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German Pages 217 [234] Year 1961
HERBERT HOLST · KLEINE
KAKAO-KUNDE
HERBERT H O L S T
KLEINE KAKAO-KUNDE
1961
CRAM, DE GRUYTER & CO HAMBURG
Mit 6 Diagrammen, 7 Karten im Text und 25 Bildern auf 11 Tafeln Umschlagzeichnung: Horst W. Auridit
©
Copyright 1961 by Cram, de Gruyter ir Co., Hamburg 1 Alle Rechte, insbesondere das Übersetzungsrecht, vorbehalten. Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany
Zum
Geleit
Die Fachliteratur über «Rohkakao» ist in den letzten Jahren durch einige bemerkenswerte Schriften bereichert worden. Die Vielseitigkeit der mit Kakao zusammenhängenden Probleme bietet nun allerdings in ungewöhnlich weitgespanntem Rahmen Anlaß zur Entfaltung einer fast unbegrenzten Publizität; spendet doch die Kakaobohne als Grundstoff allen Kakao- und Schokoladen-Erzeugnissen in Verbindung mit Zucker, Milchpulver und Trockenfrüchten das unnachahmliche geschmackliche Phänomen. Unter Berücksichtigung der internationalen Bedeutung des Rohkakaos für alle tropischen Anbauländer und für die zumeist dichtbevölkerten Verbrauchsländer mit vorwiegend hochentwickelter Industrie wäre es nur zu begrüßen, wenn zur Unterrichtung der Öffentlichkeit, zur Erweiterung des Wissens der Fachleute und zur Ausbildung des fachlichen Nachwuchses eine möglichst lückenlose Literatur über Rohkakao entstehen würde. Die «Kleine Kakao-Kunde» zeichnet sich vor allem durch ihre ausgezeichnete Querschnittswirkung aus der Praxis des Rohkakaohandels und der wissenschaftlichen Forschung aus. Sie füllt in erfreulicher Aktualität eine bisher bestandene Lücke im Schrifttum des Rohkakaos und ist daher außerordentlich zu begrüßen. Möge sie eine umfassende Verbreitung überall dorthin finden, wo Rohkakao geerntet, gehandelt, verarbeitet und — in jeder Form — genossen wird. Hamburg, den 30. September 1960
OTTO BERTRAM
Vorsitzender des Vereins der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen e. V. und des Forschungs-Instituts für Kakaowirtschaft e. V.
Vorwort Die Erzeugnisse, die aus den unscheinbaren kleinen Bohnen des Kakaobaums hergestellt werden, sind aus unserem heutigen Leben nicht mehr fortzudenken. Kakaopulver, Schokolade und Schokoladenwaren sind längst kein bloßes Genußmittel mehr, sondern Nahrungsmittel. Nahezu eine Million Tonnen Rohkakao wird jährlich in der Welt erzeugt, gehandelt und verarbeitet. Von der Ernte und dem Preis dieser Kakaobohnen hängt das Schicksal ganzer Staaten ab. Der Handel mit Rohkakao ist risikoreich, aber vielleicht gerade deshalb auch so interessant. Der Verbrauch von Rohkakao hat sich seit der Jahrhundertwende rasch aufwärts entwickelt und ist heute acht- bis neunmal so groß wie damals. Die berufliche Tätigkeit des Verfassers und seine Vorarbeiten für die «Kleine Kakao-Kunde» haben ihn einen Einblick — und nicht mehr — in die zahlreichen Probleme, die mit der Erzeugung, dem Handel und der Verarbeitung von Rohkakao verbunden sind, gewinnen lassen. Angesichts ihrer Vielfalt und Vielseitigkeit hat ihn zuweilen der Mut verlassen, eine KakaoKunde zu schreiben, auch wenn es nur eine «kleine» werden sollte. Trotzdem liegt die Schrift dem Leser jetzt vor, denn es war weder die Absicht des Verfassers, noch entspricht es seinen Kenntnissen, einen Beitrag zur Lösung der Probleme der heutigen Kakaowirtschaft zu liefern. Er hat vielmehr versucht, eine Arbeit vorzulegen, die eine einführende Darstellung der Geschichte des Kakaos und der Schokolade, des Werdens der Kakaobohnen und ihrer Eigenschaften, der Kakaoanbaugebiete mit ihren Erzeugnissen und kakaowirtschaftlichen Problemen, des Handels mit Rohkakao, der Kakaoverarbeitung und der Kakaoerzeugnisse in einem Handbuch vereinigt. Diese Zielsetzung — so scheint es dem Verfasser — rechtfertigt das Erscheinen der «Kleinen Kakao-Kunde», nachdem über alle Spezialgebiete der Kakaowirtschaft eine umfangreiche Fachliteratur bereits vorliegt und auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse laufend Veröffentlichungen zu Einzelproblemen herausgegeben werden. Aus dieser Zielsetzung und der Notwendigkeit einer sinnvollen Beschränkung des dargebotenen Stoffes ergibt sich zwangsläufig, daß die «Kleine Kakao-Kunde» nicht auf jede Frage Antwort geben kann. Der Verfasser hofft, daß er aus der Fülle des vorhandenenen Materials eine Auswahl getroffen hat, die die Schrift für jeden Freund des Kakaos und der Schokolade zu einem Helfer in fachlichen Fragen macht. Sein besonderer Wunsch ist es, daß die «Kleine Kakao-Kunde» gleichzeitig eine Einführung für den Nachwuchs in die Zusammenhänge um Erzeugung, Handel und Verarbeitung von Rohkakao sein möge. Da die Begriffe in der Kakao-Literatur nicht immer einheitlich verwendet werden, erscheint es notwendig, dem Buch einige Definitionen voranzustellen. Unter Kakao wird im täglichen Sprachgebrauch oft Kakaopulver
oder das Kakaogetränk verstanden. Hiervon abweichend und der Fachliteratur folgend, verwendet der Verfasser den Begriff Kakao für die Kakaopflanze einerseits und für den Rohkakao andererseits. Als Rohkakao werden die fertig aufbereiteten Kakaobohnen bezeichnet. Unter Kakaoerzeugnissen werden lediglich die Fertigwaren der verarbeitenden Industrie zusammengefaßt, also Kakaopulver, Schokolade und Schokoladenwaren. Zu den Schokoladen und Schokoladenwaren gehören massive und gefüllte Schokoladen, Pralinen sowie Schokoladenerzeugnisse sonstiger Art wie ζ. B. Phantasieund Saisonartikel. Kakaobutter, Kakaomasse und Kakaopreßkuchen werden vielfach gleichfalls als Kakaoerzeugnisse bezeichnet; der Verfasser faßt sie jedoch unter dem Begriff Kakaohalbfabrikate zusammen, während er unter Kakaoerzeugnissen, wie gesagt, nur die Fertigwaren versteht. Es kann bei einem so umfassenden und vielseitigen Gebiet, wie es in der «Kleinen Kakao-Kunde» behandelt wird, nicht ausbleiben, daß sachverständige Leser zu diesem oder jenem Problem eine Auffassung vertreten, die von der des Verfassers abweicht. Er bittet in diesen Fällen um die kritische Stellungnahme zu seinen Ausführungen. Für die freundliche Förderung seiner Arbeiten für diese Schrift dankt der Verfasser auch an dieser Stelle den Herren Carl-Ludwig Abendroth, Otto Bertram, Dr. Böle Biehl, Gustav-Adolf Boll, Emil Dähne, Hans-Joachim Fritze, Erich Kröger, Dr. Gerhard Naundorf und Reinhold Parlow sowie dem Verlag herzlich. Hamburg, im Oktober 1960
HERBERT
HOLST
Inhaltsverzeichnis Zum Geleit Vorwort
5 7 I. T E I L
Aus der Geschichte des Kakaos und der Schokolade A. Die Heimat des Kakaos B. Vom Luxusartikel zum Konsumgut C. Der Siegeszug des westafrikanischen Kakaos
11 12 14
II. T E I L
Vom Setzling bis zum Rohkakao A. Theobroma: Die Götterspeise 17 B. Anbau und Ernte 21 1. Heiß, feucht und schattig — 21 — 2. Die Frucht fällt nicht vom Stamm — 26 — 3. Bedrohung durch Schädlinge und Krankheiten — 28 — 4. Vom Geheimnis der Aufbereitung — 32 — C. Welthandelsware Rohkakao 35 1. Uber die Handelssorten — 35 — 2. Qualitätseinstufung im Erzeugerland — 37 — 3. Rohkakao aus der Sicht der Abnehmer — 40 — 4. Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Qualitätsbestimmung — 44 — I I I . TEIL
Die Kakaoanbaugebiete A. Latein-Amerika 46 1. Latein-Amerikas Kakaowirtschaft gestern und heute — 46 — 2. Nord- und Mittelamerika — 48 — 3. Westindische Inseln — 51 — 4. Südamerika — 57 — B. Afrika 72 1. Der «schwarze Erdteil» im Aufbruch — 72 — 2. Westafrika — 74 — 3. Andere afrikanische Anbauländer — 96 — C. Asien und Ozeanien 97 1. Neuerwachtes Interesse für den Kakaoanbau — 97 — 2. Der Rohkakao der Inseln — 97 — 3. Andere Anbauländer Asiens und Ozeaniens — 101 — IV. T E I L
Der Handel mit Rohkakao A. Bewegter Markt 102 1. Anhaltendes Wachstum des Angebots — 102 — 2. Preisempfindliche Nachfrage — 108 — 3. Starke Preisschwankungen — 112 — 4. Die Zentren
des Rohkakao-Weltmarkts — 114 — 5. Die Funktionen der Warentermmmärkte — 117 — 6. Stabilisierung der Rohkakaopreise? — 121 — B. Die deutsche Rohkakao-Einfuhr 125 1. Wenige Ursprungsländer überwiegen — 125 — 2. Hamburg, der deutsche Rohkakaoimportmarkt — 128 — C. Rohkakao und Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 133 V. T E I L
Uber Kakaoerzeugnisse A. Vom Rohstoff zur Fertigware 140 1. Der Herstellungsgang — 140 — 2. Reinigen, Rösten, Brechen, Mahlen — 141 — 3. Über die Kakaopulver-Herstellung — 144 — 4. Über die Schokoladen-Herstellung — 146 — 5. Schokolade und Schokoladenwaren — 148 — B. Nahrhaft und bekömmlich 153 C. Erzeugung, Außenhandel und Verbrauch von Kakaoerzeugnissen 155 Anhang A. Statistiken über Kakao und Kakaoerzeugnisse 159 1. Rohkakao-Erzeugung — 159 — 2. Rohkakao-Export — 162 — 3. RohkakaoImport — 163 — 4. Rohkakao-Verarbeitung — 165 — 5. Rohkakao-Verbrauch je Kopf der Bevölkerung — 167 — 6. Rohkakao-Preise — 168 — 7. RohkakaoEinfuhr der Bundesrepublik nach Herstellungsländern — 169 — 8. Industrielle Produktion von Kakaoerzeugnissen — 170 — 9. Ein- und Ausfuhr von Schokolade und Schokoladenwaren — 171 — 10. Ein- und Ausfuhr von Kakaopulver — 171 — B. Gesetzliche Bestimmungen über Kakao und Kakaoerzeugnisse 172 1. Deutscher Gebrauchszolltarif und Erläuterungen, Kapitel 18 — 172 — 2. Außenzolltarif der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Kapitel 18 — 175 — 3. Zollerstattung bei der Ausfuhr von Kakaoerzeugnissen — 176 — 4. Verordnung über Kakao und Kakaoerzeugnisse und ergänzende Bestimmungen — 177 — C. Geschäftsbedingungen des Vereins der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen e. V., Hamburg 186 D. Zur Technik des Rohkakao-Terminhandels 200 1. New Yorker Rohkakao-Terminbörse — 201 — 2. Londoner Rohkakao-Terminbörse — 203 — 3. Amsterdamer Rohkakao-Terminbörse — 205 — E. Organisationen der Kakaowirtschaft 206 1. Internationale Organisationen — 207 — 2. Ausländische nationale Organisationen — 208 — 3. Deutsche Organisationen — 209 — Literaturverzeichnis Bildnachweis Sachregister
211 213 214
I. T E I L
Aus der Geschichte des Kakaos und der Schokolade A. Die Heimat des Kakaos Der Kakao ist in Europa seit etwa 450 Jahren bekannt. Erst nachdem Columbus ausgefahren war, um den Seeweg nach Indien zu finden, und — wie sich später herausstellte — Amerika entdeckte, drang die Kunde von den Früchten des Kakaobaumes nach Spanien und von dort in die anderen europäischen Länder. Durch die Eroberungszüge des spanischen Feldherrn Fernando Cortez wurde bekannt, welche außerordentlich große wirtschaftliche Bedeutung die Kakaobohnen für die Völker Mittelamerikas, besonders für die Maya und die Azteken, schon lange vor dem Eindringen der Fremdlinge hatte. Mit den Berichten über Kakao brachten die Spanier auch den Namen nach Europa. Sie entlehnten ihn der Sprache der Azteken und machten aus Cacahuatl Cacau. Der Sprache der Maya entstammt das Wort Schokolade: Aus Xocoatl wurde Chocolate. Als Heimat des Kakaos werden die Urwälder Südamerikas in Äquatornähe angesehen. Aus diesen Gebieten, die heute zu Brasilien, Ekuador, Guayana, Kolumbien und Venezuela gehören, verbreitete sich der Anbau allmählich in nördlichere Regionen, bis er im Laufe von Jahrhunderten bis zum 20. Breitengrad vorgedrungen war, wo die Azteken ihr Reich geschaffen hatten. Die frühe Geschichte der Völker Mittelamerikas ist mit dem Kakao eng verknüpft. Die Kakaobohnen dienten ihnen als Zahlungsmittel und Wertmaßstab. Besiegte Völker und Stämme zahlten die ihnen auferlegten Tribute in Kakaobohnen. Es wurde bereits ein lebhafter Kakaohandel betrieben. Eine solche bedeutsame Rolle konnte Kakao im Leben der Völker seiner Heimat natürlich nur spielen, weil er als Getränk überaus geschätzt wurde. Besonders bei Festlichkeiten fehlte der Kakaotrunk niemals. Sein Genuß blieb allerdings — wie später auch zunächst in Europa — verwiegend den gehobeneren Gesellschaftsschichten vorbehalten. Am Hofe Montezumas, des letzten Kaisers der Azteken, kannte man viele Arten, das Kakaogetränk zu bereiten. Von unseren heutigen Gewohnheiten wichen sie allerdings nicht unerheblich ab. Die Bohnen wurden zunächst geröstet, von ihrer Schale befreit und zerrieben. Diese Masse erhitzte man unter Zusatz von Wasser, bis sich das darin enthaltene Fett, die Kakaobutter, absonderte. Die Flüssigkeit wurde mit besonderen hölzernen Schlägern zum Schäumen gebracht. Um das Getränk schmackhaft zu machen, setzten die Mexikaner und die anderen eingeborenen Völker Pfeifer, Vanille und anIι
dere Gewürze zu. Solche Rezepte muten uns heute ebenso merkwürdig an wie jenem Mailänder, der vor mehr als 400 Jahren einen recht drastischen Bericht aus der Neuen Welt über den Geschmack dieses Kakaotrunks für den europäischen Gaumen gab 1 : «Welches mich vielmehr ein Säutränke als eines Menschen Getränk dünkt zu sein. Als ich durch diese Landschaft reisete, habe ich mich ein ganz Jahr lang von dieser Säutränke enthalten, und als ich auf eine Zeit durch ein Dorf zog, bot mir ungefähr ein Indianer zu trinken, demselben schlug ich's ab und sagte, ich möchte nicht trinken, da verwunderte er sich höchlich darob und fing überlaut an zu lachen und verspottete mich. Da ich nicht alleweg Wein hatte zu trinken und mir das ärmlich Wasser auch nicht schmeckt, habe ich solches Getränk wohl müssen lernen trinken und anderen nachfolgen.»
B. Vom Luxusartikel zum Konsumgut Es ist nur zu verständlich, daß die Spanier angesichts einer solchen Beurteilung, mit der sie in ihrer Mehrzahl übereinstimmten, zunächst kaum Kakao aus den eroberten Gebieten nach dem Mutterland brachten. Als aber jemand auf den Gedanken kam, dem Getränk anstelle von Pfeffer Zucker zuzusetzen, mundete es auch dem europäischen Gaumen. Zunächst wurde nur eine mit Zucker und Gewürzen gemischte Kakaomasse nach Spanien gebracht; erst sehr viel später — zum Ende des 16. Jahrhunderts — begann der Import von Kakaobohnen aus Mittelamerika. Die Trinkschokolade kam rasch in Mode, allerdings nur in den wohlhabenden Kreisen, da das Schokoladetrinken ein recht kostspieliger Genuß war. Von Spanien aus drang die Kunde vom Wohlgeschmack des Kakaotrunks in zahlreiche europäische Länder. Am Hofe Charles II. schätzte man ihn ebenso wie am Hofe Ludwigs XIV. In Deutschland hielt er erst verhältnismäßig spät Einzug. Der Grund hierfür mag in der inneren Zerrissenheit Deutschlands gelegen haben, das noch in kleinstaatlichen Auseinandersetzungen lag, während Spanien, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien ihre Kolonien eroberten und dadurch mit den Kakaoanbaugebieten in unmittelbare Berührung kamen. Während des 17. Jahrhunderts fand Kakao in Deutschland vorwiegend pharmazeutische Verwendung. Die ihm damals zugeschriebenen therapeutischen Eigenschaften erwiesen sich allerdings später teilweise als falsch. Erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde es auch in Deutschland modern, Schokolade zu trinken. Bis zum 19. Jahrhundert wurde Kakao fast ausschließlich als Schokoladengetränk verwendet, das aus gemahlenen Bohnen hergestellt wurde. Ihr ho1 Zitiert nach Wolf Mueller: «Seltsame Frucht Kakao», Hamburg 1957, Seite 26. Der Leser, der sich mit der Geschichte des Kakaos und der Schokolade eingehender befassen will, wird in dieser Studie von Mueller eine Fülle von Material finden. 12
her Fettgehalt machte es schwer verdaulich. Um diese Wirkung zu mildern, mischte man Mehl oder ähnliches bei. Von entscheidendem Einfluß für den Kakaokonsum war die Entwicklung eines Verfahrens durch den Holländer C. J . van Houten im Jahre 1828, durch das der größte Teil der Kakaobutter den Bohnen entzogen werden konnte. Das erhöhte nicht nur die Bekömmlichkeit des Kakaogetränks, sondern ebnete auch den Weg für die Produktion von Eßschokolade. Ein weiterer wichtiger Einschnitt in der Verbrauchsentwicklung war die Anmeldung eines Patents für die Herstellung von Milchschokolade im Jahre 1876 durch den Schweizer Daniel Peter. Der Beginn der Industrialisierung brachte auch die Entwicklung der Schokoladenherstellung vom Handwerks- zum Industriebetrieb. Vielen Namen begegnet man in der damaligen Zeit, die als Markenfabrikate auch heute noch einen guten Klang haben. Von der «Ersten Potsdamer Dampfschokolade» der 30iger Jahre des vorigen Jahrhunderts bis zu den heutigen hochwertigen Schokoladenerzeugnissen ist es allerdings ein weiter Weg. Die Verbrauchsentwicklung, die Kakao und Schokolade innerhalb eines halben Jahrhunderts vom Luxusartikel zum Massenkonsumgut werden ließ, hat neben der steigenden Bevölkerungszahl in den wichtigsten Verbrauchsländern vor allem drei Ursachen: Erstens die Verbesserung der Herstellungsmethoden in geschmacklicher Hinsicht und in bezug auf die Verarbeitungskosten, zweitens die wachsende reale Kaufkraft der Bevölkerung in Europa und in den USA und drittens die ungeheure Ausweitung der Rohkakaoerzeugung, die die Weltmarktpreise für diesen Rohstoff besonders in den ersten zwei Jahrzehnten dieses Jahrhunderts verminderte. Auf ganze 15 000 t wurde der Weltverbrauch im Jahre 1810 geschätzt. Davon konsumierte allein Spanien ein Drittel. Bis 1880 verdoppelte sich der Verbrauch etwa und stieg bis 1900 auf fast 100 000 t. Fünfzig Jahre später war er dann fast achtmal so hoch. Welteinfuhr von Rohkakao2 (in 10001) Europa Amerika Asien Afrika Ozeanien insgesamt
1900 78,0 18,3 0,5 0,0 0,8 97,6
1910 147,3 50,5 0,8 0,0 0,7 199,3
1920 222,5 152,0 3,8 0,3 4,7 383,3
1930 289,6 184,9 2,5 0,7 4,8 482,5
1940 383,4 334,7 2,3 3,2 13,0 736,6
1950 418,4 302,4 3,0 3,6 9,7 737,1
1958 429,5 228,0 8,6 4,2 10,9 681,2
Die Summe der Einfuhren aller Länder ist nicht identisdi mit dem Weltverbrauch. Abweichungen ergeben sich aus dem Eigenverbrauch der Erzeugerländer und den Veränderungen der Lagerbestände. Den Trend der Verbraudisentwicklung lassen die Ziffern aber trotzdem erkennen. 13
Die Übersicht zeigt deutlich das Schwergewicht Europas und Amerikas als Verbraucher von Rohkakao. Sie läßt auch erkennen, daß die amerikanischen Einfuhren am stärksten gestiegen sind. Entscheidend hierfür ist die Konsumsteigerung der USA, die heute vor Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland mit weitem Abstand das größte Verbrauchsland sind (vgl. Seite 109). Spanien, das Land, das den Kakao in Europa bekanntmachte, importiert und verbraucht nur noch vergleichsweise geringe Mengen.
C. Der Siegeszug des westafrikanischen Kakaos Um die gewaltig gestiegene Nachfrage zu befriedigen, war eine Ausdehnung der Produktion erforderlich, die nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht der Kakaoanbau in Afrika im Laufe der letzten 50 Jahre einen so großen Aufschwung genommen hätte. Zunächst waren es die Spanier, die die Kakaokultur in verschiedene tropische Länder brachten. Bereits 1525 sollen sie in Trinidad den Kakaobaum neu angepflanzt haben. Allmählich verbreiteten sie den Kakaoanbau über andere westindische Inseln. 1580 pflanzten sie Kakao auf Celebes an, 1670 auf den Philippinen. Während diese Anbaugebiete aber für den Weltmarkt niemals wesentliche Bedeutung erlangten, gewannen die westindischen Kakaos Boden auf den europäischen Märkten, bis ein schwerer Orkan im Jahre 1727 zahlreiche Plantagen zerstörte. Aber nicht nur an der Verbreitung des Kakaoanbaus haben die Spanier Anteil. In Südamerika beschränkten sie ihn lange Zeit auf Venezuela. Erst als sich der Griff ihrer Macht Ende des 18. Jahrhunderts lockerte, dehnte sich der Anbau auch auf andere südamerikanische Staaten aus. Während bereits Kakao aus Kolumbien, Peru, Bolivien und Guayana nach Europa exportiert wurde, blieb der Anbau in Brasilien zunächst ohne Bedeutung. In der Zeit des ersten Weltkrieges verdrängte dann Brasilien Ekuador vom Platz des größten amerikanischen Rohkakaoproduzenten. Wie die Spanier haben auch die Holländer, Engländer und Portugiesen frühzeitig den Kakao aus seiner amerikanischen Heimat nach ihren Besitzungen in anderen Erdteilen verpflanzt: Nach Ceylon, Java und auf die Inseln Principe, Säo Tomé und Fernando Ρόο im Golf von Guinea vor der afrikanischen Westküste. Brasilianischer Kakao fand hier günstige Wachstumsbedingungen, so daß diese drei afrikanischen Inseln im 19. Jahrhundert zeitweise ein Viertel der Weltkakaoernte produzierten. Von einer dieser Inseln — wahrscheinlich von Fernando Ρόο — brachte ein Eingeborener eine Kakaofrucht mit an die Goldküste. 1878 oder 1879 pflanzte er die Bohnen, aber nur ein Baum wuchs. Da sich zu jener Zeit die Missionare der Basler Mission bemühten, den Eingeborenen durch Naturalisierung des Kakaos 14
eine Erwerbsquelle zu eröffnen, konnte er für eine Frucht seines Baumes 1 £ erzielen. 1886 beschaffte der britische Gouverneur eine größere Ladung von Kakaofrüchten aus Säo Tomé und übergab sie dem neu gegründeten botanischen Garten in Aburi. Die Kakaobohnen, die hier geerntet wurden, verteilten Häuptlinge und Missionare an die Eingeborenen. Ein unwahrscheinlich rascher Aufschwung der Kakaoproduktion, basierend auf der Erzeugung von einer Vielzahl von eingeborenen Farmern und nicht auf einer Plantagenwirtschaft wie in Mittel- und Südamerika, begann. Die Goldküste, der heutige Staat Ghana, exportierte durchschnittlich jährlich von 1892-1896 1897-1901 1902-1906 1907-1911 1912-1916 1917-1921 1922-1926
12 Igt 3 418 „ 4 771 , 20 934 , 58 306 , 118 290 , 205 858 ,
Seit 1926 ist die Steigerung weniger eindrucksvoll. Nach Rückschlägen erreichte die Produktion einen Höchststand von 311 0001 im Jahre 1936. Einen ähnlich kräftigen Aufschwung nahm die Kakaoerzeugung in Nigeria, das heute mit einem Anteil von etwa 16 v. H. an der Welterzeugung von Rohkakao nach Ghana (ca. 30 v. H.) und Brasilien (ca. 19 v. H.) das drittgrößte Kakao-Erzeugerland ist. Dieses enorme Wachstum der Kakaoproduktion an der Goldküste, in Nigeria und anderen afrikanischen Erzeugergebieten führte dazu, daß sich das Verhältnis der Anteile Amerikas und Afrikas an der Versorgung mit Rohkakao innerhalb weniger Jahrzehnte völlig veränderte. Das Bild, das sich bereits im Erntejahr 1929/1930 zeigte, ist heute im wesentlichen das gleiche. Statistiken mögen nüchtern sein. Wenn man aber diese Zahlen liest, ahnt man, welche große wirtschaftliche Leistung dahinter steht. Der Siegeszug des westafrikanischen Kakaos hat wesentlich dazu beigetragen, daß die Weltrohkakaoerzeugung innerhalb eines halben Jahrhunderts in einem Maße gestiegen ist, das mit Ausnahme von Kautschuk kein anderes landwirtschaftliches Produkt in der Welt erreicht hat.
3 Bei diesen Angaben handelt es sich um longtons ( = 1016 kg). Für metrische Tonnen ist in diesem Handbuch stets die Abkürzung t verwendet. Quelle des Zahlenmaterials: «GoldenHarvest — The Story of the Gold Coast Cocoa Industry», Accra 1953, Seite 1.
Verteilung der Rohkakaoerzeugung nach Anbaugebieten (in v. H.) Erntejahr 1899/1900
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AMERIKA
16
Β Π Ε
ASIEN
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AFRIKA
Juiige
Kokaobäume
Die den
Früchte des· KtikaoÌHium.s sind je nach Art und Standartvarictät (l.: Forastero-Kakao; r.: Trinitario-Kakao). - - l'ntcn: V i in der Krankhcit hefirflcne Bäume wurden ahiiesihlii!j,cu.
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II. T E I L
Vom Setzling bis zum Rohkakao A. Theobroma:
Die
Götterspeise
Der Kakaobaum erreicht wildwachsend eine Höhe bis zu 15 Metern, doch ist er als Plantagenbaum zumeist kleiner, normalerweise 4 bis 7 m. Sein Stamm ist etwa fußdick. Er gabelt sich nach ein bis anderthalb Jahren Wachstum in zumeist fünf Hauptzweige. Ob er allerdings dem Idealbild eines solchen Baums entspricht, hängt weitgehend von den Umweltbedingungen ab. Die Verzweigungen tragen eine Baumkrone, die einen Durchmesser bis zu 10 m haben kann. Das Holz des Baums ist verhältnismäßig weich und im jungen Wachstumsstadium glatt, später oft rauh und rissig. Die Blätter, die zunächst rötlich oder gelblich und zart, dann dunkelgrün glänzend und pergamentartig sind, erreichen eine Länge bis zu einem halben Meter, durchweg aber weniger (10 bis 30 cm), und eine Breite von meistens 5 bis 20 cm. Die sehr kleinen Blüten sind weiß, weiß-gelblidi, weißrötlich oder zartrosa. Der Botaniker sagt, sie sind «kauliflor»; sie sitzen am Stamm und an den Hauptästen. Die Stammfrüchtigkeit (Cauliflorie) ist selbst in unserer an Erscheinungsformen so reichen Pflanzenwelt eine Seltenheit. Die ersten Blüten des Jahres erscheinen am Stamm, die späteren dann audi an den dickeren Ästen. Sie treten an Stellen hervor, die ein bis drei Jahre keine Blätter mehr getragen haben, doch immer an einem Blattpolster. Die Befruchtung der Blüten erfolgt durch Selbst- oder Fremdbestäubung. Es ist umstritten, ob bei der Pollenübertragung die Insektenbestäubung oder die Bestäubung durch Wind oder Luftströmungen vorherrscht. Von den vielen Blüten — bis zu 110 000 sollen an einem Baum pro Jahr gezählt worden sein (im Durchschnitt sind es etwa 6000 bis 30 000 Blüten) — wird nur ein geringer Bruchteil zur Frucht (10 bis 120 Früchte pro Jahr). Die Früchte des Kakaobaums sind zumeist länglich spitz, nur bei wenigen Typen oder Untertypen fast rund. In reifem Zustand sind sie 10 bis 30 cm lang und haben einen Durchmesser von 5 bis 10 cm. Sie wiegen bis zu einem halben Kilogramm. Unter der ledrigen Schale von zunächst grüner und roter, im Reifezustand gelber, rot-oranger, fast roter Farbe sitzt das weiße oder rosafarbene Fruchtfleisch, auch Pulpe genannt. In dieses schleimige, süßsaure Mark eingebettet, liegen in 5 Längsreihen die Samen des Kakaobaums, die Kakaobohnen. Ihre Zahl schwankt je nach Art und Wachstumsbedingungen normalerweise zwischen 20 und 50, erreicht aber auch 70 je Frucht. Die Kakaobohnen sind durchschnittlich 1,5 bis 2,5 cm lang, ihre i7
Dicke entspricht nicht ganz der Hälfte ihrer Länge. Die äußerlich hellbraune bis weiße Bohne wiegt etwa 1 g. Ihr Kern besteht aus dem Keimling und den beiden unregelmäßig ineinander gefalteten Keimblättern (Kotyledonen), die in frischem Zustand weiß bis violett sind. Die Kakaofrucht und ihre Samen sind in Farbe und Gestalt, wie diese kurze Beschreibung schon erkennen läßt, nicht einheitlich. Es gibt vielmehr verschiedene Arten, Unterarten und Varietäten, die sich sowohl hinsichtlich der äußeren Form ihrer Früchte als auch in bezug auf die Qualität der Samen mehr oder minder voneinander unterscheiden. Eine allgemein gebräuchliche botanische Systematisierung aller Arten, ihrer Hybriden und Varietäten gibt es leider nicht. Es entspricht weder den Absichten noch den Fähigkeiten des Verfassers, in den Meinungsstreit der Kakaowissenschaft um die «richtige» Einteilung der verschiedenen Varietäten des Kakaobaumes einzugreifen. Statt dessen soll sich die Beschreibung auf die in der KakaoWirtschaft gebräuchliche Unterscheidung beschränken. Der schwedische Naturforscher Karl von Linné ordnete den Kakaobaum in sein botanisches System unter dem Namen Theobroma ein. Das Wort bedeutet in der deutschen Ubersetzung «Götterspeise». Der Baum, der die «göttlichen» Früchte trägt, gehört zur Pflanzenfamilie der Sterkuliazeen, die vom Kolabaum bis zur Stinkmalve eine Vielzahl überwiegend tropischer Pflanzen umfaßt. Von der Gattung Theobroma haben die Botaniker ungefähr 20 verschiedene Arten beschrieben. Ob diese allerdings nicht teilweise nur Standortvarietäten sind, ist umstritten, weil es einen exakten Maßstab für die Frage, was Art, was nur Lokaltyp ist, nicht gibt. Namen wie Theobroma pentagonum, Theobroma bicolor, Theobroma augustifolium, Theobroma sphaerocarpum und andere Artbezeichnungen sind für den Laien wenig einprägsam. Überragende Bedeutung haben für die Weltkakaowirtschaft die Arten Theobroma cacao und Theobroma leiocarpum, die unter den Namen Criollo und Forastero * bekannt sind. Diese Bezeichnungen stammen aus Venezuela, das — wie bereits erwähnt — als erstes Exportland die europäischen Märkte mit Kakaobohnen versorgte. Dort war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nur eine Art des Kakaos angebaut worden. Dann aber pflanzte man einen Kakaobaum, dessen Früchte und Samen sich deutlich von jenen des einheimischen Baumes unterschieden. Er stammte aus Trinidad. Seine Kakaobohnen waren zwar qualitativ nicht so gut, doch war der Baum robuster und auch ertragreicher, so daß sich seine Kultur rasch ausbreitete. Zur Unterscheidung wurde der alteingesessene Criollo, der neue Kakao Forastero genannt. Auf 4 criollo (span.) = einheimisch, forastero (span.) = fremd, auswärtig. Unter Criollo versteht man allerdings landläufig auch verschiedene Kreuzungen zwischen Th. cacao und Th. leiocarpum, soweit sie weißsamig sind.
i8
den europäischen Märkten wurde der Begriff Criollo bald gleichbedeutend mit höchster, Forastero mit geringerer Qualität. Mexikanischen und mittelamerikanischen Kakao, der alten Art des Venezuela-Kakaos ähnlich, bezeichnete man gleichfalls als Criollo, ebenso den Kakao aus Ekuador. Der Venezuela-« Criollo» wurde auch auf Ceylon, Java, Madagaskar und Samoa angebaut. Der Kakao Brasiliens und Westafrikas muß dagegen zum Forastero gezählt oder zumindest als sein Nachfahre bezeichnet werden. Das wesentliche sichtbare Unterscheidungsmerkmal zwischen Criollo- und ForasteroKakao ist die Farbe der Keimblätter, doch lassen sich auch sonst einige Unterschiede feststellen, die in der folgenden Gegenüberstellung zusammengefaßt sind. Es sei aber ausdrücklich vermerkt, daß die verschiedenen Merkmale nicht mit einer Schublehre zu messen sind; dazu sind die Eigenschaften der Früchte und der Samen selbst innerhalb einer Art des Kakaos zu differenziert.
