Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Lieferung 5 Jesus Sirach (Ben Sira): Band III: Unterweisung in lehrhafter Form, Lieferung 5 9783641248055


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Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Lieferung 5 Jesus Sirach (Ben Sira): Band III: Unterweisung in lehrhafter Form, Lieferung 5
 9783641248055

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Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit

Herausgegeben von Werner Georg Kümmel (†) in Zusammenarbeit mit Christian Habicht, Otto Kaiser (†), Otto Plöger (†) und Josef Schreiner (†)

Band III · Lieferung 5 Gütersloher Verlagshaus

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Band III

Unterweisung in lehrhafter Form Georg Sauer Jesus Sirach (Ben Sira)

1981 Gütersloher Verlagshaus

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Die Abkürzungsverzeichnisse befinden sich in der ersten Lieferung dieses Bandes.

Copyright © 1981 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Satz: Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh ISBN 978-3-641-24805-5 www.gtvh.de

Georg Sauer Jesus Sirach (Ben Sira)

Inhalt

Einleitung . Übersetzung Namenregister Bibelstellenregister

Abkürzungen, die nicht in das allgemeine Abkürzungsverzeichnis aufgenommen wurden BHS BRL2

Biblia Hebraica Stuttganensia. Biblisches Reallexikon, 2. Auflage, Tubingen 1977· OJ Septuaginta. ~ Hebräischer Text, Handschrift A. ~B Hebräischer Text, Handschrift B. ~c Hebräischer Text, Handschrift C. ~D Hebräischer Text, Handschrift D. ~E Hebräischer Text, Handschrift E. ßM Hebräischer Text, Masada-Handschrift. 0Q Hebräischer Text, Qumran-Handschriften. HAL Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament von L. Koehler und W. Baumganner, 3· Auf!. neu bearbeitet von W . Baumganner unter Mitarbeit von B. Hanmann und E. Y. Kutscher, herausgegeben von B. Hanmann, Ph. Reymond und J.J. Stamm, Leiden 1967-1974. 2 Lateinische Übersetzung. J. Marböck, Weisheit im Wandel, 1971 (BBB 37). Marböck mg lectio marginalis. 0 Origeneische Rezension, siehe Ziegler, S. 57-63. RdQ Revue de Qumran, Paris. Rickenbacher 0. Rickenbacher: Weisheitsperikopen bei Ben Sira, Freiburg und Göttingen 1973 (Orbis Biblicus et Orientalis 1). Syrische Übersetzung. Textbuch zur Geschichte Israels, herausgegeben von K. Galling, 3· Auflage TubinTGI' gen '979· WUNT Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, Tubingen. Ziegler J. Ziegler: Sapientia lesu Filii Sirach (Göttinger Septuaginta 12,2), Göttingen 1965.

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Einleitung I.

Der Überlieferungsbestand

Die unter dem Namen »Jesus Sirach« in der christlichen Kirche seit deren Entstehung1 überliefene jüdische Schrift aus hellenistischer Zeit hat in vielfältiger Hinsicht eine äußerst wechselvolle Geschichte erlebt. Bereits die verschiedenen Namen, mit denen dieses Buch bezeichnet wurde, verdeutlichen die kulturell und historisch weitgespannte Mannigfaltigkeit, die dieses überragende Literaturwerk begleitete. Zum ersten Male2 in der israelitisch-jüdischen Literatur nennt der Verfasser selbst seinen Namen und tut seine Absicht kund, ein Buch unter diesem seinem Namen seiner Welt und Nachwelt zu übermitteln: »Erziehung, Einsicht und Spruchdichtung der (verschiedenen) Lebenslagen von Simon, dem Sohn des Jeschua, dem Sohn des Eleasar, dem Sohn des Sira, die hervorströmten aus der Erforschung seines Herzens, und die er hervorströmen ließ in Einsicht. Wohl dem Manne, der über sie nachsinnt, und wer sie sich zu Herzen nimmt, wird weise werden. Denn die Furcht des Herrn bedeutet Leben« (Kap. 50, 27-29). Diese am Ende der zusammenhängenden Ausführungen stehende Notiz wird wieder aufgenommen durch die Schlußbemerkung in dem als Zusammenfassung zu verstehenden Kapitel p: »Bis hierher reichen die Wone Simons, des Sohnes des Jeschua, der genannt ist Ben Sira. Die Weisheit Simons, des Sohnes Jeschuas, des Sohnes Eleasars, des Sohnes Siras« (Vers 3oe-g). Diesen Angaben zufolge müßte die S~hrift den Namen »Simon« tragen. Dem widerspricht die griechische Vorrede zum Buche, die der Enkel des Verfassers hinzufügte, um seine Absicht zu begründen, das hebräisch verfaßte Buch ins Griechische zu übersetzen. Hier wird der Name des Verfassers als »Jesus« angegeben (7). Das damit gestellte Problem des richtigen Namens des Verfassers ist nicht lösbar. In der jüdischen Tradition wurde die Bezeichnung des Buches unter dem Namen »Ben Sira« (vgl. p,JO Versteil f) gebräuchlich, während die griechische Überlieferung und damit die christliche Kirche den aus der Vorrede bekannten Namen »Jesus« beibehielten und ihn zur Unterscheidung von anderen Trägern dieses Namens mit dem (aus der jüdischen Tradition bekannten?) Beinamen »Ben Sira« = >>Sohn des Sirach«4 , kurz: »Jesus Sirach«, versahens. 1. V gl. die häufigen Zitate aus dem Buche Sir im NT: T. R. Feim, Concordia Theological Monthly (St. Louis, Mo.) 39 (1968), S. 331; Nestle-Aland, Novum Testamenturn Graece, 26. Auflage, Stuttgart 1979, S. 771 f. 2. Siehe z.B. L. Blau, REJ 35 (1897), S. 19. J. Siehe L. Blau, a.a.O. S. 19f.; F. Vattioni, S. XIIIf.; ausfuhrliehe Erörterungen bei Segal, s. 1-J. 4· Bei der Namensform Sirach ist das »eh« am Ende entweder ungewollt durch Übernahme des hebräischen ', für das kein griechischer Buchstabe zur Verfügung stand, zustande gekommen oder aber mit Bedacht geschrieben worden, um das Wort als indeklinabel zu bezeichnen, siehe G. Kuhn, ZAW 47 (1929), S. 289. Ähnliche Beispiele sind: Akeldamach, Act 1,19 (ebd.) und Josech, Lk 3,26 (Segal, S. 3). 5· So auch in der (sekundären) Überschrift zum Buch };(M)JA JH};OY YIOY };JPAX.

