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German Pages 304 [309] Year 1806
Jakob Thomson.
Lu IHV 1 d Scils B A KT .
Dr ltte
al) e .
Einleitung.
Einleitung
Thomson s poetischer Werth ist unter uns so all gemein anerkannt, und von den feinsten Kennern der Kunst, — einem Home, Gerard, Lessing, Sulzer u. a. so richtig bestimmt und fest gegründet worden, daß es Beleidigung des edlern Publikumwäre, diesem Liebling der Muse noch weiter einen Dichterrang ausfechten zu wollen. Fest und unerschüt terlich steht lange schon sein Monument im Tempel der Natur — von der heiligen Palme beschattet! Ich will hier die Hauptzüge aus seinem Leben, so wie ich sie bei Cibber, Lessing, Palten und Tvbler gefunden habe, zusammenfassen; seinen poetischen Karakter darzustellen suchen; und dann de» Gesichtspunkt angeben, aus welchem ich meine Uebersetzung betrachtet wissen möchte. A »
4 Jakob Thomson war der Sohn eines Schotti
schen Geistlichen im Presbyteriat Jedburgh,
und wurde gerade zu Anfänge dieses Jahrhunderts geboren.
Sein Vater ließ sich seine Bildung schon
früh angelegen seyn, und suchte ihm durch Unterre dung und Beispiel Liebe für Religion, Wahrheit und Schönheit einzuflößen.
Er sandte ihn in die Schule
des Pfarrorts, wo aber der jungeThomson anfangs so wenig Anlage zeigte, daß er seinen Mitschülern
lange züm Spott und zum Gelachter diente, und daß
ihn die Natur zu nichts weniger als zum Gelehrten bestimmt zu haben schien. Rikkerton, ein geistvol ler Prediger der Nachbarschaft, und Freund seines
Vaters, machte zu rst die Bemerkung, daß hinter der
scheinbaren Blödigkeit des Knaben ein Etwas ver borgen liege, und glaubte unter andern in verschied«en Aeußerungen desselben Anlage zur Poesie gefun
den zu haben.
Es waren Kinderausbrüche über eine
Blume, einen Bach, ein Würmchen, eine Aussicht re.
Aber Thomson'« ganzer poetischer Karakter lag be reits in der Art dieser Ausbrüche wie in der Knospe
verborgen.
Je mehr ihm Rikkerton auf stillen
5
Spaziergängen Auskunft über Einfache Erscheinun
gen der Natur, — über Gott, den Manschen rc. gab, desto lebendiger brachen jene Ergüsse aus der zarten
Seele hervor, desto mehr wurde er in seiner Mei nung bestärkt. — Diesem vortreflichen Manne ha
ben wir also höchst wahrscheinlich Thomson's ganze Entwickelung zu danken, und er^gestand es in der
Folge öfters seinen Freunden, daß er ohne Rikker tön vermuthlich nie Dichter geworden wäre, und
daß
dieser Mann den größten Einssuß auf die
ganze Richtung seines Geistes und Karakters ge habt habe.
Nachdem Thomson die Schule durchlaufen
war, schickte ihn sein Vater nach Edinburg auf die Universität, um die Theologie zu studiren und sich zu
seinem Nachfolger im Predigeramte vorzubereiten.
Auch hier lebte er still und zurückgezogen, und wußte seinen Talenten weder bei seinen Lehrern, noch bei den
Mitstudierenden Achtung zu erwerben. Vielmehr ka men sein unansehnlicher Körper, seine Zurückgezogen
heit und seine übelangebrachte Schüchternheit zu sammen, ihn dem Gespötte ausznsetzen, und ihm
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den Ruf eines plumpen- Countryboy’e (DorfteufelS) zuzuzieh«.
Er war bereits zwei Jahre Candidat im dortigen theologischen Collegium, als sich ein Umstand ereig nete, welcher plötzlich das allgemeine Vorurtheil gegen
besiegen.
Vertraut die Minuten der Trunkenheit nicht
dem verräthetischen Mann in der Laube, wo Geißblatt duftet, und Rosen euch ein Lager bereiten, indeß der
Abend seinen Sasranschleier vor euch aufzieht. Auch der verlangende Jüngling hüte sich vor den Zauberblicken der Liebe; denn, ach! zu spät ist es, wenn
über sein Herz sich schon der Strom ihrer Wonnen ergoß.