Frucht:
Samen:
Criollo
Forastero
länglich (Fruchtbreite weniger als 50 v. H. der Länge);
weniger schlank (Fruchtbreite mehr als 50 v. H. der Länge), oval bis rund;
dünne, weiche, wenig verholzte Schale und runzelige Oberfläche mit ausgeprägten Längsfurchen;
dicke, harte und glatte Schale mit weniger ausgeprägten Längsfurchen;
lange, oft unsymmetrische Fruchtspitze;
kurze, dicke Fruchtspitze;
in unreifem Zustand von grüner und roter, in reifem von gelbroter bis gelber Farbe.
in unreifem Zustand von grüner oder weinroter, in reifem von gelber oder rotoranger Farbe.
kugeliger, weniger abgeflacht, weil in der Frucht weiter voneinander entfernt und von Pulpe umgeben;
flachere, plattgedrückte Bohnen, weil enger zusammenliegend in der Frucht;
geringere Zahl von Samen je Frucht, aber größere Bohnen; in frischem Zustand hellviolette oder weiße Keimblätter, in fermentiertem hellbraune.
größere Zahl von Samen je Frucht, aber kleinere Bohnen; in frischem Zustand violette Keimblätter, in fermentiertem violettbraune bis dunkelbraune. 19
Beide Kakaoarten haben den gleichen Nährwert, unterscheiden sich aber bei entsprechender Aufbereitung im Aroma und im Geschmack, der beim Criollo-Kakao milder, weniger sauer als beim herberen Forastero-Kakao ist. Den guten und angenehmen Eigenschaften des Criollo steht seine geringere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitsbefall und seine geringere Ertragsfähigkeit gegenüber. Er stellt auch an Klima und Boden höhere Anforderungen als der robustere Forastero. Werden Criollo-Bestände nicht räumlich getrennt vom Forastero angebaut, so tritt bei den Kreuzungen beider Typen (Hybriden) sehr schnell eine starke Vermehrung violetter Samen ein. Der Forastero hat also hinsichtlich der Farbe der Samen dominante Erbfaktoren. Unter der Bezeichnung Trinitario — dieser Begriff findet sich vor allem im englischen Sprachgebrauch — faßt man häufig Kreuzungen von beiden Arten zusammen. Erwähnt sei noch, daß Forastero-Kakao zuweilen noch als Calabacillo (span. = kleiner Kürbis) bezeichnet wird. Manche Wissenschaftler dagegen sehen den Calabacillo als eine Unterart des Forastero an. Für AmelonadoKakao gilt ähnliches: Einmal wird er als Unterart des Forastero bezeichnet, woanders als eine gewisse Kreuzung zwischen Criollo und Forastero'. Daneben gibt es viele Hybriden der Rassen beider Arten und eine Vielzahl von Standort-Typen 6. Die Fülle ihrer oft sogar von Land zu Land verschiedenen Namen ist zumindest für den botanischen Laien verwirrend, wahrscheinlich nicht weniger für den Fachmann. Würde sich jemand der Mühe unterziehen, alle diese Bezeichnungen zu Papier zu bringen, so würde wohl eine Broschüre mittleren Umfangs daraus werden; gewonnen wäre dadurch nichts. In welchem großem Maße die Sorgfalt der Aufbereitung, der Fermentation der Kakaobohnen die Qualität des Rohkakaos bestimmt, wird noch zu zeigen sein. Dann wird deutlich, daß schlecht aufbereitete Bohnen eines Criollo-Baumes die ihnen von der Natur gegebenen Vorzüge gegenüber einem sorgfältig fermentierten Forastero-Kakao sehr leicht einbüßen können. 5 Naundorf unterteilt z. B. Theobroma cacao L. in folgende «Gruppen und Τ y pen» : «Α. Kakao Criollo Β. Kakao Forastero 1. Kakao Trinitario I. Forastero Superior a) Angoleta b) Cundeamor II. Forastero Inferior a) Amelonado b) Calabacillo 2. Amazonen-Kakao (Cacao amazonico)» (in der Zeitschrift Gordian vom 25. 11. 1958, Seite 13). 6 Standorttypen unterscheiden sich untereinander auf Grund von Umweltfaktoren, ohne daß sie erbbedingte (genetische) Unterschiede aufweisen. 20
Β. Anbau und Ernte 1. Heiß, feucht und schattig Der Kakaobaum ist in seinem Wachstum an jene heiße Zone der Erde gebunden, die im Norden durch den Wendekreis des Krebses, im Süden durch den Wendekreis des Steinbocks—beide vom Äquator 23° 27' entfernt— begrenzt wird. Nur in den Tropen findet er das feuchtwarme Klima, das er zum Gedeihen braucht. Der größte Teil der Welterzeugung wird in Anbaugebieten geerntet, die innerhalb des 10. Breitengrades nördlich und südlich liegen. Kakaoanbaugebiete gibt es — von unbedeutenden Baumbeständen, die man nicht als Pflanzungen oder gar Anbaugebiete bezeichnen kann, abgesehen — in den folgenden Ländern:
Mittelamerika: Mexiko, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama; Westindische Inseln: Kuba, Haiti, Dominikanische Republik, Westindische Föderation (Dominica Grenada, Jamaica, St. Lucia, Trinidad und Tobago), Franz.-Westindien (Martinique und Guadeloupe).
Südamerika: Kolumbien, Ekuador, Peru, Bolivien, Venezuela, Franz.- und BritischGuyana, Surinam, Brasilien.
Westafrika: Sierra Leone (brit.), Liberia, Elfenbeinküste, Dahomey, Ghana, Togo, Nigeria, Cameroun, Spanisch-Guinea mit Fernando Póo, Sâo Tomé und Principe (port.), Gabun, Kongo (früher franz.), Angola (port.), Kongo (früher belg.).
Ostafrika: Nyassaland und Uganda (brit.), Madagaskar, Sansibar und Pemba (brit.).
Südostasien: Ceylon, Philippinen, Indonesien (vor allem Java), Sarawak und BritischNord-Borneo, Thailand, Malaya. 21
EUROPA AMERIKA
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AFRI M
LIBERIA
23
Ozeanien: Neue Hebriden (franz. und brit. Condominium); Fidschi-Inseln (brit.), West-Samoa (neuseel.), Papua und Neu-Guinea (austral.), Hawaii (USA). Bei weitem nicht alle diese Anbaugebiete spielen für den Weltkakaomarkt eine Rolle; nur sehr wenige haben größere Bedeutung für die Versorgung der Verbraucherländer. Näheres über die einzelnen Erzeugerländer findet sich im III. Teil. Wie die vorstehende Weltkarte zeigt, liegen die Kakaoanbaugebiete vorwiegend in Küstengebieten und in den Flußniederungen. In Äquatornähe wächst der Kakaobaum nodi in Höhen bis zu 1000 m über dem Meeresspiegel und auch darüber; die optimale Grenze dürfte aber im allgemeinen bei 500 m liegen. In höheren Lagen leiden meistens Ertragsfähigkeit und Qualität der Bohnen, doch hängt das weitgehend von den Umweltbedingungen, insbesondere den klimatischen Verhältnissen, ab. Die Beschaffenheit des Bodens ist in den Anbaugebieten verschiedenartig. Man kann wohl sagen, daß der Kakaobaum in stärkerem Maße von bestimmten Witterungsverhältnissen abhängig ist als von bestimmten Bodenarten. Lockerer Untergrund ist für die Ausbildung seiner Pfahlwurzel günstig, doch ist er sehr anpassungsfähig in dieser Beziehung; auf steinigem Boden, wie beispielsweise überwiegend in Bahia, ist die Pfahlwurzel oft wenig ausgeprägt oder sie fehlt ganz. Die mittlere Jahrestemperatur, die der Baum braucht, muß um etwa 2 5 ° C liegen. Sie kann etwas darunter oder darüber liegen, starke Ausschläge nach unten wirken sich auf die Ernteergebnisse allerdings katastrophal aus. Als Mindestregenmenge bezeichnet man 1 m, als Höchstmenge 5 m, wobei der Regenfall möglichst gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt sein muß. In Klimazonen mit lang anhaltenden Trocken- und Regenzeiten gedeiht der Kakaobaum nicht. Als mittelgroßer bis kleiner Urwaldbaum, der er von Natur aus ist, braucht der Kakaobaum den Schutz sogenannter Schattenbäume mit hohen, lichten Kronen, deren Blätter ihn vor allzu starker Sonneneinwirkung schützen. Welche Bäume als Schattenbäume dienen, ist in den einzelnen Anbaugebieten unterschiedlich. Zwar gedeiht er bei großer Feuchtigkeit auch ohne Schattenbäume, trägt dann sogar schneller Früchte, erschöpft sich aber auch früher. Die Schattenbäume dienen in der Regel gleichzeitig als Schutz gegen starken Wind, der in den Tropen häufig böenartig auftritt und Blätter, Blüten und Äste leicht abreißt, ja bei größerer Stärke sogar die leichten Stämme des Kakaobaumes knickt. Zuweilen werden auch besondere Waldstreifen als Windbrecher angepflanzt oder bei der Rodung des Urwalds stehengelassen. Kräftige und ständige Winde machen die Bäume außerdem brüchig und trocken und bewirken dadurch den Abfall von Früchten. In manchen 2
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Anbaugebieten pflanzt man deshalb außer den Sdiattenbäumen noch kräftige Urwaldbäume als Windbrecher. Die Aufzuchtmethoden sind in den einzelnen Anbaugebieten verschieden. Das junge Pflänzdien im Freiland aufzuziehen, hat den Vorteil eines schnelleren Wachstums und des Wegfalls von Umpflanzungen. Dem stehen als Nachteile die schlechteren Möglichkeiten einer intensiven Beaufsichtigung der Pflänzlinge und die größere Gefahr eines Schädlingsbefalls in einem Entwicklungsstadium gegenüber, in dem nodi eine besondere Empfindlichkeit besteht. Uberwiegend sieht man die jungen Kakaopflanzen deshalb heute in Saatbeeten und verpflanzt sie nach etwa 3 bis 5 Monaten in Freiland. Solange die Bäume noch jung sind, sieht man in den Plantagen vielfach Zwischenpflanzen, Bananenstauden oder andere, die zunächst einen Schutz gewähren, später aber abgeschlagen werden. Dann übernehmen die erwähnten großen Schattenbäume die Obhut. Die Pflanzungen junger Kakaobäume sollten ständig von Unkraut gereinigt werden, doch darf nicht sämtliche Vegetation um die jungen Bäume beseitigt werden, weil sonst durch die starken Regenfälle das Erdreich weggeschwemmt werden könnte und außerdem das Regenwasser zu schnell verdunstete, ohne die Wurzel des Kakaobaumes zu erreichen. In fortgeschrittenerem Wachstum werden die Bäume beschnitten. Die Pflanzer wenden auch hier die verschiedensten Methoden an, denen als Ziel die Förderung des Wachstums und die Steigerung des späteren Ertrages gemeinsam ist. Auf gut geführten Plantagen wird die Beschneidung regelmäßig durchgeführt und auf einwandfreien Stammwuchs geachtet. Dadurch läßt sich jene breite Baumkrone erreichen, die Luft und Licht Zutritt läßt und ein leichtes Erkennen etwaigen Befalls von Schädlingen ermöglicht. Der unbefangene Leser könnte aus dieser Darstellung den Eindruck gewinnen, als werde die Kakaokultur überall in einer Art betrieben, die beispielsweise mit unserer Land- und Forstwirtschaft vergleichbar wäre. Es ist deshalb notwendig, darauf hinzuweisen, daß Kakao in vielen Erzeugungsgebieten unter den primitivsten Bedingungen angebaut, geerntet und aufbereitet wird. Kakaoplantagen sind vielfach nicht mehr als von Unterholz befreiter Urwald, in den Kakaobäume gepflanzt werden, wo sie bei recht unterschiedlicher Pflege durch die Pflanzer sich mehr oder minder selbst überlassen bleiben, bis ihre Früchte geerntet werden können. Nach drei bis fünf Jahren, manchmal auch noch später, liefert der Kakaobaum die ersten Früchte. Noch etwa einmal solange braucht er, um seine höchste Ertragsfähigkeit zu erreichen, die zwei bis drei Jahrzehnte anhält. Dann sind die Erträge rückläufig, bis der Baum schließlich unfruchtbar wird. Wann dieses Stadium erreicht wird, läßt sich kaum einheitlich bestimmen. Auf guten Böden soll er ein Alter von 100 Jahren erreichen, doch dürfte dies die absolute Ausnahme sein. 25
2. Die Frucht fällt nicht vom Stamm Die Reifedauer der Kakaofrucht beträgt, von der Befruchtung der Blüte an gerechnet, je nach Anbaugebiet und Witterungsverhältnissen viereinhalb bis fünf, teilweise bis zu neun Monaten. Ihr Reifezustand kündigt sich durch einen Farbwechsel und eine glänzende Oberfläche an. Die Samen haben sich dann von der Pulpe, die sie vorher fest umschloß, gelöst; schüttelt man die Frucht, so stoßen sie aneinander. In diesem Stadium soll die Ernte einsetzen. Da nicht alle Früchte gleichzeitig reifen, wird in gewissen Zeitabständen geerntet. Der Kakaobaum trägt zwar das ganze Jahr hindurch reife Früchte, doch kann man in den meisten Anbauländern zwei typische Ernten unterscheiden: Die Haupternte (engl.: main crop; span.: cosecha principal) und die Nebenoder Zwischenernte (engl.: mid crop oder intermediate crop; span.: cosecha central). Beginn und Ende dieser Ernten sind nicht immer genau abzustecken, sondern von den Witterungsbedingungen abhängig. Die einzelnen Erntemonate sowohl in der Haupternte als auch in der Zwischenernte bringen in den Anbaugebieten durchaus unterschiedliche Mengen. Überdies ist das Verhältnis der Erträge der Haupternte und der Zwischenernte in verschiedenen Erzeugerländern sehr unterschiedlich. Während beispielsweise in Ghana etwa 10 bis 20 °/o auf die Zwischenernte entfallen, macht sie in Brasilien, wo sie Temporäo-Ernte genannt wird, nahezu die Hälfte der gesamten Jahresproduktion aus, so daß sie hier den Namen Nebenernte kaum verdient. Nahezu 80 °/o der Welternte entfallen in die Monate September bis März. Darin sind enthalten die Haupternten in Westafrika und Brasilien, 65 °/o der Ernten Venezuelas, 70 °/o der westindischen Erträge (mit Ausnahme der Dominikanischen Republik, wo etwa 40 % ihrer Gesamterzeugung in diesem Zeitraum geerntet werden), etwas mehr als 50 °/o der zentralamerikanischen Ernte, 30 °/o der Java- und bis zu 65 °/o der Ceylon-Ernte. Die Zwischen ernten dieser Länder und die Haupternten der anderen Erzeugergebiete einschließlich der Dominikanischen Republik ergeben zusammen die übrigen 20 °/o der Welterzeugung, die in den Monaten April bis August geerntet werden. Die reife Frucht des Kakaobaums darf nicht abgerissen werden. Sie wird abgeschnitten, wobei der Fruchtansatz am Baum gelassen wird, weil an dieser Stelle die nächste Blüte heraustritt. Für hochsitzende Früchte reicht das Buschmesser nicht aus. Es werden sichelartige Messer verwendet, die an Stangen befestigt sind. Die Frucht löst sich, auch wenn sie überreif ist, nicht allein vom Baum. Sie öffnet sich auch nicht, um die Samen auszustoßen und zu verteilen. Auch das ist eine botanische Seltenheit — die zweite, die wir neben der Stamm26
früditigkeit verzeichnen. Die natürliche Fortpflanzung des Kakaobaums kann nur durch Tiere bewirkt werden, beispielsweise, indem Affen oder Eichhörnchen die Früchte öffnen, das süße Fruchtfleisch fressen, die Samen aber verschmähen und umherstreuen. Praktische Bedeutung hat diese merkwürdige Fortpflanzungsart für die Kakaowirtschaft natürlich nicht, da die Früchte geerntet und neue Pflanzen durch Menschenhand gesetzt werden. Die geernteten Früchte werden — möglichst noch am gleichen Tage — geöffnet. Das geschieht an Ort und Stelle, um unnötige Transporte zu vermeiden. Die Methoden, nach denen die Früchte geöffnet werden, sind vielfältig, aber fast ausnahmslos manuell. Maschinelle Methoden sind versucht worden, haben jedoch offenbar befriedigende Ergebnisse nicht gebracht, weil die Früchte in der Form und Größe zu unregelmäßig sind. Es soll maschinelle Anlagen zur Öffnung der Früchte geben, die gut arbeiten; doch wenn dies der Fall sein sollte, haben sie heute noch Seltenheitswert. Meistens verwenden die Arbeiter oder Arbeiterinnen, die bei guter Übung bis zu 350 Früchte in der Stunde öffnen, Buschmesser, mit denen die Frucht der Länge nach gespalten wird, wobei jegliche Beschädigung oder Verunreinigung der Kakaobohnen vermieden werden muß. Die aus der Pulpe gelösten frischen Bohnen werden zur Fermentationsstätte gebracht. In vielen Anbaugebieten läßt man die Fruchthüllen einfach verfaulen. Das birgt die große Gefahr in sich, daß sie zu einer Brutstelle für Krankheiten werden, die den Kakaobaum in vielfältiger Form bedrohen. Sie werden deshalb heute teilweise verbrannt. Neuerdings werden die Fruchthüllen auch als Viehfutter verwendet. Die Erträge des Kakaobaums sind von seiner Art, vom Grad der Schädlingsbekämpfung und ihrem Erfolg, von den jeweiligen Witterungsverhältnissen und weiteren Faktoren abhängig. Daß die tatsächlichen Erträge der Pflanzungen angesichts der unterschiedlichen Sorgfalt, die auf den Anbau und die Pflege des Kakaobaums in den einzelnen Erzeugerländern verwendet wird, starke Unterschiede aufweisen, ist verständlich. Während der jährliche Hektarertrag an fertig aufbereiteten und getrockneten Kakaobohnen in der Literatur zumeist mit 500 bis 1500 kg angegeben wird, liegen nach den Feststellungen der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization) die Erträge heute zumeist wesentlich niedriger. Uberwiegend werden nur 200 bis 500 kg/ha geerntet; höhere Durchschnittsernten sind die Ausnahme. Auf gut geleiteten Pflanzungen in Ghana werden 600 bis 900 kg/ha, in Papua und Neu-Guinea bis zu 1200 kg/ha und in West-Samoa 1000 kg/ha erreicht. Der Ertrag je Baum und Erntejahr beginnt im vierten Jahr — normale Wachstumsbedingungen und Pflege vorausgesetzt — mit etwa 300 g und erreicht bei voller Ertragsfähigkeit 1,5 kg, in Ausnahmefällen auch 2 kg oder darüber. In den einzelnen Anbaugebieten differiert der Durchschnittsertrag 27
je Baum und Erntejahr ganz erheblich von 150 g in Liberia bis zu 2000 g in West-Samoa, wobei Durchschnittserträge über 600 g schon als relativ gut angesehen werden müssen. 3. Bedrohung durch Schädlinge und
Krankheiten
Der Kakaobaum ist wie jede Pflanze ständig von einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheiten bedroht. Die Zahl derjenigen, die ernsthafte Ernteschäden verursachen, ist jedoch nicht sehr groß. Um so verheerender können aber die Verluste sein, die diese Schädlinge hervorrufen. Die Kakaokrankheiten haben einen sehr großen Einfluß auf die Ernteergebnisse fast aller Erzeugerländer und damit auf die Weltproduktion insgesamt. Vielerorts sind sie erst in den 30er Jahren verstärkt aufgetreten. Einige ehemals wichtige Produktionsländer, besonders in Mittel- und Südamerika, sind durch Ertragsminderungen infolge großen Schädlingsbefalls zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. In fast allen wichtigen Anbaugebieten wird die Steigerung der Erzeugung nicht unwesentlich von der erfolgreichen Bekämpfung der Kakaokrankheiten abhängen. Im folgenden Überblick wird eine kurze Beschreibung der wichtigsten Krankheiten und tierischen Schädlinge des Kakaobaums gegeben. Mit Bedacht wird der deutschen Bezeichnung des Schädlings oder der Krankheit, die häufig wenig geläufig ist, der englische Name und die botanische Bezeichnung hinzugefügt, weil sich in der Fachliteratur ebenso wie in der Fachsprache des Kakaohandels zuweilen dieser Name, zuweilen jene Bezeichnung eingebürgert hat und vorwiegend verwendet wird. Die «universale» Kakaokrankheit, die in jedem Anbauland mehr oder weniger grassiert, wird durch den Pilz Phytophthora palmivora hervorgerufen; sie wird deshalb häufig als Phytophthora-Krankheit bezeichnet. Bei weitem den größten Schaden verursacht sie durch den Befall der Kakaofrüchte; in diesen Fällen spricht man von Braunfäule oder Kakaofäule (engl.: black pod oder brown pod disease). Breitet sich dagegen der Pilz am Stamm oder an den Ästen aus, nennt man die Krankheit Kakaokrehs (engl.: cancer) oder Rindenfäule. Die Verbreitung ist nach dem Regenfall und der Verteilung des Regenfalls, nach der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur unterschiedlich; im ganzen ist sie in den nasseren Anbaugebieten größer. In Costa Rica, West-Nigeria und Kamerun, wo die Regenfälle schwer und anhaltend zu sein pflegen, können Ernteverluste von 50 v. H. und mehr entstehen. Das erste Symptom der Kakaofäule ist eine braune Stelle auf der Frucht, die sich ausbreitet und dunkel wird, bis die ganze Frucht schwarz ist. Die Kakaobohnen werden zerstört. An der Oberfläche der Frucht bilden sich Sporen, die durch Regen oder Insekten verbreitet werden. 28
Befällt der Pilz die Äste oder den Stamm, so färben sidi die befallenen Stellen zunächst gleichfalls braun. Er dringt in die Tiefe des Gewebes, die Rinde wird schwammig, bildet ein Sekret und stirbt schließlich ab. Diese Art des Befalls, der Kakaokrebs, hat besonders in Trinidad und Ceylon beträchtliche Schäden hervorgerufen. Criollo-Bäume sind vom Krebs stärker bedroht als Forastero-Typen. Durch Abpflücken der befallenen Früchte kann die Verbreitung der Kakaofäule eingedämmt werden. Um ihr vorzubeugen, werden die Früchte in einigen Anbaugebieten alle drei bis vier Wochen mit international gebräuchlichen Pilzbekämpfungsmitteln (Fungiziden) gespritzt. Eine andere gefährliche Pilzerkrankung des Kakaobaums ist die Hexenbesen-Krankheit (engl.: witches broom disease). Sie wird durch den Pilz Marasmius perniciosus hervorgerufen, die deswegen auch Marasmius-Krankheit heißt. Zuweilen nennt man sie außerdem Krulloten-Krankheit. Die Hexenbesen-Krankheit wurde zuerst in Surinam festgestellt, breitete sich später auf Trinidad und Tobago, Grenada, Ekuador, Kolumbien und Venezuela aus und richtete in einigen dieser Gebiete geradezu katastrophale Schäden an. Zentralamerika, Afrika, Asien und auch Brasilien sind von ihr verschont geblieben. Die charakteristischen Symptome sind die besenartigen Verformungen (brooms) der Schößlinge, die dicker sind als gesunde und viele kurze seitliche Schößlinge mit unentwickelten Blättern tragen. Infizierte Blüten haben verdickte Stengel und bringen zuweilen erdbeerförmige Früchte hervor, die aber nicht reifen. Befallene Früchte zeigen einen harten, schwarzen Bereich im Umkreis um die infizierte Stelle. Die Samen werden zerstört. Wenn die Hexenbesen-Krankheit nicht bekämpft wird, sind die Bäume bald mit Hunderten von «Besenstielen» bedeckt, und der Ertrag fällt fast ganz aus. Die Verluste können durch regelmäßiges Entfernen der krankhaften Triebe und Früchte, auf denen sich die für die Verbreitung verantwortlichen Pilzsporen bilden, herabgesetzt werden. Das infizierte Material muß verbrannt oder vergraben werden. Die Bekämpfung mit verschiedenen Fungiziden kann zwar einen bestimmten Grad der Kontrolle über die Krankheit bringen, doch ist dieses Verfahren noch unwirtschaftlich. Es ist deshalb erstrebenswert, daß ein Mittel gefunden wird, durch dessen Spritzen neben der Hexenbesen-Krankheit gleichzeitig andere Krankheiten wirksam verhindert werden können. Ein gegen die Hexenbesen-Krankheit resistenter Kakaobaum ist zwar gefunden worden, doch liefert er sehr kleine Kakaobohnen, die vom Weltmarkt nicht aufgenommen werden. Deswegen ist man bemüht, durch Kreuzungen einen Baum zu züchten, der immun ist und gute Bohnen liefert. In Westafrika war und ist die «swollen shoot»-Krankheit die größte Bedrohung der Kakaokulturen. Es handelt sich um eine Viruserkrankung, die 29
zwar erst seit etwa 25 bis 30 Jahren bekannt ist und größere Verbreitung gefunden hat, die aber zweifellos unerkannt schon länger an der Goldküste existierte. Die Erkrankung wird durch verschiedene Viren hervorgerufen, die alle durch Melläuse (ζ. B. Pseudo-coccus njalensis, P. citri und andere) auf den Baum übertragen werden. Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Der Name «swollen shoot» erklärt sich dadurch, daß die Schwellungen der Zweige und Blattstiele die ersten Krankheitserscheinungen waren, die man entdeckte. Daneben gibt es aber das Symptom eines roten Mosaiks auf den Blättern. Der befallene Kakaobaum ist zum Absterben verurteilt. Die swollen-shoot-Krankheit hat in ganz Westafrika verheerende Schäden der Kakaokulturen mit sich gebracht. Will man die Ausbreitung eindämmen, so bleibt auch heute noch nichts weiter übrig, als die befallenen Bäume abzuschlagen. Das ist angesichts eines Verbreitungsgebietes von mehreren hundert Quadratkilometern in Ghana, Nigeria und an der Elfenbeinküste keine leicht durchzuführende Maßnahme, denn sie ist natürlich wenig populär. Es galt, die Pflanzer in diesen Ländern von der Notwendigkeit zu überzeugen, die erkrankten Bäume zu fällen, auch wenn sie zunächst noch Früchte trugen. Die erforderliche Propaganda wurde und wird durch Ausgleichszahlungen an die Pflanzer unterstützt. Allein in Ghana wurden — vor allem in der Nachkriegszeit, in der der schwere Kampf gegen die swollen-shootKrankheit mit diesem Radikalmittel begonnen wurde — über 60 Millionen Kakaobäume geschlagen. Da man in Ghana mit einem jährlichen Durchschnittsertrag von 1 bis IV4 lbs je Baum rechnet, entspricht dies einem Produktionsausfall pro Jahr — grob gerechnet — von rund 30 000 t Rohkakao. Eine Vorbeugungsmaßnahme gegen die swollen-shoot-Krankheit ist das Aussetzen von Parasiten gegen die Melläuse, was bereits mit einem gewissen Erfolg durchgeführt worden ist. Auf lange Sicht wird anzustreben sein, resistente Bäume zu züchten und zu pflanzen. Unter den tierischen Schädlingen sind die Capsids, wie sie im Englischen genannt werden, die gefährlichsten für den Kakaobaum und seine Früchte. Im Deutschen spricht man bei diesen Insekten von Kakaoläusen, Kakaowanzen und Rindenwanzen, doch ist die englische Bezeichnung in der Fachsprache die üblichere. Sahlbergella singularis, Distantiella theobroma, Helopeltis Antonii sind die wissenschaftlichen Namen für die drei wichtigsten Kakao-Schädlinge dieser Art. In Westafrika verursachen sie bedeutende Ertragsminderungen, gehören aber auch in Java, Ceylon und Neu-Guinea zu den gefürchtetsten Feinden des Pflanzers. Weniger Bedeutung haben sie in den amerikanischen Anbaugebieten. Die Capsids legen ihre Eier in Zweige, Fruchtstengel und Früchte, und nach wenigen Wochen schlüpfen die Larven aus, die sich ebenso wie die ausgewachsenen Insekten vom Zellgewebe der Blattschößlinge und Früchte 30
ernähren. Jede Fraßstelle wird zu einer dunkelbraunen bis schwarzen Stelle, die häufig durch einen Pilz, der den wohlklingenden Namen Calonectria rigidiuscula trägt, befallen wird. Er kann unter Umständen bewirken, daß Zweige oder sogar ganze Bäume absterben. Eine besondere Gefahr bedeuten die Capsids für die junge Kakaopflanze, die bei starkem Befall eingeht. Ihrem Schutz gilt deshalb die besondere Aufmerksamkeit bei der Bekämpfung. Ein mühsames, aber erfolgreiches Verfahren ist es, die jungen Pflanzen mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel (Insektizid) zu bestreichen. Ein anderes Insekt, daß ein kaum weniger gefährlicher Feind des Kakaos ist als die Capsids, dürfte ebenfalls unter seinem englischen Namen bekannter sein als unter der Bezeichnung Kakaoblattfuß (Selenothrips rubrocinctus). Thrips ist zweifellos der geläufigere Name für diese Insektenart, die vor allem in Westindien, Säo Tomé und einigen anderen südamerikanischen Anbaugebieten beträchtliche Schäden in den Kakaokulturen verursacht. Diese Insekten, kaum größer als 1 mm, leben auf der Unterseite der Kakaobaumblätter, wo sie ihre Eier legen und wo große Kolonien von Larven zu finden sind. Sie dringen in die Blattzellen ein und ernähren sich vom Zellsaft; dadurch wird auch die äußere Blattschicht zerstört, die sich silbern färbt. Wenn der Befall stark ist, sterben die Blätter ab. Wiederholt sich dies, kann der Baum selbst eingehen. Die Früchte werden gleichfalls befallen, allerdings nicht zerstört. Sie verfärben sich in ein schmutziges Braun, das es schwermacht, die Reife der Frucht festzustellen. Die Thrips bewirken durch die Schwächung der Kakaobäume Ernteausfälle bis zur Hälfte der normalen Erträge. Sie werden durch Insektizide bekämpft. Neben der Kakaofäule, der Hexenbesen- und der swollen-shoot-Krankheit gibt es eine Vielzahl anderer Pilz- und Viruserkrankungen des Kakaobaums, doch sind sie entweder weniger verbreitet — wie beispielsweise die MoniliaKrankheit, die zwar in Ekuador und Kolumbien die Haupt-Kakaokrankheit ist, sonst aber nur noch in geringerem Maße in Brasilien und Venezuela auftritt —, oder sie stellen keine ernsthafte Bedrohung der Kakaokulturen dar. Entsprechendes gilt auch für die tierischen Schädlinge des Kakaobaums, die keineswegs erschöpfend aufgezählt sind, wenn man nur die Capsids und die Thrips erwähnt. Ameisen, Termiten, Käfer, Motten und viele andere Insekten, Vögel, Ratten und Eichhörnchen richten Schäden an, die aber, insgesamt gesehen, nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Durch Züchtung resistenter Bäume, sorgfältige Auswahl der Jungpflanzen, Erhaltung oder Schaffung gesunder Wachstumsbedingungen kann die Neigung zu Erkrankungen zweifellos herabgesetzt werden, doch sind die meisten Pflanzungen in den verschiedenen Anbaugebieten heute noch aus den verschiedensten Gründen — mögen sie soziologischer, finanzieller oder son31
stiger Art sein — weit vom Ideal entfernt. Es kommt hinzu, daß die spezielle Kakaoforschung, die sich auch mit der Bekämpfung der Krankheiten befaßt, noch nicht sehr lange betrieben wird. In fast allen Kakao erzeugenden Ländern wird heute diesem Gebiet große Aufmerksamkeit und Anstrengung gewidmet. Dazu ist vor allem eine oft mühselige Aufklärungsarbeit bei den Pflanzern erforderlich, die von ihren Regierungen vielfach mit erheblichem Kostenaufwand bei ihrem Kampf gegen die Kakaoschädlinge und Kakaokrankheiten unterstützt werden. 4. Vom Geheimnis der
Aufbereitung