In den Kirchen der lateinisch sprechenden Welt muß schon im 3· Jahrhundert der Name >>Ecclesiasticus« aufgekommen sein6 • Rufinus (um 345-4Io) sieht darin eine Anspielung auf den >>kirchlichen« Charakter der Schrifc1. Näher liegt die Vermutung, daß mit diesem Namen die Nähe zu Qoh ( = Ecclesiastes) bezeichnet werden sollte8 , da man Sir als Weisheitsbuch sehr früh schon zusammen mit Sap an die Seite der Schriften, die unter dem Namen Salomos bekannt waren (Prv, Cant, Qoh), stellte9 • Die Geschichte des Textes von Sir nimmt ihren Anfang bei dem ohne Zweifel ursprünglich hebräisch verfaßten Buch aus den ersten Jahrzehnten des 2. Jahrhunderts v.Chr.10• Eine Originalform ist nicht mehr festzustellen. Sehr früh schon scheinen sich mindestens zwei hebräische Traditionen gebildet zu haben, die jedoch heute nur durch Rückschlüsse zu verifizieren sind. Tatsache ist, daß der hebräische Text sehr bald zugunsten der griechischen Übersetzung zurückgedrängt wurde, ein Prozeß, der durch die Festlegung des hebräischen Kanons durch die jüdische (pharisäische) Tradition am Ende des I. Jh. n. Chr. noch verstärkt wurde, da Sir nicht in die Reihe der kanonischen Schriften aufgenommen wurde11 • Die christliche Kirche übernahm um so stärker die griechische und lateinische Übersetzung. Die Funde von Qumran12 und auf Masada13 konnten für diese Frühzeit die hebräische Textform nachweisen. Hieronymus hat sie noch gekannt14• Zitate in Midrasch und Talmud15 bestätigen das Fortbestehen der hebräischen Fassung von Sir in der gelehrten jüdischen Tradition. Schließlich bezeugt vor allem Saadja Gaon (882-942) für das IO. Jh. das Vorhandensein des hebräischen Sir16. Danach verstummt für fast eintausend Jahre jede Nachricht über den hebräischen Text. Luther übersetzt I532/33 aus QJ und 2 Sir und gibt die Übersetzung noch vor der Gesamtausgabe der Bibel als Separatdruck heraus17: i'.rst die Funde von I 896 in der Genizah der Karäer-Synagoge von Kairo18 brachten die hebräische Urform des Textes von Sir wieder zum Vorschein. Einige Passagen sind punktiert. Daß es sich hierbei um den originalen hebräischen Text und nicht um Rückübersetzungen aus dem Syrischen oder Arabischen handelt19, kann heute nach 6. Früheste Bezeugung bei Cyprian (ca. 20o-258), Testim. III, 1. I2.J5-5I. u.ö. 7· Commentarius in symbolum apostolorum 38; MPL 2I, Sp. 374· 8. D. Oe Bruyne, ZAW 47 (1929), S. 262. 9· Hieronymus, Praefatio in libros Salomonis juxta LXX interpretes, MPL 29, Sp. 425-428. IO. Näheres s. u. S. 489 f. I 1. A. Geiger, ZDMG I2 (I858), S. 536ff., vermutet, daß die Nichtanerkennung der Auferstehungslehre und die Vorliebe für das priesterliche Geschlecht mit seiner sadokitischen Spitze Gründe für die Ablehnung gewesen seien. I2. In Grotte 2 und I 1. I 3. In einer Kasematte der östlichen Festungsmauer. 14. Praefatio in libros Salomonis, MPL 28, Sp. I 307. 15. Eine Zusammenstellung bietet Cowley-Neubauer, S. XIX-XXX und Smend, 1906, S. XLVII-L. 16. Sepher hagaluj, ed. Harkavy, 1891, S. 151, !.11 f. und S. I78, !.18 und siehe : C. Roth, JBL 71 (1952), 171-178. 17. Wittenberg: Hans Lufft, I532/33, siehe WADB Bd. 12, I96I, S. XXXII. 18. P.E. Kahle: The Cairo Geniza, 2. Aue., Oxford 1959, S. 8-13. 19. So vor allem D.S. Margoliouth: The Origin of the »Original Hebrew« of Ecclesiasticus, 1899, aber auch I. Uvi an verschiedenen Orten.

