Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie: 2015 9783666572258, 9783525572252


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Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie: 2015
 9783666572258, 9783525572252

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Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie

54. Band 2015

J AHRBUCH FÜR L ITURGIK UND H YMNOLOGIE 54. Band – 2015

Herausgegeben von Alexander Deeg Ada Kadelbach Andreas Marti Michael Meyer-Blanck Jörg Neijenhuis Irmgard Scheitler Matthias Schneider Helmut Schwier Daniela Wissemann-Garbe in Verbindung mit der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Hymnologie, dem Interdisziplinären Arbeitskreis Gesangbuchforschung Mainz, dem Liturgiewissenschaftlichen Institut Leipzig, der Liturgischen Konferenz Deutschlands

Vandenhoeck & Ruprecht

Begründet 1955 von Konrad Ameln, Christhard Mahrenholz und Karl Ferdinand Müller

Schriftleiter: Prof. Dr. Jörg Neijenhuis, Mombertstr. 11, 69126 Heidelberg E-Mail: [email protected] (Liturgik) Dr. Daniela Wissemann-Garbe, Moischter Str. 52, 35043 Marburg E-Mail: [email protected] (Hymnologie) Manuskripte und Rezensionsexemplare bitte nur an die Schriftleiter schicken.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar ISBN 978-3-525-57225-2 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, 37073 Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Gesamtherstellung: Hubert & Co GmbH & Co. KG, Robert-Bosch-Breite 6, 37079 Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Liturgik Die Deutung des Weihwassers im Mittelalter und ihre Bedeutung für Feiern des Taufgedächtnisses in der Gegenwart Clemens Leonhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Dimitrij Bortnjanskijs Vertonung der Preußischen Kirchenagende von 1823/24 Anselm Schubert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Zur Öffentlichkeitswirkung von Trauungen heterosexueller und Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare Jörg Neijenhuis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

Literaturbericht zur Liturgik Review of Liturgical Work in North America 2012–2014 Frank C. Senn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

Literaturbericht Liturgik der deutschsprachigen Länder 2014 (2013) Jörg Neijenhuis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Hymnologie Singen als Ritual. Eine performative Annäherung an Klang im Gottesdienst Martin J. M. Hoondert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Gemeindegesang und Gemeindebilder. Eine kleine hymnologische Ekklesiologie Christoph Schweikle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

The „Anglican Virus”. The Emergence of Anglican Music in the Netherlands. Hanna Rijken, Martin J. M. Hoondert, Marcel Barnard . . . . . . . . . . . . . . . .

131

Das Pendel schlägt zurück. Anfragen an die Rehabilitierung der Romantik – ein Diskussionsvotum Andreas Marti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153

6

Inhalt

Literaturbericht zur Hymnologie Literaturbericht zur Hymnologie. Deutschsprachige Länder (2012, 2013) 2014 Andreas Marti, Daniela Wissemann-Garbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturbericht zur Hymnologie. Französischsprachige Länder 2014 Édith Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171

Register Verzeichnis der zitierten Lieder und Strophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

178

Verzeichnis der Personennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

180

Ständige Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geleitwort Mit diesem 54. Band des Jahrbuchs verabschiedet sich Professor Dr. Andreas Marti als Schriftleiter für die Hymnologie und als Mitglied im Herausgeber­ kreis. Er hat seit 1984 Konrad Ameln in der Schriftleitung assistiert und sie zwei Jahre später von ihm übernommen. Seit Amelns Tod 1994 trug er auch die zusätzliche Verantwortung als Herausgeber. Die Herausgeber – auch Alexander Völker als langjähriger Schriftleiter für Liturgik – und der Verlag danken An­ dreas Marti von ganzem Herzen für seine hochengagierte Tätigkeit. Sein über 30-jähriger Einsatz in der Akquisition und Redaktion qualifizierter Beiträge, seine umfassenden Literaturberichte, seine organisatorische Treue und Genauig­ keit, vor allem aber sein außerordentliches Wissen und das ständige Bestreben, die Hymnologie nicht ausschließlich historisch zu betreiben, hat das wissen­ schaftliche Profil des Jahrbuchs und dessen Erscheinungsbild in einer modernen Medienlandschaft wesentlich geprägt. Als Nachfolgerin in der Schriftleitung für Hymnologie und als Mitherausge­ berin begrüßen Herausgeber und Verlag Dr. Daniela Wissemann-Garbe. Sie hat die Verantwortung für den hymnologischen Teil übernommen und hat die weit­ reichenden Vorarbeiten für das Jahrbuch 2015 von Andreas Marti zum Abschluss geführt. Wir wünschen ihr viel Freude mit ihrer Aufgabe und freuen uns auf die Zusammenarbeit. Der liturgische Teil des Jahrbuchs 2015 wird eröffnet mit einem Begründungs­ problem der Taufgedächtnisfeiern der Gegenwart. Clemens Leonhard weist nach, dass sich die hierfür gängigen Begründungen nicht auf mittelalterliche Deutungen des Weihwassers berufen können. Denn nicht jede Verwendung von geweihtem Wasser ist zugleich ein Taufgedächtnis, insbesondere weil im Mittel­ alter die Verwendung von Weihwasser unter anderem apotropäisch, exorzistisch oder reinigend verstanden wurde. Im nachfolgenden Beitrag befasst sich Anselm Schubert mit Dimitrij Bortnjanskijs Vertonung der Preußischen Agende von 1823/24. Insbesondere das „Ehre sei Gott in der Höhe“ wird ihm zugeschrie­ ben, aber ein Beweis für diese Annahme fehlt bislang. Es zeigt sich auch an den anderen liturgischen Stücken, dass Bortnjanskijs Einfluss auf die Vertonung der Agende geringer ist als bislang angenommen. Jörg Neijenhuis setzt sich aus­ einander mit der Öffentlichkeitswirkung, die die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare auf die nach wie vor nicht abgeschlossenen kirchlichen Auseinanderset­ zungen über die Legitimität solcher Gottesdienste haben kann, denn einen Unterschied zwischen der herkömmlichen Trauliturgie für heterosexuelle Paare und der neuesten Segnungsliturgie für homosexuelle Paare lässt sich kaum fest­ stellen. Zwei Literaturberichte schließen den liturgischen Teil des Jahrbuchs ab: Frank C. Senn setzt seinen Literaturbericht für die Zeit nach 2011 über die eng­ lischsprachige Liturgik in Nordamerika fort, Jörg Neijenhuis hat für das Jahr 2014 den deutschsprachigen Liturgiebericht verfasst.

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Geleitwort

Von den hymnologischen Beiträgen befassen sich zwei mit der Performance des Singens im Gottesdienst. Martin J. M. Hoondert legt in einer Grundsatzstudie dar, dass und wie Musik als eine liturgische Handlung aufgefasst werden kann. Dabei kommt es ihm darauf an, die Wirkung des musikalischen Klangs auf den Einzelnen und die Gemeinde als Ganze zu beschreiben. Christoph Schweikle dagegen geht von der konkreten Situation einer schwäbischen Gemeinde aus, in der die Auswahl des Liedgutes und die Art des Singen zu Auseinandersetzungen führt, und geht der Frage nach, welche ekklesiologischen Bilder, zehn an der Zahl, durch den Gemeindegesang transportiert werden. Eine historische Frage­ stellung verfolgt Hanna Rijken, unterstützt durch Martin J. M. Hoondert und Marcel Barnard, indem sie den Einfluss des anglikanischen Evensong auf die niederländische Liedgeschichte und Chorpraxis nachzeichnet und dadurch zeigt, dass der deutschen Einfluss nicht alleinbestimmend war. Als Diskussions­ votum fragt Andreas Marti bewusst provokativ, ob es einen Zusammenhang geben könnte zwischen einer Rehabilitierung der Romantik auf musikalischem Gebiet und einer theologischen Rehabilitierung der Religion. Es folgen die Lite­ raturberichte zur deutschsprachigen (Andreas Marti/ Daniela Wissemann) und französischen (Édith Weber) Hymnologie. Im Juli 2015

Die Herausgeber

Die Deutung des Weihwassers im Mittelalter und ihre Bedeutung für Feiern des Taufgedächtnisses in der Gegenwart

Clemens Leonhard

1. Einleitung Taufgedächtnisrituale spielen in der Praxis konfessioneller und ökumenischer Liturgien eine große Rolle.1 Innerhalb der christlichen Kirchen kam ein breite­ res Interesse an Taufgedächtnisgottesdiensten in der zweiten Hälfte des zwan­ zigsten Jahrhunderts auf.2 Seit der Reform der Osternacht durch Pius XII. ist ein Taufgedächtnisritual auch in den katholischen Gemeinden im Kern der Liturgie angekommen, die zu Ostern keine Taufe feiern. Der von vielen Konfes­ sionen geteilten abstrakten Idee einer gemeinsamen Taufe stehen weiterhin kon­ krete Feiern in einzelnen Kirchen gegenüber. Taufgedächtnisliturgien ermögli­ chen in dieser Situation das gemeinsame Feiern in ökumenischer Vielfalt. Sie haben den Vorteil, ein dermaßen junges Phänomen zu sein, dass man keinen praktischen Kompromiss zwischen einer typisch evangelischen, katholischen, orthodoxen, freikirchlichen, charismatischen etc. Feier des Taufgedächtnisses aushandeln muss. Als totale Innovationen schreibt ihnen auch keine Tradition, in der die Analyse von Liturgien nach sakramentalen Wirkungen eine Rolle spielt, eine solche Wirkung zu. Gleichermaßen sind solche Rituale offen für unterschiedliche Bedeutungen, die einzelne Gruppen in ihnen finden oder aus ihnen ausschließen möchten, weil es auch keine kanonischen Traditionen ihrer Deutung gibt. An dieser Stelle muss freilich eingewandt werden, dass die Feier des Taufge­ dächtnisses gerade kein junges Phänomen sein könne. So meint Rupert Berger in der neuesten Auflage des Pastoralliturgischen Handlexikons: „Das MA ver­ steht das sonntägliche Asperges und überhaupt jede Besprengung mit Weihwas­ 1 Die Ausarbeitung des Textes wurde mir durch ein Fellowship am Wissenschaftskolleg zu Ber­ lin (im akademischen Jahr 2011/2012) ermöglicht. 2 Vgl. Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation. Anstöße zur Feier des Taufgedächtnisses, in: Quat 50 (1986), 69–77 und 147–155; Gerhards, Albert: Taufgedächtnis in Katechese und Liturgie. Eine ökumenische Herausforderung an Schule und Gemeinde, in: KatBl 113 (1988), 501–506; Stuflesser, Martin: Liturgisches Gedächtnis der einen Taufe. Überlegungen im ökumenischen Kontext. Freiburg 2004.

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Clemens Leonhard

ser (z. B. beim Betreten der Kirche) als Tauferinnerung und Erneuerung.“3 Dabei wird auch in anderen Publikationen auf Walahfrid Strabo oder Wilhelm Durandus von Mende verwiesen. Letzterer betont, dass „wir aus dem so geseg­ neten Wasser uns und die Orte als Hinweis auf die Taufe (in significationem baptismi)“ besprengen, oder: „Denn das Wasser wird in Erinnerung an die Taufe (in memoriam baptismi) jeden Sonntag geweiht…“ und wir „…bespren­ gen … aus dem so gesegneten Wasser uns und die Orte als Hinweis auf die Taufe“. Sogar das Dictionnaire d’archéologie chrétienne et de liturgie meinte schon vor vielen Jahrzehnten lapidar: „aspersion“ siehe „baptême“.4 Jeder Zwei­ fel, dass Weihwasserriten der lateinischen Kirche des Westens als Taufgedächt­ nisfeiern verstanden werden müssen, scheint unangebracht. Die Feier des Tauf­ gedächtnisses müsste gerade keine Innovation des zwanzigsten Jahrhunderts sein, sondern wäre Teil des historischen, liturgischen Grundrepertoires des lateinischen Westens. Mit derartigen Hinweisen auf das Mittelalter in explizit pastoral interessierten Kontexten werden nicht historische Daten gesammelt, sondern Liturgien der Gegenwart legitimiert und Liturgien der Zukunft gefordert. Der folgende Essay weist zwar an wenigen Stellen auf Kritikpunkte an Feiern der Gegenwart hin. Sein Ziel ist es aber, den gegenwärtigen Debatten die mittelalterlichen Texte zu Weihwasser und Taufgedächtnis zu entziehen. Damit wird der österlichen Feier des Taufgedächtnisses, anderen Formen der Erneuerung der Taufgelübde oder auch ökumenischen Großveranstaltungen keineswegs ihre Legitimität abgespro­ chen. Es wird lediglich gefordert, dass sie zur Plausibilisierung ihrer Legitimität auf Hinweise auf die im Folgenden besprochenen Quellen verzichten. Die Vor­

3 Berger, Rupert: Pastoralliturgisches Handlexikon. Das Nachschlagewerk für alle Fragen zum Gottesdienst. Freiburg 52013, 413a. Was hier mit „Erneuerung“ gemeint sein soll, bleibt unklar. Der Artikel „Asperges“ führt zu derselben pauschalen Deutung der Rituale der Weihwasserbespren­ gung, 31b: „Im Hochmittelalter setzte sich die Deutung als Tauferinnerung durch und blieb […] bis heute lebendig (darum an Ostern Besprengung mit dem Taufwasser […])“. Vgl. auch Stuflesser, Martin: Liturgisches Gedächtnis der einen Taufe (s. Anm. 2), 120–123. 4 LThK1 (Bd. 9, 1937) und LThK2 (Bd. 9, 1964) bringen keinen Eintrag „Taufgedächtnis“ o. ä. Unter „Asperges“ verweist Ludwig Eisenhofer 1930 „Aspersion“ in: LThK1 Bd. 1, 726 (zur Recht) noch global auf Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter. Bd. 1. Freiburg 1909 (vgl. 100f) und meint neben den Zeugnissen zu apotropäischen Riten, dass „die mittelalterlichen Liturgiker […] sie [die Aspersion] als eine Erinnerung an die Taufe auf[fassen]“. Siffrin, Petrus „Aspersion“ in: LThK2 (1957), Bd. 1, 941–942 erwähnt das Taufgedächtnis nicht. Für die hier kon­ sultierten Autoren der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Deutung des mittelalter­ lichen (und gegenwärtigen) „Asperges“ als Taufgedächtnis evident, vgl. Färber, E.: Gemeinsame Tauferinnerung vor der sonntäglichen Eucharistiefeier. In: Maas-Ewerd, Theodor / Richter, Kle­ mens (Hg.): Gemeinde im Herrenmahl. Zur Praxis der Messfeier. FS Emil Joseph Lengeling. Einsie­ deln/Freiburg 1976 (Pastoralliturgische Reihe in Verbindung mit der Zeitschrift „Gottesdienst“), 199–208, hier 200 f. Bärsch, Jürgen: „Aspersion, Aspergie“ In: LThK3 (1983), Bd. 1, 1085 verweist auf Walahfrid Strabo (ohne Stellenhinweis) als Interpreten der Aspersion als Taufgedächtnis: s. u. Die Geschichte der Vorstellung und ihre Beziehungen zu neuen Formen der Frömmigkeit in der Neuzeit kann im vorliegenden Essay nicht bearbeitet werden; vgl. die Andeutungen bei Fischer, Bal­ thasar: Formen gemeinschaftlicher Tauferinnerung im Abendland. In: LJ 9 (1959), 87–94 (sowie „Formen privater Tauferinnerung im Abendland“, 157–166), hier S. 87 Anm. 2 und 92 f.

Die Deutung des Weihwassers im Mittelalter

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stellung, dass im Mittelalter Weihwasserriten als Taufgedächtnis interpretiert wurden, ist dahingehend zu präzisieren, dass es sich dabei nicht um die heute landläufige Vorstellung des Taufgedächtnisses handelt. Die mittelalterlichen Quellen können daher nicht als Teil der Geschichte der modernen Taufgedächt­ nisliturgien vereinnahmt werden. Auffassungen, wie sie in Publikationen wie dem Pastoralliturgischen Handlexikon zu finden sind, müssen revidiert werden. Zu Quellen, Chancen und Problemen der Taufgedächtnisliturgien liegen aus­ führliche Studien vor, auf deren Ergebnisse und Quellensammlungen sich die folgenden Überlegungen stützen.5 Es musste in Bezug auf die Datensammlung keine Pionierarbeit geleistet werden.

2. Beobachtungen und Anfragen 2.1 Keine gemeinsame Feier der Taufe am Ökumenischen Kirchentag in Berlin Die Vorbereitungsgruppe für die Liturgie des Kirchentags in Berlin war von der Kirchentagsleitung beauftragt worden, eine ökumenische Feier der Taufe vor­ zubereiten.6 Eine gemeinsame Eucharistiefeier ist unmöglich. Wäre der Vor­ schlag realisiert worden, hätten sich die Konfessionen in einer liturgischen Feier höchster Dignität zu einem in der Praxis vollzogenen Bekenntnis zur Einheit der theoretisch einen, christlichen Taufe getroffen. Die Arbeitsgruppe, die sich darauf mit der praktischen Umsetzung befasste, stellte allerdings rasch fest, dass auch eine gemeinsame Feier der Taufe unmöglich ist. Die Frage der Ämter war nicht zu klären. Ein erwachsener Taufkandidat oder eine erwachsene Taufkandi­ datin müsste auch in eine bestimmte Konfession und kirchliche Tradition hinein getauft werden. Eine Initiation in die abstrakte Größe einer christlichen Kirche hätte vielleicht einen neuen Typ von Konfession hervorgebracht. Es wäre aber kein Zeichen der Einheit der Konfessionen entstanden. Bei Überlegungen zu den Ritualelementen der Liturgie zeigten sich weitere unüberwindliche Grenzen zwischen den Konfessionen. Eine orthodoxe Taufe beinhaltet nicht nur eine postbaptismale Salbung (die einer katholischen Analyse des Rituals als Entspre­ chung zur Firmung erscheinen mag), sondern ist eng mit der Teilhabe an der Eucharistie und von daher mit der Göttlichen Liturgie verbunden. Die Pro­ 5 Vgl. Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4); Fischer, Baltha­ sar: Formen gemeinschaftlicher Tauferinnerung im Abendland (s. Anm. 4); Stuflesser, Martin: Litur­ gisches Gedächtnis der einen Taufe (s. Anm. 2); Schneider, Herbert: Aqua benedicta – Das mit Salz gemischte Weihwasser, in: Segni e Riti Nella Chiesa Altomedievale Occidentale. Bd. 1. Spoleto 1987, 337–364 (Settimane di Studio del Centro Italiano di Studi sull’ Alto Medioevo 33). 6 Ich danke Dorothea Sattler für ein ausführliches Gespräch über diese Fragen und ihre Erfah­ rungen in ihrer ökumenischen Arbeit für den Kirchentag (19.11.2013). Anfragen an ökumenische Taufgedächtnisfeiern als Ersatz für die Feier der Eucharistie – dem Taufgedächtnis schlechthin – sind bekannt; z. B. Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation (s. Anm. 2), 72.

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Clemens Leonhard

bleme der eucharistischen Gastfreundschaft betreffen daher auch die Taufe. Aus den Perspektiven der Kirchen aus der Reformation wären Vorstellungen über das (in manchen Riten mit heiligem Öl verbundene und) in manchen Liturgien besonders bereitete Taufwasser problematisch. Nachdem in der Kommission eine Entscheidung gegen eine gemeinsame Tauffeier gefasst worden war, wurde eine Liturgie des Taufgedächtnisses entwickelt. Als Maßnahme für den Kirchen­ tag (nach bestehenden Vorbildern) handelt es sich um eine innovatorische Not­ lösung für eine ökumenische Dauer-Notsituation. Die rituellen Handlungen des Taufgedächtnisses haben als solche viele Vor­ teile. Sie klären trotz mancher Vorschläge ihrer Texte nicht, was die Inhalte des Gedächtnisaspekts eines Taufgedächtnisses für die einzelnen Mitfeiernden sind. Die Gebete und Ritualhandlungen mit Wasser können die Feiernden zu jener abstrakten Idee der gemeinsamen Taufe führen, die noch darauf wartet, in Litur­ gien und Organisationsstrukturen materielle Realität zu werden. Sie können sie auch zu Rückblicken in die Geschichte der Kirchen mit der Taufe oder ihre eigenen Lebensgeschichten anregen. Als freiwillig zu vollziehende Teilhandlung einer größeren Liturgie ermöglicht das Taufgedächtnis außerdem eine unauffäl­ lige, individuelle Verweigerung des Mitvollzugs bei gleichzeitigem Verbleiben in der Masse der Feiernden. Der Ritus einer sehr einfachen Manipulation von Was­ ser, der außerdem nicht an eine Handlung von Amtsträgern oder Amtsträgerin­ nen gebunden ist, bleibt niederschwelliger und weniger invasiv als zum Beispiel gemeinsames Essen. Die Feier des Taufgedächtnisses wurde weithin als großer Erfolg bewertet. Es ist zu erwarten, dass sich daraus langfristig neue Traditionen und Bräuche ökumenischer Feiern etablieren und den Trend fortführen, durch gelungene ökumenische Praxis zu verschleiern, dass eine weitere, konkrete Annäherung der Kirchen nicht zu erwarten ist. Den Katholikinnen und Katholiken, die sich nicht schon in den fünfziger Jah­ ren des vergangenen Jahrhunderts für die Feinheiten der Osternachtliturgie inte­ ressiert haben, kann die Feier eines Taufgedächtnisses mit einem Wasserritus als urchristliche Feier erscheinen. Im Hinblick auf die Meinung Martin Luthers über das Weihwasser ist erstaunlich, dass die Feiernden der Kirchen aus der Reformation dieses liturgische Zeichen angenommen haben. Einen der Gründe dafür darf man in der nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert durch Vollzug und Deutung der katholischen Liturgien propagierten Umdeutung des Weih­ wassers vermuten. Weihwasser gilt per se als Hinweis auf die Taufe, seine Ver­ wendung im Ritual als Taufgedächtnis ist für viele Mitglieder der katholischen Kirche evident. Der Applikation von Weihwasser wird keinerlei Wirkung auf Menschen oder Dinge zugeschrieben.7 Diese scheinbare Evidenz lädt zu einem zweiten Blick auf Rituale und Texte und die Frage ein, ob tatsächlich Weihwas­ 7 „Pastorale Einführung“ in: Liturgische Institute Salzburg – Trier – Zürich (Hg.): Benediktio­ nale. Studienausgabe für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Einsiedeln/Frei­ burg 1978 (Pastoralliturgische Reihe in Verbindung mit der Zeitschrift „Gottesdienst“) Nr. 29 (S. 19): Weihwasser „weist hin“, „erinnert“ und „verdeutlicht zeichenhaft“. Von einem „Wirken“ ist keine Rede.

Die Deutung des Weihwassers im Mittelalter

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ser neben bedauerlichen, aber kleineren historischen Fehlentwicklungen an sich ein Anhaltspunkt für die Tauferinnerung ist. Der Blick auf die Grundstruktur der katholischen Sachbenediktionen lässt sofort erkennen, dass die Verwendung von Weihwasser in dieser Kirche gerade nicht immer an die Taufe erinnern soll.8 Weder bei der Segnung eines Seismographen nach dem Rituale Romanum von 19259 noch der eines Flugzeugs nach dem Benediktionale (Nr. 89, S. 369–371) geht es um Taufe.

2.2. Eine Bamberger Synode 1491 „Wir verbieten auch, dass Kirchenrektoren es sich herausnehmen, wie wir ver­ nommen haben, dass es manche zu tun pflegen, an Sonntagen nach Ostern bis Pentekoste, das Volk mit (Wasser aus) dem Taufbrunnen besprengen. Sie sollen hingegen das gläubige Volk mit Weihwasser, das dazu genauso wie an anderen Sonntagen geweiht werden muss, besprengen.“10 Inmitten von Regelungen zur Nottaufe von Säuglingen verbietet eine 1491 in Bamberg gehaltene Synode (wie es der Gattung entspricht ohne Angabe von Gründen), dass man die Gläubigen zu Beginn der Sonntagsmessen zwischen Ostern und Pfingsten mit Taufwasser anstatt mit normalem Weihwasser besprengt. Aus gegenwärtiger Sicht wäre genau das Gegenteil zu erwarten. Gerade zwi­ schen Ostern und Pfingsten, wo heute in der katholischen Kirche gegenüber dem Rest des Jahreskreises der ältere Brauch weiterleben soll, dass zu Ostern geweihtes Wasser für die Taufe verwendet wird,11 wäre es logisch, jenes Wasser auch für die sonntägliche Feier des Taufgedächtnisses und nicht nur für Taufen heranzuziehen. Diese Überlegung liest moderne Kategorien in eine Situation zum Ende des Mittelalters hinein. Das für die Taufen zu verwendende, in der Osternacht geweihte Wasser zur Besprengung des Volkes am Sonntag zu ver­ wenden, widerspricht im fünfzehnten Jahrhundert Gepflogenheiten, wie sie sich damals seit fast einem halben Jahrtausend entwickelt haben. Dem Taufwasser ist Chrisam beigemischt, das schon lange nicht mehr zur Besprengung von Men­ 8 Die Rubriken von Abschnitt 7 („Segnung“) des „Aufbaus einer Segensfeier“ gemäß dem Einla­ geblatt des deutschen Benediktionale empfiehlt „die Verwendung von Weihwasser oder Weihrauch oder eine Handauflegung“. 9 Rituale Romanum Pauli V Pontificis Maximi Jussu Editum … Pustet. 1925; Segnung Nr. 32: „Beneditcio Seismographi“ S. 429 f. 10 Ich danke Harald Buchinger für den Hinweis auf diese Quelle. Tit. 34 von: Bamberger Synode von 1491; Schmitt, L. Cl.: Die Bamberger Synoden. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums 14 (1851) 1–224, S. 135. Hai­ merl, Xaver: Prozessionswesen des Bistums Bamberg. München 1937, 137 meint „Um den österli­ chen Charakter auch in der Aspersion selbst zum Ausdruck zu bringen, hat man in ‚einigen Pfar­ reien‘ des Bistums Bamberg zur Besprengung des Volkes statt Weihwasser Taufwasser verwendet, was jedoch auf der von Bischof Heinrich III. im Jahre 1491 zu Bamberg abgehaltenen Diözesansy­ node untersagt wurde.“ 11 Rituale Romanum. Die Feier der Kindertaufe in den Bistümern des deutschen Sprachgebietes. 2 2007, Nr. 21* der Paenotanda generalia, S. 14 f.

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schen und Gebäuden verwendet werden soll. In dieser Perspektive stellt der Synodentext normale Verhältnisse her: zur Besprengung am Sonntag wird das Wasser wie sonst auch ad hoc (ohne Beimischung von Chrisam) geweiht. Die abweichende Praxis steht in der kurzen Charakterisierung als Innovation da, die abgewehrt wird.12 Die gültige Position zeigt keine Assoziation des Taufgedächt­ nisses mit der Liturgie der Osternacht (am Morgen des Karsamstags und ohne Taufe) und der sonntäglichen Besprengung des Volkes. Die Regelung der Synode deutet die Auffassung an, dass die Besprengung mit Weihwasser – auch in der Osterzeit, nicht nur an normalen Sonntagen – keine Beziehung zu Ostern (oder gar zur Taufe) andeuten soll, sondern dass es sich um den damals schon fast ein halbes Jahrtausend alten Brauch handelt, eine der Haussegnungen als feierliche Prozession in der kirchlichen Liturgie zu halten.13 Wenn diese Beobachtung essentialistisch umformuliert wird, ist die Sonntagsprozession kein verstetigtes österliches Taufgedächtnis, sondern die Osterprozession ein dem Anlass entsprechend feierlich gehaltener Haussegen (der auch am Samstag statt­ finden hätte können).

2.3 Das Taufgedächtnis der Osternacht Zur korrekten Situierung des modernen Bewusstseins ist zu ergänzen, dass sich Ritual und Vorstellung einer Taufgedächtnisliturgie in der katholischen Kirche als Teil der Osternacht den Liturgiereformen von Pius XII. verdanken. Die Feier der Taufe war zwar im vierten Jahrhundert Teil der Osternacht (neben einigen anderen großen Festen). Diese für die Neuentwicklung des Erwachse­ nentaufrituals in der katholischen Kirche maßgebliche Epoche dauerte aber nur ein gutes halbes Jahrhundert.14 Das späte vierte und frühe fünfte Jahrhundert ist die große – aber auch einzige – Periode der feierlichen, österlichen Taufe; gleich­ 12 Vermutlich musste man im Bamberg des fünfzehnten Jahrhunderts nicht fürchten, dass jemand eine Besprengung mit österlichem Taufwasser als Taufe missdeuten könnte. Vielleicht war die Gefahr zu sehen, dass von einer Besprengung mit Taufwasser allzu mächtige Wirkungen erwar­ tet wurden. Die für spätere Epochen relevanten, ethnologischen Beobachtungen des HWDA, das zwischen „Ostertauf“ (Paul Sartori, Bd. 6, 1356f) und „Osterwasser“ (1357–1363) unterscheiden möchte, illustrieren diese Überlegung. 13 Diese Überlegung müsste durch Sammlungen zur Prozessionsgeschichte belegt werden, was hier nicht geschehen kann. Vgl. Haimerl, Xaver: Prozessionswesen des Bistums Bamberg (s. Anm. 10), 128–141 zu den Aspergesprozessionen und 134 aus einer Oration zur Prozession: „…zur Flucht der bösen Geister und zur Einkehr des Friedensengels“. Vgl. das Material zur Osterprozes­ sion aus dem Blickwinkel der Prozessionsgesänge bei Buchinger, Harald: Osterprozessionen und ihre Gesänge im Früh- und Hochmittelalter. Annäherung an ein interdisziplinäres Forschungsfeld. In: Horn, Wolfgang / Weber, Fabian (Hg.): Colloquium Collegarum. FS David Hiley. Tutzing 2013 (Regensburger Studien zur Musikgeschichte 10); 9–87; bes. 12, 18, 20f, 34, 40f, 43f, 55–60, 78 vor allem 79f mit Anm. 240–242 zu Prozessionen/Lustrationsprozessionen am Ostersonntagmorgen. 14 Bradshaw, Paul F.: Diem Baptismo Sollemniorem: Initiation and Easter in Christian Anti­ quity. In: Carr, E. / Parenti, S. / Thiermeyer, A.-A. / Velkovska, E. (Hg.), ΕΥΛΟΓΗΜΑ. FS Robert Taft. Roma 1993 (AtAns 110 = ALit 17), 41–51.

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zeitig auch die Epoche der Abfassung der sie interpretierenden Homilien. In den folgenden Jahrhunderten werden zunehmend Säuglinge und auch Erwach­ sene zu jeder Zeit getauft. Die Taufe überlebt die Jahrtausendwende als Teil der Osternacht aufgrund ihrer Position in den liturgischen Büchern.15 Wenn Säuglinge sofort nach der Geburt getauft werden sollen und praktisch alle Mitglieder der Gesellschaft als Säuglinge getauft werden, bitten in der Osternacht keine Taufkandidatinnen und Taufkandidaten mehr – welchen Alters auch immer – um die Taufe. Die meisten Teile des Rituals können in die­ ser Situation nicht mehr vollzogen werden. Dagegen braucht man trotz fehlen­ der Taufen in der Osternacht in normalen Gemeinden für an anderen Tagen vollzogene Taufen Taufwasser. Die an den Büchern orientierten Liturgien hät­ ten schon im Hochmittelalter die Tauffeier konsequenter Weise aus der Oster­ nacht streichen müssen. Sie pflegten diese aber bis einschließlich der Taufwas­ serweihe weiter zu vollziehen. Die Osternachtfeier des Karsamstag Morgens wird zum Taufwasserproduktionstermin.16 Das ist eine der zwei Gründe für das Entstehen der hochmittelalterlichen Vorstellung vom Weihwasser und seinen Wirkungen. Für die gegenwärtige Frage nach der Verbindung von Taufe und Weihwasser ist dieser Grund der wesentlich wichtigere. Die Geschichte des Weihwassers beginnt allerdings nicht mit der Spezialisierung der Osternacht auf die Herstellung von heiligem Wasser, worauf unten noch einmal kurz zurück­ zukommen ist. Auf der Basis der Studie von Robert Amiet lässt sich für den Kontext der Produktion von heiligem Wasser in der Osternacht zeigen, dass und warum es sich bei der Einführung des Taufgedächtnisses in der Osternacht durch Pius XII. um eine Innovation und keine Repristinierung der Osterfeier irgendeiner Epoche der Kirchengeschichte handelt. Zunächst scheinen vier Ordines Romani das hohe Alter der Vorstellung eines österlichen Taufgedächtnisses zu bezeugen. Nach der Taufwasserweihe gießt der Papst nach einer der Quellen, dem Ordo Romanus XI, Chrisam ins Taufwasser und vermischt die Flüssigkeiten mit der Hand. Daraufhin „sprengt er (von der Mischung) über dem gesamten Taufbrun­ nen oder dem ringsum stehenden Volk“. Nach den anderen Quellen besprengt er das Volk „mit seiner Hand“. Die bloße Manipulation der Flüssigkeitsmi­ schung deutet sich nicht selbst: Warum besprengt der Papst den Taufbrunnen? Warum den Taufbrunnen oder das ringsum stehende Volk? Warum besprengt er nicht das gesamte Volk? Amiet meint dazu: „Le symbolisme de ce geste est obvie. Il veut être pour tous les participants, clercs et laïcs, un rappel hautement significatif du baptême qu’ils reçurent jadis, baptême intimement lié à la célébra­ tion solennelle du Mystère pascal“ (295). Obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Deutung einen Aspekt dessen trifft, was Zeitgenossen mit die­ 15 Gelasianum Vetus Nr. 419–430 vor allem aber 444–452 bei Mohlberg, Leo C., 1960. 16 Vgl. Auf der Maur, Hansjörg: Die Wiederentdeckung der Osternachtfeier in den abendländi­ schen Kirchen des 20. Jahrhunderts. Ein noch nicht ganz ernstgenommener Beitrag zum ökumeni­ schen Dialog. In: BiLi 60 (1987), 2–25, hier 3: Die Osternacht wird im Hochmittelalter zu einer Feier der Weihe von Gegenständen; „Feuer, Wachs, Wasser, verschiedene Speisen“.

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sem Ritual verbunden haben können, ist Amiets Interpretation der Handlung nicht evident. Wozu soll das Besprengen der Assistenz ausgerechnet die Kleri­ ker an ihre Taufe oder die Taufe schlechthin erinnern, wenn gegebenenfalls zur Entstehungszeit jener Texte anschließend vielleicht sogar jemand getauft wird? Amiet verweist nämlich auch auf einen weiteren Ritus, in dem das Taufwasser nach der Erwähnung der Paradiesesflüsse im Gebetstext in die vier Himmels­ richtungen verspritzt wird. In diesem Fall liegt eine mimetische Deutung, die einen marginalen Aspekt des Gebetstexts illustriert, viel näher als eine anamneti­ sche.17 Amiet stellt seine eigene Interpretation in Frage. Ordo Romanus XI legt näm­ lich fest, dass die Gläubigen Taufwasser in mitgebrachte Flaschen abfüllen und nach Hause mitnehmen können, um dort ihre Häuser, Weingärten, Felder etc. zu besprengen. Amiet deutet jene Praxis, die das Besprengen der Häuser und Äcker etc. beinhaltet als: „manifestement prophylactique“ (338). Amiets Deu­ tungen interpretieren und klassifizieren die in den historischen Quellen auf­ scheinenden Handlungen und Worte danach, inwiefern sie als Legitimation für die Elemente der Praxis des zwanzigsten (und einundzwanzigsten) Jahrhunderts taugen. Die Zeugnisse fallen in zwei Gruppen, einem finsteren Mittelalter von Magie und Fruchtbarkeitszauber und einem hellen Mittelalter, in dem schon immer das getan und gedacht wurde, was heute getan und gedacht werden soll. Neben denjenigen Texten, die für die Osternacht immer noch irgendwie voraussetzen, dass eine Taufe stattfindet, muss der Blick auf die Klöster fallen, die einerseits jeden Anlass dazu gehabt haben müssten, ein Taufgedächtnis zu feiern, andererseits aber keinen Anlass hatten, jemanden zu taufen.18 Eine Quelle aus Monte Cassino erwähnt, dass ein Priester nach der letzten Vigille­ sung mit Albe, Stola und Pluviale bekleidet und „privat“, also ohne Beteiligung der klösterlichen Öffentlichkeit und nur in Begleitung eines Akolythen Salz und Wasser weiht. Damit ziehen die beiden durch die Gebäude des Klosters. Nach der Rückkehr der kleinen Prozession werden keine Personen besprengt. Irgend­ wann am Karsamstagnachmittag beginnt die Messe der Osternacht. Es geht in diesen Ritualen vielleicht um die Vertreibung von Dämonen und die Bitte um göttlichen Schutz für die klösterlichen Immobilien, in keinem Fall jedoch um

17 Vgl. Amiet, Robert: La viellée pascale dans l’eglise latine. I. Le rite romain. Paris 1999 (Litur­ gie 11), 323 ff. Vgl. zu den Paradiesesflüssen auch Rupert von Deutz, der auf die Antiphon nach Ez 47,1–2 als Gesang während der Besprengung hinweist. In: Liber de Divinis Officiis (Fontes Chris­ tiani, Bd. 33/3), Freiburg i. Br. 1999, S. 976, Zeile 17ff und Anm. 77–79 dort. 18 Vgl. Amiet, Robert: La viellée pascale dans l’eglise latine (s. Anm. 17), 350–353 auch für die folgenden Überlegungen. Der Rundgang des Priesters durch die klösterlichen Immobilien erfolgt normalerweise an Sonntagen vor der Terz. Der Priester, der zum Wochendienst eingeteilt ist, weiht das Wasser, besprengt Altäre und Mönche und schließt sich der Prozession im Kreuzgang an, wäh­ rend sich ein anderer Priester mit dem Weihwasser zu den übrigen Klostergebäuden begibt; Kelly, Thomas Forrest: The Ordinal of Montecassino and Benevento. Breviarium Sive Ordo Officiorum. 11 th Century. Fribourg 2008 (Spicilegium Friburgense 45), S. 132; vgl. zur Edition Nr. 19 und Nr. 442–453. Die Besprengung der Mönche findet am Ostersonntag statt: Nr. 455. Die Handschrif­ ten dieser Tradition enthalten keine Spur einer Tauffeier als Teil der Osternacht.

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ein Gedächtnis der Taufe. Die Mönche besprengen am Karsamstag das Kloster nicht anstelle der Tauffeier der Osternacht, sondern weil sie das Kloster ohnehin wöchentlich besprengen und weil sie die Handlung als für das Kloster nützlich betrachten. Die Besprengung der Klosterräume ersetzt nicht die Taufe der Osternacht. Letztere ist ersatzlos ausgefallen, wobei auch Klostergemeinschaf­ ten dem Text der liturgischen Bücher folgend Taufwasser hergestellt haben kön­ nen.19 Pius XII. führt daher etwas ein, das man in Analogie zur mittelalterlichen missa sicca als „Trockentaufe“ bezeichnen müsste. Diese hat keinen sachlichen Anhaltspunkt in der mittelalterlichen Praxis der Osterfeier. Nach der Reform von Pius XII. (nämlich 1954) sucht sich die lutherische Ordnung der Oster­ nacht, die Christhard Mahrenholz zusammengestellt hat, dagegen zu verteidi­ gen, dass die in manchen evangelischen Kirchen genauso wie in der katholischen liturgischen Bewegung schon lange wiederentdeckte Osternachtfeier20 nach der päpstlichen Reform als Imitation der katholischen Liturgie aussehen könnte: „Es mag zur Beruhigung dienen, daß das entscheidende Stück der päpstlichen Neuordnung, nämlich die Gestaltung des Taufgedächtnisses, von uns, wie oben dargelegt, nicht übernommen ist“.21 Das Ritual der Tauferneuerung war im 19 Vgl. Buchinger, Harald: Osterprozessionen und ihre Gesänge im Früh- und Hochmittelalter (s. Anm. 13), 55f, Anm. 177, der die Haussegnungsprozession mit der ausgefallenen Tauffeier der Ostervigil vergleicht. Sehr selten ist der ersatzlose Ausfall der Tauffeier positiv belegt, wie im Liber tramitis (11. Jh.); Buchinger S. 57; vgl. Anm. 177, S. 55f für weitere Belege. Nach der Beschreibung von Adolph Franz weist des Rituale von St. Florian die meisten Benutzungsspuren in der Sterbeli­ turgie und in der sonntäglichen Besprengung der Gebäude und Anlagen des Klosters auf; Franz, Adolph: Das Rituale von St Florian aus dem zwölften Jahrhundert. Freiburg 1904, Einleitung S. 18. Liturgische Texte: „Kleinere Salz- und Wasserweihe“ ms. fol. 99 Franz 97f mit der folgenden Pro­ zession durch die Klosteranlage, fol. 101v–106v, Franz 99–103. Zur (aufgrund der Antiphon) sonntä­ glichen Prozession: Franz, Adolph: Rituale 173f = Kommentar zur Einsegnung der Klosterräume (zu fol. 99). Vgl. Schneider, Herbert: Aqua benedicta (s. Anm. 5), 355. 20 In der liturgischen Bewegung des frühen zwanzigsten Jahrhunderts wurde bereits eine „Tauf­ erneuerung“ gefeiert. Parsch, Pius: Eine Osternachtfeier, in: BiLi 2 (1929), 261–262. Die bloße Deu­ tung der sonntäglichen Aspersion als Tauferinnerung ist älter, vgl. die Beobachtungen von Bau­ mann, Nadine: Gottesdienst zwischen Restauration und Erneuerung. Eine pastoralliturgische Untersuchung des Münsterischen Pastoralblattes (1863–1923). Regensburg 2011 (StPaLi 27), 392– 395. Die Exzerpte aus den Handbüchern zeigen die Willkür der Ausleger der Aspersionsliturgie: Thalhofer, Valentin: Handbuch der katholischen Liturgik. Bd. 2. Freiburg 1890 (ThBib), 539 inter­ pretiert die sonntägliche Besprengung mit Weihwasser sehr kurz als „Erinnerung an diese mystische Auferstehung durch das reinigende und belebende Taufwasser […]“ und gibt nur nebenbei zu, dass sie „kein bloßes Erinnerungszeichen, sondern auch lustrativ wirksam ist.“ Die Neubearbeitung des­ selben Handbuchs durch Ludwig Eisenhofer 21912, 586f, der ausführlicher auf die liturgischen Texte eingeht, findet im allsonntäglichen Aspergesritual kein Element der Tauferinnerung mehr. Lediglich in der österlichen Zeit stehe dieser „Ritus ganz und gar unter dem Eindruck der freudigen Erinne­ rung an die Taufgnade“, weil hier als rituelles survival Elemente eines Prozessionsgesangs, der auch zur Prozession von Neugetauften im frühmittelalterlichen Rom Verwendung fand, enthalten ist, 587. Nur dem, der weiß, dass dieses Ritual den Zweck des Taufgedächtnisses erfüllen sollte, erschließt es sich als solches. 21 Mahrenholz, Christhard: Die Feier der Osternacht. Im Auftrage der Lutherischen Liturgi­ schen Konferenz Deutschlands, Berlin 1954, 12; Hinweis bei Auf der Maur, Hansjörg: Die Wieder­ entdeckung der Osternachtfeier in den abendländischen Kirchen des 20. Jahrhunderts (s. Anm. 16),

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ökumenischen Kontext als innovativer Kern der katholischen Reform wahr­ nehmbar. Alle Ritualelemente der Tauffeier der Osternacht, die man ohne Täufling sinnvollerweise vollziehen kann, werden seit der Reform von Pius XII. von den getauften Mitgliedern der Feiergemeinde vollzogen. Sie sprechen die Absage an den Satan und bekennen den Glauben in der nur für Taufkandidatinnen und Taufkandidaten typischen Form. Wenn sie auch noch mit dem soeben geweih­ ten Taufwasser besprengt werden, unterziehen sie sich fast dem Wasserritus der Taufe. Dieses Ritual wurde als „Tauferneuerung/Erneuerung des Taufverspre­ chens“ bezeichnet und wird als Taufgedächtnis gedeutet. Die Problematik, dass die Abrenuntiationsfragen von getauften Christinnen und Christen beantwortet werden, die „durch den Vollzug des Taufsakramentes der Gewalt des Satans entnommen“22 sind, musste sich die katholische Reform von der lutherischen Agende zeigen lassen. Wer getaufte Menschen typisch katechumenale Riten vollziehen lässt, ist sich seiner Taufrituale nicht sicher.23 Darüber hinaus ist das Rezitieren von Glaubensbekenntnissen ein Ritual des Misstrauens. Christinnen und Christen, deren Glaube bei der Taufe nicht überprüft werden konnte, schei­ nen diesen nun immer wieder bekräftigen zu müssen.24 Analog dazu werden ritualisierte Feiern des Taufgedächtnisses gefordert, um den beteiligten Men­

10; Zum innovatorischen Charakter: Fischer, Balthasar: Formen gemeinschaftlicher Tauferinnerung im Abendland (s. Anm. 4), 87. 22 Mahrenholz, Christhard: Die Feier der Osternacht (s. Anm. 21), 9 f. Maas-Ewerd, Theodor: Tauferinnerung und -erneuerung in der Osterzeit. In: Klöckener, Martin und Glade, Winfried (Hg.): Die Feier der Sakramente in der Gemeinde. FS Heinrich Rennings. Kevelaer 1986, 179–191 betont, dass in keiner Feier der Taufe das Gebet von „Lobpreis und Anrufung Gottes über dem Wasser“ als Ersatz für das ältere Gebet der Taufwasserweihe fehlen sollte. Maas-Ewerd zieht den normativen Umkehrschluss nicht, nämlich dass dieses Gebet auch nie außerhalb einer Tauffeier voll­ zogen werden sollte (wie es in Feiern der Osternacht üblich ist). 23 Vgl. die Bemerkung zum „schlechten Gewissen“, das die Säuglingstaufe verursacht bei Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation (s. Anm. 2), 69. Die auch in der katholischen Kirche allzu frei verschenkte Taufe führt u. a. zur Ritualisierung der Prüfung der Eltern oder gar zu einer Verpflichtung derselben zu einer Art Katechumenat in der „Taufe in Zwei Stufen“ nach dem neuen deutschen Ritualbuch 2007, 141–175 oder zur Vorstellung, dass die bereits getauf­ ten Kinder über Jahre hinweg rituell als Katechumenen behandelt werden: Getauft – und dann? Gottesdienste mit Kindern und Jugendlichen auf ihrem Glaubensweg. Werkbuch. Freiburg 2002 (Pastoralliturgische Reihe in Verbindung mit der Zeitschrift „Gottesdienst“). 24 Die Rezitation von Glaubensbekenntnissen ist integraler Bestandteil der Erwachseneninitia­ tion. Der Vollzug von typisch präbaptismalen Riten durch Getaufte kann aber (z. B. mit Christhard Mahrenholz) hinterfragt werden. Vgl. die Bewertung des Credo in der Messe nach den Quellen, die Jungmann, Josef Andreas: Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der Messe, Bd. 1. Frei­ burg 51962, 601 zusammenfasst: „Als Kaiser Heinrich II. 1014 nach Rom kam, war er erstaunt, dass hier in der Messe das Credo fehlte. Die römischen Kleriker erklärten ihm, die römische Kirche, die niemals vom Irrtum berührt worden sei, habe es nicht nötig, so oft den Glauben zu bekennen“ nach Bern/Berno von Reichenau (gest. 1048), Libellus de quibusdam rebus ad missae officium pertinenti­ bus 2 PL 142.1060 f. Vgl. auch Taft, Robert: The Great Entrance. A History of the Transfer of Gifts and Other Preanaphoral Rites of the Liturgy of St. John Chrysostom (OCA 200). Rom 1975, 404: „Like so many other later additions to the liturgy, the creed is really superfluous“.

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schen eine ethische Lektion zu erteilen.25 Im Gegensatz zu einem Taufbewusst­ sein als Tugend kann die ritualisierte Form des Taufgedächtnisses das Missver­ ständnis als Zwang zur Erneuerung eines selbst nie gegebenen Taufversprechens nicht ausschließen. Die mittlerweile nicht mehr nur katholischen Osternachtfeiern, die eine Feier des Taufgedächtnisses als Ersatz der Feier von Taufen beinhalten, perpetuieren die scholastische Interpretation der Taufe. Nur dem minimalen Kern des Was­ serritus wird eine Wirkung zugeschrieben. Alle anderen Elemente der Taufe wie Abrenuntiations- und Glaubensfragen, brennende Kerzen, etc., die als wir­ kungslos betrachtet (und als „Schmuck“ des eigentlichen Sakraments bezeich­ net) werden, können mit neuen Bedeutungen assoziiert und von den einzelnen Menschen beliebig oft vollzogen werden – im Gegensatz zur Chrisamsalbung oder dem Taufexorzismus, die etwas bewirken. Indem getaufte Christinnen und Christen die Rolle von Taufkandidatinnen und Taufkandidaten durch den Voll­ zug wirkungsloser Elemente der Taufliturgie übernehmen, handeln sie ähnlich wie im wesentlich älteren Brauch, alle Gläubigen in der Quadragesima rituell als Büßer und Büßerinnen zu behandeln. Weil die feierliche Buße in den Büchern steht, es aber keine Kandidatinnen und Kandidaten mehr für die Ritualelemente derselben gibt, unterziehen sich alle Gläubigen dem Aschenritus, dem keine sak­ ramentale Wirkung zugeschrieben wird. Der ehemalige Eintrittsritus in die intensivste Phase des Büßerstands hat keine sakramentalen oder sozialen Konse­ quenzen. Selbstverständlich fehlt in den modernen Büchern die sakramentale (wirksame) Generalabsolution am Gründonnerstag genauso wie ja auch die Gläubigen nach dem Taufgedächtnis der Osternacht nicht jedes Jahr getauft werden. Aschenritus und Taufgedächtnis befriedigen den Wunsch, möglichst viele der alten Rubriken zu vollziehen, damit die ästhetische Integrität des Rituals erhalten bleibt, auch wenn die Riten obsolet geworden sind, weil die sie betreffenden Personen nicht mehr zur Verfügung stehen.26 Aus dieser Perspek­ tive betrachtet war die Innovation von Pius XII. weniger innovativ als sie scheint. Für die nun folgenden Überlegungen ist festzuhalten, dass die für gegenwärti­ ges Denken selbstverständliche katholische Feier des Taufgedächtnisses in der Osternacht gerade einmal ihren sechzigsten Geburtstag hinter sich hat, obwohl Taufe in den grundlegenden liturgischen Texten der Osternacht, seit es diese Textgattung gibt, präsent war. Wer nach einem Traditionsbeweis oder Digni­ tätsgrund zur Legitimation von Taufgedächtnisfeiern sucht, findet jedenfalls im Taufgedächtnis der katholischen Osternacht keine Unterstützung.

25 Vgl. die bei Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation (s. Anm. 2), 69 f zusammengestellten Quellen. 26 Parsch, Pius: Eine Osternachtfeier (s. Anm. 20): „Das wird wohl für die heutige Zeit stets eine Schwierigkeit bleiben, einen entsprechenden Ersatz zu finden; denn erwachsene Täuflinge wird man nur mehr selten finden“, kursiv: C. L.

