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German Pages 134 [133] Year 1961
WINCKELMANN-GES ELLSCHAFT STENDAL
JAHRESGABE i960
Winckelmann seine Verleger und seine Drucker von
HEINRICH ALEXANDER
STOLL
Ali! S Abbildungen
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN i960
WINCKELMANN-GESELLSCHAFT
Jahresgabe
ig6o
STENDAL
W I N C K E L M A N N - G ES E L L S C H A F T S T E N D A L
JAHRESGABE i960
Winckelmann seine Verleger und seine Drucker von
HEINRICH
ALEXANDER
STOLL
Mit S Abbildungen
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN i960
Alle Rechte vorbehalten Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 1, Leipziger Straße 3-4 Copyright 1960 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Lizenz-Nr. 202 • 100/89/60 Satz, Druck und B i n d u n g : IV/2/14 • V E B W e r k d r u c k Gräfenhainichen • 1327 Bestellnummer: 5389 Printed in Germany ES 12 C
INHALT 7
Einleitung WINCKELMANN ALS AUTOR
.
12
Der Bibliophile
12
Opus 1
14
Verleger und Buchhändler
19
Autorensorgen
20
Auflagenhöhe
23
Frei-Exemplare und Widmungen
25
Die Eile
27
Werbung . . . . , , ,
29
Absatz der Bücher
31
Kritik
31
Ausstattung
32
Änderungen
37
WINCKELMANN UND S E I N E V E R L E G E R
41
Die Männer: Walther, Dyck, Füssli
41
Exkurs: Zur Geschichte der Geschichte der Kunst, Erste Auflage
48—67
Honorare und Vorschüsse
75
Zur Geschichte der Zweiten Auflage der Kunstgeschichte
88
Der Selbstverleger
96
WINCKELMANN UND S E I N E DRUCKER
104
Übersetzung der fremdsprachigen Zitate. .
120
.
EINLEITUNG Winckelmann ist Praeceptor Mundi, ist Ursprung und Mitte einer ganzen Epoche, ist Vorbote und Prophet der zweiten Renaissance des klassischen Altertums, ist Vater einer Wissenschaft oder, besser noch gesagt, zweier, der Archäologie und der Kunstgeschichte, und ist schließlich auch Schutzpatron eines gegenwärtigen geistigen Weltgeschehens, das sich immer stärker auf die Antike besinnt. Wir können, ohne uns der Gefahr des Übertreibens auszusetzen, von der weltweiten Wirkung Winckelmanns sprechen. Gewiß, manches davon ist posthume Wirkung, die erst mehr oder weniger lange nach Winckelmanns Tode zur Geltung kam, vieles aber auch gehört schon in seine Lebenszeit. Wie, so fragen wir uns, war es möglich, daß Winckelmanns Werk und Lehre eine so weltweite Wirkung hatte ? Blicken wir auf andere Männer der europäischen und außereuropäischen Geistesgeschichte, die ihrer Zeit oder der Nachwelt entscheidende und in ferne Zukunft reichende Anstöße gaben, so werden wir in fast allen Fällen — leicht vereinfachend — zwei Quellen des Wirkens finden: die Rede und die Schreibe, wobei zur Rede der Lehrvortrag gehört, das Gespräch und auch das schriftliche Gespräch, der Brief (nicht also die Epistel!), zur Schreibe dagegen neben der Epistel alles das, was wir als schriftstellerisches Werk bezeichnen wollen. In welcher dieser beiden Klassen ist Winckelmanns Einfluß zu Hause ? Winckelmann ist zwar Lehrer gewesen, aber nur in wohlhabenden Privathäusern der heimatlichen Altmark und als Konrektor von Seehausen, und seine Schüler waren in dem einem Fall Jungen, die einen solchen Lehrer nicht verdient hatten, und im anderen ließ er Kinder „mit grindigten Köpfen das Abc lesen", wobei er selbst „während dieses Zeitvertreibs sehnlich wünschte zur Kenntniß des Schönen zu gelangen, und Gleichniße aus dem Homerus betete" (673. H. Füssli, 22. Sept. 1764. 7
III, 55). 1 Gewiß, der maßgebende deutsche Philologe, der Göttinger Heyne, hatte an Winckelmann geschrieben: „Sehen Sie die hiesige Academie und die Kön. Societät als einen Canal an durch den Ihre Entdeckungen und Ideen ungemein verbreitet werden können. Und ein Mann, wie Sie, lebt doch für mehr als ein Land" (IV, 95f.) — was ausgezeichnet mit Winckelmanns Wunsch übereintraf, „daß ich nichts mehr wünschete, als ein öffentlicher Lehrer zu seyn" (689. L. Usteri, 21. Jan. 1765. III, 76). Aber abgesehen davon, daß Heyne zu den Menschen gehörte, die J a sagen und Nein tun, berief keine Universität, kein Fürst Winckelmann zum Lehrer der Jugend. Und hätte sich eine Universität gefunden, so würde es vermutlich bald zu einer Katastrophe gekommen sein, da Winckelmanns Meinung über Universitäten als Sitze der Unwissenheit und Arroganz und über ihre Professoren als Esel und Pedanten hundertfach bezeugt und in die Welt geschrieben, jenen auch zur Genüge bekannt war. Was Wunder also, daß auch sie Winckelmann nicht liebten und die kleinen Mängel seiner Schriften eifriger suchten und anstrichen als ihre großen und neuen Blickpunkte. So kam es also, daß Winckelmanns lehrhafter Trieb sich in andere Bahnen lenkte: „Dieser angeborne seltne Schulmeister-Trieb äußert sich aber dennoch bey aller Gelegenheit, des beständigen Undanks ohnerachtet, und ich bin niemahls vergnügter, als wenn ich unter den Reisenden würdige Menschen nach meinemSinne finde" (744. Francke, 15. Nov. 1765. III, 137). Aber wann fand er die schon! Die große Mehrheit war „wie der Wind in den Orgel-Pfeifen" (IV, 31), „unweise, unberichtete junge Gecken. . . Störer meiner Ruhe und Räuber meiner Zeit" 397. II, i3of.), „sie ziehen als Störche über die Länder" (283. II, 12) oder „sie kommen als Narren hier (her) und gehen als Esel wieder weg; dieses Geschlecht der Menschen verdienet nicht, daß man sie unterrichte und lehre" (151. I, 235). Menschen, die dem Lehrenden „Freund, Sohn und Schüler" wurden (741. III, 132), bleiben seltene Ausnahmen, die die Regel nur bestätigen. Außerdem will hier noch bedacht sein, daß die Möglichkeiten wirksamen Lehrens gering sind, wenn man es im Beruf eines Cicerone ausüben muß — und für den Durchschnitt der Reisenden macht es wenig Unterschied, ob der Fremdenführer Bianchi heißt und pro Stunde soundsoviel Lire von 1
Wir zitieren hier wie in allen folgenden ähnlichen Stellen nach Walther R e h m s vierbändiger Briefausgabe, Berlin i 9 5 2 f f . , wobei die erste Zahl die Nummer des Briefes angibt, die letzten beiden B a n d und Seite. Wo es nötig erschien, wurden dazwischen noch der Name des E m p f ä n g e r s und das D a t u m des Briefes eingefügt.
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Herrn X. zu beanspruchen hat (nach dem Tarif des Reisebüros) oder ob er der Abbate Winckelmann und Antiquario Nobile ist und von dem Grafen Y. oder dem Fürsten Z. ein wesentlich höheres Ehrengeschenk zu erwarten hat, das dann vornehm und dezent als Druckkostenbeitrag für die Monumenti Inediti gilt. (Der an sich zu den Ausnahmen zählende Prinz Georg August von Strelitz hat sein Exemplar der Monumenti nicht einmal aufgeschnitten!). Gewiß, ganz ohne Erfolg war dieses Lehren Winckelmanns nicht: der junge Fürst von Dessau beweist es mit den Bauten, die bald seine Residenz zu schmücken begannen, und Riedesels „Reise durch Sicilien und Großgriechenland" tut es gleichfalls. Zum lehrenden Gespräch rechnen wir auch die Briefe, die der Unermüdliche fast tagtäglich in alle Welt schickte (nebenbei gesagt, eine erstaunliche und manchmal sogar unbegreifbare Arbeitsleistung neben den vielen anderen Aufgaben des Tages!). Ihre Wirkung ist unverkennbar und tritt uns, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen, besonders deutlich in den Briefen entgegen, die die Schweizer über die Korrespondenz mit Winckelmann schrieben. Da Winckelmann zeitlebens die Freundschaft als höchstes Gut achtete und geradezu einen Kult aus ihr machte, sollte man annehmen, daß seine Freunde gleichsam zu Aposteln des neuen Propheten sich aufgeworfen hätten. Aber auch das gilt wieder nur für Ausnahmen, die Schweizer etwa oder Riedesel oder auch den Kardinal Albani, denn Winckelmanns Freunde waren zumeist Männer ohne Einfluß oder von geringem Einfluß: der mit Schmerz und Enttäuschung lebenslang geliebte Lamprecht saß auf seinem Büro in Küstrin und interessierte sich nicht im geringsten für Kunst und Altertum, Berg lebte zurückgezogen auf seinem livländischen Gut, Francke in seiner Bibliothek, Genzmer in seiner stillen mecklenburgischen Präpositur, und Stosch war letzten Endes nichts als ein rechter Gschaftlhuber, der seine Finger viel zu sehr in allen Töpfen haben wollte, um sich mehr als flüchtig und bei Gelegenheit für den „Freund" einzusetzen. Bewußt wurde das Wort Freund eben in Anführungszeichen gesetzt, um damit ein nicht unwichtiges Moment anzudeuten: daß nämlich die Freundschaft nicht nur im Falle Lamprechts, sondern auch sonst bedauerlich oft einseitig war. Nicht ohne Erschrecken liest man im vierten Bande von Rehms Briefausgabe, wie lieblos und unfreundlich sich vielfach gerade jene Männer über Winckelmann äußerten, die er als seine lieben und guten Freunde anzusehen gewöhnt war. Kurzum: der Einfluß des lehrenden Winckelmann kann nicht eben (von Einzelfällen abgesehen) als bedeutsam bezeichnet werden. 9
Auf den ersten Blick möchte es scheinen, als ob auch das schriftstellerische Werk Winckelmanns nicht jene weltweite Wirkung gehabt haben könnte, die es faktisch doch hatte. E r hat zwar zehn oder, wenn wir die zweite Auflage der Geschichte der Kunst des Altertums als ein Besonderes mitrechnen wollen, elf Bücher und Büchlein drucken lassen. Aber: erstens waren die Auflagen klein und zählten im Durchschnitt nur einige hundert Exemplare. Zweitens würden die Buchhändler von heute und gleichermaßen die Verleger von damals viele von ihnen, wenn nicht die meisten, fast als Ladenhüter bezeichnen, denn noch sechzig Jahre nach dem Tode des Verfassers konnte der Dresdener Verleger Walther Exemplare der ersten Auflage verkaufen. Eine zweite Auflage erreichte zu Lebzeiten des Autors nur das Opus i , die „Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst", dessen erste Auflage ganze fünfzig Exemplare umfaßt hatte, später die Schrift für Berg ( 1 7 7 1 ) 2 und die Geschichte der Kunst, deren zweite Auflage allerdings ein Torso blieb, der, von fremden Händen betreut, acht Jahre nach dem Tode Winckelmanns erschien, zu einer Zeit also, als in den Magazinen des Verlegers der ersten noch Hunderte von Exemplaren lagerten. Winckelmann ist, vom Standpunkt des Buchhändlers und Verlegers aus gesehen, alles andere als ein Erfolgsautor gewesen, der er, geistesgeschichtlich betrachtet, in höchstem Maße war. Der buchhändlerisch geringe Erfolg (oder gar Mißerfolg) ist allerdings wohl begreiflich. Die breite Masse (an die er sich freilich auch gar nicht wandte) verstand Winckelmanns Gedanken so wenig wie seine Sprache, und nicht nur solche Professoren, gegen die Winckelmann grobes Geschütz aufgefahren hatte, oder die von Neid gegen ihn erfüllt waren, fanden sie zuweilen recht dunkel. Bedenken wir hier die geistige Situation des sechsten und siebenten Jahrzehnts des achtzehnten Jahrhunderts. Die Fürsten und die Höfe begriffen nicht, ,,wie man Deutsch und im Deutschen gut schreiben könne" (932. I I I , 360). Wie Sulzer an Gleim schreibt, waren die Minister in Preußen (und anderswo) Leute, „die niemals etwas von unserer Literatur lesen, und das, was sie durch das Gerücht hören, verachten", und in der Berliner Akademie der Wissenschaften war „sogar unsere Sprache fremd und nun beynahe unbekannt" (IV, 135). Der Adel und das Großbürgertum folgten, so gut (oder schlecht) sie konnten, diesem Exempel. Die Kleinbürger lasen Räuberromane, die Bauern den Kalender und die Bibel. 2
„Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen in der K u n s t " , Dresden 1 7 6 3 . 10
Alle diese Schichten der Bevölkerung fielen also vorläufig als Leser der Winckelmannschen Schriften ganz oder nahezu aus. Aber gelesen wurden die Schriften doch, zwar von wenigen nur, aber diese wenigen stellten die geistige Elite der Nation oder, besser, der Nationen dar. Winckelmanns Werk ist vielleicht der schlagendste Beweis dafür, daß nicht weite Verbreitung den praktischen Erfolg macht, sondern daß eine kleine Zahl verkaufter Exemplare mehr Gewicht haben kann als „bestseller", daß wichtiger als die Breitenwirkung die Tiefenwirkung ist: wenn nämlich die relativ wenigen Exemplare in die richtigen Hände kommen. Es wäre leicht, die „Köpfe" Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs, Englands, Italiens aufzuzählen und ihr zeitgenössisches Urteil über Winckelmann. Der knappe Raum verbietet es. Die Andeutung mag genügen. Winckelmanns weltweite Wirkung gründet sich in erster Linie auf sein schriftstellerisches Werk. So mag es dehn auch, nachdem Walther Rehm das gesamte erhaltene Corpus der Briefe Winckelmanns erschlossen hat, gerechtfertigt sein, Winkkelmann in seiner Eigenschaft als Schriftsteller des näheren zu betrachten, wobei wir den Schriftsteller hier nicht als schaffenden Künstler nehmen — der Winckelmann in hohem Maße war —, sondern als Praktiker. Auch eine eigentliche Werkgeschichte zu schreiben, würde sehr lohnend und verlokkend sein und vieles über das hinaus zu sagen haben, was Justi in seiner Biographie berichtet hat. Aber das kann hier nur andeutungsweise und für wenige markante Fälle versucht werden, da das Bild durch die Lückenhaftigkeit der Korrespondenz und der sonst erhaltenen Aufzeichnungen immer unvollständig bleiben muß. Winckelmann als Schriftsteller — das heißt hier für uns: Winckelmann als Autor, Winckelmanns Verhältnis zu seinen Verlegern, Winckelmanns Verhältnis zu seinen Druckern. Daß es bei dieser Untersuchung nicht darauf ankommen kann, ein mehr oder minder strahlendes Denkmal für Winckelmann zu errichten, bedarf nach allem, was wir in ähnlichen Zusammenhängen angesichts anderer geschichtlicher Gestalten gesagt haben, keines Wortes. Niemandem, erst recht nicht Winckelmann selbst, ist damit gedient, daß man ihn beweihräuchert und einen fleckenlosen Helden aus ihm macht. Die Bedeutung auch Winckelmanns wird dadurch wahrhaftig nicht geringer, daß wir ihn als einen Menschen mit seinen Widersprüchen erkennen und im folgenden bisweilenals unerfreulich, launenhaft und gar völlig unleidlich sehen müssen. Wir haben auch in dieser Teiluntersuchung nicht auf Empfindlichkeiten heldenverehrender Zeitgenossen Rücksicht zu nehmen, sondern gerecht zu sein, beide Seiten zu sehen und die unverkürzte Wahrheit wiederzugeben, soweit sie sich heute noch ermitteln läßt und soweit wir es vermögen. i i
WINCKELMANN ALS AUTOR DER
BIBLIOPHILE
Winckelmann ist ein typischer homme de lettres des achtzehnten Jahrhunderts mit einem ausgeprägten, starken Verhältnis zum Buch. In seiner hallischen Studentenzeit war er mehr in der Bibliothek zu finden als in den Vorlesungen. In der „Märteley" der Hauslehrerzeit und des Konrektortums ging er, so oft es seine Zeit erlaubte, meilenweit über Land zu den Glücklichen, die eine große Bibliothek besaßen und ihn dadurch glücklich machten, daß sie ihm dort zu lesen gestatteten oder ihm gar Bücher liehen. Heute noch liegen in Paris, Montpellier, Besançon, Savignano, Rom, Florenz, Dresden und Hamburg Tausende von Seiten mit Exzerpten von Winckelmanns Hand. Für Kleidung und Essen gab er in seiner deutschen Zeit kaum etwas aus, aber jeder Taler, den er sich abgehungert hatte, wanderte zum Buchhändler oder zum Buchauktionator. Begreiflich also, daß der erste Versuch, die Flügel zu spannen und der Schulstube und dem Schulstaub zu entfliehen, in die große und schöne Bibliothek des Grafen Bünau führte. Begreiflich auch, daß Bibliotheken stets eine besondere Anziehungskraft für den Freund der Bücher besaßen und ebenso die Läden der Buchhändler. Als der nahezu achtunddreißigjährige Winckelmann aus Knechtschaft und Dienst in „das Land der Menschlichkeit" reisen darf, nach Italien und nach Rom, besucht er unterwegs überall, in Augsburg und in Regensburg, in Venedig und Bologna die Bibliotheken, und auch in Rom atmet er zunächst nur Bibliotheksluft, bei den Kardinälen Archinto und Passionei. Sein vordringliches Interesse gilt dabei den seltenen und den schönen Büchern — so wie er schon in seinem ersten Brief aus Nöthnitz „die schönsten Editionen" in der Bünauischen Bibliothek gerühmt hatte (58. Uden, 14. Sept. 1748. I, 87) und über den Katalog der Bibliothek geschrieben hatte, daß „der Druck klein, aber dabey sauber ist, ex officina Breitkopf" (68. Uden, 13. Jan. 1750. I, 95), oder auch: „Wir haben kürzlich eine sehr kostbare Edition . . . bekommen" (ebd.) und „Wir haben neulich den 12
ersten Tomum der prächtigen Wienerischen Ausgabe von Hippocrates erhalten" (80. Uden, 9. Nov. 1 7 5 1 . I, 108). Von der Romreise berichtet er dem Leibarzt August I I I . , Bianconi, über die unterwegs gesehenen Bibliotheken und hebt aus der Palmschen in Augsburg den Aristoteles-Kommentator Simplicius hervor, einen Inkunabeldruck [Winckelmann bezeichnet ihn als Mailänder Druck von etwa 1492 ; Graesse nennt als frühesten Druck aber Venedig 1499] 3 „avec des lettres initiales dorées et surtout bien conservé, mais pas assés estimé du Possesseur puisqu'il l'a laissé au milieu des vieux bagatelles dans la meme volume" 4 ( 1 1 7 . I I I , 395, ähnliches 1 2 1 . I, 189 und 122. I, 191). Aus des Kardinals Passionei Bibliothek berichtet er an Bünau von den „prächtigen Bänden", und da er nicht nur den schönen Druck liebt, sondern auch den schönen Einband, hebt er hervor, daß „die mehresten . . . in Frankreich gebunden" sind (127. I, 202f. und ähnlich 128. I, 205). I n R o m freut er sich an einem „Homer, zu Paris vondem großenTurnebus 5 gedruckt" und an einem „schönen Catull" (165. Wille, 12. J a n . 1757.1,260), und vom gleichen Wille erbittet er die Pariser Duodezausgabe des Catull, Tibull, Properz von 1743. ,, Ich wünschte es in einen sauberen Engl. Band zu haben mit einem tiefen Faltz. Denn hier bindet man schlecht" (159. I, 245). Ein Buch Walpoles, „auf seinem eigenen Landhause, in seiner eigenen Druckerey gedruckt . . . schön gedruckt" (257. I, 438), ist ihm ebenso der Erwähnung wert wie Geßners Idyllen „auch wegen des wunderschönen Drucks" (426. II, 161), und groß ist die Freude, als der dänische Minister Graf Moltke ihm durch Prinz Georg August von Strelitz die zweibändige Glasgower Kleinfolioausgabe des Homer (1756ff.) schickt: „Einprächtigeres Werk ist niemals im Griechischen gedruckt" (744. I I I , 138), und: „Wenn ich die Abschrift des Homer die Alexander der Große in einem kostbaren Kästgen legen ließ, gefunden hätte, würde mir diese Entdeckung schwerlich mehr Freude gemacht haben, als diejenige ist, die ich über den prächtigen Homerus empfunden . . . Ich habe ein wahres kindisches Vergnügen über dieses herrliche Geschenck, und da ich daßelbe beständig vor mir liegen habe, so belustiget sich Auge und Gemüth ohne Unterlaß, und wenn ich auch nicht Muße habe zu lesen, so schaue ich wenigstens den prächtigen Druck a n " (741. I I I , 132). 3 Erläuterungen des Autors innerhalb des T e x t e s werden in eckigen K l a m m e r n [ ] gegeben, Textergänzungen in spitzen ( ). 4 Eine Übersetzung der fremdsprachigen Zitate folgt im Anhang. 6 1 5 5 4 , von Adrien Turnèbe, 1 5 1 2 — 1 5 6 5 , dem Direktor der Königlichen Drukkerei.
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Auch das Gegenteil des schönen Buches finden wir von Winckelmann erwähnt. Als ihn Stosch die Gedichte Rollis zu besorgen bittet, antwortet ihm Winckelmann: „Die übrigen Gedichte . . . sind . . . zu Verona in 12° gedruckt, aber so jämmerlich, daß ich mir ein Bedenken gemacht habe, so einen Schandfleck der Welschen Druckerey zu überschicken" (844. III, 253)-
Mit diesen Voraussetzungen, die Winckelmann zur Genüge als ausgeprägten Bibliophilen kennzeichnen, mußte er für seinen Verleger und für seinen Drucker ein schwieriger Autor werden, der nicht leicht zufriedenzustellen war. Hinzu kamen die Schwierigkeiten, die im Menschen Winckelmann lagen, sein Charakter, sein dorniger Lebensgang, der den Menschen mitprägte, sein Temperament — alles Dinge, die dafür sorgen, daß sein Bild, im schroffen Gegensatz zu dem von ihm gezeichneten Idealbild, keinen klaren und eindeutigen Kontur hat. OPUS 1
Aber lenken wir zu den Anfängen zurück, da er noch nicht als Schriftsteller mit Verlegern und Buchhändlern in Kontakt gekommen war. Vorläufig war er noch Exzerptor, Zitatensammler für Graf Bünaus „Teutsche Kaiser-und Reichshistorie". Freilich, so oft es die Zeit gestattete, war er in Dresden, Stammgast ebenso in den Kunstsammlungen wie in der Walterschen Hofbuchhandlung, in der er, wohl als Angestellter des bestenKunden, so zu Hause war, daß er dort sogar zuweilen seine Briefe schrieb. Daß er um jene Zeit in freundschaftlichen Beziehungen zu Walther gestanden hätte, scheint aus dem Brief Nr. 83 vom 23. Juni 1725 hervorzugehen (I, ii2f.), dessen Anrede ,,Theurester Freund" lautet und der mit den Worten schließt „Ich bleibe . . . im Hertzen mit Ihnen verbunden, wie ich Lebenslang seyn werde, Theurester Freund Dero eigener Winckelmann". Rehm setzt, Ebert folgend, als Adressaten Walther, obwohl der Brief als solcher keine Auf- oder Zuschrift hat. Der ganze Ton des Briefes spricht gegen diese Zuweisung an Walther. Es ist psychologisch außerordentlich unwahrscheinlich, daß ein völlig unbedeutender und unbekannter junger Mann den gleichen Hofbuchhändler und Kommerzienrat derart vertraulich behandelt, dem er später, als Winckelmann anerkannt und berühmt und als Walther sein Verleger ist, nur mit allen Kurialien schreibt, auch dann, wenn das Verhältnis zwischen ihnen gerade einmal gut und herzlich ist. Rehms Bemerkung, der Brief müsse an Walther gerichtet sein, da Ebert ihn von den Erben Walthers zur Veröffentlichung 14
erhalten habe, beweist nichts, da der Brief auch auf andere Weise in Waltherschen Besitz gelangt sein kann. Auch das zweite Argument Rehms, der im Briefe enthaltene Passus „in Ihrer Handlung" ist nicht stichhaltig, da es schließlich noch mehr Handlungen in Dresden gab. Außer der Waltherschen Buchhandlung— falls Winckelmann nur eine solche gemeint haben sollte — gab es noch fünf. Hier soll eine andere Zuschreibung dieses Briefes vorgeschlagen werden: er ist wahrscheinlich an jenen unbekannten „kleinen Buchhändler" gerichtet, für den und dessen Monatsschrift, wie wir noch sehen werden, ursprünglich die „Gedanken" bestimmt waren, und der in keinem Falle mit Walther identisch ist, wie Richter in seiner Studie über die Walthersche Buchhandlung S. 140 behauptet hat. Mit dieser Zuschreibung wäre sowohl „Ihre Handlung" hinreichend erklärt als auch das Vorhandensein des Briefes bei Walther, denn solange wir den Namen des „kleinen" Buchhändlers noch nicht kennen, dürfen wir ihn ungescheut für einen von jenen halten, deren Buchhandlung — samt Geschäftspapieren — Walther später übernahm. Von 1748 bis 1754 währte Winckelmanns Nöthnitzer Zeit. Von 1751 bis 1754 wirkten der päpstliche Nuntius am sächsischen Hofe Archinto und dessen Helfer, vor allem der Jesuitenpater Rauch, der Beichtvater des Königs, und der königliche Leibarzt Bianconi an Winckelmanns Konversion, die am 1 1 . Juni 1754 vollzogen wurde. Im Oktober verließ Winckelmann Nöthnitz und siedelte nach Dresden über. Versprechungen, die ihm gemacht waren, zum Beispiel, er solle Informator der Söhne des Thronfolgers werden, wurden nicht gehalten. Er war frei und konnte über seine ganze Zeit verfügen. Das Dresdener Jahr, sagt Justi, war das entscheidendste in Winckelmanns Leben: es brachte ihn in Kontakt mit der Kunst und mit kunstbegeisterten Menschen wie Oeser, Hagedorn, Bianconi, Lippert. Auch die in Aussicht gestellten historischen Vorträge bei Hofe kamen nicht zustande, aber sie waren Ursache, daß Winckelmann, nachdem er schon in Nöthnitz unter den ersten starken Eindrücken der Dresdener Galerie in einer Bruchstück gebliebenen „Beschreibung der vorzüglichsten Gemähide der Dresdner Galerie" seine Feder versucht hatte, den ersten eigentlichen schriftstellerischen Versuch machte. Der Aufsatz, „Gedanken über den mündlichen Vortrag der neuern allgemeinen Geschichte" (geschrieben 1754) wurde allerdings erst aus dem Nachlaß veröffentlicht, aber es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser Aufsatz von seinen Gönnern gelesen worden ist, und Pater Rauch dürfte mit jener Feinfühligkeit und jenem Scharfsinn, die Jesuiten eigen sind, erkannt haben, daß der nun siebenunddreißigjährige Winckelmann ein geborener 15
Schriftsteller war, ohne es selbst schon zu wissen. „Man animiret mich, ich soll schreiben" (109. Berendis, 10. März 1755. I, 167) — das war die natürliche Folge. Und welches Thema lag diesem Kreise der Freunde Winckelmanns näher als Kunst und Altertum ?,, Bianconi kannte die bildenden Künste und beschäftigte sich mit antiquarischen Untersuchungen" (Justi I, 366t. 6 ). Oeser war selbst Maler und „liebte die Antike, soweit er sie kannte" (Justi I, 371), Hagedorn war Kunstsammler und schrieb „Betrachtungen über die Malerei", Lippert, Zeichenmeister der Pagerie, ein Außenseiter, galt als berufenster Kenner antiker Kunst in Dresden und war namhafter Gemmensammler. Sie wurden die Paten von Winckelmanns Erstling, der, wie Herder sagte, „einen reichen Keim alles dessen, was er nachher in seinen Werken entwickelt hat", enthält, die „Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauerkunst". „Der Anfang dieser Arbeit war für einen kleinen Buchhändler in Dreßden bestimmt, dem ich sie entworffen auf Ansuchen eines Bekannten, um eine Monat-Schrift dadurch in einiges Ansehen zu biingen" (112. Berendis, 4. Juni 1755. I, 175). „ E s war blos eine Gefälligkeit für einen angehenden Buchhändler 7 " (126. Wille, 27. Jan. 1756. I, 199). „Ich zeigete sie dem Beichtvater; er machte mir übermäßige Lobsprüche und animirte mich¡ dieselbe drucken zu laßen. Ich legte von neuen Hand daran, und gab sie ihm. E s war in der Woche vor Ostern, daß man mir des Buchhändlers 8 Verlangen eröffnete. Der Beichtvater versprach mir die Kosten zum Druck" (ebd.). Die erste Fassung, gesteht Winckelmann seinem Freund Uden, sah „ganz anders aus, als sie itzo erschienen. Meine Absicht war nicht, sie unter meinem Namen drucken zu laßen, und also hatte ich mit großer Freyheit geschrieben, und hier, wo alles der Paßion des Königs gegen die Mahlerey nachäffet, gewißen Leuten, die brilliren wollen9, ziemlich Beere vorgeleget, woran sie würden zu nagen gehabt haben. Ich durfte aber dieses 6
Carl J u s t i , Winckelmann und seine Zeitgenossen, wird nach der dritten A u f lage, Leipzig 1923, zitiert. 7 Der „ k l e i n e " Buchhändler ist also auch ein „ a n g e h e n d e r " Buchhändler. 1 7 5 5 war Walther bereits seit zwanzig J a h r e n Buchhändler, seit siebzehn Hofbuchhändler, seit sechzehn selbständig. Damit ist Richter (Paul E m i l Richter, Zur Vorgeschichte und Geschichte der vormals Waltherschen, jetzt BurdachschenHofbuchhandlung [Warnatz & Lehmann] in Dresden, Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels 1890, S. iogff.) ad absurdum geführt. 8 Hier, wie später noch oft, Buchhändler = Verleger. 9 Vermutlich Winckelmanns spätere Feinde Heinecken und Oesterreich.
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nicht thun, ohne sie vorher einer Person, die über mich zu disponiren hat [Pater Rauch] vorzulegen. Die Schrift gefiel und man wünschte, sie so bald als möglich gedruckt zu sehen. Ich hatte diese Erklärung als einen Befehl anzusehen, und es war kein anderer Weg, als auf meine Kosten. Mein Beutel setzte mir gewiße Grenzen, und ich warf viel weg und mußte auch bedächtlicher verfahren" (110. Uden, 3. Juni 1755. I, 170t.). „Ich war gewillet, ihm [dem Beichtvater] die Schrift zu dediciren. Er nahm es nicht an, mit der Erklärung, die Schrift wäre zu schön für ihn, es müßte jemand seyn der künftig mein Glück machen könnte." Winckelmann hatte an den Kurprinzen gedacht, aber da das Graf Wackerbarth, Oberhofmeister des Kurprinzen und Kabinettsminister, „so viel Umstände machte . . . und ich mich über sonst niemand vergleichen konnte, so sollte es ohne alle Zuschrift gedruckt werden" (112. Berendis, 4. Juni 1755, I, i75f)Da die Schrift nun wegen ihres geringen Umfangs eines Dispenses seitens der Zensur bedurfte 10 , mußte sie dem Premierminister, Graf Brühl, vorgelegt werden. Er sprach den Wunsch oder, besser, den Befehl aus, Winckelmann möge diese Schrift dem König selbst dedizieren, wohl, um diesem einen Anlaß zu geben, endlich etwas für den Konvertiten zu tun, dem man bisher so viel versprochen und so wenig gehalten hatte. Zu Anfang Juni erschien die Schrift, ohne den Namen des Autors, mit der Druckangabe „Friedrichstadt, gedruckt bey Christian Heinrich Hagenmüller", mit der Widmung für Friedrich August, König in Polen, Kurfürst zu Sachsen. Die Angabe Rehms, dies sei eine „falsche Orts- und Druckangabe" (I, 540) erschien schon deshalb irrig, weil es höchst unwahrscheinlich anmutet, daß eine in aller Form dem König gewidmete Schrift pseudonym gedruckt sein sollte. Ein Blick auf die Geschichte der Stadt Dresden wies nach, daß die Friedrichstadt ein Teil der Dresdener Neustadt war. Die Existenz des Druckers konnte im Stadtarchiv Dresden nachgewiesen werden. Christian Heinrich Hagenmüller war seit 1743 Faktor, seit 1752, dem Todesjahr der Inhaberin, Ulrike Johanna Rosina Harpeter, Besitzer der Harpeterschen Buchdruckerei in Friedrichstadt. Der umfängliche Aktenband — B X V I I —, aus dem sich diese Daten ergeben, trägt die Aufschrift „Acta Judiciaria — Die Buchdruckerey in Friedrichstadt und die Censierung 10
Vgl. zur Zensur in Sachsen Walther R . Franke, Zensur und Preßaufsicht in Leipzig 1820—1848. Mit einem Überblick über die gleichzeitige sächsische Preßgesetzgebung. Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels 1 9 3 0 , i f f .