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der Auswertung der Funde von Masada nicht mehr bestritten werden20 • Nach weiteren Funden aus der gleichen Quelle in den folgenden Jahrzehnten stellt sich der hebräische Überlieferungsbestand, der gegenwärtig ca. 3/5 des Gesamttextes umfaßt, wie folgt dar2 1 : ~: 3,6b- I6,24; Lücke von 7,29- I I,Jla; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps: S. Schechter und C. Taylor: The Wisdom of Ben-Sira. Portions of the Book of Ecclesiasticus from Hebrew Manuscripts in the Cairo Genizah, Cambridge I 899. 7,29- II,pa; in Besitz von E.N. Adler, London: editio princeps: E.N. Adler: Same Missing Chapters of Ben Sira, JQR 12 (I90o), S. 466-480. ~8 : 30,11- 33,3; 35,9- 36,2I; 37,27- 38,27; 49,12b- p,Jo; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps : S. Schechter und C. Taylor, a.a.O. 3I,I2- 3I; 36,I9- 37,26; in Besitz des British Museum, London; editio princeps: G. Margoliouth : The Original Hebrew of Ecclesiasticus XXXI. I2-3I, and XXXVI. 22- XXXVII. 26; JQR 12 (I899), S. I-JJ. 39,I5c- 40,7; in Besitz von Mrs. Lewis und Mrs. Gibson, Cambridge/England; editio princeps: S. Schechter: A Fragment of the Original Text of Ecclesiasticus, Expositor (London), 5th series, Val. IV I 896, S. I-I 5. 40,9- 49,I I; in Besitz der Bodleian Library, Oxford/England; editio princeps: A. Cowley und A. Neubauer: The Original Hebrew of a Portion of Ecclesiasticus (XXXIX I5- XLIX 11), Oxford 1897. I0,19-3 I; I I ,I-Io; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps: J. Schirmann: Same Additional Leaves from Ecclesiasticus in Hebrew, Tarbiz 29 (I96o), S. 125-134. I5,1-2o; I6,1-7; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps: J. Schirmann: A New Leaf from the Hebrew >>Ecclesiasticus« (Ben Sira), Tarbi21,27 (1958), S. 44o-443. (JC : 4,23b.3of.; 5,4-7·9-13; 36,19; 25,7f.12.16-23; 26,I-2; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps: S. Schechter: A Further Fragment of Ben Sira, JQR 12 (I9oo), S. 456-465. 18,3o-32; 19,1 f.; 20,5-7; 37,I9.22.24.26; 20,I3 in Besitz von M. Gaster, London; editio princeps: M. Gaster: A New Fragment of Ben Sira, JQR I2 (I9oo), S. 688-702. 6,18-19.28.35; 7,1.4.6.I7.2of.23-25; in Besitz der Bibliothek der israelitischen Gemeinde, Paris; editio princeps: I. Levi: Fragments de deux nouveaux manuscrits hebreux de l'Ecclesiastique, REJ 40 (1900), S. I-'-30. ),I4-I8.2I-22; 4I,16; 4,21; 20,22-23; 4,22f.; 26,2b-3.I3. I5-I7; 36,22-26; in Besitz der Bibliothek der Universität Cambridge/England; editio princeps: J. Schirmann: Same Additional Leaves from Ecclesiasticus in Hebrew, Tarbiz 29 (1960), S. 125-134. ()0 " : 36,24- 38,1; in Besitz der Bibliothek der israelitischen Gemeinde, Paris; edi20. Siehe u.a. E. König : Die Originalität des neulich entdeckten hebräischen Sirachtextes, 1899, und Y. Yadin, 1965, S. 7f. 21. Für die Veröffentlichungen bis 1902 siehe auch N. Peters, 1902, S. 7*. 22. So mit Smend, Peters, Vattioni u.a. Bei Levi mit dem Siglum D bezeichnet. 23. So mit Smend, Peters, Vattioni u.a. Bei Uvi mit dem Siglum C bezeichnet.

tio princeps : I. Levi: Fragments de deux nouveaux manuscrits hebreux de l'Ecclesiastique, REJ 40 (1900}, S. 1-JO. ~E: J2,I6-2I; 33,1; J2,2J; 33,2+5-32; 34,1; in Besitz der Sammlung Adler; editio princeps:]. Marcus: A Fifth MS. of Ben Sira, JQR 21 (I9JOIJI}, S. 223-240. ~Q: 6,14 f.; 1,19f.; 6,2o-31; editio princeps: M. Baillet und]. T. Milik: Les »Petites GrotteS Co!. XXI, I 1-17 und XXII, 1, S. 79-85, pl. XIIIf. ()M: 39,27- 43,30; 44,1-17 (mit Lücken); editio princeps: Y. Yadin: TheBen Sira Serail from Masada, Jerusalem 1965 24 • Die zwei Generationen später entstandene griechische Übersetzung ~. vom Enkel des Verfassers erstellt, um die hebräisch verfaßte Schrift der griechischen Welt zu vermitteln, kam in den Strom der breit gefächerten Septuagintatraditionen. Auch in dieser Sprachform fehlt die Originalfassung, vielmehr sind zwei Haupt-Traditionen deutlich zu unterscheiden neben manchen kleineren Abweichungen2s. Die griechische Tradition bietet den gesamten Bestand26 , hat allerdings gegenüber(' eine für die Korrektheit der Kapitel- und Verszählung verhängnisvolle Vertauschung von Blättern vorgenommen, so daß zwischen 30,26 und 30,27 eine größere Texteinheit (JJ,I6b J6,IJa) eingeschoben wurde27 • Eine syrische Übersetzung ist vermutlich im Raum der östlichen christlichen Kirchen erfolgt, wobei die Abhängigkeiten von (' größer zu sein scheinen als von ~8 • Daß Vorlage für eine Rückübersetzung ins Hebräische sein könnte, ist oft vermutet worden 2' , zuletzt von Di Lella30• Mit Rüger 1 ist jedoch dies zu verneinen. Ausgaben liegen vor von P. de Lagarde32 und Ceriani33• Kirchenväterzitate lassen erkennen, daß schon vor dem 4· Jh. eine lateinische Übersetzung 2, zumindest in Teilen, existiert haben muß. Jedenfalls war das Buch in lateinischer Fassung weit verbreitet und lag Hieronymus bereits vollständig vor, ohne daß er sich zu einer Neuübersetzung veranlaßt gesehen hätte34 • Sie hat einen gegenüber~

