläubiger ihre zur Zeit des Abschlusses des Übernahmevertrages bestehenden Ansprüche nach § 419 BGB., auf dessen Vorschriften im einzelnen verwiesen wird, auch gegen die übernehmende Gesellschaft geltend machen; vgl. § 25 Anm. 25. Die Geschäftsübertragung kann nach dem Anfechtungsgesetz und der KO. anfechtbar sein. Anm. 14. Eine Haftung nach Abs. 1 tritt nicht ein, wenn alle Gesellschafter ausu n d g l e i c h z e i t i g neue e i n t r e t e n . Dann kann von einem Fortbestehen der alten Gesellschaft nicht gesprochen werden, es liegt vielmehr eine N e u g r ü n d u n g vor; Schlegelberger Anm. 2; OLG. Dresden in JW. 35, 2444. Führt aber die neue Gesellschaft das Geschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz weiter, so ist die Haftung der neuen Gesellschaft und ihrer Gesellschafter nach §25 gegeben; falls dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, können die Voraussetzungen des § 419 BGB. gegeben sein, wenn die neue Gesellschaft das Vermögen der alten übernimmt; vgl. § 25 Anm. 25. Anm. 15. Eine dem Abs. 1 entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam; Abs. 2. Die Wirksamkeit gegenüber Dritten kann nicht, wie in den Fällen der §§ 25, 28, durch Eintragung ins Handelsregister und Bekanntmachung oder durch besondere Mitteilung an einen Dritten ausgeschlossen werden. Derjenige, der in eine bestehende Gesellschaft als neuer persönlich haftender Gesellschafter eintritt, soll in jeder Beziehung den Gesellschaftsgläubigern so haften, wie die ursprünglichen Gesellschafter. Zulässig und wirksam ist eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und einzelnen Gläubigern oder zwischen diesen und dem Neueintretenden, nach der dieser den Gläubigern z. B. dem Ausscheidenden für sein Abfindungsguthaben — nicht oder 18«

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§ 130 I. Abschnitt: Offene Handelsgesellschaft Anra. 16—18 erst nach den alten Gesellschaftern haftet, oder nach der die Haftung nur eintreten soll, wenn das Gasollschafts vermögen unzureichend ist; RG. in LZ. 1907, 500. Anm. 16. Soll die Haftung für die bisherigen Schulden der Gesellschaft a l l g e m e i n ausgeschlossen werden, so kann dies nur durch Auflösung der alten Gesellschaft und Bildung einer neuen geschehen. Wird dabei die alte Firma nach Maßgabe des § 25 mit dem von der alten Gesellschaft übernommenen Geschäft fortgeführt, so kann dabei die Ausschließung der Haftung für die alten Schulden vereinbart und die Wirksamkeit dieser Vereinbarung gegenüber Dritten nach § 25 Abs. 2 (Eintragung und Bekanntmachung oder Mitteilung an den Dritten) herbeigeführt werden. Damit die Auflösung und Neubildung die beabsichtigte Ausschließung der Haftung des Neueintretenden hat. darf das Gebaren der Beteiligten nicht gegen die Ausschließung sprechen. Wird z. B. durch Beibehaltung der Firma und des Geschäftslokals und das sonstige Verhalten der Beteiligten der Anschein erweckt, als handle es sich um die Fortsetzung der alten Gesellschaft, so haftet die neue Gesellschaft und auch der neue Gesellschafter nach der Lehre vom Rechtsschein für die alten Schulden; vgl. § 105 Anm. 73ff.; Schlegelberger Anm. 26. Anm. 17. I m I n n e n v e r h ä l t n i s zwischen der Gesellschaft und ihren alten Gesellschaftern einerseits und dem Neueintretenden andererseits sind Beschränkungen der Haftung des Neueintretenden für die alten Gesellschaftsschulden zulässig. Insbesondere kann vereinbart werden, daß die alten Gesellschafter den Neueintretenden von der Haftung für die alten Schulden der Gesellschaft freizuhalten haben oder daß die Haftung nur für bestimmte Schulden oder bis zu einem Höchstbetrage übernommen wird. Anm. 18. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit des Aulnahmevertrageg. Ist der Vertrag, durch den jemand in eine bestehende Gesellschaft eingetreten ist, von Anfang an nichtig oder ist er wegen Willensmängeln mit Erfolg angefochten, so kann allein auf den Abschluß des Vertrags über den Beitritt die Haftung des Eintretenden für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht gestützt werden. Es treten also zunächst die regelmäßigen Folgen der Nichtigkeit oder Anfechtung ein; ebenso DürHach. Anm. 7; vgl. auch JW. 31, 781. Auf den R e c h t s s c h e i n und das sich daraus ergebende Bedürfnis des Schutzes des redlichen Verkehrs könnte die Haftung in diesem Falle ebenfalls nicht gegründet werden. Denn die schon vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters bereits entstandenen Gesellschaftsschulden können nicht darauf zurückgeführt werden, daß der Gläubiger im Vertrauen auf die Richtigkeit des Registereintrags über den Eintritt eines neuen Gesellschafters mit der Gesellschaft in den Rechtsverkehr getreten ist; Schlegelberger Anm. 27; vgl. auch Larenz zu RG. 142, 98 in J W . 34, 224; Lobedanz Einfluß, von Willensmängeln au f Gründungs-Beitvittsgeschäite, S. 8, 64ff. Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 könnte zwar insofern als gegeben angesehen werden, als die Unrichtigkeit eines Registereintrages zu den Tatsachen gehört, die in Form der Löschung des Eintrags ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Einzutragen sind nämlich die richtigen Gesellschafter, deshalb ist auch die Löschung der zu Unrecht eingetragenen die vorgeschriebene Eintragung einer Tatsache; RG. 125, 228/229. Aber § 15 will doch nicht diejenigen schützen, die v o r der unrichtigen Eintragung mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr getreten sind, also nicht auf die Richtigkeit des Eintrags vertraut haben können. Der Gläubiger, der es schon vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters war, verliert seinen Anspruch gegen die Gesellschaft nicht; er bekommt nur wegen der Nichtigkeit des Eintritts keinen neuen Schuldner zu dem bisherigen. Ihn gegen diese Folge der Nichtigkeit zu schützen, besteht kein rechtspolitischer Grund. Soweit n a c h d e m E i n t r i t t des neuen Gesellschafters Dritte mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr getreten sind, müßte sich aber der Eintretende den durch seinen Eintritt, jedenfalls durch die Eintragung ins Handelsregister oder sein sonstiges Auftreten als Gesellschafter entstandenen R e c h t s s c h e i n ebenso entgegenhalten lassen, wie wenn er der Gesellschaft bei der Gründung beigetreten wäre und die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages sich herausstellte. Sind Dritte im Vertrauen auf den Rechtsschein mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr getreten, so haftet der Beigetretene wie ein Gesellschafter für die nach seinem Beitritt und bis zur Eintragung der Unrichtigkeit seines Beitritts, also bis zur Löschung entstandenen Schulden der Gesellschaft. Soweit der Dritte den Sachvorhalt, also die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Aufnahme-

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Dritter Titel: Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten (Weipert) § 130 Anm. 18 Vertrags kannte, könnte er sich nicht auf den Rechtsschein berufen. H a t ein A l t g l ä u b i g e r der Gesellschaft im Vertrauen auf den Rechtssche in eine Änderung des bestehenden Schuldverhältnisses vorgenommen, z. B. Stundung gewährt, von einer Verfolgung des Anspruchs gegen die Gesellschaft oder einen anderen gegenwärtigen oder früheren Gesellschafter abgesehen, solange diese noch zahlungsfähig waren, so würde der Neuei ngetretene auf Grund dieser neuen Tatsachen dem Altgläubiger wie ein Gesellschafter h a f t e n ; Schlegelberger Anm. 27; vgl. auch $ 28 Ar.m. 4; L a n n z J W . 34, 224; Lobedanz S. 89, 90. Der Berufung auf den Rechtsschein (oder die an die Öffentlichkeit abgegebene Erklärung, wie ein Gesellschafter haften zu wollen) bedarf es aber nicht, wenn man annimmt, daß die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit eines Beitrittsvertrages nicht mehr geltend gemacht werden kann, nachdem der Beitrittsvertrag in Vollzug gesetzt worden ist. F ü r den Beitritt zu einer Gesellschaft bei deren Errichtung h a t die neuere Rechtsprechung die Unzulässigkeit der Geltendmachung solcher Mängel des Gesellschafts•wertrages ausgesprochen, sobald die Gesellschaft in Vollzug gesetzt, nach außen wirksam geworden ist; vgl. R G . 165, 193, § 105 Anm. 73ff. Die Gründe die f ü r diese Auffassung sprechen, treffen auch für den Beitritt eines neuen Gesellschafters zu einer bereits bestehenden Gesellschaft zu. Durch den Vollzug des Beitritts entsteht eine tatsächliche Gestaltung, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Insbesondere werden auch die geleisteten Beiträge Teil des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft. Es kann deshalb auch nicht unterschieden werden zwischen dem Verhältnis nach innen und dem nach außen. Der Beigetretene ist mit dem Vollzug des Vertrags Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten einer solchen geworden. Schon deshalb haftet er auch nach den Regeln des § 130 f ü r die vor seinem E i n t r i t t entstandenen Gesellschaftsschulden und nach dem Grundsatz des § 128 auch für die nachher entstehenden (für die Unzulässigkeit der Berufung auf die Nichtigkeit des Eintritts nach Invollzugsetzung des Vertrags auch KG. v. 17. 9. 4 2 , 1 W x 315/42 «= D R . 1942,1699). Die bei einem gewöhnlichen Vertrag zur Begründung der Nichtigkeit oder Anfechtung geeigneten Tatsachen können nur die Auflösung der Gesellschaft oder die Ausschließung von Gesellschaftern oder eine Übernahmeklage aus wichtigem Grunde, §§ 133ff. HGB., oder Ansprüche, insbesondere auf Schadensersatz, gegen die schuldigen Vertragsgenossen rechtfertigen; vgl. 105 Anm. 73ff. Auch der Rücktritt vom Vertrag unterliegt denselben Beschränkungen aus dem Gesellschaftsvertrag, § 105 Anm. 82, 83. Für die Rechtswirkungen des Beitritts im übrigen, insbesondere auch f ü r die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen des Beitrittsvertrages gilt sinngemäß das Gleiche, was im Falle der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrages nach dessen Invollzugsetzung gilt; vgl. § 105 Anm. 73ff. Hält man den Beitritt entgegen der hier vertretenen Auffassung für wirkungslos, so können sich im Verhältnis zwischen d'e A u s z a h l u n g u n t e r d ' e s e n B e t r a g h e r a b g e m i n d e r t w e r d e n w ü r d e ; Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2. Die Vorschrift gilt nicht für den persönlich haftenden Gesellschafter; wegen des Grundes der Beschränkung des Auszahlungsanspruchs des Kommanditisten vgl. Anm. 3 Abs. 2. Die Beschränkung gilt für den vollen Gewinnanteil des Kommanditisten, a u c h f ü r die V o r d i v i d e n d e von vier vom Hundert seines Kapitalanteils. Nur die A u s z a h l u n g des Gewinn ist durch die Vorschrift beschränkt. Dagegen erfolgt di^i Gutschrift auf das Kapitalkonto des Kommanditisten in voller Höhe seines Anteils am Gewinn bis zur vollen Höhe seiner bedungenen Einlage, also soweit nicht nach § 167 Abs. 2 die Gutschrift auf Kapitalanteil beschränkt ist. Die. Voraussetzungen der Auszahlungsbeschränkung sind gegeben, wenn der Kommanditist seine Einlage noch

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II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 169

Anm. 8

nicht oder nicht voll geleistet hat und wenn zugleich die geleistete Einlage durch Verluste, die der Kommanditist mit zu tragen hatte, unter die bedungene Höhe vermindert worden ist. Auf diese Weise nimmt der Kommanditist nicht nur mit seiner Einlage und seinem Kapitalanteil (§167 Abs. 2), sondern auch mit seinem Gewinnanteil an der Deckung der Verluste teil; vgl. § 167 Anm. 14. Ist nicht nur die Einlage durch Verluste aufgezehrt, der Saldo des Kommanditisten vielmehr passiv, so ist späterer Gewinn zunächst zur Ausgleichung des Passivsaldos und dann zur Wiederauffüllung des Kapitalanteils zu verwenden. Dies gilt auch dann, wenn der Kommanditist seine Einlage noch nicht geleistet hat, sein Kapitalanteil aber durch frühere Verluste passiv geworden ist. Dann sind seine künftigen Gewinnanteile zunächst zum Ausgleich des Passivsaldos zu verwenden; vgl. § 172 Anm. 36. Aufzufüllen ist der Kapitalanteil nur soweit er d u r c h V e r l u s t vermindert worden ist. Da die Einlage dem Kapitalanteil nur gutgeschrieben wird, soweit sie tatsächlich geleistet ist (vgl. § 167 Anm. 8), so hat die Auszahlung nur insoweit zu unterbleiben, daß der früher auf die Einlage tatsächlich geleistete Betrag wieder erreicht ist. Dies bringt § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 unzweideutig zum Ausdruck, indem er die Auszahlung nur ausschließt, solange der Kapitalanteil des Kommanditisten durch Verluste unter den auf die bedungene Einlage g e l e i s t e t e n Betrag herabgemindert ist. Die Höhe der b e d u n g e n e n Einlage bildet nur die Höchstgrenze für die Zurückhaltung des Gewinns von der Auszahlung. Durch die vorgeschriebene Einschränkung der Auszahlung soll pur den Ausgleich vom Verlusten,nicht die Leistung einer rückständigen Einlage herbeigeführt werden; wegen der Zulässigkeit der Tilgung der Einlageschuld durch Aufrechnung vgl. oben Anm. 6; DürHach. Anm. 2; Schlegelberger Anm. 8. Die Beschränkung der Auszahlung besteht nicht, wenn der Kapitalanteil durch eine andere Ursache, z. B. durch zulässige Entnahmen, herabgemindert ist. Solche Entnahmen sind auch dem Kommanditisten gestattet, wenn sie der Gesellschaftsvertrag allgemein zuläßt oder wenn sie in einem Einzelfall mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen und nicht auch für diesen Fall die Auffüllung aus künftigen Gewinnen durch Vereinbarung vorgeschrieben ist (vgl. Anm. 10); denn durch Vereinbarung können die Gesellschafter auch den Kommanditisten hinsichtlich des Entnahmerechts dem persönlich haftenden Gesellschafter gleichstellen. Sind u n z u l ä s s i g e Entnahmen gemacht worden, so wird dadurch der Kapitalanteil des Gesellschafters nicht vermindert. Es entsteht vielmehr ein nach § 111 verzinslicher RückZahlungsanspruch der Gesellschaft, der auf Privatkonto des Gesellschafters zu verbuchen ist und gegen den die Gesellschaft mit einem Gewinnanspruch des Gesellschafters aufrechnen kann. Solange die Aufrechnung nicht erklärt ist, besteht der Anspruch des Kommanditisten auf Auszahlung seines Anteils, soweit nicht Abs. 1 Halbsatz 2 entgegensteht; Schlegelberger Anm. 9. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob der Kommanditist die Barauszahlung fordern kann, ist der Zeitpunkt, in dem der Kommanditist die Auszahlung fordert. Es kommt also auf den Stand seines Kapitalkontos in diesem Zeitpunkt an. Ist das Begehren im Zeitpunkt der Anforderung unberechtigt, wird es aber innerhalb der Zeit, in der die Auszahlung überhaupt gefordert werden kann (vgl. Anm. 7), berechtigt, so kann alsdann die Auszahlung verlangt werden. Nach diesem Zeitpunkt ist die R ü c k b e h a l t u n g e n d g ü l t i g . Da die Gewinne, wie Art. 161 Abs. 2 ADHGB. ausdrücklich sagte (durch die neue Fassung sollte in dieser Richtung eine Änderung nicht eintreten), unter den Voraussetzungen des § 169 zur Deckung früherer Verluste dienen sollen, kann der Kommanditist nicht Nachzahlung verlangen, wenn später sein Kapitalanteil sich so gestaltet, daß die Voraussetzungen der Rückbehaltung nicht mehr gegeben wären, oder wenn die früheren Verluste aus späteren Gewinnen gedeckt werden. Der zurückbehaltene Gewinnanteil wird vielmehr e n d g ü l t i g Bestandteil des Kapitalkontos des Kommanditisten, während er, solange das Auszahlungshindernis nicht bestand, nur vorläufig diese Eigenschaft hatte. Der gutgeschriebene Teil wird endgültig gebunden und haftet als solcher für künftige Verluste (§167 Abs. 3), bietet aber auch die sich daraus ergebenden Vorteile, z. B. auf Vordividende (§ 168), und bei der Verteilung des Reingewinns bei Auflösung der Gesellschaft oder dem Ausscheiden eines Kommanditisten. Ist die Zurückbehaltung des Gewinns zur Auffüllung der Einlage nur teilweise e r f o r d e r l i c h , so ist der Mehrbetrag auszubezahlen.

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§ t69 I I . Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm.9,19 Die Auszahlung des Gewinnanteils des Kommanditisten unterbleibt nicht nur, wenn sein Kapitalanteil durch Verluste bereits unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgesunken ist, sondern auch, wenn er durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabsinken würde. Erfolgt die Auszahlung von Gewinn entgegen den Vorschriften des § 169 durch die geschäftsführenden Gesellschafter oder durch Entnahmen des Kommanditisten, so kann die Gesellschaft das Gazahlte nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherang zurückfordern; §§812ff. BGB. Dies gilt nicht, wenn alle Gesellschafter der Auszahlung zugestimmt haben. Aus Abs. 2 ergibt sich nichts anderes, denn Abs. 2 schließt nur die Verpflichtung des Kommanditisten zur Rückzahlung bezogener Gewinne zur Deckung späterer Verluste aus; Ritter Anm. 4; Schlegelberger Anm. 10; a. A. Wendt in Endemanns Handb. I 439. Anm. 9. Der Kommanditist ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen spSterer Verluste zurückzuzahlen: Abs. 2. Diese Vorschrift enthält keine Ausnahmebestimmung für den Kommanditisten, sondern will nur Zweifel, die sich etwa aus Abs. 1 Halbsatz 2 ergeben können, ausschließen. Das Fehlen einer solchen Verpflichtung würde sich auch schon aus der Regelung des § 167 über die Verlustbeteiligung des Kommanditisten ergeben; Schlegelberger Anm. 11. Auch der persönlich haftende Gesellschafter wie der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und einer Kapitalgesellschaft (vgl. § 56 Abs. 1 AktG.) sind zur Rückzahlung rechtmäßig bezogener Gewinne zur Deckung späterer Verluste nicht verpflichtet. B e z o g e n ist ein Gewinn nicht nur, wenn er tatsächlich an den Gesellschafter ausbezahlt oder als Kassenführer von ihm entnomman ist, sondern auch wenn er ihm auf P r i v a t k o n t o gutgeschrieben ist und damit zu seiner freien Verfügung steht. Dies ist namentlich der Fall, wenn durch die Gutschrift auf Kapitalkonto der Betrag der bedungenen Einlage überschritten würde; §167 Abs. 2. Nur der r e c h t m ä ß i g b e z o g e n e G e w i n n ist nicht zurückzuzahlen. Erweist sich die Bilanz, auf Grund der die Auszahlung erfolgte, als falsch und ist sie mit Erfolg angefochten oder ist die erforderliche Zustimmung der Beteiligten wirksam widerrufen,so kann die Rückforderung ebenso geschehen, wie bai jeder ungerechtfertigten Leistung (vgl. §§812ff. BGB.), und zwar nicht nur zur Deckung später entstandener Verluste, sondern unbedingt; vgl. auch Anm. 8. § 172 Abs. 5, nach dem der Kommanditist das was er auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz als Gewinn bezieht, in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet ist, gilt nur im Verhältnis zu Dritten, umgrenzt nur die Haftpflicht des Kommanditisten gegenüber Dritten. Der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs im inneren Verhältnis zur Gasellschaft steht er nicht entgegen; DürHach. Anm. 4; Schlegelberger Anm. 11; a. A. Wieland I 751. Andererseits hindert die Einwilligung aller Gesellschafter zur Auszahlung von Gewinn, obwohl dadurch die Einlage des Kommanditisten vermindert wurde, die Gesellschaftsgläubiger nicht, den Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 in Anspruch zu nehmen. Anm. 10. Die v e r t r a g s m ä ß i g e G e s t a l t u n g des R e c h t s auf E n t n a h m e u n d G e w i n n a u s z a h l u n g . Da es sich nur um das innere Verhältnis unter den Gasellschaftern handelt, können sie das Recht auf Entnahme und auf Auszahlung des Gewinnes durch den Gassllschaftsvertrag oder einen Nachtrag dazu allgemein oder für einen Einzelfall, z. B. für den Gewinn eines bestimmten Jahres abweichend von der gesetzlichen Regel ordnen. Sie können insbasondere für baide Befugnisse die persönlich haftenden Gesellschafter und die Kommanditisten einander gleichstellen. Den Kommanditisten können die Rechte der persönlich haftenden Gesellschafter eingeräumt oder die Befugnisse der letzteren auf die der Kommanditisten beschränkt werden. Den Kommanditisten können auch weitergehende Befugnisse eingeräumt werden als den persönlich haftenden Gesellschaftern oder einzelnen von ihnen. So kann z. B. den Kommanditisten das volle Entnahmerecht eingeräumt werden, wie es den persönlich haftenden Gesellschaftern zusteht oder letzteren kann das Entnahmerecht entzogen werden. Das Recht der persönlich haftenden Gesellschafter auf Auszahlung bereits festgestellten Gewinns kann in gleicher Weise beschränkt werden wie bei den Kommanditisten. Die Kommanditisten können von der Beschränkung des Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 befreit werden, so daß sie Auszahlung des auf sie entfallenden Gewinns fordern können, auch wenn ihr Kapital-

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II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert) §§ 169, 170 Anm. 10. Anm. 1 , 8 anteil durch Verlust unter den durch die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder herabgemindert würde. Der Auszahlungsanspruch der persönlich haftenden Gesellschafter kann den gleichen Beschränkungen unterworfen werden, wie sie das Gesetz für den Kommanditisten vorsieht. Für alle Gesellschafter oder einzelne von ihnen können weitere Beschränkungen des Anspruchs auf Barauszahlung eingeführt werden, z. B. für den Fall, daß der Kapitalanteil nicht durch Verluste, aber durch frühere Entnahmen unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert worden ist oder durch die Auszahlung herabgemindert werden würde oder es kann bestimmt werden, daß die Gewinne zurückbehalten werden, bis die volle, auch eine noch nicht fällige Einlage geleistet ist. Auch die Auszahlung festgestellten Gewinns an die Kommanditisten kann ausdrücklich (vgl. oben Anm. 5) ausgeschlossen werden, soweit sie zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht. Auch die Nachzahlung zunächst zurückgehaltenen Gewinns für den Fall der Besserung der Lage der Gesellschaft kann vereinbart werden. Oder es kann bestimmt werden, daß die zurückbehaltenen Beträge nur gestundet und verzinst werden und auf Verlangen des gewinnberechtigten Gesellschafters von seinem Kapitalkonto ab- und seinem Privatkonto gutgeschrieben werden und damit von der rechtlichen Behandlung als Teile des Kapitalkontos ausscheiden; vgl. Anm. 8. Es kann auch bestimmt werden, daß der Kommanditist oder der persönlich haftende Gesellschafter den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzugeben hat oder daß die Rückzahlung in gutem Glauben, wenn auch objektiv zu Unrecht bezogener Gewinne nicht stattfindet. Wegen der Beschränkung der vertragsmäßigen Gestaltung des Entnahmerechts durch allgemeine Rechtsgrundsätze (§§ 138, 242 BGB.) vgl. § 122 Anm. 23; RG. 166, 65. §

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Der Kommanditist ist zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt. Anm. 1. § 170 bestimmt in Übereinstimmung mit Art. 167 ADHGB., daß der Kommanditist zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt ist. Durch diese Vorschrift unterscheidet sich der Kommanditist wesentlich von den persönlich haftenden Gesellschaftern, die nach der auch für die Kommanditgesellschaft geltenden Regel des § 125 regelmäßig sämtlich zur Vertretung der Gesellschaft berufen sind. Abgesehen von der Vorschrift des § 170 regelt sich die Vertretung der Kommanditgesellschaft nach den für die offene Handelsgesellschaft geltenden Bestimmungen der §§ 125—127. Anm. 2. Die Vertretung der Kommanditgesellschaft erfolgt danach durch die perpersönlich haftenden Gesellschafter. Jeder von ihnen ist für sich allein, also ohneMitwirkung der anderen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. Durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder eine Änderung desselben können ebenso wie bei der offenen Handelsgesellschaft nicht alle Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen werden, da die Gesellschaft notwendig durch Gesellschafter organschaftlich vertreten sein muß, und zwar durch solche, die persönlich, d. h. unbeschränkt haften. Ebensowenig kann der einzige vertretungsberechtigte Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag in der V e r t r e t u n g durch die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Kommanditisten oder eines Prokuristen oder eines sonstigen Dritten beschränkt weren (nur im inneren Verhältnis, also in der Frage der Geschäftsführung ist eine solche Beschränkung zulässig; demgemäß kann dem einzigen vertretungsberechtigten Gesellschafter im inneren Verhältnis zur Pflicht gemacht werden, eine Vertretungshandlung nur mit Zustimmung eines Kommanditisten oder Prokuristen vorzunehmen; die Rechtswirksamkeit der Handlung nach außen wird aber durch das Fehlen dieser Zustimmung nicht berührt); KG. in HRR. 1939 Nr. 94 = JW. 1939, 424; § 50 Anm. 3; § 126 Anm. 12, 18; Schlegelberger Anm. 3; a. A. OLG. München in JFG. 16, 65 = ZAkDR. 1937, 761. Durch den Gesellschaftsvertrag kann auch G e s a m t v e r t r e t u n g nach §125 Abs. 2 angeordnet werden. Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter Gesamtvertreter, so kann bestimmt werden, daß, wenn nicht mehrere zusammen handeln, die Gesellschafter nur in

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§ 170 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 8—7 Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen (unechte Gesamtvertretung); § 125 Abs. 3 und die Erl. dazu. Anm. 8. Dem von der Vertretung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter kann wie dem Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft beschränkte V o l l m a c h t für einzelne Geschäfte, auch Handlungsvollmacht (vgl. §§ 54ff.) erteilt werden. Grundsätzlich besteht auch kein Bedenken, ihn wie den Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft zum P r o k u r i s t e n zu bestellen; Schlegelberger A n m . l ; Schwarz Anm. 3. Es ist aber Sache der Vertragsauslegung, ob nicht in der vertragsmäßigen Ausschleßung von der Vertretung im Einzelfall zugleich der Wille zum Ausdruck kommt, dem Gesellschafter eine so weitgehende gewillkürte Vertretungsmacht, wie sie in der Prokura liegt, nicht zu übertragen. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag in diesem Sinne auszulegen ist, kann, da eine Änderung des Vertrags zulässig ist, mit Zustimmung aller Gesalischafter, auch der Kommanditisten, die Bestellung erfolgen. Die zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter können einzelne von ihnen zur V o r n a h m e b e s t i m m t e r G e s c h ä f t e oder b e s t i m m t e r A r t e n von Ges c h ä f t e n e r m ä c h t i g e n ; § 125 Abs. 2 Satz 2 und die Erl. dazu. Anm.4. Alle A b w e i c h u n g e n von der g e s e t z l i c h e n R e g e l u n g und jede Änderung in der Vertretungsmacht eines Gesellschafters sind von sämtlichen Gesellschaftern, also auch den von der V e r t r e t u n g ausgeschlossenen p e r s ö n l i c h h a f t e n d e n G e s e l l s c h a f t e r n u n d den K o m m a n d i t i s t e n zur Eintragung in das Handelsregister a n z u m e l d e n ; §125 Abs. 4; Schlegelberger Anm. 3. Anm. 5. Der Begriff der V e r t r e t u n g und der V e r t r e t u n g s m a c h t ist derselbe wie bei der offenen Handelsgesellschaft; vgl. die Erl. zu §§124, 125. Die zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Gesellschafter haben f ü r die G e s e l l s c h a f t alle Rechtshandlungen vorzunehmen, zu deren Vornahme die Gesellschaft berechtigt ist. Sie haben im Namen, d. h. unter der F i r m a der Gesellschaft zu handeln, wenn es sich um den Erwerb von Rechten, auch des Eigentums und dinglicher Rechte, die Eingehung von Verbindlichkeiten für die Gesellschaft, die aktive und passive Führung von Prozessen handelt; §124 A b s . l . Die Gesellschafter als solche, insbesondere die nicht zur Vertretung berufenen, haben nicht das Recht namens der Gesellschaft Dritten gegenüber zu handeln, z. B. Gesellschaftsforderungen einzuziehen; RG. in JW. 1916, 83718. Dagegen kann jeder Gesellschafter, auch jeder Kommanditist, aber nur in eigenem Namen, gegen einen anderen Gesellschafter auf Erfüllung der sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenen Verpflichtungen, z. B. der Beitragspflicht, jedoch nur auf Leistung an die Gesellschaft klagen (actio pro socio); vgl. die Erl. zu §124. Zur Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in das Gesellschaftsvermögen ist ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Titel erforderlich; § 124 Abs. 2. Zur Vollstreckung in das Privatvermögen eines Gesellschafters, auch soweit er Dritten aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, bedarf es dagegen eines gegen den einzelnen Gesellschafter gerichteten vollstreckbaren Titels; § 129 Abs. 4. Anm.6. Für den U m f a n g der V e r t r e t u n g s m a c h t der zur Vertretung berufenen Gesellschafter, die Zulässigung einer B e s c h r ä n k u n g dieses Umfangs, die p a s s i v e V e r t r e t u n g s m a c h t jedes einzelnen von mehreren Gesamtvertretern, die H a f t u n g der G e s e l l s c h a f t für Handlungen ihrer Vertreter und deren p e r s ö n l i c h e V e r a n t w o r t u n g gegenüber der Gesellschaft und gegenüber Dritten gilt das gleiche wie bei der offenen Handelsgesellschaft; vgl. die Erl. zu §§ 125,126. Anm. 7. Die E n t z i e h u n g der V e r t r e t u n g s m a c h t erfolgt aus den gleichen Gründen und in der gleichen Weise wie bei der offenen Handelsgesellschaft, also aus wichtigem Grunde und durch richterliches Urteil; § 127. Bei Stellung des erforderlichen Antrags aller übrigen Gesellschafter müssen auch die Kommanditisten mitwirken; Schlegelberger Anm. 3. Der Gesellschaftsvertrag kann bestimmen, daß die Mitwirkung der persönlich haftenden Gesellschafter oder der Kommanditisten oder einiger von ihnen genügt oder daß einzelne Gesellschafter, auch Kommanditisten, nicht antragsberechtigt sind. Der Gesellschaftsvertrag kann auch die Entziehung durch Beschluß der Gesellschafter, auch durch Mehrheitsbeschluß, vorbehaltlich der Nachprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Richter, statt durch richterliches Gestaltungsurteil zulassen. Die

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II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 170 Arno. 8 vorläufige Entziehung der Vertretungsmacht kann auch durch einstweilige Verf ü g u n g , auch auf Antrag eines einzelnen Gesellschafters, auch eines Kommanditisten, erfolgen. Ein vertretungsberechtigter Gesellschafter kann auch die Vertretung aus w i c h t i g e m G r u n d e n i e d e r l e g e n ; vgl. die Erl. zu §127. Soweit die Niederlegung ohne einen solchen Grund mit Zustimmung der Gesellschafter erfolgen soll, ist auch die Zustimmung der Kommanditisten erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt. Anm. 8. Der Kommanditist ist zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt. Auch durch den Gesellschaftsvertrag kann ihm die Organstellung, d. h. die im Gesetze geregelte Vertretung der Gesellschaft, nicht übertragen werden. Da es sich um das Verhältnis der Gesellschaft nach außen handelt, ist die Vorschrift des § 170 zwingenden Rechts; ROHG. 15, 7; KG. in JW. 1939, 424; Ritter Anm. 2 und in ArchBürgR.40, 416; Wieland I 754 Anm. 2; Schlegelberger Anm. 4; a. A.: Braude, Der Kommanditist im Dienste seiner Gesellschaft, S. 33ff. Dagegen kann ihm, wie auch dem durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter V o l l m a c h t erteilt und er dadurch, wie jeder Nichtgesellschafter, zum gewillkürten Vertreter der Gesellschaft bestellt werden; RG. 110, 418. Es kann ihm Vollmacht zu einzelnen Rechtshandlungen oder allgemeine Handlungsvollmacht oder Prokura erteilt werden; RG. 31, 39; vgl. auch RG. in SeuffA. 24 Nr. 8; BayObLG. in JFG. 2,193; OLG. Bamberg in OLGR. 3, 277; vgl. auch § 161 Anm. 16. Die u n e c h t e G e s a m t v e r t r e t u n g (vgl. Anm. 2) kann auch in der Weise angeordnet werden, daß bei einer Mehrheit von Gesamtvertretern der einzelne nur gemeinsam mit einem zum Prokuristen bestellten Kommanditisten vertretungsberechtigt ist. Einem Kommanditisten kann auch gemeinsam mit einem Nichtgesellschafter G e s a m t p r o k u r a erteilt werden. Aus der beschränkten Haftung des Kommanditisten kann nicht etwas anderes abgeleitet werden, wie Koenige, JW. 1923, 215, ausführt; denn auch zwei Prokuristen, die nicht Gesellschafter sind, können die Gesellschaft im Rahmen ihrer Vertretungsmacht verpflichten. Zur Bestellung eines Prokuristen oder zum Widerruf einer Prokura ist auch der so zum Gesamtprokuristen bestellte Kommanditist nicht ermächtigt, da er durch die Notwendigkeit seiner Mitwirkung nicht zum organmäßigen Vertreter der Gesellschaft wird; vgl. § 48 Abs. 1. Ein g e s c h ä f t s u n f ä h i g e r Kommanditist kann weder zum Bevollmächtigten noch zum Prokuristen bestellt werden; vgl. Vorbem. 17 vor §48; §48 Anm. 6. Die Frage, ob ein in der Geschäftsfähigkeit b e s c h r ä n k t e r Kommanditist Bevollmächtigter oder Prokurist seiner Gesellschaft werden kann, ist ebenso zu verneinen, wie die Frage, ob ein in dieser Weise persönlich beschränkter Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder ein persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft organschaftlicher Vertreter im Sinne des § 125 sein kann. Nach § 165 BGB. wird zwar die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Aus dieser Vorschrift wird auch die Zulässigkeit der gewillkürten Vertretung der Gesellschaft durch einen in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Gesellschafter abgeleitet; Brand § 125 Anm. 1 b, cc; Wieland I 597. Aus § 165 ergibt sich zweifellos, daß ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter einen Dritten wirksam vertreten kann, da die Beschränkung seiner Geschäftsfähigkeit ihn nur selbst gegen Benachteiligung schützen soll. Gegen die Anwendbarkeit des § 165 BGB. auf die Vertretung der eigenen Gesellschaft wird aber mit Recht eingewendet, daß der für die Gesellschaft Handelnde nicht nur Dritte, sondern auch sich selbst vertritt und durch seine Handlungen auch sich selbst, insbesondere auch sein Privatvermögen belastet; ebenso Ritter Anm. 2; Schlegelberger Anm. 4. Allerdings kann auch ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter durch seinen gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt werden. Er kann dann aber nur solche Geschäfte vornehmen, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt; vgl. §§ 112, 114 BGB. Die Ermächtigung gilt nicht für Rechtsgeschäfte, zu denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf; § 112 Abs. 1 Satz 2. Eine solche Beschränkung der Vertretungsbefugnis ist aber mit der Stellung eines, wenn auch nur gewillkürten Vertreters einer Erwerbsgesellschaft unvereinbar. Sie würde nicht nur den

