Jahresgabe ... der Winckelmann-Gesellschaft Stendal. 1956/1957 Johann Joachim Winckelmann: Sprache und Kunstwerk [Reprint 2021 ed.] 9783112525661, 9783112525654


237 22 14MB

German Pages 200 [201] Year 1958

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Jahresgabe ... der Winckelmann-Gesellschaft Stendal. 1956/1957 Johann Joachim Winckelmann: Sprache und Kunstwerk [Reprint 2021 ed.]
 9783112525661, 9783112525654

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

WINCKELMANN-GE S ELLSCHAFT

JAHRESGABE

1956/57

STENDAL

WINCKELMANN-GESELLSCHAFT STENDAL

JAHRESGABE 1956/57

Johann Joachim Winckelmann Sprache und Kunstwerk von

HANNA

KOCH

Mit 8 Abbildungen

1957 AKADEMIE.VERLAG•BERLIN

Copyright 1957 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Lizenz-Nr. 202-100/369/57 Gesamtherstellung: IV/2/14 - VEB Werkdruck Gräfenhainichen - 719 Bestell-und Verlagsnummer: 5290 Printed in Germany

INHALT Vorwort Einleitung Die Kunst zu schreiben Original und Nachahmung Systematische und geschichtliche Darstellung Die neueren Sprachen Und Literaturen Kunstwissenschaftliche Terminologie Latein und Winckelmanns Bildungsgang Griechisch und das Vermögen der Sprache Die Erscheinung des Gottes Die Schönheit als höchster Endzweck der Kunst Verstand und Einbildung Gefühl, Empfindung, Geschmack Freundschaft Menschenwürde Freiheit Natur Bilder und Gleichnisse Beseelung und Bewegung Die Beschreibung „nach der Kunst" Der Vergleich als Mittel der Beschreibung Die stilbestimmende Beschreibung Die Beschreibung „nach dem Ideal" Apollo Herkules . Laokoon Die Gratie Kunstwissenschaft und Rhetorik Literatur Anmerkungen Übersetzung der fremdsprachlichen Zitate Register



7 9 12 20 25 30 42 46 50 53 63 67 74 80 84 87 91 96 105 111 116 122 132 135 138 ; . 141 147 151 153 155 180 184

5

VORWORT Von Arthur Schulz Über Winckelmanns Sprache und Stileigentümlichkeiten ist bereits manches geschrieben worden. Winckelmann selbst spricht sich in seinen Briefen oft und eindringlich über das aus, was er in seinen Werken hinsichtlich der Sprache erstrebte. Die Stellungnahme der Zeitgenossen zu ihm, auch was seine Sprache angeht, bringt H. C. Hatfield in seinem Buche „Winckelmann and his German Critics 1755—1781" (New York 1943). Herder und Heyne in ihren Lobschriften auf Winckelmann, Klopstock, Lavater, Goethe, Nicolai, Chr. F. Weiße, A. W . Schlegel, C. Justi, W . Waetzoldt, A. Koester, F. Schultz, W. Rehm, B. Vallentin H. Rüdiger u. a. haben sich im Zusammenhang mit anderen Fragen darüber geäußert. Der Artgleichung der Kunst- und Sprachauffassung Homers und Winckelmanns sind Kraus und Schadewaldt ausführlich nachgegangen. Die Schriften aller genannten Verfasser sind in H. Rupperts Winckelmann-Bibliographie (Jahresgabe 1942 und 1954/55 der Winckelmann-Gesellschaft Stendal) aufgeführt. An Spezialuntersuchungen liegen vor: Hans Gerhard Evers „Studien zu Winckelmanns Stil" (Diss. Göttingen 1924), die sich zum kleineren Teil mit den Stilmerkmalen und Spracheigentümlichkeiten Winckelmanns befassen, zum größeren Teil seinen ästhetischen Anschauungen gewidmet sind und ausführlich auf sein Verhältnis zu Lessing und Herder eingehen. Idaria Müller gibt in ihren Untersuchungen zur Sprache Winckelmanns (Diss. Leipzig 1936) lediglich eine Zusammenstellung und geschichtliche Eingliederung der grammatikalischen Eigenheiten in Winckelmanns Sprache, ohne von diesen Eigenheiten und Spracherscheinungen auf dessen geistige Art zu schließen. Hildegard Jersch läßt in ihren „Untersuchungen zum Stile Winckelmanns mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der Kunst des Altertums" (Diss. Königsberg 1939) Winckelmanns Stil bedingt sein durch seine Stellung zwischen zwei geistesgeschichtlichen Epochen, zwischen der Aufklärung und der deutschen Klassik, woraus sich die verschiedenen Elemente erklären, die dieser in sich vereinige. Die Analyse seines Stils soll die Einzigartigkeit des Menschen und des Schriftstellers erklären. 7

Hans ZeUer-Zürich geht in seinem Buche „Winckelmanns Beschreibung des Apollo im Belvedere" (Zürich 1955) von Winckelmanns hymnischen Beschreibungen der Apollostatue im Vatikan aus und weitet das Thema in philologisch scharfer und zwingender Darstellung und dabei zugleich warmer Anteilnahme am Stoffe zu Winckelmanns Sprache in allen seinen Werken aus. Von allen bisher genannten Arbeiten befriedigt die Hans Zellers durch die das Thema erschöpfenden Untersuchungen am meisten. Gleichzeitig mit Zellers Arbeit, aber ohne Kenntnis von ihr, ist die vorliegende Abhandlung von Hanna Koch entstanden, der es darauf ankommt, die Gestalt Winckelmanns, des Schöpfers der modernen Kunstwissenschaft, in ihrer Gesamtheit durch Analyse seiner Werke zu erfassen. Philologische und textkritische Absichten liegen dieser Betrachtung fern. In welcher Weise die Sprache Kunstwerke wiederzugeben vermag, erscheint als das Hauptproblem von Winckelmanns Schaffen. Aus seiner Verwurzelung in der europäischen Tradition und seinem neuen tiefen Erleben der Antike ergibt sich die Eigenart und Wirksamkeit seiner Schriften, die für die deutsche Klassik und weit über sie hinaus so wichtig geworden sind. Leider war es unmöglich, mehr Abbildungen von den Werken zu bringen, diö Winckelmann beschrieben hat und auf die der Text Bezug nimmt. Unsere kleine Auswahl verzichtet auf die sehr bekannten Hauptwerke und bemüht sich, aus verschiedenen Gebieten etwas zu geben, um wenigstens andeutungsweise die innige Verbindung von Wort- und Bildkunst in der Welt Winckelmanns zu zeigen.

8

Tafel 1

Diana, Neapel, aus Pompeji »Die Haare derselben sind blond, das Obergewand weiß, so wie der Rock, an welchem untendrei Streifen umherlaufen . . .«

Tafel 2

Archaischer Bronzekopf, Neapel . von hetrurischem oder dem ältesten griechischen Style, hat ebenfalls auf der Stirne bis an die Schläfe solche angesetzete Lochen, . . . wurmförmig und von der Dicke eines Federkiels . . .«

Soiarm schlummert hier, hoch über dem adriatischeh Meer, zwischen den Akazienbüschen die Asche desjenigen Mannes, welchem die Kunstgeschichte vor allen andern den Schlüssel zur vergleichenden Betrachtung, ja ihr Dasein zu verdanken hat. Jakob Burckhardt, Der Cicerone Der Dom von Triest

EINLEITUNG Johann Joachim Winckelmann ist der Nachwelt immer merkwürdig erschienen durch das schicksalhaft Abgeschlossene seines Lebens. Er gehört zu denen, die reden mußten, vom Ruf getroffen, der ihn fortholt von Heimat und Handwerk des Schulmeisters, löst aus Stand und Glauben, der ihn suchen und wählen läßt, bitter arbeiten und ringen heißt, bis das Auferlegte gesagt und getan ist, und ein jäher Tod ihn hinwegnimmt. Sein Leben fällt in eine Zeit des Umschwunges. Das Weltbild des Barock, das System des Absolutismus gehen ihrer Auflösung entgegen. Die bald stärkere, bald schwächere ununterbrochene fruchtbare Auseinandersetzung mit den Werten der Antike, welche die gesamte neuere Geschichte durchzieht, tritt in eine andere Phase. Für Deutschland besonders ist die kurze Spanne von Winckelmanns Wirken ein zukunftsreicher Augenblick. Nach den Jahrzehnten der Zerstörung im 17. Jahrhundert hatten Geist und Innerlichkeit zuerst wieder Ausdruck in der großen Musik gefunden. Nun regen sich auch auf allen anderen Gebieten neue Kräfte. In der Architektur entstehen die prachtvollen Bauten des deutschen Barock, die Philosophie erreicht mit Leibniz einen europäischen Gipfel. Literatur und Dichtung finden wir am Beginn der Epoche, die in einer schöpferischen, Zusammenfassung die Vollkommenheit gewinnt, die wir klassisch nennen. Sie sucht naturgemäß nach einer Sprache, die dem Ausdruck des neuen Erlebens angemessen ist, die eine andere Sicht des Menschlichen und des Ewigen fassen kann. Zur Ausbildung dieser Sprache trägt Winckelmann mit seinen Schriften maßgeblich bei. „Die ,Geschichte der Kunst' hat für die deutsche Prosa kaum mindere Bedeutung wie Klopstocks >Messias' für die deutsche Poesie." 1 So wird sich im folgenden vielerlei für die Entwicklung der Ausdrucksmöglichkeit in dieser wichtigen Spanne der neueren deutschen Literatur ergeben. Doch soll der Zweck dieser Untersuchung kein sprachgeschichtlicher

?

sein 2 , sondern sie bemüht sich, Winckelmanns Persönlichkeit und Werk von der Seite der Form zu erfassen. Sie nimmt das Wort Sprache im weitesten Sinne, als das Mittel, in dem er das äußerte, was er zu geben hatte, womit er wirkte. Wie die Handschrift ist die Sprache etwas ganz Persönliches, das sich schwer verstellen läßt. Sie verrät uns das innerste Wesen und Wollen. Ein genaues und aufmerksames Lauschen auf ihre Töne und Wendungen, das nichts zu überhören sich bemüht, aber auch nichts Fremdes von außen hereinklingen läßt, kann uns sicheren Aufschluß geben über den Mann und das Werk, die bei Winckelmann wie selten eine Einheit sind. Es soll dabei nicht allein bei den Höhepunkten seiner immer wieder bewunderten Beschreibungen verweilt werden; seine Schriften als Ganzes sowie die zahlreichen Briefe müssen wir heranziehen. Das Bewußtsein der Verpflichtung ruhte bei ihm nie. Menschlich vertrauliche Äußerungen und die Verkündung seiner Lehre stehen oft auf demselben Blatte. In dem Briefe liebenden 18. Jahrhundert ist gerade diese Mitteilungsart eine Quelle geistigen Einflusses, und Winckelmanns Schreiben wurden nicht nur verhältnismäßig bald gedruckt 3 sie waren auch vorher schon in Abschriften bekannt. Wenn er verlangt, daß man die antiken Statuen sich ausdeute, wie man einen alten Schriftsteller auslegt, so soll hier die gleiche Betrachtungsweise ihm selbst gewidmet werden. Wir folgen seinen Spuren, wenn wir auch ihn verstehen aus der geschichtlichen Gebundenheit, aus dem Zusammenhang des Vergehens und Neuwachsens, und ihn gleichzeitig fragen nach seiner immergültigen Lösung ewiger Probleme. Gestalt und Gehalt sind dabei nicht zu trennen, Sprache und Geist sind identisch. Winckelmann ist der Begründer der modernen Kunstgeschichte und Archäologie nicht allein durch eine neue Methode und durch die Erschließung neuen Wissensstoffes, sondern auch durch das Herausbilden einer angemessenen Wirkungsweise. Jede Wissenschaft bedarf außer ihrer Terminologie, in die sie die Inhalte faßt, einer bestimmten Darstellungskunst, um sich nicht nur verständlich zu machen, sondern auch eindringlich und gepflegt zu erscheinen. Die Kunstwissenschaft bedient sich der Sprache darüber hinaus in einer besonderen Weise. Sie hat schon geformtes künstlerisches Erleben durch ein anderes Mittel auszusprechen, hat Sichtbares, Tastbares, durch Raumgefühl Aufnehmbares umzusetzen in Worte und Begriffe, ohne daß etwas verloren geht von dem, das doch als ein Unendliches vor ihr steht. Sie hat dabei im Leser oder Hörer mehr als allein den Intellekt aufzurufen. Sie muß selbst gestalten, um Gestaltetes wieder zu geben. Es ist zu untersuchen, wie sie sich mit solchen Aufgaben abfinden kann, deren Lösung Winckelmann neu von ihr fordert. Die Grundlage seines Wollens ist die aus dem Wesen des Griechentums gewonnene Einsicht, daß die Kunst eine selbständige, eine zentrale geistige Macht ist. In ihren Werken berührt sich Sinnliches mit Geistigem, Vergängliches mit Ewigem. Winckelmanns Rede kündet von beiden Bezirken und bildet selbst eine neue Einheit. Sie erhebt sich damit über die verdienstvolle Aufdeckung von gegebenen Tatsachen hinaus ins Schöpferische.

10

Seither hat sich der archäologische Horizont ungemein erweitert, Ausgrabungen und Funde, neue Einsichten lassen vieles an Winckelmanns Werk sachlich überholt erscheinen, eine erweiterte Einfühlungsfähigkeit gibt eine andere Wertbetonung. Auch kritischen Zeitgenossen gelang es schon, ihm zuweilen Irrtümer nachzuweisen. Dagegen stehen nicht nur Erkenntnisse, in denen mit der nachtwandlerischen Sicherheit des Genies das einfach Richtige erfaßt wird, der große Bau des Werkes ragt noch immer festgefügt und gültig auf. In seiner Sprache erfassen wir Wesentliches von der Kraft, der es gelang, ein Ganzes zu gestalten: „keine Trümmer", um mit Herder zu sprechen, „sondern ein lebendiges, volkreiches Thebe von sieben Pforten, durch deren jede Hunderte ziehen, gewiß, das konnte kein Kleinigkeitskrämer, kein Krittler an einem Zeh im Staube 4 ."

11

D I E K U N S T ZU

SCHREIBEN

„Der schöne Belli hatte gesagt, da er in Rom das erste mahl aufs Theater erschien: Die Römer sollen erfahren, was Schönheit ist und kann. Ich wünsche, daß man aus meiner Schrift lerne, wie man schreiben und würdig sich und der Nachwelt dencken soll."5 Dem Erfolg des damals weltberühmten Kastraten stellt Winckelmann sein eigenes Schaffen gegenüber, dem flüchtig verhallenden Gesang die dauernde Wirkung des geformten Gedankens, dem Beifall des Publikums die Ankennurig der Nachwelt. Zahlreich sind die Äußerungen des sehr bewußt Schaffenden über sein Tun. Mehrmals zitiert er den Vers: „Of things, in which mankind does most excell, Natures Chief masterpiece is writing well."6 Es steht dahinter der alte Gedanke, mit dem auch Quintilian die Würde des Redners begründet: Der Mensch allein von allen Lebewesen ist mit der Sprache ausgezeichnet.7 Kein Dialog Piatos ist so in Winckelmann eingegangen wie Phaidros, ihm entnimmt er auch eine Abneigung gegen das Schreiben. Das Beste und Feinste läßt sich nur mündlich offenbaren, in der Belehrung des Jungen durch den Älteren. „In einer Menge, wo alle einen anderen Weg gehen, sind gewisse Dinge verschwendet und weggeworfen", schreibt er an Berg. „Ich hätte Ihnen einen ganzen Monat vom Morgen bis auf den Abend geben wollen." 8 Zugleich ist Winckelmann ganz vertraut mit der späteren Rhetorik, und mit ihr erstrebt er ein Festhalten des endgültig gestalteten Gedankens. Wenn es dann auf breitere Wirkung ankommt, so ist der Moderne natürlich weit davon entfernt, die Macht des Gedruckten zu unterschätzen. Die Ablehnung schränkt sich ein auf alles leichtfertig Hingeworfene: „nichtswürdige französische Toiletteschriften" 9 und vor allem eine bestimmte unförmige Gelehrsamkeit. Sie war den Griechen noch nicht bekannt: „als welche annoch zu diesen Zeiten einen besonderen Begriff von dem Ehrenworte Scribent hatten. Es wurde derselbe einigermaßen für verächtlich gehalten." 10 So lehnt es Winckelmann auch ab; „Miscellan-Nachrichten" aus Rom zu geben: „Ich will dergleichen versparen bis ich etwas geliefert habe, was der Nachwelt womöglich würdig sein könnte." 11 Bei so hohem Anspruch ist Schreiben Ernst und Mühsal. Wer den geistigen Kampf gekostet hat, den das Ringen um die Form bedeutet, vermag bei anderen das Erreichte zu würdigen: „Ich weiß, was schreiben für ein schweres Werk ist." 12 Wo Winckelmann erweisen will, daß die Gewänder in der griechischen Plastik nicht Nebensache sind, vergleicht er sie mit 12

„den Ausdrücken der Gedanken. Es kostet oft weniger Mühe, diese als jene zu finden"13. Da heißt es: „jeden Ausdruck abwägen," 14 „selbst zuletzt mit einem scharfen Meszer darüber kommen" 16 , die Arbeit immer „von neuem umzuschmelzen", 16 noch mehr „daran zu künsteln" 17 . Selbst die Verzögerung im Druck der Kunstgeschichte, die der siebenjährige Krieg brachte, wird als Gelegenheit zu neuer Umarbeitung begrüßt. Schließlich ist stolzes Selbstbewußtsein berechtigt: „Was ich weiß, ist dieses: daß ich gelernt habe zu schreiben, weil ich alle Kritiken angehöret und mehr als einmal meine Sachen umgearbeitet, wie ich thue und thun werde mit meiner Historie der Kunst." 18 Der gefeilten sprachlichen Form soll auch ein gepflegtes äußeres Auftreten des Buches entsprechen. Groß ist die Sorgfalt, die Winckelmann der Orthographie, der Zeichensetzung, der Auswahl der Typen widmet. Es war bei dem neuartigen Text mit Zitaten in verschiedenen Fremdsprachen damals nicht leicht, den Druck korrekt herauszubringen. Nach all dem Gesagten hat es etwas Ergreifendes, im Brief vom 6. Februar 1768 an Francke zu lesen: „Wollte Gott, ich könnte . . . Ihnen meine ganz umgeschmolzene und ansehnlich vermehrte Geschichte der Kunst zeigen, die nunmehr zur Übersetzung fertig liegt. Ich schlage das Buch zuweilen nur auf, um fröhlich zu sein, denn ich bin völlig mit mir zufrieden." 19 Wenige Monate später war Winckelmann tot. Es sind die weisen, nie veraltenden Ratschläge des Horaz, die hinter Winckelmanns Selbstzeugnissen stehen. Er hat schreiben gelernt. Von seiner Seehausener Zeit ab sammelt er in Heften nicht nur den Wissensstoff, den er gierig aufnimmt, sondern auch, was ihm in der Form maßgeblich erscheint. Wir können verfolgen, wie er sich bildet. Da tauchen mit Auszügen die Meister und Theoretiker des Stils auf, welche die Hegeln der Klassik, die sie begründen, neben Horaz stellen. Natürlich ist Boileau vertreten, vor allem aber kommen die Engländer vor. Pope, dessen Essay on Man Winckelmann fast auswendig konnte, gibt seine Meinung über die Kunst zu schreiben im Essay on Criticism. Auch die oben angeführten Verse entstammen einem Lehrgedicht aus diesem Kreise, dem Essay on Poetry des Duke of Buckingham. Winckelmann hat sich zweimal lange Auszüge daraus gemacht, und wenn er auch den Verfasser schließlich mit Roscommon verwechselt, der sich mit den gleichen Problemen befaßt hat, bezieht er sich doch an den verschiedensten Stellen darauf, was beweist, wie sehr diese Gedanken in ihn eingegangen sind. Es ist nicht verwunderlich, daß er seinen Stil an einer Poetik schult. Wie die Römer die Lehren der Rhetorik auf die Dichtkunst anwandten,, so findet er hier umgekehrt die Regeln, die auch einer geschliffenen Prosa zugute kommen. Aus solchem Zusammenhang verstehen sich die ins einzelne gehenden Äußerungen, die er über seine eigene Schreibweise und über Stil im allgemeinen macht. Da fordert er Klarheit und Schärfe des Ausdrucks: „diejenige Präzision, die ich so schätze und in allen meinen Arbeiten so eifrig zu erreichen suche." 20 In dem Bemühen, „nichts mit zwey Worten zu sagen, was mit einem einzigen geschehen kann" 21 , strebt er nach der „erleuchteten Kürze", mit der er sich auf Cicero 13

bezieht22. Er vergleicht diesen gehaltvollen Stil mit einem dichten Körper, der bei geringster Ausdehnung möglichst viel Materie in sich faßt 23 . Leeres hohles Geschreibsel kann ihn erbittern, um so mehr, wenn es dem von ihm verfaßten Katalog der Stoschschen Sammlung angehängt werden soll und ihm da „die Simmetrie verrückt" 24 . Klare strenge Disposition vermeidet, „Episoden zu machen" 26 . Der schwerwiegende Tadel, der Vitruv trifft, heißt „Unordnung in dem Entwürfe" 28 . In der Auffassung, daß dessen Schreiben Flickwerk sei — Winckelmann spricht vom „Schusterstil dieses Scribenten" — trifft er sich mit L. B. Alberti, den er für die Anmerkungen über die Baukunst der Alten aufmerksam durchgearbeitet hat. Eine innere Echtheit findet den Ausdruck, der dem Gegenstand angemessen ist: „Die Güte einer Sache besteht darin, daß sie ist, was sie ist, und sein soll."27 Das bedeutet nicht nur einen anderen Ton für die Darlegung wissenschaftlichen Stoffes als für die Verkündung tiefster Einsicht oder die Verherrlichung des Schönen. Es bedeutet auch, daß die künstlerische Form aufs engste übereinstimmt mit der vorgetragenen Lehre, durch die Winckelmann entscheidend mitwirkt bei der europäischen Stilwandlung. Schlichtheit, Einfalt, stille große Haltung hebt sich ebenso ab von Überladung mit Schmuck, von Schwulst und Schnörkel wie von verstandesmäßiger Trockenheit. Das Vorbild, von dem der junge Winckelmann zunächst ausgeht, ist der gehaltene Klassizismus, für den es eben bei Buckingham heißt:

und weiter:

„Fancy is but the feather of the pen, Reason is that substantial useful part, Which gains the Head, whilst th'other wins the Heart."

„Expression easy and the Fancy high, Yet that nor seem to creep nor this to fly."28 Hier ist ein Gleichgewicht ausgedrückt durch paarweises Gegenüberstellen in einer Art, die wir bei Winckelmann selbst wieder finden werden. Was ihn gerade bei Buckingham so anzieht, ist wohl die besondere Wärme, mit der er den starken Rationalismus einschränkt, indem er die Schöpferkraft schildert, ohne die alle formale Vollkommenheit tot und kalt bleibt: „without a Genius too, for that's the soul, A Spirit, which inspires the Worke throughout As that of Nature moves the World about." 29 Und ebenso wie aus der eigenen Seele gesprochen werden Winckelmann die herzlich begeisterten Worte erschienen sein, die Homer gelten: „Read Homer once and you can read no more, For all things else appear so dull and poor, Verse will seem Prose, yet often on him look And you will hardly need another Book." 3 0 14

Von Homers Wirkung auf Winckelmanns Schafifen wird noch viel zu sagen sein. Ein Beispiel aus der Ilias braucht er als Vergleich, wenn er die zu große Klarheit und Glätte des Stils eingeschränkt haben will. Dazu dient das künstlerische Mittel des Andeutens, des Erzählens „mit halben Worten" oder des Schweigens: „Das Stillschweigen ist oft wie das des Chryses beim Homer, lehrreich."31 Zum anderen soll Lebhaftigkeit und Abwechslung in die Darstellung gebracht werden durch eine zur rechten Zeit gemachte „Ausschweifung". Für dieses Kunstmittel beruft er sich auf ein Beispiel aus Aristoteles, aber er denkt sofort wieder an Homer, denn ein solcher Exkurs ist in der Rede das, „was ein schönes Gleichnis in einem Gedichte ist". So wird der Zusammenhang aller künstlerischen Schreibart und zugleich der Unterschied zwischen Poesie und gehobener belehrender Prosa bemerkt. Vergleiche, Bilder, Beispiele, Umschreibungen, alle Arten figürlicher Wendungen sind auch dieser eigen. Der persönliche Ton, den Buckingham seiner Bewunderung gibt, gipfelt in dem Rat: „And choose an Author, as you choose a Friend." 32 In dieser Weise spricht Winckelmann von seinem „alten Freunde Plato". Anders klingt es, wenn Buckingham sich mit größter Ehrfurcht Virgil nähert: „How many Ages since has Virgil writ! How few are they, that understand him yet! Heav'n shakes not more at Jove's Imperial Nod As Poets should before their Mantuan God." 33 Der Vergleich greift hoch. Er bezieht sich auf die bekannten Verse IL I, 528: „So der Kronid und winkte sofort mit den dunkelen Brauen, Und die ambrosischen Locken des Königes wallten hernieder Von dem unsterblichen Haupt und die Höhn des Olympos erbebten." Diese wundervolle Vorstellung wirkte schon auf den Römer, zu dessen Verherrlichung sie hier angewendet wird von dem Engländer, dem natürlich dieses ihr Weiterleben in der Aeneis wohl bekannt war: „Adnuit, et totum nutu tremefecit Olympum."34 .Ebenso bekannt wie die Verse des Horaz: „imperium est Jovis clari Giganteo triumpho cuncta supercilio moventis." 35 Homer läßt die oberste göttliche Wirksamkeit leibhaftig erstehen, Virgil verknüpft die geschichtliche Erscheinung des römischen Staates mit dieser Gewalt, Horaz grenzt vom großen Machtgeschehen das Maß persönlichen Glückes ab. Bei 15

Buckingham ist daraus ein beziehungsreicher Vergleich geworden, um höchsten Respekt vor verehrter Autorität kunstvoll zu äußern, der noch durch eine weitere auf überlieferter Bildung beruhende Umschreibung erhöht wird: the Mantuan God. Winckelmann gebraucht das große Bild zur Beschreibung von Kunstwerken. Zunächst als Vergleich, um darzutun, daß im klassischen Stil mit einer leisen Bewegung alles gesagt werden kann. In den Gedanken über die Nachahmung erscheinen die in den Wolken schwebenden Apostel auf Raffaels Attila „wie Homers Jupiter, der durch das Winken seiner Augenlider den Olympus erschüttern machet. 38 " Wenn später in der Beschreibung des Apoll vom Belvedere die Züge des Gesichts als überirdisch dargetan werden, heißt es im Entwurf: „So wie der Kopf des Jupiters beym Homer alle Größe desselben in sich begreift" und „Augenbranen nach dem Begrif derjenigen, die den Olympus erschüttern37". In der Geschichte der Kunst trägt Winckelmann die Merkmale zusammen, die den Typus des Zeuskopfes bestimmen; die Kenntnis mehrerer Kunstwerke ist jetzt die Grundlage, und es findet eine wechselseitige Erhellung statt von homerischer Schilderung und plastischer Bildung. Damit vereint sich noch naturwissenschaftliche Beschreibung. Buffon, seinerseits vollkommen in klassischem Bildungsgut zu Hause, gibt Winckelmann, der ihn gut studiert hat, die Vorstellung des Löwen hinzu. Die Haare des Zeus gleichen der Löwenmähne: „das Schütteln der Mähnen des Löwen sowohl als das Bewegen seiner Augenbraunen, wenn er erzürnt ist, scheinet der Dichter vor Augen gehabt zu haben in seinem berühmten Bilde des Jupiters, welcher durch das Schütteln seiner Haare und durch die Bewegung seiner Augenbraunen den Olympus beweget." 38 Die antike Überlieferung läßt sich bei Strabo fassen, der die bildende Kunst mit Homer zusammen bringt, Phidias selbst habe gesagt, daß er seinen Zeus nach den homerischen Versen gebildet habe 39 . So laufen bei Winckelmann Quellenkunde, künstlerische Anschauung und Gestaltung seines eigenen Ausdrucks ineinander, es zeigt sich, wie er in einer Tradition steht, die von den epischen Anfängen der europäischen Kultur über die Wiederbelebung durch den französischen und englischen Klassizismus bis zu ihm führt; wir werden im folgenden zu zeigen haben, wie er mit neuer historischer Einfühlung und künstlerischer Erweckung am Beginn der Reihe frisch anknüpft. Wenn er sich nach einer Abschweifung wieder zum Thema zurückruft: „ich lenke deswegen wieder zum Ufer" 40 , so schließt er sich an eine seit dem Altertum lebendige Vorstellung an, die den Stoff als ein weites Meer betrachtet, durch das. der Schreibende auf mehr oder weniger sicherem Kahn zum Ziel steuert. In einem Briefe drückt Winckelmann die Ergebenheit in das Schicksal so aus: „wir sollen . . . unsere Person, die uns gegeben ist, sie sei gut oder übel, gut spielen."41 Der Mensch ein Schauspieler — das Leben ein Drama — ein Gedanke, der schon bei Plato auftaucht und durch die ganze europäische Entwicklung läuft, der ganz abgeflacht werden und doch an den Höhepunkten die tiefsinnigsten und wunderbarsten Ausführungen hervorbringen kann.42 Die antike Rhetorik lehrt in der

16

Topologie, wie man die vorgebrachten Meinungen begründet und einkleidet, so daß sie überzeugen und gefallen. Sie glaubt damit die Sache selbst, die logischen oder rechtlichen Beziehungen zu erfassen. Sie bietet dafür einen Vorrat von Gedanken, Beispiele aus Natur und Geschichte, Menschenleben und Dichtung. Von da aus erbt sich nicht nur die Art der Darlegung fort, sondern auch dieser Gedanken* und Vorstellungsschatz. Der Strom der Überlieferung bringt vom Altertum über Renaissance und Barock eine Fülle von festen Wendungen, Metaphern, Umschreibungen, Redensarten und in sich geschlossenen kurzen Gedankengängen. Sie bedeuten etwas anderes als jeweiligen Einfluß oder Abhängigkeit. Sie sind von fortzeugender Fruchtbarkeit, vergleichbar bestimmten Motiven der Plastik, etwa der Schrittstellung oder der Gewanddrapierung, die sich weitererben und doch so Verschiedenes mit verschiedener Stärke ausdrücken können. Es kommt vor, daß solche Redewendungen in schwächeren Zeiten und bei geringeren Persönlichkeiten zur bloßen Floskel werden oder in gelehrten Ballast ausarten. Sie können aber vertieften Gehalt wieder gewinnen, können dem Zeitstil entsprechend sich in der Form und Ausdruckskraft ändern; oft sind sie von vornherein nur leichteres und äußerliches Gut. Schreiben lernen heißt, sich von solchen topoi einen Vorrat schaffen und ihn mit Geschmack und Verstand verwenden. Winckelmanns hinterlassene Hefte zeigen uns dieses Verfahren, wir finden in seinen Werken wieder, was er sich in solcher Absicht notiert hatte; so erklärt sich auch, daß bestimmte Wendungen an verschiedenen Stellen wiederkehren. Noch einmal Buckingham! Er richtet sich in Bevorzugung der französischen Tragödie gegen die Monologe der englischen Bühne: „Our Lovers, talking to themselves, for want Of Friends, make all the Pit their Confident." 43 Winckelmanns Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung hat den geistreichen Schluß: „In der Zunft der Schriftsteller ist man seit einiger Zeit mit Briefen verfahren, wie auf dem Theater, wo ein Liebhaber, der mit sich selbst spricht, zu gleicher Zeit das ganze Parterre als seine vertrautesten Freunde ansiehet." 44 Aber zurück zu den Alten! Von dem schon genannten weitschweifigen Mitarbeiter am Stoschischen Katalog, über den Winckelmann sich so ärgerte, schreibt er: „Bei dem ehrlichen Manne ist wahrhaftig scribendi cacoethes, wie Horaz saget, man muß ja nicht alles drucken lassen, was man lieset." 45 Das Zitat hat Winckelmann sich in seinen Heften vermerkt 46 , er hat es im Lesen ohne Angabe des Autors gefunden und schreibt dahinter: „Seneca?", hier nennt er Horaz und tatsächlich stehen die Verse bei Juvenal: „tenet insanibile multos Scribendi cacoethes et aegro in corde senescit" 47 2

Koch

17

Die Sucht zu schreiben ist unheilbar wie ein Krebsgeschwür, schlechtes Schreiben ist wie andere Laster mit einer Krankheit zu vergleichen, der Gedanke ist, drastischer oder abgeschliffener, Jahrhunderte hindurch weit verbreitet. In der Geschichte der Kunst taucht er auf: „eine Seuche, die Pedanterie, die unter den Römern und auch im vorigen Jahrhundert durch ganz Europa wiederum einbrach." 48 Unter Pedanterie versteht Winckelmann die Stilerscheinung des Manierismus, der Preziosität. Vom wissenschaftlichen Zitieren wird später zu sprechen sein. Man sieht, wie Topos und Zitat sich kreuzen. Noch eine weitere Neigung Winckelmanns läßt seine Schreibweise geschlossene Komplexe benutzen, das ist die Vorliebe für die Sentenz. Es vereint sich da seine Überzeugung, daß er allgemeingültige Wahrheiten zu verkünden habe mit der Absicht, scharf formuliert sich zu äußern und einen Höhepunkt im Gedankengang zu erzielen; auch hier ist der Zusammenhang deutlich mit seinem Maximen, Reflexionen, Gedanken und Sinnsprüche liebenden Jahrhundert und mit den Alteren und Alten. Hier nur ein Beispiel. Buckingham sagt: „And write with Fury, but correct with Phlegm." 49 In der Erinnerung über die Betrachtung der Werke der Kunst schreibt Winckelmann: „Man muß mit Feuer entwerfen und mit Phlegma ausführen." 50 Das nationale Leben und die Eigenart einer Sprache stecken in ihren festen Ausdrücken und Redensarten. Winckelmann erlernt außer der bewußten Beherrschung seiner ererbten Sprache noch drei lebende und, Hebräisch eingeschlossen, drei tote. Um nicht nur das einfachste sagen zu können, sondern auch um in den verschiedenen Geist hineinzuwachsen, heißt es, sich die fremden Wendungen aneignen. Wieder können wir verfolgen, wie er sich einarbeitet, wie er auch Gewinn für seine deutsche Ausdrucksweise daraus zieht. Das Ideal, das ihm gerade beim Studium der neueren Fremdsprachen aufgeht, ist das eines umgänglichen weltläufigen Tones. Neben der feierlich erhabenen Darstellung steht der scheinbar zwanglose Stil. Redensarten und Sprichwörter, heimisches Gut und in der Fremde Aufgenommenes machen das Gesagte eingängig und lebhaft. „Der Maurermeister wollte auch seinen Senf dazu geben" 51 ; Statuen standen: „wie Häringe gepackt 52 "; „was leicht zu bemerken gewesen scheinen wird, ist es mehrenteils nur wie des Kolumbus Ei" 5 3 ; man muß: „wie viele Verliebte, mit einem Blicke auf einen Seufzer zufrieden sein" 54 ; „die alten Denkmale haben oft einerlei Schicksal mit jenem Diebe, der das eine Ohr in Madrid und das andere in Neapel ließ" 5 5 ; „ich glaube, wenn ihm zum Exempel das wälsche Sprichwort: in ein Sieb pissen, das ist vergebliche Dinge tun, eingefallen wäre, er hätte auch dieses figürlich gemacht." 56 Winckelmanns urwüchsiges Temperament sprengt zuweilen die Fesseln klassizistischen Anstandes. Aus einer französischen Stilistik hat er sich notiert, daß der Ausdruck: „vomir des injures" zu verwerfen ist — mit Berufung auf Quintilian.57

18

Aber im Kampf ist ihm jedes Mittel recht, zu brandmarken, „was ein unwissender Schmierer kühnlich vorgiebet"68. „Das Ende des Werkes wird, wie wenn die Affen den Hinteren zeigen, lächerlich sein." 59 „Der Pater B i a n c h i . . . kann viel wissen, aber in der Kunst ist er dumm wie ein Rindvieh." 60 Auch wo die Lehre frisch und eindringlich vorgetragen werden soll, kommen Bilder vor, die dem sehr Alltäglichen entnommen sind. Wenn es heißt: „das wahre Gefühl gleichet einem flüssigen Gipse"61, so bleibt man noch im Bereiche der Statuen und Abgüsse, aber von der Empfindung für das Schöne wird gesagt, sie melde sich: ;,wie ein fliegendes Jucken in der Haut, dessen Ort man im Kratzen nicht treffen kann." 62 Neben den Derbheiten gibt es auch Wendungen, die den formelhaften Zauber des Volksliedes haben. In einem frühen leidenschaftlichen Briefe spricht „das getreueste Hertz"; „Sollten auch tausend Berge und Täler uns scheiden"63, oder es heißt: „mein Herz im Leibe schlaget, wenn ich nur an Dich gedenke."64