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3. Mittelalterliche Liturgieinterpreten und das Nachdenken über Wirkungen und Bedeutungen des Weihwassers 3.1 Weihwasserrituale und ihre Bedeutungen Die Regel, die die Synode von Bamberg verabschiedet hat, kann als bloße Spezi­ fikation der normativen Ergebnisse einer viel älteren Diskussion verstanden werden. Die ersten Zeugnisse des Brauchs, Wasser und Salz zu weihen, gehen auf das sechste Jahrhundert in Rom, diese Weihe nicht mehr im Haus, sondern in der Kirche zu vollziehen, auf das siebte Jahrhundert zurück. Die vorkonstan­ tinischen Kirchenväter kennen Wasserriten als Taufgedächtnis nicht. Sie lehnen in Opposition gegen Besprengungs- und Reinigungsriten der Umwelt eine sol­ che Praxis für sich ab.27 Die Prediger und Kirchenordnungen vom Ende des vierten Jahrhunderts bezeugen den Brauch, sich vor dem Gebet die Hände zu waschen und geben allegorische Erklärungen, um den des Heidentums verdäch­ tigen Brauch zu legitimieren.28 Wenn Adolf Franz auf in den Quellen genannte Wirkungen des geweihten Wassers verweist, erwähnt er Heilung und Schutz vor Dämonen oder deren Vertreibung (Franz 1909, 91–97). Die „Segnung des Was­ sers zur Besprengung im Haus“ des Sacramentarium Gelasianum Vetus, das älteste überlieferte Formular, erwähnt ebenfalls die Taufe nicht, gibt aber reich­ liche Hinweise darauf, wozu das Weihwasser dient, was es bewirken soll und dass es selbst von Dämonen gereinigt ist.29 27 Koep, Leo (und Carl Clemen, posth.): Art. Besprengung. In: RAC 2 (1954) 185–194, hier 191; vgl. zum Waschen der Hände vor dem Gebet: Odyssee 2.262 oder Ilias 24.303. 28 Koep und Clemen 1954 verweisen u. a. auf Johannes Chrysostomus (vgl. auch Cyrill/Johan­ nes von Jerusalems Mystagogische Katechese 5.2 FC 7.146f) und auf eine Parallele der Händewa­ schung vor dem Gebet zur Taufe in den Constitutiones Ecclesiae Aegyptiacae, die Franz Xaver Funk (Didascalia et Constitutiones Apostolorum. Volumen II. Testimonia et Scripturae propinquae. Paderborn 1905, 118 Kap. 32.18–27) herausgegeben hat; zum Text: Steimer, Bruno: Art. Ägyptische Kirchenordnung. In: LACL3 (2002) 8 und die Übersetzung und Bearbeitung Bradshaw, Paul F. / Johnson, Maxwell E. / Phillips, L. Edward: The Apostolic Tradition. A Commentary. Minneapolis 2002, Minn. (Hermeneia); 198f = Kap 41 und den Kommentar zu Kap. 41.11 auf S. 210, der auch die altchristliche Ablehnung der Besprengungen zusammenfasst; sowie Schneider, Herbert: Aqua bene­ dicta (s. Anm. 5), 342–344 für anschauliche Beispiele. Die spätantiken Kirchenordnungen sehen sich mit dem Problem konfrontiert, den Brauch der Händewaschung vor dem Gebet rechtfertigen zu müssen, obwohl getaufte Christen nach der Waschung der Taufe spirituelle Waschungen nicht mehr nötig haben sollten. Von einem Taufgedächtnis ist keine Rede. Der Pilger von Piacenza traute zu dieser Zeit seinen Leserinnen und Lesern allerdings zu, ihm seine Geschichte des zum Taufwasser gewordenen Jordanwassers als apotropäisches Schutzmittel für Schiffe abzunehmen. Er erzählt, dass zu Epiphanie die Alexandriner aromata und opobalsamum in den Jordan werfen und ihre Gefäße nach der Benediktion des Jordans mit Wasser füllen und damit ihre Schiffe besprengen; Koep und Clemen 192 im Verweis auf CSEL 39.167. Dölger, Franz Joseph: Segenswasser als religiöse Siche­ rung der Rennpferde gegen den Schadenszauber beim Zirkusrennen. In: AuC 1 (1929) 221–228 dis­ kutiert weitere Belege für die apotropäische Verwendung des Weihwassers in der alten Kirche. Hin­ weise auf die Petrusakten (19, NTApo6 274) sind nicht eindeutig, weil dort ein Haus unter anderem durch Besprengung mit Wasser von Dämonen befreit, vor allem aber von den Spuren des Staubes des Gegenspielers des Petrus, Simon, tatsächlich gereinigt wird. 29 Vgl. Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4), 126–138. Text:

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Hinkmar von Reims (ca. 806–882) überliefert im ersten Kapitular (9. Jahrhun­ dert) zum ersten Mal die Bemerkung, dass die Priester vor der Sonntagsmesse Wasser weihen und damit das Volk besprengen sollen:30 „Dass ein Priester jeden Sonntag in seiner Kirche vor der Heiligen Messe Weihwasser in einem feinen und einem so großen Dienst angemessenen Gefäß herstellen soll. Von diesem (Wasser) soll das Volk besprengt werden, wenn es die Kirche betritt. Und die Leute, die das möchten, sollen in ihren kleinen (ebenso) feinen Gefäßen von jenem (Wasser, das der Priester geweiht hat, etwas) empfangen und über die Häuser, Äcker, Weingärten hin, sowie auch über ihr Vieh und über dessen Futter, und gewiss auch über ihre eigene Nahrung und Trank sprengen.“ Hinkmar deutet nicht an, dass es hier um Taufgedächtnis gehen soll. Das Feh­ len jeder Deutung liegt unter anderem an der Textsorte. Die kurzen, normativen Absätze haben kein Interesse an Allegorien und theologischen Deutungen. Wei­ tere Texte müssen herangezogen werden, um zu klären, ob in derartiges Material die Vorstellung von Tauferinnerungen hineingelesen werden darf. Keine Spur eines Taufgedächtnisses findet sich auch bei Walahfrid Strabo (808–849), der einen ähnlichen Brauch erwähnt:31 „Über das Wasser für die Besprengung. [30] Dass das Wasser für die Bespren­ gung zusammen mit Salz gesegnet und in den Behausungen der Gläubigen ver­ sprengt werden soll, hat Papst Alexander festgesetzt.32 Denn so wie das frühere Nr. 1556–227 Mohlberg. Die Anspielung auf den Exodus aus Ägypten hat nichts mit der Taufe zu tun, sondern ist offenbar (Emendation von Franz, S. 129, Anm. 2) eine exorzistische Metapher. Es geht um die Vernichtung des Pharao, nicht um den Durchzug des Volkes Israel. 30 Pokorny, Rudolf / Stratmann, Martina / Runge, W.-D.: MGH. Capitula Episcoporum II. Hannover 1995, 36; PL 125.774. Ich danke Thomas Bauer für Hinweise zu Hinkmar von Reims. Im Kontext werden andere Rituale der Kirche geregelt, u. a. die Taufe. Das oben zitierte 5. Kapitel ist von den Regelungen, die die Taufe besprechen (Kap. 3) durch das Kapitel 4 über Buße, Krankensal­ bung, Sterbesakramente, Exorzismus und Weihwasserherstellung getrennt. Hinkmar hat den Text des Kapitulars im November 852 wohl einer großen Zahl von Priestern zukommen lassen. Vgl. Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4), 98f zur Beobachtung, dass der sonntägliche Besprengungsritus in der Zeit Hinkmars (oder mit ihm) beginnt. Burchard von Worms (gest. 1025) überarbeitet den Text (als angeblicher Beschluss einer Synode von Nantes, vgl. Schneider, Herbert: Aqua benedicta (s. Anm. 5), 361 und Anm. 59) und denkt offenbar an eine Pro­ zession. Er weist den Priester an, „dass das Atrium derselben Kirche (bei deren Betreten die Gläubi­ gen mit dem Weihwasser besprengt wurden) ähnlich besprengt wird, während er (es) mit Kreuzen umschreitet und dass er ebendaselbst für die entschlafenen Seelen betet“, Decretorium Libri Viginti 2.52 PL 140.634 f. Vgl. zu Rupert von Deutz FC 33/3.976 Anm. 77 mit dem Verweis auf Franz, Adolph Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4), 633–644. 31 Der Text des Libellus de Exordiis et Incrementis Quarundam in Observationibus Ecclesiasti­ cis Rerum ist in MGH Capitula regum Francorum 2 (A. Boretius, V. Krause 1897), S. 514, Kap. 30 publiziert; Verweis bei Koep und Clemen: Art. Besprengung (s. Anm. 27), 191. Übersetzung und Kommentar: Harting-Correa, Alice L.: Walahfrid Strabo’s Libellus de Exordiis et Incrementis Quarundam in Observationibus Ecclesiasticis Rerum. A Translation and Liturgical Commentary (MLST 19). Leiden 1996, 186–189, 312f und 173–175, 200–201. 32 Es handelt sich um einen Hinweis auf den (mythischen) Papst Alexander I. vom Anfang des zweiten Jahrhunderts, FC 61/2.418 Amn. 565 f. Vgl. zur historischen Unverlässlichkeit der Notiz auch Schneider, Herbert: Aqua benedicta (s. Anm. 5), 340 Anm. 7 und Dölger, Franz Joseph: Segens­

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Volk (nämlich der Israeliten), das den erlassenen Gesetzen (des Alten Testa­ ments) folgte, mit Blut gereinigt worden war, so wird das neue Volk der Chris­ ten, das im Sakrament der Taufe wiedergeboren ist, würdiger Weise mit geseg­ netem Wasser besprengt, damit, wie das Blut des Lammes auf den Türpfosten zum Zweck der Vertreibung des Vernichters angebracht wurde, so auch das Geheimnis (mysterium) des Wassers die Leiber und Orte der Wiedergeborenen schützt.“ Der Absatz baut zwei Vergleiche zwischen dem Alten Testament und den sakramentlichen Handlungen der Kirche auf, um die apotropäische Wirkung der Besprengung mit Weihwasser zu erklären. Die Israeliten wurden nach dem Zeugnis von Heb 9,19–22 mit Blut gereinigt.33 Die Passage des Hebräerbriefs kombiniert vor allem Ex 24,8 (mit dem Blut eines Jungstiers, vitulus; keines Lammes, agnus) mit Num 19 und damit die Blutbesprengung beim Bundschluss mit der Funktion der Reinigung – nicht mit Blut, sondern mit dem mittels der Asche der Roten Kuh hergestellten Reinigungs-Wasser. So wie Israel gereinigt wurde, sind die Christen und Christinnen in der Taufe neu geboren worden. Im weiteren Leben werden die Christen durch das Weihwasser geschützt, wie ja auch die Israeliten durch das Blut des Lammes auf den Türpfosten (Ex 12) geschützt worden waren. Es besteht hier gerade keine Verbindung zwischen der Taufe und der Besprengung mit Weihwasser, bestenfalls eine Parallele zwischen der Besprengung und dem Blutanstrich nach Exodus 12. Weder während der Segnung des Wassers noch während der Besprengung mit gesegnetem Wasser soll irgendjemand der Taufe gedenken. Die Taufe erklärt auch nicht die Wir­ kung des Weihwassers, sondern Exodus 12. Von Hrabanus Maurus (ca. 780–856) ist ein längerer Text über das Weihwas­ ser überliefert. Er spricht zwar nicht von der sonntäglichen Besprengung mit Weihwasser, erwähnt aber die Taufe in diesem Kontext. Hrabanus Maurus ver­ weist auf den Priestersegen von Num 6,23–26 als Legitimationsgrundlage für das priesterliche Segnen im Allgemeinen. Die Assoziation von Jak 5,14 bringt ihn darauf zur Segnung von Öl. Daran schließt er die folgende Bemerkung zu Wasser und Salz:34 „Gesegnet wird das Salz und das Wasser zu unterschiedlichen Bedürfnissen der Gläubigen, bei Kranken, gegen Vorstellungen des Feindes, zur Gesundheit des Viehs, um Krankheiten zu vertreiben und so weiter, so wie zu lesen ist, dass Alexander, der siebte Bischof der Stadt Rom nach Petrus und Märtyrer, bestimmt hat, ‚dass das Wasser der Besprengung mit Salz in den Wohnstätten der Menschen gesegnet wird‘; denn es gibt kein anderes Element, das in dieser Welt alles reinigt ebenso wie es alles belebt: und deshalb, da wir in Christus

wasser als religiöse Sicherung der Rennpferde gegen den Schadenszauber beim Zirkusrennen (s. Anm. 28), 222. 33 Vgl. Koep und Clemen: Art. Besprengung (s. Anm. 27), 190. Die Reinigung mit Blut deuten Heb 12,24; 1Petr 1,2 weiter christologisch. Vgl. zu den folgenden Überlegungen Schneider, Herbert: Aqua benedicta (s. Anm. 5), 360 und Anm. 55 dort. 34 De Institutione Clericorum 2.55 FC 61/2.417ff; kleine Änderungen.

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getauft werden, werden wir durch dieses Element wiedergeboren, damit wir als Gereinigte leben; (das Element des Wassers,) welches zur Leidenszeit zusammen mit dem Blut aus der Seite Christi hervorfloß, um eben zu betonen, dass man daher ein zu aller Heiligung und Reinigung mächtiges Heiltum (sacramentum) habe. Dass aber das geheiligte Salz dem Wasser beigemischt wird, geht aus gött­ licher Autorität hervor, der (nämlich Gott) jenes (das Salz) durch Elischa in die Quelle werfen ließ, um die Unfruchtbarkeit des Wassers von Jericho zu heilen (vgl. 2Kön 2,19–22). Folglich ist das Wesen (natura) des Salzes dem Wesen (natura) des Wassers ähnlich (vicinus) und sehr verbunden, weil beide aus dem­ selben Element sind und die gleiche Aufgabe und Bezeichnung haben. Denn Wasser reinigt vom Schmutz, Salz vertreibt die Fäulnis; Wasser gibt den Glanz, Salz fügt die Wahrheit hinzu; Wasser bezeichnet den Trank der Weisheit und Salz gibt den Geschmack der Einsicht an, was nämlich die Autorität der Heili­ gen Schrift hinreichend beweist und ihre vielfältigen Zeugnisse zum Vorschein bringen.“ Dem Absatz folgt eine kurze Überlegung zur Rolle des Priesters bei der Seg­ nung des Volkes. Hrabanus Maurus spricht im Passiv vom Segnen von Wasser und Salz in den Häusern. Nachdem zuvor und danach die Rede von der Rolle der Priester ist, sind sie vielleicht auch in diesem Ritual die Handelnden.35 Es geht hier aber noch nicht um Taufwasser aus der Feier der Osternacht oder auch nur in einer feierlicheren Zeremonie in der Kirche geweihtes Wasser. Hrabanus Maurus legitimiert die Verwendung von Wasser und Salz als Naturelemente in Segensritualen. Sein Ausgangspunkt ist nicht die Taufe, sondern die Herstellung von Weihwasser zu vielen Zwecken unabhängig von der Taufe. So stellt sich ihm die Frage, wie und warum diese Wasser-Salz-Mischung wirkt. Für das Was­ ser legt er keinen Bibelbeleg, sondern das bereits erwähnte Zeugnis des angebli­ chen Märtyrerpapstes vor. Auch die natürlichen Funktionen von Wasser und Salz werden bemüht. Der Liturgieerklärer versteht die Besprengung der Gläubi­ gen analog zur Besprengung von Äckern, Vieh, Futter und Speisen als einen Akt der Reinigung, vielleicht auch als Schutz vor Dämonen, was in der Vertreibung der phantasmia des Feindes anklingt. Die Taufe wird dadurch zu einem der Fälle der Anwendung von Weihwasser unter anderen; freilich ein wichtiger Fall für die Besprechung des Weihwassers, weil das Wasser der Taufe eine ganz besondere Kraft (Wiedergeburt, Reinigung) hat, die durch besondere Quellen (Joh 19,34f) verbürgt ist. Die Taufe wird auf­ gerufen, um neben Natur, Bibel und Papstwort die Macht des Weihwassers zu begründen. Bei der Herstellung oder Applikation soll niemand seiner Taufe oder der Taufe als abstrakte Idee gedenken. Mit diesen Autoren des neunten Jahrhunderts bildet sich ein literarisches Repertoire von Deutungsmustern heraus, das immer wieder anzutreffen ist.

35 Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4), 92f, 101 und die Beobachtungen zur Verlegung der Wasserweihe aus den Häusern in die Kirchen.

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Im neunten Jahrhundert wurde somit der Hinweis auf die Taufe zu einem formalen und inhaltlichen Argument für die Plausibilisierung der Wirkung des Weihwassers. Gleichzeitig wurde neben der Weihe des Wassers zu anderen Gelegenheiten inzwischen das Weihwasser ein Nebenprodukt bei der Herstel­ lung von Taufwasser. Gemäß Ordo Romanus XI, somit im Frühmittelalter, dür­ fen die Gläubigen noch mit Chrisam vermischtes Taufwasser mit nach Hause nehmen.36 Vereinzelt ab dem achten Jahrhundert und flächendeckend mit der Jahrtausendwende wird die Entnahme von Taufwasser nach der Beimischung von Chrisam verboten. Diese Änderung des Brauches ist darauf zurückzufüh­ ren, dass die rigorose Verwahrung des sehr begehrten geweihten Chrisam dazu führte, dass der Markt, der die medizinischen, exorzistischen, agrarischen etc. Anwendungen bedienen sollte, keine Quelle für dieses machtvolle Heilmittel mehr hatte. Um legal an Chrisam zu kommen, konnte man sich also nur mehr mit Chrisam versetztes Taufwasser beschaffen. Die gegen Ende des ersten Jahr­ tausends durchgesetzte Regel, dass das Taufwasser vor der Beimischung von Chrisam verteilt werden musste, verschloss auch diesen Zugang. Ab jetzt war der Taufbrunnen außer für den Vollzug von Taufen verschlossen und Chrisam nicht mehr erhältlich. Wenn die Quellen jetzt über Weihwasser sprechen, geht es um Wasser, das speziell für den mannigfaltigen religiösen Bedarf unter Aus­ schluss der Taufe (in der Osternacht oder auch weiterhin außerhalb der Oster­ nacht) hergestellt wird. Die Produktionsbedingungen eines Teils von Weihwas­ ser halten es in großer sachlicher Nähe zum Taufwasser. In den theoretischen Abhandlungen der Zeitgenossen sind Hinweise auf die Taufe aber keineswegs unproblematisch. Rupert von Deutz (gest. 1129/30), der den Brauch kennt, dass Weihwasser als Nebenprodukt der Herstellung von Taufwasser zustande kommt, meint dazu:37 „(Nr. 20; Frage:) Mit welcher Begründung und kraft welcher Autorität von diesem Tag der Auferstehung des Herrn an eine Prozession mit der Segnung durch Weihwasser an allen Sonntagen das Jahr hindurch stattfindet. (Antwort:) ‚Dieser Tag, den der Herr gemacht hat‘ (Ps 118,24), hat das ihm Eigentümliche – und das hat jeder erste Tag der Woche von ihm übernommen –, dass nach der Besprengung des Volkes mit Weihwasser eine feierliche Prozession stattfindet. Gleichwohl wird an diesem ersten und vornehmsten aller Sonntage das Wasser nicht geweiht und auch nicht am heiligen Pfingsttage, weil es am Abend des vor­ hergegangenen Sabbats aus dem heiligen Taufbrunnen genommen worden ist, bevor jemand darin untergetaucht wird und bevor Chrisam hineingegossen wurde. Denn nicht dazu werden wir besprengt, damit wir wiederum getauft werden, sondern damit wir mit diesem Erinnerungszeichen an unsere Taufe die Gnade des göttlichen Namens oftmals über uns anrufen. Und darum werden wir an jedem Sonntag besprengt, weil am hochheiligen Abend vor diesem ersten

36 Ordo romanus XI Nr. 94f ORHMA 3.445; cf. Amiet, Robert: La viellée pascale dans l’eglise latine (s. Anm. 17), 339–343. 37 Liber de divinis officiis 7.20 FC 33/3.976 f.

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Sonntag die gesamte heilige Kirche aus dem weiter oben erwähnten Grund die Taufe feiert.“ Rupert fährt fort, die Symbolik der Paradiesesflüsse nach Ez 47 und von Ps 51,9 („Besprenge mich Herr, mit Ysop…“) mit der Taufe zu verbinden.38 Hier bleibt die Möglichkeit noch offen, ob Rupert möchte, dass die Gläubigen an ihre oder die Taufe denken, wenn sie mit Wasser besprengt werden. Er führt aber die Terminologie des Erinnerungszeichens, memoriale, mit polemischem Interesse ein. Bei aller Nähe, die er zwischen der Taufe (als abstrakte Idee, da in seinem Kloster keine Kinder in der Osternacht getauft wurden) und dem am Oster­ sonntag ausnahmsweise nicht geweihten sondern zuvor in der Feier der Oster­ nacht vom Taufwasser abgezweigten Wasser herstellt, sieht er sich doch veran­ lasst, sofort die Distanz zwischen Wasserritus und Taufe zu erhöhen. Die Besprengung sei nämlich nur ein memoriale an unsere Taufe. Die Kopie hat nicht dieselben Wirkungen wie das Original und man möge Kopie und Original sorgfältig unterscheiden, obwohl in beiden Wasser eine Rolle spielt. Die Abwehr einer zu engen Assoziation von Weihwasser mit der Taufe basiert weiterhin auf der Befürchtung, dass dem Wasserritus manche oder alle als Teil der Taufe betrachteten Wirkungen zugesprochen werden. Wie seine Vorgänger ringt auch Thomas von Aquin (1225–1274) mit dem Problem der Beziehung zwischen der wiederholbaren Wasserbesprengung und der einmali­ gen Taufe. Er hat keine eindeutige Lösung. In seiner Besprechung des Taufexor­ zismus macht er zwei Vorschläge.39 Erstens sei die Weihwasserbesprengung ein Schutz gegen äußere Anfechtungen und der (präbaptismale) Taufexorzismus gegen innere. Zweitens stünde die Weihwasserbesprengung zum Taufexorzis­ mus wie die Buße zur Taufe – beides Wege, die Unmöglichkeit einer Wiederho­ lung der einmaligen Sakramente zu umgehen. Wie der Wasserritus der Taufe soll auch der Taufexorzismus zwar nach einer verkürzten Form der Taufe in einer Notsituation später nachgeholt, aber niemals wiederholt werden.40 Wie die Buße hat auch die Weihwasserbesprengung eine technische Beziehung zur Taufe. Diese technische Beziehung muss in der beschreibenden Theorie sorgfäl­ tig tradiert werden, weil den Weihwasserriten ansonsten die liturgische Funk­ 38 Vgl. Torquemada, Juan de: De efficacia aquae benedictae (s. Anm. 51), Kap. 5, S. 5 (Darmstäd­ ter Inkunabel). 39 Thomas von Aquin: Summa theologica 3.71.2 (vor allem ad 3) DThA 29.324. Vgl. Schneider, Herbert: Aqua benedicta (s. Anm. 5), 359. 40 Thomas von Aquin: Summa theologica 3.71.3 ad 3; DThA 29.329: „Dennoch dürfen diese Handlungen [nämlich der präbaptismale Taufexorzismuns, Anm. C. L.] nur im Falle der Not ausge­ lassen werden. Selbst dann aber müssen sie, wenn die Gefahr vorüber ist, nachgeholt werden, damit die [äußere] Gleichförmigkeit in der Taufe gewahrt bleibe [kursiv, C. L.]…“. Der Brauch, den vor der Taufe im Notfall weggelassenen Taufexorzismus nachzuholen, zerstört die Argumentation zur Legitimation des Exorzismus im gesamten art. 3. Es bleibt Thomas angesichts der Praxis aber nichts anderes übrig, als genauso wie in 3.78.1 ad 4 DThA 30.164 das Faktische als normativ zu erklären: „Der Priester aber, der das Sakrament so vollzöge [nämlich nur die Einsetzungsworte ohne den Rest der Messe zu rezitieren, Anm. C. L.], würde durch Nichtbeachtung des Ritus der Kirche schwer sün­ digen [kursiv, C. L.].“ Einen triftigeren Grund, die Messe als ganze zu lesen oder den ausgelassenen Taufexorzismus nachzuholen, gibt es nicht.

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tion abhandenkommt.41 Die technischen Assoziationen sind Teil der Praxis des Theoretikers außerhalb der Liturgie. Die Wirkung der Rituale hängt nicht davon ab, dass die Gläubigen während des Vollzugs irgendeiner Sache geden­ ken. Wenn aus dieser theologischen Schlussfigur eine moderne Theorie abgelei­ tet werden sollte, dann wäre die Feier der Buße das Taufgedächtnis und die Weihwasserbesprengung das Taufexorzismusgedächtnis. Schon vor Thomas von Aquin konnte man die Weihwasserbesprengung auch unabhängig von der Taufe bedenken. Honorius von Autun mischt um die Mitte des zwölften Jahrhunderts die vorliegenden Deutungen mit dem Gedanken der Blutbesprengung, der schon bei Walahfrid Strabo erschienen war:42 „Von daher setzte Alexander, Papst und Märtyrer, fest, dass Salz und Wasser gesegnet werden sollen und das Volk besprengt wird, damit jedes Trugbild von Dämonen von ihm (dem Volk) verjagt wird. Ähnlich sollen auch deren Wohn­ stätten besprengt werden, und die Dämonen von ihnen ferngehalten werden. Deshalb tun wir das auch an Sonntagen gemäß den (kirchlichen) Normen, dass wir mit dem Blut Christi besprengt werden, so wie wir lesen, dass das jüdische Volk gemäß dem Gesetz mit dem Blut des Lammes (agnus) besprengt wurde.“ Die reinigende und exorzistische Wirkung der Manipulation von Weihwasser steht in diesem Deutungsmodell außer Frage. Honorius spielt offenbar nur flüchtig an eine als bekannt vorausgesetzte Bibelbegründung des Weihwassers an. Die liturgische Praxis scheint ihm durch die Brücke der Zitatassoziationen, die an Heb 9,19–22 hängen, offenbar ausreichend legitimiert. Dieses Zeugnis, dessen Autor auf eine lange Geschichte der Praxis und Deutung von Weihwas­ serbesprengungen zurückblickt, ist wichtig, weil er trotz dieser Tradition nicht auf den Gedanken kommt, die Taufe auch nur zu erwähnen. Schließlich muss mit Wilhelm Durandus von Mende (gest. 1296) auf einen Autor des dreizehnten Jahrhunderts hingewiesen werden. Er hat im Vergleich mit den üblicherweise zitierten Quellen den ausführlichsten Text (auf der Basis jener Quellen) zusammengestellt. Er erwähnt die Taufe mehrmals in seinem Kapitel über das Weihwasser und die sonntägliche Besprengung. Auch für ihn ist die exorzistische und reinigende Wirkung des Weihwassers grundlegend. Dabei hilft die ethische Umdeutung der Perikope über die Herstellung des Rei­

41 Im Fall des Taufexorzismus besteht Thomas darauf, dass das Ritualelement aufgrund seiner Gestalt eine Wirkung haben muss. Ein konkreter Befehl wie „Also, verfluchter Teufel, fahre aus von ihm“ könne nicht nur Zeichen sein kann; Thomas von Aquin: Summa theologica 3.71.3 resp. DThA 29.326. 42 Gemma animae 3.27 PL 172, 650A. Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittel­ alter (s. Anm 4), 103, zitiert eine deutsche Kurzauslegung der Weihwasserbesprengung des Volkes bei der Kirchweihe, die in ms. Graz (Universitätsbibliothek) Nr. 730 (alte Signatur 41/33) vom Anf. des 14. Jh. [Vgl. http://www.handschriftencensus.de/8219 (eingesehen, 08.10.2013)] überliefert ist. Schönbach, Anton: Über eine Grazer Handschrift lateinisch-deutscher Predigten. Graz 1890, 130– 133 transkribiert den Absatz: „(383a) swenne dich der bischof oder der briester besprenget mit dem weichprunne, so manet er dich an daz blůt, daz Jesus durh dinen willen vergozzen hat.“ Im bei Schönbach zitierten Text findet sich kein Hinweis auf ein Taufgedächtnis. Die Flüssigkeit des Weih­ wassers erinnert an das Blut Christi, das den Menschen erlöst hat.

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nigungswassers aus der Asche der Roten Kuh nach Numeri 19 (die ja durch den traditionellen Hinweis auf Heb 9,19–22 vorgegeben war):43 „Daraus zeigt sich, dass die Besprengung mit Wasser wie ein heilbringendes Bad wirkt. Dennoch bezieht sich (referunt) einiges, was oben genannt wurde, auf das Wasser der Taufe. Denn das Wasser wird in Erinnerung an die Taufe (in memoriam baptismi) jeden Sonntag geweiht, wie es im 6. Teil zum Thema Him­ melfahrt gesagt ist, des Weiteren an Ostern und Pfingsten – weil an den Samsta­ gen, die jenen Sonntagen vorangehen, nachdem die (Tauf-) Brunnen geweiht worden sind, vor der Beimischung von Chrisam das Wasser genommen und zum Besprengen von uns und der Häuser bereitgestellt wird, wie es im Kirchen­ recht sorgsam geregelt ist, besprengen wir aus dem so gesegneten Wasser uns und die Orte als Hinweis auf die Taufe (in significationem baptismi). Wir besprengen (uns und die Örtlichkeiten) aber nicht, dass wir wieder getauft wür­ den, sondern dass wir die Gnade des göttlichen Namens zusammen mit der Erinnerung an die Taufe anrufen.“ Da er im Folgenden erwähnt, dass auch die Altäre der Kirche besprengt wer­ den sollen, muss er unterschiedliche Gründe für die Besprengung finden. Es las­ sen sich Dämonen von einem Altar vertreiben, und einen Menschen betreffend noch lässliche Sünden tilgen. Wilhelm Durandus zählt daraufhin Arten von geweihtem Wasser auf:44 „Die dritte, mit der wir in den Kirchen besprengt werden, worüber hier refe­ riert wird. Die vierte, das Wasser der Taufe, worüber im 6. Teil unter ‚Karsams­ tag‘ gesprochen wird, und mit dieser wurden gewöhnlich (früher) die Menschen besprengt, bevor sie mit Chrisam gesalbt wurden, und noch immer geschieht das an einigen Orten, aber heute ist es verboten. Man glaubte nämlich, erneut von den Sünden durch die Besprengung mit diesem Wasser gereinigt zu werden, obwohl feststeht, dass niemand ein zweites Mal getauft werden kann.“ Die Hinweise auf die Taufe sind deutlich: „Denn das Wasser wird in Erinne­ rung an die Taufe (in memoriam baptismi) jeden Sonntag geweiht…“ oder: wir „…besprengen … aus dem so gesegneten Wasser uns und die Orte als Hinweis auf die Taufe (in significationem baptismi)“. Auch in der erwähnten Passage über das Himmelfahrtsfest wird „Wasser in Erinnerung und Verehrung der Taufe (in memoriam et venerationem baptismatis) geweiht.“ Durandus zitiert dort eine Passage, die sich auch bei Rupert von Deutz findet:45 „(Nr. 10; Frage:) Warum diese Prozession (nämlich der Besprengung der Klosterräume am Himmelfahrtstag) nicht vor sondern nach der Terz gehalten wird. (Antwort:) Da wir also an diesem Tag aus gutem Grund eine Prozession halten, ist ebenso auch wohlbegründet, dass sie nicht wie am Tag des Osterfestes und an den anderen Sonntagen vor dem Singen der Terz, sondern nach deren Gesang feierlich abgehalten wird. Denn allein die sonntägliche Prozession – weil dann mit Wasser gesegnet wird zum Gedächtnis und zur Verehrung der heiligen 43 Rationale divinorum officiorum Kap. 4.4 CCL 263–266, hier: 4.4.4 S. 264.40–51. 44 Rationale divinorum officiorum 4.4.10 S. 266.118–122. 45 (Durandus 6.104.1 S. 509, u. a. und) Rupert von Deutz 9.10 FC 33/3.1228 ff.

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Taufe, wie bei anderer Gelegenheit schon gesagt worden ist, – allein diese Pro­ zession, sage ich, geht ja der dritten Stunde (tertia, vgl. Apg 2,15) vorauf, in der der Heilige Geist auf die Apostel herabgekommen ist, so dass wir, wie wir zuerst getauft werden und so [sic, bei Durandus: postea] den Heiligen Geist empfangen, in gleicher Weise zuerst mit Weihwasser uns und unsere Kloster­ räume besprengen und in gleicherweise das Erinnerungszeichen (memoriale) an die Ankunft des Heiligen Geiste, nämlich die Terz (tertia) singen.“ Die mittelalterlichen Liturgieerklärer stehen vor einer Kette von Bräuchen und Ritualen, die sie nicht erfunden haben und deren komplexe Entstehung sie nur selten erforschen oder beschreiben wollen. Manche der Ritualsequenzen fol­ gen keinen auf den ersten Blick sichtbaren theologischen Prinzipien. Die Gelehrten schaffen die für die Legitimation des Status quo nötigen theologi­ schen Kategorien daher im Nachhinein. Eine abweichende Position der Besprengung im Lauf der Tagzeiten muss erklärt werden. Die Autoren des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts bieten in diesem Absatz eine mimetische Deutung an. Pfingsten – ergo die Firmung – fand um die dritte Stunde statt. So wie die Firmung notwendigerweise der Taufe – die mit Weihwasser vollzogen wird – folgt, so muss auch die Feier der dritten Stunde dem Weihwasserritual folgen. Die Besprengung mit Weihwasser ist in genau demselben Sinn ein memoriale der Taufe, in dem auch die Feier der Terz ein memoriale der Firmung ist. Sollen die Mönche zur Terz an Christi Himmelfahrt ihrer Firmung geden­ ken? Ist die Terz an Christi Himmelfahrt immer ein Firmgedächtnis? Dabei handelt es sich nicht um rhetorische Fragen. Sie sind mit einem klaren „Nein“ zu beantworten. Die Begriffe „Bedeuten“, „Erinnerungszeichen“ etc. sind metaliturgische – und das impliziert außerliturgische - termini technici. Sie sagen, dass für ein bestimmtes Ritualelement eine oder mehrere Ätiologien angeboten werden können. Die Besprengung mit Weihwasser ist ein Erinne­ rungszeichen der Taufe. Die Bänder des Pontifikalpantoffels sind eine designatio der Verbundenheit der Naturen Christi. Bei fünf der Kreuzzeichen, die der Priester während der Rezitation des Canon Romanus vollzieht, geht es um die memoria der fünf Wunden Christi.46 Diese Position ist nicht innovativ im Hochmittelalter. Schon die Wasserwei­ heformel im Sacramentarium Gelasianum Vetus beginnt mit: „Gott, der du die größten Heiltümer (sacramenta) zum Heil (ad salutem) des Menschengeschlech­ tes im Stoff des Wassers gegründet hast…“.47 Zu den Heiltümern gehören auch die Teilrituale der Taufe, da diese Einleitung wahrscheinlich nicht nur selbstre­ ferentiell ist. Das Gebet argumentiert Gott gegenüber in derselben Weise wie

46 Rupert von Deutz: Liber de divinis officiis 2,12 FC 33/1.288–291. Diejenigen Teile der Litur­ gie, die nichts bewirken, kann man auch nach Thomas von Aquin mit allegorischer Willkür so oder auch anders auslegen, vgl. zu den Kanonkreuzen (und im Folgenden zu anderen Gesten und Haltun­ gen des Priesters während der Messe) Summa theologica 3.83.5 ad 3 DThA 30.363–366. 47 Franz, Adolph: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter (s. Anm. 4), 127, Kommentar: 136 zu Nr. 1556 nach Mohlberg.

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die späteren Liturgieerklärer ihren monastischen Schülern gegenüber. Da Gott es schon so eingerichtet hat, dass mit dem Element des Wassers in der Taufe so großes Heil gewirkt wird, möge er auch jetzt, wo dasselbe Element eingesetzt wird, Dämonen vertreiben, das Gebäude schützen, dem Vieh Fruchtbarkeit gewähren etc. Von einem Taufgedächtnis der Gläubigen bei der Bereitung oder Verwendung des Wassers ist keine Rede. Taufgedächtnis ist nicht Zweck der liturgischen Handlung. Taufgedächtnis ist eine außerliturgische Abstraktion, die bei der Bestimmung des Zweckes der Handlung oder ihrer allegorischen Legiti­ mation hilft. Im euchologischen Text ist Taufgedächtnis das, was zu tun man Gott bittet, nämlich seiner durch seine Konstruktion der Natur sich selbst auf­ erlegten Verpflichtung zu gedenken, und deshalb dem Wasser Reinheit und Kraft zu verleihen. Gelegentlich hat Rupert von Deutz ein Interesse daran, anzuzeigen, woran man während des Vollzugs eines Rituals der Liturgien denken soll. So interpre­ tiert er die Bedeutung der Pontifikalstrümpfe und empfiehlt dem Bischof bei der Betrachtung des liturgischen Schuhwerks an seinem Fuß vor der Messe: er „soll … sich außerdem daran erinnern (meminisse) und sich bewusst sein, dass auch er ein wohlgestalteter Fuß sein soll nach jenem Wort des Propheten: ‚Wie schön sind auf den Bergen die Füße des Boten, der den Frieden verkündet‘“.48 Die Riemen der Schuhe bezeichnen die Verbindung der Naturen in Christus. Ruperts Deutung des Pontifikalpantoffels mahnt zur Vorsicht beim Vergleich moderner Kategorien des liturgischen Gedächtnisses mit denen des Mittelalters. Nach den Assoziationen zum Pontifikalpantoffel wäre das liturgische Gedächt­ nis inhaltlich so unbestimmt, dass praktisch jeder mögliche Gedanke in diese Kategorie fallen kann. Nach Rupert soll man sich auch beim Hinausziehen zum neuen Feuer „daran erinnern, dass wir zu dem hinausgehen müssen, den die Juden aus dem Lager und ihrer Stadt hinausgestoßen haben, damit wir durch das Feuer des Heiligen Geistes das ewige Leben erhalten…“49. Nachdem Wirkungen und Bedeutungen gesammelt wurden und damit dem Vollzug Legitimität zugesprochen wurde, dürfen und sollen sich die Betrachter­ innen und Betrachter der Liturgien auch das und jenes und noch und vieles andere dabei denken. Ein gebildeter Mönch hat beim Lesen der allegorischen Kompendia gelernt, wie man im Vollzug der Rituale Sinn herstellt. Er kann auf­ grund von Ähnlichkeiten Assoziationsbrücken zwischen den Ritualen, die er sieht, und seinem gesamten theologischen und biblischen Wissen aufbauen. Ein solcher Mönch denkt an viele Dinge bei der Besprengung – vielleicht an die Taufe, vielleicht auch nicht. Wenn in Bezug auf das Gedenken dem Pontifikalpantoffel, einer liturgischen Prozession und dem Taufwasser dieselbe Dignität zukommt, ist alles, was mit der Liturgie verbunden ist, potentiell bedeutungsvoll und ein memoriale: „Trä­ ger eines Gedächtnisses“. Das Problem von Ansätzen wie dem von Rupert von

48 Rupert von Deutz: Liber de divinis officiis 1.24 FC 33/1.200f; vgl. Jes 52,7. 49 Rupert von Deutz: Liber de divinis officiis 5,28 FC 33/2.758 f.

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Deutz lässt sich mit den religionswissenschaftlichen Beobachtungen von Jona­ than Zittel Smith ausdrücken:50 „If everything signifies, the result will be either insanity or banality“. Es bedarf einer „economy of significance“. Wie sich an den mittelalterlichen Texten zeigt, herrscht der naturalistische Fehlschluss über­ all, wo versucht wird, die Tatsache zu vertuschen, dass der Verlauf der Grenze zwischen Bedeutungsträgern und Hintergrundmaterial in der Liturgie der Will­ kür des Auslegers anheimgestellt ist. Auch diese Beobachtungen zeigen, dass die mittelalterlichen Liturgieerklärer nicht als Teil der Geschichte der Rituale des modernen Taufgedächtnisses vereinnahmt werden können.

3.2 Ausblick in Spätmittelalter und Neuzeit Die klare Trennung von Weihwasser und Taufwasser wird in der Folgezeit ver­ tieft. Für das im frühen fünfzehnten Jahrhundert in Basel gehaltene Konzil bear­ beitet Juan de Torquemada (1388–1468) das Weihwasser in einem ausführlichen Traktat (1433). Er folgt der Kurzdefinition:51 „Weihwasser ist (Wasser, das) mit Salz bestreut worden und durch ein Wort von Bitten an Gott exorziert oder geheiligt worden ist, um Dämonen zu vertreiben“ und erarbeitet zehn Wir­ kungsweisen des Weihwassers. Juan de Torquemada grenzt zu Beginn seines Traktats den Gegenstand ein. Dabei schließt er den Gebrauch des Weihwassers bei der Kirchweihe und bei der Taufe aus der Betrachtung aus. Die Definition des Weihwassers, dessen Wirkung er schließlich erklären will, lehnt sich zwar an Definitionen der Taufe an. So weist er auf die oben erwähnte Spezifikation des Thomas von Aquin hin. Ansonsten wird die Taufe im Kontext der Debatte darüber, dass die Kraft des Weihwassers in der Taufe begründet ist oder dass das Weihwasser wie das Taufwasser in Überbietung des Reinigungswassers mit der Asche der Roten Kuh nach Numeri 19 eine begrenzte Kraft der Entsühnung hat, erwähnt. Tauf-Gedächtnis ist in diesem langen Traktat keine Funktion der Besprengung mit Weihwasser. Martin Luther (1483–1546) bezog sich in Von dem geweichten wasser vnd des Bapsts Agnus dei (1539) auf den Text von Juan de Torquemada.52 Er hatte bei aller Hochschätzung des Gedenkens der Taufe als Akt der Frömmigkeit kein Interesse daran, die Besprengung mit Weihwasser als Ritual des Taufgedächtnis­ ses zu etablieren. Dieser Umstand ist nicht erstaunlich. Neben seiner Ablehnung der Weihwasserrituale ist der wichtigste Grund dafür, dass er eine Taufgedächt­ nisliturgie oder die Deutung einer bereits vorhandenen Liturgie als Taufge­ 50 Smith, Jonathan Z.: The Bare Facts of Ritual, in: HR 20 (1980) 112–127; übersetzt (gekürzt): Ritual und Realität, in: Belliger, Andréa / Krieger, David J. (Hg.), Ritualtheorien. Ein einführendes Handbuch. Wiesbaden 1998, 213–226, hier 116 f. 51 Der Text von De efficatia aquae benedictae, Augsburg 1476 ist in (mindestens) zwei Exempla­ ren online zugänglich: Berlin http://www.ub.fu-berlin.de/news/inkunabel.pdf und Darmstadt http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/inc-iii-152 (beide eingesehen 08.10.2013). 52 WA 50.669 ff. Zum Bezug auf das Werk von Juan de Torquemada vgl. die Einleitung zum Text in der WA.

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dächtnis im modernen Sinn ex nihilo hätte erfinden müssen, weil es sie zu seiner Zeit nicht einmal in Ansätzen gab. Frieder Schulz beginnt seinen nachdenkli­ chen Aufsatz über Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation mit einem Kommentar zur Schwierigkeit, „daß ein besonderes Taufgedächtnis in der evan­ gelischen liturgischen Tradition kaum in Erscheinung tritt“.53 Dazu ist zu ergänzen: auch die mit der katholischen Kirche gemeinsame Tradition der römi­ schen Kirche des Mittelalters kennt diese Feierform nicht.

3.3 Weihwasser und Taufgedächtnis beim Begräbnis Zum Abschluss der Überlegungen zu den Zeugnissen des Mittelalters soll ana­ log zur Neuentwicklung des Taufgedächtnisses als Teil der Osternachtfeier ein Blick auf ein Beispiel der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Kon­ zil fallen; eine Reform, die nicht mehr anders als in ökumenischen Kategorien gedacht werden kann. Das gegenwärtige Ritual des Begräbnisses hat einen Hin­ weis auf die Taufe als Deutewort zur Besprengung des Sarges mit Weihwasser aufgenommen:54 „Im Wasser der Taufe bist du mit Christus begraben worden und hast in ihm neues Leben empfangen. Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat.“ Nach dem Rituale Romanum von 161455 fand die Besprengung während der stillen Rezitation des Vaterunsers durch den Priester statt. Der liturgische Text deutet die Ritualhandlung daher nicht. Das Vaterun­ ser ist kein Deutungstext einer Besprengung. Die Deutung hatte schon lang vor den Liturgiereformen nach dem tridentinischen Konzil Johannes Beleth (1135– 1182) geliefert:56 53 Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation (s. Anm. 2), 70 f. 54 Nach 2012. Die kirchliche Begräbnisfeier. Manuale, Nr. 54, S. 57. Vgl. 2009. Rituale Romanum. Die Kirchliche Begräbnisfeier, Nr. 99: „In der Taufe bist du mit Christus begraben wor­ den und hast in ihm neues Leben empfangen. Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begon­ nen hat.“ Vgl. Schulz, Frieder: Das Taufgedächtnis in den Kirchen der Reformation (s. Anm. 2), 153 zur evangelischen Parallele. 55 Sodi, Manilo / Flores Arcas, Juan Javier (Hg.): Rituale Romanum (MLCT 5). Editio Princeps (1614). Città del Vaticano 2004, Nr. 473 f. 56 Beleth, Johannes: Summa de ecclesiasticis officiis 161.q.129ff CCL CM 41A.318f; Überset­ zung Weinreich, L.: Johannes Beleth. Summe der kirchlichen Offizien (Corpus Christianorum in Translation 11). Turnhout 2012 ad loc. Analog dazu berichtet Madey, Johannes: Der westsyrischantiochenische Begräbnisritus. In: Becker, Hansjakob / Ühlein, Hermann (Hg.): Liturgie im Ange­ sicht des Todes. Judentum und Ostkirchen I. Texte und Kommentare (PiLi 9). St. Ottilien 1997, 693–714 von der im Mittelalter üblichen Totensalbung beim Begräbnisritual der Kleriker. Während Bar Evroyo/Grighor Abu l-Farag (1225/6–1286) zusammen mit der heutigen Deuteformel (S. 713) die exorzistischen Wirkungen mit dem Ritualelement verbindet (698), gelingt es Jaqob bar Shakko (gest. 1248) die Taufe als Grund der exorzistischen Wirkung zu etablieren: „Das Öl, das man aus­ gießt (über die Toten) in Form des Kreuzes erinnert an die Salbung, die er (der Tote) empfangen hat bei der Taufe, durch welche er gesalbt wurde, weil er gerufen war zum Kampf für die Furcht Gottes. Durch diese Salbung (wird angedeutet), wie er den guten Kampf gekämpft hat und seinen Lauf voll­ endet und seinen Glauben bewahrt hat gemäß dem Wort des Apostels und dass er deshalb furchtbar und unberührbar ist für die feindlichen Mächte“ (kursiv C. L.). Auch hier ist die Taufe nicht Gegen­

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„Dann wird der Leichnam ins Grab gesenkt, Weihwasser und Kohlenglut werden dorthin gestellt: das Weihwasser, damit keine Dämonen an den Leib herankommen, denn sie haben große Angst vor Weihwasser. Sie pflegen nämlich oft in den Leibern der Toten zu wühlen; was sie im Leben nicht konnten, das machen sie nach dem Tod. Weihrauch wird hingestellt zur Abwehr von Lei­ chengestank.“ Für Johannes Beleth ist das Weihwasser beim Begräbnis kein Element, das auch nur nebenbei an die Taufe erinnert, sondern ausschließlich eine exorzisti­ sche Maßnahme zur Sicherstellung der Totenruhe. Der Weihrauch wird hinge­ gen aus hygienischen oder ästhetischen Gründen eingesetzt. Die katholische Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil tilgte diese Aspekte der Geschichte des Verständnisses von Weihwasserbespren­ gungen. So wurde die gerade Martin Luther so wichtige Auffassung vom Abschluss der Taufe im Tod des Menschen (aufgrund von Röm 6,3–5) in die katholische Liturgie eingetragen. Die im deutschen Sprachraum schwer vermit­ telbare Auffassung über die exorzistische Wirkung des stummen Rituals der Besprengung ist heute obsolet. Das neue Deutewort versucht, die Ritualhand­ lung, deren traditionelle Deutung man nicht mehr vertreten kann, beizubehalten und der Handlung einen akzeptablen Sinn zu verleihen. Damit ist das Risiko einer essentialistischen Deutung des Weihwassers als Taufgedächtnismittel in Kauf genommen.57

4. Zusammenfassung und Konsequenzen für die Praxis der Liturgiegestaltung Die hier diskutierten Quellen zeigen, dass trotz Kontinuität in der rituellen Pra­ xis der letzten tausendzweihundert Jahre in Bezug auf das Verständnis von Ele­ menten dieser Praxis als Taufgedächtnis keine Kontinuität zwischen Mittelalter und Moderne besteht. Der rituelle Einsatz von Weihwasser war in der zur Debatte stehenden Epo­ che des Mittelalters weit verbreitet und wird in den gelehrten Interpretationen durchgehend apotropäisch, exorzistisch, heilend, reinigend etc. gedeutet.58 Man­ stand der Erinnerung eines Teilnehmers an der Liturgie, sondern ein Grund für deren Wirkung. Vgl. auch den Hymnus, 711f, und die exorzistisch gedeutete Platzierung von Weihrauch im Grab, 712 f. 57 Vgl. auch die sehr umsichtige Kritik der neuen Ritualtexte bei Stuflesser, Martin: Liturgisches Gedächtnis der einen Taufe (s. Anm. 2), 234, Anm. 358. 58 Jenseits der gelehrten Theologie, die eingeführte rituelle Praxis um jeden Preis legitimiert, werden (als häretisch betrachtete) Meinungen im Volk laut, z. B. „daß die Segnungen der Priester, die sie auf den Feldern tun, und das gesegnete Wasser, das man darüber am Erscheinungstage ver­ gießt, in keiner Weise den Weinreben und Bäumen nützt, um sie die Frucht hervorbringen zu lassen, sondern nur der Dung und der Fleiß des Menschen“ als Beispiel aus dem siebzehnten Jahrhundert (weniger deutlich auch im vierzehnten Jahrhundert belegt); zitiert nach Ginzburg, Carlo: Der Käse und die Würmer. Die Welt eines Müllers um 1600. Berlin 1993 [Orig. ital. 1976], 181 = Anm. 18 zu Kap. 9.

Die Deutung des Weihwassers im Mittelalter

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che Interpretationen nehmen auf die Taufe Bezug. Im Kontext der Diskussion der Wirkung des Weihwassers meinen Hinweise darauf, dass der liturgische Ein­ satz von Weihwasser ein „Erinnerungszeichen an die Taufe“ (o. ä.) sei, nicht dass der Vollzug der Rituale mit einem Gedenken der Taufe verbunden sein soll, sondern unterstützen die metaliturgische Erklärung dieser Wirkungen. Wer sich in diesem Sinn heute auf mittelalterliche Assoziationen zwischen Taufe und Wasserbesprengung berufen wollte, müsste z. B. mit Thomas von Aquin die Wasserriten als Taufexorzismusgedächtnis und die Buße als Taufgedächtnis erklären. Nachdem manche Interpreten über Bedeutungen vor allem der als wirkungs­ los betrachteten Ritualelemente nachdenken, können ihre Ausführungen dahin­ gehend gelesen werden, dass man beim Vollzug der Besprengungen an die Taufe denken sollte. Solche Überlegungen zur Bedeutung der Rituale reihen sich in die Fülle allegorischer Deutungen ein, die zu jeder Sache und jeder Handlung im Kontext der Liturgie eine oder mehrere Deutungen bereitstellen. Wer sich auf die mittelalterlichen Deutungen in diesem Sinn berufen wollte, könnte heute jeden Tropfen Wassers, der in einer Liturgie erscheint, als Gedächtniszeichen der Taufe erklären, müsste aber dazusagen, dass in diesem Paradigma und mit ebenderselben Dignität auch z. B. das Schuhwerk des Bischofs beim Pontifikal­ amt zu deuten wäre. Die mittelalterlichen Autoren haben „Taufgedächtnis“ grundlegend anders verstanden, als dies heute gilt. Insofern ist das Ritualelement des Taufgedächt­ nisses als Beginn der Messe am Sonntag gegenüber den mittelalterlichen Asper­ gesprozessionen innovatorisch, obwohl in diesen Feiern seit mehr als tausend Jahren Menschen mit Wasser besprengt werden. Dasselbe gilt für die Einfüh­ rung der Tauferinnerung in die Liturgie der Osternacht, die allerdings die scho­ lastische Unterscheidung von wirksamen und wirkungslosen Liturgieelementen voraussetzt. Jenseits dieses Paradigmas wäre beim Fehlen von Taufkandidatin­ nen und Taufkandidaten eine ersatzlose Streichung der Tauffeier angemessener als die heute vollzogene ziellose Herstellung von Taufwasser zusammen mit dem ersatzweisen Vollzug der Glaubensfragen durch die Getauften. Dieselben Kriterien von wirksam und wirkungslos ermöglichen auch die Entwicklung von ökumenischen Taufgedächtnisfeiern. Sie kommen deswegen als Ersatz für die gemeinsame Feier der Eucharistie oder der Taufe in Frage, weil ihre Ritualele­ mente als jung, wirkungslos und vieldeutig verstanden werden. Die hier präsentierte Untersuchung befreit an Interpretation und Gestaltung moderner Liturgien beteiligte Personen vom Zwang, mittelalterliche Quellen so umdeuten zu müssen, dass sie als Teil einer kontinuierlichen Entwicklung von in der Gegenwart üblichen Ritualen ausgegeben werden können. Obwohl den christlichen Autoren der Antike Lustrationen mit Wasser als mit dem Christen­ tum unvereinbar erschienen, war seine apotropäische Verwendung und deren Deutung im Mittelalter state of the art höchster Theologie und nicht nur angeb­ lich abergläubischer Volksfrömmigkeit. Dem stehen heute andere Ansätze gegenüber, die von der mittelalterlichen Auffassung nichts wissen wollen. Die Untersuchung der Verwendung von Weihwasser fordert heraus, über Vertrei­

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bung von Dämonen, Lustration, Taufgedächtnis, Heilung, Sündenvergebung und deren Bedeutungen oder Wirkungen für die Liturgie der Gegenwart nach­ zudenken. Sie legt nahe, auf die Vorstellung eines normativen Zeitalters zu ver­ zichten und an die Stelle der Traditionsbeweise, wie sie in der Gegenwart in Publikationen wie dem Pastoralliturgischen Handlexikon zutage treten, Bemü­ hungen eines möglichst umfassenden Verständnisses der Zeugnisse der Vergan­ genheit zu setzen. Taufgedächtnisfeiern sind an den Rändern der von den Kirchen als wirksam erachteten Liturgieelemente entstanden. Wenn die Kirchenleitungen sie weiter­ hin für sakramententheologisch bedeutungslos halten, werden sie vielleicht zu einem nicht mehr wegzudenkenden Element ökumenischer wie auch inner­ kirchlicher Praxis. Wenn ihre Legitimität diskutiert wird, dann möge darauf geachtet werden, dass auch die Desiderate und Probleme der Gegenwart als sol­ che zur Sprache kommen. Diskussionen über Liturgien der Gegenwart wie der Vergangenheit gewinnen dann an Klarheit und Gestalterinnen und Gestalter von Liturgien an Freiheit.