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170 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 9—13 Geschäftsverkehr erschweren, sondern auch die Gefahr der Rechtsunsicherheit begründen. Eine Prokura kann einem nur in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten auch deshalb nicht erteilt werden, weil die Prokura ihrer Natur nach höchstpersönlich ist und deshalb auch nicht durch den gesetzlichen Vertreter, auch nicht in der Gestalt der Zustimmung zu den über den Geschäftsbetrieb hinausgehenden Handlungen ausgeübt werden kann; §52 Abs. 2; vgl. auch die Erl. zu §§125, 126; DürHach. §126 Anm. 12; Kohler in ArchBürgR. 40, 251. Anm. 9. Tritt ein Kommanditist, o h n e in z u l ä s s i g e r W e i s e als B e v o l l m ä c h t i g t e r o d e r P r o k u r i s t b e s t e l l t zu s e i n , im Namen der Gesellschaft handelnd auf, so wird die Gasellschaft aus dem Geschäfte berechtigt oder verpflichtet, wenn sie es ausdrücklich oder stillschweigend durch einen vertretungsberechtigten Gesellschafter g e n e h m i g t . Die G e n e h m i g u n g kann auch in der Unterlassung eines Widerspruchs auf eine Vertragsbestätigung des anderen Teils liegen; RG. in JW. 1930, 37471". Der Kommanditist, der, ohne gewillkürter Vertreter zu sein, für die Gesellschaft Rechtsverkehr auftritt, haftet nach den Grundsätzen des BGB., die für das Auftreten als Vertreter ohne Vertretungsmacht gelten. Anm. 10. Der in zulässiger Weise zum Bevollmächtigten oder Prokuristen bestellte Kommanditist muß, wie jeder Vertreter, im N a m e n des Vollmachtgebers handeln, d. h. den Willen kundgeben, daß durch seine Handlung die Gesellschaft unmittelbar berechtigt oder verpflichtet sein soll. Dieser Wille kann sich auch aus den Umständen ergeben; § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB. Tritt der Wille, im Namen der Gesellschaft zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht; § 164 Abs. 2 BGB. Das Geschäft gilt somit als zwischen dem Vertreter persönlich und dem Dritten abgeschlossen; vgl. Vorbem. 3, 16 vor §48 HGB. Der so handelnde Kommanditist wird im Verhältnis zu dem Dritten u n b e s c h r ä n k t verpflichtet, haftet also nicht nur bis zur Höhe seiner Einlage nach § 171 HGB. (Art. 167 Abs. 3 ADGB. läßt einen Kommanditisten, der für die Gesellschaft Geschäfte schließt, ohne ausdrücklich zu erklären, daß er nur als Prokurist oder Bevollmächtigter handle, aus diesen Geschäften gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter haften). Anm. 11. Ist der Kommanditist in zulässiger Weise zum gewillkürten Vertreter der Gesellschaft bestellt und hat er in deren Namen gehandelt, so wird die G e s e l l s c h a f t a u s d e n v o r g e n o m m e n e n H a n d l u n g e n in g l e i c h e r W e i s e b e r e c h t i g t u n d v e r p f l i c h t e t , wie wenn sie einen Dritten zum Vertreter bestellt hätte. In gleicher Weise haftet sie auch für S c h a d e n , den der Kommanditist in seiner Vertreterstellung oder als Geschäftsführer schuldhafterweise Dritten zufügt; §§278, 831 BGB.; vgl. Vorbem. 52—78 vor § 48 HGB. Die Gesellschaft haftet nicht für u n e r l a u b t e H a n d l u n g e n , die ein Kommanditist außerhalb eines ihm besonders zugewiesenen Geschäftskreises (vgl. § 164 Anm. 11) begeht; vgl. die Erl. zu §126; Schlegelberger Anm. 5. Anm. 12. Im Verhältnis zur Gesellschaft und den übrigen Gesellschaftern, also im I n n e n v e r h ä l t n i s , bestimmen sich die Rechte und Pflichten eines zum Bevollmächtigten oder Prokuristen basteilten Kommanditisten in erster Linie nach dem Rechtsverhältnisse, auf dem seine Bestellung beruht. Regelmäßig wird die Bestellung, insbesondere wenn sie bereits durch den Gesellschaftsvertrag erfolgt oder in ihm vorgesehen ist, zugleich mit einer mindestens teilweisen Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis verbunden sein. Dies wird für die Bestimmung des Umfangs der Rechte und Pflichten von Einfluß sein. Der Kommanditist haftet dann auch für die Handlungen, die ihm nur kraft besonderer Bestellung obliegen, wie auch der geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafter nur für die Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt; vgl. die Erl. zu § 114. Auch sein Anspruch auf E r s a t z v o n A u f w e n d u n g e n , die er in Gesellschaftsangelegenheiten gemacht hat, oder von Verlusten, die er durch die Ausführung der ihm übertragenen Handlungen erlitten hat, richtet sich, wenn nicht ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes vereinbart ist, nach den auch für den persönlich haftenden Gesellschafter geltenden Vorschriften des § 110. Anm. 13. Wegen Zulässigkeit des K o n t r a h i e r e n s m i t sich s e l b s t vgl. §181 BGB.; Vorbem. 34ff. vor §48; §49 Anm. 9.

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II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 171 Anm. 1—8

§ 171 Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Ist über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Abs. 1 zustehende Recht durch den Konkursverwalter ausgeübt. Schrifttum: S c h w a l b in ZHR. 34, 838ff.; F u r r e r , Die Haftung des Kommanditisten, 1903; L i n s m e y e r in DJZ. 1903, 471. Anm. 1. Die §§ 171—176 enthalten die Vorschriften über die Haftung des Kommanditisten gegenübsr den Gasellschaftsgläubigern. Durch die hier gegebene Regelung unterscheidet sich die Kommanditgesellschaft wesentlich von der offenen Handelsgesellschaft. Während bai dieser alle Gasellschafter den Gesellschaftsgläubigem unbeschränkt haften, haften die Kommanditisten nur beschränkt. Da es sich um das Verhältnis zu Dritten handelt, können die Vorschriften nicht durch den Gesellschaftsvertrag geändert werden. § 171 Abs. 1 stellt im Anschluß an die Begriffsbestimmung der Kommanditgesellschaft in § 161 Abs. 2 den Grundsatz der beschränkten, aber unmittelbaren Haftung des Kommanditisten auf. Er stimmt sachlich mit Art. 165 Abs. 1 ADHGB. überein. Die §§ 172—176 bringen Einzelheiten zur Durchführung des Grundsatzes. Abs. 2 enthält eine besondere Vorschrift über die Geltendmachung der Haftung im Falle des Gesellschaftskonkurses; im ADHGB. fehlte diese Vorschrift. Anm. 2. I. Die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern richtet sich, da das Gesetz über sie keine besondere Bestimmung enthält, nach den für die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften der §§ 128—130; § 161 Abs. 2. Danach haftet jeder persönlich haftende Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich, d. h. mit seinem ganzen Vermögen. Mehrere persönlich haftende Gesellschafter haften als Gesamtschuldner. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam; §128. Wegen der rechtlichen Natur dieser Haftung, wegen des Verhältnisses der Gesellschafterhaftung zur Haftung der Gesellschaft, des Gegenstandes der Haftung, der Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen persönlicher Art und aus dem Rechte der Gesellschaft, der Rückwirkung der Gesellschafterhaftung auf die Stellung der Gesellschafter untereinander, insbesondere des Rückgriffs- und Ausgleichsrechts, der Stellung des einzelnen Gesellschafters als Gläubiger und Schuldner der Gesellschaft, des Rechts der Privatgläubiger auf Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen, der Haftung ausgeschiedener und neu eingetretener Gasellschafter, des Einflusses des Konkurses der Gesellschaft oder des einzelnen Gesellschafters auf seine Haftung, wird auf die Erl. zu §§ 124,128—130 135 verwiesen. Anm. 3. II. Die Haftung des Kommanditisten. Der K o m m a n d i t i s t h a f t e t den Gläubigern der G e s e l l s c h a f t bis zur Höhe seiner Einlage u n m i t t e l b a r ; Abs. 1 Halbsatz 1. Die r e c h t l i c h e N a t u r d e r H a f t u n g des Kommanditisten ist die gleiche wie die des Gesellschafters der offenen Handelsgesellschaft oder des persönlich haftenden Gesellschafters der Kommanditgesellschaft. Wie die genannten anderen Gesellschafter sind auch die Kommanditisten als Gasamthandsbsrechtigte und -verpflichtete Träger aller Rechte und Pflichten der Gasellschaft. Sie sind insbesondere selbst die Schuldner der Verbindlichkeiten der Gesellschaft. H a f t u n g b e d e u t e t d a n a c h n i c h t E i n t r e t e n f ü r e i n e f r e m d e S c h u l d , s o n d e r n f ü r e i n e e i g e n e . Wie die persönlich haftenden Gesellschafter haften auch die Kommanditisten mit einem doppelten Haftungsobjekt, einmal mit dem G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n und dann mit ihrem P r i v a t vermögen.

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 4, 5 Anm. 4. Die H a f t u n g des K o m m a n d i t i s t e n m i t dem G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n ist unbeschränkt, d . h . das ganze Gesellschaftsvermögen haftet für die Gesellschaftsschulden. Der Kommanditist kann insofern nicht geltend machen, daß seine unmittelbare Haftung geringer sei als seine sich aus seinem Kapitalanteil ergebende verhältnismäßige Beteiligung am Gesellschaftsvermögen im inneren Verhältnis; denn b e s c h r ä n k t i s t nur s e i n e H a f t u n g m i t s e i n e m P r i v a t v e r m ö g e n . Zur Vollstreckung in das gesamte Gesellschaftsvermögen bedarf der Gesellschaftsgläubiger nur eines gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitels, § 124 Abs. 2. Da auch die Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter, mögen sie auf dem Gesellschaftsverhältnis oder einem anderen Rechtsverhältnis, z. B. einem Kaufvertrage, beruhen, zum Vermögen der Gesellschaft gehören, kann ein Gesellschaftsgläubiger im Wege der Vollstreckung gegen die Gesellschaft auch diese Ansprüche pfänden und sich überweisen lassen. Auf diese Weise kann er sich auch aus der noch rückständigen Einlage des einzelnen Gesellschafters, auch des Kommanditisten, befriedigen, d. h. aus dem, was der Gesellschafter der Gesellschaft im inneren Verhältnis als Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszweckes, als P f l i c h t e i n l a g e (im Gegensatz zur H a f t e i n l a g e , die nur für die unmittelbare Haftung in Betracht kommt) schuldet. Auch auf die Nebenverpflichtungen des Gesellschafters, soweit sie mit der inneren Einlagepflicht zusammenhängen, z. B . auf die Zinsen einer rückständigen Einlage, Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Leistung der Einlage, Kostenerstattungsansprüche, kann der Gesellschaftsgläubiger zum Zwecke seiner Befriedigung greifen. E r kann sich durch die Pfändung dieser Ansprüche dagegen sichern, daß die Gesellschaft diesen Vermögensgegenstand zu anderen Zwecken als zu seiner Befriedigung verwendet oder daß andere Gesellschaftsgläubiger ihm im Zugriff zuvorkommen. Da er aber nur die Rechte der Gesellschaft geltend macht, kann er nicht mehr fordern, als die Gesellschaft selbst fordern kann. E r muß sich deshalb auch alle Einwendungen entgegenhalten lassen, die der Gesellschafter erheben könnte, wenn er von der Gesellschaft in Anspruch genommen würde. So könnte er geltend machen, daß die Einlage nur unter einer noch nicht eingetretenen Bedingung geschuldet sei, daß sie noch nicht fällig sei, daß sie durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung getilgt sei. Befindet sich die Gesellschaft bereits im Zustande der Auflösung, in der Abwicklung, so könnte eingewendet werden, daß nach dem Gesellschaftsvertrage die Einlage nur für die Dauer des werbenden Betriebes geschuldet sei oder daß zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichendes Gesellschaftsvermögen vorhanden sei und daß der Gesellschafter deshalb zur Leistung der Einlage nicht verpflichtet sei. Durch Pfändung und Überweisung kann der Gesellschaftsgläubiger aber nicht eine Leistung an sich erzwingen, die ihrer Natur nach oder nach dem Gesellschaftsvertrag nur an die Gesellschaft zu bewirken ist, z. B . eine Arbeitsleistung für das werbende Unternehmen zur Erreichung des Gesellschaftszwecks oder eine Leistung, die durch Bewirkung an einen Dritten ihre rechtliche Natur ändern würde, vgl. die Erl. zu § 105 Anm. 35, 40 f. Anm. 5. Die K o m m a n d i t i s t e n h a f t e n f e r n e r den G e s e n s c h a f t s g l ä u b i g e r n unmittelbar f ü r die G e s e l l s c h a f t s s c h u l d e n , d . h . die Gesellschaftsgläubiger können, allerdings nur auf Grund eines gegen den einzelnen Gesellschafter gerichteten vollstreckbaren Schuldtitels (§ 129 Abs. 4), unmittelbar Befriedigung aus dem Privatvermögen des einzelnen Gesellschafters, d. h. aus seinem nicht zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Vermögen, suchen. Diese u n m i t t e l b a r e Haftung ergibt sich, wie auch bei dem persönlich haftenden Gesellschafter, schon ohne weiteres daraus, daß die Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten selbst die Träger der Gesellschaftsverbindlichkeiten, also selbst die Schuldner sind; vgl. Anm. 3. Die u n m i t t e l b a r e Haftung der Kommanditisten in diesem Sinne entsprach auch schon für das ADHGB. der Rechtsprechung und herrschenden Lehre; vgl. ROHG. 19, 349; R G . 1, 68; 17, 37; 32, 399; 51, 36; Renaud, HR. 403; a M. Wendt 457ff. Um Zweifel auszuschließen, spricht Abs. 1 die unmittelbare Haftung noch ausdrücklich aus; D. I 115. Im Sinne der unmittelbaren Haftung haftet somit auch der Kommanditist persönlich. Von der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters unterscheidet sich die Haftung des Kommanditisten nur der Höhe nach durch die Beschränkung auf die Höhe seiner Einlage.

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§ 171 Anm. 0—9 Aus der Unmittelbarkeit der Haltung und der Eigenschaft der Kommanditisten als Schuldner der Gesellschaftsschulden ergibt sich, daß die Gesellschaftsgläubiger die Wahl haben, ob sie die Gesellschaft oder ihre einzelnen Gesellschafter, auch die Kommanditisten in Anspruch nehmen wollen. Die Gesellschafter können sie nicht auf das Gesellschaftsvermögen verweisen, auch wenn dieses zur Befriedigung der Gläubiger ausreicht. Anm. 6. J e d e r K o m m a n d i t i s t h a f t e t als G e s a m t s c h u l d n e r m i t allen a n d e r e n G e s e l l s c h a f t e r n , den persönlich haftenden und den anderen Kommanditisten. Der Gesellschaftsgläubiger kann deshalb gleichzeitig Erfüllung der Gesellschaftsschuld von der Gesellschaft, von allen Gesellschaftern, auch den Kommanditisten, aber auch von jedem einzelnen oder einigen von ihnen allein begehren und im Klagewege verfolgen. Bei der Geltendmachung gegen den Kommanditisten ist er nur an die Grenze gebunden, die sich aus der Höhe der Einlage desselben ergibt. Der Begriff der Gesamthaftung und die Folgen der Leistung durch einen Gesamtschuldner sind dabei die gleichen wie bei der offenen Handelsgesellschaft; vgl. die Erl. zu §128. Anm. 7. Dem K o m m a n d i t i s t e n , der u n m i t t e l b a r in A n s p r u c h gen o m m e n w i r d , s t e h e n alle Einwendungen zu, die auch ein unbeschränkt haftender Gesellschafter erheben kann. Er kann also alle Einwendungen geltend machen, die auch die Gesellschaft vorbringen kann, und außerdem die in seiner Person begründeten; § 129 Abs. 1. Er kann die B e f r i e d i g u n g des G l ä u b i g e r s v e r w e i g e r n , solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten (§129 Abs. 2) oder solange sich der Gläubiger durch A u f r e c h n u n g gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann, §129 Abs. 3. Er kann auch selbst gegenüber einem Anspruch, den ein Gesellschaftsgläubiger gegen ihn erhebt, in gleicher Weise aufrechnen, wie ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder der persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft; vgl. § 124, Anm. 38f.; § 129 Anm. 8; vgl. auch RG. 63, 265. Da der Gläubiger der Gesellschaft jeden Gesellschafter, den Kommanditisten beschränkt, unmittelbar in Anspruch nehmen kann, kann er auch mit der Gesellschaftsschuld gegen eine Privatforderung des in Anspruch genommenen Schuldners aufrechnen; der Gesellschafter kann selbständig ebenfalls die Aufrechnung erklären. Die Aufrechnung ist auch noch möglich, wenn die Gesellschaft in Konkurs geraten ist, wenn beide Forderungen vor Konkurseröffnung sich als aufrechnungsfähig gegenüberstanden; RG. 41, 25; wegen der Aufrechnung und der Geltendmachung sonstiger Einwendungen im einzelnen vgl. die Erl. zu §§ 124, 128, 129. Anm. 8. Die unmittelbare gesamtschuldnerische Haftimg des Kommanditisten wie des persönlich haftenden Gesellschafters besteht auch, solange sich die Gesellschaft in A b w i c k l u n g oder im K o n k u r s befindet; vgl. auch Anm. 35. Sie dauert fort, wenn die Gesellschaft ohne Abwicklung oder nach Abwicklung v o l l b e e n d e t wird oder ein Kommanditist aus der fortbestehenden Gesellschaft a u s s c h e i d e t ; vgl. die Erl. zu § 128; ROHG. 25, 278; RG. 64, 80; OLG. Hamburg in OLGR. 32, 109. Anm. 9. Der I n h a l t des H a f t u n g s a n s p r u c h s . Macht ein Gesellschaftsgläubiger die Haftung eines Gesellschafters nach §§ 128,171 geltend, so verfolgt er damit ein selbständiges Recht, das seinem Inhalte nach auf Erfüllung einer ihm kraft seiner Eigenschaft als Gesellschaftsgläubiger geschuldeten Leistung geht; ROHG. 19, 349; RG. 17, 37; 32, 399; 51, 36; Schlegelberger Anm. 3. Der Anspruch geht auf die Leistung, die er von der Gesellschaft zu fordern hat. Die Gesellschafter schulden ihm das gleiche, was die Gesellschaft schuldet. Alle Gesellschafter trifft als Gesamtschuldner die gleiche Verpflichtung. Dies gilt auch für den Kommanditisten. Schuldet die Gesellschaft Geld so schuldet es auch der Kommanditist; schuldet sie eine andere Leistung, so schuldet der Kommanditist das gleiche Der Kommanditist schuldet somit nicht stets nur Geld; Ritter Anm. 3; Schlegelberger Anm. 3; a. A.: Staub-Pinner Anm. 13, die annehmen, die Klage sei stets auf Leistung einer Geldsumme zu richten. Dies folgt auch nicht aus der Begrenzung der Haftung bis zur Höhe der Einlage, auch nicht aus dem Wortlaut des § 171 oder aus der Begriffsbestimmung der Kommanditgesellschaft in § 161 Abs. 1 „bis zur Höhe einer bestimmten V e r m ö g e n s e i n l a g e " . Es soll damit nur die Höhe der Haftung festgelegt werden; vgl. unten Anm. 11. Würde der Kommanditist nur Geld

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 10—18 schulden, so wäre dies mit der Eigenschaft des Kommanditisten als Gesamtschuldner (neben dem persönlich haftenden Gesellschafter) unvereinbar. Die Haftung des Kommanditisten würde dann auf eine Haftung für Nichterfüllung durch die Gesellschaft oder die persönlich haftenden Gesellschafter hinauskommen und wäre dadurch in ihrer Bedeutung gegenüber der der persönlich haftenden Gesellschafter nicht nur der Höhe, sondern auch der Art nach beschränkt. Anm. 10. Die Haftung des Kommanditisten erstreckt sich auf alle Schulden der Gesellschaft g e g e n ü b e r Dritten. Dies gilt auch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus unerlaubter Handlung und solcher öffentlich-rechtlicher Art, z. B. Steuerschulden; f ü r diese gilt aber auch die Beschränkung der H a f t u n g auf die Höhe der Einlage, falls nicht die öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einzelfall etwas anderes bestimmen; vgl. Bühler in J W . 1937, 2809. Sie besteht nicht für Ansprüche der Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft a u s d e m G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s , wohl aber f ü r solche, die aus einem anderen als dem Gesellschaftsverhältnis bestehen. Es gilt hier grundsätzlich das gleiche wie bei der Haftung der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und der persönlich haftenden Gesellschafter vgl. die Erl. zu § 128. Anm. 11. D i e B e s c h r ä n k u n g d e r H a f t u n g a u f d i e H ö h e d e r E i n l a g e . Da der Kommanditist selbst die von der Gesellschaft geschuldete Leistung, und zwar als Gesamtschuldner mit den übrigen Gesellschaftern schuldet (vgl. Anm. 6, 9), so bedeutet die Beschränkung der Haftung nur, daß er dem W e r t e n a c h nicht mehr zu leisten h a t , als dem in Geld ausgedrückten Werte seiner Einlage als Maßstab seiner Haftung, also dem Geldwerte der Haftsumme entspricht. Wie sich aus den Vorschriften des § 162 Abs. 1, §172 Abs. 1, §§174—176 ergibt, soll die H a f t u n g den Gläubigern gegenüber zwar in einem bestimmten Reichsmark(= jetzt DMJbetrage festgelegt werden. Dies geschieht aber nur zum Zwecke der Klarstellung der Grenze der Haftung, eine Beschränkung der H a f t u n g der Art nach folgt daraus nicht; vgl. Anm. 9. Hat der Anspruch des Gläubigers, z. B. auf Lieferung einer bestimmten Menge von Ware einen höheren Wert als die Haftsumme oder als die auf diese noch geschuldete Leistung, so kann er von dem Kommanditisten nur einen der eingetragenen oder noch geschuldeten H a f t summe entsprechenden Teil der Leistung fordern; das Ganze oder den über die H a f t summe hinausgehenden Teil aber nur von der Gesellschaft und den persönlich haftenden Gesellschaftern und von den übrigen Kommanditisten, soweit bei diesen nicht die gleiche Beschränkung der Inanspruchnahme entgegensteht. Ist eine Teilung nicht möglich, so kann der Kommanditist nicht zur Leistung des Ganzen verurteilt werden, sondern haftet nur für einen Schadensersatzanspruch, der an die Stelle des ursprünglichen Anspruchs getreten ist, und zwar wieder nur bis zum Betrage der Haftsumme. Wegen der Peststellung des maßgebenden Wertes vgl. Anm. 14. Aus der Beschränkung der Haftung auf einen in Geld ausgedrückten Betrag folgt, daß die H a f t u n g sich nur auf eine V e r m ö g e n s w e r t e L e i s t u n g beziehen k a n n ; Würdinger, Gesellschaften, § 3 4 B 1 . Anm. 12. Die Befreiung des Kommanditisten von der Haftung. Die H a f t u n g d e s K o m m a n d i t i s t e n i s t a u s g e s c h l o s s e n , s o w e i t die E i n l a g e g e l e i s t e t i s t ; Abs. 1 Halbsatz 2. Die hier ausgesprochene Haftungsbefreiung des Kommanditisten bringt die folgerichtige Durchführung der Vorschrift in Halbsatz 1, nach der dieHaftung des Kommanditisten auf den Betrag seiner Einlage beschränkt ist. Wenn auch Haftsumme und Einlage rechtlich verschieden sind (vgl. § 161 Anm. 15), so sind sie doch miteinander insofern in Verbindung gesetzt, als die Einlagepflicht r e g e l m ä ß i g auch den Umfang der Haftung bestimmt und der Kommanditist eben im wesentlichen nur mit seiner Einlage an dem Schicksal des Unternehmens beteiligt sein soll. Hat der Kommanditist seine Einlage geleistet, so soll er nach innen von weiterer Leistung befreit sein, aber auch nach außen, da er das Vermögen der Gesellschaft, aus dem die Gesellschaftsgläubiger naturgemäß in erster Linie zu befriedigen sind, um einen der von ihm übernommenen Leistung entsprechenden Betrag verstärkt hat. Anm. 13. G e l e i s t e t i s t d i e E i n l a g e im Sinne des Abs. 1 Halbsatz 2 (also die H a f t e i n l a g e ) , wenn der Gesellschaft ein Vermögenswert in Höhe der Einlage zugeflossen ist. Da der Kommanditist durch die Leistung von der Haftung gegenüber den Gläubigern befreit werden soll, muß er so viel an die Gesellschaft geleistet haben, als

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I I . Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 171 Anm. 18 dem Betrag der Haftsumme entspricht. Da diese höher oder niedriger sein kann als der Betrag oder Wert der im inneren Verhältnis zu leistenden Einlage (der sog. P f l i c h t einlage) ausmacht (vgl. §161 Anm. 15, 19), müssen also dem Gesellschaftsvermögen Werte zugeflossen sein, die dem in Geld ausgedrückten Betrage der Haftsumme wertmäßig gleichkommen. Sind diese Werte geleistet, so ist der Kommanditist auch dann befreit, wenn im inneren Verhältnis eine höhere Einlage geschuldet wird. Deshalb tritt auch eine Erhöhung der Haftpflicht nicht dadurch ein, daß der Kcmmandtist aus Gründen, die auf dem inneren Verhältnis beruhen, zu einer höheren Leistung gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist, z. B. zur Leistung von Verzugszinsen, Schadensersatz, Vertragsstrafen. Auf diese Leistungen haben die Gläubiger auf Grund der H a f t p f l i c h t des Kommanditisten keinen Anspruch (sie können sie aber im Vollstreckungsverfahren gegen die Gesellschaft pfänden und sich überweisen lassen, vgl. Anm. 4). Prozeßkosten und Prozeßzinsen, die durch die Nichterfüllung der Verpflichtung aus der unmittelbaren Haftung des Kommanditisten entstanden sind, hat der Kommanditist gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger zu tragen, weil er diesem gegenüber seine Verpflichtung nicht erfüllt hat, die Prozeßkosten nach den allgemeinen Regeln des Prozeßrechts. Hat der Kommanditist die Einlage in Geld zu leisten, so ist er soweit befreit als er einen der Haftsumme entsprechenden Geldbetrag an die Gesellschaft wirklich geleistet hat. Abzüge, die ihm die Gesellschaft gestattet hat, etwa für Aufwendungen für Beschaffung des baren Geldes, können ihm zwar im inneren Verhältnis als Leistung der Einlage angerechnet werden; in dieser Höhe wird er aber nicht von der Haftpflicht befreit, da die nicht gezahlten Beträge nicht in das Gesellschaftsvermögen geflossen sind und deshalb auch nicht zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten verwendet werden k o n n t e n ; R G . 37, 85; vgl. unten Anm. 16, 18. Da es zur Befreiung von der Haftpflicht genügt, daß der Kommanditist an die Gesellschaft Werte geleistet hat, die dem Betrage der Haftsumme entsprechen, ist es gleichgültig, ob der Kommanditist der Art nach gerade das geleistet hat, was er nach dem Gesellschaftsvertrag im inneren Verhältnis als Einlage zu bewirken hatte. Hatte er nach dem Vertrage eine Sacheinlage zu machen, z. B. ein Geschäft einzubringen oder Dienste zu leisten, und hat er diese geleistet, so ist er in Höhe ihres wahren Wertes auch von der Haftpflicht befreit; D. I 112; RG. 51, 38; 63, 260; R G . bei Holdheim 11, 147; Wieland I 762 Anm. 19; Ritter Anm. 32; Schlegelberger Anm. 13. E r ist auch befreit, wenn er mit Zustimmung aller Gesellschafter statt der bedungenen Sacheinlage eine andere oder statt Sachwerten Geld geleistet hat oder Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat; vgl. Anm. 20. Hatte er Geld zu leisten, so kann die Gesellschaft auch Sachleistungen an Erfüllungs statt annehmen; §364 B G B . Immer muß aber das Geleistete seinem o b j e k t i v e n Werte nach dem Betrag der eingetragenen Haftsumme entsprechen. Ist der Wert des Geleisteten geringer, so ist die Einlage nur zu diesem geringeren Werte geleistet, soweit es sich um die Befreiung von der Haftung handelt. Im inneren Verhältnis kann aber die Leistung der Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag oder besonderen Vereinbarungen aller Gesellschafter als geleistet gelten, auch wenn der Wert der Haftsumme nicht erreicht ist. Ist eine Sacheinlage nach dem Gesellschaftsvertrage mit einem bestimmten Werte einzubringen und liegt der angenommene Betrag u n t e r dem objektiven Werte, so gilt die Vereinbarung jedenfalls im inneren Verhältnisse unter den Gesellschaftern. Für die Haftung nach außen ist die Leistung aber nach ihrem wahren Werte zu behandeln, d. h. die Einlage gilt in dessen Höhe dem Gläubiger gegenüber als geleistet. Soll sie nach dem Willen der Gesellschafter auch im äußeren Verhältnis nur mit dem im Vertrag angenommenen Werte berechnet werden, so liegt darin zugleich die Vereinbarung der Höhe der Haftsumme; falls die Vereinbarung erst nach der ursprünglichen Festlegung der Haftsumme erfolgt, eine Erhöhung der Haftsumme. Die Erhöhung gilt den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nur in derselben Weise wie eine sonst vereinbarte Erhöhung der Haftsumme, soweit die Erhöhung dem einzelnen Gläubiger nicht besonders mitgeteilt worden ist, also nur, soweit sie sich aus dem Eintrag im Handelsregister ergibt; vgl. § 176; vgl. auch Schlegelberger Anm. 13. Der Kommanditist kann auch nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts über die A u f r e c h n u n g sich von seiner innergesellschaftlichen Einlagepflicht und in der Höhe der damit geleisteten Einlage auch von der Haftpflicht befreien; R G .