Im Staube liegt dann seine Weisheit, und der welkende Ruhm zerfließt in leichte Luft. Glücks entzückt,
Lustgesichte eiteln
I»
mahlt feine trunkne Seele sich immer
die verführerische Gestalt:
jene hinreißende Anmuth,
das lockende Lächeln; jenes sinkende Auge, unter dessen lieblichen Stralen,
—
die den Himmel selbst belügen
könnten — tiefe Tücke, Grausamkeit und Tod verborgen lauern;
bis ihn endlich die schmelzenden Zauber ihrer
verführerischen Syrenenstimme anbetrügiiche Ufer locken,
oder auf Fluren verderbender Wollust. Selbst wenn er rühmlos in dem Schooß der Liebe eingewiegt ruht, wo Saitenklang, duftende Ochle und Wein seine Schäferstunde krönen
— selbst hier hebt
aus den Rosen der Wollust die wilde Reu' ihr Schlau,
genhaupt empor. Eine schnellzurückkehrende Angst durch, blitzt sein schuldbewußtes Herz, wo immer noch die Ehre,
und
8i und große Entwürfe störrig unter der drückenden Last
der Ueppigkeit ächzen. Ist er aber von ihr entfernt, — Himmel, welche
schwärmerische
von
Qualen,
emsigen
Träumen
ge
, sag mir: wo, „In welcher abgekißne» Wüste, „In welchem Thal zogst du auf dich „Die schönsten Blicke des verliebten Himmels? „Wie konnte deine Schönheit fich so rritzend „Entfalten, und so holde Blüthe tragen,
„Schlug gleich der Armuth kalter Wind, der Regen „Der nackten Dürftigkeit verderbend N
i94 „Auf deine (arten Knospenjahre nieder? —
„0 laß mich dich in eine» reichern Bode« „Verpflanzen, — wo dich warme Frühling-sonnen,
„Wo milde Rege» dich mit Leben-thau „'Erquicken! Sey der Stolz, die Freude „Don meinem Garten. . . Uebel ziemt e- dir, „D übel ziemt'- Akasto's Tochter —
„De- Dater- dieser Gegend, dessen großer „Für Dürftige stet- offne Vorrath „Für sein noch größte- Herz zu klein war, — „Die Schlacken dieser Erntefclder, die
„Mir seine segrnvolle Freundschaft schenkte,
„ So kärglich aufzulesen. . . Wirf sie den» „Aut deiner Hand, für die sich diese Arbeit „So wenig schickt. Die Felder, Herr, und alle-,
„Ist dein, du Holde, wenn du zu dem Guten, „Da- einst dein Hau- verschwendend auf mich häufte, „Den Segen fügst — den liebste» mit von allen
„ — Die Macht dich zu beglücken!------
Hier schwieg der Jüngling. Aber noch immer
strahlte sein sprechendes Auge den heiligen Triumph seiner Seele, die sich durch Tugend, Dankbarkeit und
Liebe göttlich über gemeine Lust erhoben fühlte. — Auch
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durst' er auf Antwort nicht warten.
Dom Reih un
widerstehlicher Güte gewonnen, und ganz in süße Ver
wirrung verloren, willigt sie erröthend ein. Schnell brachte sie die Nachricht ihrer Mutter, die indeß,
von ängstlichen Gedanken gefoltert,
ihre ejnsae-
men Stunden für Lavinia's Glück hingeseufzt hatte,
— Sie staunte,
traute kaum ihrein Obre;.
Freude zuckt' ihr durch d»e welken Adern,
—
neue
und
ein
lichter Strahl des untergehenden Lebens glänzt' über
Sie theilte das Entzücken mit
ihre Abendtage hü». dem seligen Paar,
blühte,
das lange im
zärtlichsten
Glück
und zahlreiche Nachkomme»» erzog — liebens-
werth und edel wie sie selber,
die Zierde der ganze»
Gegend umher."
Oft sammelt der schwüle Süd einen Wirbelsturm,
und vernichtet die Arbeit des Jahres. — Kaum bewe, gen anfangs die Wälder ihre zitternden Häupter, und
Gemurmel
ein leises
die fanfrgebogne»»
Aber jetzt rauscht er daher der hohe
Korngefilde.