Dimitrij Bortnjanskijs Vertonung der Preußischen Kirchenagende von 1823/24

Anselm Schubert

1. Die Vertonungen der Preußischen Kirchenagende Es gehört zu den Gemeinplätzen der preußischen Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts, dass (zumindest) Teile der Preußischen Kirchenagende durch den zaristischen Hofkapellmeister Dimitrij Stepanowitsch Bortnjanskij (1751–1825) vertont worden seien.1 Diese Annahme beruht offensichtlich nicht nur auf der Tatsache, dass seit den 1830er Jahren im Zapfenstreich der preußischen Armee Tersteegens Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ auf eine Melodie Bort­ njanskijs gesungen und dadurch berühmt wurde,2 sondern vor allem darauf, dass das „Ehre sey Gott in der Höhe“, wie es in die endgültige Fassung der Agende von 1829 aufgenommen worden war, spätestens seit den 1850er Jahren3 Bort­ njanskij zugeschrieben wurde.4 Ein Beweis für diese Annahme fehlte jedoch, da sich der reale Einfluss Bortjnanskijs auf die preußische Kirchenagende nicht genau ermessen ließ. 1 Als prominenten neueren Zeugen dieser Überlieferungstradition vgl. nur Stamm-Kuhlmann, Thomas: König in Preußens schwerer Zeit. Friedrich Wilhelm III., der Melancholiker auf dem Thron. Berlin 1992, 580; zu Bortnjanskij einleitend Dobrochotov, B.: Dmitrij Stepanowith Bortn­ janskij. Moskau / Leningrad 1950; einen guten Überblick und die neuere Literatur bietet Frumkis, Tatjana: Art. Bortnjanskij, in: MGG Personenteil Bd. 3. Kassel 2000, Sp. 455–460. 2 Vgl. Wittenberg, Andreas: „Helm ab – zum Gebet“ – „Ich bete an die Macht der Liebe“. Gedanken zum Großen Zapfenstreich. in: JLH 26 (1982) 157–174; demnach stammt die Melodie von „Kolj slawen Gospodi“ nicht aus der russischen Messe; in Deutschland war die Melodie seit 1820 bekannt, unter diesem Titel sicher erst seit 1825; offiziell ins Militärgesangbuch wurde sie erst 1880 eingefügt (vgl. ebd. 170 f.); Hymnologen datieren die Übernahme in die 1830er Jahre (vgl. ebd. 170), etwa nach der Truppenschau von Kalisch; vgl. auch Höfele, Bernhard: Der große Zapfenstreich der Bundeswehr von Wilhelm Wieprecht. Particell und Geschichte. Norderstedt 2012, 42. 3 Um 1855 veröffentliche August Neithardt dieses „Ehre sey Gott in der Höhe“ in der Musica Sacra Bd. V: Sammlung religiöser Gesänge älterer und neuester Zeit zum bestimmten Gebrauch für den Königlichen Berliner Domchor. Berlin o.J, Nr. 8b, mit der Zuschreibung an Bortnjanskij. 4 Nicht nur in populären Weihnachtsliedersammlungen (vgl. etwa: Frohe Weihnacht, ausge­ wählt von Wilhelm Lutz. London 1946, 7) wird das „Ehre sey Gott“ bis heute Bortnjanskij zuge­ schrieben, auch die Musikwissenschaft schließt sich der Zuschreibung Neithardts bis heute an (vgl. Brodbeck, David: A Winter of Discontent. Mendelssohn and the Berliner Domchor. In: Todd, Larry R. (Hg.): Mendelssohn Studies. Cambridge MA 1992, 1–32, ebd. 14.

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Dass Friedrich Wilhelm III. eine Vorliebe für russische Kirchenmusik hatte, war schon Zeitgenossen bekannt:5 Bekanntlich gründete er im Oktober 1812 aus kriegsgefangenen russischen Soldaten einen vierstimmigen Chor, der im März 1813 dem Ersten Garderegiment zugeordnet wurde.6 Seitdem sang der russische Soldatenchor bei Militärparaden, bei orthodoxen Gottesdiensten, wie sie 1815 anlässlich der Verheiratung der Prinzessin Charlotte mit dem Großfürs­ ten Nikolai im Schloss eingerichtet wurden, und an der Tafel des Königs. 1826 gründete der König für die russischen Gardesänger zum Gedenken an Alexan­ der I. bei Potsdam die Kolonie Alexandrowska.7 Seit 1815 arbeitete Friedrich Wilhelm III. auch an einer Reform der preußischen Kirchenagende, die die Liturgie vereinheitlichen und für die reformierten wie lutherischen Gemeinden Preußens gelten solle.8 Seine ersten Versuche von 1816/17 ließ er noch vom Militärkapellmeister Bernhard Anselm Weber vertonen, doch in die 1821 zunächst in der Armee und an den Hof- und Domkirchen eingeführte, 1822 dann auch für die gesamte preußische Landeskirche avisierte Agende fügte er erstmals auch Stücke „griechischer“, d. h. russischer Kirchenmusik ein, die wohl aus der Liturgie der russischen Sänger in Potsdam entnommen war:9 dazu gehörte das Amen nach dem Confiteor, das Halleluja nach dem Graduale und das „Heilig, Heilig, Heilig“.10 1933 gelang Ulrich Leupold der Nachweis, dass die Agende von 1821/22 durchgehend von den preußischen Militärkapellmeistern B. A. Weber, G. A. Schneider und F. Mothschiedler vertont worden war.11 Allerdings konnte Leu­ pold erstmals auch aus Briefwechseln belegen, dass der König im Laufe des Jah­ res 1823 beim russischen Großfürsten Nikolai in der Tat eine vollständige Ver­ tonung der preußischen Kirchenagende durch Dimitrij Bortnjanskij in Auftrag gegeben hatte, um sie in der Kirche zu nutzen.12 Aus den von Leupold mitge­ teilten Brieffragmenten geht hervor, dass es der ausdrückliche Wunsch des Königs war, dass Bortnjanskij dem Text der Preußischen Kirchenagende nur

5 Vgl. die Zeugnisse in Altendorf, Bettina: Die russischen Sänger des Königs und die Kolonie Alexandrowska in Potsdam. Ein Denkmal der Freundschaft zwischen Friedrich Wilhelm III. und Zar Alexander. Berlin 2004, 20–22. 6 A. a. O., 15 ff. 7 Vgl. dazu grundlegend Museum Alexandrowska (Hg.): Die Geschichte der Kolonie Alexand­ rowska von der Entstehung bis zur Gegenwart. Potsdam 2005. 8 Dazu grundlegend Schubert, Anselm: Liturgie der Heiligen Allianz. Die liturgischen und poli­ tischen Hintergründe der Preußischen Kirchenagende von 1821/22. In: ZThK 110 (2013) 337–361. 9 Vgl. dazu grundlegend Leupold, Ulrich: Die liturgischen Gesänge der evangelischen Kirche im Zeitalter der Aufklärung und der Romantik. Kassel 1933, 118–135; die Noten der Agende von 1822 sind gut zugänglich bei Herbst, Wolfgang (Hg.): Der Evangelische Gottesdienst. Quellen zu seiner Geschichte. Göttingen 21992, 186–191. 10 Vgl. die eigenhändigen Aufzeichnungen des Königs bei Schubert, Anselm: Liturgie der Heili­ gen Allianz (s. Anm. 8), 361. 11 Nur das „Ehre sey Gott in der Höhe und Friede aus Erden“ wies auch er mit der Tradition Bortnjanskij zu, ohne dafür allerdings Quellen nennen zu können, vgl. Leupold, Ulrich (s. Anm. 9, Beilage VI). 12 Vgl. ebd., Beilage IV: „pour l’usage de notre Musique d’Eglise.“

Dimitrij Bortnjanskijs Vertonung der Preußischen Kirchenagende von 1823/24

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original russische Kirchenmusik unterlegen sollte, die entsprechend rhythmisch angepasst werden sollte.13 Bortnjanskij scheint sich der Arbeit nur unwillig unterzogen zu haben,14 und so erhielt der König die neue Vertonung erst im Januar 1824.15 Die ausufernde Kritik an der neuen Kirchenagende im Jahr 1823 hatte inzwischen jedoch eine Vielzahl von Veränderungen und Ergänzungen notwendig gemacht,16 so dass der König im März 1824 durch seinen Generaladjutanten Job von Witzleben eine Vertonung der neu eingeführten Chorstücke „Ehre sey dem Vater“, „Lamm Gottes“ und „Ja, der Geist spricht“ bei Bortnjanskij bestellen ließ.17 Da Bortnjanskijs Vertonung Leupold 1933 jedoch unbekannt bzw. nicht zugänglich war,18 war jedoch nicht eindeutig zu bestimmen, welche Stücke Bortnjanskij vertont hatte und ob seine Vertonungen tatsächlich in die spätere Preußische Kirchenagende Aufnahme fanden.

2. Bortnjanskijs „Deutsche Messe“ Dass Bortnjanskij eine unveröffentlichte „Deutsche Messe“ hinterlassen hatte, war der russischen Musikwissenschaft schon seit den Arbeiten von Nikolai Findeisen von 1929 bekannt.19 Findeisen datierte dieses in der Forschung bald „Deutsche Vesper“ genannte Werk in die Jahre um 1768, als Bortjnanskij auf dem Weg nach Italien Deutschland besucht hatte,20 und so wird die Komposi­ tion bis heute als Frühwerk verstanden.21 2009 konnte Antonia Lebedeva-Jeme­ lina die „Deutsche Messe“ Bortnjanskijs aus dem Nachlass der Petersburger Hofkapelle publizieren und genauer untersuchen,22 und die Vermutung bestäti­ 13 Vgl. ebd., Beilage III. 14 Vgl. ebd. 15 Vgl. ebd., Beilage IV. 16 Vgl. Kampmann, Jürgen: Die Einführung der Berliner Agende in Westfalen (= Beiträge zur Westfälischen Kirchengeschichte 8). Bielefeld 1991, 168–169. 17 Vgl. Leupold, Ulrich (s. Anm. 9, Beilage V). Die Vertonung des „Ja, der Geist spricht“ scheint Bortnjanskij allerdings nicht vorgenommen zu haben (zumindest fehlt dieser Teil in seiner „Deut­ schen Messe“). 18 Zumindest bedauert Leupold, Ulrich (s. Anm. 9, S. 140, Anm. 187) aus der UdSSR 1933 (!) keine entsprechenden Informationen bekommen zu haben. 19 Vgl. Findeisen, Nikolai: Очерки по истории музыки в России с древнейших времен до конца XVIII века. Печатный двор в Ленинграде, 1928–1929, Bd. 2, 262 f. 20 Diese Information wurde übernommen durch Andreevsky, A.: Dilettanten und Genies. Geschichte der russischen Musik. Berlin 1951, 51 ff. und fand von dort Eingang in Schmidt-Clausing, Fritz: Dimitrij Stepanowitsch Bortnjansky. Liturgie der Heiligen Allianz oder liturgische Lutherre­ naissance. In: Monatsschrift für Pastoraltheologie 45 (1956) 245–251, ebd. 247. 21 So noch Frumkis, Tatjana: Art. Bortnjanskij (s. Anm. 1, Sp. 456). 22 Lebedeva-Jemelina, Antonia: „Немецкая обедня“ Бортнянского (загадки и парадоксы произведения). In: Келдышевские чтения 2005. Множественность научных концепций в музы­ кознании, hg. v. Государственный институт искусствознания Москва, 2009, 135–144 und die Edi­ tion ebd., 406–440.

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gen, dass sie fast ausschließlich aus rhythmisch leicht veränderten, im ganzen aber original beibehaltenen russischen Kirchenchorälen bestand, die Bortnjans­ kij vierstimmig gesetzt hatte.23 Da Bortnjanskij sich erst seit 1814 mit solchen vierstimmigen Bearbeitungen russischer geistlicher Vokalmusik beschäftigte, datierte Lebedeva-Jemelina die „Deutsche Messe“ in die Zeit um 1820 und stellte sie in eine Verbindung mit der Vorliebe Friedrich Wilhelms III. für die russische Kirchenmusik.24 Lebedeva-Jemelina erwägt die Heirat der preußi­ schen Prinzessin Charlotte (1815) ebenso als Hintergrund der Entstehung der „Deutschen Messe“ wie das Reformationsjubiläums von 1817 oder die Ansied­ lung der russischen Gardesänger in der Kolonie Alexandrowska seit 1826.25 Der durch Leupold etablierte Zusammenhang von Bortnjanskijs Vertonung mit der Agendenreform von 1821/22 war der russischen Forscherin dagegen nicht bekannt. Tatsächlich aber belegt der (auch von Lebedeva-Jemelina als ungewöhnlich bezeichnete) Text der Vertonung zweifelsfrei, dass es sich bei Bortnjanskijs wiedergefundener „Deutscher Messe“ in der Tat um die verloren geglaubte, vollständige Vertonung der Preußischen Kirchenagende in der Fas­ sung von 1824 handelt.26 Es ist also festzuhalten, dass die Deutsche Messe Bortj­ nanskijs tatsächlich zu seinem Spätwerk, ja angesichts des Entstehungsdatums Anfang 1824 wohl zu seinen letzten Werken überhaupt zu zählen ist.27 Bortnjanskijs Vertonung weist einige Auffälligkeiten auf: so hat er nicht nur die eigentlich chorischen Teile der Liturgie von 1822 (und nachträglich 1824) („Amen“, „Kyrie“, „Und mit Deinem Geiste“, „Alleluja“, „Bekennen will ich“, „Ehre sey dem Vater“, „Heilig“, „Amen“, „Lamm Gottes“) vertont (wobei das „Ja, der Geist spricht“ von 1824 bei Bortnjanskij fehlt!), sondern auch eine Reihe der Gebete, die nicht für den Chor, sondern nur für den Pfarrer vorgese­ hen waren („Wo ist ein Gott?“, „Ehre sey Gott in der Höhe“, „Der Herr beschützt alle“, das Glaubensbekenntnis, „Recht ist es“). Ob dies ein Missver­ ständnis oder vom Auftraggeber so gewollt war, muss angesichts der Lücken­ haftigkeit der brieflichen Überlieferung offen bleiben. Für einzelne Teile hat Bortnjanskij die Quelle auch explizit festgehalten: das „Wo ist ein Gott“ ist demnach eine „imitation d’un Cantique de Kiovie“28, das

23 Schon Lebedeva-Jemelina fiel jedoch auf, dass der Text der „Deutschen Messe“ sich nicht unerheblich von den heute (!) üblichen lutherischen Agenden unterschied (vgl. ebd. 140). 24 Ebd. 137 f. 25 Rätselhaft blieb allerdings, warum Bortnjanskij, der bereits im Oktober 1825 starb, Musik für eine Militärkolonie geschrieben haben sollte, die erst nach dem Tode Alexanders I. (10. 12. 1825) geplant wurde. 26 Insbesondere die ungewöhnlichen, aus dem Messbuch der Diözese Paris übernommenen Stü­ cke „Wo ist ein Gott“ und „Der Herr beschützt“, die 1829 nicht mehr aufgenommen wurden, vgl. Schubert, Anselm: Liturgie der Heiligen Allianz (s. Anm. 8). 27 Die Vermutung von Frumkis, Tatjana: Art. Bortnjanskij (s. Anm. 1, Sp. 456), dass Bortnjanskij gar nicht der Komponist ist, sondern das Werk Pjotr Ivanowitsch Turčaninov zuzurechen ist, scheint damit obsolet. 28 Vgl. Lebedeva-Jemelina, Antonia: „Немецкая обедня“ Бортнянского (загадки и парадоксы произведения) (s. Anm. 22), 406.

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„Ehre sey dem Vater“ ein Gesang wie er an Weihnachten gesungen werde,29 das „Lamm Gottes“ ein Lied, wie man es während der großen Fasten singe.30 Das „Heilig“ aus dem Supplement sei „mode du Chant Grecque“31 und das „Beken­ nen will ich“ aus dem Supplement schließlich eine „imitation de la prière a la Ste. Vièrge, qu’on chante au Carême“.32 Offenbar hat Bortnjanskij die liturgi­ sche Herkunft auch für weitere Stücke angegeben, doch scheinen die entsprech­ enden Überschriften beim Binden des Manuskriptes abgeschnitten worden zu sein.33 Insofern scheint er sehr genau den entsprechenden Wünschen des Auf­ traggebers entsprochen zu haben. Allerdings hat er nicht für alle seine Stücke Vorbilder in der russischen Kirchenmusik gefunden, wie der Großfürst in sei­ nem Brief an den preußischen Könige bemerkt,34 doch leider ist nicht mit Sicherheit zu sagen, welche Teile Originalkompositionen Bortnjanskijs sind.

3. Der Einfluss Bortnjanskijs auf die Preußische Kirchenagende Um den Einfluss Bortnjanskijs auf die Preußische Kirchenagende eindeutig zu bestimmen, sind methodisch zwei Fragen zu unterscheiden: erstens ist zu über­ prüfen, ob die in Petersburg gefundene Partitur identisch ist mit der 1824 nach Berlin gesandten (aber verlorenen); und zweitens ist dann zu bestimmen, welche Teile dieser Partitur tatsächlich in die offiziellen Fassungen der Kirchenagende seit 1829 Eingang gefunden haben. Schon Leupold hatte darauf hingewiesen, dass sich im handschriftlichen Nachlass Eduard Grells (1800–1886), der seit 1853 Leiter der Sing-Akademie und Königlicher Dom-Organist und Musikdirektor war, eine Reihe von Chor­ sätzen zur Preußischen Kirchenagende erhalten haben, die dort Bortnjanskij zugeordnet werden: „Es ist indessen ungewiss, inwieweit die Fassungen dieser Chöre, wie wir sie in den Liturgieheften der Hauskapelle und später in der Agende finden, wirklich auf Bortnjanski zurückgehen.“35 Tatsächlich aber zeigt ein Vergleich der Neu-Edition der Deutschen Messe mit Grells Sätzen, dass die von Grell Bortnjanskij zugeschriebenen Chorsätze tatsächlich mit dessen Petersburger Fassung der „Deutschen Messe“ identisch sind.36 Da Bortnjanskijs 29 Ebd. 431. 30 Ebd. 433. 31 Ebd. 435. 32 Ebd. 437. 33 Vgl. ebd. 142. 34 Vgl. Leupold, Ulrich: Die liturgischen Gesänge der evangelischen Kirche im Zeitalter der Aufklärung und der Romantik (s. Anm. 9, Beilage III). 35 Ebd. 140. 36 Vgl. Staatsbibliothek zu Berlin: Mus ms. autogr. E. Grell 249; das „Ehre sey Gott“ (fol. 2r–5v) entspricht der Petersburger Fassung bei Lebedeva-Jemelina, S. 408–412; „Der Herr beschützt“ (5v– 7r) = ebd., S. 413–415; „Ich glaube“ (fol. 7r–12v) = ebd., S. 417–424 in C; „Recht ist es“ (fol. 18v–20r) = ebd., S. 426–429; „Heilig, heilig, heilig“ (fol. 26v–27v) = ebd., S. 435–436; Kyrie (29v–30r) = ebd., S. 434; „Heilig, heilig“ (fol. 30r–31r) = ebd., S. 429–430.

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Deutsche Messe im 19. Jahrhundert nicht gedruckt wurde und deshalb nicht auf diesem Wege in Berlin bekannt geworden sein kann, ist davon auszugehen, dass er 1824 tatsächlich eine dem Petersburger Manuskript entsprechende Fassung der Preußischen Kirchenagende nach Berlin geschickt hat, die dort zumindest teilweise noch unter Friedrich Wilhelm IV. bekannt war.37 Die neuentdeckte Partitur Bortnjanskijs ist daher offenbar identisch mit der für Friedrich Wilhelm III. 1823/24 geschaffenen Vertonung der Preußischen Kirchenagende. Auf dieser Grundlage ist nun auch der Anteil Bortnjanskijs an den „MusikAnhängen“ der Preußischen Kirchenagende in ihren offiziellen Fassungen exakt zu rekonstruieren.38 Das Ergebnis ist allerdings anders als bislang vermutet. In die Fassung von 1822 konnten noch keine Vertonungen von Bortnjanskij auf­ genommen werden: hier sind mit dem „Amen“, dem „Alleluja“ und dem ersten „Heilig“ jedoch bereits Teile aus der russisch-orthodoxen Messe enthalten.39 Die Fassung von 1824 wiederum ist musikalisch identisch mit der Fassung von 182240, enthält also ebenfalls keine Vertonung Bortnjanskijs. In die textlich voll­ ständig überarbeitete Fassung von 1829 sind das russische Amen und das Alle­ luja wieder übernommen worden, das traditionelle „Heilig“ jedoch gestrichen und (als dritte Variation!) durch eine Fassung Bortjnanskijs ersetzt worden.41 Von dort ist es schließlich als erste Fassung auch in die Version der Agende von 1895 übernommen worden.42 Alle anderen Vertonungen Bortnjanskijs fanden dagegen keine Berücksichtigung, d. h. der faktische Einfluss von Bortnjanskijs auf die musikalische Gestaltung der preußischen Kirchenagende ist weithin überschätzt worden: Nachweislich von ihm ist allein das dritte „Heilig“ in den Fassungen der Agenden seit 1829. Und auch hier geht, wie Lebedeva-Jemelina gezeigt hat, nur der Satz auf Bortnjanskij zurück, nicht aber die Melodie, die der russisch-orthodoxen Liturgie entstammt.

37 Eine aus der Hofkapelle Friedrich Wilhelms IV. stammende Zusammenstellung „Liturgische Gesänge der evangelischen Kirche zu vier Stimmen a Kapella mit untergelegtem Klavierauszuge“ (Ms. o. J., o. O., Signatur = Hausbibliothek Nr. 5961; vgl. dazu Georg Thouret (Hg.): Katalog der Musiksammlung auf der Königl. Hausbibliothek im Schlosse von Berlin. Leipzig 1895, 266, Nr. 5961), führt ein „griechisches“ Kyrie (S. 17), an, das identisch ist mit Bortnjanskij, Deutsche Messe, S. 407; vgl. auch Gloria („Bortniansky“) S. 25–30 = Bortnjanski, ebd., S. 408 (ab „Und Friede auf Erden“ und rhythmisch an die Textfassung von 1829 angepasst); Heilig (S. 73–75) = Bortnjanskij, ebd., S. 435–436 (allerdings in Vierteln); Heilig („Griechisch“) (S. 76–77) = Bortnjanski, ebd., S. 429– 430. 38 Zu den verschiedenen Fassungen vgl. Kampmann, Jürgen: Die Einführung der Berliner Agende in Westfalen (s. Anm. 16), 179 ff. 39 Vgl. Schubert, Anselm: Liturgie der Heiligen Allianz (s. Anm. 8), 314. 40 Kirchen-Agende für die Hof- und Domkirche in Berlin. Zweite Auflage, Berlin 1822 [1824], musikalisch identisch mit der Fassung von 1822 bis auf das neu hinzugefügte „Ja, der Geist spricht“. 41 Vgl. Agende für die evangelische Kirche in den Königlich Preußischen Landen. Mit besonde­ ren Bestimmungen und Zusätzen für die Provinz Brandenburg. Berlin 1829, Musikanhang, S. 33–36 = Bortnjanskij, Deutsche Messe, Nr. 7, S. 429–430. In den Extra-Chorgesängen, die 1830 als Ergän­ zung veröffentlicht wurden, findet sich kein Stück aus Bortjnanskijs Vertonung. 42 Vgl. Musik-Anhang zur Agende für die Evangelische Landeskirche. Berlin 1895, 8; Nr. 11/1 ist identisch mit Bortnjanskij, Deutsche Messe, S. 429–430 (allerdings ohne Amen).

Dimitrij Bortnjanskijs Vertonung der Preußischen Kirchenagende von 1823/24

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Das berühmte, bis heute Bortnjanskij zugeschriebene „Ehre sei Gott in der Höhe“, das sich erstmals in der Agende von 1829 findet, stammt dagegen nicht aus Bortjnanskijs Vertonung der Agende. Ob es sich, ebenso wie die russischen Teile der Agende der Vorliebe des Königs für russische Kirchenmusik im Allge­ meinen oder tatsächlich Bortnjanskijs Einfluss im besonderen verdankt, ist jedoch nicht abzuschätzen. Auch wenn der tatsächliche Anteil Bortnjanskijs an der Vertonung der preußischen Kirchenagende damit weitaus geringer ist als lange vermutet, so ist doch die lange Zeit unproblematisch vorgenommene Zuschreibung in sich selbst bereits ein bedenkenswertes historisches Faktum, das die enge Bindung der preußischen Politik und Kirchenpolitik an Russland im 19. Jahrhundert bezeugt.43

43 Vgl. dazu Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin Brandenburg (Hg.): Macht und Freundschaft. Berlin – St. Petersburg 1800–1860. Leipzig 2008; dazu auch Schu­ bert, Anselm: Liturgie der Heiligen Allianz (s. Anm. 8).

Zur Öffentlichkeitswirkung von Trauungen heterosexueller und Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare Jörg Neijenhuis

1. Zwei Wirkungsebenen Nach mancher gesellschaftlicher und kirchlicher Auseinandersetzung in Deutschland über die Anerkennung und rechtliche Stellung von gleichge­ schlechtlichen Partnerschaften und im Gefolge davon über die Segnung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften – diese wiederum auch in ihrer Bezogenheit auf Ehe und Familie, eine Frage, die nicht weniger kontrovers ist1 –, sind nach entsprechenden kirchlichen Gesetzgebungsverfahren in den meisten Evangelischen Landeskirchen in Deutschland solche Liturgien publiziert und zum Gebrauch freigegeben worden.2 In der Frage nach der Möglichkeit der Seg­ nung von homosexuellen Paaren wurde hervorgehoben, dass man zwar eine Ehe segnen kann, nicht aber eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft: „Die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft kann nicht zugelassen werden. In Betracht kommt allein die Segnung von Menschen. (…) Gesegnet wird nicht die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft als Form des Zusammenlebens, son­ dern gesegnet werden Menschen, und zwar in diesem Falle homosexuell geprägte Menschen, die allein oder in einer gleichgeschlechtlichen Lebensge­ meinschaft ethisch verantwortlich leben.“3 So meinte man sicherstellen zu kön­ nen, dass diese Segnung von homosexuellen Menschen, die in einer Lebenspart­ 1 Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken. Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Gütersloh 22013. Vgl. die Sammlung der kontroversen Äußerungen und die Vorträge des theologischen Symposiums der EKD dazu: Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Die Orientierungshilfe der EKD in der Kontroverse, hg. v. d. EKD, Hannover 2013; vgl. darin den Beitrag von Klaus Tanner zur fragwür­ digen Hermeneutik dieser Orientierungshilfe, bes. S. 18. Vgl. zu dieser Orientierungshilfe auch die 1997 erschienene Schrift der EKD: Gottes Gabe und persönliche Verantwortung. Zur ethischen Ori­ entierung für das Zusammenleben in Ehe und Familie; ebenso: Mit Spannungen leben. Eine Orien­ tierungshilfe des Rates der EKD zum Thema „Homosexualität und Kirche“, Heft 57 der EKDTexte, Hannover 1996. 2 Vgl. die damit verbundene kirchenrechtlichen Problematik einschließlich der damit verbunde­ nen Bekenntnisfrage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bei Heinrich de Wall: Darf es in evan­ gelischen Kirchen Deutschlands „homosexuelle“ Trauungen geben? In: EvTh 75 (2015) 45–58. 3 Mit Spannungen leben (s. Anm. 1), Punkt 6.3: Möglichkeiten und Grenzen der Segnung.

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nerschaft leben, nicht in Konkurrenz zur Segnung einer Ehe steht. Dies wird durch die Orientierungshilfe der EKD infrage gestellt, die sich zur Familie als verlässlicher Gemeinschaft äußerte: „Ein normatives Verständnis der Ehe als ‚göttliche Stiftung‘ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung entsprechen nicht der Breite des biblischen Zeug­ nisses.“4 Stattdessen wird darauf rekrutiert, dass Menschen aufeinander ange­ wiesen sind, erst die (sexuelle) Erfahrung der Partnerschaft zeige, was die menschliche Person in Freiheit ausmache.5 Darum wird die Empfehlung ausge­ sprochen, nicht nur die Ehe zu würdigen, sondern auch „andere an Gerechtig­ keit orientierte Familienkonstellationen sowie das fürsorgliche Miteinander von Familien und Partnerschaften – selbst in ihrem Scheitern – zu stärken, aufzufan­ gen und in den kirchlichen Segen einzuschließen.“6 Gleichwohl hält dieser Orientierungstext fest: „Die Frage nach der Segnung homosexueller Paare und der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften (…) bewegt die evangelische Kirche seit Langem und ist nach wie vor umstritten. Im Kern geht es bei diesem Thema um das evangelische Verständnis der kirchlichen Trauung angesichts neuer Lebensformen.“7 Genau das ist die Frage: Wo wird das evangelische Ver­ ständnis der kirchlichen Trauung sichtbar angesichts von Segnungsliturgien für homosexuelle Menschen, die in einer Partnerschaft leben, bzw. worin besteht der Unterschied zwischen den Liturgien für Trauungen und für solche Segnun­ gen? Sieht man sich Segnungsliturgien mit dieser Fragestellung an, können Zweifel aufkommen, ob der genannte Unterschied denn markiert worden ist. Dies erhält eine besondere Virulenz, wenn man sich fragt, wie denn tatsächlich gefeierte Liturgien zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren auf die Feiernden wir­ ken, die bereits Trauungen von heterosexuellen Paaren miterlebt und mitgefeiert haben und die Feier der Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares mit dieser Erfahrung vergleichen werden. Die Frage, worin der Unterschied besteht, impli­ ziert zwei Ebenen: Zum einen kann man versuchen, sie anhand der gedruckten Liturgie in einer Agende und in den dazu mitgegebenen Einleitungshinweisen zu beantworten. Zum anderen kann man auch versuchen, sie anhand der Wir­ kung, die tatsächlich gefeierte Liturgien auf die Mitfeiernden haben, zu beant­ worten. Die Frage ist auch deshalb virulent, weil der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, und das Thema, ob homosexuelle Paare – noch dazu in einem öffentlichen Gottesdienst – gesegnet werden sollen oder dürfen, noch kontrovers diskutiert wird. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass 4 Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken (s. Anm. 1), 13. 5 A. a. O., 62. 6 A. a. O., 143. 7 A. a. O., 65 f. Vgl. dazu: Ochel, Joachim: Die Orientierungshilfe der EKD zu Ehe und Familie aus der Perspektive einer heutigen Trauliturgie. In: ZThK 111 (2014) 224–237; vgl. dazu auch zur Pluralität von Lebensformen, die es nicht nur in der Gegenwart gibt, sondern schon in der Vergan­ genheit gab Christian Grethlein: Die „weltliche“ und „sakramentale“ Bedeutung der kirchlichen Trauung aus praktisch-theologischer Sicht. In: EvTh 75 (2015) 34–44.

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in der Regel durch das Mitfeiern und Erleben von Liturgien anlässlich von kont­ rovers diskutierten Kasualien noch nicht endgültig abgeschlossene Inhalts- und Werturteile beeinflusst und mitbestimmt werden. Die Einstellung zur kirchlichen Segnung von gleichgeschlechtlichen Partner­ schaften und damit auch zur Trauung von heterosexuellen Paaren wird selbst­ verständlich durch die gesellschaftliche und kirchliche Diskussion mitbestimmt, die in zahlreichen Medien geführt wird, wie z. B. Zeitungen, elektronische Medien oder auch Denkschriften und Bücher, aber sie wird eben auch durch das eigene Erleben von homosexuellen Menschen und Paaren mitbestimmt und ebenfalls durch das Miterleben und Mitfeiern solcher Gottesdienste zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren mit eingetragener Lebenspartnerschaft. Ent­ sprechendes Öffentlichkeitsbewusstsein und Sensibilität für ihre Öffentlich­ keitswirkung zeigt erfreulicherweise die Einleitung zur neuen Trauagende von 2013 der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck: „Kirchliche Trauungen prägen die öffentliche Diskussion um Ehe und Liebe entscheidend mit. Es wird genau wahrgenommen, welches Verständnis der Ehe in der Ansprache und in den Gebeten deutlich wird, wie Pfarrerinnen und Pfarrer zu Konflikten in der öffentlichen Auseinandersetzung Stellung nehmen, wie die Beziehung zwischen Frau und Mann thematisiert wird, ob die Sexualität eine positive Rolle spielen darf und ob auch Menschen im Blick sind, die – freiwillig oder schicksalhaft – andere Lebensformen realisieren.“8 Die Frage, welche Unterschiede und auch welche Gemeinsamkeiten zwischen einer Segnung von homosexuellen Paaren und einer Trauung von heterosexuel­ len Paaren von den Feiernden wahrgenommen werden bzw. überhaupt wahrge­ nommen werden können, wenn diese Liturgien tatsächlich erlebt und gefeiert werden, soll nun auf den oben skizzierten zwei Ebenen bedacht werden: Zuerst werden die schriftlich vorliegende Liturgien und die mit ihnen gegebenen Ein­ leitungen etc. verglichen. Im Anschluss wird überlegt, wie solche tatsächlich gefeierten Liturgien auf die Mitfeiernden wirken und in welcher Weise sie Inhalts- und Werturteile damit beeinflussen können.

2. Vergleich zwischen einer Trauliturgie für heterosexuelle Paare und einer Segnungsliturgie für homosexuelle Paare Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck hat 2013 nicht nur eine neue Trauagende9 publiziert, sondern dazu quasi als Anhang in Form eines eigenen Heftes eine Materialsammlung für die Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft. Dabei ist zu beachten, dass diese Liturgie als Gestaltung 8 Agende Band III/3: Die Trauung. Hg. vom Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Kassel 2013, 23. 9 Friedrichs, Lutz / Wöllenstein, Helmut: Trauung als Familienritual. Zur neuen Trauagende der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. In: DtPfrBl 114 (2014) 85–89.

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eines Partnerschaftsverhältnisses geschaffen wurde und damit Ausdruck eines neuen Verständnisses solcher Partnerschaften ist. So lassen sich die Liturgien für die Trauung von heterosexuellen Paaren und die Segnung von homosexuellen Partnern bzw. Partnerinnen, die zeitgleich publiziert worden sind, gut verglei­ chen. Die Trauagende unterscheidet zwischen paarbezogenen und familienbezoge­ nen Trauungen. Die paarbezogene Trauung hat jene Paare im Blick, die in der Regel jung sind und ein gemeinsames Eheleben unter den Segen Gottes stellen wollen. Die familienbezogene Trauung nimmt dagegen die veränderte gesell­ schaftliche Situation auf und bietet Liturgien für Paare an, die schon ein Kind oder mehrere Kinder haben und diese gegebenenfalls im Traugottesdienst taufen lassen möchten, oder die als Geschiedene wieder heiraten oder die in der zwei­ ten Lebenshälfte mit wahrscheinlich erwachsenen Kinder erneut heiraten möch­ ten, oder für Paare, die wieder heiraten, weil ein oder beide Partner verwitwet sind. Auch eine Trauung, die im interkulturellen Kontext gefeiert werden soll, weil z. B. ein Partner aus einer ganz anderen als der europäischen Kultur kommt oder auch einer anderen als der christlichen Religion zugehört, wird mit bedacht. Es erscheint mir sinnvoll zu sein, die vorgelegte Liturgie zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren mit der für die paarbezogene Trauung zu verglei­ chen. Zudem ein Vergleich der paarbezogenen mit der familienbezogenen Trau­ liturgie ergibt, dass die Abweichungen die besonderen Umstände wohl berück­ sichtigen, dass die paarbezogenen und familienbezogenen Trauungen aber in der Grundstruktur und im Grundverständnis nicht differieren. Gemäß der oben beschriebenen Fragestellung werden zunächst der schriftliche Text der Liturgien und die in der Agende bzw. der Materialsammlung mitgege­ benen Einleitungshinweise nach Rubriken geordnet gegenübergestellt: Traugottesdienst (Paarbezogene Form 1 und 2)10

Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft11

Eröffnung: Glockengeläut Abholung an der Kirchentür Einzug mit Musik Votum und Begrüßung [Ringabgabe] Lied [Musik] Psalm [Eingangsgebet]

Eröffnung und Anrufung: Glockengeläut [Abholung an der Kirchentür] [Einzug mit Musik] Votum und Begrüßung Lied / Musik Psalm [Gebet] Lied / Musik

10 Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 59–67. 11 Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft. Materialien für den Gottesdienst. Hg. vom Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Kassel 2013, 11–23.

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Verkündigung: [Lied / Musik] [Beteiligungsmöglichkeiten] Predigt Lied [Musik]

Verkündigung:

Trauung: Schriftlesung Traufragen / Trauversprechen [Ringwechsel]

Segnung: Schriftlesung Fragen / Gegenseitiges Versprechen [Ringwechsel oder ein anderes Zeichen der Zusammengehörigkeit] [Kuss] Segen Lied / Musik [Beteiligungsmöglichkeiten] [Musik / Lied]

[Kuss] Trausegen Lied / Musik [Beteiligungsmöglichkeiten] Gebet und Segen: Dank- und Fürbittengebet Vaterunser [Bekanntmachungen] Lied Segen Musik zum Auszug

[Beteiligungsmöglichkeiten] Predigt Lied [Musik]

Gebet und Segen: Dank- und Fürbittengebet Vaterunser [Bekanntmachungen] Lied / Musik Segen Musik [zum Auszug]

Vergleicht man die Rubriken beider Liturgien, zeigt sich, dass in beiden Litur­ gien die Rubriken fast immer gleich sind, nur dass beim Traugottesdienst für heterosexuelle Paare von einer Trauung, bei der Segnung von homosexuellen Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft von Segnung gesprochen wird. Worin liegt nun der Unterschied, da doch auch die Trauung eine Segnung ist? Vergleicht man gemäß der Rubrikenfolge zunächst die Schriftlesungen von Trauung und Segnung, so zeigen sich deutliche Unterschiede: Bei der Trauung werden gelesen Gen 1,1.27–28a,31a (Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde und segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch), Mt 19,4–6 (Jesus sagt, dass Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat, beide sollen ein Fleisch sein; was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden), Kol 3,12–15[16–17] (Der Apostel betont besondere Tugenden wie z. B. Erbar­ men, Freundlichkeit, Vergebung und das Band der Liebe). Die ersten beiden Lesungen, die sich auf Mann und Frau als Paar beziehen, würden als Lesung bei der Segnung von homosexuellen Paaren diesen Kasus verfehlen. Die Lesung aus dem Kolosserbrief wird als eine der drei Lesungen für die Segnung von gleichge­ schlechtlichen Paaren vorgeschlagen: 1Kor 13,1–8a[8b-11]12.13 (Das Hohelied der Liebe), Kol 3,12–17, Rut 1,16–17 (Rut bleibt bei Naomi, wo immer Naomi auch hingeht). Bemerkenswert sind die jeweiligen Formulierungen für die Einleitung der Lesungen. Bei der Trauung sollen die zu verlesenden Bibeltexte eingeleitet wer­

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den mit der Formel, dass man nun die Worte der Heiligen Schrift hören soll. Bei der Auswahl anderer Bibeltexte wird eine Alternative angegeben: „Hört Gottes Wort über die Gemeinschaft von Mann und Frau“12. Bei der Segnung hingegen heißt es: „Hört, was die Bibel zum menschlichen Zusammenleben sagt“13. Sowohl in der Trauagende als auch in der Materialsammlung für die Segnung sind noch weitere Lesungen als Alternativtexte abgedruckt. Bei der Trauagende zeigt sich, dass die Lesungen für eine Segnung auch in der Trauagende stehen, nur 1Petr 3,8–10 (Man soll nicht Böses tun oder vergelten, sondern segnen) fin­ det sich allein in der Materialsammlung. Das Thema aller Lesungen der Mate­ rialsammlung14 ist die Liebe, was für viele Lesungen der Trauagende auch gilt, aber eben nicht ausschließlich: Schon die oben erwähnten Lesungen heben die Trauung als Bindung von Mann und Frau hervor, bei der reichen Auswahl an Lesungen in der Trauagende15 werden z. B. auch das Familienleben, der Haus­ stand, die Kinder und überhaupt das gemeinsame Leben thematisiert. Zudem gibt die Materialsammlung noch weitere Bibeltexte an, die aber nicht ausge­ druckt wurden.16 Auch hier zeigt ein Vergleich, dass viele dieser Bibelstellen in der Trauagende ebenfalls vorgeschlagen werden. Die auf die Schriftlesungen folgende Rubrik beinhaltet die Traufragen / das Trauversprechen bzw. die Fragen / das gegenseitige Versprechen. Für die Trau­ fragen bzw. das Trauversprechen wird die klassische Formulierung in drei sprachlich variierender Möglichkeiten angegeben: „Ihr habt die Worte der Heili­ gen Schrift gehört. Gott liebt euch, und ihr sollt einander lieben. Gott verspricht euch die Treue, und ihr sollt einander treu sein. So frage ich euch vor Gott und dieser Gemeinde: N. N., will du N. N., die Gott dir anvertraut, als deine Frau lieben und achten und mit ihr die Ehe führen, in guten und in bösen Tagen, ein Leben lang, so antworte: Ja [mit Gottes Hilfe]. Ehemann: Ja [mit Gottes Hilfe].“17 Die gleiche Frage wird nun auch an die Ehefrau gestellt. Die Materialsammlung für die Segnung homosexueller Paare bietet folgende Texte an und unterscheidet dabei zwischen Frage und dem gegenseitigen Ver­ sprechen (sowohl die Frage als auch das gegenseitige Versprechen wird in zwei Varianten angegeben, hier die jeweils erste Variante): „Ihr liebt euch und habt euch füreinander entschieden. Darum frage ich euch vor Gott und dieser Gemeinde: N. N., willst du N. N. aus Gottes Hand nehmen? Willst du eure Liebe schützen und bewahren? Willst du N. N. mit Achtung begegnen? Willst du zu ihm / zu ihr stehen in guter und in schwerer Zeit bis ans Lebensende, so antworte: Ja [mit Gottes Hilfe].“18 Dieselbe Frage wird auch dem Partner gestellt. Das gegenseitige Versprechen sprechen sich die Partner selbst zu: „Ich

12 13 14 15 16 17 18

Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 189. Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 15. A. a. O., 32 f. Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 189–199. Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 31. Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 63. Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 17.

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will dich, N. N., aus Gottes Hand nehmen. Ich will unsere Liebe schützen und bewahren und dir mit Achtung begegnen. Ich will zu dir stehen in guter und in schwerer Zeit. Ja – dazu helfe mir Gott.“19 Wie schon bei den Schriftlesungen sind die Unterschiede bei der Frage bzw. beim Versprechen – wenn überhaupt feststellbar! – minimal: Für die Trauung wird ausgesagt, dass Gott dem Ehemann die Ehefrau bzw. der Ehefrau den Ehe­ mann anvertraut. Bei der gleichgeschlechtlichen Segnung wird dies nicht festge­ stellt, sondern vielmehr gefragt, ob sich die Partner bzw. Partnerinnen aus Got­ tes Hand nehmen wollen. Dass damit nicht unbedingt dasselbe gemeint sein muss wie mit der Feststellung bei den heterosexuellen Paaren, dass Gott sie einander anvertraut habe, ist durchaus erwägenswert. Aber es relativiert sich, da die dritte Variante der Traufrage für heterosexuelle Paare genauso lautet wie die für homosexuelle Paare: Willst du deine Ehefrau / deinen Ehemann aus Gottes Hand nehmen …20 Zudem in der zweiten Variante bei den Fragen bzw. beim Versprechen der homosexuellen Partner der Bezug auf Gott auch ganz ausfallen kann. Insofern ist der Aussagegehalt über das Verständnis von Trauung und Segnung nicht eindeutig, was den Paaren ermöglicht, die Fragen auszuwählen, die ihrem Verständnis von Trauung bzw. Segnung entsprechen bzw. entgegen­ kommen. Auf die Traufragen bzw. auf die Fragen oder Versprechen folgt der Ring­ wechsel, der in beiden Liturgien mit demselben Satz eingeleitet wird: „Gebt einander die Ringe an die Hand als Zeichen der Treue, die ihr euch versprochen habt.“21 Auf den Ringwechsel kann ein Kuss folgen; beide Rubriken – Ring­ wechsel und Kuss – sind als fakultativ gekennzeichnet. Nun folgt der Trausegen für heterosexuelle Paare bzw. der Segen für homose­ xuelle Paare. Sowohl in der Trauagende wie auch in der Materialsammlung heißt es als Hinweis für den Liturgen, dass er seine Hände auf die Köpfe des knienden Paares oder auf die Hände des stehenden Paares legt. Bei einer Trausegnung spricht der Liturg: „Lasst uns für N. N. und N. N. in der Stille beten, dass sie unter Gottes Segen alle Tage ihres Lebens in Liebe und Treue einander verbun­ den bleiben. – Stilles Gebet – Reicht einander die rechte Hand. Der Segen Got­ tes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, erfülle euch und bleibe bei euch. Oder: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist segne euch. Er/Gott behüte euch in eurer Ehe. Er/Gott leite euch auf euren Wegen und halte euch in seiner Liebe. Oder: Gott, Ursprung und Ziel allen Lebens, segne euch: im Glau­ ben, Lieben und Hoffen.“22 Bei einer Segnung homosexueller Paare spricht der Liturg: „Lasst uns für N. N. und N. N. in der Stille beten, dass sie unter Gottes Segen alle Tages ihres Lebens in Liebe und Treue einander verbunden bleiben. – Stilles Gebet – Reicht einander die rechte Hand. Der Segen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, erfülle euch und bleibe bei euch. 19 20 21 22

A. a. O., 18. Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 64. A. a. O., 65; Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 19. Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 65.

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Oder: Gott segne euren Weg. Gott schütze eure Liebe. Gott schenke euch ein erfülltes Leben. So segne euch Gott jetzt und allezeit. Amen.“23 Wie schon oben erwähnt, sind ja beide Handlungen – Trauung von heterosexuellen Paaren bzw. Segnung von homosexuellen Paaren – Segnungen. Das zeigt sich hier eindeutig auch in den Segensformulierungen. Dabei ist wie gesehen in der Agende und in der Materialsammlung die zuerst gedruckte Segensformulierung identisch. Auch die weiteren Varianten differieren nur minimal, so dass sich die Fragen nun umso dringlicher stellt, worin denn eigentlich der Unterschied bestehen soll zwischen einer Trauung und einer Segnung, zumal auch eine Trauung eine Seg­ nung ist. Vergleicht man die anderen Liturgieteile, so ergibt sich ein ähnliches Bild. Der Eröffnungsteil ist, was die Rubrikenfolge betrifft, wenig different. Für die Trauliturgie von heterosexuellen Paaren werden zwei Formen geboten, wobei es für die Form 2 heißt, dass diese Form eher unkonventionell und modern ist und „weniger traditionsgebundene Milieus ansprechen kann“24, wohingegen die Form 1 die klassische Variante bietet, wenn auch sprachlich modernisiert. Eine der beiden Begrüßungen, die in der Materialsammlung für die homosexuellen Paare bestimmt ist, ist der Form 2 für heterosexuelle Paare entnommen und wurde auf den besonderen Kasus abgestimmt. Als Psalm werden in Form 1 und 2 Ps 36 oder Ps 92, in der Materialsammlung Ps 100 oder Ps 36 vorgeschlagen. Dasselbe – fakultative – Eingangsgebet wird in Form 2 wie in der Material­ sammlung abgedruckt (neben anderen Gebetstexten). Der auf den Eröffnungsteil folgende Verkündigungsteil sieht zunächst fakul­ tativ ein Lied oder Musik, dann ebenso fakultativ Beteiligungsmöglichkeiten der Gemeinde durch z. B. Lesungen, lyrische Texte etc. vor. Daraufhin folgt die Pre­ digt. Auf die Predigt folgt ein Lied bzw. Musik. Über den Inhalt der Predigt kann hier wenig ausgesagt werden, aber man kann davon ausgehen, dass der Kasus mit seinen persönlichen Besonderheiten verbunden mit einem Bibelwort im Mittelpunkt stehen wird. Der Schlussteil beginnt mit einem Dank- und Fürbittengebet. Die Material­ sammlung bietet zuerst ein Gebet an, das auch die Lebenssituation und ihre Umstrittenheit von schwulen und lesbischen Paaren vor Gott trägt, das zweite Gebet ist dem Dank- und Fürbittengebet der Form 1 für heterosexuelle Paare ähnlich. Als Schlusssegen sieht die Form 1 den aaronitischen Segen vor, die Form 2 bietet einen alternativen Segenstext: „Gott, du, fern und nah, nah und fern, segne unser Leben. Jesus, du bei mir, ich bei dir, segne unser Lieben. Geist, du in mir, ich in dir, segne unser Hoffen.“25 Es folgt der aaronitische Segen in modernisierter Sprache. In der Materialsammlung sind der klassische Text des aaronitischen Segen und der alternative Segenstext aus Form 2 abgedruckt wor­ den.

23 Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 19. 24 Agende Band III/3: Die Trauung (s. Anm. 8), 30. 25 A. a. O., 78.

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Der kurze Vergleich zeigt, dass die Texte sachlich ganz ähnlich und auf die besondere Variante des Kasus – heterosexuell oder homosexuell – abgestimmt sind, wobei die homosexuellen Varianten eine Mischung aus klassischen und modernen Texten darstellen. Einen Unterschied zwischen Trauung und Seg­ nung ist im Wesentlichen daran festzustellen, dass die Trauung für heterose­ xuelle und die Segnung für homosexuelle Menschen bestimmt ist. Ein gravieren­ der Unterschied zwischen Trauung und Segnung lässt sich nicht feststellen.