Wenn die aus der Frucht gelöste frische Kakaobohne die Eigenschaften erhalten soll, die sie zum Ausgangsprodukt der Schokoladenindustrie machen, muß sie aufbereitet werden: Sie wird einem Gärungsprozeß, der sogenannten Fermentation — auch Rottung genannt — unterworfen und anschließend getrocknet. Der Rohkakaoverbrauch ist in den letzten Jahrzehnten gewaltig gestiegen. Die Produktionsmethoden der Schokoladenindustrie sind ständig verbessert worden. Der Fermentationsprozeß ist jedoch — man könnte fast sagen — seit Jahrhunderten vielfach unverändert primitiv geblieben, obwohl man weiß, daß gerade ihm ein entscheidender Anteil an der Qualität des Rohkakaos zukommt. Die fertig aufbereiteten Kakaobohnen sollen braun, brüchig, aromatisch, nicht bitter, nicht sauer, sauber, heil, ohne Schinken- oder Rauchgeruch und ohne Infektionen sein. Man weiß also recht genau, wie der Erfolg der Fermentation und der anschließenden Trocknung sein soll; über einen großen Teil der komplizierten chemischen Umwandlungen, die die Bohnen während dieser Behandlung durchmachen, liegt aber noch heute — zumindest teilweise — ein Geheimnis. Daß angesichts dieser Tatsache nicht jeder Rohkakao dem Ideal entspricht, ist erklärlich. Es kommt hinzu, daß die Pflanzer oder deren Arbeitskräfte in der Regel die geschmacklichen Unterschiede des Rohkakaos und die Bedingungen für die Eignung zur Weiterverarbeitung in den Verbrauchsländern gar nicht kennen und daß ihnen die Enderzeugnisse wohl weitgehend unbekannt sein dürften. Für sie sind die äußeren Merkmale der Klassifikation in ihrem Land, die Unterteilung in «grades» maßgebend (vgl. Seite 37). Es darf ferner nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Aufbereitung im Ursprungsland oft unter recht primitiven Verhältnissen erfolgt. Ein weiterer Umstand, der die Qualität des Rohkakaos entscheidend beeinflußt, ist, daß in manchen Anbaugebieten die verschiedensten Arten oder Varietäten von Kakaobohnen geerntet und auch zusammen fermentiert werden, obwohl sie verschieden lange fermentiert werden müßten. Es ist fast erstaunlich, daß viele Erzeugerländer trotz all dieser 3*
Kastenfermentation
in
Bahia
Schwierigkeiten ein verhältnismäßig einheitliches Erzeugnis auf den Markt bringen. Die Art, in der die frischen Samen der Kakaofrucht fermentiert werden, ist wie alle anderen Behandlungsmethoden in den einzelnen Anbauländern recht unterschiedlich. Die sogenannte Haufen-Fermentation findet man vorwiegend in Afrika. Die frischen Bohnen werden zumeist im Freien auf eine Unterlage geschüttet und zugedeckt, wozu man vorwiegend Bananenblätter verwendet. In den amerikanischen Anbaugebieten fermentiert man den Kakao hauptsächlich in Kästen aus Holz oder Beton. Ihr Fassungsvermögen sollte nicht größer als ein Kubikmeter sein. Zumeist sind ihre Böden durchlöchert, damit der Saft des Fruchtfleisches, der noch an den Bohnen haftet, im Laufe des Prozesses ablaufen kann. Bei der Fermentation in kleineren Haufen bewirkt die einheitliche Luftzufuhr zur Masse einen gleichmäßigeren Ablauf der Fermentation als bei der Kastenfermentation. Bei sehr großen Haufen ergeben sich auf Grund unregelmäßiger Luftzufuhr die gleichen Fehler, die bei einer Kastenfermentation häufig auftreten, nämlich ungleichmäßig fermentierte Bohnen. Ursprünglich hat man der Fermentation wohl keine andere Aufgabe zugemessen, als die anhaftende Pulpe von den Bohnen zu entfernen, was auf mechanischem Wege außerordentlich schwierig ist und bei der Fermentation gewissermaßen von selbst erfolgt. Dabei wird man gemerkt haben, daß durch die Fermentation die Schale von den Keimblättern, den Kotyledonen, gelockert und dadurch die Abtrennung der Schalen erleichtert wird. Die Erkenntnis, daß die Fermentation auch das Aroma entscheidend beeinflußt, wird man wahrscheinlich erst später gewonnen haben. So könnte man erklären, warum die Methoden der Fermentation von Anfang an und viele Jahrhunderte hindurch solch simpler Natur gewesen sind. Die Kakaobohnen fermentieren nur, wenn sie in einem Haufen zusammenliegen. Dabei entwickelt sich eine Temperatur bis zu 50 0 C. Die Pulpe wird durch Enzyme von Mikroorganismen zersetzt und fließt ab. Gleichzeitig wirken im Innern der Bohnen sameneigene Fermente 7. Durch diese Wirkstoffe vollziehen sich im einzelnen nicht bekannte chemische Umwandlungen, die den bitteren, herben Geschmadc der frischen Bohne mildern. In der ersten Gärungsstufe wird der Fruchtzucker der Pulpe zu Alkohol abgebaut; die Bohnen gewinnen ihr Aroma. Bei der weiteren Gärung vollzieht sich ein Abbau des Alkohols zu Essigsäure; die Gerbstoffe werden vermindert, verlieren ihre Wasserlöslichkeit und können deshalb keinen ungünstigen Einfluß mehr auf den Geschmack nehmen. Der Geschmack ist um so 7 Fermente (= Enzyme) sind kompliziert gebaute organische Substanzen, die unter besonderen physiologischen Bedingungen chemische Reaktionen in den Organismen auslösen oder beschleunigen. Sie sind in großer Anzahl in lebenden Organismen enthalten. 33
milder, je weniger wasserlösliche Gerbstoffe in der Kakaobohne enthalten sind. Die Essigsäure oxydiert bei ausreichender Luftzufuhr zu Wasser und Kohlensäure. Da die Temperatur im Kasten oder Haufen nicht überall gleichmäßig ist und nicht alle darin enthaltenen Kakaobohnen die gleiche Luftzufuhr erhalten, muß der Inhalt während der Fermentation häufiger, möglichst täglich, umgeschaufelt werden. Um die Temperatur so weit wie möglich gleichmäßig zu halten, werden die Kästen oder Haufen mit Sädcen, Bananenblättern oder dergleichen abgedeckt. In der Fermentation werden Gewebe und Keimling der Samen getötet. Der Kern lockert sich von der Samenschale, die ihre bekannte hell- oder dunkelbraune «Schokoladenfarbe» erhält. Die ursprünglich weiße oder violette Farbe des Kerns wandelt sich allmählich je nach der Art des Kakaos in hellbraun, rötlichbraun, violettbraun oder dunkelbraun; ganz vollzogen ist dieser Farbwechsel erst mit Beendigung des sich an die Fermentation anschließenden Trocknungsprozesses. Die Fermentation dauert je nach den Umweltbedingungen beim ForasteroKakao sieben Tage und länger, beim Criollo-Kakao dagegen nur 24 bis 48 Stunden. Der Vorgang ist abgeschlossen, wenn die vorher helle Schale dunkel wird und die Kernfarbe sich gleichfalls verändert. Unterfermentierte Bohnen haben einen violetten Kern und weisen einen höheren Wassergehalt auf als braune Bohnen. Sie schmecken sauer, haben kein Aroma und sind von zäher Konsistenz. Sie ziehen sich nach der Trocknung platt zusammen, und ihr Kern hält zähe an der Schale fest. Ähnliches gilt auch für unfermentierten Kakao. Solche Bohnen bezeichnet man als schiefrig. Uberfermentierter Kakao hat den berüchtigten Buttersäure- oder Schinkengeruch, der die Bohnen für die Verarbeitung zu Erzeugnissen der Schokoladenindustrie unbrauchbar und im günstigsten Fall eine Nachbehandlung erforderlich macht. In einigen Anbaugebieten wird der Kakao nach Abschluß der Fermentation gewaschen. Dadurch sollen die den Bohnen noch anhaftenden Pulpereste entfernt werden. Bei einem gut fermentierten Forastero-Kakao ist das Waschen nicht erforderlich, weil während des verhältnismäßig langen Gärungsprozesses die Pulpe ganz oder fast ganz abfließt. Bei der kurzen Fermentation des Criollo-Kakaos ist das jedoch nicht der Fall. Gewaschen werden deshalb insbesondere Edelsorten, ζ. B. Ceylon- oder Samoa-Kakao. Die anhaftenden Pulpereste begünstigen nämlich den Pilzbefall und würden dadurch den Kakao äußerlich unansehnlich machen. Da durch das Waschen angeblich das Aroma leidet, bedient man sich in Venezuela teilweise einer Erdbehandlung der fermentierten Kakaobohnen, um Pulpereste zu entfernen. Die Bohnen werden hierbei in roter Lateriterde gewendet, bis sie alle einen feinen Erdüberzug haben. Mikroorganismen wie Pilze werden auf diese Weise ferngehalten. Überdies behaupten die Ver34
fechter dieser Methode, die im Englischen als «claying» bezeichnet wird, daß auch das Aroma konserviert werde. Nach der Fermentation oder nach dem Waschen wird der Kakao getrocknet. Während dieses Vorganges vollziehen sich in den Bohnen ebenfalls noch chemische Veränderungen, die die Qualität mitbestimmen. Es ist unbestritten, daß die beste Trocknung die Sonnentrocknung ist. Die Bohnen werden ausgebreitet, wobei für Schutz gegen Begen und Tau zu sorgen ist. Die Kakaobohnen müssen gewendet werden, um eine gleichmäßige Trocknung zu erreichen und eine Schimmelbildung zu verhindern. Wie lange das Trocknen dauert, ist natürlich von den jeweiligen Witterungsbedingungen abhängig. Durchschnittlich kann man vielleicht fünf bis sechs Tage annehmen. Das Ideal der Sonnentrocknung läßt sich sehr oft nicht verwirklichen. In vielen Anbaugebieten fällt die Haupterntezeit in Regenmonate, so daß eine künstliche Trocknung unumgänglich ist. Heißlufttrockner mit Thermostaten, die die Temperatur gleichmäßig bei etwa 50° bis 60° halten, dürften in den Anbaugebieten eine Seltenheit sein. Der Regelfall sind wesentlich primitivere Trocknungsvorrichtungen, so daß der künstlich getrocknete Rohkakao zuweilen recht unangenehme Eigenschaften aufweist. Wenn nämlich die Bohnen durch mangelnde Sorgfalt mit dem Rauch des Feuers im Trokkenapparat in Verbindung kommen, so nehmen sie den Rauchgeschmack an, der sich durch keine Nachbehandlung mehr entfernen läßt. Oder aber die Temperatur ist im Trockenapparat zu hoch, so daß die Bohnen oder ein Teil davon angeröstet werden. Beim späteren Röstvorgang im Verarbeitungsland brennen dann diese Bohnen leicht an und werden unbrauchbar. — Durch die Trocknung verlieren die Bohnen etwa 60 bis 65 v. H. ihres Gewichts. Fermentation und Trocknung müssen mit großer Sorgfalt durchgeführt werden, da sie die Qualität des Rohkakaos entscheidend mitbestimmen. Es ist bekannt, daß in zahlreichen Anbaugebieten große Anstrengungen gemacht werden, um die Pflanzer zu einer sachgerechten Aufbereitung zu veranlassen. Das bedingt teilweise erhebliche Mittel, die für die Schulung und Erziehung aufgewendet werden müssen. In einigen Erzeugerländern kümmert man sich auch heute noch recht wenig um die Verbesserung der Aufbereitungsmethoden. C. Welthandelsware
Rohkakao
1. Über die Handelssorten Im Welthandel mit Rohkakao wird zwischen Edelkakaos und Konsumkakaos unterschieden. Der Edelkakao dient wegen seines milden Geschmacks und angenehmen Aromas dem Schokoladenfabrikanten zur Verfeinerung seines 35
Erzeugnisses, dessen Grundstock der Konsumkakao — zuweilen auch noch Mengen- oder Füllkakao genannt — bildet. Nur für ganz wenige Spitzenerzeugnisse wird ausschließlich Edelkakao verwandt. Der GORDIAN beschreibt die Erfordernisse, die ein Rohkakao erfüllen soll, wenn er als Edelkakao bezeichnet wird, folgendermaßen 8 : «Unter Edelkakao versteht man die reif geernteten, gut ausgegorenen, reingewaschenen, vorsichtig und an der Sonne getrockneten Kakaobohnen der Criollo-Art, deren Kerne in lockerer, gewaschener Schale sitzen, hellund dunkelbraun gefärbt, milde im Geschmack sind und ein angenehmes Aroma haben.» Es handelt sich hierbei zweifellos nicht um die Definition des im Handel gebrauchten Begriffs «Edelkakao», sondern um die Beschreibung des idealen Edelkakaos. Die Praxis pflegt vom Ideal mehr oder weniger entfernt zu sein. Die vom Handel dem Edelkakao zugerechneten Rohkakaos sind keineswegs alle sonnengetrocknet und gewaschen. Sie stammen auch nicht ausschließlich von Criollo-Bäumen. Ein sicherlich eindeutiges Kriterium für die Frage, ob Edelkakao oder nicht, ist der mildere Geschmack und das Aroma. Konsumkakao ist würziger, herber und saurer und überdies zumeist auch im Kern dunkel. Daraus geht hervor, daß die Begriffe Edelkakao und Konsumkakao nicht eindeutig klar sind. Soll man ζ. B. einen schlecht aufbereiteten Criollo-Kakao zu den Edelsorten rechnen? Eindeutig ist jedenfalls, daß man nicht, wie es häufig geschieht, sagen kann, Edelkakao ist Criollo-Kakao, und Konsumkakao ist Forastero-Kakao. Criollo und Forastero sind — wenn auch keine sehr präzisen — Begriffe des Botanikers; Edel- und Konsumkakao ist eine Unterscheidung des Handels, die allerdings auch nicht eindeutig bestimmt ist. Zu den Edelkakaos rechnet der Handel die Sorten der meisten mittelamerikanischen Anbaugebiete (Jamaica, Grenada, Trinidad, Costa Rica), die Rohkakaos aus Venezuela und Ekuador sowie die asiatischen Rohkakaos (West-Samoa, Java, Ceylon). Zusammen machen die Edelkakaos weit weniger als ein Zehntel der Welterzeugung aus. Zum Konsumkakao werden die Erzeugnisse der anderen Produktionsländer gerechnet, also insbesondere die westafrikanischen Rohkakaos, der brasilianische Rohkakao und der Rohkakao der Dominikanischen Republik. Die übliche Bezeichnung der Handelssorten des Rohkakaos aus den verschiedenen Erzeugerländern besteht aus dem Namen und einem Zusatz, aus dem sich der Qualitätsgrad ergibt. Der Handelsname eines Rohkakaos ist in vielen Fällen nach dem Erzeugerland gewählt (z. B. Kamerun-Kakao) oder nach einem Anbaugebiet im Erzeugerland (z. B. Tabasco), oder nach dem Hauptverschiffungshafen (z. B. Lagos-Kakao). Bei einigen Rohkakaos 8 GORDIAN: «Abhandlungen über Kakao», Seite 31. 36
sind auch andere Bezeichnungen gewählt wie ζ. B. Arriba für EkuadorKakaos. Zuweilen finden sich auch zwei übliche Handelsnamen für Rohkakaos eines Landes (z. B. Ghana- oder Accra-Kakao; Togo- oder LoméKakao; Nigeria- oder Lagos-Kakao). Die Bezeichnungen der Handelssorten nach ihrer Beschaffenheit ist weder für die Rohkakaos aller Erzeugerländer noch — was übrigens auch für die Handelsnamen gilt — in allen Verbrauchsländern einheitlich. Die erste Qualität wird bei den wichtigsten Rohkakaos als good fermented, superior oder supérieur bezeichnet, die zweite Qualität vielfach als fair fermented, good fair oder courant. Sofern die Erzeugerländer noch eine dritte Qualitätsstufe kennen, trägt sie Bezeichnungen wie fair average quality (faq.) oder limite. Bei einigen Erzeugerländern unterscheidet man auch zwischen dem wertvollen Rohkakao größerer Pflanzungen (Plantation) und dem Rohkakao von Eingeborenenpflanzungen (Natives). Da Rohkakao zum überwiegenden Teil nach Beschreibung gehandelt wird, muß aus der Bezeichnung die wahrscheinliche Qualität möglichst zutreffend hervorgehen. Haupt- und Nebenernten bringen in den meisten Erzeugerländern unterschiedliche Qualitäten. Neben dem Handelsnamen und dem Qualitätsgrad wird deshalb hinzugesetzt «main crop» (Haupternte) oder «mid crop» (Zwischenernte), beim Nigeria-Kakao als «light crop» bezeichnet. Nicht alle Länder liefern wie z. B. Ghana oder Nigeria ein im Rahmen der zwangsläufigen Abweichungen durch unterschiedliche Witterungseinflüsse gleichmäßiges Durchschnittserzeugnis; aus diesem Grund wird bei einer Reihe von Provenienzen der Name des Abladers oder seine Marke hinzugefügt, womit sich eine bestimmte Qualitätsvorstellung verbindet. 2. Qualitätseinstufung
im
Erzeugerland
In den meisten größeren Erzeugerländern wird der Rohkakao vor der Verschiffung einer Gradierung, d. h. einer Qualitätseinstufung, durch offizielle Stellen unterzogen. Einigen Ländern ist es durch die strikte Anwendung solcher Gradierungssysteme und die dadurch ermöglichte Vermeidung des Exports schlechter Qualitäten gelungen, für ihren Rohkakao einen guten Ruf auf dem Weltmarkt zu erlangen. Das gilt beispielsweise besonders für Ghana und Nigeria. Die Einstufung in verschiedene Qualitätsgrade ermöglicht es auch, für bessere Qualitäten Prämien an die Pflanzer zu zahlen, um auf diese Weise die Bemühungen um Qualitätsverbesserung zu unterstützen. Allerdings werden nicht in allen Ländern, die offizielle Gradierungssysteme haben, Qualitätsprämien gezahlt, obwohl die Beispiele dazu ermutigen sollten. Die Gradierungssysteme sind in den einzelnen Erzeugerländern sehr un37
terschiedlich. In Ghana, Nigeria und den mit Frankreich verbundenen Ländern Westafrikas basieren sie auf der Limitierung von beschädigten Bohnen (in °/o für jede Qualitätsstufe). Ghana hat folgendes Gradierungsschema: · Grade 1: Völlig trocken, frei von Fremdbesatz, rauchigen Bohnen und Verfälschungen. Die Ware darf nicht mehr als 5 Prozent schimmelige, gekeimte, flache oder verfaulte Bohnen oder Bohnen mit Wurmfraß und nicht mehr als 5 Prozent schieferige Bohnen enthalten. Grade 2: Völlig trodcen, frei von Fremdbesatz, rauchigen Bohnen und Verfälschungen. Die Ware darf nicht mehr als 10 Prozent schimmelige, gekeimte, flache oder verfaulte Bohnen oder Bohnen mit Wurmfraß und nicht mehr als 10 Prozent schieferige Bohnen enthalten. Der Anteil an schimmeligen Bohnen oder Bohnen mit Wurmfraß darf 5 Prozent nicht übersteigen. Grade 3: Völlig trodcen, frei von Fremdbesatz, rauchigen Bohnen und Verfälschungen. Die Ware darf nicht mehr als 15 Prozent schimmelige, gekeimte, flache oder verfaulte Bohnen oder Bohnen mit Wurmfraß enthalten. Sub-Grade: Völlig trocken, frei von Fremdbesatz und rauchigen Bohnen. Die Ware darf nicht mehr als 15 Prozent schimmelige, gekeimte, flache oder verfaulte Bohnen oder Bohnen mit Wurmfraß enthalten. Nur die beiden ersten Qualitäten werden unter der Bezeichnung «good fermented» zum Export freigegeben. In Nigeria konnten durch die Einführung eines neuen Gradierungssystems, verbunden mit differenzierter Prämienzahlung für bessere Qualitäten an die Pflanzer, beispielhafte Erfolge in bezug auf die Qualitätsverbesserung erzielt werden. Das Klassifikationsschema bis 1946/47 sah folgende Regelung vor: Höchstzulässige Menge unferAn Pflanzer gezahlter mentierter oder ungenügend Preis per Igt fermentierter Bohnen (Haupternte) Grade 1: Grade 2:
3«
5% Keine Begrenzung
£50.0.0 £ 47.10.0
Das Klassifikationssdiema, das vom Erntejahr 1947/48 an gilt, differenziert folgendermaßen:
Grade Grade Grade Grade
1 2 3 4
Höchstzulässige Menge unfermentierter oder ungenügend fermentierter Bohnen
Hochstzulässige Menge beschädigter Bohnen
5 °/o 10 % 20 %> Keine Begrenzung
5 °/o 10 °/o 10 °/o 10 °/o
An Pflanzer gezahlter Preis per Igt (Haupternte)
£ £ £ £
62.10.0 60.0.0 57.0.0 47.10.0
Welchen Einfluß diese Änderung im Laufe weniger Jahre auf die Aufbereitung der Kakaobohnen durch die Pflanzer hatte, zeigt sich aus der folgenden Gegenüberstellung der Anteile der Qualitätsstufen an der Gesamterntemenge:
Grade Grade Grade Grade
1: 2: 3: 4:
1947/1948
1954/1955
47,0 °/o 24,7 % 21,3 % 7,0 °/o
91,47 °/o 4,14 %
Ähnliche Erfolge wurden in Cameroun durch die 1949 eingeführte Klassifikation in die Qualitäten Supérieur, Courant und Limite und die damit verbundene Prämienzahlung für bessere Qualitäten erzielt. Hier gilt das Gradierungsschema: Unfermentierte Bohnen nicht mehr als Supérieur Courant
5 °/o 10 °/o
Limite
20 %
Beschädigte Bohnen nicht mehr als 5 °/o 10 °/o (nicht mehr als 5 °/o schimmelig) 15 °/o (nicht mehr als 5 °/o schimmelig)
Obwohl die gleichen Qualitätsstufen auch an der Elfenbeinküste Gültigkeit haben, ist es dort noch nicht gelungen, die Qualitäten zu verbessern. Die gezahlten Prämien für bessere Qualitäten waren bisher zu gering, um zu39
sammen mit den notwendigen Aufklärungsarbeiten bei den Pflanzern wesentliche Fortschritte zu erreichen. Auch in Brasilien ist es nicht gelungen, die Qualität des Rohkakaos mittels des geltenden Gradierungssystems zu verbessern. Die Pflanzer erhalten keine höheren Preise für besseren Rohkakao. Die guten Erfahrungen Nigerias und Camerouns haben nodi keine Schule gemacht. Eine Reihe von Erzeugerländern kennen solche Gradierungssysteme, wie sie in Ghana, Nigeria und Cameroun vorbildlich gehandhabt werden, nicht. Damit ist jedoch keineswegs ein Urteil über die Rohkakaos derjenigen Länder gesprochen, die andere Methoden anwenden. Aus den verschiedenen Handelsnamen der Rohkakaos dieser Länder kann man sehr wohl erkennen, um welche Warenart es sich handelt. Der Handel weiß auf Grund jahreoder jahrzehntelanger Erfahrung, welche Qualitäten er bei bestimmten Pflanzungen oder Abladern erwarten darf. 3. Rohkakao aus der Sicht der Abnehmer Der Wert von Kakaobohnen wird für ihren Verbraucher, d. h. für den Fabrikanten, der daraus Schokolade, Schokoladenerzeugnisse oder Kakaopulver herstellen will, vor allem durch ihren Geruch und ihren Geschmack und ferner durch eine Reihe anderer Eigenschaften, die die Bohnen im Hinblick auf die Verarbeitung haben sollen, bestimmt. Der Geruch soll angenehm sein und das übliche Schokoladenaroma haben. Die Bohnen dürfen nicht stark sauer, rauchig oder muffig riechen. Der Geschmack der Bohnen muß einem guten Rohkakao entsprechen. Wünschenswert ist ferner, daß der Rohkakao möglichst groß, rundlich, gleichmäßig und locker, frei von fremden Bestandteilen sowie tauben und verdorbenen Bohnen ist. Die Schalen sollen ein möglichst geringes Gewicht haben und leicht vom Kern zu lösen sein. Es braucht wohl kaum besonders betont zu werden, daß es für die Beurteilung des Wertes eines Rohkakaos für die Verarbeitung nicht nur der Kenntnis einer ganzen Reihe von Grundtatsachen, sondern auch darüber hinaus praktischer Erfahrung bedarf. An dieser Stelle können nur die Grundtatsachen kurz erläutert werden, die durch praktische Anschauung ergänzt werden müssen. Die Form der aufbereiteten Kakaobohnen ist recht unregelmäßig. Ihre Länge beträgt meistens 21 bis 23 mm; nur bei recht guten Sorten ist die Durchschnittslänge mehr als 24 mm 9. Die Breite der Bohnen, die meistens etwas mehr als die Hälfte ihrer Länge ausmacht, ist für die Beurteilung eines 9 Zahlenangaben in diesem Kapitel nach H. Fincke, Handbuch der Kakaoerzeugnisse, Berlin 1936, Seiten 90 ff. 40
Rohkakaos nicht wichtig, wohl aber ihre Dicke, die bei guten Sorten im Verhältnis zur Länge 4 : 10 beträgt, aber bei flacheren Sorten wie Säo Tomé oder Bahia-Kakao häufiger 3 : 10. Zu flache Bohnen haben den Nachteil eines erhöhten Anteils des Schalengewichts am Gesamtgewicht der Bohnen und lassen sich überdies schlechter schälen. Den Nachteil erhöhten Schalengewichtsanteils haben auch kleine Bohnen. Der Anteil der Schalen am Gesamtgewicht schwankt zwischen 11 und 16 °/o; er liegt durchschnittlich bei 14 °/o. Das Gewicht der Kakaobohnen variiert bei den verschiedenen Sorten zwischen 0,75 und 1,6 g und liegt meistens bei 1,0 bis 1,4 g. Man pflegt vielfach das 100-Bohnen-Gewicht anzugeben, das also zwischen 75 und 160 g liegen kann. Ein besserer Maßstab für die Qualität der Bohnen ist allerdings das Litergewicht. Es ist das Gewicht einer Menge Bohnen, die (einschließlich der Zwischenräume) ein Hohlmaß von einem Liter ausfüllen. Das Litergewicht des Rohkakaos liegt durchschnittlich etwa bei 510 bis 680 g. Ein niedrigeres Litergewicht läßt auf eine höhere Qualität schließen; denn große Bohnen mit den erwünschten lockeren, leicht brechenden Kernen nehmen einen größeren Raum ein und haben ein geringes spezifisches Gewicht, so daß ihr gesamtes Litergewicht vergleichsweise gering ist. Ein sehr wesentliches Beurteilungsmerkmal ist die Farbe der Kakaobohne. Die äußere Schicht des Kerns ist stets dunkler als das Innere. Die Kakaokerne sind äußerlich von heller bis dunkler brauner oder schwärzlicher Farbe, häufig mit einem Stich ins Violette. Das Innere ist bei gutem Rohkakao je nach der Baumart, von der er stammt, und nach der Durchführung der Fermentation weißlich, hellbraun, meistens dunkelbraun-violett bis dunkelbraun. Schlecht fermentierte Bohnen haben im Innern eine violett-graue oder schiefrige Farbe. Die braune Farbe ist zwar allgemein erwünscht, doch muß die Kernfarbe des Rohkakaos der verschiedenen Erzeugerländer unterschiedlich beurteilt werden. Die mehr oder minder violette Färbung läßt keineswegs immer auf ungenügende Fermentation schließen, sondern kann auch auf der Art der Kakaobäume, von denen er stammt, beruhen. Unter den Fehlern, die die Kakaobohnen vornehmlich aufweisen können, ist vor allem der Schimmel zu nennen, der meist zu muffigem Geruch und Geschmack des Rohkakaos und damit zur Unbrauchbarkeit führt. Die Wirkung ist allerdings vom Grad und von der Art der Verschimmelung abhängig. Der Schimmel auf den Schalen, der fast immer auf den ungewaschenen Rohkakaos, die im Welthandel bei weitem überwiegen, festzustellen ist, hat für den Wert der Kakaobohnen keine Bedeutung, soweit die Kerne gesund geblieben sind. — Unreife Bohnen sind nicht immer an ihrer verhältnismäßig geringen Größe erkennbar, weil viele Forastero-Kakaos auch häufig reife kleine Bohnen enthalten. Die Unreife zeigt sich meistens wie die Unterfermentation durch eine dunkler violette Farbe als die übrigen Bohnen an. 4i
Uberreife Bohnen sind groß, oft fleckig und haben eine bröckelnde Schale. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß der Rohkakao keine Fremdbestandteile enthalten soll; dennoch zeigt die Praxis, daß besonders bei einigen wenigen Provenienzen immer wieder alle möglichen — und unmöglichen — Gegenstände im Rohkakao zu finden sind, die offenbar nicht zufällig in die Partien gelangen. Bei der Beurteilung der Qualität des Rohkakaos muß man sich über die verschiedenen Einflüsse klar sein, die sich auf seine Beschaffenheit auswirken können: «1. die angebaute Kakaobaumspielart mit ihren ererbten Eigenschaften, 2. die Anbaugegend mit ihren besonderen klimatischen Verhältnissen, mit der Höhenlage und Bodenbeschaffenheit, 3. Wetter-, Schädlings- und sonstige wechselnde Verhältnisse des jeweiligen Erntejahres, der Ernte- und Aufbereitungszeit, 4. die Erntezeit innerhalb des Jahres, 5. der durchschnittliche Reifegrad und die Reifegleichmäßigkeit der Bohnen bei der jeweiligen Ernte, 6. die Sorgfalt bei der Aufbereitung der einzelnen Lieferungen, beginnend mit dem Einholen der Ernte und endend mit dem Verlesen der Bohnen und ihrem Aufteilen in Größen und Gütegruppen vor dem endgültigen Einsacken, 7. die Sorgfalt der Lagerung und Beförderung der Bohnen und ihre Behütung vor Beschädigungen nach beendeter Aufbereitung bis zum Eintreffen in dem Verarbeitungswerk.» 10 Die Rohkakao-Importländer stellen teilweise gesetzliche Qualitätsanforderungen an die Einfuhrwaren. Nicht minder bedeutungsvoll für den Handel sind die Normen, die von den Organisationen selbst aufgestellt sind. In den USA bestimmt das Pure Food Law, daß Rohkakao nicht mehr als 10 % schimmelige und durch Insektenfraß beschädigte Bohnen enthalten soll, davon schimmelige Bohnen nicht mehr als 5 °/o. Diese Anforderungen an die Qualität sind recht gering, weil sie das Merkmal der Schiefrigkeit, ein infolge ungenügender Fermentation häufiger Fehler, nicht einschließen. In Großbritannien gibt es keine gesetzlichen Bestimmungen für die Mindestqualität der Rohkakaos. Die Bedingungen der Cocoa Association of London Ltd. (CAL), auf deren Grundlage ein großer Teil des Welthandels mit Rohkakao, insbesondere auch des deutschen Imports, abgewickelt wird, bestimmen für westafrikanische Rohkakaos, daß die Qualität «good fermented» nicht mehr als 5 °/o schiefrige und 5 °/o beschädigte Bohnen enthalten darf, die Qualität «fair fermented» nicht mehr als 10 °/o schiefrige und 10 H. Findce, a. a. O., Seite 95. 4*
10 °/o beschädigte Bohnen, die Qualität «fair average quality» nicht mehr als 12 °/o beschädigte Bohnen. Die gesetzlichen Qualitätsbestimmungen der Bundesrepublik Deutschland sind in der Verordnung über Kakao und Kakaoerzeugnisse vom 5. 7. 1933 (abgekürzt
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GUINEA • Kakao-Anbau-Gebiete
5o
88
reich, weil dort ein Mangel an jungfräulichem Boden herrscht. Trotz dieser Neuanpflanzungen ist das hohe Alter vieler Bestände und deren Erneuerung eines der Probleme der Kakaowirtschaft der Elfenbeinküste. Deshalb werden aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse an die Pflanzer für Neuanpflanzungen bezahlt. Eine weitere Schwierigkeit sind die großen Schäden durch Capsids, die bisher noch nicht systematisch bekämpft worden sind. Auch durch den swollen-shoot-Befall werden beträchtliche Verluste verursacht. — Mit einer wesentlichen Erhöhung der Rohkakao-Erzeugung an der Elfenbeinküste dürfte angesichts der bestehenden Schwierigkeiten vorerst nicht zu rechnen sein. Der Elfenbeinküsten-Kakao, der fast ausschließlich von Forastero-Beständen kommt, ähnelt, wenn er sorgfältig aufbereitet ist, dem Ghana-Kakao. Leider hat aber seine Qualität in der Vergangenheit oft zu wünschen übriggelassen. In welchem Maße sich der Anteil der 1. Sorte am Gesamtexport zeitweise verringert hat, zeigt die folgende Tabelle: Kalenderjahr:
1948 1951 1954 1956/1957 (Erntejahr) 1957/1958 (Emtejahr)
Supérieur 71,00
39,00 6,00 13,55 32,36
Anteil in υ. Η. Courant
17,00 36,00 61,00 86,25 65,54
Limite
12,00 25,00 33,00 0,20 0,50
Dank intensiver Bemühungen hat sich das Verhältnis in jüngster Zeit wieder erheblich zugunsten der besseren Qualitäten verschoben, doch bleibt auf diesem Gebiet noch manches zu tun. Wie in den übrigen ehemaligen französischen Besitzungen erhalten die Pflanzer für ihren Rohkakao einen festen Preis, der für die Saison festgesetzt und je nach dem Weltmarktpreis eventuell aus öffentlichen Mitteln gestützt wird. Verschiffungshafen ist die Hauptstadt Abidjan. Die Handelsbezeichnungen sind für die 1. Sorte: Ivory Coast good fermented oder Côte d'Ivoire supérieur 2. Sorte: Ivory Coast fair fermented oder Côte d'Ivoire courant 3. Sorte: Ivory Coast fair average quality oder Côte d'Ivoire limite. Hauptabnehmerländer des Elfenbeinküsten-Kakaos sind Frankreich, die Niederlande, aber auch die Bundesrepublik Deutschland mit 6200 t jährlich im Durchschnitt der letzten Jahre.