—
Orkan;
einem
in
wallt durch
ungeheuren unsichtbaren
Strome
stürzet mit Ungestüm der ganze empörte Luftkreie über
die tönende Welt, und niedergekrümmt bis zur Wurzel N »
»96 grüßt der gebückte Wald einen rüffelnden Schauer mv
zeitiger Blätter herab. Die gepeitschten hochgelagerten Berge fangen von der öden Wüste den zerstreuten
Sturm auf, vnb senden ihn in einem reißenden Wald strom hinab in das Thal. Nackt, und seiner alles,
überschwemmenden Wuth am meisten ausgesetzt, die da« ganze Erntethal durchrauscht., — tost weit umher
dbe wogende Ebne. Schmiegt sie sich gleich vor dem Windstoß; so kann sie doch^setner stürzenden Gewalt
nicht entgehen; und wird in die Lüste gewirbelt, oder in leeren Spreu zerstäubt.
Oft auch strömt ein berstender Regenbruch, vom fchwarzen Horizont gerissen, in breiten, ununterbroche,
nen Strömen herab. Immer schwärzet wölkt sich die Gewitternacht über dem Haupte zusammen, und im, mer tiefer wird die Ueberschwemmung, bis alle Felder
ringsumher eingesunken, im Wellenschlamm begrabe«
liegen. — Sieh l jetzt schwellen jählings die Gräben,
es schwimmm die gelblichen Wiese«. Zahllose röch, liche Ströme brüllen mit wildem Tiuyult von den Hügeln herab; hoch über seine User schäumt der Gieß,
hach. Auf seinen stürzenden Wellen rauschen Schafe
nnd Rinder, Garben, Hünen und Schäfer wildge»
197 mischt und halbgesunken einher. AlleS" was die Winde geschont, — all' die schönen Hofnungen, die wohlver
dienten Schätze des mühevollen Zahres alle — zerstört «in einziger fürchterlicher Moment.
Von einer Anhöhe sieht der hülflose Hausvater die traurigen Trümmer seiner Habe daherfahren; er sieht's,
wie sein gehaschter Stier mit seiner ganzen zertrüm, merken Arbeit untergeht: und plötzlich stürzt ein Wim
ter ohne Vorrarh — und eine Schaar theurer nach Brot schreiender Kinder über seine schaudervollen Ge
danken. — S, denkt jetzt, ihr Herrn des Landes, denkt an die rauhe arbeitende Hand, die Fülle euch, und süße Ruh? gab! der zwilchbedeckte» Glieder denket jetzt,
deren Arbeit euch wärmt und in's Feiergewand ein
hüllt. Ach, gedenket des kärglichen Tisches, der eure Tafeln mit strotzender Ueppigkeit deckt, das funkelnde
Kelchglas füllt, und eure Sinnen erquickt! Fordert nicht grausam, was tobende Ströme und verheerende Winde hinweggeriffen! —
Hier locket der Ztger wildes Geschrei, das don nernde Feuerrohr, und das gewundne Waldhorn meine Muse, die Landjagd zu singen: wie mitten im Laufe
196
,
6er Hühnerhund stutzt; wie er, starr nach der Luftspur gekehrt, und mit offener Nase, sich ausstreckt; wie er
feinriechend,
scheu, und vorsichtig
auf die verborgene
Deute schleicht; wie die versammelten Repphühner ihr buntes Gefieder sonnen,
und ringsumspähend den ge
heimen Blick durch die rauhen Stoppeln werfen.
täuschenden
Netze gefangen
Flügel zusammen, mehr.
Zm
schlagen sie vergebens die
und verwickeln
immer
sich
noch
Selbst auf den Wellen der unbeschränkten Luft,
so hoch sie triumphirend sich heben — sind sie nicht
sicher.
Das Rohr des sichertreffenden Voglers erreicht
und wirft sie von ihrem thürmenden Fluge todt
sie,
auf die Erde;
oder treibt sie zerstreut,
verwundet und
rädelnd im Winde herunter.
Dies sind nicht Dinge für die friedliche Mnse; nie wird sie damit ihr reines Lied beflecken. — Nur da« entzückt ihr Herz, wenn sie die ganze thierische Schöp
fung umher lebend und im geselligen Glücke vermischt sieht.