2 Stoll, Winckelmann
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derer daselbst gedruckten Schriften betreffend" und enthält Verwarnungen (1753) und Bestrafungen (1755) wegen Herausgabe unzensierter Druckschriften sowie auch die Einsprüche Hagenmüllers gegen die an ihn ergangenen Gerichtsurteile (Auskünfte des Dresdener Stadtarchivars Lange). Da Hagenmüller erst seit 1752 selbständig war, dürfen wir in ihm vielleicht auch den „angehenden Buchhändler" sehen, von dem oben die Rede war. Und da Walther später die Harpetersche Druckerei für seinen ältesten Sohn kaufte, wäre auch erwiesen, wie der Brief 83 (I, i22f) in Waltherschen Besitz gekommen sein könnte, so daß die Anregung erlaubt sein mag, diesen Brief künftighin als an Hagenmüller gerichtet anzusehen. Das Format war Großquart, das man später Winckelmannformat genannt hat, der Druck klar und schön, die Kupfer von Freund Oeser, alles so, wie der Bibliophilos Winckelmann nur wünschen konnte. Die Auflage zählte fünfzig Exemplare ( 1 , 1 7 1 u. 175) oder „nicht viel über fünfzig" (I, 177). Am ersten Pfingsttag wurde dem König sein Exemplar überreicht, während Winckelmann die Ehre hatte, dem allmächtigen Brühl eines zu übergeben, „der es sehr gnädig aufnahm" (112. I, 176). Ein Honorar bekam der Autor nicht. „Noch zur Zeit aber habe ich keinen Pfennig Vorteil von meiner Schrift gehabt ; außer daß sie meine Absicht befördert" (ebd.). Ob der König bei der Überreichung wirklich gesagt hat „Dieser Fisch soll in sein rechtes Wasser kommen" oder ob dieses königliche Bonmot zur Winckelmann-Legende gehört, läßt sich nicht ausmachen. Jedenfalls aber war das Opus 1 eine Sensation und für einige Zeit Gesprächsstoff bei Hofe, zumal es „dem König selbst die Wahrheit gesagt" (110. I, 171) und sich eindeutig gegen dessen Kunstgeschmack gerichtet hatte. Wenn sich, mit Ausnahme der Übersetzung im Journal étranger, etliche Versprechungen und damit Hoffnungen des Autors auch, wieder einmal, nicht erfüllten. — „ E s wird an einer Italienischen Übersetzung gearbeitet und durch Waltern wird eine Frantzös. Uebers. besorgt werden. In eben der Absicht wird es jemand nach Paris schicken, um sie in dem Journal étranger mit einrücken zu laßen" ( 1 1 1 . I, 174) und daß es „in den Schriften der Academie de Peinture in Cöppenhagen erscheinen" würde (112. 1 , 1 7 6 ) —, so stand dieses doch fest : „Die Schrift hat einen unglaublichen Beyfall gefunden, und es haben mir große Kenner, in Absicht der großen Freyheit wieder den hiesigen, ja selbst wider des Königs Geschmack, das Compliment gemacht, daß ich die Bahn gebrochen zum guten Geschmack . . . Ich habe so gar gehöret, daß man es schon abschreiben laßen, weil so wenig gedruckt sind" (ebd.). 18
Sofort war nun auch der rührige und tüchtige Dresdener Verleger Walther zur Stelle, den wir weiter unten des näheren kennenlernen werden. „Walther hatte wieder meinen Willen von dem Beichtvater die Erlaubniß, und zwar zu einen noch ansehnlichem Nachdruck erhalten, ich habe aber dieses Vorhaben noch auf einige Zeit hintertrieben, damit sie noch rar bleibe" (ebd.) und ebenso an Nolte „damit meine Absicht, die Schrift rar zu machen, wenigstens auf eine kurze Zeit erhalten werde" ( i n . I, 174). Justihat Winckelmanns innerstes Anliegen durchschaut, der, „nachdem er bisher die Kunde der raren Bücher getrieben und selbst schon als Knabe solche Kleinodien erworben hatte, nun selbst als Autor einer sehr raren Schrift" (Justi I, 415) dastehen wollte. Wie die zweite Auflage zustande kam, mag bei Justi nachgelesen werden (I, 463 ff.), da die Briefe über das dort Gesagte hinaus nichts Neues ergeben. VERLEGER
UND
BUCHHÄNDLER
Nun stand Winckelmann im Lichte der Öffentlichkeit, als junger, erfolgreicher Autor. Bisher waren seine Erfahrungen mit Verlegern nicht eben ermutigend gewesen. Als Graf Bünau den Katalog seiner Bibliothek hatte drucken lassen, bei Winckelmanns späterem Verleger Walther und bei seinem späteren Drucker Breitkopf in Leipzig, hatten „Ihro Excell. . . . den Verleger zu encouragiren und das Werck zu befördern 500 Rthlr. Vorschuß gethan" (66. Uden, 13. Januar 1750. I, 95), und als dann Pater Rauch 1 1 den eben Konvertierten „animiret, ich soll schreiben, man wolle vor einen Verleger sorgen", war Winckelmann sehr skeptisch: „ E s ist aber dergleichen Brod sehr ungewiß" (109. Berendis, 10. März 1755. I, 167). Der materielle Erfolg seines ideell erfolgreichen Erstlings konnte ihn zunächst gleichfalls nicht ermutigen. Was Winckelmann späterhin von Verlegern hielt, von seinen Verlegern, wird an anderer Stelle zur Sprache kommen, wo von Walther, Dyck und den übrigen die Rede ist. Von den eigenen Verlegern abgesehen, ist sein Epistolar in dieser Hinsicht ausgesprochen mager, denn in den römischen Jahren gab es über dortige Verleger und Buchhändler wenig zu sagen, da sie unter der Herrschaft der Inquisition kaum hervorzutreten wagten. „ E s ist zu bedauren", schrieb Winckelmann 1762 an L. Usteri, „daß wir 11
Winckelmann schreibt „ m a n " . Um jene Zeit aber gingen alle für ihn entscheidenden Anstöße von dem Jesuitenpater aus, so daß wir diesen unbesorgt mit dem „ m a n " gleichsetzen dürfen, besonders im Vergleich mit 126. I, 199. 2
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keine Buchhändler [ = Verleger] hier haben, die etwas unternehmen wollen und können; was könnte man nicht vor Sachen bekannt machen!" (498. II, 247). Der einzige römische Buchhändler, der diesem Namen Ehre machte, war wohl Pagliarini. „Er war mein Freund." Er aber wurde von der Inquisition verhaftet, weil er ein Pasquill gegen die Jesuiten gedruckt hatte — „Ich nehme unendlich viel Antheil an seinem Unglücke" (380. Stosch, 3. Jan. 1761. II, 110) — und danach „in Sieben Jahr GaleerenStraffe verdammet" (499. L. Usteri, 14. Nov. 1761. II, 188). Über die anderen römischen Buchhändler urteilte Winckelmann folgendermaßen : Monaldini, der auch in Geschäftsverbindung mit Walther stand, „ist ein Mensch ohne gehörige Kenntniß und Nachdruck, wie alle unsere Buchhändler, deren Magazine den Laden alter Bücher-Händler in Leipzig ähnlich sehen. Der wohlhabenste ist Fausto Amidei, welcher weder schreiben noch lesen kann, und dieses im rechten eigentlichen Verstände gesagt, welches Ihnen einigen Begriff machen kann" (670. Walther, 29. Juli 1764, III, 51). Sonst finden wir im gesamten Briefwechsel nur noch den Nürnberger Buchhändler und Verleger Georg Bauer, der Winckelmann seine Kataloge übersandte, auch zur Vermittlung an Kardinal Albani, und um Bestellungen bat. „Ew. Hochwürden versichere, daß ich recht billige Preiße ansetzen werde" (IV, 93L). Über eine Antwort Winckelmanns ist nichts bekannt. AUTORENSORGEN
Durch sein Opus 1 war Winckelmann mit einem Schlage ein anerkannter Autor geworden, denn schließlich hatte er ja seine Absicht erreicht, „nichts zu schreiben, was schon geschrieben ist: ferner etwas zu machen, da ich so lange gewartet und alles gelesen was an das Licht getreten ist in allen Sprachen über die beyden Künste, das einem Original ähnlich werden möchte, und drittens nichts zu schreiben, als wodurch die Künste erweitert werden möchten" (xio. Uden, 3. Juni 1755, I, 171). „Von der Schrift wird mein ganzes Schicksal abhängen" hatte er ferner gesagt (ebd. ) — und wurde dann mit einer jämmerlich kärglichen Pension nach Rom geschickt, und fand hier, was vermutlich nicht einmal in der Endabsicht der ihn Schickenden gelegen hatte, seine Vollendung als Mensch, als Praeceptor Mundi, als Autor. Au toren haben nicht nur Freuden, sondern mehr noch Sorgen, und es mag nicht sehr verwunderlich erscheinen, daß es vor nahezu zweihundert Jahren vielfach und weithin die gleichen waren wie heute. 20
Als erstes wäre hier wohl das Grundanliegen eines jeden Schriftstellers zu nennen, das Winckelmann unübertreffbar formuliert: „ E s wird die höchste Belohnung für mich seyn, wenn ich der Nachwelt würdig geschrieben zu haben erkannt werde" (225. C. Füssli, 27. Juli 1758. I, 399). Dann ein anderes: „Den Druck des Sendschreibens12 habe ich noch nicht gesehen" (554, L. Usteri, 16. April 1763. II, 309) heißt es resigniert, aber auch: „Ich freue mich herzlich, daß endlich einmahl mein Werk unter die Preße ist" (560. Walther, 30. April 1763. II, 314), obwohl er ein andermal (ob in echter oder gespielter Bescheidenheit?) sagt: „Ich habe beständig Aufsätze gemacht, um die Kraft zu denken zu üben, ohne jemals gedruckt zu seyn gewünscht zu haben" (720. Riedesel, 31. Juli 1765. III, 115). Wenn der Autor zugleich Sammler ist, kann er einmal Forderungen an seinen Verleger stellen, die der Verlagspraxis widersprechen: „die Zeichnung des letzten Kupfers zu dem Sendschreiben bitte ich mir bald möglichst zurück aus; denn sie ist von Mengs, deßen Zeichnungen ich sammle'' (581. Walther, 12. Aug. 1763. II, 337). Und wenn ervonseinem eigenen Wissen sehr durchdrungen ist, so wird er sich wehren, Beiträge eines weniger Wissenden in sein Buch aufzunehmen, wie des braven St. Laurent Kapitel über die Schiffe in den Gemmenkatalog: „Ich bedaure Sie [Stosch] und mich: denn es ist gar zu erbärmlich Zeug . . . Es mag nun geschehen was da will, so dispensire ich mich diese inezie (Torheiten) ins Register zu tragen, und über diesen Punct bin ich unerbittlich und sollte das Werck nimmer ans Licht treten. Was ich weiß ist dieses, daß ich gelernet habe zu schreiben, weil ich alle Critiken angehöret und mehr als einmahl meine Sachen von neuen ausgearbeitet . . . und wenn man wird gestehen müßen, daß was wir beyde gemacht haben, mit reifen Urtheil entworfen worden, so wird St. Laurents Arbeit als ein geflickter Bettel-Mantel hinten anhängen, und das Ende des Wercks wird, wie wenn die Affen den Hinteren zeigen, lächerlich seyn" (352. Stosch, 2. Febr. 1760, II, 76t.). Was denn freilich nicht hinderte, daß St. Laurents Schiffskapitel doch in das Buch kam. Aber — ein interessanter Punkt — vorher hatte Winckelmann sich schon entschieden gegen die Absicht Stoschens und St. Laurents gewehrt, diesen fremden Beitrag an Winckelmanns Neptun-Kapitel anzuhängen: „Mit den Schiffen halten Sie wie es Ihnen gefällt. Bedenken Sie aber daß kein einziger Artikel einen solchen Schwanz hat, und daß dieser die ganze Simmetrie des Werks vernichtet" (305. Stosch, 12. Sept. 1759. II, 31). Als besonders störend mußte der weite und lange Postweg die Sorgen des Autors vermehren. Die „Geschichte der Kunst des Alterthums" er12
„Nachrichten von den Herculanischen Entdeckungen", Dresden 1762. 21
schien um Weihnachten 1763, Winckelmann bekam die ersten Exemplare erst im April 1764 (vgl. Nr. 651) : „ich weiß nicht warum (ich sie noch nicht habe), und ehe ich Nachricht auf ein Schreiben bekomme, gehen 40 Tage vorbey. Ich bin müde an dieselbe zu denken; mehr als hundert Briefe habe ich deswegen geschrieben" (628. Stosch, 28. Jan. 1764. III, 11). Erschwerend ist auch, damals wie heute, ein anderer Umstand. Der Bericht über die Herculanischen Entdeckungen wird nicht fertig, denn „es fehlt mir die Zeit, und ich habe nur eine Hand ; da andere Schriftsteller wenigstens zum Abschreiben Hülfe haben. Dieses macht mir meine Arbeit sehr schwer. Wie oft habe ich die Geschichte der Kunst abgeschrieben, und wie viel Stöße von den ersten Entwürfen!" (471. J . J . Volkmann, 3. März 1762. II, 212). Und als Winckelmann dann an der zweiten Auflage der Kunstgeschichte arbeitet, heißt es einmal sogar : „Bald werde ich die Feder in der Hand zerstauchen, so sehr fängt mir an, das Geschäfte des Autors lästig und unangenehm zu werden, ein Geschäft, das bey Gott niemanden leicht fett machen wird" (922. Wiedewelt, 19. Dez. 1767. III, 344) 13 Diese Zeilen schrieb Winckelmann ein halbes Jahr vor seinem Tode, als er also schon runde zwölf Jahre hindurch die Freuden und die Leiden eines Schriftstellers gekostet hatte, wobei er es sich viel schwerer gemacht hatte als andere Autoren, die sich damit begnügten, ihr Manuskript dem Verleger zu übergeben, die Korrekturen zu lesen (oder sogar lesen zu lassen), die Freiexemplare und das Honorar in Empfang zu nehmen und dann für alles, was ihnen nicht gefiel, den Verleger verantwortlich zu machen. Winckelmann sorgte selbst für alles, auch für die geringfügigsten technischen Einzelheiten und Kleinigkeiten, sei es aus der Haltung des Bibliophilen, sei es aus dem Gefühl der Verantwortung heraus, sei es auch im Blick auf Unzuverlässigkeit und Unzulänglichkeit der Verleger und Drucker. 13 Die Bedeutung, die Hanna Koch in ihrer wertvollen Studie „ J o h a n n J o achim Winckelmann, Sprache und K u n s t w e r k " , Jahresgabe der Winckelmanngesellschaft 1 9 5 6 / 5 7 , Berlin 1 9 5 7 , dieser Briefstelle gibt, ist irrig. Sie setzt, in Anmerkung 1 2 1 , Seite 1 5 9 , K o m m a t a , die nie von Winckelmann geschrieben worden sind (vgl. I I I , 3 4 4 ) : „ b a l d werde ich, die Feder in der Hand, zerstauchen" und deutet, gleichfalls irrig, „zerstauchen" als sterben, was weder niederdeutsch, wie die Autorin meint, noch überhaupt deutsch zu rechtfertigen, ist. Zerstauchen hat nichts mit Sterben zu tun, sondern ist, ganz schlicht, S y n o n y m für Zerstampfen. Hier geht es lediglich um den Überdruß der reinen Schreibarbeit.
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AUFLAGENHÖHE
Die Auflagenhöhe war damals und ist heute Sache des Verlegers. Nach dem gegenwärtigen Verlagsrecht wird sie „unter Verständigung des Autors" festgesetzt. Damals ließen sich die Verleger, wie die Briefe ungezählter Autoren beweisen, selten hineinreden, denn da das Honorar nicht nach Auflagenhöhe, sondern nach der Zahl der Bogen eines Bandes errechnet wurde, waren sie im allgemeinen nicht an kleinen Auflagen interessiert, die Autoren allerdings um so mehr, denn dann konnten sie auf eine zweite Auflage hoffen, die wenigstens ihrem Ruhme diente, aber nicht immer ihren Finanzen, denn vielfach galt das erste Honorar auch für die folgenden Auflagen. Wir sahen erst schon, wie Winckelmann, der Bibliophile, sein Opus i nur in fünfzig Exemplaren drucken ließ, und werden, im Kapitel über Walther, sehen, wie sehr er sich durch große Auflagen beschwert und benachteiligt fühlte. Deshalb griff er, auf der Höhe seines Ruhmes, zuweilen ganz energisch in die Auflagenabsichten des Verlages ein, beispielsweise beim Druck des zweiten Herculanischen Sendschreibens: „Erlauben Sie aber auf folgende Bedingungen zu halten. Erstlich nicht über 400 Exemplare drucken zu laßen, oder auf das höchste 500. Damit mir der Vertrieb derselben nicht im Wege stehe, nach Verfließung eines Jahrs eine neue Fortsetzung zu schreiben" [die dann wegen der Taktlosigkeiten in den ersten Stücken nicht zustande kam] (663. III, 43). Im allgemeinen sind die Auflagenhöhen der in regulären Verlagen erschienenen Schriften Winckelmanns nicht bekannt, da die damaligen Verleger ungern genaue Zahlen zu geben pflegten, es sei denn, daß ungewöhnliche Ziffern erreicht wurden, die sich für die Werbung eigneten. Das war aber, wie wir sahen, bei Winckelmanns Werken nicht der Fall. Nach Justi III, 297 — woher er die Zahl genommen hat, ist leider unbekannt — druckte Walther von der Geschichte der Kunst 1200 Exemplare, eine für damalige Zeiten außerordentlich hohe Auflage. Daß er auch sonst große Auflagen druckte, läßt sich aus dem eben zitierten Brief schließen und auch daraus, daß sein Enkel, Georg Moritz Walther, sich gegenüber Fernow 1806 beklagte, daß beim Verlag „so ansehnliche Vorräthe von diesen Werken" lägen — , .Winckelmanns Werke haben nicht gefehlet, ohngeachtet sie seit 50 Jahren keine zweite Auflage erlebt haben" (III, 504). 14 14
Daß der hier zitierte Brief nicht von dem Sohn G. F., wie a. a. O. zu lesen steht, sondern von dem Enkel G. M. Walther geschrieben worden ist, entnimmt der Verf. einer brieflichen Korrektur W. Rehms. 23
Durch keinen Verleger gehemmt, konnte Winckelmann dann seine Wünsche äußern, wenn ein Werk nicht durch einen Vertrag zwischen Autor und Verleger ans Licht kam, sondern durch vertraglose Vereinbarung zwischen zwei Freunden (wobei in diesem Falle die Freundschaft für lange Zeit zerbrach), wie bei dem Stoschschen Gemmenkatalog. An diesem Beispiel lassen sich auch die wechselnden Stimmungen Winckelmanns gut verfolgen, die sein Bild und sein Urteil zuweilen so konturlos machen (sofern wir für ihn nicht den Kontur des Nichtkonturs beanspruchen wollen). Am i i . August 1759 schrieb eran Stosch: „Ich glaubete, daß Sie sich denselben [Katalog] könnten theuer bezahlen laßen. Ich glaubete, man könnte ein tausend Exemplar zum allerwenigsten drucken laßen: ich bin versichert, daß er werde gesuchet werden: denn einer welcher Rom mit Nutzen sehen der heutigen Praxis der Autor auch ohne vertragliche Bindung eine gewisse Einwirkungsmöglichkeit auf die Ausstattung seines Buches hat, so steht doch fest : Winckelmann würde einen solchen modernen Vertrag niemals unterschrieben haben, denn er pflegte sich um jede Einzelheit selbst zu kümmern. Die erste praktische Forderung muß sich notwendig auf das Format erstrecken. Nachdem schon das Opus 1 im Winckelmann-Format (das Wort stammt vom „Magus des Nordens", Hamann) erschienen war, war sich Winckelmann bei den Vorverhandlungen über den Druck der Geschichte der Kunst, dem dann freilich noch fünf andere Schriften vorangingen, des zu wählenden Formats gleich ziemlich sicher. „Ich wünschte auch das Maaß des größten Oktavs bey Ihnen an einem Faden zu sehen : Es würde ja allenfalls größeres Papier können bestellet werden" schrieb er in der Korrespondenz um die Zürcher Ausgabe (226. C. Füssli, 5. Aug. 1758. I, 402) und bei der Vorbereitung des Gemmenkatalogs 29 an Stosch: , .Ueberlegen Sie das Format : mich deucht in Octav wird es zu stark werden ; oder man müßte 2 Bände machen, welches nicht wohl einzutheilen seyn würde. In Quart wäre es bequemer" (292. 1 1 . Aug. 1759. II, 17), während es dann gegenüber Walther, im Blick auf die Geschichte der Kunst, am 26. September 1761 schon apodiktisch heißt: „Ich bäte mir . . . die Versicherung aus, daß alle Exemplare auf Schreib-Papier von groß-Format in Quart gedruckt werden" (440. II, 175). Bei der Schrift für Berg lesen wir keine Bitte mehr, sondern eine Forderung: „Die neue Schrift wird ebenfalls in Quart zu drucken seyn" (566. 4. Juni 1763. II, 324) und, als Begründung, an Berg selbst am 21. Juni „Das Format wird das größte seyn, welches zu finden ist, damit dieselbe an die Geschichte der K u n s t . . . kann gebunden werden" (572. II, 327!.). Ähnlich schreibt Winckelmann dann beim zweiten Herculanischen Sendschreiben an Walther: „ E s verstehet sich daß die neue Schrift in Quart gedruckt wird, wie die übrigen, 20 E r erschien unter dem Titel „Description des Pierres gravées du feu Baron de Stosch", Florence 1760.
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Stoll, Winckelmann
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und auf gut Papier" (663. 20. Juni 1764. III, 43) und bei der Allegorie desgleichen (687. 22. Dez. 1764. III, 72). Bei den Verhandlungen — oder manchmal auch Forderungen — über das Format fanden wir bereits mehrfach das gute Papier erwähnt. Auch das gehörte zu den Anliegen des Bibliophilen, dem die schauderhaften Löschpapierdrucke seiner Zeit notwendig mißfallen mußten. „Sorgen Sie daß alles was am Rande [des Manuskripts] mit Blevstift angezeiget worden, in Holz geschnitten wird ; ersparen Sie nichts an dem Stiche der Kupfer, nehmen Sie gutes und NB. Schreib-Papir, wie das zur Geschichte der Kunst ist" heißt der Marschbefehl an Walther, als er ihm einen Teil des Manukripts zum Herculanischen Sendschreiben schickt (510. 14. Aug. 1762. II, 260), und, als die Schrift für Berg gedruckt werden soll: „Weiter habe ich nichts zu erinnern, als daß dieselbe auf Schreib-Papir gedruckt werde, wie alles was ich schreiben werde" (574. 25. Juni 1763. II, 330), wobei er aber zugleich Sonderabzüge auf Regal-Papier bestellt (572. Berg, 21. Juni 1763. II, 328). „Drittens" soll der Verleger, lautet es in den Anordnungen für das Zweite Herculanische Sendschreiben, „den Druck durchgehendsauf Schreib-Papier besorgen" (646. Walther, 21. März 1764. III, 25). Was Winckelmann von fremden Verlegern so kategorisch verlangte, führte er auch als Selbstverleger durch, bei den Monumenti: sie sind gedruckt „en folio . . . sur la plus grande e la plus belle Carte que j'ai pû trouver . . . Toutes les Lettres initiales des explications de chaque piece sont gravées au burin" (594. Barthélémy, 30. Sept. 1763. II, 347), und „ich laße für Sie und für den König [von Preußen] daßelbe auf Regal-Papier abdrucken, ohnerachtet das gewöhnliche Papier fein und groß ist : denn ich habe keine Kosten ersparet, und kümmerlich gelebet, um dieses Ziel meiner bisherigen Wünsche zu erreichen" (792. Stosch, 23. Aug. 1766. III, 200). Bestandteil eines schönen Drucks sind auch die Illustrationen, zu jener Zeit also die Kupfer. Schon zu Anfang der Arbeit an der Geschichte der Kunst schreibt Winckelmann an den Fachmann, den berühmten Kupferstecher Wille in Paris: „Ich habe auch an einige Kupfer gedacht. Herr Mengs würde zu dem Titelblatte eine Zeichnung machen, dergleichen nicht viele erscheinen würden ; zu den übrigen könnte man einige Stücke des Alterthums nehmen, und ätzen" (216. 2. Hälfte Mai 1758. I, 369t.) und bei den Vorverhandlungen mit den Schweizern an C. Füssli: „Ich werde die Zeichnungen, auf ein großes Format in octavo / : ich wünschte daß ich das allergrößte nehmen könnte:/ einrichten laßen, damit sie einen deut34
liehen Begriff geben. Ich weiß zwar nicht, ob man dort geschickte Künstler hat, die Zeichnungen, an welche ich weder Kosten noch Fleiß und Aufsicht ersparen will, wenigstens ätzen zu laßen. Diese Sorge aber würde ich meinen Freunden aufbürden" (226, 5. Aug. 1758.1, 401 f.). Am gleichen Tage schreibt er an Stosch, und da die Freundschaft mit Mengs inzwischen einen kräftigen Stoß erlitten und dadurch bei Winckelmann die Überschätzung seiner Kunst einer sachlicheren Beurteilung Platz gemacht hat, heißt es nun: „Meine größte Noth ist, daß ich dergleichen durch den Mengs muß zu erhalten suchen: ein Mensch der gleichsam das entgegengesetzte Ende von mir ist" (227.1, 402 f.). Dann — ein neuer, doch kaum mehr notwendiger Beweis von Winckelmanns Schwanken in seinen Zuneigungen — kommt es wieder zur Versöhnung, und als Mengs doch noch ein Frontispiz in Aussicht stellt (und nicht liefert), meint Winckelmann ,,a Walther non rincrescerebbe la spesa" und überlegt, daß man, um die Zeichnung sicherer zu befördern, eine Blech- oder Kupferröhre benötige (503. Mengs, 28. Juli 1762. II, 254 f). Später, nach manchen schlechten Erfahrungen, verzichtet Winckelmann ganz auf Kupfer und ordnet für die Allegorie an: ,,Es soll auch kein Kupfer weder hinten noch vorne angebracht werden, und wenn sich auch jemand dazu erbieten wollte, soll niemand Hand an diese Schrift legen" (687. Walther, 22. Dez. 1764. III, 72). Dieser kategorische Imperativ des Autors dürfte dadurch veranlaßt worden sein, daß Winckelmann wegen der Ausstattung der vorhergegangenen Schrift für Berg gründlich verärgert war, für die er mit Recht den Verleger beziehungsweise den Drucker verantwortlich machte. Gerade hatte er nämlich in seinen Anmerkungen über die Baukunst der Alten, Seite 67, die „ungereimtesten", „neuerfundenen Schnörkel" getadelt, „mit welchen einige Zeit her die Französische und Augspurgische Kupferstiche eingefasset und verzieret werden", als Walther zu den Kupfern der Bergschen Schrift von Keyl Rokoko-Einfassungen zeichnen ließ, die Winckelmann, der Nährvater des Klassizismus, einfach schauderhaft fand. Noch bevor er selbst ein Exemplar der Schrift in die Hände bekommen hatte, beschwerte er sich schon bei Walther: „Das anstößigste sind, wie man schreibt, abgeschmackte Zierrathen welche der Kupferstecher zu den Kupfern hinzugethan, und die viele auf meine Rechnung setzen werden. Ich hätte dergleichen zeichnen laßen, wie ich es nöthig oder schön gefunden hätte" (611. 3. Dez. 1763. II, 359). Der gleichen Haltung entspricht auch schon ein früherer Brief an Walther vom 6. Oktober 1759, scharf trotz der eben zustande gekommenen Wieder3*
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anknüpfung, über die Geschichte der K u n s t : „Ich will in dem ersten Werke von seiner A r t in neuerer Zeit und in einer Historie der Kunst des Alterthums mich nicht mit Deutschen Barbarischen oder Französischen FratzenFiguren beschandflecken" (311. II, 37). Mit der Entscheidung gegen K e y l war aber auch ein anderer Vorschlag Winckelmanns hinfällig geworden, den er am 30. Juni 1762 Walthern gemacht hatte: „Ich habe also einen anderen Weg genommen, welcher uns zugleich, wenn es geräth, die Kosten erleichtern kann. Das große Werck in Italienischer Sprache an welches ich itzo arbeite [Monumenti Inediti], erfordert an 100 Kupfer, und ich will Gewinst und Verlust mit dem Zeichner theilen: wir sind einig worden, drey Zeichnungen von verschiedener Art nach Augspurg zu schicken, um zu sehen, wie diese ausfallen, und wenn die Stiche gerathen, wollen wir einen Handel mit dem Entrepreneur schließen. Werden diese drey Zeichnungen gut ausgeführet, so schicke ich besagte K ö p f e nebst den übrigen Zeichnungen zu unserem Deutschen Werke [Geschichte der Kunst] dahin, und die Arbeit kann in Dreßden nach dem von mir zu machenden Accorde bezahlet werden; ich aber rechne Ihnen v o n den Augspurgischen Kupfern nur die Zeichnungen an. .. . Die Ursach warum wir von den Augspurger Kupferstechern, die ebenfalls das Antique nicht begreifen, etwas zu versprechen haben, ist die knechtische Nachahmung der Deutschen: denn der Welsche und Franzos wollen den Doctor machen, und halten sich nicht genau an die Zeichnung, in der Schönheit aber verändert ein halbes Haar die Gestalt" (495. II, 245). Eine Kleinigkeit, die auch noch zum Thema Ausstattung gehört, ist die Frage, wie der Autor auf dem Titelblatt aufgeführt wird. In einer Nachschrift zu seinem Brief v o m 31. Juli 1762 an Walther betont Winckelmann: „ E s versteht sich, daß zu meinem Namen kein einziges Prädicat gesetzet werde; nichts als der bloße N a m e " (507. II, 258). Das verstand sich für den armen Verleger, der diesem Imperativ seines Autors brav folgte, allerdings durchaus nicht, denn das Opus 1 war ganz ohne Namen erschienen, dagegen trug die Schrift für Berg allen „ P o m p unter meinem N a m e n " (566, Walther, 4. Juni 1763. II, 324): „Präsidentens der Alterthümer in Rom, und Scrittore der Vaticanischen Bibliothek, Mitglieds der Königl. Engl. Academie der Alterthümer etc", ebenso die Geschichte der Kunst. Die „Anmerkungen zur Geschichte der K u n s t " erschienen dagegen wieder namenlos oder vielmehr mit dem Namen nur unter der Widmung an Stosch, und der Titel der Allegorie „wird gedrucket, wie ich ihn entworfen habe, und N B . ohne meinen Namen, welches ich mir von Ihnen ausbitte, weil ich dazu meine Ursachen habe, und weil der Name überflüßig
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scheinen kann, da ich hoffe kenntlich in der Schrift zu seyn" (687. Walther, 22. Dez. 1764. III, 72). Ein durch die Korrespondenz nicht zu klärender Punkt ist in der Ausstattung der Bücher die Alternative Antiqua oder Fraktur. Die Äußerung Winckelmanns gegenüber Geßner vom 31. Oktober 1761 ist nicht ganz klar, doch es scheint, als ob er die Antiqua vorgezogen hätte, wie ihm denn überhaupt jedes Verständnis für die Gotik abging: „denn ich möchte selbst nicht mit Lateinischen schönern Buchstaben gedruckt werden . . . Allein ich werfe den Gothischen Druck meiner Schriften auf die Rechnung meiner Verleger" (445. II, 184). Geßner bat Winckelmann, ihm einmal seine Gedanken über den Gebrauch der lateinischen Lettern in deutschen Schriften anstatt der alten, gotischen in einem Schreiben mitzuteilen, das Geßner dann seinen Werken voransetzen wollte (Andeutung im Juli 1762 gegenüber Usteri, II, 462). Leider blieb dieser Winckelmann-Brief ungeschrieben. Schließlich ist noch ein sehr wichtiges Moment bei den Ausstattungswünschen Winckelmanns festzustellen. Bei den ersten Besprechungen über die Geschichte der Kunst und deren Ausstattung mit Kupfern schreibt er an Wille:,, Aber diese Kosten wären zu schwer für mich in diesen Umständen, wenn ich sie selber bestreiten sollte. Ich wollte lieber, ehe daß was schlechtes dazu komme, daß meine Schrift ohne Zierrathen erscheine. Augspurg traue ich nicht alles zu" (216. Zweite Hälfte Mai 1758. I, 370) und ähnlich etwas später an den präsumptiven schweizerischen Verleger C. Füssli: „Die Kupfer erfordern ohne dem Schreib-Papier, und da diese Schrift nicht für alle Menschen ist, so könnte man ja eine geringere Anzahl, wie sonst gewöhnlich ist, drucken, und den Preiß darnach setzen" (226. 5. Aug. 1758. I, 402). Noch deutlicher wird das in einem Brief vom gleichen Tage an Stosch: „Ich habe mich alles Vortheils begeben [auf Honorar verzichtet], um dieselbe aufs prächtigste erscheinen zu laßen" (227. I, 402). ÄNDERUNGEN
Hatte Winckelmann seinen Verlegern und Druckern schon in der Frage der Ausstattung das Leben schwer gemacht (wenigstens von ihrem Standpunkt aus), so machte er es ihnen mit dauernden Änderungen im Manuskript oder gar im fertigen Druck vermutlich zur Hölle. Am Werden zweier Bücher, des Gemmenkatalogs und der Geschichte der Kunst, soll das in einigen Zitaten nachgewiesen werden. 37
An Stosch, 15. Juli 1759: „Ich überschicke Ihnen ein paar Zusätze" (283. II, 11). . . „Ich bitte mir den ZweytenTheil [des Manuskripts] aus . . ich habe verschiedene Aenderungen zu machen" (ebd. 12). 28. Juli: „ E s lieget ein Bogen Zusätze und Aenderungen dabey" (286. II- 13)1. August: „Ich schicke Ihnen von neuen ein paar Zusätze: ich besorge nur, daß die vielen Zusätze Ihnen endlich eckelhaft werden" (288. II, 14). 18. August: „Ich schicke Ihnen einen Bogen Zusätze und Aenderungen, die unentbehrlich sind: es ist hier nichts anders zu thun als Geduld . . . ich kann mir weder Ziel noch Maaß setzen so lange noch etwas einzurücken ist, und ich wünschte nunmehro daß ich so überhäuft wäre, daß ich nicht ferner an die vorigen Hefte gedenken könne" (295. II, 19). 15. Dezember: „ E s befremdet mich nicht daß Sie müde werden nachzutragen; aber es ist weder meine Unwissenheit noch Eilfertigkeit Schuld an so vielen hinkenden Bothen welche nachher kommen, denn die mehresten sind keine Sachen, die bey einer Tasse Ciocolata gesprochen werden" (336. II, 61). 19. Dezember: „Unterdeßen habe ich angefangen viel darüber aufzusetzen, aber die Hälfte streiche ich, wie gewöhnlich, nachher wieder aus. Es ist eine vermaledeyte Arbeit . . . allein Geduld überwindet Sauerkraut" (337. II, 63). „Ich setze noch täglich zu und streiche aus", diese Worte an Hagedorn (257. 25.Nov. 1758. I, 438) waren auch derCantus firmus in der Korrespondenz mit Walther, als die Geschichte der Kunst gedruckt wurde. Am 16. Januar 1759 — am 13. war der erste Teil des Manuskripts abgegangen — schickte Winckelmann eine vergessene Maßangabe nach — „Man kann also den Druck in Gottes Namen anfangen" (264. I, 450). Am 20. bemerkte er, daß er „ein Versehen begangen" [eine Zahl falsch angegeben] hat, „deßen Verbeßerung die Absicht dieses Schreibens ist" (265. I, 450). Im Postkript fiel ihm eine weitere Änderung ein (ebd. 451). Als dann nach dem Zerwürfnis mit Walther und nach der Neubearbeitung des Manuskripts der Druck endgültig begonnen wurde, hieß es am 29. Januar 1763: „Stehen Sie in Geduld, wenn ich Ihnen ein paar Verbeßerungen . . . übermache" (538. II, 289) und am. 10. Juli: „In der Geschichte der Kunst hätte ich hier und da Zusätze zu machen; ich will Sie aber weiter nicht plagen. Nur bitte ich" — und es folgte eine notwendig vorzunehmende Streichung (575. II, 330). Nicht genug, daß Winckelmann so durch dauernde Änderungen im Manuskript den Druck gewiß oft verzögerte und immer erschwerte — zuwei38
len ging er in seinen Forderungen an Walther noch weiter. 13. September 1762: „Ich hoffe der Zusatz zur Vorrede werde noch bey Zeiten einlaufen; wiedrigen falls müßte das letzte Blad derselben umgedruckt werden; denn der Zusatz ist unumgänglich nöthig. Es könnte geschehen, daß Ihnen ein paar Worte in denselben bedenklich scheinen möchten; ich bitte mir aber aus, daß nichts geändert werde; denn das was so scheinet, ist mit Fleiß gesetzt" (515. II, 262). Am20. Juni 1764betonte Winckelmanndann, Änderungen in der Geschichte der Kunst könnten leicht in späteren Anmerkungen erfolgen— ,,Was ich itzo wünschte, wäre das Verzeichniß der angebrachten Kupfer umgedruckt zu sehen" (663. III, 43). Noch in einem anderen Fall wünschte Winckelmann eine Änderung des beendeten Drucks. Wir sagten schon, daß im achtzehnten Jahrhundert die Widmung einem Autor oftmals mehr einbrachte als das Honorar des Verlegers. In den ersten Januartagen kam die Nachricht vom Tode des sächsischen Kurfürsten nach Rom. Ihm war die Geschichte der Kunst gewidmet, noch als Kurprinzen. Sofort handelte Winckelmann, wenn auch in wenig erfreulicher Weise: „Ich schrieb an Herrn Walther, daß ich wünschte dieselbe [Geschieh teder Kunst] dem Kaiser zuzuschreiben, und unmittelbar darauf [also vor dem Eintreffen des Briefes bei Walther] bekam ich ein Schreiben von demselben, daß er dieselbe der Churfürstin überreicht habe . . . Che vadi in tutta la mal'ora l'opera che m'ha occupato tanti anni senza frutto." (635. J . J . Volkmann, 10. Febr. 1764. I I I , i 8 f . ) . In seiner nicht erhaltenen Antwort dürfte Walther Winckelmann die praktische und taktische Unmöglichkeit dieses Änderungswunsches dargelegt haben, worauf denn Winckelmann resignierte: „Mit der Zuschrift bleibe es, wie es ist" (643. 18. Februar 1764. III, 24). In einem modernen Verlagsvertrag steht gewöhnlich der Passus: „Für Manuskriptänderungen, die auf Wunsch des Verfassers nachträglich im Satz vorgenommen werden, haftet der Verleger nur bis zu einem Betrage von zehn Prozent der gesamten Satzkosten. Etwaige Mehrkosten hat der Verfasser zu tragen." Hätte es eine derartige Regelung schon vor zweihundert Jahren gegeben, so hätte Winckelmann nicht nur gar kein Honorar empfangen können, sondern noch beträchtliche Summen zuzahlen müssen. So aber mag die Freude des Verlegers und des Druckers groß gewesen sein, als Winckelmann am 22. Dezember 1764 das Manuskript der Allegorie mit den Worten übersandte „Ich werde auch keine Zusätze einschicken: denn ich bin froh, daß ich mir diese Schrift, an die ich so viele Jahre gedacht und gearbeitet, vom Halß geschaffet habe" (687. III, 72). 39
Aus der Darlegung der ungezähltenÄnderungswünsche des Autors Winkkelmann könnte der Eindruck entstanden sein, wir hätten sie einseitig vom Standpunkt des Verlegers oder Druckers aus gewürdigt. Dem ist nicht so. Gewiß sind nicht alle Änderungen unabdingbare Notwendigkeiten gewesen, und gewiß hätten die meisten von ihnen vermieden werden können, wenn Winckelmann weniger auf den Druck gedrängt und seine Manuskripte, sonderlich den Stoschschen Katalog, gemächlicher hätte wachsen lassen. Aber wer will dem Baum verwehren, so schnell zu blühen, wie seine Natur ihn treibt? Und wer will es dem Manne, der Jahrzehnte hat schweigen und sich ducken müssen, verübeln, wenn er nun alles auf einmal zu sagen begehrt, was sich in ihm angesammelt hat? Zumal, wenn er sich auf einem Neuland bewegt, auf dem jeder Schritt neue Erkenntnisse und neue Kenntnisse bringt? „Wir sind heute klüger, als wir gestern waren" schreibt Winckelmann an Heyne, als von der Neuauflage der Geschichte der Kunst die Rede ist (716. 13. Juli 1765. III, i n ) , und an Stosch am 18. Juli 1767, daß es ihm bei der Durchsicht „ergangen wie dem der ein Gebäude ausbeßern will, wo an statt tausend Thaler Anschlag, zehen tausend erfordert werden: denn wenn man anfängt den Bau nur im geringsten zu bewegen, erschüttert das ganze Werk . . . daß es scheinen wird, wenn ich noch ein paar Monate daran gehe, daß ich vorher nichts gemacht habe" (880. III 287).