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24. Eine Gesamtausgabe des hebräischen Textes besorgte Z. Ben-Hayyim: The Book of Ben Sira, Jerusalem 1973. 2 5. Eine dieser Traditionen könnte auf den Enkel des Verfassers zurückgehen und wird hauptsächlich repräsentiert durch die Majuskeln; die andere dürfte später sein und findet sich in den Kirchenväterzitaten und in den Minuskeln, siehe Smend, 1906, S. XCI-XCVIII, und D. Oe Bruyne, ZAW 47 (1919), S. 257, und Ziegler, S.-53--69. 26. Bei einigen Kürzungen und Erweiterungen. 27. Eine kritische Gesamtausgabe liegt vor von J. Ziegler: Sapientia Iesu filii Sirach, in: Septuaginta, Vetus Testamenturn Graecum, XII, 2, Göttingen 1965. 28, Siehe Smend, 1906, S. CXXXVI. Y. Yadin, 1965, S. 6, kann darauf aufmerksam machen, daß in vielen Fällen von 6J unabhängig ist. 29. S.o. S. 485. 30. A.A. Di Lella, 1966 für einige Abschnitte. 31. H.P. Rüger, 1970, S. 1ff. 32. P.A. de Lagarde: Libri Veteris Testamenti Apocryphi Syriace, 1861. 33· A.M. Ceriani: Translatio Syra Pescitto Veteris Testamenti, Milano 1878. 34· Praefatio in libros Salomonis, MPL 28, Sp. 1307.

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und (' umfangreicheren Text. Die Übersetzung ist oft sehr frei. Die Kapitel- und Verszählung entspricht aufs Ganze gesehen (', nicht 6l Thielmann hat feststellen können, daß zwei Übersetzer am Werk waren1S, ein dritter übertrug den Prolog ins Lateinische. Viele Beobachtungen sprechen dafür, daß die Grundlage der lateinischen Übersetzung (B gewesen sein dürfte, und zwar vermutlich der spätere Texrl6 . Die dem hebräischen Text entsprechende Kapitelzählung jedoch könnte auf Abhängigkeit von ('schließen lassen. Eine Ausgabe des lateinischen Textes, gelegentlich auch als Vulgata-Text bezeichnet, liegt vor in: Biblia sacra iuxta latinam Vulgatam versionem17• Bezüglich weiterer Tochterübersetzungen kann auf Ziegler verwiesen werden18• Die gebotene Übersetzung folgt grundsätzlich, auch in der Kapitelfolge und Verszä~lung, (',und zwar nach der Ausgabe von Vattioni19. Gelegentliche Verbesserungen werden nach 6J und durchgeführt. Wo mehrere hebräische Handschriften vorhanden sind, wurde versucht, dem besseren Text zu folgen. Es wurde also nicht eine hebräische Handschrift grundsätzlich bevorzugt. Wo (' fehlt, wurde nach 6J übersetzt, auch hier mit gelegentlichen Verbesserungen, sei es entsprechend einem vermuteten (nicht vorhandenen) Urtext aus (', sei es nach e.

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2.

Traditionen und Abhiingigkeiten

Nach dem Selbstzeugnis von Sir will das Buch Lehre (mwsr) bieten, die Weisheit (bkmh) vermittelt und zur rechten Lebensführung in vielen Lebenslagen verhilft (5o,27f.). Damit ist der Inhalt zutreffend bestimmt•0 • Das Buch ist demzufolge den anderen Büchern des AT, die zur Weisheitsliteratur zu zählen sind, an die Seite zu stellen (Prv, Qoh). In der Tat sind noch in Sir die gleichen literarischen Formen anzutreffen wie in der z.T. um Jahrhunderte früheren Literatur des AT. Die Grundform der Aussage ist der Maschal, der aus zwei Halbzeilen besteht, wobei zumeist das alte Gesetz des Parallelismus membrorum wiederzufinden ist. Formal zusammengehörende Reihen mehrerer Halbverse sind selten und können meist nur am geprägten Inhalt als enger verbunden erkannt werden (z.B. 3,9f.). Anders verhält es sich bei den Zahlensprüchen, die ganz deutlich den Willen zu einer größeren literarischen Zusammenfassung formaler, aber auch inhaltlicher Art erkennen lassen••. Einen Sonderfall bildet das alphabetische Akrostichon in 5 1,1 3-29, das in gewollt hochpoetischer Sprache die Weisheit im Bilde der ersehnten, erwarteten und empfangenen (Braut und) Frau preist. Anders verhält es sich mit den inhaltlich zusammengehörigen literarischen Gattun35· Ph. Thielmann, Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik 9 (1896), S. 247-284: Der Ältere, vermutlich in Afrika am Anfang des 3· Jh. lebend, übersetzte Kapitel 1-43 und 51; der andere übersetzte Kapitel 44-50, vermutlich in Europa. 36. Z.B. Peters, 1902, S. 41*, und D. De Bruyne, ZAW 47 (1929), S. 258. 37· XII. Sapientia Salomonis. Liber Hiesu filii Sirach, Roma 1964. 38. J. Ziegler, S. }1-37· 39· F. Vattioni, 1968. 40. Siehe 0. Kaiser, ZThK 55 (1958), S. p-6}. 41. Z.B. Kap. 26, 28 u.a.

gen. Hier sind nicht nur thematisch einheitliche Texte zusammengestellt, wie z. B. Kap. 9 (Umgang mit Frauen), Kap. 28 (Vergehen der Zunge) u.a., sondern auch literarische Gattungen verwendet worden, die ganz den alttestamentlichen Gattungen entsprechen42 . Mit dieser Verbindung zur alttestamentlichen Weisheit ist gleichzeitig auch die Zusammengehörigkeit mit der altorientalischen Weisheit gegeben. Sir steht ebenso wie Prv in der Tradition der mesopotamischen und ägyptischen Weisheitslehre. Dabei dürfte die Form des Zahlenspruchs aus dem mesopotamischen Raum stammen43 , während andere Elemente, etwa das Bild des Töpfers (JJ,IJ), nach Ägypten weisen44. Neu ist, daß ohne Zweifel auch die hellenistische Welt ihre Spuren hinterlassen hat. Über inhaltliche Einflüsse von dieser Seite wird unter 4· zu berichten sein. In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, daß die Nennung des Namens, den der Verfasser am Ende seines Buches bekannt gibt, den Gepflogenheiten der griechisch-hellenistischen Welt entspricht4s.