Keine Freude bringt ihr dies falsche barbarische
Spiel des Todes, geduldigen
diese rasende Lust, welche den un§
Jüngling mit
dem dämmernden Morgen
weckt, — am Morgen, wo sich selbst wilde Thiere, die
die ganze Nacht, von Noth getrieben,
das
Dunkel
*99
durchstreiften, — zurückzieh'n, als schämte sich ihre bewußte Raubgier vor dem heiligen Lichte. — Nicht so
der unerbittliche tyrannische Mensch, welcher vm sinn» loser Uebermacht trunken, wilder als das rasendste litt#
geheuer, das je die Wildniß durchzog, — bloß zum Spiel der blutigen Zagd folgt, und selbst die Strah
len des milden Tages nscht scheut. Rügt immer unsre
sessrllose Wuth, ihr räuberischen Geschlechter; denn
euch spornt der Hunger und die gesetzlose Noth. Aber verschwenderisch genährt, überhäuft von der Güte der Natur — sich fremder Qual zu freuen,
und im
Blute zu frohlocken, — das vermochte nie euer schreck,
lichee Herz.
Aermlich ist der Sieg über den furchtsamen Ha,
sen, welcher, vom Korn aufgejagt, in irgend eine» Winkel fich verkriecht. Zn den schilfigen Sumps, den stachlichten Genst auf der steinigen Haide entflicht er; in die Stoppelrihen der distelvollen Ebne; den dicht,
verschlungenen Strauch, oder in's welke Farrmkraut
von seiner eigenen Farbe; in's offenlicgende Brachfeld, das die Sonne kocht; oder in's sandige Ufer, das über
dem irrenden Berzbach hängt. — Vergeblich ist all' seine Vorsicht; sitzt ex noch so verborgen mit ringe,
200
schlagenen Ohren, mit schlaflosen Augen, die die Na»
tur den Horizont zu umfassen
erhöht
hat;
birgt er
noch so verstohlen sein Haupt zwischen seine
haarige»
Läuft, auf dem Sprung hinwegzujagen: — die Thau spur verräth seinen günstigen Schlupfert; zerstreuten tückischen Oeffnungen
sich
mit jedem Lüstchen
den
und tief in
Hirt er weit hinter
kommenden
Sturm.
Dringt ihn aber näher der seufzende Wind, mer fürchterlich näher;
so
und im
springt er entsetzt empor,
und das ganze wilde Getümmel der Zagd bricht nun auf einmal los.
das
Es
klingende Horn
wild schnaubt
öffnet sich die lermende Kuppel;
hallt von de» Hügeln zurück;
der Jagd entgegen das stürzende Roß,
und die lermenden Zäger frohlocken:
alles tobt
über
«in schwaches, schuldloses, fliehendes Geschöpf in tollem
Tumult und zügelloser Freude daher.
Auch der Hirsch — gesondert von der Heerte, mit her dieser Hochgeweih,ete
lange umhergeschweisk war,
witter.
Fürst der Schatten so
flieht vor dem nahen Ge
Erst traut er lustig seiner Schnelligkeit, md
wirft von Furcht gejagt mit
die Flucht.
leichtem Sinn sich aas
Gegen den Wind schießt er an,
um so
das abnehmende Mordgeschret aus dem Ohr zu verlie-
aoi ttn. — Kurzer Betrug!
Wenn er auch schneller als
Winde, die der scharfe Nord über luftige Berge bläst, das Dickicht durchbricht, durch die Waldgänge, fliegt,
und tief sich hinab in die wildeste Kluft stürzt:
und seiner hrißdunstenden Spur ge,
sam, aber sicher,
braust hinter ihm her die unmenschliche Rotte,
treu,
durchwindet all seine Pfade,
der schattigen Tiefe.
und
lang,
sieht
und jagt ihn empor aus
Bald irrt er
durch
den
Wald,
tiefseufzend die Stellen im golbnen Strahl
der Tages schimmernd, — wo er im schäkernden Streit mit seinen
pflegte;
stößigen
bald
Freunden stritt,
wascht er in
oder der Liebe
der vollströmenden Fluch
seine brennenden Hüften, und strebt seine Fährte zu verlieren; bald sucht er seine Heerde; aber das furcht,
Häufchen
sam lauschende
flieht selbstsüchtig vor dem
Elend des Bruders — Was soll der Verlassene thun?
Seine straffen
Nerven
voll
strotzenden
Lebensgeistes
beseelen nicht mehr seinen fliegenden Lauf. und athernloe sinkt sein gebrochenes Herz.
Erschöpft
Zeht beut
er die Stirne, und sucht seine letzte schwache Zuflucht in Verzweiflung.
Dicke runde Zähren rollen ihm vom
bunten Angesicht.