2*

19

O R I G I N A L U N D NACHAHMUNG „But does it not sound something like a treason in Apoll's court, to say that a. polished language is not fit for a great poet ? And yet . . . that, what we call polishing diminishes a language. It makes many words obsolete, it coops a man up in a corner, allows him but one set of courtly phrases and deprives him of many significant terms and strong beautiful expressions."65 In demselben Heft, in dem Winckelmann sich so reichlich Auszüge aus Buckingham gemacht hat und das in seine Nöthnitzer Zeit zu datieren ist, trifft er mit einem anderen Geist zusammen, den er als wesensverwandt empfinden mußte. Es ist Thomas Blackwell, dessen Inquiry into the Life and Writings of Homer 1735 in Oxford erschien, ein Buch, das, von Bodmer besprochen, von Voss übersetzt, in Deutschland den lebhaftesten Widerhall fand. Hier taucht ein anderes Ideal als das der geschmückten Sprache auf. Homer, der wandernde Sänger, lebte in dem Stand und Zeitalter, die der Poesie am günstigsten waren. Der begeisterte Rhapsode schöpft aus dem Erlebnis, er spricht die Sprache der Natur. „In Greece, where nature was obstructed in none of her operations, and no rule or prescription gave a check to rapture and enthousiasm, there soon arose a set of men, who distinguished themselves by harmony and verse."66 Und hier tritt Winckelmann auch das Wort entgegen, das eine Revolution im Kunstwollen und Kunstschaffen auslöst: Original. „Orpheus, as Plutarch expressly affirms, imitated no man in his poetry or musik, but was himself an Original."67 Wieder macht Winckelmann keinen Unterschied zwischen Dichtung und Prosa. In den Gedanken über den mündlichen Vortrag der neueren Geschichte, die er ebenfalls in Nöthnitz abfaßt, heißt es: „Von Gelehrten und Künstlern verewigt die allgemeine Geschichte nur Erfinder, nicht Kopisten, nur Originale, keine Sammler." 68 Schließt er sich damit nicht selbst von unserer würdigenden Betrachtung aus? Justi bemerkt, wo er den Zusammenhang von Winckelmanns Vergleichen mit der ihm bekannte Literatur aufweist, „daß eine Anzahl seiner berühmten Bilder nicht originell ist." 69 Der moderne Begriff des Originellen kann als Maßstab hier nicht angelegt werden. Er bildet sich, nicht ohne Winckelmanns Mitwirkung, in der von Sturm und Drang zur Romantik verlaufenden Literaturauffassung, wird, bewußt oder unbewußt, gefärbt durch die subjektive Lyrik Goethes. Aber abgesehen davon, daß sich hier nun doch ein wesentlicher Unterschied zwischen

20

Gedicht und lehrender Prosa geltend macht, die nähere Betrachtung zeigt, wie gerade auch Goethe ein Glied in der Kette der geistigen Überlieferung ist. Hier wie überall kommt es nur auf das Lebendige an. Auch im Inhaltlichen ist Winckelmann natürlich nicht ohne Zusammenhang mit Vorgängern, gerade Blackwell entnimmt er grundlegende Ansichten und geschichtliche Deutungen. Baumecker 70 hat in einer gründlichen Abhandlung das Verhältnis Winckelmanns zu den Kunstschriftstellern, die er gelesen hat, untersucht, so daß man die Herkunft vieler Gedanken feststellen kann. Es ergibt sich, daß selbst Formulierungen, die so entscheidend im Werke stehen wie „edle Einfalt und stille Größe", von anderen schon vorgebildet sind. Aber zugleich zeigt sich, daß solche Äußerungen bei den Vorgängern in einem anderen Zusammenhang, in anderer Absicht und in anderer Bedeutung vorkommen. Keiner von diesen gibt ein umfassendes, von den Grundgedanken bis zu den letzten Kleinigkeiten einheitliches Griechenbild oder erstrebt eine völlige Erneuerung der Betrachtung und des eigenen Lebens aus dessen Geist. In so wunderbarem Licht Blackwell die dichterischen Uranfänge unserer Kultur erscheinen läßt, es ist eben Winckelmanns große Einsicht, daß zum Wort die in Stein und Erz gebildete Gestalt gehört, daß Homer zu Phidias führt. Winckelmann ist „Erfinder" in dem von ihm gemeinten Sinne, indem er Problemstellung und Aufgabenkreis seiner neuen Wissenschaft so sicher und vollständig umreißt* daß alle Zweige der fortgeschrittenen und differenzierten heutigen Archäologie mit ihm zusammenhängen. Er darf den Anspruch der Originalität auch für die Form seiner Äußerung behaupten. Originalität, wie er sie versteht, ist das gleiche wie seine Forderung der Nachahmung, mit der er seine Zeit umstürzend beeinflußte. Dieses Paradoxon ist der Inhalt seiner ersten Schrift. In der zugespitzten Art der Gedanken über die Nachahmung drückt er sich so aus: „Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten." 7 1 Gegen den Vorwurf, daß er damit dem bloßen Kopieren das Wort rede, wendet er sich in der Erinnerung über die Betrachtung der Werke der Kunst.73 Da unterscheidet er Nachahmen ohne eigenes Denken, „knechtische Folge" von dem, was er fordert. In seinem Sinne „kann das Nachgeahmte, wenn es mit Vernunft geführet wird, gleichsam eine andere Natur annehmen und etwas Eigenes werden." Er gebraucht als Beispiel dafür Raffael: „Der wahre Geschmack des Altertums würde ihn auch durch die gemeine Natur hindurch begleitet haben, und alle Bemerkungen in derselben würden bei ihm durch eine Art einer chymischen Verwandlung dasjenige geworden sein, was sein Wesen, seine Seele ausmachete." 73 Der Vergleich aus dem Gebiet der Naturwissenschaften geht nicht auf das Rationale aus, sondern auf die geheimnisvoll innerlich wirkende Kraft der Natur. In Winckelmanns gesamtem Wollen und Denken bis in die Gestaltung der Sätze hinein herrscht das Streben nach einer lebendigen Harmonie durch das Gleichgewicht der Gegensätze. Die Idealität des Schönen und die Anschauung der Wirklichkeit ergeben den klassischen Stil. Tradition und eigene Erfahrung, Regel und 21

und Schöpferkraft stehen im gleichen Verhältnis fruchtbarer Polarität. AufWinckelmanns Werk im engeren Sinne bezogen, heißt das Beobachtung der Tatsachen und wissenschaftliche Ideen: „produrre qualque cosa originale, cavato non dai libri, ma dalla sostanza e meditazione." 74 So ist für ihn als Geschichtsschreiber das Vorbild Xenophon, der eigenes Erleben aufzeichnet und es gestaltet in einer höheren Eingebung: „Der göttliche Mund, durch den die Musen selbst gesprochen." 75 Als eine „imitatio" faßt Winckelmann seine Apollbeschreibung auf, das geht aus einem Zitat aus Junius hervor, das Winckelmann im Entwurf sich notiert hat über dem Satz: „Ich unternehme ein Werk zu beschreiben . . D i e angeführte Stelle bezieht sich auf das Kopieren von Kunstwerken: „Accurata statuarum imitatio tantas habet difficultates, ut Libanius in Antiochico asserere non dubitaverit, Artificibus qui antiqua simulacra feliciter expresserant, nonnihil a Diis supra hominem concessum."76 Winckelmann denkt dabei an sein eigenes Anliegen. Auch wer von alten Meistern geschaffene Götterbilder vollkommen wiedergeben will, muß mit übermenschlichen Kräften begabt sein. Die Höhepunkte in seinem Schaffen sind entstanden im begeisterten Außersichsein, im evOovoiaa/uoq, in einer „Erhebung über alles, was menschlich ist" 77 . Die wissenschaftliche Schöpferkraft, mit der er sich begabt weiß, scheidet er ausdrücklich von rein antiquarischem Wissen und Bücherkenntnis, das sind Dinge, die auch „ohne alles Genie" 78 erlangt werden können. Aber an Stelle des Begriffes „Originalgenie", dem Winkelmann so nahe kommt, steht bei ihm die Polarität von höherer Eingebung und Lernen. Begabte Menschen, solche, die Prometheus aus besserem Ton geformt hat, können sich durch Erziehung zum Original entwickeln: „Seelen, denen die Natur hold gewesen ist, . . . quibus arte benigna E t meliore luto finxit praecordia Titan haben hier den Weg vor sich offen, Originale zu werden." 79 Die einzige Epoche der neueren Geschichte, auf die Winckelmann als Vorbild hinweist, ist die Renaissance. Davon geht er auch aus in den Reiferen Gedanken über die Nachahmung. Mit wenigen Strichen deutet er an, wie die damalige Blüte der Kunst aus den humanistischen Studien hervorwächst. Die Kenntnis der alten Sprachen und Philosophie erzog zu einem Dasein in Weisheit und Freiheit, sie lehrte denken und leben wie die Griechen.80 In diesem Sinne ist Winckelmann berechtigt, von sich selbst zu sagen: „Ich rede hier wie aus dem Munde des Altertums." 81 Knüpft er damit an den alten Humanismus an, so nennt ihn der neue der deutschen Klassik „der erste unter uns" 82 . Aus den alten Wurzeln erweckt er etwas Neues in einem ursprünglichen Erleben von Gott, Mensch, Natur; sein Wirken ist ein Abschluß und ein Beginn. Ein Wort muß hier noch gesagt werden über sein Verhältnis zu Mengs. Ah ihn schließt er sich im Anfang in Rom eng an, und was er von ihm gelernt hat an 22

Sehen und Beobachten, an Einsichten, wie sie nur der bildende Künstler zu geben vermag, das hat er ihm mit überschwänglicher Freundschaft gedankt. Justi sieht in einer Beschreibung der Statuen im Belvedere in Winckelmanns Handschrift, die er in Florenz auffand, eine Nachschrift nach Äußerungen von Mengs, so wie dieser sie gab, wenn er zu einer Schar von Künstlern und Kunstfreunden vor den Antiken über Aktdarstellung sprach.83 Gewiß zeigen uns diese flüchtigen Aufzeichnungen, wie Winckelmann bei Mengs in die Lehre gegangen ist. Aber es meldet sich doch schon unverkennbar die eigene Absicht, Ausdrücke tauchen auf und Züge werden angemerkt, die bald den gewichtigsten Gehalt tragen werden. Vor allem aber macht ein Vergleich von irgendeinem ausgeführten Kapitel von Winckelmann mit etwas aus Mengs theoretischen Schriften den Unterschied zwischen den beiden Männern deutlich. Mengs, der zu seinem Ruhm als Künstler noch den eines Theoretikers und Kunstgeschichtsschreibers fügen möchte, hat wohl der Betrachtung mancherlei Neues und Weiterführendes zu geben. Als Schriftsteller findet er keine eigene Form. Sieht man ab von dem, was erst aus seinem Nachlaß zusammengestellt wurde, so fehlt auch bei dem von ihm selbst Herausgegebenen der einheitliche Guß der Sprache. Ihm, der sich seit seiner Jugend mehrerer bedienen konnte, war keine mehr recht auf den Leib gewachsen. Der reine Eklektiker verfehlt die Einheit der Sicht, die Winckelmanns Größe ausmacht. Dem Maler kommt es darauf an, wie etwas gemacht ist, ob es gekonnt ist oder nicht; damit bleibt er stärker in der Art der vorangegangenen und zeitgenössischen Kunstschriftstellerei. Sein hölzerner Stil beschränkt sich auf die Aufzählung der künstlerischen Probleme und auf die Verteilung von Lob und Tadel. Von den pompejanischen Malereien sagt er zum Beispiel: „Obgleich das Kolorit dieser Gemälde nicht sehr schön ist, so dürfen wir deshalb doch nicht zweifeln, daß die Alten es darin nicht sollten sehr weit gebracht haben, denn wir wissen, daß sie zwischen die beiden Ajax von verschiedener Hand einen Unterschied machten und sagten, der eine sei von Rosen, der andere von Fleische ernährt." 84 Dieses Bild benutzte Winckelmann schon in den Gedanken über die Nachahmung, um die kräftige Körperbildung der Alten von der weichlichen der Neueren zu unterscheiden, es geht zurück auf Nachrichten, die Plinius und Plutarch über Euphranor geben. Auf das Kolorit bezog die Stelle schon Carlo Dati, was von Winckelmann in der Geschichte der Kunst als unrichtig abgelehnt wird. Auf ihn dürfte wohl vieles von der Gelehrsamkeit bei Mengs zurückgehen, wie auch der Piatonismus, der bei dem Maler sehr weich und verschwommen ausgedrückt ist, konventionell und angenommen wirkt, ganz anders als bei Winckelmann, der Piatos Schriften in tiefster Seele aufgenommen hat. Bei allen edlen und schönen Worten entbehrt Mengs der Gesinnung, die bei Winckelmann kräftig hinter jeder Äußerung steht. Mengs konnte mit einem angeblich antiken, von ihm selbst gefälschten Gemälde den Freund täuschen und vor der Öffentlichkeit bloßstellen aus der Eitelkeit heraus, daß er male wie die Alten. 23

Wie Winckelmann selbst „nachahmt", wie er die Fortsetzung eines klassischen Gebrauches versteht, zeigt seine „Pindarische Preisode", d. h. die Schrift Von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen. In dem jungen Freiherrn von Berg schien ihm ein antiker Mensch begegnet zu sein, „in einem schönen Körper eine zur Tugend geschaffene Seele"85. Ihm widmet er diese Abhandlung, „um ihm alle möglichen Zeichen meiner Neigung zu geben" und um,, eine so vollkommene Erscheinung bekannt und denkwürdig zu machen"86. Dieser Sinn spricht aus den als Motto vorangestellten zwei Stellen, die Pindars zehntem Olympischen Preislied entnommen sind. In der einen entschuldigt er sich mit Pindars Worten wegen der Verzögerung des versprochenen kleinen Werkes und verdeutscht sie so: „Die mit Wucher bezahlete Schuld hebet den Vorwurf." Die andere noch bedeutsamere Stelle auf dem Titelblatt spielt darauf an, daß der, dem die Schrift gewidmet ist, gleich dem Sieger in der Ode, schön ist wie Ganymed war, als Zeus ihn entführte. Außer der Einleitung, die das in den Versen Angeschlagene weiter ausführt, stimmt nur noch der Schluß den persönlichen lyrischen Ton an: „Gehe hin und sieh; und Ihnen, mein Freund, wünsche ich wieder zu kommen. Dieses war Ihr Versprechen, da ich Ihren Namen in die Rinde eines prächtigen und belaubeten Ahorns zu Frascati schnitt, wo ich meine nicht genutzte Jugend in Ihrer Gesellschaft zurückrief und dem Genius opferte."87 Im übrigen hat die Abhandlung ganz die Form eines Sendschreibens, und doch, in der ungemeinen Wärme des Tones, der nicht allzustrengen Folge der Gedanken, in der sanften Leidenschaftlichkeit des Belehrens und Ermahnens hat sie etwas vom Gespräch an sich. Es ist ein Lehrgespräch, bei dem der Partner nur im Geiste anwesend ist, weil die Trennung zwingt, sich nur „mit der geliebten Idee meines Freundes" zu unterhalten88. Im Nehmen und Geben menschlicher Verbindung gestaltet sich geistige Zeugung, das Zweisame ist keine literarische Fiktion. Der Schluß beschwört mit wenig Worten die erlebte Wirklichkeit herauf: unter einem prächtigen und belaubeten Ahorn ein Gespräch wie zwischen Sokrates und Phaidros über das, was hoch über Zweckmäßigem und bloßer Kunstfertigkeit steht — innerlich Ergriffensein.

24

Tafel 3

Marmorkopf, München, der sog. Faun, ehemals in Winckelmanns Besitz »Er ist mein Oanymedes . . .«

Tafel 4

Hermes, von Winckelmann Meleager genannt, Vatikan, Belvcdere nein Bild der Gratie holder Jugend . . .«

SYSTEMATISCHE UND GESCHICHTLICHE

DARSTELLUNG

Gut schreiben beginnt mit der Konzeption der Gedanken. Das dauernde Ansicharbeiten schließt nicht aus, daß Winckelmann, der ja kein Jüngling mehr war, als er hervortrat, in seinen Grundprinzipien sogleich fertig dasteht. Die kleine, zu seinen Lebzeiten ungedruckte Abhandlung Gedanken über den mündlichen Vortrag der neueren Geschichte entstand als Frucht seiner historischen Arbeit für den Grafen Bünau. Aber es sind darin bereits die Ansichten über Methode und Darstellung ausgesprochen, denen er in seinem gesamten Werke folgt. Seine Gedanken erwachsen auch hier, wie sonst so oft, aus dem Widerspruch. Er will loskommen von der pragmatischen Geschichte der Barockzeit, will die Geschichte der Dynastien, ihrer Kriege und politischen Verwicklungen umwandeln in eine Geschichte der Menschheit. In moderner Weise fordert er ein Zurückgehen auf die ersten und besten Quellen und Unvoreingenommenheit, besonders in religiöser Hinsicht. Aber wenn er herausstrebt aus dem Wust veralteter Gelehrsamkeit, so will er dafür auch nicht ein gleichmäßiges Registrieren im Namen der Objektivität: „Alles Subalterne gehöret in die Spezialgeschichte."89 Gewünscht wird Darstellung, Herausheben der geschichtlich bedeutenden Züge über die Einzelheiten, die Lebendigkeit und Anschaulichkeit erzielen können. Als Vorbilder solcher Darstellung nennt er Xenophon und Polybios, sie erreicht Größe: „wir sehen nichts als Gegenstände von Verwunderung."90 Nicht nur kriegerischen Taten gilt diese Bewunderung: „man sammle die Asche gütiger Fürsten." 91 Mit der Herausstellung der „außerordentlichen Köpfe", „derjenigen, so in ihrer Art groß gewesen sind, und sollte es auch eine Phryne der neueren Zeit sein"92, erzielt er eine kräftige Über- und Unterordnung, Wertung auch als künstlerisches Prinzip. Dem Wirken der Einzelpersönlichkeit wird der sich wiederholende Ablauf eines Gesamtgeschehens gegenübergestellt, der sich nach allgemeinen Gesetzen vollzieht. Indem Winckelmann die Kenntnis „der großen Schicksale der Reiche und Staaten, ihre Aufnahme, Wachstum, Flor und Fall" 93 als wesentlichen Gegenstand der Geschichte fordert, gewinnt er eine Betrachtungsweise, die statt des bloßen zeitlichen Ablaufs, statt der mechanischen Folge von Ursache und Wirkung gesetzmäßige, aber nicht berechenbare organische Kräfte aufdeckt. Er sieht diese Auffassung bei den Alten vorgebildet und von da durch die Jahrhunderte wirksam; 25

als seine Gewährsmänner nennt er später in der Geschichte der Kunst den Römer Florus und den Humanisten Scaliger94. Bei den Modernen fand er diese Gedanken besonders großartig bei Montesquieu. Mit Größe und Vergänglichkeit ist ein ergreifendes Moment gegeben, die Darstellung erreicht das künstlerische Gebiet. „Edel und erhaben"95 soll der Vortrag wirken, das gilt auch für das geschriebene Wort. Mit der oben erwähnten Forderung der Angemessenheit hängt Winckelmanns Sinn für die Eigenart der literarischen Gattung zusammen. Wie er in seinen Briefen nicht nur eine wunderbare Anschmiegung an den Charakter des anderen zeigt, sondern auch eine erstaunliche Vielfalt der Formen vom Offiziellen bis zum Intimen, vom literarischen, zur Veröffentlichung bestimmten Brief bis zum rasch hingeworfenen Zettel, so tragen auch seine Schriften unterschiedlichen Charakter, den er jeweils im Titel andeutet. Im Anfang äußert sich der Überreichtum und die Streitlust, die zur Diskussion herausfordert, in „Gedanken", d. h. nicht in einem streng zusammengefaßten abschließenden Werk, sondern in der lockeren Form des Essay. Die Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst sind Thesen, die er der Mitwelt entgegenwirft und die, in anderer Art, aber doch vergleichbar weit berühmteren, einen großen Umschwung hervorrufen. Baumecker stellt acht solcher Sätze heraus, die er folgendermaßen formuliert: 1. These: Vom Vorrang der griechischen Kunst. 2. These: Über die Notwendigkeit der Nachahmung der Antike. 3. These: Über die schöne Natur und idealische Schönheit der griechischen Bildwerke. 4. These: Über den Kontur der griechischen Statuen. 5. These: Über die Draperie der griechischen Statuen. 6. These: Über die edle Einfalt und stille Größe in Ausdruck und Stellung der griechischen Statuen. 7. These: Über die griechische Malerei. 8. These: Über den Zweck der Malerei, die Allegorie.96 Diese Gedanken sind nicht durchgehend zu einer logischen Kette ineinandergefügt, der Aufbau besteht nicht in einer Entwicklung von Folgerungen und Abhängigkeiten, sondern die acht Behauptungen sind nebeneinander aufgestellt, jede Einzelne wird von allen Seiten umkreist und angegriffen. Doch ist es bei aller Klarheit schwer, sie auf den ersten Blick voneinander zu sondern, denn sie sind kunstvoll verschränkt, es wird zurückgeblickt, wieder aufgenommen, aufs Neue und anders verbunden, besonders die drei ersten tauchen stets wieder auf, so daß man von vielfältigen Variationen über drei Themen sprechen könnte. Es entsteht so der Eindruck des Bewegten, einer inneren Spannung, ein Gefühl von Reichtum und federnder Kraft. Das ist es, was den jungen Herder diese Schrift so besonders lieben ließ, während der gereifte Goethe darin eine überwundene Stufe sah. 26

Die in knappe Form gepreßte Energie kann nicht Halt machen, der Überschwang bricht wieder hervor, verkleidet in barocker Laune in die Maske eines Gegners in dem Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung, um durch scheinbaren Widerspruch zur Entwaffnung aller möglichen Einwände und zur Bekräftigung, zu reiferer Formulierung und Erweiterung des Gemeinten vorzustoßen in der „Erläuterung der Gedanken von der Nachahmung". Der Sinn für eine solche Fiktion ist in uns nicht mehr recht lebendig, es steckt darin Freude am Formenspiel ebenso wie die alte Streitbarkeit gelehrter Fehde, die Winckelmann zeitlebens, am meisten natürlich in seiner ersten Epoche, angriffslustig und oft auch wie Luther, „beißiger denn nötig" macht. Wie gut auch stilistisch die Täuschung geglückt ist, zeigt sich darin, daß Gottsched sie nicht durchschaute. Winckelmann aber, durch Rom zu größter Zusammenfassung aufgerufen, wächst darüber rasch hinaus. Die Hauptgedanken, die ihn einmal durchdrungen haben, stehen ihm fest. Gleichsam wie Kristalle nach einem inneren Gesetz zusammengeschossen, werden sie wiederholt, tauchen in den verschiedenen Werken nur ganz leicht verändert •wieder auf als ein Evangelium, das nicht oft genug gepredigt werden kann. Aber trotzdem ist nichts von Starre, von Einförmigkeit zu spüren, weil er uns andererseits das Werden und Wachsen miterleben läßt, das Auseinandersetzen der Meinungen, das schrittweise Durchdringen des Stoffes mit dem geistigen Maßstab. So kann man beispielsweise an seiner immer wieder versuchten mühsamen Scheidung zwischen Aichaisch-Griechischem und Etruskischem das Ringen um Klarheit gut verfolgen. Seit er die großen Werke täglich selbst sehen kann, vermag er die Lehre von der Idealität der Kunst und der Vorbildlichkeit der Griechen erst in voller Tiefe zu ermessen, und nun tritt auch, durch die Denkmäler immer neu genährt, die Verbindung der Kunstbetrachtung mit dem Historischen ein. Diese Gesamtsicht festzulegen in einem für lange Zeit gültigen Bau ist die Absicht der Geschichte der Kunst des Altertums, deren Plan sich allmählich aus einer Menge von Entwürfen erhebt, und die vieles andere an sich zieht oder verdrängt. Was* Winckelmann daneben veröffentlicht, ist ein Nachklang der Gedanken und eine Probe des Kommenden. Um sich nicht zu zersplittern, lehnt er es ab, mehr für Tagesschriften zu geben, obwohl er reichlich Stoff dazu hätte und man ihn drängt. Eine Landeskunde von Italien bleibt im Entwurf stecken, ebenso geht es den verschiedenen „Römischen Briefen", die Anleitung zum rechten Reisen geben sollten. Eine besondere Rolle spielen die Briefe über die herkulanischen Entdeckungen, für die alle Kunstfreunde reges Interesse zeigten. Die „antiquarischen Relazionen" an Bianconi waren zunächst nur für den sächsischen Hof bestimmt, als Dank für das gewährte Stipendium97, aber auch die zur Veröffentlichung geschriebenen Nachrichten gaben durch die Widmung an einen Empfänger die Möglichkeit, Dankbarkeit und Verehrung auszudrücken. Hier ist die weniger geschlossene, elastische Form am Platze, geeignet, viel Stoff und Gedanken aller Art, auch 27

Polemik, zu umfassen, hier gibt sich der Stil lebhaft, leichter, ist mit allerlei Anekdotischem, Redensarten, witzigen Bildern versehen. Der Ausdruck Sendschreiben für diese Abhandlungen, den Winckelmann ebenso für seine fingierte Streitschrift gewählt hatte, zeigt, wie stark er in humanistischer Tradition steht. Bezeichnend ist diese Bemerkung an Bianconi: „Perdomi tante ciarle. La severità e la precisione dello Stile didattico, che ho studiato d'osservare nell'Operetta mia, non ammette tali osservazioni: ma non le voglio far perdere." 98 Winckelmann ist einer der größten Zeit- und Kulturkritiker und dabei ganz der Sohn seines Jahrhunderts, das nach großen Prinzipien ordnet und zusammenfaßt in Staat und Wirtschaft, in Wissenschaft und Religion wie in Gartenanlagen und Kunst, das kühnlich einreißt, um von Grund auf neu zu bauen. Auch er ist Aufklärer, wenn er die Fehler der Scribenten bekämpft, er will ein Licht der Wahrheit verbreiten, das alle „düsteren Vorgänger" als Schatten zurückdrängt. Auch er ist Empiriker, indem er sich auf Autopsie stützt. Verächtlich spricht er von den Schriftstellern, die über Kunst „aus Büchern oder vom Sagenhören"99 urteilen. Ein Reinigen von einem Wust falscher Gelehrsamkeit war nötig, wie ein Loskommen von bloßer Antiquitäten- und Kuriositätenkrämerei, von Zahlensymbolik, philologischer Spekulation und praktischer Nutzanwendung. „Die Kunst hat vornehmlich mit der Form zu tun" 100 , mit diesem Satze löst er die Kunstgeschichte von dem Hilfsdienst in Philologie und Kulturgeschichte. Damit schließt er sich den großen Systematikern seiner Zeit an. „Die Geschichte der Kunst des Altertums, welche ich zu schreiben unternommen habe, ist keine bloße Erzählung der Zeitfolge und der Veränderungen in derselben, sondern ich nehme das Wort Geschichte in der weiteren Bedeutung, welche dasselbe in der griechischen Sprache hat, und meine Absicht ist, einen Versuch eines Lehrgebäudes zu liefern." 101 Schon Herder hat in seiner Lobrede auf Winckelmann, in der er das von der Kasseler Akademie gestellte Thema erörtert, an welchem Punkte Winckelmann die Kunstwissenschaft antraf und wie weit er sie brachte, schon Herder hat ausgesprochen, daß die systematische Darstellung in der gegebenen geistigen Situation das einzig mögliche war.102 Es heißt zunächst, neue Fundamente zu legen. Ein einfaches Erzählen von Vergangenem, Geschichte von Geschehen herleitend, konnte wegen der fragwürdigen und lückenhaften Überlieferung noch nicht, wegen des geschärften kritischen Sinnes nicht mehr unternommen werden. Vor allem war eine zusammenhängende Künstlergeschichte nicht zu geben. Trotz verfeinerter Methoden, trotz so viel neuen Materials durch Ausgrabungen und Funde, Einbeziehung damals unzugänglicher Denkmäler, trotz der Weiterarbeit vieler Köpfe bleiben ja auch heute noch eine Reihe berühmter Künstler nicht mehr als Namen mit angeknüpften Vermutungen. Winckelmann will hinaus über die traditionellen, mit Atelieranekdoten und handwerklichen Geheimnissen gemischten Berichte vom Leben einzelner Künstler. Für Vasari, der diese Betrachtungsart für die neuere Zeit schuf, handelt es sich darum, die 28

Künstlerpersönlichkeit herauszuheben aus mittelalterlicher Bindung und das Artistische, den Eigenwert des Schaffens zu betonen. Winckelmann sucht wieder umgekehrt eine Verankerung der Kunst im Überpersönlichen. Der Künstler verliert nichts an Würde, insofern er dessen Diener ist, aber die Individualität tritt zurück hinter dem Wesenhaften. Es gilt, die großen ordnenden Prinzipien aufzuweisen, wir sind auf dem Wege zur Stilgeschichte, zur Kunstgeschichte ohne Namen. Die systematische Betrachtung schafft den festen Halt in dem uferlosen Meere des Stoffes, der unendlich anwächst, sobald man die in geschlossenen Kreisen um einzelne Künstler gruppierende Darstellung verläßt. Winckelmann wurzelt im Zeitalter der Enzyklopädisten und Polyhistoriker und weist hinüber in das der gewaltig anwachsenden kritischen Einzelforschung. Indem er sein System festlegt im Metaphysischen, erhält das Ganze Sinn und Richtung, das Große wie das Kleine wird angestrahlt vom Lichte der Bedeutung. Seine wichtigen Überzeugungen, gewonnen in den durchwachten Nächten im Norden, die Einsicht in den Gang des geschichtlichen Ablaufes und die Hauptgedanken der Schrift von der Nachahmung bilden jetzt zusammen das Grundgerüst der Geschichte der Kunst des Altertums, ergeben die Leitfäden, die sich in der Anordnung überkreuzen. Die historische und die kulturkritische und kunstphilosophische Betrachtungsweise vereinigen sich in seinem Lehrgebäude, jede hat wieder ihr eigenes System. Das Geschichtliche besteht in Flut und Ebbe von Wachstum, Blüte und Verfall. Der Vorrang der Griechen und ihrer Kunst läßt alle anderen Epochen wie kleine dunkle Körper in einem Planetensystem um eine strahlende Sonne kreisen. Die Lehre von der Göttlichkeit der Kunst ergibt die steile Staffel des Wertmaßstabes. So trägt Winckelmann das Systematische nicht als ein starres Schema von außen heran, sondern er deckt es auf als innewohnende Gesetzlichkeit. Die Verbindung von geschichtlichem und kunsttheoretischem Betrachten entspringt nicht einem Mangel an Klarheit, sondern der tiefen Einsicht in das Wesen alles Lebendigen, das dem Unbestand, der dauernden Veränderung ebenso unterworfen ist wie der ewig gültigen Norm. Deshalb heißt es in der Widmung am Schluß der Vorrede: „Die Geschichte der Kunst weihe ich der Kunst und der Zeit", und da Erkenntnis und Lehre nur Sinn erhalten in bezug auf den aufnehmenden und weiterwirkenden Menschen: „und besonders meinem Freunde, Herrn Anton Raphael Mengs."103 In den italienisch geschriebenen Monumenti inediti wie beim Katalog der Stoschischen Gemmensammlung ergibt sich die Anordnung von selbst als Nebeneinander und Gruppierung nach dem Inhalt der einzelnen zum ersten Male veröffentlichten Werke. Der Trattato Preliminare, der den Monumenti vorangestellt ist und in der deutschen Gesamtausgabe als Vorläufige Abhandlung erscheint, enthält die auf das Wesentlichste zusammengezogene Geschichte der Kunst; in Einzelheiten, wo Winckelmann weitergekommen zu sein glaubte, verbessert und dem italienischen gelehrten Publikum angepaßt. 29