W I N C K E L M A N N UND S E I N E
VERLEGER
D I E MÄNNER: W A L T H E R , DYCK, F Ü S S L I
Schon auf den vorangegangenen Seiten ist uns Winckelmanns erster und eigentlicher Verleger, der Dresdener Hofbuchhändler und Kgl. Kommerzienrat Georg Conrad Walther des öfteren begegnet. Hier ist nun der Ort, die Verbindung der beiden Männer näher zu betrachten, jedoch unter Ausklammerung einiger Themen, die um der Übersicht oder ihrer Bedeutung willen eine gesonderte Darstellung verlangen. Wer ist Walther, und was für ein Mensch war er ? Im Jahrgang 1898 des Archivs für Geschichte des Deutschen Buchhandels, Seite 109 bis 167, veröffentlichte Paul Emil Richter einen Aufsatz „Zur Vorgeschichte und Geschichte der vormals Waltherschen, jetzt Burdachschen Hofbuchhandlung (Warnatz & Lehmann) in Dresden", der aus dem Staub der Archive zwar viel wertvolles Material zur Sache hervorgeholt, zur Person aber herzlich wenig zu sagen hat, so daß wir, da weitere Veröffentlichungen nicht vorzuliegen scheinen — Justi, der Winckelmanns Zeitgenossen so ausführlich darstellte, versagt bei Walther vollkommen und nennt nur ein paarmal den bloßen Namen —, auch weiterhin darauf angewiesen sind, sein Bild aus Korrespondenzen und dergleichen zu abstrahieren. Walther wurde 1705 geboren und starb am 30. Januar 1778. Im Jahre 1735, also dreißigjährig — was er vorher betrieben, wo er seinen Beruf erlernt und ausgeübt hat, ist unbekannt —, trat er als Angestellter (für hundert Taler jährlich) in die Buchhandlung des Dresdener „Hof-Bücher-Liveranten" Friedrich Heckel auf der Schloßgasse (seine Buchbinderei führte Heckel am Altmarkt) ein und wurde schon zwei Jahre darauf, Ostern 1737, dessen Associe. Am 2. Januar 1738 erhielt Walther (nicht Heckel!) den Titel eines Königlichen Hof-Buchhändlers, und am 17 September des gleichen Jahres erwarb er von Heckel dessen Geschäft zur Hälfte, das fortan unter der Firma Friedrich Heckel und Georg Conrad Walther ging. Da es unmöglich war, mit Heckel in Frieden zu leben — sagt Richter; wir möchten ihn ein wenig korrigieren: da beide so waren, daß sie un4i
möglich miteinander auskommen konnten —, trennten sie sich im November 1739, und Walther gründete ein eigenes Geschäft im Matthäischen Hause am Altmarkt, dem Goldenen Ring. Erregter Protest sämtlicher Dresdener Buchhändler gegen die Neugründung, die ihnen das Brot wegnehmen würde, war die Folge. Walther gewann den Prozeß (wie er denn überhaupt alle seine Prozesse gewonnen zu haben scheint), weil sein Schwiegervater, der Posamentier Salomon Hesse, die in Konkurs gegangene Sauereßigsche Buchhandlung kaufte und weil dadurch der alte Stand von fünf Buchhandlungen gewahrt blieb. Wie Walther in den folgenden Jahren Zeit für den Aufbau seiner Handlung gefunden hat, bleibt etwas dunkel, denn nach den archivalischen Forschungen Richters hatte er eigentlich immer nur Prozesse zu führen: gegen Heckel, nach dessen Tod gegen die Erben, gegen andere Buchhändler, gegen Nachdrucker seines (rechtlich angefochtenen) Verlagsobjekts, des Dresdener Gesangbuchs. Immerhin, es gelang ihm nicht nur, seine Prozesse siegreich durch die Instanzen zu bringen, sondern auch, sein Ansehen und das seines Geschäftes immer mehr zu steigern. 1754 wurde er, als einziger Dresdener Buchhändler, zum Königlichen Kommerzienrat ernannt. Sein Bruder Georg Paul, den Winckelmann öfters erwähnt, ohne dessen Namen zu nennen, war königlicher Bücher-Auktionator. Sein ältester Sohn, Conrad Salomon, lernte Buchdrucker, die beiden jüngeren Buchhändler. Als weitblickender Geschäftsmann und Verleger kaufte Walther schon während der Lehrzeit des Ältesten die Harpetersche Buchdruckerei in der Friedrichstadt und suchte bereits 1751 beim König um die Anwartschaft auf den Titel eines Hofbuchdruckers für seinen fünfzehnjährigen Sohn nach, sobald die Witwe Stössel sterben würde. Worauf diese empört erklärte, sie wäre noch von Vigeur und Kräften, hätte im übrigen einen tüchtigen Factor und bäte ihrerseits um die Anwartschaft des Titels für ihren Neffen Krause. Die Landesregierung entschied, es würde Walthern wohl zu gönnen sein, wenn er nach Ableben der Stösselin eine zierliche und wohleingerichtete Druckerei in Dresden anlegen könnte, aber zur Zeit wüßte man ja gar nicht, ob sein Sohn sich zum Hofbuchdrucker qualifizieren würde. Das bliebe erst abzuwarten. 1763 erneuerte Walther sein Gesuch um die Konzession einer Druckerei für seinen Sohn, der unter anderm auch in der Königlichen Druckerei zu Paris gearbeitet hätte. Trotz der üblichen lauten Proteste dreier anderer Drucker wurde die Konzession 1765 erteilt und 1766 Conrad Salomon Walther als Hofbuchdrucker anerkannt. Das bedeutete für den Verlag des Vaters eine wesentliche Erleichterung, 42
da er nun im eigenen Betrieb drucken lassen konnte und nicht mehr, wie bisher, auf Breitkopf in Leipzig angewiesen war. Daß der Walthersche Verlag der bedeutendste in Dresden war, zeigt Richters Statistik, die bei einem Gesamtstand von fünf bis sechs Verlegern in Dresden für Walther 1740 achtundzwanzig Bücher von insgesamt neunundvierzig nachweist, 1750 vierzehn von einunddreißig, 1755 siebzehn von sechsunddreißig, 1760 sechs von sechzehn, 1765 zwanzig von fünfunddreißig und so weiter. Daß Walther nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ führend war, zeigen die Namen seiner Autoren: Voltaire, Chateaubriand, Lafontaine, Beaumarchais, Franklin, Algarotti, Goldoni, Swift, die beiden Ammons, Böttiger, Ewald von Kleist und in erster Linie natürlich Winckelmann. — „Alles in allem ein wirklich vornehmer Verlag, unter dem nicht ein leichtes oder seichtes Stück sich findet", sagt Richter a. a. O. 166, und, wie es scheint, hat er damit recht. Obwohl man Walther auch mehrere Prozesse wegen Nachdrucks, jener üblen verlegerischen Freibeuterei der Zeit, anhängte, ging er doch stets siegreich daraus hervor, weil er nämlich nachwies, daß nicht er, sondern gerade der Angreifer und Kläger der Nachdrucker war. Auch um Voltaire mußte er mehrfach prozessieren, da dieser im Vergeben und Versprechen der Rechte von ähnlicher Großzügigkeit war wie Winckelmann, von ähnlicher persönlicher Empfindlichkeit und Launenhaftigkeit (und auch von ähnlichem Zorn über die zahlreichen Druckfehler erfüllt, die die Walthersche Ausgabe seiner Œuvres enthielt). Wie bei Winckelmann war auch bei Voltaire die Initiative von Walther ausgegangen, der den in seiner Heimat Verärgerten, wohl durch die Vermittlung Algarottis, für seinen Verlag gewann ; und Voltaire blieb diesem seinem Verleger am treuesten, obwohl er nie einen Pfennig Honorar von ihm erhielt, ja, von der ersten Ausgabe seiner Werke, 1748 bis 1754 in zehn Bänden, vierhundert Exemplare selbst kaufte und für die zweite, 1752 bis 1756 in acht Bänden, sogar tausend Taler auf ein Jahr als zinsloses Darlehen anbot. Das verlegerische Bild Walthers mag noch abgerundet werden, wenn wir eine hochbeachtliche Publikation seines Verlags erwähnen: die Bibliographien von 1771 und 1772, wohl die ersten und auf lange Zeit die letzten auf deutschem Boden, den Katalog lateinischer Bücher mit 9 000 Nummern und einem, laut Richter, vorzüglichen Sachregister, die französischitalienisch-englische Bibliographie mit 7000 Nummern und 70 Seiten Namen- und Sachregister. 43
Soweit das, was Richter über Walther zu berichten weiß. Auf seine schiefen und vielfach irrigen Ausführungen über das Verhältnis Walthers zu Winckelmann wird später zurückzukommen sein. Leider ist dieses Verhältnis wegen der breiten Lücken in ihrer Korrespondenz nur ungenügend zu erschließen. „Ein ganz unerfreuliches Kapitel" nennt Walther Rehm die Überlieferung dieser Winckelmannbriefe, über dem „offensichtlich ein besonderer Unstern gewaltet" hat (I, 489). Wie Rehm im einzelnen nachweist, waren schon vor 1820 nicht mehr alle Briefe Winckelmanns an Walther im Verlagsarchiv vorhanden, denn des alten Walther Enkel, Georg Moritz Walther, hatte, wie der spätere Verlagsinhaber Bromme 1845 dem Dr. Härtel (von Breitkopf & Härtel) mitteilte, viele Briefe an Autographensammler verschenkt, „dazu pflegte er solche zu wählen, die . . . nicht gerade von Wichtigkeit für die Geschäftsverbindung waren" (a. a. O. 491). Was in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts noch im Verlag vorhanden war, wurde dem Amtsnachfolger Franckes und Dassdorfs in der Leitung der Dresdener Bibliothek, Ebert, zur Verfügung gestellt, der eine Gesamtveröffentlichung der Briefe plante, die aber nicht zustande kam. Ebert starb 1834, ohne die wertvollen Handschriften zurückgegeben zu haben, die auf diese Weise zum Teil in den Handel kamen (etwa 45), zum Teil verschollen sind. Was außerdem in Walthers Besitz gewesen war, vor allem die sicher vorhandenen Abschriften der Briefe Walthers an Winckelmann, ging 1849 verloren, als der Vetter des erwähnten Bromme, Karl Louis Bromme, die altbekannte Verlagsbuchhandlung an den Rand des Ruins gebracht hatte und vor dem Verkauf „sämtliche auf die Walthersche Hofbuchhandlung bezüglichen Geschäftsurkunden verbrannt und sich damit ein bleibendes Denkmal errichtet" hatte (Richter 1. c. 159). Soweit die Briefe Winckelmanns an Walther also nicht im Handel wieder aufgetaucht sind — in den letzten hundert Jahren stammte fast die Hälfte aller im Handel angebotenen Winckelmannbriefe aus dieser Quelle (Rehm I, 490) —, liegen sie nur in der elenden und zum Teil verstümmelten Ausgabe Dassdorfs, in (nicht immer zuverlässigen) Abschriften Justis und in Regesten der Auktionskataloge vor. Nachgewiesen sind in Rehms Ausgabe insgesamt 103 Briefe 21 Winckelmanns an Walther, von denen 28 aber nur in anderen Briefen erwähnt werden. Bei den restlichen 75 sind mehr als zehn nur in Ausschnitten (durch früheren Abdruck, etwa bei Dassdorf) 21 Nicht mitgezählt wurde der oben S. 4 f f . erwähnte Brief Nr. 83, I, den wir Hagenmüller zuweisen zu müssen glaubten.
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ii2f,
bekannt. Wie viele verlorensind, läßt sich nicht sagen, aber etliche Dutzend werden es schon sein. Von den Briefen Walthers an Winckelmann hat Rehm nur einen einzigen ausfindig gemacht und im IV. Bande publiziert. Da wir — unserer Meinung nach — den herzlichen und freundschaftlichen Brief Nr. 83 aus Winckelmanns Dresdener Zeit als nicht an Walther gerichtet erwiesen haben, können wir feststellen, daß in allen Briefen der Ton Winckelmanns im allgemeinen offiziell, kühl, geschäftsmäßig ist. Von einer ,,in seinen Briefen zur Schau getragenen Glätte", wie Richter a. a. O. 141 behauptet, kann freilich nicht die Rede sein, und ebenso unrichtig ist Richters Ansicht, daß „beider Verhältnis zueinander äußerlich wenigstens ein sehr gutes gewesen sei". Auch seinem Verleger gegenüber nahm Winkkelmann kein Blatt vor den Mund, und wenn ihn wieder einmal Verstimmung gegen Walther erfüllte, so gab er dem auch Walther selbst gegenüber unverblümten Ausdruck und machte nicht nur, wie Richter behauptet, gegenüber Freunden und Bekannten seinem Herzen Luft. Von den nicht eben häufigen Zeiten guten Einvernehmens wird noch die Rede sein. Die aber auch dann nicht durchbrochene Regel läßt Winckelmann in dem Briefwechsel alle Kurialien der Zeit anwenden. Stereotyp beginnen die Briefe mit „HochEdelgebohrner, Hochzuverehrender Herr Commerzienrath" (z. B. I, 209) und schließen „Ich bin mit aller Hochachtung E. HochEdelg. gehorsamster Diener Winckelmann" (z. B. I, 210). Wenn das Einvernehmen gerade gut ist, tritt zu der Schlußbeteuerung der Hochachtung auch noch die der Freundschaft, aber solche Schlußformeln sind stark in der Minderheit. In derartigen Fällen kommt dann auch noch „meine gehorsamste Empfehlung an Dero ganzes verehrtes Haus, an Dero Hrn. Bruder" usw. hinzu (z. B. I, 210). Dieser Sachverhalt beleuchtet um so deutlicher das ausnehmend kühle Verhältnis, als Winckelmann in seinen Briefen sehr gefühlsbetont ist und gerade mit Freundschaftsbeteuerungen nicht zu kargen pflegte. Walther seinerseits beginnt, wenn wir — was gewiß gestattet sein mag — aus dem einzigen erhaltenen Brief auf alle schließen dürfen, ebenso formell ,, HochEdelgebohrner Hochzuehrender Herr" und schließt 45
„Inzwischen habe ich die Ehre mit vollkommener Hochachtung zu verharren Euer HochEdelgebohrnen ergebenster Diener George Conrad Walther" (30. April 1759. IV, 82f.) „ D a ß die Freundschaft mehr auf Walthers Seite zu finden w a r " (Richter 141), ist durch nichts erwiesen oder zu erweisen. Auf Walthers Seite stand die Zweckmäßigkeit, denn einen Autor wie Winckelmann gehen zu lassen, weil man sich zu oft über ihn ärgern mußte, wäre Torheit gewesen. Daß Winckelmann allerdings zu den Autoren gehörte, die ihrem Verleger nicht zu danken wissen, darf nicht verschwiegen werden. Soweit zu sehen, gebraucht Winckelmann nur zwei- oder dreimal die schöne Formel,,unsere Geschichte" (138. 29. Jan. 1763. II, 289) oder ,,unser W e r k " (495. II, 243 und 245), und zwar beim Beginn des Drucks der Geschichte der Kunst und später, als der Druck glücklich beendet ist. Unbestreitbar spricht es für Walthers verlegerischen Blick, daß er Winckelmanns Bedeutung gleich an dessen Erstling erkannte und sich und seinen Verlag dem Unbekannten zur Verfügung stellte. Dieser mußte glücklich darüber sein und war es unbestreitbar, und daß er die zweite Auflage der „ G e d a n k e n " „hintertrieb" (Richter 141), ist zumindest schief formuliert, auch wenn Winckelmann selbst dieses Wort gebraucht hatte. Schon lange ehe an irgendeine Verbindung gedacht werden konnte, kannte Winckelmann Walthers Buchhandlung und Haus und bewunderte ihn als den Lieferanten großer Herren, wie des Erzbischofs von Prag (66. Uden, 13. Jan. 1750 I, 95). In seinem ersten erhaltenen Brief an Walther, (Rom, 14. Februar 1756), also zwei Monate nach seinem Eintreffen in R o m und zwei Monate vor dem Erscheinen der zweiten Auflage der, .Gedanken'', schrieb er ihm vertrauensvoll über den Plan zu einem großen Werk, der Geschichte der Kunst, und über einen Vorläufer dazu, die Statuenbeschreibung. Zur Arbeit benötige er ein bestimmtes B u c h ; es befinde sich „in den hiesigen Bibliotheken; aber ich muß dergleichen Sammlung eigenthümlich haben. Man findet es hier schwerer als in Deutschland." Walther möge es ihm besorgen. „Ich lasse es entweder baar bezahlen, oder, wenn ich Glauben finde [Kredit habe], rechnet man es auf das negotium der nächsten Schrift" (132. I, 209). Einen Monat später berichtet er Walther wieder über seine Arbeit, die Statuenbeschreibung, „welches der Vorläufer zu einem größern werden
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soll: aber diese kleine Arbeit erfordert an ein halb Jahr Zeit, um ihr den möglichen Grad der Vollkommenheit zu geben: ich bemühe mich ein Original zu machen, in welchem alles das meinige ist" (137. 20. März 1756. I, 215 f.). Und als Walther ihm dann zwar die zweite Auflage der „Gedanken" schickt, aber nichts über schlechte Kritiken schreibt, sieht Winckelmann das „vor ein gutes Zeichen an, daß Dieselben meine künftige Arbeit übernehmen wollen" (153. 7. Juli 1756. I, 238). Am 28. November 1756 bietet Winckelmann dem Verleger Walther eine Schrift über die Ergänzung der Statuen an und fügt den hübschen persönlichen Satz hinzu „Ich will hoffen, daß sich Ew. HochEdelgebohrenen bey allen Wohlseyn befinden, und daß die Gelehrsamkeit und deren Handel in diesen betrübten Zeiten nichts gelitten: in dieser Versicherung trage ich Ihnenein kleines Werk an", das „mit der Vorrede etwa 16 Bogen und drüber betragen können. Der Titel scheinet von einem kleinen Umfang, aber ich glaube, diese Schrift wird von denen die nach Rom zu gehen gedencken, und von allen denen welche eine Liebe zur Kunst haben, oder Künstler sind, gesucht werden. Die Gelehrten werden auch für sich in derselben finden. Es läßt sich in einem Briefe kein Begriff von derselben geben . . . Meine Absicht war noch mit nichts an das Licht zu treten bis ich ein wichtigeres Werk geendiget [Geschichte der Kunst], da aber dieses unendliches Denken und Untersuchungen erfordert und meine Umstände durch die Noth in Sachsen ein übles Ansehen gewinnen, so muß ich meinen Vorsatz ändern . . . Sind E. HochEdelgeb. geneigt den Verlag des angetragenen Werks zu übernehmen, so bitte mir darüber baldige Nachricht aus . . . Ich werde zugleich von dem was ich das wichtigere Werck nenne, ein ausgearbeitetes Stück aus deßen Mitte herausgenommen als eine Probe mit überschicken [wohl die Beschreibung des Apoll vom Belvedere] . . . Ich bin in solchen Umständen, daß ich mich nicht schämen sollte, in einen Handel über meine Schrift zu treten, aber ich weiß, ich habe mit einem Manne der die wahre Ehre kennet, der mein Freund ist und mich lieb hat, zu thun" (163. I, 25if.). Dann, als die erste Fassung — noch nicht die erste Auflage! — der Geschichte der Kunst Gestalt zu gewinnen beginnt, schreibt er am 9. März 1757 auf die inzwischen offenbar von Walther erklärte grundsätzliche Bereitschaft: „und erkenne mich mit innigster Zufriedenheit Denselben verbunden, für Dero Willfährigkeit, die Bekanntmachung meiner Arbeit, bey allem Elende, welches mein wahres Vaterland drücket, zu übernehmen. .. . Alles was ich arbeite, ist für E. HochEdelgeb. bestimmt, und der Preiß soll niemals Schwierigkeit machen: denn wenn ich schriebe, um zu 47
gewinnen, so würde es mir, bey dergleichen mühsamen Untersuchungen, sehr übel gehen" (170. I, 2j2i.). Wenngleich Winckelmann schon um diese Zeit feststellt, daß die Betrachtung eines antiken Kunstwerks ihn einen halben Taler gekostet hat, „und ich würde meinem künftigen Verleger eine ziemliche Rechnung machen können, wenn ich die Trinkgelder rechnen wollte, die ich, behutsam zu gehen, gezahlet habe", so macht er diese Rechnung in der Praxis doch eben nicht Walther, sondern nur Francke in der Theorie (201. 4. Febr. 1758. I, 327). Und als er dann im Herbst des gleichen Jahres nach Florenz geht, zur Arbeit am Katalog des Stoschischen Gemmenkabinetts, dieser „eselsmäßigen Arbeit" (258. I, 439), dem „lavoro bestiale" (254. I, 436), denkt er sogleich an Walther, als der Plan, den Katalog „in Holland im Druck erscheinen" zu lassen (247. I, 426), fehlschlägt. E r bietet über Hagedorn Walther den Verlag an, „bloß mit einigen Exemplaren [statt eines Honorars], welche er [Stosch] verlanget" (265. I, 450). Aber Walther lehnt ab, worauf Stosch das Buch dem Leipziger Verleger Dyck anbietet, der sofort zusagt. Aus welchen Gründen diese erste Berührung zwischen Winckelmann und Dyck nicht zum Druck durch den Verlag führte, ist unerfindlich; der Katalog erschien 1760 bei Bonducci in Florenz. Nachdem die eingeschobene und sehr lästige Arbeit am Gemmenkatalog beendet war, konnte Winckelmann sich wieder ungeteilt der Arbeit an seiner Geschichte der Kunst zuwenden. Aber hier beginnen nun die ersten Differenzen mit Walther, die bald zu einem völligen Zerwürfnis führen. Um das sowieso recht verwickelte Briefmaterial nicht bis zur Unübersichtlichkeit zu zersplittern, müssen wir hier notgedrungen einem chronologisch gehaltenen Exkurs über die Werkgeschichte der Geschichte der Kunst Raum geben. E X K U R S : ZUR G E S C H I C H T E DER G E S C H I C H T E DER KUNST, 1. A U F L A G E
Am 26. April 1758 schreibt Winckelmann aus Neapel an Bünau: „Mit meiner Schrift von der Geschichte der Kunst werde ich nunmehro bald ans Licht treten können. Vielleicht laße ich sie in Zürch drucken, da es in Sachsen so mißlich aussiehet" (210. I, 352). Dieser ganz neue Gedanke, Walther das Werk zu entziehen, war offenbar von Wille und Geßner an Winckelmann herangetragen worden, wobei beide ganz ehrlich und uneigennützig an Winckelmanns Vorteil dachten, da es angesichts der politischen und wirtschaftlichen Lage Sachsens für einen 48
fernstehenden Beobachter wirklich aussichtslos schien, daß ein sächsischer Verleger in so schwerer Zeit ein so kostspieliges Werk herausbringen würde. Wille scheint als Verlagsort Augsburg, Geßner das heimatliche Zürich vorgeschlagen zu haben. Ihren Bedenken mußte Winckelmann zustimmen, denn er saß in Rom keineswegs in einem elfenbeinernen Turm, sondern nahm innigen Anteil an dem Unglück seiner zweiten „eigentlichen" Heimat, wie Dutzende von Briefstellen beweisen. In die Stimme der Vernunft mußte sich nun aber auch noch die Stimme der Dankbarkeit mischen, denn die beiden Ratgeber hatten ihm gerade in diesen Tagen das Ergebnis einer kleinen Freundeskollekte geschickt, um ihm die für seine Arbeit notwendige Reise nach Neapel zu ermöglichen. Aber noch hatte er sich nicht entschieden. Als er am 15. Mai Oeser von dem bald fertigen „Versuch einer Historie der Kunst des Alterthums" berichtet — „ich glaube es soll ein Werk werden, das mir Ehre macht. Ich habe es so wichtig, so voll von Untersuchungen, eigenen Gedanken, und um dieses alles merklicher und stärker zu machen, mit solcher Kürze geschrieben, daß nicht ein Wort weggenommen werden kann" ( 2 1 3 . 1 , 361) —, sagt er nichts über den Verlagsort. Aber am gleichen Tage trägt er das Werk, wie einst versprochen, Walther in Dresden an: „Wenn die Umstände in Sachsen erlauben Kosten auf Ausgabe eines Wercks welches die Künste betrifft, zu verwenden, so trage E. HochEdelgeb. eine Arbeit an unter dem Titel: Versuch einer Geschichte der Kunst, sonderlich der Griechen bis auf den Fall derselben. Es möchte in Octav gedruckt etwa anderthalb Alphabet [ = ca. 36 Bogen] betragen. Ich habe meine äußersten Kräfte daran gewandt. Die Kayserl. Academie zu Augspurg hat mir zwar durch Hrn. Will in Paris einen Vorschlag thun laßen und sich erbothen, es aufs prächtigste drucken zu laßen und für den Bogen einen Ducaten zu zahlen. Es findet sich auch in Zürich ein Buchhändler, welcher vielleicht noch höher gehen würde: es ist mir aber nicht um den sehr geringen Gewinst zu thun, der eine vieljährige Mühe und kostbare Untersuchungen, die ich sowohl hier als anderwerts gemacht, nicht bezahlen kann" (214. I, 363)Wir müssen festhalten, daß um diese Zeit also noch gutes Einvernehmen zwischen Winckelmann und Walther herrscht und daß Winckelmann dem Verleger seine sonstigen Chancen ganz offen darlegt. Von Hinterhältigkeit und Doppelzüngigkeit, die ihm in diesem Zusammenhang bisweilen zur Last gelegt werden, kann also nicht die Rede sein. Die Unerfreulichkeiten in der Geschichte der „Geschichte" kommen erst später. Winckelmann erklärt sich sodann in dem bereits zitierten Briefe bereit, das Manuskript 4
Stoll, Winckelmann
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zu übersenden, „ohne einen gewißen Preis zu bedingen". Dafür soll es dann aber „auf das allerprächtigste, wie die Breitkopfische Druckerey fähig ist, und nach meiner Vorschrift" gedruckt werden. „Dieses verkürzet mir den Weg: denn ich habe auf diese Art nicht nöthig, die Handschrift vorher zur Probe zu schicken, und zu erwarten, ob die Arbeit den verlangten Preis werth sey" (ebd. 363^). Daß Walther auf dieses ungewöhnliche Verlangen einging, das der Volksmund „Die Katze im Sack kaufen" nennen würde, beweist, wie sehr er von Winckelmanns Fähigkeiten überzeugt war. Es beweist aber noch mehr: wieviel er für ihn zu tun bereit war, denn als Verleger mußte er wissen, daß auch der fähigste Autor unter Umständen ein schwaches Buch schreibt. Ähnlich wie in dem Brief an Walther schreibt Winckelmann, immer noch am selben Tage, an den Jugendfreund Berendis. Walther soll „mir nach dem der Abgang seyn wird, nach Belieben, ein Geschenck machen in Gelde oder andern Sachen. Meine Absicht ist allezeit gewesen und ist es noch, ein Werck zu liefern, dergleichen in Deutscher Sprache in was vor Art es sey, noch niemahls ans Licht getreten, um den Ausländern zu zeigen, was man vermögend ist zu thun" (215. I, 368). Obwohl Winckelmann nun Walther sein Manuskript fest versprochen hat, will er auch den Faden nach der Schweiz nicht abschneiden, wahrscheinlich aus der Sorge, der Krieg könne den Druck in Sachsen unmöglich machen. Er will eine Art Rückversicherungsvertrag. Kurz nach dem Angebot an Walther, in der zweiten Maihälfte, schreibt er an Wille: „Wenn ich einen ehrlichen Mann treffe, so bin ich versichert, daß ich besser als mit einem gewissen Contract fahren werde. Ich habe mein bestes Vertrauen zu Zürich, ich könnte es auch zu Walthers Verlage bei Breitkopf drucken lassen, was rathen Sie mir!" (216. I, 369). Dieser Passus ist nicht in einem vollständigen Brief erhalten, sondern nur als Zitat in einem Brief Willes an Caspar Füssli vom 10. Juni. Interessant wäre gewesen zu wissen, was Winckelmann in dem verlorengegangenen Schreiben zu Willes eigentlichem Vorschlag, das Buch in Augsburg erscheinen zu lassen, gesagt hat. Auch Wille geht, soweit zu sehen, nicht wieder auf diesen Punkt ein, sondern schreibt an Füssli, er habe „Lust zu rathen, der Herausgeber dieses Werks zu werden. Niemand ist fähiger ein solches Werk zu besorgen. Sie sind ein Künstler, und ein Gelehrter, beydes wird dazu erfordert. Ergreiffen Sie den Weg der Unterschreibung [Subskription], Ihr Name, des Herrn Winkelmanns Name, werden Unterschreiber zuwege bringen" (216. I, 370). Füssli bzw. dessen Schwieger50
söhn Geßner erklärt sich auch dazu bereit, und am 19. Juli antwortet ihm Wille: „Den Tag als ich das Vergnügen kostete, Ihre Zuschrift . . . zu lesen, schrieb ich an Herrn Winkelmann. Ich habe ihm gemeldet, daß Sie, edeldenkender Freund, der Herausgeber seines Werkes werden wollten; daß Sie alles über sich zu nehmen entschlossen wären, und kurz, ich habe ihm alles gesaget, was zu sagen war; ich bitte ihn dabey, die Zeichnungen je eher je lieber Ihnen zuzusenden, damit ein Anfang zu etwas möchte gemacht werden. Ich habe ihn versichert, daß ich keinen Menschen in Deutschland kenne, welcher der ganzen Sache so gewachsen wäre als Sie, auch die Sache von allen Seiten betrachtet, weiß ich, daß der würdige Freund wird recht froh seyn; er wünschte es, aber er getraute sich nicht, es Ihnen zu sagen. Ich warte nun auf Briefe von ihm" (IV, 123). Auch Winckelmann wartete auf Briefe, von Walther nämlich, der auf das Verlagsangebot vom Mai nicht geantwortet hatte oder dessen Antwort verlorengegangen war. Vier Monate Wartens aber waren zuviel für einen Autor, der stets auf Eile und schnellen Druck drängte, weil ihm sein jeweils letztes Kind das liebste war, das er so bald wie möglich dem Leser vorzuführen wünschte. Am 26. September 1758, schon aus Florenz, schreibt er nun seinerseits wieder an Walther, mit aller Offenheit, ohne Empfindlichheit und mit einem, wovon er zweifellos subjektiv ehrlich überzeugt ist, annehmbaren Vorschlag: ,,. . .da ich die Hoffnung zu einer Antwort aufgegeben hatte, so habe ich kurz vor meiner Abreise aus Rom dem Hrn. Geßner des Hrn. Füeßli Schwieger-Sohn in Zürch meine Schrift und ohne Entgelt oder Gegen-Geschenck überlaßen." Dieser habe ihm seinerzeit ein Geschenk zur Reise nach Neapel gemacht „und da ich kein Mittel sähe, ihm zu zeigen wie ich es angenommen und wie ich denke, so entschloß ich mich ihm meine Schrift zu schenken, das allerliebste was ich habe und gehabt habe. Ich mache dem Hrn. Geßner keine andere Bedingung als eine gewiße gesetzte Zahl Exemplarien: denn es ist eine Arbeit, nicht für Gelehrte, sondern für Leute welche Empfindung haben und denken." Es sieht so aus, als wolle Winckelmann Walthern noch die Möglichkeit geben, einzugreifen und sich selbst die Schrift zu sichern, denn warum sollte er sonst wohl im gleichen Atemzug hinzufügen: „Vor dem neuen Jahre aber werde ich die ersten Bogen nicht abschicken können." Falls Walther nun aber nicht eingreifen kann oder will, hat er einen Trost für ihn bereit: ,,E. HochEdelgeb. ist die zweyte Auflage meiner Schrift bestimmt." Selbst ein im Verlagswesen Unerfahrener, der Winckelmann damals vielleicht noch war, mußte spüren, wie mager dieser Trost war und wie enttäuschend für den ersten Verleger, der sich seiner angenommen hatte. Deswegen sucht 4'
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Winckelmann ihm nun die zweite Auflage als weit besser denn die erste schmackhaft zu machen: „Die Sache ist zu weitläuftig als daß ich [sc. in der ersten] alles erschöpfen könnte, und da meine Umstände nicht erlauben, Zeichnungen und Kupfer machen zu laßen und dergleichen Arbeit nothwendig meine Gegenwart erfordert, so habe ich vieles müßen zurück laßen, um nicht ohne Kupfer unverständlich zu bleiben." Auch allerhand Reisen, zum Beispiel nach Sizilien und Calabrien seien noch nötig, ,.alles bloß in Absicht meiner Schrift" [sc. wieder der zweiten Auflage!] (236.1,415!.). Leider folgt nun in den Briefen, auch in denen der Schweizer, für die Druckgeschichte eine Lücke von etlichen Wochen. Ob der Einspruch des sächsischen Hofes ein von Winckelmann für die Schweizer erfundener Vorwand ist — denn sonst blieb die Schuld an dem doppelten Engagement ganz an ihm hängen, wie es denn auch berechtigt war —, oder ob Walther seine vortrefflichen höfischen Beziehungen hatte spielen und Winckelmann, der ja immer noch die geringe Unterstützung aus Sachsen empfing, von dieser Seite aus unter Druck setzen lassen, jedenfalls bestand Walther, und das mit allem Recht, auf seinem Privilegium, das er gleich nach Winckelmanns Antrag erwirkt hatte. Am 10. November 1758 schreibt Winckelmann an Uden: ,,Zu gleicher Zeit lege ich die letzte Hand an eine Geschichte der Kunst . . . des Alterthums, welche zu Anfang des folgenden Jahres in Leipzig [bei Breitkopf für Walther] mit verschiedenen Kupfern wird unter die Preße kommen" (250. 1,430). Gleichzeitig schreibt er einen (verlorenen) Brief an Wille, in dem er sich rechtfertigt. Dieser Brief kam aber erst im Juli 1759 in Paris an. Darauf schrieb Wille an Geßner: „Ich erschrack über den Inhalt, er sagte mir mit großer Betrübniß, daß ihm sein Hof befohlen hätte, sein Werk in Sachsen drucken zu lassen und er wäre zu kleinmüthig darüber geworden, als daß er es Ihnen, edler Freund, selber zu melden getraute . . . Wie wenig mir diese Neuigkeit gefiel, ist nicht zu beschreiben. Ich nahm daher den Entschluß, Ihnen, bester Freund, von nichts zu schreiben, bis ich alles würde hintertrieben haben, und ich schrieb sogleich nach Florenz. Ich gäbe dem Herrn Winkelmann einigen Rath, wie die Sache vielleicht anzugreiffen wäre, und daß er sein Werk bey Ihnen möchte drucken lassen", eine Antwort habe er aber noch nicht erhalten (256. I, 438). Tatsächlich schrieb Winckelmann ihm erst wieder im Juni 1760, offenbar beschämt über seinen nicht zu leugnenden Versuch, sich weit über einen ,Rückversicherungsvertrag' hinaus zu sehr mit zwei Verlegern gleichzeitig eingelassen und über dasselbe Werk verhandelt zu haben. 52
A m 13. Januar 1759 war der erste Teil des Manuskripts schon an Walther abgeschickt. A m 16. schreibt Winckelmann ihm: „Man kann also den Druck in Gottes Namen anfangen. Mir ist bange daß die Schrift nicht möchte vor der Oster-Meße erscheinen, wozu ich doch allenthalben Hoff. . Ueber acht Tage nung gemachet habe" (264. I, 450), und am 20.: hoffe ich den zweyten Theil nebst den zwo Kupfer-Platten abschicken zu können . . . Ich bitte den Druck zu beschleunigen" (265. I, 450f.). Jedenfalls war also das gute Einvernehmen zwischen Autor und Verleger wiederhergestellt und der Druck auf bestem Wege. Da kam es zu einer neuen Komplikation, und zwar diesmal ganz eindeutig durch Winckelmanns Schuld. A m 27. Februar 1759 hatte sich ein Freund Hagedorns, der Publizist, Pädagog und Kirchenliederdichter Christian Felix Weiße an Winckelmann gewandt und für die von ihm herausgegebene und bei dem Leipziger Verleger Johann Gottfried D y c k erscheinende „Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen K ü n s t e " Beiträge erbeten und ihm „ f ü r den Bogen einen Louisd'or (eine Kleinigkeit, deren ich mich fast schäme)" angeboten und dabei betont, daß „der Verleger . . . wieder die Gewohnheit der Buchhändler ein ehrlicher Mann" wäre (IV, 78t.). Zwar hatte Winckelmann keine Ursache, Walther nicht gleichfalls für einen ehrlichen Mann zu halten, aber erstens muß Walther gerade um diese Zeit das Verlagsangebot Winckelmanns für den Katalog abgelehnt haben, und zweitens war ein Louisdor mehr als ein Dukaten, den Walther — auf Winckelmanns eigenen Vorschlag ! — für den Bogen zu geben versprochen hatte. Und noch etwas: der kleine Dukaten galt für die große Geschichte der Kunst, der große Louisdor aber für kleine Beiträge, sozusagen Hobelspäne der großen Arbeit ! Das mußte natürlich Eindruck auf einen Mann machen, der sich zwar oft — ein wenig zu oft — seiner Bedürfnislosigkeit und Geldverachtung rühmte, Geld aber in seiner mehr oder minder glanzvollen Misere sehr gut gebrauchen konnte, vor allem für Reisen und Forschungen im Interesse seiner Arbeit. Wohl sofort nach Empfang des Weißeschen Briefs, am 31. März, schrieb er vorsichtshalber nicht an Walther selbst, sondern an Bianconi und bat diesen, Walther mitzuteilen, „che non si affretti à dar mano alla stampa dellamia operetta che resterà differita fin' all'ulteriore mia disposizione, e che partendosi alla Fiera di Lipsia, lasci il Manoscritto in consegna al Sig16 suo fratello per poterlo communicare in qualche occorrenza" (270.1, 454f.), also: der Druck ist sofort zu sistieren, bis ich weitere Weisung gebe, das Manuskript zurückzugeben. Die angedeutete Begründung, es
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könne, während Walther zur Leipziger Messe führe, nicht sicher genug verwahrt werden, ist natürlich ein durchsichtiger Vorwand und eine Beleidigung für Walther obendrein. Für Bianconi persönlich hatte er noch hinzugefügt: „Non son più d' umore di sopportare il sopraciglio fastoso d'un Librajo : un Letterato di Roma non vuol essere trattato da Pedante" (ebd. 455). Im gleich folgenden Brief an Bianconi vom 7. April 1759 wird Winckelmann dann wesentlich deutlicher: „Ora ben m'avveggo di qualche astuzia del galant'uomo Librajo, il quale crede di poter eludere qualche spesetta che gli convien fare e non risponde a nessuna lettera, forse per rendermi impaziente a mandargli il resto del MS. accompagnato de'Rami, che poi mi possa tirare come un bufalo pel naso. Non voglio essere il pigiato e minchione al far de' conti." Bianconi möge sich also einmischen ,,e farsi restituire il mio MS. speditogli franco sin' à Dresda." Bisher habe er Bianconi noch nie um etwas gebeten, ,,ma quando si tratta col Walther non v'è assolutamente altro che mi possa assistere, ne persona più capace ne di più peso e d'autorità di Ella. Non potrebbe giovar nulla al Librajo voler ostinarsi, quando l'ultimo ripiego mio sarebbe à copiarlo di nuovo." Sobald das Manuskript zurückgegeben sei, möge Hagedorn die Güte haben, ,,di scorrerlo se non vi manca nulla. Non volendo intrigarsi col Librajo tumido e ampullante" habe er sich an Stieglitz und Oeser in Leipzig gewandt, und dann möge das Manuskript an einen dieser beiden geschickt werden (271. I, 455L). Es scheint, Bianconi habe die Rückforderung des Manuskripts diplomatischer eingekleidet und mit den ihm wie Walther bekannten zahllosen Änderungswünschen des Autors motiviert. Es wäre aber auch denkbar, daß Walther selbst die Forderung so ausgedeutet hätte, um einzulenken und einzurenken, als er seinen (einzigen bekannten) Brief vom 30. April 1759 an Winckelmann schrieb. „Sie beklagen sich", schreibt er, „daß Sie in langer Zeit keine Antwort von mir bekommen haben, und ich hingegen muß ebenfalls mich beklagen, daß ich auf meinen letzten Brief von Ihnen keine Antwort erhalten. Dieses macht mir Bedencken, daß unsere Briefe nicht richig gehen . . . Ich muß es denen jezo in hiesigen Gegenden herrschenden Kriegs-Troublen zuschreiben, daß die Posten unrichtig gehen und Briefe verlohren gehen." Eigentlich sei ja nicht viel zu beantworten „als daß ich alles was Sie mir wegen der Einrichtung des Drucks und die Größe des Kupfers auf dem ersten Theil und einige Erinnerungen an den Hrn. von Hagedorn, berichtet haben, bestens zu besorgen mir werde angelegen seyn lassen. Ich 54
hoffe also nicht, daß Sie es übel aufnehmen werden, daß ich Ihnen dieserwegen nicht eher geschrieben habe." Winckelmanns mehrfach wiederholter Wunsch, das Buch möge zur Ostermesse fertig sein, habe allerdings nicht verwirklicht werden können, da das Manuskript noch Lücken enthalte, wie bereits früher geschrieben, „und hierauf ist mir von Ihnen noch keine Nachricht zugekommen. Da Sie nun aber Dero MSt. in gantz andere Form bringen wollen und solches deswegen zurücke verlangen, so ist es sehr gut, daß davon noch nichts gedruckt worden, außerdeme [ = sonst] würde alles vergebliche Unkosten verursachet haben . . . Nachdem Sie Dero MSt. werden in vollkommenen Stand gesetzet haben, so ersuche mir solches zu remittiren, ich werde sodann nicht säumen es nach Dero Vorschrift bestens zum Druck zu besorgen" (IV, 82f.). Walther hatte also die Tür offen gelassen. Winckelmann schlug sie zu. Zur Zeit, als er Walthers Brief erhielt, dürfte — hier ergibt die Korrespondenz leider keinen näheren Anhalt — das Manuskript schon bei dem Leipziger Verleger Dyck gelegen haben und ihm durch Bianconi im Auftrage Winckelmanns angeboten gewesen sein (281. Hagedorn, 24. Juni 1759. II, 9). Jedenfalls aber hatte Dyck es am 5. Mai noch nicht, als er als „Dero unterthänigster Diener" sich bei Winckelmann für die kleinen Beiträge zu seiner Bibliothek der Schönen Wissenschaften bedankte und sich zum Verlegen des Gemmen-Katalogs bereiterklärte (IV, 83). (Eine interessante Parallele: während Winckelmann den Katalog Dyck anbot, trug Stosch ihn dem Haager Verleger Hondt an!) Rechnen wir also, daß Dyck das Manuskript der Geschichte der Kunst nach dem 5. Mai erhalten hat, so mußte er es zunächst lesen oder von Hagedorn oder Weiße lesen lassen, da das Verfahren Walthers, ein nicht gesehenes Manuskript anzunehmen, ziemlich einmalig sein dürfte. Aber selbst wenn er es nicht las, konnte eine Erklärung erst im Laufe des Juni bei Winckelmann eintreffen, und das auch nur, wenn der Brief unter den günstigsten Postbedingungen befördert wurde. Wie die sonstige Korrespondenz zeigt, war Winckelmann im Juni/Juli in bester Stimmung. Er war in den Palazzo Albani eingezogen und lebte besser als je zuvor, die ersehnte Griechenlandreise schien gesichert, die Arbeit ging gut und befriedigend voran. Am 15. Juli schickte er noch Zusätze zur Geschichte der Kunst an Dyck über Weiße (Tagebuchnotiz. IV, 153)Und dann kommt es mit einem Mal, aus heitersten Himmel, am 24. Juli zu einem Ausbruch von solcher Stärke, wie er selbst bei Winckelmanns Temperament nicht eben häufig war und wie er allenfalls zu dem stür55
mischen Kardinal Albani passen würde. Dessen Einfluß könnte die einzige psychologische Begründung für Winckelmanns Ton geben, denn daß Albani nicht gern sah, wenn Winckelmann deutsch schrieb, hat dieser mehrfach berichtet. Und großzügig, wie er war und gewöhnt, nur mit Tausenden und Zehntausenden zu rechnen, könnte er Winckelmann auch die Honorare Walthers wie Dycks als unwürdige Lappalien hingestellt haben. Doch das bleibt Hypothese. Tatsache ist nur, daß Winckelmann an diesem Tage Stosch bat, an Dyck zu schreiben: „Weil ich gar keine Antwort über meine Schrift erhalte, und weder weiß in weßen Händen sie ist, noch ob man sie drucken will, so sey ich endlich dieses Wesens müde worden, und ich verlange meine Schrift nebst allem was dazu gehöret zurück, weil ich zumahl entschloßen sey, dieselbe niemahls im Deutschen an das Licht zu stellen, oder dieselbe wenigstens völliger auszuarbeiten, und alsdenn auf meine Kosten drucken zu laßen. Er der Buchhändler solle mir die Schrift . . . schicken . . . Dieses ist mein wahrer Ernst, und ich bitte Sie hertzlich hierum. Ich will mich in keinem Briefwechsel deswegen einlaßen, so habe ich alsdenn eine Sorge weniger. Sie [Walther und Dyck] waren es nicht werth." In einem Postskript kamdas Gewitter dann verstärkt zurück: „Ich bin so fest entschloßen das was ich geschrieben habe, zu thun, und den Bestien die mich um meinen Blutsauren Schweiß bringen wollen, den Vortheil aus den Händen zu reißen. Sollte ich die geringste Schwierigkeit finden, es wider zu haben, will ich es dem Chur-Prinzen schenken, damit das Spiel ein Ende habe. An dem Zweyten Theil [dessen Manuskript Winckelmann noch nicht abgeschickt hatte] soll sich niemand die Nase wischen" (285. II, i2f.). Am 28. forderte er Stosch nochmals auf, an Dyck zu schreiben, „meine Geschichte der Kunst will ich den Deutschen aus der Nase rücken" (286. II, 14). Plötzlich wie das Unwetter gekommen war, zog es auch wieder ab. Laut Tagebuchnotiz schrieb Winckelmann am 1. August selbst an Dyck — „und meine Schrift zurück gefordert" (IV. 154) —, aber das muß wohl mit allerhand Kautelen und mit offengelassenen Seitentüren geschehen sein, so daß er ernstlich mit einer Versöhnung rechnen konnte, denn am 4. schrieb er an Stosch: „Sie werden aus meinem Schreiben an den Buchhändler Dyk sehen, daß ich nicht völlig brechen will: aber ich will mich auch weder grämen, wenn ich die Schrift zurück erhalte, noch mich wegwerfen. Bekomme ich sie zurück, so will ich noch einmahl alle meine Kräfte anspannen, ich würde es so hoch treiben als es möglich ist." Und dann ganz ruhig und logisch: „Ich bilde mir ein, daß Walther dawider eingekommen ist, da er erfahren, daß die Schrift einem anderen Buchhändler übergeben 56
worden, und daß dieses die Ursach des langen Stillschweigens seyn können" (289. II, 16). Am 1. September war die Stimmung erneut umgeschlagen, vielleicht, weil noch immer keine Antwort vorlag. An Hagedorn: „Ich verlange mein Manuscr. wiederum zurück, weil es scheint, man glaube, man habe die Katze im Sacke. Ich habe in mehr als vier Monaten keine Zeile Antwort auf vier eingeschickte Aufsätze zur Bibliothek der schönen Wissenschaften [Dyck hatte am 5. Mai dazu geschrieben!] und auf verschiedene Zusätze zur Schrift erhalten, daß ich also nicht einmal weiß, in welchen Händen die Schrift ist . . . Es ist mir lieb, daß der größte Theil der Schrift in meinen Händen geblieben ist. Sollte ich aber erfahren, daß etwas aus dem Ueberschickten gedruckt worden, so würde ich nicht stille schweigen . . . Ich verlange weiter nichts von Ihnen, liebster Freund, als daß Sie mir die einzigste Gefälligkeit erweisen und mich zu meinem Manuscr. verhelfen... Und hiermit sind wir und die Leipziger geschiedene Leute, und Gott befohlen . . . Wir haben keinen Contract gemacht, und nach dem Römischen und Nürnberger Recht, wie man mir sagt, ist es das meinige. Vielleicht ist dem Hrn. Dyck mit Poesien mehr gedient . . . Allein zu welchem Ende verliehre ich so viele Worte: die Leute waren es nicht werth, nach dem Evangelio 22 " (301. II, 26). Noch deutlicher schrieb er am gleichen Tage an Bianconi: „L'Historia dell'Arte non si stamperà più, ò se mi risolvessi mai di publicarla in Tedesco, lo farò à spese mie, facendo tirare una cinquantina d'esemplari caricati di rami per difficultare la ristampa. La bricconeria de'Librarj me ne ha svogliato. Walther non rispose per cavarmelo onoratamente delle mani, l'altro galant'uomo di Lipsia usa l'istessa finezza, e da che sono tornato da Firenze . . . nessuno mi risponde più" (302. II, 27). Sei es, daß die offenbar eingeholte Rechtsbelehrung Winckelmann beeinflußt hatte, sei es, daß ein Brief Walthers ihm die Dinge sachlich auseinandergesetzt hatte, jedenfalls sah Winckelmann am 12. September in einem Brief an Stosch durchaus ein, daß er gegen Walthers berechtigte Ansprüche nichts ausrichten konnte: die Geschichte der Kunst „kann ferner nicht in Sachsen gedruckt werden, wenn ich sie Walther nicht laßen will : denn dieser giebt vor, er habe schon die Privilegia darüber erhalten", aber noch wehrte er sich gegen eine Aussöhnung. „Folglich soll sie gar nicht gedruckt werden. Denn um sich an mich zu rächen wird er sich auch ein Privilegium von den Schweizer Cantons haben geben 22
A n s p i e l u n g auf M a t t h . 2 2 , 8 .