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 14—16 63, 367; Gruchot 26, 718; HoldhMschr. 1905, 199; JW. 1907, 275. Die Leistung muß zum Zwecke der E r f ü l l u n g der E i n l a g e p f l i c h t erfolgt sein. Es genügt deshalb nicht, daß der Kommanditist auf Grund eines nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Rechtsgeschäfts, z. B. eines Darlehens- oder Kaufgeschäfts dem Gesellschaftsvermögen Werte (Geld oder Waren) zugeführt hat. In diesem Falle könnte nur die Aufrechnung der sich aus dem Geschäft für den Kommanditisten ergebenden Ansprüche, z. B. auf den Kaufpreis, mit dem Einlageanspruch der Gesellschaft dessen Erfüllung und damit auch die Befreiung von der Einlagepflicht herbeiführen. Maßgebend wäre dann abar nur der Wirt des auf Grund des Rschtsgeschäfts der Gesellschaft Zugeflossenen, z. B. der gelieferten Ware, nicht des über diesen Wert hinausgehenden und vereinbarten Kaufpreises; RG. 63, 267; Schlegelberger Anm. 15 Abs. 2. Nicht erforderlich ist, daß die zur Aufrechnung verwendete Schuld der Gesellschaft mit Rücksicht auf deren Vermögenslage vollwertig ist, denn durch die Aufrechnung wird die Gesellschaft immer von einer Schuld in Höhe der Einlage befreit; Schlegelberger Anm. 15 Abs. 1; vgl. Anm. 14. Anm. 14. Für die B e w e r t u n g des als E i n l a g e G e l e i s t e t e n ist dessen Wert in dem Z e i t p u n k t maßgebend, in dem das Geleistete dem Gesellschaftsvermögen t a t s ä c h l i c h zugeflossen ist, in dem es der Gesellschaft zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes zur Verfügung stand. Unerheblich ist der Wert im Zeitpunkt der Vereinbarung über das Einbringen der Sachwerte. Es kommt deshalb nicht auf die Bewertungsgrundsätze an, die für die Aufstellung der Jahresbilanz gelten. Insbesondere ist nicht entscheidend der Anschaffungspreis, hier der Betrag, zu dem die Gesellschaft einen Gegenstand, z. B. ein Geschäft, nach der Vereinbarung mit dem Kommanditisten übernommen hat, wenn der wahre Wert des Eingebrachten geringer ist. Entscheidend ist regelmäßig der Betrag, den die Gesellschaft im Zeitpunkt des Übergangs der geleisteten Sache in ihre Verfügungsgewalt (regelmäßig in ihr Eigentum) auf dem freien Markte zur Anschaffung der Gegenstände hätte aufwenden müssen. Der durch die Einbringung so ersparte Betrag steht ihr zu Gesellschaftszwecken zur Verfügung. Hat der Kommanditist eine Sache (z. B. ein Geschäft) an die Gesellschaft verkauft und soll nun die Einlage durch Aufrechnung geleistet werden, so ist der Kaufpreis maßgebend, wenn er niederer als der gemeine Wert ist; ist er höher, nur der gemeine Wert. Hat das Geleistete für die Erfüllung des Gesellschaftszweckes weder als Anlage- noch als Betriebsvermögen (Waren- oder Rohstoff) Wert, so kann nur der Wert in Betracht kommen, zu dem die Veräußerung im Zeitpunkt der Leistimg auf dem freien Markte möglich war. Wird eine F o r d e r u n g gegen einen Dritten eingebracht, so ist deren Wert im Zeitpunkt der Einbringung, bei Zweifeln über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder Abhängigkeit von einer Bedingung, unter Umständen durch Schätzung festzustellen. Soweit die Forderung aber tatsächlich befriedigt worden ist, ist das Bezahlte voll anzurechnen, da insoweit der Zweck des Abs. 1 Halbsatz 2 erfüllt ist. Rechnet der Einlagepflichtige mit einer Forderung gegen die Gesellschaft auf, so sind beide Forderungen nach ihrem Nennwerte in Rechnung zu stellen; denn jeder Teil kann hier sich durch Aufrechnung nach dem Nennwerte befreien. Ein im Recht der Kapitalgesellschaften (vgl. § 56 AktG.) geltender Rechtssatz, nach dem gegen eine Einlageschuld nur mit v o l l w e r t i g e n Gegenforderungen aufgerechnet werden darf, besteht für die Personengesellschaften nicht. Anm. 15. Ist eine Barzahlung auf eine Einlageschuld in entwertetem Gelde — namentlich in ausländischer Währung — geleistet, so ist die Einlage nur soweit geleistet und damit die Befreiung von der Haftung eingetreten, als der Wert der Geldzahlung im Zeitpunkt der Leistung dem Geldwert der Einlage im Zeitpunkt der Begründung der Einlagepflicht entspricht. Auch die Haftsumme ist, falls nicht eine Umstellung auf Goldmark oder RM oder DM erfolgt und eingetragen ist, nach ihrem Geldwert im Zeitpunkt der Festsetzung der Haftsumme zu bestimmen; vg. die Rechtsprechung über die Geldentwertung nach dem ersten Weltkrieg: RG. in JW. 1930, 2658 mit Anm.; vgl. auch JW. 1928, 595; BankA. 23, 81; DürHach. §161 Anm. 8a. Anm. 16. Nur die wirkliche L e i s t u n g der Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirkt nach dem Zwecke der Befreiungsvorschrift befreiend. Es muß dem Gesellschaftsvermögen von außen etwas zugeflossen sein, das Vermögen und damit die Deckungs-

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§ 171 Anm, 17 unterläge für die Gläubiger muß also durch die Leistung wirklich erhöht sein. Nur soweit diese Erhöhung objektiv, d. h. nach dem wahren Werte der Leistung bemessen, eintritt, erfolgt Befreiung von der Haftpflicht, mag es sich um die ursprüngliche oder um eine erhöhte Hafteinlage handeln. Deshalb sind Vereinbarungen der Gesellschafter, auch im Gesellschaftsvertrag, nach denen durch eine bestimmte Leistung die Einlagepflicht erfüllt ist, etwa daß eine Sacheinlage in bestimmter Weise zu bewerten ist, für die Frage der Leistung der H a f t e i n l a g e , wie sie sich aus dem Registereintrag ergibt, den Gläubigern gegenüber nicht bindend. Wird der Kommanditist nur aus einem anderen Grunde im inneren Verhältnis von der Leistungspflicht befreit, etwa wegen Unmöglichkeit der versprochenen Leistung oder wegen des Verhaltens der Gesellschaft (Verzug, Vereitelung der Leistung), so tritt die Befreiung von der Haftung nicht ein. Erlangt der Kommanditist infolge des Verhaltens der Gesellschaft gegen diese einen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h , so kann er diesen nach den allgemeinen Regeln gegen eine gleichartige Einlageverpflichtung aufrechnen und diese dadurch mit haftungsbefreiender Wirkung erfüllen. Anm. 17. Die Einlage kann mit haftungsbefreiender Wirkung auch dadurch geleistet werden, daß der Kommanditist seinen Gewinnanteil nicht erhebt und dieser auf die Einlage verrechnet wird; D. I 114. Gewinn kann aber nur dann zur Leistung einer Einlage verwendet werden, wenn er nicht zu anderen Zwecken zu verwenden ist. Dies wäre z. B. der Fall, wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, daß der Jahresgewinn nicht jährlich verteilt und ausbezahlt wird, sondern dauernd im Gesellschaftsvermögen zu verbleiben hat. Dagegen würde es dem Grundsatz, daß mit haftungsbefreiender Wirkung die Hafteinlage nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, vgl. Anm. 16, nicht entgegenstehen, wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmt wird, daß der den Gesellschaftern nach der Bilanz und dem Gesellschaftsvertrag zukommende Gewinnanteil nicht in bar ausbezahlt, sondern zur Erfüllung einer bereits bestehenden Einlagepflicht oder zur Erhöhung der Einlage eines Kommanditisten verwendet werden müsse. Zwar ist der Gewinn zunächst Gesellschaftsvermögen und bleibt «s, wenn er nicht ausbezahlt wird. Aber durch eine Vertragsbestimmung des genannten Inhalts soll doch nicht gesagt werden, daß der Gewinn seinem regelmäßigen Zweck, dem Gesellschafter zugute zu kommen, entzogen werden soll. Nur die Art seiner Verwendung soll — auch zugunsten der Gesellschaft — b e s c h r ä n k t werden. Der Gesellschaft soll der Betrag zur Verfügung gestellt, der Kommanditist soll von einer Schuldverpflichtung befreit und seine Beteiligung an dem Unternehmen erhöht werden. Die darin liegende Leistung des Kommanditisten kommt auch den Gesellschaftsgläubigern zugute, weil eben das Gesellschaftsvermögen von der nach der gesetzlichen Regel bestehenden Verpflichtung zur Auszahlung des Gewinns befreit wird. Damit ist der ratio des Grundsatzes, daß die Einlage nicht aus Mitteln der Gesellschaft geleistet werden soll, genügt. Eine Vereinbarung dieser Art ist aber auch geradezu geeignet, die Leistung der Einlage auch im Interesse der Gesellschaftsgläubiger zu sichern. Die Vertragsbestimmung dient also dem gleichen Zweck wie die Vorschrift des § 172 Abs. 2 Satz 2. Handelt es sich um eine Erhöhung der Einlage über den im Handelsregister eingetragenen Betrag der Einlage, so ist die Bestimmung zunächst insofern rechtlich unbedenklich, als es sich um Erhöhung der Pflichteinlage handelt. Wie diese zu leisten ist, können die Gesellschafter frei bestimmen. Soll sie auch als Erhöhung der Hafteinlage nach dem Willen der Gesellschafter wirken, so muß sie allerdings eingetragen oder in handelsüblicher Weise kundgemacht oder in anderer Weise den Gesellschaftsgläubigern von der Gesellschaft mitgeteilt werden, § 172 Abs. 2, und die Gesellschafter sind dann gegenseitig verpflichtet, bei der Eintragung mitzuwirken, d.h. sich bei der Anmeldung zu beteiligen. Allerdings muß die Erhöhung, damit sie eingetragen werden kann, auf einen bestimmten Betrag lauten. Auch diese Eintragung könnte nach der tatsächlich erfolgten Gutschrift der Gewinnanteile auf die erhöhte Einlage erfolgen. Die Gesellschaftsgläubiger sind aber durch das Unterbleiben der Eintragung der Erhöhung nicht zu Unrechtbenachteiligt, da die Erhöhung nur durch die Eintragung als Hafteinlage für sie wirksam wird und sie auf der Erhöhung sich vor der Eintragung nicht berufen können. Gegen die Zulässigkeit der Leistung der Einlage aus Gewinnanteilen, die nicht ausbezahlt, sondern nur zur Erhöhung der Einlage verwendet werden sollen: Günther Donner, 40

HOB. Bd. II. (Weipert.) 2. Aufl.

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 18, 19 Pflichteinlage und Hafteinlage der Kommanditisten, insbesondere bei Kapitalerhöhungen aus dem Gewinn der Kommanditgesellschaft in DNotZ. 1943, S. 288ff., DR. 1943/44. Ist die Einlage zum Teil geleistet und insofern Befreiung erfolgt, sind aber später Verluste eingetreten, so müssen nachfolgende Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung der durch Verlustbeteiligung des Kommanditisten verminderten Einlage verwendet werden (§169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2); insoweit können sie nicht auf den noch gar nicht geleisteten Teil der Einlage verrechnet und dadurch die Haftungsbefreiung erreicht werden. Die Verwendung der künftigen Gewinne zur Deckung noch nicht geleisteter Einlageteile wäre im Erfolg ebenso eine Rückzahlung der Einlage wie die Auszahlung des Gewinns in bar vor Wiederauffüllung der durch Verlust geminderten bereits geleisteten Einlage; § 172 Abs. 4; DürHach. Anm. 7; Schlegelberger Anm. 23. Nur wirklich e r z i e l t e r Gewinn kann zur Erfüllung der Einlagepflicht verwendet werden; RG. 37, 85. Ist die Gewinnfeststellung und -Verteilung und die entsprechende G u t s c h r i f t zu Unrecht erfolgt, so hat die Verrechnung des Gewinnes auf die Einlage diese Wirkung nicht. Auch bei gutem Glauben des Kommanditisten tritt diese Wirkung nicht ein; Schlegelberger Anm. 24. Hatte er aber den Gewinn auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz „bezogen", d. h. war er ihm bar ausbezahlt oder auf sein Bankkonto überwiesen und hat er ihn dann zur Leistung der Einlage verwendet, so braucht er ihn nicht zurückzuzahlen (§ 172 Abs. 5) und wird durch die spätere Verwendung zur Einlagezahlung von der Haftung frei. War der Gewinn nur auf Privatkonto gutgeschrieben, weil die Gutschrift auf Kapitalkonto gemäß § 167 Abs. 2 nicht mehr zulässig war, so kann der Kommanditist die so entstandene Buchforderung zur Aufrechnung auf eine später fällig werdende Einlageschuld verwenden und dadurch ebenfalls Befreiung von der Haftsumme erreichen, aber nur, wenn der Gewinnanspruch objektiv begründet war; denn insofern steht ihm der gute Glaube nicht zur Seite. „Bezogen" ist der Gewinn durch die bloße Gutschrift nur im Sinne des § 169 Abs. 2, also im inneren Verhältnis für die Frage, ob der Kommanditist verpflichtet ist, bezogenen Gewinn wegen s p ä t e r e r V e r l u s t e zurückzuzahlen. Im Verhältnis zu Dritten (nach § 172 Abs. 5) kommt es nur darauf an, ob der Gewinn ausbezahlt ist. Bloße Gutschrift genügt hier nicht; DürHach. §172 Anm. 14. Anm. 18. Die B e f r e i u n g t r i t t schon d u r c h die b l o ß e T a t s a c h e d e r L e i s t u n g der E i n l a g e an die G e s e l l s c h a f t ein. Sie hängt nicht davon ab. ob die der Gesellschaft zugeflossenen Vermögenswerte von dieser zur Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern verwendet worden sind oder ob sie — wie Dienste — dazu verwendet werden können, oder ob sie etwa in der Hand der Gesellschaft anderweit verbraucht oder untergegangen sind. Die bloße M ö g l i c h k e i t , sich durch Leistung der Einlage von der Haftung zu befreien, führt die Befreiung noch nicht herbei. Der Kommanditist kann sich daher nicht darauf berufen, daß seine innere Einlage noch nicht fällig sei, daß er z. B. die übernommenen Dienste erst nach und nach in der Zukunft zu leisten habe. Nur soweit die Einlage bereits geleistet ist, ist die Haftung ausgeschlossen. Anm. 19. Der Kommanditist kann sich nicht auf die Befreiung berufen, wenn diese Berufung nach Lage des Einzelfalls gegen Treu und G l a u b e n verstößt und deshalb eine u n z u l ä s s i g e R e c h t s a u s ü b u n g darstellt; § 242 BGB. Die Leistung der Einlage kann auch unter den allgemeinen Voraussetzungen des A n f e c h t u n g s g e s e t z e s (§§3ff.) eine den Gesellschaftsgläubigern gegenüber a n f e c h t b a r e R e c h t s h a n d l u n g enthalten, z. B. dann, wenn die geschäftsführenden Gesellschafter und die Kommanditisten zusammenwirken, um die geleisteten Vermögenswerte den Gesellschaftsgläubigern zu entziehen oder um einzelne Gläubiger vor anderen in unzulässiger Weise zu bevorzugen. Macht ein Gesellschaftsgläubiger von diesem Anfechtungsrecht Gebrauch, so bringt er damit aber nur die Rechte der G e s e l l s c h a f t , die sich auf die anfechtbare Handlung stützen, z. B. auf Rückgewährung verschobener Vermögensgegenstände, auf Leistung der im inneren Verhältnis geschuldeten Einlage zur Geltung. Es liegt dann nicht der Fall der unmittelbaren Inanspruchnahme eines Gesellschafters nach Abs. 1 vor, sondern der Gläubiger handelt als Gläubiger der Gesellschaft, indem er die Rechtshandlungen dieses Schuldner anficht. Der Anspruch richtet sich somit nach dem inneren Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft. Der Anspruch kann dann weiter

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§ 171 Anm. 20 oder enger sein als der Anspruch nach Abs. 1, insbesondere deshalb weil die innere Einlagepflicht größer oder geringer sein kann als die Haftpflicht nach Abs. 1. Anm. 20. Die L e i s t u n g der E i n l a g e p f l i c h t mit h a f t u n g s b e f r e i e n d e r W i r k u n g k a n n auch durch Befriedigung von Gesellgchaftsgläubigern erfolgen. Diese Wirkung tritt namentlich ein, wenn die im inneren Verhältnis zu leistende Einlage des Kommanditisten, d. h. sein Beitrag zur Erfüllung des gemeinsamen Zweckes, nach dem Gesellschaftsvertrage gerade dadurch zu leisten ist, daß der Kommanditist bestimmte Gläubiger der Gesellschaft befriedigt oder die zur Verfügung gestellte Summe allgemein oder zum Teil zur Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern nach seiner Wahl oder nach einer Anweisung durch die geschäftsführepden Gesellschafter zu verwenden ist. Dieser Weg wird insbesondere gewählt, wenn es sich um die S a n i e r u n g eines n o t l e i d e n d e n U n t e r n e h m e n s durch Errichtung einer Gesellschaft und Einbringung des Unternehmens in diese handelt. Auf diese Weise können auch die Gläubiger des bisherigen Alleininhabers ihre Forderungen gegen diese einbringen und dadurch Kommanditisten werden. Sie leisten dann ihre Einlage entsprechend dem Gesellschaftsvertrag durch Aufrechnung der Einlageschuld mit ihrer Forderung, deren Befriedigung die Gesellschaft übernommen hat; RG. in HoldhMschr. 1905,199; OLG. Kolmar in EIsLothZschr. 27, 230. Befriedigt ein Kommanditist im Rahmen seiner Haftpflicht ohne eine solche besondere vertragliche Verpflichtung Gesellschaftsgläubiger, die ihn nach Abs. 1 in Anspruch nehmen, so leistet er damit zwar nicht seine etwa auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtete Einlage. Die Leistung der Einlage auf diesem Wege würde nur eintreten, wenn der Kommanditist mit Zustimmung der Gesellschaft die Befriedigung der Gläubiger an Erfüllungs Statt ausführen würde; vgl. oben Anm. 13; D. I 115; RG. 7, 48; 37, 137; 63, 265; LZ. 1907, 342»= JW. 1907, 275»°; Warneyer 1909 Nr. 151. Aber durch Erfüllung der Haftpflicht nach Abs. 1 gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern wird er auch ohne eine solche Vereinbarung von der Haftpflicht frei, wenn und soweit dadurch die Grenze der Haftpflicht erreicht, die H a f t s u m m e ganz oder teilweise e r s c h ö p f t ist. Er haftet zwar jedem Gesellschaftsgläubiger, aber dem einzelnen nur unter der Voraussetzung, daß nicht schon durch Befriedigung anderer Gläubiger die Haftsumme erreicht ist. Dadurch unterscheidet sich die Haftpflicht des Kommanditisten gerade von der des persönlich haftenden Gesellschafters. Die befreiende Wirkung der Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers tritt nicht nur ein, wenn sie mit Zustimmung eines persönlich haftenden Gesellschafters oder auf Grund eines gegen die Gesellschaft ergangenen rechtskräftigen Urteils geschieht. Zu einer solchen Einschränkung bietet das Gesetz und sein Zweck keine Stütze. Es haben auch nicht sämtliche Gesellschaftsgläubiger einen Anspruch auf gemeinsame und verhältnismäßige Befriedigung aus einem der Haftsumme gleichkommenden Geldbetrag. Die Gläubiger sind nicht Gesamtgläubiger nach § 428 BGB. Die zuerst befriedigten Gläubiger beschränken damit zugleich die Möglichkeit der Befriedigung der anderen aus dem Privatvermögen des Kommanditisten, soweit dessen Haftpflicht erschöpft ist. Sie sind den anderen Gläubigern gegenüber auch nicht a u s g l e i c h s p f l i c h t i g , da zwischen allen Gläubigern zwar eine Interessen-, aber keine Rechtsgemeinschaft besteht, aus der sich eine solche A u s g l e i c h s p f l i c h t ableiten ließe; Schneider in LZ. 1907, 626ff.; DürHach. Anm. 2. Da der Kommanditist im Rahmen seiner Haftpflicht zur vollen Befriedigung jedes Gesellschaflsgläubigers verpflichtet ist, wird er mit dem Betrage frei, den er zur Befriedigung des Gläubigers tatsächlich geleistet hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Forderung im Verhältnis zur Gesellschaft mit Rücksicht auf deren Vermögenslage v o l l w e r t i g war oder nicht. Gegen die Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens soll dem Gläubiger gerade die unmittelbare Haftung des Kommanditisten Schutz gewähren; dieser aber braucht im ganzen nicht mehr zu leisten, als was der Haftsumme entspricht. Hat der Kommanditist die Forderung der Gläubigers nur teilweise befriedigt, so ist er nur in Höhe des Geleisteten frei geworden. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger ihm — etwa durch Vergleich — einen Teil der Schuld erlassen hat, gleichgültig, ob der Erlaß nur ihm oder auch der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern gegenüber wirkt (wegen der Möglichkeit eines nur auf einen von mehreren Gesamtschuldnern beschränkten Erlasses vgl. die Erl. zu § 128). Durch den Erlaß wird der Kommanditist nur von der Verpflichtung zur Befriedigung des erlassenden Gläubigers, nicht

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§171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 21, 22 von seiner Haftpflicht im allgemeinen befreit. Es besteht kein Grund, weshalb die übrigen Gläubiger darunter leiden sollen, daß der Vergleich nicht mit der Gesellschaft abgeschlossen oder ihr der Erlaß bewilligt ist und weshalb der Kommanditist in höherem Umfange befreit sein soll als seiner tatsächlichen Leistung entspricht; DürHach. 9 Abs. 3 Anm. 21. B e s t e h t d e r A n s p r u c h d e s D r i t t e n g e g e n d i e G e s e l l s c h a f t , n i c h t , e t w a deshalb weil der Gläubiger schonaus Mitteln dar Gesallsahift befriedigt w a r oder weil nicht die Gesellschaft, sondern ein anderer der Schuldner war, so wird der Kommanditist durch eine Leistung an den angeblichen Gläubigar nicht befreit, weil er eben nur durch Erfüllung einer wirklichen Gesellschaftsschuld befreit wird. Auch unverschuldeter g u t e r G l a u b e an das Bastehen der Schuld der Gasellschaft befreit ihn nicht von der Haftpflicht gegenüber anderen Gläubigern, Schlegelbarger Anm. 17 (wohl aber kann sich aus der in gutem Glauban erfolgten Bafriadigung unter Umständen ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft im Sinne des § 110 ergeban, vgl. die E r l . dazu). Gegen die Gefahr, daß im Verhältnis zu einem späteren Gläubiger das Bestehen der früher getilgten Schuld als Gesellschaftsschuld nicht anerkannt wird, kann sich der zahlende Kommanditist nicht dadurch schützen, daß er der Gasellschaft oder den übrigen Gasellschaftsgläubigern den Streit verkündet. Letzteres wäre auch nur gegenüber den bereits vorhandenen, nicht auch gegenüber späteren möglich; er haftet aber auch diesen, wenn die Haftsumme nicht durch Befriedigung wirklicher Gesellschaftsgläubiger erschöpft ist; a. A. Wieland I 765. Hat der Kommanditist auf Grund eines im s t r e i t i g e n Verfahren gegen die Gesellschaft ergangenen rechtskräftigen Urteils bezahlt, so wäre es unbillig und würde auch dem Gedanken der beschränkten Haftung widersprechen, wenn er sich darauf nicht berufen könnte; ebenso Schlegelberger Anm. 17; a. A. DürHach. Anm. 9 Abs. 2. Das gleiche gilt, wenn der Kommanditist selbst im streitigen Verfahren zur Zahlung r e c h t s k r ä f t i g v e r u r t e i l t war; Schlegelberger Anm. 17; Wieland 1 765; vorausgesetzt, daß er die Verurteilung nicht durch Anwendung der ihm obliegenden Sorgfalt abwenden konnte; vgl. Anm. 22—24. Anm. 22. G e g e n die G e f a h r , m e h r a l s die H a f t s u m m e l e i s t e n zu müssen, kann sich der K o m m a n d i t i s t u n b e d i n g t d a d u r c h s c h ü t z e n , daß e r s e i n e E i n l a g e in d e m f ü r die B e f r e i u n g v o n d e r H a f t u n g e r f o r d e r l i c h e n U m f a n g e an die G e s e l l s c h a f t l e i s t e t . Dazu ist er auch dann noch berechtigt, wenn er im inneren Verhältnis seine Einlagepflicht erfüllt hat; Schlegelberger Anm. 10. Die gleiche Möglichkeit besteht für den aus der fortbestehenden Gesellschaft a u s g e s c h i e d e n e n K o m m a n d i t i s t e n ; denn Abs. 1 Halbsatz 2 gibt ihm ohne Einschränkung das Recht, sich durch Leistung der Einlage, und zwar nicht nur der im inneren Verhältnis geschuldeten, sondern einer solchen, deren Leistung eben die Befreiung von der Haftpflicht herbeiführt, von der Haftung zu befreien. Die Gesellschaft kann dann mit dem an sie Geleisteten ihren Gläubiger befriedigen oder falls sie ihm nichts schuldet, durch ein auch dem Kommanditisten zur Sicherheit dienendes Feststellungsurteil (vgl. §129 Abs. 1) das Nichtbastehen einer Gesellschaftsschuld festellen lassen. Verweigert die Gesellschaft grundlos die Annahme der Leistung, so kann sich der Kommanditist durch Hinterlegung befreien; §§ 372ff. BGB. Damit die Befreiungsvorschrift ihren Zweck erfüllt, muß sie so ausgelegt werden, daß die Hinterlegung auch zugunsten des Kommanditisten als Leistung der Einlage gilt. Der Gläubiger kann dann auf Grund eines gegen die Gesellschaft erwirkten Schuldtitels deren Anspruch auf Auszahlung des Hinterlegten pfänden und sich überweisen lassen. Eine Leistung an die Gesellschaft, die nach dem inneren Verhältnis nicht als Einlage zu machen ist, sondern nur der Befreiung von der äußeren Haftung dienen soll, kann nicht dem Kapitalanteil, sondern nur dem Privatkonto des Kommanditisten gutgeschrieben werden. Sie kann auch zurückbazahlt werden; es lebt dann abar die Haftpflicht wieder auf; §172 Abs. 4. Ist der Kommanditist zur Leistung an den Gasellschaftsgläubiger nicht nur auf Grund seiner Haftung als Kommanditist verpflichtet, sondern auch noch aus einem anderen selbständigen Rechtsgrunde, z. B. einer Bürgschaft, einem von ihm persönlich, aber gemeinsam mit der Gasellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäft (§ 427 BGB.) oder aus einer gemainsam begangenen unerlaubten Handlung, so tritt durch die Befriedigung des Gläubigers auch dann Befreiung als Kommanditist ein, wenn von ihm auch wegen des anderen Rachtsgrundes Befriedigung verlangt und geleistet worden ist;

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§ 171 Anm. 28—27 denn Befreiung tritt ein, wenn eine Schuld der Gesellschaft getilgt wurde, mag dadurch auch zugleich der Kommanditist von einer nicht auf seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft beruhenden Verpflichtung befreit werden; RG. 7, 48; Ritter Anm. 3c; Schlegelberger Anm. 19; a. M. Wieland I 764 Anm. 28. Es liegt aber in der Wahl des Gläubigers, ob er die Leistung auch wegen der Beteiligung des Schuldners als Kommanditist oder nur aus einem anderen Rechtsgrunde verlangen will. Wählt er letzteren Weg, so kann er sich die H a f t u n g des Kommanditisten für andere Gesellschaftsschulden erhalten. Anm. 28. D a s b l o ß e B e s t e h e n d e r V e r p f l i c h t u n g d e s Kommandit i s t e n z u r B e f r i e d i g u n g eines Gesellschaftsgläubigers befreit ihn noch nicht von der Haftung für andere, sondern nur die wiikliche Befriedigung. Das blcßeErfüllungsverlangen eines Gesellschaftsgläubigers hat diese Wiikung erst recht nicht. Der zuerst Befriedigung verlangende Gesellschaftsgläubiger erlangt dadurch noch kein Recht auf bevorzugte Befriedigung vor anderen Gläubigern. Die Befreiung tritt auch nicht dadurch ein, daß der Kommanditist sich einem anderen Gesellschaftsgläubiger zur Befriedigung besonders verpflichtet, Bürgschaft oder Sicherheit leistet; RG. im Recht 1909 Nr. 139. Anm. 24. Der Kommanditist kann, auch nachdem er von einem Gläubiger in Anspruch genommen, auch verklagt ist, seine Befreiung von der Haftung noch dadurch herbeiführen, daß er die Einlage an die Gesellschaft leistet oder einen anderen Gläubiger befriedigt. Geschieht dies, so erledigt sich der Rechtsstreit in der Hauptsache und es ist nur poch über die Prozeßkosten zu entscheiden. Diese fallen dem Beklagten zur Last, wenn die Klage bis zur Erledigung der Hauptsache begiündet war; Jenas §91 ZPO. Anm. I I I ; a. A. Linsmeyer in DJZ. 1903, 475. Hält der Gläubiger den Anspruch trotz Erledigung der Hauptsache aufrecht, so wird seine Klage abgewiesen und werden ihm die Kosten auferlegt. Der Kommanditist kann auch n a c h r e c h t s k r ä f t i g e r V e r u r t e i l u n g seine Befreiung von der Haftung in der angegebenen Weise herbeiführen. Gegen die Vollstreckung des Urteils kann er sich durch die Vollstreckungsgegenklage schützen. Nach Lage des Einzelfalls kann die Herbeiführung der nachträglichen Befreiung von der Haftung, insbesondere durch Bevorzugung eines anderen Gesellschaftsgläubigers gegen Treu und Glauben verstoßen und die Berufung auf sie eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Anm. 26. Auf welche Art die Schuld getilgt ist, ob durch Leistung des Geschuldeten oder Leistung an Erfüllungs Statt oder Aufrechnung ist für die Befreiung des Kommanditisten gleichgültig. Anm. 26. Die Befreiung durch Leistung der Einlage oder Befriedigung anderer Gläubiger t r i t t nicht ein, wenn sie a u s M i t t e l n d e r G e s e l l s c h a f t , z. B. aus einem von der Gesellschaft gewährten Darlehen oder aus Geldern erfolgte, die der Kommanditist als Prokurist oder Angestellter der Gesellschaft eingenommen hatte. Eine Befreiung durch Leistung der Einlage liegt auch nicht vor, wenn der Kommanditist nur sein Privatkonto b u c h m ä ß i g belasten und einen entsprechenden Betrag seinem Kapitalkonto gutschreiben läßt; denn dadurch fließen der Gesellschaft keine Vermögenswerte zu. Nicht erforderlich ist, daß der Kommanditist die Einlage persönlich oder aus eigenen Mitteln leistet. Auch ein Dritter, z. B. der Treugeber, für den jemand als Treuhänder Kommanditist geworden ist, kapn sie mit haftungsbefreiender Wirkung leisten. Eine Leistung aus Mitteln der Gesellschaft ist es nicht, wenn der persönlich haftende Gesellschafter dem Kommanditisten aus seinem Privatvermögen die Mittel zur Leistung der Einlage gewährt oder wenn er von seinem Kapitalkonto einen Teil abbuchen und dem Kapitalkonto des Kommanditisten gutschreiben läßt; denn das Kapitalkonto des persönlich haftenden Gesellschafters kann auch durch Rückzahlung seiner Einlage ohne Einfluß auf dessen Haftung vermindert und der dadurch frei werdende Betrag nach Belieben des persönlich haftenden Gesellschafters auch zur Leistung der Einlage eines Kommanditisten verwendet werden; Schlegelberger Anm. 22; vgl. auch R F H . in StuW. 26 Nr. 504. Anm. 27. I m i n n e r e n V e r h ä l t n i s unter den Gesellschaftern hat die Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers durch einen Kommanditisten die Wirkung, daß der Kommanditist auch seine innere Einlagepflicht erfüllt hat, wenn diese gerade auf Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger ging oder mit Zustimmung der anderen Gesell-

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anro. 28—80 schafter erfolgte; vgl. Anm. 20. Geschah die Befriedigung lediglioh in Erfüllung der Haftpflicht nach Abs. 1, so erlangt der Kommanditist, wie jeder Gesellschafter, dereine Gesellschaftsschuld tilgt, einen Ersatzanspruch gegen die Gesellschaft nach § 110, mit dem er oder auch die Gesellschaft gegen eine gleichartige Einlageverpflichtung aufrechnen kann, § 387 BGB. Die Aufrechnung ist auch möglich, wenn der Kommanditist im inneren Verhältnis nur berechtigt, nicht verpflichtet war, eine dem Gegenanspruch gleichartige Leistung als Einlage zu machen. Ist die Aufrechnung nicht möglich, weil der Anspruch des Gläubigers auf Geld, die Einlageverpflichtung auf eine Sachleistung lautet oder weil der Kommanditist im inneren Verhältnis überhaupt keine Einlage zu machen hatte oder weil die Einlage noch nicht fällig war, so hat der Kommanditist nur einen Ersatzanspruch gegen die Gesellschaft. Ist er zu einer andersartigen Leistung verpflichtet, so bleibt diese bestehen; er kann sie aber bis zur Befriedigung seines Ersatzanspruchs zurückhalten; §§ 372ff. BGB. Anm.28. Hat der Kommanditist einen E r s a t z a n s p r u c h n a c h §110 aus d e r von ihm in Erfüllung seiner Haftpflicht bewirkten Tilgung einer Gesellschaftsschuld, so ist die Frage, ob er während des Bestehens der werbenden Gesellschaft oder während oder erst nach der Abwicklung bei der Ausgleichung der Aktiv- und Passivsalden von den M i t g e s e l l s c h a f t e r n Ersatz verlangen kann, in gleicher Weise zu beantworten, wie wenn ein Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft oder der diesem gleich-* stehende persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft eine solche Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers bewirkt hat; vgl. §110 Anm.23f.; §128 Anm. 15ff., 32. Die etwa bestehende Ausgleichspflicht richtet sich nach der Beteiligung der Gesellschafter am Verlust. Die Kommanditisten nehmen dabei nach der Regel des § 167 Abs. 3 nur bis zum Betrage ihres Kapitalanteils und ihrer noch rückständigen Einlage teil. Anm. 29. Wird ein Gesellschafter von einem Mitgesellschafter auf Grund eines von dessen gesellschafterlichen Beteiligung unabhängigen Rechtsverhältnisses (eines Drittschuldverhältnisses) in Anspruch genommen (vgl. RG. 85, 157ff.), so muß sich der fordernde Gesellschafter, wie bei der offenen Handelsgesellschaft, das a b z i e h e n l a s s e n , was er n a c h seiner V e r l u s t b e t e i l i g u n g s e l b s t zu t r a g e n h a t ; vgl. § 128 Anm. 32; Wieland I 850. Soweit der Kommanditist an einen Mitgesellschafter als Drittgläubiger zahlt, hat diese Zahlung für seine Haftungsbefreiung und für seine Ansprüche gegen die Gesellschaft die gleiche Wirkung, wie wenn er an einen Nichtgesellschafter eine Gesellschaftsschuld zahlt; vgl. Anm. 2. Von seiner Haftpflicht gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern wird er nur insofern befreit, als er an den Mitgesellschafter-Gläubiger eine Zahlung (auch durch Aufrechnung) leistet. Was er auf Grund der gegenseitigen Ausgleichspflicht zurückhalten kann, befreit ihn gegenüber anderen Gläubigern nicht; denn durch das Verhältnis der Gesellschafter untereinander wird die Haftpflicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nicht berührt. Anm. 80. Ist ein Kommanditist selbst Gläubiger der Gesellschaft aus einem Drittschuldverhältnis, so kann er bei Gleichartigkeit der gegenseitigen Ansprüche auch diese Schuld der Gesellschaft durch Aufrechnung gegen seine Verpflichtung aus der Haftpflicht tilgen. Er erfüllt damit seine Haftpflicht mit befreiender Wirkung nach Abs. 1 Halbsatz 2 und zugleich seine im inneren Verhältnis bestehende Einlagepflicht, insbesondere wenn diese auf Zahlung von Gesellschaftsschulden geht; denn auch dadurch hat er die Gesellschaft von einer Schuld befreit; RG. 63, 267; bei Gruchot 26, 718; in JW. 1907, 275"; LZ. 1907, 342»; OLG. Hamburg in OLGR. 8, 258. Die Wirkung tritt auch ein, wenn die Gesellschaft überschuldet war; RG. in HoldhMschr. 1905,199; OLG. Kolmar in ElsLothZ. 27, 230. Hat der Kommanditist in Kenntnis der Zahlungseinstellung der Gesellschaft eine wegen Überschuldung der Gesellschaft nicht vollwertige Forderung gegen die Gesellschaft erworben, so kann die Aufrechnung, auch die vertragsmäßige der Konkursmasse gegenüber nach den Vorschriften der §§ 29ff. KO. unwirksam sein, ohne daß es einer Anfechtung bedarf; RG. 85, 38; in LZ. 14, 1914"; 15, 510"; Jaeger KO. §55 Anm. 17. Die Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers durch einen Kommanditisten kann im Einzelfall nach den allgemeinen Vorschriften des Anfechtungsgesetzes und der Konkursordnung anfechtbar sein; vgl. auch Anm. 24 a. E.