DIE N E U E R E N SPRACHEN UND LITERATUREN Wie Winckelmanns Lebensgang aus dem Dunkel einer Provinzexistenz in die Hauptstadt der Welt führt, so ist es auch ein weiter Weg, den seine Sprache nimmt. Plattdeutsch waren die ersten Worte, die er in der väterlichen Schusterwerkstatt hörte. Die Mundart, in der er heranwuchs, war wenig geeignet, in wissenschaftlicher Abhandlung geistige Probleme, in gehobener Rede letzte Erkenntnisse auszudrücken, zum mindesten nicht, diesen Erkenntnissen europäische Geltung zu verschaffen. Vielleicht erklärt sich dadurch zu einem Teile die Bewußtheit, mit der er seinen Ausdruck formt, wie noch heute in den Gegenden besonders regelrechtes Deutsch erstrebt wird, in denen nicht nur eine mundartliche Färbung üblich ist, sondern die gebildete Sprache sich von einem echten Dialekt abheben muß. Was sich jetzt abgeschwächt im einzelnen vollzieht, das verlangte damals allgemein die geschichtliche Situation, in der das Deutsche sich befand. Jeder, der weiterhin gehört werden wollte, mußte an seiner Entwicklung mitarbeiten, ein produktives Sprachschaffen erschien — das zeigen die Besprechungen von Winckelmanns Schriften, das empfindet er selbst voll Stolz — als eine patriotische Tat. 104 Denn nochfielender Süden und Westen und das obersächsisch-mitteldeutsche Gebiet sprachlich weitgehend auseinander. Goethe erzählt in Wahrheit und Dichtung sehr anschaulich von diesem Zwiespalt, den er in Leipzig an sich erfuhr. Für Winckelmann ist die obersächsische Sprache selbstverständlich vorbildlich. Aus Rom schreibt er in einer bewundernden Schilderung Angelika Kauffmarms, daß sie „welsch so gut als deutsch spricht; sie spricht aber dieses, als wenn sie in Sachsen geboren wäre." 105 Mit den Fehlern der Dresdener Volkssprache ärgert ihn ein Korrektor: „Sein Vaterland hat er verraten durch Verwechslung des d und t." 1 0 6 In dem Streben nach Reinheit und Richtigkeit stimmt Winckelmann überein mit Gottsched, in dessen Einflußsphäre ihn sein Weg führt. Mochte das Vorbild für das Bemühen, die Sprache zu reinigen und zu normalisieren, auch die Pariser Akademie sein, die Absicht ist, das Deutsche selbständig und selbstbewußt, frei von der Vermengung mit anderen Sprachen zu machen. Dementsprechend sucht Winckelmanns erste Schrift ohne direkte Anlehnung dem Französischen an Eleganz, Treffsicherheit und gutem Ton gleichzukommen; so entsteht, was Schlegel als „leichten Anstrich französischer Wendungen"107 bezeichnet. Was Fremdwörter 30

anbelangt, so bemüht sich Winckelmann, ohne sie fertig zu werden, gebraucht sie nur, wo eine besondere Schattierung ausgedrückt werden soll: ein „svelter und zierlicher Konturn." 108 Oft steht auch das deutsche Wort, wo sich bei uns das fremde eingebürgert hat, etwa Zusammensetzung statt Komposition 109 ; in anderen Fällen erscheint ein fremder Fachausdruck geläufiger. Herder äußert sich darüber so: „Ein Winckelmann, weise und rein in seiner Schreibart wie ein Grieche — und wie? hat er nicht doch in seinen Schriften Griechische, Lateinische Wörter, ja selbst Italienische Redensarten annehmen müssen, wo es auf Charakter, auf eigentliche Art, auf einen Kunstgriff des Unterrichts ankam." 110 Seiner Natur nach ist Winckelmann gänzlich verschieden von Gottsched, der rein rationalistisch durch brauchbare Vorschriften einen Fortschritt erreichen will. Von Kunst versteht er nichts, aber die Schreibweise der Gedanken macht ihm Eindruck. Für Winckelmann ist er eine überwundene Stufe. „Gottsched ist ein elender Sünder, sein Lob könnte sogar ein Werk niederschlagen."111 Die aus der Sprachreform sich ergebenden Kontroversen betrachtet Winckelmann mit dem gleichen Ekel wie andere gelehrte Streitigkeiten, der pedantische und altfränkische Mitarbeiter am Katalog der Stoschischen Sammlung erinnert ihn später daran: „Er wäre gut zu gebrauchen in dem Kriege der Eselhaften deutschen Professors, die sich dem Teufel ergeben über ein Wort mit oder ohne h." 112 Winckelmann ist zu temperamentvoll, um Purist zu sein, zu schöpferisch, um sich in Regeln einschränken zu lassen. So nähert er sich mehr der Seite der Schweizer, die der Empfindung und Leidenschaft ihren Platz einräumen, bei denen sich ein neues Verständnis für das Dichterische anbahnt. Wie weit er sich mit den Theorien der älteren Generation bekannt gemacht hat, ist nicht nachweisbar, die jüngere trat an ihn heran. Ihre Wesenszüge lassen ihn den jungen Herder, den noch anonymen „Pindarischen Verfasser meines Lobes" der Schreibart nach für einen Schweizer halten.113 Wenn Winckelmann einen modernen Stil schreiben will, der gewandt und umgänglich und vor allem klar sein soll, heißt es den schwerfälligen Ballast abstoßen, der von der Kanzleisprache her mitgeschleppt wurde. Winckelmann kannte diese nur zu gut durch die Quellen und barocken Geschichtswerke, aus denen er für Bünau Auszüge machen mußte. Der Reichtum an Partikeln, der übermäßige Gebrauch der Bindewörter, der älterer Ausdrucksweise eigen ist und einem Charakterzug der deutschen Sprache Rechnung trägt, soll eingeschränkt werden. „Ich will schreiben wie ein Mann und nicht wie ein Schulbube."114 Das richtet sich auch gegen den platten Rationalismus, der so schreiben will, daß selbst der Dümmste es versteht: „Jener ist besorgt, daß der Leser den Zusammenhang und die Folge der Sachen nicht finde, deswegen kommt er so oft mit seinem geliebten demnach. Wo der Zusammenhang in der Sache ist, finde wer da kann, denselben." Wie Winckelmann auch hier ein früh aufgestelltes Ziel sein Leben lang verfolgt, zeigt sein kurz vor seinem Tode geschriebener Brief an Francke. Da wird der Fortschritt, den die rastlose Neubearbeitung der Geschickte der Kunst erbracht hat, gesehen 31

in der klareren Herausarbeitung der inneren Folgerichtigkeit. „Ich verstund noch nicht zu schreiben, da ich mich an dieselbe machte; die Gedanken sind noch nicht gekettet genug; es fehlet der Übergang von vielen in diejenigen, die folgen, worinne die größte Kunst besteht." 115 Die größere Straffung glaubt er an seinem italienischen Werke gelernt zu haben, ohne Zweifel sind ihm auch die alten Sprachen richtunggebend gewesen, in denen strenger als im Deutschen mit der grammatischen Form die logischen Beziehungen festgelegt sind. Die altertümlichen Züge werden bekämpft, weil sie sich als ein unklassisches Element darstellen, und solche Haltung findet den „nach altdeutscher Art mit sintemahlen und alldieweil aneinandergeketten Schul-Chrienstil"116 ebenso lächerlich wie „die Männerchen an unseren alten Domkirchen"117. Die Heftigkeit der Abstoßung entspricht bei Winckelmann der direkten Berührung mit dem Veralteten; erst nach einem gewissen Abstand ist es möglich, das Lebendige darin zu erkennen und mit dem Neuen organisch zu verschmelzen; diese Synthese bleibt Goethe vorbehalten. Andererseits trägt Winckelmann, an einer Stilwende stehend, natürlicherweise noch viel des alten in sich. Er liebt z. B. komplizierte Rückbeziehungen, die durch die verstärkten, an Kanzel- und Kanzleisprache erinnernden Demonstrativa uns schwerfällig vorkommen. Als Beispiel diene ein Satz wie dieser, wo es über die Kunst in den Werken der Alten heißt: „Aber die Mehresten gedenken zu derselben zu gelangen, wie diejenigen, welche aus Monatsschriften ihre Wissenschaften sammeln, und unterstehen sich, vom Laokoon wie diese vom Homerus zu urteilen, auch im Angesichte desjenigen, der diesen und jenen viele Jahre studiert hat". In dieser verschnörkelten Periode sind giftige Spitzen, besonders gegen Lessing versteckt. Klar und eindringlich wird sie geschlossen: „Sie aber reden hingegen von dem größten Dichter wie Lamothe 118 und von der vollkommensten Statue wie Aretino." Überblickt man den Wortschatz und die grammatikalischen Eigenheiten von Winckelmanns Sprache, so ergibt sich, daß ältere Formen neben den neueren stehen, wie es auch bei den anderen Großen der Zeit, z. B. Lessing, der Fall ist.119 Auch Bildungen, die damals bereits als fehlerhaft empfunden wurden, kommen vor, besonders in vertraulich plaudernden oder eilig hingeschriebenen Briefen. Da gibt es die doppelte Negation: „Keine Franzosen nicht"; „so bekomme ich nimmermehr nichts"; falsche Akkusative: „Ich habe den Mann in Sie gefunden"; „alles andere gehet mich so sehr nicht ans Hertz"; und anderes mehr.120 Vieles weist auf niederdeutsche Abkunft hin, ebenso wie ein Lieblingswort Winckelmanns, mit dem er, halb scherzhaft seufzend, sein mühevolles Schaffen bezeichnet: „Märteley", eine Eindeutschung von Martyrium aus einer Zeit, in der das Gesetz des Umlautes noch wirksam war121. Aber auch für seinen hohen Stil entnimmt Winckelmann schwerwiegende Wörter dem niederdeutschen Sprachgut, es sei hier nur die „Großheit" genannt, worüber später zu sprechen sein wird. Denn noch steckt im Mundarthehen natürlich bereichernde Kraft. Ebenso sind zuweilen Wörter aus zeitlich fernerliegenden Bezirken zu einer 32

neuen Wirkung gebracht, wodurch ein Eindruck des Starken und Ungebrochenen erweckt wird, ohne daß ein Archaisieren bewußt gemacht wäre. So etwa wirkt „Gebein" statt Knochengerüst oder Skelett, „das saubere Gebein einer solchen Gottheit" oder „ich sehe hier den vornehmsten Bau der Gebeine dieses Leibes" 112 . Es liegt ein bestimmter Sinn in dem, was bewahrt oder wieder aufgegriffen wird, es ergibt sich eine Menge feiner Unterscheidungen. Wenn in Wendungen wie „die Morgenröte von der Wollust", „aus dem Reichthum von tausend Griechischen Schönheiten" 123 nicht der einfache Genitiv gebraucht wird, so ist damit der partitive Charakter betont und wird von anderen Genitiven unterschieden. Durch das Abrücken von der Tagessprache entsteht eine Atmosphäre des Ehrwürdigen und Feierlichen, Lutherbibel und Gesangbuch senden auch hier schöpferische Kräfte herein. So stark Winckelmann am sprachlichen Geschehen seiner Zeit mitwirkt, als eigenwüchsig und abseitsstehend hat er sich stets empfunden. Seine Jugend fällt in die Zeit der Vorbereitung, da das Neue in Deutschland erst heranwächst. Es ist nicht nur die Abgeschlossenheit in Seehausen, die der unruhige Wanderer doch so oft sprengt, die Einsiedelei in Nöthnitz, die aber doch nahe genug an Dresden und nicht allzuweit von Leipzig entfernt ist, daran schuld, daß er ohne Kenntnis bleibt von dem neu sich regenden Leben in der deutschen Literatur. Schon 1748 erscheinen die ersten Messiasgesänge, 1753—1755 Lessings frühe Schriften bereits gesammelt in sechs Bänden. Wie Winckelmann sich zu Klopstock verhalten haben würde, läßt sein Urteil über Milton vermuten, der junge Lessing würde ihm noch weniger entsprochen haben als der reife. In leidenschaftlichem Suchen erweitert er seinen Horizont, wie die Aufzeichnungen verraten, durch die verschiedenen französischen, englischen und italienischen Autoren; Deutschland scheint nur Negatives zu bieten. Es kommen die Jahre in Rom mit den neuen Eindrücken und eigenem Schaffen, so daß er völlig ausgefüllt ist und nicht nach Norden lauscht. Der siebenjährige Krieg schließt ihn stärker von Deutschland ab, als es sonst der Fall gewesen wäre. Natürlich empfängt er Briefe, trifft auch Landsleute der verschiedensten Kreise, die meist studienhalber im Süden reisen oder auch, wie Stosch oder Angelika Kauffmann, sich dort niedergelassen haben. Doch fragt es sich, ob nicht auch mit ihnen, sobald der Kreis größer war, die Unterhaltung sehr oft italienisch geführt worden ist. Gessners Idyllen sind das erste neue poetische Werk in deutscher Sprache, das zu Winckelmann dringt. Er nimmt sie mit Begeisterung auf, kommen sie doch eben aus dem Schweizer Kreise, dem er wegen Anerkennung und großzügiger Hilfe, die ihm von dort zuteil geworden, schwärmerisch freundschaftlich zugetan ist. Er lernt das Büchlein auf der Reise nach Pästum durch seinen Begleiter^Volkmann kennen. Da sitzen die beiden Deutschen an dem einsamen Salernitanischen Meerbusen, hinter sich die öde Ebene mit den verlassenen „großen und einfältigen" Tempeln, der Jüngere trägt auswendig Stellen aus den Idyllen vor 3

Koch

33

und beide lassen sich ergreifen von den zarten Pastellbildern eines geträumten Arkadien. Winckelmann findet sie so schön, daß er sich nicht enthalten kann, daraus „Gedanken zu rauben". Er liest sieMengs vor, und dieser „freuet sich als ein eifriger Patriot unseres Volks, daß unter demselben Seelen mit so Mahlerischen, Harmonischen, zärtlichen und tugendhaften Empfindungen geboren und denen der Himmel das Talent verliehen, dieselben mit eben dem Gefühle auszudrücken und in anderen zu erwecken." Da beklagt Winckelmann sich wohl auch, daß er so abgeschnitten ist. „Ich weiß nicht einmal, was man von kleinen Wischen von mir gedruckt hat . . . Dieses zeige ich an zu meiner Entschuldigung, daß ich die Meisterstücke unserer Nation bisher nicht kenne, bei dem brennenden Verlangen nach denselben."124 Später, durch den Fürsten von Dessau, hört er mehr von deutschen Schriften, aber im großen und ganzen hat er nicht vermißt, was er nicht sucht. So bleibt er auch unberührt von vielen Elementen, die erregend und befruchtend die jungen Geister treffen und ihre Sprache gestalten helfen, wie die Neuentdeckung des Mittelalterlichen, des Volkstümlich-Nationalen, der umstürzende Eindruck Ossians und der alten Heldengesänge, die neue Auffassung der Bibel als Quelle der Poesie. Von Shakespeare, der ebenso wichtig wird, scheint er nur wenige Bruchstücke gekannt zu haben, wenn er in seiner Frühzeit auch alles notiert, was er an Äußerungen über ihn findet. An die Sonette fühlt man sich erinnert, so stark ist die Geistesverwandtschaft, wenn es am Schluß der Abhandlung von der Empfindung des Schönen in der Kunst heißt: „Genießen Sie Ihre schöne Jugend in einer edlen Belustigung ferne von der Torheit der Höfe, damit Sie sich selbst leben, weil sie es können, und erwecken Sie Söhne und Enkel nach ihrem Bilde!" „then you were Yourself again, after yourselfs decease, When your sweet issue your sweet form should bear." 125 Winckelmanns Stellung zum Englischen ist zwiespältig. Hier spürt er ein verwandtes Suchen nach dem griechischen Erbe, ein Streben, den einseitigen französischen Intellektualismus zu überwinden. Da ist vor allem Shaftesbury zu nennen, welcher, wie Winckelmann ein Nachfahre Piatos, einer materialistisch entseelten oder spiritualistisch gespaltenen Welt die Harmonie des Schönen wiedergeben will. Andere Wege geht Blackwells Untersuchung, von der wir schon sprachen, „eines der schönsten Bücher in der Welt" nennt sie Winckelmann. 1758 lernt er in Italien einen Schüler Blackwells kennen, Morison, den er so charakterisiert: „Er kann den Homer lesen und zeichnet ziemlich."126 Mit ihm will er zu Fuß durch Unteritalien, Sizilien und Griechenland ziehen. Nur Morrison gelang der erste Teil der Reise, er überließ Winckelmann seine Notizen. Aber neben solchen frischen, gebildeten, aufnahmefähigen Reisenden, die, unabhängiger als er, den Weg zu Denkmälern und Stätten fanden, die er nur mit der Sehnsucht suchen 34

konnte, neben interessanten Abenteurern tauchen auch die blasierten stumpfsinnigen Briten in Rom auf, die ihren Spleen durch die Länder tragen. Sie erscheinen ihm in antikem Sinne als Barbaren, als Hyperboräer aus kalten, nebelfinsterem Lande, in dem keine Schönheit gedeihen kann, in dem der größte Dichter nur ungestalte Schemen erfindet. Miltons Bilder sind „groß dem Ohre und klein dem Verstände."127 Später heißt es sogar „die Teufeleien des Miltons". Das Kapitel über die Schönheit in Homes Buch, das Lessing übersetzen wollte, hätte auch „ein Grönländer schreiben können", und „in die Kunst mische sich der Brite nicht". 128 Es beweist Winckelmanns Sprachbegabung, daß er sich die Kenntnis des Englischen wie des Französischen ohne eigentlichen Lehrer erwerben konnte. Auszüge aus Grammatiken, Verzeichnisse von Redewendungen, Notizen über die Aussprache, die sich in seinen Papieren finden, zeigen, wie er arbeitete. Natürlich fehlt ihm die Gewandtheit im Sprechen aus Mangel an Gelegenheit dazu. Bei den Verhandlungen mit Archinto wegen seines Übertrittes quält ihn, daß er Französisch noch „jämmerlich" spricht.129 Als der Katalog der Stoschischen Sammlung der leichteren Verbreitung wegen in der damaligen Weltsprache abgefaßt werden soll, läßt Winckelmann das Geschriebene von einem jahrelang in Florenz lebenden Franzosen durchsehen. Es zeigt sich aber, daß er selbst diesen seiner Muttersprache Entfremdeten wegen veralteter und wunderlicher Ausdrucksweise dauernd verbessern muß. Schließlich führt er nicht nur einen französischen Briefwechsel, sondern kann auch daran denken, eine neue Übersetzung der Kunstgeschichte „selbst vorzunehmen"130, da die erste, ein unberechtigter Nachdruck, voller Fehler war. Völlige Sicherheit und Richtigkeit der Sprache zeigt er in seinen Briefen ebensowenig wie im Italienischen. Daß er alles französische Wesen als dem seinen entgegengesetzt bekämpft, hat verschiedene Gründe. Es ist die Auflehnung gegen die herrschende Modesprache, die er mit anderen führenden Geistern teilt, es ist die Abwehr des zierlichen Rokoko, der höfisch gesellschaftlich orientierten, stark weiblich beeinflußten Zivilisation, von der ihn Herkunft und Erziehung ausschließen. Lange hat er darunter gelitten, daß er keine Gelegenheit gehabt hat, „sich zu formieren" 131 . Eine Reise nach Paris, die er 1741 versuchte, um dort die griechischen Handschriften zu studieren, sollte wohl auch zu diesem Ziel führen, er mußte aber schon in der Nähe von Frankfurt wieder umkehren. Der Hauptgrund der Abneigung ist aber der, daß die gekünstelten Formen dieser Zivilisation in stärkstem Gegensatz stehen zur Einfachheit und Größe der Antike. Das Zeitalter Ludwigs XIV. als klassisch, als für immer maßgebend anzusehen, heißt „mit Blindheit geschlagen sein" 132 . Die seit Descartes herrschende Überheblichkeit der Neueren über die Alten ist Sakrileg, besonders die Verachtung Homers, die in der Querelle des Anciens et des Modernes das Wort erhoben hat. Dem Rationalismus bleibt das Schöne verschlossen. Schon die französische Sprache scheint Winckelmann ungeeignet, das auszudrücken, was ihm das

35

Wichtigste ist. Von dem Phaidros des Plato schreibt er an Berg: „es ist dieses göttliche Gespräch aber nur lateinisch und welsch und niemals französisch übersetzet, weil die Empfindlichkeit dieser letzten Nation nicht bis dahin reichet. ' ' 133 Das sind eben Schwierigkeiten der Übersetzung, wie sie sich als unüberwindlich nicht nur bei Plato, sondern auch bei der Übertragung von Faust, von Werthers Leiden etwa herausstellen. Winckelmann selbst gibt schon in der Erläuterung der Gedanken eine Probe eigener prachtvoller Verdeutschung eines griechischen Textes mit der berühmten Rede des Perikles.134 Von der anderen Seite wurde die ganze Darstellungsart des deutschen Altertumsforschers vielfach als übertrieben empfunden. Wesensmäßig von ihm verschieden ist der Graf Caylus, der bedeutende Vertreter der französischen Archäologie. Dieser vornehme Amateur spricht hauptsächlich von Werken, die er selbst besitzt, sein Interesse gilt daher vorwiegend der Kleinkunst. Rein empirisch vorgehend, bemerkt er die Erscheinung des sich wandelnden Stiles: „La voie de comparaison, qui est pour l'antiquaire ce que les observations et les expériences sont pour le physicien . . . " ergibt auch für ihn „l'histoire des arts". Als Beispiel, wie außer dem Unterschied der Nation und des Temperaments eine andere Art zu sehen und zu argumentieren die Sprache bestimmt, stehe hier eine kleine Probe aus Caylus' vielbändigem Werk: „J'ai cru placer dans cette petite collection quelques verres et un grand nombre de terres cuites: outre que leur fragilité exige, ce me semble, qu'on les conserve avec soin; les morceaux de ce genre inspirent naturellement un peu plus d'intérêt que les autres, car il faut convenir que lorsqu'ils présentent des formes heureuses et un travail précis, ils servent plus que tous les passages des Auteurs â prouver le bon goût qui règnit dans une nation. Si tel peuple a fait briller cette noble simplicité qui élève l'esprit sur des vases destinés a l'usage le plus commun, quel soins n'aura-t-il pas employés en travaillant des matières plus précieuses."135 Doch war die Wirkung von Winckelmanns Werken gerade in Frankreich rasch und groß. So mäßigt sich die allerschroffste Abneigung gegen alle Franzosen in den späteren Jahren, nachdem er in Rom gelernt hatte, sich mit einigen Vertretern dieser Nation zu verstehen, auch Caylus wird von ihm in seiner Bedeutung durchaus gewürdigt. Der erweiterten Neuauflage der Kunstgeschichte will er „das Modekleid geben lassen".136 Aber für seine deutschen Schriften lehnt er selbst die Anpassung der lateinischen und griechischen Namen an die moderne Sprache ab, weil hierin die Franzosen vorangegangen sind. „Erinnern Sie den Correktor", schreibt er 1762 an Walther, „daß er mir die Nomina propria nicht nach Leipziger Art ändere, und anstatt Horatius, Homerus usw. wie ich geschrieben, nach heutiger französischer Mode setzen wolle Horaz, Homer"137. Ein paar Jahre früher hatte er in diesem Zusammenhang die starken Worte gebraucht: „Unter anderen Dingen, für die ich Gott preise, ist auch dieses, daß ich ein Deutscher und kein Franzos bin."138 Wenn er also im Gedanken an eine mögliche Unterhaltung mit, Friedrich II. schreibt: „Er wird deutsch mit mir reden müssen", so heißt das nicht 36

daß er sich sprachlich ihm nicht gewachsen fühlte, sondern bedeutet Widerspruch gegen das französische Wesen am Berliner Hofe. Ein gesamtdeutsches Kulturbewußtsein wird in diesen Jahren stark, so daß schließlich Justus Mosers Verteidigung der heimischen Literatur gegen Friedrichs Voreingenommenheit auch Goethes Meinung und Gesinnung ausspricht.139 Der im Ausland schaffende Winckelmann empfindet am ersten seine Leistung in berechtigtem Stolze als deutsch. Bitter schließt er seine anerkennenden Worte über Moses Mendelsohn: „Schade, daß er ein Deutscher ist, würde der Pozdamische Held sagen." 140 Und doch waren es Voltaires Schriften, die Winckelmann in seinem geringen Gepäck mit nach Rom führte, sie wurden ihm an der Dogana zunächst einmal konfisziert. Andererseits hält er es für törichten Zeitverlust, den „Roman des Rousseau" 141 zu lesen, wo italienische Werke so viel mehr zu sagen haben. Am Schluß des Briefes an den jungen Herrn von Berg führt er die wenigen Dinge auf, die ihm in den Jahren seiner Reife von allem Geistesgut als das Schönste und Wertvollste gebheben sind, das er dem Jüngling mitgeben kann. Nicht vieles soll er lernen nach antiker Sitte, das wenige aber auswendig, und darunter ist: „des Gravina ragion poetica"142. Schon an den Verleger Walther hatte er Gravina, dessen Tragödien „über alle Kritik erhaben" sind, genannt unter den italienischen Dichtern, die man „ohne zu lästern, den Alten entgegensetzen könnte", und von denen er wünscht, daß sie in Deutschland weiter verbreitet würden. Neben Rolli, dessen Verse er gelegentlich zitiert, rechnet er dazu als größten lyrischen Dichter Alessandro Guidi143; den „Endymione" hatte er Francke empfohlen, wenn er „etwas Erhabenes von italienischer Poesie" lesen wolle 144 . Guidi stand dem Hause Albani nahe in dessen Glanztagen. Er gehört der von Gravina gegründeten Akademie Arcadia an, die sich eine Erneuerung des italienischen Geisteslebens zum Ziel gesetzt hatte, und hier, im Kampfe gegen das abgelebte Alte und im leidenschaftlichen Einsatz für das freie, reine Neue liegt die tiefe innere Verwandtschaft mit Winckelmann. Wenn Gravina in einer Abhandlung über den Endymione 1692 sagt, daß: „tutto che per l'addietro era occupato da densa e fosca caligine, pare che a' nostri tempi, quasi da nuovo spirito desto e agitato, scuota l'antiche tenebre e con altro volo a pura e sublime luce s'innalzi"145, so begrüßt er das gleiche Licht der Wahrheit, das Winckelmann alle düsteren Vorgänger überstrahlen sah. Beide finden die Verderbnis in der Pedanterie der Schriftsteller wie im barocken Schwulst in der Kunst. In der Geschichte der Kunst schildert Winckelmann die Literatur der Alexandriner als Verfall. Kallimachos, der selbst zum Vergleich mit den homerischen Hymnen herausgefordert hat, kann nicht bestehen, wo einfache schlichte Größe der Maßstab ist. Vergleichsweise kommt Winckelmann dabei auf die neuere Zeit zu sprechen. „Da im vorigen Jahrhunderte eine schändliche Seuche in Italien so wie in allen Ländern, wo Wissenschaften geübet werden, überhand nahm, welche das Gehirn der Gelehrten mit üblen Dünsten anfüllete und ihr Geblüt in eine fiebermäßige Wallung brachte,

37

woraus der Schwulst und ein mit Mühe gesucheter Witz in der Schreibart entstand, zu der Zeit kam eben die Seuche auch unter die Künstler. Giuseppe Arpino, Bernini und Borromini verließen in der Malerei, Bildhauerei und Baukunst die Natur und das Altertum, so wie es Marino und andere in der Dichtkunst taten." 1 4 6 Auch Marino beschrieb den Apoll im Belvedere, die Verse sind ein ausgezeichnetes Beispiel für die zugespitzte Schreibweise: Quant' è bello e vezzoso questo marmoreo arder, nume di Delo, tanto fiero e sdegnoso, par che minacci e scocchi assai più dai begli ochi ire e vendette che da la man saette. e, se pontificai pietoso zelo già disarmato non l'avesse, e scarco e di quadrella e d'arco, Niobe, se ben di senso ha il petto casso, fatta ancor sasso, il temeria di sasso. Wie ist er schön und reizvoll, dieser marmorne Bogenschütz, der Gott von Delos, so stolz und voll Verachtimg, daß es scheint, er droht und schießt vielmehr aus seinen schönen Augen Zorn und Bache als Pfeile wirft die Hand. Und wenn nicht päpstlich frommer Eifer ihn schon entwaffnet hätte und beraubt des Bolzens und des Bogens, Niobe, ob ihre Brust auch schon der Sinne ledig, zum Stein geworden, würd' den Stein noch fürchten. Seine Abneigung gegen diesen Stil faßt Metastasio, der jüngere und künstlerisch lebendigste unter den Arkadiern, der einzige Dichter von europäischer Bedeutung unter ihnen, in das gleiche Bild wie Winckelmann: „quelle peste, che fra noi si chiama secentismo", ebenso, wenn von dem „morbo epidemico della scabbia dei concetti" 147 gesprochen wird. Als Krätze erscheint jetzt, was einst dem Stil Marinos die Bewunderung der Welt verschaffte, die überraschenden Einfälle, die kunstvoll ausgearbeiteten Motive, die raffinierten Bilder und Klänge. Wie der Name Arcadia sagt, soll die neue „semplicità" in einem idyllischen Hirtenwesen gefunden werden. Wie bei Gessner sollen an Stelle der höfisch feierlichen Kunst einfache Variationen schlichter Gefühle treten. Man will die semplicità, wie Winckelmann die edle Einfalt. Es ist eine gewählte, eine verfeinerte Einfachheit,

38

die seinem Sinn für das Geschliffene und Gefeilte entspricht. Die erstrebte Klarheit bestimmt Gravina für die Forderung der drei Einheiten im Drama, aber er lehrt auch Homer verstehen, Guidi schwebt der Name Pindar vor. Die Natur ist in dieser Welt der Schäfer und Nymphen, der mythologischen und geschichtlichen Heroen ganz und gar gestaltet, absolut stilisiert, nicht das Persönliche, sondern das Typische spricht. Nur ist an Stelle der starken Farben, der schweren Pracht, der weit ausholenden Gebärden des früheren Barock ruhige, durchsichtige Gliederung, helle warme Eleganz getreten. Was Winckelmann in französischem Gewände geziert und komödiantenhaft vorkommt, erscheint auf italienischem Boden natürlich in virgilischer Tradition, ein bodenständiges Heidentum. Eingeborene Musikalität und Formbegabung haben hier die Spannung zwischen Volks- und Kunstdichtimg nie so weit werden lassen, Temperament und ein allgemeiner Sinn für das Großartige lassen auch die Leidenschaft zu Wort kommen, so daß bei aller Klarheit und gewollter Regelmäßigkeit eine Welle von Musik und Gefühl diese Kunst trägt. Die frühe fertige Ausbildung der Sprache hat dem Italiener die alten klassischen Dichter nie ganz fremd werden lassen. So erscheint Dante als der Meister, der Winckelmann in die letzten Höhen und Tiefen des Italienischen einweiht. Es war "der gelehrte Giacomelli, der ihn mit ihm las und erklärte. Michelangelo, mit dem Winckelmann sich vielfach auseinandersetzt, weil er dessen Größe wohl spürt, den er aber wegen des beginnenden Barock in seinem Stil nicht ohne Widerspruch anerkennen kann, kommt ihm nahe in seinen Sonetten: „Jener hat sich mit'der Betrachtung der hohen Schönheit beschäftigt, wie man aus seinen teils gedruckten, teils ungedruckten Gedichten sieht, wo er in würdigen und erhabenen Ausdrücken über dieselbe denket." 148 Bald nach seiner Ankunft kommt es Winckelmann so vor, als habe er in Rom erst zu leben begonnen. Zuletzt ist er so fest verwurzelt, daß er auch ein kurzes Herausnehmen aus dem geliebten Boden nicht mehr verträgt. Zum völligen Einsiedeln gehört, daß das Italienische nun seine tägliche Umgangssprache geworden ist. Da ihn 1756 noch seine geringe Fertigkeit im Reden behindert149, ist er unermüdlich darauf bedacht, nicht nur „das Nötigste und Alltäglichste" sagen zu können. Er legt ein Verzeichnis von Redensarten und Sprichwörtern an, um freier zu sprechen, möchte sich auch elegant und gewählt ausdrücken können, jedenfalls kann er nach zwei Jahren nicht ohne Stolz nach Hause schreiben: „Da ich mit Prinzen und Kardinälen rede, kannst Du glauben, daß ich das Notwendigste weiß", aber auch: „Diese Sprache ist schwerer, als man sich aus Büchern einbildet, sie ist so reich als die griechische und die römische Aussprache ist schwer zu erreichen." 180 Den Ausländer hat er nie verleugnen können. Wenn er in den späteren Jahren seine vielbewunderten Führungen durch die Altertümer Roms unternahm, zu denen er nicht für jeden zu haben war, kam er mit Deutsch allein nicht aus. Italienisch wurde von den meisten der internationalen Fremden

39

verstanden, schon allein wegen seiner Verwendung in der Oper gehörte die Beherrschung dieser Sprache noch zur guten Erziehung. So möchte ihn der Kardinal Albani ganz für Rom in Anspruch nehmen und wünscht, daß er auch wie ein Römer schreibe.151 Als solcher tritt er auf in den Monumenti inediti, und doch ist auch dieses Werk deutsch gedacht und nur italienisch eingekleidet. Aus dem Zweck, in knappen Abschnitten zu den Kupferstichen unbekannte Denkmäler mit aller erreichbaren Gelehrsamkeit inhaltlich zu erklären, ergibt sich von selbst eine gewisse Trockenheit des Stils, aus der nur an wenigen Stellen, wie etwa bei dem Kopf des sogenannten Fauns, den er selber besitzt, die Wärme hervorstrahlt. Aber er stellt diesem Teil, der mit den italienischen Antiquaren wetteifern soll, den Trattato preliminare voran, wo er das Wesentliche der Kunst, d. h. sein System der Kunstgeschichte, wiederholt. Die Übertragung ist stellenweise fast wörtlich, aber indem durch die Kürzung der weitauslaufende Schwung gehemmt ist, indem durch das Weglassen der trockeneren geschichtlichen Partien das Gleichgewicht verändert ist, wirkt das Ganze sowohl übersteigert wie glätter. Als ein Beispiel diene der Abschnitt über das Verhältnis von Schönheit und Ausdruck. In der Geschichte der Kunst heißt es: „Da aber im Handeln und Wirken die höchste Ruhe und Gleichgültigkeit nicht stattfindet und göttliche Figuren menschlich vorzustellen sind, so konnte auch in diesen der erhabenste Begriff der Schönheit nicht beständig gesuchet noch erhalten werden. Aber der Ausdruck wurde der Schönheit gleichsam zugewäget, und diese war'bei den alten Künstlern die Zunge an der Waage des Ausdrucks und also die vornehmste Absicht derselben, wie das Gmbal in einer Musik, welches alle andere Instrumente, die jenes zu übertäuben scheinen, regieret; und so wie wir das Getränk, welches größtenteils mit Wasser vermischet ist, Wein nennen, ebenso soll auch die Gestalt, wenn auch der Ausdruck die Schönheit überwiegen würde, schön heißen können. Auch hier offenbart sich die große Lehre des Empedokles von dem Streite und der Freundschaft, durch deren gegenseitige Wirkung die Dinge in der Welt in den gegenwärtigen Zustand gesetzet sind: Die Schönheit würde ohne Ausdruck unbedeutend heißen können und dieser ohne Schönheit unangenehm, aber durch die Wirkung der einen in den anderen und die Vermählung zweier widrigen Eigenschaften erwächset das rührende, das beredte und das überzeugende Schöne." 152 Der ganze Abschnitt ist eine große Periode, in drei Teile gegliedert, von denen der mittelste wieder dreifach unterteilt ist. Der erste enthält die Behauptung, der zweite in der für Winckelmann typischen Art den Beweis durch Beispiele, der dritte den sich daraus ergebenden Schluß. Eine stete Steigerung durchzieht das Ganze, aber nicht gradlinig, in der Mitte werden durch das Dreifache der Beispiele gleichsam in sich selbst zurückkehrende Kurven beschrieben. Der Gipfelpunkt, den die Schönheit mit dieser lebhaften Auseinandersetzung erringt, ist wieder dreigeteilt, die drei Begriffe des Rührenden, Beredten und Überzeugenden wenden sich aufs Stärkste an menschliches Erleben, an 40

Fühlen, Denken und Handeln. .Im Trattato preliminare beschränkt Winckelmann sich auf das gekürzte Beispiel der Waage und das des Generalbasses und fügt daran sofort den Abschnitt über den Ausdruck im Gesicht des Apoll vom Belvedere, der in der Kunstgeschichte durch die Ausführungen über den Wohlstand und den heiteren Blick davon getrennt ist. „Ma siccome nell'operare non ha luogo l'indifferenza totale, cosi non potendo l'arte esentarsi di quel grado di bellezza, che la deità operante potea mostrare. Perciò l'espressione sia pure quanta si vuole, nonpertando eli' è cosi bilanciata, che la bellezza prepondera, ed è come il gravecembalo in un' orchestra, il quale dirige tutti gli altri strumenti, che sembranno affogarlo. Ciò apparisce ad evidenza nel volto della statua dell' Apollo Vaticano, nell' quale dovea esprimersi lo sdegno contro il drago Pitone ucciso dalle sue frecce, ed insieme il disprezzo, di questa vittoria. Il scavio scultore, volendo formare il più bello degli Dei, gli accennò lo sdegno dove i poeti dicono, che è risiede, cioè, nel naso, facendolo con le narici gonfie; e'1 dispresso in quel labbro inferiore tirata su, col quale s'innalza anche il mento; or son non queste due sensazione capaci d'alterar la bellezza ? No ; perchè lo sguardo di questo Apollo è sereno e la fronte è tutta placidezza." 153 Mit der Zeit muß Winckelmann selbst die Wirkung der jahrelangen Entfernung von der Heimat auf seine Sprache feststellen. Er klagt, daß er keine deutschen Schriften zum Lesen habe und keine Gelegenheit, gut zu sprechen. „Ich bin nicht sehr regelfest. Man wird mich mit meinem Plunder unter die Sprachverderber setzen." 154 Das ist wohl eine Bescheidenheitswendung. Ein anderes Mal, um seine Grobheit zu entschuldigen, benutzt er die Ausflucht, daß er mit dem deutschen Umgangston nicht mehr recht vertraut ist. „Ich würde vieles gemindert haben, wenn ich hier einen Richter in Deutscher Schreibart gefunden hätte." 1 5 5 Gelegentlich fehlt ihm einmal ein Wort. Er spricht von den Enkeln des jungen Herrn von Berg, weil ihm Neffen für nipoti nicht einfällt. 156 Er spricht von vierzehn Vierteilen, womit er Stadtteile, Quartiere meint.157 Man kann aber trotzdem nicht sagen, daß sein Deutsch in späteren Jahren Kraft und Klarheit des Ausdrucks verloren habe, noch weniger, daß es stark mit italienischen Wendungen durchsetzt sei. Er gebraucht solche fast nur im Briefe und auch nur an Empfänger, die bei ihm in Rom gewesen sind, denen er mit dem Klange der Sprache auch einen Hauch der Erinnerung an schöne Tage mitschickt, und auch nur dann, wenn er etwas Besonderes sagen will, etwas Drolliges, wie „II rè di là" für den König von England, oder etwas spezifisch Römisches wie: „um den schönen Venanzio zu sehen, qui fa la parte di donna", oder er fügt ein Sprichwort ein: „ E non v'è nessun musico chi canto bello." 158 Fremdsprachliche Fachausdrücke wie Vignettes, Bassorelievi gebraucht er natürlich, aber häufiger in der Dresdner Zeit, wo er sich viel mit anderen Kunstschriftstellern befaßt.