3. Tatsächlich gefeierte Liturgie Eine tatsächlich gefeierte Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares wird in etwa so erlebbar sein: Die Glocken läuten, die Gäste des Paares treffen ein und nehmen in der Kirche Platz. Auch das gleichgeschlechtliche Paar trifft ein. Es wartet vor der Kirchentür auf den Pfarrer, der das Paar dort abholt. Der Kir­ chendiener hat sich die Ringe geben lassen, die er in eine Schale legt und auf dem Altar bereitstellt. Dann beginnt die Orgel zu spielen, die Gemeinde erhebt sich, der Pfarrer zieht mit dem gleichgeschlechtlichen Paar in die Kirche ein. Vor dem Altar nimmt das Paar auf bereitgestellten Stühlen Platz. Wenn die Musik beendet ist, tritt der Pfarrer an den Altar, die Gemeinde erhebt sich und er eröffnet den Gottesdienst: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hei­ ligen Geistes. Alle antworten mit Amen. Mit freien Worten begrüßt er das gleichgeschlechtliche Paar und die Gäste. Alle nehmen Platz und es wird das Lied EG 432 Gott gab uns Atem gesungen. Nach dem Lied folgt Ps 36, die Gemeinde stimmt in das Gebet mit einem Kehrvers ein. Ein Gebet mit freien Worten schließt den Eröffnungsteil ab. Es folgt ein Musikstück, das Gäste des Paares darbieten. Anschließend hält der Pfarrer die Predigt, die die Besonderheit des Kasus zum Ausdruck bringt. Die Gemeinde antwortet auf die Predigt mit dem Lied EG 322 Nun danket all und bringet Ehr. Die Segnung wird mit der Schriftlesung 1Kor 13,1–13 eingeleitet. Danach fragt der Pfarrer den einen gleichgeschlechtlichen Partner, ob er seinen Partner aus Gottes Hand nehmen will, die Liebe schützen und bewahren, ihn mit Ach­ tung begegnen und in guten wie schweren Zeiten bis ans Lebensende zu ihm ste­ hen will. Der Partner antwortet mit Ja, mit Gottes Hilfe. Daraufhin wird auch dem anderen Partner dieselbe Frage gestellt, die er ebenso mit Ja, mit Gottes Hilfe beantwortet. Nun steckt sich das Paar die Ringe auf und gibt sich einen Kuss. Das Paar kniet auf einer Kniebank nieder, der Pfarrer fordert die Gemeinde zu einem stillen Gebet für das Paar auf, dann legt er seine Hände auf ihre Köpfe und spricht die Segenworte. Das Paar erhebt sich und einige Ver­ wandte und Freunde sprechen dem Paar auch Segensworte zu. Anschließend singt die Gemeinde das Lied EG 333 Danket dem Herrn. Jene Gäste, die schon zu Beginn des Gottesdienstes ein Musikstück dargeboten haben, spielen auch jetzt eine festliche Musik. Anschließend tritt der Pfarrer wieder an den Altar und bittet alle, sich zu erheben. Er spricht ein Dank- und Fürbittengebet, in das

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die Gemeinde mit dem Ruf Gott, erhöre uns einstimmt. Das Vaterunser schließt das Gebet ab. Es wird das Lied EG 425 Gib uns Frieden jeden Tag gesungen. Die Gemeinde erhebt sich wieder und der Pfarrer segnet sie. Jetzt setzt die Orgel ein, der Pfarrer führt das Paar zum Ausgang der Kirche, die Gemeinde schließt sich dem Auszug an. Vor der Kirchtür wird dem Paar gratuliert, dann fahren alle in ein Lokal, um dort zu feiern. Versetzt man sich in einen solchen gefeierten Gottesdienst, wird der Unter­ schied zwischen Trauung und Segnung kaum an den Verläufen und Formulie­ rungen deutlich, sondern vor allem daran, dass bei einer Segnung zwei Männer bzw. zwei Frauen am Altar stehen und bei einer Trauung ein Mann und eine Frau. Und daran, dass in den Formulierungen nicht von einer Ehe, sondern von einer Partnerschaft die Rede sein soll. Darauf weist – wird doch in der Öffent­ lichkeit und in den Medien von Homo-Ehe gesprochen – die Einleitung zur Materialsammlung hin: „Man begrüßt nicht das Ehepaar, sondern Partnerinnen oder Partner; man bittet um Segen für die Partnerschaft, nicht für eine Ehe.“26 Im selben Zusammenhang werden noch auf weitere Unterschiede hingewiesen, die aber in der Gottesdienstfeier nicht sichtbar werden: Eine Segnung darf nur vorgenommen werden, wenn eine eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen wurde. Die durchgeführte Segnung wird im Pfarramt in ein eigenes Register ein­ getragen und die Partner erhalten eine kirchliche Segnungs-Urkunde. Was aber anhand einer solchen Gottesdienstfeier sichtbar und erlebbar wird, ist die hohe Ähnlichkeit mit einer Trauung: „Ein Gottesdienst zur Segnung soll in einer Kir­ che und ohne jede Einschränkung von Merkmalen seiner Öffentlichkeit (Glo­ ckengeläut, Einzug, Amtstracht, Medienpräsenz) stattfinden können.“27 Die Ähnlichkeit oder gar Gleichheit von Trauung und Segnung wird mit dem refor­ matorischen Verständnis einer Trauung begründet, die sich auf Luthers Traubüchlein beruft. Da zu einer Trauung Gottes Wort, Gebet und Segen gehören, gehören sie auch zu einer Segnung homosexueller Paare. Warum also ist die Liturgie der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren nicht auch in der Trau­ agende zu finden, sondern in einem eigenen Heft, das sich nicht Agende nennt, sondern das „nur“ Materialien für den Gottesdienst bietet? Die Antwort steht in der Materialsammlung selbst: „Das hier vorgelegte liturgische Material ist keine agendarisch verpflichtende Ordnung.“28 Wieder auf den tatsächlich gefeierten Gottesdienst bezogen, ist aber auch das nicht erlebbar – denn das Äußere des Heftes, das gegebenenfalls vom Liturgen für diesen Gottesdienst verwendet wird, ist genau wie die Trauagende in weinroter Farbe gestaltet. So gilt für die Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft: Der Unterschied zur Trauung wird nur anhand der sexuellen Orientierung der Paare sichtbar und davon abgeleitet auch in den Formulierungen der Begrüßung oder der Gebete und in der Segnung, die sich selbstverständlich auf die zu segnenden Personen bezieht. Diese selbstverständliche „Normalität“ mag für die Segnung 26 Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 9. 27 A. a. O., 8. 28 A. a. O., 9.

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von homosexuellen Paaren noch ungewohnt sein. Sie ist aber nichts Besonderes, sondern ist „normal“ für alle Kasualien, seien es Taufen oder Konfirmationen, Ehejubiläen oder Bestattungen, denn auch hier wird der Liturg die Texte auf den besonderen Kasus und auf die anwesenden Menschen ausrichten. Das ist eine „normale“ Erfahrung, die alle Mitfeiernden bei Kasualien gemacht haben und selbstverständlich erwarten.

4. Fazit Festzuhalten ist, dass die Unterschiede zwischen Trauung und Segnung formal geregelt werden und im Segnungsgottesdienst nicht erlebt werden können, außer dass die homosexuelle Orientierung dieser Menschen den Unterschied deutlich markiert. Das wird gemeinhin gutgeheißen, weil man denkt, dadurch den gleichgeschlechtlichen Paaren gerecht zu werden und sie gegenüber den heterosexuellen Paaren nicht zu diskriminieren.29 Für beide Partnerschaften gilt letztendlich dieselbe Liturgie, auch wenn dann die eine Partnerschaft als Ehe und die andere als (eingetragene) Lebenspartnerschaft bezeichnet wird. Es ist aber auch nicht frei von Fragwürdigkeiten: Werden unterschiedliche sexuelle Orientierungen – hetero- wie homosexuelle – dadurch nicht diskriminiert, indem man den homosexuellen Paaren dieselbe Liturgie für ihre Feier zur Ver­ fügung stellt wie den heterosexuellen Paaren? Diskriminiert man Menschen nicht auch dadurch, dass man sie aufgrund ihrer Andersheit nicht mit einem eigenen Wert bzw. mit einer eigenen Liturgie bedenkt? Blickt man noch einmal auf die Orientierungshilfe der EKD von 1996 Mit Spannungen leben. Homosexualität und Kirche30 zurück, in der sogar dargelegt wurde, dass eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht gesegnet werden könne, sondern nur homosexuelle Menschen, und schaut man ebenso auf das Papier des Kirchenamtes der EKD Verlässlichkeit und Verantwortung stärken. Eine Stellungnahme des Kirchenamtes der EKD zur Verbesserung des Rechts­ schutzes für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und zur besonderen 29 Auf das Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union und auf die Anwendung im deutschen Recht mit Bezug auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hat der Orientierungshilfe der EKD zur Familie (Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemein­ schaft stärken, s. Anm. 1, S. 5 f.) hingewiesen und Urteile des Bundesverfassungsgerichts dazu ange­ führt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass Ehe und Lebenspartnerschaft auf Dauer angelegt sind, rechtlich verbindliche Lebensbeziehungen haben und eine gegenseitige Unterhaltsund Einstandspflicht begründen. Die mit Ehe und Lebenspartnerschaft gegebene unterschiedliche sexuelle Orientierung darf nicht Grund für eine Diskriminierung sein. Joachim Ochel hat in seinem Beitrag zu dieser Orientierungshilfe (s. Anm. 6, S. 231 f.) zu Recht kritisch angemerkt, dass diese den gewonnenen Rechtscharakter der Lebenspartnerschaft nicht ernsthaft würdigt. Der Grund dafür liege in der grundsätzlichen antiinstitutionellen Ausrichtung der Orientierungshilfe. Ist schon die Ehe als Institution nicht mehr im Blick, trifft diese Haltung auch die eingetragene Lebenspartner­ schaft. 30 siehe Anm. 1.

Zur Öffentlichkeitswirkung

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Bedeutung und Stellung der Ehe aus dem Jahr 2000, sowie auf das Papier der EKD Gottes Gabe und persönliche Verantwortung. Zur ethischen Orientierung für das Zusammenleben in Ehe und Familie31 von 1997, auf die Trauagende der UEK von 2006, die in ihrer Einleitung eine ausführliche Darlegung der Grundli­ nien des evangelischen Verständnisses von Ehe und Trauung enthält32 und die als Konsenstext der UEK gelten kann, zu der auch die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck gehört, und nimmt man zudem noch die gutachterliche Äußerung des Rates der EKD zur Ehe von 2009 aufgrund der Änderungen bei der Personenstandsgesetzgebung33 hinzu, die alle gemeinsam ein tragfähiges Eheverständnis formulieren, ist es umso erstaunlicher, dass die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck der Materialsammlung für die Segnung den Titel gibt: Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft. Das Vor­ wort hält diesen Befund auch fest: „Auch die Segnung von gleichgeschlechtli­ chen Paaren, die in eingetragener Partnerschaft leben, in einem Gottesdienst war in unserer Landeskirche lange Zeit umstritten – und ist es in Teilen weiterhin. In Frage steht dabei seit längerem nicht mehr, dass diesen Paaren für ihren gemein­ samen Lebensweg Gottes Segen zugesprochen wird. Strittig war allerdings bis­ her, in welcher Form dies geschehen soll.“34 Durch die hier gewählte Form res­ pektive durch die Wirkungen, die von dieser Form ausgehen (werden), lässt sich vermuten, dass sich die andernorts sogenannte Homo-Ehe damit durchsetzen wird. Wie die Ehe im evangelischen Verständnis zu bekräftigen ist und wie trotzdem die gesegnete gleichgeschlechtliche Partnerschaft oder die gesegneten gleichgeschlechtlichen Partner in ihrer eigenen Würde Beachtung finden, scheint mir aufgrund der Form und der daraus resultierenden möglichen Wirkungen bisher noch nicht ausreichend geklärt und gestaltet zu sein.

31 siehe Anm. 1. 32 Trauung. Agende für die Union Evangelischer Kirchen in der EKD. Band 4. Im Auftrag des Präsidiums hg. von der Kirchenkanzlei der UEK. Bielefeld 2006, 13–26. 33 Zum evangelischen Verständnis von Ehe und Eheschließung, hg. vom Kirchenamt der EKD (EKD-Texte 101). Hannover 2009. 34 Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft (s. Anm. 11), 7.

Literaturbericht zur Liturgik Review of Liturgical Work in North America 2012–2014

Frank C. Senn

In JLH 51 (2012) 99–115 I reviewed liturgical work in North American between 2006 and 2012. For this Literaturbericht I survey work done since ca. 2012. There will be some overlap for the year 2012 and a few titles from 2011 because books and articles were just arriving as I finished my Review in 2012. As the old proverb says, of the making of books there is no end. Unfortunately, I cannot list, much less comment, on all the books and articles that have been written by North American liturgists in the last two years.

1. New Presbyterian Hymnal The most important new worship resource in North America since 2012 is Glory to God: The Presbyterian Hymnal (Louisville, KY: Presbyterian Publish­ ing Corporation 2013), edited by David Eicher. This book was commended for use in its congregations by the 2012 General Assembly of The Presbyterian Church (U. S. A.). The pew edition includes The Service for the Lord’s Day, The Sacrament of Baptism, Reaffirmation of the Baptismal Covenant, Daily Prayer: Morning, Midday, Evening, At the Close of Day; a selection of liturgical texts; and the Hymnal: Hymns, Psalms, Spiritual Songs. Worship leaders would use The Book of Common Worship (1993) and The Book of Occasional Services for additional liturgical texts and administer the sacraments and ordinances of the Church according to the current edition of The Book of Order. The liturgical texts are those of the English Language Liturgical Consultation (1988). The Ser­ vice for the Lord’s Day is a liturgy of Word and Meal that follows the ecumeni­ cal ordo that has emerged in the Western Churches since the Second Vatican Council, which is basically the order of the Mass. The ecumenical four-fold ordo is usually listed as Gathering – Word – Meal – Sent. The Revised Common Lectionary (1989) is recommended for Sundays and festivals. Thus, the Word consists of a First Reading from the Old Testament, a responsorial psalm, a Sec­ ond Reading from a New Testament epistle, and a Gospel reading. There are 853 hymns, psalms, and spiritual songs in the new hymnal. The music covers all major historical and contemporary sacred genres, including

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approximately 35 African American/Gospel hymns (“Soon and Very Soon”, “Swing Low, Sweet Chariot”, etc.), many older hymns (“Holy, Holy, Holy! Lord God Almighty”), older hymns that have never been published in a Presby­ terian hymnal (“Leaning on the Everlasting Arms”, “Softly and Tenderly Jesus Is Calling”), contemporary praise songs (“Awesome God”), and global music (music from six continents, in many different languages). In addition, there are more than 20 songs or mantras from the Taizé Community. Unlike The Presby­ terian Hymnal (1992), the Psalms (mostly metrical) are not gathered in one place, but are dispersed throughout the book in the topical sections. There is a sung setting of each Sunday's lectionary psalm. An index of all psalms is included. The hymnal is organized according to three large categories: God’s mighty acts in the history of salvation (this section follows the liturgical year); the Church at Worship (this section follows the liturgical ordo and the adminis­ tration of the sacraments and ordinances); and Our Response to God (many topics). Four years of labor by the large and representative hymnal committee has resulted in an outstanding worship resource that built on the previous Presby­ terian worship resources. The liturgical orders represent no significant departure from 1992. The hymn selection is more global than 1992, but that reflects the developments in global Christian music in the last two decades. The inclusion of more contemporary Christian music reflects the fact that this genre of popular music has achieved a settled position even in the mainline Churches.

2. Select Studies 2011–2014 A. Liturgical Histories Baumstark, Anton: On the Historical Development of the Liturgy. Introduction, Transla­ tion and Annotation by Fritz West, with Foreword by Robert F. Taft. Collegeville, MN: The Liturgical Press 2011, xxiv & 312 pp. Baumstark’s Liturgie comparée has been known to English readers in Frank Cross’s translation, Comparative Liturgy. Fritz West’s translation of this earlier work of Baumstark, in which Baumstark shows his understanding of the organic development of the liturgy, is a welcome contribution to a renewed interest in this important early 20th century liturgist. Berger, Teresa: Gender Differences and the Making of Liturgical History: Lifting a Veil on Liturgy’s Past. Surrey, UK: Ashgate Publishing Ltd. 2011, xvii & 220 pp. This book brings gender studies to bear on ways of studying liturgical history. Per­ haps most importantly, it reminds us that those who celebrated and participated in liturgy are embodied and gendered beings. Taking this reality seriously makes the his­ tory of liturgy more complex than earlier scholarship demonstrated. As older textoriented ways of studying liturgical history have been expanded by social history, so it is possible to press even further to take seriously the cultural and biological realities that also impact on liturgy. Liturgy is an embodied experience.

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Denysenko, Nicholas: The Blessing of Waters and Epiphany. Farnham, Surrey/Burling­ ton VT: Ashgate Publishing House 2012, xviii & 237 pp. This revision of a doctoral dissertation at Catholic University follows the comparative liturgics model of Baumstark, Juan Mateos, Robert Taft and others. It follows the Epi­ phany rite of blessing of the waters across the wide range of Eastern Christian tradi­ tions and through their historical developments. This book is more about the Epi­ phany blessings than the feast of the Epiphany itself. Harmon, Katherine E.: There Were Also Many Women There: Lay Women in the Litur­ gical Movement in the United States 1926–59. Collegeville, MN: The Liturgical Press 2012, 373 pp. In this work of solid scholarship based on her doctoral dissertation, Katherine Har­ mon also tells a good story. To the usual sources of writings and translations Harmon adds letters and transcripts of questions and answers at The Liturgical Weeks in which some of these lay women were speakers. Masaki, Naomichi: He Alone Is Worthy: The Vitality of the Lord’s Supper in Theodor Kliefoth and in the Swedish Liturgy of the Nineteenth Century. Göteborg: Försam­ lingsförlaget 2013, 478 pp. This work by a Japanese writer who earned his doctorate at Concordia Seminary, St. Louis, MO and teaches at Concordia Theological Seminary, Fort Wayne, IN explores the work of the 19th century German liturgical theologian Theodor Kliefoth and his influence on the 1894 Handbok för svenska kyrkan. It is based on the author’s doc­ toral dissertation and is published in Sweden. This study makes two important contri­ butions. It opens up the work of Theodor Kliefoth, which is not known in the U. S. as well as the work of Wilhelm Löhe, and it shows Kliefoth’s influence on liturgical work in 19th century Sweden, especially on E. G. Bring and Bishop U. L. Ullman. Masaki focuses on the issue of “worthiness” in Swedish liturgy and piety and shows the tran­ sition from focus on the worthiness of the communicant to the worthiness of God, so that the Eucharistic Preface dialogue is changed from “Let us give thanks to the Lord our God. R/It is right and just” (a translation of the Latin) to R/ “He alone is worthy of thanks and praise.” The book includes four appendices and six indexes. McGowan, Andrew B.: Ancient Christian Worship: Early Church Practices in Social, His­ torical, and Theological Perspective. Grand Rapids, MI: Baker Academic 2014, 320 pp. This well-researched and eminently-readable monograph discusses in seven chapters: the origins of Christian worship; the Meal: Banquet and Eucharist; the Word: Reading and Preaching; Music: Song and Dance; Initiation: Baptism, Anointing, and Foot Washing; Prayer: Hours, Ways, and Texts; and Time: Feasts and Fasts. It pays atten­ tion both to texts and to the social historical background of ancient Christian practice. O’Donoghue, Neil Xavier: The Eucharist in Pre-Norman Ireland. Notre Dame, IN: University of Notre Dame Press 2011, xv & 351 pp. This is a full survey of primary sources and secondary literature that relates the Eucharist in the early Irish Church to the spiritual lives of the people, and places this within the broad context of Western European culture and liturgy of the period. Pitt, David, Stefanos Alexopoulos, and Christian McConnell, eds.: A Living Tradition: On the Intersection of Liturgical History and Pastoral Practice; Essays in Honor of Maxwell E. Johnson. Collegeville, MN: The Liturgical Press, A Pueblo Book 2012, xii & 272 pp. This Festschrift in honor of Professor Max Johnson of the University of Notre Dame by three of his students is a fitting tribute to a scholar who has shaped the opinions and formed the scholarly lives of many students. Paul Bradshaw and Robert Taft fit­

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tingly write introductory essays. Ruth Langer, Michael Daniel Findykan, and Nicho­ las V. Russo contribute essays on the liturgical year. The section on Christian initia­ tion, which has been Johnson’s major contribution, includes essays by Christian McConnell, Walter D. Ray, Jeffrey Truscott, David A. Pitt, and Lizette Larson-Miller. The section on the Eucharist calls forth essays by Bryan Spinks, Gabrielle Winkler, Anne McGowan, and Stefanos Alexopoulos. Actually, there are few areas of liturgy Max Johnson has not touched, but there had to be a limit to the book. Ray, Walter D.: Tasting Heaven on Earth: Worship in Sixth-Century Constantinople. Grand Rapids, MI/Cambridge, UK: William B. Eerdmans Publishing Company 2012, xi & 158 pp. Part of the series The Church at Worship: Case Studies from Christian History, this is a popular work based on solid historical research. It includes illustrations, a discussion of the liturgical space of Hagia Sophia, a reconstruction of the Liturgy of St. Basil, sample sermons, a glossary, and suggestions for further study. Ruth, Lester, Carrie Steenwyk and John D. Witvliet: Walking Where Jesus Walked: Wor­ ship in Fourth-Century Jerusalem. Grand Rapids, MI/Cambridge, UK: William B. Eerdmans Publishing Company 2010, xi & 160 pp. The first of the series The Church at Worship: Case Studies from Christian History, this is a popular work based on solid historical research. It includes illustrations, a dis­ cussion of the liturgical spaces of the Anastasis, a reconstruction of the Jerusalem Liturgy from Egeria’s Diary, the Armenian Lectionary, sample sermons, a glossary, and suggestions for further study. Forthcoming in this series: Ruth, Lester: Waiting in the Temple: Worship at a Black Holiness Church, Early Twentieth Century; Ruth, Lester, Andy Park, and Cindy Rethmeier: Loving God Intimately: Worship with the Anaheim Vineyard Fellowship, 1977–1983.

B. Word and Sacrament Laurence, John D. SJ: The Sacrament of the Eucharist. Collegeville, MN: The Liturgical Press, 2012, 203 pp. Fr. John Laurence is the editor of the Lex Orandi series on the seven sacraments. In this book on the Eucharist he states its purpose to show “how the lex orandi of a typi­ cal Sunday celebration of the Eucharist manifests the professed faith of the church, her lex credendi.” He demonstrates throughout the relationship between the Eucharist and the assembly as the realization of the church. McKenna, John H., CM: Become What You Receive: A Systematic Study of the Eucharist. Chicago/Mundelein, IL: Hillenbrand Books 2012, viii & 248 pp. Fr. Jack McKenna, now of blessed memory, selected and arranged his writings on the Eucharist over a forty year period into a systematic whole. There is no concluding chapter in which Fr. McKenna assesses his work of a lifetime. That would not have been in keeping with his characteristic humility. But he surely remains one of the fore­ most authorities on the Eucharistic epiclesis. Peterson, Jeffrey: Editor of a special edition of the Journal of Early Christian Studies: Journal of the North American Patristics Society 20/3 (2012) on Everett Ferguson’s Baptism in the Early Church: A Forum.

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Holladay, Carl R.: “Baptism in the New Testament and Its Cultural Milieu: A Response to Everett Ferguson, Baptism in the Early Church,” 343–70. Jensen, Robin M.: “Material and Documentary Evidence for the Pratice of Early Christian Baptism,” 371–406. Burns, J. Patout: “Baptism and Dying and Rising with Christ in the Teaching of Augustine,” 407–438. Senn, Frank C.: “Everett Ferguson’s Baptism in the Early Church: A Liturgical Appraisal,” 439–456. Hart, David Bentley: “Baptism and Cosmic Allegiance: A Brief Observation,” 457– 466. Ferguson, Everett: “Response to Contributors,” 467–484. On Everett Ferguson’s Baptism in the Early Church (2009) see JLH 51 (2012) 111– 112. Root, Michael and James J. Buckley: What Does It Mean to “Do This”? Eugene, Oregon: Cascade Books 2014, x & 143pp. Papers delivered at the Center for Catholic and Evangelical Theology’s Conference on the Eucharist in 2012. Senn, Frank C.: “Do This: Eucharist and the Assembly’s Liturgy,” 1–23. Hunsinger, George: “Karl Barth on the Eucharist: An Ecumenical Appraisal,” 24–46. Marshall, Bruce D.: “The Eucharist: Presence of Christ,” 47–73. Bouteneff, Peter: “What Do We Do with This? Ecumenical Implications of the Hand­ ling of the Eucharist,” 74–87. Moore-Keish, Martha: “Eucharist: The Tale That Unites and Divides the Church,” 88–103. Murphy, Francesca Aran: “The Eucharist and Communion with God,” 104–120. Work, Telford: “Communion: A Pentecostal Perspective,” 121–143. Spinks, Bryan D.: Do this in Remembrance of Me: The Eucharist from the Early Church to the Present Day. London: SCM Press, 2013, xv & 514 pp. Bryan Spinks, professor of liturgical studies at Yale Divinity School’s Institute of Sacred Music, is one of the most prolific liturgical authors in the English-speaking world. He has written on a number of discrete topics, ranging from East Syrian litur­ gies to the Sanctus to Luther’s masses to English liturgical history. Here is brings together his erudition on the whole range of the Eucharist from the Oriental through the Byzantine to the Western Catholic and Protestant traditions. Unlike many liturgi­ cal historians, Spinks does not shy away from the theological influences on or implica­ tions of the liturgical rites. This work may be compared with the equally comprehen­ sive volume by Paul Bradshaw and Maxwell E. Johnson on The Eucharistic Liturgies noted in JLH (2012) 110–111. Wills, Garry: Font of Life: Ambrose, Augustine, and the Mystery of Baptism. New York and Oxford: Oxford University Press 2012, xiii & 194 pp. Garry Wills is a prominent American historian who has written books on both St. Paul’s Letters and Lincoln’s Gettysburg Address. Here he explores the archaeological remains of the Milan baptistery where Ambrose baptized Augustine on Easter Day 387, traces the less than intimate relationship between these two powerful and influen­ tial figures in the ancient Church, and explicates the rituals of baptism in Milan and Hippo. Witczak, Michael G.: The Sacrament of Baptism. Lex Orandi Series. Collegeville, MN: Liturgical Press 2011, xvi & 214 pp. The Lex Orandi series provides books that are “timely, pastoral, and truly accessible,” and this study of Baptism meets those criteria. It seeks to derive a liturgical theology

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from the actual practice of Baptism in the Roman Catholic context. Witczak carefully presents the tradition and present-day practice and contributes his own insights with present-day applications.

C. Church Year and Lectionaries Bradshaw, Paul F. and Maxwell E. Johnson: The Origins of Feasts, Fasts, and Seasons in Early Christianity. Alcuin Club Collections No. 86. Collegeville, MN: Liturgical Press, 2011, xvi & 222 pp. Bradshaw and Johnson intended this volume to be a successor to Thomas Talley’s Origins of the Liturgical Year and dedicated their book to his memory. They do not call their volume by the same title as Talley’s because “liturgical year” is a later con­ cept and was not used in antiquity. In their view the Paschal, Nativity, and Sanctoral cycles developed independently of each other and without any sense of overarching unity, which is why there is some overlapping of the cycles. Their work has the benefit of drawing upon even as yet unpublished doctoral dissertations by their students at the University of Notre Dame, thus being totally up to date in its scholarship while yet writing in a style that is accessible to students and nonspecialists. Probably of greatest interest to liturgists is their new treatment of the origins of Lent. The origins of the Lenten fast are seen by Bradshaw and Johnson as multiple and diverse, from the forty day fast after the Epiphany in Alexandria to the three week catechetical period before Pascha in Rome and North Africa. This book is certainly a worthy successor to Talley’s. West, Fritz, editor: Liturgy: The Lectionary and Its Readings. Journal of The Liturgical Conference 29/4 (2014): West, Fritz: “Lectionary Triangulated: Insights from the Late Twentieth Century,” 3–10. Detscher, Alan: “My Word Shall Not Return to Me Empty: The Lectionary As Ecume­ nical Event,” 11–17. Long, Kimberly Bracken: “Feasting at the Table of the Word: The Liturgical Generativ­ ity of the Lectionary,” 18–26. Leitzke, Timothy Andrew: “Lectionaries and Little Narratives: Children of the Revised Common Lectionary,” 27–32. Connell, Martin: “On Liturgy and Lectionary: The Word of Life in the Body of Christ,” 33–37. Ramshaw, Gail: “Christ in the Sea Monster: Biblical Imagery and the Proclamation of the Gospel,” 38–44. Jensen, Robin M.: “Visual Narratives, Picturing the Text,” 45–55. Radner, Ephraim: “Lectionary and the Figural Meaning of the Scriptures,” 56–62.

D. Liturgical Theology Johnson, Maxwell E.: Praying and Believing in Early Christianity: The Interplay Between Christian Worship and Doctrine. Collegeville, MN: Liturgical Press, a Michael Glazier Book 2013, xvii & 148. The relationship between lex orandi and lex credendi has vexed liturgical theology. Johnson takes on the controversy by exploring four theological topics in early Chris­

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tianity: grace, Trinity, Christology, and Mariology. What he finds is a simultaneous development of liturgy and dogma in the ancient church in which one should look for theology embedded in liturgical texts and practices and doxology and supplication finding theological expression. Johnson disagrees with his colleagues who define orthodoxia as “right praise” rather than “right teaching.” Pivarnik, R. Gabriel: Toward a Trinitarian Theology of Liturgical Participation. Fore­ word by Kevin Irwin. Collegeville, MN: The Liturgical Press, 2013. xxiii & 259 pp. Based on his doctoral dissertation at Catholic University under Kevin Irwin, Pivarnik explores the Trinitarian movement in liturgical theology developed especially in the writings of Cipriano Vaggagini OSBCam and Edward Kilmartin SJ, traces elements of a Trinitarian theology of participation in the official writings of Popes John Paul II. and Benedict XVI., and offers critiques especially of Vaggagini and Kilmartin before moving forward with his own constructive effort to show the roles of the three per­ sons of the Trinity in the sacraments and how that impacts on the participation of the liturgical assembly created in the image of the Trinity. He has undertaken a very ambi­ tious project and we would hope to see him continue to refine the work he has begun.

E. Liturgy and Culture Arbbuckle, Gerard A.: Culture, Inculturation, and Theologians: A Postmodern Critique. Collegeville, MN: Liturgical Press, A Michael Glazier Book 2010, xxi & 200 pp. Against too facile an approach to relating liturgy to culture, Arbuckle demonstrates how complicated culture is both in itself as in studies about it. In eleven chapters he surveys cultures as anthropologists see them, as webs of symbols and myths, as power reservoirs, as stigmatizing patterns of social exclusion, as narratives negotiating identi­ ties, as processes ritualizing life, as multicultural processes, as patterns of religious symbols, in ecclesiastical documents and the writings of theologians, in Jesus Christ and as social dramas, and as challenges to inculturation. Bexell, Oloph, ed.: The Meaning of Christian Liturgy: Recent Developments in the Church of Sweden. Foreword by Gordon W. Lathrop. Trans. Gerd Swenson. Grand Rapids, MI/Cambridge, UK: William B. Eerdmans Publishing Company 2012, vii-x. This is not work done in North America, but American liturgical theologian Gordon Lathrop wrote the foreword, American liturgists have served as consultants in liturgi­ cal renewal and revision in the Church of Sweden, and it was published in English by an American publishing company. It is an interesting study of the difficulties of effect­ ing liturgical change in a folk church. Authors in this volume include Swedish scholars Oloph Bexell, Sven-Erik Brodd, Boel Hössjer Sundman, Karin Oljelund, Torbjörn Axner, retired Archbishop Gunnar Weman. Duck, Ruth C.: Worship for the Whole People of God: Vital Worship for the 21st Century. Louisville, KY: Westminster John Knox Press 2013, xvii & 334 pp. Ruth Duck has recently retired as professor of worship at Garrett-Evangelical Theolo­ gical Seminary in Evanston, IL. The Goal of this book is “to honor the diversity of Christian communities and their worship” (xvii). Writing from a liberal Protestant perspective, she surveys the variety of worship traditions and practices especially in Protestant Churches, looking for areas of convergence but acknowledging remaining differences. Her focus is on real worshiping communities, and therefore she is atten­ tive to different cultural contexts, economic levels, and sexual orientations. She is par­

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ticularly attuned to the distinctive characteristics of African-American and Hispanic worshiping communities, but perhaps paints “white” communities with too broad a brush. She is clear that in spite of historical and cultural differences, within the spec­ trum of liturgical rites Christian worshiping communities must find their center in the Eucharist. Wilkey, Glaucia Vasconcelos, ed.: Worship and Culture: Foreign Country or Homeland? Grand Rapids, MI/Cambridge, UK: William B. Eerdmans Publishing Company 2014, xxvii & 441 pp. Presbyterian pastor and writer Glaucia Vasconcelos Wilkey brings together in this one volume the three Lutheran World Federation study books on Worship and Cul­ ture from 1994, 1996, and 1998 with additional essays and reflections from an ecume­ nical list of scholars of liturgy and culture. Throughout the various sections are the contributions especially of Gordon Lathrop and Anscar Chapungco as if carrying on their own dialogue within the larger dislogue. The book is dedicated to the memory of S. Anita Stauffer, who edited the original LWF study books, and Anscar J. Cha­ pungco, OSB, whose passing silenced a world-renown scholar in the field of incultura­ tion.

F. Liturgical Spirituality Fagerberg, David W.: On Liturgical Asceticism. Washington, D. C.: The Catholic Univer­ sity of America Press 2013, xix & 246 pp. Asceticism is a topic that has interested in David Fagerberg since the early 2000s. Drawing on a rich array of Eastern Christian sources, Fagerberg systematically starts with the question of “Why liturgical asceticism” and moves through a discussion on the passions identified as the malady (pathe), askesis itself as the cure, the joy experi­ enced by ascetics (apatheia), the possibilities of a liturgical asceticism for all the laity, and the witness to holiness manifested in the lives of the saints and visible in icons, especially in Mary the Mother of God (theotokos). Pfatteicher, Philip H.: Journey into the Heart of God: Living the Liturgical Year. Oxford/New York: Oxford University Press 2013, xiii & 415 pp. After an introduction in which Pfatteicher reminds us of our earthly status as pilgrims and a chapter devoted to experiencing various units of time (the day, the seasons, the week, the history of salvation), Pfatteicher takes us through the liturgical year itself, season by season, day by day, exploiting the riches of the tradition to enrich our experience of journeying through liturgical time. The final chapter discusses the para­ dox of the liturgical year as a circle that has a destination. The destination of the jour­ ney through the liturgical year is to come to know the work of God in Jesus Christ; its purpose is “to bring us and all the world to perfection.” Philip Pfatteicher has been a prolific author; this, I think, is his best book.

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3. Journals A. Worship The major North American liturgical journal is Worship, published six times a year by the monks of St. John’s Abbey, Collegeville, MN. There was a change in editorial lea­ dership because of the death of the longtime editor, R. Kevin Seasoltz, OSB, on 27 April 2013. The abbey appointed the lay woman Bernadette Gasslein as the new edi­ tor. Articles in Worship continue to feature essays by established and new scholars who represent various Christian denominations in North America and beyond. Articles in Volumes 87 (2013) include: Alonso, Antonio: “Consumed: Celebrating Liturgy in a Consumer Culture,” 428–445. Baldovin, John E., SJ: “The Development of the Liturgy: Theological and Historical Roots of Sacrisanctum Concilium,” 517–533. Bennett, Miranda Henry: “A Forgotten Chapter in the American Liturgical Movement: Fr. Hermann Joseph Untraut’s Die liturgische Bewegung,” 23–45. Berger, Teresa: “Participatio Actuosa in Cyberspace? Vatican II’s Liturgical Vision in a Digital World,” 533–547. Connell, Martin: “The Date of Easter and Shakespeare’s ‘Progress of the Stars’: Creed and Chronometry in the Sixteenth Century,” 130–149. Crowley, Eileen D.: “Penitential Services: An Invitation to Conversion, A Celebration of Resurrection, A Call to Action,” 113–130. Cummings, Owen B.: “The Liturgical Mystic, John Keble (1792–1866),” 260–270. Denysenko, Nicholas: “Liturgical Maximalism in Orthodoxy: A Case Study,” 338–363. Durheim, Benjamin and Turnbloom, David Farina: “Having Patience With Practice: A Response to Michael Tuck Regarding Communion without Baptism,” 212–226. Ference, Damian J.: “Forum: Jackie Robinsin, Chris Tomlin and Ecumenism in the New Millenium,” 64–72. Geldhof, Joris: “The Eucharist and the Logic of Christian Sacrifice: A Discussion with Robert J. Daly”, 293–309. Harmon, Katherine E.: “Learning Your Catholic Language: Attitudes and Approaches to the Use of Latin and the Vernacular in the United States Liturgical Movement,” 309–338. Johnson, Clare V., Bill Burke, Paul Inwood, Patrick Jones, and Paul Turner: “Sacrosanc­ tum Concilium at Fifty: Reports from Five English-Speaking Countries,” 482–517. Johnson, Maxwell E.: “The Interpolation of the Narrative of Institution into the Ana­ phora,” 2–23. Knoke, Derek: Generatiung Movement in the Social Sphere: “Implications from Ritual Studies for the Relation of Theology and the Social Sciences,” 98–113. Kranemann, Benedikt: “Liturgy in a Pluralist Society,” 414–428. Lathrop, Gordon W.: “What is Liturgical Theology? One North American Lutheran View,” 45–64. Lathrop, Gordon W.: “The Reforming Gospels: A Liturgical Theologian Looks Again at Eucharistic Origins,” 194–212. Lathrop, Gordon W.: “Sacrosanctum Concilium and the Augsburg Confession in Dialo­ gue: One Ecumenical Reading of the Constitution on the Sacred Liturgy,” 548–564. Magas, Kevin D.: “Ambrose Revisited: Resourcement and the Importance of Historical Inquiry,” 226–245.

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Myers, Jacob D.: “Toward an Erotic Liturgical Theology: Schmemann in Conversation with Contemporary Philosophy,” 387–414. Pramuk, Christopher: “Silences,” 363–382. Sigler, R. Matthew: “Not Your Mother’s Contemporary Worship: Exploring CCLIU’s ‘Top 25’ List for Changes in Evangelical Contemporary Worship,” 445–463. Sullivan, Francis A.: “Review Article of When the Magisterium Intervenes,” 149–171. Wilson, George B.: “Liturgical Governance: From Vatican II to the New Roman Missal,” 245–260. Wilson, George B., SJ: “How Do We Tell People What We Do Each Sunday?” 463–470. Articles in Volume 88 (2014) include: Adam, Ruth: “Mother of Martyrs: The Liturgical and Mariological Origins of Mater Ecclesia,” 404–424. Anderson, E. Byron: “Reform, Participation, and Mission: ‘To Derive the True Christian Spirit’,” 218–238. Brunk, Timothy: “The Sacrament of Confirmation in a Consumer Culture,” 333–352. Chase, Nathan P.: “Baptism into Death in the Jesuit Missions in New France,” 425–438. Collins, John N.: “The Presbyter as Purveyor of the Word of God,” 255–271. Crowley, Eileen D.: “A Worship Space That Embraces: Our Lady of the Most Holy Rosary, Albuquerque, New Mexico,” 386–404. Cuplinskas, Indre: “Gender and Liturgical Renewal in Quebec: A Virile Spirituality for Girls,” 507–527. Cullura, Nicholas: “Some Reflections on the Eucharist as Fragment,” 151–170. De Clerck, Paul: “The Liturgical Reform of Vatican II: Why Has It Been Only Partially Received?”, 170–177. Denysenko, Nicholas: “Retrieving a Theology of Belonging: Eucharist and Church in Post-Modernity, Part 1,” 543–561. (Part 2 in January 2015) Francis, Mark B., CSV: “Another Look at the Constitution on the Sacred Liturgy and the Substantial Unity of the Roman Rite,” 239–54. Johnson, Maxwell E.: “Baptism and Chrismation in Third Century Egypt: The State of the Question,” 311–332. Johnson, Maxwell E.: “The Blessed Virgin Mary and Ecumenical Convergence in Doc­ trine, Doxology, and Devotion,” 482–506. Joncas, Jan Michael: “English-Language Roman Rite Liturgical Music since Sacrosanc­ tum Concilium: Some Reflections,” 59–72. Knowles, Walter: “A Method in their Praxis,” 353–366. Krosnicki, Thomas A.: “Opening Prayers for Lent: Forty-Four Plus One,” 119–137. Larson-Miller, Lizette: “Consuming Time,” 528–542. LaSalle Jr., Donald G.: “Devotion Searching for a Place in the Liturgy: The Development of the Good Friday Veneration of the Cross in the West,” 98–118. Morrill, Bruce T., SJ: “Lay Liturgical Leadership in the US Catholic Church: Popular Advances, Official Retreat,” 23–37. O’Laughlin, Thomas: “From a Damp Floor to a New Vision of Church: Footwashing as a Challenge to Liturgy and Discipleship,” 137–151. Ruth, Lester: “Divine, Human, or Devilish? The State of the Question on the Writing of the History of Contemporary Worship,” 290–310. Smith, William S.: “Who Sang What?,” 37–59.

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Taft, Robert F., SJ, FBA: “‘Communion’ from the Tabernacle -A Liturgical-Theological Oxymoron,” 2–23. Vega, April Stace: “Musical Genre and Liturgical Spirituality,” 439–459. West, Fritz: “A Reader’s Guide to the Methodological Writings of Anton Baumstark,” 194–217. Zagano, Phyllis: “Women in the Diaconate,” 72–77. Nathan D. Mitchell retired from writing his popular “Amen Corners” in 2013. The edi­ tor reignited the column in July 2014 by entrusting it to several recognized liturgical authors. Turner, Paul: “A Skirmish in the War Against Evil,” 367–376. Ruff, Anthony, OSB: “Could the Church’s Understanding of the Primacy of Gregorian Chant Ever Change?,” 460–466. Ramshaw, Gail: “Ambrose and Christological Metaphor,” 568–570. Each issue of Worship also includes announcements, music and book reviews.

B. Liturgy Liturgy is a quarterly print and online resource of The Liturgical Conference, published by Taylor and Francis Publishers. The Liturgical Conference has a history that goes back to 1940. Amazingly it has managed to continue publishing through all the ups and downs of its history (some of which I know well as a past president of the board). Liturgy: The Journal of the Liturgical Conference provides an ecumenical forum for articulating standards of liturgical excellence in parish worship and for supporting per­ sons who have a common interest and concern for the liturgical life and the liturgical arts of the church. Articles are written and materials are assembled by noted liturgical scholars, parish pastors, denominational worship leaders, musicians, artists, and archi­ tects. Each number focuses on a single theme and there is a guest editor for each num­ ber. L. Edward Phillips and Sara Webb Phillips have served as co-editors-in-chief up until 2013. In 2014 Melinda Quivik became the editor-in-chief. In my Review in JLH 2012 I listed the topics in the numbers of Liturgy from 2006–2011. Here are the topics in the numbers from 2012–2014 with the issue editor listed. 27.1 (2012): Liturgy and Crisis. Carol Norén. 27.2 (2012): Liturgy and Ecology. Benjamin M. Stewart. 27.3 (2012): Singing the Psalms. David Gambrell. 27.4 (2012): Life Transitions. David A. Hogue. 28.1 (2013): Liturgy and Performance. Megan Macdonald. 28.2 (2013): Spiritual Reading of Scripture. Michael Pasquerello and Lester Ruth. 28.3 (2013): Liturgy and Entertainment. D. Brent Laytham. 28.4 (2013): Neuroscience, Cosmology, and Liturgy. Taylor W. Burton-Edwards. 29.1 (2014): Liturgy and Adolescence. Fred Edie. 29.2 (2014): What is Good Worship? E. Byron Anderson 29.3 (2014): Liturgy, Culture and Race. W. Scott Haldeman 29.4 (2014): The Lectionary and its Readings. Fritz West.

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C. Studia Liturgica Studia Liturgica is an international journal published in English. The editorship passed from Karen B. Westerfield Tucker (2005–2013), an American Methodist, to Peter C. Bower, an American Reformed pastor, for Volume 44 (2014). Readers of JLH who are members of Societas Liturgica receive Studia Liturgica as part of their membership. Volume 44 (2014) features the papers and case studies from the 2013 Würzburg Con­ gress, “Liturgical Reforms in the Churches.” With apologies to authors from outside of North America whose articles are included in Studia Liturgica, I will list here only articles by authors living and working in North America since this Review is intended to report on liturgical work done in North America. Volume 43/1 (2013): Brunk, Timothy: “Baptism and Consumerism: Lessons from the Past/Looking to the Future,” 1–31. Roosien, Mark: “Putting on Christ: Metaphor and Maryrdom in John Chrysostom’s Baptismal Instructions,” 54–67. Weil, Louis: “The Debate Over the Baptism/Eucharist Sequence in the Episcopal Church U. S. A.,” 68–75. Turnbloom, David Farina: “A Defense of Aquinas’ Treatment of the Eucharist,” 93–110. Madathummuriyil, Sebastian: “The ‘Dative Subject’ of the Sacrament: An ‘East-West’ Perspective,” 111–132. Walton, Regina L.: “Liturgy at Little Gidding,” 133–154. Laytham, D. Brent and David D. Bjorlin: “Worship and Ethics: A Selected Bibliogra­ phy,” 169–188. Volume 43/2 (2013): Denysenko, Nicholas: “Mary’s Dormition: Liturgical Cliché, Summer Pascha,” 256–280. Mendez, Hugo: “‘Overcoming Divide’ as a Motif in Eastern Christian Liturgy,” 281– 302. Turner, Jack: “Passed Over: The Haggadah and the Origins of the Eucharistic Anaphora Reconsidered,” 303–320. † Unterseher, Cody C.: “Corpus pro nobis: Some Notes on the Eucharistic Christ in Aquinas’ Summa,” 342–354. Volume 44/1–2 (2014): Lathrop, Gordon W.: “Sources: The Four Gospels and Liturgical Reform,” 1–12. Presi­ dential Address at Congress XXIV Societas Liturgica, Würzburg, Germany, 5 August 2013. Madathummuriyil, Sebastian: “Liturgical ‘Reform’ in the Syro-Malabar Church: Obser­ vations on Context, Culture, and Text,” 96–108. Saliers, Don E.: “Theological Foundations of Liturgical Reform,” 109–117. Vosko, Richard S.: “Architecture for Worship: Portraits of Re-Formation,” 118–129. Lathrop, Gordon W.: “Sermon for Societas Liturgica Congress Eucharist on 8 August 2013,” 147–150. Bradshaw, Paul F.: “Liturgical Reform and the Unity of the Churches,” 163–171. Graham, Barry F. H.: “Ordo Romanus Primus (OR1) in English: The Earliest Complete Structural Description of a Roman Rite Mass,” 172–196.

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Meyers, Ruth A.: “‘I Will Bless You and You Will Be a Blessing’: Liturgy and Theology for Blessing Same-Sex Couples in The Episcopal Church (USA),” 197–210. Novak, Joseph A.: “Reevaluing Prosper of Aquitaine in Contemporary Liturgical Theol­ ogy,” 211–233. Lord, Jennifer: “The Sunday Sermon: Liturgical Participation as Shared Authority,” 262– 276. Tan, Jonathan Y.: “Beyond Sacrosanctum Concilium: The Future of Liturgical Renewal in the Asian Catholic Church,” 277–312.

4. Miscellaneous Journal Articles Gleaned from some major North American theological journals and this liturgist abroad. Michael, Mark A.: “The Deprecations, Obsecrations, and Other Scattered Treasures of the Litany,” Lutheran Forum 48/1(2014) 20–24. Note: Every issue of Lutheran Forum has a Lex Orandi/Lex Credendi section that features a liturgical article. Prusak, Bernard P.: “Explaining Eucharistic ‘Real Presence’: Moving Beyond a Medieval Conundrum,” Theological Studies 75/2 (2014) 231–259. Rausch, Thomas P.: “Occasional Eucharistic Hospitality: Revisiting the Question,” Theological Studies 74/2 (2013) 399–419. Senn, Frank C.: “Decently and in order: reflections on the first rubrics and subsequent history of Christian liturgy,” Lutheran Theological Journal 45/1 (2011) 4–12. This issue of this journal by the Faculty of Australian Lutheran College, North Adelaide, South Australia is devoted to liturgical renewal. Senn, Frank C.: “The Proposed Kyrkohandbok for the Church of Sweden: Viewed From the Perspective of the Post-Vatican II Ecumenical Liturgical Convergence,” Svenskt Gudstjänstliv 89 (2014) 121–148. This issue of Svenskt Gudstjänstliv is devoted to a critical analysis of the proposed Kyrkohandbok. Stewart, Benjamin M.: “The Place of Earth in Lutheran Funeral Rites: Mapping the Cur­ rent Terrain,” dialog: A Journal of Theology 53/2 (2014) 118–126. This issue of dialog includes articles on sacramental theology and practice. Theology Today 70/1 (2013) featured articles on Christian worship and public witness. For an overview see the lead article by Sally A. Brown and Luke A. Powery: “Making Connections: Public Worship and Public Witness,” 5–8.

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I. Quellen Dom Guéranger, Prosper: Einführung in das liturgische Jahr (Studien zur monastischen Kultur, Bd. 8), übersetzt von Wilhelm Hellmann. Sankt Ottilien 2014, 216 S. (Französische Originalausgabe: Introduction à l'année liturgique. Avant-propos par Dom Louis Soltner. Editions Dominique Martin Morin, Mayenne 1995). Dom Guéranger war der erste Abt von Solesmes, der die Benediktinertradition in die­ ser Abtei nach der Französischen Revolution wieder aufnahm. Er setzte wesentlich auf eine liturgische Erneuerung des geistlichen Lebens; sein Werk über das liturgische Jahr ist in Abschnitten zwischen 1841 und 1859 erschienen und bliebt unvollendet. Es hat große Wirkung erzielt und gilt bis heute als das bekannteste Werk von Dom Gué­ ranger. Den letzten, fehlenden Teil hat sein Schüler Lucien Fromage ergänzt. Das in französischer Sprache erschienene Werk mit seiner Ergänzung liegt nun in deutscher Übersetzung vor, in seinem Vorwort gibt Dom Louis Soltner Rechenschaft über die Richtlinien der Übersetzung. Dornemann, Axel (Hg.): „Als stände Christus neben mir“. Gottesdienste in der Litera­ tur. Eine Anthologie. Leipzig 2014, 288 S. Gottesdienstbeschreibungen vorrangig aus der Sicht von Schriftstellern und weniger von Theologen sind hier zusammengetragen worden, wobei die der letzten fünf Jahr­ hunderte dominieren. Der christliche Gottesdienst beider Konfessionen einschließlich der Orthodoxie des östlichen Europas steht im Mittelpunkt, drei Beiträge geben Ein­ druck von islamischen und jüdischen Gottesdiensten. Die Beiträge sind nach den Geburtsjahren der Autoren geordnet, so z. B. von den Brüdern Grimm, von Annette von Droste-Hülshoff, Johann Wolfgang von Goethe, Gottfried Keller, Sören Kierke­ gaard, Eduard Mörike, Nikolaj W. Gogol, Theodor Fontane, Leo N. Tolstoj, Joachim Ringelnatz, Boris L. Pasternak, Walter Kempowski, Kurt Marti, Philip Roth, Gabriele Wohmann, Peter Handke. Hamann, Matthias: Der Liber Ordinarius Hallensis 1532 (Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Lit. 119). Liturgischen Reformen am Neuen Stift in Halle an der Saale unter Alb­ recht Kardinal von Brandenburg (JThF 27). Münster 2014, 814 S., 27 teils farbige Abb. Fast die Hälfte der Buchseiten nimmt die Edition dieses Liber Ordinarius Hallensis ein, dazu gegeben sind Abbildungen, die Seiten aus dem Liber Ordinarius zeigen, wie auch Luftbilder des heutigen Doms zu Halle, in dem das Neue Stift 1520 gegründet wurde, und Auszüge aus der Agenda Hallensis von 1536. Dieser Liber Ordinarius wurde von Albrecht von Brandenburg initiiert als eine katholische Reform in Reak­ tion auf die reformatorische Kritik, die sich besonders an der Heiltumsweisung 1521

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zwischen Kardinal Albrecht und Martin Luther entzündete. Der Liber Ordinarius orientierte sich am Magdeburger Domordinarius – Albrecht war ja Erzbischof von Magdeburg –, kopierte ihn aber keinesfalls, sondern verband diese Tradition mit loka­ len Liturgietraditionen in Halle; wahrscheinlich wurden auch noch weitere Traditio­ nen aufgegriffen. Kardinal Albrecht wollte eine Erneuerung des Klerus vermittels der Liturgie, die schon im Mittelalter zahlreiche Vorbilder hatte. „Deren Vorbild folgend, wurde in Halle die mittelalterliche Liturgieallegorese als Schlüssel zum Verständis der Liturgie herausgestellt und dem reformatorischen Sola-Scriptura-Prinzip entgegenge­ halten.“ (462) Dem Zeichenbegriff Hugo von St. Victors folgend, werden Verba und Signa aufeinander bezogen, sodass die Liturgie zu einer zweiten Sprache neben der „Sprache“ der Heiligen Schrift wird. So kann Hamann aufzeigen, „wie eng die sakra­ len Kunstwerke am Neuen Stift, die Architektur der Stiftskirche und die Sakraltopo­ graphie der Stadt Halle durch die Allegorien verbunden sind und eine Symbolwelt bil­ den, die die Glaubenden umgibt, in der sie sich bewegen und die sie vom Sichtbaren zum nicht-sichtbaren Sinn des Kosmos führen will. Auf dieser Ebene liefert der Liber Ordinarius Hallensis einen liturgietheologischen Reformansatz auf die kirchlichen Herausforderungen in seiner Entstehungszeit.“ (462) Die Untersuchung dieses Litur­ giebuches hat folgenden Aufbau: Die handschriftlichen Quellen selbst und die gedruckten Quellen werden beschrieben, dann wird der Liber Ordinarius Hallensis erklärt sowie Albrecht von Brandenburg als Mentor gewürdigt. Es wird die Geschichte des Neuen Stifts bis zu seinem Ende 1541 dargestellt. Es folgt die Vorstel­ lung der liturgischen Quellentexte des Neuen Stifts, die zwar weit verstreut, aber viel­ fach erhalten sind, auf die der Liber Ordinarius Hallensis Bezug nimmt, indem er in den meisten Fällen die Initien der Gebete, Gesänge und Perikopen aufführt, die aber anschließend mit eigenen liturgischen Büchern – Missale, Epistularium, Alleluiarium, Euangeliarum, Venitenbuch, Lectionarium, Collectarius, Homeliarium, Psalterium, Liber pulsationis, Consuetudines, Agenda, Liber Ostensionis Reliquiarum, Librum de lotione altarium, Liber processionis, Liber Capituli – ausgeführt wurden. Es folgt die Bechreibung der Stiftskirche und der Prozessionen in mittelalterlichen Liturgiewerken von Rupert von Deutz, Johannes Beleth, Wilhelm Durandus von Mende, um im Anschluss das umfangreiche Prozessionswesen am Neuen Stift darzustellen. Dazu gehören Prozessionen in der Kirche zu den unterschiedlichen Festen und Gottesdiens­ ten sowie die Prozessionen außerhalb der Kirche in der Stadt Halle. Ratzmann, Wolfgang (Hg.): Evangelische Gottesdienstkultur im Barockzeitalter. Chris­ tian Gerbers „Historie der Kirchen-Ceremonien in Sachsen“ (1732) in Auszügen dokumentiert und kommentiert. Beucha / Markkleeberg 2014, 270 S., 20 schwarzweiß Abb. Im Vorwort legt Ratzmann dar, wie das umfangreiche Original von 779 Seiten dem heutigen Lesen und Verstehen erleichtert werden kann, indem er in das Leben und die Zeit von Christian Gerber, der in Lockwitz bei Dresden von 1690 bis 1731 Pfarrer gewesen ist, einführt. Die oftmals sehr ausführlichen historischen Überlegungen von Gerber und sein Aufzählen von Gebeten und Predigten haben das heute zumutbare Maß überschritten. Der von Ratzmann gestraffte, geordnete und übersichtlich gestal­ tete Text zeigt auf, welche Anliegen des Buches von Gerber die wesentlichen sind. Jedes Kapitel bietet eine kommentierende Einführung. Es sind auch Bilder mitabge­ druckt, die zumeist aus der Zeit Gerbers stammen, zwar in seiner Historie nicht abge­ druckt wurden, heutigen Lesern aber etwas von der damaligen Welt zeigen. Zwischen­ überschriften erleichtern das Lesen, Fußnoten erklären oder übersetzen lateinische Begriffe, Redewendungen etc. Hie und da wurden minimale Textänderungen vorge­

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nommen. Gerbers Kirchen-Ceremonien sind in 15 Kapitel gegliedert: Pro und Contra Kirchen-Ceremonien / Kirchen, Kirchenausstattung, Kircheneinweihung und Kirch­ weihfest / Glocken, Orgeln, Chor und Instrumentalmusik / Der Sonntag und die Sonntagsheiligung / Weihnachten, Ostern und Pfingsten / Die kleineren kirchlichen Feste / Eröffnung, Lieder und Eingangsgebete. Zum Beginn des Hauptgottesdienstes / Lesungen, Predigt und Fürbitten – zum Verkündigungsteil im Hauptgottesdienst / Die Feier des Heiligen Abendmahls / Buße und Beichte / Die Taufe / Die Konfirma­ tion / Die Trauung / Die Bestattung / Die Ordination. Ratzmann schließt das Buch mit einem Rückblick und einen Ausblick auf Gottesdienstkultur, indem er die Aus­ führungen von Gerber mit heutigen Fragen in Verbindung bringt, denn Gerber hatte nicht nur die offiziellen Feierformen etc. beschrieben, sondern auch, wie Dörfer und Städte mit diesen Ordnungen umgingen, was Menschen privat oder gesellschaftlich wichtig war und welche Sitten und wohl auch Unsitten sich ausgebildet hatten. Stegers, Rudolf: Bibliographie Sakrale Gebäude. Kirchen, Synagogen, Moscheen, Häuser der Stille, Friedhofsbauten 1970–2009 (Ästhetik – Theologie – Liturgik, Bd. 53). Berlin 2010, 150 S. In dieser Bibliographie werden sakrale Gebäude, die weltweit zwischen 1970 und 2009 entstanden sind, aufgelistet: 500 Kirchen, 21 Synagogen, 31 Moscheen, 10 Häuser der Stille, 107 Friedhofsbauten. Alle Einträge der Bibliographie nennen zuerst den oder die Architekten, dann den Namen des Gebäudes, seinen Standort inklusive Länderan­ gabe, das Jahr der Fertigstellung. In 223 Fällen wird eine Beschreibung des Gebäudes gegeben, abschließend folgen die bibliographischen Daten. Sie stammen aus Büchern (z. B. Dissertationen, Gebäudebeschreibungen etc.), Handbüchern, Ausstellungskata­ logen, Architekturführern sowie aus 108 Zeitschriften und 12 Zeitungen. Im Anschluss an die Bibliographie folgen Register für die Namen der Architekten und die Orte, was hilfreich ist, da sich nun auch über das Register der Orte die sakralen Gebäude gut finden lassen. Ein weiteres Register zeigt an, in welchem Jahr die Gebäude jeweils errichtet wurden.