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§ 17^ Anm. 31—88 Eine unzulässige oder a n f e c h t b a r e Aufrechnung liegt nicht ohne weiteres vor, kann aber nach den Umständen des Einzelfalls gegeben, sein wenn einzelne Gläubiger eines Einzelkaufmanns mit diesem eine Gesellschaft gründen und dabei ihre Forderungen als Einlagen einbringen; Wieland I 763 Anm. 21; vgl. auch RG. 17, 37. Anm. 81. Aufhebung der befreienden W i r k u n g der L e i s t u n g der E i n lage oder der Befriedigung eines G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r s . Wird dem Kommanditisten die Einlage zurückgezahlt, so gilt sie den Gläubigern gegenüber nicht als geleistet; § 172 Abs. 4. Dieser Fall liegt auch vor, wenn der Kommanditist gerade zum Zwecke der Befreiung von der Haftpflicht eine Einlagezahlung gemacht hatte und diese ihm erstattet wird, weil die Gesellschaft ihre Schuld nicht anerkannt und nichts darauf geleistet hat. Ebenso verhält es sich, wenn der Kommanditist auf Grund seiner Befriedigung einer Gesellschaftsschuld von der Gesellschaft tatsächlich Ersatz erhalten hat. Die befreiende Wirkimg hört auch auf, wenn dem Kommanditisten die an einen Gesellschaftsgläubiger bewirkte Zahlung von diesem erstattet wird. Anm.82. Die V e r j ä h r u n g des Anspruchs des Gesellschaftsgläubigers aus der Haftpflicht richtet sich nach den für die Verjährung des Anspruchs gegen die Gesellschaft geltenden Vorschriften; wegen der kurzen V e r j ä h r u n g nach Auflösung der Gesellschaft oder Ausscheiden eines Gesellschafters vgl. § 159 mit Erl. Anm. 88. Die Klage des G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r s gegen den Komm a n d i t i s t e n . Der Kläger hat zur Begründung der Klage nur zu beweisen, daß ihm ein Anspruch mit dem geltend gemachten Inhalt gegen die Gesellschaft zusteht und darzutun, daß der Beklagte Kommanditist ist, und daß sein Anspruch sich innerhalb der Haftsumme hält. Werden die Gesellschaft selbst und persönlich haftende Gesellschafter und Kommanditisten gleichzeitig verklagt, so lautet der Klagantrag, soweit der Anspruch die Haftsumme übersteigt, gegen den Kommanditisten auf den der Haftsumme entsprechenden Betrag, gegen die übrigen Beklagten unbeschränkt. Der beklagte Kommanditist kann einwenden, daß er vor oder nach Klagerhebung von der Haftung entweder durch tatsächliche Leistung der Einlage oder durch Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger befreit sei. Er hat die die Befreiung rechtfertigenden Tatsachen zu beweisen; D. 1123; ROHG. 25, 279. Der Kommanditist ist zum Zwecke der Vermeidung seiner Verurteilung zur Tragung der Kosten nicht verpflichtet, dem Gläubiger schon vor Klagerhebung nachzuweisen, daß er von der Haftung befreit ist. Nach dem zwischen zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Schuld Verhältnis ist er aber verpflichtet, ihn auf Befragen so gut wie möglich Auskunft zu geben und die ihm vorliegenden Beweismittel (Quittungen) zur Einsicht vorzulegen; § 242 BGB.; Schlegelberger Anm. 26. Soweit die Befreiung durch Befriedigung anderer Gläubiger gesehen sein soll, hat er auch zu beweisen, daß die Befriedigten Gläubiger der Gesellschaft in Höhe des an sie Geleisteten waren (vgl. oben Anm. 20, 21). Handelt es sich um die Haftungsbefreiung durch Leistung der Einlage, so hat der Kommanditist, wenn nicht eine Geldzahlung vorliegt, auch zu beweisen, daß das Geleistete seinem wirklichen Werte nach der Haftsumme gleichkommt; vgl. Anm. 14. Der Kläger kann den Gegeneinwand erheben, daß die Haftung durch Rückzahlung der Einlage oder an andere Gläubiger bezahlter Beträge wieder wirksam geworden sei; vgl. Anm. 31. Dem Kommanditisten kann nicht der regelmäßig unmögliche Beweis aufgebürdet werden, daß er die Einlage nicht zurückerhalten habe; a. M. Wieland I 762. Will der Gesellschafter den Einwand des Klägers, daß er entgegen der Vorschrift des § 172 Abs. 4 Satz 2 Gewinne bezogen habe und daß darin eine Rückzahlung der Einlage liege, mit dem Einwände begegnen, daß er das Erhaltene auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz als Gewinn bezogen habe (§ 171 Abs. 5), so muß er den guten Glauben bei Aufstellung der Bilanz und beim Bezug des Gewinns beweisen. Ist der Anspruch des Klägers unbegründet, so ist die Klage abzuweisen. Er ist nicht zur Stellung des fürsorglichen Antrages auf Verurteilung zur Leistung der etwa noch rückständigen Einlage an die Gesellschaft legitimiert. Nur die Gesellschaft oder die übrigen Gesellschafter, auch ein anderer Kommanditist (diese mit der actio pro socio), könnten einen solchen Anspruch durch Klage verfolgen; RG. 163, 267; Ritter Anm. 4; a. A. Linsmeyer in DJZ. 1903, 475; vgl. § 124; der Gläubiger nur, wenn er den Anspruch der Gesellschaft gfgen den Kommanditisten gepfändet und sich zur Einziehung hat überweisen lassen.

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§171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 84—86 Anm. 84. Da der Kommanditist die Schuld der Gesellschaft zu erfüllen hat, ist für die Klage gegen ihn auch das Gericht des E r f ü l l u n g s o r t e s der Gesellschaft für den Anspruch zuständig. Anm. 85. Die Haftung des Kommanditisten während des Eonkurses der Gesellschaft. Auch solange die Gesellschaft sich im Konkurse befindet, haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage, d. h. er haftet mit seiner bereits an die Gesellschaft geleisteten Einlage und, soweit er die Einlage noch nicht geleistet hat, mit seinem sonstigen Vermögen, aber nur bis zur Höhe seiner Einlage. Auch hier ist für die Höhe der Einlage der im Handelsregister eingetragene Betrag maßgebend. Die Haftung ist danach sachlich die gleiche, wie außerhalb des Konkurses. W ä h r e n d der D a u e r des K o n k u r s v e r f a h r e n s wird a b e r das den Gesells c h a f t s g l ä u b i g e r n n a c h Abs. 1 z u s t e h e n d e R e c h t d u r c h den K o n k u r s v e r w a l t e r a u s g e ü b t ; Abs. 2. Diese Bestimmung ist im Anschluß an die Rechtsprechung zum ADHGB., in dem eine ausdrückliche Bestimmung fehlte, zur Beseitigung von Zweifeln in das neue HGB. aufgenommen worden (wegen der Rechtsprechung zum ADHGB. vgl. RG. 1, 68; 37, 84; 46, 352; vgl. auch RG. 51, 36). Eine entsprechende Vorschrift enthielt§217 HGB. (jetzt§56 Abs.3 AktG.), nach derdie Haftung der Aktionäre gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, soweit sie entgegen den Vorschriften des Gesetzes Zahlungen von der Gesellschaft empfangen haben während des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft (nur) von dem Konkursverwalter geltend gemacht werden kann. In Nachbildung der genannten Vorschriften bestimmt § 84 Abs. 5 Satz 4 AktG. ferner, daß das den Gesellschaftsgläubigern, die von der Aktiengesellschaft keine Befriedigung erlangen können, zustehende Recht auf Geltendmachung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegen ihre Organe wegen Verletzung ihrer Verpflichtungen während der Dauer des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft von dem Konkursverwalter ausgeübt wird. Vgl. auch § 13 Abs. 1 AnfGesetzes, nach dem nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Schuldners die Verfolgung der von Konkursgläubigern erhobenen Anfechtungsansprüche dem Konkursverwalter zusteht. Durch die Vorschriften soll dem Zwecke des Konkursverfahrens, allen Gläubigern eine verhältnismäßige Befriedigung aus den zu diesem Zwecke zur Verfügung stehenden Mitteln zu gewähren, Geltung verschafft und verhütet werden, daß durch das selbständig Vorgehen einzelner Gläubiger die Einlage der Konkursmasse entzogen wird; D. I 115, 123. Die B e s e i t i g u n g der u n m i t t e l b a r e n I n a n s p r u c h n a h m e der Gesells c h a f t e r w ä h r e n d des G e s e l l s c h a f t s k o n k u r s e s gilt n u r g e g e n ü b e r den K o m m a n d i t i s t e n , n i c h t g e g e n ü b e r den p e r s ö n l i c h h a f t e n d e n Gesells c h a f t e r n . Dies ergibt sich klar aus dem Wortlaut der Vorschrift und seiner Stellung unter den für die Kommanditisten geltenden Bestimmungen §§ 171—176. Ihre Beschränkung erklärt sich daraus, daß die Haftung der Kommanditisten auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist. Dieser Betrag soll ebenso wie das Gesellschaftsvermögen im Falle des Konkurses der gemeinsamen verhältnismäßigen Befriedigung aller Gesellschafter ditnen. Den u n b e s c h r ä n k t h a f t e n d e n Gesells c h a f t e r n wie auch den Gesellschaftern der offenen Handelsgesellschaft gegenüber ist gerade wegen der Unbeschränktheit ihrer Haftung eine solche Beschränkung ihrer Inanspruchnahme durch den einzelnen Gläubiger nicht geboten. Anm. 86. Der w e s e n t l i c h e I n h a l t des Abs. 2 g e h t , wie sich aus dem hervorgehobenen Zweck der Vorschrift ergibt, d a h i n , daß w ä h r e n d der D a u e r des G e s e l l s c h a f t s k o n k u r s e s die unmittelbare Haftung der K o m m a n d i t i s t e n g e g e n ü b e r den G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n n i c h t b e s t e h t , daß diese vielmehr nur Befriedigung aus der Konkursmasse erlangen können und daß sich die Haftung der Kommanditisten nur darin äußert, daß sie ihre (Haft-)Einlage an die K o n k u r s m a s s e zu leisten haben. Aus dem mißverständlichen Wortlaut des Abs. 2 wie der erwähnten entsprechenden Gesetzesbestimmungen kann nicht abgeleitet werden, daß der Konkursverwalter ein den einzelnen Gesellschaftsgläubigern nach wie vor zustehendes Recht auf unmittelbare Befriedigung, etwa als ihr vom Gesetz berufener gemeinsamer Vertreter ausübe, wie F u r r e r , Die Haftung des Kommanditisten 1903,124ff. annimmt. Dies würde auch der Stellung des Konkursverwalters als des Wahrers g e m e i n s a m e r Interessen widersprechen. Im Ergebnis würde die Ausübung des Rechts jedes einzelnen 632

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§ 171 Anm. 87 Gläubigers doch auf eine Ausübung der Gesamtinteressen und eine verhältnismäßige Verteilung des Beigebrachten nach Konkursgrundsätzen hinauskommen. Der Konk u r s v e r w a l t e r handelt bei Ausübung des Rechtes nach §171 auch nicht als Vertreter des Gemeinschuldners, der Gesellschaft, sondern er ü b t ein s e l b s t ä n d i g e s , ihm vom Gesetz ü b e r t r a g e n e s R e c h t aus. Der I n h a l t dieses Rechtes bestimmt sich aber nach dem sachlichen Inhalt des Rechtes der Gläubiger, d. i. des Rechts auf Befriedigung aus den Mitteln des Kommanditisten, das dem Umfange nach durch den Betrag der Einlage, wie sich diese aus dem Eintrage im Handelsregister ergibt, bestimmt ist. Es handelt sich also bei dem Rechte des Konkursverwalters sachlich um das auf dem Gesetz beruhende Recht der Gläubiger auf Befriedigung, nicht um das Recht der Gesellschaft auf Leistung der nach dem inneren Verhältnis, nach demGesellschaftsvertrage zu machenden Einlage. Nur wird es während der Dauer des Konkursverfahrens nicht von den einzelnen Gläubigern, sondern von dem Konkursverwalter im I n t e r e s s e der G l ä u b i g e r s c h a f t als G e s a m t h e i t ausgeübt; vgl. RG.46, 353; 51, 37; in JW.1900 41411. vg]. a u c h RG. 163, 267; Schlegelberger Anm. 31; a. M. Wieland I 760 Anm. 13. Der einzelne Gesellschaftsgläubiger kann sich danach während des Konkurses der Gesellschaft nur an die persönlich haftenden Gesellschafter und an die Gesellschaft halten. Den Anspruch gegen die Gesellschaft macht er gegen die Konkursmasse, durch Anmeldung zur Konkurstabelle geltend. Von dem Kommanditisten als solchen kann er unmittelbare Befriedigung nicht mehr fordern. Soweit der Kommanditist auf Grund eines anderen Rechtsverhältnisses, z. B. aus einer Bürgschaft, einer Sicherheitsleistung eines gemeinsam mit der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschäfts oder einer unerlaubten Handlung haftet, kann er ihn auf Grund dieses besonderen Rechtsverhältnisses nach wie vor unmittelbar, wie jeden Dritten, der ihm für die gleiche Schuld haftet in Anspruch nehmen. Anm. 87. Durch den Übergang des Rechtes der einzelnen Gläubiger auf den Konkursverwalter als Wahrer der Gesamtheit der Gläubiger wird das Recht auch s a c h l i c h u m g e s t a l t e t . Dies zeigt sich in Folgenden: Der Kommanditist kann sich durch eine Leistung an den einzelnen Gläubiger nach Maßgabe des Absatzes 1 Halbsatz 2 von der Haftpflicht nicht befreien. Er schuldet vielmehr nach wie vor das, was er ohne diese Leistung an den einzelnen Gläubiger zur Erfüllung seiner Haftpflicht nach Abs. 1 Satz 1 zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zu leisten hat. Nur hat er es nun an den Konkursverwalter zu leisten; RG. 37, 82. Dem Anspruch des Konkursverwalters kann aber der Kommanditist entgegenhalten, daß er vor E r ö f f n u n g des K o n k u r s v e r f a h r e n s durch Leistung seiner Einlage an die Gesellschaft oder durch Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern von der Haftpflicht befreit worden sei; vgl. Anm. 20ff. Denn durch die Eröffnung des Konkursverfahrens wird die bereits eingetretene Befreiung von der Haftpflicht nicht wieder aufgehoben. Eine nach Konkurseröffnung erfolgte Befriedigung eines einzelnen Gesellschaftsgläubigers kann den Anspruch des Verwalters auf Leistung an ihn zugunsten der Masse (vgl. die folgende Anm.) auch dann nicht beeinträchtigen, wenn sie in g u t e m G l a u b e n , insbesondere ohne Kenntnis der Konkurseröffnung geschieht. Der Kommanditist kann sich gegen die Gefahr doppelter Zahlung dadurch schützen, daß er gemäß Abs. 1 Halbs. 2 statt an den einzelnen Gesellschaftsgläubiger an die Gesellschaft leistet; vgl. Anm. 22ff. Er ist dann ebenso geschützt wie ein anderer, der ohne Kenntnis des Konkurses an den Gemeinschuldner leistet; § 8 KO. Hat er ohne Kenntnis der Konkurseröffnung an den Gläubiger bezahlt, so kann er von diesem das Geforderte nach den Grundsätzen über u n g e r e c h t f e r t i g t e B e r e i c h e r u n g (§§812ff. BGB.) zurückfordern. Wird die Konkursmasse durch eine nach Konkurseröffnung durch den Kommanditisten erfolgte Befriedigung eines einzelnen Gesellschaftsgläubigers von dieser Schuld befreit, so ist sie auf Kosten des Kommanditisten um das bereichert, was der Gläubiger ohne diese Befriedigung aus der Konkursmasse erhalten hätte, also um die Konkursquote dieses Gläubigers. Der Kommanditist wird also den entsprechenden Betrag aus der Konkursmasse schon nach Bereicherungsgrundsätzen fordern können. Hatte der Gläubiger seine Forderung zur Konkursmasse angemeldet, so muß er dem Kommanditisten auch seinen Anspruch aus der Anmeldung abtreten.

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§ 171 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 88—40 Anm. 88. Der Konkursverwalter kann den Kommanditisten nach der Konkurseröffnung u n t e r zwei r e c h t l i c h e n G e s i c h t s p u n k t e n in Anspruch nehmen: E r kann 1. das fordern, was der Kommanditist im inneren Verhältnis noch als Einlage zu leisten hat, 2. das, was er im äußeren Verhältnis auf Grund der eingetragenen Haftsumme zu leisten hat. Beide Ansprüche gehören zur Konkursmasse; OLG. Karlsruhe in OLGR. 11, 407. Jedem Anspruch stehen die besonderen Einwendungen entgegen, die sich aus seiner rechtlichen Natur ergeben. Macht der Konkursverwalter den Anspruch auf die im inneren Verhältnis geschuldete Einlage geltend, so kann er sie nur so fordern, wie sie nach dem Gesellschaftsvertrag zu leisten ist, also je nach dem Inhalt des Vertrags eine Sach- oder eine Geldleistung. Der Gesellschafter kann ihm entgegenhalten, daß sie zur Erreichung des Gesellschaftszweckes nicht mehr erforderlich ist. So kann er dartun, daß eine Sachleistung entbehrlich ist, weil sie nur für den Betrieb des Unternehmens, der mit der Auflösung der Gesellschaft durch Konkurseröffnung in der Regel wegfällt, nicht mehr nötig ist. Zur Erreichung des Gesellschaftszweckes gehört aber auch die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger. Ist die Einlage dazu geeignet, so kann sie gefordert werden, wenn sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, daß sie n u r für den Betrieb des werbenden Unternehmens zu leisten war, dann kann nur die Haftsumme gefordert werden. Der Gesellschafter hat den Beweis der Entbehrlichkeit zu erbringen. Der Verwalter ist aber, da er allein dazu in der Lage ist, verpflichtet, die zur Nachprüfimg der Erforderlichkeit geeigneten Darlegungen zu machen. Leistet der Kommanditist auf Verlangen des Konkursverwalters die im inneren Verhältnis geschuldete Einlage, so ist sie so zu bewerten, wie der Gesellschaftsvertrag es vorsieht; sie kann nicht niederer bewertet werden, weil sie für die im Konkurs befindliche Gesellschaft einen geringeren Wert hat als für das werbende Unternehmen. Verlangt der Konkursverwalter aber die Leistung der Haftsumme und wird darauf die im inneren Verhältnis geschuldete Sacheinlage geleistet, so wird der Kommanditist von der Haftung nur soweit befreit, als das Geleistete für die in Konkurs befindliche Gesellschaft Wert hat, d.h. soweit durch Verwertung des Geleisteten Mittel zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger beschafft werden können; Schlegelberger Anm. 30. Der Anspruch des Verwalters ermäßigt sich um das, was der Kommanditist bereits geleistet hat, auch durch vor Konkurseröffnung erfolgte Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern. Dabei ist der Wert maßgebend, den die früheren Leistungen im Zeitpunkt ihrer Ausführung hatten. Geldzahlungen, die vor der Währungsreform fällig waren oder angenommen wurden, sind im Verhältnis 1 R M = 1 DM zu werten. Da die Einlage im inneren Verhältnis geringer oder höher sein kann als die im äußeren Verhältnis zu leistende Haftsumme, und da der Konkursverwalter sowohl die Rechte der Gesellschaft, wie die der Gesellschaftsgläubiger ausübt, liegt es in seinem pflichtgemäßen Ermessen, welchen Anspruch er geltend macht. Er kann jedenfalls den größeren Anspruch verfolgen. Weder die Gesellschafter als Gemeinschuldner noch die Gesellschaftsgläubiger können verlangen, daß der Verwalter gerade das eine und nicht das andere Recht geltend macht; vgl. auch Anm. 39. Anm. 39. Da auch die auf G r u n d der H a f t p f l i c h t von dem Kommanditisten zu machende Leistung an die Konkursmasse zu bewirken ist und mit der übrigen Masse zur verhältnismäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger dient, kann der Anspruch nicht mehr auf Erfüllung der individuellen Ansprüche der einzelnen Gesellschaftsgläubiger, insbesondere auch nicht auf Leistung an diese gehen, sondern nur auf Le is t u n g eines G e l d b e t r a g e s an den Konkursverwalter, dessen Höhe durch die Höhe der Haftsumme, d . h . durch den Betrag der e i n g e t r a g e n e n Einlage bestimmt wird. Dieser Anspruch wird nicht dadurch berührt, daß der Kommanditist im inneren Verhältnis eine Sacheinlage, z. B. Dienste, zu leisten hat; RG. 51, 36. Anm. 40. Die Leistung des danach der Konkursmasse geschuldeten Geldbetrages kann unter den allgemeinen Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts auch durch Ersatzleistungen, z. B. mit Zustimmung des Verwalters durch Hingabe an Zahlungs Statt erfolgen. Sie kann, da der Kommanditist nach Konkurseröffnung mit seiner Zahlungsverpflichtung Schuldner der in Konkurs befindlichen Gesellschaft ist, auch durch A u f -

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§ 171 Anm. 41, 42 r e c h n u n g mit Ansprüchen gegen die Gesellschaft erfolgen, und zwar kann die Aufrechnung durch den Verwalter oder durch den Kommanditisten geschehen, soweit eine solche Aufrechnung nach den Vorschriften der Konkursordnung (§§ 53ff.) zulässig ist; RG. 37, 87; 63, 265; bei Gruchot 49, 976; Jaeger §53 KO. Anm. 10. Aufgerechnet kann nur werden der Anspruch der Konkursmasse auf Leistung der Haftsumme; nicht die Forderungen der einzelnen Gläubiger einerseits und der Anspruch der Kommanditisten gegen die Gesellschaft; HRR. 34, 1043; Baumbach Anm. 3B. Die einzelnen Gesellschaftsgläubiger können ihre Forderungen nur im Konkursverfahren, also durch Anmeldungen zur Konkurstabelle, verfolgen; auch der Konkursverwalter kann nicht für sie die Aufrechnung gegen die Haftungsschuld des Kommanditisten erklären. Zur Aufrechnung stehen sich nur die Forderung der Gesellschaft auf Leistung der Haftsumme und die Gegenforderung des Kommanditisten gegenüber. Dagegen könnte sich der Konkursverwalter oder der Kommanditist auf eine bereits vor der Konkurseröffnung vollzogene Aufrechnung zwischen der Forderung eines Gesellschaftsgläubigers und einer Forderung des Kommanditisten gegen diesen berufen; denn der von einem Gesellschaftsgläubiger unmittelbar in Anspruch genommene Kommanditist kann mit einer eigenen Forderung an den Gesellschaftsgläubiger aufrechnen, dadurch dessen Forderung tilgen und in Höhe der getilgten Forderung sich zugleich von der Haftpflicht gemäß Abs. 1 Halbs. 2 befreien. Hat der Kommanditist auf Grund einer vor der Konkurseröffnung übernommenen B ü r g s c h a f t für eine Gesellschaftsschuld nach Konkurseröffnung den Gesellschaftsgläubiger befriedigt, so kann er die sich daraus ergebende Ersatzforderung gegen die Gesellschaft, die an sich schon durch die Bürgschaftsübernahme entstanden, aber erst mit der Zahlung fällig geworden ist, gegen die Forderung auf Leistung der Haftsumme aufrechnen; in diesem Falle war er zur Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers verpflichtet; RG. 37, 87; JW. 1907, 275; Schlegelberger Anm. 34. Der a u s g e s c h i e d e n e Kommanditist kann nicht mit seinem Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben gegen die Gesellschaft gegen den Haftungsanspruch aufrechnen; denn dadurch würde ihm sein Auseinandersetzungsguthaben bezahlt werden; darin würde aber eine Rückzahlung seiner Einlage liegen und dadurch würde seine Haftpflicht wieder aufleben; § 172 Abs. 4 und die Erl. dazu; OLG. Hamburg in OLGR. 32, 102; in HansRGZ. 1934 B 363. Anm. 41. Dem Anspruch des Verwalters auf Leistung der Haftsumme kann der Kommanditist nur solche E i n w e n d u n g e n entgegenhalten, die ihm g e g e n ü b e r allen G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n oder der G e s e l l s c h a f t zustehen, nicht solche, die nur gegenüber einzelnen Gesellschaftsgläubigern begründet sind; denn es wird nur der Anspruch der Gesellschaft und der Gesamtheit der Gläubiger gegen ihn erhoben; DürHach. Anm. 17; Schlegelberger Anm. 35; a. M. Wieland I 760 Anm. 14; Ritter Anm. 5c. Dem Anspruch des Verwalters aus der Haftung kann der Kommanditist durch den von ihm zu führenden Nachweis begegnen, daß seine Leistung an die Masse zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht oder nicht vollständig erforderlich sei, insbesondere deshalb, weil das Gesellschaftsvermögen selbst hierzu ausreiche; RG. 51, 38. Der Kommanditist kann z. B. nachweisen, daß größeres Gesellschaftsvermögen vorhanden sei als der Konkursverwalter behaupte. Gegenüber der Darstellung des Verwalters über den Schuldenstand der Gesellschaft ist dem Kommanditisten der Nachweis gestattet, daß einzelne Schulden in Wirklichkeit gar nicht bestehen. Dies ist auch dann noch zulässig, wenn eine Schuld zur Konkurstabelle oder durch rechtskräftiges Urteil als Gesellschaftsschuld (§ 146 KO.) festgestellt ist. Die Feststellung hat nur zur Folge, daß der Gläubiger ein Recht auf anteilmäßige Befriedigung aus dem in der Masse b e f i n d l i c h e n V e r m ö g e n hat; § 145 Abs. 2, § 149 KO. Sie ist aber nicht maßgebend dafür, was zur Masse gehört oder zu ihr zu leisten ist; RG. 51, 40; vgl. Jaeger KO. § 145 Anm. 5fi'. Anm. 42. Erstreckt sich die unmittelbare Haftung des Kommanditisten n i c h t auf alle G e s e l l s c h a f t s s c h u l d e n , etwa deshalb, weil bei Begründung einzelner Schuldverhältnisse die Haftung des Kommanditisten vertraglich ausgeschlossen ist oder weil ihm für eine einzelne Schuld die persönliche Haftung unter Aufrechterhaltung der Haftung der GeSeilschaft erlassen ist (vgl. die Erl. zu § 128) oder weil er für die erst nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten nicht

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§171 I I . Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 43 haftet, so kann der Kommanditist sich durch den Nachweis entlasten, daß die vom Konkursverwalter verlangte Leistung zur Befriedigung der Gläubiger, für die er haftet, nicht oder nicht vollständig erforderlich ist. Das gleiche gilt, wenn wegen Herabsetzung der Haftsumme durch Änderung des Gesellschaftsvertrages und entsprechender Eintragung der Änderung die frühere Haftsumme nicht für alle Gesellschaftsgläubiger maßgebend ist, d. h. nicht für die nach der Eintragung entstandenen Gesellschaftsschulden oder wenn die Erhöhung überhaupt nicht eingetragen worden ist, und der einzelne Gläubiger nicht von der Erhöhung besonders benachrichtigt war; vgl. die E r l . zu §§172, 176; DürHach. Anm. 17 Abs. 3. Soweit der Kommanditist danach noch zu einer Leistung an den Verwalter verpflichtet ist, fließt das Geleistete in die einheitliche Konkursmasse und ist zur verhältnismäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger, auch derjenigen zu verwenden, für die der Kommanditist nicht haftet. Es tritt also dieselbe Wirkung ein, wie wenn der Kommanditist, wozu er berechtigt gewesen wäre, vor der Konkurseröffnung die Einlage an die Gesellschaft geleistet und sich dadurch von der Haftung befreit hätte. Die Gläubiger, denen der Kommanditist haftet, haben keinen Anspruch auf bevorzugte Befriedigung aus dem von dem Kommanditisten Geleisteten; Schlegelberger Anm. 36; DürHach. Anm. 17; OLG. Hamburg in HansRGZ. 1934 B 363; a . A . Kohler in ArchZivPrax. 95, 344; Wieland I 760. Anm. 48. Ist zur Zeit der Konkurseröffnung eine Klage eines Gläubigers gegen den Kommanditisten aus dessen Haftpflicht a n h ä n g i g , so wird das Prozeßverfahren dadurch nicht unterbrochen; denn keine Prozeßpartei ist im Konkurs. Aber der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt; denn der sachlichrechtliche Anspruch des einzelnen Gesellschaftsgläubigers gegen die Kommanditisten auf unmittelbare Befriedigung ist mit der Konkurseröffnung und während der Dauer des Verfahrens hinfällig geworden. E s ist dann nur über die Prozeßkosten zu entscheiden. Sie sind der Partei aufzuerlegen, die ohne diese Erledigung unterlegen wäre. Hält der Kläger den Klagantrag zur Hauptsache aufrecht, so ist die Klage kostenpflichtig abzuweisen; R G . 74, 428. Der Kläger kann den Prozeß fortsetzen, wenn an Stelle des ursprünglichen Anspruchs ein anderer getreten ist oder neben diesem bereits bestand. So kann der einzelne Gläubiger einen Schadensersatzanspruch gegen den Kommanditisten weiter verfolgen, wenn ihm durch den Leistungsverzug des Kommanditisten Schaden entstanden ist, er etwa verspätet befriedigt wird, oder er wegen der Konkurrenz anderer Gläubiger weniger erhält, als wenn ihn der Kommanditist befriedigt hätte. Der Konkursverwalter kann nicht in einen von einem einzelnen Gesellschaftsgläubiger geführten Prozeß eintreten; denn er verlangt etwas ganz anderes als der einzelne Gläubiger, nämlich Leistung an die Masse; Schlegelberger Anm. 32; DürHach. Anm. 17; a. M. Furrer 126; Ritter Anm. 5c. Mit Zustimmung aller Prozeßbeteiligten, also des Klägers und des Beklagten ist der Eintritt des Konkursverwalters in einen anhängigen Rechtsstreit unter entsprechender Änderung des Klagantrages zulässig. Auch mit Zustimmung des Konkursverwalters ist die Fortführung eines anhängigen Prozesses durch einen einzelnen Gläubiger oder die Erhebung einer neuen Klage durch einen Gläubiger nicht zulässig. Die Zulassung würde der im öffentlichen Interesse getroffenen Regelung des Konkursrechts, zu dem auch die Vorschrift des § 171 Abs. 2 gehört, widersprechen. Während des Gesellschaftskonkurses ist der Verwalter zur Geltendmachung der Haftung allein befugt. Auch in der Ablehnung der Verfolgung liegt eine dem Verwalter allein zustehende Verfügung über den Anspruch; Weipert, AktG. § 84 Anm. 53; R G . 74, 428; vgl. R G . in J W . 1930, 3370 1 . Der Verwalter kann deshalb auch nicht seine Befugnis einem einzelnen Gläubiger „übertragen" oder „rückübertragen", so Baumbach Anm. 3 B , Ritter Anm. 5d oder den Anspruch „freigeben", so Schlegelberger Anm. 38. Das ausschließliche Recht des Konkursverwalters zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs erstreckt sich auch auf Kommanditisten, die bereits vor Konkurseröffnung aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden sind. Dies gilt auch, soweit der Anspruch darauf gestützt wird, daß der Ausgeschiedene beim Ausscheiden, etwa infolge seines Abfindungsguthabens, seine Einlage zurückerhalten hat; OLG. Hamburg in H R R . 1934 Nr„1043.