41

KUNSTWISSENSCHAFTLICHE

TERMINOLOGIE

Aus der Art des Gegenstandes, über den er zu schreiben hat, ergibt sich die Schwierigkeit von der technischen Seite her. Hier entfährt ihm sogar der verzweifelte Seufzer: „Ich schäme mich nicht zu bekennen, daß ich meiner eigenen Muttersprache nicht in ihrem völligen Umfange mächtig bin; und es hat mir hier an vielen Kunst- und Handwerkswörtern gefehlt, die ich leichter im Welschen hätte geben können."159 Das ist die Folge davon, daß er sich erst im fremden Lande mit dem praktischen Teil der Kunst befaßte. Er ist nun nicht einfach mit Fremdwörtern zufrieden, sondern umschreibt, wenn sich trotz allen Suchens kein deutscher Ausdruck findet, der allgemein verständlich die Sache wiedergibt. .Manches hätte sich wohl einfacher ausdrücken lassen, wenn er den Handwerksmeistern und Künstlern daheim hätte „aufs Maul sehen" können. Zum Beispiel heißt es in der Geschichte der Kunst: „Die Stücke der Flöten aus Knochen haben keine Einfügungen (hier fehlet mir das deutsche Wort) und mußten also auf ein ander Rohr oder Scheide gezogen werden."160 Oft liegt die Klippe auch darin, daß sein Gegenstand so verschieden vom modernen oder deutschen Gebrauch ist, daß das Wort in der Übersetzung ganz andere Dinge bezeichnet. So ist es der Fall bei den Türangeln, die bei den Alten Zapfen an der Tür und Vertiefungen an der Schwelle unten und am Querbalken oben sind, bei uns aber gewöhnlich in anderer Form an der Seite in der Mauer angebracht sind. „Man muß erstlich wissen, daß die Türen der Alten in keinen Haspen hingen, sondern sich unten in der Schwelle und oben in dem Balken bewegeten, und dieses vermittelst dessen, was wir Thürangeln (Cardines), aber ohne Begriffe, nennen. Es findet sich auch in keiner neuen Sprache ein bequemes und bedeutendes Wort dazu." 161 Die Angelegenheit ist ihm so wichtig, daß er sie mit einer Skizze in Kupferstich illustriert. Das Abweichen vom neueren Gebrauch macht auch die Terminologie in der Baukunst nicht einfach. Winckelmann sucht sie nach Möglichkeit deutsch zu gestalten. Die dorische Ordnung beschreibt er folgendermaßen: „Die dorischen Säulen aber sehen wir, fast von ihrem ersten Ursprünge, an gedachten drei alten Gebäuden zu Pesto, an einem Tempel zu Girgenti und an einem anderen zu Korinth; sie sind gleichsam nur der bloße Schaft von anderen Säulen. Ihre Form ist kegelmäßig oder konisch verjünget, das ist, sie laufen beinahe wie ein oben gestutzeter Kegel zu. Die zu Pesto bestehen aus vier Stücken und sind, wie die 42

anderen, gereift. Das Kapital derselben ist bloß eine flach rundliche Ausschweifung, da wo später dorische Säulen die sogenannten Eier haben, und auf derselben lieget unmittelbar die Tafel, Abacus oder Trapezium genannt, welche weiter über jenes Teil hervorspringet, als an den ältesten Tempeln in Griechenland. Dieser starke Vorsprung gibt dem Kapital eine mächtig große Gestalt . . . Die Eigenschaften der dorischen Ordnung sind die Triglyphen oder Dreischlitze, an dem mittelsten oder breitesten Gliede des Gebälks und die sogenannten Zähne, welche unter dem Gebälke hängen." 162 Für die Kannelierung gebraucht Winckelmann den Ausdruck Reifen oder gereift. Er meint damit das dafür recht passende deutsche „Riefe", das eine lange schmale Eintiefung bezeichnet, wie das Adjektiv gerieft eine Anzahl solcher parallel laufender Furchen. Da er aber den Mittelvokal diphthongiert, wohl wegen einer aus dem niederdeutschen erklärlichen Unsicherheit, so daß es mit Reifen zusammenfällt, womit es sprachlich und sachlich nichts zu tun hat, entsteht eine falsche Vorstellung. Bezeichnenderweise verläßt ihn bei dem Giebel die Einfühlung in pindarische Bildlichkeit, die sinnlich-anschauliche Ableitung des aerog vom Adler, der mit ausgebreiteten Flügeln das Gebäude schirmt, erscheint ihm zu weit hergeholt.163 Wir stoßen hier auf die Grenze, die seinem Verständnis für archaisches Griechentum gesetzt ist; ziemlich rationalistisch möchte er das Wort aus der Darstellung von Adlern im Giebelfeld erklären, deutsch gibt er es mit Gipfel wieder. Vom 14. Jahrhundert ab war im Sprachgebrauch eine. Vermengung von Gipfel und Giebel eingetreten. Während Giebel als Bezeichnung der höchsten Bergspitzen vorkommt, spricht man umgekehrt von Gipfel von dem obersten Teil des Hauses, zunächst also dem First. Daß man das Wort dann auch auf das durch die Dachschrägen gebildete Dreieck bezieht, erklärt sich wohl durch seine Anwendung auf die aufsteigenden Ziergiebel, die hoch herausragten und wirklich einen Gipfel bildeten. Damit stimmt überein, daß man das Wort hauptsächlich auf den vorderen Giebel anwendet, so daß es auch die Bedeutung Frontispiz gewinnen kann. Aber schon im 16. Jahrhundert beginnen Giebel und Gipfel sich in der heutigen Bedeutung wieder zu scheiden, so daß Winckelmanns Verwendung, bei der er wohl auch eine übertragene Bedeutung, etwa im Sinne der Krönung des Ganzen, nicht beabsichtigt, keine Nachfolge gefunden hat. „Geschnitzet" 164 wird, dem lateinischen sculptus entsprechend, auch auf Stein angewendet, für Ornamentik das alte Wort Zierde benutzt, das äußere Schönheit, Pracht, Schmuck meint. Wie stark diese Bedeutung noch in Winckelmann lebendig ist, zeigt sich in seiner Übersetzung der Periklesrede des Thukydides: (piXoxaXov/iev = wir lieben die Zierlichkeit.165 „Wenn die Zierde in der Baukunst sich mit Einfalt gesellet, entstehet Schönheit: Denn eine Sache ist gut und schön, wenn sie ist, was sie sein soll. Es sollen daher die Zierraten eines Gebäudes ihrem allgemeinen sowohl als besonderen Endzwecke gemäß bleiben." 166 Nicht in unserem Sinne von niedlich, klein, sondern als Übersetzung von elegantia sagt er Zierlichkeit, „welche in der Tat so wenig von den Alten gesuchet wurde,

43

daß das Wort, welches diese Bedeutung bei den alten Römern hatte, nur vom Putze in der Kleidung gebrauchet wurde, in späteren Zeiten deutete man allererst das römische Wort Zierlichkeit auch auf Werke des Verstandes."167 Dementsprechend meint er, wenn er die Entasis, „die Ausschweifung, welche Vitruvius nennet", verwirft: „Dieser Bauch gibt den Säulen keine Zierlichkeit."168 Größere Schwierigkeiten entstehen bei der theoretischen Terminologie, weil dabei Ausdruck und Gedanken sich ganz genau decken müssen. Die Neuheit des Gegenstandes zwingt schöpferisch zu sein. Gerade hier zeigt sich Winckelmanns Eigenart, weil er nicht mit einem französischen, italienischen oder lateinischen Wort in etwas von anderen schon Vorbereitetes hineinschlüpft, sondern von Grund aus eigen und deutsch baut. Er bleibt damit frisch, beweglich, vermeidet den Fachjargon, der in eine Art Geheimsprache ausarten kann. Zuweilen ist er so individuell, daß man sehr auf seinen Wortgebrauch achten muß, wenn man nichts Falsches hineinlesen will. Von neueren Lesern wird er andererseits oft mißverstanden, weil er sich an die vom Heutigen abweichende Terminologie seiner Zeit hält. So ist es etwa mit dem Wort Zeichnung. Er nimmt es in dem üblichen Sinne für ein Kunstwerk in Linien auf der Fläche. In seiner systematischen Darlegung bedeutet es aber, wie auch sonst in der Kunsttheorie des 18. Jahrhunderts, einen weit umfassenderen Begriff, soviel wie Wiedergabe, Darstellung, Bildung überhaupt. In diesem Sinne spricht Winckelmann von der Zeichnung des Nackten oder der Zeichnung der Gewänder, wobei es sich doch immer um Plastik handelt. Als Synonym gebraucht er auch Abbildung: „In diesem zweiten Abschnitte von dem Wesentlichen der griechischen Kunst ist, nach der Zeichnung der menschlichen Figuren, mit wenigem die Abbildung der Tiere zu berühren."169 Man würde ihn also mißverstehen, wenn man dem Worte Zeichnung eine unplastische lineare Kunstauffassung entnehmen wollte. Für die linearen Elemente gebraucht er Umriß, Contour, Umschreibung. I tre arti del disegno besagt im Italienischen die drei bildenden Künste. So werden Malerei, Zeichnung, Plastik zusammengenommen der Baukunst gegenübergestellt, „. . . welche vornehmlich mit Maß und Regel zu tun hat, eine angewiesenere Vorschrift als die Kunst der Zeichnung insbesondere hat." 170 In der Ausdrucksweise zeitgenössischer Kunstbetrachtung bewegt sich Winckelmann auch, wenn er für die Eigentümlichkeit eines Werkes oder Künstlers, für die besondere Machart zunächst das Wort Manier gebraucht. Die „neuere Manier der großen Partien in Gewändern" wird der „Manier der Alten" gegenübergestellt.171 Was die „Herkulanerinnen" in Dresden besonders schätzbar macht, „ist die große Manier in ihren Gewändern"172. Gerade für solche Bezeichnung einer bestimmten Höhenlage der Darstellung kannte Winckelmann aus der antiken Rhetorik und Poetik und ihrem Nachleben den „Stil". So wendet er das Wort auf sein eigenes Schaffen an, die Apollbeschreibung „erfordert den höchsten Stil"173. Diesen Begriff Stil auch auf die bildende Kunst zu übertragen entspricht Winckelmanns U

Streben nach Gleichstellung der Plastik mit Dichtung und Philosophie. In den Gedanken redet er von der „in hohem Stile gearbeiteten Agrippina" 174 . Für die persönliche Äußerungsform wird schon in der Dresdener Gemäldebeschreibung „ S t y l " gebraucht. „Titian hat seinen Styl mehr als einmal verändert."" 5 Dann scheint das damals Mode werdende Wort Geschmack das Neue aussagen zu können, das Winckelmann meint. Der Sinn der Nachahmung ist, den neueren Werken „einen erhabenen Geschmack des Altertums zu geben" 1 7 6 , das bedeutet die Begründung des klassizistischen Stils. Die 1756 von ihm angekündigte Schrift Vom Geschmack der griechischen Künstler sollte auch kunstgeschichtlich ausgerichtet sein: „. . . z. E. man wird beweisen, daß der Farnesische Herkules nach Augusti Zeiten gemacht ist." 1 7 7 Aber in dem Klärungsprozeß, in dem aus den verschiedenen Plänen die Geschichte der Kunst hervorgeht, erweist sich „Geschmack" als einem anderen Sinngehalt verhaftet, von dem später noch zu sprechen sein wird. Völlige Klarheit und Sicherheit im Gebrauch ist erreicht in der Geschichte der Kunst: „ . . . Das zweite Stück dieses Abschnittes handelt von dem alten ursprünglichen Styl der ägyptischen Kunst . . . Überhaupt betrachtet, nimmt man drei Verschiedenheiten, Manieren oder Style wahr." 1 7 8 Zu welcher Differenzierung Winckelmann gelangt, zeigt sein Urteil über einige archaische Werke, die er allerdings mit etruskischen vermengt: „Dieser zweite Styl ist auch, wie man itzo redet, maniriert zu nennen, welches nichts anderes ist, als ein beständiger Charakter in allerlei Figuren." 1 7 9 Die griechische Blütezeit teilt sich in den großen und den schönen Stil: „Praxiteles, in und mit dem der zweite und schöne Styl der griechischen Kunst sich anhebet." 1 8 0 Die vergleichende Betrachtung der Werke läßt Winckelmann fortan Stil in der mehrfachen Bedeutung von individuellem Stil, Nationalstil, Zeitstil und von Einstellung oder Haltung gebrauchen. Damit erhält die Kunstwissenschaft ihren Kernbegriff in seiner zugleich umfassenden und spezifischen Bedeutung. Im allgemeinen hilft es Winckelmann, daß er sich bei den theoretischen Ausführungen nie sehr weit von der Anschaulichkeit entfernt. Dadurch, daß er sich nicht bequem in ausgefahrenen Gleisen fortbewegen kann, die einzelnen Worte, auf ihre Brauchbarkeit prüfen und an ihren Platz stellen muß, wirkt er so unvermittelt und unbefangen. E r will nicht für Bibliotheken und Künstlerateliers schreiben, sondern wendet sich an den Liebhaber, an jeden gebildeten Menschen. Das Lebendigmachen des Vergangenen streift den Anachronismus. E r spricht von der Weste, wo es sich um einen Chiton handelt W1 , und fragt, ob das griechische Frauenzimmer in den besten Zeiten von Griechenland seidene Kleider getragen habe. 182 Inzwischen hat der Historismus die griechischen Bezeichnungen gebräuchlicher gemacht, oder man nimmt ganz allgemeine Ausdrücke wie Gewand. Anders verhält es sich, wenn Winckelmann vom Diskuswerfen sagt: „Im übrigen war dieses, wie wir reden würden, ein ritterliches Spiel;" 1 8 3 hier charakterisiert er bewußt durch die Gleichsetzung zweier Lebenshaltungen.

45

LATEIN UND W I N C K E L M A N N S B I L D U N G S G A N G Die Notwendigkeit, sich eine wissenschaftliche Terminologie neu zu schaffen, teilt Winckelmann mit anderen Geistern seiner Zeit. Wir sind hier im Prozeß des Losringens von der lateinischen Sprache, noch haben sich die von Thomasius und Wolff begonnenen Bestrebungen nicht allgemein durchgesetzt, viele der Vorlesungen und Bücher bedienen sich der alten Gelehrtensprache. Selbstverständlich beherrscht Winckelmann das Latein so weit, daß er sich wie andere ausdrücken kann. Darin stellt er sich z. B. auch dem Grafen Bünau vor in seinem zweiten Briefe, nachdem er den ersten französisch abgefaßt hatte. 184 In den Jahren 1760—1761 arbeitet er an zwei lateinisch geschriebenen Abhandlungen, über griechische Münzen und über den Stil der griechischen Plastik vor Phidias.185 Mit ihnen will er sich in der zünftigen Gelehrtenwelt ausweisen und vielleicht eine stärkere Sicherung seiner Existenz erreichen; beide blieben unvollendet. Andererseits hatte er ja als freier Schriftsteller begonnen, der sich an ein größeres Publikum natürlich nicht auf Lateinisch wenden konnte, wenn er Erfolg haben wollte. Das Eigenste kann er nicht in den Fesseln einer toten Sprache ausdrücken: „Volendo scrivere in una Lingua morte e come avendo a correre diponi a piedi le pastoje"186, hat er sich notiert. Schließlich läßt mit dem Wollen auch das Können nach. Klassische Latinität erzielt sein Stil nicht. Dem wissenschaftlichen Deutsch der Zeit merkt man häufig seine Herkunft noch allzusehr an, es ist beladen mit fremden Fachausdrücken, unselbständig im Satzbau. Latinismen sucht Winckelmann in bewußter Abwehr zu vermeiden, zuweilen kommen indes Wendungen vor wie „die gearbeitet zu sein irrig vorgegeben werden"187, oder „ohne je gedruckt zu sein gewünscht zu haben"188, oder wörtliche Übertragungen „die verstreuten Glieder dieses Dichters gesammelt"189. Eine andere Erscheinung, von der Winckelmann sich lossagt, ist die Überladung des Textes mit Zitaten. Man möchte belesen, tief und gründlich wirken und ist doch nur weitschweifig und ermüdend. Die moderne Art wissenschaftlichen Zitierens mit genauer Quellenangabe kennt er nicht, einen nichtantiken Autor nennt er meistens nur, um ihm zu widersprechen. Die „stolzen Pedanten und die gelehrten Fürsteher"190 verachtet er. Sein Studium der Engländer und Franzosen hat ihm ein anderes Ideal gezeigt. Umgänglich und weltmännisch soll der Schriftsteller auftreten, nicht mit schwerer Gelehrsamkeit erdrücken, sondern den Leser 46

gleichsam nur an die Kenntnisse erinnern, die er schon besitzt, und dabei doch neue und gut gegründete Gedanken bringen. Besonders in seiner ersten veröffentlichten Schrift bemüht Winckelmann sich bewußt, die gelehrte Fundamentierung nur durchblicken zu lassen. Vor allem bedeutet ihm die Beziehung auf die Alten mehr als ein Anbringen von Lesefrüchten. Wie Friedrich Nietzsche ist er von einer anderen Art Wissenschaft durchdrungen und, wie er, einer der größten Professorenhasser. In seiner Auseinandersetzung mit der Welt der Universitäten liegt die Gereiztheit gegen etwas, dem er einmal verhaftet war, das ihm aber nicht das Erwartete gebracht hat. Winckelmanns Bildungsgang ist der übliche eines mittellosen Studenten, von der Lateinschule angefangen bis zu dem aus äußeren Gründen ergriffenen Studium der Theologie in Halle, wo der gefühlsstarke Pietismus vorherrscht, aber auch nüchterne Richtungen vertreten waren. Wenn auch ein widerwilliger Hörer, „Pseudotheologus"191 nennt er sich selbst, so wird er doch vertraut mit den Mitteln des Lehrens und Predigens, der überzeugenden und rührenden Auslegung eines Textes, des Beweises einer geglaubten Wahrheit, die ihm bei der Vertretung seiner eigenen Einsichten unbewußt zur Seite stehen als die letzten noch lebendigen Ausläufer antiker Rhetorik. So ist etwa das zweite Kapitel vom vierten Buche der Geschichte der Kunst, „Von dem Wesentlichen der Kunst", ganz wie eine Predigt aufgebaut, mit einem großen Bild, der „eingebildeten Versetzung nach Elis" am Anfang, mit captatio benevolentiae und dem Aufruf zu Sammlung und Erhebung des Geistes, mit Anrede an die Gemeinde: „mein Leser", dann folgen die Ursachen des Abfalls vom wahren Glauben und schließlich der wahre Glaube selbst, begründet durch eigenes inneres Erlebnis, durch Schriftstellen, d. h. Cicero, Ennius, Euripides, durch Beispiele aus dem täglichen Leben, aus der Geschichte, Einholen der allgemeinen Zustimmung.192 Natürlich fehlen in Winckelmanns Sprache auch im einzelnen Wendungen nicht, die an Lutherbibel und Gesangbuch erinnern: „Durch die Finsternis der schrecklichsten Nacht wollte ich gehen" 193 , „aus der Fülle meiner Seele" 194 , oder „Ihr Lob ist wie ein Morgenthau dem dürren Lande"195. Die Unbefriedigung des aufgezwungenen Faches und das rastlose Suchen seines Geistes läßt Winckelmann in allen Gebieten herumhören. Das kurze medizinischnaturwissenschaftliche Studium an der Universität Jena macht ihn mit der exakten Methode bekannt und lehrt ihn den Wert der Hypothese schätzen, die er auch für die Kunstgeschichte als nutzbringend ansieht. Der selbstverständliche Aufbau aller Bildung auf dem Lateinischen, dem sich das Griechische des Neuen Testamentes wegen anschloß, bedeutet jahrelange Schulung des Geistes und Schärfung des Sprachgefühles durch die Strenge und Folgerichtigkeit, den Reichtum und die Ausdruckskraft der alten Sprachen; sie selbst aber wurden mehr als Mittel zum Zweck angesehen, besonders in Halle, wo der preußische Staat sich brauchbare Juristen und nicht zu orthodoxe lutherische Geistliche heranziehen 47

wollte, bestand für die humanistischen Fächer kein tiefgehendes Interesse. Doch konnte Winckelmann bei Joh. Heinr. Schulze, der einen Teil seines akademischen Lebens Medizin, den anderen Philologie lehrte und aus persönlicher Liebhaberei eine Münzsammlung anlegte, Erklärungen griechischer Dichter hören, u. a. eine vergleichende Betrachtung von Theokrit und Vergil, in der die Abhängigkeit der Römer von den Griechen gezeigt wurde. Hier erwirbt Winckelmann nicht nur das Rüstzeug für den Schulberuf, der sich als Ausweg bietet, da ihm das Predigen zu sehr widerstrebt, sondern auch soviel Methode und Kenntnisse, die er in rastlosem Selbststudium erweitert, daß er sich für einen guten Philologen halten konnte. Besonders seine Kommentare zu Sophokles erschienen ihm wertvoll. Gelegentlich laufen ihm Irrtümer unter, weil er bei seiner ungemeinen Belesenheit meist aus dem Kopfe zitiert und weil er sehr rasch im Kombinieren ist. Vor allem ist ihm die Philologie ja nicht Hauptstudium und Zweck, er schätzt sich glücklich, „die wenige Zeit des Lebens nicht in alten abgegriffenen Handschriften verloren zu haben"196. Andererseits glaubt er, durch richtige Erklärung verschiedener Kunstwerke auch zur Lösung philologischer Probleme beigetragen zu haben. Als Grundlage ist das Streben nach einem unverfälschten Text selbstverständlich, so wie er die Statuen von den neueren Ergänzungen reinigen möchte, und ein Erläutern aus dem wahren Geiste des Altertums, der nur aus allen Äußerungen zusammen, den sprachlich literarischen wie den bildlichen, geschöpft werden kann. Darüber hinaus soll die Antike auch den modernen Ausdruck formen und dabei ist nicht alles Überlieferte gleichwertig, die normative Einstellung überwiegt die objektive. „Man kann nicht sehr schlecht schreiben, wenn man erstlich in den Schriften der Alten anmerket, was man wünschet, daß sie geschrieben und nicht geschrieben hätten." 197 Horaz dankt der Muse, daß sie ihn lehrt, als erster äolisches Lied in römischer Zunge zu singen. Winckelmann bittet sie um Beistand, wenn er sich müht, der Größe Homers in Deutschland wieder Anerkennung zu verschaffen: „Musa, meae precor ex Pindo illabere menti Roreque Castalio tempora sparge mihi Maeonii vatis lecturo carmina docto Qui civium solus volvo legoque senem. Meque vobis curae vane nisi auguror esse, Per me fama locis his viget alta senis."198 Sich in Versen ausdrücken zu können, war etwas, was man damals von einem guten Lateiner verlangen konnte. Die Winckelmannschen unterscheiden sich von vielen Übungen dieser Art durch ihre innere Leidenschaft. Mit dem heiligen Ernst des Jugendalters spricht er, noch in schülerhafter Form, doch ganz klar das Ziel seines Lebens aus. Dem Griechischen, dessen Studium in Deutschland seit Melanchthons Tagen so weit zurückgegangen war, daß es seltener als Gold erschien, 48

dessen eingehende Kenntnis man sich in der Altmark nicht einmal mehr erwerben konnte, dem Griechischen gilt seine Hingabe. Er gibt damit der deutschen Klassik den eigenen Charakter und scheidet sie von dem Humanismus der romanischen Länder der sich in natürlicher Tradition auf der Kultur des alten Imperiums aufbaut. Zu Winckelmanns großen Enttäuschungen in Seehausen gehört, daß es ihm nicht glücken konnte, dort mit seiner Lehrtätigkeit die Keimzelle einer neuen griechischen Wissenschaft zu bilden. Es fehlten dazu sowohl die geeigneten Schüler wie auch das Interesse der Vorgesetzten. Schon in jenen Tagen bereitet sich in ihm die Wendimg zur bildenden Kunst vor. Aber als er dann ihren Werken endlich gegenübertreten kann, erscheint ihm die griechische in den meisten Fällen nur mehr oder weniger verhüllt in den römischen Kopien und Umbildungen, da ihm der Weg nach Griechenland nicht gelingt und zahlreiche Originale noch der Boden deckt. Und wenn er nun, zum Geschichtsschreiber geworden, den Eigenheiten der Werke, den Persönlichkeiten und den Absichten der Künstler nachforscht, so ist er wieder, da des Polyklet Kanon und des Iktinos Schrift über den Parthenon und unendlich Wertvolles mehr verloren sind, in starkem Maße auf das angewiesen, was die lateinische Bildung aufgenommen und überliefert hat. Er stößt damit auf einen sehr komplizierten Bestand, dessen Auflösung ihm natürlich noch nicht möglich ist, ja, sich als Fragestellung noch gar nicht darbietet. Es ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit, Winckelmanns Verhältnis zu seinen antiken Quellen eingehend zu untersuchen, berührt kann hier nur werden, was für die Bildung seines Ausdrucks wesentlich ist. Bei durchaus wacher Kritik, wie sein Verhältnis zu Vitruv zeigt, übernimmt er dankbar die Nachrichten ohne zu erörtern, wie weit sie ihn über die darin steckende hellenistische Gelehrsamkeit zu den klassischen Quellen führen mögen. Ohne abzuwägen, wie die Kunsturteile, etwa bei Cicero, bei Plinius, bei Quintilian von dem jeweiligen Stadium der Assimilation des Griechischen abhängen, wie stark sie vom sich wandelnden Geschmack der Kaiserzeit gefärbt sein mögen oder von den stilistischen Untersuchungen der Rhetorik bestimmt sind, schließt er sich eng an sie an, so daß zuweilen auch die eigene Form davon beeinflußt scheint. Immer wieder, und das werden wir im einzelnen noch zu zeigen haben, schmilzt er das Aufgenommene zu etwas Neuem um. Da er durch das Römische hindurchlauscht, ist es verständlich, daß ihm dessen Eigenwert nicht so hervorragend erscheint, und, so vertraut ihm seine Dichter, besonders Horaz sind, den der Kardinal Albani besonders hebte, im allgemeinen bereitet Winckelmann die Ansicht vor, die Herder ausdrückt: „daß die lateinische Sprache nicht mehr für die Sprache Apollos gilt." 199

4

Koch

49

G R I E C H I S C H U N D DAS V E R M Ö G E N D E R

SPRACHE

Die Sprache Homers gibt die Einsicht in das Wesen, die Fähigkeit und Schönheit der Sprache überhaupt. Winckelmann geht nicht vom Verstandesmäßigen, von Übermittlung von Gedankeninhalten aus, sondern von der sinnlichen Erscheinung, dem Klang. "Über das Lateinische führt er das Zeugnis eines griechischen Kirchenvaters an, daß „die römischen Gesetze in einer Sprache, die schrecklich klinge, geschrieben wären". 200 Aber das begnadete Volk, das unter dem günstigsten Himmel die schönste körperliche Bildung entwickelte, wurde auch mit der wundervollsten Sprache bedacht. Der Zusammenhang besteht ganz konkret in einer besondersgeeigneten elastischen Beschaffenheit der Sprechorgane. Der Wohlklang ergibt sich aus der Vermeidung jeder Härte, aus dem harmonischen Verhältnis von Konsonanten und Vokalen; dagegen sind die nordischen Sprachen alle mit Konsonanten überladen. Auch beim gewöhnlichen Sprechen kann im Griechischen ein rhythmisches Maß eingehalten werden, es ist durch alles das von Natur aus eine poetische Sprache. Vokalreichtum und Rhythmus verschaffen ihr eine von anderen unerreichte sinnliche Ausdruckskraft, geben ihr die Möglichkeit: „durch den Klang und die Folge der Worte aufeinander die Gestalt und das Wesen der Sache selbst auszudrücken. Zwei Verse im Homer machen den Druck, die Geschwindigkeit, die verminderte K r a f t im Eindringen, die Langsamkeit im Durchfahren und den gehemmten Fortgang des Pfeils, welchen Pandarus auf den Menelaus abschoß, sinnlicher durch den Klang als durch die Worte selbst. Man glaubet, den Pfeil wahrhaftig abgedrücket durch die Luft fahren und in den Schild des Menelaus eindringen zu sehen." 201 Es ist hier etwas anderes gemeint als die bekannte Lautmalerei, die einen hörbaren Vorgang akustisch nachzuahmen strebt. Das zeigt das zweite von Winckelmann genannte Beispiel: „Die Beschreibung des vom Achilles gestelleten Haufen seiner Myrmidoner, wo Schild an Schild und Helm an Helm, und Mann an Mann schloß, ist von dieser Art". Durch hohe oder tiefe, breite, spitze, volle, flache, runde, helle oder dunkle Vokale, durch gedrängtes, gedehntes, singendes, abgehacktes, eilendes oder schleppendes Maß wird ein körperliches Gleichschwingen hervorgerufen, ein Mitgehen des ganzen Menschen. Es ist damit an Probleme gerührt, welche zur selben Zeit die deutschen Dichter beschäftigen, die um neue Versmaße ringen und in den antiken belebende Vorbilder suchen, aber auch die Übersetzer, die Homer eindeutschen wollen. Da hier d a s

50

Eigentümlichste der Sprache und des Dichters liegt, meint Winckelmann: „die Nachahmung derselben ist allezeit unvollkommen geraten. Ein einziger Vers enthält diese Beschreibung. Man muß ihn aber lesen, um die Schönheiten zu fühlen". Lautlesen ist hier gemeint. Lautlesen war dem Altertum selbstverständlich, die Einheit von Ton, Rhythmus, Mimik und Gebärden sollte nicht nur in der Dichtung, sondern auch in der Prosa wirken. Noch im späten Altertum fiel es auf, wenn jemand ohne zu sprechen für sich las. 202 Nur beim Vortrag kann das musikalische Element der Sprache voll verstanden werden, ihre ganze Macht, die den Alten zu Gebote stand, welche die Neueren sich durch Besinnung und Aufhorchen erst wieder aneignen müssen. Bei Herder heißt es: „Wohl den Schriftstellern unter uns, die da schreiben, als ob sie hören, die da dichten, als ob sie sängen." 203 Winckelmann, als ein Augenmensch, setzt Ton und Farbe gleich und nennt die sinnliche K r a f t der Sprache, die unvermittelt erlebt wird, in der Geschichte der Kunst malerisch. „Ihre Dichter, vom Homerus an, reden nicht allein durch Bilder" (d. h. reden eine bilderreiche Sprache), „sondern sie geben und malen auch Bilder, die vielmals in einem einzigen Worte liegen und durch den Klang desselben gezeichnet und wie mit lebendigen Farben entworfen werden". 204 Die Träger dieser Klangfarben sind die Vokale, und so scheint ihm die Sprache der Griechen unter dem „wollüstigen ionischen Himmel" die allerglücklichste zu sein, da ihr Dialekt noch vokalreicher und dadurch sanfter und mehr musikalisch wurde, während er im Sendschreiben über die Gedanken in gegnerischer Auffassung als schon entartet und spielerisch dargestellt wird. Aus Blackwell, mit dem Winckelmann in der Betonung des Wohllautes stark übereinstimmt, hatte er aufgezeichnet, daß Virgil es aufgegeben habe, ein Epos aus der römischen Geschichte zu schreiben, weil es unmöglich sei, die lateinischen Eigennamen in ein heroisches Versmaß zu bringen. Zum Vergleich führt Blackwell Boileaus bekannte Verse an, die den Barbarismus der holländischen Eigennamen verspotten. 205 Bei aller Betonung des Sanften und Wohllautenden fehlt Winckelmann nicht der Sinn für die gewaltige Kraft, die dem Griechischen möglich ist, gerade durch die reine Verwendung der ursprünglichsten und eigensten sprachlichen Mittel. „Der Begriff von der Sprache würde bei dem allen unrichtig sein, wenn man sich dieselbe als einen Bach ohne alles Geräusch (eine Vergleichung über des Plato Schreibart) vorstellen wollte; sie wurde ein gewaltiger Strom, und konnte sich erheben wie die Winde, die Ulysses Segel zerrissen. Nach dem Klange der Worte, die nur einen drei- oder vierfachen Riß beschrieben, scheinet das Segel in tausend Stücke zu platzen." 2 0 6 Winckelmanns eigene Sprache sucht sich nach solchem Vorbild zu richten. Nicht nur, daß er die klingenden Endungen der Verbformen weitgehend beibehält, blühet, bedecket, erleget u. ä. sagt, sondern er möchte vor allem an den Stellen, wo sich erhöhtes Gefühl äußert, den musikalisch-malerischen Klang des Griechischen erreichen. So heißt es im Entwurf zur Beschreibung des Apoll vom Belvedere: „Zorn schnaubet aus seiner Nase und Verachtung wohnet auf seinen 4«

51

Lippen: aber sein Auge ist wie das Auge dessen, der den Olympus erschüttert, und in einer ewigen Ruhe wie auf der Fläche eines stillen Meeres schwebet" 207 ; stärker, kontrastreicher, tönender, während in der Ausführung: „der Unmut, welchen er in sich ziehet, blähet sich in den Nüstern und tritt bis in die stolze Stirn hinauf" 208 , ganz anders nuanciert und in kleineren Schritten rhythmisiert ist. Meisterhaft das wogende Auf und Ab in der Beschreibung des Torso im Belvedere: „So, wie in einer anhebenden Bewegung des Meers, die zuvor stille Fläche in einer neblichten Unruhe mit spielenden Wellen anwächset, wo eine von der anderen verschlungen und aus derselben wiederum hervorgewälzet wird: eben so sanft aufgeschwellet und schwebend gezogen fließet hier eine Muskel in die andere, und eine dritte, die sich zwischen ihnen erhebet, und ihre Bewegung zu verstärken scheinet, verlieret sich in jene, und unser Blick wird gleichsam mit verschlungen."209 Aber auch die eindringliche Wirkung einzelner Wendungen beruht auf ihrer Tonfärbung wie z. B. „dunkle verworrene Rührungen" 210 , in die die Neigungen in der Jugend „eingehüllet" sind. Bei dem völligen Hineinleben in die alte Sprache ist es natürlich, daß sie leitend zur Seite steht, auch bei der Auswahl und der Neubildung von Worten, wie sie Kraus 2 1 1 , soweit Homer in Frage kommt, zusammengestellt hat. Dabei führt Winckelmann ein sicherer Instinkt, wie weit in den Grenzen der deutschen Sprache gegangen werden darf, ohne fremd und dunkel zu werden. Verbindungen mit immer — , wie „immerwährender Frühling", die an das Griechische anklingen, finden im Deutschen bereits ihresgleichen vor, etwa immergrün. Die Verbindungen mit wohl — , dem griechischen entsprechend, sind z. B. in wohlgeboren schon vorhanden; der Wohlstand, der sonst im Deutschen für Reichtum und Gedeihen gebräuchlich ist, wird von Winckelmann für schöne Körperhaltung angewendet. 212 Wenn er dem griechischen (poQog = tragend entsprechend eine Verbindung lasttragend schafft, so empfindet er es als inneren Widerspruch, dieser starken positiven Bildung die Negation im direkt vorzustellen. Er verbessert selbst „unlasttragende Regung" in „keine Last tragende Regung" 213 . Das Griechische kann mit einem Worte ausdrücken, wozu im Deutschen mehrere gebraucht werden. %OQIroßkeyaoog übersetzt er: „auf dessen Augenlidern die Gratien wohneten." 214

52

DIE ERSCHEINUNG D E S GOTTES Was ihm Dichtung wirblich zu sagen hat, erfährt er durch die Griechen, die sein ständiger Umgang sind. Zu zahlreich, um aufgezählt zu werden, sind die Äußerungen, die uns zeigen, wie oft und wie immer vertiefter und mit neuer Begeisterung er sie las. Als Inbegriff feierlich gesteigerter Ruhmeserhebung gilt dem Altertum und den Folgenden Pindar. Für Winckelmann wie für seine Zeitgenossen heißt „pindarischer Stil" soviel wie begeisterter gehobener Ton. Als Meister darin erscheint der Sänger bei Horaz, der den dichterischen Reichtum mit der überwältigenden Macht eines angeschwollenen Bergstromes vergleicht.215 Diese Auffassung spricht mit bei den Späteren. Wie immer bei solchem Weiterleben handelt es sich um ein Aufnehmen dessen, was im eigenen Streben Widerhall erweckt. Klopstock und die Seinen deuten das numerisque fertur lege solutis als eine Aufforderung, sich selbst frei in ungebundenen Rhythmen zu ergießen, sie suchen und finden etwas altertümlich Dunkles und Starkes, etwas wahrhaft Poetisches, das die abgegriffene Klarheit des Rationalismus überwindet. Der bei aller Besonderheit doch in einer Ordnung geborgene Chorliederdichter wird für Hamann ein Naturgenie, für Goethe bringt die selbständige und eigenwillige Auseinandersetzung mit ihm eine schöpferische Überfülle. Dagegen wurde die spätbarocke Dichtung von dem Reichgeschmückten, Verschränkten, Ungewöhnlichen bei Pindar angezogen, soweit sein Name nicht überhaupt schon leere Floskel geworden war. Wenn Herder in einem neuen historischen Verständnis dieser sogenannten dithyrambischen Dichtung die religiöse Ergriffenheit des alten Dionysosdienstes gegenüberstellt, gedenkt er Winckelmanns.216 Was dieser in Pindar und mit Pindar zusammen sieht, zeigt die Steigerung in folgendem Urteil über ein erotisches Buch: „Aber es ist von einem Meister in der Kunst, von einem Kopf von zärtlicher Empfindving und von hohen Ideen, ja in einem erhabenen Pindarischen Stil geschrieben."217 Mit dem Lobpreis der Sieger in den Wettspielen gibt der Dichter die Anschauung agonalen Lebens, aus dem Winckelmann die 53

Blüte der Plastik hervorgehen läßt. Ebenso leibhaft und unzersetzt ersteht der Mythos, da Pindar in echter Frömmigkeit von Göttern und Heroen singt, welche die wilden mißgestalteten Schrecken barbarischer Vorzeit niederwerfen. Auch das Einfügen von Sprüchen allgemeingültiger Weisheit muß Winckelmann bedeutsam angesprochen haben. Dennoch kann man sagen: Keiner von den alten Dichtern steht Winckelmann so nahe wie Homer. Wie für das Altertum ist er für ihn der Dichter schlechthin, ohne Beiwort kenntlich, und wenn ihm eines gegeben wird, heißt es, ebenfalls nach antikem Vorbild, „der Göttliche". Alle ihm ehemals geweihte Bewunderung läßt Winckelmann neu in sich aufglühen. Den Wert der geschichtlichen Epochen mißt er an dem Grad der Verehrung, die sie dem blinden Sänger entgegenbringen. Seine bittere Kritik verwirft die moderne Erziehung, die „in der Pfaffen Händen ist und bleiben wird"218 und die den Menschen erniedrigt, während die alte durch den Dichter die heroischen Tugenden lehrt und ein ganzes, ungebrochenes, nicht nur auf das Intellektuelle eingestelltes Menschentum ausbildet. Die ethische Kraft Homers spürt er an sich selbst in Seehausen in seiner unglücklichsten Zeit. Unter seinen Aufzeichnungen, die sich jetzt in Hamburg befinden, gibt es ein sorgfältig auf erlesenes Papier in seiner schönen griechischen Handschrift geschriebenes Heft, das Auszüge aus Homer enthält. Wenn man das innere Prinzip sucht, nach dem sie ausgewählt sind, wie Kraus219 das getan hat, so ergibt sich eine ergreifende Reihe von Versen, die auf seine eigene Lage Bezug haben. Zuspruch und Trost holt er sich aus dem Dichter, Mahnung zu Haltung und Ausdauer. Es sind Verse von ähnlichem Gehalt wie der, den er sich auch sonst öfter zuruft, wenn er sich bedrängt und elend fühlt, so in der Zeit der unseligen Leidenschaft zu Lamprecht, und später in der Enttäuschung über das Schweigen des geliebten jungen Herrn von Berg: „Stille, mein Herz, du hast schon Hündischeres erduldet."220 Aber Homer bedeutet für ihn mehr als moralisches, bedeutet tiefstes religiöses Erlebnis. „Ich habe den Schulmeister mit größter Treue gemacht und ließ Kinder mit grindichten Köpfen das ABC lesen, wenn ich während dieses Zeitvertreibs sehnlichst wünschete, zur Kenntnis des Schönen zu gelangen und Gleichnisse aus dem Homer betete." 221 Betete, das ist wortwörtlich gemeint, in keiner Weise Literatur, kein poetischer Vergleich, das heißt nicht nur „seine Hexameter summten ihm in den Ohren"222. Man versteht diese Sprache nicht, wenn man sich nicht immer den tiefsten echtesten Ernst klarmacht, der sich den geradesten Ausdruck sucht. Gebet, das ist mit aller inneren Kraft bewirkte Erhebung, Gefühl von Abhängigkeit und Vertrauen, Verehrung und Lobgesang, heiße Bitte um Rettung, innigste Beziehung zu einem persönlich empfundenen Göttlichen. Wie für die alte Welt gewinnt es für Winckelmann Gestalt durch Homer. In den Epen erlebt er die wunderbare Verwebung alles Menschlichen, Täglichen, Irdischen mit den 54