II. Agenden, Lektionare Canon Missae ad usum Episcoporum ac Praelatorum pontificaliter vel non pontificaliter celebrantium, cui accedunt formulae variae e Pontificali romano depromptae et cantus ad libitum. Bonn 2014, 202 S., 2 Abb., zweifarbiger Druck, zahlreiche Noten. Der Verlag nova & vetera hat diese Agende für ein Pontifikalamt eines Bischofs, Abtes oder Prälaten aus dem Jahr 1962 neu herausgegeben. Sie gehört also zu den vorkonzi­ liaren Messbüchern und hat zwei Zwecke: Zum einen gibt sie einem Bischof, Abt oder Prälaten einen Canon Missae an die Hand, zum anderen ist sie als Reise-Pontifikale gedacht. Sie enthält also jene Weihen und Segnungen, die ein Bischof in anderen Kir­ chen zu vollziehen hat, wie z. B. die Firmung, die Weihe eines Altars, die Weihe von Patene und Kelch etc. Folgende Abteilungen sind enthalten: Praeparatio ad Missam, Ordo Missae, Canon Missae, Gratiarum actio post Missam, Formulae variae e Pontifi­ cali romano depromptae (z. B. Konsekration eines Bischofs, Segnung eines Abtes etc.), Cantus ad libitum (Tonfolgen fürs Gloria und für die Präfationen, Tonfolgen für den Ruf: Ite, Missa est), Excerpta e Pontificali romano (z. B. für die Weihe eines Altares).

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Dieser Nachdruck ist genauso ausgestattet wie das Original von 1962: mit Gold­ schnitt, drei Zeichenbänder und 11 Blattweisern. Die Feier des Sterbesegens. Eine liturgische Handreichung für die Kranken- und Alten­ seelsorge im Bistum Würzburg. Würzburg 22014, 68 S. Nicht immer steht für die Sterbebegleitung ein Priester bereit, so dass Pastoralreferen­ ten, Gemeindereferenten oder Angehörige den Sterbenden auch rituell begleiten wol­ len. Dafür ist dieses handliche Buch konzipiert. Nach einer pastoralen Einführung wird die Feier des Sterbesegens vorgelegt. Daraufhin folgen Ergänzungsmodelle für besondere Situationen: für ein tot zur Welt gekommenes Kind, für ein sterbendes Kind, für einen im Sterben liegenden jungen Menschen, für einen in der Mitte seines Lebens sterbenden Menschen aufgrund einer langen Krankheit, für einen an Demenz erkrankten, sterbenden Menschen, für einen unerwartet im Sterben liegenden Men­ schen, für einen Menschen, der Suizid verübt hat. Nach diesen besonderen Situationen folgen noch Anhänge mit Schriftlesungen und Liedern, auch entsprechende Register für Quellenverzeichnis etc. sind beigefügt Die Feier des Taufgedächtnisses. Agendarische Handreichung zu Agende III, Die Taufe, für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Hg. im Auftrag der Kirchenlei­ tung und der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vom Amt der VELKD. Hannover, 3., neu bearbeitete Auflage 2013, 88 S. In diesem handlichen Bändchen werden unterschiedliche Formen für die Feier des Taufgedächtnisses aufgezeigt. Die ersten vier Möglichkeiten sind Bausteine, die an ver­ schiedenen Stellen im Gottesdienst verwendet werden können: in der Eröffnung des Gottesdienstes am Taufstein, bei der Sendung und Segnung am Schluss des Gottes­ dienstes mit einem Kreuzzeichen, das mit Wasser aus dem Taufstein ausgeführt wird. Zwei weitere Möglichkeiten stehen im Zusammenhang des Glaubensbekenntnisses am Taufstein oder mit der Taufkerze oder Osterkerze als Symbol des Taufgedächtnisses. Die nächste Möglichkeit ist aus dem Kontakt mit täuferischen Freikirchen entstanden, die darauffolgende aus dem Kontakt mit der römisch-katholischen Kirche. Beide Möglichkeiten sind als ganze Gottesdienste ausgeführt. Zwei weitere Entwürfe sind für Taufgedächtnisse mit Kindern gedacht. Es sind unterschiedliche Zugänge möglich, so über das Glaubensbekenntnis, das Wasser, das Licht der Taufkerze, die Namens­ nennung und über die Segenshandlung. Ein nachfolgender Abschnitt – für eine Agende eher ungewöhnlich – bietet homiletische Impulse zum Glauben, der dem Wort im Wasser traut, bietet Impulse für Predigten, die sich für das Taufgedächtnis eignen, für liturgische Stücke im Gottesdienst, die an die Taufe erinnern, für die Ver­ gebung der Sünden, Erlösung und die ewige Seligkeit (mit Hinweis auf Luthers Kate­ chismen). Die nachfolgenden beiden kleinen Formen zum Tauftag können zuhause begangen werden am Tauftag eines Kindes oder ganz allgemein am Tauftag, gegebe­ nenfalls kann diese Liturgie auch allein gefeiert werden. Ein umfangreicher Anhang stellt weiteres Material für das Taufgedächtnis mit Liedern und Texten bereit. Neuordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Predigttexte. Entwurf zur Erprobung im Auftrag der Kirchenämter von EKD, UEK und VELKD von der Geschäftsführung Perikopenrevision (EKD – UEK – VELKD). Hannover o. J. (2014), 630 S. Ein neues Lektionar soll im Advent 2018 eingeführt werden. Hier liegt nun der Ent­ wurf vor, der im Kirchenjahr 2014/2015 erprobt werden kann. Die Veränderungen werden in der Einführung als moderat bezeichnet, einen Systemwechsel der Periko­ penordnung wird es nicht geben. So bleiben die sechs Textreihen erhalten, auch wenn nun die Texte in den Reihen gemischt sind, so dass es nicht dazu kommen muss, dass

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in einem Kirchenjahr z. B. nur Evangelientexte zu predigen sind. Auch Texte aus dem Alten Testament sind verstärkt aufgenommen worden. Lag ihr Anteil in der bisherigen Ordnung bei etwa einem Fünftel, so ist es nun ein Drittel der Texte. Die Stimmigkeit der Textabgrenzungen wurde überprüft und teilweise verändert. Auch die bisherige Kategorie der Marginaltexte ist nach einer Überarbeitung erhalten geblieben. Hier sind Texte berücksichtigt worden, die in Kirchen der Ökumene Verwendung finden. Auch biblische Frauengestalten und die Lebenswirklichkeit von Frauen sind bei den Marginaltexten berücksichtigt worden. Leitend ist nach wie vor das Konsonanzprin­ zip der Lesungen für einen Gottesdienst. Das Kirchenjahr bleibt in seiner Ordnung fast vollständig erhalten, nur der Übergang zwischen dem Weihnachts- und dem Osterfestkreis wird deutlicher markiert: Vorgeschlagen wird, die Weihnachtszeit immer bis zum 2. Februar (Lichtmess) zu begehen. Die Sonntage danach werden als Sonntage vor der Passionszeit bezeichnet. Ihre bisherigen Proprien bleiben allerdings erhalten. Der nächste große Teil des Perikopenbuchs enthält die unbeweglichen Fest- und Gedenktage. Ihre Lesungen wurden überprüft und gegebenenfalls um alttestamentli­ che Lesungen ergänzt. Als neuer Tag wurde der 9. November (Gedenktag der Pro­ gromnacht) aufgenommen. Der sich daran anschließende Teil, der bisher „Besondere Tage und Anlässe“ hieß, wird nun „Themenfelder“ genannt. Hier werden weniger durchgestaltete Proprien vorgelegt als vielmehr eine Sammlung von Bibeltexten ange­ boten, die situationsgerecht auszuwählen sind. Die Wochensprüche wurden ebenso überprüft, nur an fünf Stellen kam es zu Verände­ rungen. Auch die jeweiligen Wochenlieder wurden überprüft und teilweise verändert oder ergänzt in ihrer Zuordnung für einen Sonntag. Es wurden auch 27 Wochenlieder ausgewählt, die nicht im Stammteil des Evangelischen Gesangbuchs enthalten sind und im Anhang dieses Entwurfs aufgeführt sind. Ein weiterer Teil enthält Vorschläge für fortlaufende und für thematische Predigtreihen. Da derzeit die Lutherbibel eine Durchsicht erfährt, soll in das neue Perikopenbuch die in der Lutherbibel 2017 enthaltene Textfassung aufgenommen werden. Der vorgelegte Entwurf kann diese Texte noch nicht enthalten, hat aber schon 15 Texte vorab einge­ arbeitet. Wenn man nun die biblischen Texte für einen Sonntag mit dem Wochenlied, dem Spruch der Woche, dem Psalm, der Kirchenjahreszeit und der Farbe des Paraments – also die Angaben, die das Perikopenbuch für einen Sonntag zur Verfügung stellt – zusammensieht, kann man von einem Textraum sprechen. In diesem ergibt sich ein Klang, wenn die Angaben in Gebrauch genommen werden, so dass von einen Klang­ raum gesprochen werden kann. Fragt man nun nach der Veränderung des Klangs durch die zur Erprobung vorgelegten moderaten Veränderungen mit Rückblick auf die ältere Perikopenordnung aus den 1950er Jahren von 1958, die ein starkes Gewicht auf Christologie und Soteriologie gelegt hat, so stellt der Entwurf in seiner Einführung fest: „Es ist evident, dass sich dieses Gewicht in der nun vorliegenden Revision allein dadurch verschiebt, dass nun verstärkt alttestamentliche Texte aufgenommen werden. Damit kommen neue thematische Akzente, aber auch vermehrt andere Sprachformen (Erzählüberlieferungen, Weisheit, Poesie) hinzu und prägen den Klang.“ (23) Da dieser Entwurf zur Erprobung vorliegt, sind ihm auch fünf Seiten beigefügt, mit denen eine Rückmeldung möglich ist. Um diese Rückmeldung zu unterstützen, sind für jeden Sonntag in einer Übersicht die Veränderungen gegenüber der Perikopenord­ nung 1978 aufgeführt. Hinzukommen Übersichten über die sechs Predigtjahre, Texte für Familien- und Kindergottesdienste, die Wochenlieder, Lieder für die unbewegli­

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Jörg Neijenhuis chen Feste und Gedenktage, eine Liste der entfallenen Wochenlieder, Listen mit den Texten, die Veränderungen erfahren haben, sowie ein Register mit allen Bibeltexten.

III. Monographien und Sammelbände Atanassova, Diliana / Chronz, Tinatin (Hg.): ΣΥΝΑΞΙΣ ΚΑΘΟΛΙΚΗ (Synaxis katho­ like). Beiträge zu Gottesdienst und Geschichte der fünf altkirchlichen Patriarchate für Heinzgerd Brakmann zum 70. Geburtstag (orientalia – patristica – oecumenica, Bd. 6), 2 Bände, Wien / Berlin 2014, 854 S., 2 Abb. Zu Heinzgerd Brakmanns 70. Geburtstag ist diese großartige Festschrift erschienen, die mit 43 Beiträgen von Schülern und Kollegen bestückt ist. Sie sind quellengesättigt und orientieren sich auch in dieser Hinsicht an den Quellen des ostkirchlichen Chris­ tentums. Einige Male werden in Aufsätzen auch ostkirchliche Texte neu oder verbes­ sert ediert und mit einer Übersetzung versehen. Es ist gar nicht möglich, die Breite der Aufsätze summarisch zu schildern, darum einige Schlaglichter: Es geht um koptische Texte, um die vielleicht ältesten Predigten zum Epiphaniasfest, um einen armenischen Bestattungsgesang, um ein byzantinisches liturgisches Gesangbuch, um eine unbe­ kannte syrische Kanonessammlung, um die äthiopische Jakobosanaphora usw. Den Bänden beigegeben sind ein Abkürzungsverzeichnis, eine Kurzbiographie und ein Schriftenverzeichnis des Geehrten, eine Tabula Gratulatoria sowie vier Register: Bibelstellen, außerkanonische Schriften, Handschriften / Inschriften / Ostraca / Tafeln / Papyri, Personen- und Ortsnamen. Die Beiträge sind verfasst in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache. Baschera, Luca / Berlis, Angela / Kunz, Ralph (Hg.): Gemeinsames Gebet. Form und Wirkung des Gottesdienstes (Praktische Theologie im reformierten Kontext, Bd. 9). Zürich 2014, 248 S. Die meisten Beiträge gehen zurück auf eine Tagung in Zürich aus dem Jahr 2012, die sich mit den Wirkungen der Liturgie befasste. „Was macht das ‚gemeinsame Beten‘ mit der betenden Gemeinde? Was für eine Wirkung entfaltet es? Ist es bloß Aus­ druckshandeln und sich Gott zuwendender Lobpreis der Gemeinde oder muss es viel­ mehr – theologisch – als eine Praxis betrachtet werden, derer sich Gott bedient, um (trans)formativ auf die Gemeinde zu wirken?“ (8) So wird deutlich, dass Beten bzw. Liturgie nicht erschöpfend darin zu verstehen ist, dass es allein als expressives, aus­ drucksvolles Handeln der Feiernden dargestellt werden kann, sondern auch das Han­ deln Gottes mitdenken soll; Liturgie, gemeinsames Gebet ist in unaufgebbarer Dialek­ tik menschliches und göttliches Wirken im gottesdienstlichen Handeln. In den vielen Beiträgen kommen einzelne liturgische Teile – z. B. Lesungen, Musik, kirchliche Fra­ gen – in dieser Hinsicht zur Sprache, aber hervorgehoben sei, dass diese Grundfrage nicht nur aus der reformierten, sondern ebenso aus lutherischer, methodistischer, ang­ likanischer und altkatholischer Sicht reflektiert wird. Bieringer, Andreas: A Halfway House to Aggiornamento? Die ersten muttersprachlichen Messbücher in den USA (1964–1966) (StPaLi 38). Regensburg 2014, 317 S. Diese Arbeit untersucht die Entstehung der sogenannten Interimsmissale aus den Jah­ ren 1964 bis 1966, die in den USA aufgrund der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils entstanden und die ersten muttersprachlichen Messbücher sind. Zuerst legt Bieringer das Engagement der amerikanischen Bischöfe während des Kon­

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zils dar und kann das gängige Urteil widerlegen, dass diese Bischöfe wenig Interesse an dieser Konstitution hatten. Im Gegenteil: Einige ihrer Anliegen finden sich an pro­ minenter Stelle in der Liturgiekonstitution wieder. Damit hat sich der reformorien­ tierte Flügel des amerikanischen Episkopats durchsetzen können. Anschließend wird das Werk von Frederick McManus vorgestellt, der maßgeblich die Reformen des Kon­ zils in Sachen Liturgie umsetzte und die Interimsmissale beförderte. Wegweisend sind auch seine theologischen Kommentare zur Liturgiekonstitution geworden. Nach der Erörterung über die Liturgiekonstitution und die daraus folgende Messbuchreform werden die Hintergründe für die zweisprachigen Messbücher erhellt. Es folgt eine aus­ führliche Darstellung der Erstellung der Interimsmissale in der Muttersprache, was insofern bemerkenswert ist, da die erste amerikanische Bischofsversammlung dazu schon 1964 einberufen wurde. 1966 wurde bereits eine zweite Auflage nötig. Dass diese Interimsmissale Einfluss hatten auf die späteren offiziellen Messbücher und die­ ser Einfluss bis heute sichtbar ist, hat Bieringer ebenso dargelegt wie die gesellschaftli­ chen Umstände in den USA, die diesen Einfluss auch erklären. Brantl, Johannes / Gradl, Hans-Georg / Schaeidt, Mirijam / Schüßler, Werner: Das Gebet. „die Intimität der Transzendenz“. Würzburg 2014, 152 S. Die vier in diesem Band vorgelegten Beiträge sind aus philosophischer, biblischer, sys­ tematisch-theologischer und spiritueller Sicht verfasst worden. Der philosophische Beitrag fragt nach den durch das Beten mitgesetzen Implikationen des Gottesverständ­ nisses, z. B. wenn es um die Gebetserhörung geht. Aus biblischer Sicht wird das Vater­ unser als Gebetsschule dargelegt, denn die ersten Christen haben nicht nur von Jesus das Beten gelernt, sondern auch gelernt, zu ihm zu beten. Der systematisch-theologi­ sche Aspekt stellt die Aufmerksamkeit in den Mittelpunkt, die das Gebet benötigt, aber in unserer Kultur der Zerstreuung nicht immer leichtfallen dürfte. Aus spirituel­ ler Sicht wird die existentielle Sehnsucht nach dem Ewigen, die Erfüllung des Lebens durch die Gottesbegegnung, ausgeführt. Deeg, Alexander / Lehnert, Christian (Hg.): „Wir glauben das Neue“. Liturgie und Liturgiewissenschaft unter dem Einfluss der völkischen Bewegung (Beiträge zu Litur­ gie und Spiritualität, Bd. 27). Leipzig 2014, 245 S. Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit den schwierigen und problembehafteten Seiten der Liturgieentwicklung und Liturgiegeschichte des 20. Jahrhunderts angesichts des völkischen Denkens und der damit verbundenen Mentalität. Das Fachgespräch des Liturgiewissenschaftlichen Instituts in Leipzig hat 2013 diese Mentalität, die wirk­ sam war während der Weimarer Republik und des Dritten Reichs, im Hinblick auf die Liturgie zum Thema gemacht. So werden die irrationalen Hoffnungen des deutschen Volkes auf Erlösung vor und nach dem Ersten Weltkrieg zur Sprache gebracht, die sich widerstreitenden liturgischen Mentalitäten um 1933, Volkstumdenken und Gemeinschaft in der Liturgik bei Paul Althaus, die Beseitigung des jüdischen Erbes in der Gottesdiensttradition, die Agendensituation von 1933 bis 1945; es gibt eine Sich­ tung von Materialien für den Gottesdienst von 1930 bis 1941 und der Sammlung Kir­ chenlied von 1938 im Kontext ihrer Entstehungszeit. Abschließend werden For­ schungsperspektiven formuliert. Deeg, Alexander / Garhammer, Erich / Kranemann, Benedikt / Meyer-Blanck, Michael: Gottesdienst und Predigt – evangelisch und katholisch (Evangelisch-katholische Stu­ dien zu Gottesdienst und Predigt [EKGP], Bd. 1). Neukirchen-Vluyn / Würzburg 2014, 141 S. Mit diesem Band ist eine neue Reihe eröffnet worden, in der Monographien und Sam­ melbände aus evangelischer wie katholischer Forschung veröffentlicht werden kön­

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nen, die den Gottesdienst und die Predigt, aber auch den Zusammenhang beider Kon­ fessionen in den Blick nehmen. Dabei werden interkonfessionelle und interdiszipli­ näre Aspekte eine Rolle spielen. Das Programm dieser Reihe ist auf vier grundlegende Zusammenhänge aufgebaut: 1. Die konfessionellen Traditionen befinden sich im Wan­ del. Gilt bislang, dass der Höhepunkt der katholischen Messe die Eucharistie ist und der Höhepunkt des evangelischen Gottesdienstes die Predigt, so zeigt sich ebenso, dass in der evangelischen Tradition ein spiritueller Aufbruch zu verzeichnen ist wie auch die Qualität der Predigt in der katholischen Messe einen Stellenwert erhalten hat. 2. Das Verhältnis von Liturgiewissenschaft und Homiletik: Es wird eine ökumenische Liturgiewissenschaft propagiert, weil sie ihre Aufgabe nur unter Berücksichtigung der anderen Konfessionen wahrnehmen kann. Die Homiletik hat in der evangelischen Praktischen Theologie ihre Leitstellung eingebüßt und in der katholischen Theologie führt sie nach wie vor ein Schattendasein. Allen müsse daran gelegen sein, die Homile­ tik zu stärken und die rituellen und rhetorischen Aspekte des Gottesdienstes wechsel­ seitig zu profilieren. 3. Diese neue Reihe möchte ein Instrument zur Förderung von homiletisch-liturgischen Zusammenhängen sein. Denn beide Disziplinen sind weit ausdifferenziert und arbeiten in methodischer Hinsicht historisch, systematisch, empi­ risch und ästhetisch. Hinzu treten neuen Forschungsbereiche wie z. B. die Ritual Stu­ dies. Diese neue Reihe ist also ein Forum für das interdisziplinäre und interkonfessio­ nelle Gespräch. 4. Im umfassenden Sinn ist diese Reihe nicht ökumenisch, sondern soll sich beschränken auf evangelische und katholische Liturgik und Homiletik. Sie ist darum auch keinem ökumenischen Konzept wie dem der Konsensökumene oder einer Ökumene der Profile verpflichtet. Vielmehr sollen Unterschiede erkannt und benannt werden, damit man voneinander lernen kann und Wege zueinander findet. Die vier Herausgeber dieser Reihe haben für den ersten Band, der als Programmschrift verstanden wird, jeder einen Beitrag verfasst. Meyer-Blanck expliziert auf dem Hinter­ grund der Praktischen Theologie die Spannung von Ritus und Rede. Benedikt Krane­ mann zeichnet die Entwicklung der ökumenischen Liturgiewissenschaft nach, wie sie sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil entwickelt hat. Erich Garhammer nimmt die Disziplinen Pastoraltheologie und Liturgiewissenschaft in ihrer fruchtbaren Span­ nung in den Blick und zeigt auf, wie Verbindungen ausgebaut werden können. Ale­ xander Deeg zeigt aus der Sicht einer evangelischen Fundamentalliturgik systemati­ sche Aspekte von Gottesdienst und Predigt. Etzelmüller, Gregor: Was geschieht beim Gottesdienst? Die eine Bibel und die Vielfalt der Konfessionen. Leipzig 2014, 165 S. In diesem Buch legt Etzelmüller für einen weiten interessierten Leserkreis den Inhalt und die Ergebnisse seiner Habilitationsschrift vor, ohne die wissenschaftliche Fachdis­ kussion zu wiederholen. Die elf Kapitel sind erhalten geblieben (vgl. JLH 50 [2011] 91) und natürlich auch die Ausgangsthese, „dass zum Verständnis der unterschiedli­ chen gottesdienstlichen Traditionen der Rückgang auf die sie prägenden biblischen Überlieferungen notwendig ist.“ (7) Die gottesdienstlichen Traditionen sind verbun­ den durch ihren Bezugstext Bibel. Aber gerade dadurch wird auch ihre konfessionelle Unterschiedlichkeit erklärlich. Falaturi, Parvis H.: Das Geschehen am Altar aus der Perspektive der Verhaltenswissen­ schaft. Beobachtungen im Alten Testament und Realisationen im christlichen Gottes­ dienst (Ästhetik – Theologie – Liturgik, Bd. 61). Berlin 2014, 300 S., 24 Abb. Etwas spitz formuliert lässt sich feststellen, dass in den meisten Kirchen zwar Altäre stehen und die Gemeinde durch ihre Sitzordnung auf sie ausgerichtet ist, aber im Mit­ telpunkt des Wahrnehmens liegen sie selten. Das war zur Zeit des Alten Testaments

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ganz anders: Tiere wurden auf ihnen geopfert, Menschen fielen vor dem Altar zu Boden, Gott erschien dort den Menschen. Als Grundtyp des Altarbaus und Altarge­ schehens nimmt Falaturi den Altarbau des Gideon (Ri 6) und stellt den Altargebrauch bei den Erzvätern, den priesterlichen, deuteronomistischen und prophetischen Texten heraus. Das Erarbeitete wird daraufhin verhaltenswissenschaftlich gedeutet, es geht bei der Altarbegegnung um Kommen und Erscheinen, um Essen und Verzehren, um Töten und Verschonen, um Bauen und Benennen. Verhaltenwissenschaftlich stellt Falaturi fest: „Die Menschen treffen auf einen Anderen, dem zu nahen konfliktbehaf­ tet ist, der gesucht und gemieden wird und der offensichtlich gefährlich ist.“ (283) Es kommt also zu einer Erfahrung des Heiligen, die schon im Alten Testament ganz unterschiedliche Konsequenzen in den Frömmigkeitsstilen zeigte, wie sie sich auch heute noch in den Konfessionsprofilen christlicher Kirchen wiederfinden: Wenn die Frömmigkeitsform von Überwältigung und Ergriffenheit ausgeht und das Ritual das vorherrschende Verhalten bestimmt, lässt sich dieser Stil in der orthodoxen und katholischen Kirche wiederfinden. Aus den deuteronomistischen Texten spricht eher eine Offenbarungsfrömmigkeit, die Wort und Rede in den Mittelpunkt stellt und sich eher bei der reformierten Kirche findet. Am christlichen Altar sind diese Verhaltens­ weisen wiederzufinden, auch wenn es nicht mehr um Gabentausch und Beschwichti­ gung geht, sondern das einmalige Opfer Jesu Christi gefeiert wird. Das Besondere ist, dass damit die Haltung zum ökonomischen Tauschgeschäft durchbrochen ist. Oder anders formuliert: Am Altar muss nicht Gott mit Nahrung versorgt werden, sondern der Mensch. Grethlein, Christian: Taufpraxis in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Leipzig 2014, 203 S. Im Vorwort gibt Grethlein Auskunft über seine Motivation bzw. die Motivationsge­ schichte für dieses Buch: Schon seine neutestamentliche Proseminararbeit hatte sich mit der Taufe befasst und später auch seine Habilitation; wer seine Schriften kennt, weiß, dass Taufe für Grethlein immer ein Thema war, ja ein Grundthema seiner Prak­ tischen Theologie ist. „Zum anderen macht mich die lange Arbeit am Thema Taufpra­ xis – ich muss es gestehen – ungeduldig: In den sog. Gemeindegottesdienst ‚eingescho­ bene‘ Taufen sind für mich schwer erträglich, pastorale Kritik an der angeblichen Obeflächlichkeit der ‚Leute‘ macht mich traurig, das Gerede von ‚Taufquoten‘ ärger­ lich. So beabsichtige ich mit diesem Buch zweierlei: Ich möchte dem lebenserschlie­ ßenden Potenzial von Taufe auf die Spur kommen. Zugleich forsche ich danach, was dessen Rezeption im Weg steht.“ (5) Drei Teile umfasst das Buch gemäß seinem Titel: Taufpraxis in der Geschichte, verstanden als Kontinuität und Wandel, Taufpraxis in der Gegenwart, verstanden als Pluriformität zwischen Selbstverständlichkeit und Optionalität, Taufpraxis in der Zukunft, erhofft (?) als kommukatives und lebensprak­ tisches Potenzial. Im geschichtlichen Teil des Buches legt Grethlein dar, wie die neu­ testamentliche Taufpraxis aufgrund ihres mimetischen Profils (Röm 6) eine egalitäre und inklusive Ausrichtung hat, die ethnische, geschlechtsbezogene, soziale Distinktio­ nen und Exklusionen überwindet. Verschiedene Diskurse über die Jahrhunderte hin, wie z. B. Kirche, Politik oder bürgerliche Moral, haben dieses Verständnis verdunkelt. Im zweiten, der Gegenwart gewidmeten Teil zeigt Grethlein, nachdem er Statistiken, Kirchengesetze, Kirchenreformschriften etc. gesichtet hat, auf, wie es langsam ein Ent­ rinnen aus dem obrigkeitlichen Taufzwang gibt, der sich mit einer Kirchenmitglied­ schaft verbindet; Einsichten aus der Liturgiewissenschaft, der internationalen Öku­ mene und der Gemeindepädagogik geben für die kommunikative und lebensprakti­ sche Taufpraxis neue Impulse. Im dritten, der Zukunft gewidmeten Teil, stellt Greth­

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lein folgende These auf: „Die Taufpraxis kann Kirche orientieren. Sie darf deshalb nicht für die bestehende Kirchenorganisation funktionalisiert werden.“ (159, im Origi­ nial kursiv) In drei Abschnitten werden die damit verbundenen Fragen beleuchtet: 1. Reicht für die theologische Reflexion der Taufpraxis der Bezugsrahmen Kirche bzw. Gemeinde aus (und was ist mit diesen Begriffen gemeint)? Grethlein sieht dies als zu eng an, insbesondere wenn sich die Taufpraxis schon als Taufeinschub in den Gottes­ dienst erschöpft. Taufe soll liturgisch als eigenständiger Gottesdienst gefeiert werden, auch wenn das ein Gottesdienst am Sonntagmorgen sein kann. 2. Taufe ist im Rahmen der Kommunikation des Evangeliums zu verstehen als die Vorgänge des Lehrens und Lernens, des gemeinschaftlichen Feierns und des Helfens zum Leben. So hat Taufpra­ xis eine pädagogische, liturgische und diakonische Dimension. Die Zeichen der Taufe – Name des Täuflings, Wasser, Handauflegen, Taufkerze, Kreuzzeichen – erschließen den Sinngehalt der Taufe und ermöglichen die eigenständige biografiebezogene Aneig­ nung der Feiernden. Eine solche Taufpraxis kann Kirche orientieren, weil sich mit der gesellschaftlichen Veränderung die Einstellung der Menschen zur Kirche verändert hat: es gibt kein Verständnis mehr für eine staatlich erzwungene, dann sozial kontrol­ lierte Kirchenzugehörigkeit, sondern Kirchenzugehörigkeit ist zu einer Option geworden. Zwei Bemühungen, dem zu entgehen, sind wenig erfolgreich: zum einen das Hochhalten des Gemeindelebens und zum anderen, die Menschen als zu versor­ gende und zahlende Kunden zu betrachten. Darum plädiert Grethlein dafür, den kom­ munikativen Charakter des Evangeliums zum Ausgangspunkt für die Taufpraxis zu nehmen und den Diskurs Kirche dem Diskurs Taufe unterzuordnen, so dass das kirchliche Handeln stärker inhaltlich und weniger organisatorisch bestimmt wird. Haspelmath-Finatti, Dorothea: Theologia Prima. Liturgische Theologie für den evangeli­ schen Gottesdienst (APTLH 80). Göttingen 2014, 251 S. Mit dieser Untersuchung ist eine Übersicht über Gottesdienstverständnisse und litur­ gische Theologie in ökumenischer Perspektive entstanden. Ansätze und Konzepte aus dem deutschsprachigen Gebiet, den USA und Italien werden vorgestellt. Die Leitbe­ griffe sind Rechtfertigung und Liturgie, die als theologia prima vermittels der liturgi­ schen Theologie beschrieben werden. Die ökumenischen Konzepte von theologia prima beschreiben mit diesem Begriff die Selbstvergegenwärtigung Gottes im Gottes­ dienst. Davon handelt die liturgische Theologie, die akademisch als theologia secunda verstanden wird und eine Reflexion der theologia prima ist. Die Untersuchung enthält drei Teile: Der erste Teil befasst sich mit deutschsprachiger evangelischer Gottesdiensttheologie von Wilhelm Stählin, Christoph Dinkel, Michael Meyer-Blanck, Peter Brunner, Gerhard Ebeling, Karl Barth, Eberhard Jüngel, Oswald Bayer, Eilert Herms und Bernd Wannenwetsch, die in ihre Nähe oder Ferne zur litur­ gischen Theologie beschrieben werden. Der zweite Teil der Untersuchung stellt die Konzepte liturgischer Theologie aus der Ökumene dar. Aus Amerika werden darge­ stellt die liturgische Theologie vom römisch-katholischen Theologen David A. Faber­ berg, vom orthodoxen Theologen Alexander Schmemann, von den römisch-katholi­ schen Theologen Aidan Kavanagh und Robert Taft, von dem Lutheraner Gordon W. Lathrop. Es folgen römisch-katholische Theologen aus Italien: Andrea Grillo, Salvator Marsili, Giorgio Bonaccorso. Im dritten Teil bündelt Haspelmath-Finatti diese unterschiedlichen Verständnisse der theologia prima durch eine neu verstandene Leiblichkeit, die das ganze Leben im Blick hat. Theologia prima begreift sie in der Weise, dass es „um die körperliche Begegnung Gottes, der selber Körper ist (…), mit körperlichen Menschen“ (187) geht. „Liturgi­ sche Begegnung zwischen Gott und Mensch wird hier als Gottes körperliches Eingrei­

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fen in das körperliche Leben der Menschen verstanden. Die Rechtfertigung geschieht durch Gottes leibliches Tun, in Wort und Sakrament, am Menschen.“ (187) Mit diesen Impulsen aus der liturgischen Theologie der Ökumene kann auch der evangelische Gottesdienst als eine gott-menschliche Handlung verstanden werden, weil die Hand­ lung von Gott ausgeht und den Menschen einbezieht. Hauke, Manfred (Hg.): Papst Benedikt XVI. und die Liturgie. Regensburg 2014, 240 S. Dieser Sammelband ist die Übersetzung eines 2010 erschienenen Werkes, das die Vor­ träge einer Konferenz in Irland dokumentiert, die 2008 stattfand. Darin setzen sich die Autoren mit den unterschiedlichen Inititativen und Wirkungen von Papst Benedikts Schriften sowie auch Entscheidungen auseinander. Es geht um den Papst als Liturg, um das Problem der Übersetzungen der Messtexte (Liturgiam authenticam), um die Fragen, ob Klaus Gamber als Vater der neuen liturgischen Bewegung anzusehen ist, was es mit der von Benedikt XVI. ausgerufenen Reform der Reform auf sich hat, oder auch, wie es um die Interpretamente von Kontinuität und Bruch in der Liturgie bestellt ist. Es geht um die sakrale Kunst, um die theologische Würdigung von Ratzin­ gers Liturgie und seiner liturgischen Reformen. Heid, Stefan (Hg.): Operation am lebenden Objekt. Roms Liturgiereformen von Trient bis zum Vaticanum II. Berlin 2014, 392 S. Mit den zahlreichen Beiträgen dieses Bandes wird der Versuch unternommen, die Liturgiereformen Roms, die durch das Trienter und das II. Vatikanische Konzil ini­ tiiert worden sind, aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, indem Kunstund Musikhistoriker, Liturgiewissenschaftler, Kirchenhistoriker, Fundamentaltheolo­ gen und Dogmatiker zu Wort kommen. Es handelt sich um Vorträge bei einer Tagung des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, die im Dezember 2014 am Campo Santo Teutonico im Vatikan stattfand. Das Motiv zu dieser Tagung bestand darin, „Selbstverklärungen zu hinterfragen und das Zweite Vatikanische Konzil nicht als vom Himmel gefallenen Meteor und überhaupt als erste Liturgiereform, die den Namen verdient, zu sehen. Vielmehr soll das Vatikanische Konzil in seinem Bezug zum Trienter Konzil betrachtet werden, an dessen Liturgiereform es anknüpft und ohne das es nicht zu verstehen ist.“ (7) Der Sammelband gliedert sich in vier Teile. 1. Quelle und Höhepunkt: Die theologische Herausforderung einer jeden Reform. Es geht dabei um Roms Liturgiereform in ökumenischer Perspektive, um die Liturgie als theologischer Ort statt um ein bloßes Ornament, um die actio und celebratio. 2. Barock und Antibarock: Die Reform des Konzils von Trient und ihr umstrittenes Erbe. In diesem Teil werden Kirchbau, Bilder, Musik und liturgische Reformvorstel­ lungen in der katholischen Aufklärung und Josephinisums behandelt. 3. Rubriken und höhere Prinzipien: Die Reformdynamik im Umfeld des Zweiten Vatikanischen Kon­ zils. Hier kommen die Rubrikenreform, die Fundamentalprinzipien der Reform von Bildung und Teilnahme, Latein als Liturgiesprache sowie die Einheit der Liturgie und ihre Vielfalt der Riten und Formen zur Sprache. 4. Erneuerung und Entsorgung: Exemplarische Baustellen der Reform im kritischen Rückblick. Abschließend werden die Reformen der Osternacht, Introitus und Stufengebet der römischen Messe, das Offertorium in seiner Geschichte und die Frage nach Tisch oder Altar bedacht. Zu jedem Beitrag hat der Herausgeber eine kleine Einführung geschrieben, ein Autoren­ verzeichnis und Personen- und Sachregister beschließen den Sammelband. Heyl, Andreas von / Kemnitzer, Konstanze Evangelia (Hg.): Modellhaftes Denken in der Praktischen Theologie (FS Klaus Raschzok). Leipzig 2014, 224 S. Für Klaus Raschzok ist Praktische Theologie die Gestaltlehre des Glaubens. Dafür muss sie Phänomene wahrnehmen, empirisch arbeiten, Beobachtungen und Erkennt­

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nisse zusammentragen und zu Modellen verdichten, um daraufhin mit neuen Eindrü­ cken und Herausforderungen umgehen zu können. Diesem Modellgedanken gehen die Beiträger der Festschrift nach und legen Modelle dar: z. B. das Singen als Modell christlicher Spiritualität, der Narr als Modell des evangelischen Pfarramtes, oder – in Stichworten – die Heimat, die Kommunikation des Evangeliums, Bibeltexte, Predigt und Musik, Struktur und Milieus, Kirchenbau, Ostern, Alltag etc. Kirschner, Martin / Schmiedl, Joachim (Hg.): Liturgia. Die Feier des Glaubens zwischen Mysterium und Inkulturation (Katholische Kirche im Dialog, Bd. 2). Freiburg i. Br. 2014, 176 S. In diesem Band werden Beiträge publiziert, die sich mit den Fragen nach der Bewer­ tung des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Gegenwart und Zukunft der römischkatholischen Kirche befassen. Denn in den letzten Jahren hat es allerhand innerkirchli­ che Auseinandersetzungen um die Liturgie bzw. um das Zweite Vatikanische Konzil gegeben: die Auseinandersetzungen mit den Pius-Brüdern, die Wiederzulassung der tridentinischen Messe, die Frage der neueren Übersetzungen der liturgischen Bücher, die Frage nach der Hermeneutik für die Liturgie. Die ersten Beiträge sind systema­ tisch-theologisch angelegt und stellen das gefeierte Mysterium und den Lebensbezug der Liturgie in den Mittelpunkt, fragen nach dem Zusammenhang von Gotteskrise, Kirchenkrise und Glaubenskrise. Anschließend wird die Reform der Liturgie seit dem Konzil nachgezeichnet. Vier Beiträge befassen sich mit praktischen Fragen: mit der Entwicklung von liturgischen Diensten, mit der Bedeutung der Liturgiesprache zwi­ schen Alltag und Feierlichkeit, mit dem Wert von nichteucharistischen Feiern und Chancen eines liturgischen Katechumenats für die Feier von Riten und Ritualen. Knobloch, Stefan: Lebenszeichen. Für eine Wiederentdeckung der Sakramente. Ostfil­ dern 2014, 142 S. Dass die Sakramente der Kirche immer weniger Beachtung erfahren, lässt sich auch in der römisch-katholischen Kirche feststellen. Meist wird dafür die um sich greifende Säkularisierung haftbar gemacht. Knobloch legt dar, dass auch andere Gründe zu bedenken sind: der Pflichtcharakter von Sakramenten, magisches Sakramentsverständ­ nis, oder dass Sakramente für wichtiger als die Menschen gehalten werden. Stattdessen können Sakramente als Rituale begriffen werden, durch die die Wirklichkeit des Auf­ erstandenen zeichenhaft präsent ist. Auch sind sie Zeichen in der Welt. Denn, so hat es das Zweite Vatikanische Konzil gelehrt, die Kirche ist Sakrament und damit die Kirche als Volk Gottes. Seine Darlegungen beginnt Knobloch mit der Frage nach der rechten Konzilshermeneutik, zeichnet die konziliaren Aufbruchsmomente nach und stellt das dort formulierte Sakramentsverständnis dar; anschließend das des Codex Iuris Canonici (CIC). Nun wendet er sich Gegenwartsfragen zu, hebt das Volk Gottes als Sakrament hervor und zeichnet die Sakramente als Rituale nach. Abschließend werden die Sakramente in ihrer Lebensrelevanz dargestellt. Lunk, Johanna: Das persönliche Gebet. Ergebnisse einer empirischen Studie im Vergleich mit praktisch-theologischen Gebetsauffassungen. Leipzig 2014, 336 S. In ihrer Hinführung stellt Lunk fest, dass laut dem Religionsmonitor der Bertels­ mann-Stiftung 51 % der Deutschen das private Gebet in einer mittleren Intensität pflegen, was aber wenig aussagekräftig ist, da man ja nicht genau weiß, was unter Gebet verstanden wird. Darum setzt Lunk weniger auf eine quantitative, sondern auf eine qualitative Erhebung, weil hier kein Gebetsbegriff vorgegeben wird, sondern die Personen mit ihren Deutungen selbst zu Wort kommen. Zugrunde legt sie die Bayreu­ ther Studie „Rituale, Sinngebung und Lebensgestaltung in der modernen Welt“, die vom Gottesdienst-Institut der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Auftrag

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gegeben und vom Institut zur Erforschung der religiösen Gegenwartskultur in Bay­ reuth durchgeführt wurde. Als Erhebungsmethode wurde das offene Erzählinterview gewählt. Lunk wertet die Gesprächspartien zum Gebet aus: Wo kommt das persönli­ che Gebet in religiösen Kontexten vor; welche Zeiten und Anlässe hat es; das gemein­ same Gebet im Gottesdienst und privates Einzelgebet; Formen, Gebetsgattungen und ihre Inhalte; Erwartungen an das Gebet und Auswirkungen des Gebets; Deutungen und Definitionen des Gebets; Verhältnis von Gebet und Tat; Gebetserfahrung in der Kindheit; Gebet mit Kindern und das Tischgebet. Diese vielfältigen Erhebungen wer­ den im zweiten Teil mit den praktisch-theologischen Gebetsauffassungen abgeglichen. Zunächst wird dargestellt, welche praktisch-theologischen Gebetsauffassungen – der Begriff wird bewusst als weiter und offener Begriff anstelle des Begriffs Gebetstheolo­ gie gewählt – zum Zuge kommen sollen; es werden aus der praktisch-theologischen Literatur fünf Gruppen erhoben: Gebet als Gespräch mit dem Gott der Offenbarung; Gebet ohne personalen Gottesbezug, das eher als Haltung oder Denkakt verstanden wird; Gebet als Ort der Passivität, darin sich der Betende der Liebe Gottes oder dem Geheimnis des Lebens ausliefert, dabei auch die Grenzen der Welt und der Sprache überschreitet; Gebet als mehrdimensionales Geschehen, weil der Glaube nicht nur Informationen liefert, sondern auch Geheimnisse eröffnet, da Gott auch als uner­ forschliche Macht verstanden wird; Gebet und Biographie zeigen, dass Gebet ein Ver­ trauensakt ist, dass der Betende im Gebet auch über sein eigenes Leben nachdenkt, ja das Leben als Gebet deutet. Lunk hält fest, dass die meisten Gebetsauffassungen von Idealvorstellungen des Gebets geprägt sind, und einen vereinheitlichenden Begriff von Gebet wird es kaum geben können. Es stellt sich die Frage, „wie Betende eingeschätzt werden, die diesem Ideal nicht entsprechen, sich aber trotzdem als Betende verstehen.“ (264) Im letzten Teil ihrer Untersuchung gleicht Lunk die empirischen Ergebnisse mit den praktisch-theologischen Gebetsauffassungen ab. Es zeigt sich dabei, dass tatsächli­ ches Gebetsleben praktiziert wird von Menschen, mit denen andere Menschen beten und sie dadurch unterweisen. Die theoretischen Gebetslehren haben darauf allenfalls geringen Einfluss. Auch kirchliche Gebetstraditionen sind oftmals zu anspruchsvoll, um im Alltag und zuhause eine Gebetspraxis bestimmen zu können. Menschen bevor­ zugen im Alltag die kleineren Gebetsformen. Damit stellt sich für die Praktische Theologie die Aufgabe, auch beim Thema Gebet auf empirisches Material zu achten und es in die Theoriebildung mit einzubeziehen. Jeggle-Merz, Birgit / Kirchschläger, Walter / Müller, Jörg (Hg.): Gemeinsam vor Gott treten. Die Liturgie mit biblischen Augen betrachten (Luzerner Biblisch-Liturgischer Kommentar zum Ordo Missae, Bd. 1). Stuttgart 2014, 198 S. Die Herausgeber dieses auf drei Bände konzipierten Kommentars wollen der durch Routine oberflächlich werdenden Mitfeier der Messe durch Vertiefung und Erschlie­ ßung der gleichbleibenden Texte anhand des biblischen Reichtums entgegenwirken. Da die meisten Messtexte auf biblische Texte zurückgehen, sollen diese nach Her­ kunft, Geschichte und Sinn erschlossen werden. Das ist das erste Ziel dieses Kommen­ tars. Das zweite Ziel ist die damit verbundene spirituelle Vertiefung, die zu einem geis­ tigen Verstehen führen soll. Zu jedem Text wird zunächst angegeben, wo seine liturgi­ sche Verortung ist, dann wird der biblische Ort eruiert, es folgt der biblisch-liturgi­ sche Kommentar. Der erste Band beinhaltet folgende feststehenden Texte des Eröff­ nungsteils der Messe: Votum, Amen, Salutatio, Begrüßung der Gemeinde, Allgemeines Schuldbekenntnis, Kyrie eleison, Gloria, Einleitung und Schlussformeln des Tagesge­ bets. Ein Exkurs befasst sich mit Ritualität und Wortgeschehen. Da dieser Band für

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Theologen gedacht ist, wird es einen ähnlichen Band für Nicht-Theologen geben, in dem ein einfach lesbarer, gekürzter Text vorgelegt wird. Krätzl, Helmut: Brot des Lebens. Mein Weg mit der Eucharistie. Innsbruck 2014, 176 S., 12 farbige Abb. Zu seinem diamantenen Priesterjubiläum legt der Wiener Weihbischof Krätzl dieses persönlich gehaltene Buch zur Eucharistie vor. Darin berichtet er vom persönlichen Erleben der Messfeier vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Er nimmt wichtige Fragen auf, die sich immer wieder stellen: Ist die Eucharistie ein Opfer oder ein Mahl? Was hat sich durch das Konzil geändert? Wie steht es um die liturgische Erneuerung? Was ist der Sinn der eucharistischen Schaufrömmigkeit? Wie steht es um die Ökumene und um die Zulassung zur Kommunion von wiederverheirateten Geschiedenen? Abschließend zeigt Krätzl auf, dass die Eucharistie der Schlüssel zu jeder Kirchenerneuerung ist und wie die Eucharistie für ihn selbst Brot des Lebens war und ist. Krentz, Natalie: Ritualwandel und Deutungshoheit. Die frühe Reformation in der Resi­ denzstadt Wittenberg (1500–1533) (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation, Bd. 74). Tübingen 2014, 433 S. Es erstaunt zu lesen, dass die Wittenberger Stadtgeschichte in dem im Titel angegebe­ nen Zeitraum jenseits der Person und Biographie Luthers kaum erforscht wurde. „Die Wittenberger Stadtreformation erscheint noch immer als eine seltsam plötzliche Ent­ wicklung, die scheinbar aus dem Nichts kam und unmittelbar mit dem Erscheinen Luthers in der Stadt begann.“ (1) Vielmehr kann gezeigt werden, dass mit der Verän­ derung der religiösen Symbolik und liturgischen Praxis (Ritualwandel) in Wittenberg und mit der Deutungshoheit, die Luther und seine Anhänger im Konflikt mit konkur­ rierenden Deutungsansprüchen erlangten, sich die Reformation in Wittenberg durch­ setzte. Entsprechend ist die Untersuchung aufgebaut: Nach der Einleitung, in der auch die Begriffe Ritualwandel, Ceremonien, Liturgie bestimmt werden, befasst sich das erste Kapitel mit der Geistlichen Herrschaft, der liturgischen Praxis und städtischen Konflikte von 1500 bis 1520; in zweiten Kapitel geht es um die Wittenberger Unruhen von 1521 bis 1522, die oftmals als singulär dargestellt werden, es aber nicht sind, son­ dern im Gedächtnis geblieben sind aufgrund neuer Deutungsmuster auch aufgrund städtischer Konflikte; das nachfolgende Kapitel befasst sich mit der städtischen Refor­ mation von 1523 bis 1524, die sich, als Liturgiereform verstanden, als ein doppelter Distinktionsprozess erweist; das vierte Kapitel nimmt sich der landesherrlichen Refor­ mation an sowie der Einführung eines neuen Deutungskonzepts (1525 bis 1533), das nach dem Tod Friedrichs des Weisen möglich geworden war. Diese Untersuchung geht davon aus, dass sich soziale Wirklichkeit durch symbolische Ordnungen erst konstruiert – was am sächsischen Kurfürsten zu sehen ist, der durch die Gründung der Universität, des Allerheiligenstifts und des damit verbundenen Heiltums in kurzer Zeit ein sakrales und geistliches Zentrum seines Landes entstehen ließ, das die Stellung des ohnehin schwachen brandenburgischen Bischofs noch weiter schwächte, zumal in den Auseinandersetzungen mit der reformatorischen Lehre die Universität über die „Wahrheit“ zu entscheiden hatte. Der Hof, die Stadt, die Universität und der Klerus arbeiteten Hand in Hand. Dieser Prozess der geistlichen Definitionsmacht kam in der gottesdienstlichen Praxis zum Ausdruck. Dass bei all den Veränderungen der Dialog mit der Stadtbevölkerung wesentlich war, zeigt sich z. B. an der Konkurrenz zwischen der „altgläubigen“ Schlosskirche und der reformatorischen Pfarrkirche, die auch auf diese Weise zugunsten der Reformatoren entschieden werden konnte. Die Reforma­ tion „erweist sich im genauen Blick auf Wittenberg als ‚Laboratorium der Reforma­

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tion‘ als situative Lösung, als Ergebnis von Aushandlungsprozessen verschiedener Akteure.“ (397) Die Untersuchung zeigt auf, wie wichtig für den Verlauf des Ritual­ wandels die Deutungshoheit über den Ritualwandel gewesen ist. Nawar, Alexander: Ordinationsliturgie und Amtsverständis zwischen Beauftragung und Sakrament. Zu den Gottesdiensttraditionen evangelisch-lutherischer Landeskirchen (StPaLi 39). Regensburg 2014, 604 S. Durch den ökumenischen Dialog sind beträchtliche Fortschritte zwischen den evange­ lischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche erzielt worden, aber als wesent­ liche Differenz gilt derzeit die Amtsfrage. Umso interessanter ist diese liturgiewissen­ schaftliche Untersuchung, die Ordination und Amtsverständnis lutherischer Kirchen untersucht und differenziert darstellt. Ausgehend von Luthers Schriften zum Amt und seiner liturgischen Gestalt sowie den ersten Kirchenordnungen und Luthers Ordinationsformular werden die Ordinationsformulare ausgewählter lutherischer Landeskirchen (Bayern, Braunschweig, Hannover, Mecklenburg, Sachsen, Schaum­ burg-Lippe, Thüringen und Oldenburg) in ihrer geschichtlichen Entwicklung gewich­ tet. Zuerst kommen die Ordinationsordnungen des 16. Jahrhunderts zur Darstellung, wie sie in der hessischen Tradition, in den Bugenhagenschen Kirchenordnungen, in der reformierten Tradition, in der Mecklenburgischen Kirchenordnung von 1522, in den Kirchenordnungen Brandenburg-Nürnberg von 1533, Kurbrandenburg 1540, Wittenberg 1545, Sachsen von 1539 und Straßburg zu finden ist. Es folgt eine Darstel­ lung der Rezeption dieser Formulare in Städten und Ländern des 16. Jahrhunderts sowie der Ordinationsliturgien heutiger lutherischer Landeskirchen bis zur Agende von 2012 von Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe (alle in Nie­ dersachsen), Mecklenburg, Bayern, Sachsen, Thüringen. Darauf folgen die Ordina­ tionsliturgie der Dresdner Konferenz (Mitte des 19. Jahrhunderts) und die Agenden der VELKD einschließlich der Agende von 2012. Ein abschließendes Kapitel führt die Ergebnisse zusammen und analysiert sie. Es zeigt sich, welch ein Reichtum dabei zu Tage gefördert worden ist, der für zwei Gesprächsarten genutzt werden kann: Zum einen für den innerprotestantischen Dialog über die „tiefe geistliche Dimension, die dem Amt überzeitlich zueigen ist und die es zu bewahren gilt“ (584) und zum anderen für das ökumenische Gespräch, z. B. über den character indelebilis. Denn die Ordina­ tionsliturgien zeigen, „dass das ordinierende Handeln der Kirche eines ist, das ein tie­ fes Eingreifen in die Person dessen, der sich dem Dienst im Amt zur Verfügung stellt, bewirkt.“ (585) Ebenso sollte auch der Frage nach der Sakramentalität der Ordination nachgegangen werden. Neumann, Burkhard / Stolze, Jürgen (Hg.): Aus dem Glauben leben. Freikirchliche und römisch-katholische Perspektiven. Paderborn / Göttingen 2014, 269 S. Seit elf Jahren finden gemeinsame Tagungen von freikirchlichen und römisch-katholi­ schen Theologen statt, in diesem Band sind die Vorträge der sechsten Begegung abge­ druckt. Die Leitfrage war, „wie der Glaube in unseren verschiedenen Kirchen und Gemeinden gelebt wird.“ (7) Ausdrücklich kommt der Bezug zur modernen Gegen­ wart zur Geltung. Dabei werden die Ursprünge und Motive für die freikirchliche Frömmigkeit, ihr Gottesdienst und ihre Liturgie, das Kirchenjahr, die Reaktion auf die gesellschaftlichen Herausforderungen zur Sprache gebracht. Für die römischkatholische Kirche werden ihre Spiritualität seit der Reformation, die Frage nach der Freiheit, die Herausforderungen der Moderne und die ökumenische Spiritualität im Kontext des konfessionellen, interkonfessionellen und transkonfessionellen Christ­ seins reflektiert. Die beiden Herausgeber haben dem Band eine Zusammenfassung als Tagungsbilanz beigegeben.