3. Die Entstehungsverhältnisse Dem eben erwähnten Selbstzeugnis des Buches entsprechend ist Sir das Werk eines Mannes. Diese Feststellung ist nicht anzuzweifeln. Das Buch weist trotz aller Schwierigkeit, weisheitliehe Rede, in Einzelsprüchen vorgetragen, zu ordnen, eine sinnvolle Gesamtkonzeption auf46 und verrät zudem viel von dem eigenständigen Denken des Verfassers, der es versteht, trotz der gewissen Allgemeingültigkeit der von ihm gesammelten und wohl auch selbst formulierten Sprüche, seine eigene Konzeption und seine erstaunlich neuenGedanken in dem Werk zum Ausdruck zu bringen47 • Beide Überlegungen lassen es unmöglich erscheinen, daß Sir das zufällige Produkt eines unkontrollierten Wachstums wäre48 • Aber auch durch Schultraditionen bedingte oder durch redaktionelle Arbeit hervorgerufene Besonderheiten, Stilbrüche oder Härten in Aufbau und Diktion sind nicht feststellbar. Dies gilt auch für einige Abschnitte, deren Echtheit gelegentlich, zumeist aus inhaltlichen Gründen, angezweifelt wurde, so z. B. für Kapitel 36. Dies tut Middendorp4' mit der Absicht, allzu starkes partikular-nationalistisches Denken dadurch dem Verfasser abzusprechen. Auch für das abschließende Kapitel 5 r wurde gelegentlich die Echtheit angezweifelt. Gestützt kann diese Annahme werden durch die Beobachtung, daß Kapitel 50 mit einer deutlichen Schlußnotiz endet, die die ·42· W. Baurngartner: Die literarischen Gattungen in der Weisheit des Jesus Sirach, ZAW 34 (1914), S. 161-198; J. Bonsirven, Bibi 35 (1954), S. 328-345; G. Sauer: Ben Sira zwischen Judenturn und Hellenismus, in Vorbereitung. 43· G. Sauer: Die Sprüche Agurs, BWANT 84, 1963, W.M.W. Roth : Nurnerical Sayings in the Old Testament, VTS 13, 1965. 44· S. Morenz, ZÄS 84 (1959), S. 79f. 45 · S.o. S. 483. 46. s. u. s. 494' 47· S.u. S. 491-493. 48. Was weithin für Prv gilt. 49· Th. Middendorp, 1973, S. 125-132 für Vers 1-17.

Angabe des Namens des Verfassers und eine letzte bekenntnismäßige Feststellung zum Inhalt hat (Vers 27-29). Dennoch erscheint das abschließende Lob, das Kapitel 5I zum Inhalt hat, sinnvoll. Es fügt sich in den Gesamtplan des Werkes einso und sollte nicht in seiner Ursprünglichkeit angezweifelt werdenSI. Besonders das alphabetische Akrostichon in Vers I 3-29 weist so enge Beziehungen zu anderen Aussagen des Buches auf5 2 , daß an einer Zusammengehörigkeit nicht zu zweifeln ist. Fraglich ist in Kapitel 5 I nur der Zusatz Vers I 2a-o, den ~B bietet, det aber in den Übersetzungen fehlt. Aber auch dafür hat V arghaB mit erwägenswerten Gründen für Annahme der Echtheit argumentiert. Lediglich die Unterschrift in Vers 3oe-g trägt deutlich den Charakter einer späteren redaktionellen Zufügung, die an 50,27 gebildet ist und auch dadurch einen gewissen Abstand von der Entstehungszeit des Buches und von seinem Verfasser verrät, daß hier schon gesagt werden kann: » ... der Ben Sira genannt wird« (51,30 Versteil f). Bezüglich der Feststellung einfacher Dubletten, z. T. in den verschiedenen hebräischen Handschriften bezeugt, und bezüglich der Zwischenüberschriften siehe die Übersetzung. Diese Beobachtungen lassen nun um so konkreter nach der Lebenszeit und den Lebensumständen des Verfassers und damit nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Buches fragen~ Der einzige direkte historische Bezug, der dem Buch selbst entnommen werden kann, ist die Erwähnung des Hohenpriesters Simon. Aus der Geschichte des 2. Tempels sind zwei Träger dieses Namens in der Funktion des hohen Amtes bekannt. Der erste amtierte zu Beginn des 3· Jh. v. Chr. J.A. H. Harts4 hat diese zeitliche Ansetzung gewählt. Sie ist indes nicht haltbar, da wesentlich gewichtigere Gründe für Simon II. sprechen, der um I 90 v. Chr. in Jerusalem Dienst tatss. Dafür können innere wie äußere Gründe angeführt werden. Die aus dem Buch selbst durch Rückschlüsse zu erhebenden inneren Gründe in Hinblick auf die hinter den Aussagen stehenden Verhältnisse fügen sich besser in den Rahmen des beginnenden 2. Jh. v. Chr. als in den des 3· Jh. v. Chr. eins6 • Die äußeren Gründe können des weiteren nur aus der Vorrede des (namenlosen) Enkels des Verfassers erhoben werden, der davon spricht, daß er bv {'cX!,l t'ljl 6y66cp KOÜ t'!,)ta.KOOt"ljl sn:t brt t'OV EVB!,l('Bt'OV ßa.otUws nach Ägypten gekommen sei (27). Die Frage, ob mit dem 38. Jahr das 38. Regierungsjahr des Euergetes oder das 38. Lebensjahr des Enkels gemeint sei, ist sicher, trotz gegenteiliger Versu-