89
Cameroun Die deutsche Kolonie Kamerun wurde nach dem ersten Weltkrieg geteilt und unter Treuhandverwaltung Großbritanniens und Frankreichs gestellt. Britisch-Kamerun ist ein an Nigeria grenzendes Gebiet von 88 300 qkm und gehörte zur Föderation von Nigeria (vgl. Seite 82), hat sich aber gegen ein Verbleiben in der Föderation Nigeria nach deren Unabhängigkeit ab 1. 10. 1960 entschieden. Britisch-Kamerun bleibt daher vorerst unter Mandatsverwaltung. Der ehemals französische Teil Kameruns (die offizielle Schreibweise lautet ^Cameroun»), der seit dem 1. 1. 1960 unabhängig ist, umfaßt ein Gebiet von 432 000 qkm und hat 3,2 Millionen Einwohner. Nur auf dieses autonome Cameroun bezieht sich die folgende Darstellung. Die Wirtschaft Camerouns wird stark von dem Kakaoanbau geprägt, dessen Erzeugnisse mit rund 40 v. H. an den Gesamteinfuhrerlösen beteiligt sind. Einen beachtlichen Aufschwung nahm in den letzten Jahren die KaSeekultur, deren Ernten sich innerhalb der letzten vier Jahre verdoppelten. Das dritte maßgebliche Ausfuhrprodukt sind Bananen. Es folgen Holz, Baumwolle und Ölfrüchte. Die Erschließung anderer Rohstoffquellen hat bisher nur geringeren Umfang erreicht. Titan und Zinn werden in gewissen Mengen gewonnen. Von großer Bedeutung für die schon entwickelte Aluminiumwirtschaft des Landes dürfte die Entdeckung von Bauxitlägern sein. Die ersten Kakaobäume wurden zwar bereits 1886 in Kamerun angepflanzt. In der deutschen Kolonialzeit wurde sowohl im heutigen britischen wie im früheren französischen Teil ein gut aufbereiteter Plantagenkakao erzeugt, doch blieben die Gesamterträge verhältnismäßig gering. In Französisch-Kamerun konnte die Produktion innerhalb weniger Jahrzehnte ab 1920 wesentlich gesteigert werden. Rohkakao-Exporte Kalenderjahr 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1959
90
Camerouns Menge (in 10001) 2,6
4,9 10,8
23,4 23,4 24,4 43,7 55,6 53,4
Mit einer Erzeugung von 60 000 t im Erntejahr 1958/1959 zählt Cameroun heute zu den fünf größten Produzentenländern der Welt. Bis 1967 hofft man, die Erträge auf 70 000 t steigern zu können. Dabei denkt man zwar auch an eine Vergrößerung der Anbaufläche, die in Anbetracht der großen Gebiete mit noch jungfräulichem Boden möglich ist; in erster Linie aber erwartet man eine Steigerung von einer verbesserten Pflege der Kulturen. Der Kakao wächst im südlichen Teil Camerouns mit Ausnahme der Küstenebene. Die Anbaugebiete lassen sich in drei Regionen gliedern, von denen die erste, am nächsten der Küste gelegene, das ganze Jahr hindurch sehr feucht ist. Die Verluste durch die Kakaofäule sind sehr groß, die Erträge relativ gering. An diese 30 bis 100 km breite Region schließt sich die beste Kakaozone an; sie umschließt die Gebiete von Nyong und Sanaga, von Utem, Dja, Lobo und einen Teil von Mbam. Dieses große Gebiet ist fast ausschließlich dem Kakaoanbau gewidmet, der hier günstige Bedingungen findet. Das Klima ist weniger feucht, die Bevölkerungsdichte größer. 75 bis 80 v. H. der Gesamterträge Camerouns stammt aus dieser Kakaozone. — Die noch östlicher liegende dritte Region hat das gleiche Klima wie das Kongo-Bedcen. Hier finden sich bisher nur wenige Kakaopflanzungen. Der Anbau wird fast ausschließlich in Eingeborenen-Pflanzungen betrieben. Insbesondere in der Nachkriegszeit ist seitens der Regierung viel für die Aufklärung über verbesserte Anbaumethoden getan worden. Es wurde der «Secteur Expérimental de Modernisation Agricole du Cameroun» gebildet, der in erster Linie für die Kakaofarmer arbeitet. Das ganze sich über 600 000 Morgen erstreckende Kakaogebiet ist in Sektoren aufgeteilt, die jeder ein landwirtschaftliches «Zentrum» haben, das von einem Farmer mit besonderer Schulung geleitet wird. Diese Einrichtungen haben zusammen mit den Prämien, die für die «supérieur»-Qualitât an den Pflanzer gezahlt werden, bewirkt, daß die Erzeugung qualitativ verbessert werden konnte. 1952 betrug der Anteil der ersten Sorte lediglich 9 v. H., 1954 etwa 28 v. H. und 1957 immerhin über 35 v. H. der Gesamternte. Der Anteil der zweiten Sorte «courant» ist so gestiegen, das der «Abfall» fast ganz verschwunden ist. Auch in den Jahren 1958 und 1959 konnten weitere Verbesserungen erzielt werden. Der Durchschnittsertrag je Baum und Erntejahr ist in Cameroun mit 350 g immer noch gering. Auf gut betriebenen Pflanzungen der Hauptanbauzone liegen die Durchschnittserträge aber immerhin bei 1000 g. Die Hauptschäden werden — wie bereits angedeutet — durch die Phytophthora-Krankheit verursacht; aber auch die Capsids bewirken oft nicht unerhebliche Verluste. Der auffällig hohe Säuregehalt des Cameroun-Kakaos ist in den geologischen Besonderheiten des Landes begründet. Der Kakao wird unter den Bezeichnungen «Cameroon good fermented» (oder «supérieur») und «fair fer9i
mented» (oder «courant») gehandelt. Mit durchschnittlich über 50001 nimmt die Bundesrepublik Deutschland rund ein Zehntel des Cameroun-Kakaos jährlich auf. Spanisch-Guinea Die spanische Kolonie umfaßt das auf dem afrikanischen Festland zwischen Kamerun und Kongo gelegene Rio Muni (26 000 qkm) und mehrere Inseln im Golf von Guinea, unter denen Fernando Ρόο (2017 qkm) die bedeutendste ist. Auf ihr leben etwa 20 °/o der 200 000 Einwohner SpanischGuineas. Rund drei Viertel Rio Munis ist bewaldet und wird forstwirtschaftlich genutzt. Ein großer Teil des geschlagenen Holzes wird exportiert. In der Landwirtschaft werden Kakao, Kaffee und Ölfrüchte angebaut. Das Schwergewicht der Rohkakaoerzeugung liegt aber auf Fernando Ρόο, wo der vulkanische Boden gute Bedingungen für die Landwirtschaft bietet. Der erste Kakaoanbau in Fernando Ρόο geht bereits auf die Zeit um 1850 zurück, während er in Rio Muni wie auf dem übrigen westafrikanischen Festland jüngeren Datums ist. Die Ernten sind langsam, aber ziemlich stetig größer geworden. Rohkakao-Erzeugung Erntejahr 1900/1901 1910/1911 1920/1921 1930/1931 1940/1941 1950/1951 1958/1959
Erzeugungsmenge (in 10001) 1,0 3,6 5,2 10,7 11,9 14,7 21,7
Spanisch-Guineas Anteil an der Welterzeugung (in ν. H.) 0,9 1,4 1,4 1,8 1,6 1,9 2,4
In erster Linie wird Forastero-Kakao angebaut, nur etwa 1 5 % Criollo, der als geringwertig angesehen wird. Der Durchschnittsertrag liegt bei 500 g je Baum und Erntejahr. Wichtigste Krankheit ist die Kakaofäule, die größere Schäden verursacht. — Es ist zu erwarten, daß die augenblickliche Erntemenge etwa gehalten wird. Allerdings müssen auch hier alte Plantagen allmählich erneuert werden. Der Rohkakao Spanisch-Guineas ist von recht guter Qualität. Er kommt unter den Sortenbezeichnungen «Superior Plantagen Fernando Ρόο» für die 92
erste und «Medium» für die zweite Sorte in den Handel. Hauptverschiffungshafen ist Santa Isabel auf Fernando Ρόο. Ein großer Teil des Rohkakaos Spanisch-Guineas wird im Mutterland verarbeitet, aber beträchtliche Mengen gehen audi nach New York, Amsterdam und zuweilen auch nach Hamburg. Säo T o m é u n d
Principe
Die beiden Inseln im Golf von Guinea bilden zusammen eine portugiesische Provinz, die durch einen Gouverneur mit Sitz in Ana de Chaves auf Säo Tomé, der größeren Insel mit 850 qkm (Principe = 114 qkm). Die Inseln sind seit 1473 mit einer zweihundertjährigen Unterbrechung in portugiesischem Besitz. Von 1641 bis 1844 herrschten die Holländer, die auch den Kakaoanbau hier heimisch machten. Von Säo Tomé soll jener sagenhafte Eingeborene die erste Kakaofrucht nach der Goldküste geschmuggelt haben. Obwohl die Bedeutung Säo Tomés und Principes für den Rohkakaoweltmarkt erheblich zurückgegangen ist, stellt die Kakaowirtschaft für die beiden Inseln noch heute den wichtigsten Produktionszweig dar, der am Export mit drei Vierteln beteiligt ist. Außerdem werden hauptsächlich Kaffee, Kokosnüsse und Palmöl erzeugt. Bereits im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts exportierten die Inseln durchschnittlich etwa 22 000 t im Jahr und lagen damit an der Spitze der afrikanischen Erzeugergebiete, von der sie 1910 durch die damalige britische Kolonie Goldküste verdrängt wurden. Nach einer Spitzenproduktion von rund 56 000 t im Jahr 1919 begann ein fast stetiger Rüdegang der Ernteergebnisse, bis im zweiten Weltkrieg ein Minimum von wenig mehr als 40001 erreicht war. Dieser erstaunliche Verfall der einstigen Vormachtstellung Säo Tomés und Principes unter den afrikanischen Kakaoanbaugebieten beruhte zu einem großen Maße auf einer Uberalterung der Baumbestände, aber auch auf starkem Schädlings- und Krankheitsbefall — Thrips und Kakaofäule vor allem — und wurde durch die niedrigen Preise für Rohkakao in den 20er Jahren begünstigt. Gerade diese wirtschaftliche Ursache war hier — wie auch in vielen Ländern Amerikas (vgl. Seite 46) — so maßgebend, weil der Anbau ganz überwiegend auf Plantagen unter europäischer Leitung betrieben wird, die sich gegen niedrige Erlöse anfälliger zeigten als die Eingeborenenpflanzungen, die auf dem westafrikanischen Festland vorherrschen. Nach dem zweiten Weltkrieg sind unter dem Anreiz besserer Absatzchancen Anstrengungen zur Erneuerung alter Bestände und zur Schädlingsbekämpfimg unternommen worden. Die jährliche Erntemenge lag in den 93
letzten Jahren wieder zwischen sieben- und neuntausend Tonnen. Die Überalterung der Kakaokulturen ist aber immer noch ein Umstand, mit dem Säo Tomé und Principe zu kämpfen haben. Die Chancen für eine Produktionssteigerung liegen allein in der Lösung dieses Problems, da Land für Neuanpflanzungen so gut wie gar nicht mehr vorhanden ist. Da Portugal selbst seit Jahren nur rund 1000 t jährlich verarbeitet, kommt der größte Teil des Rohkakaos Säo Tomés und Principes, der unter den Bezeichnungen «Superior» und «Fino» gehandelt wird, auf den internationalen Markt. In Deutschland werden fast ausschließlich Kakaos der Qualität Superior gehandelt. Führende Marken sind Agua Ize, Valle Flor, Monte Cafe, dodi gibt es eine größere Zahl kleiner Plantagen, deren Kakaos den genannten Marken qualitativ nicht nachstehen. Die Bundesrepublik Deutschland nahm in den letzten Jahren durchschnittlich über 1000 t jährlich auf.
Togo Die ehemalige deutsche Kolonie wurde unter französische und britische Mandatsverwaltung gestellt, die 1956 endete. Der britische westliche Teil ist auf Grund einer Volksabstimmung föderativ an Ghana angegliedert worden (vgl. Seite 00). Französisdi-Togo wurde im gleichen Jahr Republik und erhielt die innere Autonomie. Im April 1960 wurde Togo selbständig. Mit einer Einwohnerzahl von 1,1 Millionen und ca. 57 000 qkm Ausdehnung zählt es zu den kleinen afrikanischen Staaten. Wichtigste Erzeugnisse des Landes sind Rohkakao und Kaffee, die zusammen etwa 70 v. H. des Exports ausmachen. Daneben werden hauptsächlich Ölfrüchte erzeugt. In jüngster Zeit hat auch der Bergbau an Bedeutung zugenommen, insbesondere die Phosphatgewinnung. Die Rohkakao-Erzeugung Franz.-Togos betrug nach dem ersten Weltkrieg etwa 2000 t, stieg bis 1934/35 auf 11 000 t, ging dann im zweiten Weltkrieg erheblich zurück und liegt heute bei etwa 7000 t. Genaues läßt sich über die Produktionsziffern nicht sagen, da aus Ghana in teilweise recht erheblichem Umfang Rohkakao von den Farmern nach Togo gebracht wird, weil sie dort zeitweise bessere Preise erzielen. Das zeigt die Gegenüberstellung der Erzeugung und des Exports Togos.
94
Erzeugung (Erntejahre)
(in 10001)
1952/1953 1953/1954 1954/1955
5,1 5,4 5,4
Export (in 1000t) (Kalenderjahre)
1953 1954 1955
7,8 12,6 14,2
Ebenso kommt es aber auch vor, daß Rohkakao aus Togo seinen Weg über Ghana nimmt, wenn dort die Preise günstiger liegen. Der Kakaoanbau beschränkt sich im wesentlichen auf das Küstengebiet. Wichtigster Anbaubezirk ist die Provinz Evhe. Ausdehnungsmöglichkeiten sind nicht mehr vorhanden, so daß eine Erhöhung des Durchschnittsertrags von 550 g je Baum und Jahr im wesentlichen von dem Grad der Schädlingsbekämpfung abhängt, unter denen die Capsids die größte Plage sind. Kakaofäule gibt es ebenso wie die Marasmius-Krankheit, während die Bestände von swollen-shoot-Krankheit verschont geblieben sind. Togo-Kakao ist zumeist gute Ware, die ihren Handelsnamen dem Verschiffungshafen Lomé, der Hauptstadt des Landes, verdankt. Die erste Sorte trägt die Bezeichnung «Lomé good fermented», die zweite &Lomé fair fermented». Der größte Teil der Rohkakao-Exporte ist zur Verarbeitung in Frankreich, das natürlicherweise der wichtigste Außenhandelspartner Togos ist, bestimmt. Die Mengen, die der deutsche Markt aufnahm, waren stark schwankend und lagen 1955 mit über 600 t am höchsten.
Kongo Mit einer Fläche von 2 344 000 qkm und mit 12,8 Millionen Einwohnern ist der Kongo-Staat dünn besiedelt. Bis zum 30. Juni 1960 war der KongoStaat belgische Kolonie. Wirtschaftlich war Kongo unter der belgischen Verwaltung ein sehr gesundes Land mit einem verhältnismäßig hohen Lebensstandard. Der Export stützt sich auf eine Vielzahl von Waren. Wichtiger Wirtschaftszweig ist der Bergbau mit seiner Erzeugung von Kupfer, Kobalt, Zink, Diamanten und Uran, das besonders in den letzten Jahren so große Bedeutung erlangt hat. Der zweite Hauptpfeiler der Wirtschaft ist die landwirtschaftliche Erzeugung. Kautschuk, Baumwolle, Ölfrüchte, Bananen, Reis, Kaffee und auch Rohkakao sind wichtige Agrarprodukte des Kongos. Die Unruhen, die gleich nach der Erlangung der Souveränität im Kongo einsetzten, sind natürlich nicht ohne schwerwiegende wirtschaftliche Folgen geblieben. Die Hälfte des riesigen Gebiets ist Urwald. Nur wenig mehr als 1 v. H. der Gesamtfläche ist landwirtschaftlich genutzt. Auch für den Kakaoanbau, der sich heute etwa über 22 000 ha erstreckt, steht noch sehr viel Land mit vorzüglich geeignetem Klima zur Verfügung. Die Kakaoplantagen liegen größtenteils im Hinterland des Kongo von Stanleyville bis in das Gebiet der oberhalb der Mündung liegenden Häfen Matadi und Boma. Die Pflanzungen, die ganz überwiegend aus Forastero-Typen aus Säo Tomé bestehen, sind zumeist jung; die Anbaufläche betrug 1930 noch weni95
ger als 3000 ha. Die Rohkakao-Erzeugung Kongos, die 1934—1938 im Durchschnitt 1300 t betrug, lag im Erntejahr 1958/59 bereits bei 4800 t. Unter den Bezeichnungen «Superior Congo» (1. Sorte) und «Courant» (2. Sorte) wird der Rohkakao Kongos gehandelt; in Deutschland wird praktisch nur die 1. Sorte gekauft, insbesondere die drei ersten Marken Bangala, Scam und Lukolela. Rund 1000 t jährlich importierte die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren von diesem qualitativ guten Kakao. 3. Andere afrikanische
Anbauländer
Westafrika: Unter den afrikanischen Erzeugerländern, die gegenwärtig weniger als 3000 t Rohkakao jährlich produzieren, hat Gabun, Republik innerhalb der Französischen Gemeinschaft, zweifellos die größten Aussichten auf eine Steigerung der Ernten in absehbarer Zeit. Die Erzeugung liegt heute bei 2000 t. Umfangreichere Neuanpflanzungen lassen erwarten, daß diese Menge im Laufe des nächsten Jahrzehnts verdoppelt wird. Ein anderes Kakao erzeugendes Gebiet der Französischen Gemeinschaft ist der frühere französische Kongo*}, doch dürfte hier die Ernte in den nächsten Jahren die 1000-t-Grenze nicht erreichen. Eine nicht unwesentliche Steigerung hat die Rohkakaoerzeugung nach dem Kriege in Sierra Leone, der britischen Kronkolonie, erfahren, doch ist sie — gemessen an den Ernteziffern der «großen Nachbarn» — mit 2800 t jährlich — gering. Auch im angrenzenden Liberia konnten dank der Neuanpflanzungen gewisse Fortschritte erzielt werden, so daß ein allmähliches Wachstum über die gegenwärtige Erntemenge von 800 t möglich erscheint. Uberalterte Kulturen finden sich dagegen in Angola, der überseeischen Provinz Portugals; eine Verminderung der Jahreserzeugung von vielleicht 500 t wird sich nicht vermeiden lassen, wenn nicht mit Neuanpflanzungen begonnen wird. Ostafrika: Die Erzeugung der ostafrikanischen Kakaoanbaugebiete ist kaum erwähnenswert. Selbst der Anbau auf der Insel Madagaskar, der zur Französischen Gemeinschaft gehörenden Republik, ist bei einer Erntemenge von 500 t geringfügig. Obwohl besonders der Norden der Insel für die Kakaokultur geeignet ist, dehnte sie sich seit ihrer Einführung in den 20er Jahren praktisch nicht aus. Neuerdings wächst das Interesse an Rohkakao, weil man dem Export neben dem Hauptartikel Kaffee eine breitere — und möglichst auch aussichtsreichere — Basis geben will. Der Kakaoanbau in den britischen Besitzungen Uganda, Sansibar und Pemba sowie in Njassaland ist ohne Bedeutung. 23 Der ehemalige französische Kongo trägt den Namen «République du Congo». Den gleichen Namen hat auch der frühere belgische Kongo. 96
C. Asien und Ozeanien 1. Neuerwachtes Interesse für den Kakaoanbau Bereits sehr früh verpflanzten die Spanier Kakao aus seiner amerikanischen Heimat in ihre Besitzungen im Fernen Osten: 1580 nach Celebes, 1670 nach den Philippinen. Die Holländer sorgten später für die Verbreitung der Kakaokultur auf anderen Inseln des heutigen Indonesiens und führten sie zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt auch auf Ceylon ein. Obwohl die Voraussetzungen für den Rohkakao-Anbau in vielen Gebieten gut sind, haben die Erzeugerländer Asiens und Ozeaniens für die Weltkakaoproduktion zu keiner Zeit eine größere Rolle gespielt. Betrug ihr Anteil an der Welterzeugung um die Jahrhundertwende noch etwa 4 v. H., so liegt er heute bei 1,4 v. H. (Durchschnitt der letzten fünf Jahre), was einer Menge von 11 600 t Rohkakao entspricht. West-Samoa, Papua/Neu-Guinea, Ceylon und Indonesien sind die einzigen Länder, die eine nennenswerte Erzeugung haben und gleichzeitig Rohkakao exportieren. Im Ganzen gesehen haben Kautschuk, Tee, Kaffee, Kokosnüsse in den südostasiatischen und ozeanischen Anbauländern die größere Bedeutung als Rohkakao, der hier immer nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Gerade in den letzten Jahren haben jedoch viele dieser Länder ihr Interesse in verstärktem Maße dem Kakao-Anbau zugewandt, nicht nur, um ihren Export auf eine breitere Basis zu stellen, sondern in einigen Gebieten auch, um Kakaopflanzungen an die Stelle anderer Kulturen zu setzen, deren Anbau sich als unzweckmäßig erwiesen hat. Ein weiterer Grund für die Einführung oder Ausdehnung der Rohkakaoproduktion ist für viele Länder die Notwendigkeit, eine neue Einkommensquelle zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu erschließen. Gemessen an dem heutigen Umfang der Erzeugung hat die Kakaokultur unzweifelhaft in Südostasien und Ozeanien die größten Ausdehnungsmöglichkeiten. Es ist zu erwarten, daß die Rohkakaoerzeugung dieser Gebiete langsam, aber stetig steigen wird.
2. Der Rohkakao der Inseln West-Samoa Samoa ist eine Inselgruppe im südlichen Stillen Ozean. Eine der Hauptinseln, das östliche Tutuila, gehört zu den USA. West-Samoa mit den beiden 97
Hauptinseln Sawaii und Upolu ist neuseeländisches Treuhandgebiet. Die Haupterzeugnisse dieses etwa 3000 qkm großen Territoriums mit ca. 85 000 Einwohnern sind Rohkakao, Kopra und Bananen. Der Rohkakao wird in den Küstenstreifen beider Hauptinseln WestSamoas sowohl in Plantagen als auch in kleinen Farmen von Europäern und Eingeborenen angebaut. Die Erzeugung lag vor dem zweiten Weltkrieg bei durchschnittlich 2000 t, in den ersten Nachkriegsjahren bei 3000 t und hatte 1957/58 einen Höchststand von 5000 t erreicht. Die Pflanzungen bestehen aus Forastero- und Criollo-Hybriden, die überall recht verschieden sind. Der durchschnittliche Ertrag aufbereiteter Kakaobohnen je Erntejahr und Baum liegt mit 2000 g sehr hoch. Der Samoa-Kakao ist häufig gewaschen. Er wird unter den Bezeichnungen Samoa I und Samoa II gehandelt. Der Unterschied beider Sorten liegt nur in der Größe der Bohnen. Der Samoa-Kakao wird in erster Linie als FärbeKakao für eine helle Masse benötigt. Er hat in der Bundesrepublik Deutschland wachsendes Interesse gefunden und ist vielfach an die Stelle des JavaKakaos getreten. — Einzelne Samoa-Partien können trotz gleicher Bezeichnung erhebliche Preisunterschiede aufweisen, weil die eine oder andere Partie besonders hellbrechende Bohnen enthält, die von der Industrie bevorzugt werden. Verschiffungshafen ist die Hauptstadt Apia. In die Bundesrepublik Deutschland wurden in den letzten Jahren zwischen 100 und 500 t EdelKakao aus West-Samoa jährlich eingeführt. Angesichts des Interesses, das dem Kakaoanbau in West-Samoa entgegengebracht wird, ist mit einer stetigen Steigerung der Erzeugung in den nächsten Jahren zu rechnen. Papua und
Neu-Guinea
Neu-Guinea, nach Grönland die größte Insel der Erde, wird geographisch zu Australien gerechnet. Politisch zerfällt es in a) Niederländisch-Neuguinea (ca. 413 000 qkm, 420 000 Einwohner), das seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts niederländische Kolonie ist und heute von Indonesien beansprucht wird, b) Papua (ca. 234 000 qkm, 400 000 Einwohner), südöstlicher Teil der Insel, der ein Territorium des Australischen Bundes ist, c) Treuhandgebiet Neu-Guinea (ca. 241 000 qkm, 1 Million Einwohner), nordöstlicher Teil der Insel, der früher deutsches Mandatsgebiet unter dem Namen «Kaiser-Wilhelm-Land» war, heute unter australischer Verwaltung steht. Die reichen Mineralienvorräte sind mit Ausnahme von Gold wirtschaftlich 98
noch nicht ausreichend erschlossen. Wichtigste Landesprodukte sind Petroleum, Kautschuk, Baumwolle, Jute, Kopra, Tee, Kaffee, Kakao, Kupfer, Zinn u. a. In Papua und Neuguinea gewinnt die Kakaowirtschaft zunehmend an Boden. Die Rohkakao-Erzeugung lag bis nach dem letzten Weltkrieg stets unter 500 t, überschritt 1954/55 erstmalig die 1000-t-Grenze und erreichte im Erntejahr 1958/59 4600 t. Rohkakao ist damit an die dritte Stelle der Exportgüter Papuas und Neuguineas gerückt. Der Anbau erfolgt vorwiegend in Plantagen unter Regie von Europäern; etwa ein Viertel der Produktion entfällt auf eingeborene Pflanzer. Der «Cocoa Action Plan» hat sich eine Erzeugung von 25 000 t zum Ziel gesetzt. Nach Ansicht von Fachleuten kann dies auf Grund der erfolgten Neuanpflanzungen innerhalb von 10 Jahren erreicht sein. Bis 1963 rechnet man mit einer Jahresernte von 12 000 t, was eine volle Deckung des australischen Bedarfs bedeuten würde. Der Kakao Neu-Guineas und Papuas ist zuweilen qualitativ sehr hochstehend. Er fällt jedoch sehr unterschiedlich aus, so daß er sich auf dem deutschen Markt bisher noch nicht sehr stark durchsetzen konnte.
Ceylon Die rund 65 000 qkm große Insel im Indischen Ozean mit 8 Millionen Einwohnern ist seit 1948 selbständiges Dominion im British Commonwealth. Während der Kakaoanbau früher einer der Haupterwerbszweige war, ist heute Tee das wichtigste Erzeugnis Ceylons und nimmt den ersten Platz im Export ein. Ihm folgen Kautschuk, Kopra, Gewürze und erst dann Rohkakao. Die Rohkakaoerzeugung betrug in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 2700 t. Das ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber der Vorkriegszeit, in der die Jahresernte oft doppelt so hoch war. Die Ursache liegt hauptsächlich in der Uberalterung der Baumbestände, die teilweise 60 bis 70 Jahre alt sind. Der Anbau, der teils in Kleinbetrieben, teils in Großplantagen betrieben wird, ist hauptsächlich auf die Distrikte Kandy und Matale konzentriert. Der verbreitetste Typ wird als «Old Ceylon Red» bezeichnet und ist ein Trinitario-Typ, doch mit vorherrschendem Forastero-Einschlag. In jüngster Zeit ist auch Amelonado-Kakao aus Malaya angebaut worden. — Die wesentlichen Ernteschäden werden durch die Kakaofäule und die swollenshoot-Krankheit verursacht. Der Durchschnittsertrag je Baum und Erntejahr liegt bei 400 g Rohkakao. Ein nationales Förderungsprogramm (Cocoa Rehabilitation Scheme) bezweckt die Ersetzung alter Bestände, aber auch von Kautschuk-Plantagen 99
in einer Höhe von mehr als 350 Meter, da Gummibäume dort keine idealen Wachstumsbedingungen haben. Teilweise werden Kakaobäume in bestehenden Kautschukplantagen angepflanzt, was man im Englischen mit dem plastischen Wort «underplanting» ausdrückt. Hauptverschiffungshafen ist die Hauptstadt Colombo. Der Ceylon-Edelkakao wird unter den Bezeichnungen EA I, A I, Β I und Β II gehandelt. Der Kakao ähnelt äußerlich dem Java-Kakao, weist jedoch nidht dessen hellbraunen bis weißen Bruch auf, so daß er als Färbekakao nicht sehr geeignet ist. Nach Deutschland kommt er nur in verhältnismäßig geringen Mengen, die in den letzten Jahren zwischen 10 und 100 t jährlich schwankten. Indonesien 300 Jahre lang war Indonesien holländischer Kolonialbesitz, bevor es 1949 Republik wurde. Fünf Jahre später löste es durdi Kündigung der indonesisch-niederländischen Union die letzten Bande zum früheren Mutterland. Der Staat umfaßt rund 2000 Inseln mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 80 Millionen und mit einer Fläche von zusammen fast 1,5 Millionen qkm, von der allerdings der größte Teil auf die Hauptinseln Sumatra, Java, Borneo und Celebes entfällt. Auf diesen vier Inseln wird Kakao geerntet, doch spielt nur Java-Kakao eine größere Rolle. Im Rahmen der Gesamtwirtschaft Indonesiens fällt die Kakaoproduktion nicht wesentlich ins Gewicht. Java ist mit der Hauptstadt Djakarta die bevölkerungsreidiste Insel Indonesiens. Ihre wichtigsten Erzeugnisse sind Reis, Kautschuk, Kaffee und Tee. Die Rohkakao-Ernten fielen ebenso wie die anderer Agrarprodukte infolge der labilen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in den letzten zwanzig Jahren (Besetzung durch die Japaner im Krieg und Loslösung von den Niederlanden) sehr unregelmäßig aus. 1958/59 waren es 1200 t. In Ost-Java ersetzt man Kautschuk- und Kaffeeplantagen durch Kakaopflanzungen; in Zentral-Java ist man bemüht, alte Bestände zu erneuern. Die Produktion dürfte jedoch einstweilen konstant bleiben, da die Erneuerung langsam vor sich geht und die Neuanpflanzungen nicht erheblich sind. Auf Java wurde zunächst nur Venezuela-Criollo angebaut, später andere Arten, insbesondere Caracás-Forastero. Heute überwiegen Hybriden mit einem Schwergewicht der Forastero-Art. Der helle Java-Kakao ist ein Edelkakao mit dünner Schale und hellem Kern. Er wird unter dem Plantagennamen je nach Größe mit dem Zusatz A und Β gehandelt. Die Haupternte fällt in die Monate August bis September. Der Rohkakaoimport der Bundesrepublik Deutschland aus Indonesien belief sich in den letzten Jahren auf jeweils 200 bis 400 t. ioo
θ. Andere Anbauländer Asiens und Ozeaniens Unter den übrigen Anbauländern Asiens und Ozeaniens haben bisher nur die Philippinen und die Neuen Hebriden eine, wenn auch sehr kleine, Kakaoerzeugung. Da der Eigenbedarf der Philippinen steigt, bemüht man sich um eine Vergrößerung der Ernte, die 1957/58 immerhin schon 2400 t Rohkakao erbrachte. Der Bestand an Kakaobäumen, der ergänzt wird, betrug 1956 etwa 3,3 Millionen, wobei es sich überwiegend um Criollo handelt. Eine allmähliche Produktionserhöhung wird auch für die Neuen Hebriden erwartet, jene Inselgruppe im südlichen Stillen Ozean östlich von Australien. 1958/59 lag die Erzeugung bei 900 t, war jedoch bereits vor dem Kriege schon um fast 1000 t höher. Gerade in jüngster Zeit ist von britischer Seite untersucht worden, in welchen ostasiatischen und ozeanischen Besitzungen Großbritanniens Aussichten für einen Kakaoanbau bestehen. Besonders eindrucksvoll sind die Berichte aus Malaya, wo genug geeignetes Land für eine Jahreserzeugung von 100 000 t jährlich sein soll. Vorerst steckt der Kakaoanbau, der dort neu ist, aber noch in den ersten Anfängen. Es bestehen sicherlich gute Aussichten, daß der Malayische Staatenbund einmal Rohkakao-Exportland wird. In den britischen Kolonien auf Borneo, Britisch-Nordborneo und Sarawak, sind die Bedingungen für den Kakaoanbau gleichfalls günstig. Einige alte Criollo- und Forastero-Bestände finden sich dort noch. Das gilt auch für die Fidschi-Inseln, die Inselgruppe östlich der Neuen Hebriden, wo in neuerer Zeit einige Kakaoanpflanzungen vorgenommen wurden. Auf Hawaii (frühere Bezeichnung: Sandwich-Inseln), das zum Einflußgebiet der USA gehört, wird bereits Kakao in geringem Umfang geerntet. Wirtschaftliche Kakaoplantagen gibt es jedoch nocii nicht. Zu den potentiellen Rohkakao-Erzeugerländern gehört auch Thailand (Siam), das in einigen Teilen für den Anbau gute Voraussetzungen hat.