Unsterblichen, und er setzt sein eigenes Dasein ganz den Alten gleich in Abhängigkeit von den Olympischen. So wünscht er im Augenblick der Entscheidung, als sein Freund Berends dem Grafen Bünau die Eröffnung des vollzogenen Glaubenswechsels machen soll, „Athene möchte ihm wie dem Telemach als Mentor beistehen". „Wie sag ichs ihm, wie redeich ihn an." 223 Noch stärker erscheint Winckelmann in den Hymnen, die ihm noch ohne kritische Sonderung homerisch sind, die schöpferische Verehrung des leibhaftig gewordenen Göttlichen. So ist ihm Homer nicht so sehr der erste und größte aller Erzähler, als der Götterbildner durch Dichtung. In seiner Darstellung sind die Gleichnisse wesentlich, weil sie die Erscheinung groß und wunderbar beschwören, „wenn ich dessen Merkurius heimlich schleichen sehe wie einen Westwind in den heißesten Tagen oder wie ein Nebel ziehet . . . oder wenn Apollo geschwinde wie der Gedanke schreitet. Was für ein großes Bild gibt Thetis, die gleich dem Nebel sich aus dem Meere erhebet." 224 So sieht Winckelmann Homer mit Phidias und Polyklet zusammen, von deren Statuen er sagt: „Zu diesen Bildern gaben die ersten Stifter der Religion, welches Dichter waren, die hohen Begriffe."225 Damit erfaßt er zugleich die erstaunliche Einheitlichkeit, die das Griechische vom Anfang bis zum Ende seiner Geschichte auszeichnet und den bewußt homerischen Geist, in dem die Klassik ihre Götter gestaltet. Der unermeßliche Reichtum an Bildkraft, an schöpferischer Phantasie, natürlicher Wärme, an Bedeutung und Tiefe strömt den Alten immer wieder aus den •Quellen der Religion zu. Auf dieser Erkenntnis beruhen Winckelmanns Bemühungen um das, was er unter Allegorie versteht und was ihm von Anfang an am Herzen liegt. So trägt er mit größter Gelehrsamkeit Götter- und Heldensagen heran, um, im einzelnen nicht immer glücklich, zuweilen auch über das Ziel hinausschießend, die Denkmale richtig zu erklären, sie zu reinigen von der römisch-lokalpatriotischen Deutung. Die neuere Forschung gibt ihm grundsätzlich recht gegenüber Gelehrten wie Klotz, die mit Atelierbezeichnungen : der „Schaber" oder der „Speerträger" das Wesentliche gesagt glauben. Wir erkennen den Doryphoros als Achill.226 Im Italienischen der Monumenti legt Winckelmann Worte wie mitologia, storia eroica, favola seiner Deutung von Kunstwerken zugrunde, die letztlich auf mehr ausgeht als auf eine Berichtigung von Irrtümern in der Erklärung. Schon seit den Gedanken über die Nachahmung hatte sich ihm auch auf diesem Gebiete zur Einfühlung in Vergangenes der normative Anspruch gesellt und der Wunsch, neues Leben zu wecken. Aber hier ringt die intuitive Erkenntnis so schwer mit •einer älteren Terminologie, daß der „Versuch einer Allegorie, besonders für die Kunst", in dem Winckelmann seine Bestrebungen zusammenschließt, schon bei den Zeitgenossen und unmittelbar Folgenden auf Kritik stieß. Ohne Zweifel bleibt hier •die theoretische Klärung und damit die sprachliche Darstellung hinter der Tiefe •der Einsicht zurück. „Mythos" führt er so wenig wie andere griechische Worte ins Deutsche ein, der „Fabel", die er dafür dem Lateinischen entnimmt, haftet

55

zu stark der Charakter des Erfundenen, Lügenhaften an oder der eines literarästhetischen Terminus. Vor allem sucht Winckelmann einen Ausdruck, der auch dem Symbolgehalt der platonischen Mythen gerecht wird. „Allegorie" soll schließlich so vieles umfassen, daß sich auch allerlei Barockes eindrängt. Er geht von der rhetorischen Bedeutung des Wortes aus, kommt aber sofort auf Homer zu. In dem Gefühl, daß auch in scheinbar äußerlichen Einzelheiten immer wieder der mythische Urgrund merkbar ist, wird Verschiedenes zusammengebracht: Symbolik, Emblematik, Personifikationen und eigentliche Götterlehre. Von dem jahrhunderte lang weitergegebenen Stoff hebt sich rein und groß die echte olympische Götterwelt ab als „Gestalten der höheren Allegorie". Sie geben der Kunst „die wahre epische Größe, eine einzige Figur kann ihr dieselbe geben" 227 . Winckelmann nachfolgend suchen bis über die Romantik hinaus Künstler und Kunsttheoretiker eine neue Mythologie oder Allegorie auch für die moderne Kultur, denn die an sich schon schwächere formgebende Fruchtbarkeit der christlichen Welt ist mit dem Erlöschen des naiven Glaubens verblaßt. Aber hier tritt die tragische Spannung in Winckelmanns Wollen zutage: „unsere Zeiten sind nicht mehr allegorisch, wie das Altertum, wo die Allegorie auf die Religion gebauet und mit derselben verknüpfet, folglich allgemein angenommen und bekannt war."228 So bildet sich aus Winckelmanns persönlichem Erleben eines homerischen Gottes ein höchst individuelles Sprachkunstwerk, die Beschreibung des Apollo im Belvedere. Die Schatten der alten Götter und Helden waren niemals ganz vertrieben worden, ja, kaum hatten sie je so üppig geblüht und gewuchert wie in der von Winckelmann so bekämpften barocken Bildnerei und Dichtung. Mit ihren Geschichten und Namen hatte man sich verkleidet und so der poetischen und rhetorischen Sprache Reichtum und Glanz zu geben gesucht. Winckelmann selbst vermeidet, was bloßer Zierrat oder gelehrter Ballast geworden ist, aber er benutzt, wenn auch bewußt sparsam, mythologische Anspielung und metaphorische Verwendung antiker Namen als besondere Hervorhebung oder zu anderen Zwecken. Die Jungfräulichkeit wird umschrieben: „junge Mädchen, denen Lucina den Gürtel noch nicht aufgelöst hat." 229 Das Gefühl braucht nicht „Pegasus, um durch die Luft zu fahren, sondern Pallas, die uns führet" 230 . Doch Winckelmanns Gestalten beschwörender Wille geht über dergleichen weit hinaus. Es ist für seine Einheit schaffende Denkweise charakteristisch, daß er die verschiedenen Entwicklungsstufen der Antike insgesamt in sich aufnimmt. Er liest nicht nur den Homer, sondern auch alle die Ausleger, die sich in alter und neuer Zeit mit ihm befaßten, und mit ihnen sieht er in dem Dichter auch den Lehrer der Weisheit. Sie ist in seinem Werk zu finden „verkleidet, doch ohne Verhüllung". Wenn Winckelmann diesen Gedanken weiter so ausführt: „seine Ilias sollte ein Lehrbuch für Könige und Regenten und seine Odyssee ebendasselbe im häuslichen Leben sein, der Zorn des Achilles und die Abenteuer des Ulysses sind nur das Gewebe zur Einkleidung"231, so scheint er damit ganz befangen in der rationalistisch-

56

utilitaristischen Verkennung des eigentlich Dichterischen. Aber für ihn besteht darin kein Widerspruch zu einem ursprünglichen Erleben des Poetischen und Religiösen. Dem Griechen fehlt die erbauende und erziehende theologische Literatur der Neuzeit, etwas Ähnliches sucht die Homerallegorese. Die moralische Auslegung der Götterlehre erhält im Altertum die hohen Gestalten lebendig, die sie ganz und gar zersetzenden Angriffen gegenüber als sittliche Werte erscheinen läßt. Sie gibt der Neuzeit Argumente, wenn es gilt, die Alten dem christlichen Überlegenheitsanspruch gegenüber zu verteidigen. Auch Spuren einer natürlichen Auslegung der Mythologie, wie sie schon das Altertum kennt, finden sich bei Winckelmann. So heißt es z. B. vom Apollo: „die Sonne, deren Bild er ist232", „die Weisen der ältesten Zeiten würden hier die Gottheit der Sonne in Menschlicher Gestalt finden233". Der Schwerpunkt aber liegt darauf, daß ein dichterisches Zeitalter kein philosophisches und moralisches System schafft für Erkenntnis und Sittenlehre, sondern in Gestalten sich ausdrückt. Homer „verwandelte in sinnliche Bilder die Betrachtungen der Weisheit über die menschlichen Leidenschaften und gab dadurch seinen Begriffen gleichsam einen Körper234". Wie stark im Griechischen die Gestalt für ein Wort, für Begriffe steht, zeigen uns klarer als die großen Götter, in denen verschiedenes Uraltes zusammengewachsen ist, solche Erscheinungen wie etwa Mnemosyne, das schöpferische Gedächtnis, aus dem Dichten und Denken hervorgeht — das Wunder des geistigen Schaffens. Wir könnten mit vielen Worten nicht ganz umreißen, was diese Gestalt an Tiefe birgt. Winckelmann, der auch in der Allegorie ausführlicher davon spricht235, möchte sie durch seinen Maler, Mengs, wieder beleben. Im Parnaßbild in der Villa Albani sitzt sie zwischen den Musen und berührt mit der Hand das Ohrläppchen, aber sie redet nicht. Dennoch bedeutet Winckelmanns neue Einsicht unendlich viel. Die Zeit der inneren Kämpfe in Seehausen und die ihn nicht minder durchrüttelnden Jahre in Nöthnitz, in denen ihm das Übersinnliche und Überirdische ganz als Gestalt erscheint, weisen ihm den Weg zurück zu einem Ursprünglichen, von dem er neue Quellen in den verbreiterten Strom der Überlieferung leitet. Gerade damals trifft er sich mit Blackwell, an den er sich in der Erläuterung der Gedanken anschließt: „Homers Götter, saget jemand unter den Alten, sind natürliche Gefühle der verschiedenen Kräfte der Welt, Schatten und Hüllen edler Gesinnung."236 Hinter dem vernünftig Erklärten treten die großen wirkenden Mächte in Erscheinung. Homer ist es, der einer klugen, kühlen, bei allem Wissen, aller Erfahrung armen Welt den Glanz eines anderen, reicheren Daseins eröffnet. Gravina spricht von den „alti e profundi misteri"237. zu denen die Dichter vordringen, und Blackwell sagt von Homer: „Wenn zu den sinnlichen Eindrücken der Natur noch der Glaube an Heiligkeit und der Schauer einer göttlichen Gegenwart hinzukam, so mußte das Gemälde unwiderstehlich werden."238 Das Zeitalter der Epen, das von dem Fortschrittstolz der Aufklärung als barbarisch oder kindlich abgetan wurde, erscheint 57

¡nun als reiner Ursprung des Höchsten und Schönsten. Vieles strömt von solcher Betrachtung auf die folgende deutsche Dichtung über; für die Wissenschaft ist -eine Einstellung gewonnen, die allen Positivismus alter und späterer Zeit überwindet. Die Wirksamkeit, die sich Winckelmann ganz besonders offenbart, ist die, •welche Goethe im Apoll vom Belvedere verkörpert fand: „der höchste Hauch des lebendigen, jünglingsfreyen, ewigjungen Wesens."239 Es ist der Gott, der die Erziehung der Knaben leitet, dem die heroische Freundschaft sich weiht, der alle im Dienst der Musen Stehenden antreibt. Der Schauer seiner göttlichen Gegenwart •weht Winckelmann an, wenn er einsam unter Gemeinheit und Unverstand Homers 'Gleichnisse betet. Der Blick auf ihn hebt schon die Widmung der ersten Schrift über alle zeitbedingte Devotion hinaus: „Das wenige, was ich bringe, sei zugleich ein Opfer für den Schutzgott des Reichs der Künste, dessen Gränzen ich zu betreten gewagt habe; und Opfer sind allezeit weniger durch sich selbst als durch •die reine Absicht derselben gefällig gewesen: diese wird für mich das Wort reden."240 .So steht Apollon am Beginn des ganzen Werkes: Ihm ist, als spätester und letzter homerischer Hymnus, die Beschreibung seiner Statue im Belvedere gewidmet, die Winckelmann das Höchste zu sein scheint, was uns vom Altertum überkommen ist. Wir haben hier einmal das Glück, außer den sachlichen Notizen des schon erwähnten Florentiner Manuskripts aus Winckelmanns Nachlaß Entwürfe zu kennen, die eine erste, von der veröffentlichten Fassimg abweichende Form der berühmten Beschreibung darstellen241. Noch ist das Ganze nicht einheitlich verschmolzen, es sind gleichsam erst einige Blöcke zu gehauen, von denen manche wieder verworfen werden, deren richtige Verbindung in einem leidenschaftlichen Spiel gesucht wird. Hier spüren wir das Feuer von Winckelmanns glücklichster Lebensepoche. Hier finden wir manche Schönheiten, die der Kürzung, Straffung und geänderten Haltung der späteren Fassung geopfert werden mußten. Auch der scheinbar so fertig Auftretende nimmt den Weg von überschwenglicher Jugend zu klassischer Reife, zugleich vollzieht sich in ihm die Stilwende vom spätbarocken Manierismus zur Klassik. Im Entwurf ist alles aufgebaut auf der Spannung zwischen Göttlichem und Menschlichem. „Er ist der Gott und das Wunder der alten Kunst", die Beschreibung der Statue wird zur Schilderung einer Theophanie; das stilistische Mittel, statt der Eigenschaften ihre Wirkung anzugeben, entspricht dem innersten Erleben. Der Blick gleitet geblendet ab, und an Stelle des kaum zu ertragenden göttlichen Seins wird menschliche innere Bewegung wiedergegeben. „Eine mit Bestürzung vermischte Bewunderung wird Dich außer Dich setzen." Der Betrachter gerät in die Ekstase eines Sehers: „ich war in dem ersten Augenblicke gleichsam weggerücket und in einen heiligen Hain versetzet, und glaubte, den Gott selbst zu sehen, wie er den Sterblichen erschienen." Aus solcher Offenbarung erhebt sich ein Anspruch der Allgemeingültigkeit, der Bekehrung. „Gefiele es der Gottheit, in dieser Gestalt 58

•den Sterblichen sich zu offenbaren, alle Welt würde zu deren Füßen anbeten. Der unerleuchtete Indianer und die finsteren Geschöpfe, die ein ewiger Winter bedecket, würden eine höhere Natur in ihr erkennen . . . " Aus mancherlei Wissen .gestaltet sich eine eindrucksvolle Vision, die an ein barockes Deckengemälde erinnert, auf dem die Völkerschaften der Erdteile zur Verehrung der wahren Religion vereinigt werden. Der Gott ist das schöpferische Prinzip, die reine Idee. „Ein geistiges Wesen welches aus sich selbst und aus keinem sinnlichen Stoff sich eine Form gegeben", er erscheint in einem Nimbus: „So verklärt und rein ist dessen Körper, und aus, seiner Brust gehet gleichsam ein Ausfluß eines himmlichen Lichtes, welches denselben umflossen." Aber es ist ein griechischer Gott in der ganzen Pracht seiner Glieder: „Ein ewiger Frühling der Jugend bekleidet die vollkommene Männlichkeit dieses Körpers"; er bewegt sich mit der Leichtigkeit, die Homer ihm gibt: „sein Gang ist wie auf flüchtigen Fittigen der Winde", in seinem Antlitz, das alle Schönheiten der Olympier in sich vereint, zeigt sich „der schönste Mund, einen Hyacinthos und Pampho zu küssen". Daß Huldigung vor der Gottheit der Sinn der Beschreibung ist, auch der endgültigen Fassung, zeigt sich noch einmal in dem Schlußwort, bei dem die Schönheit der Vorstellung und die Stärke des Gefühls nicht vermindert wird durch die Tatsache, daß es sich an Properz anlehnt. „Ich lege den Begriff, welchen ich von diesem Bilde gegeben habe, zu dessen Füßen, wie die Kränze derjenigen, die das Haupt der Gottheiten, welches sie krönen wollten, nicht erreichen konnten." 242 In solcher Grundhaltung Winckelmanns liegt die Ursache seiner instinktiven Abneigung gegen Lessing, mit dem er doch vieles gemeinsam hat, den Ernst des Kampfes gegen Veraltetes, das Zurückdrängen der französischen Vorherrschaft, das Eintreten für eine selbstherrliche Kunst und den Dienst für ein zu reinigendes und zu verehrendes Altertum. Mit dem Titel Laokoon, den Lessing wählte, und dem Ausgehen von einer Winckelmannschen Formulierung wird die epochemachende Bedeutung von dessen erster Schrift durchaus anerkannt. Die vorgebrachten Einwände verärgerten Winckelmann doch. Aber warum wirft er Lessing „bekannte Fehler in der Sprache" 243 vor? In einer Stelle des Laokoon, gegen Caylus und die allzu enge Anlehnung der Malerei an Homer gerichtet, ist auch die Rede von der Wolke, mit der in der Uias die Götter einen Helden einhüllen, um ihn aus der Schlacht zu entrücken. „Wer sieht aber nicht, daß bei dem Dichter das Einhüllen in Nebel und Nacht weiter nichts als eine poetische Redensart für unsichtbar machen sein soll?" 244 Daß bei Homer etwas „poetische Redensart" sein soll, ist Winckelmanns Auffassung ganz entgegengesetzt, und wenn es bei Lessing weiter heißt „keinen wirklichen Nebel sähe Achilles nicht und das ganze Kunststück, womit die Götter unsichtbar machten, bestand auch nicht in dem Nebel, sondern in der schnellen Entrückung", so haben wir in der veralteten doppelten Negation etwas, das Winckelmann als sprachlicher Fehler

59

auffiel, vielleicht weil er selbst davon nicht frei ist, und in der rationalistischen Zerlegungsweise das, was ihm so fremd ist. Der Nebel, den Apollon schickt, soll mit ganzer Vorstellungskraft als wirklich erlebt werden. Es ist hier wieder einmal so, daß ein Unterschied im Ausdruck bedeutet: Ihr habt einen anderen Geist als wir. Der junge Winckelmann, der sich kein Behagen gönnt, der die Nächte studiert und mit wenig Schlaf in einem alten Lehnstuhl auskommt, findet in der Welt Homers eine andere Wertung des Lebens. Hier lernt er die guten Gaben der Gottheit verehren. Welches Aufatmen, als er klassischen Boden betritt! Welche Freude an Menschen und Landschaft, Früchten, Wein und allem Schönen der Erde! An der feurigen Lava des Vesuvausbruchs werden Tauben gebraten, und: „wir trunken frölich . . . auf dem Schloßplatz zu Portici, unter dem Getümmel der Flüchtenden." 245 Er streift mit Casanova durch Orte an der Adria, Kapaunen für zwei Paoli das Stück zu essen und sich für die Märtelei in Seehausen zu entschädigen.246 „Man kennet hier mehr als bei uns, worin der Werth des Lebens bestehet, man suchet es zu genießen und andere genießen zu lassen247", schreibt er nach Hause, und: „ich will in meinen übrigen Jahren fühlen, daß ich lebe." 248 Heidnisch ist auch die Fähigkeit, Religionsvorstellungen verschiedener Art und Herkunft einander anzugleichen. Aber das Christentum? Seine Unvereinbarkeit mit dem religiösen Gefüge der alten Welt ließ gerade die bewußten Vertreter des Heidentums zu Christenverfolgern werden. Winckelmann, der im Norden Verse aus dem Homer gebetet hatte, sang in Rom Lieder aus dem protestantischen Gesangbuch. Freilich, in den Briefen nach Deutschland, in denen er davon erzählt, will er betonen, daß er trotz seines Übertritts der Alte geblieben ist. Die katholischen Formen des Gottesdienstes erscheinen ihm von vornherein zu barock, „Theatralische Gaukeleyen249". Zuweilen muß er eine gewisse Verhüllung wählen, um Erlaubnis bitten, „das Heilige mit dem Unheiligen zu vergleichen."250 Wenn er einen Freund bei einem schweren Verluste mit einem lutherischen Lied tröstet, so ist es eines, in dem von der Gottgeschaffenheit des Menchen auf die Güte Gottes geschlossen wird.251 Daß er die Reste ererbter Frömmigkeit in sich weiterleben lassen kann, ist möglich, weil sein Standpunkt ganz überdogmatisch geworden ist. In der Frage des Glaubenswechsels sagt ihm die Vernunft: „der wahre Gottesdienst sey allenthalben nur bey wenigen Auserwählten in allen Kirchen zu suchen." „Die göttlichen Offenbarungen erhalten ihre Überzeugung nicht durch den toten Buchstaben, sondern durch göttliche Rührungen."252 Das ist die Sprache des Pietismus. Aber Winckelmann hebt den Glauben über alles Christliche überhaupt hinaus. „Was ist Religion ? Es ist die Überzeugung aus den Endursachen auf den Ursprung derselben und auf ein unendliches Wesen, und ist dieses nicht Philosophie ?"253 Gottergebenheit und antiker amor fati einen sich: „Auf der Wagschale, worin wir in Gottes Hand stehen, lieget auf der anderen Schale ein Gewicht, welches wächset und fällt, wie der Herr will, aus uns unbekanntem Grunde. 60

Wir sollen wie Kinder an der Tafel sein, und zufrieden nehmen, was uns vorgeleget wird, nicht selbst zulangen und murren." 254 Nichts anderes als den griechischen Dämon meint er, wenn er von dem „Finger des Allmächtigen" spricht: „die erste Spur seines Würckens in uns, das ewige Gesetz und der allgemeine Ruf ist unser Instinct: demselben mußt Du und ich, aller Wiedersetzlichkeit ohngeachtet folgen." 255 So verschmilzt er die verschiedenen religiösen und philosophischen Ausdrucksweisen: pietistisch gefühlvoll, deistisch vernünftig, stoizistisch und aufgeklärt optimistisch, alles Neuere aber ist ihm schon vorgebildet und übertroffen von der Religion, in welcher die ewig jungen, ewig schönen Götter „Zärtlichkeit und Liebe 256 " erwecken. Hier wird die Seele in einen süßen Traum der Entzückung versetzt, „worin die menschliche Seligkeit besteht, die in allen Religionen, gut oder übel verstanden, gesuchet worden". Diese „Glückseligkeit" stellt er in der Allegorie mit der griechischen rjdovrj zusammen, sie ist „das Erheben der Seele", „nach dem Epikurus die ungestörte Ruhe des Geistes, und derjenige Stand, wohin alles Wirken der Menschen gerichtet sein soll". Schließlich tritt der ganz vergeistigte Gottesbegriff Piatos neben Homer, die Glückseligkeit kann so wenig wie Gott bildlich gemacht werden, „weil das Höchste, wie Plato saget, kein Bild hat 2 5 7 ". Natürlich spielt die Beschäftigung mit Werken christlicher Kunst nur eine Nebenrolle bei Winckelmann258, doch ist das, was ihn bewegt, eine Weiterbildung protestantischer Art, sich ganz persönlich mit seinem Gotte auseinanderzusetzen. Der fortschreitenden Verflüchtigung der Religion in sittliche Vorschriften, allgemeines Gefühl und eine erkenntniskritische Grenze stellt er sein Heidentum als eine Andacht entgegen, die er für sich ganz allein durchlebt. Aber da sie der Mittelpunkt ist, von dem alles, was er sagt und tut, genährt wird, ist sie weithin wirksam. Durch sie erscheint Apoll wieder mehr als die bloße Allegorie von Musik und Kunst, zu der er herabgesunken war. Für mehr als ein Jahrhundert trägt er die Züge der gepriesenen Statue, ja, auch seine älteren plastischen Erscheinungsformen konnten aufs neue verstanden werden, da er einmal wieder angerufen war. Er, der die Jugend übers Meer sandte, Stätten griechischer Kultur zu gründen, errichtet durch Winckelmann eine neue geistige Kolonie in der deutschen Klassik. In seiner Nachfolge liest der junge Goethe „Andacht liturgscher Lektion im heiligen Homer." Drang eigenen Schaffens entsteigt den Geschehnissen des alten Dichters, heroischen Geschehnissen, die mit unerhörter Dichtigkeit als Kampf, als wildeste Bewegung in greifbare Nähe gerissen sind: „und Feinde nun den schönen Leib verschändend tasten an,"

61

alles vorüberziehende, in einer Richtung hinstürmende Bilder. Wie Winckelmanrt ihn entdeckte, den Apoll vom Belvedere, so erscheint er auch dem jungen Goethe,, wandelnd „wie mit Blumenfüßen über Deukalions Flutschlamm Python tötend, leicht groß Pythius Apollo," aber nicht den verzuckenden Wetterschein geschehener Tat im Gesicht, sondern, handelnd, innere Glut der Welt gebend und Seelenwärme fordernd259. Winckelmanns innerste Anteilnahme gilt der Plastik, seine Kunstgeschichte ist. gerichtet auf die griechische Fähigkeit der Verleiblichung und Vergeistigung im Götter- und Menschenbild. Auch seine Sprache hat plastischen Charakter, nicht nur im üblichen Sinne größtmöglicher Anschaulichkeit, wovon noch zu sprechen sein wird. Er stellt in sich gegliederte und in sich beruhende Gedankenkomplexe nebeneinander und läßt sie nach allen Seiten ihre Kräfte ausstrahlen. Am deutlichsten ist das in dem systematischen Teil, aber es setzt sich auch im historischen durch, die nicht von Winckelmann selbst stammende Einteilung in Paragraphen kann darauf fußen. Dieser Stil ist für den Inhalt aufs beste geeignet; auch wo Persönliches gegeben wird, liegt ein objektiver Vorwurf zugrunde. Es handelt sich um Beschreiben eines Werkes oder um Schilderung eines Zustandes, um ein Beharren am Ort, auch wo Wirksamkeit, Bewegung fühlbar gemacht wird. Dem Betrachtenden offenbart sich in ruhiger Versenkung griechischer Geist in griechischer Form, sein größter Schüler dagegen spürt erregt in der Unruhe des Sturmes und. Dranges „die Ader griechischen Blutes".

62

DIE SCHÖNHEIT ALS HÖCHSTER ENDZWECK DER KUNST Die Plastik faßt ein Geschehen, wenn sie es darstellt, in einen bedeutenden Moment, vermag nicht den ganzen dramatischen Verlauf wiederzugeben. So sehr Winckelmann Sophokles liebt, die Tragödie hat nicht entfernt die Bedeutung für ihn wie für die spätere Klassik. Aber die Frage der Schuld, von jeder Philosophie^ und Religion gestellt, wird auch von ihm nicht umgangen. In der aufgelösten Form, der ungehemmten Dynamik der barocken Kunst ist der Dualismus der Neuzeit verewigt. Hier erscheint ihm Hybris, Abfall von Ordnung und Maß. So bedeutet der Name Bernini, alles Feindliche zusammenfassend, mehr als einen schlechten Geschmack, bedeutet das wirklich Böse. „Durch ihn hat sich das sanfteGefühl der reinen Schönheit . . . durch eine pöbelhafte Schmeichelei des groben Sinnes . . . gänzlich verderbet."260 Denn alles Geformte beruht auf einer sittlichen Entscheidung, das Häßliche ist für Winckelmann wie für Plato das Schlechte. Sokennt seine Sprache nicht nur die Derbheit des Bußpredigers, auch den Ernst des Reformators und die Strenge des Gesetzgebers; „Sie werden sagen, mein. Liebster, ich stimme mit platonischen Begriffen an, die vielen diese Empfindung-: absprechen könnten; Sie wissen aber, daß man in Lehren wie in Gesetzen, den. höchsten Ton suchen muß, weil die Seite von selbst nachläßet: ich sage, was sein, sollte, nicht was zu sein pfleget."261 In der Einheit des Guten und Schönen und der sittlichen Bedeutung, die alles Künstlerische damit gewinnt, liegt das Entscheidende für die deutsche Klassik. In einer Sprache, in der sich Winckelmanns Art, etwas poetisch zu fassen, verbindet mit philosophischer Formulierung, die von Fichte her kommt, romantisch geistreich zugespitzt äußert Friedrich Schlegel, rückblickend: „Der Erste unter uns, der die intellektuelle Anschauung der MoraL gehabt und das Urbild vollendeter Menschheit in den Gestalten der Kunst und, des Altertums erkannte und gottbegeistert verkündigte, war der heilige Winckelmann."262 Die Schönheit ist „der höchste Endzweck, und der Mittelpunkt der Kunst".263 Aber „in das Wesen und zu dem Innern der Kunst führet fast kein Skribent".264 „Von den Allerklügsten in Rom hat dennoch kein einziger in das wahre innere Wesen der Kunst hineingeschauet."266 „Vom Plato an bis auf unsere Zeit sind die 63.

Schriften dieser Art vom allgemeinen Schönen leer, ohne Unterricht und von niedrigem Gehalte; das Schöne in der Kunst haben einige Neuere berühren wollen ohne es gekannt zu haben." 266 Im Gastmahl und im Phaidros vernahm Winckelmann die Kunde von dem ewig Schönen, das niemals wird und niemals vergeht, das an sich und mit sich eingestaltig ist und bleibt. Gottgeliebt, ja unsterblich ist der Mensch, der das schaut, das höher ist als die Bilder der Tugend. Zeus, als die höchste Verkörperung des Göttlichen, führt den Weisheitsuchenden zur reinen, ewigen Form. Den Gottesbegriff bei Plato faßt Winckelmann mit dem Monotheismus der neueren Zeit zusammen und sagt: „Die höchste Schönheit ist in Gott! und der Begriff der menschlichen Schönheit wird vollkommen, je gemäßer und übereinstimmender derselbe mit dem höchsten Wesen kann gedacht werden, welches uns der Begriff der Einheit und Untheilbarkeit von der Materie unterscheidet." 267 Dann führt er mit einem Bilde weiter aus, in dem sich Platonisches und Biblisches mit mystisch-alchymistischer Yorstellungsweise begegnet: „Dieser Begriff der Schönheit ist wie ein aus der Materie durchs Feuer gezogener Geist, welcher sich suchet ein Geschöpf zu zeugen nach dem Ebenbilde der in dem Verstände der Gottheit entworfenen ersten vernünftigen Creatur." Der Gott erscheint in einem jugendschönen Leibe. „So wie nun die Alten stufenweise von der menschlichen Schönheit bis an die göttliche hinaufgestiegen waren: so blieb diese Staffel der Schönheit."268 Der platonische Gedanke des Aufsteigens ist tief in Winckelmann eingegangen, er trägt sein ganzes System. Indem homerische Leibhaftigkeit ebenso in ihm lebt, indem er das sinnlich-geistige Wesen der Plastik ausdeutet, indem er auch hier Altes und Neues vereint, geht Winckelmann den geschichtlichen Weg der Weiterbildung der platonischen Lehre und setzt die reine ungemischte Schönheit gleich mit dem Schönen in der Kunst. Durch das anschaulich-tastbare Element unterscheidet er sich auch von Shaftesbury, mit dem er sich in seiner Jugend so ausführlich befaßt hat, dessen „divine beauty" nur geistig gedacht ist, ausdrücklich von schönen Zügen und angenehmer Erscheinung getrennt wird, Shaftesbury ist wohl gemeint unter den Neueren, die das Schöne berührt haben, ohne es zu kennen. Denn hier belehrten Winckelmann der Anblick der marmornen Götter und Helden und das schöne Gewächs lebendiger Jugend. Schon einmal in der Geschichte des Geistes fand der Mensch die höchste Schönheit in Gott, in der Zeit, in der zugleich eine edle beruhigte Haltung, die mäze, als Vorbild galt. „Wenn du Schönheit begehrst — Gott ist das Schönste", sagt Johannes Tauler.269 Wenig früher hatten sich die Meister zu Reims und Bamberg der Antike so weit genähert, wie es dem ganzen Mittelalter nicht wieder möglich war. Wenn Winckelmann tadelt, daß von der kirchlichen Kunst die Ketzerei in der äußersten Häßlichkeit dargestellt wird, und meint: „Es würde ja eben den Begriff geben, die Kezerei in einer schönen weiblichen Figur vorzustellen, die sich entweder voller Scham zur Erde beugt, oder voll Bitterkeit auf andere Mittel 64

denket" 270 , so kommt einem die Gestalt der Straßburger Synagoge in den Sinn. Sie würde ihm, hätte er sie gesehen, barbarisch erschienen sein. Er hat sicher auch niemals Schriften der deutschen Mystik mit Vertiefung gelesen. Was er aus Anlaß der Quellenstudien für Bünau an mittelalterlichem Geistesleben kennenlernte, arbeitete er nach Gesichtspunkten politischer Geschichte durch. Es besteht eine Schranke, welche die hochgotischen Werke von allen antiken trennt, wie Winckelmann von dem Mystiker. Bei diesem steht die Schönheit neben Liebe, Treue, Wahrheit, Reichtum und Gewalt, in dem Superlativ liegt der Gegensatz angedeutet zwischen irdischem Suchen und himmlischer Erfüllung — das Schönste hebt die Schönheit auf. Bei Winckelmann ist sie überall wesensgleich vorhanden, es gibt keine Vernichtung des Menschlichen und Irdischen, kein Auslöschen in höherer Schönheit. Wer das Wesentliche der Dinge sieht, in das Innere schaut, ist ein Eingeweihter. Winckelmann ist Myste, es gilt auch bei ihm: „Sagt es niemand nur den Weisen." Die Weihe wird nicht jedem zuteil. Von der Grazie heißt es: „Mit den Weisen allein unterhält sie sich und dem Pöbel erscheinet sie störrisch und unfreundlich." 271 Nur „denen, welche in die Geheimnisse der Kunst hineinzuschauen vermögend sind", zeiget sich die mißhandelte verstümmelte Statue des Herkules „in einem Glänze ehemaliger Schönheit" 272 . Ein Geheimnis besaß der Meister der Niobe.273 Dieses besondere Begnadetsein drückt Winckelmann auch aus in der Vorstellung des Volksglaubens, des Märchens. Im Entwurf der Laokoonbeschreibung, den er an Muzel-Stosch sendet, schreibt er nach der schönen Wiedergabe des Augenausdrucks in Klammer: „Dieses können nur Sonntagskinder, so wie die Gespenster sehen. Aber es ist kein Hirngespinst."274 Was er meint, ist nicht geheimzuhaltende Freimaurerüberlieferung, nicht die Lehre, die Dinge „aus der Maß" zu machen, in die Dürer so leidenschaftlich einzudringen suchte. In Maß und Zahl, womit auch die Antike letzte Gegebenheiten fassen will, liegt für Winckelmann nicht das Verborgene, obwohl er auch hier auf dem Wege ist, von den Pythagoräern und Plato geführt, und die Harmonie des menschlichen Körpers auf der Zahl drei aufbaut. Aber weil mit der Zahl auch ein rationaler Maßstab gegeben ist, weil wir hier in das Gebiet der Regeln und des Lernbaren kommen, kann er darin nicht das Wesentliche sehen. Er hält sich an die praktischen Angaben von Mengs, er behandelt die Proportion als „einen abgesonderten Begriff und außer dem Geistigen der Schönheit 275 ". Die Schönheit wird nicht „geometrisch deutlich, sie ist an sich „eines von den größten Geheimnissen der Natur 276 ". In den Kunsttheorien von der Antike her über Renaissance und Barock spielt der Gedanke der Auswahl eine Rolle. Durch Zusammensetzen von Einzelformen, die der Künstler dem jeweils schönsten Vorbild entnimmt, kann er eine Vollkommenheit erreichen, welche die Natur übertrifft. Diese Theorie wird von Winckelmann ihres mechanischen Charakters ganz entkleidet und in eine 5

Koch

65

bedeutungsvolle Sphäre gehoben. „Dieser Auszug der schönsten Formen wurde gleichsam zusammengeschmolzen, und aus diesem Inbegriffe erstand wie durch ©ine neue geistige Zeugung eine edlere Geburt."2^7 Jeder große Künstler ist Pygmalion, er erweckt zum Leben durch Beseelung, Vergeistigung. „Die Seele, welche der Schöpfer dem Werke seiner Hände eingeblasen, belebet es noch itzo278", oder, dasselbe mit einem wunderbaren, dichten und kühnen Ausdruck gesagt: die Alten suchten, „die Materie zu begeistern"279.