50· s. u. s. 494· 5r. Auf Grund der literarischen Verwandtschaft dieses Kapitels mit den Hodajoth von Qumran denkt H. Germann, ThZ 19 (r963), S. 82-86, an eine spätere Entstehung, nachdem Ben Sira Glied der Gemeinde von Qumran geworden sei. 52. Z. B. Kap. 24. 53· Th. Vargha: Antonianum, Roma ro (1935), S. 3-10. 54· Ecclesiasticus in Greek, 1909. 55 · »Der nach Josephus (Ant. 12,224.229.238; 19,298) z.Zt. der Eroberung Jerusalems durch Antiochus III. 199/198 amtierte und wohl auch mit dem 'Ab 1,2 erwähnten Sirnon dem Gerechten identisch ist«, Hengel, 1973, S. 241, und Breid, 1971, S. 7· Anders A.H. Forster, AThR 41 (1959), S. 9, und E. Rivkin, FS A.H. Silver, 1963, S. 348-J5o. Zur Schwierigkeit, die Aussage des Josephus über Sirnon den Gerechten genauer zu bestimmen, siehe Smend, 1906, S. XVf. 56. S. dazu den Abschnitt 4·

ches 7 , im Sinne der ersteren Annahme zu beantwonen. Ptolemäus III. und Ptolemäus VIJ.S 8 Physkons9 legten sich beide den Namen Euergetes bei. Da der erstere »nur« .25 Jahre regiene (246-2.21 v.Chr.), kann nur der zweite gemeint sein, von dem in der Tat eine lange Regierungszeit bekannt ist, während der er z. T. mit seinem Bruder zusammen regiene (17o-117 v.Chr.) 60 • Das 38. Jahr als Jahr der Ankunft des Enkels in Ägypten wäre demnach das Jahr 132 v.Chr. Ob er danach sofon mit der Übersetzungsarbeit begonnen hat, was wahrscheinlich ist, oder erst nach dem Tode des Ptolemäus Euergetes, wie Eißfeldt61 u. a.62 annehmen, ist weniger bedeutsam. Wichtig ist, daß dieses Datum Ausgangspunkt für die Festlegung des Abfassungszeitraums von Sir sein kann, wenn man den Abstand von zwei Generationen mit ca. 6o Jahren annimmt. Damit wäre ein ähnlicher Termin gewonnen, also ca. 190 v.Chr., wie aufgrundder Nennung des Hohenpriesters Simon. Weniger erheblich ist dabei die Frage, ob der Verfasser zu Lebzeiten des Sirnon dessen Wirken im Tempel in Kapitel 50 beschrieb, was größere Wahrscheinlichkeit für sich hat, oder erst nach dessen Tod aus der Erinnerung heraus Sirnon so hoch lobt, um dadurch dem nach Sirnon amtierenden Hohenpriester Onias III. (18o-175 v.Chr.) einen Spiegel vorzuhalten und eine Mahnung zuteil werden zu lassen63 • Andererseits scheint Onias III. noch nicht abgesetzt worden zu sein, was eine Verschärfung der Lage mit sich brachte. Hier muß noch erwähnt werden, daß die hebräische Urschrift im palästinensischen Raum zweifellos ihre Bedeutung behielt64 ; mit der griechischen Übersetzung aber trat die Schrift in den weitgefächenen Kreis der jüdischen Literatur ein, die das reiche Geistesleben und die Aufgeschlossenheit des Diaspora-Judentums dieser Zeit bestimmte.

4· Die theologiegeschichtliche Einordnung

Die aus dem Buche Sir zu erhebenden Angaben in theologiegeschichtlicher Hinsicht entsprechen dem zeitlichen Rahmen. Dieser Zeitraum der ersten zwei bis drei Jahrzehnte des .2. Jh. v. Chr. ist gekennzeichnet durch den wachsenden Einfluß und das immer freudiger bejahte Vordringen hellenistischen Geistes einerseits und durch die i!Jlmer stärker werdende Opposition dagegen und durch die Rückbesinnung auf das Erbe der Väter andererseits. In Sir ist zwar noch nichts zu verspüren von einer beginnenden Verfolgung der jüdischen Religion durch die Seleukiden und daher auch noch nichts von der makkabäischen Erhebung oder gar der hasmonäischen Restauration, 57· Strittig ist vor allem die Interpretation des griechischen E:ri; siehe Smend, S. 3 (mi = hebr. /);dagegen Hart: Ecclesiasticus, 1909, S. 25o-2p und 258f. 58. Nach E. Kornemann: Weltgeschichte des Mittelmeerraums, 1967, S. 1014, müßte dieser als Ptolemäus VIII. gezählt werden. 59· Näheres bei A. H . Forster, a. a. 0. S. 2 f. 6o. Weiteres siehe bei A.H. Forster, a.a.O. S. 5ff. 61. Einleitung, 3· Aufl. 1964, S. 809. 62. Hengel, 1973, S. 241. 63. Ebda. S. 241 und 245 unter Hinweis auf Kap. 7,4-7· 64. S.o. S. 484.