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Nogrady, Gaston: Der Gottesdienst im Altenheim – ein Weg ins Leben. Saarbrücken 2014, 125 S. Nogradys eigene Erfahrung in Altenheimen ist, dass der „normale“ liturgische Gottes­ dienst für Menschen in Altenheimen der richtige und beste Gottesdienst ist und nicht jene Erfindungen, die es zwar mit „den Alten“ gut meinen, aber oftmals an ihnen vor­ bei einen reduzierten, nur vermeintlich auf das Alter abgestimmten Gottesdienst feiern. Er reflektiert diese Erfahrung, indem er über die Demographie und Gerontolo­ gie in Altenheimen referiert sowie über die physischen, psychischen und sozialen Dimensionen alter Menschen in Altenheimen. Es folgen eine biblisch-theologische Erörterung des Alters und historische Einsichten zur Genese des Altenheims sowie liturgietheoretische Entscheidungen: Nogrady definiert Liturgiewissenschaft als einen Teil der Praktischen Theologie, die eine Vermittlungsaufgabe hat. Deshalb legt er keine Liturgietheologie zugrunde, sondern nimmt die Liturgietheorie als Vermitt­ lungsaufgabe zwischen den anthropologischen Gegebenheiten des Alters und den theologischen Anforderungen wahr. Er referiert verschiedene Entwürfe, würdigt aber besonders Manfred Josuttis’ Entwurf einer Liturgie als Weg in das Leben. Für alte Menschen wird im gefeierten Gottesdienst daraus ein Weg in das Leben und über das irdische Leben hinaus. Odenthal, Andreas / Urban, Albert (Hg.): Liturgie und Sprache. Trier 2014, 170 S. Die in diesem Band abgedruckten Beiträge wurden auf der 10. Trierer Sommerakade­ mie 2011 gehalten. Von der Frage ausgehend, wie „kann ich die alten Worte und Gesten der Glaubenstradition heute noch nutzen, um Gott zu loben und zugleich mei­ ner eigenen Existenz vor Gott Ausdruck zu verleihen“ (5), wurden Vorträge gehalten zum Beten zwischen Wort und Geste, über die Vielfalt der Formen und Texte der Eucharistiefeier, über die Gestalt liturgischer Texte aus reformatorischer Sicht, über das Klagegebet, über leichte Sprache im Gottesdienst, über die aktive Sprachkompe­ tenz der feiernden Gemeinde, über volkstümliche Sakralsprache, über die Sprache des Segens, über frei formulierte Texte in der Eucharistiefeier, über kindgemäßes Beten und über die vertonte Sprache im Gottesdienst. Abschließend ist eine Predigt anläss­ lich einer auf der Tagung gehaltenen Eucharistiefeier abgedruckt. Patzelt, Werner J. / Back, Gerlinde: Agape. Sinn und Form einer ökumenischen Laienli­ turgie. Frankfurt/M. 2014, 158 S., einige Abb. Dieses Buch will Mut machen, dass auch Laien – und das sogar ökumenisch – eine Agapefeier gestalten. Die beiden Vf. legen die Chancen und Risiken für ökumenische Laienliturgie dar und lassen auch das nicht unkomplizierte Verhältnis von Agapefeier und Eucharistiefeier nicht außen vor. Danach wird in die Geschichte der Agapefeier eingeführt und sinnvolle Grundsätze für heutige Agapefeiern werden vorgestellt. Mögliche Termine wären z. B. Gründonnerstag, Ostermontag, Fronleichnam, aber auch im Rahmen der Adventszeit oder einfach der Samstagabend. Zu besonderen Ereignissen können Agapefeiern ebenfalls sinnvoll sein, z. B. bei einer Beerdigung, aber auch im Hauskreis. Ein eigenes Kapitel führt in die Praxis der Agapefeier ein und bietet Gestaltungsmöglichkeiten sowie Hinweise, was man unterlassen sollte. Anmer­ kungen und ein Literaturverzeichnis geben Einblick in die verwendete Literatur. Pius-Parsch-Institut (Hg.): Protokolle zur Liturgie. Veröffentlichungen der Liturgiewis­ senschaftlichen Gesellschaft Klosterneuburg. Band 5, 2012/2013. Würzburg 2014, 283 S. Diese „Protokolle zur Liturgie“ bieten Raum, um liturgiewissenschaftliche und litur­ giepastorale Fragestellungen und Forschungsarbeiten als Einzelbeiträge zu veröffentli­ chen. Im liturgiewissenschaftlichen Teil finden sich Aufsätze, die die Ritendiakonie

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und die authentische Liturgie der Kirche bedenken, die die ökumenisch-liturgischen Feierformen der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 in Trier thematisieren oder sich mit Ilde­ fons Herwegen oder der Kirchenmusik befassen. Der pastoralliturgische Teil enthält den Festvortrag anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Liturgiewissenschaftlichen Gesellschaft Klosterneuburg sowie Beiträge zu Liturgie und sozialem Engagement, zu Liturgie und behinderten Menschen und überhaupt zu Fragen der Liturgiereform. Puza, Verena: Die Eucharistie als liminales Ritual. Ein praktisch-theologischer Beitrag im Gespräch mit der Ritualforschung Victor Turners (Tübinger Perspektiven zur Pasto­ raltheologie und Religionspädagogik, Bd. 49). Berlin 2013, 398 S. Die Fragestellung dieser Untersuchung geht aus der eigenen Arbeit der Gemeinderefe­ rentin hervor. Immer wieder wurde diskutiert, wie man Gottesdienste attrakiv für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern gestalten könne. Dabei wurde Puza wichtig, dass die zweite Frage nach der Gestaltung der Eucharistiefeier in den Vordergrund gestellt wurde und die erste Frage, die die rituelle Gestalt des Gottesdienstes mit inhaltlichen Aussagen insbesondere der Eucharistiefeier verbindet, kaum Aufmerksamkeit erfuhr. Darum hat sie sich mit den Ritualtheorien von van Gennep und Turner befasst und fragt, was es bedeutet, dass Menschen mit der Eucharistiefeier einen liminalen Über­ gang begehen. Insofern ist es auch angemessen, sich mit der Bedeutung von Ritualen in der gegenwärtigen Gesellschaft zu befassen. Nach dieser Eröffnung setzt sich Puza mit der Liturgie- und Sakramententheologie auseinander, die sie zwischen Tradition und Erfahrung platziert. Es folgen praktisch-theologische Kontexte: Die Liminalität der Eucharistie evoziert eine Übergangstheologie; dieses tranformative Potenzial wird konfrontiert mit der Frage, was das denn den Glaubenden bringe, und verweist darauf, dass die Liturgie eine verwandelnde Kraft habe, so dass ihr eine antistrukturelle Dimension eigen sei, die Modifikationen und Kraftquellen anbietet und auf eine trans­ zendente Wirklichkeit verweist. So wird der kommunionale Charakter der Eucharis­ tiefeier deutlich, in dem die befreiende Erfahrung von Gemeinschaft der Menschen untereinander und dann mit Gott erlebbar wird. Probst, Hermann M. / Baumert, Nobert (Hg. im Auftrag der Evangelischen und Katholi­ schen Hochschulgemeinde an der Technischen Universität München): Den Glauben gemeinsam feiern. Liturgische Modelle und Reflexionen für eine gelingende Öku­ mene. Paderborn / Leipzig 2014, 200 S. Dieses Buch versammelt Vorträge, die in Vorbereitung auf den 2. Ökumenischen Kir­ chentag 2010 in München bei einer theologischen Fachtagung gehalten wurden, die von der katholischen und evangelischen Studierenden- und Hochschulgemeinde an der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München veranstaltet wurde. Das gegebene Thema lautete: Eingeladen zum Fest des Glaubens. Der Neutestamentler Norbert Baumert stellt das Ringen der Gemeinde in Korinth um das Herrenmahl dar; der Systematiker Gunther Wenz berichtet vom gemeinsamen Weg zu einer Gemeinsamen Erklärung zur Abendmahlslehre; der Gemeindepfarrer Florian Ihsen stellt Überlegungen zur ökumenischen Gottesdienst­ gemeinschaft an, wie sie praktiziert wird; der Praktische Theologe und Leiter des Nürnberger Gottesdienst-Instituts Hanns Kerner reflektiert ökumenische Feiern aus der Sicht der Teilnehmenden; der katholische Bischof von Thüringen Reinhard Hauke stellt Feiern mit Christen und Nichtchristen in Erfurt vor, z. B. einen Segnungsgottes­ dienst am Valentinstag, Feier der Lebenswende, Nächtliches Weihnachtslob etc.; die Praktische Theologin und Hochschulpfarrerin Brigitte Enzner-Probst stellt in zwei Beiträgen den Nacht-Lebens-Gottesdienst als Fest des Glaubens für Körper, Seele und Geist vor und den ökumenischen Brunnenpilgerweg, der ein Beispiel für die

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Sehnsucht nach eucharistischer Gastfreund(innen)schaft in Bewegung ist, sie hebt damit die Taufe und die Agapefeier als ökumenische Grunddaten hervor; der Erz­ priester Apostolos Malamoussis zeigt auf, wie in der Artoklasia – der Ritus des Brot­ brechens wird in der Vesper vollzogen – an die gemeinsamen Mahle Jesu mit den Jün­ gern erinnert und angeknüpft wird. Solch eine Feier wurde dann während des Zweiten Ökumenischen Kirchentages auf dem Odeonsplatz mit über 10.000 Teilnehmenden veranstaltet und fand starke Beachtung auch in der Öffentlichkeit. Hermann M. Probst war Hochschulpfarrer in München, er stellt die Agapefeier als ökumenische Liturgie vor. Ein Nachwort von Baumert und drei Lieder von Hans-Peter Riermeier, die bei solchen ökumenischen Gottesdiensten gesungen werden können, beschließen das Buch. Raschzok, Klaus: Traditionskontinuität und Erneuerung. Praktisch-theologische Ein­ sichten zu Kirchenraum und Gottesdienst. Hg. v. Kerner, Hanns und Müller, Konrad. Leipzig 2014, 357 S. Zum 60. Geburtstag wurde Klaus Raschzok diese Festgabe übereignet, in der zu den Themenfeldern Gottesdienst und Kirchenraum zahlreiche Beiträge von ihm wieder abgedruckt wurden. Zum Themenfeld Gottesdienst geht es zum einem um den tradi­ tionskontinuierlichen Gottesdienst – ein Begriff, den er geprägt hat. In den anderen Beiträgen geht es um die Agende der Zukunft, um das Evangelische Gottesdienstbuch und den Pfarrberuf, um den Gottesdienst am Sonntagvormittag, um die Gemeinde, um Gottesdienst und Performativität und Dramaturgie, um den Streit um das Eucha­ ristiegebet in den Kirchen der Reformation, zuletzt um einige Trendsetter des gottes­ dienstlichen Aufbruchs. Zum Themenfeld Kirchenraum finden sich Beiträge, die Spu­ ren im Kirchenraum nachgehen, die ihn als zukunftsoffenen Raum sehen, die für die Wiedergewinnung des Gemeinderaums als liturgischen Aktionsraum plädieren, die die Bedeutung des Kirchbaus für die Praktische Theologie beleuchten, die den Kir­ chenraum als Begegnungsort der Gemeinde mit dem lebendigen Gott reflektieren und im Raum Anmutungen und Atmosphären ausmachen. Redtenbacher, Andreas (Hg.): Neue Beiträge zur Pius-Parsch-Forschung (Pius-ParschStudien, Bd. 8). Würzburg 2014, 205 S. In diesem Sammelband sind einige Beiträge publiziert, die aktuelle Ansätze der Parsch-Forschung repräsentieren. Es geht um den Einfluss Parschs auf die Liturgiere­ form, um sein Eintreten für die Teilnahme der Laien an der Messe, um seine Hervor­ hebung von Familie als Keimzelle des Glaubens; es wird anhand einer Konvertitin das Verhältnis von Protestantismus und Katholizismus erörtert, es geht um Parschs Bedeutung für Klosterneuburg sowie um die Tauffeier und Tauftheologie Parschs als Grundlage für die Teilnahme aller Christen am kirchlichen Leben. Sakvarelidze, Nino: Liturgie als Symbol und Mysterium. Die Himmelsliturgie des Dio­ nysios Areopagites und ihre altgeorgische Rezeption (Orientalia Biblica et Christiana, Bd. 20). Wiesbaden 2014, 403 S., 2 farbige Abb. Sakvarelidze stellt in der Einleitung das Ziel seiner Untersuchung vor: Er möchte den komplexen Denkkosmos des Areopagiten aus den mystischen Schriften dieses Unbe­ kannten rekonstruieren. Im ersten Teil der dreigeteilten Untersuchung wird die Dio­ nysios-Forschung dargelegt, wobei es um die Einheit von Person und Werk, um das Gleichgewicht zwischen Paulus und dem Neuplatoniker Proklos sowie zwischen Theologie und Philosophie geht. Danach wird die „Himmlische Liturgie“ des Areopa­ giten, also sein Liturgieverständnis, in der Perspektive moderner Forschung dargelegt. Im zweiten Teil zeigt Sakvarelidze ein Bild der Liturgie, wie es aufgrund der symboli­ schen und mystischen Theologie des Areopagiten entstehen kann. Im Zentrum steht

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die Schrift „De Ecclesiastica Heirarchia“, in der das Mystische und Symbolische, das Verborgene und Geoffenbarte, das Unsagbare und das Sagbare als zwei Gesichter ein und desselben dargelegt werden. Das areopagitische Hierarchiekonzpet zeigt die Ein­ heit von himmlischem und irdischem Gottesdienst, von verhüllten Mysterion Gottes und dem enthüllten Symbolon in der Liturgie. Diese Deutung zielt auf ein Liturgie­ verständnis, in dem die Liturgie das Mysterion der Mysterien ist. Im dritten Teil wird schließlich dieses Ergebnis auf die altgeorgische Rezeption bezogen, da die Gedanken des Areopagiten in einen anderen Kulturraum übertragen worden sind. Hier spielt der Übersetzer und Interpret Ep’rem Mc’ire um 1090 eine gewichtige Rolle, weil er die Übertragung in den altgeorgischen Kontext vornahm und entsprechende Wirkungen hervorrief. Das zeigt sich in der Darstellung der henotischen Kraft der Liturgie, auf das einheitsstiftende göttliche Licht. Im Epilog zu seiner Untersuchung hält Sakvare­ lidze fest: „Die philosophische Sprache der areopagitischen Theologie ist eine Einwei­ sung in das Phänomen des Staunens (ϑαυμαζειν); sie ist die ewig-staunende Schau des Lebens, welches seinen Ursprung in Gott hat; sie ist ein Ausdruck der Ekstase des Geistes, welcher in seinem Staunen aus sich heraustritt und nie wieder aufhört zu stau­ nen.“ (327) Schneider, Anna: Dimensionen der Einheit. Ekklesiologische Konzeptionen der Kirche von England im 19. Jahrhundert (TBT 166). Berlin 2014, 394 S. Die drei dominierenden theologischen Richtungen der Kirche von England im 19. Jahrhundert – die Oxford Bewegung, die sich an der Alten Kirche orientierte; die libe­ ralen Theologen, die zusammenfassend als Broad Church bezeichnet werden; die Evangelikalen, die sich gegen eine Liberalisierung der Lehre wandten – werden syste­ matisch dargestellt in ihrem ekklesiologischen Verständnis dessen, was sie unter der „Kirche von England“ verstehen und wie diese Gedanken den ökumenischen Diskurs bis zur Gegenwart beeinflussen. Hatte doch von Beginn der anglikanischen Kirche an aufgrund der dominanten Bedeutung des Book of Common Prayer eine gewisse litur­ gische Uniformität gegolten, die immer über den noch so unterschiedlichen Auffas­ sungen über die Lehre bestehen blieb. Im 19. Jahrhundert kam für die Staatskirche hinzu, dass aufgrund der Parlamentsreform auch Nicht-Anglikaner staatliche Ämter einnehmen konnten und somit im Parlament als Nicht-Anglikaner über die Anglikani­ sche Kirche entscheiden konnten. Mit dieser Situation setzten sich die drei Richtungen recht unterschiedlich auseinander, wobei die Frage nach der Katholizität und damit nach der Einheit der Kirche eine besondere Stellung erhielt, weil damit auch gefragt wurde, wie das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche und zu den europäischen Kirchen der Reformation zu bewerten ist. Das zeigte sich auch immer wieder in der Frage nach der liturgischen Universalität. Entsprechend werden die Positionen dieser drei Richtungen in inhaltlich bestimmten Kapiteln dargestellt: das Wesen der Kirche, die Funktion der Kirche, die Autorität der Kirche. Im Anschluss wird aufgezeigt, wie Einheit und Offenheit der Kirche von England im 19. Jahrhundert bzw. wie Katholi­ zität und Einheit verstanden wurden. Es zeigt sich, dass keine der drei Richtungen von den für die Kirche von England grundlegenden Doktrinen abweicht, dass aber alle diese durchaus unterschiedlich interpretieren, wobei sich über die Richtungsgrenzen hinaus ganz verschiedene Gemeinsamkeiten ergeben: Ihnen gemeinsam, wenn auch in unterschiedlichen Interpretationen, sind das dreifache (altkirchliche) Amt in der apos­ tolischen Sukzession, die von der anglikanischen Kirche festgelegten Artikel und die liturgischen Formulare. An den theologischen Dokumenten der Kirche von England im 20. Jahrhundert ist zu sehen, dass radikale Forderungen, die es aus hochkirchlicher, liberaler oder evangelikaler Richtung gegeben hat, nicht aufgenommen worden sind,

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dass es aber auch zu keiner Klärung der unterschiedlichen Vorstellungen von einer anglikanischen Ekklesiologie kam. Gleichwohl gilt die anglikanische Gemeinschaft als ökumenisch und dialogbereit, was zum einen aus ihrer inneren Vielfältigkeit heraus ermöglicht wird, zum anderen aber durch eine gewisse innere Gemengelage auch erschwert wird. Das erschwert wiederum den Dialog mit Kirchen, die sich über die Lehre definieren, wohingegen die anglikanische Kirche an der Reihenfolge von Lex orandi und Lex credendi festhält. Schneider hält fest: „So lässt sich letztendlich das ökumenische Potential der drei ekklesiologischen Gruppierungen der Kirche von England im 19. Jahrhundert eher schlaglichtartig herausstellen – das Problem ihrer Vereinbarkeit und damit auch die Frage nach dem Königsweg der Auflösung theologi­ scher Differenzen unterwegs zur Einheit der Kirche bleiben vorerst bestehen.“ (377) Schrott, Simon A.: Pascha-Mysterium. Zum liturgietheologischen Leitbegriff des Zwei­ ten Vatikanischen Konzils (Theologie der Liturgie, Bd. 6). Regensburg 2014, 588 S. Die Mitte der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils ist der theolo­ gische Begriff mysterium paschale, ins Deutsche meist übersetzt als Pascha-Mysterium. Diese Monographie ist die erste, die den Begriff zum Forschungsgegenstand macht. Denn allgemein anerkannt ist, dass die Liturgie der Kirche die Feier des Pascha-Mys­ teriums ist. Der Überblick zum Stand der Forschung zeigt, dass Odo Casel der Ideen­ geber nicht nur des Begriffs, sondern auch der damit verbundenen Mysterien-Theolo­ gie ist. Den Begriff in den Vorschlag der Konstitution eingebracht hat Henri Jenny, Bischof in Cambrai. Die Untersuchung ist in drei Abschnitte gegliedert: Im ersten Abschnitt werden das historische Herkommen dieses Begriffs und seine theologische Bedeutung erarbeitet. Hier kommen die Quellentexte von Odo Casel zu Wort, die in der französischsprachigen Liturgiewissenschaft aufgenommen und tradiert wurden bis hin zu Henri Jenny. Im zweiten Abschnitt werden die Genese der Liturgiekonstitu­ tion anhand der Konzilsakten von den Entwürfen der Kommission bis hin zum ferti­ gen Text sowie die darauf folgende Konzilsarbeit dargelegt, um zu zeigen, welche Intention die Einführung des Begriffs mysterium paschale hatte und zu welchen Ent­ scheidungs- und Klärungsprozessen es gekommen ist. Daran schließt sich in fünf Schritten eine theologische Kommentierung der Konzilstexte an: die strukturelle Ver­ ortung des Pascha-Mysteriums in der Liturgiekonstitution, das Paschale Christi Mys­ terium, das Pascha-Mysterium und die Liturgie, die temporale Ausfaltung des Gedächtnisses im liturgischen Jahr und die impliziten Reformimpulse der erneuerten Theologie der Liturgie. Der dritte Abschnitt widmet sich der theologischen Rezeption und zeigt, wie sie sich in den amtlichen Dokumenten spiegelt. Dieser Abschnitt „soll im Überblick erheben, wie die vom Konzil vorgelegte Theologie des mysterium paschale verstanden und in welchem Umfang sie aufgegriffen, theologisch fruchtbar gemacht, weitergeführt oder auch ausgeblendet und missverstanden worden ist.“ (33) Die Untersuchung schließt mit einer Bündelung der gewonnenen Einsichten und mit Perspektiven für die Zukunft dieser Liturgie-Theologie des Pascha-Mysteriums. Skambraks, Tanja: Das Kinderbischofsfest im Mittelalter (Micrologus’ Library, Bd. 62). Florenz 2014, 405 S., 1 Abb. Skambraks zeigt in ihrer Dissertation, die am Institut für Historische Studien (Mittel­ alterliche Geschichte) der Universität Mannheim entstanden ist, dass das Kinderbi­ schofsfest sich seit dem 11. bis ins 18. Jahrhundert hinein belegen lässt. Der Kinderbi­ schof wurde an Kathedralen, Klöstern und Schulen gewählt, meist von den Chorkna­ ben oder Schülern, manchmal auch vom Kapitel. Das Kinderbischofsfest lehnte sich an den 28. Dezember, den Tag der Unschuldigen Kinder, an das Nikolausfest, da Nikolaus der Patron der Kinder war, und an den 1. Januar, den Tag der Beschneidung

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Christi, an. Während dieser Tage war der Kinderbischof tätig. Der Gewählte wurde in imitierender Weise als Bischof mit bischöflichen und priesterlichen Gewändern in sein Amt „eingesetzt“. Seine Aufgabe war, das Stundengebet zu leiten (allerdings nicht die Messe zu zelebrieren) und zu predigen. Aus erhaltenen Predigten geht hervor, dass der Kinderbischof auftrat als Vorbild, als Lehrender und auch als Vermittler von Wer­ ten, wie z. B. der Reinheit, der Unschuld und der Demut, die ja in diesen Tagen nach der Geburt Jesu besonders bedacht werden können. Es war auch möglich, seine Rolle in geistlichen Spielen nachzuweisen. Das Kinderbischofsfest kann nicht unter die Nar­ renfesten oder Parodien auf den Klerus eingeordnet werden. Es ist vielmehr ein Fest, das die Grenzen des Riutals überschreitet, indem es das Wesen des Spiels integriert und jugendlicher Fröhlichkeit einen Platz gibt. „Der Knabe im bischöflichen Gewand wird zum symbolischen Träger dieser Werte und im gemeinsamen rituellen Vollzug dieser Feier sowie in deren möglicher dramatischer Ausgestaltung könnte man von einer kollektiven Aktualisierung und Besinnung auf christliche Tugenden schließen, welche sich hier vollzog. Somit kann man den Ereignissen eine integrative und identi­ tätsstiftende Funktion zuschreiben, indem das zum Bischof gewählte Kind sich mit den Werten und Regeln der Gemeinschaft identifiziert und die bestehende Ordnung bestätigt.“ (374) Stockhoff, Nicole: Wenn liturgisches Denken Wirklichkeit trifft. Das liturgietheologi­ sche Werk von Angelus A. Häußling (OSB) und dessen Tranformationen auf die Empirie der Zweiten Schweizer Sonderfallstudie. Aschendorff 2014, 370 S. Diese Untersuchung bringt eine empirische Studie zur gesellschaftlich-religiösen Wirklichkeit mit der Liturgietheologie von Angelus A. Häußling zusammen. Dieses Zusammenbringen gestaltet Stockhoff als einen Transformationsprozess, so dass für beide Wirklichkeitsbereiche neue Sichtweisen entstehen, die sich die Liturgiewissen­ schaft zu Nutze machen kann. „Die Untersuchung ist dadurch motiviert, dass sich zum einen die Funktionsweise der Religion und die Reichweite der Kirchen im reli­ giösen Feld, zum anderen die Bedingungen im gesellschaftlichen Sozialraum und im Subjekt immer weiter verflüssigen. Es gibt daher notwendigerweise neue Phänomene für eine wahrnehmungsoffene Liturgiewissenschaft, die sich nicht nur auf das liturgi­ sche Handlungsspiel beschränken lässt. (…) Wenn die Liturgiewissenschft in diesem Dialog anschlussfähig bleiben möchte, obliegt es ihr, die gesellschaftliche Situation zu betrachten und zu dechiffrieren, indem sie einen ersten Schritt zu den soziologischempirischen Daten vollzieht.“ (25) Für die Liturgiewissenschaft bedeutet das, dass die liturgischen Elemente bzw. Liturgien, die in einer pluralistischen Gesellschaft mit reli­ giöser Glaubensvielfalt gefeiert werden, neu augelotet und analysiert werden müssen. Dies vermag nur eine mystagogische Liturgie zu leisten. Nun zeichnet sich Häußlings Liturgietheologie dadurch aus, dass sie unter den Bedingungen der Moderne betrieben wird, so dass Stockhoff folgende „Tranformationen“ formuliert: Es sollte das eigene Selbstverständnis erweitert werden, indem mehr unterschiedliche Liturgien gefeiert werden, was eine Entlastung der Eucharistiefeier mit sich bringen wird. Es sollten grundsätzliche Prinzipien gepflegt werden, denn so sehr auch eine moderne Gesell­ schaft mit ihren Formen und Sprachen auf die Liturgie einwirkt, so sehr ist doch immer die eigentümliche Fremdheit der Liturgiefeier zu wahren, da Gott immer der Andere ist und damit eine gewissen Fremdheit in die Liturgie einträgt. Es sollten schlüssige Brückenschläge gewagt werden im Sinne eines Vermittlungsmodells, das die Liturgiewissenschaft inter- und transdisziplinär aufnimmt. Es geht dabei nicht um Addition von Forschungserträgen, sondern um eine für die Liturgiewissenschaft und

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Liturgietheologie verarbeitete Denkleistung, die sich dann auch in der Praxis der Liturgie für den Menschen in der Moderne auswirken wird. Stollberg, Dietrich: Religion als Kunst. Nachdenken über Praktische Theologie und Ästhetik. Leipzig 2014, 248 S. In diesem Buch widmete sich der mittlerweile verstorbene Dietrich Stollberg der ästhetischen Dimension von kirchlicher Praxis und Praktischer Theologie, die er für einen zu Unrecht vernachlässigten Aspekt protestantischer Tradition hält. Denn, so Stollberg, es reiche für die kirchliche Praxis nicht aus, sich zu ihrer Beschreibung auf Ernst Langes Formel von der Kommunikation des Evangeliums zu berufen oder von Gottesbegegnung oder Gotteserfahrung zu sprechen. „Es geht mir vielmehr darum, den unlöslichen Zusammenhang von spiritueller und materieller, geistlicher und leibli­ cher Dimension kirchlicher Arbeit einmal nicht anhand von beispielsweise Diakonie oder Mission, sondern anhand der ästhetischen Frage in den Blick zu nehmen. Im Zentrum des Christentums steht von Anfang an ein ästhetisches Phänomen: der gemeinsame Gottesdienst am ersten Tag der Woche (Apg 2,42; 20,7).“ (5) Seine Über­ legungen dazu gliedern sich in zwei große Teile und einen ausführlichen Anhang. Der erste Teil ist mit Theologie und Ästhetik überschrieben. In diesem Spannungsfeld wird die Aufgabe der Praktischen Theologie reflektiert in Bezug auf die Religionsfrage: Religion ist Kunst, Kunst ist Religion, Religiöse Praxis ist ästhetische Praxis. Es folgt eine Abhandlung (des ausgewiesenen Seelsorgers und Pastoralpsychologen) über die Libido in diesen Zusammenhängen, es wird nachgedacht über Strukturanalogien und Unterschiede von Kunst und Religion und die Frage gestellt, ob der Begriff Kultur als Oberbegriff tauglich ist. Zum Schluss wird erörtert, inwiefern die Praktische Theolo­ gie eine Kunstlehre ist und als ästhetische Theologie fungiert. Hatte Stollberg doch schon früher die These vertreten, dass Religion kollektive Kunst sei. Im folgenden zweiten Teil kommen Einzelaspekte zum Zuge: Gottesdienst als Gesamtkunstwerk und die damit zusammenhängenden unverzichtbaren „Banalitäten“ wie die Form, der Talar etc. Stollberg hält die Seelsorge für den Ort, an dem sich ästhetische Wahrheit finden lässt. Es folgen Überlegungen zur praktisch-theologischen Bildung und Ausbil­ dung. Ein letzter Abschnitt reflektiert über beide Teile des Buches mit dem Gedanken, dass Religion Kunst ist. Der Anhang enthält einen ausführlichen Beitrag zu den litur­ gischen Gewändern und den mit ihnen in Frage stehenden Sachverhalten. Ein ausführ­ liches Literaturverzeichnis und ein Nachwort, das an Stollbergs verstorbenen Vater erinnert, beschließen das Buch. Stuflesser, Martin (Hg.): Die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils. Eine Relecture nach 50 Jahren (Theologie der Liturgie, Bd. 7). Regensburg 2014, 126 S. Der siebte Band ist sozusagen die Fortsetzung des ersten Bandes dieser Reihe, weil in beiden Bänden Vorträge zur Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils und Kommentare dazu abgedruckt sind, die jeweils am 4. Dezember, dem Jahrestag der Konstitution, gehalten wurden. Im Band 1 sind Vorträge der Jahre 2008 bis 2010 (vgl. JLH 51 [2012] 139) veröffentlicht, der Band 7 bietet die Vorträge der Jahre 2011 bis 2013; Friedrich Kardinal Wetter sprach über die Liturgiereform als Kirchenreform; Rupert Berger kommentierte diesen Vortrag mit Gedanken über die Kirche, die Eucharistie feiert. Erzbischof Piero Martini trug über die Liturgiekonstitution des Konzils und über die päpstlichen Liturgien von Papst Johannes Paul II. vor, Nicole Stockhoff kommentierte mit einem Beitrag über das Motto „Sei Verwalter der Myste­ rien Gottes. – Nicht ihr Hüter.“ Erzbischof Gerhard Ludwig Müller referierte über die 50 Jahre Liturgiereform und Winfried Haunerland kommentierte mit der Kritik an

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der Liturgiereform und an ihren Kritikern. Zwei Predigten des Würzburger Bischofs Friedhelm Hofmann wurden ebenfalls mit veröffentlicht. Weidemann, Hans-Ulrich: Taufe und Mahlgemeinschaft. Studien zur Vorgeschichte der altkirchlichen Taufeucharistie (WUNT, Bd. 338). Tübingen 2014, 462 S. In der Einleitung zu seiner Untersuchung stellt Weidemann heraus, dass es in der For­ schung als Konsens gilt, dass die Taufeucharistie – also die Taufe, an die sich sofort eine Eucharistie anschloss, so dass Taufe und Eucharistie liturgisch bzw. rituell mitei­ nander verbunden waren, wie es in den Taufkatechesen des 4. und 5. Jahrhunderts beschrieben wird – das Ergebnis von Standardisierungs- und Homogenisierungsproz­ essen ist. Die ältere Forschung nahm eher eine genetische, einlinige Entwickung an, die mit einem Urtyp einsetzte und sich dann mehr oder weniger kontinuierlich bzw. linear entwickelte. Insofern kann bei Mählern vor dem 4. oder 5. Jahrhundert eher von postbaptismalen Mählern die Rede sein, die eher als Gemeinschaftsmahl zu charakteri­ sieren wären. Zu der Homogenisierung von Initationsgottesdiensten kam es weniger aufgrund theologischer Einsichten als aufgrund der nachkonstantinischen kirchlichen Situation. Es wurden ganz unterschiedliche Gründe wirksam, dass Menschen sich für das Katechumenat anmeldeten. Darum arbeitet Weidemann zunächst in einem umfangreichen ersten Teil seiner Untersuchung die Pluralität der vorkonstantinischen Taufgottesdienste und die der postbaptismalen Mähler bzw. Eucharistien heraus. Er analysiert die Taufeucharistien und die postbaptismale Mähler anhand der Didache, bei Justin, in den Paulus- und Petrusakten, den Thomasakten, den Pseudoclementinen, bei Tertullian und in der sogenannten Traditio Apostolica. Im zweiten Schritt werden die neutestamentlichen Texte über postbaptismale Mähler und jene Texte untersucht, die Zusammenhänge zwischen Taufe und Eucharistie herstellen. Es geht darum, die Argumentationsstrukturen – z. B. des Paulus – zu erheben, die aufgrund schon vor­ handener Riten konzipiert werden, aber es geht nicht darum, daraus die Riten an sich zu rekonstruieren. Inwiefern solche Argumentationsstrukturen die rituelle Entwick­ lung der nachfolgenden Jahrhunderte beeinflussten, ist dann zu überlegen. Weidmann analysiert die neutestamentlichen Texte zu Taufe und Mahl in der Apostelgeschichte; zu Mahlgemeinschaft und Taufe in Antiochien anhand der Apostelgeschichte und des Galaterbriefes; zu Taufe, geistlicher Speise und geistlichem Trank bei Paulus im ersten Korintherbrief; danach ebenfalls bei Paulus im ersten Korintherbrief zu Taufe, Eucha­ ristie und Leib Christi; abschließend zu Taufeucharistie im Hebräerbrief mit einem Exkurs über Manna, Honig und Engelsspeise. Weyel, Birgit / Bubmann, Peter (Hg.): Kirchentheorie. Praktisch-theologische Perspekti­ ven auf die Kirche (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theo­ logie, Bd. 41). Leipzig 2014, 278 S. In diesem Buch werden Beiträge veröffentlicht, die bei der Fachtagung der Wissen­ schaftlichen Gesellschaft für Theologie der Fachgruppe Praktische Theologie im Sep­ tember 2013 gehalten wurden. Die Kirchentheorie ist zu einem wichtigen Forschungsund Diskussionfeld der Praktischen Theologie geworden, dabei geht es sowohl um die Veränderungen der Gesellschaft, die sich auf die Kirche auswirken, wie auch um Veränderungen, die sie sich selbst auferlegt. Wichtig ist dabei die 5. Kirchenmitglied­ schaftsuntersuchung. Es geht ebenso um den Begriff der Kommunikation des Evange­ liums, um die evangelische Kirche und ihre Reformdiskurse, um Kirche in der Stadt und auf dem Dorf, um Kirche in Ostdeutschland, um Gemeinde auf Zeit, um Pfarrer und ihre Kirchenbilder, um Ritualhandlungen und Kasualpraxis der Volkskirche, um die Wirkungen der Medienwelt, um aktuelle Lehrbücher der Kirchentheorie und um

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Jörg Neijenhuis das kirchenleitende Handeln überhaupt. Das von all dem auch die Gottesdienstpraxis nicht unbeeinflusst sein wird, darf man annehmen.

IV. Kirchenbau, Kunstwerke Berndt, Lennart: Lebendige liturgische Räume. St. Nikolai zu Kiel als beispielhafte Umsetzung theologischer Raumkonzeptionen (Kirche in der Stadt, Bd. 20). Berlin 2014, 233 S., 27 Abb. Die Frage dieser Untersuchung ist, wie ein liturgischer Raum lebendig bleibt – die Antwort ist, „dass ein Kirchenraum nur dann ein lebendiger liturgischer Raum bleiben kann, wenn Menschen, die in und an ihm arbeiten, diesen in einem Prozess des ständi­ gen Weiterbauens stets verändern. Ablesbar wird dies besonders in Zeiten von Umbrüchen.“ (14) An der Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnten St. Nikolai­ kirche in Kiel wird dies anhand von drei Phasen exemplarisch gezeigt: die 1950er Jahre als Zeit des Wiederaufbaus, die 1970er und 1980er Jahre, während denen die Nikolai­ kirche eine Brückenfunktion zwischen Ortsgemeinde und Stadtkirche wahrnimmt, die Zeit nach 2001, in der die Nikolaikirche zur Citykirche gestaltet wird und ihre symbolische und identitätsstiftende Dimension für die Stadt Kiel deutlich wird. Berndt geht archivalisch und sozialwissenschaftlich vor. Archivalisch werden Bau­ pläne, Bauzeichnungen oder Zeitungsartikel ebenso ausgewertet wie Grußworte, Pre­ digten, Protokolle oder Briefe. In sozialwissenschaftlicher Hinsicht werden Interviews geführt mit Architekten und Pfarrern; der Autor selbst führte ein Tagebuch seiner teil­ nehmenden Beobachtung. Deutlich wird auch, wie theologische Konzeptionen und Zeitgeschichte die Gestaltung des Kirchenraums erheblich mitgestalten und wie sich darin ein bestimmtes Gottesbild zeigt. Den drei gewählten Phasen entsprechend wer­ den die Untersuchungen in jeweils einem Kapitel gebündelt und abschließend gewür­ digt. German, Kinga: Sakramentsnischen und Sakramentshäuser in Siebenbürgen. Die Vereh­ rung des Corpus Christi. Petersberg 2014, 301 S., 197 schwarz-weiß Abb. Diese Untersuchung legt einem Katalog der 138 Sakramentsnischen und Sakraments­ häuser in Siebenbürgen vor; sie wurden dazu jeweils fotografiert und beschrieben mit Maßangaben, Erhaltungszustand, stilistische Einbettung und Verortung in der Region, Datierung und gegebenenfalls einer Analyse der Einzelformen. Eine große Anzahl sind Steinmetzarbeiten, die im Chorraum in eine Wand eingelassen oder als Sakra­ mentshaus davor aufgestellt wurden. Das älteste Objekt ist zu Beginn des 15. Jahrhun­ derts entstanden, das späteste Objekt wurde 1538 gefertigt. Die meisten Objekte sind im spätgotischen Stil geformt oder haben Merkmale der Renaissance. In den durch die Reformation evangelisch gewordenen Kirchen blieben die Sakramentsnischen und -häuser meist unberührt, aber funktionslos. Die meisten sind wohl im Zuge der Ein­ führung des Fronleichnamsfestes entstanden, hinzu trat eine Schaufrömmigkeit. Waren die Hostien bislang in der Sakristei aufbewahrt worden, wurden sie nun im Chorraum zur Schau gestellt. Anhand einiger Kirchen kann gezeigt werden, dass es einen Wanddurchbruch von der Sakristei zum Chorraum gab, so dass vom Kirchen­ schiff aus – sogar durch den Lettner! – die Sakramentsnische zu sehen war, die von der Sakristei aus befüllt und verschlossen wurde; zum Kirchenschiff hin wurde ein Gitter fest montiert. Nach der Einführung der Reformation 1541–1542 wurden kaum neue

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katholische Kirchen gebaut, so dass auch keine neuen Aufbewahrungsorte für die Hostien enstanden sind. Das Buch bietet nach einer Einleitung eine terminologische und typologische Grundlegung, Gruppenbildungen und Werkstattfragen der sieben­ bürgischen Objekte werden erörtert. Danach werden die Entwicklung der eucharisti­ schen Frömmigkeit und die liturgische Praxis dargestellt sowie die allgemeinen Funk­ tionen und die Nutzung von eucharistischer Kleinarchitektur. Die Ikonographie wird mit Bildern etc. verglichen. Ein letztes Kapitel beschreibt die nachreformatorische Nutzung und bietet eine Bewertung der Überlieferungssituation. Kroesen, Justin / Tångeberg, Peter: Die mittelalterliche Sakramentsnische auf Gotland (Schweden) – Kunst und Liturgie. Petersberg 2014, 240 S., über 225 farbige Abb. Gotland – die schwedische Insel in der Ostsee – weist einen erhalten gebliebenen mit­ telalterlichen Kirchenschatz auf, der seinesgleichen sucht: 91 Landkirchen besitzen Altarretabeln, Triumphkreuze, Sakramentsnischen, Piscinen, Taufsteine und Sitz­ bänke, die einen mittelalterlichen liturgischen Gebrauch am Objekt und an seinem Ort in den zumeist seit dem Mittelalter nicht veränderten Kirchen studieren lassen, obwohl die Kirchengebäude heute lutherisch sind – es zeigt sich hier wieder einmal die besondere bewahrende Kraft des Luthertums. Das erste Kapitel stellt diesen Schatz vor und vergleicht ihn mit den Inventarien anderer Kirchen Europas. Im nachfolgen­ den Kapitel werden Messe und Reservatio vom frühen Christentum bis zum 14. Jahr­ hundert vorgestellt. Im dritten Kapitel geht es um die frühen Sakramentshäuschen in Europa von 1150 bis 1400, die sich von einer Nische bis zum Turm entwickelt haben. Im vierten Kapitel kommen dann die gotländischen Sakramentshäuschen und -nischen, die zwischen 1150 und 1450 entstanden sind, zum Zuge. Es werden sowohl die Sakramentsnischen bzw. -häuser als auch ihre Entwicklung und ihr kirchlicher Gebrauch beschrieben. Ein umfangreicher Katalog listet 57 gotländische Sakraments­ nischen auf, die jeweils ausführlich mit Größe, Material, Anbringung, Bemalung und Ausstattung beschrieben werden. Dieser Katalog, wie schon die einführenden und erklärenden Kapitel, ist reich bebildert, vielfach sind die Sakramentsnischen geschlos­ sen sowie offen fotographiert worden.

V. Artikel Assel, Heinrich / Modeß, Johannes: Eine biblische (Fundamental-)Theologie des Gottes­ dienstes in der Pluralität christlicher Liturgien? Zu Gregor Etzelmüller, „ … zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn“. Eine biblische Theologie der christli­ chen Liturgiefamilien. In: EvTh 74 (2014) 152–160. Binder, Christian / Fendler, Folkert: ARD-Fernsehgottesdienste an Feiertagen. Entwick­ lungen und Beobachtungen. In: PTh 103 (2014) 475–495. Bucher, Rainer: Der katholische Gottesdienst in postmodernen Zeiten. Pastoraltheologi­ sche Perspektiven. In: LJ 64 (2014) 143–157. Engemann, Wilfried: Worin besteht die Autorität der Heiligen Schrift? Anmerkungen zum Umgang mit der Bibel im Gottesdienst. In: ZThK 111 (2014) 103–126. Friedrichs, Lutz / Wöllenstein, Helmut: Trauung als Familienritual. Zur neuen Trau­ agende der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. In: DtPfrBl 114 (2014) 85– 89. Garhammer, Erich: Wider die Musealisierung der Liturgie. In: LS 65 (2014) 215–221.

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Gräb, Wilhelm: Gottesdienst auf der Grenze. Zum gottesdienstlichen Handeln an der Schnittstelle zwischen Leben und Tod, Staat und Kirche. In: PTh 103 (2014) 4–20. Haußmann, Annette: Gottesdienste zählen. Ergebnisse einer Studie zum Gottesdienstbe­ such. In: PTh 103 (2014) 77–97. Iff, Markus: Zur Theologie und Praxis der Taufe im Bund Freier evangelischer Gemein­ den in ökumenischer Perspektive. In: Materialdienst des Konfessionskundlichen Insti­ tuts Bensheim 65 (2014) 23–29. Lütze, Frank M.: Entschuldung im Schnellverfahren. Überlegungen zur Gestaltung von Schuldbekenntnis und Absolution im Gottesdienst. In: EvTh 74 (2014) 387–391. Meyer-Blanck, Michael: Zeichentheoretische Rekonstruktion des Trauerrituals. Die Trauerfeier in der Pfarrkirche St. Michael, Regen, am 25. September 2011. In: PTh 103 (2014) 56–61. Meyer-Blanck, Michael: Zwischen Mysterium und Verstehen. „Sacrosanctum Conci­ lium“ aus evangelischer Sicht. In: LJ 64 (2014) 180–194. Ochel, Joachim: Die Orientierungshilfe der EKD zu Ehe und Familie aus der Perspektive einer heutigen Trauliturgie. In: ZThK 111 (2014) 224–237. Rentsch, Christian: Liturgie und soziale Realität. Zu einigen Tendenzen gegenwärtiger liturgischer Praxis und ihrer gesellschaftlichen Bedingtheit. In: MThZ 65 (2014) 253– 261. Sattler, Dorothea: Eucharistische Realpräsenz des diakonischen Lebens Jesu Christi. Eine römisch-katholische Perspektive. In: EvTh 74 (2014) 447–460. Schwier, Helmut: Österlich feiern, denken und leben. Praktisch-theologische Aspekte zur Osternacht. In: PTh 49 (2014) 5–11. Seraphim, Hans-Christian: Die Veränderung der Darbringungsaussage im römischen Messkanon als Mitursache für die Reformation. Ist die damalige Situation überwun­ den? In: Catholica 68 (2014) 288–301. Theißen, Henning: Die Hermeneutik einer Schatzkammer. Der Stellenwert alttestament­ licher Perikopen im gegenwärtigen Gottesdienst. In: Freiburger Zeitschrift für Philo­ sophie und Theologie 61 (2014) 301–338. Welker, Michael: Barth, Luther und die dramatische Realpräsenz Christi im Abendmahl. In: EvTh 74 (2014) 438–447. Themenheft: Liturgical Reforms in the Churches. Societas Liturgica, 2013 Würzburg Congress. In: SL 44 (2014) 1–312.

VI. Einführungen und Lehrbücher Dremel, Erik / Ratzmann, Wolfgang: Nicht nur am Sonntagvormittag. Gottesdienst ver­ stehen und gestalten (Theologie für die Gemeinde, Bd. III/2). Leipzig 2014, 197 S. In dieser Buchreihe, die Theologie für die Gemeinde darbietet, ist ein weiterer Band dem Gottesdienst gewidmet. Damit der Gottesdienst verstanden und gestaltet werden kann, wird zu Beginn die Frage aufgeworfen, wozu denn Gottesdienst gefeiert wird. Daraufhin wird kurz in die Geschichte des Gottesdienstes eingeführt, dann in den agendarischen Gottesdienst, wobei das Evangelische Gottesdienstbuch als Leitagende vorgestellt wird. Ein weiteres Kapitel nimmt die Gottesdienste in vielen Formen in den Blick, die sich aufgrund unterschiedlicher Gemeindekonstitutionen und gesell­ schaftlicher Entwicklungen ergeben haben. Da sind zum einen die klassischen Tagzei­

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ten- und Gebetsgottesdienste, die Andachten und Kasualien, zum anderen die alterna­ tiven Gottesdienstformen, die an alternativen Orten, für bestimmte Zielgruppen oder mit bestimmten Milieus gefeiert werden. Es folgen zwei Kapitel, die sich der Predigt und dem Abendmahl zuwenden; es wird nach dem liturgischen Ort der Verkündigung gefragt, nach dem Prediger, dem Predigttext und dem Predigthörer, für das Abend­ mahl werden die biblische Tradition und Jesu Pessach-Mahl bedacht, auch die Pro­ bleme mit der Abendmahlsfeier, ob sie als Messe oder Eucharistie aufgefasst wird, dazu z. B. die Frage, wie es um das Verhältnis von Wort und Sakrament steht. Das letzte Kapitel zeigt auf, an was alles zu denken ist, wenn ein Gottesdienst vorbereitet wird.

VII. Lexika Enzyklopädie der Kirchenmusik, Bd. 4: Der Gottesdienst und seine Musik, Teilband 2: Gottesdienstformen und ihre Handlungsträger, hg. v. Gerhards, Albert / Schneider, Matthias. Laaber 2014, 323 S., 28 Abb. In 29 Beiträgen werden Gottesdienstformen und Handlungsträger vorgestellt: Eröff­ net wird der Reigen mit einem Beitrag zu liturgischen Ämtern und Funktionen. Dann geht es z. B. um die römische Messe, das Orgelspiel in der Liturgie, die Tagzeitenlitur­ gie, reformatorische Gottesdienstformen, um solche aus der Aufklärungszeit am Bei­ spiel von Dresden, Lübeck und Leipzig, Unions-Ordnungen des 19. Jahrhunderts, um die Agende I der VELKD und EKU, den anglikanischen Gottesdienst, das Evangeli­ sche Gottesdienstbuch, Taufgedächtnis, Gemeindegesang, neuere Gottesdienstformen des 20. Jahrhunderts, die evangelischen wie katholischen Kirchentage und ihre Litur­ gien, überhaupt um neue Musik, auch um Kirchenmusik im säkularen Umfeld. Ein Akürzungs-, Literatur- und Abbildungsverzeichnis, ein Personen- und Sachregister und ein Autorenverzeichnis beschließen diesen Enzyklopädieband.