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laßen.23 Wenn sollte Friede werden, werde ich sie auf meine Kosten um mich zu rächen [!], in Berlin drucken laßen. Ich werde sie aber gantz und gar umarbeiten" (305. II, 32). Konsequenz war, außer in der Arbeit selbst, Winckelmanns Sache nicht. Am 6. Oktober schrieb er an Walther, im ersten Satz noch mit einem leisen und von Walther wohl belächelten Theaterdonner: „Ich bleibe bey unsern Vergleich, wenn er Ihnen noch gefällt, um nicht mein Wort zu brechen, nicht genöthiget durch das Privilegium, welches ich nach geschehener Vergütigung ohne die geringste Schwierigkeit könnte zurück ziehen laßen." Nun aber wolle er die ganze Schrift neu machen und brauche wenigstens ein Jahr dafür. „Wenn Sie glauben daß ich die Schrift zurückziehen laßen, um ein paar Thaler mehr zu erschleichen, so thun Sie mir Unrecht ; ich wollte ja dieselbe anfänglich umsonst nach der Schweitz schikken. Ihr Stillschweigen auf verschiedene meiner Briefe veranlaßete diesen Schritt", daneben der Griechenlandplan, der keinen Zeitverlust gestattet hätte und schließlich auch das freundliche Angebot aus Leipzig: „Ich suchte also Leute die mir entgegen kamen". Die Titelkupfer sollen Walther keine Kosten machen, wie früher ausgemacht, „aber für die übrigen welche ich machen laße, werde ich künftig das ausgelegte Geld fordern können; denn dieses ist nothwendig eine stillschweigend eingegangene und einzugehende Bedingung . . . Ich habe E. HochEdelgeb. meine Meinung ohne Umweg eröffnet: ich versichere mich daß Sie es gütig aufnehmen werden. Wollen Sie Verleger seyn, so suchen Sie zu verhindern, daß nicht etwa eine Hand voll Blätter . . . gedrucket werden . . . In einem Neste voll Magisters [Leipzig] die nicht wissen wovon sie schreiben wollen, stehet dergleichen Wahre in Gefahr. Mit eben der Post schreibe ich nach Leipzig und fordere zum dritten mahl meine Schrift zurück" (311. II, 36t.). Dieser dritte Brief an Dyck wäre nicht nötig gewesen, denn schon am 24. Oktober konnte Winckelmann Stosch mitteilen: „Der Buchhändler in Leipzig ist ein sehr ehrlicher Mann . . . Er hat mir mein MS. zurück geschicket und in demselben drey schöne Holländische Dukaten [für die kleinen Aufsätze]" (315. II, 40). Möglicherweise war Dyck für Winckelmann dadurch wieder weit über Walther gestiegen, denn im gleichen Brief steht ein recht häßlicher Satz, der die im letzten Brief an Walther gestellte Bedingung in einem neuen Licht erscheinen läßt: „Walthern muß ich den Druck laßen, ich will ihm aber denselben so kostbar durch die Kupfer 23
um die Züricher Ausgabe zu verhindern. Zur Sache: Walther war Winckelmann gegenüber weder rachsüchtig, noch hatte er sich um ein Schweizerisches Privileg bemüht.
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machen, daß er entweder abstehen oder alles von Heller zu Pfennig bezahlen soll" (ebd.). Als er dann am 30. an Weiße schreibt, ist statt von dem „sehr ehrlichen" sogar schon von „dem theuren Herrn Dyk" die Rede (319. II, 43). Immerhin, Winckelmann schien die Lust verloren zu haben, gleichzeitig auf zwei Feuern zu kochen; still arbeitete er an der neuen Fassung seines Werks, aber noch am 3. April 1760 mußte er Walther melden: „Mit meiner Historie der Kunst siehet es noch weitläufigt aus" (361. II, 87). Eine in Einzelheiten erweiterte Rekapitulation der ganzen Verwirrungen um die Verlagsrechte gibt Winckelmann — nachdem fast ein Jahr lang in der gesamten Korrespondenz von diesen Dingen nicht die Rede gewesen ist — am 17. Januar 1761 gegenüber Geßner, der offenbar von neuem den Druck in seinem Verlag angeregt hatte: „Die Buchhändler in Sachsen haben mich dermaßen verwickelt, daß ich nicht weiß, wie ich mich entschließen soll . . . Geben Sie mir einen Rath, wie ich mich aus der Verwickelung mit Walthern heraus helfen könne: ich bin wie ein Kind, ohne Erfahrung, in dergleichen Sachen, und weich wie Wachs am Feuer" (382. II, 114t.). Ein halbes Jahr später, 20. Juni 1761, gleichfalls an Geßner, betont Winckelmann, daß sein Bleiben in Italien nun fast gesichert sei, „so kann mir niemand verdenken, wenn ich von meinem Verleger mit der Geschichte der Kunst abgehe. Denn wenn ich nicht nach Sachsen zurück gehe, und die Schrift nicht unter meinen Augen kann drucken laßen, so ist es nöthig, mich an Sie zu wenden, sonderlich da alle Posttage zu erinnern oder zu erklären seyn wird . . . da ich auch selbst das Register welches viel Bogen ausmachen wird, zu verfertigen habe, folglich nach und nach die gedruckten Bogen haben muß, so ist dieses von Leipzig aus nicht möglich" (426. II, 162). Mit diesem neuen Rückversicherungsvertrag in der Tasche kann Winckelmann dann am 26. September 1761 Walther mitteilen, daß das Manuskript nunmehr fertig sei und daß nur noch einige Kupfer fehlten, „aber es ist aus einer kleinen Schrift ein Werk geworden, welches wenigstens drey Alphabet [ca. 75 Bogen] ausmachen wird . . . Es stehet also bey Ihnen, die Ausgabe derselben zu übernehmen". Und noch eine Kautel: „Erlauben die Umstände in Sachsen den Druck dieses Wercks, wo itzo, wie ich höre, ein großer Mangel an guten Papier ist, so werde ich suchen die Hefte nach und nach . . . zu übermachen", und, wiewohl er im Stillen hofft, daß Walther angesichts all dieser Schwierigkeiten doch noch ablehnen wird, kann ,,so gleich nach dem Empfang der ersten Hefte Anstalt zum Drucke 59
gemacht" werden (440. II, 175). Nachdem Walther sein Einverständnis erklärt hatte, sandte Winckelmann im Dezember tatsächlich die ersten Hefte seines Manuskripts ab. Inzwischen aber hatte es neuen Verdruß mit Dyck gegeben, dem Winckelmann seine , .Anmerkungen über die Baukunst der Alten' ' in Verlag gegeben hatte, nachdem aus dem briccone [Gauner] wieder der sehr ehrliche und teure Herr Dyck geworden war. Leider blieb er es für Winckelmann nicht allzu lange. Zunächst war das Manuskript zur Weiterbeförderung nach München gegangen, wo es im Januar angekommen war. Am 20. Juni schreibt Winckelmann an Geßner: „Nach drey Monaten von da an schrieb man mir aus München, man würde es absenden, und seit der Zeit habe ich weder von da her noch aus Leipzig Nachricht erhalten. Ich habe dem Buchhändler gedrohet, ich wolle es zurückfordern, aber ich kann auch dieses nicht (thun), wegen der vielen währender Zeit eingeschickten Zusätze, welche ich mir nicht angemerket habe . . . Wenn noch nicht am Druck gedacht wäre (welches Sie durch Ihre Freunde daselbst [Leipzig] erfahren können) so überlaße ich es Ihnen, dieselbe zurück zu nehmen, und überschicke Ihnen zu dem Ende die Vollmacht." Im weiteren Schreiben resigniert er aber und denkt, „daß es beßer sey, die Sache laufen zu laßen : ich will nicht ferner an die Schrift gedenken, als wenn ich sie nicht gemacht hätte. Unterdeßen sey dieses das letzte mahl mit den Deutschen Petit-Maitres" (426. II, 162). Aber am 28. Juli dachte er doch schon wieder an die Schrift und schrieb an Bianconi über Dyck: „non mi risponde una minima sillaba alle replicate Lettere mie. Io non so concepire ne idearmi la ragione di questo infame intrigo, e non posso non sospettare che sotto vi covi qualche malizia." Die Verleger seien alle „bricconi", und deshalb möge Bianconi sich die beigefügte Empfangsbestätigung (in deutscher und französischer Fassung : „Ich unterschriebener bezeuge hiermit, daß ich Hrn. Winckelmanns Anmerkungen über die alte Baukunst verständlich und leserlich geschrieben, nebst zwey Kupfer-Platten, welches alles mir vom Hrn. Hofrath Bianconi Sr. Maj. in Pohlen Leibartzt wohl verwahret übermachet worden, unbeschädiget und völlig ohne Mangel, in Leipzig erhalten. Ingleichen daß ich verschiedene Zusätze zu dieser Schrift in Briefe theils an mich selbst theils an Hrn. Weiß, uns beyden von dem Verfaßer besagter Schrift zugeschrieben, so viel ich wißen kann alle richtig empfangen") von Dyck unterschreiben lassen und an Winckelmann senden, denn es sei „un atto di carità di cavarmi di quest'inquietezza dell'animo mio nel farmi sapere di proprio pugno del Librajo scelerato, se gli sia capitato il MS." (432. II, iÓ7ff.). 60
Am gleichen Tage und mit demselben Anliegen an Geßner: „Ich habe noch keine Antwort von dem Buchhändler Dyk aus Leipzig erhalten, und es muß eine unbegreifliche Boßheit unter deßen Stillschweigen von Sechs Monaten [im März oder April war das Manuskript erst aus München abgegangen!] verborgen seyn. Daher ersuche ich Sie nochmahls, Ihrem Correspondenten daselbst aufzutragen, beyliegende Bescheinigung von demselben unterschreiben zu laßen und mir . . . zu übermachen. Ich werde nachdem wißen, was ich zu thun habe. Wenn Leipzig nicht in den Händen der Verwüster [Preußen] wäre, würde ich einen kräftigern und dem Buchhändler sehr nachtheiligen Weg [über den Hof?] nehmen" (433. II, 169). An Geßner, 19. September, heißt es dann ganz ruhig: „Ich habe durch Ihre Besorgung von Hrn. Dyck aus Leipzig endlich Antwort erhalten: er entschuldigt sich mit dem Papire; denn alle Hadern müßen in die Lazarete geliefert werden. Ich bin nicht sehr glücklich mit meinen Arbeiten" (439. II, 174). Am 3 1 . Oktober läßt Winckelmann Dyck durch Geßner um das Honorar bitten (445. II, 184). Im November hält er es wieder für möglich, daß „der Buchhändler . . . lüget" (449. II, 188). Aber trotzdem enden die Beziehungen Winckelmanns zum Verlage Dyck freundlich, denn nachdem die Anmerkungen Ostern 1762 erschienen waren, Dyck im gleichen Jahr gestorben war und die Witwe das Honorar geschickt hatte, dachte Winckelmann (an Weiße, 4. Jan. 1764) an eine zweite Auflage von verdoppeltem Umfang. „Wenn die Erben des sei. Dyk Lust darzu haben, kann ich dieselbe in weniger Zeit in Ordnung bringen, und hierüber bitte mir eine kleine Nachricht aus. Der Wittwe dieses ehrlichen Mannes, die in den höchst bedrängten Zeiten an eine kleine Verbindlichkeit gedacht, bin ich diesen Antrag, zum Zeichen der Erkenntlichkeit, schuldig, und ich bitte Sie, theuerster Freund! derselben meine Ergebenheit zu bezeugen. Ich war äußerst beschämt, daß ich es [das Honorar] gefordert hatte, und ich hätte das Ueberschickte verdoppelt als ein Geschenk zurück gegeben, wenn es hätte füglich geschehen können" (621. III, 5) Kehren wir nach dieser kleinen, aber notwendigen Abschweifung wieder zur Geschichte der Kunst zurück. Am 1. Mai 1762 schrieb Winckelmann an Walther: „Gott sey gedankt, daß endlich die ersten Hefte angekommen sind, und ich außer Sorgen bin" (480. II, 221). Im gleichen Brief kündigte er die Übersendung weiterer Hefte des Manuskripts an, um dann — als er annehmen mußte, daß Walthermit dem Druck begonnen hatte! — am 12. Juni an Geßner zu schreiben: 61
„Ich habe mich entschloßen, Ihnen den Druck und den Verlag meiner Geschichte der Kunst zu überlaßen, wenn Sie glauben, daß dieses Unternehmen vortheilhaft für Sie und für Ihre Gesellschaft seyn könne. Es ist zwar ein großer Theil dieses Wercks in Hrn. Walthers Händen zu Dreßden; ich würde aber Mittel suchen, es zurück fordern zu laßen. Die Ursachen meiner Aenderung sind hinlänglich mein Wort zurück zu ziehen. Die vornemste ist das Elend in Sachsen, welches mit dem Geld-Mangel von Tage zu Tage zunimmt, und ich muß befürchten, daß es mir mit diesem Verlage gehe wie mit dem ehrlichen Dyk in Leipzig, von welchem nichts zu erhalten ist, welches ich zu entschuldigen weiß, aber ich bin in Umständen, wo mir der verdiente Lohn unentbehrlich ist . . . Der Zwey te Grund ist der beschwerliche und kostbare Briefwechsel nach Sachsen, welcher mir und dem Verleger beschwerlicher werden würde, wenn man künftig an ein Register gedenken muß." Was nun das Honorar betreffe — vom Schenken ist jetzt nicht mehr die Rede —, so hätten die Leipziger einen Louisdor pro Bogen geboten. Hierüber würde man sich einigen können, doch sei ein Vorschuß von 30 Zecchinen für die Anfertigung der restlichen Kupfer erwünscht. „Ich begreife daß der Vertrieb eines solchen Werks beschwerlicher von Zürich als von Leipzig aus seyn muß; da aber die Erwartung deßelben das Aufmerken und das Verlangen vergrößern wird, so schmeichele ich mich, es werde der Verlag nicht ohne reichlichen Vortheil seyn. Ich bin gewiß auf 50 Exemplare für Petersburg allein, wo meine Bekannte bey Hofe es längst erwarten 24 , und werden einige Stücke so gar nach Constantinopel verlanget werden 25 . . . Die Zweyte Auflage meiner Anmerkungen über die Baukunst, zu welcher alles bereit ist, stünde ebenfalls zu Ihrer Verfügung" (490. II, 235L). Am selben Tage schrieb Winckelmann an Walther und beschwerte sich, daß er keine Post und keinen Vorschuß bekäme. „Ohne demselben kann ich mich in keinen weiteren Aufwand einlassen". Die begonnenen Monumenti Inediti „nöthigen mich, den Druck meiner Geschichte der Kunst zu verschieben, und ich werde daher die übrigen Hefte [des Manuskripts] nicht abgehen laßen." Für eine Reise brauche er die sechs bereits übersandten Hefte, „und Herr Bianconi wird alsdenn für Uebermachung derselben sorgen" (489. II, 234). 24
Vermutlich etwas Großsprecherei. Der einzige nachgewiesene Bekannte Winckelmanns in Rußland ist der junge Berg, der aber nicht bei Hofe und zur Zeit in Rom war. Immerhin könnte er seine Vermittlung angeboten haben. 25 Dort weilten gerade Stosch und Granville. Die gleichen Absatzorte hatte Winckelmann auch Walther genannt! Vgl. 480. II, 223.
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Das war der zweite durch nichts begründete Bruch mit Walther, die zweite Anknüpfung zur Schweiz. Wenige Tage nach den eben zitierten Briefen, am 18. Juni, schrieb Winckelmann an Volkmann in Hamburg, der Druck seiner Kunstgeschichte in Sachsen könnte durch den Krieg gehemmt werden und er selbst durch den dortigen Geldmangel um sein Honorar kommen. „ Diese Betrachtungen und Besorgnisse haben mich auf die Gedanken gebracht, einen Verleger meiner Geschichte, an welcher mein ganzes Herz hänget, in Hamburg zu suchen, und ich würde die schon überschickten Hefte von dem Buchhändler zurück fordern, die Uebermachung aber der übrigen Hefte auf dem besten Wege besorgen. Ich trage Ihnen also, mein Freund, die Besorgung dieser mir höchst wichtigen Angelegenheit auf. Meine Bedingungen betreffen den Druck und die Bezahlung": Druck auf Schreibpapier in großem Format, Bezahlung „nach dem freywilligen Gebote der Buchhändler in Sachsen", also einLouisdor pro Bogen, Erstattung der Unkosten für Zeichnungen und Kupfer, zwanzig bis dreißig Zecchinen Vorschuß. „Das Werk wird über hundert Bogen stark seyn, und, wie es zwey Theile hat, auch aus zween Bänden bestehen . . . Ich erwarte hierüber auf das baldigste Nachricht. Dem Verleger kann ich alsdenn eine zwey te Auf läge meiner Anmerkungen über die Baukunst überlassen" (491. II, 236f.). Hier müssen wir einen Augenblick innehalten, des einen Satzes halber, der in diesem Briefe steht: daß Winckelmanns ganzes Herz nämlich an diesem seinem Werke hänge. Das ist ein neuer Gesichtspunkt, geeignet, Winckelmanns befremdliches und unfaires Verhalten seinem Verleger, ja seinen Verlegern gegenüber zu entschuldigen, nachdem bisher die Betrachtungen über den Papier- und Geldmangel in Sachsen mehr als Vorwand erschienen waren. Unter diesem Gesichtspunkt wäre Winckelmanns Schwanken und Mehrfachverhandeln glaubwürdig begründet — wenn dieser Satz nicht gerade in dem Briefe an Volkmann stünde. Denn Winckelmann hatte ja in Zürich die besten Möglichkeiten der Welt, seine Geschichte der Kunst drucken zu lassen, sogar von Freunden drucken zu lassen, die in seine Schule gegangen waren und gewiß alles daran setzen würden, den Meister zufriedenzustellen. Dadurch muß die mühsam gefundene Entschuldigung sehr an Gewicht einbüßen. Volkmann antwortete, es hielte sehr schwer, in Hamburg einen Verleger zu finden, er erbot sich aber, Winckelmann 150 Taler für die Stiche zur Verfügung zu stellen und die Ausführung der Platten selbst in Hamburg zu überwachen. Der Vorschlag wurde gegenstandslos, denn am 30. des gleichen Monats, in dem Winckelmann sein Werk Zürich und Hamburg 63
angeboten hatte, dankte er Waltherfür sein,,mir sehrangenehmes Schreiben nebst dem mir übermachten Wechsel von 30 Zecchini... Es nehme also der Druck unseres Wercks in Gottes Namen seinen Anfang." Wenn noch nicht alle sechs ersten Hefte angekommen seien, so wäre das nicht seine Schuld, sondern die des Gesandtschaftssekretärs in Wien, der, statt sie weiterzuleiten, sie „vielleicht unter seine Bekannte herumgehen läßt". Walther möge also in Wien anmahnen. Der von Walther erwähnte Probebogen sei noch nicht angekommen, „es wird derselbe auf eine sehr bequeme Gelegenheit warten, um dem Hofe keine Kosten durch mir zu verursachen". Den umfänglichen Rest des Briefes bilden Anweisungen über den Druck und die Kupfer, bei welch letzteren Winckelmann „nach dem strengsten Gewißen mit Ihnen handeln" und zwei verworfene Platten nicht anrechnen wolle (495. II, 243!!). Und da dieser Handel — zum zweiten Male — nicht eben ehrenvoll für Winckelmann war, schrieb er nicht an Geßner, sondern an Usteri, daß Walther den Vorschuß „wider alles mein Vermuthen . . . möglich zu machen gesuchet, und ich bleibe also in deßen Händen. Dieses bitte ich unserm Freunde unverzüglich wißen zu laßen" (498. 4. Juli 1762 II, 247). Der bissige Bericht Hagedorns — der doch die Verhandlungen Winckelmanns mit Zürich und Hamburg nicht einmal ahnte! — an Nicolai über diesenFall, vom 2. Oktober, war berechtigt: „Herrn Winkelmanns Historie der Kunst ist unter der Presse bey Herrn Walther. Als ein Brief mit Gelde nicht zeitig genug einlief (denn in Rom hinter den Wänden eines Büchersals rechnet man nicht auf die Schwierigkeit eines Briefwechsels in hiesigen Gegenden): so wollte Herr Winkelmann sogleich das halbe Manuscript wieder haben es zu ändern, mit Anzeige einer Reise nach Ägypten. Drey Tage darauf liefen die Ongari ein, das Mspt. ward weiter nicht in Anspruch genommen, und die Reise nach Ägypten blieb eingestellt. Indessen habe ich den ersten Probebogen gelesen. Es wird schön . . ." (IV, 127). Nun herrschte wieder das beste Einvernehmen zwischen Winckelmann und Walther. „Halten Sie es nach eignem Gutbefinden; ich habe Ihnen mein ganzes Recht auf dieselbe übergeben" schrieb Winckelmann am 15. Januar 1763 (534. II, 286f.), und entschuldigte sich sogar wegen der Bitte um Vorschuß, die gerade in der größten Bedrängnis des Landes angekommen war: „ E s ist mir leid, ja herzlich leid, das Geringste verlanget zu haben; aber ich werde mich bemühen, mich Ihrer Willfährigkeit in Umständen, wo dieselbe kann bey Seite gesetzet werden, nach allem Vermögen gemäß zu bezeigen. Ich schäme mich, daß ich Gelegenheit dazu gegeben habe." 64
Nur noch zwei Differenzen sind im Zusammenhang mit der Geschichte der Kunst zu verzeichnen: die um die zweite Auflage, von der weiter unten gesondert zu handeln sein wird, und die um die französische Übersetzung. „Walther in Dreßden hat den Entschluß gefaßet, die Geschichte der Kunst, so wie die Bogen im Deutschen abgedruckt seyen, einen nach den andern, ins Franz. übersetzen zu laßen, wenn er jemand tüchtig dazu findet, um die Uebersetzung zugleich mit dem Originale an das Licht treten zu laßen" schrieb Winckelmann am 22. Mai 1763 an L.Usteri (562. II, 319), ebenso an Riedesel (563. II, 320), aber dem Verleger Walther, der offenbar nach einem Übersetzer in Rom gefragt hatte, damit die Arbeit unter den Augen des Autors gemacht werden könnte, antwortete er am gleichen Tage: „ E s ist niemand hier, wie sich in Dresden finden könnte, der beyde Sprachen vollkommen in seiner Gewalt hätte." Durchsehen wolle er dagegen die Übersetzung „mit vielem Vergnügen, und mich deucht, es würde nicht übel gethan seyn: denn selbst in Rom würde die Uebersetzung sonderlich unter den Engeländern großen Abgang haben" (564. II, 322). Daß Walther dann allerdings seiner Initiative nicht die Tat folgen lassen konnte, mag nicht seine Schuld gewesen sein, sondern an den widrigen Zeitumständen (die die Herausgabe der Geschichte der Kunst schon zu einer verlegerischen Großtat von seltener Opferwilligkeit gemacht hatte, ganz zu schweigen von dem handfesten Ärger, den ihr Autor ihm so oft bereitete) oder einfach am Nichtfinden eines geeigneten Übersetzers gelegen haben. Mit welchen Gefühlen also mag er Winckelmanns Brief vom 6. Oktober 1764 gelesen haben, der nach den Kurialien der Anrede sofort beginnt: „Eine Nachricht aus der Gazette Littéraire . . . zeiget, daß E. HochEdelgeb. nicht als ein Buchhändler auf ihren Vortheil gedacht haben." In Paris werde das Erste Herculanische Sendschreiben übersetzt. „Der Werth dieser Schrift hätte Sie natürlich auf eben diesen Einfall kommen lassen sollen; so wie es mir eingefallen ist, und ich habe mich gewundert, daß es nicht geschehen ist." Ferner schreibe Wille, daß man in Paris an eine Übersetzung der Geschichte der Kunst denke. „Man hätte, da der Gewinn beträchtlich seyn muß, die Kosten nicht scheuen sollen, dieses Werk, so wie ein Bogen nach dem anderen erschienen, übersetzen zu laßen' ' (677. H I , 59)-
Als dann tatsächlich eine französische Übersetzung der Geschichte der Kunst erschien (in zwei gleichlautenden Ausgaben, 1766, eine in Paris, eine in Amsterdam, von Gottfried Seil sehr schlecht übersetzt), kam 5
Stoll, Winckelmann
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Walther auf seinen alten Plan zurück. Verärgert antwortete Winckelmann ihm am 4. Januar 1766: „ D a . . . Sie sich itzo entschließen, was mit mehrerem Vortheile zu erst von Ihnen hätte geschehen können, diese meine Arbeit unter den Deutschen selbst in einer fremden Sprache bekannter zu machen, so hoffe ich, daß Sie nicht ein bloßer Drucker seyn wollen. Ist es Ihr wahrer Ernst, daß Ihr Druck einen Vorzug vor dem Pariser haben soll, so will ich dafür sorgen, und so viel beträchtliche Zusätze und Aenderungen machen, daß der Unterschied nicht zweifelhaft seyn s o l l . . . E s verstehet sich, daß Sie kein Postgeld ersparen", denn er werde jeden Posttag die durchgearbeiteten Bogen abgehen lassen und unverzüglich mit der Arbeit beginnen [also an der deutschen Fassung, so daß dieses Projekt ein Vorläufer der zweiten Auflage wäre]. ,,Zu einem bloßen Nachdrucke [der Pariser Ausgabe] aber kann ich mich unmöglich verstehen, und ich würde denselben zu meiner Ehre, in allen Zeitungen verschreien müßen [wie er mit der Pariser Ausgabe tat, an die er „ohne Eckel nicht gedenken" konnte, 790. III, 199. Vgl. auch 785. III, 192; 819. III, 227 und Vorrede zu den Anmerkungen zur Geschichte der Kunst X V ] . . . „ F ü r meine Mühe welche ich nicht verliehren will, kann ich nichts anders thun, als mich Ihrer Erkenntlichkeit überlaßen. Ich mache diese Arbeit ungern, aber da Sie und die Franzosen mich in diese Nothwendigkeit setzen, will ich mein möglichstes thun" (752. III, i49f.). Vierzehn Tage darauf, am 18. Januar, heißt es unter Berufung auf den vorigen Brief: „Ich habe aber nachher über dieses Unternehmen andere Betrachtungen gemacht, die mir rathen, an den Nachdruck nicht Hand zu legen [ = ihn nicht zu verändern]." Erstens habe er den französischen T e x t nicht, zweitens koste der Plan zu viel Zeit. Die Übersetzung möge also bleiben, wie sie ist, nur müßten zwei K u p f e r und die darauf bezüglichen Textstellen ausfallen. 86 Wenn der Walthersche Nachdruck einen Vorzug vor der Pariser Ausgabe haben solle, so „ k a n n dieses ohne mir in den Registern geschehen" (754. III, 154). A m 12. Juli schrieb Winckelmann an Walther nur über die Mängel der inzwischen erhaltenen französischenAusgabe, ohneweiterauf den W a l t e r schen Nachdruckplan einzugehen. Nun lagen ihm schon die Anmerkungen zur Geschichte der Kunst am Herzen: „Ist es denn nicht möglich, daß Sie itzo mit den Zusätzen zu der Geschichte der Kunst ausführen, was Sie ehemahls mit der Geschichte selbst im Sinne hatten? Der Vertrieb würde ja von einer französischen Ausgabe beträchtlich seyn, und die Kosten M Die Fälschungen, mit denen Casanova und Mengs Winckelmann betrogen hatten.
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der Übersetzung hinlänglich ersetzen. Ich erbiethe mich dieselbe mit allem Fleiße zu übersehen . . . Man könnte ja, so wie ein Bogen aus der Preße gehet, denselben dem Übersetzer geben. Ich erwarte hierüber Ihre Antwort" (781. III, 185t.). Walther brachte jetzt weder einen Nachdruck der französischen Ausgabe der Geschichte der Kunst noch eine Übersetzung der Anmerkungen. Die sorgsame Hubersche Übersetzung erschien erst 1781 bei Breitkopf in Leipzig. Nach allem Unerfreulichen, das in diesem Exkurs zu lesen stand, soll ihn ein besseres Wort schließen, das Winckelmann am 24. September 1763 an Walther schrieb: „Ich wünsche viel Glück zu meiner Geschichte, und daß der Verlag derselben Ihnen vortheilhaft seyn möge" (593. II, 346). Der Exkurs über die Geschichte der Geschichte der Kunst hat so viel über das Verhältnis zwischen Winckelmann und Walther gesagt, daß es genügen mag,nur noch einige Paralipomena nachzutragen, in Schwarz und in Weiß, je nachdem, ob gerade Einvernehmen zwischen beiden herrschte oder nicht. Bestand ein Einvernehmen, so bemühte Winckelmann sich redlich, seinem Verleger Kosten zu ersparen, sei es bei den Kupfern — „wegen der Kupfer werde ich suchen so viel immer möglich seyn wird, uns beyden die Kosten zu erleichtern" (333. 8. Dez. 1759. II, 56) —, sei es in der Bewältigung des umständlichen Postwegs. So schlägt er vor, die Briefe an Bianconi zu geben, der sie mit der amtlichen Korrespondenz an den in München im Exil lebenden Hof weiterleiten werde (440. 26. Sept. 1761. II, 176) oder über den Grafen Firmian, den kaiserlichen Gesandten in Mailand (453. 21. Nov. 1761. II, 192) oder über Zürich: „Von Leipzig gehet alle Woche ein Wagen mit Güthern bisZürich, von da wird es nach Genua geschicket, wo die Züricher eine besondere Niederlage haben" (679. 13. Okt. 1764. III, 61.) Insbesondere nach der zweiten Versöhnung hat Winckelmann nie einen anderen Verleger gekannt als Walther, und nie wird er einen anderen kennen, „daß also, wenn die Ruthe des Allmächtigen sich von uns wenden möchte, so lange wir beyde leben, eine Presse zu versehen seyn wird" (534. 15. Jan. 1763. II, 286). „Laßen Sie nur fleißig drucken, die Presse soll nicht müßig stehen" (566. 4. Juni 1763. II, 324) — und wenn dazu das herhalten müßte, was entschieden minderen Ranges war: „Neulich fand ich unter meinen Papiren eine von mir gemachte Sammlung von Lateinischen ungedruckten Briefen verschiedener berühmten Gelehrten . .. diese würde ein artiges Bändgen in 8° ausmachen. Wenn Sie künftig Lust zu deren Druck hätten, verlange ich weiter nichts als eine kleine recognition 5
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meiner Mühe, mit dem Beding, daß mir dieselben von einem Gelehrten in Sachsen dediciret werden 27 ... Dieses bleibet Ihnen allezeit aufgehoben" (588. 10. Sept. 1763. II, 342). Es blieb es — ad Kalendas Graecas. Schade, daß Walthers gewiß sehr schön und höflich stilisierte Absage unbekannt ist. Zitieren wir nach diesem kleinen Spaß (der doch ernst gemeint war) einen Satz vom 4. Juni 1763, einen der persönlichsten der ganzen Korrespondenz mit Walther: ,,Itzo ist eine der vornehmsten Bitten meines Gebets für Ihre Gesundheit; denn ich würde mich schwerlich mit jemand anders verstehen 28 , und meine Lust mehr zu schreiben, würde sich vermindern. Ich hoffe, Sie auch noch, ehe ich sterbe, persönlich zu umarmen, wie ich es itzo in Gedanken thue" (566. II, 324). Dieser Satz darf keinesfalls als wohlklingende Phrase aufgefaßt werden, denn auch am 16. August 1766, als der Gedanke an die Deutschlandreise auftaucht, wünscht Winckelmann „das Vergnügen zu haben, Sie und meinen lieben Franken zu umarmen" (791. III, 200), und im letzten (geschriebenen oder erhaltenen) Brief an Walther vom 8. April 1767 heißt es: „Gott gebe E. HochEdelgeb. und mir Leben und Gesundheit noch mehr Schriften gemeinschaftlich an das Licht zu stellen; wenigstens habe ich Denenselben eine andere Arbeit ersehen [die Fortsetzung der Herculanischen Sendschreiben], worüber und über viele andere Dinge ich hoffe das Vergnügen zu haben, mündlich auf der nächsten Oster-Meße zu sprechen" (839. III, 248!.). Und wenn auch in den vorhergehenden und in den nachfolgenden Monaten der Gedanke an Walther wegen der Vorbereitung der zweiten Auflage der Kunstgeschichte oft getrübt ist und dem Schreiber unfreundliche Bemerkungen über seinen Verleger entlockt, so bittet er in seinem letzten Brief an Francke vor der Reise in den Tod diesen doch, bei Walther Nachricht zu hinterlassen, wo er ihn treffen könne, „weil ich nur Sie und Hrn. Walthern zu sprechen nöthig habe" (944. 23. März 1768. III, 379). „Walther ist mächtig in dem Reiche der Buchhändler" schrieb Winckelmann am 22. Juli 1767 an L. Usteri (883. III, 292), aber das hinderte ihn nicht, wie wir sahen, sich mit ihm zu streiten — der an Einfluß kleine Autor mit dem großen Verleger — und ihm nadelspitze Briefe zu schreiben. „Ich 27 Winckelmann wollte also nicht selbst als Sammler und Herausgeber dieser Briefe erscheinen, sondern die Ehre jemand anders überlassen, wofür er die Ehre der Widmung beanspruchte (und das Honorar!). 28 Es war gut für die Schweizer Freunde und ihr Winckelmann-Bild, daß keines seiner Bücher bei ihnen erschien. Nach allem, was bisher gesagt worden ist, kann es kaum einen Zweifel geben, daß auch diese idealische Freundschaft an den harten Gegebenheiten des Verlagswesens zerschellt wäre.