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der Antagonismus zwischen Hellenismus und Judentum bestimmt aber die Grundhaltung des Verfassers. Seine Aussagen können nur auf diesem Hintergrund voll verständlich gemacht und gewürdigt werden. Damit wird Sir zu einer wichtigen Urkunde dieser Zeit der Auseinandersetzung. Die Antworten, die in dieser Frage gegeben wurden, sind sehr verschieden ausgefallen. Zum entschiedenen Verfechter der Annahme, Sir sei ganz und gar ein Vertreter hellenistischen Geistes, hat sich Ph. Middendorp gemacht65. Zurückhaltender ist Marböck66. Andererseits betont Hengel67 die starke Traditionsgebundenheit an das jüdische Erbe, und das mit Recht. Es wird festzuhalten sein, daß Sir in den wesentlichen Punkten seines Denkens ganz und mit Betonung im Judentum steht. Es ist dies, wie noch zu zeigen sein wird, ein besonders geprägtes Judentum; aber zweifellos hat Sir verschiedene Schwerpunkte seiner Anschauung klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, die sein genuines Denken sichtbar werden lassen, das ganz im Jahrhunderte alten Traditionsstrom seiner Väter wurzelt. Dagegen fallen die möglichen oder wirklichen Einflüsse hellenistischen Denkens kaum ins Gewicht. Als solche werden Anklänge an griechische Literatur und Bildung68, ja an die griechische Philosophie der Stoa69 geltend gemacht. Wenn auch solche Verbindungen gegeben sind, so läßt sich doch nicht übersehen, daß sie sich in engen Grenzen halten und nur dann, wenn sie überbetont und absolut gesetzt werden, zu einem solchen einseitigen und verzerrten Bild führen können70. Gerade die genauere Betrachtung einiger Einzelzüge, wie etwa die Stellung zum Arzt, zeigen, daß Sir bei allen neuen Gedanken dennoch im Zentrum seines Gottesglaubens verbleibt. Mit Betonung greift er auf alttestamentliche Aussagen zurück, wenn er in diesem Zusammenhang Ex r 5 zitiert und hierin den Mittel- und Höhepunkt der Gedanken den Arzt betreffend sieht71 • Im Zentrum der Gedanken Ben Siras steht ohne Zweifel die als Gnadengabe und Geschenk empfundene Offenbarung Gottes an sein Volk. Wenn auch hinsichtlich der Weisheit und ihrer Einzelzüge Formulierungen gebraucht werden können, die an hellenistische Vorstellungen, ja an die im Hellenismus bekannten Isis-Aretalogien erinnern72, so ist doch deutlich, daß dies alles nur dazu dient, um das um so größer empfundene Geschenk der Mitteilung an Israel, an Jerusalem und den Tempel zu preisen (Kap. .24). Die Weisheit ist nur hier zu finden und strömt nur von hier wieder hinaus in die Völkerwelt, auch in die hellenistische! Diese Weisheit bleibt nun nicht unverbindlich und allgemein gültig ohne konkrete Bezeugung, sondern ist, da an den Tem65. Th. Middendorp: Die Stellung Jesu ben Siras zwischen Judenturn und Hellenismus, 1973· 66. J. Marböck: Weisheit im Wandel. Untersuchungen zur WeisheilStheologie bei Ben Sira, BBB 37, 1971. 67. M. Hengel: Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh. v. Chr., WUNT 10, 2. Auf!., 1973· 68. Siehe Th. Middendorp, a.a.O. S. 7-34. 69. Siehe z.B. R. Pautrel, RechSR p (1963), S. 535-549; M. Hengel, a.a.O. S. 276f., und Marböck, S. 1 44 f. 70. M. Hengel in seiner Rezension von Middendorp in JStJ 5 (1974), S. 83. 71. Siehe G. Sauer: Ben Sira zwischen Judentum und Hellenismus, in Vorbereitung. 72. H. Conzelmann: Die Mutter der Weisheit, FS Bultmann, 1964, S. 225-234.

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pel gebunden, mit dem Gesetz gleichzusetzen, das ebenso von Gott kommt und an das Volk und den Zion geheftet ist'3 (Kap. 24 u.ö.). Nur so ist es auch verständlich, daß Ben Sira eine solche bisher nie zu Gehör gebrachte lneinssetzung von Weisheit, Tempel und schließlich auch Tempelkult und Priestertum sadokidischer Herkunft vollziehen kann. So weit gespannt seine Weisheitslehren auch sein mögen, die von allgemeinsten Anweisungen über gutes Benehmen bei Hofe, vor Gericht und im Elternhause bis zu Ratschlägen im Geschäfts- und Handelsleben reichen können, so wichtig sind ihm aber auch die typisch israelitischen Phänomene wie Gottesfurcht'•, Erfüllung der Kultgebote und Herrlichkeit und Wichtigkeit des Kultgeschehens. Es dürfte bezeichnend sein, daß auf dem Höhe- und Schlußpunkt seiner Ausführungen der Lobpreis des Hohenpriesters Sirnon steht. Damit bestreitet er auch gleichzeitig die Berechtigung der anderen jüdischen Geistesrichtungen jener Zeit, insbesondere die des Pharisäismus. Er darf damit als Anhänger der saduzäischen Partei gesehen werden, der aus diesem Grunde die pharisäische Geisteshaltung ablehnt, was auch darin seinen Ausdruck findet, daß unbegreiflicherweise Esra in seinem geschichtlichen Rückblick keinen Platz hat' 5 • Auf die gleiche Geisteshaltung dürfte es zurückzuführen sein, daß neben dem Tempel kein religiöser oder kultischer Versammlungsort Platz hat. Eine Synagoge scheint es zu seiner Zeit nicht zu geben76 • Es kann daher auch nicht verwunderlich sein, daß Sir in der jüdischen Gemeinschaft von Qumran eine Heimat hatte und gelesen wurde77 • Die genuine und überragende geistige Leistung Ben Siras ist damit aber noch nicht erschöpft. Die Weisheit, die Gott in Israel wohnen läßt, führt nicht nur zum Gesetz, sondern auch zur Schöpfung und damit zum Lobpreis des Wirkens Gottes in der Schöpfung (42,15 - 4,3,33). Mit dieser Schöpfung aber beginnt die Geschichte des Volkes78 • So kann sinnvollerweise nach dem Lobpreis der Schöpfung der schäbach 'aboth 'olam einsetzen, durch den der Nachweis erbracht wird, daß der Gott, der die Weisheit gibt, auch der Herr der Geschichte ist, die er durch die von ihm gesandten Männer gestaltet und lenkt. Bei der Behandlung dieses Themas steht Ben Sira ganz und gar in der alttestamentlichen Tradition; denn ohne Kenntnis der bis zu diesem Zeitpunkt bekannten alttestamentlichen Schriften, wie auch immer deren Gestalt im einzelnen ausgesehen haben mag79 , sind die Kapitel 42,15-49,16 nicht verständlich. Der Pentateuch, Jos, Jdc, 1 und 2 Sam, 1 und 2 Kön, Jes, Jer, Ez und das 12-Prophetenbuch bilden den deutlichen Hintergrund seiner Ausführungen. Wie souverän er dabei mit diesen >>Quellen« umgehen kann, zeigen die letzten Verse in dem geschichtlichen Rückblick (49,14-16), ehe der Lobpreis Simons beginnt. Hier lenkt er zu He73· Zu dieser Identifizierung siehe E.G. Bauckrnann, ZAW 72 (1960), S. 33-63, und J. Marböck, BZ (NF) 2o (1976), S. 1-21. 74· J. Haspecker: Gottesfurcht bei Jesus Sirach, 1967. 75· Siehe P. Höffken : Warum schwieg Jesus Sirach über Esra?, ZAW 87 (1975), S. 184-202. 76. Siehe E. Rivkin, a.a.O . S. 344-348. · 77· Siehe M.R. Lehmann, RdQ J (I96r/62), S. I03-I06, und]. Carmignac, ebd. S. 209-218. H. Germann, a. a. 0 ., vermutet, Ben Sira sei als Glied der Gemeinde von Qumran als »Lehrer der Gerechtigkeit« gesehen worden. 78. Siehe E. Jacob: L'histoire, S. 288-294. 79· Siehe A. Eberharter: Kanon, S. 6-54, und J.L. Koole, OTS 14 (1965), S. 374-396.