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II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 171 Anm. 44—4» Anm, 44. Da die Ausübung der Rechte der Gesellschaftsgläubiger nur für die Dauer des Konkursverfahrens dem Konkursverwalter zusteht, e n d i g t dessen Bef u g n i s m i t der B e e n d i g u n g seines A m t e s u n d j e d e n f a l l s m i t der B e e n d i g u n g des K o n k u r s v e r f a h r e n s . Im letzten Falle können die einzelnen Gläubiger ihre Ansprüche wieder gegen den Kommanditisten verfolgen und den etwa ruhenden früheren Rechtsstreit fortsetzen, soweit sie nicht inzwischen befriedigt sind oder der Kommanditist durch seine Leistungen an die Konkursmasse oder durch nach Beendigung des "Verfahrens erfolgte Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger von der Haftpflicht befreit ist. Hat der Konkursverwalter während der Dauer seiner Befugnis im Rahmen seiner Verfügungsgewalt über den Anspruch v e r f ü g t , etwa einen Vergleich geschlossen, so bindet diese Verfügung auch die einzelnen Gesellschafter und die Gesellschaftsgläubiger für die Zeit nach Beendigung des Konkursverfahrens; RG. 39, 64; 63, 203; 84, 251; Schlegelberger Anm. 37. Ein E r l a ß oder V e r z i c h t auf den Anspruch liegt, soweit er nicht nach Lage des Einzelfalls der Durchführung des Konkursverfahrens dient, außerhalb der Aufgaben und Befugnisse des Verwalters. Er kann dem Konkurszwecke, z. B. dienen, wenn durch den Verzicht Ansprüche gegen die Gesellschaft im Vergleichswege beseitigt werden; RG. 63, 101; Weipert, AktG. § 84 Anm. 54. Es genügt, daß der Konkursverwalter den Verzicht subjektiv im Interesse der Masse für geboten hielt. Hat er seine Befugnisse überschritten, so kann sich der Kommanditist nicht auf die nach außen unbeschränkte Verfügungsmacht des Verwalters berufen; denn er ist nicht Dritter, sondern Mitglied der Gesellschaft, um deren Ansprüche es sich handelt. Ist die Klage des Verwalters bis zur Beendigung des Konkursverfahrens noch nicht r e c h t s k r ä f t i g e n t s c h i e d e n , so ist die Hauptsache erledigt. Die einzelnen Gläubiger können nur eine neue Klage erheben oder eine von ihnen früher erhobene fortsetzen. Ist das Urteil im Prozeß des Verwalters vor Konkursbeendigung rechtskräftig geworden, so gilt die Entscheidung zur Sache auch für die einzelnen Gläubiger; RG. in JW. 1935, 3301. Anm. 45. Wird die Kommanditgesellschaft ohne Abwicklung dadurch voll beendet, daß die persönlich haftenden Gesellschafter das Geschäft übernehmen und als offene Handelsgesellschaft weiter betreiben und wird dann über diese das Konkursverfahren eröffnet, so findet Abs. 2 keine Anwendung. Die alten Gesellschaftsgläubiger können die Kommanditisten unmittelbar in Anspruch nehmen; OLG. Hamburg in OLGR.32, 109. Anm. 46. Die Beschränkung der Rechte der Gläubiger nach Abs. 2 gilt nicht, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das g e r i c h t l i c h e V e r g l e i c h s v e r f a h r e n eröffnet ist. Sein Bestehen hindert die Gesellschaftsgläubiger nicht, die Kommanditisten unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Anm. 47. Ist über das Vermögen der Gesellschaft und gleichzeitig über das Vermögen eines p e r s ö n l i c h h a f t e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s ein Konkursverfahren anhängig, so können die Gesellschaftsgläubiger im Konkurs über das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters nur Befriedigung für ihren A u s f a l l im Gesellschaftskonkurs verlangen. Diese Regelung bietet einen Ausgleich dafür, daß das Gesellschaftsvermögen nur den Gesellschaftsgläubigern, nicht den Privatgläubigern eines Gesellschafters zur unmittelbaren Befriedigung dient; §212 KO. Diese Beschränkung giltnicht, wenn über das Vermögen des a u s g e s c h i e d e n e n persönlich haftenden Gesellschafters der Konkurs eröffnet ist oder wenn über das Vermögen des der Gesellschaft noch angehörenden persönlich haftenden Gesellschafters nur das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet ist. Anm. 48. Die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Kommanditisten berührt nicht das Recht der Gesellschaftsgläubiger, den Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Sie können daher ihre Ansprüche insbesondere auch im Konkurs des Kommanditisten anmelden und verhältnismäßige Befriedigung suchen. Wenn gleichzeitig Gesellschaftskonkurs besteht, kann allerdings nur der Verwalter im Gesellschaftskonkurse die Ansprüche nach Abs. 2 im Privatkonkurse des Kommanditisten geltend machen. Anm. 49. Da der Kommanditist nicht zu den „persönlich", d. h. u n b e s c h r ä n k t haftenden Gesellschaftern im Sinne des § 212 KO. gehört, können die Gesellschafts-

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§ § 171, 172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 60—62 gläubiger in seinem Privatkonkurs (wie in seinem Vergleichsverfahren) nicht nur Befriedigung wegen des Betrags verlangen, für welchen sie im Gesellschaftskonkurs keine Befriedigung erhalten. Sie sind vielmehr in beiden Konkursen bis zu ihrer vollen Befriedigung nach dem Verhältnis ihrer Forderungen zu dem Schuldenbestand der Masse zu berücksichtigen; vgl. Art. 7 Nr. 21 der Vo.en vom 24. Dezember 1938, RGBl. I 1999, und 28. Februar 1939, RGBl. I 391. Ist aber auch Gesellschaftskonkurs eröffnet, so kann nur der Verwalter in diesem Konkurse die Ansprüche aus der Haftung gemäß Abs. 2 im Privatkonkurse des Kommanditisten geltend machen; Jaeger, KP- §212 Anm. 11. Anm. 60. Durch Abschluß eines Z w a n g s v e r g l e i c h s im Konkurs- oder gerichtlichen Vergleichsverfahren der Gesellschaft wird die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter beschränkt. Diese Vorschrift gilt nicht für die Kommanditisten; §211 Abs. 2 KO.; §109 Nr. 3 VerglO.; RG. 150, 166 = HRR. 1936 Nr. 813. Mit Zustimmung der Gesellschaftsgläubiger kann zwar die Haftung der Kommanditisten für die Forderungen der Zustimmenden beschränkt werden. Die Zustimmung aller vorhandenen Gläubiger würde aber diejenigen nicht binden, die später erst Gläubiger der Gesellschaft werden. Soll ihnen gegenüber eine Beschränkung der Haftungeintreten, so kann dies nur durch Herabsetzung der Einlage und Eintragung ins Handelsregister geschehen; §174. Z u s t ä n d i g e s G e r i c h t . Für die Klage des Konkursverwalters gegen den Kom, manditisten ist das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes der Gesellschaft zuständig § 22 ZPO. Dies gilt nicht nur, wenn er die im inneren Verhältnis geschuldete Einlage fordert, sondern auch wenn er nach Abs. 2 die Haftung des Kommanditisten nach außen geltend macht, denn auch damit macht er einen der Gesellschaft gegen eins ihrer Mitglieder als soches zustehenden Anspruch geltend. Geklagt kann auch werden am Gerichtsstande des Erfüllungsortes für die interne Einlagepflicht oder für die Haftpflicht, und zwar so wie diese während des Konkurses der Gesellschaft besteht; §29 ZPO. Ob die beiden Verpflichtungen nach dem Willen der Gesellschafter am Sitze der Gesellschaft zu erfüllen sind oder ob ein anderer Erfüllungsort besteht, ist durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu ermitteln. Daß die Verpflichtung am Sitze der Gesellschaft zu erfüllen ist, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Es kann deshalb auch ein anderer Ort Erfüllungsort sein; RG. 46, 352. Der für den Anspruch des einzelnen Gläubigers bestehende Erfüllungsort ist nicht Erfüllungsort für den der Gesellschaft zustehen den Anspruch. Anm. 51. Die Vorschriften des Abs. 2 enthalten wie die des Abs. 1 z w i n g e n d e s R e c h t . Die Befugnisse des Konkursverwalters können nicht durch den Gesellschaftsvertrag aufgehoben und den einzelnen Gläubigern die Befugnis zum Vorgehen gegen den Kommanditisten eingeräumt werden. Da es sich um das Konkursverfahren der Gesellschaft und damit um im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften handelt, gilt Abs. 2 auch für vor Inkrafttreten des neuen HGB., 1. Januar 1900, entstandene Gesellschaften, wenn die Konkurseröffnung nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Anm. 62. Wegen des Einflusses der N i c h t i g k e i t des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s auf die Haftung des Kommanditisten vgl. §161 Anm. 29.

§ 17» Im Verhältnisse zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicherWeise kundgemacht oder ihnen in andererWeise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist. 638

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§ 172 Anin. 1—4

Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam. Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet. Schrifttum: F r i e s e , Der Einfluß der Handelsregistereintragung über die Haftsumme auf die Haftung der Kommanditisten, JW. 1930, 3698 mit weiteren Schrifttumsnachweisen. Anm. 1. Die Absätze 1 und 2 enthalten Vorschriften über die Wirkung der in §162 vorgeschriebenen Eintragung des Betrags der Einlagen der Kommanditisten auf den Umfang ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Sie werden ergänzt durch die Vorschriften der §§ 174 und 176, die die Wirkung der Eintragung einer Herabsetzung der Einlage und die Haftung der Kommanditisten bis zur Eintragung regeln. Das ADHGB. enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen mit dem Inhalt der Abs. 1 und 2. Rechtsprechung und Rechtslehre vertraten aber auch schon für das Recht des ADHGB. den in den neuen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Rechtsstandpunkt; RG. 17, 40; Renaud, Das Recht der KommGes. 416; Wendt in Endemanns Handb. I 466; v. Hahn ADHGB. I 649. Die Absätze 3 und 4 sichern die Gläubiger gegen eine Beeinträchtigung, indem sie ihnen gegenüber einen Erlaß oder eine Stundung der Einlage oder deren Rückzahlung für unwirksam erklären. Abs. 5 enthält eine Ausnahme von Abs. 4 für gutgläubig bezogene Gewinne. Die entsprechenden Vorschriften des ADHGB. sind in Art. 165 Abs. 2, 4 und 5 enthalten. Da nach dem neuen HGB. die Einlage der Gesellschafter nicht verzinst wird, sie vielmehr nur eine Vorauszuteilung auf den erzielten Gewinn nach Maßgabe ihres Kapitalanteils erhalten, §§ 122, 169, fehlt im neuen HGB. eine dem Art. 165 Abs. 3 entsprechende Bestimmung, nach der Zinsen den Gesellschaftern nur insoweit ausbezahlt werden können, als dadurch die ursprüngliche Einlage nicht verändert wird. Der Schutz der Gläubiger gegen Veränderung der Haftung durch Zahlung v e r e i n b a r t e r Zinsen wird im neuen HGB. durch die allgemeine Vorschrift des Abs. 4 gewährt. Anm. 2. Sämtliche Vorschriften des §172 beziehen sich nur auf die Hafteinlage des Kommanditisten, also auf die Haftsumme, nicht auf die im inneren Verhältnisse zu leistende Einlage, die Pflichteinlage. Anm. 8. Da die Vorschriften dem Schutze der Gesellschaftsgläubiger dienen, enthalten sie z w i n g e n d e s Recht. Sie können durch den Gesellschaftsvertrag nicht außer Kraft gesetzt werden. Wohl aber kann durch besondere Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern hinsichtlich der Haftung des Kommanditisten etwas anderes bestimmt werden, z. B., daß der Kommanditist einem einzelnen Gläubiger gegenüber nur zu einem geringeren, aber auch zu einem höheren Betrage haftet, oder daß er erst nach fruchtloser Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen unmittelbar in Anspruch genommen werden kann. Anm. 4. Die Grenze der unmittelbaren Haltung. I m V e r h ä l t n i s s e zu d e n G l ä u b i g e r n d e r G e s e l l s c h a f t w i r d n a c h d e r E i n t r a g u n g in d a s H a n d e l s r e g i s t e r die E i n l a g e e i n e s K o m m a n d i t i s t e n d u r c h d e n in d e r E i n t r a g u n g a n g e g e b e n e n B e t r a g b e s t i m m t ; Abs. 1. Nach § 162 Abs. 1 in Verbindung mit den

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§172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 4 allgemeinen Vorschriften der §§ 106, 108 ist die Kommanditgesellschaft von sämtlichen Gesellschaftern auch den Kommanditisten zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Nach § 162 Abs. 1 hat die Anmeldung die Bezeichnung der Kommanditisten und den Betrag der Einlage eines jeden von ihnen zu enthalten. Danach hat die Eintragung der angemeldeten Tatsachen zu erfolgen. Da aber weder die Person der Kommanditisten noch der Betrag ihrer Einlagen bekanntzumachen ist, §162 Abs. 2, hat die Eintragung selbst nicht die in § 15 Abs. 2 bezeichnete Publizitätswirkung, die gerade die Bekanntmachung voraussetzt; §15 Anm. 7. Die Bedeutung der Eintragung der Haftsumme ergibt sich aus einem Vergleich des § 171 Abs. 1, der den Grundsatz der durch die Höhe der Einlage beschränkten unmittelbaren Haftung des Kommanditisten aufstellt, mit § 176, nach dem der Kommanditist, mit dessen Zustimmung die Gesellschaft vor der Eintragung ihre Geschäfte begonnen hat, für die bis zur Eintragung begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern, denen seine Beteiligung als Kommanditist nicht bekannt war, gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter, also unbeschränkt haftet. Da nach §176 der Kommanditist bis zur Eintragung des Betrages seiner Einlage unbeschränkt haftet, und für die Beschränkung der Haftung der Betrag maßgebend ist, der als Einlage e i n g e t r a g e n ist, hat die Eintragung die Wirkung, daß d u r c h sie e r s t die H a f t u n g des K o m m a n d i t i s t e n g e g e n ü b e r den G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n auf einen b e s t i m m t e n , n ä m l i c h den im E i n t r a g a n g e g e b e n e n B e t r a g begren zt wird. Die Eintragung des Betrages der Einlage hat somit n i c h t n u r r e c h t s b e k u n d e n de, s o n d e r n r e c h t s c h a f f e n d e (konstitutive) Wirkung. Die Eintragung begründet danach nicht, wie die Eintragung im Grundbuch den öffentlichen Glauben an ihre Richtigkeit (so Ehrenberg Handb. I 620). Sie hat $uch nicht nur die Bedeutung einer Erklärung an die Öffentlichkeit, in Höhe des eingetragenen Betrags für die Gesellschaftsschulden unmittelbar haften zu wollen mit der Wirkung, daß der Erklärende sie gutgläubigen Dritten gegenüber gegen sich gelten lassen muß; so Friese a.a.O. Abs. 1 hat auch nicht nur den Zweck, den Unterschied zwischen der Einlagepflicht im inneren Verhältnis und der Haftpflicht gegenüber Dritten klarzustellen. Angesichts der Vorschrift des § 176 kann § 172 nur den Zweck haben, die Begrenzung der bis zur Eintragung unbeschränkten Haftpflicht durch den Eintritt eines äußerlich erkennbaren Ereignisses, nämlich der Eintragung eines bestimmten Betrages als Haftsumme herbeizuführen. Diese Wirkung entspricht nicht nur dem Wortlaut des § 172 Abs. 1, sondern auch dem Bedürfnis des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit, den Inhalt der Haftpflicht unzweideutig zu bestimmen. Die Haftung des Kommanditisten wird somit weder durch die Vereinbarung über eine im inneren Verhältnis zu leistende Einlage, noch einer im Gesellschaftsvertrag festgelegten Haftsumme, noch durch die Anmeldung eines solchen zum Handelsregister, sondern lediglich durch die E i n t r a g u n g eines bestimmten Betrages als Einlage ins Handelsregister des zuständigen Gerichts bestimmt. Auch auf die B e k a n n t m a c h u n g der Eintragung kommt es nicht an, auch wenn in dieser entgegen der Vorschrift des § 162 Abs. 2 der Betrag der Einlage bekannt gegeben worden ist; DürHach. Anm. 2; Koenige - Teichmann Anm. 2; Ritter Anm. 2; Cosack 490; Schlegelberger Anm. 2. Der Kommanditist kann sich daher nicht darauf berufen, daß mit den Gesellschaftern eine g e r i n g e r e H a f t s u m m e v e r e i n b a r t u n d die E i n t r a g u n g einer h ö h e r e n als a n g e m e l d e t e r f o l g t sei. Lautet die Eintragung, etwa aus Versehen des Gerichts, unrichtig auf einen höheren Betrag, so ist die nach § 176 zunächst unbeschränkte Haftung bis zur Höhe des eingetragenen Betrags bestehen geblieban. Die Unrichtigkeit der Eintragung geht nicht zu Lasten des Dritten, sondern desjenigen, dessen Haftung durch die Eintragung beschränkt werden sollte. Die Beschränkung ist eben nur teilweise durch die Eintragung wirksam geworden (wie sie überhaupt nicht wirksam geworden ist, wenn die Eintragung aus irgendeinem Grunde ganz unterblieben ist). Da die Eintragung demjenigen, der sie beantragt hat, bekanntgemacht werden muß; § 130 Abs. 2 FGG., ist der Kommanditist auch in der Lage, die Vollziehung und die Richtigkeit der Eintragung durch Einsicht in das Register nachzuprüfen und für Berichtigung einer unrichtigen Eintragung zu sorgen, vgl. Anm. 10. Eine Verpflichtung des Dritten zu einer solchen Prüfung besteht nicht; Schlegelberger Anm. 3. Der Kommanditist kann selbstverständlich auch nicht geltend machen, daß die beantragte und danach bewirkte Eintragung einer höheren H a f t .

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§ 172 Anm. 6—11 summe dem Willen der Gesellschafter nicht entspreche, daß sie etwa nur zur Erhöhung des Kredits der Gesellschaft veranlaßt sei. Anm. 5. Ein Dritter kann sich auf die Eintragung berufen, auch wenn sie ihm zur Zeit seines Rechtsverkehrs mit der Gesellschaft nicht bekannt war, nicht aber, wenn er wußte, daß ein höherer Betrag als der angemeldete eingetragen war; DürHach. Anm. 3; Wieland I 768 Anm. 46; Schlegelberger Anm. 3. Dagegen kann ihm nicht entgegengehalten werden, daß ihm bekannt gewesen sei, daß im Gesellschaftsvertrag eine niederere Haftsumme v e r e i n b a r t sei; Schlegelberger Anm. 2; a.M.Friese in JW. 1930, 3698. Er kann dann die Haftung nur bis zu dem eingetragenen Betrage geltend machen. Anm. 6. Da es nur auf die Eintragung ankommt, ist eine entgegen der Vorschrift des §162 Abs. 2 erfolgte B e k a n n t m a c h u n g , wenn sie von der Eintragung abweicht für den Umfang der Haftung des Kommanditisten ohne Bedeutung. Die Wirkungen der Eintragung treten in dem Z e i t p u n k t ein, in dem die Eintragung erolgt ist. Anm. 7. Auch z u g u n s t e n des K o m m a n d i t i s t e n bestimmt die tatsächliche Eintragung den Umfang seiner Haftung. Ist ein geringerer Betrag eingetragen, als angemeldet oder im Gesellschaftsvertrag als Haftsumme bezeichnet ist, so kann auch ein Gläubiger sich auf eine weitergehende Haftung nicht bsrufen. Anm. 8. Wie sich aus der Vergleichung mit Abs. 2 und auch au s dem Zwecke des Abs. 1, die Beschränkung der Haftung vollkommen klar zu stellen, ergibt, kann die Beschränkung n u r durch E i n t r a g u n g erfolgen, nicht wie die Erhöhung der Haftung auch durch eine in handelsüblicher Weise erfolgte Kundmachung oder eine sonstige Mitteilung. Ist aber eine Beschränkung der Haftimg eingetragen, und damit offenkundig gemacht, daß ein Gesellschafter nur beschränkt haftet, und ist nur ein geringerer Betrag als der angemeldete oder vereinbarte eingetragen, so ist Abs. 2 sinngemäß anzuwenden, der Kommanditist haftet also mit der höheren Haftsumme, wenn die Haftung mit dieser in handelsüblicher Weise kundgemacht oder in anderer Weise in der in Abs. 2 vorgesehenen Art (vgl. unten Anm. 21) mitgeteilt worden ist; Schlegelberger Anm. 4. Anm. 9. Aus der Eintragung ergibt sich nur, in welcher Höhe der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern nach dem Gesellschaftsvertrag, also ursprünglich haftete. Die Haftung ist aber nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 ausgeschlossen, soweit die Einlage an die G e s e l l s c h a f t geleistet ist. Die Leistung kann auch durch Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger geschehen; § 171 Anm. 20. Die Befreiung kann auf diese Weise auch vor der Eintragung erfolgt sein. Die Eintragung ergibt daher kein Bild, inwieweit die Haftung des Kommanditisten in einen bestimmten Zeitpunkt noch besteht. Ein Dritter, der mit der Gesellschaft in Rechtsverkehr treten will, hat k e i n e n A n s p r u c h g e g e n ü b e r dem K o m m a n d i t i s t e n oder der G e s e l l s c h a f t auf A u s k u n f t d a r ü b e r , ob die Haftung noch besteht oder Befreiung nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 eingetreten ist; Schlegelberger Anm. 5 (über das Auskunftsrecht nach Entstehung einer Gesellschaftsschuld vgl. §171 Anm. 33). Soweit es sich um die Begründung eines An spruchs durch Rechtsgeschäft handelt, kann der Dritte sich dadurch sichern, daß er den Abschluß des Rechtsgeschäfts mit der Gesellschaft von einer besonderen Haftungserklärung des Kommanditisten abhängig macht. Anm. 10. Eine u n r i c h t i g E i n t r a g u n g kann auch von Amts wegen, durch L ö s c h u n g u n d E i n t r a g u n g der r i c h t i g e n H a f t s u m m e entsprechend der Anmeldung der Gesellschafter berichtigt werden; § 142 FGG. Ob das Registergericht von seiner Befugnis zur L ö s c h u n g der bestehenden unrichtigen Eintragung Gebrauch machen soll, hängt von seinem pflichtmäßigen Ermessen ab; RG. 122, 714; 132, 314; insbesondere davon, ob die Amtslöschung im öffentlichen oder im Interesse der Beteiligten liegt. Die Löschung allein ohne gleichzeitige Eintragung der richtigen Haftsumme hätte den Nachteil, daß der Kommanditist unbeschränkt haften würde; KG. in JW. 1934, 2699. Gegen die Ablehnung einer von ihm angeregten Berichtigung einer unrichtigen Eintragung steht dem davon betroffenen Kommanditisten das R e c h t der Beschwerde zu; §20 FGG. KG. in JW. 34, 2699. Anm. 11. Die B e r i c h t i g u n g w i r k t , soweit die eingetragene Summe zu niedrig war, ebenso wie eine Erhöhung der Haftsumme, auch zugunsten derjenigen, deren For41

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§172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 12—17 deiung vor Eintragung der Berichtigung entstanden ist; vgl. Abs. 2. War die Haftsumme zu hoch eingetragen, so wi-'k". die Eintragung der Berichtigung nicht zum Nachteil derjenigen, deren Forderungen vor Eintragung der Berichtigung begründet waren. Anm. 12. Da § 172 nur das Verhältnis zu Dritten regelt, gilt auch Abs. 1 nicht im V e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r . Auch soweit ein Gesellschafter aus einem Drittschuldverhältnis Gesellschaftsgläubiger ist, bestimmt sich der Ausgleich unter den Gesellschaftern lediglich nach dem inneren Verhältnis; vgl. §171 Anm. 27ff. § 172 gilt auch nur für die Haftung des Kommanditisten mit seinem Privatvermögen, nicht mit seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. Ist der Aktivsaldo des Kommanditisten höher als seine Hafteinlage, so haftet er mit seiner sich aus seinem Kapitalanteil ergebenden Beteiligung am Gesellschaftsvermögen unbeschränkt. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen wird durch die innere Beteiligung der Gesellschafter nicht beschränkt. Anm. 18. Da die dem Schutze der Gesellschaftsgläubiger dienenden Vorschriften der §§171 ff. nur für eine Kommanditgesellschaft und einen Kommanditisten gelten, entfällt ihre Anwendbarkeit, wenn keine Kommanditgesellschaft, sondern eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht. Die Haftung der Gesellschafter richtet sich dann nur nach der für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts geltenden Regeln. Hat die Kommanditgesellschaft diese Eigenschaft dadurch verloren, daß ihr Betrieb zum Kleingewerbe herabsinkt oder daß sie kein Handelsgewerbe mehr betreibt, besteht die Gesellschaft aber als solche des bürgerlichen Rechts weiter, so können die Gläubiger gegen sie und ihre Gesellschafter nicht die aus §§ 172ff. sich ergebende besondere Rechtsstellung beanspruchen. Um das klarzustellen, ist die Gesellschaft auch als Kommanditgesellschaft im Handelsregister zu löschen; R G . 155, 77ff. (87). Das gleiche gilt, wenn die Gesellschaft von Anfang an zu Unrecht als Kommanditgesellschaft eingetragen ist. Solange aber die Löschung nicht erfolgt ist, muß der als Kommanditist Eingetragene Dritten gegenüber sich auch als solcher behandeln lassen. Er haftet also aus Rechtsgeschäften, die vor der Löschung mit der noch als Kommanditgesellschaft eingetragenen Gesellschaft geschlossen sind, als Kommanditist und mit der eingetragenen Haftsumme. Anm. 14. Hat eine Kommanditgesellschaft eine Z w e i g n i e d e r l a s s u n g , so gilt für den Rechtsverkehr mit dieser und die sich daraus ergebende Haftung der Kommanditisten der in das Register der Zweigniederlassung eingetragene Betrag der Einlage; vgl. §15 Abs. 3; DürHach. Anm. 4; Ritter Anm. 2; Schlegelberger Anm. 2; Baumbach Anm. 2; Dengler, Die Stellung der Filiale 1902, 187. Nach der neuen Regelung der Anmeldungen zum Handelsregister beim Vorhandensein von Zweigniederlassungen sind auch die für Zweigniederlassungen bestimmten Anmeldungen bei dem Registergericht der Hauptniederlassung vorzunehmen. Das Gericht der Zweigniederlassung hat seine Eintragung auf Grund der Mitteilung des Gerichts der Hauptniederlassung über die dort bewirkte Eintragung vorzunehmen, §§ 13,13a. Dadurch ist das Vorkommen verschieden lautender Eintragungen tunlichst eingeschränkt. Aus Versehen können sie vorkommen. Auch kann die Eintragung bei der Hauptniederlassung infolge f r ü h e r e r Eintragung früher wirksam sein, als die entsprechende Eintragung bei der Zweigniederlassung. Eine mit der Eintragung verbundene Haftungsbeschränkung, § 176, oder eine Haftungserhöhung, Abs. 2, kann deshalb für die Hauptniederlassung früher wirksam geworden sein als für die Zweigniederlassung. Anm. 15. W e g e n des E i n f l u s s e s der N i c h t i g k e i t des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s auf die Haftung im Allgemeinen vgl. § 161 Anm. 29. Soweit ein Kommanditist trotz dieser Mängel haftet, wird auch die Höhe seiner Haftung durch die Eintragung der Haftsumme im Handelsregister bestimmt. Anm. 16. Wegen der Bedeutung der Haftung mit einem bestimmten Betrage, wegen der Befreiung von der Haftung durch Leistung der Einlage an die Gesellschaft, oder durch Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger, wegen der Bewertuug des Geleisteten vgl. die Erl. zu §171. Anm. 17. Die Erhöhung der Haftung. Auf eine n i c h t e i n g e t r a g e n e E r h ö h u n g der aus dem H a n d e l s r e g i s t e r e r s i c h t l i c h e n E i n l a g e k ö n n e n sich

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I I . Abschnitt: Kommanditgesellschaft (Weipert)

§ 172 Anm.17, 18 die G l ä u b i g e r nur b e r u f e n , wenn die E r h ö h u n g in h a n d e l s ü b l i c h e r W e i s e k u n d g e m a c h t oder i h n e n in a n d e r e r W e i s e von der G e s e l l s c h a f t m i t g e t e i l t worden i s t ; Abs. 2. Die Erhöhung der Haftung des Kommanditisten setzt eine Einigung der Gesellschafter, und zwar aller Gesellschafter hierüber voraus. Durch eine solche Vereinbarung übernimmt der Kommanditist zunächst im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern die Verpflichtung, künftig den Gesellschaftsgläubigern mit einem höheren Betrage als bisher zu haften, und dadurch zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes, insbesondere durch Erhöhung des Gesellschaftskredits beizutragen. Die Vereinbarung erfolgt in der Regel durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. Es kann aber auch schon im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag die Verpflichtung des Kommanditisten zur Erhöhung seiner Haftung für einen späteren Zeitpunkt oder unter einer Bedingung festgelegt sein. Der Gesellschaftsvertrag kann auch bestimmen, daß die Erhöhung der Haftung, wie jede Änderung des Gesellschaftsvertrags durch Mehrheit beschlossen werden kann. Die Grenzen, die der Erhöhung der Beitragspflicht durch M e h r h e i t s b e s c h l u ß bei der offenen Handelsgesellschaft gezogen sind, sind auch hier einzuhalten; insbesondere ist im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, bis zu welchem Betrage die Erhöhung der Haftsumme, wie auch der inneren Einlage erfolgen darf. Die Zulässigkeit der Festsetzung einer unbegrenzten Haftung der Kommanditisten würde dem Wesen der beschränkten Haftung und damit der Kommanditgesellschaft überhaupt widersprechen. Aus der Bestimmung der Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen muß sich unzweideutig ergeben, daß solche Beschlüsse auch für Beschlüsse der vorliegenden Art zulässig sein sollen; vgl. die Erl. zu §119. Die Erhöhung der Haftsumme wie der Pflichteinlage kann noch im Z u s t a n d e d e r A b w i c k l u n g der Gesellschaft erfolgen; KG. in J W . 1935, 1100 1 . Regelmäßig erfolgt gleichzeitig die Erhöhung der Haftpflicht und der inneren Einlagepflicht. Nötig ist dies aber nicht, da die Haftpflicht und die innere Einlagepflicht verschieden sein können. Im inneren Verhältnis wird die Verpflichtung zur Erhöhung der Haftpflicht regelmäßig wirksam mit der Vereinbarung unter den Gesellschaftern oder der Fassung des Mehrheitsbeschlusses und dessen Mitteilung an die übrigen Gesellschafter, oder bei Eintritt des vorgesehenen Zeitpunktes oder der vereinbarten Bedingung. Mit dem Eintritt der Wirksamkeit der Vereinbarung im inneren Verhältnis entsteht auch die Verpflichtung der Gesellschafter dahin zu wirken, daß die erhöhte Haftpflicht auch im Verhältnis zu Dritten wirksam wird. Dies geschieht durch Eintragung ins Handelsregister, durch handelsübliche Kundmachung oder besondere Mitteilung in der in Abs. 2 angegebenen Weise. Auch öffentlich-rechtlich sind alle Gesellschafter verpflichtet, die vereinbarte Erhöhung der Hafteinlage zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden; § 175 Satz 1. Die E r z w i n g u n g der A n m e l d u n g durch Ordnungsstrafen nach §14 findet jedoch nicht statt; §175 Satz 3. Das allgemeine Interesse an der Eintragung der Gesellschaft und der bei Errichtung der Gesellschaft vereinbarten Haftsumme besteht nicht, wenn es sich nur um die Erhöhung oder Herabsetzung der Haftsumme handelt. Die geringere Bedeutung der Erhöhung zeigt sich auch darin, daß für diese anders als für die ursprüngliche Festsetzung der Haftsumme oder für deren Herabsetzung, § 174, als Mittel der Kundmachung nicht nur die Eintragung und Bekanntmachung, sondern auch eine andere Kundmachung in handelsüblicher Form neben der sonstigen Mitteilung an die Gläubiger zugelassen ist. Im inneren Verhältnis können die Gesellschafter durch Vereinbarung die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Bekanntgabe der Erhöhung auf eine bestimmte Art der Bekanntgabe, etwa auf die Bekanntmachung durch Rundschreiben, Zeitungsanzeige oder besondere Mitteilung an einzelne Dritte beschränken. Anm. 18. Abs. 2 geht davon aus, daß im Handelsregister bereits eine bestimmte Haftsumme eingetragen ist. Denn ohne eine solche Eintragung haftet der Kommanditist unbeschränkt. Es kann deshalb nur eine Änderung der bereits bestehenden und durch Eintragung wirksam gewordenen Haftungsbeschränkung durch Erhöhung der Haftsumme in Frage kommen. Vorausgesetzt ist auch immer die Eintragung der Gesellschaft selbst. Denn ohne diese Eintragung kann auch nicht eine Haftungsbeschränkung eingetragen sein. Ist die Gesellschaft noch nicht eingetragen, so muß erst diese Eintragung nachgeholt werden, damit die Haftungsbeschränkung und Änderungen der 41»