Laut ächzt er vor Angst,
heulenden blmlustigen Hunde an
indeß die
seine schöngewilbte
sos Brust sich hängn«,
und mit Blut seine buntgespren,
selten Hüften beflecken. Doch genug! — Kann Züngiing,
aber doch der
ländliche
beste«« heiße« Blut zur Gewaltthat aufsie,
bet, — die Zag» nickt lassen;
so
geh er die Flucht
verachtend dem aufgereihken Löwen entgegen,
welcher
entschlossen und langsam gerat»’ auf den ausgestreckteq
Speer und die Memmenbande loogeht, die fern schon
vor ihm entflieht — Er begegne dem grimmigen Wolf,
der au«
Höhlen und düstern
Wäldern hervorbrtcht;
auf diesen laß er seinen zottige«« Feind Rache schnagi ben, und vertilge den Mörder!
Ober wenn fürchterlich
brüllend der befleckte Bär grause« Verderben knirscht, so laß er au« nervjgter Faust seinen Spieß in de« Um
tzeheuer« Herz blitzen. Doch diese kennt Britannien nicht. denn,
barmen
S» breche
ihr Britten, euer wüthende« Spiel ohn’ Er« auf
den nächtlichen Räuber der Hürde los;
jagt ihi« auf von seiner tiefgewundnen Felsenklnst, und
schleudert ihm
alle Donner der Zagd nach!
hoch über den breiten Graben hinweg!
ha'ltsam über tiefen Morast,
da« jähe Gehege!
Setzt
Stürzt unauf,
Scheuet nicht
den
und macht euch Bah«» durch die dröh,
fio5 «ende Wildniß! Durch die gefährliche Fluth trag' euch
furchtlos der rasende Gelüst; und wenn ihr auf dem Strome daherschwimmt, so schlag' euer Siegeoruf an
die hallenden Ufer, schmettre von Fels zu Fels, und
tön' im schweifenden Echo zurück |
Doch wenn dies wilde Spiel das rauhere Ge< schlecht dahin reißt; so müsse diese schreckliche Freude
nie den Busen der Brittische» Schönen *) beflecken. Fern sey der Geist der Zagd von ihnen! fern jener Muth, und die übelstehende Fertigkeit, — über den
Zaum zu sehen, das bäumende Roß zu zähmen; fern
die Mühe, die Peitsche, und
aö
-jene männlichen Freu
den, die ihr Gefühl härten, und all' die gewinnende Milde ihres Geschlechtes tilgen.
An ihnen ist es schön, beim Elend Andrer zu
schmelzen; bei jeder Bewegung, jedem Worte schnell die holde Röthe auf glühende Wangen wallen zu lassen; *) Unsre Deutschen Schönen haben zwar Im Ganzen, so viel
ich weiß, diese Warnung nicht nöthig.
Desto eher darf
ich mich unterstehen, ihnen daS folgende Ideal weiblicher Dorrreflichkeit zu empfehlen, welche- so erschöpfend und so
ganz aus ihrer Natnr und Bestimmung gehoben ist. — Ein
solches Ideal brannre vor MiltonSSeele, als er uns seine Cva mit allen Zaubern der Begeisterung mahlte.
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»usammenzusahren bei der geringsten Gewaltthat, un terliegend, und am liebenswürdigsten in ihrer Furcht.
So mögen sie durch süße Schmeichelkünste immer mehr den Mann zu ihrem Schuh entflammen.
O, möcht' ihr Auge kein trauriger Schauspiel er/ blicken, al« weinende Liebende! — Ein edlere« Spiel
für sie, wenn sie, verfolgt von der Zauberlist der Liebe,
im zweifelhaften Erhaschen entfliehen.
Einfache« Ge
wand verhüll' ihre zarten Glieder. Alle« sey bei ih-
nen Harmonie. Da« sey ihre Kunst, die gefangene von liebeathmenden Lippen in Entzücken gewiegte Seele festzuhalten; die Laute schmachten zu lehren; mit leich
tem Tritt, und jeden Reih entfaltender Bewegung
den labyrinthischen Tanz zu flechten; Laubwerk in die schneeichte Leinwand zu sticken; zu führen den Pinsel;
zu dolmetschen da« musikalische Blatt; dem früchterei,
chen Zahr neue Farben zu leihen, die süßen Gaben der Natur zu würzen; ihre eigne Grazie in den Kin
dern in’« zweite Leben zu rufen; den feinsten Geschmack
der Gesellschaft zu schenken; ihr schöngeordnete« Hau« zum besten Vergnügen de« Manne« zu machen; —
durch unterwürfige Weisheit, bescheidne Geschicklichkeit, durch jede sanfte sorgenverscheuchende Kunst die Tu-
-WZ
genden des Leben« zu erhöhn; seine Freuden zu beste, len, und all’ seine Mühen zu mildern! — Dies sey
die Würde und der Ruhm des Weibes!