VIII. Arbeitshilfen Adler, Dietmar / Arnold, Jochen / Helmke, Julia / Kirsner, Inge (Hg.): Mit Bildern bewe­ gen – Filmgottesdienste (gemeisam gottesdienst gestalten, Bd 24). Hannover 2014, 424 S. Die EKD hat mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 für das Jahr 2015 das The­ menjahr Reformation und Bild ausgerufen. Dieser Band beschäftigt sich mit den bewegten Bildern, mit den Filmen im Gottesdienst, die es etwa seit den 1990er Jahren gibt. Der erste Teil des Buches ist mit sechs Beiträgen allein der Reflexion zu Film und Gottesdienst gewidmet. Der zweite Teil enthält 28 Filmgottesdienste, die gemäß dem Kirchenjahr geordnet sind: Teile eines Films oder Kurzfilme werden im Gottesdienst gezeigt, dazu auch gepredigt. Alle weiteren Texte, die im Gottesdienst verwendet wer­ den können, sind in den Vorlagen abgedruckt. Im dritten Teil werden sechs Predigten zu Filmen abgedruckt. Der vierte Teil befasst sich mit der Planung, Erarbeitung und praktischen Durchführung von Filmgottesdiensten.

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Bartole, Tobias / Brenner, Dennis: Gottesdienste für Junge Erwachsene. Freiburg i. Br. 2014, 144 S., 1 CD-ROM. Im Vorwort wird geklärt, dass zu den Jungen Erwachsenen Menschen im Alter zwi­ schen 18 und Anfang 30 Jahren gerechnet werden, die nach schulischer und beruflicher Ausbildung in einem neuen Lebensabschnitt stehen und damit in einem Alter, in dem Entscheidungen eine längerfristige Bedeutung haben. Mit den Gottesdiensten in die­ sem Buch sollen jene jungen Menschen angesprochen werden, die für die kirchliche Jugendarbeit zu alt sind, aber in der üblichen Gemeindepraxis kein Angebot finden und sich in den herkömmlichen Liturgiestrukturen nicht wohlfühlen. Die Gottes­ dienste sind in der Katholischen Hochschulgemeinde Edith Stein in Freiburg entstan­ den und bieten zahlreiche Bausteine. Es handelt sich um Gottesdienste im Kirchenjahr und um thematische Gottesdienste. Brändlin, Sabine (Hg.): lebensstark. Frauengebete aus dem Aargau. Zürich 2014, 107 S., einige Abb. Die hiermit vorgelegten zahlreichen Frauengebete aus dem Aargau sind in folgende Abteilungen gegliedert: Vertrauen – Zweifeln und Verzweifeln – Bitten – Danken. Im Vorwort legt Brändlin dar, dass sie bewusst „normale“ Frauen und nicht prominente Frauen (oder professionelle Beterinnen) um Gebetstexte gefragt hat. So haben Frauen aus den unterschiedlichsten Schichten und Berufen, aus ganz verschiedenen Lebenssi­ tuationen heraus Gebetstexte zur Verfügung gestellt. Die Texte zeigen, wie unter­ schiedlich Gebete sein können. Breitenbach, Roland: Kurzimpulse für Gottesdienst und Gemeindearbeit. Mit Schrift­ worten, Gebeten und Meditationen. Freiburg i. Br. 2014, 128 S., 1 CD-ROM. Es sind 26 Kurzimpulse aufgeführt: z. B. Aus der Hand geben, Der einzige Sohn, Einen Namen haben, In die ganze Welt, Lebe einfach, Ich bin mitten unter euch. Die Kurzimpulse sind immer gleich aufgebaut: Zu Beginn steht ein Schriftwort, es folgt ein Impuls dazu. Eine Meditation und ein Gebet beschließen diesen Impuls. Er geht erklärend und deutend auf das Schriftwort ein; die Meditation kann ein Gedicht, ein Lied etc. sein. Bukowski, Sylvia: Du bist der Gott, den ich suche. Neukirchen-Vluyn 2014, 151 S. Für jeden Sonn- und Feiertag des Kirchenjahres finden sich zwei Gebete: Das eine ori­ entiert sich an dem Eingangsspruch, das andere an dem Wochenpsalm. In ihrer Einlei­ tung teilt Bukowski mit, dass sie zu diesen Gebeten durch den christlich-jüdischen Dialog wie durch Erfahrungen in der weltweiten Ökumene inspiriert wurde. Ein Bibelstellenregister ermöglicht es, die Gebete auch zu anderen Anlässen zu verwen­ den, wenn nicht der Sonntag, sondern eine Bibelstelle im Mittelpunkt steht. Copper, Christine / Rapsch, Ute: Spiele für den Kindergottesdienst. 44 Ideen zu bibli­ schen Geschichten und christlichen Symbolen. Neukirchen-Vluyn 2014, 70 S. Zu wichtigen Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament werden Spiele für den Kindergottesdienst angeboten, die relativ unkompliziert gebraucht werden kön­ nen. Material dazu findet man in einem angegebenen Download-Bereich des Verlages. Neben 37 biblischen Geschichten (oder Themen) werden auch sieben Symbole mit Spielen bedacht: Dreieck, Fisch, Kerze, Kreuz, Rettungsring, Taube, Wasser. Frey, Dominik / Schöner, Angelika: Großes Werkbuch Familiengottesdienste. Freiburg i. Br. 2014, 208 S., 1 CD-ROM. Die in reicher Zahl angebotenen Familiengottesdienste ordnen sich in zwei Themen­ kreise: 1. Stories mit Jesus: spannend, stürmisch, wundersam, 2. Gottes Freunde: Sün­ der, Freaks und Heilige. Eine Einführung zeigt die Struktur der Familiengottesdienste auf: Es kann der normale katholische oder evangelische Sonntagsgottesdienst genom­

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men und um die besonderen Elemente, die aus biblischen Lesungen mit Rollenspielen etc. bestehen, erweitert werden. Zwei Jungen kommen als Moderatoren in allen Fami­ liengottesdiensten vor und stellen auf ihre Weise eine Kontinuität her. Wenn der Familiengottesdienst in der römisch-katholischen Tradition gefeiert wird, ist für die Zeit der Eucharistiefeier eine „Kinderkirche“ vorgesehen. Fuchs, Guido: Ma(h)l anders. Essen und Trinken in Gottesdienst und Kirchenraum. Regensburg 2014, 254 S., 21 schwarz-weiß Abb. Das Buch stellt allerhand verschiedene Formen von Essen und Trinken in Liturgie und Kirchenraum vor und denkt dabei nicht nur an Eucharistie/Abendmahl oder Aga­ pemahl, sondern auch an kostengünstige Mittagstische, die in Kirchen angeboten wer­ den, an Vesperkirchen, an das Sedermahl usw. In all diese Formen von den christlichen Anfängen bis zur Gegenwart wird eingeführt und die gegenwärtigen Formen werden unter systematischen Gesichtspunkten gewürdigt. Und so kommt es zu Bet (sic!) & Breakfast, Brunch & Pray, Dinnerchurch, Frauenmahl, Gottesdienst im Gasthaus, Liturgischem Abendessen, Pilgermahl, etc. Fuchs, Guido (Hg.): Es muss nicht immer Messe sein. Andachten, Wort-Gottes-Feiern und kleine liturgische Formen. Regensburg 2014, 126 S. Dass auch Andachten, Wort-Gottes-Feiern und kleine liturgische Formen eine höhere Bedeutung erlangen, liegt unter anderem daran, dass in mancher Pfarrei nicht mehr jeden Sonntag eine Messe stattfinden kann. In diesem Buch werden daher für Werktag wie Sonntag ganz unterschiedliche Feierformen aufgezeigt. Der erste Teil versammelt Formen, die sich am Lauf des Kirchenjahres orientieren: z. B. Feiern im Advent (Rorate und Novene), Taufe Jesu, Kreuzweg, Andacht vor dem Heiligen Grab, Tauf­ gedächtnis, Kreuzweg, Maiandacht, Rosenkranzandacht, Totengedenken. Der zweite Teil bietet einige Formen für den Alltag, z. B. ein einfaches Morgenlob am Sonntag, eine Tischliturgie, ein Luzernarium. Gies, Wolfgang: Großes Werkbuch Kreuzwegandachten. Gottesdienste, Ideen und Modelle. Freiburg i. Br. 2014, 223 S., zahlreiche schwarz-weiß Abb., 1 CD-ROM. Die vorgeschlagenen Kreuzwegandachten richten sich an vier Zielgruppen: Kinder in der Grundschule und Kommuniongruppe; Jugendliche in Religionsunterricht und Gemeindekatechese; Familien und gemischte Gruppen in der Gemeinde; Gemeinde und einzelne Kirchgänger. Für alle Zielgruppen wird der Kreuzweg mit seinen 14 Sta­ tionen dargeboten, aber zuvor wird zielgruppengerecht in die Materie eingeführt. Die Kreuzwegstationen werden zunächst in eher traditioneller Weise und anschießend in einer der Zielgruppe angepassten, kreativen Form dargestellt. Ein eigenes Kapitel mit der Überschrift „Ideenkiste“ lädt zu vielen weiteren Variationen ein. Goldschmidt, Stephan (Hg.): Erinnerungsfeste. Gottesdienste mit und für Menschen mit Demenz (Dienst am Wort, Bd. 157). Göttingen 2014, 145 S. Menschen mit Demenz erleben Gottesdienste als Erinnerungsfeste, da vertraute Texte oder Rituale Erinnerungen wecken. In oder mit ihnen leben Demenzkranke intensiv. Es werden acht Gottesdienstentwürfe abgedruckt, die sich an dieser Zielgruppe in Alten- und Pflegeheimen ausrichten. Einige Gottesdienste sind einem Gemeindeauf­ baukonzept gefolgt, da sich gezeigt hat, dass an diesen speziellen Gottesdiensten nicht nur die Angehörigen und die Pflegenden, sondern auch Menschen aus den Gemeinden mit teilnehmen, die selbst nicht dement sind, weil sie diese Gottesdienste schätzen. Die hier abgedruckten Gottesdienste sind durch eine Jury geprüft worden, die einen Gottesdienst prämiert hat. Sie will damit Gottesdienste fördern, die nicht immer im Fokus des Interesses stehen.

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Grünling, Markus: Frühschichten für die Fastenzeit. Ostfildern 2014, 112 S. Der Übergang von der Nacht zum Tag mit einer Frühschicht, einem Gebetsgottes­ dienst mit anschließendem Frühstück, zu beginnen, kann gut während der Fastenzeit auf Ostern vorbereiten. Es werden auch vier Frühschichten geboten, die für die Oster­ zeit gedacht sind. Die Frühschichten haben Symbolgeschichten zum Inhalt: der Kampf Jakobs am Jabbok gedeutet als Glaube ist Kampf; einen neuen Namen erhalten; dem Geheimnis begegnen; am Anfang das Lachen; der Feuerofen etc. Alle Frühschichten sind vollständig als Textvorlage abgedruckt, eine Hinführung weist auf Wichtiges hin. Harms, Silke / Doormann, Ulrike: Aufgerichtet von dir. Evangelische Exerzitien im All­ tag. Neukirchen-Vluyn 2014, 300 S. Exerzitien im Alltag zu machen und dafür nicht in ein Kloster oder Meditationshaus fahren und eine Auszeit für sich nehmen zu müssen, ist mit diesem Buch möglich. Die Exerzitien sollen ausdrücklich in der Kirchengemeinde stattfinden. Dafür werden vier Kurse angeboten, die einem bestimmten Motto folgen: 1. Halt an! Wo läufst du hin? 2. Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat … – Durch Begegnung Glau­ ben lernen. 3. Herr, komm in mir wohnen. Schritte zum vertieften Beten. 4. Gemein­ sam auf Ostern zugehen. Die ersten drei Kurse sind kirchenjahreszeitlich ungebunden, der vierte gehört in die Passionszeit. Für alle Teilnehmenden werden umfangreiche Hinweise gegeben: Es wird in den Sinn der Exerzitien eingeführt, dass nämlich der Glaube Übung braucht; es gibt Hinweise für Kursteilnehmer und Kursleitung; es wird in Übungen und Gebete eingeführt. Die vier Kurse selbst werden ganz ausführlich dargelegt; man kann sie mit Hilfe dieses Buches sozusagen Seite für Seite durchführen. Das Schlusskapitel gibt einen Ausblick, wie die Gruppe oder man alleine den begonne­ nen Weg weitergehen kann. Herrmann, Eckhard / Burkhardt, Ulrich (Hg.): Kasualgebete. Taufe, Konfirmation, Trauung, Beerdigung, besondere Anlässe. München 2014, 176 S. Die Herausgeber haben zu den klassischen und besonderen Kasualien praxiserprobte Gebete von 11 Pfarrern und Pfarrerinnen zusammengetragen. So finden sich zur Taufe Eingangs- und Fürbittengebete; zur Konfirmation Hinführungen zum Eingangsgebet, dann Eingangs-, Dank- und Fürbittengebete; zur Trauung wie auch zur Silbernen und Goldenen Hochzeit Eingangs- und Fürbittengebete und Schlussgebete; ebenso auch zur Beerdigung. Zu den besonderen Kasualien Einführung, Verabschiedung, Einwei­ hung und Jubiläen werden zahlreiche Gebete zu je unterschiedlichen Situationen und Gegebenheiten geboten. Ein Autorenverzeichnis schließt das Buch ab. Hieke, Thomas: Von Gott erzählen. Familiengottesdienste mit Predigten für Kinder. Regensburg 2014, 304 S. Für die drei Lesejahre A, B und C werden Texte angeboten, die für eine Wort-GottesFeier, einen Familiengottesdienst oder eine Eucharistiefeier notwendig sind: Einfüh­ rung, Kyrie-Rufe, Gebet, Hinführung zur Lesung, Lesung, Evangelium, Auslegung, Fürbitten. Zu jedem Gottesdienst wird der Leitgedanke vorangestellt. Hie und da fin­ det man auch gutgemeinte Hinweise, so z. B. zum Zweiten Weihnachtsfeiertag, dem Stephanustag, dass allen, die Stephan oder Stephanie oder ähnlich heißen, alles Gute zum Namenstag gewünscht werden kann. Alle Gottesdienste bzw. Texte hat der Autor in seiner Gemeinde über viele Jahre erprobt. Er gibt den Hinweis, dass trotz­ dem die Texte den Menschen und den Situationen jeweils angepasst werden müssen. Auch für die Wiedergabe der biblischen Texte hat er Veränderungen eingeführt, indem sie von der offiziellen Lesart abweichen, wenn sie für Kinder zu schwer verständlich sind, oder dann, wenn der offizielle Text Verse auslässt, die doch für den Zusammen­ hang wichtig sind.

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Hück, Anneliese (Hg.): Bußgottesdienste. Ostfildern 2014, 120 S. Wenn Schuld vergeben werden kann, kann das Leben (wieder) in Ordnung kommen. Die hier vorgelegten Bußgottesdienste lassen diesen Weg vor Gott gemeinsam gehen, zum einen in der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest und zum anderen in der Vorbe­ reitung auf das Osterfest. Daran schließen sich Bußgottesdienste mit besonderen Gruppen an: mit Kindern, mit Familien im Rahmen der Erstkommunion, mit Jugend­ lichen und jungen Erwachsenen, mit kleineren Gruppen, mit kranken Menschen, mit älteren Menschen. Manche Bußgottesdienste werden auch mit einem Symbol oder Bild etc. gestaltet. Jammer, Beate (Hg.): Geh mit uns auf unserm Weg. Erstkommunionvorbereitung in Gottesdiensten. Ostfildern 2014, 154 S. In Zeiten der Knappheit an Personal, Ehrenamtlichen, Zeit und des Zusammenlegens von Seelsorgeeinheiten stellt sich die Frage, wie heute Kinder noch sinnvoll auf die Erstkommunion vorbereitet werden können. Jammer hat vier Weggottesdienste erprobt, die Kinder durch die Liturgie auf die Erstkommunion vorbereiten: Beginnen im Zeichen des Kreuzes, Hören auf das Wort Gottes, mit Jesus verbunden bleiben (Eucharistie), Gott bringen, was wir auf dem Herzen haben (Beichte). Es folgen Gemeindegottesdienste verschiedener Themen-Reihen: Gott hat dich in dein Herz geschlossen, Ich bin das Licht, Jesus Christus – unsere Mitte. Jede Reihe hat wiederum vier Gottesdienste: Vorstellungsgottesdienst, Familiengottesdienst, Erstkommunion­ gottesdienst, Dankgottesdienst. So können Kinder mit ihren Eltern auf die Erstkom­ munion gut vorbereitet werden, indem sie an der Liturgie den Glauben erfahren und lernen. Janz-Spaeth, Barbara (Hg.): Maria – Freundin des Lebens. Andachten und Impulse. Ost­ fildern 2014, 172 S. Marienandachten aus zahlreichen Perspektiven werden hier geboten, die sich mit den traditionellen Themen und Daten verbinden. Vier Andachten zu Mariendogmen: Maria als Gottesgebärerin, als immerwährende Jungfrau, Mariä Aufnahme in den Himmel, Maria ohne Erbsünde; danach Andachten zu den Marienfesten im Jahres­ kreis: Mariä Lichtmess, Heimsuchung, Geburt, Namen. Es geht weiter mit Andachten zu Marien-Bildern: Schutzmantelmadonna, Mariä Königin, Pietà, Fürsprecherin, Schwester im Glauben, Prophetin, Freundin des Lebens; dann Andachten zum Magni­ ficat im Marienmonat Mai und Andachten zum Ave Maria im Rosenkranzmonat Oktober; abschließend geistliche Impulse, die von Maria ausgehen, wie z. B. Maria hört, überlegt, liest, singt, hält aus, glaubt etc. Die Andachten sind mit allen Texten, wie Gebete, Besinnungen etc., ausgeführt und können direkt verwendet werden. Kaiser-Berger, Sylvia: Schulgottesdienste kreativ gestalten. Mit Schülerinnen und Schü­ lern themenorientierte Feiern entwerfen. Göttingen 2014, 95 S., 9 Abb. Für die Sekundarstufe 1 von Realschule und Gymnasium werden neun Gottesdienste angeboten, die sich am Kirchenjahr, aber auch an den Themen von Schülern orientie­ ren. Für jeden Gottesdienst werden eine schematische Übersicht, ein Einführungstext in das Thema, der Aufbau des Gottesdienstes erklärt und die Vorbereitung des Gottes­ dienstes dargelegt, dann der Gottesdienstablauf mit allen Texten, Liedern, Bilder etc. gegeben. Themen sind z. B. das Gleichnis vom Sauerteig (Aus Klein wird Groß), das Gleichnis vom verlorenen Sohn, Erntedank, Kreuzweg, Du sollst nicht lügen. Kirsner, Inge / Gehring, Hans-Ulrich: Filmgottesdienste. Theorie und Modelle, mit einem Beitrag von Andrea Bieler. Jena 2014, 144 S. Dass der Film das Leitmedium des 20. Jahrhunderts sei, wird im Vorwort konstatiert und entsprechend wird dieses Leitmedium auch für den Gottesdienst verwendet.

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Dazu wird eine theoretische Grundlegung geboten, die über die Grundsatzfrage, warum es denn überhaupt Filmgottesdienste geben sollte, weiterführt zum Verhältnis von Kino und Kirche im Zusammenspiel mit Liturgie und der Predigt als Arbeit an mentalen Bildern. Es folgen ein Praxisteil, der die Vorbereitung eines Filmgottesdiens­ tes schildert, sowie acht Filmgottesdienstmodelle mit insgesamt 13 Filmen. In einem abschießenden Kapitel schildert Andrea Bieler Filmgottesdienste im interkulturellen Kontext. Knecht, Dagmar: Von Gott will ich nicht lassen. Modelle für Gottesdienste in Altenund Pflegeheim. Gütersloh 2014, 156 S., 1 CD-ROM. Knecht teilt in diesem Buch ihre Erfahrungen mit Gottesdienst in Alten- und Pflege­ heimen mit, denn hier sind besondere Gottesdienste gefordert; die gekürzte Sonntags­ predigt allein tut es nicht, auch ist während der Gottesdienstfeier mit Unwägbarkeiten zu rechnen, die es im normalen Sonntagsgottesdienst nicht geben wird. Es wird zunächst in die besondere Art und Weise solcher Gottesdienste eingeführt, dann ein Gottesdienstablauf einschließlich einer Abendmahlsfeier vorgestellt. Im Anschluss werden 23 Gottesdienstmodelle für das ganze Kirchenjahr geboten. Die Gottesdienste haben besondere Gestaltungselemente, wie z. B. eine Schale mit Sand, in dem Geschenke versteckt sind, die sich die Feiernden heraussuchen dürfen, oder einen Drachen, wie Kinder ihn im Herbst fliegen lassen. Kutzner, Hans-Jürgen / Arnold, Jochen (Hg.): Orte für das Wort – Raum für den Him­ mel. Mit Architektur Gottesdienste gestalten (gemeinsam gottesdienst gestalten, Bd. 25). Hannover 2014, 231 S. Wie soll eine „schöne“ Kirche aussehen und was soll und kann in ihr als Raum statt­ finden? Solchen und noch weiteren Fragen wird in diesem Buch in ökumenischer Offenheit mit einigen Beiträgen nachgegangen, sei es, dass über den Kirchenraum als Begegnungsort mit Gott, über Luthers Torgauer Kirchweihpredigt, über unterschied­ liche Formen des Altars, sei es, dass über die Musik als Raum oder die Liturgie als Ort reflektiert wird. Nach diesen Überlegungen folgen Gottesdienst- und Predigtentwürfe zum Grundthema Raum, anschließend verschiedene Entwürfe, wie Raum ausdrück­ lich vermittels des Gottesdienstes erlebt werden kann. Langwald, Marie-Luise / Niehüser, Isolde (hg. unter Mitarbeit von Irmentraud Kobusch): Thema: Armut (FrauenGottesDienst, Bd. 37). Ostfildern 2014, 96 S. Es wird kurz in das Thema Armut eingeführt, wobei Armut als Mangel, aber auch als eine Auszeichnung von Kirche verstanden werden kann, die sich gegen eine Diktatur des Habens wendet. Insofern kommen verschiedene Facetten von Armut bei den Got­ tesdiensten zum Tragen: Gott ist ein Gott der Armen, er ist als Mensch arm geboren; die Kirche soll den Schrei der Armen hören, als Beispiel gilt Elisabeth von Thüringen, die freiwillig arm geworden ist, oder das Schicksal der Rut, die auf der Flucht war; alle sind gefordert, Reichtum und Leben zu teilen. Die Gottesdienste sind mit allen Texten ausgeführt. Lehmann-Etzelmüller, Monika: Minikirche. 24 komplette Entwürfe, um mit Kindern Gottesdienst zu feiern. Neukirchen-Vluyn 2014, 120 S. Die Minikirche ist eine Angebot für Familien mit Kindern im Vorschul- und Grund­ schulalter. Es wird empfohlen, sie regelmäßig ein Mal im Monat sowie an den beson­ deren Feiertagen im Kirchenjahr stattfinden zu lassen. Es gibt eine feste Liturgie mit variablen Bausteinen. Die feste Liturgie: Ankommen – Willkommenslied – Gemeinsa­ mer Anfang (Text mit Bewegungen) – Begrüßung neuer Kinder – Eingangslied – Gebet – Geschichte (wird erzählt, gespielt, gestaltet etc.) – Lied – Gedanken für Erwachsene – Fürbitten mit Vaterunser – Aktion (spielerisch werden Elemente der

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Geschichte vertieft) – Abschlusskreis – Segen. Gottesdienstentwürfe werden wie emp­ fohlen für die hohen Feste im Kirchenjahr angeboten, ansonsten ein Gottesdienst pro Monat, dazu gehören auch Taufgottesdienste oder eine Waldweihnacht. Lehnert, Christian (Hg.): „Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen …“ Über die Kunst des öffentlichen Gebets (Impulse für Liturgie und Gottesdienst, Bd. 1). Leipzig 2014, 111 S. Zahlreiche Aspekte des öffentlichen Gebets werden hier ganz unterschiedlich bedacht, da über den betenden Menschen ebenso reflektiert wird wie über Gebet und Poesie, über das Kollektengebet, das Fürbittengebet, das Beichtgebet; über die Stille, die Hal­ tung des Gebets, über die Sprechrichtung des Betens im Gottesdienst wie über den Segen. Eine Lehre des Gebets soll nicht vorgelegt werden, sondern vielmehr sollen – wie es im Vorwort heißt – Impulse gegeben werden. Dieses Versprechen ist mit den zahlreichen und facettenreichen Beiträgen eingelöst worden. Liturgische Konferenz (Hg.): Neues Evangelisches Pastorale. Texte, Gebete und kleine liturgische Formen für die Seelsorge. Gütersloh 52014, 240 S. Diese fünfte Auflage des Evangelischen Pastorales ist überarbeitet und geringfügig gegenüber der zweiten, bearbeiteten Auflage (vgl. JLH 47 [2008] 137) erweitert wor­ den (die dritte und vierte Auflage blieben unverändert). Unter der Rubrik Texte – Gebete – Segen ist neben den Gefühlsräumen Freude, Angst, Trauer, Scham, Schuld und Wut der Raum Leere hinzugekommen, der Menschen in den Blick nimmt, die sich ausgebrannt oder überfordert etc. fühlen. Bei den Kleinen Liturgischen Formen sind die Formen „Segnung und Salbung“ und „Tod in der Schule“ aufgenommen wor­ den. Auch die äußere Aufmachung des handlichen Buches ist freundlicher und in gewisser Weise „wertvoller“ geworden. Lohaus, Gerd / Stockhoff, Nicole (Hg.): Wir in Gottes Dienst. Grundwissen für Lekto­ ren, Kantoren und Kommunionhelfer. Freiburg i. Br. 2014, 240 S. Dieses Grundwissen ist in drei Teile gegliedert, wie es der Untertitel schon anzeigt: Grundwissen für Lektoren, Kantoren und Kommunionhelfer. Für die Lektoren geht es um den Ambo, die biblischen Lesungen im Kirchenjahr, die innere und äußere Hal­ tung, die Sprecherziehung. Für die Kantoren geht es um die Psalmen, um das Vorsin­ gen und überhaupt um den Dienst des Kantors in der Messfeier. Für die Kommunion­ helfer geht es um den Tabernakel, die Hostie, die innere und äußere Haltung der Kommunionhelfer und um die liturgischen Realien. Massmann, Monika (Hg.): Widerschein der Liebe Gottes. Heiligengottesdienste von St. Martin bis Dreikönig. Regensburg 2014, 144 S., einige Abb. Anhand einer ganzen Reihe von Heiligen sind hier Gottesdienstvorlagen publiziert worden, die in unterschiedlichen Zuordnungen präsentiert werden: Vorgeschmack, z. B. Martin von Tours oder Elisabeth von Thüringen; Freudenboten, z. B. Andreas oder Franz Xaver; Heilige der Tat, z. B. Adolph Kolping oder Nikolaus; Blut-Zeugen, z. B. Barbara oder Luzia; Mehr sehen, z. B. Zacharias mit Elisabeth und Johannes; Adventli­ che Dichter, z. B. Ambrosius oder Johannes von Damaskus; Mystiker, z. B. Johannes vom Kreuz. Für jeden Gottesdienst werden Texte und Lieder angegeben: Lied zur Eröffnung, Kyrie-Rufe, Lesungen mit Antwortpsalm und Halleluja fürs Evangelium, ein Impuls für die Predigt, Fürbitten, Sendung und Segen und Angaben, falls eine Eucharistie gefeiert wird. Mawick, Gudrun: Basisinfo Gottesdienst. Ein Leitfaden für Neugierige. Gütersloh 2014, 71 S. Auf wirklich wenigen Seiten werden zum evangelischen Gottesdienst Basisinformatio­ nen gegeben, die sich auf das Evangelische Gottesdienstbuch mit seinen beiden

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Grundformen beziehen; andere Gottesdienstformen werden nicht erwähnt. Es werden geschichtliche Informationen zu seiner Entwicklung, dann Informationen zum Kir­ chenjahr geboten. Es folgt die Beschreibung der Gottesdienstform nach dem Evangeli­ schen Gottesdienstbuch. Zum Schluss finden sich ausgewählte Literatur, Links und ein Verzeichnis gottesdienstlicher Begriffe. Mödritzer, Helmut / Konstandin, Kurt: Schulgottesdienste für die Sekundarstufe. Modelle und Bausteine. Stuttgart 2014, 136 S., zahlreiche Materialien und Bilder. Es werden zahlreiche thematische Gottesdienste für die Sekundarstufe mit Texten, Materialien etc. vollständig vorgestellt, die wahrscheinlich die am häufigsten gefeierten Schulgottesdienste sein dürften: zum Schuljahresanfang, vor Weihnachten, vor den Osterferien, zum Schuljahresende. Für jede „Schulkasualie“ werden je drei Gottes­ dienste zu unterschiedlichen Themen ausgeführt. Zusätzlich werden Bausteine ange­ boten für Gottesdienste, wenn die Schulzeit für Schüler ganz zuende ist; Bausteine werden auch angeboten für kleine Gottesdienste als Meditationen im Schulalltag sowie für Gottesdienste zum Buß- und Bettag. Plieth, Martina: Seine Gnade ist bunt. Gottesdienste im Altenheim. Neukirchen-Vluyn 2014, 264 S. Den größten Teil dieses Buches hat Plieth bereits 2008 unter dem Titel Gnade ist bunt. Gottesdienste im Altenheim ( vgl. JLH 49 [2010] 113) publiziert; jetzt ist sozusagen eine erweiterte Auflage mit leicht verändertem Buchtitel erschienen. Die damals abge­ druckten Gottesdienstvorlagen sind wieder aufgenommen und um einige neue ergänzt worden. Reinke, Stephan A. (Hg.): Werkbuch Musik im Gottesdienst. Gütersloh 2014, 271 S. Mit einem einleitenden Kapitel führt Reinke in die Musik im Gottesdienst ein und bie­ tet zahlreiche Bausteine zu ihrem Verständnis an. Das umfangreichste zweite Kapitel bietet sehr viele praktische Anregungen für besondere Zielgruppen und besondere Orte, zu denen der Sonntagsgottesdienst oder der Kasualgottesdienst genauso gezählt werden wie der Gottesdienst im Krankenhaus oder der Open-Air-Gottesdienst. Es schließen sich praktische Anregungen für Gottesdienste mit besonderem musikali­ schem Profil bzw. Schwerpunkt an, wie z. B. Kantate, Gospel, Taizé-Gesänge oder Posaunenchor. Drei alternative Formate werden als Evensong, konzertante Liturgien und Tagzeitengebete geboten. Das dritte Kapitel widmet sich der Predigt über Musik, das vierte Kapitel ist ein Exkurs über Musik im katholischen Gottesdienst und im fünften Kapitel plädiert Reinke für kreative Vielfalt als Changieren zwischen Tradition und Innovation. Ein letztes Kapitel bietet Literaturhinweise. Schellenberger, Bernardin: Im Glanz des göttlichen Lichts. Orthodoxe Mystik: Geheim­ nis und Herausforderung. München 2014, 159 S. Dieses Buch ist in gutem Sinne ein Meditationsbuch zur, mit der und über die ortho­ doxe Mystik, das nach Gott und dem rechten Glauben an Gott fragt. Schellenberger geht hart ins Gericht mit der in der katholischen Kirche wie in den protestantischen Kirchen geübten Praxis des Redens von Gott bzw. dem Glauben an Gott. Er geht ein auf die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten von östlicher wie westlicher Spirituali­ tät und auf die biblischen Anleitungen zur Meditation, wendet sich der Schönheit, den Ikonen und der Liturgie zu. Das Wesen orthodoxen Glaubens macht er deutlich an dem Weihnachtsfest, dem Leidensweg Jesu, Karfreitag und Ostern. Schellenberger beschreibt nicht nur, sondern erzählt aus seiner persönlichen Sicht und Erfahrung, wie er von orthodoxer Spiritualität bereichert worden ist. Die schönsten Fürbitten zur Taufe / Die schönsten Fürbitten zur Hochzeit. München 2014, je ca. 80 S.

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Diese beiden kleinen Bändchen sind ohne Herausgebernamen beim oder vom Clau­ dius-Verlag erschienen. Beide zeichnen sich durch den fast gleichen Aufbau aus: Nach einem Vorwort folgen Fürbitten von Familie und Freunden, dann der Eltern bzw. der Brautleute, die Fürbitte beim Anzünden der Taufkerze bzw. beim Ringsegen, die Für­ bitte für Alleinerziehende bzw. für ein gleichgeschlechtliches Paar, die Fürbitte für Ferne und Verstorbene. Ein Quellenverzeichnis legt die Herkunft der Gebete dar. Schwarz, Christian (Hg.): Gottesdienste zu Jubiläen (GottesdienstPraxis B). Gütersloh 2014, 175 S., 1 CD-ROM. Hier liegt viel Material für allerlei Jubiläumsfeiern vor, die in der Gemeindearbeit immer wieder zu bewerkstelligen sind: Kirchenjubiläen, Jubiläen für Orgel, Posaunen­ chor, Evangelische Frauenhilfe, Hilfe für Suizidgefährdete, Tafelladen, Männerge­ sangsverein, Männerturnverein etc. Es folgen die silbernen und goldenen Konfirmatio­ nen einschließlich weiterer Jubelkonfirmationen, danach die silbernen, goldenen, dia­ mantenen, eisernen Ehejubiläen. Diesen Reigen schließen noch weitere einzelne Bau­ steine ab. Schwarz, Christian: Leben satt. Alternative Gottesdienste zu den Basics des Glaubens. Gütersloh 2014, 240 S., 1 CD-ROM. Schwarz hat in seiner Kirchengemeinde das sogenannte Zweite Gottesdienstpro­ gramm installiert, das er mit Erfolg durchgeführt hat und – wie er im Vorwort schreibt –, ohne damit den traditionellen Gottesdienst auszuhöhlen. Mit alternativen Gottesdiensten werden Menschen angesprochen, die nicht mit den traditionellen Got­ tesdiensten aufgewachsen sind und so Zugang finden. Eine erste Auswahl solcher Got­ tesdienste hat Schwarz 2008 veröffentlicht (Die Seele berühren, vgl. JLH 49 [2010] 114), nun liegt ein zweiter Teil vor. Es werden zehn Gottesdienste zu den Zehn Gebo­ ten aufgeführt, dann 13 Gottesdienste zu den Basics des Glaubens, z. B. Bin ich anste­ ckend? (Thema Glaube), Armes Deutschland (Thema Armut und Reichtum), Dock 7 (Zugänge zu Gott). Die vorgeschlagenen Inszenierungsmöglichkeiten sind vielfältig, jeder Entwurf beinhaltet ein Theaterstück, eine Predigt und ein Gebet sowie weitere Gestaltungstipps. Schwarz, Christian (Hg.): Sommergottesdienste (GottesdienstPraxis B). Gütersloh 2014, 160 S., 1 CD-ROM. Sommergottesdienste scheinen ein eigenes Genre zu sein, denn hier werden Gottes­ dienste zum Ferienanfang und Ferienende angeboten, dann zu Themen der Sommer­ zeit: Schöpfung, Sportfest, Gottesdienst im Freien oder am Meer, Familiengottes­ dienst, Gottesdienst mit Weinprobe etc. und einige Andachten. Diese außergewöhnli­ chen Gottesdienste können ganz unterschiedliche Formen annehmen und implizieren auch ganz ungewöhnliche Texte. Seidl, Christoph (Hg.): … und ihr habt mich besucht. Gebete und Hilfen für Krankenbe­ such und Krankenkommunion. Regensburg 2014, 142 S. Hier werden Gebete, aber auch Gottesdienste aus ganz verschiedenen Perspektiven und für unterschiedliche Adressaten vorgelegt: zuerst Gebete von Angehörigen, Besuchenden und Seelsorgenden für ihre Kranken, dann Gebete und Meditationen für Patienten, ebenso Gebete des Kranken für die Sorgenden und Pflegenden. Es folgen Texte für gottesdienstliche Feiern: für die Krankenkommunion und für Gottesdienste mit kranken Menschen. Abschließend werden Bausteine für die Feier der Krankensal­ bung geboten. Stock, Alex: Orationen. Die Tagesgebete und Festzeiten neu übersetzt und erklärt. Regensburg 2014, 128 S. Alex Stock hat bereits 2011 einen Band mit Orationenübersetzungen im Jahreskreis,

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also zu den „grünen“ Sonntagen publiziert (vgl. JLH 51 [2012] 159), nun folgt dieser Band mit Orationen zu den Festen der Advents- und Weihnachtszeit, der Fastenzeit, der Karwoche und Osterzeit, zu Pfingsten und Dreifaltigkeitsfest. Stock analysiert die lateinischen Originale genau und erhebt auf diesem Weg den Sinngehalt der Gebete, die die Theologie der Festtage und Festzeiten spiegeln. In seiner Einleitung gibt er darüber Rechenschaft. Jedes Gebet wird zunächst in seiner originalen lateinischen Textfassung wiedergegeben, dann folgt seine deutsche Übersetzung, danach ein Kom­ mentar zu diesem Text, der sich z. B. mit Übersetzungsfragen, inhaltlichen Überlegun­ gen und dem Kontext des Messvollzugs befasst. Stoffers, Johannes (Hg.): Leben im Rhythmus des Kirchenjahres. Verstehen, was wir feiern (Ignatianische Impulse, Bd. 66). Würzburg 2014, 103 S. Zu den Sonn- und Feiertagen des Kirchenjahres, teils auch summarisch, werden kurze Impulse und Erklärungen gegeben. Sie helfen, den Glaubensgrund für dieses Fest oder Gedenktag zu vertiefen und sich auf diese Weise erklären zu können, warum dieser Tag besonders bedacht und gefeiert wird. Dass dabei ignatianische Schwerpunkte gesetzt wird, versteht sich innerhalb dieser Buchreihe von selbst. Und es waren Hirten. Krippenspiele. Gütersloh 2014, 139 S., 1 CD-ROM In diesem Band sind 13 Krippenspiele von fünf Autoren abgedruckt, aber einen Herausgeber hat das Buch nicht. Es gibt auch kein Vorwort oder eine andere Einlei­ tung. Es werden klassische, aber auch verfremdete Krippenspiele geboten. Zu jedem Spiel ist vorab vermerkt, wer und wie viele als Mitwirkende (und in welchem Alter) gebraucht werden; einige Hinweise zu Requisiten finden sich ebenso wie Gestaltungs­ vorschläge und ein Hinweis zur Aufführungsdauer. Warkentin, Heide (Hg.): Pilgergebete. München 2014, 127 S. Pilgern ist in – dazu gibt es nun dieses handliche Büchlein, so dass der Pilgerweg mit Gebeten begleitet oder geleitet werden kann. Es bietet Gebete für den Aufbruch und für den Tageslauf. Des Weiteren finden sich allerlei Gedanken für unterwegs bis hin zum Ankommen. Das Buch enthält leere Seiten für Notizen, Adressen, Gedanken, Stempel etc. Am Ende ist man wieder zu Hause. Ein Vorwort und ein Schlusswort rahmen dieses Pilgerbüchlein. Weiß, Thomas: Beglänzt von seinem Lichte. Werkstattbuch Advent, Weihnachten, Jah­ reswechsel und Epiphanias. Gütersloh 2014, 272 S., 1 CD-ROM. Erprobte Gottesdienstentwürfe, Predigten, Gebete, Andachten, Meditationen etc. sind hier für den ersten Teil des Kirchenjahres von Advent bis Epiphanias zusammenge­ stellt. Gewöhnliches und Ungewöhnliches treten nebeneinander, Altes und Neues werden verbunden und regen zu eigener Interpretation für eine Zeit an, die von Seiten der Feiernden mit erheblichen Erwartungen verbunden ist. Die CD-ROM liefert das Werkstattbuch-Material zu direktem Gebrauch oder Bearbeitung. Westhof, Jochem (Hg.): Familienkirche ist lebendig. Gottesdienste mit Eltern und Kin­ dern. Gütersloh 2014, 176 S., 1 CD-ROM. Westhof dokumentiert hier eine über 15 Jahre existierende Familienkirche, die jeden letzten Sonntag im Monat statt des üblichen Sonntagsgottesdienstes gefeiert wird. Kinder und ihre Eltern bzw. Familien stehen im Mittelpunkt, entsprechend ist die Liturgie mehr auf Tat und Sehen eingestellt denn auf Hören. Die Liturgie sieht fol­ gende Teile vor: Ankommen – Beginnen – Bei Gott angekommen – Beten – Hören – Antworten – Sich segnen lassen – Auf Wiedersehen. Entsprechende Gottesdienste werden vorgestellt für Weihnachten, Passion, Ostern, Pfingsten, Erntedank, Toten­ sonntag. Es folgen thematisch orientierte Gottesdienste: Das Leben wird heil, Gebor­

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gen bei Gott, Taufe; besondere Begegnungen (z. B. Zachäus); dramatisch und span­ nend (z. B. Daniel im Feuerofen). Ein Liedanhang ergänzt das Material. Willers-Vellguth, Christine (Hg.): Das große Werkbuch Fastenzeit und Ostern. Gottes­ dienst, Impulse, Lieder. Mit Illustrationen von Bärbel Witzig. Freiburg i. Br. 2014, 208 S., 1 CD-ROM. Die Vorschläge für Gottesdienste zur Fasten- und Osterzeit werden nach Zielgruppen geordnet: Kinder im Vorschulalter, Familien, Jugendliche, Frauen, Senioren, Gesamt­ gemeinde. Für jede Zielgruppe werden etwa vier oder fünf komplette Entwürfe, die erprobt worden sind, geboten, die aber dank der CD-ROM für den eigenen Bedarf weiterentwickelt werden können. Für die meisten Zielgruppen beginnen die Vor­ schläge mit dem Gottesdienst an Aschermittwoch und werden mit dem Osterfest beschlossen. Witt, Dieter: Segen für alle Fälle. Gottesdienste, Stationswege, Freizeiten, Rituale, krea­ tive Elemente. Leinfelden-Echterdingen 2014, 160 S. Das Buch ist aus der Praxis für die Praxis des Segnens entstanden, und so werden aller­ hand Materialien und Ideen geboten, die den Segen in den Mittelpunkt stellen. Zuerst wird in die vielfältige Segenspraxis eingeführt, dann werden biblische Texte zum Segen als Gottesdienstverlauf gegeben mit Liedern, Gebeten, Ansprachen – und natürlich mit dem Segen. Ein weiterer Teil hat den Segenszuspruch an Stationen auf dem Lebensweg zum Inhalt, z. B. bei Taufe und Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung; auch Predigten zum Segen werden abgedruckt. Zum Abschluss wird der Segen bei besonderen Veranstaltungen, z. B. einem Stationenweg oder bei einer Konfirmaden­ freizeit, thematisiert. So ergeben sich viele und kreative Gottesdienstvorlagen zum Segen und Segnen. Zimmerling, Peter: Beichte. Gottes vergessenes Angebot. Leipzig 2014, 128 S. Schuld und Vergebung werden vielfach als entmündigend und erniedrigend wahrge­ nommen, dabei liegt in der Vergebung von Schuld eine Lebenskraft, die man nicht ungenutzt lassen sollte. Denn sie kann Menschen entlasten, ihnen Verantwortlichkeit zurückgeben und ihr Selbstwertgefühl stärken. Dass dieser Bewusstseinswandel in Theologie und Kirche nicht von heute auf morgen stattfindet, zumal Kirche und Theologie über den Begriff der Sünde Menschen in Angst und Abhängigkeit gebracht haben, ist Zimmerling klar, darum möchte er mit seinem Buch dieses neue Bewusst­ sein fördern. Nach einer Einleitung legt er die Situation von Schuld und Entlastung heute dar und geht anschließend zur Seelsorge über, die die Beichte wiedergewinnen sollte. Im Weiteren geht es um die seelsorgerliche Gemeinde, um Luthers Aussagen zu Schuld und Vergebung, um den Begriff der Beichte im Neuen Testament, um die Beichte in ihrer Geschichte, abschließend um Chancen für eine Renaissance der Beichte heute und um Anregungen für eine Praxis der Beichte.

Singen als Ritual Eine performative Annäherung an Klang im Gottesdienst

Martin J. M. Hoondert

1. Einleitung Was geschieht in einem Gottesdienst, wenn die Anwesenden gemeinsam und begleitet von der Orgel ein Strophenlied oder einen Psalm singen? Oder genauer: Was geschieht mit den Anwesenden hinsichtlich dessen, was sie in die­ sem Moment in der Kirche tun – nämlich eine Liturgie feiern? Der Gottesdienst oder die Liturgiefeier ist der Vollzug eines Rituals im Hinblick auf Kommuni­ kation, sowohl im horizontalen (sozialen), als auch vertikalen (theologischen) Sinn. Steht das Singen eines Liedes oder Psalms nun im Dienste dieser Kommu­ nikation, oder ist es eine (störende, wenn auch willkommene) Unterbrechung derselben? Der kirchliche Gottesdienst lässt sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und hat unterschiedliche Ziele. Beispielsweise dient er einem sozialen Zweck: Er macht die Gemeinschaft sicht- und erfahrbar, und erleichtert damit die Begegnung von Menschen. Aber er hat auch ein katechetisches Ziel, da näm­ lich das Ritual die Kirchgänger formt und nährt, und ihnen Einsichten in ihren jeweiligen Glauben offeriert. Und der Gottesdienst hat natürlich auch – und ich würde behaupten: in erster Linie – ein theologisches Ziel: Er öffnet den Raum für die Begegnung des Menschen mit seinem Gott. In diesem Artikel möchte ich vor allem auf dieses Ziel oder diese Funktion des Gottesdienstes eingehen. Der Liturgiewissenschaftler Ad de Keyzer umschreibt die Liturgie aus der Per­ spektive der Spiritualität als einen Umwandlungsprozess, ein Modell, das ange­ boten wird, um die Menschen zu Gott zu bringen. Einmal zusammengekommen, werden die Gläubigen, die durch Verformungen gezeichnet sind, umgeformt in das Volk Gottes. Diese Verformungen bedürfen einer Zurück-Formung der Haltung, die darin besteht, dem Mittler gleich zu werden, wodurch schließlich die Umformung des Volkes in Gott vollendet wird in der communio, in der Christus als vermittelnde Instanz aufgegangen ist.1 1 Keyzer, Ad de: „Fundamenteel, maar niet essentieel…“. Muziek in rituele context. In: Hoon­ dert, Martin/Heer, Anje de/Laar, Jan D. van (Hg.): Elke muziek heeft haar hemel. De religieuze betekenis van muziek. Budel 2009, 132–158, hier 141.

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In meinen eigenen Worten fasse ich das (zu) kurz zusammen, wie folgt: Der Gottesdienst ist ein Raum für die Gottesbegegnung. Dient das Singen im Got­ tesdienst nun aber dieser Gottesbegegnung, oder ist es mehr als Auflockerung zu verstehen, und also für die theologische Zielsetzung der Liturgie nicht wesentlich? Oder anders gefragt: Ist das Singen eines Liedes oder Psalms eine voll und ganz liturgische Handlung, wie etwa das Lesen der Schrift oder das Teilen des Brotes? Anhand dieser Frage möchte ich nicht nur die performative Dimension des Singens untersuchen, sondern auch die theologische. Dabei geht es mir sowohl darum, was die Musik mit und in den Kirchgängern tut, als auch um die inhaltlich-kommunikativen Konsequenzen dieses Tuns. Man kann sich der Frage nach der performativen und – in letzter Konsequenz daraus – theologischen Dimension von Musik im Gottesdienst aus diversen Blickwinkeln annähern. Ein Ansatz mit langer Tradition ist dabei der dogmati­ sche, der Musik als Geschenk Gottes betrachtet. Ein kürzlich von der Bischofs­ konferenz der Vereinigten Staaten von Amerika verfertigtes Dokument über Musik in der Liturgie stellt diesen Aspekt an den Anfang und beschreibt auf geradezu poetische Weise den Zusammenhang zwischen Singen, Gott, Gottes­ dienst, dem Menschen und der Gemeinschaft: Gott hat seinen Menschen das Geschenk des Singens gemacht. Gott wohnt in jedem Menschen, dort, wo auch die Quelle der Musik ihren Sitz hat. Fürwahr, Gott, der uns das Singen geschenkt hat, ist immer anwesend, wenn seine Menschen Ihm lobsingen.2

Der Nachteil dieses dogmatischen Ansatzes ist, dass er sich vor allem in Worten abspielt. Stehen diese Worte aber auch in Verbindung mit der Erfahrung von Musik als Teil des Gottesdienstes? Man kann natürlich behaupten, Gott sei jederzeit anwesend, wenn Menschen ihm lobsingen – aber erfährt man das auch? Und wenn ja: Was ist dann der Grund dieser Erfahrung, oder ihr Anlass? Ein weiterer Ansatz ist der ekklesiologische, von dem die amerikanische Litur­ gie- und Religionswissenschaftlerin Judith Kubicki in ihrem Buch über die öku­ menische Bruderschaft (communauté) von Taizé in Frankreich ausgeht.3 In Taizé kommen wöchentlich hunderte, in den Sommermonaten oft sogar tau­ sende junger Leute zu einer ständig sich verändernden Gemeinschaft zusammen. Die Lieder, die in ihren Gottesdiensten gesungen werden, laden zum Mitsingen ein: Sie sind melodisch, rhythmisch und harmonisch einfach strukturiert, es wird in diversen Sprachen gesungen und außerdem können die Lieder, so wie die Gemeinschaft sie aufführt, auch noch durch instrumentale und vokale

2 Hoondert, Martin (Hg.): Godlof! Maar hoe? Document van de Amerikaanse bisschoppencon­ ferentie over muziek en liturgie. Inleiding, vertaling en suggesties voor de praktijk. Heeswijk 2014. Siehe auch Kapitel 4 dieses Buchs, in dem Evert Jonker auf die theologischen Perspektiven des Sin­ gens in der Liturgie eingeht. 3 Kubicki, Judith Marie: Liturgical music as ritual symbol. A case study of Jacques Berthier's Taizé music. Leuven 1999.

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Gegenstimmen ‚verziert‘ werden. Kubicki bezeichnet diese Aufführungsweise (‚performance‘) als Symbol: Singing the chants of Berthier [dem wichtigsten Komponisten von Taizé-Liedern, M. H.], can be understood as participating in a symbolizing activity which has the potential to mediate ecclesial identity.4

Ebenso wie Kubicki möchte ich in diesem Artikel von Musik als ‚einer Art von Tun‘ ausgehen, als einer Handlung oder Performance. Musik existiert nicht in der erstarrten Materie eines Lieder- oder Psalmenbuchs, so wie ein Lied oder Psalm im Gottesdienst auch mehr ist, als einfach nur Text. Gesang im Gottes­ dienst ist zuerst und vor allem Klang. Ein Text wird auf musikalische Art voll­ zogen. Singen ist Tun, und das hat neben den kognitiven auch physische Aspekte. Der Klang des Gesangs tut etwas mit den Anwesenden – und dieses ‚etwas tun mit‘ möchte ich in diesem Artikel erkunden. Dabei lasse ich mich neben Kubickis Buch auch von dem Werk des neuseeländischen Musikwissen­ schaftlers Christopher Small (1927–2011) und den „Performance studies“ von Richard Schechner inspirieren: Small spricht nicht von music, sondern verwen­ det das Verb to music und das Partizip musicking. Er betrachtet Musik nicht als Ding, sondern als Prozess, als etwas, das geschieht.5 Schechners inspirierendes Handbuch6 verweist aus einer breiteren Perspektive auf dieselbe Tatsache. Er beschreibt sieben Funktionen von performances. So betrachte auch ich Musik im Sinne von musicking, als eine Art von Tun, als Performance. Die sieben Funk­ tionen von Performances nach Schechner sind: 1. To entertain (unterhalten), 2. To make something that is beautiful (etwas Schönes machen), 3. To mark or change identity (Identität prägen oder verändern), 4. To make or foster commu­ nity (Gemeinschaft schaffen oder pflegen), 5. To heal (heilen), 6. To teach, per­ suade, or convince (lehren, überreden oder überzeugen), und 7. To deal with the sacred and/or the demonic (sich mit dem Heiligen oder Dämonischen auseinan­ dersetzen). Schechner ergänzt, dass für manche Menschen one or a few of these [functions] will be more important than others. But the hierarchy changes according to who you are and what you want to get done. Few if any performances accomplish all of these functions, but many performances emphasize more than one.7

Einige dieser Funktionen dürften gleichwohl Fragen aufwerfen. Ist das Singen im Gottesdienst beispielsweise tatsächlich auch zur Unterhaltung (to entertain) gedacht? Wir sind geneigt, es vor allem im Sinne der sechste Funktion zu betrachten, denn wir verstehen Musik in erster Linie als ein Medium zur Kate­ chese: Ein Lied kann noch einmal darauf eingehen, was der Vorredner in der Predigt schon gesagt hat, oder es deutet eine Handlung, wie etwa das Teilen von Brot und Wein. Neben den sprachlichen Aspekten des gesungenen Textes gibt 4 Kubicki: Liturgical music (s. Anm. 3), 179. 5 Small, Christopher: Musicking. The meanings of performing and listening. Middletown 1998. 6 Schechner, Richard: Performance studies. An introduction (second ed.). New York/London 2006. 7 Schechner: Performance studies (s. Anm. 6), 46.