66

V E R S T A N D UND

EINBILDUNG

Diese Vereinigung von Sinnlichem und Geistigem gelang dem Griechentum wie keiner anderen Zeit, weil ihm Einheitlichkeit von Natur gegeben war. Sie wiederzufinden ist Winckelmanns Sehnsucht, der Sinn aller Nachahmung. „Die Begriffe des Ganzen, des Vollkommenen in der Natur des Altertums werden die Begriffe des Geteilten in unserer Natur . . . läutern und sinnlicher machen." 280 Hier treffen wir wieder auf die tiefe Ursache von Winckelmanns heftiger Zeitkritik. Schon an Bünau klagt er über „un siècle métaphysique, où les belles-lettres sont foulées aux pieds 281 ". Aus der übersteigerten Tätigkeit eines menschlichen Vermögens, des kritisch scheidenden und logisch schließenden Intellektes, waren die philosophischen Systeme der Aufklärung hervorgegangen. Winckelmann, der in der besten aller Welten lebt und ihre Harmonie empfindet, setzt dem reinen Rationalismus, wie er ihm in Wölff und seiner Schule in Halle gegenübertrat, eine andere Erfahrung entgegen und das Bewußtsein, einer überlegenen Weisheit gewürdigt zu sein. „Ich höre, es hat ein Deutscher Prof. zu Halle über die Kunst der Alten geschrieben: eine Seuche, womit die Deutschen Scribenten anfangen, angesteckt zu werden. Möchten doch diese unerfahrnen Stümpfer die Logik und Metaphysik reiten oder sonst etwas tun !" 2 8 2 „Man hat uns durch ein Labyrinth metaphysischer Spitzfindigkeiten und Umschweife geführt, die am Ende vornehmlich gedienet haben, ungeheure Bücher auszuhecken und den Verstand durch Ekel zu ermüden."283 Verstand ist für ihn nicht ratio, Intellekt. Dafür gebraucht er der Zeit entsprechend Witz: „Ich habe mehr Glück als Witz." 284 Von dem „gemeinen gesunden Verstand' ' heißt es : „Jeder glaubet denselben zu besitzen, welcher gleichwohl seltener als der Witz ist 285 ". Das Rationalistische in Lessing spürt Winckelmann, wenn er ihn einen „Universitätswitz"286 nennt; es würde leichter sein, „einen gesunden Verstand aus der Uckermark zu überführen". Dasselbe Empfinden für die Verschiedenheit der Denkweise beider Männer hatte Wieland, wenn er schreibt: „Lessing wird mit aller seiner Spitzfindigkeit, logikalischen Präzision und antiquarischen Gelehrsamkeit kein Winckelmann werden."287 Die ordnende, Regel gebende Seite des Geistes ist für Winckelmann die Vernunft. Er spricht ganz im Sinne seines Jahrhunderts von dem „Geist vernünftig denkender Wesen" 288 , „uns hat der Schöpfer die Vernunft zur Führerin gegeben" 289 , er will in einen „vernünftig raisonablen Orden der Benediktiner oder 5*

67

Augustiner eintreten" 290 . Von allem dem hebt sich Verstand und Denken ab. Denken trägt den Begriff der Gesinnung in sich in Wendungen wie „groß denken, edel denken". Michelangelo „denket" über die höhere Schönheit in „würdigen und erhabenen Ausdrücken"291, denken heißt philosophieren. Wer den größten Verstand hat ist der Weiseste.292 Dagegen: „Das viele Wissen, sagen die Griechen, erwecket keinen gesunden Verstand." 293 „Es könnenBücher und Werke der Kunst gemacht werden ohne viel zu denken, ein Maler kann auf diese mechanische Art eine Madonna bilden, die sich sehen läßt und ein Professor sogar eine Metaphysik schreiben, die tausend jungen Leuten gefällt." 294 Verstand und Denken bezeichnen das, was über Gelehrsamkeit und Kunstfertigkeit hinausgeht, die schöpferische Kraft. In einem Briefe an Berg heißt es: „Ein einziger Gedanke, welcher Ihnen neu scheinet, ist einen ganzen Tag werth. Alsdann werden Sie eine ungefühlte Wohllust schmecken, die in der Zeugung im Verstände bestehet." 295 Der denkende Mensch ist der geniale, in dem ein göttlicher Funke glüht. „Im Verstand der Gottheit" erschien das Bild der „ersten vernünftigen Kreatur 296 ", die Würde des denkenden Künstlers liegt darin begründet, daß er ein Abbild davon hervorbringen kann. Winckelmann folgt Plato nicht weiter auf dem Wege der Erkenntnis des gesamten Kosmos, er verharrt in Versenkung in das künstlerische Schaffen. Auf des Proclos Auslegung von Piatos Timaios bezieht er sich, wenn er vom Künstler verlangt, daß er „mehr als Natur", daß er „gewisse idealische Schönheiten" erstehen lasse, die „von Bildern, bloß im Verstände entworfen, gemachet sind" 297 , und an anderer Stelle heißt es von den alten Künstlern: „ihr Urbild war eine bloß im Verstände entworfene geistige Natur" 298 , deshalb auch beim Laokoon, „daß der Verstand des Meisters viel höher noch als sein Werk gewesen"299. Auch da sucht Winckelmann den griechischen Zug zu fassen, sich den letzten Wesenheiten zu nahen durch Anschauen und Bilden. Der Erkenntniswert, den er der bildenden Kunst, und der hohe Rang, den er ihren Schöpfern damit beilegt, geht über das hinaus, was die klassische Zeit ihnen einräumt. Auf die Entwicklung des Problems bei Plato kann hier nicht weiter eingegangen werden. Gerade vom Timaios nimmt die Weiterführung durch die nachplatonische Philosophie ihren Ausgang, die auch dem bildenden Künstler die Schöpferkraft zugesteht, durch die er dem im Enthousiasmos schaffenden Dichter gleichkommt. Schon Eiselein hat hier eine Äußerung Ciceros herangezogen, die Winckelmann ohne Zweifel mit vorgeschwebt hat: „Ego sie statuo, nihil esse in ullo genere tam pulchrum, quo non pulchrius id sit, unde illud, ut ex ore aliquo, quasi imago exprimatur, quod neque oculis, neque auribus, neque ullo sensu pereipi potest, cogitatione tantum et mente complectimur . . . [Phidiae] . . . in mente insidebat species pulchritudinis eximia quaedam, quam intuens, in eaque defixus, ad illius similitudinem artem et manum dirigebat." 300 Auf das Fortleben solcher Gedanken in der Renaissance greift Winckelmann zurück, wenn er aus Raffaels Brief zitiert: „Ich bediene mich einer 68

gewissen Idee in meiner Einbildung." 301 Dieser letzte Ausdruck für das anschauliche Heraufbeschwören ist wieder in Winckelmanns Art wörtlich zu nehmen als ein Hineinbilden von etwas höher als Menschlichem in menschlichen Bereich und steht dem griechischen q>avtaaia näher als unserer modernen Phantasie. Ganz den Sinn von Erscheinung, Vision hat es, wenn es heißt: „ich aber schlug mein Auge nieder vor dieser Einbildung wie diejenigen, denen das Höchste gegenwärtig erschienen war." 302 Solche Kraft läßt auch das Verstümmelte sich wieder vollenden. „In einem jeden bildenden Verstände" 303 ergänzt sich das fehlende Haupt der schönen Thetisstatue. Wiederum wird die Ideenlehre mit dem Religiösen verbunden. Denn die Gestalten des Mythos sind es, die dem Künstler, „der weiter denket, als seine Palette reichet", dessen Pinsel „in Verstand getunkt" 304 ist, unmittelbar auftauchen sollen. Die Neuzeit unterrichtet die Jugend mit „bloßen Tönen ohne Begriffe". Bei den Alten aber „dachte der Jüngling wie der Dichter" 305 , er lebte in einer poetischen, einer heroischen Welt. Nicht moralische Regeln wurden gelernt, sondern große Vorbilder traten anschaulich vor die Seele. Winckelmann hält die plastische Einbildungskraft der südlichen Völker für einen großen Vorzug, sie sind besser befähigt zur Kunst als die nördlichen, weil bei ihnen die „Einbildung" über die Vernunft herrscht. Die schöpferische Phantasie ist die Quelle der Kunst, sie soll erfinden, sie kann es der Natur gleichtun und 'ein Neues hervorbringen. Hierin stimmen alle Kunstgattungen überein. Wieder klingt Horaz herein: „Pictoribus atque poetis Quidlibet audendi Semper fuit aequa potestas." 306 „Es scheinet nicht widersprechend, daß die Malerei ebenso weite Grenzen als die Dichtkunst haben könne und daß es folglich dem Maler möglich sei, dem Dichter zu folgen, so wie es die Musik imstande ist, zu thun." 307 Aus dem Zusammenhang geht hervor, daß Winckelmann nicht eine beschreibende malende Dichtkunst im Stile von Hallers Alpen vor Augen hat. Soll nun die Malerei eine bloße Illustration von Dichtung sein? Sicher haben die Beschreibungen, die Pausanias von den Polygnotischen Gemälden gibt, auch diesen Gedanken nahegelegt. Aber wenn Winckelmann immer wieder malen und dichten zusammenbringt, so benutzt er eins als Gleichnis für das andere, ähnlich wie wir es schon bei seiner Auffassung des Griechischen als einer malerischen Sprache gesehen haben. Mit dem geistreichen Wort des Simonides, daß die Malerei eine stumme Dichtkunst und die Poesie eine redende Malerei sei, begründet er seine Auffassung von Allegorie. Es interessiert ihn nicht, Eigenheiten und Rechte der einzelnen Kunstarten abzuwägen, wie Lessing das tut.308 Lessings kritischer Verstand geht von den Übertreibungen im Kunstgebrauch seiner Zeit aus, aber an dem, worauf es Winckelmann ankommt, vorbei. Dieser will betonen, daß Kunst nicht ein bloßes Nachmachen eines Naturvorbildes ist,

69

sondern freie produktive Tätigkeit. Er sieht wohl den Unterschied zwischen der modernen, individuell erfindenden Kunstweise und der alten, im Mythos geborgenen, er möchte ihn überwinden. Da für die Dichtung ein Kopieren der Natur in dem Sinne der bildenden Kunst überhaupt nicht möglich ist, so ergibt sich Dichten als Ausdruck für Schaffen aus Inspiration, bildlich bezeichnet als „das Feuer, welches Prometheus den Göttern raubete" 309 . Wenn es heißt: „Rubens hat nach der unerscHopfliehen Fruchtbarkeit seines Geistes wie Homer gedichtet" 310 , so erteilt Winckelmann solchem Reichtum der Phantasie den höchsten Grad der Auszeichnung durch den geheiligten Namen Homers. Als „Homerischen Geist" hebt er diese blühende Lebendigkeit hervor gegenüber der Trockenheit Battonis 311 . „Die Erdichtung, die Seele der Poesie, wie sie Aristoteles nennt, wurde ihr zuerst durch Homer eingeblasen." Das nur Technische und Formale bleibt ohne den frischen Strom der Erfindung tot und kalt, bloß „mechanisch". „Der Körper ist da, aber die Seele fehlet." 312 Die Phantasie gestaltet in einer höheren Wirklichkeit, Dichtung übersteigert, hebt heraus aus der Welt der Erfahrung, ohne deren Gesetzen zu widersprechen. Auch das wird nicht anders begründet als durch die Autorität eines Alten: „Homer hat aus Menschen Götter gemachet, saget Cicero, das heißt, er hat die Wahrheit nicht allein höher getrieben, sondern er hat, um erhaben zu dichten, lieber das Unmögliche, welches wahrscheinlich ist, als das bloß Mögliche gewählet." 313 Indem er reiner, klarer, bedeutender spricht als die „bloße Natur", war Polyklet „ein erhabener Dichter in seiner Kunst und suchete die Schönheit seiner Figuren über das wirklich Schöne in der Natur zu erheben" 314 . Wenn es gilt, die Muskelbildung des farnesischen Herkules gewissermaßen zu verteidigen, da sie barock erscheint, wird diese Übersteigerung wieder als dichten bezeichnet. „Glykon hat sich hier nicht weniger, als dort Apollonius, wie ein Dichter gezeiget, indem er sich über die gewöhnlichen Formen der Menschheit erhoben hat in den Muskeln, die wie gedrungene Hügel liegen: denn hier ist dessen Absicht gewesen, die schnelle Springkraft ihrer Fibern auszudrücken, und dieselbe nach Art eines Bogens in die Enge zu spannen. Mit solch gründlicher Überlegung will dieser Herkules betrachtet werden, damit man nicht den poetischen Geist des Künstlers für Schwulst, und die idealische Stärke für übertriebene Keckheit nehme." 315 Der Maler ist dem Dichter gegenüber im Vorteil größerer Anschaulichkeit. Von seiner eigenen bildlich-sinnlichen Begabung sagt Winckelmann: „unterdessen ist alles, was ich gelesen habe, gleichsam zur-Malerey geworden."316 Wenn der Dichter durch seine Phantasievorstellungen eine vollständige, bunte, eindringliche Welt erreicht, so kann davon gesprochen werden, daß 'er malt. „Im Homero ist alles gemalet und zur Malerei erdichtet und erschaffen." Den nordischen Dichtern, die durch Milton vertreten werden, fehlt die Plastik, die Geschlossenheit, die sinnliche Lebendigkeit der Vorstellungen. „Es hat jemand nicht ohne Grund gesaget, daß die Dichter jenseits der Gebirge durch Bilder reden, aber wenig Bilder geben." 70

„Die Bilder vieler anderen Dichter sind dem Gehöre groß und klein dem Verstände." 317 So nimmt Winckelmann „Verstand" ganz im Sinne des griechischen vovi für die gesamte geistige Fähigkeit, er kann sagen: „eine Seele, die denken gelernet." 318 Auch das Wort Begriff trägt immer den anschaulichen Charakter bei ihm, ob er sagt: „was wir Thürangeln (Cardines), aber ohne Begriffe nennen" 319 oder mit „Augenbranen nach dem Begriff derjenigen, die den Olympos erschüttern" 320 direkt auf das homerische Bild anspielt. Er kann den Begriff, welchen er von dem Götterbilde gegeben hat, zu dessen Füßen niederlegen. Wenn er von den „hohen Begriffen" 321 spricht, welche die Dichter als erste Stifter der Religion gaben, so bedeutet Begriff Gestalt. Um die Form ringend ruft er aus: „Woher nehme ich Begriffe von Schönheiten" 322 . Wachstum, Blüte und Verfall, das Griechentum, an dem er mißt, sind lebendige Komplexe; er schreitet nicht fort zu abstrakten Prinzipien, weder zu geschichtlichen, noch formalen oder philosophischen. Er spricht nicht von Realismus oder Idealismus, nicht von Klassik oder Barock, nicht von Frontalität, von malerisch oder linear. Andrerseits verliert er sich nicht in der Welt der empirischen Tatsachen, er wählt aus, was zum Aufzeigen der Idee dient. Das Psychologische und Soziologische liegt außerhalb seines Bereiches. Das Menschliche ist selbstverständlich. Von Unglück, Leid und Schuld spricht die Tragödie und in ihrer Art auch die Plastik. „Laokoon ist eine Statue im höchsten Schmerze" 323 , und die Todesangst wird von dem Meister der Niobevdargestellt. Das gestaltliche Denken der Griechen schwebt Winckelmann als vollkommenes Beispiel der Erfassung des Ganzen vor. „Was Newton Attraktion nennt, nannte Empedokles Liebe und Haß." 3 2 4 Für schwierigst zu definierende Stilmerkmale läßt er selbst die Gestalt der Gratie erscheinen. Begreifen heißt für ihn ganz konkret abtasten, zufassen, die Fülle des Lebendigen in sich aufnehmen. In einer Vision erscheint ihm wie den alten Künstlern die Schönheit, die sich „fühlen, begreifen und bilden ließ" 325 . Von vornherein ist seine Absicht nicht, ein reines Gedankengebäude aufzuführen. Den Bereich des Schönen abzugrenzen und einzubauen in ein begriffliches System der Erkenntnis, überläßt er Baumgarten, der damit der Begründer der modernen Ästhetik wird. Aber auch eine Schrift wie Herders Plastik, die sowohl in der ganzen Haltung Winckelmanns Geist ausdrückt, als auch gerade die Fragen des künstlerisch Sinnlichen zum Thema hat, die in der eigentümlich lebhaften Sprache das Momentane des Sinnenerlebnisses zu erfassen sich bestrebt, setzt Winckelmann fort, indem sie bewußt über ihn hinausgeht in begrifflichem Scheiden und Herausheben des Besonderen aus dem Allgemeinen. Winckelmann erörtert nicht den Unterschied zwischen plastischer Formimg und zeichnerischer Wiedergabe der Wirklichkeit, aber er drückt das Vollkörperliche, das Rundherumführen von einer Form in die andere durch Aufzeigen an einem berühmten Beispiel aus. In der Geschichte der Kunst lautet das so: „Der Künstler bewundere in den 71

Umrissen dieses Körpers die immerwährende Ausfließung einer Form in die andere und die schwebenden Züge, die nach Art der Wellen sich heben und senken und ineinander verschlungen werden; er wird finden, daß sich niemand iin Nachzeichnen der Richtigkeit versichern kann, indem der Schwung, dessen Richtigkeit man nachzugehen glaubet, sich unvermerkt ablenket und durch einen anderen Gang, welchen er nimmt, das Auge und die Hand irremachet." 326 Und noch weniger zerlegt heißt es in der Torsobeschreibung: „Hier möchte ich stillestehen, um unseren Betrachtungen Raum zu geben, der Vorstellung ein immerwährendes Bild von dieser Seite einzudrücken, allein die hohen Schönheiten sind hier in einer unzertrennlichen Mitteilung." 327 Herders Endzweck ist „Theorie der Schönheit" 328 . Wenn man von Winckelmanns Ästhetik spricht329, so muß man sich klar sein, daß man dann etwas aus seinem Werke hervorholt, das wohl vorhanden ist, aber von ihm nicht herausgestellt wird. Er will nicht „mit metaphysischen Ideen abfertigen", nicht nur „im allgemeinen von der Schönheit reden, gleichsam als wenn alle Denkmale vernichtet und verloren wären" 330 . „Die großen allgemeinen Wahrheiten, die auf Rosen zur Untersuchung der Schönheit und von dieser näher zu der Quelle derselben führen, da dieselben nicht auf das einzelne Schöne angewendet und gedeutet worden, haben sich in leere Betrachtungen verloren." 331 Dagegen möchte er das Sichtbar-Tastbare, die Form, im Laufe der Untersuchung sich nicht verflüchtigen lassen und das, was die Betrachtung der Kunstwerke von aller anderen Erkenntnis unterscheidet, die durch das Schöne erweckte Erregung und Erhebung, bewahren und durch die Kunst der Darstellung hervorheben. Er beschreibt, er umschreibt, er erzählt, er schildert, er spricht in Bildern und Gleichnissen, bringt Beispiele. Er bezieht sich auf die allgemeine Einsicht, auf vergangenes oder tägliches Leben und besonders natürlich auf die alten Autoren» deren Beweiskraft ihm unbestritten ist, gleichviel ob es sich um ältere oder jüngere, bedeutende oder weniger wichtige handelt, gleichviel, in welchem Zusammenhang die Stelle steht, die er braucht. Auch der kleinste antike Schriftsteller hat ja noch immer mehr vom Geist des Altertums in sich als wir Spätgeborenen. So kann er vielerlei zusammensehen und vereinigen. Dagegen ist es nicht schwer, ihm mit einem an Kant geschulten Verstände Widersprüche und Unklarheiten nachzuweisen, wo er sich ins Theoretische begibt, und seine philosophischen. Darlegungen kindlich zu finden. Nach Goethes Wort kann kein neuerer Gelehrter sich der Auseinandersetzung mit der Transcendentalphilosophie entziehen außer dem echten Altertumsforscher, dem seine Beschäftigung solche Fülle der Kenntnisse, Sicherheit des Urteils und Konsistenz des Geschmackes verschafft, daß ihm die rationale Klärung erspart bleiben kann. „Auch Winckelmann gelang dieses. Glück." 332 Selbstverständlich kommt er im einzelnen nicht ohne Abstraktion aus, auch da nicht, wo er die Quintessenz seiner Einsicht geben will, nach letzter Vergeistigung strebt. Weil nun diese Stellen nicht aus einem breiten Unterbau von logisch begründeten Voraussetzungen erwachsen, sondern aufs stärkste 72

verdichteter Extrakt sind, so wirken sie fast formelhaft. So etwa, nachdem er anschaulich an drei Beispielen, einer langen Heise, einem schlichten Gebäude und einfach großer Musik und dem jeweiligen Gegenteil das Wesen der Einheit erläutert hat, heißt es: „Aus der Einheit folget eine andere Eigenschaft der hohen Schönheit, dieUnbezeichnung derselben, das ist :derenFormenwederdurchPunkte noch durch Linien beschrieben werden, als die allein die Schönheit bilden; folglich eine Gestalt, die weder dieser oder jener bestimmten Person eigen sei, noch irgendeinen Zustand des Gemüts oder eine Empfindung der Leidenschaft ausdrücke, als welche fremde Züge in die Schönheit mischen, und die Einheit unterbrechen."333 Dann folgt wieder ein Vergleich der Schönheit mit einem klaren Wasser. In der italienischen Fassung geht er noch weiter, ich gebe die Stelle in der Übersetzung: „Ebenso verhält es sich mit der Einheit, welche in der Zeichnung erfordert wird, sie ist aber verschieden von der Einerleiheit, oder steten Vorstellung einer und derselben Sache, das heißt: sie bestehet in so geformten Umrissen, daß die Teile, indem sie die ganze Gestalt geben, gleichviele Veränderungen der Einheit sind oder zu sein scheinen." Er entschuldigt sich: „Diese Idea, oder dieser Gedanke, wie wir ihn nennen wollen, ist in der Tat ein wenig abstract, aber außerdem, daß er nicht weniger feststehet, ist er von wichtigen Folgen . . ," 3 3 4 Daß der Gedanke feststeht, ist seine ganze Begründung, es folgt dann wieder die Analogie mit dem reinen Wasser. Die Schönheit übersteigt menschliche Fassungskraft, „ein allgemeiner deutlicher Begriff von deren Wesen gehöret unter die unerfundenen Wahrheiten. Wäre dieser Begriff geometrisch deutlich, so würde das Urteil der Menschen über das Schöne nicht verschieden sein, und es würde die Überzeugung von der wahren Schönheit leicht werden" 335 . Trotzdem wird in der Darstellung auf Begründung nicht verzichtet, „man soll nicht nur sagen, daß etwas schön ist, sondern auch warum es schön ist." 3 3 9 Aber an Stelle des logischen Beweises tritt die unmittelbare Überzeugungskraft, die der Schönheit inne wohnt, unabhängig von erkenntniskritischen, psychologischen oder formalen Voraussetzungen, „es ist zu derselben keine philosophische Kenntnis des Menschen, keine Untersuchung der Leidenschaften der Seele, und deren Ausdruck nötig." 337 Der Abschnitt über das Verhältnis von Schönheit und Ausdruck, der in der deutschen und italienischen Fassung angeführt wurde, ist ein gutes Beispiel für Winckelmanns Darstellungsart und Beweisführung und gipfelt darin, das Schöne als rührend, beredt und überzeugend zu kennzeichnen: „Die innere Empfindung bildet den Charakter der Wahrheit"338, und „wie denn die Wahrheit auch ohne Beweise überzeuget, so wird das Schöne, von Jugend an gesehen, auch ohne weiteren Unterricht gefallen" 339 . Die umfassende Kraft, die auch die Elemente, die der Ratio entgehen, zusammenschließt, ist die Empfindung, das Gefühl.

73

GEFÜHL, EMPFINDUNG,

GESCHMACK

Winckelmann verwendet die Worte Gefühl und Empfindung gleichbedeutend, unterscheidet aber, wo er sie auf Kunstbetrachtung anwendet, psychologisch vorgehend einen äußeren Sinn, der den künstlerischen Eindruck aufnimmt, von dem inneren Sinn, der die seelische Antwort bezeichnet und auch beim bloßen Betrachter als schöpferisch erkannt wird. Es wird hier das Problem des vom Stilwollen bestimmten Sehens gestreift, aber nicht objektiv erörtert, sondern zu dem idealistischen Maßstab in Verbindimg gesetzt. Als beziehungsreiche Huldigung ist dem jungen Freunde die kleine Schrift gewidmet Über die Fähigkeit der Empfindung des Schönen-, in dieser Empfindung erfaßt der Mensch das Unsagbare. Aber schon das erste Wort, das von Winckelmann gedruckt wurde, ist „der gute Geschmack"340, „welcher", wie es in der eben genannten Abhandlung heißt, „in einem anderen Worte, eben diese Fähigkeit bedeutet" 341 . In dem Worte Geschmack, dessen Verwendung in übertragener Bedeutung als Übersetzung des französischen goût sich im deutschen damals erst gerade eingebürgert hatte, und dessen metaphorischer Charakter noch stark empfunden wurde, steckt die Reaktion auf einen bestimmten Sinnenreiz durch Wohlgefallen oder Ablehnung. In seiner Neigung zum Konkreten gebraucht Winckelmann das Wort schmecken auch für höchst geistige Erlebnisse. Er hat den Homer „geschmecket" 342 , er bedauert Riedesel wegen der Entfernung von den größten Schönheiten, „welche Sie mehr als andere schmecken und empfinden können" 343 , er schreibt : „Viel Schönes habe ich in der Kunst und in der Natur gesehen und mehr würde ich es geschmeckt haben, wenn ich das Vergnügen hätte mit Ihnen theilen können" 344 . Das Wort geht hier in die Bedeutung genießen über, wie sie in dem abgebrauchten „Kunstgenuß" weiterlebt. Die Griechen genossen unter Alexander „die Süßigkeit einer entwaffneten Freiheit, ohne die Bitterkeit derselben zu schmecken" 346 . Die letzte Sublimierung des sinnlichen Vergnügens vollzieht sich in der „Zeugung im Verstände", sie läßt eine „ungefühlte Wollust schmecken" 346 . Geschmack erhält seine Bedeutimg und Verbreitung durch Boileau und bringt vom französischen Klassizismus her den Sinn des Maßstabes mit, der das Ästhetische, anders nicht zu fassende, einzuschätzen erlaubt. „Geschmack", sagt Herder kritisch, „ist Hauptbezeichnung geworden, die doch aber im Grunde nichts sagen will, als ein leichteres, erquickendes Gefühl. Bei den Spaniern soll dieser Gusto 74

zuerst üblich geworden sein, die Italiener haben ihn bald adoptiert, die Engländer, Deutsche und andere sind nachgefolgt: man hat ihn endlich gar in die lateinische Sprache zurückgetragen, in der er in den besten Zeiten wenigstens nicht als Hauptbenennung üblich gewesen:"347 Der Inhalt des Wortes schwankt von formalen Vorschriften, gegen die als Geschmäcklerpfaffenwesen zuletzt die junge Dichtung revoltiert, bis zu einem ästhetischen Taktgefühl, einem künstlerischen Wohlverhalten. So etwa faßt es Hagedorn auf: „Ordentlicher Weise fliehen wir auch in der Malerey alles, was die feineren Empfindungen beleidigt", und „die Pflicht des Künstlers ist, uns die Gegenstände nur von der reizenden Seite zu zeigen" 348 . Für Mengs ist Geschmack das Auswählen der besten Elemente aus den Schöpfungen der größten Künstler. Winckelmanns Werk beginnt: „Der gute Geschmack . . . hat sich angefangen, zuerst unter dem griechischen Himmel zu bilden"; „er hat sich selten weit von Griechenland entfernt, ohne etwas zu verlieren" 349 . Die in der ersten römischen Zeit geplante Schrift Über den Geschmack der griechischen Künstler bedeutet einen Versuch, den normativen Anspruch mit geschichtlicher Stildeutung zu verbinden. Im Laufe der Entwicklung trennen sich die Bezeichnungen der eintretenden Klärung der Begriffe entsprechend, ohne sich weit voneinander zu entfernen. Stil wird, wie bereits ausgeführt wurde, für den kunstwissenschaftlichen Sinngehalt gewählt, während Geschmack auch in der Geschichte der Kunst dicht neben der Regel steht: „Säulen von römischer Ordnung am Portal, ionische Säulen an den Seiten und der Fuß derselben mit geschnitzten Blättern nach der Art eines Kapitäls sind der Regel und dem guten Geschmack entgegen." 350 Regel bedeutet aber weit mehr als Stilreinheit innerhalb der Säulenordnungen. Ohne sie würde völlige Anarchie ausbrechen: „Einer würde seiner Venus ein gewisses französisches Wesen geben, ein anderer würde ihr eine Habichtsnase machen." „Wenn der Geschmack des Altertums der Künstler Regel in Absicht der Form nicht sein soll, so wird gar keine anzunehmen sein." 351 . Verfall des Griechentums ist Verfall des Geschmackes. Am Hofe des Ptolemäus Philadelphus „entgeisterte und erniedrigte" die griechische Dichtkunst „ein verderbter Geschmack' i2 216 Carm. IV, 2 218 Suphan II, 40 217 An Francke, 1. Jenner 1759, Rehm I, 444; vgl. 439, X, 314. John Clelands, Memoirs of a W. of P. 1748/49 u. 1750; W. Boelich, Ztschr. f. dt. Philologie 75, 4; 436 218 An Münchhausen, 30sten Jan. 1768, Rehm III, 363, XI, 467 219 W. u. Homer, 20ff., W. Schadewald, W. als Exzerptor und Selbstdarsteller. Neue Beiträge z. klass. Altertumswisssch. Festschr. f. B. Schweitzer, Tübingen 1954, 391 220 An H. Füßli, 22. Sept. 1764, Rehm III, 55, XI, 98 221 Ebenda 222 Justi I, 140 223 An Berendis, 6. Jenner 1753, Rehm I, 120, X, 45 221 IX, 29 225 IV, 85 226 Justi III, 317; Frdr. Hauser, Polyklets Diadumenos, Jahresh. d. Östr. Arch. Inst. VIII, 1905, 42—82; u. ders., Gott, Heros und Pankratiast v. Polyklet. Jahresh. d. Östr. Arch. Inst. XII, 1909, 100—197 227 I, 165 228 IX, 50 229 IV, 86, VII, 109; Tratt. Pr. XL „alle quali, secundo la frase de'poeti, Lucina non ha scolto ancor la cintura . . . " 211

162

230 231 232 233 234 236 236 237 238 239 240

I, 250 IX, 28 I, 205 Paris, Vol. 57, 73, XII, LXX IX, 28 IX, 113, IX, 237 I, 189; Blackwell 142, Voß 176 Della Ragion Poetica, a. a. 0., 350 Blackwell 143, Voß 177 An Frau von Stein, Rom, den 20. Dez. 1786, Sophienausg. IV, 8, 100 I, 6

241

Paris, Vol. 57, 70/74; Tibal, 11, XII, LXIV—LXV; Jahresgabe der WinckelmannGesellschaft 1941, 19, zwei nebeneinanderlaufende Fassungen und Beginn einer dritten, Tibal 38, abschließend dazu Zeller a. a. O. 242 VI, 223, Properz, II, 10, 21 ; Ut caput in magnis ubi non est tangere signis Ponitur hic imos ante corona pedes; vgl. Metastasio an D. Saverio Mattei 1769 über dessen „Ottave arriechite della latina parafrasi": „La nuova e gentil comparazione del fanciullo, che non giungendo a coronar Fauno, gli depone ai piedi la corona, scuopre la fecondità della miniera, che l'ha prodotta." Lettere dell' Abate Pietro Metastasio, Trieste 1795, 70 243 An Muzel-Stosch, 11. Nov. 1766, Rehm III, 220 u. 517, XI, 334 244 Muncker IX, S. 86 u. 87 246 An Francke, 5. Dez. 1767, Rehm III, 328, XI, 437; vgl. an Muzel-Stosch, 24. Oktober 1767, Rehm III, 316f., XI, 424 246 II, 103; an Bianconi, li 26. Mars 1763, Rehm II, 302 247 An Berendis, 28. Sept. 1761, Rehm II, 176, X, 522 248 An Berendis, 12. Mai 1757, Rehm I, 284, X, 203 249 An Berendis, 6. Jenner 1753, Rehm I, 120, X, 45 • 260 I, 35, VII, 209 261 An Muzel-Stosch, 28. Jenner 1764, Rehm III, 11, XI, 46 262 An Berendis, 6. Jenner 1753, Rehm I, 120f., X, 45 263 An Muzel-Stosch, lOten Febr. 1764, Rehm III, 16, XI, 54 254 An H. Füßli, 22. Sept. 1764, Rehm III, 55, XI, 98 256 An Berendis, 6. Jenner 1753, Rehm I, 121 ; X, 46 286 IV, 86 257 IX, 39, IV, 218; an Muzel-Stosch, November 1757, Rehm I, 312 288 Beschreibung der Sixtinischen Madonna I, 36 f. 269 Goethes erste Weimarer Gedichtsammlung hg. v. A. Leitzmann, Bonn 1910, 9, 5 260 IV, 51 261 I, 293 262 Minor II, 300 263 IV, 43 284 III, 10 2,8 An Muzel-Stosch (September 1757), Rehm I, 301, X, 209 268 I, 240 287 IV, 60 Ii«

163

268

IV, 139

Joh. Tauler, Predigten. Übertragen von W. Lehmann, II, 1923, Nr. 80. Von der Brautschaft mit Gott, 241. Auslegung der Worte Augustins: „Der Mensch ist allzu habsüchtig, dem nicht an Gott genügt." 269

I X , 64 V, 219; an Muzel-Stosch (den 29. Oktober 1757), Rehm I, 312, X , 218 272 VI, 96; in der ersten Fassung!, 228: „vermagst du aber in die Geheimnisse der Kunst einzudringen, so wirst du ein Wunder derselben erblicken". 273 v , 221 274 An Muzel-Stosch (Anfang Oktober 1757), Rehm I, 309, X , 215 276 IV, 226, I, 207, IV, 237 2 7 8 IV, 46, X I I , X L I I I f . die Schönheit als „das Mittel von zwei extremis" 277 IV, 85 2 7 8 I, 37 279 IV, 85 270

271

280

22

An Bünau (Le 16. de Juin, 1748), Rehm I, 77, X , 19 282 An Mechel, 8. April 1767, Rehm I I I , 248, X I , 327 283 I V > 46

281

284 An Francke, 4. Februar 1758, Rehm I, 330, X , 244; vgl. V, 448: „Der aufs Höchste c getriebene Geist in den Werken des Witzes und der Kunst." 285 I, 238 286 An Muzel-Stosch, 15. Nov. 1766, Rehm I I I , 220, X I , 334 287 Biberach, 15. Dez. 1768; Wielands Briefe, hg. von L. Wieland, Wien 1815, I, 235 288 IV, 85 289 An Berendis (Nöthenitz, den 6. Jenner 1753), Rehm I, 121, X , 46 290 An Berendis (den 12. May 1757), Rehm I, 283f., X , 203 291 IV, 51 292 An Francke, über Baldani, 4. Feb. 1758; Rehm I, 324f., X , 234 293 I> 242 294 I, 204 296 An Berg, 3. Nov. 1762, Rehm II, 270, X , 582 2»« IV, 60 297 ^ 10 298 J> 1 7 299 VI, 21 3°® Or. 8, hierzu Jucker, 136 ff. ä»1 I, 17; Guhl, Künstlerbriefe, Berlin 18802, I, 95 302

I V )