Eilt jetzt auf die Hastlhöh’, ihr Hirten — dort,
hin, wo der heisere wildverschlungene Dach von Stufe zu Stufe in’« Thal fällt. — Kommt ihr Mädchen in» dünnsten Gewände, — geschickt für das Dickicht und
den verwickelten Strauch. Euch bringen die Wälder ihr letztes Lied; der Liebende findet für Euch dle trau,
bichten Nüsse im verborgenen Schatten; mit hohen»
Muthe stößt er sie vom Daum herab, da wo sie auf dem höchsten Aste glänzen; oder er schüttelt sie reif
aus der offnen Schale — ein glänzender Regen von
glühender Bräune, Melindens leichten Ringellvcken
gleich, Melindens, die mit jedem Reitz geschmückt ist; — doch noch weiser als schön — äußere Schöne nicht achtet, und weit erhaben über dies gemeine Lob ist. Laßt uns jetzt von den regsamen freudelönenden
Gefilden, in lieblicher Zrre die weiten Labyrinthe der Herbstes besuchen, und neubelebt den Duft des Obst, garten« athmen, der mit hangenden Früchten glänzt. Unablässig fällt, vvm Zephyr, oder dem suchende»
floß Lichtstrahl getroffen, ein reifer Regen votn tiefbeladnen
Ast herab.
Saftige Birnen liegen ringsumher in mil
dem Ueberfluß verstreut.
Manchfaltige Süße schwellt
die milden Geschlechter.
Die allverfeinernde Hand der
Natur hat sie aus gemäßigter Hihe, au«-Waffer, Erde
und Luft hi immerwechselnder Mischung bereitet. Auch
fallen durch die kühle Nacht weithingeworfene Haufen von Aepfeln in duftender Fülle hernieder, die de« Zah
ne spielende Hand zahllos über röthiiche Matten schüt
Ein
telt.
scharf,
manchfaltiger Geist,
süß, erquickend und
bewohnt ihre kalten Poren, und bereitet den
durchdringenden Cpdec für die durstende Zunge:
angeborne« Lied,
und begeisternder Stof,
dein
Philips,
du Barde Pomonens! der zweite du — der es wagte, in reimentfeffelten Versen
— mit Brittischer Freiheit
den Brittischen Gesang zu erheben; wie aus
Siluri-
scheu Fässern hochfunkelnde Weine in durchsichtigen Flu
chen schäumen, — einige stark, den Winterschmaue des
mühbeladnen Landmanns zu beleben; — andre fein und schmackhaft, die Sommerstunden zu kühlen.
Zn dieser fröhlichen Zahrezeii,
da
die Sonne
ihre mildesten Strahlen gleichförmig über den holden
Tag ausgteßt, — jetzt laß mich, o Dodington, die
grünt« anmuthigen Gänge deines heitern Laudsitzes
durchirren, wo die einfache Natur herrscht, — wo sich die reinen Dorsetischen Auen in endloser Auesicht verbreiten: — dort rauh und starr von Wäldern; reich hier von Ernten, und dort von Heerden weiß! Die
Größe deines stolzen fernherschimmernden Pallasteü
fesselt zugleich das entzückte Auge. Neue Schönheit entfaltet sich hier jedem wiederkehrenden Tage; neue
Säulen schwellen empor; die frische Quelle findet im mer neue Pflanzen zu beleben, neue Haine zu belau
ben. Alles ist von deinem Geiste voll! ein Sitz der
Musen! — Hier flechten sie in der heimlichen Laube, im Blüthendunkel des Haine den Lorbeerkranz für dich und den tugendhafte« Joung. Oft wall' ich einsam
hier von rastlosem Durste nach deinem Beifall befeuert, warte auf deü Hauch der Begeisterung, und durch
forschte das immeroffne Buch der Natur; hier streb' ich
mir überwaüendem Herzen nach h-hern Gesängen; mein holder Stof begeistert rastlos hier meine Gedan ken, wenn ich mich unter die bestrahlten Geländer ver
liere, wo der Herbst seine tiefbepurpurten Früchte sonnt. Zch sehe zartwollichte Pfirsiche; die schimmernde
ßo8 bläulich - bewölkte Pflaume; de» duftenden Dlutpsirfich,
und dunkel unter ihrem breiten Blatt die leckere $etzt drohend spricht: verstumme!