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§,172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 19—81 Haftsumme eingetragen werden können. Ist die Eintragung der ursprünglichen Haftsumme bei Eintragung der Gesellschaft unterblieben, was nur aus Versehen des Registerrichters geschehen kann, da dieser darauf zu achten hat, daß die Anmeldung einer Kommanditgesellschaft auch die Angabe der Hafteinlage enthält, und ist inzwischen eine Erhöhung erfolgt, so ist die neue Summe sofort einzutragen. Ist die ursprüngliche Haftsumme herabgesetzt, und ist die ursprüngliche Haftsumme nicht eingetragen, so ist bei Wiedererhöhung der Haftsumme nur die erhöhte einzutragen. Die nachträglicheEintragung der ursprünglichen hätte keinen Zweck mehr, denn bis zur Eintragung würde der Kommanditist nach § 176 unbeschränkt haften und von der Eintragung der erhöhten an nur auf Grund der ebenfalls einzutragenden neuen Haftsumme. Anm. 19. Ist eine Haftungsbeschränkung bereits eingetragen und damit nach Abs. 1 wirksam geworden und wird eine vereinbarte Erhöhung der Haftsumme in keiner Weise kundbar gemacht, so ist die Erhöhung Dritten gegenüber unwirksam. Es bleibt bei der e i n g e t r a g e n e n Beschränkung. Es tritt nicht etwa in sinngemäßer Anwendung des § 176 bis zur Eintragung oder andersartigen Kundgebung der Erhöhung unbeschränkte Haftung des Kommanditisten ein. Der der Vorschrift des § 176 zugrunde liegende Gedanke, daß Dritte sich auf eine beschränkte Haftung in bestimmter Höhe vor jeder Eintragung des Haftungsbetrages nicht einrichten können und brauchen, trifft auf den Fall der Erhöhung der Haftsumme nicht zu. Anm. 20. Die W i r k s a m k e i t der E r h ö h u n g der H a f t s u m m e kann auf drei Wegen eintreten: 1. D u r c h E i n t r a g u n g der neuen H a f t s u m m e . Wird dieser Weg gewählt, so ist die Wirkung der Eintragung dieselbe wie bei Eintragung der ursprünglichen Haftsumme. Der in der Eintragung kundgegebene Betrag ist für die Haftung maßgebend. Auf die Bekanntmachung des Betrags, die auch hier nicht stattzufinden hat, kommt es nicht an; vgl. § 175 Abs. 1 Satz 2, § 162 Abs. 2. Der Kommanditist kann dem Gläubiger gegenüber nicht geltend machen, daß die Erhöhung auf einen geringeren Betrag oder daß überhaupt keine Erhöhung vereinbart sei, oder daß er im inneren Verhältnis als erhöhte Einlage nur eine Leistung bestimmter Art, z. B. eine Sachleistung schulde, und deshalb den andersgearteten Anspruch des Gesellschaftsgläubigers nicht zu erfüllen brauche. Andererseits wirkt die tatsächliche Eintragung auch zugunsten des Kommanditisten. Es kann ihm nicht entgegengehalten werden, daß eine größere Erhöhung seiner Haftung unter den Gesellschaftern vereinbart, als eingetragen sei. Hat der Registerrichter eine gar nicht angemeldete Erhöhung oder eine höhere Summe als angemeldet eingetragen, so tritt durch die Eintragung die Wirksamkeit der Erhöhung nicht ein, wenn sie nicht der wirklichen Vereinbarung entsprach. Denn es handelt sich hier nicht wie im Falle des Abs. 1 um die Herbeiführung der Wirksamkeit der Beschränkung der Haftung, sondern um ihre Erhöhung. Ein Anlaß, den Kommanditisten für das alleinige Versehen des Registerrichters haften zu lassen, besteht in diesem Falle nicht; ebenso DürHach. Anm. 5. Hat aber der Kommanditist durch die Mitteilung des Registerrichters, § 130 FGG., von der unrichtigen Eintragung Kenntnis erhalten, und tut er nichts, um ohne schuldhaftes Zögern die Berichtigung des unrichtigen Eintrags herbeizuführen, so muß er diesen gegen sich gelten lassen, da in seinem Verhalten die Kundgebung an die Öffentlichkeit liegt, nach Maßgabe des Eintrags haften zu wollen; Schlegelberger Anm. 7. Anm. 21. 2. Die Wirksamkeit der Erhöhung der Haftung nach außen tritt auch ohne E i n t r a g u n g durch eine h a n d e l s ü b l i c h e K u n d m a c h u n g der E r h ö h u n g ein. Der Begriff der handelsüblichen „Kundmachung" ist derselbe wie der der handelsüblichen „Bekanntmachung" der Übernahme der Verbindlichkeiten eines Handelsgeschäfts durch den Erwerber des Geschäfts, § 25 Abs. 3, vgl. Anm. 29 dazu. Sie kann namentlich erfolgen durch Bekanntmachung in einer Tageszeitung, auch im redaktionellen Handelsteil, wenn sie erkennbar von der zur Erklärung berufenen Stelle ausgeht; vgl. unten Anm. 22. Die Mitteilung muß erkennen lassen, um welchen Betrag die Einlage und damit die Haftung jedes einzelnen Kommanditisten erhöht ist. Nur dann kann sie die Eintragung ins Handelsregister ersetzen, wenn aus ihr nicht bloß die Tatsache der Erhöhung, sondern auch deren Betrag zu ersehen ist; §171 Abs. 2; vgl. § 162 Abs. 1 HGB. Eine Angabe der Gesamterhöhung der Einlagen genügt nicht; RG. in JW. 1930, 2658* mit Anm. Auch die Versendung von Rundschreiben mit entsprechen-

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§ 172 Anm.m—88 dem Inhalt genügt, wenn sie mit Rücksicht auf die Zahl und den Kreis der Empfänger als allgemeine Kundgebung der Haftungserhöhung anzusehen ist. Dann können auch einzelne Gläubiger, die das Schreiben nicht erhalten haben, sich auf dessen Inhalt ebenso berufen, wie im Falle der Kundgebung durch Eintragung im Handelsregister diejenigen, die den Eintrag nicht erfahren haben. Eine Ausnahme gilt hinsichtlich einzelner Gläubiger, die in dem Rundschreiben oder durch besondere Mitteilung von der Übernahme der erhöhten Haftung ausgeschlossen sind; RG. 17,98; 38,177. Die Wirkung der handelsüblichen Kundmachung ist die gleiche, wie die der Eintragung ins Register. Sie ist also insbesondere ohne Rücksicht auf den wirklichen Inhalt der Vereinbarung der Gesell* schafter über die Haftungserhöhung maßgebend; vgl. oben Anm. 20. Anm. 22. 3. Die Wirkung der Haftungserhöhung tritt auch ein d u r c h eine in a n d e r e r Weise e r f o l g e n d e M i t t e i l u n g der G e s e l l s c h a f t an die G l ä u b i g e r . Hier kommen namentlich Mitteilungen an einzelne Gläubiger oder Gruppen von solchen in Betracht. Sie können allgemein lauten oder nur die Übernahme der erhöhten Haftung für ein einzelnes Geschäft aussprechen. In diesem Falle wirkt die Erhöhung nur für die Angehörigen der Gruppe, denen das Rundschreiben zugegangen ist, oder die einzeln Benachrichtigten. Anm. 23. Die Wirkung der handelsüblichen Kundmachung wie der Einzelmitteilung tritt nur ein, wenn sie von der G e s e l l s c h a f t ausgehen. Beide Kundgebungen sollen nur die auf Grund einer Anmeldung durch die Gesellschaft, und zwar aller Gesellschafter, erfolgte Eintragung ins Handelsregister ersetzen. Deshalb genügt die Kundgebung durch irgend einen Gesellschafter als solchen nicht. Jedoch muß es genügen, daß der Kommanditist, dessen H a f t u n g e r h ö h t w i r d , die Erklärung abgibt; Ritter Anm. 3; Baumbach Anm. 3; Schlegelberger Anm. 8. Die besondere Mitteilung muß dem Gläubiger als solchen gemacht werden. Es genügt nicht, daß der Gläubiger lediglich in seiner Eigenschaft als Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung teilgenommen hatte, in der über die Erhöhung der Haftsumme verhandelt und diese beschlossen wurde; RG. in JW. 1930. 2658«. Anm. 24. Die Eintragung oder die handelsübliche Bekanntmachung der Erhöhung der Haftung hat die Wirkung, daß der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zu dem erhöhten Betrage haftet; ist die Mitteilung nur an einen einzelnen Gläubiger erfolgt, so wirkt sie nur zu dessen Gunsten. Ist die Erhöhung der Haftimg durch Eintragung wirksam geworden, so gilt sie auch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die vor dem Eintritt der Wirksamkeit entstanden sind. Wie der Gesellschafter, der neu in eine Gesellschaft eintritt, für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten haftet, §§ 130,177, haftet auch der Kommanditist, der bisher nur mit einem geringeren Betrag haftet, künftig für alle Verbindlichkeiten, auch die vor der Erhöhung entstandenen, mit dem höheren Betrage. Das gleiche gilt, wenn die erhöhte Haftung durch handelsübliche Kundmachung wirksam geworden ist. Wie aber einzelne Gläubiger in der Kundmachung oder in gleichzeitigen besonderen Mitteilungen von der Erhöhung der Haftung ausgeschlossen werden können, können auch die vor dem Wirksamwerden der Erhöhung entstandenen Verbindlichkeiten besonders ausgeschlossen werden, wenn sich dies aus der handelsüblichen Kundmachung oder der besonderen Kundmachung unzweideutig ergibt. Ist die Erhöhung nur durch besondere Mitteilung an einen einzelnen Gläubiger erfolgt, so gilt sie zwar nur diesem gegenüber, aber auch für die bereits bestehenden Ansprüche desselben, falls sich nicht aus der Mitteilung eine Einschränkung ergibt. Eine Beschränkung der Erhöhung der Haftung auf die nach der Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten oder die Beschränkung der Erhöhung auf bestimmte Arten von Verbindlichkeiten d u r c h e n t s p r e c h e n d e E i n t r a g u n g ist begrifflich ebenfalls nicht ausgeschlossen. Sie steht jedenfalls mit dem Wesen der kommanditistischen Haftung nicht im Widerspruch. Anm. 26. Die Haftung aus der Haftungserhöhung ist ihrer r e c h t l i c h e n N a t u r n a c h die gleiche wie bei der ursprünglichen Kommanditistenhaftung. Dem Kommanditisten stehen auch insofern dieselben Einwendungen und Befreiungsgründe (durch Leistung der Einlage an die Gesellschaft, durch Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger, vgl. § 171) zur Seite, wie bei der ursprünglichen Haftung. Im Konkurse der Gesellschaft kann deshalb das Recht auf Befriedigung nur durch den Konkursverwalter

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§ 172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anin. 26—28 ausgeübt werden, § 171 Abs. 2. Dies gilt auch, wenn die Haftungserhöhung einem einzelnen Gesellschaftsgläubiger gegenüber durch Sondermitteilung erfolgt ist; dieser Gläubiger hat somit im Gesellschaftskonkurse kein Recht auf bevorzugte Befriedigung. Er muß sich auch außerhalb des Konkurses entgegenhalten lassen, daß der Kommanditist sich von der erhöhten Haftung durch Leistung an die Gesellschaft oder Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger befreit habe; §171 Abs. 1 Halbsatz 2; Schlegelberger Anm. 10. Hat der Kommanditist aber nicht die erhöhte Haftung a l s K o m m a n d i t i s t übernommen, sondern sich durch ein nicht gesellschaftliches Rechtsgeschäft, etwa durch eine Bürgschaft, Schuldübernahme neben der Gesellschaft, einem einzelnen Gläubiger gegenüber verpflichtet, was unter Umständen durch Vertragsauslegung festzustellen ist, so kann sich der Gläubiger auf Grund dieses bsson deren Rechtstitels auch im Gesellschaftskonkurse unmittelbar an den Kommanditisten halten, und dieser kann ihm seine Befreiung als Kommanditist oder die ausschließliche Befugnis des Konkursverwalters nicht entgegenhalten. Anm. 26. Die Unwirksamkeit eines Erlasses oder einer Stundung der Einlagen des Kommanditisten d u r c h V e r e i n b a r u n g d e r G e s e l l s c h a f t e r im V e r h ä l t n i s zu d e n G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n , wie sie Abs. 3 a u s d r ü c k l i c h a u s s p r i c h t , ergibt sich schon aus dem Wesen der Kommanditistenhaftung. Die Gesellschafter können nicht durch bloße Vereinbarung unter sich die Sicherheit aufheben, die die Gesellschaftsgläubiger durch die unmittelbare, wenn auch beschränkte Haftung des Kommanditisten genießen. Sie können das ebensowenig, wie sie die unmittelbare u n b e s c h r ä n k t e Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter, § 128, lediglich durch Vereinbarung unter sich ausschließen oder aufheben können. Sie würden dadurch in die Rechte der Gesellschaftsgläubiger eingreifen. Selbstverständlich kann mit Zustimmung einzelner Gesellschaftsgläubiger mit Wirkung nur gegenüber diesen ein Erlaß oder eine Stundung vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung kann sogar lediglich zwischen den Gläubigern und den einzelnen Kommanditisten ohne Mitwirkung der übrigen Gesellschafter in bezug auf die Haftung nach außen getroffen werden. Sie hat aber keine Wirkung gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern, insbesondere nicht gegenüber solchen, die es erst später geworden sind. Anm. 27. Die im i n n e r e n V e r h ä l t n i s g e s c h u l d e t e E i n l a g e können die Gesellschafter einem von ihnen, auch einem Kommanditisten erlassen oder stunden. Es ist dies ebensogut möglich, wie ein Kommanditistenverhältnis von Anfang an ohne innere Einlageverpflichtung begründet werden kann; § 161 Anm. 17; DürHach. §161 Anm. 7. Erlaß oder Stundung haben aber nur Wirkung nach innen. Die Gesellschaft kann Leistung der erlassenen Einlage überhaupt nicht mehr, der gestundeten während der Stundungsfrist nicht mehr fordern. Erlaß oder Stundung sind abar ohne Einfluß auf die nach außen bestehende Haftpflicht. Diese besteht unverändert fort. Dagegen muß ein Gesellschaftsgläubiger Erlaß oder Stundung gegen sich gelten lassen, wenn er nicht die unmittelbare Haftpflicht des Kommanditisten geltend macht, sondern als Gläubiger der Gesellschaft deren Anspruch auf Leistung der im inneren Verhältnis geschuldeten Einlage (der Pflichteinlage) pfänden und sich überweisen läßt. Durch Erlaß oder Stundung der Pflichteinlage ist der Kommanditist nicht gehindert, einen der Haftsumme entsprechenden Betrag an die Gesellschaft zu bezahlen und sich dadurch nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 von der Haftpflicht zu befreien, vgl. § 171 Anm. 12ff., 24. Anm. 28. Die Wirkungen der Rückzahlung der Einlage S o w e i t die E i n l a g e z u r ü c k g e z a h l t w i r d , g i l t sie den G l ä u b i g e r n g e g e n ü b e r n i c h t a l s g e l e i s t e t , Abs. 4 Satz 1. Diese Vorschrift steht im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 171 Abs. 1 Halbsatz 2, nach der die Haftung des Kommanditisten ausgeschlossen ist, soweit die Einlage geleistet ist. Entsprechend seiner beschränkten Haftung soll der Kommanditist nur mit einem bestimmten Betrag — seiner Einlage —, an dem Risiko der Gesellschaft beteiligt sein. Hat er die Einlage geleistet und damit der Gesellschaft einen Vermögenswert im Betrage der Einlage zur Verfügung gestellt, aus dem die Gesellschaft ihre Gläubiger befriedigen kann, so soll er nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 von der unmittelbaren Haftung befreit sein. Der Grund der Befreiung und damit diese selbst fällt nach Abs. 4 Satz 1 weg, wenn das als Einlage Geleistete an den Kommanditisten zurückbezahlt wird.

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§ 172 Anm. 29,80 Anm. 29. R ü c k z a h l u n g ist nacn dem Sinne des Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 j ede Z u w e n d u n g an den K o m m a n d i t i s t e n aus dem Vermögen der G e s e l l s c h a f t , d u r c h die dem G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n Verm ö g e n s w e r t e im B e t r a g e der g e l e i s t e t e n Einlage ohne dem G e s e l l s c h a f t s vermögen z u f l i e ß e n d e gleichwertige G e g e n l e i s t u n g e n t z o g e n w e r d e n , da damit die Fähigkeit der Gesellschaft zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vermindert wird. Unter den Begriff der Rückzahlung fällt danach nicht nur Erstattung der geleisteten Einlage in Natur oder die Zahlung eines der Haftsumme entsprechenden Geldbetrages oder die unmittelbare Überführung von Vermögensstücken der Gesellschaft in das Vermögen des Kommanditisten, sondern auch jede andere Verwendung von Gssellschaftsvermögen zugunsten des Kommanditisten, durch den der Gesellschaft zugleich Warte entzogen werden. Dahin gehört z. B. die Verwendung von Gesellschaftsvermögen zur Deckung von Privatschulden des Kommanditisten (auch durch Einlösung von Wechseln, um den Kommanditisten von einer ihn treffenden Wechselverpflichtung zu entlasten); die Bestellung einer Verkehrshypothek oder einer Grundschuld auf Gesellschaftsgrundstücken, wenn der Kommanditist sich durch deren Verwertung Geld verschafft hat; vgl. Anm. 31; die Übernahma von Verpflichtungen des Kommanditistsn; die Umwandlung einer Beteiligung in eine Darlehensschuld der Gesellschaft, wenn ihr die A u s z a h l u n g des entsprechenden Betrags aus dem umgewandelten Rechtsverhältnis folgt, Ritter Anm. 5; die Abschreibung eines Betrages von dem Kapitalkonto des Kommanditisten auf sein Privatkonto mit der Folge, daß die Eigenschalt als verantwortliches Kapital mit der diesem eigentümlichen Verfügungsbeschränkung aufhört und der Kommanditist über das durch die Umbuchung entstandene Guthaben frei verfügen kann, s o b a l d er diese V e r f ü g u n g e t w a d u r c h A b h e b u n g des B e t r a g s oder Abt r e t u n g oder V e r p f ä n d u n g des A n s p r u c h s an einen D r i t t e n vorgenommen h a t ; vgl. Anm. 31. Eine Rückzahlung an den Kommanditisten liegt auch vor, wenn die Leistung an den Treugeber erfolgt, als dessen Treuhänder der Kommanditist Mitglied der Gesellschaft ist. Rückzahlung der Einlage liegt ferner vor, wenn ein Kommanditist eine Gesellschaftsschuld bezahlt hat und ihm die Gesellschaft dafür Ersatz geleistet hat; §171 Anm. 31. Nach dem Sinne der Vorschrift ist es der Rückzahlung gleichzustellen, wenn die Gesellschaft zwar nicht durch ihre dazu berufenen Organe Vermögenswerte auf den Kommanditisten übertragen hat, wenn dieser sie sich aber selbst angeeignet, z. B. aus der ihm als geschäftsführender Gesellschafter oder Prokurist zugänglichen Gesellschaftskasse Geld für seine Privatzwecke entnommen hat; Schlegelberger Anm. 14. Eine den Gläubigern gegenüber unwirksame Rückzahlung liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft zu der Leistung auf Grund eines nicht in der Mitgliedseigenschaft des Kommanditisten liegenden Rechtsgrundes verpflichtet war, z. B. wenn es sich um die Bezahlung von Waren handelt, die der Kommanditist der Gesellschaft außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses geliefert hat oder wenn sie ein ihr von ihm gewährtes Darlehen zurückzahlt. Dagegen kann die bloße Einkleidung einer Zuwendung an den Kommanditisten in die Form eines gegenseitigen Vertrags, z. B. die Lieferung von Waren an ihn ohne Barzahlung, sondern auf Kredit oder die Gewährung eines Darlehens an ihn, insbesondere mit langer Rückzahlungsfrist, nach Lage des Einzelfalls wegen ihres wirtschaftlichen Ergebnisses als Rückzahlung aufzufassen sein, wenn dadurch nur die offene Rückzahlung umgangen, dem Kommanditisten nur durch Vorschiebung einer anderen Rechtsform die Rückerstattung erspart und die Aufrechthaltung der geleisteten Einlage ermöglicht wird; Schlegelberger Anm. 14; DürHach, Anm. 8 Abs. 2. Anm. 80. Daß die Leistung aus M i t t e l n der G e s e l l s c h a f t erfolgt sein muß. liegt schon im Begriff der Rückzahlung der Einlage (vgl. Art. 165 Abs. 5 ADHGB., nach der der Kommanditist für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, wenn und soweit er den Vorschriften der Abs. 2—4 daselbst zuwider „Zahlungen von der G e s e l l s c h a f t empfangen hat"); D. I 116. Eine Zahlung aus Mitteln der Gesellschaft liegt auch vor, wenn ein Dritter, z. B. die Bank der Gasellschaft, für deren Rechnung die Zahlung an den Gesellschafter oder zu dessen Gunsten an einen Dritten (seine Bank) geleistet hat. Aus Mitteln der Gssellschaft erfolgt die Rückzahlung auch dann, wenn einem ausscheidenden Kommanditisten sein Abfindungsguthaben aus dem Vermögen der ,647

§ 172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. III Gesellschaft bezahlt wird; nicht aber, wenn die Abfindung von den übrigen Gesellschaftern aus deren Privatvermögen geleistet wird, ohne daß sie einen Ersatzanspruch gegen die Gesellschaft haben oder wenn ein Gesellschafter, der dem Kommanditisten Freiheit von Verlusten garantiert hat, einen dem eingetretenen Verlustanteil entsprechenden Betrag aus seinem Privatvermögen ausbezahlt; wohl aber, wenn ein neu eintretender Gesellschafter seine Einlage an die Gesellschaft leistet und aus den so der Gesellschaft zugeflossenen Mitteln die Abfindung eines gleichzeitig oder früher oder später ausgeschiedenen Kommanditisten bezahlt wird; DürHach. Anm. 9; OLG. Dresden (7. Senat) in SeuffA. 64 Nr. 171 I; a. A. das gleiche Gericht (4. Senat) daselbst unter I I . Eine Rückzahlung ist es auch, wenn während der Abwicklung dem Kommanditisten Abschlagszahlungen auf sein Auseinandersetzungsguthaben oder bei der endgültigen Auseinandersetzung dieses ganz aus dem Gesellschaftsvermögen ausbezahlt wird; ROHG. 25, 278; RG. 64, 82. Eine Rückzahlung liegt weiter vor, wenn der einzige persönlich haftende Gesellschafter das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt und dem Kommanditisten sein Abfindungsguthaben auszahlt; denn die Leistung erfolgt dann aus dem Vermögen der Gesellschaft, das sich infolge des Ausscheidens des Kommanditisten mit dem Privatvermögen des Übernehmers untrennbar vereint, auch für seine Privatschulden haftet. Durch die Zahlung der Abfindungssumme werden so Mitteldie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienen konnten, dieser Aufgabe entzogen. Darin liegt nach dem Sinne des Abs. 4 eine Rückzahlung. Eine Rückzahlung der Hafteinlage liegt nicht vor. wenn die Pflichteinlage höher ist als die Hafteinlage und nur der die letztere übersteigende Betrag zurückbezahlt wird. Wegen der Rückzahlung der Hafteinlage beim Gesellschafterwechsel vgl. auch §173 Anm. 16f. Anm. 81. Dem Zwecke des Abs. 4, die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht durch Leistungen der Gesellschaft an den Kommanditisten im Betrage der bereits geleisteten Einlage, also durch deren Rückzahlung zu erschweren, entspricht es, daß ein Kommanditist einen Anspruch auf Rückerstattung der Einlage, z. B. in Gestalt des Anpruchs auf Auszahlung seines Ausscheidungsguthabens oder einer Abschlagszahlung während der Abwicklung nicht zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger geltend machen kann. Er muß vielmehr mit seinem Anspruch hinter den Gesellschaftsgläubigern zurücktreten. Dies gilt auch dann, wenn ihm für seinen Rückzahlurgsanspruch eine Sicherheit am Gesellschaftsvermögen bestellt ist. Der Gesellschaftsgläubiger kann ohne Rücksicht auf die dadurch erfolgte Belastung des Gesellschaftsvermögens in die belasteten Gegenstände oder Rechte vollstrecken, hat also den Vorrang auf den Erlös; ROHG. 14. 92; RG. 27, 18; bei Gruchot 29, 997. Der Gesellschaftsgläubiger kann das Recht auf Befriedigung aus dem Pfände bei Bestreiten des Kommanditisten auch durch Feststellungsklage feststellen lassen. Dies gilt aber nur soweit der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern haftet, also gegenüber denjenigen, die bereits Gläubiger waren, als er aus der Gesellschaft ausschied, nicht denen gegenüber, die es erst später geworden sind. Mit diesen steht er im gleichen Rang. Das gleiche gilt auch im Konkurse der Gesellschaft. Der Kommanditist kann deshalb auch picht mit seinem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben mit dem Anspruch des Konkursverwalters auf Leistung der Haftsumme aufrechnen; OLG. Hamburg in HansRGZ. 1934 B363. In der Leistung des Rückzahlungeversprechens und der Leistung der Sicherheit liegt die Rückzahlung selbst noch nicht; deshalb lebt auch die unmittelbare Haftpflicht des Kommanditisten dadurch noch nicht auf. Dies gilt auch bei Leistung einer Sicherheit durch Bestellung einer Sicherungshypothek, OLG. Breslau in JW. 1931. 807* mit Anm., muß aber auch für die Bestellung einer Verkehrshypothek gelten, soweit sich der Kommanditist durch deren Verwertung noch nicht befriedigt hat. Erst wenn das Versprechen zur Rückzahlung erfüllt ist, z. B. durch Verwertung der Sicherheit, treten die Folgen der Rückzahlung ein; Schlegelberger Anm. 18; Ritter Anm. 5; DürHach. Anm. 10; a.A. Schwarz Anm. 4; vgl. auch Anm. 29. Das gleiche gilt, wenn der Anspruch des Kommanditisten auf Rückzahlung seiner Einlage oder auf sein Auseinandersetzungsguthaben in eine Dahrlehnsschuld umgewandelt wird oder ein Betrag in Höhe der geleisteten Einlage von seinem Kapitalkonto ab und seinem Privatkonto gutgeschrieben wird. Die Rückzahlung ist in allen diesen

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§ 172 Anm. 82—84 Fällen erst erfolgt, wenn aus dem Vermögen der Gesellschaft etwas herausgegeben und dadurch dem Zugriff der Geselllschaftsgläubiger entzogen ist. Das ist aber nicht der Fall, wenn zwar ein Anspruch auf die Leistung besteht, der Forderungsberechtigte mit ihm aber hinter den Gesellschaftsgläubigern zurücktreten muß; Schlegelberger Anm. 19; a. M. Ritter Anm. 5; wegen der Bedeutung dieser Frage im Falle des Wechsels in der Person des Kommanditisten vgl. § 173 Anm. 24. Anm. 82. Die R e c h t s f o l g e der Z u r ü c k z a h l u n g der E i n l a g e geht dahin, daß die Einlage den G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n g e g e n ü b e r nicht als geleistet gilt. Im V e r h ä l t n i s der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r ist sie ohne w e i t e r e s u n w i r k s a m . Die Gesellschaft kann mit Zustimmung aller Gesellschafter, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, auch auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses, § 119, dem Kommanditisten das als Einlage Geleistete oder einen entsprechenden Vermögenswert zurückerstatten, etwa deshalb, weil sie dem Kommanditisten, der das Erstattete zu Privatzwecken braucht, entgegenkommen will oder weil ihr die Einlage entbehrlich ist oder weil der Kommanditist aus der Gesellschaft ausscheidet und abgefunden werden soll. Eine solche Rückzahlung kann auch bereits im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein, etwa in der Weise, daß der Kommanditist die Einlage nur auf bestimmte Zeit zur Verfügung stellen muß oder daß er sie bei eigenem Bedarf zurückfordern kann. Die Rückzahlung kann die Leistung zum Gegenstand haben, die der Kommanditist im inneren Verhältnis als Einlage zu machen hat, aber auch eine Leistimg, die der Kommanditist lediglich an die Gesellschaft bewirkt hat, um sich vor der unmittelbaren Haftpflicht gemäß § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 zu befreien. Derartige Rückzahlungen sind im inneren Verhältnis unter den Gesellschaftern durchaus wirksam. Regelmäßig hat die Rückzahlung die Wirkung, daß der Kommanditist damit auch von seiner im inneren Verhältnis bestehenden Einlagepflicht dauernd befreit ist. Aus den Vereinbarungen der Gesellschafter, auch den Umständen, kann sich etwas anderes ergeben, so wenn die Rückzahlung nur für eine bestimmte Zeit oder für die Dauer eines bestimmten Bedürfnisses des Kommanditisten erfolgt ist. Im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern tritt durch Rückzahlung der Einlage die Folge ein, daß der Kommanditist künftig wieder den Gesellschaftsgläubigern in Höhe des zurückerstatteten Betrages unmittelbar haftet; § 171 Abs. 1 Satz 1; ROHG. 25, 278; RG. 64, 82. Die befreiende Wirkung der Leistung der Einlage (§ 171 Abs. 1 Halbsatz 2) hört vom Zeitpunkt der Rückzahlung an auf. In der Zwischenzeit war aber der Kommanditist befreit und für die Zwischenzeit dauert diese Wirkung fort. Der Kommanditist hat somit in der Zwischenzeit die unmittelbare Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers mit Recht verweigert; durch eine in der Zwischenzeit erfolgte Zahlungsaufforderung kam er nicht in Verzug, auch nicht im Zeitpunkt der Rückzahlung. Von der wiederaufgelebten unmittelbaren Haftung kann er sich in gleicher Weise befreien wie von der ursprünglichen, also insbesondere durch Wiedereinzahlung der Einlage an die Gesellschaft, Befriedigung anderer Gesellschaftsgläubiger; § 171 Anm. 12ff. Anm. 88. Das Wiederaufleben der unmittelbaren Haftung tritt nur ein, soweit ein der g e l e i s t e t e n Einlage e n t s p r e c h e n d e r W e r t aus dem Gesellschaftsvermögen dem Kommanditisten zugeflossen ist. Wird mehr an den Kommanditisten geleistet, wird ihm z. B. das erstattet, was er über den im Handelsregister als Einlage eingetragenen Betrag hinaus an die Gesellschaft geleistet hat, etwa weil seine Pflichteinlage höher war, als seine Hafteinlage, so tritt durch Erstattung des Mehrbetrags eine unmittelbare Haftpflicht des Kommanditisten nicht ein. Dies gilt namentlich auch, wenn infolge höherer innerer Einlagepflicht der Kapitalanteil des Kommanditisten höher war als seine im Handelsregister eingetragene Hafteinlage. Der Kommanditist haftet eben den Gesellschaftsgläubgern nur bis zum B e t r a g e der e i n g e t r a g e n e n E i n lage, n i c h t bis zum B e t r a g e seines a k t i v e n K a p i t a l a n t e i l s . Anm. 84. Die B e w e r t u n g des als R ü c k z a h l u n g G e l e i s t e t e n hat in der gleichen Weise zu erfolgen, wie die Bewertung der Leistungen, durch die sich der Kommanditist durch Leistung seiner Einlage von der unmittelbaren Haftung befreit; §171 Abs. 1 Halbsatz 2 und Anm. 14 dazu. Maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Rückzahlung.