46

VI, 297 I, 51, I, 56 305 I V > 26

308

304

306 307

164

Epist. II, 3, 9 f. I, 156

so8

IX, 19. Am 16. Aug. 1766 hat W. Lessings Laokoon erhalten. In den im Frühling 1767 erscheinenden Monumenti der höfliche Hinweis: „un scrittor di Germania giudizioso per altro ed erudito"; Tratt. Prel. L X X I X ; XII, 122. Zu den brieflichen Äußerungen und den Gegensätzen zwischen den beiden: Justi III, 204ff., Rehm III, 498 mit Angabe weiterer Lit. Wie nahe sich beide Schriftsteller in der stilistischen Forderung kommen, zeigt schon die G. d. K. v. 1764, 169: „In der Vorstellung der Helden ist dem Künstler weniger als dem Dichter erlaubet." Der Dichter erscheint ganz der Blackwellschen Homervorstellung gemäß: „wo die Leidenschaften nicht durch die Regierung oder den gekünstelten Wohlstand des Lebens zurückgedrängt und geschwächt waren . . . jener aber (der Künstler), da er das Schönste in den schönsten Bildungen wählen muß, ist auf einen gewissen Grad des Ausdruckes der Leidenschaften eingeschränket, die der Bildung nicht nachteilig werden sollen." 309 I, 56 310 I, 145 311 An Muzel-Stosch, 3. Jenner 1761, Rehm II, 111, X, 463: „aber es fehlet den Figuren der Homerische Geist, welcher jenen (Raffaels) eigen ist." 313 I, 155 313 I, 56 f. 314 V, 370: „daher seine Einbildung vornehmlich mit jugendlichen Figuren beschäftiget war". Zugrunde liegt das bekannte Urteil Quintilians Inst. Orat. XII, 10, 8: . . . nam ut humanae formae decorem addiderit supra verum . . . quin aetatem quoque graviorem dicitur refugisse nihil ausus ultra leves genas. 315 VI, 100 316 An Wille, 27. Jenner 1756, Rehm I, 200 3 " III, 137 318 I, 50 Verstand = vovg besagt in Winckelmanns umschreibender Art der vielzitierte und oft mißverstandene Satz: „der Pinsel, den der Künstler führet, soll in Verstand getunkt sein, wie jemand von dem Schreibegriffel des Aristoteles gesagt hat." I, 56. 311 II, 178 320 Paris, Vol. 57, 74, XII, LX 321 IV, 83 322 Paris, Vol. 57, 73, XII, LXXI 323 i v ) 22 324 IX, 29 325 IV, 46 326 VI, 98 327 I> 229 328

Suphan, VIII, 131 Bernhard Schweitzer, J. G. Herders Plastik und die Entstehung der neueren Kunstwissenschaft, Leipzig 1948 330 VII, 101 331 IV, 44; Paris, Vol. 75, 82 hat W. notiert: „il cammino, che conduce alla verità si trova sparso di fiori." 332 Winckelmann und sein Jahrhundert. Sophienausg. Bd. 46, 53 f. 333 IV, 61 329

165

334 VII, 104 f. 335 I V , 46 336

I, 227; ebenso III, 11, III, 15 IV, 61 338 I, 15 339 I, 253 340 I, 7; vgl. Weber, H., Geschmack bei W. Ztschr. f. d. Wortforschung 10, Straßburg 1908/1909. 337

341

I, 28

342

An Berendis, 6. Juli 1754, Rehm I, 142, X, 75 343 An Riedesel, 11. Jan. 1765, Rehm III, 6, XI, 39 344 An Riedesel, 27. März 1764, Rehm III, 28, XI, 63 848 VI, 8 • 347 An Berg, 3. Nov. 1762, Rehm II, 270, X, 582 348 Suphan IV, 53 f. 348 Hagedorn, Betrachtungen über die Malerey, Leipzig 1762, 110 u. 144 349 j 7 360

VI, 180, über e. Abh. v. verderbten Geschmack Rehm III, 427 I, 146 352 v i , 71 363 VI, 181 364 i t 1 2 i 361

3

" I, 238 f. I, 35 äs? i t 249 358 I, 250 st» 243 360 Suphan VIII, 107 ff. 3,1 I, 230 362 IV, 140 3,3 Paris, Vol. 57, 79, Jahresg. der Winckelmannges. 1941, 19 u. 53 364 An Berendis, 6. Jenner 1753, Rehm I, 119, X, 44; an Wille, 27. Jenner 1756, Rehm I, 199 f. 3,6 An Genzmer, 10. März 1766, Rehm III, 170, XI, 239 366 I, 114 f. 367 IX, 37 368 T> 243 368

368 I, 243, II. VI, 145—r!51. Diese Homerverse führt auch Blackwell an, „their Theologie was a Fable and their moral Instruction an allegorical Tale . . . Glaucus teils Diomedes: „ . . W . hat den Abschnitt notiert: Paris, Vol. 66, 25; Blackwell, 48, Voß, 62. 3,0 An Muzel-Stosch, 18ten März 1768, Rehm III, 374, XI, 479; an denselben, 23. Merz 1768, Rehm III, 377, XI, 482 371 An Hagedorn, 24sten Jun. 1759, Rehm II, 9, XI, 511 372 An Mechel, 7ten Sept. 1766, Rehm III, 203, XI, 273 373 1 V ) 14

166

3 4

' IV, 86 ' An Gessner, 17. Jenner 1761, Rehm II, 114, X, 465 f. 3 ™ Suphan VIII, 316 878 I, 232 f. 379 IV, 117 380 i > 244 881 IV, 303 882 III, 38 f. 383 An Riedesel, 4. Sept. 1765, Rehm III, 125, XI, 188, VI, 284: „eins der schönsten Dinge der Welt". 384 An Volkmann, 16. Jul. 1764, Rehm III, 49, XI, 91 388 An Francke, 18. August 1764, Rehm III, 55, XI, 97; vgl. an Riedesel, 16. Jul. 1764, Rehm III, 50, XI, 88f.; an Riedesel, 22. Febr. 1765, Rehm III, 84, X I , 136 386 Paris, Vol. 57, 71, 72 387 IV, 95, VII, 454 388 An Volkmann, 16. Jul. 1764, Rehm III, 49, XI, 91 389 An Bünau, 17. Sept. 1754, Rehm I, 148, X, 88; vgl. an Berendis vom gleichen Tage, Rehm I, 151. Hierzu über den Einfluß Shaftesburys Vallentin, 163f. 390 An Bianconi, Ii 31 di Giunio (1757), Rehm I, 286f.; Arch. Stor. Ital. XIII, 1873, 495 3,1 Z. B. an Uden, 2. Juni 1751, Rehm I, 106; an Berendis: ,,Eintziger Freund und Bruder" 12ten Julii 1754, Rehm I, 143; zahlreiche ähnliche Wendungen. 392 An Muzel-Stosch, 5. August 1758 und 26. August 1758, Rehm I, 402 u. 405 393 An Genzmer, den 20ten Nov. 1759, Rehm I, 312, X, 220 391 An Berendis, 13. April 1753, Rehm I, 134, X, 63 396 Ebenda; auch: „englischer Freund" 398 An Volkmann, 5. May 1764, Rehm III, 36, XI, 71 307 An Muzel-Stosch, 15. Juni 1758, Rehm I, 378, X, 274 388 An Bülow, Entwurf, Sommer 1747, Rehm I, 71, X, 14 399 An Berg, 20. May 1767, Rehm III, 262, Briefe an e. Fr. in Liefland, 21 400 An Berg, 10. Febr. 1764, Rehm III, 17, Briefe an e. Fr. in Liefland, 18 4 °i An Muzel-Stosch, 2. Apr. 1767, Rehm III, 244 402 An Muzel-Stosch, 18. Febr. 1767, Rehm III, 234, Briefe an einen seiner vertrautesten Freunde, II, 89 403 An Marpurg, 8. Dez. 1762, Rehm II, 275, X, 591; an Walther, 23. May 1760, Rehm II, 87, X, 433: „Freund, Gefährte und alles in einer Person" und „es können zwey Freunde nicht vertraulicher seyn". 404 An Berg, 3. Juni 1762, Rehm II, 232 f., X, 557 405 An Lamprecht, Entwurf April 1747, Rehm I, 69 408 An Bülow, Entwurf (Le 4ieme Juin 1748), Rehm I, 77 497 An denselben, Rehm I, 72, X, 16 408 An denselben, Rehm I, 72, X, 15, Anm. 409 An Berg, 3. Nov. 1762, Rehm II, 269, X, 580 410 An Heinrich Füßli, 23. Juni 1764, Rehm I I I , 45. XI, 84 3 6

167

411

I, 179; De monstrosa amicitia respectu perfectionis inter Nicol. Barbarigum et Marc Trevisanum. Venet. ap. Franc. Baba, 1628; an Berendis, 17. September 1754, Rehm I, 151, X, 83; XII, X I I I 412 An Berg, 9. Juni 1762, Rehm II, 232, X, 557 " 3 An Berg, 10. Februar 1764, Rehm III, 17, XI, 56 414 6. Febr. 1768, Rehm III, 366, XI, 471 416 9. Juni 1762, Rehm II, 232, X, 556, vgl. an P. Usteri, 27. Sept. 1766, XI, 282: „Ich bin Ihnen, wie eine zärtliche Mutter ihrem abreisenden Kinde nachsiehet, von einem Orte zu dem anderen mit Geist und Seele gefolget." 416 An Muzel-Stosch, Febr. 1765, Rehm III, 78f., XI, 130 417 An Harper, m. Juin 1756, Rehm I, 230ff., mit Rehm I, 557, Eiselein folgend, statt Ode VI, die W. nennt, Ode VII zu setzen, scheint nicht geboten. 418 I, 273 . 419 20. May 1767, Rehm III, 263, XI, 347 420 An P. Usteri, 7ten Sept. 1766, Rehm III, 203, XI, 272f. 421 10. Februar 1764, Rehm III, 17, XI, 56 422 April 1758, Rehm I, 349, X, 255 423 XII, VII 424 I, 231 425 IV, 18 426 An Francke, Sonnabend vor Pfingsten 1766, Rehm III, 177, XI, 252 427 An Riedesel, 18. Jenner 1766, Rehm III, 157, XI, 225 428 An Francke, 18. Jenner 1766, Rehm III, 155, XI, 222 429 14. May 1768, Rehm III, 388, XI, 492 430 An Berendis, 15. May 1764, Rehm III, 40, XI, 75 431 An C. Füßli, 20ten Jenner 1764, Rehm III, 9, die „Briefe an seine Freunde in der Schweiz", 129 sowie XI, 43 haben „Fürstengeschlecht". Die richtige Lesart schon bei Justi, I, 206. 432 An Berendis, 1. July 1766, Rehm III, 280, XI, 371 433 An Müzel- Stosch, 15. Aug. 1766, Rehm III, 197, XI, 263 434 Ebenda 435 An Berendis, 1. July 1767, Rehm III, 280, XI, 371 436 IX, 37 437 An Mechel, 7. September 1766, Rehm III, 203, XI, 273 438 An Francke, 18. Jenner 1766, Rehm III, 156, XI, 223 439 An Muzel-Stosch, 15. Aug. 1766, Rehm III, 197, XI, 262 440 IV, 210 441 An Muzel-Stosch, 4ten Oktob. 1766, Rehm III, 213, XI, 286 442 An denselben, 9ten May 1767, Rehm III, 257, XI, 338 443 An Berg, 20. May 1767, Rehm III, 263, XI, 347 444 An Berendis, 1. July 1767, Rehm III, 280, XI, 371 446 Mon. Ant. Ined. VII, vgl. Allegorie IX,' 249, „die demütige Ehrfurcht gegen Gott kann nach dem Begriffe derjenigen vorgestellet werden, welche die Kränze, womit sie die Statue einer Gottheit krönen wollten, zu deren Füßen legeten, wenn sie nicht an das Haupt derselben reichen konnten." Vergl. S. 59 u. Anm. 242

168

448

An Berendis, 1. July 1767, Rehm III, 279, XI, 369 (17. Sept. 1757), Rehm I, 304, Justi III, 264 448 Mitte September 1757, Rehm I, 300, X, 204 449 An denselben, 10. Dezember 1757, Rehm I, 317, X, 228 460 An L. Usteri, 15. Jenner 1763, Rehm II, 283 451 An denselben, 20. Febr. 1763, Rehm II, 291; dagegen vom Prinzen Heinrich: „Wer kennet diesen menschlichen Prinzen nicht?" An Muzel-Stosch, 18. Febr. 1767, Rehm III, 235, XI, 312 452 I, 232; „Elende Menschlichkeit!" An Schlabbrendorf, 19. Merz 1768, Rehm I I I , 377 453 Paris, Vol. 57, 71, 72; XII, LXVII 464 An Muzel-Stosch, 13ten Jun. 1758, Rehm I, 378, X, 275 456 IV, 16 468 An Weise, 28. Dez. 1763, Rehm II, 366, IX, 33 457 An Genzmer, 10. März 1766, Rehm III, 170, XI, 241, 245 458 An Francke, 4. Febr. 1758, Rehm I, 226, X, 237 459 An Bünau, 15. Jul. 1757, Rehm I, 289, X, 205; an Genzmer, 20. Nov. 1757, Rehm I, 313, X, 221 460 An Francke, 29. Jenner 1756,Rehm I, 204, X, 140; an denselben, 5. May 1756, Rehm I, 221, X, 145; an Mechel, 14. Dez. 1766, XI, 241 4C1 An Gessner, 14. Nov. 1761, Rehm II, 186, X, 527 462 An Berendis, 21. Feb. 1761, Rehm II, 122, X, 446 463 An Genzmer, 10. März 1766, Rehm III, 169, XI, 442 464 An Uden, 29. Mertz 1753, Rehm I, 133 466 An Usteri, 20. Feb. 1763, Rehm II, 295, X, 613 468 An Berendis, 21. Feb. 1761, Rehm II, 122; X, 446 467 An Gessner, 17. Jenner 1761, Rehm II, 114, X, 466 468 X, 584, Anm. 469 An L. Usteri, 27. Jun. 1767, Rehm III, 276, XI, 365 470 An Mechel, 14. Dez. 1766, Rehm III, 225, XI, 301 471 An P. Usteri, 14. Dez. 1766, Rehm III, 225, XI, 302 472 Zschr. f. bild. Kunst, XXIII, 1888, 140 473 An Berendis, 29ten Jenner 1757, Rehm I, 266, X, 181; an Bünau, den 12. May 1757, Rehm I, 280, X, 196; an Muzel-Stosch, 18. Jul. 1767, Rehm III, 288, XI, 381f. und an denselben, den 9! Sept. 1767, Rehm III, 311, XI, 413; an L. Usteri, 22. Jul. 1767, Rehm III, 291, XI, 383 474 An Genzmer, 10. März 1766, Rehm III, 168, XI, 241 475 An L. Usteri, 17. Dez. 1762, Rehm II, 278, XI, 596 476 VI, 25 477 I V l 24 478 IV, 27 f. 479 I V , 24 447

489 481 482 483

I, 134 IV, 18 IV, 30 IV, 36

169

484 Jf 217 I, 223, VI, 298 488 An L. Usteri, 20. Feb. 1763, X, 613 487 An Muzel-Stosch, 15. Aug. 1766, Rehm III, 197, XI, 263; dazu Vallentin, Anm. zu S. 191 auf S. 242 488 V, 448, vgl. IV, 68 „. . . verfuhren diese weisen Künstler wie ein geschickter Gärtner, welcher verschiedene Absenker von edlen Arten auf einen Stamm pfropfet." i8» I V ( 24 480 IV, 25 485

481

482

I, 16

IV, 99 493 IV, 48, V, 331 u. a. m. 493a w setzt sich mit der genauen Bedeutung des Ausdrucks auseinander: V, 338 484 Winckelmann und sein Jahrhundert, Sophienausg. Bd. 46, 41 485 IV, 10 488 XI, 43 48 ' IV, 95 488 i v , 70 49» I V > 73 600 VI, 297 soi v i , 72 502 IV, 66 583 An Berg, 9. Juni 1762, Rehm II, 232, X. 557 804 An Riedesel, 23. Juni 1764, Rehm III, 44, XI, 83 888 IV, 153 «os VI, 222; Paris, Vol. 57, 71, 72, XII, LXVII; 807 Ebenda 888 IV, 52 «09 I f 228 6io i, 229 811

812

I, 228

IV, 292 813 Winckelmann und Homer, 74 f. 814 I, 11; Montaigne, 1. Buch, Kap. 31, § 72, 84; Essay on Man, Ep. I, V, 99—112, vgl. IV, 177f.; an P. Usteri, 27. Sept. 1766, Rehm III, 211, XI, 283: „So, wie der arme Indianer jeiiseit seiner Gebirge Ruhe zu finden hoffet" und mit wörtlichem Anklang an Pope: „der Indianer mit seinem treuen Hunde" an L. Usteri, 19ten Aug. 1767, Rehm III, 308, XI, 408. 815 Paris, Vol. 57, 73; XII, LXX 818 XII, XXVIII II, 189 818 III, 401, unsere Tf. 5 818 IV, 91, I, 240, unsere Tf. 6 829 Paris. Vol. 57, 72; XII, LXVIII 521 207

170

522 An Berendis, 20. Dez. 1755, Rehm I, 192; X, 129f.; an Genzmer, 1. Juni 1756, Rehm I, 223, X, 152: „was machen Deine lieben Steine? Tyrol hättest Du sehen sollen. Hier zeigt sich die Mutter der Natur in ihrer erstaunenden Größe." 623 Paris, Vol. 57, 160—195 524 An Francke, 5. May 1756, Rehm I, 221, X, 145; an denselben, 29. Jenner 1756, Rehm I, 206, X, 142 828 An Heyne, 30. März 1765, Rehm III, 88 XI, 139; an Genzmer, 20. Nov. 1757, Rehm I, 313, X, 221 526 An Berendis, 21. Febr. 1761, Rehm II, 122, X, 446; „die Elysische Gegend" an Usteri, 8. April 1767, Rehm III, 246, XI, 328 627 An Riedesel, 16. Jul. 1764, Rehm III, 49, XI, 87; an Bianconi, 24. Luiglio 1761, Rehm II, 165: „rispirando l'aria felice in questi siti beati da Paradiso, in cui la Natura è stato prodiga di sue bellezze..."; „Die göttliche Gegend" an Usteri, 28. Jul. 1761, Rehm II, 170, X, 516 528 An Muzel-Stosch, 4. May 1760, Rehm II, 89, X, 432 429 An Francke, 26. Jun. 1762, Rehm II, 242, X, 566 830 An Francke, 6. Feb. 1768, Rehm III, 366, XI, 469 531 An Francke, 1. May 1762, Rehm II, 225, X, 554 432 An Francke, 5. Dez. 1767, Rehm III, 328, XI, 437 833 III, 400 534 V, 354 536 I, 159, 158 636 Poesie varie a cura die Benedetto Croce, Bari 1913, Versi satirici VII, 395, aus dem Sonett gegen den schlechten Dichter Murtole. • 637 V, 348, Gravina, Ragion Poetica, zit. Ausg. 11: „Alla quäl opra son atte le parole, che portano in seno imagini sensibili." 638 Paris, Vol. 65, 90, Jul. Caesar I, 1 539 2 5 640 IV, 60

su v, 224 542

I, 249 f.

843

I, 220

544

IV, 147 846 VI, 297 848 Leitzmann, IV, 402 847 I, 230 848 V, 262 849 I, 229 860 Description Nr. 122 S. 337f.; vgl. die Beschreibung in einem Briefe an Hagedorn 8.109 881 IV, 140 832 IV, 114 Anm. 555 j v , 25 884 IV, 52 888 Justi I, 225; I, 30f. 558 v , 224

171

Paris, Vol. 57, 73 Paris, Vol. 67, 152 569 IV, 64, 65 660 IV, 101 f. «si v i , 222 562 Paris, Vol. 57, 72; stärker im Überkommenen bleiben Bilder wie: „die reinsten Quellen der Kunst sind geöffnet, glücklich wer sie findet und schmecket." I, 8 III, 37 664 I, 219, 221 566 III, 26 666 III, 61 f.; W. vergleicht nicht Michelangelos Zeichnung mit dem archaischen Stil, wie Waetzoldt, I, 70, meint. Im Gesamtbild des Etruskischen, das Winckelmann entwirft, I I I , 293, 1. Fassung an Muzel-Stosch 10. Dez. 1757, Rehm I, 318f., X, 229 werden Melancholie, Grausamkeit, finstere Wahrsagerei und eine abgebrochene Entwicklung als charakteristisch angeführt. Auch die Bevorzugung bestimmter Musikinstrumente wird herangezogen. Alles das im Gegensatz zum Griechentum, mit dem er den Zusammenhang durchaus sieht, ebenso wie das Weiterleben etrùskischer Züge im Römischen. Daß W. darüber hinaus einen fortdauernden Stammescharakter meint, der in Michelangelo zutage kommt, zeigt etwa die Bemerkung: „auch in neueren Zeiten wurden die eigenen Geißelungen in Toskana zuerst erdacht". 558

667

III, 363, IV, 52 III, 61 f. 669 Paris, Vol. 71, 44 670 III, 61 571 Oeuvres complètes, ed. Laboulage, Paris 1876, 326 672 An Berg, 9. Jun. 1762, Rehm II, 232, X, 556 573 VI, 365 f. 6,4 VI, 340 675 V, 345 576 I V ) 42 588

677

VI, 292 VI, 295 579 IV, 114 080 IV, 99 681 I, 87 682 An Berendis, 27. Mertz 1752, Rehm I, 111, X, 36 663 I, 8; ebenda: „Dresden wird nunmehro Athen für Künstler." 684 An Bianconi, 25. Sept. 1756, Rehm I, 246 585 42 586 92 587 XII, VI 688 Paris, Vol. 57, 73 589 An Berg, 20. May 1767, Rehm III, 263, XI, 347; an Francke, 4. Nov. 1766, XI, 292: „der Braunschweigische Achilles" 690 An Berg, 9. Juni 1762; Rehm II, 233, X, 556 t78

172

891

IV, 301 V, 138; ebenso an Muzel-Stosch, 3. Jenner 1761; Rehm II, 111, XI, 438 693 An L. Usteri, lOten Jenner 1762, Rehm II, 200, Briefe an seine Freunde in der Schweiz S. 53 591 An H. Füßli, 3. Jun. 1767, Rehm III, 271, XI, 354. Die Herkunft des Ausdrucks aus der Redensart: „Mit Schuster Dinte geschrieben." An Berendis, 21. Feb. 1753, Rehm I, 130, X, 60 sss 278 596 An Berendis, lten Jul. 1767, Rehm III, 281 u. 540, XI, 373 597 An H. Füßli, 3. Jun. 1767, Rehm III, 271, XI, 355 598 I, 131 599 III, 134; „ja, Apelles, der Maler der Gratie, war unter diesem wohllüstigen Himmel erzeuget." Auch IV, 8, 9: „der glückliche Himmel, der vorzügliche Himmel"; I, 127: „ein rauher Himmel"; XI, 145: „ein gütiger Himmel und ein schönes Land, wo die ganze Natur lacht" u. a. m., ähnlich: „das wilde Herz der Römer" IV, 16 u. a. m. An Genzmer, 20ten Nov. 1757, Rehm I, 313, X, 221 601 IV, 65 692

602

V I >

22

603

IV, 112 604 V I ) 26 605 I V , 18 606 Y, 120 6
243 619 v , 120 620 II, 408 Anm.; desgl. an Francke ,4. Feb. 1758, Rehm I, 327, X, 238 „welches sich rar gemacht hat" 621 242 622 v , 292; „Die Kunst selbst verließ, so zu reden, Griechenland"; VI, 48; ähnl. VI, 64 u. a. m. 823 IV, 156 625 I V , 27 826 828

VI, 297 An C. Füßli, 27. July 1758, Rehm I, 400, X, 281

173

827

IV, 19 IX, 38 628 IX, 249 630 Paris, Vol. 57, 73, XII, LXIX 631 I, 37 632 IX, 37 633 v > 247 628

634 836 638

I, 220f. I, 30 I, 131; vgl. S. 41

637 v , 2 7 838

XII, XLVII II, 150 840 IV, 99 841 IV, 46 842 IV, 143 843 I, 259 844 I, 249 846 IV, 243 846 IV, 204 647 VI, 222 848 An Hagedorn, 13. Jenner 1759, Rehm I, 446, I, 278; vgl. S. 100 64» V I ) 22 839

858

Paris, Vol. 57, 71; XII, LXVII

851

I, 226

852

I, 273; XII, LXI 863 V, 68 664 I f 279 855

«56 857

858

IV, 306 27

m >

I, 226

An Bianconi, 25. Sept. 1756, Rehm I, 247 868 Preuß. Jahrb. XXVIII, 1871 880 II, 154, 236; III, 106, 317f; IV, 339, 341, 379, 386; V, 160: „Ob es nun gleich wahrscheinlicher ist, daß diese Statue ein hetrurisches als griechisches Werk sei: könnte dennoch aus einer Stelle des Plato scheinen, daß auch unter den Griechen eben dieser Gebrauch gewesen sei." Neapel, Mus. Naz. Nr. 72 (6008) Studniczka, Die archaische Artemisstatuette aus Pompeji, Rom. Mitt. 1888; 277. C. Anti, L'Artemis Laphria di Patrai, Ann. d. Scuola Arch. d. At. II, 1916,181fi. Unsere Tf. 1. Wie weit W. den archaisierenden Stil erkennt, V, 194f. 881 IV, 383 882 III, 322 683 III, 407 884 II, X X X I X 886 III, 321 Villa Albani Nr. 980, Heibig 1863, Br. Br. 228 888 III, 319

174

««' III, 354 668 V, 67; Neapel, Mus. Naz. Nr. 595; unsere Tf. 2 669 V, 68; Neapel, Mus. Naz. Nr. 594. Pernice erklärte, Öst. Jahresh. 1908, die ganze Lockenperücke für modern. Lehmann-Hartleben, Rom. Mitt. XL, 1925,, 139S. weist an Hand des Fundberichtes und unterstützt mit technischen Bemerkungen durch Kluge überzeugend die urprüngliche Zusammengehörigkeit von Kopf und Locken nach und kommt durch diese Haartracht zur Deutung auf Thespis. Wegen der nubischen Locken scheint mir indessen ein Zusammenhang mit Ägypten gegeben. Furtwängler, Jb. d. dt. Arch. Inst. 1889, 84 670 VII, 91, VI, 66, III, 315. „es sind aber auf eben die Art die Haare an einigen Köpfen in hartem Steine und in Erzte zu Rom, wie auch an einigen Herculanensischen Brustbildern gearbeitet." Darüber A. Rumpf, Ein antikes Fragment aus dem Besitz Winckelmanns, Jb. d. Dt. Arch. Inst. 59/60, 1944/45, 137f., unsere Tf. 7 671 IV, 382 672 IV, 384 673 IV, 163 674 Preuß. Jahrb. XXVIII, 1871, 587 675 v , 27. Auch zu dieser Fassung findet sich eine Vorstufe in einem Brief, den W. aus Florenz an den Kardinal Albani schrieb (5. Dezemb. 1758). Der Vergleich zwischen polierter und mit dem Eisen geglätteter Oberfläche wird sehr schön am Apoll und Laokoon ausgeführt, aber zu einer falschen zeitlichen Einordnung benutzt, auch die Tatsache der Kopie nicht in Rechnung gestellt. „La superficie di Laocoonte e quella d'Apollo sono da paragonarsi come un Velluto al raso, e l'epidermide di quello rassomiglia a un Lottatore greco pieno di polvere nobile e unto d'olio; e questo ai Romani nel lusso introdoto de' bagni caldi continui fregati e levigati con streghie." Ferd. Noack, Stosch, Albani u. Winckelmann, Belvedere 13, 1928, 91. Rehm I, 442, vgl. „eine baumrindenmäßige Fläche einer Statue würde so unangenehm sein, als ein bloss mit Borstpinseln ausgeführtes Bild" I, 215. 676 y

f

25

677

III, 161; vgl. II, 160: „man könnte sagen, es sei eine Schule der gelehrtesten Anatomie, die dermaßen ausstudieret ist, daß Michel Angelo nichts Besseres hätte geben können." I, 20: „ein gelehrtes Gefühl" = ein geschulter Tastsinn. 678 II, 276 679 IV, 67 889 IV, 13 681 I I I , 39f. 882 III, 15 883 Bernh. Schweitzer, Das Original der Pasquinogruppe. Leipzig 1936 884 III, 35 885 XII, XLII, VI, 262 688 III, 213 887 III, 354 888 V, 165; V, 197 heißt es von einem archaistischen Jupiter: „ihm gleichsam eine entlegenere Ursprünglichkeit zu geben," d. h. ihn als uralt zu zeigen. 889 I I I , 18 890 V, 190

175

691

I, 133 «92 L 243 693 I, 33 694 IV, 295 695 III, 213 ess y t 207; Plin. 34, 56. Zusammenfassung des Problems bei Jucker, 120 Anm. 3 697 Quint. Inst. Or. XII, 10, 7: „nam duriora et tuscanicis proxima Callon atque Hegesias, iam minus rigida Calamis, molliora adhuc supra dictis Myron fecit." 698 v , 204 698 V, 195 TOO IYI 271, Villa Albani Nr. 1878,Br. Br. 220; der Kopf mit der Fellkappe nicht sicher zugehörig. Im Gewand noch strenge Züge. Jb. d. Dt. Arch. Inst. 41, 1926, 249 701 II, 471 702 v ,

192

'» 3 IV, 246 704 V, 206 705 I, 220, 219, IV, 198, IV, 210, IV, 221: Michangelos „Wildheit" roe 242 7< " V, 210; Lukian, Imag. 6 708 y f 221 709

Klein, Gesch. d. griech. Kunst 1904, I, 392; Reisch, Kaiamis, Östr. Jahresh. IX, 1906, 199—268; Furtwängler, zu Pythagoras und Kaiamis. Sitzungsber. d. bayr. Akad. d. Wissensch. 1907; Studniczka, Kaiamis, Abh. d. Sachs. Ges. d. Wiss. XXV, Nr. IV, 1907, 160, 15—38 710 V, 216/17 711 A. Preiss, Athena Hope und Pallas Albani-Farnese, Jb. d. Dt. Arch. Inst. 27, 1912; 88 ff. Ders., Athena Hope und Winckelmanns Pallas, Jb. d. Dt. Arch. Inst. 28, 1913, 24411. 712 v , 211 713

III, 315, unsere Tf. 7 714 v , 211

715

V, 212, vgl. an Wiedewelt, 14. April 1761, Rehm II, 140, X, 486 I, 210 717 v , 212 716

718

I, 25 V, 208 720 I, 210, 211 721 I, 205 722 I, 204, dazu IV, 139: „Battus von Cyrene würde durch einen einzigen Blick zärtlicher Lust einen Bacchus und durch einen Zug göttlicher Großheit einen Apollo abbilden können." 723 I, 205 724 Heinr. Wölfilin, Die Klassische Kunst, München 1899, 249 725 v , 216 726 V i 215 727 v , 216 72 » IV, 117 719

176

7M

IV, 183 Goethe, Tagebuch f. Frau v. Stein, 19. Okt. 1786, Sophienausg. I, 49», 264 731 V, 216 732 y 212 733 V > 210 730

734

V, 402—403; Plin. 34, 58. Jucker, 120. Im Tratt. Prel. VII, 171, verteidigt W. seine Auslegung der Pliniusstelle, Harmonie setze Vielfältigkeit voraus. Metastasio, Estratto della poetica d' Aristotele, Venezia 1783, 13, kommt zu ähnlicher Definition: „Concotesto numero, o sia ritmo"; „Ovidio chiama nongiii armoniose, ma bensi numerose le braccia d'una eccellente ballerina. 733 V, 204 736 V, 206 737 Grimm, Dtsch. Wörterb. 4, I, 6; Kraus, W. u. Homer, 76 738 Suphan, IV, 303 I, 238 740 IV, 36 741 IV, 274 741 IV, 273, Paris, Vol. 75, 24 743 IV, 262 744 III, 12 743 Betrachtungen über die Malerey, Leipzig 1762,1,113 „vielmehr erhalten dergleichen nur in bedingten Fällen unangenehme Gegenstände unter der Hand eines Franz Snyders oder Rubens eine besondere Anmut." 741 IV, 309 747 V, 224 748 An Bianconi, July 1858, Rehm I, 388, II, 66 748 V, 388 730 V, 389 731 VI, 227 732 I, 256 733 IV, 292 764 IV, 117 738 Leitzmann, VIII, 190. Dagegen etwa G. d. K. IV, 301: „Dem Leser und Untersucher der Schönheit fiberlasse ich, die Mttnze umzudrehen und besondere Betrachtungen zu machen über die Theile, welche der Maler dem Anacreon an seinem Geliebten nicht vorstellen konnte." Carmina, ed. 2 C. Preisendanz, Anacreontea, Leipzig 1912, Nr. 17, 38ff. 738 An Schlabbrendorf, 19. Okt. 1765, Rehm III, 128, Xl, 193 737 W.s Antwort Mitte Sept. 1757, Rehm I, 300, X, 208 738 An Hagedorn, 25. Nov. 1758, Rehm I, 439, IX, 510; an Francke, 1. Jenner 1759, Rehm I, 443f.; X, 314. Der Bibliothekar vergißt nicht, das Format anzumerken: „in 8 " ; „von einem Meister in der Kunst, von einem Kopf von zärtlicher Empfindung und von hohen Ideen, ja, in einem erhabnen Pindarischen Stil geschrieben". 739 II, 104 780 IV, 95; München Glypt. 261 Br. Br. 380; Replik in Kopenhagen Ny-Carlsberg 359; Lippold Rom. Mitt. X X X I I , 1917, 116, Abb. 14—17, unsere Tf. 3 12

Koch

177

761

VII, 453 f. Leitzmann, VIII, I, 190—192 783 IV, 114 164 An Bianconi, Rehm I, 247 766 Belvedere Nr. 53, Amelung, Vatikan, II, Tf. 12. Replik des Typus Andros-Farnese, unsere Tf. 4 766 VI, 287 f. 767 VI, 297 f. Die Statue jetzt im Louvre, Kopf ergänzt nach einem Relief in der Villa Albani, sie stellt Aphrodite Euploia dar. Froehner, Notice de la sculpture antique du Louvre,, Paris 1869, Nr. 150. 768 Anth. Pal. V 94 (93 Stadtmüller) 749 Paris, Vol. 57, 72, XII, LXVIIf.; Tratt. Pr. XVI „idee di sufficenza divina", auch vom Torso VI, 96: „Göttliche Genügsamkeit." 770 VI, 222 771 XII, LXIV, Anm., sinnlos verändert; Paris, Vol. 57, 70 „vor dem die übrigen Gottheiten erzittern u. wenn er vor ihnen einhertritt von ihren Sitzen aufstehen." Dazu: ,,NB. Hier ist noch die Beschreibung des Apollo aus dem ersten Buch der Ilias anzubringen." II. I, 43—47 (übers, v. Donner). 762

. . . . es vernahm ihn Phöbus Apollon. Eilig entstieg er den Höhn des Olympos, grollend im Herzen hoch um die Schultern den Bogen und ringsumschließenden Köcher, dröhnend klangen die Pfeile dem grollenden Gott um die Schultern, als er einherging, stürmend, er wandelte düsterer Nacht gleich. Hymnus an den Delischen Apollon, 1—4, verdeutscht von Thassilo v. Scheffer; I, 205. 772 VI, 223 773 Paris, Vol. 57, 71, 72, XII, LVVII 774 Paris, Vol. 57, 73, XII, L X I X 776 VI, 222 778 Lippold, Handb. d. Arch. V, 1950, 269 f. 777 I, 228 778 E. Langenskiöld, Torso di Belvedere. Acta Arch. I, 1930, 121—146 (nach Lippold, Hdb. d. Arch. V, 380, noch nicht sicher erklärt und ergänzt). 779 I, 231 788 I, 230 781 I, 230. Interessant ist hier die zugrunde liegende Vorstellung von einem Tempel mit prächtigem Portal und Gewölbe; eher als das Pantheon, an das man denken könnte, scheint hier die Peterskirche mit der vom Dach aus zu betrachtenden Kuppel im Geiste vorzuschweben, vielleicht auch die Frauenkirche in Dresden I, 228 783 I, 231 784 I, 231 785 I, 30, 31 788 Preuß. Jahrb. XXVIII, 1871, 586 787 VI, 18—23

178

An Muzel-Stosch (Anfang Okt. 1757), Rehm I, 310, X , 216 Plin. N. H. X X X V I , 37 (38) 7 9 0 Leitzmann, V I I I , I, 562 f. ' 9 1 Ebenda 518; noch stärker im naturalistischem Sinne: „Die Urheber des Werk« müssen gewiß Menschen von Schlangen haben umbringen sehen." Ebenda, 297 7 9 2 Ebenda, 563 7 9 3 Ebenda, 562 7 9 4 Ebenda, 311 795 Ebenda, 312 796 I, 31; Heinse, Leitzmann V I I I , I, 300; in Nachfolge und charakteristischer Abwandlung: „Das Werk hat ein Sophokles der bildenden Kunst gemacht und es ist das höchste Trauerspiel, das sie je aufstellte. Es kommt aus den Tiefen der Natur und ist nicht bloß Fabel." „Also Menschliches gegen Mythos. In anderer Wendung Leiden gegen Sieg gestellt, V I I I , I, 518: „Laokoon gleicht einer Tragödie von Sophokles oder Euripides, im Torso atmet ein höherer Geist, Pindarisch Heldenwesen." 797 Leitzmann V I I I , I, 312 7 9 8 Ebenda, 315 7 9 9 Ebenda, 563 8 0 0 Propyläen. Eine periodische Schrift, herausgegeben von Goethe. Ersten Bandes erstes Stück. Tübingen 1798, 7—19. 8 0 1 Ebenda, 11 8 0 2 Ebenda, 8 8 0 3 Ebenda, 10f., ebenda, 12 8 0 4 Vgl. H. Weber, Grazie bei Winckelmann, Ztschr. f. d. Wortforschung 9, Straßb. 1907; Pomezny, F. Grazie u. Grazien in d. dt. Lit. d. 18. Jahrh. Hamburg 1900. 8 0 5 An Muzel-Stosch, 28. Oktober 1757, Rehm I, 311, X , 218 8 0 6 I, 219 807 I, 217 f. 808 I > 220 809 I > 217 788

788

810 811 812 813 814 815 816 817 818 819 820 821

822

I, 237 II, 189 An C. Füßli, 27. July 1758, Rehm I, 400, X , 281; vgl. I I , 215 V, 231, IV, 108 V, 217f. V, 220/21 An Gessner, 25. Apr. 1761, Rehm II, 146, X , 489 An L. Usteri, 17. Dec. 1762, Rehm I I , 277, X , 594 An Francke, 20. März 1756, Rehm I, 212, X , 143 An Francke, im März (9. 3.) 1757; Rehm I, 274, X , 190 An Francke, 20. März 1856, Rehm I, 212; X , 143 An Oeser, 20. Merz 1756, Rehm I, 214; J b . Kippenberg I, 1921, 46 I V i

4 6

823 Winckelmann und sein Jahrhundert, Sophienausgabe Bd. 46, 56 824

12 ;

V, 204; Arist. rhet. I, 3, 1

179

ÜBERSETZUNG DER FREMDSPRACHLICHEN ZITATE S. 12 Von dem, was Menschheit kann aufs Höchste treiben, ist der Natur Hauptmeisterstück: gut schreiben. S. 14 Die Feder nur am Kiel ist Phantasie, Vernunft dazu, gehaltroll, nützlich, nimmt den Kopf ein, jene ist fürs Herz bestimmt. S. 14 Bequem der Ausdruck, Phantasie mag fliegen, der schein' nicht niedrig, die nicht zu verstiegen! S. 14 . der Genius fehlt, der macht die Seele aus, ein Geist, der sich durchs ganze Werk erhebt, wie der, mit dem Natur die Welt belebt. S. 14 Lies einmal nur Homer, du liest nichts mehr, denn alles andere wird so arm und leer, Vers scheint wie Prosa; blickst Du oft hinein, wird kaum ein ander Buch vonnöten sein. S. 15 Und wähl' den Dichter, wie du wählst den Freund! S. 15 Weltalter gingen, seit Virgil geschrieben, wie Wen'ge sind, die ihn verstehn, geblieben! Nickt Herrscher Zeus, die Himmel zittern da, so sollten Dichter vor dem Gott aus Mantua. S. 15 Er nickte, sein Nicken, es machte den ganzen Olympos erbeben. S. 15

Jovis Macht, des strahlenden Gigantensiegers, der mit der Braue das All erschüttert.