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sollte billig nicht mehr an meine Schrift gedenken", schreibt er am 31. Mai 1765 über die Allegorie, „weil dieselbe bey Ihnen scheinet vergeßen zu seyn" (708. IV, 412), und fordert, daß die Widmung an die Göttinger Akademie „nicht auf dem Titel-Blade, sondern besonders nach dem Titel zu setzen ist. Zu gleicher Zeit melde ich, daß ich gegen Michaelis wenigstens 3oZecchinen nöthighabe, und bin mit aller Hochachtung . . ." (ebd. 413) Walther schickte das Geld, aber da Winckelmann seine Honoraransprüche wieder einmal erhöht hatte, sparte der Verleger an der Bogenzahl und druckte die Widmung, typographisch wenig schön, doch unter den Titel. Die Stimmung gegen Walther blieb veränderlich, so wie die Liebe zu den Manuskripten und die Fürsorge für sie unverändert blieben, und deshalb hatte Winckelmann auch gesucht, das Manuskript seiner Allegorie „auf das möglichste zu verwahren, sonderlich wegen des unaufhörlichen Regens hier zu Lande. Ich wünsche daß es richtig und ohne Schaden überkommen möge; zumahl da ich keine andere Abschrift habe . . . Ich ersuche Dieselben, mir schleunig von dem Empfang desselben Nachricht zu geben, damit ich mich beruhigen könne" (688a. 29. Dez. 1764. III, 75). Die Antwort ließ aber auf sich warten, und so hieß es am 19. Juni 1765 an H. Füssli: „Von meiner besten Arbeit, der Allegorie, habe ich nicht die mindeste Nachricht, und weiß nicht, ob der Moder oder das Feuer dieselbe verzehret habe" (710. III, 103). Die Allegorie erschien erst zu Michaelis 1766. Das letzte Winckelmannsche Werk, das Walther zu Lebzeiten des Autors druckte, waren die „Anmerkungen über die Geschichte der Kunst des Alterthums". Schon am 16. Februar 1766 hatte Winckelmann an Heyne geschrieben: „Den Druck wünschte ich Walthern nehmen zu können, weil ich mehr als eine Ursache habe mißvergnügt mit ihm zu seyn, sonderlich itzo, da er mir über die Allegorie beständig Lügen schreibt. Er sagt, der Druck sey im December geendigt worden; von andern aber höre ich, daß sie erst auf Ostern erscheinen werde, da er doch meine Handschrift über anderthalb Jahre in Händen hat. Eben so ist es mir mit der Geschichte ergangen. Ich wünschte einen Verleger zu finden, von welchem ich eben den säubern Druck hoffen könnte [vgl. das Kapitel Drucker!], und welcher, nach dem gewöhnlichen Drucke meiner Schriften gerechnet, den Bogen mit drey Ducaten bezahlen wollte. Man muß bedenken, daß es keine Moral oder Geschichte, sondern daß alles, was ich schreibe, mein eigner Stoff ist. Findet dieses Schwierigkeit, so bin ich halb entschlossen, den Druck auf meine eigene Kosten zu besorgen, zumal Stosch . . . nach Berlin geht, und diesen, Handel betreiben könnte" (760. III, 161 f ). 69
Aber noch war Winckelmann an Walther gebunden, und so schrieb er ihm am 28. Juni 1766: „Ich habe mit Schmerzen auf Ihr letztes Schreiben gewartet, sonderlich weil ich die Nachricht von dem angefangenen Drucke der Anmerkungen hoffete, und ich sehe das Gegentheil, der mir gegebenen Versicherung entgegen, aber nicht wider mein Vermuthen. Ich weiß nicht, wie E. HochEdelgeb. sich einbilden können, daß ich in dem Werke selbst eine Widerlegung zweyer Hallenser, von denen der eine ein junger Bärenführer ist 29 und in einer Untersuchung des ehrwürdigen Alterthums und der erhabenen Kunst, die beyden ein Geheimniß bleiben muß, einflicken wolle. Ich habe nicht geglaubet, daß daher ein Vorwand erwachsen solle, den Druck meiner Arbeit vielleicht noch ein halbes Jahr aufzuhalten" (777. III, 182). Es wurde dann allerdings ein ganzes Jahr daraus, denn die Anmerkungen erschienen erst im Herbst 1767, wobei die Verzögerung ausschließlich Winckelmanns eigene Schuld war. Im Januar 1766 hatte er die Absendung des Manuskripts für Ostern angekündigt (754. III, 155). Am 1. März schrieb er an Walther: „Die Anmerkungen . . . werden beträchtlicher, als ich gemeynet; ich werde aber, was an mir ist, alle Seegel anspannen, damit dieses Werk auf künftige Michaelmesse erscheinen kann'' (762. III, 164). In der zweiten Aprilhälfte übersandte er das Manuskript des zweiten Teils „und hoffe binnen Monats Frist" den ersten nachzusenden (767. III, 175). Am 3. Mai hoffte er wiederum, „in zwey Wochen den ganzen ersten Theil ..., die Vorrede ausgenommen, abgehen zu lassen, so daß ich mir schmeichele, es werde dieses Werk in der Michaelismesse erscheinen können" (769. III, 177). In der ersten Junihälfte schickte er dann tatsächlich das Manuskript des ersten Teils, so daß nun nur noch Register, Widmung und Vorrede fehlten (773. III, 179)- Trotzdem war er naiv genug, sich am 28. Juni in dem oben zitierten Briefe zu beschweren, daß der Druck noch nicht begonnen wäre : „Ich habe die Vorrede und die Zuschrift an meinen Freund fertig, werde sie aber nicht abschicken, bevor man nicht mit dem Drucke bis dahin gelanget ist" (777. III, 183). Am 1 1 . Juli schickte er dann statt des Manuskript-Restes die üblichen Zusätze (778. III, 183), so daß es wirklich kein Wunder war, wenn das Erscheinen sich derart hinauszögerte. Im allgemeinen hatte Winckelmann dafür jedoch nicht das mindeste Verständnis und schrieb in seinem Zorn wieder einmal—eine nicht eingehaltene Drohung — „den letzten Brief an den 29
Lessing, den Winckelmann irrtümlich für einen Hofmeister hielt. Der andere ist Klotz. Walther hatte wohl, mit einigem Grund, angenommen, Winckelmann wollte die Gelegenheit benützen, die Angriffe der beiden abzuwehren.
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Buchkrämer . . ., welches zugleich der letzte seyn soll, der von mir nach Sachsen abgehen wird" (821. Stosch, 24. Jan. 1767. III, 230). Nur einmal, scheint es, war es ihm aufgegangen, daß er den Bogen überspannt hatte, wenn er beispielsweise so sehr auf den Druck drängte und doch selbst noch nicht die Vorrede geschickt hatte; so lesen wir am 16. August 1776 an Walther: „Wenn Sie ungehalten auf mich sind, habe ich es gegenwärtig verdienet, und erkenne es, und würde einen Verweiß eben so billig angenommen haben ; aber mit Stillschweigen züchtigen Sie mich zu hart. Melden Sie mir nichts, als Ihr Wohlbefinden, und dies ist mir schon genug" (791. III, 199). Es bestanden ja doch so viele Bindungen, die nicht einfach zu vergessen waren. Es war nicht bloß das ewige Warten auf Antwort, an dem gewiß oft nicht Walther die Schuld trug, sondern der Krieg und die Umständlichkeit der Postwege — „Ich hätte ein kleines Lüstgen mit Ihnen zu schmälen und zu schelten und Ihnen vorzuwerfen, daß Sie von dem Hofe angestecket worden, wo man in der Unhöflichkeit, ehrlichen Leuten nicht zu antworten, eine Großheit zu setzen scheinet" (577. 23. Juli 1763. I I I , 416) —, und nicht nur jene unfreundliche Stimmung, in der Winckelmann Walther verächtlich einen „Buchkrämer" genannt hatte: es waren die Verbindung aus den alten Dresdener Tagen und die „ewige Freundschaft" von 1763 (560. II, 315) und die vielen gemeinsamen Bücher und auch der Scherz — die Unterschrift: „Winckelmann, President des Antiquités de Rome" und der hingekritzelte Nachsatz „Klingt das nicht prächtig!" (564. 22. Mai 1763. II, 322) — und schließlich auch die ungezählten Vermittlungen zwischen Autor und Verleger und zwischen Verleger und Autor. Wie bei einem homme de lettres und bei einem Buchhändler und Verleger, der vielleicht auch ein homme de lettres war, nicht anders zu erwarten, geht es bei den Vermittlungen oft um Buchangelegenheiten. So wie Winckelmann in seinem ersten Brief an Walther um Besorgung eines Buches bat, tat er es später noch sehr oft, wenn Walther beispielsweise beauftragt wird, „quovis pretio" auf etwaigen Auktionen eine Aristoteles-Ausgabe und die Fragmenta von Hugo Grotius zu erstehen (502. II, 253), oder sehen wir den langen Bestellzettel vom 15. Juni 1763 (571. II, 327) mit der späteren Ergänzung (574. II, 330) an. Umgekehrt vermittelte Winckelmann Einkäufe Walthers bei römischen Buchhändlern, etwa bei Monaldini (170. I, 273), und als dieser den übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommt, schreibt Winckelmann an Walther und unterstreicht den Satz, was in der gesamten Korrespondenz vielleicht zwei- oder dreimal vor7i
kommt: „Den Hrn. Monaldini werde ich nachdrücklich auf den Hals gehen, und wenn es verlanget wird, ohngeachtet wir Freunde sind, ihn gerichtlich seiner Schuldigkeit erinnern laßen" (236. I, 417). Als Winckelmanns Freund, der gelehrte Gräzist und Prälat Giacomelli seine ChrysostomusAusgabe im ungelehrten Rom nicht absetzen kann, teilt Winckelmann Walther mit, daß Giacomelli „eine Anzahl Exemplare dieses . . . Werkes, wie andere Arbeiten desselben, zu verthun" suche, „und begnügt sich Bücher dagegen anzunehmen. Ist dieser Vorschlag vortheilhaft für Sie, so bitte ich mir über denselben ein paar Worte aus" ( 5 7 0 . 1 1 . Juni 1763. II, 326), und als er erfährt, daß des Leipzigers Ernesti Initia doctrinae in Rom sehr geschätzt werden, gibt er Walther einen Wink, die günstige Absatzmöglichkeit zu nützen (170. 9. März 1757. I, 273). Daß Winckelmann sich auch redlich bemüht, Walther für den GemmenKatalog zu interessieren, ist selbstverständlich. „Ich glaube man werde ein Hundert Exemplare in Deutschland vertreiben können", schreibt er seinem Verleger am 8. Dezember 1759 (333. II, 57) und ähnlich wohl an Dyck (341. Stosch, 2. J a n . 1760. II, 67). Als Walther dann fünfzig bestellt und eine Nachbestellung nicht für ausgeschlossen hält, versichert ihm Winckelmann: „Sie können sicher seyn daß an keine Buchhandlung in Sachsen, wenigstens so viel mir wissend ist, Exemplare übersandt werden. Nach Berlin aber möchten einige gehen, weil der Besitzer [der Gemmen, Stosch] ein Preuße ist" (361.3. April 1760. II, 87). Und schließlich vertreibt Walther auch die Winckelmann von Stosch an Stelle eines Honorars geschenkten Exemplare oder doch zum wenigsten einen guten Teil davon (654. 18. April 1764. I I I , 33). Auch eine Verlagsanregung finden wir einmal in dem Briefwechsel mit Walther: „Warum machet man die besten Italienischen Dichter nicht bekannt bey uns ? Die Nation hat dergleichen, die man, ohne zu lästern, den Alten entgegensetzen könnte", schreibt Winckelmann am 9. März 1757 und nennt einige Beispiele. „Aber den Welschen sind ihre großen Leute selbst nicht bekannt, wie wollten sie es in Deutschland seyn, wo nur gilt, was Französisch ist" (170. I, 273). In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß Winckelmann dafür sorgte, daß der schöne Reisebericht seines jungen Freundes Riedesel einen Verleger fand. Zunächst dachte Winckelmann daran, ihn an die Bibliothek der Schönen Wissenschaften Dycks zu vermitteln, kam dann aber von diesem Plan ab, da die Berichte durch den Druck in Fortsetzungen dort „zerrißen werden" würden. Daher trug er sie am 22. Juli 1767 L. Usteri für die Schweizer Freunde, also den Verlag Orell, Geßner und Füssli in 72
Zürich an. Obwohl er noch nicht alle Bogen habe, „wird es beßer seyn, dieselbe [die Sicilianische Reise] besonders drucken zu laßen, da dieselbe ein mäßiges Bändgen ausmachen wird . . . Wenn sie anderen mit mir gleiches Vergnügen erwecket, verdienet sie anständig gedruckt zu erscheinen. Ich könnte einen kleinen Vorbericht, ohne mich und den Verfasser zu nennen, voran setzen. Ich habe, da ich dieses schreibe, die erwarteten [weiteren] Bogen erhalten, und ich glaube nicht, daß dergleichen würdige, nützliche und unterrichtende Reise erschienen sey. Sie kann anderen künftig zum Muster dienen. Unser Freund Fueßli kann also seine Meinung sagen, ob er gedenket dieselbe in den größten Octav und überhaupt in der anständigsten Gestalt drucken zu laßen; nach dieser Erklärung werde ich ungesäumet die ersten Bogen einschicken. Es könnte dieselbe vielleicht an 16 Bogen betragen. Dieses ist nur eine Muthmaßung, da ich die Vollendung erwarte. Ich verlange aber auch daß derselbe [Füssli], so wie ich dieselbe ohne alle Absicht mit dem Verfaßer gebe, daß er sich die Mühe nehme, und ein Register zu derselben verfertige; denn man muß doch auf die Müßiggänger in der Welt denken. Außer den wenigen Exemplaren die er mir und dem Verfaßer geben will, bitte ich mir aus, dem Fürsten von Anhalt-Dessau 2 von denselben und meinem Stosch in Berlin 2 andere bis Leipzig Postfrey zu besorgen" (883. III, 292). Riedesels Buch erschien tatsächlich in diesem Zürcher Verlag, jedoch erst nach Winckelmanns Tode, 1771, ohne den Namen des Verfassers, aber Winckelmann gewidmet, ohne dessen Vorrede, die zu schreiben er keine Zeit mehr gefunden hatte, und natürlich ohne die gewünschten Register, da weder Riedesel noch Geßner Winckelmanns Registromanie — dieses treffende Wort prägte Walther Rehm — teilten. Nicht nur Bücher und Manuskripte gab es zwischen Autor und Verleger zu vermitteln. Wenn Walther irgendetwas (was es war, ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang) in Neapel zu besorgen hat, bittet er Winckelmann darum, und dieser gibt den Auftrag an einen dortigen Freund weiter (560.30. April 1763. II, 315), und wenn er die Preise der Freyschen Kupferstiche wissen oder das Kupfer der Raffaelschen Konstantinsschlacht kaufen möchte, wendet er sich gleichfalls an Winckelmann. Aber da seine Bitte gerade auf einen verstimmten Empfänger trifft, muß er sich galligen Tones sagen lassen, daß das gewünschte Kupfer für einen Brief viel zu groß sei „und in einem Cylinder von Bleche Übermacht, würde es vermuthlich mehr Postgeld austragen, als vielleicht das ganze Werk kostet, wovon besagtes Kupfer ein einziges Blad ist. Dergleichen Commißionen werden reiflicher überdacht" (752. 4. Jan. 1766. III, 150). 73
Einen wichtigen Platz unter den Vermittlungen nehmen die Briefe ein, die Winckelmann an seine Freunde in Deutschland schickt, und umgekehrt diejenigen, die der Verlag zur Weiterleitung an seinen Autor erhält, selten zu dessen Freude. Am i. März 1766 muß er „ersuchen, sich ferner mit niemandes Briefen an mich zu beschweren: denn es geschehen mir so viel unvernünftige Anmuthungen von den Pedanten jenseits der Alpen, daß alle meine Zeit auf zwanzig Jahre hinaus nicht zureichen würde, ihren Verlangen ein Genüge zu thun; und ich antworte ferner niemanden von dergleichen Leuten. Ich habe aus Deutschland keine Nachrichten nöthig, und meine Zeit ist viel edlern Untersuchungen gewidmet" (762. III, 164^, vgl. auch 780. III, 184) und am 24. Januar 1767 in einem Postskript: „Der Göttingische Kram und der Brief hätten, so wie ich es mir ausgebethen, zurück bleiben können; denn ich suche mich außer allem Verhältniße zu setzen" (823. III, 233). Ein kleines Kultur-Kuriosum: am 6. April 1765 bittet Winckelmann einen Verleger um die Besorgung von Meißner Porzellan, und zwar „ 1 , Ein halb Dutzend Caffe-Tassen ohne Henkeln 2, Ein halb Dutzend Cioccolata-Tassen mit Henkeln 3, Einen kleinen Thee-Topf 4, Ein halb Dutzend Tellern. Alles von dem gewöhnlichen Blauen Porcellan: die Tassen aber gereift. Rechnen Sie mir alles an bis zu seiner Zeit" (700. III, 9 3 ! ) . Noch ein Wort zum Personellen in diesem Zusammenhang. Als der alte Mengs, der Vater des Malers, plötzlich Heimweh bekommen hat und nach Dresden gereist ist, erbittet Winckelmann Nachricht, wie man ihn dort aufgenommen habe und wie angesehen er dort sei (666. 30. Juni 1764. III, 46), und als der junge Berg durch Deutschland reist, wird er an Walther rekommandiert: „Ich habe indessen dem Commerzien-Rath und königlichen Buchhändler in Dreßden, Herrn Walther, Ihre Ankunft angekündigt [544. Walther. 18. März 1763, II. 299], und die Liebhaber und Kenner der Kunst daselbst werden begierig seyn, den liebenswürdigen Liefländer zu sehen" (545. 22. März 1763. II, 299). Sogar in einem etwas mißlichen Fall wird Walther oftmals um Vermittlung gebeten, nämlich um Auskünfte über Verbleib und Leben Lamprechts einzuziehen: „ E s ist mir sehr viel an einer richtigen und umständlichen Nachricht gelegen" (502. 28. Juli 1762. II, 253), und schließlich auch in einem ausgesprochen peinlichen Fall, in dem unerquicklichen Streit mit Casanova. Ihm widmet Winckelmann in seinem Brief vom 8. April 1767 zehn Druckzeilen, wohl um Walther auf seine Seite zu ziehen, leider nicht 74
mit loyalen Mitteln, sondern mit der Wiederholung alter, längst widerlegter Verleumdungen (839. III, 249). Walther hielt seinem Autor die Treue, auch über dessen frühenTod hinaus. Der Verleger plante, eine Biographie (mit Briefen) herauszubringen und sie von dessen Nöthnitzer Kollegen und altem Freunde Francke schreiben zulassen, der zweifelsfrei dazu der Berufenste war. Francke war einer der Briefempfänger, die am häufigsten in Winckelmanns Epistolar vorkommen, und die an ihn gerichteten Briefe gehören zu den ehrlichsten, ausführlichsten, menschlichsten, die Winckelmann je geschrieben hat. Im Jahre 1773 berichtete Francke Fritsch über seine und Walthers Absicht, als Riedel, der Herausgeber der zweiten Auflage der Geschichte der Kunst, ihn um Material für die dort zu veröffentlichende Biographie gebeten hatte: „Allein, da mein Vorhaben dieses schon seit etlichen Jahren gewesen ; da meine Collectanea schon meistens ausgearbeitet und zum Druck bereitet sind, ja da ich selbst Hrn. Walthern diese Biographie schon längst zu liefern versprochen, und nur durch überhäuffte Arbeit von der völligen Ausarbeitung abgehalten worden", habe er Riedels Ersuchen abgelehnt. „Ich bin auch würklich diesem nun verewigten Freunde dieses Denckmal schuldig, welches Sie aus dem Auszuge einiger seiner Briefe, welche ich beydrucken lasse, werden ersehen können" (IV, 328f.). Leider starb Francke über seinen Vorsatz hinweg. Auch die früher umfänglichste und immer schlechteste Ausgabe der Briefe Winckelmanns in zwei Bänden, die Dassdorf besorgt hatte, erschien 1777 und 1780 im Waltherschen Verlag. Gleim schrieb an Müller, sie sei „von Dassdorf elend gedruckt herausgegeben; unwürdig des großen Mannes ist dieses Denkmal seines Herzens, macht Schande der Waltherschen Buchhandlung zu Dresden, die so viel durch seinen Geist gewonnen h a t " (IV, 336). H O N O R A R E UND
VORSCHÜSSE
An manchen Stellen des vorigen Kapitels klang schon die Honorarfrage an, oft eine der dornigsten im Leben eines Schriftstellers alter «nd neuer Zeit und oft auch eine der dornigsten im Verkehr zwischen Autor und Verleger. Deshalb auch, und weil sie zugleich das Fundament für die folgenden Kapitel ist, haben wir sie aus dem allgemeinen Verlegerkomplex herausgenommen, um das sowieso etwas verworrene Bild nicht durch zahlreiche Rechnungen und Geldangelegenheiten völlig unübersichtlich zu machen, auch auf die Gefahr kleiner Wiederholungen hin. 75
Winckelmanns Auffassung von Geld und Reichtum ist eindeutig durch seine ganze Lebenszeit und entspricht der des wahrhaften Humanisten, der er war. Ein paar willkürlich herausgegriffene Zitate mögen das beweisen. 1757: „und der Preiß soll niemals Schwierigkeit machen: denn wenn ich schriebe, um zu gewinnen, so würde es mir, bey dergleichen mühsamen Untersuchungen sehr übel gehen" (I, 273). 1759: „ich versichere Sie, daß ich nicht reich werden will" (II, 25). 1761: „Ich kann unterdeßen versichern daß ich zufrieden bin, und es hoffe zu bleiben, so eng ich mich auch immer einschrencken muß. Ein anderer würde es in gleichen Umständen nicht seyn, der nemlich nicht gelernet hat, das nothwendige von dem weniger nothwendigen zu unterscheiden. Ich genieße das größte Menschliche Gut, Gesundheit; was verlange ich mehr? Alles übrige sehe ich sehr gleichgültig an" (II, 133). 1767: „Frölich muß ich mit mir selbst seyn, und bin es, da ich mich rühme einer der wenigen Menschenkinder zu seyn, die mit ihrem zugemeßenen Theile vergnügt sind" (III, 266). 1768: „Denn das Geld achte ich so wenig als meine Schuhe" (III, 356). Wenn wir betonen, daß wir mit diesen Selbstäußerungen die ehrliche und tatsächliche Einschätzung des Geldes bei Winckelmann umschrieben zu haben glauben, so wird sich ein scheinbarer Widerspruch zu seinen Äußerungen in Honorarangelegenheiten ergeben. Daß und wieso er nur scheinbar ist, wird im folgenden zu zeigen sein. Die nachweislich erste Äußerung über die Honorarfrage wurde bereits früher angeführt, in dem Abschnitt über sein Opus 1 : „Noch zur Zeit aber habe ich keinen Pfennig Vortheil von meiner Arbeit gehabt: außer daß sie meine Absicht befördert" (112. 4. Juni 1755. I, 176). Wenn Paris eine Messe wert war, so mußte Rom wohl einen Honorarverzicht wert sein. Dieser Verzicht hat also mit Bedürfnislosigkeit oder Gleichgültigkeit gegen das Geld nichts zu tun. Denn wenn die kleinen Summen, die Pater Rauch im Laufe der Jahre an Winckelmann nach Rom sandte, auch in der Gesamtheit nur ein Bruchteil dessen waren, was der König für eine einzige Operninszenierung oder für ein neues Bild seiner Galerie ausgab, so waren sie doch das Vielfache dessen, was ein Verleger an Honorar hätte geben können. Darüber hinaus bildeten sie immer das Lebensminimum und den Anker, der Winckelmann in der römischen Erde halten konnte, und so möchte man sagen, daß seine nicht honorierte erste Schrift ihm mehr eingetragen hat als alle anderen zusammengenommen. Nicht um Geld, sondern um Geltung geht es dann, als der durch seinen Erstling spät, aber plötzlich in das Blickfeld der literarisch-künstlerischen Öffentlichkeit Dresdens Gerückte die Aussicht einer französischen Über76
Setzung sieht: „ich wollte die Kosten mit Freuden bezahlen" (126. Wille, 27. Jan. 1756. I, 200). Gleichgültigkeit gegen den materiellen Gewinn, Allgültigkeit des ideellen Erfolgs bestimmen den ersten „Honoraranspruch" für die Geschichte der Kunst Walther gegenüber: „Mein Vorschlag wäre folgender. Ich überschicke meine Handschrift . . . ohne einen gewißen Preis zu bedingen. Ich suche [ = ersuche] es hingegen auf das allerprächtigste, wie die Breitkopfische Druckerey fähig ist, und nach meiner Vorschrift, drucken zu laßen . .. Ich erwarte dagegen, nach dem Verhältniß des Abgangs, ein gemäßes Geschenck, welches ich Dero Gelegenheit anheimstelle" (214. 15. Mai 1758. I, 363 f )Dankbarkeit gegenüber den Schweizern, die ihm zur Reise nach Neapel verhelfen wollten — und daß sie ihn so wenig kannten wie er sie, machten ihm die fünfzehn Zecchinen zu hundertfünfzig! —, diktierte den Vorschlag bei dem ersten Zürcherischen Druckplan der Geschichte der Kunst:, .Ueber meine Schrift werden keine Bedingungen gemacht: ich will die Zufriedenheit haben, ohne niedrige Absichten zu arbeiten. Menschen wie wir sind edler als Geld, und es sey ein Fluch geachtet, etwas weiter zu erwehnen" (225. C. Füssli, 27. Juli 1758. I, 39Q). Damit wären die Äußerungen Winckelmanns zu der einen Seite der Sache erschöpft, aber bevor wir uns denen zur zweiten zuwenden, muß einiges über die Honorarfrage bei der Arbeit an dem Gemmenkatalog gesagt werden. Es scheint, als hätten Winckelmann und Stosch vor Beginn der „eselsmäßigen" Arbeit, die obendrein viel mehr Zeit verschlang, als beide erwartet hatten, nicht über eine Honorierung gesprochen und ebensowenig in den Monaten, die Winckelmann in Florenz verbrachte. Es wäre nicht unmöglich, daß der Weltmann Stosch dem armen kleinen (wenn auch berühmten) Abbate einen Gefallen zu tun glaubte, wenn er ihn für einige Zeit aus seiner würdevollen römischen Misere löste und in sein reiches Haus aufnahm. Es hat auch den Anschein, als wären ihm erst später, angesichts der Schwere und Dauer der Arbeit, Bedenken gekommen, ob er wirklich genug getan hätte. Vielleicht bezieht sich Winckelmanns Antwort vom 18. Januar 1760 auf eine derartige Anfrage, die wohl auch den Hinweis enthielt, daß er, Stosch, im Augenblick, vor dem Verkauf der kostbaren geerbten Sammlungen, nicht recht bei Kasse sei. Jedenfalls schreibt ihm Winckelmann: „Sie sollen durch mich im geringsten nicht in Unordnung kommen, oder, welches geschehen müßte, entblößet werden. Davor bewahre mich Gott. Ich habe im geringsten nicht gearbeitet, Dank oder Be77
lohnung zu verdienen: meine größte Belohnung wird, wenn das Werck so aufgenommen werden, wie es verdienet" (346. II, 73). Auf eine weitere Frage Stoschens erbittet Winckelmann am 29. März 1760 zehn bis fünfzehn Freiexemplare: „Sie schenken mir 10 Exemplare auf groß Papier. 1. für den König, 2. Chur-Prinz, 3. Brühl, 4. Wackerbarth, 5. Bünau, 6. Baldani, 7. Tanucci, 8. Passionei, 9. Bianconi, 10. Winckelmann. Ich würde noch 5 Exemplare auf dem gewöhnlichen Papier bitten [zum Verschenken oder Verkaufen]" (359. II, 85). Stosch schickt dann mehr als gewünscht war, und Winckelmann schreibt ihm am 4. Mai 1760: „Sie haben mich zu Ihren Schaden nicht recht verstanden: ich habe nicht so viel auf großes Papir verlanget, als Sie mir geschenket haben . . . Sie haben mit für meinen Ruhm gearbeitet, und ich wäre zufrieden gewesen, daß ich ohne meine Kosten in Italien eine Arbeit von mir an das Licht geben können", worauf er auch noch andeutet, daß er überzählige Stücke zum regulären Preis verkaufen werde (362. II, 88). Bis zu diesem Zeitpunkt ist alles klar, ebenso wie die Tatsache, daß Stosch mehrfach große Geschenke schickte, Wein, Kaffee und dergleichen.Während die Korrespondenz mit ihm aber noch scheinbar im besten Einvernehmen weiterläuft, bis sie dann für nahezu zwei Jahre abbricht, lesen wir mit Verwunderung in einem Briefe Winckelmanns an Wiedewelt vom 9. Dezember 1760: „Für die Arbeit in Florenz habe ich noch zu hoffen" (377. II, 107), an J . J . Volkmann vom 27. März 1761, daß ihm „eine gerechte und billige Rechnung fehl geschlagen" (397. II, 130), und dann am 1. Mai 1762 in einem Brief an Walther die kräftigen Worte, daß er „schändlicher Weise um meinen verdienten Lohn der großen Arbeit an der Beschreibung der Stoßischen Steine wäre betrogen worden" (480. II, 222), am 12. Juni 1762 in einem Brief an Geßner „Ich bin um die Arbeit des Stoßischen Cabinets schändlich betrogen" (490. II, 235 und ähnlich noch einmal gegenüber Walther am 12. August 1763. 581. II, 336). Woher dieser plötzliche Umschwung? Nicht unmöglich wäre, daß Stosch ein tatsächliches flüchtiges Versprechen vergessen oder daß Winckelmann ein halbes Versprechen als ganzes verstanden hätte. Wahrscheinlicher scheint indessen eine andere Erklärung; daß nämlich Kardinal Albani, dem Winckelmann durch die langwierige Arbeit entzogen wurde, in seinem ungebändigten Temperament Winckelmann getadelt hätte, so viel kostbare Zeit verschenkt zu haben. Ein anderes Moment kommt unbedingt noch hinzu: das Selbstbewußtsein Winckelmanns war gerade um diese Zeit sehr im Zunehmen begriffen, ebenso sein Gefühl für Menschenwürde und für den unschätzbaren Wert seiner Arbeit. Begreiflich also, daß es ihn 78
im Vergehen der Zeit und im mählichen Überlegen verdroß, sich so billig weggegeben zu haben wie einer der von Herzen gehaßten „deutschen Magisters". Diese Motive lassen sich auch an Hand anderer Honorarforderungen Winckelmanns chronologisch genau darlegen: Walther hatte pro Bogen der Geschichte der Kunst eine Zecchine geboten, Dyck, zunächst ohne Hinblick auf die Geschichte der Kunst, vielmehr für seine Bibliothek der Schönen Wissenschaften, einen Louisdor. Eine Zecchine machte beim damaligen Kurs etwa drei Taler aus, ein Louisdor fünf, so daß sich also bei einem so umfänglichen Werk wie der Kunstgeschichte eine beträchtliche Differenz ergab. Als der doppelt umworbene Winckelmann nun wieder auf die schweizerische Verlagsmöglichkeit zurückkam, war nicht mehr von einem Geschenk an die Schweizer Freunde die Rede. Das alte Angebot dieser Art wurde nicht einmal in einer Andeutung gestreift. Da hieß es am 12. Juni 1762 an Geßner: „Die einzige Schwierigkeit auf Ihrer Seite, mein Freund, wird mein Honorarium seyn, weil dieses nicht von Ihnen allein abhängt. Die Leipziger Buchhändler haben mir für den Bogen einen Louisd'or gebothen, wie man dieses leicht erfahren kann, wenn mein Wort nicht Glauben fände: 30 ich würde mich aber allezeit billig finden laßen. Wenn man aber überleget, daß ich mit wenigerer Mühe einige Folianten als zwey Bände in Quart schreiben können, da die Kürze, wo jedes Wort abzuwägen ist, mehr als die Weitläuftigkeit kostet, so wird meine Forderung nicht so ganz unbillig scheinen können. Ich habe auf manchen Perioden ganze Monate gedacht . . . In Absicht der Kupfer und der Kosten für die Zeichnungen würde man meine angegebene Forderung auf das Wort eines ehrlichen Mannes nicht in Zweifel ziehen" (490. II, 235 f.). Wenn er Walther den Verlag zu entziehen gedenkt, so begründet er das Volkmann gegenüber (18. Juni 1762) mit dem Geldmangel in Sachsen, der den Druck hemmen könnte wie bei den „Anmerkungen über die Baukunst der Alten", und damit, „daß ich auch für alle meine Arbeit ganzer sieben Jahre hindurch schwerlich das geringste Honorarium zu hoffen habe" (491. II, 236, ähnlich auch im oben angeführten Brief an Geßner, II, 235). Als er Walther die ersten Manuskriptseiten des Herculanischen Sendschreibens schickt, heißt es, mit Verständnis für die kriegsbedingte schwie3 0 Um diese Zeit muß Winckelmann das Honorar von einem Louisdor also noch für ungewöhnlich hoch gehalten haben, da er Zweifel an der Glaubwürdigkeit voraussetzt und auch im folgenden die Schwere seiner Arbeit so stark herausstreicht.
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rige Lage Walthers, aber auch mit einem erstaunlichen Präsens, am 28. Juli 1762: „Mein Honorarium ist, wie für die Hist. der Kunst, der gedruckte Bogen 1 Zecchino: denn höher kann man doch bey itzigen Zeiten nicht gehen" (502. II, 253). Als er, ein Jahr darauf, als es Sachsen noch keineswegs besser ergeht, die Schrift für Berg übersendet, am 4. Juni 1763, heißt es: „Ich muß Ihnen aber sagen, daß ein Duc. 31 für den Bogen zu wenig ist, zumahl bey einer Schrift, die aus lauter eigenen Gedancken zusammengesetzt ist, wie die an Berg. Ich müßte, wenn ich von Bücherschreiben leben wollte, wie man von einigen sagt, betteln gehen." Nach einigen anderen Erörterungen kommt er noch einmal auf das erst angeschlagene Thema zurück und schreibt: „Ich werde mit allem Recht und ohne Ihren Schaden 2 Duc. fordern, denn ich bin guter Aufnahme derselben [der Schrift] gewiß, wie es ein jeder seyn kann, welcher Original-Schriften liefert, deren sehr wenig sind!" Hat er den Bogen überspannt? Vielleicht. Also schnell noch ein kleines Palliativ: „Unterdeßen bin ich mit allem zufrieden, und werde hierüber weiter kein Wort verlieren" (566. II, 324). Und das Erstaunliche geschieht: Walther bewilligt die Verdoppelung des Honorars, anscheinend ohne jede Diskussion, und so kann denn Winckelmann ihm das zweite Herculanische Sendschreiben folgendermaßen anbieten: „Ich trage Ihnen also die Ausgabe derselben an, unter folgenden Bedingungen. Erstlich den gedruckten Bogen mit 2 Zecchini Romani zu bezahlen . . ." (646. 21. März 1764. III, 25), und am 20. Juni, vielleicht auf einen Einspruch Walthers, wiederholen: „und Drittens kann ich den Bogen nicht anders als 2 Zecchini geben" (663. III, 43). Als Walther ihm dann den beendeten Druck meldet, antwortet Winckelmann am 13. Oktober 1764: „Man muß also auf etwas neues denken, wozu ich mich anschicke [Allegorie], jedoch mit mehrerer Ueberlegung meiner Vortheile, als vorher geschehen ist" (679. III, 61), was unzweideutig eine neue Honorarerhöhung von Seiten des Autors bedeutet. Aber, bei allen Auseinandersetzungen dieser Jahre weiß Winckelmann doch noch, was er an Walther hat, und zudem war vor einigen Monaten endlich die Geschichte der Kunst erschienen. Also gibt er am 23. Oktober 1764 ehrlich zu, daß er geplant habe, die Allegorie auf eigene Kosten zu drucken, „um aus einer so mühsamen Arbeit einigen proportionirten Vortheil zu ziehen". Er sei aber wieder davon abgekommen, vor allem wegen der räumlichen Distanz zwischen Autor und Druckort. „Ich trage also 31
1 Dukaten = 1 Zecchino
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E. HochEdelgebohrnen diesen Verlag bey Zeiten an, damit wenn derselbe Ihnen annehmlich ist, alles dazu könne veranstaltet werden, um nach dem neuen Jahre den Druck anzufangen. Es wird diese Schrift etwa anderthalb Alphabet 35 betragen, und das Format kann wie zu den vorigen Schriften seyn. Kupfer kommen nicht zu demselben. Wenn ich mehr als 2 Zecchini für den gedruckten Bogen fordern würde, könnte man mich allezeit auf die Preise der Schriften eines Moßheims33 etc. verweisen: es wäre aber auf diesen Einwurf eine gründliche Antwort zu geben. Denn man muß erstlich bedenken, daß ich in Rom und nicht in Göttingen schreibe, von Dingen, die zur Erleuchtung unserer Nation und zum guten Geschmack beytragen, und nicht Sachen, die bloß Gelehrsamkeit betreffen oder für die Canzel oder der Erbauung dienen, und es ist sehr viel leichter Zehen Werke von der Moral als eine einzige Geschichte der Kunst zu schreiben. Ferner ist zu überlegen, daß Untersuchungen welche ich bekannt mache, Reisen und große Kosten erfordern, da Gelehrte in Deutschland, ohne aus ihrem Zimmer zu gehen, schreiben können. Ich weiß auch daß der Verfasser des Lebens der Königin in Schweden, worin wenig sein eigen ist, 2 Louisd'or für den Bogen erhalten.34 Dem allen ohngeachtet, um den Verlag zu erleichtern, werde ich mich mit 2 Zecchini für den gedruckten Bogen begnügen mit Vorbehalt von 12 Exemplaren" (682. III, 62 f.). Daß Walther nicht kleinlich rechnete und dreißig Zecchinen überwies, also statt elfeinhalb Bogen fünfzehn honorierte (737. III, 129), sei zu erwähnen nicht vergessen. Das geschah, nachdem Winckelmann ihn am 31. August 1765 dringend gemahnt hatte: „Ferner ersuche ich Dieselben mir nebst dem honorario für die Herculanische Nachrichten, welches 14 Zecchini sind, das ganze honorarium für die Allegorie, den Bogen zu 2 Zecchini gerechnet, so bald als möglich zu übermachen" (729. III, 123). Wie Winckelmann allerdings das Honorar für die zweite Herculaneum- Schrift berechnet hat, bleibt dunkel, da hier ja eindeutig zwei Zecchinen pro Bogen gefordert und bewilligt waren. Die Schrift umfaßt aber nur 53 Seiten, mit Titelblatt und Impressum-Seite 56, was dreieinhalb Bogen, also sieben Zecchinen ergeben muß. Walther bezahlte die geforderten vierzehn. Da 32
Ca. 36 Bogen. E s wurde, mit Registern und Vorreden, etwa ein Drittel davon. Johann Lorenz von Mosheim, 1694 bis 1 7 5 5 , Professor der Theologie und Kanzler der Universität Göttingen, Vater der modernen Kirchengeschichte und der neuen Predigt, außerordentlich produktiver und vielgelesener, daher wohl auch hochbezahlter Autor. 34 Nach Rehm I I I , 4 5 1 handelt es sich um J . Arckenholtz. Das französische Original war von Reiffenstein übersetzt, von dem Winckelmann also wohl die K e n n t nis über das Honorar hatte. 33
6 Stoll, Winckelmann
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diese Schrift keine Kupfer enthält, außer Rokoko-Zierleisten, kann auch damit die Rechnung nicht gerade gemacht werden. Am 18. Januar 1766 kündigt Winckelm ann Wal t her die „Anmerkungen zur Geschichte der Kunst" an, die zu Ostern fertig sein sollen: „und ich schmeichele mir, daß es das Beste seyn sollte, was irgend aus meiner Feder gekommen ; es soll aber auch meine letzte Deutsche Arbeit seyn, und diese, wenn wir werden über den Preis können einig werden, bleibt für Ihre Druckerey, sonderlich wenn ich einen gewißen Punct berühren darf, welchen ich vorher zu Ihrer Überlegung einschicken werde. Sollte dieses aber nicht geschehen können, so würde ich wider meinen Willen einen anderen Weg nehmen müßen" (754. I I I , 155). Über den „gewißen Punct" äußert er sich im nächsten Brief, vom 1. März, unter Wiederholung aller schon bekannten Argumente pro domo: „Unterdessen, da es eine sehr wichtige, schwere, nöthige und nützliche Arbeit ist, und vermutlich meine letzte Deutsche seyn wird; da ich alles selbst schreibe, und die Register verfertige, so bin ich nicht im Stande, den gedruckten Bogen unter drey Zecchinen zu lassen. Melden Sie mir bald, was ich von Ihrer Billigkeit und Erkenntlichkeit für eine meiner Mühe angemessene Belohnung zu erwarten habe" (762. I I I , 164). Mit großer Spannung mag Winckelmann auf Walthers Antwort gewartet haben, die denn auch schnell eintraf. Walther hatte, so ergibt sich aus Winckelmanns neuem Schreiben, in den sauren Apfel gebissen, doch nicht, ohne seinem teuersten Autor einige Vorstellungen über dessen recht hohe Forderungen gemacht zu haben. Winckelmann schreibt ihm (Konzept) in der zweiten Aprilhälfte 1766: „Ich habe Ihre gewünschte Antwort über den neuen Verlag gestern mit Vergnügen erhalten. Vorstellen konnte ich mir daß meine Forderung vielleicht übertrieben scheinen möchte, weil dieselbe über die gesetzten [ = üblichen] Preise gehet. Sie werden aber die Arbeit betrachten und überlegen, daß ich nichts dabey gewinne, und ich müßte einen andern Stand erwählen, wenn ich auch in Deutschland von diesen vermeinten hohen Schreibe-Gebühren leben sollte. Gott weiß wie theuer mir die Arbeit wird, und ich wünschte, daß ich reich wäre, und wie ich es mit meiner ersten Schrift gemacht, alles selbst drucken laßen und hernach verschenken könnte. Allein ich soll mich nicht überheben. Man giebt ja, wie ich höre, einem Uebersetzer 2 Rthlr. für den Bogen. Die Gütigkeit mit welcher das Publicum meine Arbeit aufnimmt, läßet mich hoffen, man werde nach dem Drucke den von Ihnen bestimmten Preis nicht zu hoch finden, in Erwegung, daß es Original-Wercke sind" (767. I I I , 175)82
Es scheint, daß sich dieses für jene Zeit unerhört hohe Honorar in der literarischen Welt herumgesprochen habe, sei es durch Winckelmann selbst, der die Dinge schlecht für sich behalten konnte und alle Neuigkeiten brühwarm in alle Welt herumschrieb, sei es durch Klagen Walthers. Jedenfalls schreibt Winckelmann am 21. November 1767 an Stosch: „Was den Preis von 3 Ducaten den Bogen betrifft, ist wahr von den Anmerkungen allein; und ich würde 4 Ducaten fordern, wenn ich fernerhin meinen sauren Schweiß den Buchhändlern geben wollte" (906. III, 319). Nicht uninteressant in diesem Zusammenhang ist eine Notiz bei Richter, aus der hervorgeht, daß der Verlag ein gutes Menschenalter später einem seiner Autoren vier Taler pro Bogen zahlte, dabei aber noch die Bedingung machte, daß er die Hälfte des Honorars in Büchern des Verlages abnahm! Gleichviel, Walther selbst bewilligte seinem besten Autor dieses ,,Spitzen"-Honorar, und so muß wieder einmal mehr und ausdrücklich seine Opferwilligkeit anerkannt werden. Aber: wenn ein Autor wie Winckelmann glaubte, nichts verschenken zu dürfen, so kann auch ein Verleger nichts verschenken, zumal, wenn nicht alle seine Autoren wie Winckelmann sind. Walther zahlte also drei Dukaten für den Bogen, das Dreifache des Anfangshonorars und auch das Dreifache dessen, was wir wohl als Normalhonorar jener Zeit ansehen müssen. Aber wenn Walther auch nicht nur Geschäftsmann war, so war er doch auch Geschäftsmann. Der Beweis sei durch eine ganz simple Rechnung erbracht: die Schrift für Berg (für zwei Dukaten den Bogen) zählt pro Seite durchschnittlich 28 Zeilen, die Allegorie 35 , für die Winckelmann ebenfalls zwei Dukaten forderte, zählt, kaum merklicher Unterschied, durchschnittlich schon 31 Zeilen pro Seite, so daß — wir rechnen weiter — auf 158 Seiten reinen Textes schon 474 Zeilen = rund ein Bogen eingespart werden. Und nun die Anmerkungen zur Geschichte der Kunst! Walther pariert Winckelmanns Forderung und druckt — bei immer gleichem Format — die Seite so eng, daß sie im Mittel 38 Zeilen umfaßt! Rechnen wir weiter: die Anmerkungen zur Geschichte der Kunst zählen mit Vorrede und Registern 168 Seiten. 168 Seiten zu 38 Zeilen (und drei Zecchinen pro Bogen) ergeben rund 6400 Zeilen und rund 31 Zecchinen Honorar. 6400 Zeilen, auf Seiten mit 28 Zeilen umgerechnet, ergeben rund 229 Seiten = rund vierzehn Bogen, das macht, bei zwei Zecchinen pro Bogen, 28 Zecchinen Honorar. Der Unterschied ist wahrhaftig nicht beträchtlich und für einen Verleger leicht 35
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„Versuch einer Allegorie, besonders für die K u n s t " , Dresden 1766.