ιοί
IV. T e i l
Der Handel mit Rohkakao A. Bewegter Weltmarkt 1. Anhaltendes
Wachstum des
Angebots
Die Erzeugung von Rohkakao hat in den ersten drei Jahrzehnten dieses Jahrhunderts eine geradezu stürmische Aufwärtsentwicklung gehabt. Sie lag um die Jahrhundertwende bei rund 100 000 t; im Erntejahr 1938/39 war sie fast achtmal so groß. Welt-Rohkakaoproduktion (Fünfjahresdurchschnitt) Mengen (in 10001) Erntejahre 136,2 1900/01—1904/05 188,5 1905/06—1909/10 270,0 1910/11—1914/15 363,0 1915/16—1919/20 429,2 1920/21—1924/25 523,9 1925/26—1929/30 1930/31—1934/35 614.8 1935/36—1939/40 741,7 1940/41—1944/45 632.9 1945/46—1949/50 698,2 1950/51—1954/55 765,2 1955/56—1958/59 821,2 Schaltet man die kurzfristigen Ernteschwankungen, also die Unterschiede in den Ergebnissen von einem Erntejahr zum anderen, die durch die jeweiligen Witterungs verhältnisse bedingt sind, aus und bildet einen Durchschnitt aus fünf Erntejahren, so zeigt sich ein kontinuierliches Wachstum bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges. Während der Periode dieses raschen Wachstums vollzog sich die bereits an anderer Stelle (vgl. Seite 14) dargelegte Wandlung der «Rangliste» der Produktionsländer. Die Erntemengen vergrößerten sich in Westafrika in erstaunlichem Maße, so daß hier bald das Schwergewicht der Welterzeugung lag. Zu Beginn des Jahrhunderts hatte der Anteil Afrikas an der Ge24 Vierjahresdurchschnitt; 1958/1959 Schätzung der FAO. I02
samterzeugung bei 15,4 °/o gelegen; 1929/30 betrug er 64,6 °/o. Gleichzeitig wandelte sich auch das Bild auf dem amerikanischen Kontinent. Um 1900 erzeugten die zentralamerikanischen Anbaugebiete noch 35 °/o der gesamten amerikanischen Ernten. 1939 war ihr Anteil auf ein Viertel abgesunken. In Südamerika hatte sich die Produktion in diesem Zeitraum verdoppelt, was in erster Linie auf das Wachstum der brasilianischen Ernten zurückzuführen war, die von 20 000 t um die Jahrhundertwende auf 130 000 t im Durchschnitt der Jahre 1934/38 gesteigert wurde. Der Aufwärtsentwicklung in den ersten drei Jahrzehnten folgte ein Rückgang der Rohkakaoerzeugung mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Während des Jahrzehnts von 1939 bis 1949 war die Welterzeugung um durchschnittlich 13 % jährlich niedriger als in den vorhergehenden fünf Jahren. Die Behinderung der Seeschiffahrt, der Ausfall des europäischen Absatzmarktes, die Nachfrage nach Arbeitskräften für Kriegszwecke und sehr niedrige Rohkakaopreise bedingten im wesentlichen diesen Rüdegang. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch folgende Faktoren: 1. Die Ausdehnung der Erzeugung war in den Hauptproduktionsländern so erheblich, daß sie vielfach an die Grenze stieß, die ihr durch die Verfügbarkeit geeigneten Bodens gesetzt war. In Westafrika zeigte sich dieser Umstand zuerst an der Goldküste, dann auch in anderen Anbauländern. 2. In alten Pflanzungsgebieten ging der Durchschnittsertrag infolge Überalterung der Bestände zurück. Das war vor allem in den westindischen Anbauländern und auf Säo Tomé und Principe der Fall. 3. Einige heute noch bedeutsame Krankheiten des Kakaobaums traten in den 30er Jahren verstärkt auf und richteten infolge mangelhafter Bekämpfung während der Kriegsjahre in verschiedenen Gebieten, besonders in Westafrika, verheerende Schäden an. Seit 1950 hat die Welt-Rohkakaoerzeugung wieder steigende Tendenz. Mit 895 000 t brachte das Erntejahr 1956/57 einen vorläufigen Höchststand. Das Erntejahr 1959/60, für das endgültige Ergebnisse noch nicht vorliegen, dürfte wahrscheinlich eine neue Rekordernte (über 1 Mill, t) bringen. Unter den bedeutendsten Anbaugebieten sind vor allem Brasilien, Nigeria und Kamerun, die ihre Erzeugung gegenüber der Vorkriegszeit gesteigert haben. Die Dominikanische Republik, Mexiko, Spanisch-Guinea und Kongo, West-Samoa sowie Papua-Neu-Guinea — als kleinere Anbauländer — konnten ihre Produktion gegenüber den 30er Jahren nicht unwesentlich erhöhen. Ghana (Goldküste) hat dagegen die Rekordernte von 305 000 t im Erntejahr 1936 bis 1937 noch nicht wieder erreichen können. 103
Über die künftige Entwicklung der Ernteergebnisse in den einzelnen Anbaugebieten und in der Welt insgesamt läßt sich verständlicherweise eine Prognose kaum stellen. Zu vielfältig sind die Einflüsse auf die langfristige Entwicklung der Rohkakaoerzeugung. Geeignetes Land ist, wie im Abschnitt über die verschiedenen Rohkakaoerzeugungsländer im einzelnen dargelegt ist, noch in zahlreichen Gebieten Amerikas, Afrikas und Asiens vorhanden. Ob es gelingt, dieses Land für den Kakaoanbau nutzbar zu machen, ist von zahlreichen innerwirtschaftlichen Faktoren in den Anbauländern abhängig. Ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, diese Landreserven für den Kakaoanbau zu erschließen, hängt entscheidend von der Entwicklung der Nachfrage und der Preise ab. In den heutigen Anbaugebieten sind Steigerungsmöglichkeiten der Erzeugung selbst bei gleichbleibender Anbaufläche durchaus gegeben. Das ist schon aus der Tatsache erkennbar, daß die Durchschnittserträge je Baum und Erntejahr in den verschiedenen Erzeugerländern von 150 g bis 2000 g reichen. Welche Chancen für eine Angebotsvergrößerung vor allem schon in einer intensiveren Schädlingsbekämpfung liegen, wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß allein in den westafrikanischen Anbaugebieten nach Schätzung der FAO jährlich 75 000 t bis 100 000 t Rohkakao weniger durch Schädlings- und Krankheitsbefall der Baumkulturen geerntet werden. Ein anderer Grund für die teilweise sehr geringen Durchschnittserträge ist das hohe Alter der Bäume. Gewöhnlich sieht man als «wirtschaftliches» Höchstalter der Bäume 30 bis 40 Jahre an. In zahlreichen Pflanzungen und Farmen ist dieses Alter aber bereits überschritten. Viele Kakaobaumbestände Bahías sind 50 bis 60 Jahre alt. In Indonesien erreichten zahlreiche Plantagen bereits ein Alter bis zu 70 Jahren. Aus Trinidad wird gar von Beständen berichtet, die vor mehr als 100 Jahren gepflanzt wurden. Eine ganze Reihe von Erzeugerländern hat deshalb neben der Schädlings- und Krankheitsbekämpfung ein Schwergewicht ihrer Bemühungen auf eine Erneuerung der Kakaobaumbestände gelegt. Sorgfältigere Pflege der Pflanzungen, Düngung und Züchtung ertragreicherer Kakaobaumvarietäten sind weitere Möglichkeiten der Steigerung der Hektarerträge und damit des Gesamtangebots von Rohkakao. Die langfristigen Beeinflussungsmöglichkeiten des Angebots sind bei der Struktur der Rohkakaoerzeugung keine leicht zu lösenden Aufgaben. Mit Ausnahme vor allem Kongos, Angolas, Brasiliens (teilweise), Indonesiens (teilweise) und einigen anderen Ländern produzieren alle übrigen Anbaugebiete ihren Rohkakao fast ausschließlich in Kleinbetrieben Eingeborener. Wie schon mehrfach betont, bedarf es deshalb zur Verbesserung der Anbaumethoden großer Anstrengungen um die Aufklärung. Das Angebot an Rohkakao ist kurzfristig, d. h. über einen Zeitraum von einigen Jahren, nicht sehr preisempfindlich. Ein starkes Absinken der Welt104
marktpreise würde wegen der Struktur der Rohkakaoerzeugung nur sehr allmählich zu einer ins Gewicht fallenden Verringerung des Angebots führen. Die kleinen Pflanzungen, die die Masse des Rohkakaos in der Welt erzeugen, werden mit geringen Kosten betrieben. Besonders in Westafrika ist Rohkakao zum größten Teil einziges Produkt dieser Farmen, so daß die Pflanzer auf das Geld, das sie aus der Ernte erlösen, für die Bestreitung ihrer Lebenshaltungskosten angewiesen sind, gleichgültig, welchen Preis sie erzielen. Langfristig übt selbstverständlich auch auf das Rohkakaoangebot ein sehr niedriger Preis seinen Einfluß aus. Neuanpflanzungen würden bei einem jahrelang niedrigen Preisniveau unterbleiben. Mangelnde Pflege der Bestände würde die Durchschnittserträge senken. Die 20er Jahre haben in den amerikanischen Anbaugebieten gezeigt, daß besonders größere Plantagen bei anhaltend niedrigem Preisstand dazu übergehen, die bestehenden Kakaokulturen durch andere lohnendere Pflanzungen zu ersetzen (vgl. Seite 47). Die Lage auf dem Weltrohkakaomarkt der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ist jedoch, im ganzen gesehen, für die Erzeugung befriedigend gewesen. Alle bedeutenderen Produktionsländer haben Anstrengungen zur Vergrößerung ihrer Ernten unternommen. Es ist durchaus denkbar, daß sich im Laufe einer längeren Entwicklung die Stellung der einzelnen Anbaugebiete auf dem Weltmarkt verschiebt, weil die Ausdehnungsmöglichkeiten der Produktion, insbesondere durch Neuanpflanzungen, sehr unterschiedlich sind. Gegenwärtig zeichnen sich allerdings solche Veränderungen unter den großen Erzeugerländern — etwa in den nächsten zehn Jahren — nicht ab. Diese Länder sind natürlich, da Rohkakao für sie wesentliches Exporterzeugnis ist, alle bestrebt, ihre Erzeugung zu vergrößern, sofern sie mit einer für sie günstigen Entwicklung der Rohkakaopreise rechnen. Gerade unter den kleinen Erzeugerländern zeigt sich aber, daß einige in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in den nächsten Jahren gewinnen werden. Das gilt ζ. B. für West-Samoa sowie Papua und NeuGuinea. Die führende Rolle spielen im Weltexport von Rohkakao eindeutig Ghana, Brasilien, Nigeria, Cameroun und die Elfenbeinküste. Der Anteil dieser fünf Länder am gesamten Export aller Erzeugungsgebiete betrug im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 80 °/o.
105
Jahres-Export von Rohkakao Exportland
(5-Jahres-DuTchsdmitt 1954—1958) Exportmenge (in 10001) Anteil am Weltexport (in v. H.)
Ghana Brasilien Nigeria Elfenbeinküste Cameroun Ekuador Domin. Republik Spanisdi-Guinea Venezuela Sao Tomé Trinidad u. Tobago Costa Rica übrige Länder
226,0 116,4 107,1 63,3 51,9 26,6 21,9 19,1 15,8 8,7 8,1 7,7 39,6
31,7 16,4 15,0 8,9 7,3 3,7 3,1 2,7 2,2 1,2
Gesamtexport
712,2
100,0
1,1 1,1
5,6
Bei Brasilien ist zu berücksichtigen, daß — im Zusammenhang mit der Mindestpreispolitik der CACEX — gerade in den letzten Jahren in nicht unerheblichem Umfang anstelle von Rohkakao Halbfabrikate (Kakaobutter und Kakaopreßkuchen) ausgeführt worden sind. Angesichts dieser Kräfteverteilung des Angebots auf dem Weltmarkt ist es erklärlich, daß die Preispolitik Ghanas und Nigerias, die ihren Rohkakao gemeinsam durch die Organisation der Marketing Companies verkaufen, sowie Brasiliens, deren Rohkakaoabsatz durch die CACEX kontrolliert wird, die Entwiddung des Weltmarkts wesentlich beeinflußt. Auf Grund der vielseitigen Bemühungen vieler maßgebender Erzeugerländer dürfte weiterhin mit einem allmählichen Wachsen des Angebots von Rohkakao zu rechnen sein, sofern die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt die Ausdehnung der Produktion attraktiv erscheinen läßt. Angesichts der geschilderten vielseitigen Hemmnisse in den Erzeugerländern und des verhältnismäßig langen Zeitraums zwischen der Neuanpflanzung und dem ersten Ertrag von Kakaokulturen ist in den nächsten Jahren eine sprunghafte, über die durch Witterungseinflüsse bedingten Schwankungen hinausgehende Erhöhung der Welt-Rohkakaoerzeugung nicht zu erwarten. John Cadbury 2 ? hat in einem Referat vor der Generalversammlung des Office 25 John Cadbury, Vorausschau für die Weltkakaoproduktion und des Weltkakaokonsums, Seite 12. 107
International du Cacao et du Chocolat im April 1960 als vermutliche Höhe der künftigen Kakaoproduktion folgende Werte angegeben: Durchschnittsproduktion 1954/55—1958/59 Mittelamerika Südamerika Asien Afrika Ozeanien Weltproduktion (abger.)
74,0 Igt 222,0 Igt 5,5 Igt 516,0 Igt 7,0 Igt 825,0 Igt
Angenommene durchschnittliche Produktionsmenge bis 1964/1965 1969/1970 83,0 Igt 248,0 Igt 5,5 Igt 573,0 Igt 15,0 Igt 925,0 Igt
99,0 Igt 263,0 Igt 5,5 Igt 573,0 Igt 15,0 Igt 1010,0 Igt
Diese Zahlen sind nicht als Schätzungen f ü r die tatsächliche Produktion in den genannten Jahren anzusehen, sondern als Mittelwerte, in deren Bereich die durchschnittliche Produktion nach Ansicht von Cadbury wahrscheinlich liegen dürfte.
2. Preisempfindlidie
Nachfrage
Der Konsum von Schokolade, Kakaopulver und Schokoladenerzeugnissen beschränkt sich im wesentlichen auf die gemäßigte Zone der Erde. Die klimatischen Verhältnisse der Tropen und Subtropen bedingen einen minimalen Konsum dieser Waren, wie ja auch bei uns der Verbrauch im Hochsommer hinter der übrigen Zeit des Jahres zurückbleibt. Ein wichtiger Bestimmungfaktor für die Größe des Verbrauchs von Kakaoerzeugnissen ist der Lebensstandard der Bevölkerung; je höher er ist, desto größer ist im allgemeinen auch der Süßwarenkonsum. Selbstverständlich spielen hierbei aber auch Verbrauchsgewohnheiten eine Rolle. Das Schwergewicht des Verbrauchs von Rohkakao liegt in Europa und Nordamerika, wo zusammen rund 80 °/o des gesamten Rohkakaos der Welt verarbeitet werden. Mit weitem Abstand das größte Verbrauchsland sind die USA; ihnen folgen mit Abstand Großbritannien, die Bundesrepublik Deutschland, die Niederlande und Frankreich.
io8
Jahresverarbeitung
von
Rohkakao
(5-Jahresdurchschnitt 1954—1958) Verarbeitungsmenge Anteil an der Verarbeitung (in 10001) (in v. H.) USA 211,9 26,6 Großbritannien 104,0 13,1 Bundesrep. Deutschland 85,2 10,7 Niederlande 63,5 8,0 Frankreich 53,1 6,7 Brasilien 37,6 4,7 Kolumbien 24,0 3,0 Italien 21,7 2,7 UdSSR 20,0 2,5 Spanien 18,1 2,2 Dominik. Republik 11,2 1,4 Schweiz 10,4 1,3 übriges Europa 61,6 7,7 übriges Amerika 41,9 5,3 Afrika 11,3 1,4 Asien 10,2 1,3 Ozeanien 11,8 1,4 Verarbeitungsland
Gesamtverarbeitung
797,5
100,0
Der größte Teil des nicht bedeutenden Bedarfs Afrikas, Asiens und Ozeaniens entfällt auf Staaten mit verhältnismäßig hohem Lebensstandard. In Afrika ist es die Südafrikanische Union, in Asien Japan, in Ozeanien der Australische Bund. Im Gegensatz zur Rohkakaoerzeugung ist der Verbrauch kurzfristig preisempfindlich. Wenn eine bestimmte Preisgrenze erreicht ist, jenseits derer der Schokoladenfabrikant sich gezwungen sieht, die Preise für seine Fertigerzeugnisse zu erhöhen, läßt die Nachfrage sehr stark nach. Kakaopulver, Schokolade und Schokoladenerzeugnisse sind überwiegend Markenartikel, zu deren Wesen ein über längere Zeit gleichbleibender Preis gehört. Der Verbraucher reagiert auf Preiserhöhungen dieser Waren sehr schnell durch Zurückhaltung. Die Fabrikanten haben bei sehr hohen Rohkakaopreisen das Bestreben, ihren Rohkakaobedarf unter Aufrechterhaltung ihrer Produktion und ihres Absatzes zu senken, indem sie in größerem Maße gefüllte Schokoladen oder anstelle von bitteren Schokoladen mehr Milchschokoladen herstellen. Soweit es die nationalen Lebensmittelgesetze zulassen, können die Fabrikanten auch anstelle der Kakaobutter in stärkerem Umfang sogenannte Fremdfette bei der Schokoladenherstellung verwenden. Diese Pflanzenfette, 109
die die Kakaobutter ersetzen, haben den Vorteil, daß sie wesentlich billiger sind. Ihnen fehlen allerdings auch die charakteristischen Eigenschaften der Kakaobutter, insbesondere das Kakaoaroma, so daß die unter Verwendung von Fremdfetten hergestellten Schokoladen von geringerer Qualität sind. Während das deutsche Lebensmittelrecht die Verwendung von Fremdfetten bei der Schokoladenherstellung nicht zuläßt und auch den Verkauf ausländischer Erzeugnisse mit Fremdfettgehalt verbietet, kennen andere große Verbrauchsländer ein solches Verwendungsverbot nicht oder allenfalls eine Kennzeichnungspflicht, wenn Ersatzstoffe verarbeitet werden. Andere Staaten haben bestimmte Höchstsätze für die Beimischung von Fremdstoffen festgelegt. Die Bemühungen, für die Kakaobutter ein gleichwertiges Ersatzfett zu finden, sind bisher noch nidit erfolgreich gewesen, jedenfalls nicht so erfolgreich, daß ein Ersatzfett, das gleichwertig und wesentlich billiger ist als Kakaobutter, zur Verfügung stünde. Ein positives Ergebnis solcher Forschungen könnte für die gesamte Rohkakaoerzeugung schwerste Folgen haben. Es ist verständlich, daß Perioden hoher Rohkakaopreise den Bemühungen um vollwertige Ersatzstoffe stets neuen Auftrieb geben. Die Art der Nachfrage nach Kakaoerzeugnissen, die Gewohnheiten und der Geschmack der Verbraucher setzen den Ausweichmöglichkeiten der Fabrikanten (verstärkte Produktion von Milch- anstelle von Bitterschokoladen, Umstellung von fester auf gefüllte Schokolade, stärkere Verwendung von Fremdfetten) zur Verminderung ihres Rohkakaobedarfs gewisse Grenzen. Immerhin entstehen durch ein solches Verhalten der Fabrikanten ganz erhebliche Einbußen der Nachfragemenge. Die recht hohen Preise des Jahres 1958 haben beispielsweise bewirkt, daß die Verarbeitung insgesamt um fast 75 000 t oder um fast 9 % gegenüber dem Vorjahr zurückging. Gleichzeitig war die Einfuhr aller Länder zusammen 1958 um rund 130 000 t geringer als im Vorjahr. Die vorhandenen Lagerbestände an Rohkakao wurden demnach stark in Anspruch genommen, um die Nachfrage auf dem Weltmarkt zu verringern. In der Erwartung, daß der Lebensstandard in vielen Staaten weiter steigen wird, rechnet man auch für die kommenden Jahre — unter der Voraussetzung einer für die Verbraucherländer angemessenen Preisentwicklung — mit einem allmählichen Wachstum des Rohkakaoverbrauchs in der Welt. Diese Erwartung gründet sich auf die Zuversicht, daß die konjunkturelle Lage, die das Masseneinkommen und damit den Lebensstandard bestimmt, in der westlichen Welt weiterhin günstig bleiben wird. Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor der Weltnachfrage nach Rohkakao ist die Sowjet-Union, die heute im Verhältnis zu anderen Industriestaaten einen sehr geringen Konsum hat. Bei einer Einwohnerzahl von 200 Millionen werden dort gegenwärtig nur etwa 25 000 t Rohkakao verarbeitet (Schätzung der FAO), no
während im Vergleich dazu die Bundesrepublik mit einer Einwohnerzahl von 52 Millionen in den letzten Jahren durchschnittlich 85 000 t verarbeitete. Es wird vielfach argumentiert, die Sowjet-Union werde aus innenpolitischen Gründen eine Verbesserung des Lebensstandards ihrer Bevölkerung anstreben müssen, was auch einen großen Sdiokoladenkonsum mit sich bringen könne. Die Sowjet-Union sei überdies aus außenpolitischen Gründen daran interessiert, insbesondere in den jungen Staaten Westafrikas über größere Rohkakaoeinkäufe, die zur Industrialisierung dieser Entwicklungsländer beitragen könnten, Einfluß zu gewinnen. Solche Mutmaßungen lassen sich natürlich nicht beweisen. Sicherlich sind audi die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Sowjet-Union nicht unbegrenzt. Die Voraussetzungen für eine Verarbeitung des Rohkakaos in größerem Ausmaß müßten erst geschaffen werden, so daß mit einem sprunghaften Ansteigen des sowjet-russischen Bedarfs nicht zu rechnen sein dürfte. Vor der Generalversammlung des Office International du Cacao et du Chocolat schätzte John Cadbury 26 den künftigen Rohkakaoverbrauch folgendermaßen:
USA übriges Amerika Großbritannien Bundesrepublik Deutschland Frankreich übriges West-Europa Sowjetblockstaaten Asien und Ozeanien Afrika Weltverbrauch
1954-1958 Durchschnitt 248 Igt 85 Igt 124 Igt 90 Igt 50 Igt 115 Igt 42 Igt 30 Igt 5 Igt
1965 288 Igt 95 Igt 125 Igt 115 Igt 59 Igt 145 Igt 65 Igt 36 Igt 7 Igt
1970 307 Igt 110 Igt 130 Igt 129 Igt 63 Igt 165 Igt 85 Igt 42 Igt 8 Igt
789 Igt
935 Igt
1039 Igt
Zu dieser Schätzung ist zu bemerken, daß sie ebenso wie die Schätzung der Weltproduktion (vgl. Seite 108) unter Annahme erfolgte, daß sich der Welt-Kakaopreis im Durchschnitt weiter auf der Höhe wie in den letzten Jahren, nämlich auf 35 US-cts je lb oder £ 280 je Igt cif, halten wird. Ferner wurde selbstverständlich vorausgesetzt, daß es keine umwälzenden Neuerungen auf technischem Gebiet und keine nachhaltige wirtschaftliche Depression bis 1970 geben wird.
26 John Cadbury, a. a. O., Seite 33. I I I
3. Starke Preisschwankungen Der steigende Trend der Rohkakao-Weltproduktion bis 1939 war von einer sinkenden Preisentwicklung begleitet. Die anhaltend niedrigen Preise in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen lassen erkennen, daß das Angebot rascher wuchs als die Nachfrage nach Rohkakao. In den 30er Jahren hielt die Depression den Rohkakaopreis auf einem sehr tiefen Niveau. Während des zweiten Weltkriegs und kurz danach unterlag Rohkakao der Preiskontrolle und der Bewirtschaftung. Nach Aufhebung dieser Zwangswirtschaft im Jahre 1946 stiegen die Weltmarktpreise sehr stark an und schwankten bis heute ganz erheblich. Insgesamt liegt das Preisniveau der Nachkriegszeit um ein Vielfaches über dem der 30er Jahre. Die Rohkakaopreise sind nicht nur jährlichen Schwankungen erheblichen Ausmaßes ausgesetzt, sondern das Bild kann sich von Monat zu Monat, von Tag zu Tag wesentlich verändern. Einen Eindruck vermittelt die folgende Ubersicht über die Preiskurven verschiedener Jahre. Besonders extrem ist der Preisverlauf im Jahr 1954 gewesen, das bisher unerreicht hohe Preise brachte. Von Oktober 1953 bis August 1954 verdoppelte sich der Rohkakaopreis und sank dann innerhalb von zwei Monaten um fast 40 °/o. Die starken Preisschwankungen, wie sie übrigens auch auf einer Reihe anderer Rohstoff-Weltmärkte durchaus bekannt sind, beruhen vor allem auf folgenden Faktoren: 1. Die Welternten fallen insbesondere infolge von Witterungseinflüssen von einem Jahr zum anderen nicht selten sehr unterschiedlich aus. So erbrachte das Erntejahr 1951/52 mehr als 20 °/o weniger als das vorhergehende, das Erntejahr 1958/59 rund 10 °/o mehr als das Jahr vorher. Die starke Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen macht es auch schwierig, Erntevorhersagen mit annähernder Genauigkeit zu machen. 2. Der überwiegende Teil der Welternte, darunter insbesondere die Masse des westafrikanischen Rohkakaos, fällt in die Monate Oktober bis Februar. In den anderen Monaten liegt das Schwergewicht bei der brasilianischen Temporäo-Ernte, so daß Brasilien als Verkäufer in diesen Monaten in der Regel eine starke Stellung hat. 3. Die Verarbeiter von Rohkakao, besonders die großen unter ihnen, sind bestrebt, ihren künftigen Bedarf sehr frühzeitig einzudecken. Deshalb wird ein beträchtlicher Teil jeder kommenden Ernte vorgekauft zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht bekannt ist, wie groß die Ernte sein wird. 4. Auf dem Weltmarkt stehen sich einige große Käufer und Verkäufer gegenüber, die einen dominierenden Einfluß haben. Auf der Angebotsseite sind es die Marketing Companies Ghanas und Nigerias so112
wie die CACEX, die brasilianische Verkaufsorganisation. Zusammen verfügen sie über fast zwei Drittel des Angebots. Die Nadifrageseite wird durch einige große Käufer wesentlich beeinflußt. In den USA ist es die Hershey Chocolate Corporation, die etwa ein Drittel des Gesamtbedarfs der Vereinigten Staaten verarbeitet. In Großbritannien dominieren Cadbury, mit Abstand gefolgt von Fry und Rowntree; zusammen nehmen diese Firmen etwa 70 % des britischen Bedarfs auf. Die Marketing Companies Ghanas und Nigerias, die gemeinsam ihre Rohkakaos verkaufen, sind bei weitem der größte Verkäufer. Da sie eine Menge verkaufen, die bis zur Hälfte der Welternte geht, hängt von ihrem Verhalten das Marktgeschehen weitgehend ab. Wichtiger Grundsatz ihrer Verkaufspolitik ist ihre Praxis, die Verkäufe von Ghana- und Nigeria-Kakao in angemessener Weise über das Jahr zu verteilen. Sie beginnen mit Vorverkäufen der Haupternten-Kakaos im Juli oder August und haben bis Weihnachten etwa die Hälfte der Ernten verkauft. Sie regulieren ihre Verkäufe so, daß Teile der Haupternten-Kakaos noch im März angeboten werden. Normalerweise setzen die Marketing Companies zu Beginn jedes Tages den Preis fest, zu dem sie zu verkaufen bereit sind. Ihre Angebote verstehen sich auf Verschiffung innerhalb einer Dreimonatsperiode, also ζ. B. Oktober-/Dezember-Verschiffung. Zuweilen ziehen sich die Marketing Companies vom Markt zurück. Das geschieht, wenn sie glauben, «überverkauft» (oversold) zu haben, besonders im Herbst, wenn die Größe der Haupternte noch nicht annähernd geschätzt werden kann. Häufiger ziehen sich die Marketing Companies allerdings vom Markt zurück, wenn sie ihn für schwach halten. Sie sind also nicht bereit, allen Bewegungen des Marktes sofort zu folgen. Es ist aber durchaus ungewöhnlich, daß sie länger als eine Woche während der Hauptverkaufszeit (Oktober bis April) nicht anbieten. Vier bis fünf Tage bleiben die Marketing Companies gewöhnlich aus dem Markt, wenn er zur Schwäche neigt. Ganz anders operiert die CACEX, die seit 1957 die Verkaufspolitik für den brasilianischen Rohkakao bestimmt, auf dem Markt. Der von ihr festgesetzte Mindestverkaufspreis für Brasil-Kakao ist seit Einführung des neuen Verkaufssystems nur wenige Male geändert worden. Unterschreitet der Weltmarktpreis diesen Mindestabgabepreis, so bleibt Brasilien dem Markt grundsätzlich fern. Diese Preispolitik war im Jahr 1957 auf Grund der damaligen Weltmarktsituation erfolgreich, doch bereits im folgenden Jahr zeigten sich die großen Mängel einer solchen starren Verkaufspolitik, die allerdings wiederum nicht so starr ist, daß Brasilien etwa aus Prinzip auf seinem Rohkakao sitzenbleibt. Er wird vielmehr zum Teil im Lande selbst zu Halberzeugnissen verarbeitet. Für die exportierte Kakaobutter und den exportierten Kakaopreßkuchen gelten keine Preisbindungen. So werden regel113
mäßig Halberzeugnisse, wenn es die Marktlage gebietet, zu Preisen exportiert, die unter denen liegen, die sich auf Grund des Mindestpreises für Rohkakao ergeben müßten. Überdies hat Brasilien auf Grund seines Devisensystems die Möglichkeit, den Mindestabgabepreis für die ausländischen Abnehmer zu manipulieren, ohne den in Cruzeiros festgelegten Mindestpreis nominell zu verändern. Auch der in jüngster Zeit zu verzeichnende Rohkakao-Schmuggel nach Guayana gehört in diese Kategorie von Umgehungen des Mindestpreissystems, das den brasilianischen Behörden nicht verborgen geblieben sein kann. Schließlich wird der Mindestabgabepreis inoffiziell bei Verkäufen großer Mengen audi noch unterschritten. Insgesamt gesehen, ist das brasilianische Rohkakaoverkaufssystem nicht als sehr zweckmäßig anzusehen. Im Grunde genommen muß es einfach als unehrlich angesprochen werden, weil der festgesetzte Mindestpreis durch eigene Manipulationen umgangen wird. Die Preisentwicklung für Ghana-Kakao und Bahia-Kakao kann als Maßstab für das Weltmarktpreisniveau angesehen werden. Gegenüber GhanaKakao werden die anderen Konsum-Kakaos meistens mit einem etwa gleichbleibenden Abschlag gehandelt. Auch die Edelkakaos, die höhere Preise erzielen, folgen im allgemeinen der Preisentwicklung für die Konsumkakaos. Da sie für den Schokoladenfabrikanten einen anderen Zweck erfüllen als die Konsumkakaos, ist bei den Edelkakaos natürlich durchaus eine Sonderentwicklung, z. B. wenn in Ekuador und Venezuela geringe Erntemengen anfallen, möglich. 4. Oie Zentren des
Rohkakao-Weltmarkts
In den Erzeugerländern wird Rohkakao — von wenigen Ausnahmen abgesehen — nicht in größeren Mengen verbraucht. Die Schwerpunkte des Marktgeschehens im Welthandel verlagerten sich deshalb sehr frühzeitig in die Hauptverbrauchsländer Westeuropas, später auch nach den USA. Der Handel mit Rohkakao konzentrierte sich auf einige Märkte, deren Träger Handelsfirmen, Vertreter und Makler sind. Die volkswirtschaftliche Aufgabe dieses Rohkakaohandels ist die Versorgung der verarbeitenden Industrie mit der Ware zu den günstigsten Bedingungen, die die jeweilige Angebots- und Nachfragesituation zuläßt. Vor dem ersten Weltkrieg war Hamburg der bedeutendste Rohkakaomarkt, derjenige Handelsplatz, an dem die größten Umsätze in Rohkakao getätigt wurden. Seine Lage in der Mitte des Kontinents, dessen heutige Industriestaaten einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung nahmen, ließ es zu dem Hauptumschlagsplatz für Rohkakao werden, dessen Preisnotierungen in aller Welt Bedeutung hatten. Der erste Weltkrieg brachte umwälzen114
de Veränderungen auch im Welthandel mit Rohkakao. Der deutsche Handel war in der Kriegszeit aus dem Marktgeschehen ausgeschaltet, und bis zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands mit Beendigung der Inflation vergingen abermals über vier Jahre. Inzwischen hatten London, New York und Amsterdam die Rolle der führenden Rohkakaomärkte übernommen. Die Stellung des Londoner Marktes gewann einerseits durch die Steigerung der Ernten in Britisch-Westafrika (Goldküste, Nigeria, Britisch-Kamerun), die über London gehandelt wurden, und andererseits durch eine Erhöhung des Rohkakaobedarfs Großbritanniens an Bedeutung. Daneben zeigte aber auch New York eine wachsende Leistungsfähigkeit, untermauert durch den schnellen Anstieg des Konsums in den USA, die bald an die erste Stelle der Verbraucherländer von Rohkakao rückten. Amsterdam konnte seine Position auf dem europäischen Festland ausbauen. Die drei Märkte London, New York und Amsterdam verstärkten ihr Gewicht noch durch die Schaffung von Rohkakaoterminbörsen, wodurch zusätzliche Vorräte herangezogen wurden. Hamburg gelang es nach Beendigung der Inflation, neben der Versorgung des deutschen Marktes einen beachtlichen Teil seiner Umsätze mit der nordund mitteleuropäischen Schokoladenindustrie wiederzugewinnen. Es wurde wieder ein maßgeblicher Faktor im Welthandel mit Rohkakao. Die Einführung der Devisenzwangswirtschaft im Jahre 1931 und die späteren Bewirtschaftungsmaßnahmen des NS-Regimes gefährdeten diese Position abermals. Die völlige Abtrennung des Rohkakaohandels vom Weltmarkt während der Jahre des zweiten Weltkriegs und der ersten Nachkriegsjahre stellten ihn abermals vor die Notwendigkeit, neu anzufangen. Die wichtigsten Rohkakaomärkte sind heute mit Abstand London und New York, wo etwa die gleiche Warenmenge gehandelt wird. Während aber New York in großem Maße der Versorgung der USA dient, ist London — neben seiner Funktion als Versorger Großbritanniens — vor allem Transithandelsmarkt. London ist Sitz der Verkaufsgesellschaften Ghanas und Nigerias, der Marketing Companies, die grundsätzlich nur über die Londoner Mitglieder der Cocoa Association of London Ltd. (CAL) ihren Rohkakao verkaufen. Allein diese Umsätze machen jährlich ein Volumen von etwa 350 000 t bis 450 000 t oder - grob gesagt - 40 bis 50 % der Weltversorgung aus. Hinzu kommen erhebliche Umsätze in allen anderen Provenienzen, die zu einem beträchtlichen Teil Transithandel darstellen. New York ist der Hauptmarkt für Brasil-Kakaos, aber auch für andere amerikanische Provenienzen wie Dominikanische Republik, Costa Rica u. a.