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noch zurück, der einst am Anfang stand (44,16), und stellt ihm, dem leiblich in den Himmel Aufgenommenen, den sterblichen Joseph gegenüber, dessen Leichnam einst von Ägypten nach Palästina auf der Wanderung durch die Wüste mitgenommen worden war. Danach aber nennt er drei Männer, deren er vorher noch nicht Erwähnung getan hatte: Sem, Sethund Enosch. Alle drei waren von besonderer Bedeutung: Sem, der Stammvater des Volkes nach der Flut (Gen 10,21 ff.); Seth, der Ersatz für den durch Frevel erschlagenen Abel (Gen 4,25; 5,3), und Enosch, in dessen Tagen die Anrufung Gottes unter dem Namen »Jahwe« begann (Gen 4,26). Sich so in die Geschichte und Uranfänge zurücktastend, steht mit besonderer Betonung über allen Adam (49,r6b). Damit ist der Kreis geschlossen, der wieder zur Schöpfung zurückführt80 • Wesentlich wirkungsvoller als in das Gedankengut des hebriiischen Sir hat indessen hellenistischer Geist in die griechische Textfonn von Sir eindringen können. Mit der Übersetzung ins Griechische werden nicht nur ursprüngliche Bilder verdrängt und Begriffe ersetzt; es werden auch, oft kaum merklich, neue Anschauungen und Gedanken eingetragen. So dürfte die Textform von 3,9 in ihrer ursprünglichen: Fassung: »Der Segen eines Vaters legt den Wurzelgrund, und der Fluch einer Mutter reißt die Pflanze aus« noch ganz vom agrarwirtschaftlichen Hintergrund Palästinas getragen sein. Erinnerungen an ähnliche Formulierungen etwa beiJesaja (s,r-7) undJeremia (r,ro) werden lebendig. Diese Aussage wird in der griechischen Übersetzung ganz ins Milieu einer verfeinerten Stadtkultur versetzt: »Denn der Segen des Vaters gründet die Häuser der Kinder, aber der Fluch der Mutter reißt die Grundfesten auS.4 .......... 541 8 ........... . 563 8,15 ........ . 614 14,27 ........ 63J 15,4 ... . ..... p8 15 ,8 . . . . . . . . . 589 15,20 . . . . . . . . 577 15,23 ... . . . . . 554 15,J3a. ...... 509 16,21 . . . . . . . . p8 17,J ......... po 19,4 ..... 519. 536 19,23 . . . . . . . . 63J 20,22 . . . . . . . . 573 H,9 .... . ... . 568 1.1 ,27 . . . . . . . . 589 23,24f........ 577 26,27 ........ 572 29,11 ...... .. 554 29,12 . . . . . . . . p8 29,17 ........ 577 ••

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Tob

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Neues Testament

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Josephus, Ant. I2, 224.229.238 . . . ..... 489 I9,298 ..... . . . . .. . .... 489

Pap. lnsinger rof. .. . . .. . . ... . . . ..... 537 Plato, Symp. 195 b ........... . . . ..... 538 Plin., Hist. Nat. 8,30 ........... . ..... 538 I Q S 111, I6 ........ . ......... . ..... 546 2 Q I8 . . .......... . .......... 508, 519f.

Hieronymus, Prae/atio in /ibros

Sa/omonis . . . . . . . . 484, 486 Praefatio in /ibros Sa/omonis juxta LXX interpretes . . . 484 Homer, Ilias VI, I45-I50 ............. 54I XXII, 262-266 . . . . . . . . . . 53 8 Od. I, I ff................ . ... 588 XVII, 2I7 ....... . .. . ... 538

Rufinus, Commentarius in symbo/um apostolorum 38 . . ................. .. ..... 484

Test XII, Naphtali 11,8 ........ . . . .... 547 Thomasevangelium, Logion 6 . . . . . . . . . . 58 1 Xenophon, Mem., IV,2.9 .... .. . ...... 509