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tragbar, bedeutet aber für den Autor mehr einen theoretischen als einen praktischen Gewinn. Ob sich Winckelmann diese Rechnung gemacht hat? Freude an dem Druck wird er jedenfalls nicht gehabt haben. Noch ein Thema, seit eh und je für Schriftsteller und ihre Verleger von grundlegender Wichtigkeit, ist hier zu erörtern: der Vorschuß. Am i. Mai 1762 schreibt Winckelmann an Walther: „Ich nehme itzo, wenn es die gegenwärtige jämmerliche Umstände erlauben, Ihr gütiges an mich geschehenes Anbieten [halten wir das fest! Das Angebot war also von Walther ausgegangen!] an, mir zur Bestreitung dieser Kosten [Kupfer] einen Vorschuß zu thun, wozu ich 30 Zecchini nöthig habe .. . Ich hätte keinen Heller vor gänzlicher Endigung des Drucks verlanget" (480. 11. 222). Als er dann mit den Schweizern anbandelt, geht es um das gleiche, ein selbst den Ungläubigsten überzeugender Beweis, daß er das Geld wirklich nur für die Kupfer zur Geschichte der Kunst gebrauchte; 12. Juni 1762 an Geßner: „Wenn mein Vorschlag und Forderung annehmlich gefunden würde, und das ganze MS. in Ihren Händen wäre, würde ich einen Vorschuß von 20 oder 30 Zecchini verlangen zur Bestreitung der übrigen Kupfer. Denn ich kann itzo nicht weiter gehen [ = fortfahren]: der einzige Zeichner deßen ich mich bedienen kann ist kostbar und hier ist alles theuer" (490. II, 235). Als dann die Zeitumstände Walther die Zahlung des Vorschusses anscheinend nahezu unmöglich machen, schreibt ihm Winckelmann am 13. September 1762: „Der verlangte Vorschuß soll Sie nicht beunruhigen; es ist Zeit auch bis gegen Neu-Jahr" (515. II, 262), und als das Geld dann anlangt, von Walther vielleicht mühselig erübrigt, wird Winckelmann so herzlich, wie er es in seinem Briefwechsel mit dem Verleger selten ist. 15. Januar 1763: „Ihr letztes Schreiben hat mir so viel Empfindung verursachet, daß ich mir fast ein Gewissen machen muß, Geld und Vorschuß von Ihnen anzunehmen, und ich betheure, daß es mir mehr als einmal eingefallen ist, die Anweisung auf Dreyßig Zecchini, deren Empfang ich hiermit bescheinige, zurückzusenden. Der Jammer [in Sachsen, durch den Krieg] war mir bekannt nach allen mir berichteten Grausamkeiten; aber Ihre kurze Anzeige hat mir denselben wie vor Augen gestellt, und mich in die äusserste Betrübniß versenkt, so daß ich unfähig bin, an Arbeit zu denken. Es ist mir leid, ja herzlich leid, das Geringste verlanget zuhaben; aber ich werde mich bemühen, mich Ihrer Willfährigkeit in Umständen, wo dieselbe kann bey Seite gesetzet werden, nach allem Vermögen gemäß zu bezeigen. Ich schäme mich, daß ich Gelegenheit dazu gegeben habe" (534. II, 286). 84
Auch 1763 wird die Vorschußfrage wieder akut, zumal nicht sicher ist, ob Winckelmann bei Lage der Dinge auf eine Zuwendung von Pater Rauch zählen kann; also bittet er Walther um Vermittlung, am 12. August 1763: „ich werde vielleicht erfahren, ob ich den gewöhnlichen Beytrag auf dieses Jahr zu hoffen habe, wenn E. HochEdelgeb. ihm zu verstehen geben, daß ich von Ihnen Geld verlanget zur Fortsetzung meines Werks [Monumenti], welches da es aus 200 Kupfern bestehet, große Kosten erfordert. Vielleicht läßt sich derselbe alsdenn merken, was ich zu wissen wünsche. Dieses aber ist kein Vorgeben, sondern ich sehe mich genöthiget Sie zu bitten, doch nach Ihrer Gelegenheit, wenigstens nach der Meße mich mit etwas beyzustehen. Ich habe die Rechnung nicht ohne Wirth gemacht; aber das Werk ist über die erste Anlage unmerklich angewachsen, und ich werde, wenn es wirklich unter der Preße ist, hier Geld aufzunehmen suchen. Ich bitte also dem Hrn. P. Rauch nur merken zu laßen 1) daß mir sein langes Stillschweigen befremdet und 2) daß ich Sie um Geld ersuchet habe, weiter aber, um der Freundschaft willen, die Sie zu mir tragen, kein Wort von dem was ich geschrieben habe, weder itzo noch künftig. Ich bitte auch diesen Brief unverzüglich zu verbrennen, damit derselbe niemanden zu Gesicht komme" (581. II, 337). Als dann Nachricht von Rauch eingetroffen ist, schreibt Winckelmann an Walther am 15. Oktober 1763: „Das übrige alles nach Ihrer Bequemlichkeit. Ich erinnere mich allezeit mit Erkenntlichkeit des letzen Vorschußes in den höchst bedrängten Zeiten, und schäme mich, daß ich ohne dringende Noth Gelegenheit dazu gegeben" (596. II, 350f.). Liest man nach diesen Briefausschnitten über die Honorarfrage, speziell im Verkehr mit Walther, Richters Ausführungen über das gleiche Thema, so muß man entschiedenen Einspruch gegen dessen mehr als einseitige Darstellung erheben. Gewiß, Winckelmann ist kein Engel. Er ist eben Winckelmann. Daß Winckelmann, .vielfach nicht unbedeutende Geldvorschüsse von dem dazu immer bereitwilligen Walther" erbeten hätte (a. a. 0 . 1 4 1 ) , ist eine Übertreibung. Er erbat sie selten und wirklich nur dann, wenn er ohnedem nicht weiterkonnte. Ein solches Aushelfen gehört nun einmal von altersher zu den Gewohnheiten und Pflichten eines Verlegers, der Vertrauen zu seinem Autor und zudem auch nicht geringen Nutzen von ihm hat. Wenn Richter dann allerdings (ebd.) fortfährt „Der Wohlstand Walthers, des tätigen, umsichtigen und streng rechtlichen Geschäftsmannes, erlaubte diese und andere, armen Autoren gewährte Unterstützungen, die er stets mit der feinfühlendsten Zartheit spendete und die immer wohltuend, niemals verletzend für den Empfänger wirkten", so ist das schlechthin gro85
tesk, ganz zu schweigen davon, daß Richter sich für die Zartheit auf ein Manuskript „der Frau Generalin Schöler" bezieht, die „leider . . anzugeben vergessen" hat, „wo sich die Danksagungen usw. befinden" (a. a. O. 166). Woher stammte denn Walthers Wohlstand, wenn nicht von seinen Autoren ? Oder wollte Richter etwa behaupten, daß er ausschließlich aus den schwiegerväterliehen Posamenten hergerührt hätte? Dann hätte er nicht einige Seiten vorher verraten dürfen, daß Voltaire keinen Pfennig Honorar von Walther bekam. Und wenn Winckelmanns Schriften sich auch nicht schnell verkauften, so hatte doch wohl jede von ihnen angesichts des minimalen zeitüblichen Honorars einen nicht unbeträchtlichen Gewinn für den Verleger abgeworfen. Weiter: bei Walthers wenigen Vorschüssen an Winckelmann handelte es sich durchaus nicht um „Unterstützungen an arme Autoren", sondern um die ganz normale Praxis des Vorschusses, den Walther später, wenn das Honorar fällig wurde, zu verrechnen nicht vergaß, denn schließlich war er ja kein Wohlfahrtsinstitut, wie es bei Richter scheint, sondern Verleger, das heißt also auch Geschäftsmann. Die von Richter so getadelte Berechnung der Kupfer und der Zeichnungen durch Winckelmann (a. a. O. 143) ist in ihrer schließlichen Konsequenz und in ihren etwaigen Hintergedanken gewiß nicht zu loben, im Prinzip aber richtig und berechtigt, denn die Ausstattung eines Buches ist grundsätzlich Sache des Verlages, nicht des Autors, und geht logischermaßen zu Lasten des Verlages. Irrig ist schließlich Richters Berechnung der von Winckelmann erhaltenen Honorare (143), da er von den falschen und in späteren Briefen korrigierten Umfangsberechnungen Winckelmanns ausgeht, statt sich die kleine Mühe zu machen, die Seiten der fertigen Bücher nachzuzählen oder gar, wie wir es der Gerechtigkeit zuliebe taten, die geschickte Bogen-Taktik des Verlegers zu berücksichtigen. Wenn er dann gar von Winckelmanns „Gehässigkeit" gegenüber Walther spricht (144), so beweist er damit, daß er von Winckelmanns Wesen absolut nichts begriffen hat. Niemand wird leugnen können oder wollen, daß Winckelmann im Fortschreiten der Jahre immer höhere Ansprüche an seinen Verleger gestellt hat. Niemand aber kann auch jenen Satz vom 23. Juli 1763 an Walther ungeschrieben machen, in dem Winckelmann sich über die Verzögerung des Druckes der Schrift für den jungen Berg beklagt. „Ich ziehe mein Wort zurück über den angezeigten Preis [566. II, 323], und verlange lieber nichts, um dieselbe nur gedruckt zu hören" (577. III, 416). Das was genau so ehrlich und wahrhaftig empfunden und geschrieben wie die Forderung der drei oder gar vier Zecchinen pro Bogen. Winckelmann ist nicht nur
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eine complexio oppositorum wie jeder lebendige Mensch, ein Mensch mit seinem Widerspruch, sondern er gehört auch dem Typus inversus an. Das soll man nicht vergessen, denn das erklärt viele Charakterzüge. Als Winckelmann seinem alten Freunde Francke berichtet hatte, er habe für den Druck der Monumenti schon an tausend Scudi ausgegeben, erstarrte der brave und ein wenig knöchern gewordene Bibliothekarius und schrieb, zwischen Empörung und blassem Neid, an Fritsch: „Dencken Sie, was der Mensch vor Einnahmen haben muß" (18. Sept. 1763. IV, 131). Nun, wer Walther Rehms Briefausgabe aufmerksam studiert hat, weiß, aus wieviel kleinen und kleinsten Quellen das Geld für die Monumenti zusammengeflossen ist. Er weiß auch, daß Winckelmann, geistig einer der Reichsten seines Saeculums, noch immer nicht wußte, wovon er leben sollte, wenn sein Beschützer, der alte Kardinal Albani, sterben würde — es sei denn, vom Ertrag seiner Bücher. Gerade an Francke, als hätte er von dessen durch Sachkenntnis nicht getrübtem Satze gewußt, schrieb Winckelmann am 5. Dezember 1767: „Ich lasse Sie nunmehro urtheilen, ob ich bey meinen Deutschen Schriften etwas gewinnen können, nur allein in Betrachtung meiner letzten Neapolitanischen Reise; es hat mir dieselbe mehr gekostet, als alles, was mir der Buchhändler [Walther] gegeben hat. Ich bin nur allein wenigstens zwanzigmal in Portici gewesen, welcher Ort beynahe eine Deutsche Meile von Neapel entlegen ist; Pompeji ist an drey Meilen, und diese Reise habe ich viermal gemacht. Der anderen Reisen nach Cuma, Baja, Caserta u. s. w. nicht zu gedenken . . . Ein Professor, der in seinem Zimmer metaphysische oder geometrische Gewebe macht, kann seine Ware verschenken; ich aber nicht" (914. III, 329). Winckelmann lebte nicht, um behaglich in seinen vier Turmzimmern an Quattro Fontane zu sitzen oder in der Villa Albani oder den Albanerbergen in Villeggiatur zu weilen und nebenbei, damit er sich nicht langweile, dieses oder jenes zu Papier zu bringen. In ihm war die Glut eines Apostels, der nicht schweigen kann, auch wenn das Schweigen so viel bequemer ist. Er mußte reden und Zeugnis ablegen von dem, was in ihm lebte, weil es anderen Menschen nützen kann, weil es sie fördern kann in der Erkenntnis des Wahren und des Schönen. Er wußte auch, daß er zu zu seiner Zeit der einzige war, dem diese Mission in die Wiege gelegt worden war. Seine Lebensmöglichkeiten aber hingen an zwei seidenen Fäden; einmal an dem Leben seines Kardinals, der ein fast blinder Greis war, ein Vierteljahrhundert älter als sein gelehrter Bibliothekar, Helfer und Freund, und daher nach menschlichem Ermessen bestimmt, viel früher zu sterben 87
als dieser; zum anderen an den kärglichen Subsidien der Ämter und Ämtchen, die sich im Laufe der römischen Jahre häuften und doch kaum zum bequemen Leben ausreichten, geschweige denn zu einem otium cum dignitate des Alters. Winckelmann wußte, daß seine Bücher in aller Welt gelesen, begehrt und sehnlich erwartet wurden. Er wußte, daß er der einzige war, der über gewisse Themen sprechen konnte. Aber, wie es bei Schriftstellern bisweilen oder sogar häufig vorkommt, er hatte falsche Vorstellungen von den Unsummen, die der Verleger mit seinem, Winckelmanns, „blutsaurem Schweiß" verdiente, während er selbst mit einer Handvoll Goldstücke abgespeist wurde. Unlogisch und übereilt, eben dem Typus inversus verhaftet, schloß er daraus, daß er betrogen würde, obwohl er in Wirklichkeit doch — vermutlich — der höchstbezahlte Autor seiner Zeit war. Sich zu verschenken, ging wider die Würde, die Menschenwürde allgemein und die Würde eines Winckelmann im besonderen. Wie war es doch zuletzt gewesen, als er das Dreifache des Üblichen vom Verleger verlangt hatte? Der hatte ein saures Gesicht gemacht und einen Brief lang geschmält und geschmollt — aber gezahlt hatte er doch! Also kann er noch immer kein schlechtes Geschäft gemacht haben, also hat er zehn Jahre lang den Autor schamlos betrogen! Also muß Verlegersein eine Goldgrube sein. Goldgrube? Die braucht man nicht, denn man hängt nicht am Gelde, man verachtet es sogar. Aber es ist nötig, um zu leben und um zu arbeiten, um so zu leben, wie die Arbeit es verlangt, mit Reisen und Forschungen und teuren Studien. Und da wird der Entschluß geboren, aus einem Trugschluß zwar, aber doch Entschluß: Man muß selbst Verleger werden. Nicht für Andere. Dazu fehlt die Zeit und, außerdem, lohnt das kaum der Mühe. Für die eigenen Bücher nur. Dann ist die weitere Arbeit, dann ist auch das ruhige Alter gesichert. ZUR GESCHICHTE D E R Z W E I T E N A U F L A G E D E R K U N S T G E S C H I C H T E
Zwischen regulärem Verlag und Selbstverlag hängt die zweite Auflage der Geschichte der Kunst. Sachlich, weil beide Möglichkeiten überdacht und eingeleitet wurden. Chronologisch, weil der Plan zwischen der noch von Walther verlegten Allegorie (1766) und den von Winckelmann selbst verlegten Monumenti steht (1767); dann allerdings sprengt der Plan diesen Rahmen und dehnt sich bis zu Winckelmanns Tode aus. Der Gedanke einer Neuauflage der Geschichte der Kunst lag nicht dem Verleger am Herzen, denn er und seine Geschäftsnachfolger hatten noch 88
bis zum Jahre 1824 — und das trotz der neuen Wiener Ausgabe — Vorräte der ersten Auflage. Aber der Autor drängte darauf, da er die alte für völlig überholt hielt. Die Anmerkungen zur Geschichte der Kunst, die im Herbst 1767 bei Walther herauskamen, waren nur die ihm am dringendsten erscheinenden Ergänzungen. Wir entsinnen uns, daß die erste Auflage zu Beginn des Jahres 1764 erschienen war. Schon im Sommer 1765 schrieb Winckelmann in einem nicht erhaltenen Brief an Walther über eine Neuauflage und an Heyne: ,, So bald ich Luft bekomme, werde ich eine vollständigere Ausgabe der Geschichte der Kunst besorgen. Wir sind heute klüger als wir gestern waren" (716, 13. Juli 1765. III, 1 1 1 ) , und am 4. Januar 1766 an denselben: „Was nach vier Jahren (denn so lange ist es, daß meine Handschrift der Geschichte von hier nach Dreßden abgegangen ist) in diesem Werke von mir geleistet werden könne, werden diejenigen einsehen, die, nach einem bekannt gemachten Versuche in einer Wissenschaft, derselben nachher einige Jahre mit unermüdetem Fleisse obliegen" (753, III, 153)- Am 31. August 1765 hatte er noch an Walther geschrieben ,,Was ich von einer neuen Ausgabe der Geschichte der Kunst schrieb, bleibt verschoben vor itzo, aber nicht aufgehoben; ich bin gewillet, ein ganz anderes Werk aus derselben zu machen" (729. III, 123). Noch vor dem eben zitierten Brief an Heyne finden wir diesen Gedanken am 1. Januar 1766, und zwar gleich mit der interessanten Präzisierung, daß der Autor die neue Ausgabe „entweder zu Berlin, oder zu Göttingen werde drucken laßen" (751. Schlabbrendorf. III, 148).) In dem am 4. geschriebenen sehr langen (und recht ungnädigen) Brief an Walther steht — im Gegensatz zu dem Heynebrief vom gleichen Tage! — kein Wort von einer Neuauflage, desto mehr aber von der französischen Übersetzung und den darin zu besorgenden Änderungen, die, durchgeführt, wahrscheinlich auch schon etwas ganz Neues aus ihr gemacht haben würden. Daß Winckelmann diesen Übersetzungsgedanken bald fallen ließ, sahen wir; gewiß tat er es zu Gunsten der deutschen Neuausgabe, die ihn von nun an dauernd beschäftigt, obwohl er selbst einsieht, daß „die sehr große Anlage [ = Auflage] des Drucks der Geschichte der Kunst . . . eine zwote, verbesserte und ungemein vermehrte Ausgabe derselben, wozu alle Materialien gesammlet sind, zurück" hält (753. Heyne, 4. Januar 1766. III, 151). An anderer Stelle heißt es sogar „ungeheure Auflage" (785. Stosch, 25. Juli 1766. III, 191). Justi spricht (III, 297) von 1200 Exemplaren, aber leider nennt er seine Quelle nicht, und aus den Briefen Winckelmanns ergibt sich keine Zahl. In einem Brief G.M. Walthers an Fernow aus dem 89
Jahre 1806 werden auch keine Zahlen genannt, aber es wird betont, daß damals noch ,, so ansehnliche Vorräthe von diesen Werken" im Verlag vorhanden wären, d. h. also von allen Schrifteil Winckelmanns, und weiter ..Winckelmanns Werke haben nicht gefehlet, ohngeachtet sie seit 50 Jahren keine zweite Auflage erlebt haben; außer der Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen, so wieder aufgelegt worden" (III, 504). So wäre es nur zu verständlich, daß Walther seinem Autor um jene Zeit schon klargemacht haben dürfte, daß vor dem Ausverkauftsein der ersten an eine neue Auflage gar nicht zu denken sei. Das mag nun Winckelmann auf den Gedanken Berlin (durch Stosch) oder Göttingen (durch Heyne oder die Akademie, die ihn im Frühjahr 1765 zum Mitglied ernannt hatte) gebracht haben. Aber da waren ja noch — oder wieder, zum dritten Male nun — die Schweizer dadurch in diesen Zusammenhang gerückt, daß der junge Füssli in London an einer englischen Übersetzung der Kunstgeschichte arbeitete und Winckelmann ihm dafür seine Zusätze schickte. Also schreibt Winckelmann, voll von geradezu kindlicher Naivität und ohne die mindeste Anwandlung von Befangenheit, am 27. Juni 1767 an P. Usteri über die neue Form, die die Geschichte der Kunst im Laufe der Jahre gewonnen habe, „daß endlich etwas vollkommeneres an das Licht treten könnte, so wünschte ich daß jemand unternehmen wollte oder könnte, eine zwote Auflage dieser Arbeit zu machen, zu welcher ich ein völlig durchgearbeitetes Exemplar, ohneEntgeld überschicken wollte;" Bedingung sei nur: er müsse neue Kupfer stechen lassen. „Wenn unser Fueßli seine Rechnung bey diesem Drucke fände, ziehe ich ihn vor; aber ich will es ihm selbst nicht schreiben, damit sich derselbe mit mehrerer Freyheit mündlich erklären könne. Ich gewinne oder verliehre nichts dabey; es mag geschehen oder nicht: unterdeßen wird es nothwendig zu einer neuen Auflage kommen müßen" (868. III, 277). Wie wir es bei Winckelmann von der ersten Auflage her schon gewöhnt sind, legt er auch das Eisen der zweiten in zwei Feuer zugleich und schreibt am 18. Juli 1767 an Stosch: Die neue Ausgabe „wünschte ich auf meine Kosten drucken zu laßen, und zwar in Berlin, wo ich bey meiner Anwesenheit die Anstalten dazu machen könnte. Zu Ausführung dieses Anschlags würde ein Buchhändler unentbehrlich seyn, welchem man einen Theil des Gewinns zuschlagen müßte, damit derselbe sich der Besorgung so wohl des Drucks als auch des Vertriebs unterzöge, und dieses, mein Freund, mag bey Gelegenheit, eine von Ihren Ueberlegungen für Ihren Freund seyn" (880. III, 287!). 90
Die Schweizer hatten Bedenken, vor allem wohl vertragsrechtlicher Art, und Winckelmann ließ sich überzeugen. Am 22. Juli schreibt er an L. Usteri: „Unsers Fueßli Besorgung [ = Sorge] über eine neue Ausgabe der Geschichte sehe ich sehr wohl ein: denn Walther ist mächtig in dem Reiche der Buchhändler. Unterdeßen wird es über lang oder kurz zu einem zweyten Drucke kommen müßen." Auch die [kurz vor dem Erscheinen bei Walther stehenden] „Anmerkungen zur Geschichte der Kunst" müßten in die neue Ausgabe eingebaut werden, „um etwas vollständiges an das Licht zu bringen", und so „würde hieraus der größte Handels-Verdruß erwachsen. Wenn ich in Deutschland wäre, würde ich den Druck auf meine Kosten übernehmen" (883. III, 292). Als er drei Tage später an Berg schreibt, ist aus dem Wenn-Satz schon ein Faktum geworden: die neue Auflage wird „in zween Bänden in 4°auf meine Kosten . . . gedruckt werden; und dieses hoffe ich zu veranstalten, wenn ich künftiges Jahr eine Reise nach Deutschland und vornehmlich nach Berlin machen werde" (885. 25. Juli 1767. III, 295). Am gleichen Tage an Stosch: „Diese Arbeit [an der neuen Fassung] beschäftiget mich dergestalt und mit so vielem Vergnügen, daß ich bereits binnen acht Tagen keinen Fuß aus dem Hause gesetzet habe, und nunmehr kann ich auf zween Bände Anschlag machen. Es würde mir lieb seyn, wegen der neuen Kupfer die zu zeichnen und zu stechen sind zu wißen, ob mein Vorschlag, eine neue Ausgabe in Berlin auf meine Kosten drucken zu laßen, gelingen könne. Walther wird sich dem Teufel ergeben; er kann sich aber zufrieden geben, und hat Zeit genug gehabt, seinen Druck zu verkaufen, und daer mich schändlich hintergangen hat in dem honorario für diese Arbeit, so will ich weiter weder mit ihm noch mit einem anderen Buchhändler mich auf solche Art einlaßen. Der Preiß war gesetzt, einen Louis d'or für den Bogen zu zahlen, und er schickte mir einen Ducaten, weil, wie er sagte, der Preiß desselben auf einen Louis d'or gestiegen sey. Das unschuldigste Kind hätte diesem Betrüger hierauf antworten (können), ich bin es aber mit Stillschweigen übergangen" (886. III, 295 f.). Daß Winckelmann sich trotz dieses sicheren und sogar rabiaten Tons darüber im klaren war, daß Walther das Recht auf seiner Seite hatte, zeigt der Brief vom 15. August an Münchhausen, daß die Neuauflage „in Deutschland auf meine Kosten mit neuen Kupfern wird gedruckt werden, wenn unsere Buchhändler mich dahin gelangen laßen" (898. III, 307 f.) und der vom 9. September an Stosch: „Mein Herz! ich habe die Schwierigkeit über eine neue Auflage der Geschichte zum Theil eingesehen. Dem ohnerachtet habe ich bisher eine unglaubliche Arbeit an dieses Werck ge91
machet, die mich auch noch den ganzen Winter bis zu meiner Abreise beschäftigen wird; es sind so gar bereits einige Kupfer dazu gestochen. Ich kann sagen, die Welt würde viel verliehren, wenn dieses Vorhaben nicht ausgeführet werden sollte . . . Ich begreife wohl, daß man dieselbe Geschichte, über welche Walther ein Privilegium erhalten kann [Schreibfehler ? erhalten hat ?], in Sachsen nicht könne drucken lassen noch verkaufen; aber ich kann nicht einsehen, wie sich das Privilegium auf eine ganz und gar umgearbeitete Ausgabe erstrecken könne. Denn es wird ein ganz ander Werck, und so verschieden, daß von dem gedruckten nichts bleibet, und ich werde ein völliges MSt. bringen. Sollte aber eine solche Tyranney in Deutschland herrschen, daß man den Lauf der Wissenschaften dadurch hemmen wollte; was machen mir 500 Rthlr. die ich auf den Druck verwenden wollte, und wenn auch kein einziges Exemplar auf der Meße dürfte verkaufet werden. Wer das Buch verlanget, würde es von Berlin kommen laßen. Sollte aber auch hier Herr Nicolai aus Furcht Bedenken tragen, die Besorgung zu übernehmen, bleibt kein anderer Weg übrig, als eine Franz. Übersetzung in Berlin machen zu laßen, und den Druck in Holland, aber ebenfalls auf meine Kosten zu besorgen. Ich bedaure nur, daß mir der Muth sinken wird, mit gleichem Eifer, wie ich angefangen habe fort zu arbeiten. Ich ersuche Sie also, bey Gelegenheit sich von neuen mit Hrn. Nicolai hierüber zu besprechen." Im Postskript taucht dann noch ein anderer Plan auf: „Der endliche Entschluß über die Geschichte der Kunst ist, dieselbe in Berlin oder in Bern übersetzen zu laßen und alsdenn den Druck derselben in Rom selbst a la propaganda fide unter meinen Augen zu besorgen. Es kommt also nur darauf an, ob sich ein geschickter Mann bey Ihnen findet, dem man diese Arbeit übergeben könnte; es soll ihm gegeben werden was er verlanget . . . Die Schwierigkeit in Sachsen wird also zu meinen Vortheil ausschlagen: denn in Franckreich habe ich nicht weniger Namen als in Deutschland . . . Es diene Ihnen zur Nachricht, daß es mir nicht auf 100 Ducaten ankommt, wenn z E. ein Formey [Sekretär der Berliner Akademie] die Übersetzung übernehmen wollte. Sie mögen sich auch hierüber mit Hrn. Nicolai bereden, dem ich meinen herzlichen Gruß zu vermelden bitte." (901. III, 3 1 2 ! Ebenso, kürzer, vom gleichen Tage, an Francke, 902. III, 314 f., und an Wiedewelt, 903. III, 315). Hier taucht zum ersten Male, leider nur präsumptiv, ein vierter Verleger auf, nach Walther, Dyck und Geßner (samt Füssli): Friedrich Nicolai, der große Förderer der Aufklärung, wobei Aufklärung hier im guten Sinne zu verstehen ist, ohne die Radikalismen der Bahrdt, Reimarus und Basedow. 92
Um diese Zeit stand er (1733 bis 1 8 1 1 ) noch in seinen verlegerischen Anfängen, zu denen er sich als Kaufmannslehrling eine besonders-im klassischen Altertum heimische Bildung selbst erworben hatte. Er war nicht nur der bedeutendste Buchhändler Berlins, sondern wohl ganz Preußens, der durch sein Berufsethos, seine Verbindung mit Lessing und Moses Mendelssohn, seinen unermüdlichen Kampf gegen freimaurerische und jesuitische Dunkelmänner ein Bahnbrecher gewesen ist. Auch als Gelehrter, als Mitglied der Berliner Akademie, als Historiker leistete er Bedeutendes. Daß keine engere Verbindung zwischen ihm und Winckelmann zustande kam, ist sehr zu beklagen. Aber es war nicht seine Schuld. Denn die Voraussetzungen, mit denen Winckelmann sich, indirekt obendrein, an ihn wandte, waren für ihn von vornherein untragbar. Aber nicht nur mit Nicolai, auch mit dem Übersetzer haperte es, und so schreibt Winckelmann denn am 24. Oktober 1767 an Stosch, „daß ich gezwungen werde, dieselbe selbst aus dem gröbsten zu übersetzen, und ich werde diese Arbeit nachher von mehr als einer Person durchsehen laßen. Diese Arbeit aber wird mich nöthigen, meine Reise nach Deutschland zu verschieben" (905. III, 318). Am 21. November schreibt er an Stosch, er erwarte des ,,Hrn. Nicolai Schreiben; ich glaube aber, daß ich bey meinem Vorsatz bleiben werde, die franz. Übersetzung selbst zu machen, wenn es mir gelingen will, und den Druck hier zu besorgen" (906. III, 319). Eine kleine Abänderung bekommt dieser nun für einige Wochen feststehende Plan (z. B. 912. III, 324; 914. III, 329; 916. III, 333; 918. III, 335) in dem Brief vom 28. November an Michaelis: Winckelmann will die Neuausgabe „mit großen Kupfern überhäufen, um dadurch den Nachdruck zu verhindern" (911. III, 322). Nur daß er selbst übersetzen muß, gefällt ihm wenig. „Zu dieser Dollmetschung meiner eigenen Gedanken fühle ich in mir keinen sonderlichen Beruf; ich könnte auch meine Zeit beßer anwenden: aber hier in Rom ist kein anderer Weg. Es ist ein bitterer Bißen auf lange Zeit" (915. Moltke, 9. Dez. 1767. III, 331) oder, vom 18. Dezember an Wallmoden: die Neuausgabe „liegt ihrem Vater am Herzen, und wird eine schwere Geburth werden, da sie von mir selbst franz. übersetzt erscheinen muß: denn deutsch kann dieselbe wegen des verwünschten Privilegii des Buchhändlers nicht gedruckt werden" (919. III, 337). Am nächsten Tage an Stosch: „Ich habe den Anfang [der Übersetzung] gemachet, aber außer der Schwierigkeit die ich wegen weniger Uebung finde, traue ich mir selbst in der Länge die Geduld nicht zu, und es ist für mir verlohrne Zeit, die ich weit nützlicher anwenden kann. Es beruhet also auf Sie, eine geschickte Person in Berlin zu finden, die sich entschließen
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will, diese Arbeit zu übernehmen, welche sich vielleicht eher im gegenwärtigen-Falle, als für einen Buchhändler finden dürfte, da das honorarium billig [gerecht] seyn wird. Ich wünschte aber hiervon bald Nachricht zu bekommen, damit ich (bey) meiner Ankunft in Berlin ein gutes Stück Arbeit fertig fände" (921. III, 341). Noch einmal scheint für einen Augenblick der Gedanke an einen regulären Verleger aufzutauchen, wenn Winckelmann nämlich am 13. Januar 1768 dem holländischen Kupferstecher Mechel die Schwierigkeiten einer deutschen Ausgabe auseinandersetzt, „weil dieselbe auf der Leipziger Meße nicht erscheinen darf, vermöge des Privilegiums welches Walther hat; und was dort nicht kann umgesetzet werden, hat keinen großen Vertrieb zu erwarten. Ueberdem, wenn sich auch bey Ihnen ein Buchhändler dem ohnerachtet zu dem Drucke bequemen wollte, würde ich kaum das Schreiber-Lohn verdienen. Ich muß also den Druck selbst auf meine Kosten und Gefahr übernehmen, so viel ich einsehen kann" (929. III, 353). Am 23. Januar 1768 wird Stosch erneut ermahnt, einen Übersetzer ausfindig zu machen. „Die Arbeit sollte dem Uebersetzer angenehm seyn: denn es lernet derselbe hundert Dinge die ihm unbekannt gewesen" (930. III, 356). Stosch, vermutlich von Nicolai beraten, scheint sich noch einmal gegen den Selbstverlag gewendet und zu einem regulären deutschen Verleger geraten zu haben. Trotzdem hatte er aber, um dem Wunsche Winckelmanns nachzukommen, bereits Fühlung mit Toussaint, Professor der Logik und Rhetorik in Berlin, aufgenommen. Winckelmann antwortet ihm am 26. Februar 1768: „Ihr Vorschlag mich mit einem Buchhändler zu setzen [ = einigen] würde in Absicht des Deutschen Originals anzunehmen seyn, ohnerachtet man [wer ?] mir Vorschläge thut, auch diesen Druck auf meine Kosten in Deutschland zu besorgen. Unterdeßen da die Deutschen eine Gilden-Zunft sind, unter welcher auch die Buchhändler gehören, so sehe ich wohl ein, daß man ohne durch derselben Hände zu gehen, nicht am besten fahren würde. Was aber die Uebersetzung betrifft, gehet deren Absicht auf Länder, wo keine Gilden sind, und wo Bücher einen freyeren Lauf haben. Denn so bald ich den Druck allhier anfangen könnte, würde ich mich suchen wegen Absetzung einer beträchtlichen Anzahl Exemplare an die vornemsten Buchhändler zu versichern. Wenn sich also Toussaint zu der Uebersetzung verstehen wollte, würde ich auf meiner Seite über den Preis keine Schwierigkeit machen. Meine Handschrift aber könnte allererst, und zwar nur ein Theil derselben, auf Ostern abgehen, da ich mit eigener Hand dieses ganze Werk abschreiben muß. Dieses geschiehet mit 94
Zurückbehaltung der Citationen, damit nicht etwa ein Copist des Uebersetzers eine Abschrift heimlich nach Holland [dem Paradies der Nachdrucker] schicken könne: denn diese Beweise und die angeführten Schriften könnte nur Gott allein angeben, wenn dieselben ausgelaßen sind. Ich begreife wohl, daß ich mir dadurch [Selbstverlag? Abschreiben? Übersetzungskosten?] eine Centnerschwere Last aufbürde; da aber kein anderes Mittel ist, den Vortheil meiner sauren Arbeit selbst zu genießen, so muß ich Herz fassen, da ich des Beyfalls völlig versichert seyn kann" (938. III, 370 f.)Inzwischen hatte sich, wie aus Winckelmanns Antwort zu erschließen ist, Mechel erboten, sich der Übersetzung wie des Drucks anzunehmen; beides sollte unter seiner Aufsicht in Holland gemacht werden. Er dachte dabei aber an einen Verlag, nicht an Winckelmann als Selbstverleger. Das lehnt Winckelmann, nun schon seit Jahren sich von den Verlegern betrogen fühlend, entschieden ab. Er schreibt ihm am 2. März 1768: „erstlich ist es nöthig, daß ich dieses ganze Werk von neuen abschreibe, wie ich bereits angefangen habe; wer will mir diese Mühe bezahlen ? . . . Zuletzt würde sich mein ganzer Gewinn auf Schreibe-Gebühren einschrenken: denn der höchste Preis, in welchem sich der vorgeschlagene Verleger einlaßen würde, würde höchstens 3 Zecchini für den gedruckten Bogen seyn, welches mir Walther zuletzt bezahlet hat." Zweitens müsse er den Druck selbst überwachen, da er schwierig sein werde, „der häufigen Griechischen Stellen nicht zu erwehnen", und schließlich erforderten die Register „meine Gegenwart bey dem Drucke selbst" (939. III. 373).36 Inzwischen hatte Stosch die nötigen Vereinbarungen mit Toussaint getroffen, die Winckelmann am 18. März guthieß. Stosch hatte noch einmal, genau wie Mechel, einen Verleger vorgeschlagen, und mit der gleichen Begründung lehnt Winckelmann das ab. „Ich hoffe. . . die ganze Unternehmung des Drucks mit 1000 Scudi zu bestreiten" (941. III, 375). Das ist das letzte schriftliche Wort Winckelmanns zu diesem Thema. Am 10. April reiste er aus Rom ab. Daß die Übersetzung von Toussaint begonnen wurde, steht außer Zweifel. Am 30. Juli 1768 berichtete Reiffen36 Interesses wert ist, daß Mechel Beziehungen zum Amsterdamer Verlag Arkstee und Merkus hatte, mit dem Walther wegen seiner Voltaire-Ausgabe prozessiert hatte, da die Amsterdamer früher als er Voltaires Verleger gewesen waren. Es wäre nicht unmöglich, daß Mechel eben diesen Verlag im Auge gehabt hätte, und gewiß hätten die Amsterdamer Walther mit Vergnügen seinen besten Autor ausgespannt, um sich dafür zu rächen, daß dieser ihnen ihren besten Autor, Voltaire, weggeschnappt hatte!