115
Rohkakao-Preisentwicklung
Neben den Preiskurven für die Jahre 1958 und 1959 sowie für den Beginn des Jahres 1960 sind im Interesse der Übersichtlichkeit nur die Kurven für 1954 und 1956 aufgenommen worden, die als Jahre mit einem außergewöhnlich hohen und einem niedrigen Preisniveau anzusiehen sind. — Bei den Preisen handelt es sich um die Notierungen des Londoner Terminmarktes. Quelle; Marktbericht der Firma Richard F. Eysen & Co., Hamburg, vom Juni 1960.
5. Die Funktion der
Warenterminmärkte
Im Gegensatz zu den Geschäften auf den großen Rohkakaomärkten dient der Handel an den drei Rohkakaoterminbörsen New York, London und Amsterdam in erster Linie nicht der Versorgung der Verarbeiter mit Ware. Von den an den Terminbörsen abgeschlossenen Geschäften werden nur wenige effektiv, also durch Lieferung der Ware erfüllt. Das Warentermingeschäft hat vielmehr betriebswirtschaftlich den Zweck, das Preisrisiko, das für die Beteiligten des Effektivmarktes besteht, zu begrenzen. Volkswirtschaftliche Vorteile der Warenterminbörsen sind vor allem die regelmäßige Preisbildung und die laufende Veröffentlichung der Preise, die die Marktübersicht fördert. Wie bei den Terminbörsen anderer Welthandelsgüter sind im Rohkakaoterminhandel an den drei Börsen jeweils die Kontraktbedingungen weitgehend standardisiert. Das gilt insbesondere für die folgenden Kontraktbestandteile: Qualität des Rohkakaos, handelbare Mindestmenge, Zeit, Ort und Art der Lieferung, Zahlungsweise. Die Geschäftsbedingungen der Börsen bestimmen diejenige Qualität, die Grundlage des Geschäftsabschlusses im Terminhandel sein soll. Diese Basisqualität ist in London «Good Fermented Ghana Main Crop». New York und Amsterdam haben verschiedene Provenienzen als Basisqualität, auf die sich der Kontraktpreis bezieht. Daneben sind mit bestimmten Zuoder Abschlägen noch andere Rohkakaosorten andienungsfähig. Die handelbare Mindestmenge beträgt in London und Amsterdam 5 t, in New York 30 000 lbs. Größere Abschlüsse sind stets ein durch diese Kontrakteinheit teilbares Vielfaches. Die Geschäftsbedingungen schreiben ferner diejenigen Monate vor, auf die sich der Handel konzentriert (aktive Monate). Innerhalb der zwischen den Kontraktparteien vereinbarten Zeitspanne, die mindestens einen Monat zu betragen hat, ist der Verkäufer zur Lieferung, der Käufer zur Abnahme der Ware verpflichtet. Die Plätze, an denen die Ware bei effektiver Erfüllung geliefert werden muß, die Art der Lieferung und die Zahlungsweise des Käufers regeln die Geschäftbedingungen ebenfalls2?. Die Sicherheit der Kontrakterfüllung wird durch die Zwischenschaltung einer Liquidationskasse zwischen Käufer und Verkäufer erreicht, die Einschüsse und Nachschüsse fordert oder fordern kann. Die Kontraktbedingungen an den Warenterminbörsen sind demnach so 27 Wegen der Einzelheiten über die Bedingungen der drei Rohkakaoterminbörsen wird auf den Anhang «Zur Technik des Rohkakao-Terminhandels» (Seiten 200 ff.) verwiesen. "7
weitgehend standardisiert, daß sich die Kontraktparteien nur nodi über Preis und Liefertermin zu einigen haben. Auf diese Weise sind alle zum gleichen Liefertermin abgeschlossenen Kontrakte bis auf den Preis gleich, sie sind austauschbar (vertretbar). Diese Vertretbarkeit ermöglicht es, die Erfüllung des Terminkontrakts durch Abschluß eines Gegengeschäfts zu vollziehen — den Kontrakt glattzustellen, wie es in der Börsensprache heißt. Dann tritt derjenige, der sich am Terminmarkt betätigt, einmal als Käufer und zum anderen als Verkäufer auf. Es erfolgt keine effektive Lieferung der Ware, sondern nur eine Abrechnung der Preisdifferenz unter den Kontrahenten. Das komplizierte Gebilde der Warenterminbörse ist geschaffen, um den am Effektivhandel der betreffenden Ware Beteiligten — mögen sie Ablader, Händler oder Fabrikant sein — die Möglichkeit der Risikoabwälzung zu geben. Ein solches Risiko aus den Schwankungen der Preise trägt jeder, der unverkaufte Ware hat oder aber Lieferverpflichtungen, ohne sich bereits mit Ware eingedeckt zu haben. Die Abwälzung des Preisrisikos aus dem Effektivgeschäft durch Abschluß von Terminkontrakten nennt man Deckungsgeschäft oder Hedge-Geschäft 28 . Von einem Verkaufssicherungsgeschäft (selling oder short hedge) spricht man, wenn beispielsweise ein Rohkakaohändler eine Ware effektiv gekauft hat, ohne sie bereits verkauft zu haben. Mit dem Effektivkauf schließt er gleichzeitig auf dem Terminmarkt einen Verkaufskontrakt. Wenn er den Rohkakao später effektiv verkauft, kauft er auf dem Terminmarkt. Beispiel: Effektivmarkt 15. Februar Kauf Verkauf per September 27. Mai Verkauf für Lieferung September Kauf per September Verlust: Gewinn:
50,3 cts je lb 48,7 cts je lb 1,6 cts je lb
Terminbörse
52,0 cts je lb 50,4 cts je lb 1,6 cts je lb
Einem Verlust aus dem Effektivgeschäft infolge fallender Preise steht ein Gewinn im Termingeschäft gegenüber. Bei einer Preissteigerung bis zum Zeitpunkt des Verkaufs am Effektivmarkt würde der umgekehrte Fall vorliegen. Hat der Rohkakaohändler auf dem Effektivmarkt verkauft, ohne sich bereits eingedeckt zu haben, und kauft er gleichzeitig auf dem Terminmarkt, 28 hedge = Hecke, Zaun. 118
um dort wieder zu verkaufen, sobald er sich mit Effektivware eindeckt, so spricht man vom Kaufsicherungsgeschäft (buying oder long hedge). Der Hedger will also das Risiko eines Verlustes aus der Marktentwicklung bei der effektiven Ware abdecken; damit verzichtet er natürlich gleichzeitig auf die Möglichkeit eines Gewinns aus der Preisbewegung. Voraussetzung für die volle Wirksamkeit des Hedge-Geschäfts ist eine parallele Entwicklung der Preise auf dem Effektiv- und dem Terminmarkt. Ist sie nicht gegeben, so ist zwar eine Risikominderung, nicht aber eine volle Risikoabwälzung möglich. Das ist der Regelfall, zumal am Terminmarkt auch nur Kontrakte über die Mindestmenge oder ein Mehrfaches davon, auf dem Effektivmarkt aber Kontrakte über beliebige Mengen abgeschlossen werden. Daß gleichzeitig Effektivgeschäft und Termingeschäft Verluste bringen, weil sich die beiden Märkte völlig entgegengesetzt entwickeln, ist die Ausnahme, weil zwischen dem Effektiv- und dem Terminmarkt vielfache Bindungen bestehen. Das Risiko, das der Hedger abwälzen will, muß selbstverständlich von einer anderen Person übernommen werden. Das kann entweder ein am Effektivmarkt Beteiligter sein oder aber ein reiner Spekulant, der nicht mit dem Effektivgeschäft in Beziehung steht, sondern allein aus den Preisbewegungen Gewinne erzielen will. Entgegen vielfach verbreiteter Ansicht erfüllen diese Spekulanten, deren Gesamtheit man als «Kulisse» bezeichnet, durch die Übernahme der Risiken durchaus eine wirtschaftliche Funktion. Ohne eine Spekulation würde es keinen Warenterminhandel geben können. Voll funktionsfähig ist eine Warenterminbörse nur, wenn ständig eine Verkaufs- und Kaufbereitschaft besteht. Es müssen immer Personen auf späteren Termin zu verkaufen bereit sein, weil sie mit dem Fallen der Preise rechnen (Baissiers), und andere, die auf späteren Termin kaufen, weil sie mit steigender Preisentwicklung rechnen (Haussiers). Die am besten funktionierende und damit führende Rohkakao-Terminbörse hat New York. Mit weitem Abstand folgt die Londoner Rohkakaoterminbörse. Verhältnismäßig geringe Mengen werden an der Amsterdamer Terminbörse gehandelt. Umsätze der Rohkakao-Terminbörsen 1959 New York: London: Amsterdam:
95 008 Kontrakteinheiten (je 13,6 t) = 1 292 108,8 t 56 529 Kontrakteinheiten (je 5 t) = 282 645,0 t 5 278 Kontrakteinheiten (je 5 t) = 26 390,0 t
Die Umsätze an den Rohkakao-Terminbörsen machen mit zusammen rund 1,6 Millionen t nahezu das Doppelte einer durchschnittlichen RohkakaoWelternte aus. 119
Die Auffassung über die Nützlichkeit der Terminbörsen ist nicht einheitlich. Die Gegner dieses Marktinstruments wenden vor allem ein, daß die Terminbörsen zur Instabilität der Preise beitragen. Sie argumentieren, daß die Terminmarktpreise veröffentlicht würden, während die Preise im Effektivhandel mit Rohkakao nicht allgemein bekannt würden; deshalb passe sich der Preis im Effektivhandel jeweils den Terminmarktpreisen an. Außerdem sei das Volumen der Terminmarktgeschäfte wesentlich größer als das der Effektivgeschäfte, so daß der Terminmarktpreis einen starken Einfluß auf die Effektivmarktpreise ausübe. Nun seien auf den Terminmärkten viele Personen tätig, die reine Spekulanten ohne ein Interesse an der tatsächlichen Lieferung von Rohkakao seien. Die Preise auf dem Terminmarkt könnten durch die Meinungen dieser Spekulanten beeinflußt werden, die geringe Verbindung zu der zugrunde liegenden tatsächlichen Angebots- und Nachfragesituation auf dem Rohkakao-Effektivmarkt hätten. Es ist sicher richtig, daß die Preisnotierungen der Rohkakao-Terminmärkte von großem Einfluß auf den Effektivhandel sind. Die Notierungen gehen täglich in alle Welt und sind wichtige Informationen für alle am Rohkakaohandel beteiligten Ablader, Händler, Makler, Vertreter und Fabrikanten. Die New Yorker und Londoner Kakaoterminbörsen sind gewissermaßen das Barometer für die Lage auf dem Rohkakao-Weltmarkt. Sicherlich können auch die reinen Spekulanten unter bestimmten Voraussetzungen den Terminmarkt so beeinflussen, daß er vorübergehend eine Entwicklung nimmt, die nicht der Angebots- und Nachfragesituation im Effektivhandel entspricht. Praktisch differiert aber die Preisentwicklung auf dem Terminmarkt nicht für längere Zeit von der des Effektivmarkts. Dazu sind beide Märkte zu eng miteinander verbunden, weil jedes Termingeschäft zu effektiver Lieferung von Rohkakao führen kann. Die Terminbörsen sind nicht ursächlich für die teilweise erheblichen Preisschwankungen auf dem Rohkakao-Weltmarkt. Eine solche Argumentation der Gegner der Terminbörsen ist abwegig. Die Entwicklung der Preise wird bestimmt durch die Veränderungen in der Angebots- und Nachfragesituation des Effektivmarkts, also etwa durch schwankende Ernteergebnisse. Dieser Entwicklung passen sich auch die Terminmarktpreise an. Die Internationale Handelkammer führt zu dieser Frage aus 2 ?: «Der Börsenterminhandel hat eine preisausgleichende Tendenz. Ohne ihn sind Preisschwankungen zwar unter Umständen seltener, dann aber um so plötzlicher und heftiger. Im Börsenterminhandel kommen zwar kleine und kleinste Preisschwankungen im Laufe eines Tages vor, aber Preissenkungen und Preisanstiege größeren Ausmaßes gehen stufen29 Internationale Handelskammer: Warenterminmärkte — Wirtschaftliche Bedeutung und Rechtsgrundlage, Berichte des Ausschusses für Grundstoffe und Rohmaterialien der IHK (Oktober 1954 — Februar 1955), Seite 13 f. no
förmig vor sich. Der Börsenterminhandel legt gleichsam eine Bremse an. Ein Preisverfall wird durch die Eindeckungsgeschäfte der Baissiers abgeschwächt, die in Erwartung eines weiteren Sinkens der Preise verkaufen und sich dann später zu einem niedrigeren Preis einzudecken beabsichtigen. Dies bedeutet, daß die Baissiers den Markt festigen, indem sie dann kaufen, wenn die Preise absinken, das heißt, wenn der Markt eine solche Stützung sehr nötig braucht. Umgekehrt wirkt die Tätigkeit des Haussiers bremsend auf einen Preisanstieg. Der Haussier, der einen Gewinn aus dem Steigen der Preise zu erzielen sucht, kauft, wenn der Preis nach seiner Meinung niedrig ist. Hält er den Preis für hoch, so verkauft er, d. h. er erhöht das Angebot an Terminkontrakten und hemmt damit den weiteren Preisanstieg.» Bei der engen Verflechtung von Effektiv- und Terminmarkt wirkt sich diese preisausgleichende Tätigkeit der Haussiers und Baissiers auch auf den Effektivmarkt aus. Das Auf und Ab der Rohkakaopreise infolge schwankender Ernteergebnisse und sonstiger Faktoren verhindern natürlich auch die Terminbörsen nicht. 6. Stabilisierung der Rohkakaopreise? Kann den Rohkakao-Weltmarktpreisen eine größere Stabilität gegeben werden? Diese Frage ist immer wieder gestellt worden, und sie wird immer wieder gestellt werden, vor allem von den Erzeugerländern. Im Rahmen der Kakao-Studiengruppe der FAO haben ausführliche Erörterungen darüber stattgefunden. Eine einheitliche Auffassung der Erzeuger- und Verbraucherländer ist nicht erzielt worden. Stabilisierung der Weltmarktpreise ist kein Sonderproblem des Rohkakaomarktes. Es ist neuerdings besonders unter dem Gesichtspunkt der Hilfe für die sogenannten Entwicklungsländer immer wieder in der wirtschaftspolitischen Diskussion aufgetaucht. Diese Länder mit niedrigem Industrialisierungsgrad und geringem Lebensstandard sind zumeist die wichtigsten Rohstofflieferanten des Welthandels. Da ihre wirtschaftliche Entwicklung und oft auch zu einem wesentlichen Teil ihr Staatshaushalt auf den Einnahmen aus dem Export ihrer Landesprodukte — Rohstoffe und Grundnahrungsmittel — beruhen, werden sie von niedrigen Weltmarktpreisen sehr stark betroffen. Ihnen durch die Garantie von Mindestpreisen für ihre Landesprodukte zu helfen, würde auch den Vorteil haben, daß sie das Gefühl hätten, ihre wirtschaftliche Fortentwicklung aus eigener Kraft zu erreichen. Diese psychologische Seite würde sicherlich bei einer Reihe von jungen Staaten eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. In der großen Auseinandersetzung zwischen Ost und West ist das Thema einer Stabilisierung der Rohstoffpreise auch 121
von erheblicher politischer Bedeutung. An dieser Stelle gilt es jedoch nur, die Problematik unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufzuzeigen, wobei allerdings auf eine erschöpfende Behandlung wegen der Vielschichtigkeit des Problems zwangsläufig verzichtet werden muß. Die Stabilisierung von Rohstofipreisen kann, weil stets verschiedene Länder auf dem Weltmarkt konkurrieren, nur im Wege internationaler Vereinbarungen angestrebt werden. Ob der Abschluß eines solchen internationalen Abkommens die geeignete Methode zur Erreichung einer größeren Preisstabilität ist, kann nicht nur eine Frage der wirtschaftspolitischen Grundeinstellung sein. Wenn man der Auffassung ist, daß der größte wirtschaftliche Gesamteffekt nur in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung erreichbar ist, wird man ein internationales Rohstoffabkommen, das immer — wie es auch im einzelnen gestaltet sein mag — Eingriffe in den Marktmechanismus notwendig macht, ablehnen müssen. Aber selbst wenn man diese marktwirtschaftliche Auffassung nicht teilt, muß man untersuchen, ob sich mit dem Mittel der internationalen Vereinbarung das gewünschte Ziel erreichen läßt. Bei der Stabilisierung der Rohstoffpreise ist verständlicherweise nie daran gedacht, einen Festpreis zu fixieren. Die Erzeugerländer haben in erster Linie ein Interesse an einem bestimmten Mindesterlös. Die Verarbeiter- oder Verbrauchsländer sind, wenn sie in das internationale Abkommen einbezogen werden sollen, möglicherweise an einem bestimmten Höchstpreis interessiert. So werden durch internationale Rohstoffabkommen zur Stabilisierung der Preise entweder Mindestpreise festgesetzt oder aber eine gewisse Schwankungsbreite, die nach oben und unten durch Höchst- und Mindestpreise begrenzt ist. Die Anwendungsformen internationaler Rohstoffabkommen sind vielfältig. Als Grundtypen können die folgenden angesehen werden: a) Internationales Rohstoff-Kontingentierungssystem. Die Erzeugerländer verpflichten sich zu einer Produktions- und/oder Exportbeschränkung. Eine solche Vereinbarung kann ergänzt und erweitert werden durch die Verpflichtung der Erzeugerländer zu einer Mindesterzeugung und einem Mindestexport und die Verpflichtung der Verbrauchsländer zu einem bestimmten Mindest- und Höchstimport und -Verbrauch. — Uber eine Beeinflussung der Angebots- und Nachfragemenge soll also der Preis reguliert werden. b) Multilaterale Rohstoffabkommen sind internationale Vereinbarungen, nach denen sich die Erzeugerländer verpflichten, ihre Rohstoffe in bestimmten Mengen zu Preisen auf den Markt zu bringen, die ein vorher festgelegtes Preismaximum nicht überschreiten, während sich die Verbraucherländer verpflichten, die Mengen von Rohstoffen nicht zu Preisen abzunehmen, die unter einem fixierten Preisminimum liegen. 122
c) Internationale Buffer-Stock-Äbkommen bezwecken, eine Stabilisierung der Preise dadurch herbeizuführen, daß bei einem Uberangebot und fallenden Preisen Ware von einer zu schaffenden neutralen Institution aufgekauft und eingelagert wird, während diese Mengen bei knappem Angebot und steigenden Preisen wieder dem Markt zugeführt werden. Buffer-Stocks (Vorratsläger) sind in der Regel im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Höchst- und Mindestpreisen vorgesehen. Ein Abkommen internationaler Rohstoffkontingentierung ist zweifellos der stärkste Eingriff in den Marktmechanismus. Diese Form ist auch in der Diskussion über die Möglichkeit einer Preisstabilisierung für Rohkakao bisher nicht aufgetaucht. Daß ein solches Abkommen große praktische Schwierigkeiten bereitet, liegt auf der Hand; denn welches Erzeugerland findet sich leicht bereit, seine Produktion einzuschränken? Diese Form würde sich vor allem dort anbieten, wo eine nachhaltige Überproduktion vorhanden ist, wovon auf dem Rohkakaoweltmarkt vorerst nicht die Rede sein kann. Die Wirksamkeit eines multilateralen Rohstoffabkommens mit der Festsetzung eines Mindest- und eines Höchstpreises hängt sehr weitgehend davon ab, wie diese Preise fixiert werden und wie groß ihre mögliche Schwankungsbreite ist. Je größer die Spanne zwischen Höchst- und Mindestpreis ist, desto bessere Chancen bestehen für die Einhaltung des Abkommens, weil nämlich dann der Spielraum für die freien Kräfte des Marktes verhältnismäßig groß ist. Je geringer aber der Minimumpreis und je höher der Maximumpreis ist, desto geringer ist auch das Interesse der Erzeuger- bzw. der Verbraucherländer an einem solchen Abkommen. Hält man dagegen das Preisband, die mögliche Schwankungsbreite der Preise, klein, so wird insbesondere bei Ernteerzeugnissen wie Rohkakao unter Umständen sehr schnell ein Punkt kommen, wo das Einhalten des Abkommens sehr gefährdet ist. Es wird sich bald herausstellen, daß bei Mißernten zum Maximumpreis für den Verbraucher keine Ware mehr greifbar ist, während bei sehr guten Ernten in den Erzeugerländern schnell hohe Bestände entstehen würden, was wegen der damit verbundenen Investitions-, Kapital- und Lagerkosten große finanzielle Anforderungen bedeuten würde. Wenn man dagegen je nach den Ernteergebnissen das Preisband in realistischer Weise neu festsetzen würde, so würde dadurch der Sinn des Abkommens ausgehöhlt. Man würde sich nämlich praktisch den Gegebenheiten anpassen, die der Markt auf Grund der tatsächlichen Angebots- und Nachfragesituation bietet. Nicht weniger problematisch ist ein internationales Buffer-Stodc-Abkommen. Das Anlegen und die Unterhaltung von Buffer-Stocks kann zu außerordentlich großen finanziellen Belastungen für die beteiligten Staaten führen. Einige reichliche Ernten können die Verwaltung des Buffer-Stocks zwingen, zur Stützung des Mindestpreises ständig Ware aufzunehmen. Wird daIZ3
durch ein Punkt erreicht, in dem aus Gründen der großen finanziellen Anforderungen die Buffer-Stock-Verwaltung keine weiteren Vorratskäufe mehr durchführt, so wird der Zusammenbruch des Abkommens zu außerordentlich schwerwiegenden Rüdewirkungen auf die Preise führen. Diese kurze, bei weitem nicht erschöpfende Darstellung der Schwierigkeiten internationaler Rohstoffabkommen mit dem Ziel einer Preisstabilisierung zeigt bereits einen Teil ihrer Problematik. Es ist zumindest zweifelhaft, ob sich das Ziel mit diesen Mitteln überhaupt erreichen läßt. Ist eine nachhaltige Uberproduktion gegeben, wird nur mit dem schwerwiegenden Eingriff einer Erzeugungsbeschränkung Abhilfe zu schaffen sein. Abgesehen von den Schwierigkeiten einer solchen Übereinkunft, besteht auf dem Rohkakaomarkt gegenwärtig hierzu keine Notwendigkeit. Es ist anzunehmen, daß dies auch in den nächsten Jahren nicht der Fall sein wird. In der Diskussion über eine Preisstabilisierung auf dem Rohkakaoweltmarkt werden vor allem zwei Argumente vorgebracht: Erstens müßten die teilweise sehr starken Schwankungen der Preise von Erntejahr zu Erntejahr vermieden werden; zweitens müßte den Pflanzern eine langfristige Sicherheit hinsichtlich ihrer Einkünfte gegeben werden. Die oft sehr heftigen Preisschwankungen auf dem Rohkakaoweltmarkt sind eine nicht zu leugnende Tatsache. Die Betrachtung der Preisentwicklung für Rohkakao in der Nachkriegszeit zeigt jedoch, daß die Erzeuger im Durchschnitt eines mehrjährigen Zeitraums durchaus gute Einnahmen erzielen konnten. Daß reichliche Rohkakaoernten in einem Jahr zu so niedrigen Preisen führen, daß eine Kostendeckung für den Pflanzer nicht mehr gewährleistet ist oder sein Lebensstandard erheblich beeinträchtigt wird, ist ein Problem, das mit Hilfe von Ausgleichskassen auf nationaler Ebene der Erzeugerländer durchaus gelöst werden kann. Die bestehenden Vorbilder in Ghana, Nigeria und anderen Ländern zeigen, daß solche nationalen Ausgleichskassen den Pflanzern ein gleichbleibendes, ausreichendes Einkommen sichern können. Die andere Frage, dem Pflanzer für seine Neu- oder Ersatzanpflanzungen die Gewißheit zu geben, daß er dafür nach fünf oder zehn Jahren einen auskömmlichen Preis erhält, ist auch mit Hilfe internationaler Rohstoffabkommen nicht zu lösen. Es ist ganz unmöglich vorherzusehen, wie durch einen solchen Zeitraum die Angebots- und Nachfragesituation auf den RohkakaoWeltmarkt aussehen wird, auf der ja letztlich auch ein Stabilisierungsabkommen basieren muß. Audi bei einer eingehenderen Analyse der Möglichkeiten einer Stabilisierung der Rohkakaopreise mit Hilfe eines internationalen Abkommens, als sie im Rahmen dieses Buches möglich ist, wird man zu dem Schluß kommen müssen, daß — unter der Voraussetzung einer Beteiligung aller maßgeblichen Rohkakao-Erzeugerländer und -Verbrauchsländer, die keineswegs ge124
sichert wäre — das Funktionieren einer Stabilisierungsvereinbarung äußerst zweifelhaft ist und daß andererseits im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Notwendigkeit für ein solches Abkommen auf dem Rohkakao-Weltmarkt nicht besteht. B. Die deutsche 1. Wenige Ursprungsländer
Rohkakao-Einfuhr
überwiegen
Deutschland hat, solange es einen Welthandel mit Rohkakao gibt, stets eine führende Rolle unter den Verbrauchsländern gespielt. Bereits um die Jahrhundertwende betrug die deutsche Einfuhr von Rohkakao etwa 20 000 t und damit ein Fünftel des Weltimports. Nach dem ersten Weltkrieg stieg sie sehr rasch und erreichte bereits 1923 den beträchtlichen Umfang von 103 000 t. Die Hunderttausend-Tonnen-Grenze überschritt sie in den Jahren bis zum 2. Weltkrieg nur noch einmal 1934, lag im übrigen mit wenigen Ausnahmen zwischen siebzig- und neunzigtausend Tonnen. Während der Kriegszeit und der ersten Nachkriegsjahre war sie aus naheliegenden Gründen sehr gering. 1945 und 1947 wurde überhaupt kein Rohkakao nach Deutschland eingeführt. 1948 waren es ganze 98 t. Mit der zunehmenden Befreiung des deutschen Außenhandels aus der Devisenzwangswirtschaft in den Jahren nach der Währungsreform und der völligen Liberalisierung der Rohkakao-Einfuhr stieg sie wieder kräftig an. Die Tabelle zeigt, daß sie sehr bald den Vorkriegsstand und 1957 mit 108 449 t einen absoluten Höchststand erreichte. Bei dem Vergleich der heutigen Rohkakao-Einfuhr mit der vor dem 2. Weltkrieg ist zu berücksichtigen, daß sie sich lediglich auf die Bundesrepublik Deutschland bezieht, während die Vorkriegseinfuhr das gesamte Deutsche Reich umfaßte. Das bedeutet, daß heute der Rohkakaoverbrauch in der Bundesrepublik, pro Kopf der Bevölkerung gerechnet, höher ist als der Verbrauch im Deutschen Reich zwischen den beiden Weltkriegen. — Die Einfuhr von Rohkakao in die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands ist im Vergleich zur Bundesrepublik geringfügig. Sie betrug nach den Angaben der FAO in den letzten beiden Jahren etwa je 9000 t. Die Verlagerung des Schwerpunkts der Welterzeugung von Rohkakao von den amerikanischen Anbaugebieten nach Westafrika und die allmähliche Qualitätssteigerung des westafrikanischen Kakaos bewirkte auch in Deutschland wie in anderen großen Verbrauchsländern eine Änderung in der Zusammensetzung der Einfuhr nach den Erzeugerländern. Heute liegt das Schwergewicht ganz eindeutig auf dem Ghana-Kakao. Ihm folgen mit Abstand Nigeria, Brasilien und Cameroun sowie die übrigen Erzeugerländer. 12 5
m
*
η
Anteil der Erzeugerländer an der Rohkakao-Einfuhr der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins (in υ. Η. der Gesamteinfuhr)
Ghana Brasilien Nigeria Cameroun Elfenbeinkiiste Ekuador Port.-Guinea Venezuela Kongo andere Länder
1955
1956
1957
1958
1959
48,6 18,2 2.3 7,2 13,8 2,7 0,2 1,7 1.4 3,9
49,4 21,4 5,5 8,1 6,5 2,9 0,8 2,2 1,0 2,2
49,2 20,3 11,3 6,0 4,2 2,4 1,8 1,5 0,9 2,4
51,3 19,5 9,7 5,6 4,4 2,3 1,5 1,6 1,1 3,0
48,1 16,6 16,9 5,2 4,5 2,6 1,1 1,4 0,9 2,7
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
Daß der Rohkakao aus diesen Ländern stammt, besagt aber nicht, daß er auch dort von der deutschen Kakaowirtschaft gekauft worden ist. Der größte Teil der deutschen Rohkakao-Einfuhr wird nicht im Ursprungsland eingekauft. Die Zusammensetzung der deutschen Einfuhr nach Einkaufsländern zeigt deshalb ein ganz anderes Bild als die Zusammensetzung nach den Ursprungsländern. Nach der amtlichen deutschen Statistik 3° wurden 1958 von dem Gesamtimport von 90 272,31 etwa 61 % in Großbritannien, 19 °/o in den Niederlanden, 3 % in Frankreich, 5 % in anderen europäischen Ländern sowie in den USA und in den Erzeugerländern von Rohkakao insgesamt etwa 12 °/o eingekauft. Die Gründe für diesen Einkauf des Rohkakaos in einem anderen Land als dem Erzeugerland sind mannigfaltig. Der besonders hohe Anteil Großbritanniens als Verkäuferland erklärt sich zum größten Teil daraus, daß die Verkaufsorganisation Ghanas und Nigerias, die Marketing Companies, in London ihren Sitz hat und nur an Londoner Händler oder Makler verkauft. Auch Rohkakao aus den britischen Kolonien oder Dominions wird in London gehandelt. Darüber hinaus ist London aber auch ein bedeuten30 Statistisches Bundesamt: Der Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland, Teil 3: Bezugs- und Absatzgebiete nach Warengruppen und -Untergruppen. Eine genaue Prüfung der dort enthaltenen Angaben für Rohkakao zeigt, daß sie statistische Ermittlungsfehler enthalten müssen. Die errechneten und oben angeführten Prozentsätze sind deshalb nur ungefähre Werte, die Fehlerquellen enthalten. Abweichungen von einigen Prozenten sind möglich, ändern aber das Bild grundsätzlich nicht. 127
der Transithandelsplatz für andere Provenienzen wie ζ. B. Brasil-Kakaos. Ihre große Leistungsfähigkeit ermöglicht es einigen Londoner Rohkakaohändlern, große Mengen im Ursprungsland der Ware zu kaufen und dadurch niedrigere Preise und eventuell audi billigere Frachtraten zu erzielen, so daß sie dem übrigen europäischen Handel besonders günstige Angebote machen können. 2. Hamburg, der deutsche
Rohkakaoimportmarkt
Uber Hamburgs Hafen wird alljährlich der größte Teil der deutschen Rohkakaoimporte umgeschlagen. Weniger als 20 °/o der Einfuhren nimmt den Weg über andere Häfen, darunter insbesondere Amsterdam. In Hamburg hat auch fast der gesamte deutsche Rohkakaohandel seinen Sitz, von dem mehr als vier Fünftel der deutschen Gesamteinfuhr von Rohkakao importiert werden. Rohkakao-Einfuhr
Jahr 1955 1956 1957 1958 1959
über Hamburg Anteil an der Gesamteinfuhr Menge in t in υ. Η. 59 625 84 756 78 513 74 038 78197
81,9 85,7 80,7 82,0 75,2
31 durch den Hamburger Import Anteil an der Gesamteinfuhr Menge in t in υ. H. 61670 81 150 83 858 75 994 84 718
84,7 82,0 77,3 84,2 81,5
Die Zahlen zeigen die Bedeutung des Hamburger Rohkakaohandels als Lieferant der deutschen Schokoladenindustrie. Daneben werden Transithandelsverkäufe in andere europäische Länder, insbesondere nach Skandinavien, Österreich und der Schweiz getätigt. Die Größe dieser Umsätze wird statistisch nicht erfaßt; sie dürfte etwa in der Höhe der Differenz zwischen den deutschen Gesamtimporten und dem Anteil des Hamburger Rohkakaohandels an dieser Gesamteinfuhr liegen. Der Transithandel ist zwar kein unwesentlicher Faktor des Hamburger Rohkakaomarktes, doch hat er nicht mehr 31 Quelle: Handelsstatistisches Amt Hamburg. Bei der Einfuhr über Hamburg handelt es sich um denjenigen Teil der deutschen Gesamteinfuhr, der seinen Weg über Hamburgs Hafen genommen hat, gleichgültig, ob die Ware durch Hamburger oder andere inländische Firmen eingeführt wurde. Die Einfuhr durch den Hamburger Importhandel braucht nicht ihren Weg über den Hamburger Hafen genommen zu haben, sondern kann auch über andere Häfen importiert worden sein. 128
oder noch nicht wieder die gleiche Bedeutung wie in der Vorkriegszeit. Dazu haben der Weltkrieg und die damit verbundene Abtrennung vom Weltmarkt sowie die Errichtung des «Eisernen Vorhangs», der die Verkäufe des Rohkakaohandels an die osteuropäischen Länder unterbunden hat, beigetragen. Der im Verein der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen e. V., Hamburg, zusammengeschlossene Importhandel gliedert sich in drei Gruppen, die unterschiedliche Funktionen ausüben: In die Gruppe der Länderfirmen, die Gruppe der Fachimporteure und die Gruppe der Cif-Agenten und Makler. Die Länderfirmen haben sich auf bestimmte Länder oder Ländergruppen spezialisiert, in die sie deutsche Waren exportieren und aus denen sie wichtige Landesprodukte, darunter auch Rohkakao, importieren. Sie verfügen teilweise über Außenhandelsniederlassungen in den Ländern, mit denen sie Handel treiben. Nur noch verhältnismäßig wenige Länderfirmen sind heute maßgeblich im Rohkakaogeschäft tätig. Das liegt teilweise in der Tatsache begründet, daß sich der Import immer stärker auf wenige Konsumkakaosorten verlagert hat, während die Bedeutung vieler mittel- und südamerikanischer Edelsorten, die früher besonders von den Länderfirmen gehandelt wurden, zurückgegangen ist. — Die Länderfirmen verkaufen den von ihnen importierten Rohkakao, da sie über eine eigene Absatzorganisation im Inland wegen der Vielzahl der von ihnen gehandelten Waren nicht verfügen und da sie nur den Rohkakao eines Erzeugerlandes oder weniger Anbaugebiete importieren, an die Fachimporteure. Die Fachimporteure, die zweite Gruppe des deutschen Rohkakaohandels, sind Spezialisten des Imports von Rohkakao. Sie führen Rohkakaos aller Erzeugerländer ein oder kaufen ihn — wie bereits erwähnt — in sehr geringem Maße — von den Länderfirmen. Sie beliefern die Schokoladenindustrie des Inlandes oder im Transithandel die des benachbarten Auslands. Die Stärke der Fachimporteure liegt zu einem guten Teil in ihrer besonderen Kenntnis der Ware einerseits und des Welt- und Inlandsmarkts andererseits. Sie kaufen überwiegend aus dem Ausland «Kasse gegen Dokumente»; sie müssen also zahlen, sobald ihnen die Dokumente (Konossemente, Versicherungspolice u. a.), die ihnen die Verfügungsmacht über die Ware geben, präsentiert werden. Sie verkaufen aber überwiegend mit einem Zahlungsziel an die Industrie. Diese Kreditfunktion ist ein wichtiger Teil ihrer Leistungen gegenüber ihren Abnehmern. Die Fachimporteure übernehmen ferner die Risiken, die mit dem Importgeschäft verknüpft sind. Darunter spielt das Markt- oder Preisrisiko die wichtigste Rolle. Die Fachimporteure des Rohkakaohandels verkaufen auf sehr langfristige Termine an die Industrie, die vielfach das Bestreben hat, sich sehr frühzeitig mit ihrem Rohstoff Rohkakao einzudecken. Aus der folgenden Ubersicht von Hamburger Rohkakao-Notierungen ist ersichtlich, daß bereits vor Ablauf des laufenden Erntejahrs Ware neuer Ernte verkauft wird: 129
Hamburger Rohkakao-Notierungen 32 in DM für 100 kg netto, cif Hamburg, Hamburger Neugewicht, (Durchschnittspreise am 17. 2. 1960) Ghana: Accra good fermented, Haupternte Februar/Juni — Lieferung Juli/September — Lieferung Oktober/November — Lieferung Januar/März - Lieferung 1961 Nigeria: Lagos good fermented, Haupternte Februar/Juni - Lieferung Juli/September - Lieferung Oktober/November — Lieferung Januar/März - Lieferung 1961 Cameroun: Fair fermented Februar/März — Abladung Brasilien: Superior Bahia März/Mai — Lieferung Juni/Dezember — Lieferung Januar/März - Lieferung 1961 Ekuador: Superior Summer Arriba März/Mai - Abladung Mai/Juli - Abladung Selected Superior Summer Arriba März/Mai - Abladung Mai/Juli - Abladung Venezuela: Superior Carenero Februar/April - Abladung Trinidad: Plantation Marke CPA, loko Erste Marken, März/Mai — Abladung Grenada: Fine Estates, erste Marken Februar/März — Abladung 32 GORDIAN vom 25. 2. 1960, Seiten 37 f. 130
unverzollt
265,00 267,00 271,00 271,00 260,00 262,00 267,50 267,50 254,50 261,50 265,00 269,00 322,50 322,50 331,50 331,50 367,50 367,50 356,00 343,50
Costa-Rica: Plantagen-Kakao Februar/März - Abladung 297,50 Samoa: Samoa I Februar/März - Abladung 287,50 Daß der Verkauf auf so lange Termine, ohne daß entsprechende Eindekkungen seitens der Fachimporteure schon erfolgt zu sein brauchen, erhebliche Risiken in sich schließt, große Fachkenntnis und für den Fall einer nicht erwarteten Preisentwicklung eine Kapitalkraft voraussetzt, liegt auf der Hand. Die dritte Gruppe des Rohkakaohandels sind die Cif-Agenten und Makler. Als Cif-Agenten sind diese Firmen die Vertreter ausländischer Ablader von Rohkakao. Die Bezeichnung «Cif-Agent» ist ein seit langem eingebürgerter Begriff, der sich daraus erklärt, daß eine große Zahl der Importgeschäfte mit der Klausel «cif Bestimmungsort», also ζ. B. «cif Hamburg» abgeschlossen werden 33. Die Cif-Agenten stehen in ständiger Verbindung mit den von ihnen vertretenen ausländischen Lieferanten einerseits und den deutschen Fachimporteuren andererseits. Sie sind gewissermaßen die Kontaktstelle zwischen dem Weltmarkt und dem Inlandsmarkt, der durch die Fachimporteure repräsentiert wird. Sie versorgen den Importhandel ständig mit Offerten des Auslandes und mit den neuesten Meldungen über den Weltmarkt. Die Cif-Agenten, die Importgeschäfte für eigene Rechnung nicht durchführen, sind zugleich auch Makler für die Platzgeschäfte zwischen den Länderfinnen und den Fachimporteuren oder zwischen den einzelnen Fachimporteuren. Die Arbeitsteilung zwischen Cif-Agenten und Fachimporteuren beruht darin, daß die Cif-Agenten sich auf die Vermittlung von Geschäften zwischen ausländischen Abladern und Fachimporteuren beschränken — wenn man einmal von ihrer Nebenfunktion als Makler absieht —, während die Fachimporteure ihren Rohkakao ausschließlich durch Vermittlung der CifAgenten kaufen und über ihre eigene Vertriebsorganisation an die verarbeitende Industrie verkaufen. Dadurch wird erreicht, daß praktisch sämtliche ausländischen Offerten auf dem Rohkakaoimportmarkt zusammenlaufen und der Fachimporteur sich die günstigsten Angebote aussuchen kann 34. 33 Auf die verschiedenen Klauseln des internationalen Handels kann in diesem Zusammenhang nicht eingegangen werden. Es sei auf die ausgezeichnete Einführung von Walter Grimm «Der Einfuhrhandel — Regeln, Handelsbrauch, Recht», 2. Auflage, Hamburg 1958, verwiesen. 34 Die deutsche Schokoladenindustrie kauft in gewissem Umfang auch im Ausland, insb. in Holland, ein, dodi ist der Anteil dieser «Selbsteinfuhren» der Industrie am Gesamtimport nicht so groß wie auf vielen anderen Warengebieten. Unterstellt man, daß der Hamburger Rohkakaohandel die gesamten Einfuhren des 131
Hamburg, der Sitz der weitaus größten Zahl der deutschen Rohkakaohandelsfirmen, ist durch dieses Zusammenspiel der Rohkakaomarkt, der der Versorgung der verarbeitenden Industrie dient. Mehr als 60 °/o der deutschen Rohkakaoeinfuhr stammt, wie an anderer Stelle dargelegt, aus Ghana und Nigeria, die ausschließlich durch die in London ansässigen Marketing Companies verkauft werden. Diese geben nur an Londoner Kakaohandelsfirmen ab, so daß der Londoner Kakaomarkt der mit Abstand bedeutungsvollste Partner des Hamburger Marktes ist. Die Rohkakaos aus den mit Frankreich verbundenen Gebieten werden überwiegend über Paris gekauft. Die Mehrzahl der Rohkakaoimportgeschäfte wird auf Grund dieser Struktur auf Basis der CAL-Bedingungen 35 abgewickelt. Den Käufen zwischen den französischen Abladern und den deutschen Importeuren liegen die AFCC-Bcdingungen zugrunde. Der deutsche Rohkakaohandel verkauft an seine Abnehmer auf Grund seiner Verkaufsbedingungen (Abladungs- und Lieferungskontrakt oder Loko-Kontrakt) und der Geschäftsbedingungen des Vereins der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen e. V., die im Anhang abgedruckt sind. Eine bedeutsame Markteinrichtung des Importhandels ist das Schiedsgerichts- und Arbitragewesen. Im Schiedsgericht wird über Rechtsstreitigkeiten, in einem Arbitrageverfahren über Qualitätsstreitigkeiten unter den Vertragspartnern entschieden. Schiedsrichter oder Arbiter sind sachverständige Kaufleute, die von den Vertragsparteien gewählt werden. Unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte werden auf diese Weise bei Streitigkeiten durch Sachverständige Schiedssprüche gefällt und Arbitragen durchgeführt. Daß im Rohkakaohandel Schiedsgerichts- und Arbitrageverfahren zwischen dem Handel und der Industrie eine absolute Seltenheit sind, ist auf das gute Einvernehmen zwischen beiden Marktpartnern zurückzuführen und kann als Zeichen des «Service» gelten, den der Importhandel seinen Abnehmern bietet. deutschen Handels tätigt — was annähernd zutreffen dürfte —, so macht der Selbstimport der deutsdien Sdiokoladenindustrie im Durchschnitt der letzten Jahre 18 %> der Gesamteinfuhr von Rohkakao aus. 35 CAL = Cocoa Association of London Ltd. 36 AFCC = Association Française du Commerce des Cacaos, Paris.