Sanft wirbelt euren Weihrauch, Kräuter, Früchte! Ihr Blumen schickt ihn i» gemischten Wolken Zu ihm hinauf, dem Besten, dessen Sonn« Euch auferrieht, euch Balsamdüfte spendet, Und dessen Pinsel eure Krone mahlt!
2g3
Ihr Wälder neigt euch: Ernten wallt ihm tu! Sanft lispelt euren Dank ins Herz de« Schnitter«, Der froh im hellen Mondenstrahl nach Hans geht. Die ihr am hohen Himmel wacht, Wenn unter euch bewußtlos unsre Erde In Schlaf versunken liegt, — ihr Sternenchire Ergießet eure schönsten Strahlen! Lasset Im gvldbestrimten Aether eure Engel Die Silberleier rühren! Große Quelle DeS Tages! Schönstes Bild von deinem Schöpfer! Die du von Welt auf Welten unversiegbar Die goldne Fluth de- Lebens träufelst, — grabe Mit jedem Strahl fein Lob in die Natur! Der Donner rollt — die Unterwelt verstumme! — Weil ein Gewölk den Preisgesang dem andern Zurücktönt.------ Blökt aufs neu’ ihr grünen Hügel, Behaltet euren Schall bemooste Felsen! ES" töne euer hallendes Gebrülle Empor ihr Thäler! denn der große Hirt Herrscht unumschränkt. — Bald kommt fein Reich heran, Wo jede Klage, jedes Leid verstummt. —
Erwacht ihr Wälder alle! Aus den Hainen Erhebe myriadenstimmig sich Ein unbegränzteS -Loblied! — Wenn der Tag Erloschen ist, und lautlos unter ihm
s99 Di« »witschernden Geschlecht« schlummern: — dann,
Du süßester der Digel! dann beraubre, O holde Nachtigall, die Killen Schatten, Und lehr' die Nacht da« Lob de- Unerschaffnen! Dor alle» du, für den dir ga»t« Schöpfung So himmlisch lächelt, — du, o Mensch,' da- Haupt, Die Junge und da- Herr de- Ganrenl — Kröne Den großen Hym»«-. Menschenkinder, die ihr In ungeheure» Fürstenftädten wimmelt, Laßt eure Stimme auf der Wogenfluth Der Orgel auf zum Himmel steigen! Laßt sie Wie Stürme Gorte- töne»! Jede Flamme Vermische sich vergrößert mit der andern, Ha! und di« allgemeine Gluth der Andacht Trag' eure Hallelujah in dir Wolken!
Doch sind euch stille Hirtenscharte» lieber, Ist jeder Hain rin Gottestempel euch; So laßt der Jungfrau Lied, de- Schäfers Flöte, De< Dichter- Harfe, und des Seraphs Hymne Den sanfte» Gott der Jahre-reiten singen! Mir aber — wenn ich je mein Lied vergesse. Mein au-erkohrne- Lied, — sey'- wenn die Blüthe Sich rithet, wen» der Sonnenstrahl dse Flur sengt; Der Herbst begeisternd seine Strahlen wirft; Der Wintersott im sch«ar>gefl«ckten Oste« Heraufiieht: — mir erlahme meine Zunge, Verdorre meine Phantasie auf immer,
5oo Und, abgestorben jeder Lust, vergeffe Dies Herr r» schlage» r — Schleuderte das Schicksal Mich in der Erde äußerstes Gebiet — In abgerißne menschenleere Zonen; An Ströme, wo kein Lied tönt, — wo die Sonne Zuerst des Inders Berge übergüldet; Hin, wo ihr rother abgeschiedner Strahl Die Inseln de« Atlantermeers brflammt: Mir ist'S genug! — Denn Gott ist überall! Sein Obern säuselt in der todten Wüste, Wie in der stolzen menschenoollen Stadt; Und wo er segnend geht, da blüht die Freude. Selbst wen» des Todes ernste Stunde kommt, Und feffellos in schön're Sonnenwelten Mein Geist sich hebt, — gehorch' ich ohne Murren. Mit neuen Kräften werd' ich neue Wunder Dort in dir Harfe singen. Wo ich stehe Im ungemeßnen Tempel deiner Schöpfung, Da lächelt deine Liebe um mich her, Allvater! jene Liebe, die die Sterne Mit alle« ihren Kindern trägt und hält; Die au« dem schwarzen Schooß des scheinbar'n Uebels Stet- Gutes lockt, und immer Beß'res noch Im unbeschränkten Fvrtlauf. — Doch Aümächt'ger! Den keine Junge ausspricht, — ich verliere Mich selbst in dir — in deines Lichtes Fülle! Komm denn beredte- Schweigen, sinn' auf Lod! —