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stein an Mechel: „ E r [Winckelmann] hatte mir bereits eine Probe-Übersetzung in des Barons Stosch Schreiben davon gewiesen, mit welchem alle Abrede deßfalls genommen, und mit dem Übersetzer, welchem schon Probebogen zugeschicket, war der Preiß bereits festgesetzet worden" (IV, 303). In Triest fand man in Winckelmanns Gepäck auch einen Brief Toussaints (IV, 572). Jedoch blieb seine Übersetzung fragmentarisch. In Winckelmanns hinterlassenem Gepäck fand sich auch ,,Un Manoscritto in lingua tedesca in trediciTernioni" (IV, 391), das heißt 156 Seiten. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich dabei um Ergänzungen zur zweiten Auflage der Geschichte der Kunst. DER
SELBSTVERLEGER
„Diesen Winter", hatte Winckelmann schon am 12. August 1764 an Stosch geschrieben, „werde ich suchen meinen Versuch einer Allegorie für Künstler, und zwar auf meine Kosten in Leipzig drucken zu laßen, um selbst den Vortheil meiner Arbeit zu ziehen" (671. III, 53). Das ist keineswegs der früheste Zeitpunkt, an dem der Gedanke des Selbstverlegertums auftaucht — um diese Zeit waren die Beziehungen zu Walther gut, und dieser hatte gerade anstandslos das verdoppelte Honorar von zwei Zecchinen bewilligt —, aber der früheste, an dem der Grund so offen und unverblümt zugegeben wird. Opus 1 können wir nur bedingt als selbstverlegtes ansehen: die Druckkosten hatte Pater Rauch getragen oder doch jedenfalls vermittelt, und von der minimalen Auf läge war kein Exemplar in den Handel gekommen. Selbstverleger ist Winckelmann nur in einem Falle gewesen, bei seinem letzten Werk, den Monumenti, an denen er 1761 zu arbeiten begonnen hatte und die im Frühjahr 1767 erschienen, „der Brennpunkt, in dem all seine Forschungen und Betrachtungen sich sammelten" (Justi III, 363), zwei Bände in Großfolio mit 216 Kupfern. Im Mai 1762 waren davon nur fünfzig geplant, im Dezember dann schon über hundert, im Juni des folgenden Jahres 150, zu Ende 1765 bereits 200. „Der Druck (exclus. der Kupfer) geschieht auf des Herrn Cardinais Kosten" schrieb Winckelmann am 1. Mai 1762 an Francke (481. II, 225), was ihn freilich nicht hinderte, am 4. Juli L. Usteri mitzuteilen: „Mein großes Werck in Ital. Sprache bin ich genöthiget auf meine Kosten zu besorgen" (498. II, 247). Von einem Rückzieher des Kardinals hören wir nirgends, und 1766 auch nur in zweifelhafter Weise. Wieweit der Kardinal wirklich gar nichts gegeben hat und wieweit Winckelmanns „ich" den 96
Mäzen mit einbegreift, ist nicht zu entscheiden. Immerhin, im September 1762 hatte Winckelmann schon das Papier gekauft, wie er Walther mitteilte, und zu Neujahr ,,wird der Anfang zum Drucke gemacht werden. Das schwerste, nemlich die Kosten des Papiers, welches Regal-folio ist, habe ich überstanden, und hoffe zu Gott, nicht mitten in dieser schweren kostbaren Unternehmung stecken zu bleiben" (515. II, 262). Natürlich war der Papierkauf für den damals noch geringen Umfang des Buches berechnet, so daß Winckelmann noch öfter „das Schwerste" überstehen mußte. Schwieriger waren andere Hemmungen zu überwinden: die Berufung Casanovas, der die Zeichnungen gemacht und einen Teil der Stecherkosten hergegeben hatte, nach Dresden, die Entdeckung, daß Casanova und Mengs Winckelmann mit falschen Antiken hereingelegt und in der ganzen Welt bloßgestellt hatten, und schließlich die jahrelange Stockung im Druck. 1766 geht es endlich weiter, und Winckelmann kann wieder hoffen, „nach Vollendung meines großen Werks . . . mit mehr Bequemlichkeit zu leben" (756. Riedesel, 18. Jan. 1766. III, 157). Am 18. Juni berichtet er Schlabbrendorf: „Nach geendigter Landlust wird der Druck der Kupfer . . . angefangen, und der Druck der Arbeit selbst". Das Papier koste 800 Scudi, dazu kämen 200 Scudi für das Kupfer-Papier (774. III, 180). Stosch hatte hundert Zecchinen Vorschuß gegeben, und Winckelmann war überzeugt, daß er „alsdenn ohne Schulden hoffe heraus zu kommen. Sie sollen nichts verliehren und hier ist im voraus die Bescheinigung [Schuldschein]. Der Cardinal ist voll von guten Willen, und da er versichert ist, daß wir bis auf diese Arbeit gleichsam blind gewesen im Alterthume, war seine anfängliche Erbiethung, das Papier zu geben, er glaubete aber nicht, daß daßelbe über 1000 Scudi betragen würde . . . denn dieser Mann geräth immer tiefer hinein [in Schulden] und findet keine Grenzen in seiner Villa" (789. Stosch, 15. Aug. 1766. III, 196f.). 3 7 Francke hatte vor dem Selbstverlegen dringend gewarnt. Am 10. September 1766 antwortete ihm Winckelmann: „Sie machen mir, mein liebster Freund! ein Bedenken, wegen des von mir übernommenen eigenen Verlags meines großen Italienischen Werks; Sie bedenken aber nicht, daß, vielleicht in Deutschland selbst, nicht leicht ein Buchhändler ein so kostbares Werk ohne Pränumeration unternommen hätte. Ich weiß, wo ich den Druck absetzen soll: denn ich habe allenthalben Freunde, so, daß ich nicht hoffe, nöthig zu haben, durch die Hände der Buchhändler zu gehen. Der größte Aufwand ist gemacht. Das Papier allein beträgt an 2000 Thaler" 37 Der Widerspruch zwischen diesen beiden Briefen hinsichtlich der Papierkosten erklärt sich wohl am besten aus einer abermaligen Erweiterung des Projekts.
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Stoll, Winckelmann
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(797- H I . 2 °4)- Hierbei vergaß er allerdings zu sagen, daß auch kein Verleger die Geduld aufgebracht hätte, gerade dieses Werk, das während der Arbeit aus einem schmalen Heft zu zwei Folianten anschwoll, die Tausende von Änderungen und Zusätzen ungerechnet, zu betreuen und zu Ende zu führen. Natürlich hätte er aber auch die tatsächlich sehr großen Kosten gescheut. Da kam zum Beispiel eine Extraausgabe, die bewirkte, daß der Selbstverleger schleunigst die Auflage reduzierte. 16. September 1766 an Stosch: „Ich hatte den Anschlag auf die Liebhaberey zu hoch gemacht, und wollte tausend und einhundert Exemplare drucken, und ich wäre so fortgefahren, wenn ich nicht gemerket hätte, daß ohngeachtet meine Arbeit von Leuten durchgesehen worden, die der Sprache kundig seyn wollen 38 , in derselben Fehler geblieben. Dieses wurde ich gewahr, da ich den Trattato preliminare mit einem Florentiner und sehr guten Bekannten noch aus Dreßden her 39 , durch sähe. Ich beschloß also den großen Aufwand nicht zu achten, und die ersten zehenBogen [hier: Blätter] umzudrucken [ = neu zu drucken!], und in dieser Unruhe erschrack ich, wie jemand der aus einem verführerischen Traum aufwacht, über mein Unternehmen, theils in Betrachtung der großen Anzahl Exemplaren eines theuren Werks, theils auch durch die Besorgniß, wie es mir ergehen würde, wenn dieses Werck . . . von Buchhändlern in Holland und Frankreich übersetzt und nachgedruckt würde. Ich habe mich also auf 600 eingeschrenckt und arbeite täglich mit einem Sprachverständigen [Giorgi] einige Stunden, alles bis auf ein Härchen durchzusehen, und der Druck gehet beständig fort; die zehen ersten Blätter aber werden umgedruckt werden, wenn wir am Ende sind" (799. III, 207!). Dem StilKorrektor zahlte Winckelmann pro Woche zwei Zecchinen. Er war vom September an tätig, und am 15. November meinte Winckelmann „dieses wird vermutlich noch ein paar Monat dauren" (812. III, 219). Über den Nachdruck machte Winckelmann sich später etwas weniger Sorgen: „Der Cardinal hat sich bemühet durch seine Freunde so wohl in Holland als in Franckreich ein Privilegium zu erhalten, daß niemand das Ital. Werck ins franz. übersetzen dürfe. Wenn ich dieses erhielte, welches schwer seyn wird, so wäre ich meiner Sache gewiß. Unterdeßen muß ich alles mögliche thun, den größten Vertrieb das erste J a h r zu machen',' (804. Stosch, 4. Oktober 1766. III, 214). Ein Privileg für Frankreich erhielt Winckelmann übrigens nicht. „Der König aber hat sich mündlich erkläret, daß er seinen Buchhändlern auf 10 Jahre keine Erlaubniß 38 39
Msgr. Baldani. Über die Revision vgl. u. a. 607. I I , 3 5 6 Domenico Giorgi, ehemals Sekretär Archintos während dessen Nuntiatur.
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zum Nachdrucke geben wolle . . . Der Duc de Choiseul hat mir dieses schreiben laßen" (814. Stosch, 10. Dez. 1766. III, 223). Lange schon vor Beendigung des Druckes liefen einzelne oder auch gehäufte Bestellungen ein, auch Vorauszahlungen fehlten nicht. Sogar der vermeintliche böse Feind Walther bestellte fünfzig Exemplare des kostbaren Werks. Winckelmanns Freunde in aller Welt, denen er seit Jahren fast in jedem Brief von seinen Monumenti geschrieben hatte, taten redlich das ihrige. Ein Beispiel für viele: „Der Englische Minister zu Neapel, Hamilton hat mir durch den Prinzen von Mecklenburg . . . seine Dienste zu dem Vertrieb deßelben in Engeland angetragen." Winckelmann schickte nun sofort eine der von ihm gedruckten Ankündigungen an den Hofmeister des Prinzen. „Dieser wird es in die Engl. Sprache übersetzen und in die Londner Zeitungen einrücken laßen. Hr. Hamilton läßt mir sagen, ich müße auf das wenigste 300 Exemplare auf Engeland rechnen, und er hat gewollt, . . . daß ich den Preis auf 4 Guinea's setzen soll, welches auch geschehen. Eben derselbe hat sich erbothen deßhalb an die Adams40 zu schreiben, und diese zu vermögen, mir bey Empfang der 300 Exemplare 1200 Guinea's mit einmahl auszuzahlen. Dieses ist aber nicht zu hoffen . . . und es wäre auch nicht zu verlangen. Eben dieser Minister ist der Meinung, ich solle mit einer Anzahl der Exemplare, die ich auf Engeland rechnen müße, selbst dahin gehen, um mit einmahl ein Capital zu machen; ob dieses zu rathen sey, überlaße ich Ihrer Einsicht" (814. Stosch, 10. Dez. 1766. I I I , 223). Es begreift sich, daß derartig optimistische Äußerungen der Freunde und Bekannten (die in der Praxis hernach oftmals gegenstandslos wurden wie gerade in diesem Falle, in dem Hamilton den Mund so übervoll genommen haben könnte, um Winckelmann zur Publikation seines Vasenwerks zu gewinnen) dem natürlichen Optimismus Winckelmanns neue Nahrung gaben. „Mich deucht der Vertrieb müße beträchtlich seyn, wenn das Werk anfängt bekannt zu werden: denn ich kann unter uns sagen, daß ich selbst über diese Arbeit erstaune, und es ist allezeit ein gutes Zeichen, wenn eine Schrift, die man vielfältig abschreiben und so oft in der Correctur lesen muß, beständig mehr gefällt" (ebd.). Es war bei Winckelmann nicht anders zu erwarten: im letzten Augenblick wurde wieder etwas geändert. Diesmal aber nicht der Text, sondern der Preis. In der ersten gedruckten Ankündigung an das Publikum von 40
Robert A d a m s hatte mit C16risseau Dalmatien bereist und 1 7 6 4 ein P r a c h t werk über den Diokletianspalast in Spalato drucken lassen. E r war K g l . B a u meister, sein Bruder J a m e s Hofarchitekt, vgl. I I , 4 5 8 f. 7*
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1763, auf die die ersten Verpflichtungen zur Abnahme erfolgt waren, hatte der Preis drei Zecchinen betragen (IV, 43), dann war er auf vier, im März 1766 auf fünf bis sechs erhöht worden (so daß also die Etwa-Umfänge und Etwa-Preise heutiger Buch-Vorankündigungen in Winckelmann einen ehrwürdigen Stammvater haben!). Daß das einen weniger bemittelten Besteller verdrießen mußte, scheint Winckelmann nicht bedacht zu haben. Diese Bedenken kamen ihm erst später, als er den Preis noch einmal heraufsetzen zu müssen glaubte. Im Januar 1767 war der Druck beendet, und nur das fehlende Antinous-Kupfer zögerte die Auslieferung des Werks bis in den April hinaus. So also wörtlich in letzter Stunde beschloß Winckelmann die neue Preiserhöhung und schrieb sie sofort in alle Welt. 21. Januar an Mechel: „und man sagt mir, ich könne den Preiß nicht unter 8 Zecchini setzen. Ich begreife daß derselbe viele Käufer abschrecken wird, und ich wollte es meinen Freunden mit Vergnügen für 7 Zecchinen überlaßen" (820. III, 228). 24. Januar an Stosch: „Den Preis können wir mit guten Gewißen auf 15 Ducaten oder Ungari setzen: der Preis von 4 Guinea's bleibet für die Britten" (821. III, 229). 1 1 . April an Wiedewelt: „Ich habe . . . den Preiß auf acht Zecchinen erhöhen müssen, welches mich beynahe furchtsam machet, daß einige Liebhaber wieder abspringen möchten. Unterdessen erstaune ich nun selbst darüber, daß ich ein so großes und weitläuftiges Werk auf meine Kosten ohne Subscription habe zu Stande bringen können" (841. III, 250). 2. April an Stosch: „Über den Vertrieb meines Wercks müßen Sie sich weiter nicht den mindesten Kummer machen, so wenig als ich es selbst thue: denn alles mein Denken und Lesen gehet bereits auf den dritten Band. Ich kann kaum glücklicher und zufriedener werden, und es ist mir gleichgültig den Preis auf 8 oder 7 Zecchini zu setzen, und vielleicht wähle ich den letzteren. Mich deucht, es könne niemand das Geld weniger als ich achten . . ." (836. III, 245). „Nicht ohne Pein" sagt Justi (III, 373), „kann man freilich die Mühen und Ängste, die Verluste an Zeit mit ansehen, die der Autor über sich nehmen muß. Jahrelang wird das Buch fast in jedem Brief erwähnt, aber nur, um von solchen Sorgen zu erzählen, die dem Autor abgenommen werden sollten. Selbst die Schriftstellerarbeit hatte er sich durch die Übersetzung ins Italienische verdoppelt." Fast noch schlimmer stand es dann allerdings, als das Buch endlich fertig war — „ihm wurde" sagt wieder Justi (III, 375), „keines der Leiden erspart, die ein Nichtkaufmann bei einem solchen Wagnis über sich nimmt. Welche Frachtunkosten, welcher 100
Schneckengang der Sendungen, welche Mißverständnisse! Ihm fehlte das Temperament und die Methode des Geschäftsmannes; er verlangte stets zu viel oder zu wenig." Statt an dem dritten Band der Monumenti zu arbeiten oder an der neuen Gestalt der Geschichte der Kunst, kollationiert Winckelmann nun die ersten vierhundert gedruckten Exemplare — erst im folgenden Herbst druckte er die restlichen 230 (856. III, 264) — und als das geschehen war, riß er einzelne Exemplare wieder auseinander, um schlechte und fleckig geratene Kupfer durch bessere zu ersetzen, — zum Beispiel in den Exemplaren, die die schweizerischen und dänischen Freunde bestellt hatten (842. III, 251 und 860. III, 268). Da packte er Pakete und Kisten, vier Exemplare nach Marseille, elf nach Zürich, zwei nach Basel, vierzehn nach Kopenhagen (844. III, 254) — und „um diese Exemplare bey ihrer Reise über das Meer völlig sicher zu stellen, so will ich sie in eine Kiste wohl verwahren, und solche mit Wachsleinewand überziehen lassen" (860. III, 269). Aber statt der bestellten vierzehn legt der leichtsinnige — oder allzu optimistische — Verleger dann doch sechszehn in die Kiste „für einige sich vielleicht noch meldende Liebhaber" (ebd. 268), und als der Empfänger wohl einen sachten Protest gewagt hat, tröstet der Verleger ihn mit überwältigender Logik: sie „sollen Euch nicht beunruhigen; ich fand in dem Kasten annoch Raum für dieselbe" (903. III, 315). Und um ein Haar wird diese große Bestellung auch noch doppelt ausgeführt (884. III, 293)! Der Absatz war keineswegs der erwartete. Von den dreihundert Exemplaren für England war überhaupt keine Rede mehr, und resigniert meinte der Autor-Verleger schon wenige Tage nach dem Erscheinen seines Werks „Da ich nur 630 Stück drucken laßen, hoffe ich dieselben zu vertreiben, ehe ich aus der Welt gehe" (842. III, 252). Der deutsche Buchhandel fiel zunächst fast völlig aus, „weil ich von keinem deutschen Buchhändler Commission habe; ich will auch nicht durch dieser Krämer Hände gehen", und deshalb soll Berg die Monumenti lieber in Rom direkt bestellen (855. III, 263). Am 10. Juni 1767 an Stosch: „Mein Vertrieb gehet langsam; ich bin aber zufrieden, und wenn ich meine Kosten gezogen habe [ = die Selbstkosten wieder herein habe], bin ich ein König . . . was ich nicht in 5 Jahren verkaufe, wird nach 10 Jahren vertrieben, da ich bey mir selbst des Beyfalls versichert bin" (864. III, 273), und am 1. Juli an Berendis: „Ich habe also ein Capital von 10 000 Scudi gemacht; denn ich bin der Verleger und Verkäufer, und bin für den Abgang nicht bange" (870. III, 279). Aber das war eine ausgesprochene Milchmädchenrechnung: das „Kapital" war, als 101
Winckelmann diese Worte schrieb, zum größten Teil totes, sich nicht verzinsendes Kapital (sofern er etwa nicht im Laufe der Zeit den Preis der Monumenti zu erhöhen gedachte!). Winckelmann hatte nach seinen eigenen Angaben ioooo bare Scudi in die Monumenti investiert. Rechnen wir wieder einmal von uns aus: zehntausend Scudi sind rund fünfzigtausend Mark. Sofern der Autor und Verleger nun alle 630 gedrucktenExemplare abgesetzt hätte, hätte er 5 040 Zecchinen eingenommen, das sind 50 400 Mark. Es würde also theoretisch ein Reingewinn von 400 Mark bleiben. Aber nur in der Theorie, denn wieviel Prozent der Gesamteinnahme schon wieder für Verpackung, Fracht, Porti und dergleichen draufgegangen waren, hat Winckelmann nirgends notiert. Weiter: wieviele Exemplare er verschenkte, hat er gleichfalls nicht aufgezeichnet. Aber das ist noch nicht alles: einstweilen hatte er die 630 Exemplare noch längst nicht verkauft, auch bei weitem noch nicht, als er starb. Bis in die letzten Briefe hinein gehen die Klagen über den schwachen Absatz und die Einzelwerbung. So wird beispielsweise am 23. März 1768 Stosch gebeten, „durch Ihren Freund..., der itzo in Holland ist, die Absetzung einiger Exemplare zu besorgen" (943. III, 378). Selbst in Berlin, wo Stosch und Schlabbrendorf den Ruffiano machten, gab es Schwierigkeiten, die dem Verleger Winckelmann eine, wie er wahrscheinlich meinte, geniale Idee eingaben: er riet zu einer Vereinbarung mit Nicolai, „dem Sie auf 9 Stücke das Zehente können zu gut kommen laßen, so daß für den ganzen Kram 4 Ex. sein Gewinst wären. Verlanget er mehr, so stehet es ebenfalls in Ihrer eigenen Verfügung, ohne die geringste Erklärung darüber. Ich wünschte wohl daß die 26 Scudi welche das Frachtlohn und die Assicuration bis Livorno auf meiner Seite austraget und die übrigen Unkosten bis Berlin auf den Verkauf geschlagen werden könnten; allein ich bin mit allem zufrieden: Denn das Geld achte ich so wenig als meine Schuhe" (930. 23. Jan. 1768. III, 355 f.). Da hat Winckelmann uns eine interessante Zahl gegeben: daß allein für die vierzig nach Berlin bestimmten Exemplare von ihm für Fracht und Versicherung 26 Scudi gleich 130 Mark ausgegeben wurden, die Verpackung gar nicht gerechnet, und daß er, um die vierzig Exemplare abzusetzen, sich nur 36 bezahlen ließ und sogar bereit war, dem „Krämer" noch mehr Gewinn einzuräumen. Es konnte nicht anders kommen: dieser sonderbare Verleger, der das Geld so wenig achtete „als seine Schuhe", der sich bei anderer Gelegenheit als ein Kind in Geschäften bezeichnet hatte, mußte als Verlegei scheitern. Die Endabrechnung dieses Experiments, die er nicht mehr 102
machen konnte, hätte ein erschreckendes Defizit gegeben statt der erhofften Versorgung des Alters. Daß er trotzdem bis zu seinem Tode daran dachte, die Neuausgabe der Geschichte der Kunst gleichfalls im Selbstverlag drucken zu lassen, zeugt mehr für seine rührende Naivität, sein unüberwindliches Vertrauen in den Wert seiner Arbeit, seinen nicht begründeten und nicht gerechtfertigten Zorn auf die Berufsverleger als für Einsicht und wachsende praktische Erfahrung. Nur in einem Punkte bewies er Einsicht: als Stosch ihm zugeredet hatte, eine deutsche Übersetzung der Monumenti Inediti herauszugeben. Am 24. Januar 1767 antwortete Winckelmann ihm: „Was die Deutsche Übersetzung betrifft; zu derselben kann ich mich, sollte es mein Leben kosten, nicht entschließen. Es ist kein Buch für Hans und Kunz. Diejenigen die es nützlich oder nöthig finden /: wie es sich für alle Gelehrten nothwendig machen muß: / werden suchen, auf was Art es seyn kann, es sich verständlich zu machen. Denn wer die gelehrte Alterthümer, und die zur Kunst gehören, lernen will, hat weiter kein Buch vonnöthen, und wer künftig von dergleichen schreiben will, muß einen höheren Flug nehmen" (821. I I I , 230 f.).
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WINCKELMANN UND S E I N E D R U C K E R Auch dieses Kapitel könnten wir, gleich dem vorigen, in Sachgebiete aufteilen und von Breitkopf und Bonducci, von Lettern und Setzern, von Korrektoren und am meisten von Druckfehlern sprechen. Aber damit würden wir fast jeden Satz Winckelmanns in Partikelchen zerreißen, und der Text würde unter lauter Zitatennachweisen verschwinden. Deshalb erscheint es uns richtiger, den ganzen technischen Komplex des Drucks chronologisch zu überschauen, wobei zuvor darauf hingewiesen werden muß, daß es uns nicht auf Vollständigkeit ankommt — die Äußerungen Winckelmanns zu diesen Fragen vermöchten ein ganzes Büchlein zu füllensondern auf Typizität. Als Winckelmann die zweite Auflage seines Erstlings erhalten hat, am 7. Juli 1756, zuckt der erste Blitzstrahl nach Dresden zum Verleger: „Ist es denn nicht möglich, in Leipzig eine kleine Schrift ohne grobe Fehler zu drucken? Zu was vor einer Art von Bestien soll man einen Corrector zählen, der p. 48 anstatt Transfiguration, Kransfig. lieset? Auf der 76. Seite habe ich den Namen des Arztes in Eil ausgelassen, aber p. 78. ist er genannt, nehmlich Erasistratus: er hat die Lücke gelassen, wie er sie gefunden hat. Ich bin die Schrift nur durchgelaufen: wer weiß wie es mit den Allegatis [ = Anmerkungen] gegangen ist!" (153. I, 238). Als er am 15. Mai 1758 Walther die Geschichte der Kunst anträgt, gespenstern sofort die reichen Druckfehlermöglichkeiten durch seine Gedanken: „Ich wünschte daß es aufs beste und mit allen Fleiß übersehen und von Druckfehlern rein erscheinen möchte, ohngeachtet man auch in Leipzig in Sachen der Kunst sehr blind ist, wie der Druck meiner Schriften lehret. In Augspurg aber und in der Schweiz habe ich mir noch weniger zu versprechen." (214. I, 363). In einer Nachschrift kommt er dann noch einmal auf die Druckfehler zurück und beruhigt Walther: „ E s ist alle fremde Gelehrsamkeit, so viel möglich ist, vermieden, also würde die Correctur desto leichter seyn" (ebd. 364). 104
Die bibliophilen Neigungen Winckelmanns spiegeln sich sehr schön in einem Brief an C. Füssli, den präsumptiven Verleger der Geschichte der Kunst in Zürich, vom 27. Juli 1758: „Ich werde einige nicht bemerkte Stellen, sonderlich aus dem Plato und Aristoteles griechisch in den Noten drucken laßen: ich wünschte aber daß man schöne Lettern haben könnte: dieses würde mich bewegen noch eine und die andere zuzusetzen. Es hat der gute Geschmack in dieser Art seit Robert Stephani 41 Zeit in der Welt verlohren. Es ist kein Licht und Schatten mehr in den griechischen Buchstaben. Ich werde verstanden werden weil ich mit einem Künstler rede, und gewisse Abkürzungen, Abbreviaturen gehören zur schönen Form, und geben ihnen die Runde und die Gratie. Es könnte geschehen, daß ich mit der Zeit etwas griechisches drucken ließ.42 Die Leipziger glauben ihr Constantinus Porphyrogenetus sey ein Muster eines griechischen Druckes 43 ; die in Glasgow bilden es sich auch ein 44 ; in meinen Augen ist (es) ein verhungerter und schäbigter Conturn von Buchstaben. Es ist eine fast unmerkliche Hebung und Senckung, Schwellung und Vertiefung, welche den Buchstaben die Gratie gibt, aber dieses wenige ist nicht jedermann begreiflich und macht in allerhand Künsten den Unterschied des Meisters. Robert Stephanus war es in der griechischen Druckerey" (225. I, 400). Wie reizbar Autoren gegenüber Druckfehlern sind, wußte Walther schon aus seinen Erfahrungen mit Voltaire und nicht minder aus der ersten Zusammenarbeit mit Winckelmann. Um ihn in seiner Sorge um einen sauberen und druckfehlerfreien Druck zu beruhigen, bat er Hagedorn, die Durchsicht des Drucks zu übernehmen. Diese Mitteilung Walthers genügte für Winckelmann, um sofort auch seinerseits an Hagedorn zu schreiben, am 16. November 1758: „Dieser Mann [Walther] beruft sich auf Sie, wenn ich ihm meine Schrift überlaßen wollte, daß Sie für dieselbe mit Sorge tragen würden. Ich hätte mir dergleichen nicht unterstanden [zu erbitten], aber da ich entschloßen bin wegen mehrerer Bequemlichkeit sie Hrn. Walther zu überlaßen, so ersuche ich Sie, die Probebogen unter Ihren Augen die letzte Musterung thun zu laßen" (253. I, 434). Am nächsten Posttag 41
Robert Estienne, 1 5 0 3 bis 1 5 5 9 , berühmter Gelehrter und kgl. Drucker in Paris, in dessen 1 5 2 6 gegründeter Offizin seit 1 5 4 0 auch die griechischen Autoren in berühmt schönen und genauen Drucken erschienen. I, 603. 42 Die alte Absicht, griechische Handschriften aus der Vaticana herauszugeben. 43 De ceremoniis aulae Byzantinae libri I I ed. I. I. Reiske, Leipzig 1 7 5 1 — 1 7 5 4 Verlag Brockhaus, vgl. Nr. 38g. 44 Rehm vermutet, daß Winckelmann an die Pindarausgabe von 1 7 4 4 oder die vierbändige von 1 7 5 4 ff. denkt. Der Glasgower Homer kann nicht gut gemeint sein, da Winckelmann gerade ihn so lobte und liebte. 105
schrieb er ihm schon wieder: „Ich bitte Sie um alles, was mir lieb und heilig ist, die letzte Uebersehung eines jeden Bogens meiner Schrift zu übernehmen. Es sind die Sachen dermaßen gehäuft, daß alle äußerste Aufmerksamkeit nöthig ist" (257. I, 438). Ein Anliegen, das den Korrektor angeht, wagt er allerdings nicht Hagedorn selbst zu sagen, sondern schreibt es lieber, am 16. Januar 1759, an Walther zur diplomatischen Weitergabe : „Ich habe noch zu erinnern, daß wenn der Corrector meiner Schrift etwa Französisch gesinnt oder zu sehr nach der Mode seyn sollte, so daß ihm die Lateinischen Endungen der in Deutsch geschriebenen Namen der Personen zu fremde klingen sollten, man ihm andeute, daß des Verfaßers Absicht gewesen, sich auch in dieser Kleinigkeit von der Französischen Schreibart zu entfernen, und lieber Römisch als Parisisch erscheinen wolle. Unter anderen Dingen für die ich Gott preise ist auch dieses, daß ich ein Deutscher und kein Franzos bin" (264.1, 450). Wir wissen schon, daß der Stoschische Gemmen-Katalog einen besonderen Abschnitt in Winckelmanns Leben und Werk bedeutete, und so wundern wir uns nicht, daß auch das technische Entstehen dieses Buches ein besonderes Kapitel in seinen Auffassungen vom Druck bildet. Ohne Kommentar kann hier ein Briefausschnitt dem anderen folgen : 4. August 1759: „Was den Druck des Catalogi in Florenz betrifft, billige ich diesen Einfall, wenn man gute Lettern und Französische Setzer 45 hätte. Was die Character betrifft, diese können in Rom so gut als an einem Orte in der Welt geschnitten werden und Sie sollten in dieser Arbeit nicht einen Pfennig übertheuret werden", denn Winckelmanns Freund, der Abbate Ruggieri, sei über die Druckerei der vatikanischen Kongregation de propaganda fide gesetzt (289. II, 15). 1 1 . August 1759: „Ich freue mich daß Sie den Druck selbst besorgen wollen; aber hat man gute Lettern in Florenz? ich zweifele daran. Ich würde Buchstaben wählen wie die in Caylus seinem Werke sind" 46 (292. II, 17). 15. August 1759: (es war notwendig, für einzelne Wörter besondere Buchstaben zu schneiden. Das geschah in der Druckerei der Propaganda unter Winckelmanns Aufsicht.) „Zum Schneiden der Wörter und Buchstaben in Holz habe ich nöthig zu wißen, was Sie vor Lettern nehmen wollen, damit die geschnittenen mit jenen übereinkommen. Schicken Sie mir ein paar gedruckte Worte, oder melden Sie mir den Namen von der Sorte 45 Wegen der Sprache. Denn der Katalog war französisch geschrieben. 48
Recueils d'Antiquité, Paris 1 7 5 2 ff. Die Déscription benützte etwas größere Lettern und weiteren Satz und erschien in Quart (II, 378).
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Lettern, mit dem Kunstworte [Fachausdruck] der Buchdrucker. Die geschnittenen Buchstaben können größer seyn als die gedruckten, damit sie desto beßer ins Auge fallen" (293. II, 18). 18. August 1759: „Von dem überschickten Blade wird man die Noten zum Drucke wählen müßen: das Elend ist, daß die Buchstaben stumpf und abgenutzet sind. Es ist eine Schande vor Florenz, daß die Druckerey so jämmerlich bestellet ist. Das Griechische siehet Barbarisch aus: es ist gut daß ich sehr sparsam mit demselben gewesen bin" (295. II, 20). 22. August 1759: „Ich habe zum schneiden der Buchstaben 6 gegoßene Buchstaben nöthig von denen welche Sie sich gewählet haben, und zwar den Buchstaben klein m, weil dieser der breiteste ist, denn die geschnittenen Worte müßen von gleicher Höhe seyn, sonst kann man nichts machen. Es ist gantz und gar nicht nöthig daß man Buchstaben gießen laßen: denn die in Holz geschnittenen halten mehr aus als die gegoßenen und nicht allein 1000 sondern 100000 Exemplare. Pagliarini [der römische Buchhändler und Verleger] glaubet daß Sie niemahls mit dem Drucke in Florenz würden zufrieden seyn, theils wegen der schlechten Lettern, theils wegen des Papirs. Er glaubete Sie würden beßer fahren, es in Rom drucken laßen, auch in Absicht des Papirs, welches überhaupt beßer sey, und durch eine Begünstigung des Tesoriere ohne Gabella zu erhalten sey. 47 Ich schreibe dieses als einen bloßen Vorschlag" (297. II, 23). 25. August 1759: „Was ich zu Ihrem Vorschlag 48 sagen soll, weiß ich nicht. Die Buchhändler in Rom haben keine Correspondance und ich auch nicht, und ich versichere Sie, daß ich nicht reich werden will. Ich glaube daß Ihnen die Besorgung des Drucks viel Umstände machen wird; allein dieses war voraus zu sehen, und nunmehro müßen wir nicht müde werden" (299. II, 24 f.). 2. September 1759: „Ich habe indeßen mit Pagliarini geredet, und überschicke Ihnen eine Probe wie er es drucken wollte und den Ueberschlag der Kosten; dieses kann Ihnen wenigstens zu einiger Nachricht bey Ihrem Contract mit Bonducci dienen" (303. II, 29). 5. September 1759: „ E s ist sehr viel verschrieben in der Orthographie [derManuskript-Abschrift]. Suchen Sie doch außerdem Hrn. Ab t e [AbOb Pagliarini die guten Beziehungen zum Schatzmeister (Tesoriere) hatte, der den Zoll (gabella) erlassen konnte, oder Winckelmann, wird nicht gesagt. Wahrscheinlich Pagliarini. 48 Der Zusammenhang zeigt, daß hier nur der Selbstverlag gemeint gewesen sein kann. Trotz seiner im ganzen vernünftigen Ansicht hält W . auch zu diesem Zeitpunkt schon den Selbstverlag für eine Möglichkeit. 47
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bäte] Buonaccorsi noch jemand anders der das Griechische übersiehet. Es ist mir bange dabey" (304. II, 30). 15. September 1759: „Wo ich Commata ausgestrichen, ist es mit zwey Querstrichen geschehen (4=) dieses muß sorgfältig beobachtet werden: denn es ist kein einziges Comma übergangen und zu übergehen. Wegen des Griechischen ist mir sehr bange, weil ich gewiß glaube daß in ganz Toscana kein einziger sey auf den man sich verlaßen können ; sind doch in Rom nur zwey Personen. Sollte man Gefahr laufen was fehlerhaftes zu liefern, müßte ich von neuen alles weg streichen und ändern, und ich will es lieber thun. Wenn aber Bonducci die Augen genau aufsperret, so ist das wenige Griechisch so deutlich geschrieben daß er nicht fehlen kann : man muß aber auf jeden Punct unter und über jeden Buchstaben Achtung geben" (306. II, 33)29. September 1759: ,,Ich bin froh daß wir wegen des Griechischen gesichert sind, aber mir wird sehr angst und bange nunmehro da ich höre, daß man wirklich an den Druck gehet. Ich wage alle meine Ehre und Schande: der Himmel gebe, daß es zum guten ausschlage. Ich begreife nicht wie Sie (denken, daß Sie) mir können Bogen zur Correctur schicken : ich wünschte daß es möglich wäre, aber es wird wegen Mangel der Lettern beym Bonducci nicht geschehen können" (309. II, 35). 10. Oktober 1759, nachdem Winckelmann die Manuskript-Hefte erneut durchgearbeitet hat : „Es ist auch kein einziges Comma übergangen und wenn es so gedruckt wird, so sollen nicht viel Fehler seyn" (314. II, 39). 24. Oktober 1759 : „Ich will wenigstens hoffen, daß man den Druck mit aller Aufmerksamkeit übersehen habe. Was im übrigen nicht ist, muß man als ein Christ in Geduld ertragen. Die Arbeit verdienete einen beßeren Ausfall" (315. II, 40). 27. Oktober 1759 : „Der Druck ist nicht der Beste, aber er ist erträglich. Es wäre zu wünschen, daß derjenige der es durchgesehen alles verstanden hätte". So stände z. B. statt East Eart und statt Chausse Chaussée. „Es wird dem Englischen und wahren ehrlichen Mann [Pococke, dessen Buchtitel falsch gedruckt wurde] nicht lieb seyn, wenn ich an der Vorrede anhängen werde, daß diese Druckfehler eingeschlichen seyn weil ich selbst nicht gegenwärtig seyn können. Die Vorrede aber wäre ich sehr geneigt in Rom drucken zu laßen. 49 Geben Sie ja genau Achtung auf die Commata : ich habe viel mehr ausgestrichen als gesetzt. Dieses ist mit ein Fehler in dem Gedruckten" (317. II, 41). 49
Im Brief vom 3. Nov. wird dieser Wunsch wiederholt. Tatsächlich wurden Vorrede und Register in Rom von Pagliarini gedruckt.