C. Rohkakao und Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
Durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft sollen die Mitgliedsstaaten Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zusammengefügt werden. Ein wesentliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist der Abbau der Zölle unter den Mitgliedsstaaten und die Errichtung eines gemeinsamen Außenzolltarifs, der im Verkehr mit allen Staaten, die nicht der E W G angehören (Drittländer), gilt. Diese Zollunion soll nach dem 1958 in Kraft getretenen EWG-Vertrag in einer Ubergangszeit von 12 Jahren oder, sofern Schwierigkeiten auftauchen, von 15 Jahren durch stufenweisen Abbau der Zölle im Verkehr unter den Mitgliedsstaaten (Binnen- oder Zwischenzölle) und durch stufenweisen Aufbau des künftigen gemeinsamen Außenzolltarifs verwirklicht werden. — In Abweichung des ursprünglich Vereinbarten sind die Mitgliedstaaten 1960 übereingekommen, die Übergangszeit für die Waren des gewerblichen Sektors und für die Ernährungsgüter, deren Einfuhr mengenmäßigen Beschränkungen unterliegt, abzukürzen. Für die nicht kontingentierten Ernährungsgüter ist eine solche Abkürzung nicht vorgesehen, so daß Rohkakao, der zu diesen Waren gehört, nicht von dieser Beschleunigung betroffen wird. Eine Verkürzung des zeitlichen Ablaufs der Anpassungsvorgänge bei den Binnen- und Außenzöllen würde ohnehin die grundsätzliche Problematik des künftigen gemeinsamen Außenzollsatzes für Rohkakao nicht berühren. Grundsätzlich ist der künftige gemeinsame Außenzollsatz der E W G für die verschiedenen Waren das arithmetische Mittel der bisherigen nationalen Zollsätze der Benelux-Staaten, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und Italiens. Von diesem Grundsatz ist im EWG-Vertrag bei zahlreichen Waren abgewichen worden, so auch beim Rohkakao-Zollsatz, der in der Liste F des EWG-Vertrages auf 9 v. H. des Wertes festgesetzt wurde. Die Festsetzung erfolgte auf Wunsch Frankreichs, das dadurch seinen überseeischen abhängigen Gebieten, soweit sie zu den Rohkakao-Erzeugerländer gehören, einen Wettbewerbsvorsprung sichern wollte. Zahlreiche abhängige Gebiete der Mitgliedsstaaten kommen nämlich nach dem EWG-Vertrag als sogenannte assoziierte Gebiete in den Genuß der Zollfreiheit, die sich die Mitgliedsstaaten untereinander einräumen. Sie können auch nach Erlangung ihrer Unabhängigkeit als Assoziierungsgebiete in der E W G verbleiben. Von den assoziierten Gebieten der EWG gehören zu den Rohkakao-Erzeugerländern Cameroun, die Elfenbeinküste, Dahomey, Togo, Gabun, die Republik Kongo (früher franz.), der früher belgische Kongo und Madagaskar. Diese Gebiete erzeugten im Erntejahr 1958/59 zusammen rund 130 000 t Rohkakao. Demgegenüber betrug der Verbrauch in den 6 Mitgliedsstaaten der E W G 1959 rund 250 000 t. Die assoziierten Gebiete könnI
33
ten den Bedarf der EWG an Rohkakao gegenwärtig und in absehbarer Zeit selbst dann nicht annähernd decken, wenn sie ihren gesamten Rohkakao ausschließlich in die sechs Mitgliedsstaaten exportieren würden. Das ist heute keineswegs der Fall; ein großer Teil der Rohkakaos aus den mit Frankreich verbundenen westafrikanischen Erzeugerländern wird ζ. B. nach den USA verkauft. Der deutsche Rohkakao-Zoll war ein Finanzzoll, der ausschließlich der Vermehrung der Staatseinnahmen diente. Der künftige gemeinsame Außenzollsatz für Rohkakao von 9 % ist jedoch ein Schutzzoll zugunsten der assoziierten Gebiete, die dadurch in die Lage versetzt werden sollen, ihre Erzeugung unter dem Rüdkhalt des großen Marktes der EWG-Staaten allmählich verstärkt auszudehnen. Daß diejenigen Rohkakao-Erzeugerländer, die nicht der EWG angehören, sich gegen eine solche «Diskriminierung» ihrer Rohkakao-Exporte wenden, ist nur verständlich. Sie werden bestrebt sein, bei den Verhandlungen über den Außenzolltarif der EWG im Rahmen des GATT 37, die 1961 stattfinden, eine Senkung des Rohkakao-Außenzollsatzes zu erreichen. Aber auch in den EWG-Staaten selbst hat sich Widerstand gegen den Rohkakao-Außenzollsatz von 9 °/o gezeigt. Die Verbände der Süßwarenindustrie der sechs Mitgliedsstaaten haben gemeinsam seine Beseitigung gefordert. Entsprechende Anträge hat audi die Vertretung des deutschen Rohkakaohandels gestellt. Als Begründung wird insbesondere darauf hingewiesen, daß es sich bei fast allen Rohkakao erzeugenden Ländern um sogenannte Entwicklungsländer, also um Länder mit einer wenig entwickelten Wirtschaft und dementsprechend niedrigem Lebensstandard handelt. Die Volkswirtschaften vieler dieser Länder, nicht nur die der Assoziierungsgebiete der EWG, sind in starkem Maße vom Rohkakao-Export abhängig. Man denke nur an Ghana, wo Rohkakao mit fast zwei Drittel am Wert der Gesamtexporte beteiligt ist und der Staatshaushalt wesentlich auf den Einnahmen beruht, die er aus dem Rohkakao schöpft. Ein Hauptargument gegen den EWG-Außenzoll für Rohkakao ist die Tatsache, daß es Aufgabe der hochindustrialisierten Länder ist, einen Beitrag für die Fortentwicklung aller dieser Länder, die größtenteils noch junge Staaten und politisch deshalb oft noch nicht sehr stabil sind, zu leisten, und nicht nur für jene Staaten, die mit den EWG-Staaten besonders verbunden sind. 37 Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) ist ein Zusammenschluß von 41 Staaten, dessen wesentliches Ziel eine weltweite Herabsetzung der Zölle zur Förderung des Außenwirtschaftsverkehrs ist. Die im Rahmen des GATT zwischen zwei Staaten ausgehandelten Zollzugeständnisse werden nach dem Prinzip der Meistbegünstigung gegenüber allen anderen GATT-Staaten angewendet. Die vereinbarten Zollsätze dürfen von einem Mitgliedsstaat autonom grundsätzlich nicht erhöht werden. 134
Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Frage des künftigen EWGAußenzollsatzes für Rohkakao von großer Bedeutung, weil nur ein geringer Teil ihrer Importe aus den Assoziierangsgebieten stammt. 1959 waren es nur etwa 10 %>, während allein Ghana, Nigeria und Brasilien mit fast 82 °/o an der deutschen Rohkakao-Einfuhr beteiligt waren. Eine Verlagerung der deutschen Bezüge infolge des Wettbewerbsvorsprungs der assoziierten Länder der EWG würde möglicherweise nicht ohne Rückwirkungen auf den deutschen Export bleiben, der 1959 nach Ghana, Nigeria und Brasilien zusammen 834 Millionen DM ausmachte, in die Assoziierungsgebiete, soweit sie Rohkakao erzeugen, dagegen nur 197 Millionen DM. Ob der EWG-Außenzollsatz eine Verlagerung der deutschen Bezüge und der Einfuhren der übrigen EWG-Staaten von den Drittländern in die Assoziierungsgebiete bewirken wird, ist einmal von der Angebotsmenge dieser Gebiete, zum anderen von der Qualität ihrer Erzeugnisse und nicht zuletzt von ihrer Preispolitik abhängig. Daß die Assoziierungsgebiete auf Grund ihres Zollvorteils bestrebt sein werden, ihre Rohkakao-Ernten zu vergrößern, dürfte wohl anzunehmen sein. Die Möglichkeiten sind, sofern genug Mittel zur Verfügung stehen, in allen diesen Ländern noch vorhanden. Für diese Gebiete steht der EWG-Entwicklungsfonds zur Verfügung, aus dem auch Mittel für die Intensivierung und Ausdehnung des Kakaoanbaus bereitgestellt werden könnten. Die Bemühungen um eine Qualitätsverbesserung werden, soweit erforderlich, auch hier wohl noch Fortschritte machen. Es bleibt der wichtige Punkt der Preispolitik. Wie werden die Assoziierungsgebiete ihre Preise gestalten, wenn sie gegenüber den Drittländern einen Zollvorteil von 9 °/o haben werden? Vielfach wird die Auffassung vertreten, daß sich der Preis des Rohkakaos aus den assoziierten Gebieten dem der Rohkakaos aus den Drittländern anpassen werde. Dann werde keine Verlagerung der Einkäufe der EWGStaaten in die Assoziierungsgebiete zu Lasten der Drittländer eintreten, sondern das Gegenteil werde der Fall sein. Die Begründung für diese Auffassung hat der Vorsitzende der Nederlandse Cacao en Cacaoproductenvereniging in einem Referat vor der Generalversammlung des Office International du Cacao et du Chocolat Anfang 1960 dargelegt a) Die Preise der Halbfabrikate (Kakaomasse und Kakaobutter) werden in der EWG durch die Mehrbelastung von 9 °/o steigen. Diese Kostenerhöhung wirkt sich auf den Preis der Schokolade aus, der — vor allem in den Benelux-Staaten — durch die zu erwartenden Preiserhöhungen von Zucker und Milch infolge der EWG-Landwirtschaftspolitik zusätzlich beeinflußt wird. Preiserhöhungen für Schokolade werden den Pro-Kopf-Verbrauch ungünstig beeinflussen. 38 J. J. Bakker: Die Konsequenzen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in bezug auf Kakaobohnen. J
35
b) Die Schokoladenfabrikanten der E W G werden, sobald der RohkakaoAußenzoll in Kraft ist, für ihre Exportprodukte keinen Rohkakao aus den Assoziierungsgebieten, sondern aus den anderen Erzeugerländern verwenden, weil sie Zollrückvergütungen beim Export nur auf diejenigen Waren erhalten, die aus zollbelastetem Rohkakao hergestellt sind. Die Schlußfolgerung dieser Überlegungen ist, daß der Rohkakao-Außenzollsatz der EWG keine Mehreinfuhr aus den assoziierten Gebieten bewirken werde, sondern sich nachteilig für diese Gebiete auswirken werde. Gegen diese Beweisführung ließe sich im einzelnen manches Argument ins Feld führen; entscheidend ist, daß sie auf der Voraussetzung beruht, daß sich der Preis für Rohkakao aus den Assoziierungsgebieten dem für Rohkakao aus Drittländern anpassen werde. Entfällt diese Voraussetzung, so sind die Schlußfolgerungen gleichfalls hinfällig. Zwar spricht manches für die Annahme einer Preisangleichung (unter Berücksichtigung der bestehenden Qualitätsunterschiede), aber doch immer nur unter der Voraussetzung eines gesicherten Absatzes. Sollte in der Welt ein Überangebot von Rohkakao vorhanden sein, so werden die Assoziierungsgebiete mit Sicherheit ihren Wettbewerbsvorsprung durch entsprechende Preisermäßigungen nutzen. Anzeichen, daß die EWG dem Wunsch der Kakaowirtschaft in den Mitgliedsstaaten auf Beseitigung des künftigen Außenzollsatzes für Rohkakao stattgeben wird, sind gegenwärtig nicht vorhanden. Ein Ausweg, durch den trotzdem eine unterschiedliche Zollbelastung für Rohkakao aus Assoziierungsgebieten und Drittländern vermieden werden könnte, würde die Einräumung von Zollkontigenten oder die Aussetzung des Zollsatzes nach Artikel 25 des EWG-Vertrages bieten. Nach Artikel 25, Abs. 3, kann die EWGKommission jeden Mitgliedsstaat ermächtigen, die Anwendung der geltenden Zollsätze auf landwirtschaftliche Waren, zu denen auch Rohkakao gehört, ganz oder teilweise auszusetzen oder ihm Zollkontingente zu gewähren, für welche die Sätze niedriger liegen oder gleich Null sind, sofern dies auf dem Markt der in Betracht kommenden Ware keine schwerwiegenden Störungen zur Folge hat. Die einschränkende Bestimmung, daß der Markt nicht schwerwiegend gestört werden darf, trifft bei Zollaussetzungen oder Zollkontingenten für Rohkakao wohl nicht zu. Doch ist zu beachten, daß die EWG-Kommission nicht verpflichtet ist, einen Mitgliedsstaat zu solchen Maßnahmen zu ermächtigen. Der Abs. 3 des Artikels 25 ist lediglich eine Kann-Vorschrift. Die Zollaussetzung, bei der der Zoll nicht oder nur zu einem niedrigen Satz erhoben wird, ist sicherlich vom Standpunkt der Kakaowirtschaft das bessere Mittel; denn im Gegensatz zum Zollkontingent wird die begünstigte Einfuhr mengenmäßig nicht begrenzt. Wenn beispielsweise der deutsche 136
Binnenzollsatz für Rohkakao 7 °/o betragen würde, so könnte der Außenzollsatz, der gegenüber Drittländern gilt, teilweise ausgesetzt, also gleichfalls auf 7 °/o festgesetzt werden. Entsprechend würde audi im Falle eines Zollkontingents der Außenzollsatz auf 7 °/o gesenkt werden, allerdings nur für eine bestimmte Einfuhrmenge pro Jahr. Ist diese Menge so hoch angesetzt, daß die gesamten Einfuhren zu dem begünstigten Satz abgefertigt werden, kann auch das Zollkontingent eine befriedigende Lösung sein. Es wird aber problematisch, wenn dies nicht der Fall ist, wenn also ein Teil der Einfuhren zu dem höheren Satz von 9 °/o verzollt werden muß. Dann stellt sich die Frage, nach welchem Verfahren das zu knappe Zollkontingent auf die verzollenden Wirtschaftskreise verteilt werden soll. Das sogenannte «Windhundverfahren», bei dem jeder Verzoller solange in den Genuß der Zollbegünstigungen kommt, bis das Kontingent erschöpft ist, kann nicht als befriedigender Weg angesehen werden, weil es zu Beeinträchtigungen oder Verzerrungen des Marktes führt. Ein knappes Zollkontingent müßte also nach bestimmten Kriterien auf die Verzoller verteilt werden, ζ. B. auf der Grundlage von Einfuhren in einer Referenzperiode. Eine solche Zuteilung wäre ein Rückschritt in eine Bewirtschaftung. Die Zollaussetzung oder die Einräumung eines Zollkontingents für einen Mitgliedstaat der EWG müßte sicherlich mit einer Endverbleibskontrolle verbunden sein, damit sichergestellt ist, daß die zollbegünstigt eingeführten Waren nicht in einen anderen Mitgliedsstaat, der keine Zollaussetzung oder kein Zollkontingent und bereits einen höheren Außenzollsatz hat, wieder eingeführt wird. Ohne diese Endverbleibskontrolle würden dann Handelsverlagerungen eintreten. Zollaussetzung und Zollkontingent werden stets nur eine Ubergangslösung sein. Sie sind nur ein Hilfsmittel, die von der deutschen Kakaowirtschaft nicht gewünschte unterschiedliche Behandlung des Rohkakaos aus Assoziierungsgebieten der EWG und Drittländern vorübergehend zu vermeiden. Neben der grundsätzlichen Problematik des künftigen gemeinsamen Außenzollsatzes der EWG für Rohkakao ergeben sich auch in der Übergangszeit Unzuträglichkeiten, die besonders den deutschen Rohkakaohandel betreffen. Nach dem EWG-Vertrag werden die Binnenzölle, die im Verkehr unter den Mitgliedsstaaten gelten, in Zeitabständen von einem Jahr oder anderthalb Jahren herabgesetzt. Für Rohkakao muß jede Herabsetzung 10 o/o des Zollsatzes ausmachen. Die Stufen auf dem Wege zur Angleichung der Zollsätze an den gemeinsamen Außenzolltarif betragen dagegen drei bis vier Jahre. Diese zeitliche Differenz zwischen den Etappen zur Angleichung der Außenzollsätze einerseits und des Abbaus der Binnenzollsätze andererseits bewirkt nun, daß es in bestimmten Zeitabschnitten der Ubergangsperiode günstiger sein kann, einen Rohkakao ζ. B. aus Brasilien über 137
die Niederlande einzuführen als direkt in die Bundesrepublik, weil beim direkten Bezug aus dem Drittland Brasilien 1 °/o Zoll mehr zu entrichten ist. Die folgende Tabelle zeigt die einzelnen Herabsetzungen des deutschen Binnenzollsatzes für Rohkakao und die Herabsetzungen des Außenzollsatzes der Benelux-Staaten und Italiens gemäß EWG-Vertrag. Die Bundesrepublik hatte am 1. 1. 1958 einen Zollsatz von 10 °/o, der am 1. 1. 1959 um 1 °/o, also auf 9 °/o gesenkt wurde » . Damit ist der zukünftige gemeinsame Außenzollsatz bereits erreicht. Die Benelux-Staaten und Italien haben gegenwärtig keinen Rohkakao-Zoll. Erst ab 1 . 1 . 1962 werden sie 3 % erheben müssen. Zeitpunkt der Zollherabsetzung bzw. -heraufsetzung
1.1.1958 1.1.1959 1. 7.1960 1.1.1962 1. 7.1963 1.1.1965 1.1.1966 1. 7.1967 1.1.1969 1.1.1970
Benelux-Staaten und Italien Binnenzollsatz 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Bundesrepublik Deutschland
Außenzollsatz
Binnenzollsatz
0 0 0 3 3 3 6 6 6 9
10 9 8 7 6 5 4 3 2 0
Binnenzollsatz der Bundesrepublik und Außenzollsatz Außender Beneluxzollsatz Staaten oder Italiens 10 9 9 9 9 9 9 9 9 9
10 9 8 10 9 8 10 9 8 9
Nach dem EWG-Vertrag gelten als im freien Verkehr eines Mitgliedsstaates befindlich diejenigen Waren aus dritten Ländern, «für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhr-Förmlichkeit erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind» (Artikel 10, Abs. 1). Eine Ware, die sich im freien Verkehr eines Mitgliedstaates befindet, wird bei Wiederausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat während der Übergangszeit von diesem mit dem Binnenzollsatz belastet. Wenn nun die Summe des Außenzollsatzes ζ. B. der Niederlande und des Binnenzollsatzes ζ. B. der Bundesrepublik geringer ist als der Außenzollsatz der Bundesrepublik, so ist der Bezug einer Ware aus einem Drittland über die Niederlande günstiger als 39 Der deutsche Rohkakaozollsatz ist kein reiner Wertzoll, sondern ein gemischter Zollsatz. Er beträgt 8 °/o des Wertes, mindestens jedoch für 100 kg DM 40,— (ab 1. 7. 1960). Dieser Mindestzollsatz spielt jedoch im Rahmen der Problematik der EWG keine Rolle. 138
der direkte Bezug der Ware aus dem Drittland in die Bundesrepublik. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liegt dieser Fall bei Rohkakao während drei Abschnitten der Übergangsperiode vor (1. 7. 1960-31. 12. 1961, 1. 1. 1965 bis 31. 12. 1965,1. 1. 1969-31. 12. 1969). Um daraus möglicherweise entstehende Einkaufsverlagerungen zu vermeiden, hat die Bundesrepublik ab 1. 7. 1960 ihren Außenzollsatz abweichend von dem Schema, das sich nach dem EWG-Vertrag ergeben würde, auf 8 °/o festgesetzt. Nach den Vertragsbestimmungen konnte die Bundesrepublik ihre Außenzollsätze noch autonom bestimmen, später nicht mehr. Ab 1. 1. 1962 wird dann der Außenzollsatz der Bundesrepublik wieder auf 9 °/o angehoben, sofern nicht die inzwischen stattfindenden G ATT-Verhandlungen mit den Drittländern zu dem Ergebnis führen, daß der EWG-Außenzollsatz für Rohkakao ermäßigt wird. Welche Lösung für die späteren Abschnitte (1. 1.—31. 12. 1965 und 1. 1. bis 31. 12. 1969), in denen die gleiche Konstellation gegeben ist, gefunden wird, ist noch offen. Es wäre auch recht müßig, bereits heute Überlegungen darüber anzustellen, weil sich bis dahin noch manche Veränderung ergeben kann. Gegenwärtig hat es allerdings nicht den Anschein, daß eine solche Veränderung durch Loslösung der Assoziierungsgebiete nach Erlangen der staatlichen Unabhängigkeit eintreten würde. Von den Assoziierungsgebieten, die Rohkakao erzeugen, sind nach Inkrafttreten des EWG-Vertrages Cameroun, Elfenbeinküste, Dahomey, Gabun, Togo, Madagaskar und der früher belgische sowie der früher französische Kongo souverän geworden. Alle diese Staaten haben sich für eine Aufrechterhaltung ihrer Bindungen an die EWG entschieden. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bringt auch für den Rohkakaohandel und die Schokoladenindustrie eine ganze Reihe von Problemen mit sidi. Der Zusammenschluß zu dem größeren Wirtschaftsraum der E W G wird allmählich sicherlich auch in der Kakaowirtschaft zu Strukturwandlungen führen. Wo sie liegen und wie weit sie gehen werden, läßt sich natürlich im einzelnen noch nicht übersehen.