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§172 II. Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm. 85,86 Anm. 85. Rückzahlung ist nicht die Herabsetzung der Einlage, durch die, nur für die Zukunft, die Haftpflicht vermindert wird; vgl. §174. Anm. 86. Die Entnahme von Gewinnanteilen durch den Kommanditisten gilt als Zurückzahlung der Einlage im Sinne des Abs. 4 Satz 1, wenn sie e r f o l g t , während sein K a p i t a l a n t e i l d u r c h V e r l u s t u n t e r den B e t r a g der g e l e i s t e t e n E i n l a g e h e r a b g e m i n d e r t ist oder soweit d u r c h die E n t n a h m e der K a p i t a l a n t e i l u n t e r den b e z e i c h n e t e n B e t r a g h e r a b g e m i n d e r t wird; Abs. 4 Satz 2. Diese Vorschrift bildet die Ergänzung zu der Bestimmung des § 169 Abs. 1 Satz 2 Halb6atz 2. Dieser bestimmt für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander, daß der Kommanditist die Auszahlung des ihm nach der Gewinnermittelung und seinem Beteiligungsverhältnis an sich zukommenden Gewinns nicht fordern kann, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Im inneren Verhältnis können die Gesellschafter von dieser Vorschrift abweichen, dem Kommanditisten also einen Gewinn auszahlen, obwohl er die Auszahlung nicht fordern könnte. Sie können auch bereits im Gesellschaftsvertrage dem Kommanditisten das Recht auf Auszahlung der Gewinne unter Abweichung von der gesetzlichen Regel zusprechen. Dies ist namentlich der Fall, wenn dem Kommanditisten eine Garantie auf einen bestimmten Gewinn gegeben ist und die Auszahlung aus Mitteln der Gesellschaft erfolgt. Abs. 4 Satz 2 spricht aus, daß die trotz der Vorschrift erfolgte Auszahlung im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern eine Rückzahlung der Einlage ist, daß im Betrage dieser Rückzahlung die Einlage als nicht geleistet gilt und die unmittelbare Haftpflicht des Kommanditisten wieder auflebt; vgl. oben Anm. 32. Diese Folge gegenüber den Gläubigern tritt ein ohne Rücksicht darauf, ob die Gewinnentnahme mit oder ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfolgt ist. Sie soll den Gesellschaftsgläubigern den Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen und die darin steckende, bereits geleistete Einlage sichern und die Gläubiger trotz Zahlung des Gewinns so stellen, wie wenn der Gewinnanteil des Kommanditisten zur Wiederauffüllung seiner durch Verlust verminderten Einlage verwendet worden wäre. Der Ausgleich wird dadurch geschaffen, daß in Höhe des gezahlten Gewinns die Haftpflicht des Kommanditisten wieder auflebt. Der Fall des Abs. 4 Satz 2 liegt auch dann vor, wenn der Verlust des Kommanditisten nicht nach, sondern vor der Leistung seiner Einlage eingetreten war; denn auch in diesem Falle durfte er Gewinnanteile nicht in bar beziehen, sondern mußte sie zur Ausgleichung seines Verlustsaldos verwenden; vgl. §169 Anm. 8; Baumbach Anm. 6; Schlegelberger Anm. 21. Ob die gezogene Grenze eingehalten oder überschritten ist, bestimmt sich lediglich nach dem im Handelsregister als Hafteinlage eingetragenen Betrag, nicht nach der Höhe der im inneren Verhältnis geschuldeten (Pflicht-)Einlage. Da die Pflichteinlage größer sein kann als die Hafteinlage und umgekehrt, kann eine Gewinnentnahme im inneren Verhältnis, nach §169 Abs. 1 Satz 2, unzulässig sein, weil der Kapitalanteil unter den auf die bedungene Pflichteinlage geleisteten Betrag durch Verluste gemindert ist oder durch die Auszahlung gemindert würde, während die Barzahlung im Verhältnis zu den Gläubigern nicht unzulässig ist, weil sie sich wegen der geringeren Haftsumme innerhalb der durch Abs. 4 gezogenen Grenzen hält; ebenso kann die Abhebung des Gewinns im inneren Verhältnis zulässig, im äußeren unzulässig sein; Schlegelberger Anm. 22. Die Haftpflicht lebt auch wieder auf, wenn dem Kommanditisten nicht Gewinne, aber vertragsmäßig vereinbarte Zinsen auf seinem Kapitalanteil ausbezahlt werden, wenn dadurch tatsächlich eine Rückerstattung auf die bereits geleistete Einlage erfolgt. Dies gilt auch jetzt noch, obwohl die ausdrückliche Vorschrift des Art. 165 Abs. 3 ADHGB., nach der Zinsen dem Kommanditisten nur insoweit bezahlt werden können, als dadurch die ursprüngliche Einlage nicht vermindert wird, nicht ins neue HGB. aufgenommen ist. Die NichtÜbernahme erklärt sich daraus, daß dem Kommanditisten nach dem neuen HGB. ein gesetzlicher Anspruch auf Verzinsung seiner Einlage oder seines Kapitalanteils nicht zusteht. Aber aus dem Zweck des Abs. 4 ergibt sich, daß die

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§ 172 Anm. 87, 88 Haftung des Kommanditisten mit dem Gesellschaftsvermögen oder unmittelbar auch nicht durch Auszahlung von vereinbarten Zinsen vermindert werden soll. Anm. 37. Die Pflicht zur Bückzahlung bezogener Gewinnanteile des Kommanditisten. W a s ein K o m m a n d i t i s t auf Grund einer in g u t e m Glauben e r r i c h t e t e n Bilanz in g u t e m Glauben als Gewinn b e z i e h t , ist er in k e i n e m Falle z u r ü c k zuzahlen v e r p f l i c h t e t ; Abs. 5. Die Vorschrift regelt die Folge der Auszahlung von Scheingewinnen oder dem Kommanditisten nach dem Gewinnverteilungsmaßstab nicht zukommenden Gewinnen. Die Vorschrift bezieht sich, wie schon ihre Stellung unter den Bestimmungen über die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gasellschaft ergibt, nur auf das Verhältnis zu den Gläubigern. Für das innere V e r h ä l t n i s u n t e r den G e s e l l s c h a f t e r n gilt Folgendes: Hat der Kommanditist Beträge als Gewinn bezogen, obwohl überhaupt kein Gewinn oder nicht in solcher Höhe erzielt worden ist als der Gewinnverteilung zugrunde gelegt wurde oder hat er mehr erhalten als ihm nach seiner Beteiligung zukam und hatte er auf die bezogenen Beträge im inneren Verhältnisse auch nicht aus einem besonderen Grunde einen Anspruch, etwa weil alle Gesellschafter mit der Auszahlung der Beträge einverstanden waren, so ist er nach den allgemeinen Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812ff. BGB.) zur Rückerstattung an die Gesellschaft verpflichtet. Dies gilt auch, wenn er die Auszahlung des tatsächlich gezahlten Gewinns deshalb nicht fordern konnte, weil sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert war oder durch die Auszahlung herabgemindert wurde; §169 Abs. 1 Halbsatz 2. Für den bezogenen Gewinn gilt im inneren Verhältnis noch die besondere Vorschrift des § 169 Abs. 2, nach der der Kommanditist nicht verpflichtet ist, den bezogenen Gewinn wegen s p ä t e r e r V e r l u s t e zurückzuzahlen; vgl. §169 Anm. 9. Soweit die Gesellschaft nach diesen Vorschriften zu Unrecht bezahlten Gewinn zurückfordern kann, können auch die Gesellschaftsgläubiger ihn zu ihrer Befriedigung einziehen, wenn sie den Anspruch der Gesellschaft pfänden und sich überweisen lassen. Im V e r h ä l t n i s zu den G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r n ist der Bezug in Wirklichkeit nicht entstandener Gewinne oder den einzelnen Kommanditisten nicht zukommender Gewinnanteile von Bedeutung, weil dadurch eine Verringerung des Gesellschaftsvermögens und damit der Deckungsmasse für die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger eintritt. Deshalb kann in der Zahlung nicht geschluldeter Gewinne eine Verkürzung der von dem Kommanditisten geleisteten Einlage liegen. Er erhält auf Kosten des Gesellschaftsvermögens seine Einlage zurück. Daher gilt die Einlage in Höhe des bezahlten Gewinnanteils nach dem Grundsatze des Abs. 4 als nicht geleistet mit der Wirkung, daß seine Haftpflicht wieder auflebt; RG. bei Gruchot 37, 1163. Von dieser Regel macht Abs. 5 aus Billigkeitsgründen eine Ausnahme. Bei Vorliegen des Tatbestandes des Abs. 5 soll die durch die Leistung der Einlage erloschene Haftpflicht nicht wieder aufleben. Dies ist der Sinn der Vorschrift. Es soll dadurch nicht eine Ausnahme von dem im inneren Verhältnis bestehenden Rückforderungsrecht der Gesellschaft geschaffen werden, obwohl Abs. 5 ungenau und in Anlehnung an den Wortlaut des § 169 Abs. 2 von der Verpflichtung zur Rückzahlung der Gewinne spricht. Liegen die Voraussetzungen für die Ausnahme des Abs. 5 nicht vor, so sollen die Gesellschaftsgläubiger nicht nur berechtigt sein, den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft auf Grund einer Forderungspfändung und Überweisung geltend zu machen. Sie können den Kommanditisten vielmehr unmittelbar in Höhe der bezahlten Beträge bis zur Höhe der geleisteten Einlage in Anspruch nehmen; RG. bei Gruchot 37,1163; Schlegelberger Anm. 29 Eine ähnliche Vorschrift gilt für den Gewinnbezug der Aktionäre; § 56 AktG. (früher § 217 HGB.); vgl. auch die wesentlich abweichende Vorschrift für die GmbH. §31 GmbHG. Anm. 88. Die durch Leistung der Einlage erfolgte Befreiung von der Haftung bleibt nur bestehen, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: a) Die B i l a n z , auf Grund deren der objektiv zu Unrecht ausbezahlte Gewinnanteil geleistet wurde, m u ß in g u t e m Glauben e r r i c h t e t sein. Der gute Glaube muß bei allen denen vorhanden sein, die die Bilanz errichtet haben. Aufzustellen haben die Bilanz die geschäftsführenden Gesellschafter. Zu unterschreiben ist sie aber von

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§172 II.Abschnitt: Kommanditgesellschaft Anm.88 allen persönlich haftenden Gesellschaftern. Sie müssen sie prüfen und übernehmen mit der Unterschrift die Verantwortung dafür. Erst mit dieser Unterschrift bildet sie die Grundlage der Gewinnverteilung; vgl. §167 Anm. 3. Deshalb tritt die Ausnahme des Abs. 5 nicht ein, wenn auch nur einer derjenigen, die die Bilanz unterzeichnet haben, im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht in gutem Glauben war. Der gute Glaube muß aber auch noch im Zeitpunkt der Auszahlung bei denen vorhanden sein, die die Auszahlung vornehmen; Ritter Anm. 7; Schlegelberger Anm. 7. Erkennt einer der für die Errichtung der Bilanz Verantwortlichen nachträglich ihre Unrichtigkeit, so muß er die Richtigstellung herbeiführen. Auf den guten Glauben der anderen K o m m a n d i t i s t e n kommt es nicht an, da die Kommanditisten an der Errichtung der Bilanz nicht beteiligt sind. Dies gilt nicht, wenn ihnen durch den Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung übertragen ist; § 164 Anm. 11. In gutem Glauben ist die Bilanz errichtet, wenn die für ihre Richtigkeit Verantwortlichen ohne von ihnen zu vertretendes Verschulden im Zeitpunkt der Errichtung der Überzeugung waren, sie entspreche den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 39, 40 HGB. und den besonderen Vorschriften des Gesellschaftsvertrages. Der gute Glaube besteht auch dann nicht, wenn die Verantwortlichen die Unrichtigkeit kennen mußten, wenn sie also sie aus Fahrlässigkeit nicht gekannt haben. Verschulden liegt vor, wenn die Verantwortlichen die in eigenen Angelegenheiten geübte Sorgfalt nicht angewendet haben; § 708 BGB. Grobe Fahrlässigkeit stellt stets eine Verschulden dar (§ 277 BGB.), ist aber nicht unbedingt erforderlich; § 932 Abs. 2 BGB., der den guten Glauben nur verneint, wenn das Nichtbestehen des Eigentums des Veräußerers an einer Sache dem Erwerber bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war, ist den besonderen Bedürfnissen des Eigentumserwerbs angepaßt und deshalb nicht ohne weiteres auf andere Rechtsverhältnisse zu übertragen; DürHach. Anm. 13; Schlegelberger Anm. 24; Ritter Anm. 7. b) Der K o m m a n d i t i s t m u ß den Gewinn in g u t e m G l a u b e n bezogen h a b e n . Der gute Glaube des K o m m a n d i t i s t e n ist nur vorhanden, wenn er die Bilanz ohne Verschulden für richtig hielt und annahm, daß ihm der ausbezahlte Betrag nach dem für die Gewinnverteilung anzuwendenden Maßstab zukomme. Eine den guten Glauben ausschließende Fahrlässigkeit k a n n auch vorliegen, wenn der Kommanditist von dem ihm zustehenden Prüfungsrecht (§166) keinen Gebrauch gemacht hat. §166 soll allerdings nur die Belange des Kommanditisten im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern schützen. Macht der Kommanditist aber von dem ihm gegebenen Mittel, sich über die Lage der Gesellschaft zu unterrichten, keinen Gebrauch, so kann darin eine Fahrlässigkeit gegenüber den Gläubigern liegen, jedenfalls wenn Anlaß bestand, an der Richtigkeit der Bilanz zu zweifeln. Auch wenn der Gewinnanspruch an einen Dritten abgetreten war, kommt es auf den guten Glauben des Kommanditisten an, nicht auf den des Zessionars. Da der Kommanditist den Schutz des guten Glaubens genießt und er bei dessen Fehlen als Gesellschafter haftet, muß der gute Glaube bei ihm vorhanden sein. Auf den bösen Glauben eines Dritten, der die Zahlung empfängt, kommt es deshalb nicht an; Schlegelberger Anm. 26; a. A. Ritter Anm. 7. Der gute Glaube des Kommanditisten muß im Z e i t p u n k t der A u s z a h l u n g vorhanden sein. Es genügt nicht, daß er bei Gutschrift auf das Privat- oder Kapitalkonto des Kommanditisten vorhanden ist. Nach dem Zweck des Abs. 5 ist diese Gutschrift kein Bezug, da dadurch das dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegende Vermögen der Gesellschaft nicht vermindert wird; vgl. 31, 32; Schlegelberger Anm. 28. Der gute Glaube des Kommanditisten ist überhaupt nicht geschützt, wenn er den Gewinn e i g e n m ä c h t i g entnommen hat; Schlegelberger Anm. 28. Voraussetzung des Schutzes ist, daß der Kommanditist das Ausgezanite als Ge winn erhalten hat. Dies ist der Fall, solange der Kommanditist festgestellten Gewinn als solchen noch erheben durfte, also nicht mehr, wenn er endgültig seinem Kapitalanteil zugeschrieben ist, etwa auf Grund einer Vereinbarung unter den Gesellschaftern oder weil er von dem Abhebungsrecht rechtzeitig, regelmäßig bis zur Feststellung der Bilanz des nächsten Jahres (vgl. §169 Anm. 7) keinen Gebrauch gemacht hat; denn dann handelt es sich nicht mehr um einen Gewinnanspruch. Es handelt sich dann um eine Rückzahlung verantwortlichen Kapitals; diese ist aber, wie auch sonst die Rück-

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§ 172 Anm. 88—11 Zahlung von Einlagen, nicht durch den guten Glauben geschützt; Schlegelberger Anm. 27. Gewinn im Sinne des Abs. 5 liegt auch nicht vor, wenn es sich nur um eine Vorauszahlung auf voraussichtlichen Gewinn, einen Gewinnvorschuß, oder um einen sogenannten garantierten Gewinn handelt, und im gegebenen Fall der Zahlung kein wirklicher, durch die Bilanz festgestellter Gewinn zugrunde lag. In allen diesen Fällen ist der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern in Höhe des aus dem Vermögen der Gesellschaft Erhaltenen haftbar, soweit dadurch seine Einlage vermindert wird; RG. 37, 82; Schlegelberger Anm. 27. Eine Auszahlung von Gewinn liegt nicht vor, wenn dem Kommanditisten auf Grund eines nicht in seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft beruhenden Rechtsverhältnisses, z. B. aus einem Dienstvertrag, eine Vergütung ausbezahlt wird; falls das Rechtsverhältnis nicht nur geschaffen ist, um eine in Wirklichkeit gewollte Gewinnausschüttung zu verschleiern. Abs. 5 ist sinngemäß auch auf den Fall anzuwenden, daß dem Kommanditisten nach der richtig aufgestellten Bilanz ein bestimmter Gewinnanteil zukam, dessen A u s z a h l u n g aber nach Abs. 4 Satz 2 den Gläubigern gegenüber unwirksam war, wenn aber die Gesellschaft bei Aufstellung der Bilanz ohne Verschulden der verantwortlichen Gesellschafter davon ausging, daß der Kapitalanteil des Kommanditisten nicht durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert sei oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werde, und wenn der Kommanditist bei Auszahlung des Gewinns ebenfalls in gutem Glauben war; Schlegelberger Anm. 23DürHach. Anm. 18. Anm. 89. B e w e i s l a s t . Das Vorhandensein der objektiven Voraussetzungen für die Haftbarkeit des Kommanditisten hat der Gläubiger zu beweisen, der den Kommanditisten in Anspruch nimmt. Außer dem Bestehen seiner Forderung gegen die Gesellschaft hat er zunächst nur darzutun, daß der in Anspruch Genommene nach dem Registereintrag in Höhe des geltend gemachten Anspruchs haftet. Dieser hat dann darzutun, und zu beweisen daß er von der Haftung befreit ist. Der Gläubiger kann dann beweisen, daß die Befreiung durch Rückzahlung wieder weggefallen ist. Nimmt ein Gesellschaftsgläubiger einen Kommanditisten unmittelbar in Anspruch, weil er ohne die Voraussetzungen des Abs. 5 Scheingewinne bezogen habe, so muß er beweisen, daß objektiv ein Anspruch auf den Gewinn nicht bestand, daß also die Bilanz unrichtig war oder daß der Kommanditist mehr bezogen hat als ihm zustand. Der Kommanditist hat dann zu beweisen, daß die Aufstellung der Bilanz und die Auszahlung an ihn in gutem Glauben erfolgt ist; Schlegelberger Anm. 30; Ritter Anm. 7; Wieland I 764 Anm. 27. Anm. 40. Der Anspruch des Gesellschaftsgläubigers auf Grund der wiederauflebenden Haftung des Kommanditisten ist k e i n A n s p r u c h a u s u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g . Der Haftungsanspruch als Anspruch auf Erfüllung einer Gesellschaftsschuld (vgl. § 171 Anm. 9) verliert nicht dadurch seine rechtliche Natur, daß die zuerst erloschene Verpflichtung wieder aufgelebt ist. Der Kommanditist kann sich deshalb nicht durch den Nachweis befreien, daß er das Empfangene nicht mehr besitzt; RG. 80, 148 (zu §31 GmbHG.; vgl. auch Brodmann GmbHG. §31 Anm. l a ) . Anm. 41. Einwirkung der Währungsgesetzgebung auf das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und zu Dritten. Da die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, abgesehen von dem durch die beschränkte Haftung und die damit zusammenhängende Einlage der Kommanditisten bedingten Unterschiede in vermögensrechtlicher Beziehung grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten haben, insbesondere auch am Gesellschaftsvermögen nach den Regeln der gesamten Hand ebenso wie die persönlich haftenden Gesellschafter und die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft beteiligt sind, sind auch die Einwirkungen der Währungsänderung grundsätzlich die gleichen, wie bei der offenen Handelsgesellschaft. Dies gilt namentlich für die Frage, wie auf Geldzahlung lautende, auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende, vor dem Stichtag der Geldumstellung (in den Westzonen dem 21. Juni 1948) entstandene RMAnsprüche in DM umzustellen sind: ob namentlich für bestimmte Ansprüche (Beiträge) der Umrechnungssatz: eine Reichsmark = eine Deutsche Mark gilt; vgl. § 120 Anm. 25. Auch die A u s e i n a n d e r s e t z u n g s f o r d e r u n g eines aus einer fortbestehenden Gesellschaft ausgaschiedenen Gesellschafters, auch eines Kommanditisten, ist nach den

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§ 172 Anm. 41

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gleichen Grundsätzen über die Aufstellung der Abschichtungsbilanz und die Umstellung von R M in DM (I : I) nach § 18 Abs. 1 Ziff. 3 zu ermitteln; vgl. § 138, Anm. 52. Wie die offene Handelsgesellschaft hat auch die Kommanditgesellschaft unter Mitwirkung der Gesellschafter, auch der Kommanditisten, die durch die Währungsgesetzgebung vorgeschriebenen B i l a n z e n aufzustellen: Reichsmarkschlußbilanz, DM - Eröffnungsbilanz, DM-Steuerüberleitungsbilanz, DM-Steuereröffnungsbilanz. Die Frage, welche rechtlichen Folgen die durch die Währungsgesetzgebung und die Grundsätze des DM-Bilanzgesetzes sich ergebenden Unterschiede in dem Vermögensstande der Gesellschaft nach der RM-Schlußbilanz auf 20. Juni 1948 und der DM-Eröffnungsbilanz auf 21. Juni 1948 haben, ob sie eine Neufestsetzung des Beteiligungsverhältnisses notwendig machen und ob der sog. Währungsgewinn- oder Verlust nach dem Kapital- oder nach dem Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssel zu verteilen ist, ist bei der Kommanditgesellschaft in gleicher Weise zu beantworten, wie bei der offenen Handelsgesellschaft; vgl. § 1 2 0 Anm. 26ff. Aus der Eigenart der Kommanditgesellschaft, insbesondere der beschränkten Beitragspflicht und Haftung der Kommanditisten, ergibt sich namentlich nicht, daß die sog. Währungsgewinne den persönlich haltenden Gesellschaftern allein zufallen, die Währungsverluste sie allein treflen und daß dies in einer alsbaldigen Berichtigung der Kapitalanteile zum Ausdruck kommen muß. Würde man einen Rechtsanspruch hierauf anerkennen, so könnte dies zu einer besonderen dauernden Benachteiligung der Kommanditisten führen, weil ihnen Gewinnanteile nur beschränkt, Verlustanteile aber unbeschränkt gut- oder zur Lastgeschrieben werden können (auch wenn ihr Kapitalanteil dadurch passiv wird) §167 Anm. 14. Ein solches Ergebnis ist aber durch den Zweck der Währungsumstellung und der DM-Eröffnungsbilanz nicht gerechtfertigt. Der in § 4 1 Abs. 1 des DM-Bilanzgesetzes für Kapitalgesellschaften ausdrücklich ausgesprochene Grundsatz, daß durch die Neufestsetzung des Kapitals — iür die die DM - Eröffnungsbilanz die Grundlage bildet — das Verhältnis der mit den Anteilen -verbundenen Rechte zueinander nicht berührt wird, gilt jedenfalls s i r r g e m ä ß , auch für die Personengesellschaften; vgl. von Boehmer, DM- Bilanzgesetz S. 69/70. E r hat seine besondere Bedeutung für die Kommanditgesellschaft wegen der begrenzten Beteiligung der Kommanditisten. Die H a f t s u m m e , in deren Höhe der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar haftet, und für die die Eintragung im Handelsregister nach § 172 Abs. 1 maßgebend ist, stellt kein auf Zahlung einer Geldsumme gerichtetes Schuldverhältnis im Sinne des Umstellungsgesetzes dar. Daraus würde folgen, daß § 2 des (1.) Währungsgesetzes anwendbar ist, und an Stelle des ins Handelsregister eingetragenen Nennbetrags in Reichsmark der gleiche Nennbetrag in Deutscher Mark t r i t t ; so HarmeningDuden, Währungsgesetze, S. 166, „ f ü r Haftsummen bei Handelsgesellschaften und Genossenschaften". Für Genossenschaften „ m i t beschränkter Haftpflicht" hat das nach Erscheinen des genannten Kommentars verkündete D M - B i l a r z g i S e t z auch in § 6 4 , Abs. 4 bestimmt, daß auf die im Statut festgesetzte Haftsumme § 2 des Währungsgesetzes anzuwenden ist, d . h . , daß die Umstellung im Verhältnis 1 : 1 stattfindet. Wird zugleich mit der Neufestsetzung der Geschäftfguthabe n der Gerossen, die nach § 64 Abs. 1 bei der Beschlußfassung über die Feststellung der DM.-Eröffnungsbilanz zu erfolgen hat, eine Herabsetzung der Haftsumme in demselben Verhältnis wie die Neufestsetzung der Geschäftsanteile ba^hlossen, so gelten die sonst für die Herabsetzung der Haftsumme oder des Geschäftsanteils bestehenden Schutzb Stimmungen der §§ 133, 22 Abs. 1—3 des Genossenschaftsgesetzes nicht, § 64, Abs. 4 Satz 2 DM-BilGes. Für den Beschluß genügt einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, § 67; vgl. von Boehmer a. a. O. S. 106. E s liegt nahe auch bei der Kommanditgesellschaft die grundsätzliche Umstellung der Haftsumme im Verhältnis 1 : 1 anzuerkennen, da bei der Genossenschaft und bei der Kommanditgesellschaft im Verhältnis zu den Gläubigern die Haftsumme die gleiche Funktion — den Gläubigerschutz gegen Zahlungsunfähigkeit der Hauptschuldnerin — hat. Von Caemmerer, Währung^fragen, zugleich Besprechung von Harmening-Duden. S J Z 49, Sp. 816, 820, will zwar lür Haltungshöchstgrenzen bei der Erfolgshaftung ( z . B . § 1 2 KfzG, § 4 Sachhaftpflichtges., §702 B G B ) die Umstellung 1 : 1 anerkennen, nicht aber für die betragsmäßig beschränkte Haftung eines

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§ 172 Anm. 41 Kommanditisten nach § 171 HOB. oder eines Aktionärs, der verbotene Ausschüttungen erhalten habe, §56 Akt.Gas. Die H i f t u i g g)g;nüb;r d;m Q äubiger sei Spisgelbild der Einlagepflicht oder der Pflicht zur Rückgewähr unzulässig empfangener RM-B träge, §56 Akt.Gjs., § 172 Abs. 4 HGB. Die Leistung an die Gasellschaft befreie dem Gläubiger gegenüber und umgekehrt. In dieser Wirkung unterscheidet sich die Kommanditistenhaftung allerdings von der Haftpflicht des Genossen. Dieser haftet nach der Neugestaltung des Genossenschaftsrechts den Gläubigern unmittelbar überhaupt nicht mehr. Er wird von der Nachschußpflicht aber auch nicht dadurch befreit daß er die satzungsmäßigen Einlagen auf seinen Geschäftsanteil geleistet hat. Die Nachschußpflicht des Genossen geht somit auf eine zusätzliche Leistung, die im Falle des Genossenschaftskonkurses zu erfüllen ist. Dagegen haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar und die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. § 171 Abs. 1. Aber dieser Zusammenhang zwischen unmittelbarer Haftpflicht und im inneren Verhältnis zu leister.der Eirlag< ist doch wesentlich eingeschränkt durch die Vorschrift des § 172 Abs. 1 räch d< m im Verhältrif zu den Gläubigern der Gesellschaft die Einlage des Kommanditist! n durch den in das Handelsregister eingetragenen Betrag bestimmt wird. Daraus ergibt sich (ine w(S; als Auflösungsgrund § 131 23 ; über Vermögen eines Gesellschafters § 131 27 ; Unterbrechung der Verjährung durch •— § 1604. Konkursantrag der Handelsgesellschaft § 13123. Konkurseröffnung und Übernahmerecht § 142

Sachregister Konkursgcricht bei Gesellschaftskonkurs § 131«. Konkursgrund bei der o . H . G . § 131 IS . Konkursmasse der o . H . G . § 13123. Konkursverfahren, Ablehnung der weiteren Erfüllung durch Gesellschaft § 105' 4 . Konkursverwalter, Umfang der Verfügungsbefugnis des -— bei Gesellschaftskonkurs § 131 83 ; Befugnis im Gesellschaftskonkurs § 1 3 1 " ; Erklärung der Fortsetzung der Gesellschaft gegenüber — § 141 13 ; als Abwickler § 1467. Konsorten § 105". Konsortialleiter § 105»5. Konsortialverträge § 10585. Konsortium § 105«6, M. Konto bei stiller Gesellschaft § 337 Kontokorrentschuld, Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters f ü r — § 138**. Kontokorrentverkehr, Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters f ü r — § 128 **. Kontrollrecht siehe Prüfungsrecht. Krankheit des Gesellschafters als Auflösungsgrund § 133 5 ; als wichtiger Grund § 133». Kriegsschäden in DM-Bilanz § 12033. Kündigungder Geschäftsführung § 117 31 f.; der Handelsgesellschaft § 131 30 ; einer auf unbestimmte oder auf Lebenszeit eingegangenen Gesellschaft § 132 2 ff. als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung § 132 3 ; der Handelsgesellschaft unter einer Bedingung § 132 6 ; Androhung § 132 6 ; Form § 132»; durch Bevollmächtigten § 132 7 ; durch gesetzlichen Vertreter § 132 8 ; durch Ehefrau § 132«; durch Ehemann § 132»; Rücknahme § 132 10 ; Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit § 132 10 ; verspätete — § 1 3 2 » ; Ausschluß § 1 3 2 » ; Wirkung § 132 16 ; Abwicklung nach — durch Privatgläubiger § 135 19 ; durch Privatgläubiger und Fortsetzung der Gesellschaft § 141 2 . Kündigungsfrist, Berechnung § 132"; vertragliche Abänderung § 132 11 ; und andere Auflösungsgründe § 13218. Kündigungsrecht, öffentliches — des Gesellschafters § 132 2 ; unzulässige Beschränkung § 132 14 ; unzulässige Erschwerung § 132 14 ; Rechtsfolge unzulässiger — § 132 15 ; eines Privatgläubigers § 135; als Austrittsrecht § 138 13 ; keine unbeschränkte Aus-

schließung durch letztwillige Verfügung § 139 2 ; vertragsmäßiges — und Treu und Glauben § 140". Kundschaft bei Abschichtungsbilanz § 1382». L Lastenausgleich, Berücksichtigung in der D.M.E.B. § 120 2». Lebenszeit, Gesellschaft auf — gilt als eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft § 134; Ausschließung der lebenslänglichen Bindimg, Begriff dieser § 134. Legitimation der Vertreter im Grundbuchverkehr § 12521. Leistungsverweigerungsrecht wegen Nicht erfüllung durch Mitgesellschafter § 105' 3 . Liquidation der Gesellschaft § 131 2 , § 145; bei Kündigung durch Gläubiger oder Eröffnung des Privatkonkurses § 145 27 ; —• und Vergleichsverfahren § 145 28 ; Eröffnungsbilanz § 154; Verteilungsmaß stab § 154 4 ; Jahresbilanz § 154'; Gewinnverteilung § 154 12 ; Buchführung während — § 154 16 ; Verteilung von Geld § 155 7 ; Zurückbehaltung von Geld § 155'; Verrechnung von Abschlagszahlungen § 155 10 ; Steuerpflicht § 155 19 ; Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter § 156; Anmeldung der Firma trotz — § 156 3 ; Übertragbarkeit der Gesellschafterrechte § 156'; Ersatz von Aufwendungen § 156»; Verzinsung von Entnahmen § 156 10 ; Wettbewerbsverbote § 156 11 ; Kontrollrechte. § 156 13 ; Gerichtsstand § 156 16 ; Gesellschafterhaftung § 156 17 ; Anmeldung des Erlöschens der Firma § 157; Verwahrung der Bücher und Schriften nach —§ 157 13 ; Ausschluß § 158; Wiederaufnahme § 158 12 . Liquidationsfirma, Zeichnimg der — § 153. Liquidationsvergleich, Abwicklung bei — § 145«. Liquidator, Abberufung § 147; Begriff der Abberufung § 147 2 ; Abberufung durch Beschluß der Beteiligten § 147'; Abberufung durch Gesellschaftsvertrag § 147 7 ; Endigung der Stellung des — § 147 l z ; vertragsmäßige Ausschließung des Rechts auf Abberufung § 147 13 ; Abberufung durch Gericht § 147 14 ; Abberufung durch einstweilige Verfügung § 147 14 ; Tod § 147 16 ; Anmeldung zum Handelsregister § 148; Wirkung der

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Sachregister Eintragung oder Nichteintragung § 1481»; Firmenzeichnung § 148 19 ; Zusammenwirken mehrerer — § 150; Gesamtbefugnis § 150'; Zustimmungspflicht bei mehreren — § 150 4 ; Klage auf Zustimmung bei mehreren— § 160 4 ; Alleinvertretungsbefugnis bei mehreren — § 150 7 ; kein Ausschluß von Geschäftsführern oder Vertretung bei mehreren — § 150°; Eintragung im Handelsregister bei mehreren — § 1 5 0 " ; Genehmigung zur Vornahme bestimmter Geschäfte bei mehreren — § 150 15 ; keine Beschränkung der Befugnis gegen über Dritten § 151; keine Beschränkung der Vertretungsbefugnis auf Zweigniederlassung § 151 7 ; Erweiterung der Vertretungsmacht § 151'; Anordnungen der Beteiligten an — § 152; Anweisungen durch Mehrheitsbeschluß an — § 152 8 ; keine Anordnungen an — durch Gericht § 152 10 ; Schadensersatzpflicht bei Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen § 152 1 , ;Unterschriftszeichnung § 153; Bilanzaufstellung § 154; Jahresbilanz § 154*; Rechnungslegungs- und Auskunftspflicht § 154 16 ; Anmeldung des Erlöschens der F i r m a § 157'; bei Ausschluß der Abwicklung § 1586 Löschung unrichtigerEintragungen §108". Löschungsgesetz § 131". M Mehrfaches Stimmrecht § 119". Mehrheit von Personengesellschaften zwischen denselben Personen § 1 0 5 " ; von Erben § 139«; von Abwicklern § 150; von stillen Gesellschaftern § 335'. Mehrheitsbeschlüsse § 11910. Meta-Geschäft § 335". Miet- und Pachtverträge und Dienstverträge nach Auflösung § 13110. Mietverträge bei Auflösung der Gesellschaft § 13110. Minderkaufmann, Eintritt als Kommanditist in Geschäft eines — § 173». Mindestgewinn, Garantierung § 121 Miterbe als Prokurist § 105*5; Errichtung einer neuen Gesellschaft durch — § 105"; als Gesamtrechtsnachfolger § 139 14 ; Beteiligung am Gesellschaftsvermögen § 1 3 9 " ; Wahlrecht des — § 1 3 9 " ; im Abwicklungsverfahren § 146 1J f.; Rechtsverhältnis zwischen —

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und Vertreter im Abwicklungsverf ahren § 1 4 6 i m Abwicklungsverfahren § 146». Mitgesellschafter, Inanspruchnahme eines — § 128".

Mitgliederwechsel § 109', § 130. Mitgliedschaft, Rechtsnachfolge durch Übertragung der — § 130 4 ; bei anderen Gesellschaften und Genossenschaften §131. Mitgliedsrecht, Unübertragbarkeit § 1097. Mitverwaltungsrechte, gesellschaftliche § 109«. N Nacherbe, Eintritt des — in Gesellschaft § 139 *4; Wahlrecht des — § 139 M ; Anmeldung des Eintritts eines — § 1437. Nachlaßkonkurs und Auflösimg der Gesellschaft § 1 3 7 " ; und Abwicklungsverfahren § 146". Nachlaßkonkursverwalter als Abwickler § 1467. Nachlaßverwaltung und Auflösung der Gesellschaft § 1 3 7 " ; und Abwicklungsverfahren § 14687. Nachschuß, Erhebung von — § 109". Nachlaßpfleger oder Ehemann von Erben; Fortführung des Geschäfts eines Einzel kaufmanns durch diese § 10568. Nachträgliche Zustimmung eines Gesamtvertreters § 125". Namensrecht der o . H . G . § 124«. Namensunterschrift, Zeichnung der —beim Registergericht § 108 so ; Aufbewahrung beim Registergericht § 1082S. Naturalteilung s t a t t Abwicklung § 14517. Negativer Kapitalanteil, Beteiligung an Gewinn und Verlust § 12110. Neue Firma der Abwicklungsgesellschaft § 145». Neufestsetzung des Kapitals und der Beteiligungsverhältnisse § 120". Nichtigkeit der Gesellschaft § 1 0 5 " f f . ; — und Anfechtbarkeit der Auseinandersetzungsvereinbarung § 131". Nichtigkeitsgründe im einzelnen § 105"ff. Niederlegungder Geschäftsführung § 117 31 ; der Vertretungsmacht § 127 14 . Niederstwertgrundsatz § 12083. Nießbrauch, kein — an Gesellschaftsrecht § 109'; bei Auflösung der Gesellschaft § 13110.

Sachregister O Oder-Nelße-Linie, Sitzverlegung in andere Zonen § 107. Öffentlicher Glaube des Handelsregisters § 105 Örtlicher Geltungsbereich des H O B V 5 ff. zu § 105. Offenbarungseid der Gesellschaft § 124". Offene Handelsgesellschaft siehe Gesellschaft und Handelsgesellschaft. Offene Rücklagen § 120*. Optionsrecht, keine Übertragung § 1096. Ordentliches Kündigungsrecht § 132*. Ordnungsstrafen zwecks Erfüllung der Zeichnungspflicht § 108"; gegen offene Handelsgesellschaft § 124*. Ordnungsstrafverfahren des Regist er richters § 108". Ostgebiete, Gesellschaftsrecht in den —• V 1 0 zu § 105; Umstellungsverordnung § 120". Ostmark, Entziehung der Vertretungsbefugnis § 127". Ostzone, Sitzverlegung in andere Zonen §107. P Pachtverträge bei Auflösung der Gesellschaft § 13110. Papiere, Einsicht in — bei verbotenen Geschäften § 113*; Einsicht durch Gesellschafter § 118'; Verwahrung nach Abwicklung § 157 13 ; Bestimmung des Verwahrers § 157 14 ; Einsicht in — durch Kommanditisten § 166; Vorlegung an Kommanditisten auf Anordnung des Gerichts § 166*; Verwahrung nach Auflösung der Kommanditgesellschaft § 177 80 ; Einsicht in — durch stillen Gesellschafter § 338; Verbleib von — nach Auflösung der stillen Gesellschaft § 3 4 0 " . Parteifähigkeit der o . H . G . § 124». Parteivernehmung der Gesellschafter § 124 13 Partiarisches Darlehen § 335«. Partnership § 105 Passive Yertretungder Gesellschaft § 125 l3 , § 1501«. Passiven in der DM-Eröffnungsbilanz § 12083. Passives Kapitalkonto § 120". Passivsaldo, Verjährung des Anspruches auf — § 159 4 . Personengesellschaften V 3 zu § 105; Devisenrecht V 1 3 zu § 105.