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30. Oktober 1759: Sagen Sie doch dem Buchdrucker daß er mit seiner wenigen Gelehrsamkeit nach Pisa reise,50 aber nicht dieselbe in dem Werke zeige. Wo ich eine edition Henrici Stephani allegiret, H. Steph. hat er gesetzet Enr. Stephani. Ich will nicht von dem ausgelassenen H sagen; dieses aber völlig auszudrucken ist ein Gebrauch der Pedanten, der Scioli und der Frati 5 1 , um zu zeigen daß sie dergleichen Ausgabe gesehen haben. Es wird uns nicht so viel Schande als dem Buchdrucker machen, wenn ich vielleicht ein paar Bogen Druckfehler werde hinten ansetzen: denn ich werde alles sehr genau durchsehen" 53 (318. II, 42 f.). 3. November 1759: „Weil ich sehe daß wenig Aufmerksamkeit auf das Griechische gewendet wird . . . [es folgen Beispiele], so werde ich genöthiget so viel als ich kann, das Griechische wegzustreichen" (320. II, 44). 21. November 1759: ,,Es würde alles gut gehen wenn nur der Druck richtiger wäre. Nach so vielen Erinnerungen sehen Sie nur ein einziges Griechisches Wort an pag. 96. Es sollte gedruckt seyn £r)voji(bycovi. Was wird man vor Zeug machen aus langen Stellen! Man könnte mich nicht lächerlicher in der Welt erscheinen machen. Soll ich mich in der Vorrede über die Bestialische Unwißenheit aller Florentacci beklagen ? Was, wird man sagen, man würde doch einen einzigen Menschen gefunden haben, der aus Menschenliebe ein Griechisches Wort angesehen hätte und dennoch wird es uns nicht so gut. Wer kann nun wißen wie viel Druckfehler in den allegatis stecken, welches ich nicht eher wißen kann als bis ich dieselbe nach dem ganzen MS. nachsehen werde. Dr. Lami wird ja wenigstens Griechisch lesen können, und mehr gebraucht es nicht: denn ich habe ja alles mit der größten Sorgfalt geschrieben und verbeßert . . . Aber ich will nicht unnützlich von Dingen reden die gar nicht zu ändern sind. Wenn noch gar keine große Griechische Stellen abgedrucket wären, und ich könnte den Text ändern, so würde ich alles Griechische wegstreichen . . . Vor dem Druck wäre es Zeit gewesen" (326. II,
50).
12. Dezember 1759: „Ich weiß nicht wie es zugehen (konnte) daß p. 168. n. 2. das Griechische ausgelaßen worden, und nur das Lateinische 60 Spott auf die Universität Pisa als die Florenz am nächsten gelegene und für einen Florentiner verständlichste Anspielung. 61 Klugscheißer und Mönche. Sachlich war in diesem Fall aber doch wohl der Korrektor im Rechte, denn Winckelmann kokettiert hier zu deutlich mit den Zitiermethoden der Gelehrten seiner Zeit, die im unverstehbaren Abkürzen von Namen und Buchtiteln einen besonderen Stolz erblickten. 62 Es wurde nicht ganz so schlimm, wie Winckelmann fürchtete. Die Description bringt jedenfalls nur eine halbe Seite mit Druckfehlerberichtigungen.
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davon stehet. Ich kann mir nicht einbilden daß ich es ausgelaßen. Liegt die Schuld nicht an mich, so ist es Ihnen beyzumeßen, da Sie das geschriebene nicht genau gegen den Druck gehalten, und alsdenn zeiget es von einer großen Nachläßigkeit. Der Buchdrucker muß sich in fesoit verliebt haben, welches ich allenthalben finde, ohngeachtet ich es ausgestrichen" (335. II, 60). 15. Dezember 1759: „Ich bitte Sie um alles was mir lieb ist, die allegata genauer anzusehen als geschiehet. pag. 101. n. 7. in der Note finde ich wiederum Eart an statt East. Ich muß mir vorstellen, daß in den Zahlen gar leicht viel versehen seyn mag. Es kosten die allegata so unbeschreibliche Mühe, und sie erscheinen in dieser Schrift wahrhaftig zum ersten mahl mit völliger Richtigkeit aus den Quellen gesuchet. In dem Texte stehen viel Commata wo ich sie mit 2 Querstrichen ausgelöschet habe" (336. II, 61). 22. Dezember 1759: „Ich kann nicht umhin mich sehr zu beklagen über die Uebersehung des Drucks . . . ich will aber ein mahl für alle mahl und itzo zum allerletzten mahle davon sprechen, die Correctur mag so nachläßig seyn als sie immer will . . . Außerdem sind weder Commata noch andere Zeichen, wie ich dieselbe gesetzt gehabt, inachtgenommen: Es fehlen keine Commata, aber es sind deren zu viel und sie zerreißen den Satz. Die Vielheit der Commatum war vor 200 Jahren, ist aber in keinem richtig gedruckten Buche fernerhin zu finden. Ich sehe daß Mr. St. Laurent ein Ertzkleines Geschöpfgen von Verstände ist: er wäre gut zu gebrauchen in dem Kriege der Eselhaften Deutschen Profeßors, die sich dem Teufel und seiner Groß-Mutter ergeben über ein Wort mit oder ohne H. Ich habe von neuen die Commata mit so bestialisch dicken Strichen ausgethan daß wenn sie stehen bleiben, es ein Eselmäßiger Eigensinn scheinet" (338. II, 64). 29. Dezember 1759: „Der Druck bleibet voller Fehler weil man nicht Zeile vor Zeile, ja Wort vor Wort nach dem geschriebenen übersiehet, und es ist nicht genug daß M. St. Laurent diese verdrießliche Arbeit übernimmt, Sie selbst sollten alles noch einmahl eben so überlesen, und wenn noch ein dritter wäre, könnte es nicht schaden. Ich sehe daß niemahls ein Blick auf die Citationes geworfen worden, daher die erstaunende Mühe welche dergleichen Nachsuchen kostet, verlohren gehet. Sonderlich ist p. 227. ein gar zu grober Fehler begangen [ein hebräisches Wort war verdruckt] . . . Wenn in dem gantzen Wercke mehr Hebräische Worte wären, wär es zu verschmertzen, da aber nur zwey sind, nemlich dieses und ein anderes vorher, welches ebenfalls unrecht ist, so kann ich es unmöglich stehen laßen, und ich bitte Sie mir den einzigen Gefallen zu erweisen, und diesen 110
halben Bogen . . . umdrucken zu laßen. Diese Bitte können Sie mir nicht abschlagen: denn ich würde gar zu lächerlich mit meinen 2 Hebräischen Worten erscheinen. Das vorige Wort bedeutet so viel nicht. Ich bitte Sie hierum als um eine Sache woran mein bisgen Ehre hänget" (340. II, 66). 2. Januar 1760: „Ihr Corrector im Griechischen muß ein wahrhafter Esel seyn: denn . . ." (341. II, 67). 5. Januar 1760: „Sie müßen mir vergeben, wenn ich Ihnen zu viele Klagen über den Druck gemacht habe. Wir sind wie die Affen; auch diese lieben ihre Jungen" (342. II, 68). Kaum war der Ärger Winckelmanns über Stosch wegen des Katalogs zu Ende, begann der über Walther wegen der Geschichte der Kunst, umgekehrt gewiß auch der Ärger des Verlegers und des Druckers über Winkkelmann. Justi hat schon recht, wenn er (III, 296) sagt: „Welches Glück für den Setzer, daß zwischen Rom und Dresden die Alpen lagen!" Denn ein am gleichen Orte wohnender Winckelmann hätte zweifelsfrei die gesamte Druckerei vom jüngsten Lehrling bis zum Korrektor zur Verzweiflung gebracht. Und da Walther wahrscheinlich nicht versäumte, die brieflichen Forderungen und Kritiken seines empfindlichen Autors abschriftlich an die Breitkopfsche Offizin weiterzugeben, dürfte man in Leipzig — Justis Bemerkung bezieht sich nur auf die Anmerkungen, die in Walthers neuer Druckerei in Dresden gedruckt wurden — über Winckelmann genau so unfreundlich gedacht haben wie Winckelmann über die Druckerei. Doch zur Sache. Am 1. Mai hat Winckelmann erfahren, daß die ersten Hefte des Manuskripts endlich beim Verlag angekommen sind. In der Annahme, daß Walther sofort mit dem Druck beginnen würde — obwohl er doch nur erst einen Teil des ersten Teils im Manuskript hatte! — schickte er ihm sogleich einen drei Druckseiten langen Brief, der, von Einleitungs- und Schlußsatz abgesehen, ausschließlich technische Anweisungen für den Druck enthält. „In der Correctur muß jede Zahl in den allegatis genau gegen das MS. gehalten werden; denn ich habe dieselbe genauer als von irgend jemand vor mir geschehen angegeben, und diese Richtigkeit muß einen großen Werth der Schrift geben. Eine jede dieser Citationen ist besonders abzusetzen, und dabey N B zu beobachten, daß wo allegata zu den Einschiebseln am Rande mit einem Creutzgen gesetzet sind, dieselbe unter andere, unter dem Texte, in ihrer Ordnung mit der Zahl gesetzet werden, dadurch werden also die Zahlen der allegatorum im Drucke mehr als in dem Geschriebenen anwachsen . . . in
[PS] Erinnerungen für den Corrector 1, Die Zusätze und Einschiebsel, mit Sternchen werden unter den Text gesetzet und sind Noten 2, Die Buchstaben welche an statt der Zahlen, vor den Inhalt auf dem Rande gesetzet sind, müßen hier und da, nach dem Conspectus des Inhalt, welcher vor der Schrift gesetzet wird, geändert werden; es ist daher dieser Conspectus bey der Correctur allezeit nachzusehen. 3, Aus dem Wort Barsalt, welches sonderlich in dem Ersten und vornemlich in dem Zweyten Capitel öfters vorkommt, ist das R allezeit wegzustreichen, und man lese es Basalt . . . " [Es folgen weitere Korrekturen, eine volle Druckseite lang] (480. II, 222 f.). Schon 1761 war die Sorge um die Register angeklungen: „Denn das Register welches weitläuftig werden wird, muß ich selbst ausarbeiten" (440. II, 175); jetzt, als er denkt, das Buch werde doch wohl in Zürich gedruckt werden, wird diese Sorge wieder akut: „Denn dieses [sc. Register] wird viele Bogen stark werden müßen wegen der gehäuften und zum theil bisher unbekannten Sachen und Nachrichten; daher es nöthig seyn wird, mir die ersten Bogen nach Rom zu übermachen, damit ich nach und nach selbst das Register ausarbeiten könne" (490. Geßner, 12. Juni 1762. II, 235). Praktisch wäre das übrigens von Zürich aus nicht eben viel leichter gewesen als von Leipzig oder Dresden und hätte jedenfalls das Erscheinen des Buches um Monate oder vielleicht sogar Jahre verzögert — und das angesichts des immer auf Eile und schnelles Erscheinen bedachten Autors! Kaum hat Winckelmann mit Geßner Einzelheiten des Drucks behandelt, war Walthers Vorschuß eingetroffen und diesem wieder der Verlag zugedacht — und schon gehen auch die technischen Ermahnungen an ihn weiter. Am 30. Juni 1762 heißt es: „Die Rand-Summarien sind in ganz kleinen Character zu setzen und zwar mit den Buchstaben aus verschiedenen Sprachen, an statt der Zahlen bezeichnet. Diese Summarien werden alle zusammengenommen besonders, als der Inhalt des Werks, demselben vorgesetzet, nebst einem vollständigen Verzeichniße der in den Anmerkungen angeführten Bücher, und ganz voran wird eine besondere Erklärung der Kupfer gesetzet" (495. II, 245). Am 10. Juli schreibt Winckelmann ihm: „Den 8ten dieses habe ich den Probe-Bogen richtig erhalten und bin vollkommen wohl zufrieden, so wohl mit dem Papir als mit dem Drucke, welches alles beydes nicht schöner seyn kann, so daß ich hoffe, es werde unser Werck eins der prächtigsten werden die irgend in Deutscher Sprache erschienen sind. Es wäre mir lieber, wenn die Rand-Summarien nicht dürften hineingerücket werden. 112
weil sonst in dem Texte selbst ein Winkel müßte gemacht werden: es wäre beßer es so zu laßen, wie es gesetzt ist. Ich habe nichts zu erinnern, als über drey Druck-Fehler auf der 4ten Seite . . . Dieses sind Dinge, die man in Leipzig so gut, und zum theil noch beßer wißen muß als in Rom, und als jemand der wenig Deutsch zu sprechen Gelegenheit hat und suchet. Diese, des Correctors, soll ich es nennen, Nachläßigkeit oder Unwißenheit machet mich in der That bange, sonderlich wenn man wird an Dinge kommen, welche weniger bekannt sind. Warum kann man denn in Holland ohne Fehler drucken!" (500. II, 251). Dann kommt die Reihe an das Herculanische Sendschreiben, mit dem Brief vom 28. Juli 1762. Winckelmann dirigiert seinen Verleger in souveränem Ton. Er schreibt nicht „Ich schlage vor" oder „Ich bitte", sondern „Der Druck wird in Quart: denn auf dieses Format sind die Zeichnungen eingerichtet, und mit eben den Lettern wie der Probe-Bogen der Geschichte der Kunst ist" (502. II, 252). Und ähnlich souverän geht es weiter: „Ich empfehle Ihnen die Correctur an: man bezahle lieber vier Augen, da zwey deutsche Augen keine Seite ohne Fehler schaffen können". Und schließlich sehr ärgerlich, wiewohl Walther für die Fehler in den „Anmerkungen über die Baukunst der Alten" nichts kann, da sie bei Dyck erschienen waren: „Ich will aus meinen Namen das c vor dem k wie in den Anmerk. der Baukunst geschehen, nicht ausgelaßen haben, nach der Leipziger neuen Mode. So schrieb sich mein Vater, und ich will als der letzte meines Stammes keine Neuerung machen" (ebd. 253). 53 Am 31. Juli fällt ihm dann plötzlich ein, daß das Delta in der Unterschrift der schon früher übersandten Schlußvignette nicht richtig gezeichnet sein könnte: „Ich habe nichts zu erinnern als in Absicht des ersten Buchstabens 53
Walther Rehm hat in seinem Kommentar zu diesem Satz die Fälle aufgezählt, in denen Winckelmann selbst seinen Namen mit einem einfachen k schrieb, nämlich in den Briefen 1 5 1 , 1 6 5 , 169, 1 7 2 , 1 7 5 und sogar noch einmal in 799, im Jahre 1 7 6 6 . Dort hat Rehm auch einen interessanten Passus aus der Nicolaischen Allgemeinen Deutschen Bibliothek abgedruckt, der in der Rezension der zweiten Auflage der Geschichte der K u n s t stand: „ D e r sei. Winckelmann schrieb sich allezeit Winckelmann. Der Ree. erinnert sich in einem Briefe von dem verstorbenen W . gelesen zu haben, daß er sehr darauf schalt, daß man seinen Namen W i n kelmann geschrieben hatte, weil es sehr nachtheilig, verwegen und leichtsinnig sey, einem ehrlichen Manne seinen Geschlechtsnamen zu verstümmeln, und aus Eigensinn der Orthographie, Mißverständnis und Zweydeutigkeit in einem Geschlechtsnamen zu verursachen. E r wisse zwar sehr wohl das angenommene von dem Gebrauch des ck; werde es aber allezeit mit Unwillen lesen, wenn jemand ihn, aus Eigensinn der Orthographie, nicht Winckelmann schreiben wollte" (II, 464!). 8
Stoll, Winckelmann
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in dem Namen des Demosthenes, an welchen die einige Linie hervorspringen muß. A. Dieses können Sie selbst ändern auf der Zeichnung" (507. 11, 258). Am 14. August sind es wieder andere Sorgen: ,,. . . und erinnern Sie den Corrector, daß er mir die Nomina propria nicht nach Leipziger Art ändere, und anstatt Horatius, Homerus, u. s. w. wie ich geschrieben, nach heutiger Französischer Mode setzen wolle Horaz, Homer. Dieses ist für mich eine nöthige Erinnerung" (510. II, 260). Daß Winckelmann nicht nur tadeln konnte, sondern auch — wenngleich sehr viel seltener — zu loben wußte, zeigte schon der eine Brief an Walther, in dem er sich mit dem Probebogen so zufrieden zeigte, was Lettern, Satzspiegel, den Druck an sich anlangte. Das beweist auch ein Brief vom 12. August 1763 an Breitkopf, mit dem er dadurch in persönlichen Kontakt gekommen war, daß dieser eine „Erklärung der zweifelhaften Stellen" (515. II, 261), also wohl im Manuskript, erbeten hatte. Als er ihm nun persönlich antwortete, fügte er auch allerhand von Breitkopf offenbar erbetene fachliche Auskünfte bei und versprach, die noch ausstehenden seinem nächsten Briefe an Walther beizulegen, da er zur Zeit wegen einer Erkrankung nicht alles habe erkunden können. „Ich habe mit vielen Vergnügen Ihre wehrte Zuschrift erhalten, welche mir Gelegenheit giebt, Ihnen meine Hochachtung und Erkenntlichkeit zu bezeugen für das Antheil welches Sie vermöge des schönen Drucks meiner Kleinigkeiten 54 zur guten Aufname derselben beygetragen haben. Ich kann mir Ihre wehrteste Person sehr wohl vorstellen, da ich vor etwa 12 Jahren die ansehnliche Breitkopfische Buchdruckerey sähe, zu einer Zeit, da ich mir nimmermehr hätte einfallen laßen, in dieser berühmten Werckstatt etwas von mir drucken zu laßen . . . Mit der Schriftgießerey [in Rom] hat es seine Richtigkeit : ich habe diese Nachricht von dem Aufseher der großen Druckerey in der Congregazione de Propaganda Fide; Pagliarini ließ seine Lettern aus Frankreich kommen. Ich werde aber gründlichere Nachricht hierüber einziehen . . . Ich kann Ihnen meine Ungeduld nicht bergen, diese meine Geschichte der Kunst an das Licht treten zu sehen. Sollte es an Ihnen liegen daß eine andere kleine Schrift „Von der Fähigkeit der Empfindung des Schönen in der Kunst" nicht unverzüglich dem Drucke übergeben worden, so nehme ich mir die Freyheit, Sie zu ersuchen, die Hinderniße aus dem Wege zu räumen." Was die Monumenti anlange, so könnten sie dereinst „zugleich zur Probe von unserer Druckerey dienen . . . denn ich werde Mit Ausnahme der ersten Auflage der Gedanken, der Allegorie, der Anmerkungen zur Geschichte der Kunst und der Monumenti Inediti druckte Breitkopf alle Werke Winckelmanns für den Waltherschen Verlag. 54
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nichts ersparen. Ich wünschte Leipzig wider zu sehen, welches ich nur im Durchreisen kennen lernen, und nicht genoßen habe: so bald mein Ital. Werck wird vollendet seyn, werde ich suchen diesen Wunsch zu erfüllen, und ich lade mich zuversichtlich schon voraus bey Ihnen auf ein MittagsEßen ein" (582. II, 337 f.). Den angekündigten nächsten Brief an Walther schrieb Winckelmann am 20. August, nachdem er tatsächlich die erbetenen Informationen eingezogen hatte: „Für Herrn Breitkopf, nebst herzlichem Gruße. Von den verlangten Büchern findet sich Statuta de'Librari di Roma, 1674. u r , d kostet etwa 4 Paoli. L'Indice de' Caratteri nella Stampa Vaticana e Camerale del'an. 1628. wird schwer zu finden seyn, weil die Druckerey in der Vaticana eingegangen und zu der della Propaganda Fide geschlagen worden. Die Propaganda hat wollen ein Specimen in allen Sprachen drucken laßen, wozu ich selbst beygetragen; ich weiß aber nicht ob es geschehen ist. Was in dieser Art erscheinet, stehet Hrn. Breitkopf ohne Entgelt zu Befehl; denn es kostet mir auch nichts" (584. II, 339 f.). Um einen knappen Blick von Winckelmann weg zu tun: außerordentlich aufschlußreich ist das Bemühen des Leipziger Druckers, sich so gründlich über die Technik seiner römischen Kollegen zu unterrichten. Natürlich mußte ihm hierbei die Druckerei der Propaganda-Kongregation besonders wichtig sein, die nach Rehms Feststellungen im Jahre 1786 Lettern für nicht weniger als 26 verschiedene Sprachen zur Verfügung hatte. So sehr Winckelmann den Druck an sich gegenüber Breitkopf gepriesen hatte, so fand er schon an der Abhandlung wieder zu tadeln: „Ich weiß bereits aus der Schweiz, daß die kleine Schrift großen Beyfall findet; ich erfahre aber auch, daß dieselbe /:wie es mit Deutschen Schriften gewöhnlich ist: / nicht ohne Druck-Fehler sey. Ist dieses am grünen Holze geschehen, was wird am dürren geworden seyn!" (611. 3. Dez. 1763. II, 359). Das Urteil über das „dürre Holz" der Geschichte der Kunst fällte er am 18. April 1764: „Mit dem Drucke bin ich sehr zufrieden, die Druckfehler ausgenommen, die ich im Durchlaufen gefunden; denn ich habe nicht Zeit gehabt, das ganze Buch zu lesen; in der Vorrede hätte man in Leipzig wenigstens wißen sollen, wer Aretino war, aus welchem man einen Arentino gemacht hat. Noch mehr befremdet mich, daß ein seichter Kopf eine Erklärung einiger Kupfer zugefüget, welche ich mit Fleiß übergieng . . . Das Kupfer auf dem Titel des Zweyten Theils hat keine Erklärung nöthig, weil es ein jeder siehet, und eben so wenig das Kupfer zu Ende. Dieses wäre gut gewesen in einem Buche für Schul-Knaben, aber nicht in einem Werke dieser Art" (654. III, 33). 8
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Am 30. Juni kam Winckelmann noch einmal darauf zurück: „Suchen E. HochEdelgeb. einen verständigeren Corrector zu bekommen: denn derjenige welcher sich zur Geschichte der Kunst gebrauchen lassen, außerdem daß er ziemlich ungelehrt seyn muß, verstehet seine eigene Muttersprache nicht. Es ist eine Schande, daß man auf manchen Seiten drey Druckfehler dieser Art findet; ich kann unter andern p. 232 anführen, welche ich gestern gelesen habe. Dieser Esel muß ohnezweifel nicht eingesehen haben, was die Schrift zu bedeuten hat, welche ihm anvertrauet worden" (666. III, 46). Kaum hat dann der Druck des Zweiten Herculanischen Sendschreibens begonnen, als Winckelmann, sozusagen prophylaktisch, schon seine Sorgen dem Verleger unterbreitet. Nebenbei sei angemerkt, daß — was Winckelmann nicht ahnte — der von ihm in dem letzten Brief so bitter gescholtene Korrektor der gleiche Weiße gewesen war, nach dem er nun so dringlich verlangt! 29. Juli 1764: „Sollte sich niemand in Leipzig finden der auch aus Liebe zu so seltenen Nachrichten den Druck derselben aufmerksam durchsiehet, so kann ich mir dieses von Hrn. Steuer-Einnehmer Weiß versprechen, welcher dieses von Hrn. Breitkopf ersuchet, sehr willig thun wird. Es wird die Zeit kommen, da ich mich über die Schandflecke in meinen Schriften beklagen werde, in der gewissen Versicherung daß meine Handschrift richtig ist" (670. III, 51), woraus man noch schließen könnte, daß die Drucker und Korrektoren auf die dauernden Donnerwetter aus Rom nicht stumm geblieben waren, sondern sich damit verteidigt hatten, im Manuskript hätte es eben so gestanden, wie sie gedruckt hatten! Aber als dann Walther den beendeten Druck meldete, blieb Winckelmann beim gewohnten Ton, obwohl er die Schrift ja noch gar nicht gesehen hatte: „ E s ist mir lieb daß die kleine Schrift abgedruckt ist; ich wünsche daß dieselbe weniger Druckfehler als die Geschichte habe: denn ganz ohne Fehler ist es von den Leipzigern nicht zu erwarten" (679. 13. Okt. 1764. III, 61). Darauf nahm Walther dann, in seiner eigenen Druckerei, die Allegorie in Angriff und hörte von seinem Autor, 22. Dez. 1764: „Ich bin in Furcht wegen der Correctur, wegen vieler dort unbekannten Sachen und Worte, aber doch weniger als wenn es zu Leipzig gedruckt würde: denn mich deucht, an einem Orte, wo wenigstens ein Schatten eines Hofes geblieben ist, sind noch eher Personen zu finden, die gewiße nicht UniversitätsKenntnißen haben. Ich empfehle dem Corrector sonderlich die Allegata, weil dieselbe dem Verfaßer sehr viel Mühe gemacht haben, und damit in 116
gewißen Puncten meine Absicht erreichet werde, habe ich auf beygelegten Blade [nicht erhalten] einige Anmerkungen angezeiget . . . [PS] Der Corrector muß sich nicht begnügen wenn er in den Allegatis die Namen, nach dessen Kenntniß, richtig abgedruckt findet, sondern er muß eine jede Zahl mit der Handschrift zusammenhalten: die Correctur der Allegatorum wird insgemein am schlechtesten besorget, weil sie die mühsamste ist" (687. III, 72 f.). In der zweiten Aprilhälfte 1766 bekam Winckelmann die ersten Exemplare seiner Allegorie zugeschickt und äußerte sich etwas freundlicher als sonst: „Ich habe die übermachten Exemplare vor ein paar Tagen erhalten, und bin ungemein vergnügt über den schönen Druck der Allegorie; die Druckfehler muß man übersehen; auf der ersten Seite der Vorrede Jin. 28. stehet geben an statt graben. Die Allegata hat der Corrector, deßen Sie sich bedienet gar nicht angesehen, welches ich demselben unwidersprechlich beweisen will, und es ist ein Mensch der nicht Griechisch lesen kann, welches mir an einen Sachsen befremdet, denn sein Vaterland hat er verrathen durch Verwechselung des D und T. Es ist also alle Hoffnung verlohren Bücher ohne grobe Fehler in Deutschland zu drucken, da nicht leicht eine Handschrift deutlicher als die meinige seyn wird." (767. III, 175 f-)Wie gewöhnlich kam er nach geruhiger Lektüre des neuen Buches noch einmal auf sein Thema zurück, am 26. Mai: „Ich bin erstaunet über die vielen Druckfehler in der Allegorie, die mir jemand hier angemerket hat. Da dieses die erste Probe Ihrer Druckerey ist preiset es nicht sehr an. Ich erinnere diese schändliche Sächsische Petit-Maitre Nachläßigkeit, damit man in dem Drucke der Anmerkungen [zur Geschichte der Kunst] desto aufmerksamer sey. Ich bin im Stande, wenn es nicht anders seyn kann, dem Corrector ein Geschenk zu machen, um nicht verhuntzet in (der) Welt zu erscheinen." (772. III, 179). Und noch einmal am 28. Juni: „Die Druckfehler werde ich zu meiner Rechtfertigung überschicken" (777. III, 183). Zu Winckelmanns letztem Buch, den Anmerkungen zur Geschichte der Kunst, ist das briefliche Echo außerordentlich mager. Winckelmann klagte, wie stets, daß sich der Druck so lange hinauszog, war aber gerade in diesem Falle selbst daran schuld. Erst Ende November 1767, von Neapel zurückgekehrt, fand er seine Exemplare vor. Bisweilen wird das Werk in den Briefen der folgenden Zeit erwähnt. Über den Druck — oder die Drucker — fällt kein Wort. Aber in jene Zeit fielen sowohl die Plagen als Verleger und Buchhändler mit den Monumenti, als auch die Planung der 117
zweiten Auflage der Geschichte der Kunst, als auch schließlich die Reisevorbereitungen. Obwohl Winckelmann den Druck der Monumenti Inediti täglich überwachen konnte und wahrscheinlich auch überwachte, war er doch „beständig ängstlich, weil ich glaube, daß ich weder im Drucke, noch in der Arbeit die Erwartung erfüllet habe; es soll aber beydes im dritten Bande ersetzet werden, wenn ich noch einige Jahre lebe" (883. L. Usteri, 22. Juli 1767. III, 291 f.). Genauso war die zweite Auflage der Kunstgeschichte schon jetzt von Druckfehlersorgen überschattet:,, Kann et was vollkommen in der Welt seyn, so will ich suchen, diese Arbeit, woran mein ganzes Herz hänget, dahin zu bringen, wenn nur in dem Drucke meine Absicht nicht verfehlet wird" (899. L. Usteri, 19. Aug. 1767. III, 308). Wer hat recht: Richter, wenn er in seiner mehrfach erwähnten Studie, Seite 140, von Walthers „untadelhaften" Ausgaben von Winckelmanns Schriften spricht, oder Winckelmann mit seinen beständigen Beschwerden und Klagen? Nicht um ein salomonisches Urteil zu fällen, sondern um beiden Seiten gerecht zu werden, möchten wir antworten: beide. Ob Walther wirklich ein Mann war, gleich Nicolai und Weiße „des Briefwechsels mit Winckelmann unwürdig", wie Bodmer 1781 an L. Usteri schrieb (IV, 337), bleibe dahingestellt. Soviel glauben wir bei dem wenigen, was wir über ihn wissen, sagen zu können, daß er tat, was in seinen Kräften stand, und manchmal wohl sogar ein klein wenig darüber hinaus. Das gleiche gilt zweifellos von Breitkopf. Ultra posse nemo obligatur, und die Druckfehler sind bis heute noch nicht ausgestorben, ohne daß deshalb gleich alle Setzer und Korrektoren Esel sein müßten, wie Winckelmann so plastisch sagte. Im ganzen gilt doch, und auch heute noch, Franckes Kritik der Geschichte der Kunst in den Erlangischen Gelehrten Anmerkungen und Nachrichten vom 8. Mai 1764, gilt zugleich auch für alle Winckelmann-Drucke Walthers und Dycks und Breitkopfs: „Dem H. Verleger muß es billig zum Lobe gereichen, daß er bey einer so vortrefflichen Beschaffenheit des Werks, nichts an der äußerlichen Schönheit desselben ermangeln lassen, so, daß man überhaupt von demselben, ohne übertriebenes Lob und mit dem hoffentlichen Beyfall aller Leser und Kenner sagen kann, daß es, nach seinem äußerlichen Ansehen dem Herrn Verleger; so wie nach seinem innerlichen Werthe, dem Herrn Verfasser, zu unsern Zeiten, Ehre mache" (IV, 398). Aber auch Winckelmann war im Recht, denn erstens ist jeder Autor ärgerlich, der Druckfehler in seinen Schriften findet, noch dazu, wenn sie 118
sinnstörend sind. Die meisten Autoren sind für die Druckfehler zu einem Teile mitverantwortlich, da sie selbst die Korrekturen lesen. Winckelmann mußte, des weiten Weges halber, diese lohnsame Plage fremden Augen überlassen, „so sehr ich wünschte die Ausbeßerung jedes gedruckten Bogens selbst zu besorgen" (440. Walther, 26. Sept. 1761. II, 175). Zweitens, und damit kehren wir an die Anfänge unserer Untersuchung zurück: Winckelmann war mit dem Herzen seinem Werk und mit allen Sinnen dem schönen Buche zugetan — und einem Bibliophilen wie einem Hingerissenen, der seine Leser hinzureißen wünscht, wiegt ein falsches Komma wie ein Zentner und tönt ein falscher Buchstabe wie greuliche Katzenmusik in die Ohren. Im Kopf und im Reisegepäck die neue Ausgabe der Geschichte der Kunst, fuhr Winckelmann in den Norden und in den Tod. Am Morgen des 8. Juni 1769 saß er in seiner Stube in der Triestiner Locanda Grande und machte, während der Mörder Arcangeli im Nebenzimmer schon mit Schlinge und Dolch lauerte, Notizen für den Drucker. ,,1. Die nomina propria sind mit nicht grössern Buchstaben zu drucken, weil dieses die Harmonie des Druckes unterbricht. 2. Die Register sind folgendermaßen zu ordnen . . . 3. Die allegirten Stellen sind in ihrer natürlichen Zahlordnung zu setzen und nicht einander gegen über. 4. Es darf im Texte nichts verändert werden, auch sollen keine fremden Anmerkungen hinzu kommen" (IV, 47). Besonders dieser vierte Punkt klingt merkwürdig nach testamentarischer Verfügung, als wisse der Schreiber, daß er die zweite Auflage seines Lebenswerkes nicht menr selbst sollte besorgen können. ,,5. Es soll . . ." Da trat der Mörder ins Zimmer.
ÜBERSETZUNG DER F R E M D S P R A C H I G E N
ZITATE
S. 1 3 mit vergoldeten Initialen und gut erhalten, aber vom Besitzer nicht genügend geschätzt, da er ihn im gleichen Einband mit alten Nichtigkeiten gelassen hat. 34 in Folio und auf dem größten und schönsten Papier, das ich habe finden können. Alle Initialen zu den Erklärungen jedes Stücks sind gestochen. 35 Walther würde die Ausgabe nicht zu bereuen haben 39 Zum Teufel mit dem Werk, das mich so viele Jahre gekostet hat, ohne mir einen Gewinn zu bringen. 48 tierischen Arbeit 53 daß er sich mit dem Druck meines Büchleins nicht zu beeilen braucht, sondern daß er aufgeschoben bleibt, bis ich darüber weiteres bestimme, und daß er, wenn er zur Messe nach Leipzig fährt, das Manuskript bei Ihrem Herrn Bruder deponiert, damit der es herausgeben kann, wenn es nötig sein sollte. 54 Ich habe keine Lust mehr, das hochmütige Gebaren eines Buchhändlers zu ertragen. Ein römischer Literat will nicht wie ein Federfuchser behandelt werden. Jetzt komme ich hinter die Schliche des edlen Buchhändlers, der sich einbildet, er könne sich um irgendeine kleine Ausgabe drücken, die er machen muß; daher antwortet er auf keinen Brief, vielleicht in der Absicht, daß ich dann die Geduld verliere und ihm den Rest des Manuskripts mitsamt den Kupfern schicke, damit er mich dann wie einen Büffel am Nasenring ziehen kann. Ich will am Ende nicht als Betrogener und als Dummkopf dastehen. und sich mein Manuskript zurückgeben lassen, das ihm (Walther) portofrei nach Dresden geschickt worden ist. aber wenn es sich um Walther handelt, gibt es absolut niemand anders, der mir helfen könnte, und niemanden, der fähiger wäre als Sie, oder der mehr Gewicht und Autorität hätte. Es hülfe dem Buchhändler gar nicht, sich auf die Hinterbeine zu setzen, denn als letzter Ausweg bliebe mir immer noch die Möglichkeit, das Manuskript von neuem abzuschreiben. es durchzusehen, ob nicht etwas fehlt. Da ich mich mit dem hochtrabenden und schwülstigen Buchhändler nicht abgeben wolle . . . 57 Die Geschichte der Kunst wird nicht mehr gedruckt werden oder, wenn ich mich je dazu entschlösse, sie auf Deutsch zu veröffentlichen, so werde ich
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es auf eigene Kosten tun und etwa fünfzig Exemplare drucken lassen, die mit Kupfern überladen sind, um so den Nachdruck zu erschweren. Die Gaunerei der Buchhändler hat mir alle Lust genommen. Walther antwortete mir nicht, um mir das Manuskript ehrbar aus den Händen zu reißen, der andre feine Herr aus Leipzig bedient sich derselben Kniffe, und seit ich aus Florenz zurückgekehrt bin . . . antwortet mir keiner mehr. 60 Er antwortet nicht mit der geringsten Silbe auf meine wiederholten Briefe. Ich kann den Grund für diese infame Intrige nicht begreifen noch ausdenken, und ich muß unbedingt den Verdacht hegen, daß irgendeine Bosheit dahintersteckt. ein Akt der Nächstenliebe, mich aus dieser meiner seelischen Unruhe zu erlösen und mich von der eigenen Hand dieses verbrecherischen Buchhändlers wissen zu lassen, ob er das Manuskript bekommen hat. 71 gleichviel zu welchem Preise 96 Ein deutschsprachiges Manuskript in 1 3 Heften
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R o m den 20. J u n . 1764 HochEdelgebohrner Hochzuehrender Herr C o m m e r d e n - R a t h . Ich habe mich entschloßen eine Fortsetzung der Herculanischen Entdeckungen zu schreiben, theils den Vertrieb der übrigen E x e m p l a r e von dem Sendschreiben zu beschleunigen, theils der E r w a r t u n g der Liebhaber und der Gelehrten ein Genüge zu thun, um von den neuesten Entdeckungen, welche wichtig sind, Nachricht zu geben. Diese Schrift welche so starck als das Sendschreiben seyn möchte, ja noch stärker werden würde, wenn ich ein Sendschreiben an einen jungen Reisenden sollte voran drucken laßen, ist noch wichtiger zu achten als die erste Nachricht, und ich kann also auf den B e y f a l l Rechnung machen. Erlauben Sie aber auf folgende Bedingungen zu halten. Erstlich nicht über 400 E x e m p l a r e drucken zu laßen, oder auf das höchste 500. Damit mir der Vertrieb derselben nicht im Wege stehe, nach Verfließung eines J a h r s eine neue Fortsetzung zu schreiben. Z u m Zweyten muß diese Schrift in der nächsten MichaelMeße erscheinen, und Drittens kann ich den Bogen nicht anders als 2 Zecchini geben. Ich werde jeden Posttag Blätter einschicken, und mit den letzten (das) gedachtes Sendschreiben, in diesem Falle würde zu dem Titel dieser Schrift ein Zusatz gemacht werden. Was ich über die Geschichte der K u n s t zu erinnern habe, kann künftig in besonderen Anmerkungen über dieselbe geschehen. Was ich itzo wünschte, wäre das Verzeichniß der angebrachten K u p f e r umgedruckt zu sehen, so dass No 16. an statt der Worte: welcher ehemals in dem Farnesischen Museo zu Neapel war und seit einiger Zeit aus demselben ist entwendet worden, bloß gesetzt werde: welcher in dem Farnesischen Museo zu Neapel ist. E s müßen aber völlig ausgelaßen werden No 2 1 . No 22. und 23 und 24. Denn die erste No ist völlig falsch, und die drey folgenden sind abgedroschene Dinge, und machen einem wichtigen Werke keine Ehre. Ich würde dieses als eine besondere Freundschaft ansehen. E s verstehet sich daß die neue Schrift in Quart gedruckt werde, wie die übrigen, und auf gut Papier. Nach dieser kann die Allegorie erscheinen. Unserem theuren Franken Gruß und Kuß. Ich bin mit unaufhörlicher Hochachtung und Freundschaft E . HochF.delgebohrnen gehorsamst ergebenster Dr [ = Diener] Winckelmann. Ich habe Hrn. Monaldini 20 Exemplare von dem Stoßischen Werke überliefert, nebst einem Paquet anderer Schriften für den Verfaßer der Actor. Eruditorum Lipsiensium, dieselbe zu recensiren, welche E . HochEdelgeb. an denselben in meinem und der Verfaßer Namen übermachen werden.
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