N a ch b e r i ch t
B ei dieser zweiten Ausgabe vom Thomson ist die Uebersetzung nochmals sorgfältig Zeile für Zeile mit dem Original verglichen, manches berichtiget, manche Erinnerung competenter Richter benutzt, und das Ganze, wie wir hoffen dürfen, dem Ideale etwas näher gebracht worden, das wir uns schon bei der ersten Anlegung von einer wirk samen Verdeutschung des großen pittoresken Dich ters gebildet hatten. Auch nach dieser zweiten Durchsicht finden wir «ns nicht bewogen, das Urtheil abzuändern, das wir in der Einleitung von unserm Dichter gefällt haben. Alter klasfischer Geist, vertraute Bekannt-
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schäft mit der Litteratur und Geschichte der Grie chen und Römer;
heiße
und tief eingreifende
Vaterlandsgluth;
schöne
Schilderung einiger hervor
stechenden Karaktere;
Salbung und reine Mo
ral; Erhaschen der feinsten Abstufungen der Natur; Darstellung ihrer schreckbaren Größe,
wie ihrer
schmelzenden Schönheit — des Donnersturms wie
Lenzwehens, des
des
Eichenwälzenden Katarakts
wie des Veilchenbachs, Winters
in
jauchzenden
des Stürmeschleudernden
seiner ehernen
Herbstgottes
Werkstatt,
wie
des
mit dem überquellenden
Füllhorn; — seltne Beobachtungsgabe und Stetig
keit in der Zeichnung; glühende,
durch das
Davidische Begeisterung; Ganze athmende
Gott, seiner Natur, dem. Menschen;
Liebe zu
Enthusias-
mus für die Größten und Weisesten aller Zeiten, für ländliche Ruhe, erlesenen Umgang, stille Be
trachtung — sind und bleiben die hervorspringend?
sten,
«nterscheidendsien Züge im Karakter dieses
Lieblings der Musen.
Die Vorwürfe, daß er seine Gemählde häufig überlade, zu sehr ins Detail ausführe, mit Wie-
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derhoknngen und unnSthigen Beiwörtern behänge, und dadurch nicht selten den
Effekt selbst aufhebe;
mühsam erzielten
daß seine herrlichen Land
schaften zu wenig Flgnren enthalten;
daß er fich
der lebendiger« Idylle — wozu er so sehr berufet
zu seyn schien, mehr hätte nähern sollen; daß seine Objekte öfters zu wenig bestimmte Umrisse, zu wenig individuellen Karakter, und eben darum zu wenig Interesse haben, (ein Hauptgrund, warum
Thomson so lange verkannt wurde!) — diese und
ähnliche Vorwürfe haben selbst seine eifrigsten Be
wunderer unter den Dritten nicht ganz von chm nehmen können. . .
auch?
Und warum wollte man dies
Bleibt dem Unsterblichen doch noch immer
Vwdienst und Glanz genug übrig,
um unter den
beten Dichtern aller Zeiten und Völker einen sehr ansehnlichen,
und unter den pittoresken — nebst
Mlton den ersten Rang zu behaupten. . .
miche die Probe,
Ma«
lese einer empfänglichen Seele
eirige Hauptschilderungen aus den Jahreszeiten,
im
feie
Angesicht zu,
ob
der der
schönen
Natur
Eindruck
nicht
vor, oft
und
größer
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ist, als der Anblick der geschilderte« Gegen stände selbst. Von den bisherigen Benrtheilern dieser Uebersehung haben einige zu viel Rücksicht auf Wortkritik genommen, als daß wir ihre Vemerkungen hätten benutzen können; andere betkachteten sie in dem Gesichtspunkte, den wir selbst in der Einleitung angaben: und diese haben wir benutzt. Wer eine wörtliche Uebersetzung von Thomson verlangt, den verweisen wir auf unsre Vorgänger. Ostermcffe 1796-
S.