139
V. T e i l
Uber Kakaoerzeugnisse A. Vom Rohstoff zur 1. Der
Fertigware
Herstellungsgang
Die Herstellung von Kakaoerzeugnissen, also von Kakaopulver, Schokolade und Schokoladenwaren, erfordert vielseitige und komplizierte Produktionsgänge. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten und Probleme der Herstellung und der Vielzahl der Enderzeugnisse kann die folgende Darstellung nur einen kleinen Überblick vermitteln. Die Schilderung der Verarbeitungsvorgänge und der Verarbeitungsmaschinen muß unvollkommen bleiben. Technische Einzelheiten müssen im Rahmen dieses kleinen Handbuchs, das zudem in erster Linie den wirtschaftlichen Fragen um den Rohkakao gewidmet ist, weitgehend außer acht gelassen werden. Vereinfacht dargestellt durchlaufen Rohkakao und die übrigen Rohstoffe der Schokolade folgenden Produktionsprozeß:
Kakaobohnen Vorreinigen, Rösten, Brechen, Reinigen, Mahlen
X
Kakaomasse Aufschließen
Zusetzen von Zucker, Milch, Kakaobutter, Nüssen und anderen Rohstoffen r — •
Fettabpressen ;en KM^WBPVSKBBKtnHt 1 •«fS» Kakaopreßkuchen Kakaobutter Kakaobutte tfililllllllÌIIIH'il·
4 , Feinwalzen
Mahlen
Concnieren icl"ie
Sichten
Schofelade
Kakaopulver
140
Mischen und Kneten
Der technische Fortschritt ist auch in der Schokoladenindustrie mit Riesenschritten vorangegangen. Automation und elektronisch gesteuerte Anlagen sind die letzten Stufen eines Prozesses, der langsam, aber stetig das Gesicht der Maschinen verändert. Dennoch bleibt die Herstellung jener Erzeugnisse, die jedem Verbraucher in den Ländern mit hohem Lebensstandard so selbstverständlich geworden sind, eine Kunst, die große Sachkenntnis und Erfahrung voraussetzt. Die Herstellungsmethoden sind allgemein bekannt, aber die Mischungsverhältnisse sind auch heute noch zu einem Teil wohlgehütete Betriebsgeheimnisse der einzelnen Schokoladenfabriken. 2. Reinigen, Rösten, Brechen, Mahlen Während der Lagerung des Rohkakaos, die zur Verhinderung von Schimmelbildung in luftigen, trockenen und möglichst gleichbleibend temperierten Räumen erfolgen muß, ist eine Bekämpfung von Insekten erforderlich. Teilweise sind diese Insekten, wie ζ. B. die Kakao- oder Heumotte und die Dattelmotte, zusammen mit dem Rohkakao aus dem Ursprungsland «eingeführt» worden. Die Bekämpfung durch Begasung mit zugelassenen Kontaktgiften gilt ferner Mehl-, Dörrobst-, Feigen- und Reismotten, deren Raupen und Maden in den Fertigerzeugnissen schmarotzen. Der Kakaobohnenkäfer ist ein weiterer Schädling, der an den lagernden Bohnen nagt. Eine Vielzahl von Fertigungsstufen muß der Rohkakao auf seinem Wege zum Kakaoerzeugnis durchlaufen. Zunächst erfolgt das Vorreinigen und Auslesen. In Vorreinigungsmaschinen mit Sieb-, Bürst- und Windreinigungsvorrichtungen wird er von Fremdbestandteilen weitgehend gesäubert. Rüttelsiebe verschiedener Maschenweite halten die größeren Gegenstände zurück, die sich — auf welche Weise auch immer — in den Rohkakao eingeschmuggelt haben oder eingeschmuggelt worden sind. Durch einen starken Magneten werden Eisenteile entfernt. Eine Bürstvorrichtung befreit die Bohnen von Sand und Staub. Siebe mit unterschiedlicher Maschenweite ordnen die Kakaobohnen nach ihrer Größe, was notwendig ist, weil nur etwa gleich große Bohnen eine gleichmäßige Röstung ermöglichen. Sie fallen auf langsam laufende Verlesebänder, an denen geübte Hände überfermentierte, zerfressene, faulige und schwarze Bohnen aussondern. Das Rösten schließt sich als nächste Stufe der Veredelung an. An die Stelle der früher verwendeten Trommelröster, bei denen die Wände erhitzt und folglich die Bohnen sehr leicht ungleichmäßig geröstet wurden, sind heute die Schnell-Kugelröster getreten; sie arbeiten mit Heißluft, die die Bohnen erhitzt, so daß die Gefahr des Anbrennens gering ist. Die Höhe der Rösttemperatur hängt sehr wesentlich davon ab, ob ein sonnengetrockneter oder ein künstlich getrockneter Kakao verarbeitet wird. 141
«Sonnenkakaos» werden schwächer geröstet als «Feuerkakaos», die bereits während des Trodcnungsprozesses im Ursprungsland (vgl. Seite 35) einer höheren Temperatur ausgesetzt waren. Je nach Sorte und Vorbehandlung der Bohnen liegt die Rösttemperatur zwischen 100 und 135 0 C. Edelkakaos werden schwächer geröstet, um ihre hochwertigen Aromastoffe möglichst zu erhalten. Kakaobohnen für die Herstellung von Kakaopulver setzt man höheren Temperaturen aus; nach dem Entschälen und einer groben Zerkleinerung erfolgt bei ihnen sogar eine nochmalige schwächere Röstung. Für die Schokoladenherstellung röstet man die Bohnen weniger starle, insbesondere für Spitzenschokoladen, bei denen der Röstgeschmack, der bei höheren Temperaturen entsteht, nicht erwünscht ist. Zuweilen ersetzt man den Röstprozeß durch das sogenannte Darren, wobei die Temperaturen in der Regel nicht über 80° C hinausgehen, dafür aber die Bohnen bis zu einer Stunde in der Darre bleiben. In den Schnellröstern beträgt die Röstzeit etwa 15 bis 20 Minuten. Da das Röstgut von Mal zu Mal unterschiedlich sein kann, entscheidet jeweils der Röstmeister, wann der Prozeß abgeschlossen werden muß. Je ungleichmäßiger die Bohnen hinsichtlich der Vorbehandlung und ihrer Größe sind, desto ungleichmäßiger ist das Ergebnis des Röstens. Während große Bohnen noch nicht ausreichend geröstet sind, haben kleinere bereits einen zu hohen Röstgrad erreicht, wodurch sich bei ihnen Bitterstoffe bilden. Die Bedeutung der Vorsortierung wird hierdurch deutlich. Durch das Rösten werden die Kerne mahlfähiger, die Schalen brüchiger und dadurch leichter vom Kern lösbar. Die Farbe der Bohnen wird dunkler; ihr Feuchtigkeitsgehalt sinkt. Der Essigsäuregehalt nimmt gleichfalls ab; der Geschmack wird milder, weil die herben Gerbstoffe verändert werden. Um die Mahlfähigkeit des Kerns und die Sprödigkeit der Schale zu erhalten, muß das Röstgut nach Absdiluß des Röstens oder Darrens abgekühlt werden; andernfalls gehen Schale und Kern wieder eine festere Bindung ein. Für die Herstellung der Fertigprodukte aus dem Rohkakao werden nur die Keimblätter (Kotyledonen; engl.: nibs) verwendet. Schalen, Samenhäutchen und Keime dürfen in dem nach dem Brechen, Schälen und Reinigen gewonnenen Kakaobruch auf Grund der Kakaoverordnung nur noch in technisch nicht vermeidbarer Menge enthalten sein. Das Brechen, Schälen und ein Teil der Reinigung geschieht in der Kakaobrech- und Reinigungsmaschine. Nachdem die Bohnen zunächst nochmals von etwa noch nicht beseitigtem Sand oder von Eisenteilchen gereinigt worden sind, werden sie über ein Brechwerk geleitet. Das zerkleinerte Gut fällt auf Siebe mit unterschiedlichen Maschenweiten, so daß der Bruch nach verschiedenen Größen sortiert wird. Die spezifisch leichteren Teile der Schalen werden abgesaugt. Der so gewonnene Kernbruch muß noch von den Keimen getrennt wer142
den. Das geschieht in der Kakaokeim-Auslesemaschine, die ein Schrägschüttelsieb enthält, durch das nur die Keime und Kernstücke gleicher Größe fallen. Beide gelangen in einen rotierenden Zylinder mit warzenartigen Vertiefungen, in denen die Keime haften bleiben, während die Kernteilchen ausgeschieden werden. Die Entfernung der Keime ist vor allem notwendig, weil sie wegen ihrer Härte den Fertigerzeugnissen einen grießigen Geschmack geben würden. Durch das Brechen, Schälen und Reinigen gewinnt man aus 100 kg gerösteten Kakaobohnen etwa 87 kg Kakaobruch, etwa 7 bis 8 kg Schalenteile und Samenhäutchen sowie etwa 5 kg Kakaobohnenabfall, der ungefähr je zur Hälfte aus Kernbruch und Schalenteilen mit Verunreinigungen besteht 4°. Dieser Kakaoabfall kann einer Nachreinigung unterzogen werden; dadurch wird Kakaogrus gewonnen, der Kernteile und daneben Samenschalen, Samenhäutchen und Keime enthält, die aber nach der Kakaoverordnung 10 v. H. der Gesamtmenge des Kakaogruses nicht übersteigen dürfen. Der Kakaogrus darf bis zu einer Höchstmenge von 2 v. H. der Kakaomasse bei der Herstellung der Fertigerzeugnisse mit verwendet werden. Der aus dem Rohkakao durch Auslesen, Rösten, Brechen, Schälen und Reinigen gewonnene Kakaobruch macht etwa drei Viertel des Gewichts des Rohkakaos aus. Durch Mahlen wird er zur Kakaomasse weiterverarbeitet. Dazu verwendet man Mahlwerke verschiedener Typen. Die Oberläufermühlen sind Zwillings-, Drillings- oder Vierlingsmühlen, bei denen jeder einzelne Mahlgang aus zwei steinernen auf einer vertikalen Achse montierten Mahlkörpern besteht, von denen nur der obere sich dreht. Das Mahlgut durchläuft nacheinander die einzelnen Mahlgänge. Zunächst müssen die Mahlkörper angeheizt werden; später sorgt der Mahlvorgang selbst für die erforderliche Mindesttemperatur von 40° C. Da in dieser Art von Mahlwerken zumeist nicht der erforderliche Grad von Feinheit erreicht wird, verwendet man heute vorwiegend Walzenmühlen mit Stahl- oder Steinwalzen mit einer Breite von in der Regel 1 m und 40 cm Dicke. In diesen Drei-, Vier- oder Fünfwalzstühlen drehen sich die Walzen gegeneinander mit verschiedener Geschwindigkeit und verarbeiten den Bruch zu einem dickflüssigen Brei, der Kakaomasse. Diese Masse erstarrt, wenn sie abgekühlt wird. Durch den Mahlvorgang wird als Voraussetzung für die Schokoladenherstellung die Fähigkeit, Zudcer zu binden, und als Voraussetzung für die Kakaopulverherstellung die Möglichkeit der EntÖlung und die Emulgierfähigkeit geschaffen. Die Fertigungsgänge für die Herstellung von Schokolade und Schokoladenerzeugnisse und für die Herstellung von Kakaopulver, die bis zu diesem Punkt grundsätzlich gleich sind, trennen sich nach dem Mahlen. 40 Parlow, Schokolade und Konfekt, Berlin 195Θ, Seite 116. !43
3. Über die
Kakaopulver-Herstellung
Für die Kakaomasse, aus der Kakaopulver hergestellt werden soll, werden in erster Linie würzige Konsumkakaos verwendet. Die gewonnene Kakaomasse wird zunächst alkalisiert. Dieser Bearbeitungsprozeß — Alkalisieren, Aufschließen oder Solubilisieren genannt — kann audi schon beim Kakaobruch erfolgen oder nach der Entölung der Kakaomasse, also beim Kakaopreßkuchen, oder erst beim daraus gewonnenen Pulver, dodi ist das der seltenere Fall. Zum Alkalisieren verwendet man vorwiegend Pottasche (kohlensaures Kalium). Andere Alkalisierungsmittel sind bei der Kakaopulverherstellung insbesondere Ammoniak, Ammoniumkarbonat, Natriumkarbonat oder auch Mischungen aus diesen Stoffen. Die von den einzelnen Kakaopulverherstellern benutzten Aufschließungsmittel stellen ein sorgsam gehütetes Fabrikationsgeheimnis dar. Alkalisierungsmittel dürfen nach der Kakaoverordnung höchstens mit 2,5 °/o in der Kakaomasse enthalten sein. Um ein Überalkalisieren zu vermeiden, das die Kakaobutter seifig werden läßt, wird zumeist nicht diese höchstzulässige Menge gewählt, sondern in der Regel nur etwa die Hälfte. Auf 100 kg Masse oder Bruch rechnet man etwa 10 bis 30 1 Wasser, in dem die Alkalisierungsmittel gelöst sind. Mit dieser Lösung wird der Kakaobruch in einem geheizten Rührwerk allmählich Übergossen, dann getrocknet und nochmals geröstet. Erfolgt die Alkalisierung bei der Kakaomasse, so werden Lösung und Masse in einer Misch- oder Knetmaschine gut durchgemischt. Durch Beheizen der Maschinen oder durch Heißluftzufuhr wird die Flüssigkeit wieder verdunstet, während die Alkalien an den Kakaoteilchen haften bleiben. Durch diese Behandlung wird der Kakao milder. Die einzelnen Kakaoteilchen werden aufgelockert. Das Endprodukt, das Kakaopulver, wird durch das Alkalisieren zwar nicht löslich, aber diese Behandlung bewirkt, daß sich die Emulsion beim Aufguß schneller vollzieht und das Pulver länger in der Schwebe bleibt als nicht alkalisiertes Kakaopulver. Zur Gewinnung von Kakaopulver wird die Kakaomasse entölt. Ihr Fettgehalt von im allgemeinen 52 bis 58 °/o wird durch Pressen auf minimal 10 °/o vermindert. Diesen Mindestsatz an Kakaobutter muß das Kakaopulver auf Grund der Bestimmungen der Kakaoverordnung enthalten. Liegt der Fettgehalt zwischen 10 und 20 °/o, muß das Pulver als «stark entölt» bezeichnet werden; beträgt er 20 °/o oder mehr, so kann die Bezeichnung «Kakaopulver» oder «schwach entöltes Kakaopulver» gewählt werden. Die handelsüblichen Werte für den Fettgehalt liegen zwischen 12 und 16 °/o für stark entöltes und zwischen 22 und 24 °/o für schwach entöltes Pulver 41. 41 Alle Prozentangaben beziehen sich auf Kakaopulver mit einem Wassergehalt von 5 »/o, der höchstzulässige Wassergehalt für Kakaopulver ist 9 °/o. 144
Kakaopulveranlage
Temperiermaschine
Rotor-Conche
Schokoladen-Gießmaschine
Das Pressen erfolgt nach Vorwärmen der Kakaomasse auf TO bis 90° C in der hydraulischen Topfpresse. Sie enthält heizbare Preßtöpfe; das sind flache Schalen mit eingesetzten Metallfiltern. Die Töpfe werden einem Drude von 400 bis 600 atü ausgesetzt. Der eigentliche Preßvorgang dauert — je nachdem, ob schwach oder stark entölt werden soll — 10 bis 25 Minuten. Die abgepreßte Kakaobutter fließt in ein Auffanggerät mit Teilmarken, die die abgepreßte Menge anzeigen. Sie ist durch Gewebeteile getrübt und gebräunt. Durch Filtrieren erhält man ein klares ö l , das zumeist in Formen zu 2,5 oder 5 kg gegossen wird und bei Abkühlung erstarrt. Dieses Fett, die Kakaobutter, ist gelblich weiß, wachsartig spröde und aromatisch. Sein Erstarrungspunkt liegt bei etwa 30° C. Nach der Kakaoverordnung ist nur das ohne chemische Behandlung aus Kakaokernen, Kakaobruch oder Kakaomasse gewonnene Fett Kakaobutter. Durch Extraktion (die zumeist mittels Benzin erfolgt) gewonnenes Kakaofett darf nicht als Kakaobutter bezeichnet und auch nicht wie diese zur Schokoladenherstellung verwendet werden. Die aus Kakaoschalen und Kakaokeimen gewonnenen Öle unterscheiden sich von der Kakaobutter wesentlich; sie sind dünnflüssiger, dunkler, weniger aromatisch und schlechter im Geschmack. Die Kakaobutter wird zum weitaus größten Teil für die Schokoladenherstellung (vgl. Seite 146) verwendet, in nur geringem Maße in der pharmazeutischen oder kosmetischen Industrie. Nach dem Entzug der Kakaobutter entsteht aus der Kakaomasse der harte Kakaopreßkuchen, der nach langsamer Abkühlung zunächst in Kuchenbrechern grob zerkleinert wird. Als nächster Verarbeitungsvorgang schließt sich das Mahlen an. Verwendung finden Schlagkreuzmühlen, in denen schneilaufende Schlagarme das Mahlgut gegen eine gerippte Mahlbahn schleudern, oder in der neueren Mahltechnik Stiftmahlscheiben, die sich auch für die Herstellung von Kakaopulver sehr gut bewährt haben. Durch ein Kaltluftgebläse wird die durch die starke Reibung entstehende Wärme gesteuert. Das Mahlgut gelangt durch den beim Mahlen entstehenden Luftstrom in den Windsichter, der dasjenige Gut ausscheidet, das die notwendige Feinheit erreicht hat. Das noch nicht genügend zerkleinerte Pulver wird nochmals gemahlen. Der Feinheitsgrad ist erst ausreichend, wenn sich im Pulver beim Pressen zwischen zwei Glasplatten keine Kerne mehr zeigen. Die Größe der Teilchen liegt dann bei etwa 0,04 mm ( = 40 μ). Kakaopulver soll eine tiefbraune oder rotbraune Farbe haben. Graubräunliche Tönung wird als schlecht angesehen. Um ein möglichst dunkles Pulver zu erzielen, muß die Abkühlung nach dem Mahlen rasch erfolgen. Schwach entölte sind dunkler als stark entölte Kakaopulver, die oft sehr hellbraun bis braun sind. Qualitätsmerkmal ist neben der Farbe vor allem das Kakaoaroma, das bei schwacher Entölung kräftiger ist. Fettreiches Kakaopulver ist leichter und hat deshalb eine längere Schwebefähigkeit und dadurch eine 145
größere Ergiebigkeit als stark entöltes Pulver. Natürliche Gewürze, Vanillin oder ihm entsprechende Äthyläther dürfen dem Kakaopulver zur Aromatisierung ohne Kennzeichnungspflicht zugesetzt werden. Das Kakaopulver wird abgepackt zur Bereitung des Kakaogetränks verkauft. Das Getränk wird aus Kakaopulver, Milch und Zucker zubereitet, wobei man üblicherweise 4—6 g Pulver f ü r eine Tasse von 150 ccm nimmt. Als kakaopulverhaltige Mischungen sind nach der Kakaoverordnung Haferkakao (mindestens 50 v. H. Kakaopulver und Hafermehl oder Haferflokken; gezuckerter Haferkakao = 2 Teile Haferkakao und 1 Teil Zucker), Malzkakao (mindestens 50 v. H. Kakaopulver und Gerstenmalz oder mindestens 5 v. H. Gerstenmalzextrakt), Hafermalzkakao (mindestens 50 v. H. Kakaopulver und Hafermehl oder Haferflocken und mindestens 7 v. H. Hafermalzmehl oder 5 v. H. Hafermalzextrakt) und Eichelkakao (mindestens 60 v. H. Kakaopulver, mindestens 15 v. H. geschälte, geröstete und fein gemahlene Eicheln oder entsprechende Menge Extrakt, ohne oder mit Zusatz von Zucker und von geröstetem Weizenmehl). Schokoladepulver (Schokolademehl, Puderschokolade, Trinkschokolade) ist nach der Kakaoverordnung «eine gleichmäßige, in einem unter Wärmeentwicklung sich vollziehenden maschinellen Verfahren hergestellte Mischung von Kakaomasse oder Kakaopulver oder stark entöltem Kakaopulver und technisch reinem weißem Verbrauchszucker (Saccharose); zuweilen sind natürliche Gewürze, Vanillin oder der ihnen entsprechende Äthyläther zugesetzt. Der Zuckergehalt beträgt höchstens 60 Hundertteile, der Gehalt an Kakaobutter mindestens 6 Hundertteile». So definiert die Kakaoverordnung. Bloße Mischungen von Kakaopulver und Zucker ohne das in der Begriffsbestimmung angegebene maschinelle Verfahren dürfen unter den Bezeichnungen «Kakaopulver mit Zudcerzusatz» oder «gesüßtes Kakaopulver» in den Verkehr gebracht werden. 4. Über die
Schokoladen-Herstellung
Bei der Herstellung von Schokolade werden der Kakaomasse Zucker und Gewürze, Kakaobutter und — je nach der Schokoladensorte — andere Rohstoffe, insbesondere Milch oder Sahne, zugesetzt. Das Mischen der verschiedenen Bestandteile der Schokoladenmasse erfolgt in dem Melangeur, dem Knetwerk oder in dem Mahlscheibenmischer. In diesen heizbaren Maschinen werden die Masseteile kräftig durchgeknetet. Eine Zerkleinerung der Teile und eine Homogenisierung der Masse erfolgt in dieser Bearbeitungsstufe noch nicht. Die Massezerreibung, von deren Intensität die Qualität der Schokoladen maßgeblich abhängt, wird in Schokoladenwalzenstühlen vorgenommen. 146
Feinwalzen nennt man diesen Arbeitsvorgang in den Walzenstühlen mit drei bis fünf Walzen, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gegeneinander drehen. Die Masseteilchen werden zwischen den Walzen zerrieben. Möglichst gleichmäßig wird die warme Schokoladenmasse auf die Walze gegeben. Während des Walzens wird ein Teil der Feuchtigkeit abgegeben, so daß die Schokoladenmasse das Walzwerk in Pulverform verläßt. Der Vorgang wird solange wiederholt, bis der notwendige Feinheitsgrad erreicht ist. Das Aroma wird zwar auch schon im Walzvorgang verbessert, doch erst während des Conchierens^ wird es voll entwickelt. Dieses Verfahren, das 1878 durch Rudolf Lindt eingeführt wurde, dient der Verbesserung des Geschmacks der Schokolade. Die flüssige Masse wird hierbei einen Tag oder bis zu drei Tagen ständig gleichmäßig geschaukelt. Man verwendet vielfach Längsreiber, die aus vier heizbaren und verschließbaren Wannen oder Trögen bestehen, in denen durch eine gemeinsame Kurbel je eine Walze hin und her bewegt wird. Die durch die Walzen langsam bewegte Masse überschlägt sich bei jedem Hub und wird auf diese Weise ständig mit Luft durchgearbeitet. Neben den Längsreibern gibt es Maschinen, die auf anderen Bewegungs- und Durchlüftungstechniken beruhen: Kreiselconchen, Rundconchen und Wirbelconchen. Ziel des Conchierens ist es, daß ein dünner Butterfilm alle nicht fettigen Bestandteile umgibt. Die beiden Grundstoffe Kakao und Zucker sind geschmacklich nicht mehr nebeneinander zu erkennen. Mit dem Feuchtigkeitsentzug entweicht gleichzeitig ein gewisser Teil der vorhandenen Säuren. Die Gerbstoffe werden in ihrer Löslichkeit herabgesetzt, so daß die Masse einen milden Geschmack erhält. In der Conche wird gegebenenfalls Kakaobutter hinzugegeben. Nach dem Conchieren ist die Schokoladenmasse glänzend und geschmeidig. In der Wärmekammer wird die Schokoladenmasse bei Temperaturen zwischen 40 0 und 60 0 C in Behältern aufbewahrt, bis sie weiterverarbeitet wird. Der sich anschließende Bearbeitungsvorgang ist das Temperieren oder Vorkühlen der Schokoladenmasse, das ihr die gleichmäßige Feinkörnigkeit, die Härte und Sprödigkeit verleiht und die Formung der Schokolade erleichtert. Bei gewöhnlicher Abkühlung würde die aus der Conche kommende Masse bis unter ihren Erstarrungspunkt flüssig bleiben bis zu einer durch größere Kakaobutterkristalle hervorgerufenen spontanen Erstarrung. Eine solche Unterkühlung würde zu einer lockeren, «torfigen» Schokolade führen. In der Temperieranlage (Vorkühlmaschine) kühlt man deshalb die Kakaomasse unter ständigem Umrühren bis unter ihren Schmelzpunkt und erreicht dadurch, daß die Erstarrungskeime in der Masse gleichmäßig verteilt werden. Bei diesem Verfahren tritt eine einheitliche Erstarrung der ganzen Ka42 Conche oder auch Konche ist aus dem Spanischen abgeleitet: concha = Muschelschale. 147
kaomasse ein. Von der Sorgfalt des Temperierens hängen Glanz und Β rudi des Fertigerzeugnisses ab. Für die Herstellung von Milchschokoladen 43 verwendet man in erster Linie Trockenmilchpulver, für Spezialschokolade kondensierte Milch oder Blockmilch, weil das Trockenpulver einen Kochgeschmack hat. Die Blodcmildi verbindet sich leichter mit der Kakaomasse und dem Zucker als das Trockenmilchpulver. Die Blockmilch wird zunächst geraspelt, mit dem Zukker vermischt und in einem heizbaren Vakuumkneter entfeuchtet, um dann mit der Kakaomasse verrieben zu werden. Die Kakaomasse conchiert man bei der Herstellung von Qualitätsware zunächst vor, um die unangenehmen Geschmackstoffe zu beseitigen, bevor die Milchbestandteile zugegeben werden. Dann werden der Masse Milchbestandteile, Zucker und Kakaobutter beigemischt, dann alles gewalzt und anschließend nochmals conchiert. Das Ausformen der Schokolade erfolgt in Form- und Teilmaschinen. Die Abfüllmaschine gibt die Masse bei der Tafelware in fest eingestellten Gewichten ab, die in die vorgewärmte Form fließt. Durch Transportketten gelangen die Formen auf die sogenannte Klopfbahn (Rütteltisch), wo sie hin und her gerüttelt werden, damit die Masse gleichmäßig in den Formen verteilt wird und noch enthaltene Luftbläschen entweichen. Die Formen laufen dann über eine Kühlbahn, in der die Schokolade in 10 bis 20 Minuten abgekühlt wird. Durch die Abkühlung ziehen sich die Tafeln zusammen und lokkern sich in den Formen. Sie werden maschinell oder mit der Hand ausgeklopft. Die Einwiddung der Tafeln erfolgt maschinell. Es würde in diesem Rahmen zu weit führen, all die vielfältigen Maschinen mit ihren Flach- und Hohlformen zu beschreiben, in denen die mannigfachen Arten von Schokoladen und Schokoladenwaren hergestellt w e r d e n d . 5. Schokolade und
Schokoladenwaren
Die Kakaoverordnung definiert im § 3 I die Schokolade folgendermaßen: «Schokolade ist eine geformte oder nicht geformte Zubereitung aus Kakaokemen, Kakaobruch, auch unter Mitverwendung von höchstens 2 Hundertteilen Kakaogrus, oder aus Kakaomasse und technisch reinem weißem Verbrauchszucker (Saccharose), ohne oder mit Zusatz von Kakaobutter, natürlichen Gewürzen, Vanillin oder dem ihm entsprechenden Äthyläther; Schokolade besteht zu mindestens 40 Hundertteilen aus Kakaomasse oder aus einem Gemisch von Kakaomasse und Kakaobutter und zu höchstens 60 Hundertteilen 43 Uber die Zusammensetzung der Milchschokoladen vgl. Seite 179 und § 3, Abs. 3, 4 und 5 KVO, Seite 183. 44 Es wird auf die einschlägige Spezialliteratur, insbesondere auf die bereits erwähnte Schrift von Parlow «Schokolade und Konfekt», verwiesen. 148
aus Zucker. Der Gehalt an Kakaobutter beträgt mindestens 21 Hundertteile. Der Gehalt an Kakaomasse beträgt bei Mitverwendung von Kakaobutter mindestens 33 Hundertteile.» Der Mindestgehalt der Schokolade an Kakaobestandteilen 45 ist durdi Erlasse des Reichsministers des Innern von 1937 und 1938 auf 35 °/o herabgesetzt worden. Der Kakaobutter-Mindestgehalt wurde dadurch auf 1 8 % ermäßigt. Der Geschmack der Schokolade wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt. Neben den Verarbeitungsmethoden ist die Auswahl der Rohstoffe und ihre Zusammensetzung für die geschmackliche Richtung entscheidend. Wie mehrfach hervorgehoben, haben die Rohkakaos der verschiedenen Provenienzen größtenteils charakteristische Unterschiede in bezug auf Aroma, Säuregehalt und Farbe, so daß sich schon allein vom Rohkakao her bei sonst gleichen Anteilen von Zucker, Milch und anderen Rohstoffen vielfältige Geschmacksnuancierungen erzielen lassen. Sehr wesentlich kommt es auf das Verhältnis von Kakaobestandteilen und Zucker oder den anderen verwendeten Rohstoffen sowie auch auf das Verhältnis von fettfreier Kakaotrockenmasse 46 und Kakaobutter an. Die Kombinationsmöglichkeiten dieser Hauptbestandteile der Schokolade bieten eine Vielzahl der verschiedensten Geschmacksnoten. Das Mischungsverhältnis der Schokoladenbestandteile ist, von den gesetzlichen Mindest- und Höchstgrenzen abgesehen, aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Geschmacksart, sondern auch der Verarbeitbarkeit und der Verkaufspreise der Erzeugnisse zu betrachten. Der Faktor «Verarbeitbarkeit» bedingt einen bestimmten Mindestgehalt an Kakaobutter; die Masse muß durch den Fettgehalt so flüssig sein, daß sie durch die Abfüllmaschinen in die Formen fließen kann. Der hierfür notwendige Fettgehalt ist abhängig vom Zerkleinerungsgrad der Schokolade. Je gröber sie ist, desto geringer kann unter dem Gesichtspunkt der Formbarkeit ihr Fettgehalt sein. Der Zerkleinerungsgrad der Schokolade ist ein Wertmaßstab für das Erzeugnis. Untere Güteklasse mit geringem Zerkleinerungsgrad sind die Blockschokoladen. Als Speiseschokoladen bezeichnet man die Erzeugnisse mit mittlerer Verarbeitungsgüte. Schmelzschokoladen sind gut verarbeitete Schokoladen mit einem höheren Fettgehalt. Edelschokoladen zeichnen sich neben mehreren Eigenschaften durch einen besonders hohen Feinheitsgrad aus. Die Hauptbestandteile der Schokolade, die nicht Fett sind, lassen sich, wenn man von den anderen Zusätzen absieht, rechnerisch in Zucker und 45 Unter Kakaobestandteilen versteht man die Summe von Kakaomasse und Kakaobutter. 46 Als fettfreie Kakaotrockenmasse bezeichnet man die Bestandteile, die sich durdi Abzug des Kakaobuttergehalts von der Kakaomasse ergibt. Es handelt sich hierbei lediglich um einen rechnerischen Begriff. 149
fettfreie Kakaotrockenmasse aufteilen. Die Kakakobutter ist weder süß noch bitter, sondern nur schwach aromatisch. Von der Rohkakao-Sorte oder -Mischung und von ihrer Bearbeitung hängt es ab, ob die Kakaotrockenmasse herb, aromatisch, sauer oder bitter ist. Das Verhältnis zwischen Zucker und fettfreier Kakaotrockenmasse ist entscheidend, ob eine Schokolade süß, halbsüß, halbbitter oder bitter ist. Die Kosten des Enderzeugnisses werden sehr stark durch den Zuckergehalt bestimmt. Je höher sein Anteil, desto geringer die Herstellungskosten, weil er wesentlich billiger als Kakaomasse oder Kakaobutter ist. Bitterschokoladen enthalten einen höheren Anteil an Kakaobestandteilen und haben einen größeren Feinheitsgrad. Die Bitterkeit ist der Ausdruck einer Bewertung der Schokolade. Die Geschmacksstufen sind: sehr süß, süß, halbsüß, halbbitter (mild- oder zartbitter, halbherb), bitter, sehr bitter. Die Kakaoverordnung sieht keine Anforderungen für Schokoladen mit diesen Geschmacksstufen vor. Nach der deutschen Verkehrsanschauung, die sich auf Grund einer Empfehlung des früheren Verbandes deutscher Schokoladenfabrikanten gebildet hat, gelten folgende Anforderungen: Schokoladen ohne Bezeichnung oder in Verbindung mit den Worten: Koch-, Block-, Haushaltsschokolade Halbsüße oder milde Schokolade Halbbittere, zartbittere, mildbittere, halbherbe Schokolade Bittere, sehr bittere, extra bittere, herbe Schokolade
Mindestgehalt an Kakaobestandteilen: 35% 45 °/o 50 °/o 60 °/o
Der Schmelz der Schokolade, ihre Neigung zur Verflüssigung, läßt sich durch Zusatz von Lezithin erhöhen. Milcherzeugnisse werden in der Regel in Form von Trockenprodukten beigemischt. Ihr Anteil an den Gesamtbestandteilen liegt bei 15 u/o bis 30 °/o. Im übrigen werden je nach Art der Schokolade viele andere Früchte, Gewürze und ätherische öle zugegeben. Die Kakaoverordnung nennt eine Reihe von Schokoladenarten. Einen Überblick über die Zusammensetzung einiger Arten gibt die folgende Tabelle 47 ;
47 Nach Lindner, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Berlin 1953, Seite 43. 150
Zusammensetzung von Schokoladenmassen (in v. H.) (Mindest- und Höchstwerte nach der Kakaoverordnung in Fettdruck) Schokoladenart
Koch- und Speiseschokolade Schmelzschokolade S ahnesciiokolade Vollmilchschokolade Magermilchschokolade
Milchfett
Zucker
Kakao- Fettfreie Zugesetzte masse Milditrok- Kakaokenmasse butter
Gesamtfett
33—50 35—60 10—20 10—30
8—16 9,3—23
5—7 bis 15 10—22 12—20
22—30 28—35 33—36 28—32
5,5—10 3,2—7,5
50—60 38—50 35—60 32—60
10—35
12,5—25
15—25
22—30
0—2
30—60
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Neben diesen gibt die Kakaoverordnung eine Aufzählung anderer Schokoladenarten. Gefüllte Schokolade ist eine geformte Schokoladezubereitung, die aus einem Kern und einem Überzug aus Kakaomasse, SchokoladeÜberzugsmasse besteht. Bei Tafeln gefüllter Schokolade muß der Anteil des Überzugs am Gesamtgewicht mindestens 25 % betragen. Zu den gefüllten Schokoladen gehören beispielsweise Krem-, Marzipan-, Nugat-, Krokantund Trüffelschokolade sowie Pralinen. Fruchtsdiokoladen werden unter Zusatz von Früchten oder Fruchtbreizubereitungen hergestellt. Nuß- und Mandelschokoladen sind Schokolade-Zubereitungen, denen Hasel- oder Walnüsse bzw. süße Mandeln, auch in zerriebener Form, zugesetzt werden. Die Kakaoverordnung enthält ferner Bestimmungen über die Zusammensetzung der verschiedenen Überzugsmassen (Kuvertüren). Die Lebensmittel-Kennzeichenverordnung von 1935 bringt eine Unterscheidung zwischen Schokoladen und Sdiokoladenwaren. Schokoladen sind danach Tafelschokoladen, Katzenzungen, Kroketts, Napolitains u. ä. Zu den Schokoladenwaren gehören ζ. B. Schokoladenhohlkörper, Schokoladenfiguren, Pralinen u. ä. Tafelschokolade darf nach der Kakaoverordnung (§ 9) im Einzel verkehr nur in Tafeln mit einem Reingewicht von 500, 250, 200, 125, 100, 50 oder 25 g gewerbsmäßig verkauft werden. Wegen der Ausnahmen und der zulässigen Gewichtsabweichungen wird auf den Wortlaut der Vorschrift verwiesen.
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