Pfändbarkeit von unübertragbaren Gesellschafterrechten § 109*. Pfandrecht, kein — an Gesellschaftsrecht § 109». Pfändung von Auseinandersetzungsguthaben § 135*. Pflichteinlage, Herabsetzung bei Kommanditgesellschaft § 1744. Pflichtteilsberechtigter, keine Fortsetzung der Gesellschaft mit — § 139 13 . Pflichtverletzung, grobe — des Geschäftsführers § 117 8 ; als Auflösungsgrund § 133». Poolverträge (Syndikate) § 105»5. Präsentationsrecht § 130 3 Preisbindungsvereinbarungen § 131 10 . Preislisten, Versendung von — als Gesellschaftsbeginn § 123". Preisstopvorschriften § 105 M . Preisvorschriften, Verstoß bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags § 105'°. Privatbüeher, Einsicht durch Gesellschafter § 1187. Privatforderungen, Aufrechnung von — § 124". Privatgläubiger, Kündigungsrecht § 135 s ; Begriff des Kündigungsrechtes § 135 10 ; unwirksame Kündigung durch § 135 13 ; Ausschluß der Kündigung durch — § 135 16 ; Frist für Kündigung § 1 3 5 " ; Wirkung der Kündigung § 135 13 ; Anspruch auf Auskunftserteilung bei Kündigung § 135 1 '; Befriedigung nach Kündigung § 135 83 ; Befriedigung durch Mitgesellschafter § 135 2 '; Rücknahme der Kündigung § 1 3 5 " ; Kündigung durch — und Fortsetzung der Gesellschaft §141»; Kündigung durch — und Übernahmerecht § 142 17 . Privatkonkurs, Zusammentreffen m i t Gesellschaftskonkurs § 131 33 ; Fortsetzung der Gesellschaft bei — § 138 14 ; Fortsetzungserklärung bei — § 141 13 . Privatkonto § 120 13 ; bei Kommanditgesellschaft § 167'; bei stiller Gesellschaft §337». Privatschuldner, Anrechnimg durch — § 124 w. Privatvermögen und Gesellschaftsvermögen § 105 43 ; Haftung der Gesellschafter mit — § 128». Prokura, Erteilung § 116®; Erteilung bei Gefahr im Verzuge § 1 1 6 " ; keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zur Erteilung durch Vormund erforderlich § 1 1 6 " ; Widerruf § 116 13 ; Beschränkung des Umfangs § 116 13 ; Er-

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Sachregister teilung und Widerruf § 1 2 6 " ; Anmeldung § 1 2 6 " ; Erlöschen der — bei Auflösung der Gesellschaft § 131 6 ; § 149«»; Widerruf bei Kommanditgesellschaft § 1 6 4 ' ; Erteilung an Kommanditisten § 170«; 164«. Prokurist, Abschluß von Gesellschaftsverträgen durch — § 105 5 1 ; keine Anmeldung zum Handelsregister durch — § 108*; Erweiterung der Vertretungsmacht § 1 2 5 " ; Erteilung der Vertretungsmacht § 125 " ; Anstellung und Entlassung § 126 1 0 ; Haftung der Gesellschaft für — § 1 2 6 » ; keine Anstellung durch Abwickler § 149 4 0 ; Wirkung der Bestellung nach außen § 116". Prolongationswechsel als schwebende Geschäfte § 138«. Prozeß, Vertretung der Gesellschaft im — § 126". Prozeßkosten, Sicherheitsleistung der Ausländer V 8 zu § 105. Prozeßvergleich der offenen Handelsgesellschaft § 1 2 4 " . Prozeßvertreter der o. H. G. § 1 2 4 " . Prütnngsplllcht des Registerrichters § 108". Prüfungsrecht (Kontrollrecht) des Gesellschafters § 118; Ausübung durch Ausschuß § 118 1 5 ; und Ausübung durch gesetzliche Vertreter, Ehemann, Bevollmächtigte § 118*; unter Zuziehung von Gehilfen (Sachverständigen, Verantwortung für diese § 118*, s ; kein Ausschluß durch Gesellschaftsvertrag bei Unredlichkeit § 1 1 8 " ; ordentliches — des Kommanditisten § 1 6 6 ' ; Erweiterung des — für Kommanditisten § 166®; außerordentliches — des Kommanditisten § 166". PubllzitStswirkung der Eintragung der Auflösung § 1 4 3 w ; negative — der Auflösung § 143»°; der Eintragung einer Kommanditgesellschaft § 1 6 2 " . Q Quotenmäßigo Bestimmung der Beteiligung § 120*>. R Rahmenverträge, Berücksichtigung in der Abschichtungsbilanz § 138 30 . Rechnungslegung, Anspruch der Gesellschafter auf diese § 1 1 8 " ; bei verbotenen Geschäften § 1 1 3 ' ; Anspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters

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auf — § 138«, 4 2 ; Anspruch des Konkursverwalters auf — § 1 4 1 " . Rechnungslegungspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter § 116 2 1 ; der Abwickler § 1 5 4 " . Rechtsgeschäfte, Vertretungsbefugnis bei formbedürftigen — § 125 Rechtsgeschäftlicher Verkehr zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern § 1 0 5 " Rechtsgestaltende Kraft des Urteils § 140". Rechtsnachfolge bei Tod eines Kommanditisten § 177 10 . Rechtsschein und Gesellschaftsvertrag § 105™; Wirkimg im einzelnen § 1 0 5 " . Rechtsweg, Ausschließung durch Vertrag unzulässig § 117 i 9 . Registergericht, Prüfung der Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags wegen Formmangels § 1 0 5 " , § 106ff. Registerrichter, Prüfungsrecht § 1 0 8 " . Registerzwang § 106. Reichsmarkschlußbilanz § 120 2 5 ; Frist, Verbindung der letzten — mit dem vorhergehenden Geschäftsjahre § 120™. Reingewinn § 120». Reinverlust § 120». Reserven, Auflösung bei Abschichtungsbilanz § 1 3 8 " ; stille — bei Abschichtung § 1 3 8 " . Revisionsinstanz, Nachprüfung des wichtigen Grundes § 133«. Rücklagen, freiwillige § 120 4 ; stille — § 120 4 ; Auflösung von — § 120«; — aus Gewinn § 120 a 2 ; Bildung in der Reichsmarkabschlußbilanz § 1 2 0 M ; stille oder offene in der DM-Eröffnungsbilanz § 120 J »ff; Auflösung bei Abschichtungsbilanz § 1 3 8 " . Rücktritt vom Gesellschaftsvertrag § 105 M ; § 131». S Saargebiet, Wertansatz von Forderungen gegen Schuldner im Saargebiet § 1 2 0 " . Sacheinlage des Kommanditisten § 1 6 1 " . Schadensersatz, Geltendmachung § 113*; Verjährung § 113 10 . Schadensersatzanspruch der Gesellschaft § 113; 1 1 6 " ; 1 3 3 " ; 140 M . Scheingesellschafter § 105 75 . Scheinvertrag § 105 «". Schiedsgericht § 117 3 0 ; zur Festlegung des Inhalts des Vertrags, Aufnahme und Ausscheiden von Mitgliedern § 105 4 < ; für Anfechtung von Be-

Sachregister schlüssen § 119 1 '; über Ausschließung von Gesellschaftern § 125; Auseinandersetzungsvereinbarung d u r c h — § 145 H». Schlußverteilung § 155 2 ; Klage auf Vornahme § 155 14 . Schritten, Übergabe bei Abwicklung § 145 11 . Schulderlaß, Vereinbarung m i t Gesellschaft §128»». Schuldübernahme, Frage der befreienden Wirkung f ü r die Gesellschaft § 128". Schutzgemeinschaftsverträge § 10585. Schutzrechte, H a f t u n g der Gesellschaft f ü r Verletzung von — § 126". Schwebende Geschäfte in der DM-Bil. § 120 33 ; Teilnahme des Ausgeschiedenen § 138 40 . Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens, deren Rechtsfolge § 1 0 5 " ; Selbstkontrahieren als Überschreitung der Vertretungsmacht § 126 24 . Separatkonto § 120 19 ; bei K o m m a n d i t gesellschaft § 167». Sitz der Gesellschaft, Anmeldung und Eintragung ins Reg. § 106 2 . Sitz Verlegung ins Inland — Ausland, als Unterwerfung u n t e r deutsches Recht, V 10 zu § 105; Anmeldung zum Handelsregister § 107. Societas leonina § 10570. Société en commandite V zu § 160. Société en nom collectif § 105 >. Sonderkonto § 120 19 ; bei K o m m a n d i t gesellschaft § 167». Sonderrecht eines Gesellschafters auf eine Stellung in der Verwaltung § 127 16 ; jedes Gesellschafters auf Auszahlung des Jahresgewinns § 1559. Sondervollmacht f ü r einzelne Gesamtvertreter § 125 10 ; f ü r Abwickler § 149". Sozialansprüche, Geltendmachung von — § 1 2 4 " , § 128 32 ; Geltendmachung durch Abwickler § 149 12 ; Geltendmachung durch Gesellschafter § 149 1S . Sozialrechte der Gesellschafter als höchstpersönliche Rechte, Grundsatz der Nichtübertragbarkeit § 105. Sozialverbindlichkeiten, Erfüllung durch Abwickler § 149». Sparkassengeschäft, Formblätter f ü r J a h res-Abschluß § 120 3 . Staatsangehörigkeit der Gesellschaft, der Gesellschafter V z u - § 105». Staatsgenehmigung zum Abschluß des Gesellschaftsvertrags § 105 Steuerbilanz § 120».

Steuererklärungen, Abgabe d u r c h die Vertreter der Ges. § 1 2 6 " . Steuern, Zahlung durch Gesellschafter § HO 3 . Steuerpflicht, keine wegen Veränderung der Werte in der DM-Eröffnungsbilanz § 120 31 . Steuerrechtliche Fragen § 105". Steuerrechtliche Reichsmarkschlußbilanz § 120 23 ; DM-Überleitungsbilanz § 120 30 ; DM-Eröffnungsbilanz § 124 31. Stichtag f ü r Auseinandersetzung § 141 19 . Stille Gesellschaft, Besteuerung § 1 0 5 " ; Ausschluß des Kündigungsrechtes § 1 3 2 " ; Betriebsbestimmung § 335; Wirtshaftsbedeutung § 335 2 ; als Innengesellschaft § 335 6 ; Zweck § 3 3 5 ' ; des Minderkaufmanns § 335*; Gebrauchsüberlassung § 3 3 5 Ü b e r t r a g u n g von Nutzungsrechten a n — § 335 18 ; Dienstleistungen als Einlage § 335 2 0 ; Vermögenseinlage § 335 1 6 ; Bewertung von Dienstleistungen § 335 2 4 ; E n t s t e h u n g § 33 5 3 2 ; Vertragsabschluß § 33 5 3 2 ; beschränkt geschäftsfähige Personen in — § 3 3 5 " ; I n h a l t des Gesellschafts Vertrages § 335 40 ; Anfechtbarkeit u n d Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages § 33 5 4 2 ; Grundsatz der Vertragsfreiheit § 335 4 3 ; Anwendung von bürgerlichrechtlichen Vorschriften § 335 4 3 ; kein R ü c k t r i t t vom Vertrag § 335 4 5 ; Sorgfaltspflicht § 335 M ; Geschäftsführung § 335 69 ; abweichende Vereinbarung über Geschäftsführung § 335«°; W e t t bewerbsverbot § 335 3 4 ; Übertragung von Ansprüchen § 3 3 5 6 , f . ; Zuständigkeit bei Streitigkeiten § 3 3 5 " ; Verhältnis nach außen § 335 7 3 ; Prozesse u n d Konkurse § 335 73 ; Steuerrecht § 3 3 5 " ; Gewinn- u n d Verlustbeteiligung § 336 3 ; Gewinn- u n d Verlustberechnung § 337; Jahresbilanz § 337 3 ; Anlagevermögen und Betriebsgewinn § 337•; Firmenwert § 337 5 ; Abschreibungen § 3 3 7 ' ; Steuern als Geschäftsunkosten § 337'; Vereinbarung über Bilanzierung u n d Gewinnberechnung § 3 3 7 " ; Rücklagen § 3 3 7 » ; Aufstellung der Jahresbilanz § 337 1 9 ; Aufstellung der Gewinn- u n d Verlustberechnung § 337 19 ; Rechenschaftspflicht § 337 19 • Auszahlung des Gewinnanteils § 337 20 ; Zurückbehaltungsrecht an Gewinnanteil § 337 20 ; E n t nahmerecht § 337 20 ; Behandlung nicht abgeholten Gewinns § 3 3 7 " ; Auflö-

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sung einer durch Verlust geminderten Einlage § 337 " ; Verlustvertrag §337"; Abtretung des Gewinns § 337 M ; Einlagekonto und Privatkonto § 337 **; Kündigung §339; Begriff der Auflösung § 339*; Auflösung durch Zeitablauf § 339»; Auflösung durch Gesellschafterbeschluß § 339 4 ; kein Gesellschaftskonkurs § 339 6 ; Auflösung durch Tod eines Gesellschafters § 339«; Verschmelzung § 339 10 ; abweichende Vereinbarungen für Auflösung § 339 11 ; Auflösung durch Konkurs des stillen Gesellschafters § 3 3 9 " ; Auflösung durch Kündigung eines Gesellschafters § 339 18 ; Auflösung aus wichtigem Grund § 3 3 9 " ; fristlose Kündigung § 3 3 9 " ; Kündigung durch Gläubiger des stillen Gesellschafters § 3 3 9 " ; Auflösung infolge Unmöglichkeit des Gesellschaftszweckes § 3 3 9 " ; keine Auflösung durch Einstellung des Gewerbe betriebes § 3 3 9 " ; Auflösung auf Grund Vertragsbestimmung § 3 3 9 " ; keine Ausschließimg von Gesellschaftern § 3 3 9 " ; keine Eintragung der Auflösung im Handelsregister § 339 as ; Fortsetzung der aufgelösten — § 339 84 ; keine Auflösung durch Tod des stillen Gesellschafters § 339 86 ; Umwandlung § 3 3 9 " ; Folgen der Auflösung § 340»; Auseinandersetzung § 340 8 ; Auseinandersetzungsbilanz § 340 5 ; Vermögensbewertung bei Auseinandersetzung § 340 5 ; Gewinn- und Verlustberechnung bei Auflösung § 340'; Aufstellung der Auseinandersetzungsbilanz § 340®; Geltendmachung von Verzugszinsen bei nicht rechtzeitiger Auszahlung § 340 18 ; Anspruch auf Berichtigung der Auseinandersetzungsbilanz § 340 15 ¡Anfechtung der Auseinandersetzungsbilanz § 3 4 0 " ; Teilnahme des stillen Gesellschafters an schwebenden Geschäften bei Auseindersetzung § 3 4 0 " ; Abwicklung schwebender Geschäfte § 3 4 0 " ; Verbleib der Bücher und Papiere nach Auflösung § 3 4 0 " ; Einzahlung rückständiger Einlage bei Konkurs §341«; Sorgfaltspflicht des Konkursverwalters § 341'; Rechnungslegung und Auskunftserteilung des Konkursverwalters § 3 4 1 " ; Vergleichsverfahren über Vermögen eines Gesellschafters § 3 4 1 " ; Kündigung des Gesellschaftsvertrages bei Vergleichsverfahren § 341 18 ; Anfechtungsrecht

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des Konkursverwalters § 342; Anfechtung der Befreiung von Verlustanteil § 342'; Ausnahme von Anfechtbarkeit § 342«; Geltendmachung und Wirkung der Anfechtimg § 3 4 2 " ; Anfechtungsfrist bei Konkurs § 342 Stille Rücklagen s. Bücklagen. Stiller Gesellschafter, Vermögenseinlage § 335 15 ; Beteiligung des — § 3 3 5 " ; Gewinnbeteiligung § 3 3 5 " ; Ausschluß von Verlust § 3 3 5 " ; Beteiligung am Gewinn des Unternehmens § 335 80 ; keine Kaufmannseigenschaft § 335 31 ; Sicherheitsleistung für — § 335 40 ; Überwachungsrecht § 335 40 ; Mitverwaltungsrecht § 335 40; Rechtsverhältnis untereinander § 335 44 ; Verpflichtung § 335 46 ; wichtiger Grund zur Kündigung § 335 4 a , 6 1 ; Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Betrieb § 3 3 5 " ; Leistung der Vermögenseinlage §335 53 ; Einlage von körperlichen Sachen oder Rechten § 335", Nachschuß Verpflichtung § 3 3 5 " ; Sorgfaltspflicht § 3 3 5 " ; Genehmigung außergewöhnlicher Geschäfte § 335*»; keine Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis § 335 , l ; keinWettbewerbsverbot § 335 84 ; Mehrheit von — § 3 3 5 " ; keine Eintragung im Handelsregister § 335 78 ; Anteil am Gewinn § 336»; Ausschluß vom Verlust § 336 4 ; kein Ausschluß der Gewinnbeteiligung § 336*; Anspruch auf Rückzahlung der Einlage § 337 16 ; Begrenzung der Beteiligung am Verlust § 3 3 7 " ; Überwachungsrecht § 338; Erweiterung oder Beschränkung des Überwachungsrechts § 338»; keine Ausschließung § 3 3 9 " ; keine Auflösung der Gesellschaft durch Tod des — § 339 85 ; Auseinandersetzung mit — § 340 3 ; Auseinandersetzungsguthaben § 340'; Auszahlung § 340 18 ; Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens § 340 18 ; Teilnahme des — an schwebenden Geschäften bei Auseinandersetzung § 340 19 ; Rechenschafts - und Auskunftspflicht bei Auflösung § 340 14 ; als Konkursgläubiger §341; Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens bei Konkurs § 341 3 ; Teilnahme an schwebenden Geschäften bei Konkurs § 341'; Konkurs § 341 15 ; Teilnahme am Vergleichsverfahren über stille Gesellschaft § 341

Stimmabgabe, Form § H 9 1 5 ; Anfechtung § 119". Stimmenmehrheit, Berechnung derselben § 119"ff. Stimmrecht der Gesellschafter § 119 6 ; gesetzl. Ausschließungsgründe § 119 6 ; Ausschließung oder Beschränkung durch den Gesellschaf tsvertrag § 119 7 ; Verpflichtung zur Ausübung §119®. Stimmrechtsbeschränkungen § 119*. Stimmrechtelose Beteiligung § 119". Stimmrechtsverzicht § 119 l s . Strafanfragsrecht der o. H. G. § 124«. Strafrechtliche Verantwortlichkeit der o. H . G. § 124«. Streitgehilfe, Gesellschafter als solche § 124 »>. Streitgenossen, notwendige § 117". Streitgenossenschaft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter § 12420. Syndikatsverträge § 10585. T Testamentsvollstrecker o. H. G. als solcher § 124«; Eintragung in G. R . § 105; Stellung des — bei Fortsetzimg der Gesellschaft mit Erben § 139 18 ; im Abwicklungsverfahren § 146 Tod eines Gesellschafters als Auflösungsgrund § 1 3 1 " . Todeserklärung als Auflösungsgrund § 131, längere Abwesenheit als wichtiger Grund § 131»«. Transitorische Aktiva § 12033. Treuhänder als versteckter Stellvertreter der Kommanditisten § 164". Treuhandverhältnis § 105 Trenpflieht bei offener Handelsgesellschaft § 105 31. U tlbernahmerecht § 142 2 ; vertragsmäßiges — § 140 l a ; aus einem in der Person eines Gesellschafters liegenden Umstand § 142 5 ; nach Auflösung der Gesellschaft § 142«; Ausübung durch Klage § 142 7 ; und Befreiung von Gesellschaftsschulden § 142 14 ; rechtliche Natur des Geschäftsüberganges bei — § 142 15 ; im Fall der Kündigung durch Privatgläubiger oder Konkurseröffnung § 142"; Fortdauer der Haftung für die Gesellschaftsschulden § 142 18 ; Vereinigung des Privatvermögens mit dem Gesellschaftsvermögen § 142 18 ;

vertragsmäßiges — § 1 4 2 I n h a l t eines vertragsmäßigen —• § 1 4 2 " ; Grundsätze über vertragsmäßiges — § 1 4 2 Z u s a m m e n t r e f f e n von gesetzlichen und vertraglichen — § 142 ss . Übernahmeverlangen § 142". Überschreitung der Befugnisse der Geschäftsführer, verstärkte Haftpflicht § 116 M ff.. Übertragbare Rechte aus der Mitgliedschaft § 109'°. Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft § 105«4, 66 ; einer o. H. G. in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (Kleingewerbe) § 131"; bei Auseinandersetzung §14516. Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht § 126 M; der Haftung § 10518. Unechte Gesamtvertretung § 125'«. Unrentabilität als Auflösungsgrund § 13312. Unterbeteiligung eines Dritten § 109'. Unterbrechung des Prozesses § 124 M ; der Verjährung § 160. Unterlassung, Haftung der Gesellschafter § 128«.

Unternehmen, keine Anmeldung des Gegenstandes des — § 106»; Abwicklung § 145 l ; treuhänderische Veräußerung § 145". Unübertragbarkeit der höchstpersönlichen Rechte §109«,'. Urheberrecht, Haftung der Gesellschaft f ü r Verletzung von — § 126"; bei Auflösung der Gesellschaft § 13110. V Valutaschulden in DM-Bilanz § 120 33 . Veränderung in der Kapitalbeteiligung im Laufe des Geschäftsjahres, Einfluß auf Gewinnverteilung § 1217. Veräußerung des Unternehmens als Ganzes, Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung § 1 0 5 " ; f ü r den Erwerb des Geschäfts von der Gesellschaft § 1 0 5 " ; Zustimmung des Mannes oder Inhabers der fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Auseinandersetzungsvereinbarung § 145 **. Verbindung des Rumpfgeschäftsjahres 1948 mit dem folgenden § 120 34 . Vereinte Nationen, Forderungen solcher § 120 33. Verfügung über Gesellschaftsvermögen u n d über Beteiligung an solchen § 105 Vergleichsverfahren, Ablehnimg der weiteren Erfüllung durch Gesellschafter

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Sachregister § 105"; des Gesellschafters beim Auflösungsgrund § 131 l . Vergleichsverfahren, Gesamthaftung der Gesellschafter im — der Handelsgesellschaft § 128' 5 ; nach Auflösung der Gesellschaft §131 1 1 ; über Handelsgesellschaft §131 2 4 ; über Vermögen eines Gesellschafters § 1 3 1 u n d Liquidation § 145 87 ; Haftung des Kommanditisten bei — § 171". Vergütung für Geschäftsführung § 114". Verjährung § 159f.; bei Abtretung § 159 4 ; bei Zusammentreffen mehrerer Haftungsgründe § 159"; bei Handelsgesellschaft § 159 15 ; als persönliche Einrede § 159 16 ; keine — ohne Eintragung im Handelsregister § 159 a0 ; Ausschluß, Erschwerung oder Erleichterung der —• § 1592"; Unterbrechung §160; Hemmung § 16011. Verjährungsfrist, Beginn § 159 19 ; Ende § 1 5 9 " ; Abkürzung §159». Verlust, Ersatz von — des Gieselischafters § 110*; Ersatzanspruch des Gesellschafters für — § HO' 1 , Verteilung § 121 14 ; Anfechtung der Befreiung von — bei stiller Gesellschaft § 341». Verlustanteil, Lastschrift § 120 ie . Verlustberechnung bei stiller Gesellschaft § 337; bei Auflösung der stillen Gesellschaft §340'. Verlustermittlung § 120. Vermächtnisnehmer, keine Fortsetzung der Gesellschaft mit — § 139 13 ; als Kommanditist § 177". Vermögensbewertung bei Liquidation § 1543. Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters § 335". Vermögensübernahme nach § 419 B G B § 105«. Vermögensverteilung nach Abwicklung § 155; Anspruch auf — bei Liquidation § 155 13 ; Klage auf — bei Liquidation § 155 14 ; Aussetzung § 155". Verpachtung des Unternehmens § 105 Verpflichtungen, Unmöglichkeit der Erfüllung wesentlicher — als Auflösungsgrund § 133». Versäumnisurteil, rechtskräftiges — gegen offene Handelsgesellschaft § 124 Verschmelzung oder Umwandlung nicht dem Tode eines Gesellschafters gleichzustellen § 1312*. Verteilung des Vermögens nach Abwicklung, Anspruch der Gesellschafter darauf § 155"; des Schlußgewinns nach 812

dem Jahresgewinnverteilungsmaßstab der Gesellschaft. § 154 l2 . Verteilungsmaßstab bei Liquidation § 155* Vertragsfreiheit § 105«. Vertragslücken, Ausfüllung § 10548. Vertragliches Wettbewerbsverbot für den Ausscheidenden § 1384». Vertragsmäßiger Ausschluß des Kündigungsrechts § 1321S. Vertragsstrafe bei Wettbewerbsverbot § 112", § 113». Vertreter, Haftung gegenüber Gesellschaft § 1262®; Bestellung von — für mehrere Erben im Abwicklungsverfahren § 146 12 f. Vertreter, Ständige im Währungsgebiet für außerhalb ansässige Firmen mit Zweigniederlassung im Währungsgebiet § 120«. Vertretung, passive § 125; der offenen Handelsgesellschaft § 125; organschaftliche —• § 125 4 ; Verletzung der Verpflichtung zur — als Auflösungsgrund § 133«; im Abwicklungszustand § 149 3 . Vertretungsbefugnis, Vereinigung mit Geschäftsführungsbefugnis § 114 2 ; rechtliche Natur § 125'; Anmeldung des Ausschlusses § 125"; Ausübung §125 22 ; bei formbedingten Rechtsgeschäften § 1 2 5 " ; Ausübung § 1 2 5 " ; bei formbedürftigen Geschäften § 125«; Geltendmachung des Entziehungsrechtes § 127 4 ; teilweise Entziehimg § 127»; Wirkung der Entziehung § 127 11 ; Wirkung der Entziehung gegenüber Dritten § 127 12 ; Entziehung durch einstweilige Verfügung § 127 13 ; Niederlegung § 127 14 ; Kündigung § 127 14 ; Regelung der Entziehung durch Gesellschafts vertrag § 127 15 ; Entziehimg durch Schiedsrichter § 127 18 ; Verzicht auf Entziehungsrecht § 127 15 ; keine Fortdauer der — bei Auflösung § 136»; des in Gesellschaft eintretenden Erben § 139 ». Vertretungshandlungen, Zusammen tref fen widersprechender — § 126 , s ; Wirkungen für und gegen Gesellschaft § 126". Vertretungsmacht, keine Übertragung der gesamten — § 1 2 5 " ; Umfang §126; keine Berechtigung zur Aufnahme von Gesellschaftern § 126 7 ; Geschäfte mit Angestellten § 126 10 ; bei gerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen § 126 16 ; Unbeschränkbarkeit § 1 2 6 " ; Ausnahme der Unbeschränkbarkeit

Sachregister § 126 20 , 22 ; Kollusion § 1 2 6 » ; Eintragung der Beschränkung im Handelsregister § 1 2 6 " ; Überschreitung durch Selbstkontrahieren § 1 2 6 " ; Entziehung § 127; teilweise Entziehung § 127»; Wirkung der Entziehung § 127 11 ; keine Übertragung der gesamten — § 125 11 ; Wirkung der Entziehung gegenüber Dritten § 1 2 7 " ; Entziehung durch einstweilige Verfügung § 127 1S ; Entziehung durch Schiedsrichter § 1 2 7 " . Verwaltungskonsortium § 105". Verwirkung § 140 Verzicht auf Kündigungsrecht aus wichtigen Gründen § 117; auf Schadensersatzansprüche gegen Gesellschafter § 116 22 ; auf Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen § 1 1 9 " ; auf Auflösung § 133. Vollbeendigung der Gesellschaft § 131*. Vollmacht, Erteilung durch Firma § 124«; Erteilung an Kommanditisten § 170*. Vollstreckungsklausel,Umstellung von der Gesellschaft auf die Gesellschafter nach Vollbeendigung der Gesellschaft § 124», § 129". VorbereitungsgeschSft § 123". Vordividende § 121«; Höhe § 121«; Kürzung § 121*; bei Kommanditgesellschaft § 168 Vordividende = Vorzugsgewinnanteil §121. Vorerbe, Eintritt des — in Gesellschaft § 1 3 9 " ; Wahlrecht des — § 1 3 9 " ; Anmeldung des Ausscheidens eines —• § 143'; im Abwicklungsverfahren § 146»; als Kommanditist § 161 »6. Vorleistungspflicht § 105". Vormundschaftsgericht Ermächtigung des Mannes zur Kündigung eines Gesell schaftervertrags der Frau § 132 10 . Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bei Beteiligung Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Gesellschafter § 125*; bei Rechtsgeschäften der Gesellschaft § 105 47 ; Vormundschaftsg. Genehmigung zu einer FortsetzungsVereinbarung nicht erforderlich § 138; keine vormundschaftsrechtliche Genehmigung bei Verpachtung, aber bei Veräußerung des Unternehmers § 131 21 ; vergl. auch § 145». Vorname bei Firmenzeichnung § 108*®. Vorschuß, kein Recht auf — § 122 5 . Vorschußpflicht der Gesellschaft für Aufwendungen § HO 20 ff.

Vorvertrag bei Gesellschaftsvertrag § 105 11 ; über Aufnahme in Gesellschaft § 130». Vorzugsanteil aus Gewinnanteil § 121'. W Wahlrecht der Erben § 139 81 ; des Nacherben § 139" 1 . W&hrungsgesetzgebnng, Einwirkung auf das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander: § 1 2 0 " f f . ; § 1 3 8 " ; § 172"; § 340". Warenproben, Versendung von — als Gesellschaftsbeginn § 1 2 3 " . Warenvorräte, Bewertung bei Abschichtungsbilanz § 1 3 8 " . Wechselunterschrift bei unrichtiger Firmenbezeichnung § 124». Weisungen an die Geschäftsführer § 11413, 115«. Wert des lebenden Unternehmens § 1382«. Wertpapiere in DM-Bilanz § 120»». Wertslcherungsklaaseln in DM-Bilanz § 120»». Wettbewerb, Vorbereitung eines künftigen — § 112«. Wettbewerbsbeschränkung für in Gesellschaft eintretenden Erben § 1 3 9 " . Wettbewerbsbetätigung mit Einwilligung der anderen Gesellschafter § 112 10 . Wettbewerbshandlungen, verbotene — § 112». Wettbewerbsverbot für Gesellschafter § 112; Dauer § 112»; bei Liquidation § 112»; Beschränkung § 112»; bei Verehelichung § 112»; Fortdauer nach Beendigung der Gesellschaft § 1 1 2 " ; Beseitigung durch Gesellschaftsvertrag § 112 1 »; Vertragsstrafe § 1121», § 113»; Anspruch auf Vertragserfüllung § 113 11 ; Anspruch auf Unterlassung künftiger Verstöße § 1 1 3 " ; Wegfall bei Auflösung der Gesellschaft § 131», 10 ; bei Kündigung § 132 14 ; bei Liquidation — §156 11 ; kein — für Kommanditisten § 165, § 165 2 . Wettbewerbsverstöße, Verfahren bei Geltendmachung der Ansprüche § 113». Wichtiger Grund für Entziehung der Geschäftsführung § 117»; für Entziehimg der Vertretungsmacht § 127»; für Auflösungsklage § 133 5 ; Beweislast für Vorliegen von — § 133 19 ; für Ausschließungsklage § 140 4, 6 ; zur Aus813

Schließung beider Parteien § 140*; für Ernennung von Abwicklern § 14647. Widerruf einer Anmeldung § 108®; einer Zustimmung eines Gesellschafters § 116 6 ; Widerruf der Verpflichtung zur Aufnahme § 130». Widersprechende Erklärungen der Prozeßvertreter § 124 14 ; mehrerer Vertreter § 1261S. Widerspruch, Folgen des rechtswirksam erklärten — § 115 14 . Widerspruchsrecht des geschäftsführenden Gesellschafters § 115 5 ; Geltendmachung § 115 13 ; keine Wirkung gegenüber Dritten § 115 16 ; des Kommanditisten § 1646. Wiederaufnahme der Abwicklung §158 12 . Willenserklärung gegenüber Gesellschaft § 125 l3 . Wissens Vertretung § 125 Wohnort, Anmeldung zum Handelsregister § 106*. Z Zahl der Gesellschafter § 105". Zeichnung der Firma § 108"; im Rechtsverkehr § 108». Zeichnungsbelugnis § 1253.

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Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaft § 1 0 5 " ; Geschäftsbeginn § 123. Zeitungsinserate, Aufgabe von — als Gesellschaftsbeginn § 123 la . Zinspflicht bei Aufwendungen § HO 18 , M ; bei verzögerter Leistung der Einlage oder Ablieferung eingenommener Gelder, oder unbefugter Entnahmen § 111. ZWangsvergleich, Beschränkung der persönlichen Haftung durch — § 1 2 8 " ; bei Gesellschaftskonkurs § 131 '*; Fortsetzung der Handelsgesellschaft nach —• § 144; Haftung des Kommanditisten bei — § 171". Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsvermögen § 12437. Zweifelhafte Forderungen und Schulden § 138 Zweigniederlassung, Errichtung oder Aufhebung von — als Betriebsgeschäft § 116 2 ; Beschränkung der Vertretungsbefugnis auf — § 1 2 6 " ; Anmeldung der — einer Kommanditgesellschaft § 162*; Eintragung der Haftsumme des Kommanditisten § 17214. Zwischenbilanz § 120*; keine Mitteilung an Kommanditisten § 166'; Mitteilung an Kommanditisten auf Anordnung des Gerichts § 166».