S. 17 Fehlt Liebenden der Freund, vertrauen sie im Selbstgespräch sich an der Galerie. S. 17

Unheilbar hält viele fest Schreibsucht, das Krebsgeschwür, läßt altern sie, leidend im Herzen.

S. 18 Voll Feuer schreib, gemächlich beßre aus! S. 20 aber klingt es nicht nach so etwas wie Verrat an Apolls Herrschaft, wenn man sagt, eine geglättete Sprache ist nicht für einen großen Dichter geeignet? und doch, . . . was wir glätten nennen, vermindert eine Sprache. Es läßt viele Worte veraltet

180

erscheinen, es sperrt den Menschen in einer Ecke ein, erlaubt ihm nur eine Auswahl höfischer Sätze und beraubt ihn vieler bezeichnender Wendungen und starker schöner Ausdrücke. S. 20

in Griechenland, wo die Natur in keinem ihrer Unternehmen behindert war und keine Regel oder Vorschrift der Begeisterung und dem Außersichsein eine Schranke setzte, da erstand bald eine Schar von Männern, die sich in Wohlklang und Poesie hervortaten.

S. 20

Orpheus, wie Plutarch ausdrücklich bezeugt, ahmte niemanden nach in seiner Poesie oder Musik, sondern war selbst ein Original.

S. 22

denen mit reicherer Kunst wie auch aus besserem Ton der Titane formte den Busen.

S. 22

etwas Originales hervorzubringen, das nicht aus Büchern herausgeholt ist, sondern aus der Sache selbst und dem Nachdenken.

S. 22

Die genaue Nachahmung von Statuen hat viele Schwierigkeiten, daß Libanius im Antiochicus keine Bedenken trägt zu versichern, den Künstlern, die alte Götterbilder mit Glück nachbildeten, sei etwas Übermenschliches von den Göttern zuteil geworden.

S. 28

Verzeihen Sie soviel Geschwätz. Die Strenge und die Genauigkeit des lehrhaften Stils, den beizubehalten ich mich in meinem Werkchen bemüht habe, erlauben solche Bemerkungen nicht, aber ich wollte sie nicht verlorengehen lassen.

S. 34

Du wärest dann Du selbst aufs Neu, wenn schon im Tod erkaltet, Da schöner Nachwuchs schön wie Du gestaltet.

S. 36

Der Weg des Vergleiches, der für den Altertumsforscher das ist, was die Beobachtungen und das Experiment für den Naturforscher sind, . . . die Geschichte der Kunst. Ich hielt für nötig, in diese kleine Sammlung einige Gläser und eine Menge Tongefäße aufzunehmen; außer daß ihre Zerbrechlichkeit, wie mir scheint, verlangt, daß man sie mit großer Sorgfalt erhält: Stücke dieser Art flößen natürlicherweise etwas mehr Interesse ein als die anderen, denn man muß zugeben, da sie geglückte Formen und eine sorgfältige Arbeit zeigen, daß sie stärker als alle Worte der Schriftsteller fähig sind, den guten Geschmack zu erweisen, der in einer Nation geherrscht hat. Wenn ein Volk diese edle Einfalt, die den Geist erhebt, auf Gefäßen hat erscheinen lassen, die für den gewöhnlichen Gebrauch bestimmt waren, welche Sorgfalt wird es nicht angewendet haben, wenn es in kostbareren Stoffen arbeitete.

S. 37

Es scheint, daß alles, was ehemals von dichten und düsteren Nebeln bedeckt war, zu unserer Zeit, gleichsam von neuem Geist erweckt und bewegt, die alte Finsternis abschüttelt und mit anderem Schwung zum herrlichen Lichte sich erhebt.

181

S. 38

. . . diese Pest, die sich bei uns Stil des 17. Jahrhunderts n e n n t . . . die ansteckende Krankheit, die Krätze der geistreichen Einfälle . . .

S. 41

Aber wie im Handeln ein völliges Gleichgewicht nicht stattfindet, so kann die Kunst sich des Grades von Schönheit nicht enthalten, den die handelnde Gottheit zeigen muß. Deshalb sei der Ausdruck so stark wie er wolle, nichtsdestoweniger ist er so ausgewogen, daß die Schönheit vorherrscht, sie ist wie das Cembalo in einem Orchester, das alle die anderen Instrumente, die es zu übertönen scheinen, dirigiert. Das wird augenscheinlich an dem Gesichte der Statue des vatikanischen Apollo, das den Zorn gegen den von Pfeilen erlegten Drachen Python und zugleich die Verachtung dieses Sieges ausdrücken soll. Der gelehrte Künstler, der den schönsten der Götter bilden wollte, legte ihm den Zorn dahin, wo er, wie die Dichter sagen, seinen Sitz hat, das heißt in die Nase, die er mit geschwellten Nüstern bildete, und die Verachtung in die hinaufgezogene Unterlippe, mit der sich zugleich das Kinn erhebt — sind das nun nicht zwei Empfindungen, welche die Schönheit stören könnten? Nein, denn der Blick dieses Apollo ist heiter und die Stirne ganz Gelassenheit.

S. 46

In einer toten Sprache schreiben wollen ist wie mit Fallstricken an den Füßen laufen müssen.

S. 48

Muse, ich flehe, vom Pindus her fahre du mir in die Seele, Meine Schläfe bespreng' mit dem kastalischen Tau. Des Mäoniden Gedichte will, ein Gelehrter, ich lehren, der von den Bürgern allein wälzet den Alten und liest. Wenn mein Bemühen für euch ich nicht für vergeblich muß halten, blühet durch mich hoher Ruhm hier des alten Homer.

S. 53

dahinströmt in Rhythmen frei von den Fesseln.

S. 68

Ich stelle also fest, nichts von irgendeiner Art sei so schön, daß nicht jenes noch schöner wäre, woraus es wie aus irgendeinem Munde gleichsam als Abbild ausgedrückt wird, das weder von Augen noch Ohren noch von irgendeinem Sinne erfaßt wird, das wir nur durch Nachdenken und im Geiste begreifen können . . . In dem Geiste des Phidias wohnte eine auserlesene Art von Schönheit, auf die er hinblickte, die er sich tief eingeprägt hatte, nach deren Bild führte er Kunst und Hand.

S. 69

den Malern wie auch den Dichtern stand stets, was sie auch wagten, gleicher Machtbereich zu.

S. 82

Wie glücklich sind Sie, mein Freund! und eine Freundin wird Ihnen die übrigen Menschen vertreten. Empfehlen Sie mich ihr. Der bloße Gedanke an eine Freundschaft, wie sie selten in der Welt ist, ergreift mich und macht mich weinen. Erlauben Sie mir diese sanfte Freude, könnten Sie Zeuge sein von meinen Tränen. Ich kann nicht anders, als zu gleicher Zeit an einen Freund denken, den der Himmel für mich bestimmt zu haben schien. Ich habe ihm die schönsten Tage meines Lebens

182

geopfert, ich war nur für ihn da. Ach, er beharrt dabei, mich zu vergessen, der beste der Freunde! Umarmen Sie ihn in meinem Namen und sagen Sie ihm, daß ich alle Tage eine halbe Stunde bestimmt habe, nur an ihn zu denken. Ich habe Tivoli und die Villa des Hadrian besucht, sagen Sie ihm (meinem Freund), daß er sich an den Schluß der 6. Ode des I i . Buches vom Horaz erinnern soll. Das wird einige Gedanken in ihm aufwecken. S. 86

Erlauben Sie nun, erhabener Fürst, daß als Zeichen meiner ewigen Dankbarkeit, nach der Weise derer, die, da sie das Haupt der Gottheit nicht erreichen konnten, um es zu krönen, ihr die Opfer, was sie auch sein mochten, zu Füßen legten, das, was von mir in diesem Werke bleiben wird, indem es Ihnen gewidmet ist, der ganzen Welt offenbar machen kann, daß ich immer bin und bleibe . . .

S. 89

Er war als Untertan des preußischen Tyrannen geboren und hat den größten Teil seines Lebens unter der Gewaltherrschaft der römischen Päpste zugebracht. Doch er hat ein Herz, das von Freiheitsliebe glüht, und Empfindungen, die der freiesten Republik des Altertums würdig wären, denn, wenn ich nicht irre, sind die meisten neueren Republiken zu verderbten Aristokratien entartet.

S. 97 S. 98

Das Wunder sucht der Dichter zu erreichen, wer nicht erstaunen macht, den soll die Rute streichen. Die Grobheit ist die Soße seines Witzes, sie gibt den Menschen Magen, seine Worte zu verdaun mit besserm Appetit.

S. 102

Das Italienische gleicht den Bächen, die lieblich zwischen Kieseln dahinmurmeln, die sich durch Blumenwiesen schlängeln, die trotzdem zuweilen anschwellen bis zur Überschwemmung des ganzen Landes.

S. 103

Das Kaiserreich, eingeschrumpft bis auf die Vorstädte von Konstantinopel, endet wie der Rhein, der nur mehr ein Bach ist, wenn er sich im Ozean verliert.

S. 112

eine ideale und poetische Idee in einem erhabenen Stile, eine Beschreibung nach allem, was die Kunst erhellen kann, eine gelehrte Abhandlung.

S. 128

Ein weiches Grübchen teilt das Kinn, das voll die Schönheit macht. Das Lachen und das Scherzen und hundert, aberhundert Grazien schweben drin.

S. 130

zum Argwohn aller Heiligen

S. 133

Augen hast Du wie Hera, Melitte, die Hände Athenens, Brüste der Paphierin, Füße der Thetis sind dein.

S. 138

Die Muse beglückt mit dem Himmel. So weilt bei Jovis Göttermahl der rastlose Herakles.

183-

REGISTE R Personen Aischylos 98, 127, 152 Albani, Kardinal 40,49,77, 80, 86, 88, 133, 175 Alberti, L. B. 14 Alexander 106 Anakreon 177 Antonine, Kunst der 102 Apelles 123, 173 Apollonius 70 Archinto 35 Aretino 32 Aristoteles 15, 70, 97 Arpino 38 Augustin 164 August von Sachsen 105 Battoni 70 Baumecker 21, 26 Baumgarten 71 Beethoven 139 Belli 12 Berendis 55, 81, 155, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 166, 168, 169, 171, 172, 173 Berg 12, 24, 37, 41, 54, 68, 81, 82, 83, 84, 88, 103, 106, 148, 155, 157, 160, 164, 166, 167, 168 Bernini 38, 63, 100, 105, 120, 128, 142 Bianconi 27, 28, 157, 158, 163,172,174,177, 178 Blackwell 20,21,34,51, 57, 165, 166 Bodmer 20 Boileau 13, 51, 74 , Borromini 38 Braunschweig, Erbprinz v. 105, 172 184

Brutus 88 Buckingham 10,13,14,15, 16,17, 18, 20, 155 Buffon 16 Biilow 81, 157, 161, 167 Bünau 25, 31, 46, 55, 67, 161, 164, 167, 169 Caracalla 108 Carus 94 Casanova 60 Catull 126, 134 Cavaceppi 130 Caylus 36, 59 Christ 158 Christine, Königin v. Schweden 101 Cicero 13, 47, 49, 68, 70, 126 Conze 124 Claude Lorrain 95 Dante 39, 157 Dati 23 Demosthenes 126 Descartes 35 Dessau, Fürst v., 34,84,85, 86, 90 Dio Chrysostemus 156 Dionys v. Halicarnass 119 Dürer 65 Eiselein 68, 168 Empedokles 40, 71 Ennius 47 Epikur 61 Euphranor 23 Euripides 47, 101, 179 Fea 128 Firmian, Graf 132 Flemming 118 Florus 26

Francke 13, 31, 37, 80, 82, 155, 157, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 167, 168, 169, 171, 173 Friedrich II. 36f., 87 Furtwängler 124, 175 Füssli, C. 84, 168, 179 Füssli, H. 155, 156, 162, 163, 167, 173 Geßner 33, 38, 77 f., 86, 94, 109, 155, 156, 159, 167, 169, 179 Genzmer 166,157,158,159, 171, 173 Giacomelli 39 Glykon 70 Goethe 20f., 26, 30, 32, 53, 58, 61 f., 72, 76, 78, 85, 91,95,99,126,127,145 f., 151 Gorgias 152 Gori 115 Gottsched 24, 30, 31 Gravina 37, 39, 57, 101 Guidi 37, 39 Günther, Christian 99 Hadrian, -nisch 104, 122 Hagedorn 75,109,128,166, 171, 174, 177 Haller 69 Hamann 53 Harper 82, 168 Heinse 99, 130, 131, 144f. Heyne 160, 171 Herder 11, 26, 28, 31, 51, 53,71,72,74,76,78,127, 158, 161 Herodot 89 Home 35

Homer, homerisch 14, 15, 16, 20, 21, 24, 32, 35, 39, 48, 50f., 54 fi., 59, 60, 61, 64,70,71,77,96,97,109, 112, 120, 125, 126, 133, 135, 136,150, 165 Homerische Hymnen 37, 55, 58, 136 Horaz 13,15,17,48,49,53, 69, 83, 94, 124, 138, 149 Houdar de la Motte 159 Iktinos 49 Junius 22 Justi 20, 23 Juvenal 17 Kaiamis 124, 150 Kalli machos 37, 106,136 K a n t 72 Karl August v. Weimar 85 Kaufimann, Angelika 30, 33 Klein 124 Klopstock 9, 33, 53, 95 Klotz 55 Kraus 52, 54, 93 Kresilas 128 Lamprecht 54, 81, 82, 83, 167 Leibniz 7, 82 Leochares 137 Lessing 32, 35, 59, 67, 69, 145, 165 Ludovisi 129 Ludwig XIV. 35 Lukian 124 Lukrez 126 Luther 27, 33 Lysipp 107, 123, 138, 147 Marino 38, 97 Marpurg 167 Mechel 160, 164, 166, 168, 169 Mendelssohn, Moses 37 Mengs 22f., 29, 34, 57, 65, 75, 105, 113 Metastasio 38,106,163,177 Meyer, Heinr. 100, 128 Michelangelo 39, 68, 92, 100, 102, 105, 124, 142, 175

Milton 33, 35, 70, 96 Montaigne 93 Montesquieu 26, 103, 130 Moser 166 Morison 34 Münchhausen 162 Muzel-Stosch 65, 80, 87, 109, 132 Myron 126, 147 Newton 71 Nikolai 158 Nietzsche 47 Oeser 179, 158 Orpheus 20 Ossian 34 Ovid 126, 156 Passionei 88 Fausanias 69 Perikles 36, 43, 97 Phidias 16, 21, 46, 55, 68, 77,91,105,123,138,147, 150 Pigalle. 104 Pindar, pindarisch 24, 31, 39, 43, 53f., 105, 136, 158, 159, 177, 179 Plato, platonisch 12,15,16, 17, 23, 34, 36, 51, 56, 61, 63, 64, 68, 76, 78, 79, 81, 85, 86, 92, 101, 114, 119, 122, 125, 135, 148, 149, 150, 174 - Gastmahl 64, 149 - Phaidros 12, 24, 36, 64, 86, 95, 155 - Timaios 68, 92 - Staat 85 Plinius 23,49,91,123,126, 144, 147, 161 Plutarch 23, 119 Polybios 25 Polyklet 49, 55, 70, 117, 123, 125, 126, 130, 147, 173 Pope 13, 93,105 Praxiteles 45,123,130,147 Proklos 68 Properz 59 Ptolomaios Apion 117 Ptolomaios Philopator 75

Quintilian 12, 18, 49, 123 Raffael 16,68, 76,105,125, 126, 156 Reisch 124 Riedesel 74, 161, 166, 167, 170, 171 Rolli 37, 128 Roscommon 13, 155 Rousseau 37, 82, 93 Rubens 70, 177 Runge 94 Scaliger 26 Schiller 84, 88 Schlabbrendorf 177 Schlegel, A. W. 30 Schlegel, Friedr. 63 Schulze, Joh. Heinr. 48 Schweizer, die 31, 33, 83, 89, 91 Seneca 17 Shaftesbury 34, 64 Shakespeare 34, 98 Simonides 69 Skopas 147 Snyders, Frz. 177 Sokrates 24 Sophokles 48, 63, 98, 144, 179 Strabo 16, 78 Stosch s. Muzel-St. Studniczka 124 Tauler 64 Theokrit 48 Thomasius 46 Thukydides 108, 109, 147 Udenl57,158,161,167,169 Usteri 88, 157, 158, 159, 160, 161, 168, 169, 170, 179 Varrò 123 Vasari 28 Virgil 15f., 48, 51, 126 virgilisch 39 Vitruv 14, 49 Volkmann 33, 157, 167 Voltaire 37 Voss 20, 157 Waetzoldt 155,172 Walther 36,37,155,158,160 Watteau 130

185

Weise 160, 169 Wiedewelt 155, 160, 176 Wieland 67

Wükes, John 89 Wille 132, 161, 162 Wolfi 46, 67

Wölfflin 125 Xenophon 20, 25,105,108, 147, 150

Kunstwerke und mythologische Namen Achilles 50, 55, 56, 59,105, 109 Acheloos 92 Ajax 157 Antäus 139 Antinoos Mondragone 78 Antinous (Meleager) 132 Aphrodite s. a. Venus 149 Apoll vom Belvedere 16, 38, 41, 51 f., 56, 57, 58f., 76, 78, 86, 87, 92, 101, 105, 110, 113, 118, 129, 132, 135ff., 141, 149 Apoll 55,60,61,62,76,100, 176 Atalante 100, 109 Atlas 139 Athena Farnese 125 Athena mit der Hadeskappe 123 Bacchus und Faun in Venedig 131 Bacchus 78, 126, 130, 131, 176 Branchos 136 Ceres 117 Diana Neapel 114 Dionysos Villa Albani 130 Dionysos 128 '

Doryphoros 55, 117 Elektra 98 Faun 40, 78, 92, 130f. Faun, Barbarinischer 93 Fechter, Borghesischer 129 Genius Borghese 101 Geryon 139 Hebe 139 Herakles Farnese 45, 70 Herkules 65, 84, 120, 129, 138 Herkulanerinnen 44 Hermaphrodit 126 Hören 150 Hyakinthos 59 Hylas 139 Hyllos 139 Idolino 117, 123 Iole 139 Juno 92, 150 Jupiter 15, 16, 136, 150, 156,175 Knabenkopf Neapel 114 Laokoon 32, 59, 65, 71, 78, 110,117 f., 118,129,132, 141 fi., 165, 175 Leukothea 98, 116 (Relief) Marsyas 138, 139 Meleager 132

Menelaos 120 Merkurius 151 Minerva 109 Mnemosyne 57 Neptun 141 Niobe 65, 71, 115,126, 134, 148, 150 Oedipus 98 Pallas Albani 125 Pallas 78, 79, 149 Pampho 59 Pandora 109, 149, 136 Philoktet 144 Poseidon 162 Proserpina 117 Sosandra 124, 150 Thetis 55, 69, 92, 99, 107, 133 f. Torso im Belvedere 52, 65, 71, 75, 76, 78, 84, 87, 92, 99, 111, 119, 129, 132, 138 ff., 141 Ulysses 56, 149 Venus 92, 145, 149 Venus Borghese 134 Venus Medici 99, 133 Zeus 24 Zeus in Olympia 150

Begriffe, Sachen, Orte Abbildung 111, 112 Absolutismus 9, 88 Abstraktion, abstrakt 71, 72, 73, 107 Agon 53, 86 ägyptisch 102, 122, 123 Alexandriner 37; 110 (Versmaß) alexandrinisch 136 AUegorese 57

186

Allegorie 26,55fi., 61, 69,91 alte Sprachen 22, 32, 47 altertümlich 32, 53, 119 Amazonen 126,150 Anachronismus 45 Anatomie 113, 129, 138, 175 Anschauung 45, 62, 132 anschaulich, Anschaulichkeit 96, 104, 150

Antiquare, antiquarisch 111, 112 antiquarische Relatzonen 27 Antithesen, antithetisch 108, 109, 133, 147 Antium 160 Arcadia 37 f. archaisch 27, 43, 45, 114, 116,118, 122, 123 archaisieren 33, 122, 174

archaistisch 175 Archäologie, Archäologen 10, 124, 137 Ästhetik, ästhetisch 71, 72, 74, 135, 145 Aufklärer, Aufklärung 28, 57, 61, 67, 84 Ausdruck 40, 73, 101, 141, 144 Auswahl 65 Ausgleich der Gegensätze 137, 150 Autoren, alte 72, 89 Barbaren, barbarisch 35, 65, 77, 128, 139 Barbarismus 51 Barock 9,17, 25, 31, 37, 39, 53, 56, 58, 59, 60, 63, 65, 70, 71, 76, 98, 102, 108, 139, 141, 148 Baukunst 42, 43, 44 Begriff 57, 70 Begriffspaare 108, 119, 133 Belvedere 23, 132f., 157 Beschreibung22,51, l l l f f . , 116,120,122, 124,129 f., 132 ff., 138, 147, 151 Bewegung, Handlung 107f., 115,137,138,142,143,145 Bibel, biblisch 33, 34, 47, 97, 137, 162 Bibliothek der schönen Wissenschaften und freien Künste 132 Bilder, bildlich 35, 38, 51, 57, 68, 70f., 72, 95, 96ff., 105, 107 Blüte, blühen 90, 91 Briefe 10, 88 ff. Buchstaben 107, 148 Bürger, bürgerlich 78, 86, 88 f. Castello 94 Christentum 60 christlich 82 Dämon 61, 76, 149 deistisch 61 Demokratie 88 denken, Denkfreiheit 39, 68, 69, 89

deutsche Literatur 33, 41 Dialekt s. a. Mundart 30, 32 Dichter, dichten 45, 51, 53, 69, 70ff., 123, 131, 151, 165 dithyrambische Dichtung 53 dorische Ordnung 42f., 149 drakonisch 124 Dreiheit, dreigeteilt 40, 108, 145 Dresden 30, 33, 44, 172 . Dualismus 63 Eigennamen 36, 51 Einbildung 67 f., 69, 106, 129, 151, 165 Einfalt, Stille 14, 21, 26, 38, 43, 108,125,141 Einheit 64, 67, 73, 76, 125, 138, 152 Eklektiker 23 Ekstase 58 Elis 47, 104 Emblematik 56 Empfindung 63, 73, 74ff., 82, 143 Empfindlichkeit 36, 77 Empfindsamkeit 77f., 148 Empiriker, empirisch 28, 36 England, englisch 34f., 89 Entasis 44, 116 Enthusiasmus 22, 68 Entzückung 61, 78, 79, 94, 130 Epitheton ornans 106 Ergänzung 113, 120, 140 Erhaltungszustand 113 Eros 76, 81, 172 erotisch 53, 79, 106, 131 Erziehung 54, 77, 89, 123 Ethos 123, 127 Etrusker, hetrurisch 45, 77, 93, 102, 114, 116, 117, 128, 172 Extase 58, 78 Fabel 55 Farben 51, 107 Figuren, figürliche Wendungen 15, 105, 112

Florentiner Manuskript 23, 58, 113, 117, 132, 141, 143 Florenz 35,117, 120,155 formal 70, 71, 117, 123, 145, 146 Frascati 24, 83 Franzosen, französisch 12, 30,35f., 75,102,106,128, 160 Freiheit 84, 87ff., 90, 100, 152 Fremdwörter 30 f., 41, 42 Freundschaft, Freund 58, 80ff., 86 Gallier 128 f. Ganymed 24, 105, 130 Gebäude 92f., 139 Gefäße s. a. Vasen 134,148 Gefühl 73ff., 82, 97ff., 103, 106, 119, 151 gefühlsmäßig 102, 104 Gegensätze, gegensätzlich 21, 139, 152 Geheimnis 143, 150, 164 geheime Kunst 140 gelehrt 118 Genie 144 Geniezeit s. a. Sturm und Drang 130 Genügsamkeit 135, 140 Gesangbuch 33, 47, 60 Geschichte 25, 28, 136 geschichtlich 102, 152 Geschichtsschreibung, Geschichtsschreiber 49, 103 Geschmack 45, 74ff. — der griech. Künstler 75 Gesichtserlebnisse 105 Gestalt 56,57, 71,132,148, 150 Gewächs 91 ff. Gewänder 13, 45 Gewölbe 92, 139 Giebel 43 Gipsabguß 19, 111 Girgenti 42 Glaubenswechsel 60, 81 Gleichgewicht 14, 21, 40, 108, 119, 126, 133

187

Gleichheit 86, 90 Gleichmaß 120 Gleichnis 15, 54, 69, 96fl. Glückseligkeit 61 gotisch 65 Gottesbegriff 61, 64 göttlich, der Göttliche 54, 80, 86, 88 Göttlichkeit 29 Gottkönigtum 86 Gratie, Grazien 65, 71, 79, 90, 109, 124, 132, 133, 137, 147, 173 Griechenland 20,' 34,49,90, 97, 106 Griechentum 10,53,55, 57, 62, 68, 72, 75, 84, 85, 87, 91, 128, 132, 138, 140, 148, 172 griechische Kunst 102,104, 122 griechische Sprache 47, 48ff., 69 griechisches Profil 124 Großheit 32,113,124,127 f. Größe 123, 124f. Halle 47, 67 Hamburg 54 Harmonie, harmonisch 21, 34, 50, 67, 82, 90, 100, 128, 149, 150 Heidentum, heidnisch 60,61 Heldengedicht, Heldengesang 129, 132, 151 hellenistisch 49,84,95,114, 117 — Bronzekopf 117 Hellenismus 86 Herz 77, 103, 143, 173 Himmel 50, 91, 105f., 173 Historismus 45 Humanismus, humanistisch 22, 28, 48, 49, 105 Humanität 88 hymnisch 136 Hyperbel 105 Idee 15, 59, 68f., 132ff., 146, 148 idealisch, Idealität 68, 92, 114, 122

188

Ideal 84, 112, 145, 147 Idealismus 71 Idyll 33, 95 Imperativ 109 Indianer 93, 170 Inquisition 89 Inspiration 89 ionisch 51, 106, 149, 150 Italien 39, 78, 83, 88, 94, 97, 111 italienisch 32,37 ff., 93,102, 126, 148 italienischeMalereil05,107 Jena 47 Kannelierung 43 Kanzleisprache 31, 32 Kapital 43 Klangfarben 51 klangliche Wirkung 105, 143 Klassik, klassischer Stil 21, 45, 55, 58, 71, 88, 123, 124f., 125,127, 141 Klassik, deutsche 22, 49, 51, 63 Klassizismus 14,16,18, 45, 74, 93, 130, 151 Klassizität 75 Kolorit 23, 157 Komposition 113, 118 Konsonanten 50 f. Kontrapost 108 Kopien, Kopisten 49, 113, 137 Korinth 42 Körperideal 128 Kritik 55, 101 Kunstgeschichte 10 Künstlergeschichte 28 Kunstschriftsteller 21 Kunsttheorie 44, 56 Kupferstich 111, 112 Landschaft 94f., 96,99,100 Latein 46ff., 49, 50 Lautmalerei 50 Leipzig 30, 32, 33 linear 44, 71 Malerei, malen, malerisch 26,44,51,69,70,96,106, 112, 114

Manier 44f. Manieriert 45 manierismus, manieristisch 18, 58, 98, 107, 108, 148 Märteley 32, 60, 159 Maximen 18, 100 Medizin 48, 104 Meer 99 f. Menschlichkeit 86f., 169 Metapher, metaphorisch 17, 56, 67, 72, 74, 98,105 Metaphysik 68 Mittelalter 34, 65 Mundart s. a. Dialekt 30, 32, 159 Münze, Münzen 46,48,117, 125, 128 Musik 39, 40, 51, 73, 106 Mystik 64f., 79, 101, 127, 150 Mythos 54, 55ff., 69, 86, 139 Mythologie 56f., 94 Nachahmung, nachahmen 20f., 23, 45, 51, 93 Nation, national 45, 86, 87 Natur, natürlich 70, 75, 90, 91 ff., 93f., 97, 98, 102, 129, 143, 171, 179 Naturalismus 145 Neapel 117 Negation, doppelte 32, 59 Nettuno 93 Niederdeutsch s. a. Plattdeutsch 32, 43, 127, 159 normative Einstellung 48, 75 Nöthnitz 20, 33, 57, 80 Numerus 126, 177 Oberdeutsch 128 Obersächsisch 30 Objektivität 25 Original 20, 22, 21f., 152, 157 paarweise 137 Parallelismus 97, 108, 147 Paris 35, 105 Pasquino 120 Pästum 33, 42 Pathos 82, 90, 151, 152

Patriot, patriotisch 30, 34, 86 Pedanterie 18, 37, 46 Periode 41, 108 Personifikation 56,107,148 Phantasie 69, 70 Philologie 48 Philosophie, philosophisch 45, 60f., 63, 67, 72, 85, 86, 123, 126, 139, 152 Photographie 111 Pietismus, pietistisch 47, 60, 61, 79, 101 Plastik, plastisch 44,45,62, 63, 64, 69, 71, 76, 139 Plattdeutsch 30, 32, 43 Poesie, poetisch 11, 15, 20, 52, 56, 151 Poetik 13 Polarität 22, 152 Pompeji 114 Portici 60 predigen, Prediger 65, 104 Preußen 87, 88 Prosa 13, 15, 20, 51, 110, 152 Pythagoräer 65 quadratus 123 Quelle 101, 172 Quellen, antike 49 Ratio 67, 73 Rationalismus, rationalistisch 14, 31, 35, 52, 60, 67, 97 Realismus 71, 129 Redekunst 90 Redensarten 17, 18, 28, 31, 39, 59 Regel 21, 75 Reims 64 Religion, religiös 60,61, 63, 135 Renaissance 17, 22, 65, 68, 97, 118, 148 Rhapsode 20 Rhetorik, rhetorisch 12,13, 16f., 47, 49,56,108,126, 147, 152

Rhythmus, rhythmisch 50f., 97, 105, 110, 123, 126, 131, 135, 137, 149, 151, 152, 177 Rokoko 35, 148 Romantik, romantisch 20, 94, 104 Rom, römisch 33, 34, 39, 40, 63, 84, 87, 88, 89, 94, 104 römische Briefe 27 römische Kaiser 86 römische Schriftsteller 122, 123, 126 Säule, Säulen 42, 75, 104, 129 Satzbau, Satzform, Satzverbindung 108 f., 110, 151 schmecken 74, 106 Schönheit 40, 43, 63ff., 71, 72, 73, 75, 78, 90, 118, 120, 122, 125, 126, 127, 130, 141, 143, 145, 148, 151 schöpferisch 140, 151 Schöpferkraft 14, 22, 68 Schriftsdeutsch s. a. Oberdeutsch 127 Seehausen 33,49,54,57,88 Sehweise 113, 115 Sentenz 18,101, 103 Stil 13, 18, 44f., 75, 113, 117,118,122f., 124,125, 126, 127, 128, 130, 131, 150, 151, 152 Stiländerung 88 Stilistik 18 Stilwollen 74 Stoizismus, stoisch 61, 85 Stoschische Sammlung, Katalog der 14, 15, 17, 29, 31, 101, 109 Stufung, stufenweise 64, 86, 94, 98, 102 Sturm und Drang 20,62,84 Süßigkeit 106, 130, 131, 137

Symbol 56, 83, 100, 148 Synthese 76, 114, 132, 147 System 29, 122 Systematiker 28 Tasten, Tastsinn 76, 106 Technik 70, 113, 116, 117, 122 Terminologie 10,42,44,46, 55, 122 Theben 106 Theologie, theologisch 47,57 Theophanie 58 Tivoli 83, 122 Tonfärbung 52 Topologie, Topos 17f., 100 Tragödie 63, 127, 131, 144, 146, 147, 179 Tränen 77, 78, 82, 83, 84, 103, 130 Transzendentalphilosophie 72 Tropen 105 Tugend 54, 86, 87 typisch 39, 97, 100, 105, 125, 130, 131, 132, 141 übersetzen, Übersetzung 36, 50, 120, 159f. Umschreibung 17, 72, 107 Umsetzung 10, 112, 120, 137, 138 Urbild 68, 150 Vasen,. griechische, s. a. Gefäße 93, 96, 106 Verben 109, 143 Vergleich 96ff„ 116ff., 151 Vernunft 57, 75, 84 Versmaße 50, 152 Verstand 67 ff., 71, 98, 165 Villa Albani 88, 130, 133 Villa des Hadrian 83 Villen, römische 94f. Virago 126 Vokale 50f., 143 Volksdichtung 39 Volkslied 19 volkstümlich 34 Vorstellung 112, 119, 123, 139, 140, 148 Wahrheit 112, 121, 129, 150

189

Wachstum, Flor und Fall 25, 29, 71 Wasser 73, lOOff. Wechselwirkung 120 weise, Weisheit 56, 65, 68, 85, 90, 140, 143

Wertung, Werturteil 25,29, 91, 94,102, 116 Witz 67, 90, 164 Wohllust, wohllüstig 68, 77, 84, 91, 105, 106 Wohlstand 41, 52, 124 Woman of Pleasure 130

Wortspiel 108 zärtlich 124 Zeichnung 44 Zierde 43 f. Zierlichkeit 122 Zitate 17, 18, 46 Zürich 83

Winkelmanns Schriften Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen 19, 24, 34, 74, 75, 82, 111, 112, 121,148 Anmerkungen über die Baukunst der Alten 14 Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Galierie 45, 123 Briefe über die Herkulanischen Entdeckungen 27 Erinnerung über die Betrachtung der Werke der Kunst 18, 21

Erläuterung der Gedanken über die Nachahmung 27, 36, 57 Gedanken über den mündlichen Vortrag der neueren Geschichte 20, 25 Gedanken über dje Nachahmung 15, 21, 23, 26, 27, 29, 31, 55, 107, 127, 156 Geschichte der Kunst 9,13, 16,18, 23, 25, 27, 28, 29, 31, 35, 36, 37, 41, 45, 47, 51, 71, 76, 78, 89, 90, 102, 103, 104, 109, 111, 117, 130, 142, 149, 160

Monumenti Inediti (Trattato preliminare) 29, 40, 41, 55, 86, 111, 130 Reifere Gedanken über die Nachahmung 22 Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung 17, 27, 105 Sendschreiben über die Herkulanischen Entdeckungen 161 Sendschreiben von der Reise eines Gelehrten nach Italien 160