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es aber auch eine nicht-sprachliche Seite des Gesangs. Diese nicht-sprachliche Seite, die klingenden Töne und der Klang des Textes, wird in der Analyse von Ritual und Gottesdienst gerne übersehen. In der Alltagssprache nennen wir Musik gelegentlich die Sprache des Herzens oder eine universelle Sprache, doch das wirft unmittelbar Probleme auf. Denn wenn wir Musik als Sprache bezeich­ nen, drängt sich die Frage auf: Worauf verweist sie? Worte verweisen auf etwas, das in der Realität existiert – aber worauf verweisen klingende Töne? Auf nichts! So scheint Musik eine Sprache ohne Bedeutung, während wir doch aus der eigenen Erfahrung wissen, dass Musik außerordentlich bedeutungsvoll sein kann. Ich möchte die Denkrichtung dann auch lieber umkehren: Musik ist keine Sprache ohne Bedeutung, sondern Bedeutung ohne Sprache.8 Es geht bei Musik (im Sinne von Klang!) nicht so sehr um Repräsentation, als vielmehr um Prä­ senz: Der Klang ist da, drängt sich uns auf. Die Bedeutung der Musik erschließt sich unmittelbar in der Erfahrung des Klangs. Für Wissenschaftler ist das ärgerlich, denn wie soll man die Bedeutung von Musik beschreiben und analysieren, wenn sie sich doch der Sprache entzieht? Die sieben Funktionen der performance, die Schechner beschreibt, fordern mich heraus, weiter zu blicken als auf die katechetische (sechste) Funktion. Musik kann auch angenehm und schön sein, formt die singende Gemeinschaft, kann heilsam sein und bildet einen musikalischen Raum, in dem die Gottesbegegnung stattfinden kann. Auf diese letzte (siebte) Funktion möchte ich nun weiter ein­ gehen – womit nicht gesagt sein soll, dass die anderen Funktionen unbedeutend seien. Doch, wie gesagt, beschränke ich mich auf eine Exploration der Frage, wie in und durch Musik die Gottesbegegnung Gestalt annehmen kann.

2. Die Erfahrung von Musik Mit dem Ausdruck musikalischer Raum verweise ich nicht nur auf Musik als Art des Tuns (der performative Ansatz) sondern auch auf Musik als Klang, der uns umgibt. Wenn wir gemeinsam singen oder Musik lauschen, ist der Klang um uns herum; wir sitzen tatsächlich in einem Klanghaus. Wie wirkt dieser Klang nun auf uns, was tut er mit uns? Wir können Musik interpretieren (wel­ che Bedeutung transportiert sie, wie ist das Verhältnis zwischen Musik und Text et cetera?), wir können auch versuchen zu eruieren, wie wir Musik erleben. Aber der Unterschied zwischen Interpretation auf der einen und Erlebnis oder Erfah­ rung auf der anderen Seite ist entscheidend. Interpretation ist hauptsächlich ein kognitiver Prozess, während Erleben sowohl eine mentale, als auch eine physi­ sche Erfahrung darstellt. Um die Erfahrung von Musik greifbar zu machen, ver­ wende ich ein Buch von Kathleen Harmon, die unter anderem die musikalische Leiterin der Programme des Institute for Liturgical Ministry in Dayton, Ohio 8 Cobussen, Marcel: Thresholds: rethinking spirituality through music. Aldershot 2008, 132.

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(USA) ist. Sie veröffentlichte 2008 eine Theologie der liturgischen Musik unter dem Titel: The mystery we celebrate, the song we sing.9 In diesem Buch versucht sie, die Musik von innen heraus zu begreifen; mithilfe von Theorien diverser Autoren geht sie auf die Wirkung von Musik ein. Ich fasse ihre Ausführungen in vier Punkten zusammen. Dabei möchte ich nochmals betonen, dass ich mich, mit Harmon, auf den Klang der Musik fokussiere, nicht auf den Text – womit ich keineswegs behaupten will, dass der Text im Umgang mit einem Lied im Gottesdienst unwichtig sei; doch den Akzent auf den Klang zu legen, öffnet den Blick auf die Erfahrungsdimension von Musik.

2.1 Teilhabe Musik ist eine Art von Geräusch. Ein Geräusch – ob es sich dabei nun um musi­ kalische Klänge handelt, oder schlicht um Lärm – manifestiert sich für uns als anwesend. Selbst wenn wir die Quelle des Geräusches nicht sehen können, ist es doch da; es drängt sich uns gleichsam auf, von allen Seiten und ohne, dass man ihm entkommen könnte. Geräusch wird durch einen Körper10 produziert, einen Gegenstand oder eine Person mit bestimmten Kennzeichen, die gemeinsam die Art des Klangs bestimmen; wir sprechen dabei vom Timbre. Das Geräusch lässt uns insofern die innerlichen Qualitäten des Gegenstandes oder der Person hören. Es kann allerdings nur wahrgenommen werden, wenn ich als Hörer mein Inneres wider-, oder mitklingen lasse. Hören ist Teilnehmen an den innerlichen Qualitäten der Quelle eines Geräusches. Diese Tatsache ist der Grund dafür, dass Geräusch verbindend wirkt. Wenn wir also gemeinsam ein Lied oder einen Psalm singen, dringen wir zueinander durch; in gewissen Sinne kann man gar von Intimität sprechen, einem ‚sense of belonging‘. Geräusch bewirkt, dass man sich für den anderen interessiert und dass man sich in ein größeres Ganzes auf­ genommen fühlt. Durch gemeinsames Singen erfahren Menschen, dass sie Teil einer Totalität ausmachen, die mehr ist als die Summe ihrer Teile. Mit anderen Worten: der sense of belonging, der durch das gemeinschaftliche Singen entsteht, ist transpersonal.

2.2 Dynamische Qualität: Unmessbar, aber wahr Musik besteht aus klingenden Tönen. Diese Töne stehen nicht für sich, sondern bilden ein System von Beziehungen, in dem die Relationen der einzelnen Töne untereinander ihnen eine dynamische Qualität verleihen, durch die sie ständig in Bewegung sind, ständig unterwegs zum folgenden Ton. Erst durch diese dyna­ mische Qualität wird ein Ton zum musikalischen Faktum. Wenn wir Musik 9 Harmon, Kathleen: The mystery we celebrate, the song we sing. A theology of liturgical music. Collegeville 2008. 10 Brown, David: God and grace of body: sacrament in ordinary. Oxford/New York 2007.

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hören, teilen wir diese Dynamik und werden damit Teil einer Welt, die weiter reicht als unsere faktische Wahrnehmung. Immerhin: Die Töne sind als Schwingungen in der Luft messbar, während die innerliche Dynamik nicht messbar ist – doch damit ist sie nicht weniger wahr. Harmon schreibt: „What we learn from musical hearing, is that there is more to the world than what meets the eye.“11 Die musikalische Erfahrung lehrt uns, dass die materielle und die nicht-materielle Welt zusammenhängen und einander durchdringen, oder besser: Zwei Aspekte ein- und derselben Welt sind. Musizieren macht die Teil­ nehmer eines Gottesdienstes also sensibel für Aspekte von Erfahrungen, die nicht messbar, oder nicht auf rationale Entscheidungen zurückzuführen sind. Und es sind gerade solcherart nicht-empirische Phänomena, die die Basis reli­ giös-rituellen Verhaltens bilden. Man denke beispielsweise an das Gebet: Der Effekt des Gebets ist aus kommunikativer Perspektive nicht messbar, aber den­ noch ist es für den Betenden von immenser Bedeutung. Die Wirkung von Musik, die Harmon hier beschreibt, lässt an die Weise den­ ken, auf die der weiter oben bereits zitierte Small musikalische Performance kategorisiert. Nach Small entstehen Bedeutungen in und durch die Performance, im Zusammenklingen aller, die beim Akt des ‚to music‘ beteiligt sind. Small führt dies weiter aus, indem er dieses Beziehungsgeflecht mit Nachdruck zu einem Teil des Prozesses der Bedeutungsverleihung erklärt. Ich zitiere eine Pas­ sage aus einer seiner Vorlesungen, gehalten an der Universität von Melbourne am 6. Juni 1995: The act of musicking brings into existence among those present a set of relationships, and it is in those relationships that the meaning of the act of musicking lies. […] These sets of relationships stand in turn for relationships in the larger world outside the performance space, relationships between person and person, between individual and society, humanity and the natural world and even the supernatural world, as they are imagined to be by those taking part in the performance.12

In seinem Buch Musicking aus dem Jahr 199813 führt er diesen Gedankengang weiter aus und fügt ihm einen erstaunlichen, aber spannenden Aspekt hinzu: Die musikalische Performance setzt ein Netzwerk menschlicher Beziehungen in die Realität um, allerdings weniger Beziehungen, wie sie tatsächlich existieren, als vielmehr ideale Beziehungen, wie wir sie uns wünschen würden. Das betrifft nicht allein Beziehungen zwischen Menschen, sondern auch Beziehungen mit unserem eigenen Körper, dem Kosmos und der uns umgebenden Welt. Wäh­ rend einer musikalischen Aufführung, wie dem Singen eines Liedes, erreichen diese idealen Beziehungen eine virtuelle Existenz, so dass die Teilnehmer sie als so real erfahren können, als ob sie tatsächlich bestünden. Das verleiht der Musik den Charakter eines Rituals: Es wird eine Welt kreiert, in der die widersprüchli­ chen Aussagen „noch nicht, aber bereits jetzt schon“ (Lk 17, 20–21) gleichzeitig wahr sind. Nicht nur werden die idealen Beziehungen zu einer virtuellen Exis­

11 Harmon: The mystery we celebrate (s. Anm. 9), 27. 12 Aus einer nicht mehr erreichbaren Online-Publikation. 13 Siehe Anm. 5.

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tenz angeregt, sondern sie werden auch „erforscht, bestätigt und gefeiert“, wie Small es formuliert.14

2.3 Das „Jetzt“ von Musik Die dynamische Qualität von Tönen eröffnet uns einen neuen Umgang mit der Zeit. Denn natürlich spielt sich Musik in der Zeit ab; aber durch die Beziehun­ gen zwischen den Tönen, die erwarteten und realisierten Anstiege und Abstiege, erfahren wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich. Im Jetzt der Musik hören wir die Töne die bereits erklungen sind und antizipieren diejeni­ gen, die noch kommen werden. Wir hören den Ton in einem Beziehungsgeflecht von Tönen, aber was wir konkret hören, ist immer ein Jetzt, in dem Vergangen­ heit und Zukunft mitklingen. Oder anders gesagt: Im Jetzt der Musik erfahren wir die Zeit in ihrer vollen Bandbreite. Harmon schreibt: „Musical hearing is […] presence to and participation in the completeness of time in every present moment.“15 Diese anamnetische Qualität der Musik verbindet sie mit dem Reli­ giösen und vor allem mit der rituellen Expressivität des Religiösen. Wobei natürlich viele Rituale, zum Beispiel die Feier der Eucharistie oder des Abend­ mahls, der Vergangenheit im Heute im Hinblick auf die Zukunft gedenken.

2.4 Die Zentripetalkraft Die Wirkung von Musik auf uns als Hörer, die musikalische Erfahrung, ist auch für sich betrachtet bedeutungsvoll. Musik unterscheidet sich in dieser Hinsicht radikal von Sprache. Worte verweisen auf die Wirklichkeit, während diese Wirklichkeit gleichzeitig in keinster Weise vom Wort abhängig ist. In der Musik jedoch gibt es diesen Unterschied nicht: Die Bedeutung von Musik liegt nicht in demjenigen, auf das sie verweist, sondern in der Anwesenheit, im Erklingen der Töne selbst. Bei der Sprache besteht ein Unterschied zwischen signifier und sig­ nified, Musik dagegen fokussiert Hörer und Sänger auf sich selbst, sie besitzt eine zentripetale Wirkung. Dadurch zeigt sich in der Musik die fundamentale Einheit, die normalerweise unter oder hinter der Diversität unserer Wirklichkeit versteckt liegt. Wir erfahren das besonders intensiv, wenn wir zusammen singen: Wir werden herausgefordert teilzunehmen, uns in den Klang und das Jetzt der Musik einzufügen; wir werden Partner im Musizieren. Durch die fokussierte Aufmerksamkeit verschwinden Barrieren zwischen den Teilnehmenden. Har­ mon: „The sense of other as oppositional dissipates as we enter together into a shared new world.“16 Diese musikalische Einheitserfahrung lässt sich mit den eschatologischen Gedanken des Christentums vergleichen, wie sie unter ande­ 14 Small, Musicking (s. Anm. 5), 139–189, Zitat 183. 15 Harmon, The mystery we celebrate (s. Anm. 9), 33. 16 Harmon, The mystery we celebrate (s. Anm. 9), 39.

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rem in Kol 3,11 formuliert werden: „Dann wird keine Rede mehr sein von Grie­ chen oder Juden, Beschnittenen oder Unbeschnittenen, Barbaren, Skythen oder freien Menschen, sondern alles und in allen Christus.“

3. Sakramentalität Die Beschreibung der Wirkung von Musik, wie wir sie bei Kathleen Harmon vorfinden, liefert uns einige zentrale Schlagworte, wie sense of belonging, die Verbindung des Materiellen mit dem Immateriellen, Anamnese, und die Erfah­ rung von Einheit oder Totalität. Diese Schlagworte passen nicht allein zur Erfahrung von Musik, sondern auch zu dem, was wir mit dem einigermaßen technischen Terminus Sakramentalität bezeichnen. Ohne hier eine ausgebreitete Sakramentaltheologie ausführen zu wollen, möchte ich doch einige Aspekte davon näher beleuchten. In der Sakramentalität geht es um die Anwesenheit Gottes im Materiellen, wobei die Deutung oder Interpretation eine wichtige Rolle spielt. Von einem schöpfungstheologischen Standpunkt aus könnten wir sagen: Die Materie geht schwanger mit Gottes Anwesenheit, aber es liegt am interpretierenden Subjekt, dies zu deuten. Die Erfahrung von der Anwesenheit Gottes geht insofern einen Schritt weiter, als die Erfahrung des Einflusses des Materiellen. Wenn wir das auf die Wirkung von Musik übertragen, so wie ich sie weiter oben beschrieben habe, dann wird deutlich, dass die musikalische Erfahrung zu einer sakramentalen Erfahrung werden kann, wenn das interpre­ tierende Subjekt diesen Sprung machen will und dazu in der Lage ist. Insofern fallen die musikalische Erfahrung und die Erfahrung von Gottes Anwesenheit dann auch nicht eins zu eins zusammen, obwohl durchaus von einer gewissen Analogie die Rede sein kann. Doch die Kluft kann, wie gesagt, einzig und allein durch das interpretierende Subjekt überbrückt werden. Die Erfahrung ist und bleibt unverzichtbar, doch verlangt sie nach einer kognitiven Brücke, um von der Erfahrung von Musik zur Erfahrung von Gottes Anwesenheit in Musik zu gelangen. Im Gottesdienst drängt sich die Interpretation übrigens geradezu auf, ist der Gottesdienst doch ein Bedeutungsrahmen, in dem es genau um die Got­ tesbegegnung geht.17 Alles, oder besser: fast alles, was im Gottesdienst gesagt und getan wird, dient diesem Zweck. Dabei drängt sich natürlich die interes­ sante Frage auf, wie es mit Musik außerhalb des Kontextes eines Gottesdienstes steht. Können wir die musikalische Erfahrung einer Symphonie von Beethoven, eines Streichquartettes von Haydn, oder einer Motette von Orlando di Lasso ebenfalls als einen musikalischen Raum erleben, in dem Gottesbegegnung statt­ findet? Kann auch diese Musik, im Kontext eines Konzertes, als sakramental erfahren werden? Meine Antwort hierauf ist Ja, doch eine solide Untermaue­ rung dieser Antwort würde einen eigenen Artikel erfordern. 17 Siehe auch: Bell, Catherine: Ritual: perspectives and dimensions. New York/Oxford 1997, 160–161.

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4. Ritual Mit der Erkundung der Wirkung von Musik aus der Perspektive der von Schechner angeführten siebten Funktion (to deal with the sacred), bin ich nur einem Teil dessen gerecht geworden, was Musik vermag. Ich habe versucht dar­ zulegen, wie Musik das Religiöse präsent zu machen in der Lage ist. Damit habe ich, aus dem Blickwinkel der möglichen Sakramentalität von Musik auch die Frage beantwortet, ob Musik eine liturgische Handlung sei. Die Antwort ist Ja – doch möchte ich gleich hinzufügen, dass in einer Auffassung, die Liturgie vor allem als Verkündigung begreift, die Eigenschaft von Musik als Klang nicht wirklich ausreichend berücksichtigt wird, oder aber die Erfahrungen der Got­ tesdienstbesucher nicht oder kaum Beachtung finden. Und doch bin ich davon überzeugt, dass der Klang des Singens im Rahmen des Gottesdienstes (und ver­ mutlich auch darüber hinaus) seine Wirkung zeitigt. Ob wir nun ein Strophen­ lied singen oder Psalmen auf ganze Noten rezitieren: Der Klang der Musik dringt in unser Ohr, macht uns zu einer Gemeinschaft, bringt uns in eine ewige Gegenwart und bietet uns eine musikalische Erkenntnis von Gottes Anwesen­ heit, die unersetzlich ist und nicht in Worte gefasst werden kann. Es ist durchaus möglich, dass wir in einer Liturgie, die stark auf das Wort hin ausgerichtet ist, schon zu viel Wert auf den Inhalt dessen legen, was gelesen und gesungen wird. Aber macht es eigentlich einen Unterschied, aus welcher Perikope an einem bestimmten Tag gelesen wird? Geht es nicht vielmehr darum, dass die Schrift gelesen und verkündigt wird? Analog dazu könnte man sagen: Es geht nicht so sehr darum was gesungen wird, sondern dass gesungen wird. Das Singen ist pri­ mär, die Handlung, das Tun, oder anders ausgedrückt: Singen ist primär ein Ritual, dass vollzogen wird; die Worte und ihr Inhalt sind sekundär. Übersetzung: SONUS/Andrea Braun

Gemeindegesang und Gemeindebilder Eine kleine hymnologische Ekklesiologie1

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In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, in der ich für drei Jahre die „Projektstelle Gottesdienst“ versah, sind alternative Gottesdienstformate beson­ ders weit verbreitet. Fast jede Gemeinde hat mindestens einen „Zweitgottes­ dienst“ im Programm, der sich an bestimmten Zielgruppen (Jugendliche, junge Familien, Frauen, Männer, Motorradfahrer, Alleinlebende, Anhänger charisma­ tischer oder meditativer Spiritualität, Hochkulturelle usw.) orientiert. Sie finden oft zu anderen Zeiten oder an besonderen Orten statt und folgen einer jeweils typischen Liturgie mit spezifischen Erweiterungen (z. B. Kreativteil, Lobpreis­ block, Zeugnisse, offene Phase, Imbissangebot) oder Auslassungen (kein Psalm­ gebet, keine Lesungen, kein Talar). Liedgut und Musik weichen oft von den üblichen Standards ab. Viele dieser Gottesdienste treten als „Marke“ auf wie „Nachteulengottesdienst“, „Gottesdienst anders“, „Gottesdienst für Ausge­ schlafene“ oder „Oase“, die durch ein eigenes Logo und eine oft aufwändige Öffentlichkeitsarbeit unterstützt wird. Alternative Gottesdienste werden stets von einem Team verantwortet.2 Durch solche neuen Formate sollen mehr und andere Menschen gottesdienst­ lich erreicht werden. Nicht selten lösen sie allerdings auch Konflikte in der Gemeinde aus. Das neue Angebot wird als Konkurrenz empfunden. Es wird gefragt, ob es sich überhaupt um „richtige“ Gottesdienste handelt. Das spiri­ tuelle Profil wird als einseitig oder nicht zur Gemeinde passend kritisiert. Auf der anderen Seite werden Befürworter des klassischen Gottesdienstes schnell als traditionsverhaftet und engstirnig bezeichnet. Oft wird beklagt, eine Vielfalt von Gottesdienstformen zerstöre die Einheit der Gemeinde. Solche Konfliktlagen untersuchte ich in einer Studie über „The Role of Work­ ing Ecclesiologies in Conflict about Varied Worship“3. „Working ecclesiolo­ gies“ sind innere Bilder, die Gottesdienstteilnehmende über das Wesen ihrer 1 Erweiterte Fassung eines Sektionsbeitrags für die IAH-Studientagung „Klanglandschaften des Heiligen“ in Amsterdam 2013. 2 Vgl. Arnold, Jochen (Hg.): Andere Gottesdienste. Erkundungen und Reflexionen zu alternati­ ven Liturgien. Gütersloh 2012. 3 2013 publiziert als Final Thesis für das Doctor of Ministry Program des Princeton Theological Seminary. Princeton, NJ/USA.

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Gemeinde und der Kirche insgesamt im Kopf haben. Diese Bilder speisen sich aus persönlichen Eindrücken und Erfahrungen. In der volkskirchlichen Situa­ tion einer evangelischen Landeskirche wird Ekklesiologie nur selten explizit thematisiert, daher spielen denominationelle oder dogmatische Konzepte eine deutlich untergeordnete Rolle für die Ausprägung dieser individuellen ekklesio­ logischen Bilder. Im Folgenden werden den „working ecclesiologies“ gleich­ wohl klassische ekklesiologische Entwürfe an die Seite gestellt. Dabei wird deut­ lich, dass die individuellen Bilder in der Regel an historische Vorbilder anknüp­ fen, diese jedoch in großer Freiheit interpretieren, variieren und gelegentlich sogar auf den Kopf stellen. Meine Arbeitshypothese war, dass Konflikte über unterschiedliche Gottes­ dienstformate wesentlich durch die Kollision von solchen intuitiven Gemeinde­ bildern gespeist werden. Die Untersuchung fand in Schwabenheim4 statt, wo nach langem und ernst­ haftem Ringen ein Angebot von zwei wöchentlichen Hauptgottesdiensten ent­ wickelt wurde. Beide Formate finden in der Kirche statt, sie werden beide von den Pfarrern (mit) verantwortet, in beiden werden Taufen und Abendmahl gefeiert. Der „Frühgottesdienst“ um 9.20 Uhr folgt der traditionellen Liturgie des oberdeutschen Predigtgottesdienstes. Der „Spätgottesdienst“ um 10.45 Uhr weicht davon in folgenden Punkten ab: das Psalmgebet entfällt zugunsten eines Lobpreisblocks von 3–4 Liedern; in einem „Zeugnisteil“ berichten Gemeinde­ glieder spontan von geistlichen Erfahrungen oder von Nöten, die sie mit den anderen teilen möchten; der Gottesdienst wird von Laien moderiert; die Musik wird abwechselnd von fünf Lobpreisteams verantwortet; das Liedgut stammt überwiegend aus „Feiert Jesus!“5; die Orgel wird nicht benutzt. Zwischen bei­ den Gottesdiensten besteht Gelegenheit zur Begegnung der beiden Gottes­ dienstgemeinden bei Kaffee und Gebäck. Etwa einmal im Monat sind beide Gemeinden zum gemeinsamen Gottesdienst eingeladen. Obwohl dieses duale Gottesdienstangebot sehr umsichtig und unter Beteiligung der Gemeinde konzi­ piert wurde, wird anhaltend von wechselseitigen Enttäuschungen und Verlet­ zungen berichtet, sehen beide Seiten „die Gemeinde“ gefährdet oder bereits gespalten. In zwei Gruppeninterviews wurden zwölf Gemeindeglieder und sechs Got­ tesdienstverantwortliche getrennt befragt, insgesamt neun Frauen und neun 4 „Schwabenheim“ ist Pseudonym für eine für Württemberg typische, real existierende Dorfge­ meinde mit 2.800 evangelischen Gemeindegliedern und traditionell pietistischer Prägung, die von zwei Pfarrern betreut wird. 5 „Feiert Jesus!“ ist eine Liederbuchreihe, in der zwischen 1995 und 2011 vier Bände von SCM Hänssler herausgegeben wurden. Der Schwerpunkt der Edition liegt bei Lobpreis- und Anbetungs­ liedern. Die Reihe wird ergänzt durch Auszüge („Feiert Jesus! – to go“, „Feiert Jesus! Christmas“), diverse Instrumental- und Chorausgaben, eine parallele Reihe von Kinderliederbüchern („Feiert Jesus! Kids“), sowie mehreren Reihen von Tonträgern. Online kann man sich unter http://de.wiki­ pedia.org/wiki/Feiert_Jesus! und http://feiertjesus.de/ ein Bild machen von der Vielschichtigkeit und Umsichtigkeit der Edition, die aus der Liederbuchreihe so etwas wie eine eigenständige Singbe­ wegung macht.

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Männer im Alter von 13 bis über 70 Jahren. Die Gespräche machten die zentrale Rolle des Gemeindegesangs für das Erleben von Gottesdienst und von Gemeinde deutlich. Sie bestätigten damit Ulrich Lieberknechts These: „Lieder geben nicht nur von einer kirchlichen Wirklichkeit Zeugnis, sondern stellen selbst einen Teil kirchlicher Wirklichkeit dar. Sie sind zugleich Reflektoren und Gestalter von Ekklesiologie.“6 Im Gesang kommt die Gemeinde zu Wort, sie erlebt sich aktiv und gestaltend, insofern stellt der Gemeindegesang die ekkle­ siologische Selbstdefinition der Versammelten dar. Sowohl Außenstehende als auch Gemeindeglieder werden vom Gemeindegesang berührt, weil diese Lieder eine Wirkung haben, die phänomenal ist,7

wie ein Gesprächsteilnehmer in Schwabenheim es auf den Punkt brachte. Im Unterschied zu Jochen Kaisers thematisch und methodisch benachbarter Unter­ suchung „Religiöses Erleben durch gottesdienstliche Musik“8 konzentriert sich mein Beitrag explizit auf den Gemeindegesang. Entsprechend der ekklesiologi­ schen Fragestellung ist für mich der Gemeindehorizont mehr von Interesse als das Erleben Einzelner. Und schließlich ist mein Bezugsrahmen explizit theolo­ gisch-ekklesiologisch. Soziologische, alltagsästhetische oder religionspsycholo­ gische Kategorien, sowie die individuelle Gottesdienstmotivation zwischen Ver­ bundenheit und Distanz spielen nur am Rand eine Rolle. Im Folgenden werden, nach einer grundlegenden Einführung in die Ekklesio­ logie, zehn ekklesiologische Bilder identifiziert und ihre Korrespondenz zu ver­ schiedenen Formen von Gemeindegesang beschrieben. Wo diese Bilder Konfes­ sionen zugeordnet werden, ist zu beachten, dass es sich dabei um idealtypische ekklesiologische Zuschreibungen handelt. Wenn beispielsweise Bild drei („Kir­ che als Bundesgemeinschaft Gottes“) durch Nähe zur Reformierten Ekklesiolo­ gie charakterisiert wird, impliziert dies nicht, dass die in diesem Abschnitt beschriebene Haltung zum Gemeindegesang der in Reformierten Kirchen geüb­ ten Praxis entspricht. Wo die ekklesiologischen Bilder klassische ekklesiologi­ sche Konzepte aufnehmen oder anklingen lassen, sind diese mit dargestellt.

6 Lieberknecht, Ulrich, Gemeindelieder. Probleme und Chancen einer kirchlichen Lebensäuße­ rung. Veröffentlichungen zur Liturgik, Hymnologie und theologischen Kirchenmusikforschung 28. Göttingen 1994, 40. 7 Die hier und im Folgenden angeführten Zitate aus den Gesprächen in Schwabenheim sind in meiner Thesis dokumentiert und werden wegen des eingeschränkten Zugriffs auf diese Arbeit nicht einzeln nachgewiesen. In der Transskription werden Betonungen durch Kursivschrift wiedergege­ ben, die gesteigerte Hervorhebung eines einzelnen Wortes durch Ausrufezeichen vor und nach dem Wort. 8 Kaiser, Jochen, Religiöses Erleben durch gottesdienstliche Musik. Eine empirisch-rekonstruk­ tive Studie. Arbeiten zur Pastoraltheologie, Liturgik und Hymnologie 71. Gütersloh 2012.

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Die klassischen Notae ecclesiae Das die christlichen Kirchen verbindende Glaubensbekenntnis von Nicäa und Konstantinopel aus dem 4. Jahrhundert bekennt zur Kirche: „Credo […] Et unam, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam“. Die vier Adjektive gelten als die klassischen notae ecclesiae, also Merkmale der christlichen Kirche. Una: Die Einheit der Kirche ist gegeben durch den einen Gott, der sie berufen hat. Ob das Einheitsmerkmal aber das Bekenntnis zu nur einer kirchlichen Institu­ tion meint, oder ob auch mehrere Kirchen im Glauben, in den Sakramenten und im Lob Gottes im Sinn des Bekenntnisses „eins“, einig und einmütig sein kön­ nen, ist zwischen den Kirchen umstritten. Sancta: Als heilige Kirche ist sie „herausgerufen“ (so die Ursprungsbedeutung des griechischen Worts Ἐκκλη­ σία/ ecclesia für Kirche) aus den Gepflogenheiten und Sachzwängen der Welt. Die Kirche ist für Gott und durch Gott geheiligt als sein Eigentum. Catholica: Die „katholische“ Kirche ist übersetzt die „allgemeine“ Kirche, die nicht zer­ splittert ist durch partikulare Erkenntnisse, Riten und Sonderordnungen. Sie ist ferner die „umfassende“ Kirche, die alle Bereiche und Themen des christlichen Lebens abdeckt. Apostolica: Das Merkmal der Apostolizität wird einerseits his­ torisch verstanden als durch die Jahrhunderte ununterbrochene Verbindung mit den zwölf Jüngern Jesu, den Aposteln. Die andere, inhaltliche Interpretation sieht Apostolizität da gegeben, wo die Kirche aus und gemäß dem Evangelium, dem Zeugnis der Apostel lebt. So einig sich die Kirchen in der Anerkennung der Notae ecclesiae sind, so unterschiedlich interpretieren sie deren Bedeutung. Generell lässt sich natürlich eine Spannung feststellen zwischen dem Kriterium der Einheit und dem der Apostolizität, insofern die Apostel eben mehrere waren und das Evangelium in vier durchaus unterschiedlichen Evangelien überliefert ist, die sich nicht wirk­ lich zu einer Einheit zusammenfügen lassen. Und eine weitere Spannung besteht zwischen der Heiligkeit der Kirche und ihrer Katholizität, insofern eine „umfas­ sende“, „allgemeine“ Kirche eben auch Menschen, Regeln und Formen ein­ schließt, die durchaus „weltlich“ und fehlbar sind.

Zehn Schwabenheimer Gemeindebilder 1. Kirche als institutionalisierte Tradition Avery Dulles9 beschreibt die Römisch-katholische Ekklesiologie, zumindest bis zum zweiten Vatikanischen Konzil, mit dem Bild der Institution. Die Kirche ist eine objektive, vorgegebene Größe. Nach Thomas von Aquin hat Christus selbst die Kirche gegründet und ihre Form und ihre Verfassung bestimmt. Die 9 Dulles, Avery Robert: Models of the Church. New York 2002, 26 ff.

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Lehre von der Apostolischen Sukzession führt die Gründung der Kirche zurück auf Mt 16,18 („Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“) und auf Joh 21,15–17, wo Jesus den Apostel Petrus mit dem Hirtenamt für seine Herde beauftragt. Diese Beauftragung durch Jesus Christus selbst soll mittels Handauflegung bei der Bischofsweihe ununterbrochen bis in die Gegen­ wart weiter gegeben worden sein. Dadurch ist die Kirche als Institution eine kle­ rikale Kirche, in der die Geweihten eine herausragende Stellung einnehmen, die in der sogenannten „Hierarchie“ (= „heilige Herrschaft“) festgelegt ist. Die institutionelle Kirche ist ferner eine legalistische Kirche: das Kirchenrecht regelt alle Bereiche des kirchlichen und menschlichen Lebens und sieht Sanktio­ nen für Verstöße gegen diese Ordnung vor. Angesichts neuer Herausforderun­ gen wie z. B. der Frage nach der Empfängnisverhütung wird das Kirchenrecht seinem Selbstverständnis entsprechend nicht etwa „modernisiert“, vielmehr wird aus den kirchenrechtlichen Quellen eine Antwort gesucht. Den Schätzen der Tradition wird nichts hinzugefügt, sondern die in ihnen immer schon ent­ haltene Wahrheit wird ans Licht geholt. Die Kirche als Institution ist schließlich triumphal. Sie repräsentiert die Herr­ lichkeit Gottes, seine Größe und Macht in der Welt und vor der Welt. Entspre­ chend soll die Kirche in ihren Ordnungen, Gebäuden und Riten herrlich, groß und mächtig sein. Für den einzelnen Christen ist die Kirche der alleinige Weg zum Heil, was Cyprian von Carthago (gest. 258 n. Chr.) so ausdrückt: „Nie­ mand kann Gott zum Vater haben, der nicht die Kirche zur Mutter hat.“10 Evangelische Gläubige sehen ihre Kirche kaum im eben beschriebenen Sinn als Institution. Einzelne Elemente dieser Ekklesiologie kommen aber durchaus in dem individuellen Bild der Kirche als institutionalisierte Tradition zum Tra­ gen. Wer Kirche so versteht, will in ihr die Schätze der Tradition bewahrt und gepflegt wissen. Neben der Bibel, die für die Reformatoren die absolute Autori­ tät darstellte, ist das offizielle Gesangbuch identitätsstiftend, insbesondere die klassischen Lieder vergangener Epochen. Im Singen dieser Lieder wird eine Ver­ bundenheit mit den Altvorderen erlebt, die normativen Charakter annimmt. Die „Choräle“, etwa von Martin Luther und Paul Gerhardt, prägen die persönliche Spiritualität und die Alltagsbewältigung. Sie geben heute noch Orientierung und Sicherheit, daher dürfen sie nicht kritisiert oder abgetan werden. Ihre teils schwer zugängliche Sprache disqualifiziert diese Lieder nicht, sie fordert viel­ mehr heraus, in sie hinein zu wachsen. Mit diesen Liedern ist man aufgewach­ sen, sie bergen Erinnerungen an Kindheit und Jugend, an Eltern und Großel­ tern. Auch nachfolgende Generationen sollen mit diesen Schätzen vertraut wer­ den. Die Traditionsschätze müssen nicht ergänzt oder modernisiert werden, vielmehr wird ihre zeitlose Wahrheit im Vollzug des Singens jeweils neu ans Licht geholt. Ein Gesprächsteilnehmer drückt das so aus:

10 De ecclesiae catholicae unitate, Kapitel 6. Zitiert nach Dulles: Models of the Church (s. Anm. 9), 34 (hier und im Folgenden sind englischsprachige Zitate vom Autor übersetzt).

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Ich habe [sc. in jahrzehntelanger Erfahrung] erlebt, wie mir die !Kirche! mit ihrer Liturgie, auch mit der relativ alten Liturgie, einen Halt gegeben hat, […] wo ich dann auch in der Predigt letztendlich für mich intensiv, ja, die Nachricht aus der Bibel eins zu eins und sauber erklärt bekomme. […] Was mir auch noch wichtig ist, dass diese Texte, diese alten Lieder aus dem Kirchengesangbuch […] – dass ich eine Beziehung dazu habe, auch wenn sie manchmal etwas unverständlicher sind.

Den Wert der „alten“ Lieder vergleicht er mit Luthers Bibelübersetzung, die mir näher sagt, beziehungsweise klarer sagt, was letztendlich die Aussage der Bibel eigentlich ist.

Die Gegenposition wird so formuliert: Viele klammern sich an die Traditionen und sehen: eine Veränderung ist [= weckt] so gleichermaßen die Angst, es könnte jetzt ‚den Bach hinuntergehen‘. […] Und andere haben Angst davor: ‚Wenn wir da drin bleiben, erstarren wir irgendwann oder kommen nicht weiter.‘ […] Mir tun auch viele Liedtexte gut, aber ich merke auch manchmal die Distanz zwischen dem 17. Jahrhundert oder noch früher – und wir heute. Ich finde es auf der anderen Seite total interessant und spannend – unter der Sonne gibt’s nichts Neues an Gefühlen, Plagen und Nöten, die waren früher nicht anders als heute, haben vielleicht andere Gründe oder andere Sachen gehabt, – aber wir sind da schon noch, haben Zugänge. Das ist ja das, was uns an Traditionen verbindet. Aber die Ausdrucksform – und da haben wir uns eben verändert, […] das muss variabel sein.

Neue Lieder werden im traditionellen Gemeindebild hingegen als überflüssig und fremd wahrgenommen. Bevor sie akzeptiert werden, müssen sie der Prü­ fung an den Klassikern standhalten – und fallen dabei meist durch. Englisch­ sprachige Lieder sind von vornherein ausgeschlossen, sie gehören nicht zu „unseren“ Schätzen. Die Reihenfolge der Lieder im Gottesdienst ist unwichtig. Gottesdienstablauf und Gesänge sind vertraut und so internalisiert, dass es kei­ ner absichtsvollen liturgischen Dramaturgie bedarf zum Ankommen oder zum Weitergehen. Man kennt die meisten Lieder sowieso auswendig und schon die ersten Klänge der Orgelintonation lösen eine innere Resonanz aus. „Das Lied ist in mir und ich finde mich im Lied wieder.“ Das gemeinsame Singen solcher Lieder ist ein Selbstwert, der keiner Legitimation durch einen inhaltlichen Bezug zum Sonntagsthema bedarf. Dass die Anderen kräftig mitsingen, ist Aus­ druck des gemeinsamen Bekenntnisses und der geistlichen Gemeinschaft. Ent­ sprechend wird es als Anfechtung erlebt, wenn jemand nur verhalten oder gar nicht mitsingt. Selbstverständlich kommt für den Gemeindegesang nur Orgelbegleitung in Betracht, sie soll aber stilecht sein und nicht irritieren, etwa durch erweiterte Harmonik oder rhythmische Raffinesse, wie der jugendliche Organist erläutert: Also, im Frühgottesdienst, wo ich ja immer spiele, ich empfinde es zumindest so, dass, wenn man eher so ältere Stile oder die klassische Begleitung oder von mir aus auch noch irgendwie ganz selten mal ein Quint-Quart-Organum oder so ‚Kirchentonarten‘ spielt, da ist jetzt die frühgottesdienstli­ che Gemeinde, die singt auf jeden Fall mehr oder stärker mit, als wenn man es jetzt irgendwie moderner spielt, von mir aus auch ein bissle verjazzt oder sonst irgendwie… Genau. Das ist das, was ich so erlebe.

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2. Kirche des Wortes (Lutherische Ekklesiologie) Im Augsburger Bekenntnis von 1530 wird die Kirche in Artikel 7 so definiert: „Es wird auch gelehrt, daß allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und blei­ ben muß, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht wer­ den.“11 Kirche ereignet sich also, und zwar als Versammlung der Gläubigen. Diese Versammlung ist gekennzeichnet durch die „reine“ Verkündigung des Evangeliums und die evangeliumsgemäße Feier der beiden Sakramente Taufe und Abendmahl. Die Gläubigen werden nicht unterschieden in Klerus und Laien. Zwar wird eine „ordnungsgemäße Berufung“ zum Predigen und zur Sa­ kramentsverwaltung vorausgesetzt,12 aber Luther anerkennt keinen besonderen geistlichen Stand. Mit seinem berühmten Satz „Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst geweiht sei.“13 formuliert Luther das Prinzip des allgemeinen Priestertums. Gottes „äußeres“, geschriebenes Wort (das Evangelium, die Bibel) und Gottes „inneres“, im Her­ zen gehörtes Wort (zum Beispiel die Taufzusage) sind Grund und Inhalt, Krite­ rium und Auftrag der Kirche. Bei den Gläubigen in Schwabenheim wurde eine Verkürzung der lutherischen Ekklesiologie sichtbar, die einseitig zum geschriebenen Wort Gottes und zu einer Bibelfrömmigkeit tendiert, die die Sakramente und den Ereignischarakter der Kirche als Versammlung hintansetzt. Kirche und Gottesdienst bestehen für die Anhänger dieses ekklesiologischen Bildes im Lesen und Lernen des bibli­ schen Wortes. Wer die Kirche in diesem verkürzten Sinn als creatura verbi (Geschöpf des Wortes Gottes) auffasst, für den steht bei den Liedern der Text absolut im Vor­ dergrund. Dieser bezieht sich idealerweise auf die biblischen Lesungen des Tages, kann sie aber auch eigenständig ergänzen, wenn nur der „Gehalt“ stimmt. Aus der Predigt, da schöpfe ich für die Woche, die mir bevorsteht, viel Kraft und kann auch in den Liedern, die hier gesungen werden, auch Predigtinhalte wiederfinden, ja.

Lieder werden rational erfasst, dem entsprechen „predigende“ Strophenlieder des 16. bis 18. Jahrhunderts am besten. Textarme Gesänge mit Kehrvers, Lob­ preislieder und besonders mehrfach wiederholte Singstücke bieten hingegen zu

11 Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Vollständige Neuedition, hg. von Irene Dingel. Göttingen 2014; EG Nr. 808; http://www.ekd.de/glauben/bekenntnisse/augsbur­ ger_bekenntnis.html. 12 Vgl. Artikel 14 des Augsburger Bekenntnisses. Artikel 15 betont jedoch, dass Kirchenord­ nungen von Menschen gemacht sind und also keine gottgegebene Ordnung (wie die „Hierarchie“) darstellen. 13 Luther, Martin, An den christlichen Adel deutscher Nation: Von des christlichen Standes Besserung, in: D. Martin Luthers Werke. Weimarer Ausgabe Bd. 6. Weimar 1888, 408.

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wenig Aussage. Lieder werden „hörend“ gesungen. Als Expression eigener Spi­ ritualität werden sie kaum wahrgenommen. Die Anordnung der Lieder im Lauf der Liturgie und der emotionale Gehalt der Melodien sind nebensächlich. Selbstverständlich verantwortet der Predi­ gende die Liedauswahl. Die Begleitung soll vor allem zurückhaltend sein und den Text sprechen lassen, dann ist es im Prinzip egal, mit welchen Instrumenten sie erfolgt. Die Orgel hat allerdings den Vorzug, dass sie langsames, nachdenkli­ ches Singen gut unterstützt.

3. Kirche als Bundesgemeinschaft Gottes (Reformierte Ekklesiologie) oder als Gemeinschaft der Glaubenden (Freikirchliche Ekklesiologie) Der Genfer Reformator Johannes Calvin sah wie Luther die Kirche durch die Verkündigung des Evangeliums und die rechte Austeilung der Sakramente gege­ ben, „er betonte jedoch den korrekten Glauben und ein aufrichtiges christliches Leben strenger als Luther“.14 Durch göttliche Erwählung (Prädestination) sind Christen in einer Bundesgemeinschaft mit Gott. Die positive Erwählung zum Heil äußert sich in einer sichtbaren und fortschreitenden Heiligung der Erwähl­ ten. Sie tun den Willen Gottes und streben nach immer tieferer Erkenntnis der göttlichen Wahrheit. Calvin lehrte aber auch die negative Prädestination zur Verdammnis. Darum ist für die reformierte Ekklesiologie die Erkennbarkeit einer aktiven, ernsthaften Glaubenshaltung wichtig, mit der der Mensch sich vor Gott verantwortet im Handeln und Denken. Durch diese Erkennbarkeit wird der Einzelne seiner Erwählung gewiss, und die anderen Christen einschließlich der Kirchenverantwortlichen erkennen darin Zeichen der gemeinsamen Beru­ fung in die Bundesgemeinschaft mit Gott. Die Freikirchen haben keine einheitliche Lehre von der Kirche. In der Praxis ist ihre Ekklesiologie jedoch – der Reformierten ähnlich – durch den Gemein­ schaftsgedanken und die Erkennbarkeit des Glaubens der Einzelnen geprägt. Der Gründer der Mennoniten, einer Freikirche aus der Täuferbewegung der Reformationszeit, Menno Simons, fügte den beiden schon genannten reformato­ rischen Kennzeichen der Kirche (notae ecclesiae) vier weitere hinzu: „heiliges Leben, brüderliche Liebe, freimütiges Zeugnis und Leiden“.15 Wie in der reformierten Ekklesiologie ist eine erkennbar vom Glauben geprägte Lebens­ führung wichtig. Insbesondere aber soll die gegenseitige Liebe unter den Gläu­ bigen spürbar werden. Sie bringt die Gemeinschaft der Glaubenden am deut­ lichsten zum Ausdruck, und sie ist ein Widerschein der im Johannesevangelium und in den Johannesbriefen hervorgehobenen Liebe Gottes zu den Menschen. Wie im johanneischen Werk entsteht aus dieser Perspektive leicht eine klare Abgrenzung der Gemeinde von der „Welt“, der Sphäre des Lichts von der Fins­ 14 Kärkkäinen, Veli-Matti: An Introduction to Ecclesiology. Ecumenical, Historical and Global Perspectives. Downers Grove/IL 2002, 50. 15 Kärkkäinen: An Introduction to Ecclesiology (s. Anm. 14), 67.

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ternis. Im Gottesdienst wird diese Gemeinschaft der Liebe unter den Geschwis­ tern und mit Gott gefeiert. Im individuellen ekklesiologischen Bild steht der Gemeinschaftsaspekt im Vordergrund, Glaubensernst und Heiligung spielen eine untergeordnete Rolle. Eine Gesprächsteilnehmerin sagt: Was ist Gemeinde für mich? Gemeinde für mich – das sind die Menschen, die ich kenne, wo ich weiß, die sind Christ. Und da verbindet mich das, der gemeinsame Glaube. […] Ich freue mich, wenn ich die Person auf der Straße treffe oder wo auch immer. Es ist eine Verbundenheit da. Und je nachdem, ich kann dann auch die Freiheit haben und mit irgendeinem Anliegen auf den Mitchristen drauf zukommen. Also, das heißt für mich: Gemeinde !leben!

Der Gesang kann die Verbundenheit unter den Singenden auch Außenstehen­ den vermitteln, wie folgende Schilderung zeigt: Ein Erlebnis von einer über 90-jährigen. […] Ich hatte die alte Dame lieb und ich liebte die neuen Lieder. Ich habe versucht, Verständnis zu wecken. Ja, sie hat sich sehr bemüht, aber sie hatte ’ne gute Musikausbildung und kam nur schwer mit, überhaupt dieses mehrmalige Wiederholen und so. Dann habe ich sie mal zu einem Abend mitgenommen in die [freikirchliche X. Y.-Gemeinde]. Und natür­ lich die Musik […] und die Lieder! Da habe ich gedacht: ‚Mensch, wie hält sie das aus, ist jetzt nicht alles verloren?‘ Ganz im Gegenteil: Ich hab’ sie angesprochen in der Pause. Sagt die zu mir: ‚Die haben sich ja alle einander lieb‘. Das war der springende Punkt. […] Einfach, das, was man da spürt. Das ist dann auch wieder was, was zusammenhält. Und ich kann das Lied singen, weil es mein Bru­ der oder meine Schwester mag. So.

Hier ist der Gesang Ausdruck des gemeinsamen Glaubens, es wird „betend“, „antwortend“ gesungen. Gott zu loben, ihm zu danken, aber auch Bitte und Klage vor ihn zu bringen ist der Sinn des gemeinsamen Singens. Die Gemein­ schaft der Glaubenden wird im gemeinsamen, kräftigen Gesang erlebt: wir ver­ binden uns im Gesang, wir erkennen einander am Gesang als Schwestern und Brüder, wir stärken uns gegenseitig im Glauben. Der Gesang fungiert gewisser­ maßen als verbindender „Stallgeruch“. Dieser wird durch ein bekanntes Liedre­ pertoire unterstützt, das freilich behutsam erweitert werden kann. Lieder aus Mystik und Erweckungsbewegung, aber auch solche, die aktuelle Herausforde­ rungen benennen, werden geschätzt und drücken die gemeinsame Identität aus. Musikalische Stilfragen sind nachrangig, ebenso die Instrumentierung. Jedoch stehen anspruchsvolle Gregorianik, schwierige Rhythmen oder auch allzu selbstbewusste Kirchenmusiker dem Gemeinschaftsgefühl im Weg. Wichtig ist, dass der Gesang von allen getragen wird.

4. Die Ortsgemeinde als Familie Das Bild von der Gemeinde als Familie ist biblischen Ursprungs. Jesus nannte Gott den „himmlischen Vater“. In Mt 23,8f folgert Jesus aus dieser Gottesprädi­ kation, dass die Gläubigen untereinander gleichrangig sind: „Ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf Erden, denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.“

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In Schwabenheim werden aus der Familienmetapher gleich mehrere Gemein­ debilder entworfen, die an die freikirchliche Ekklesiologie anlehnen und die lie­ bevolle Verbundenheit unter den Gläubigen, die auch Generations- und Mei­ nungsunterschiede überbrückt, zum Merkmal der Gemeinde machen. Wichtig ist den einen, dass im Gottesdienst die Generationen zusammen kommen. Eine ältere Dame wünscht sich, dass die Jungen, die eigentlich nach gelebtem Glauben schauen, also die !reiferen! Christen – […] dass die [Jungen] das durchaus wollen und dass man für sie betet, dass sie mal mit den Älteren sprechen kön­ nen.

Ein anderer sagt im Blick auf Konflikte: Was ist Gemeinde für mich? Für mich ist Gemeinde, wenn wir gemeinsam !unterwegs! sind und !gemeinsam! suchen sozusagen ein Stückweit wie in der Familie auch, miteinander auszukommen.

Und schließlich wird in einer eigenwilligen Umkehrung der Familienmetapher die Gemeinde zum Kind, werden die Verantwortlichen zu Eltern (im Wider­ spruch zu Mt 23,9): [So] ist es halt im Augenblick einfach ein sehr „messy child“, also ein […] Kind, das man hat, es liebt, aber nicht immer liebt. Also mit anderen Worten: Ein Kind, das volle Windeln hat, das liebt man zwar trotzdem, aber […] man muss das saubermachen. Oder ein Teenager, der teilweise in einer komischen Phase ist, der mag sich vielleicht selber gar nicht. Aber die Eltern sagen auch: „Ich könnt’ dich an die Wand klatschen. Aber trotzdem möchte ich dich lieben.“ Und so ist unsere Gemeinde in so einer „messy“-Zwischenstation gerade. […] Ob's ein Kind, wie gesagt, mit vollen Windeln oder ein Teenager oder sonstwie ist, der ist in einer Lebensphase, wo er nicht immer angenehm ist. Und man muss ihn aushalten und sagt trotzdem dazu: „Ich liebe ihn.“ Und das ist Gemeinde.

Die Gemeinde legt Wert auf das Miteinander der Generationen, aber auch von gereiften und jungen Christen. Die daraus resultierenden Spannungen werden als Ansporn zu gegenseitigem Verständnis, zu Achtung und Liebe verstanden. Gemeindegesang in verschiedensten Stilrichtungen wird als Ausdruck einer ver­ söhnten Verschiedenheit verstanden, auf die die Gemeinde stolz ist. Jeder gibt sein Bestes, die Lieder der Anderen mitzusingen. Neue Lieder werden – neben den vertrauten – ebenso begrüßt wie abwechs­ lungsreiche Instrumentierungen. Eine große Bandbreite von Gesangsformen und Textaussagen wird befürwortet und gepflegt. Auch „pubertäre“ Äußerun­ gen, also Lieder von bescheidenem Niveau werden toleriert. Als schön wird empfunden, wenn unterschiedliche instrumentale oder gesangliche Begabungen besonders bei Kindern und Jugendlichen zum Vorschein kommen, die den Gemeindegesang schmücken oder als Musikvortrag ergänzen. Sie müssen nicht vollkommen oder gar professionell sein. Ausgebildete Kirchenmusiker „von Amts wegen“ können durchaus mitgestalten und sich auch pädagogisch betäti­ gen, dürfen aber nicht andere Ausdrucksformen unterdrücken.

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5. Die Charismatische Gemeinde Paulus entwirft das Bild von der Gemeinde als dem Leib Christi. Viele Glieder mit unterschiedlichen Funktionen bilden zusammen den Leib, von dem Chris­ tus das Haupt ist. In 1. Kor 12,4 fasst Paulus diese Vielgliedrigkeit zusammen unter der Überschrift: „Es sind verschiedene Gaben, aber es ist ein Geist.“ In 1. Kor 12,28 präzisiert er Herkunft und Art der Gaben: „Gott hat in der Gemeinde eingesetzt erstens Apostel, zweitens Propheten drittens Lehrer, dann Wundertäter, dann Gaben, gesund zu machen, zu helfen, zu leiten und mancher­ lei Zungenrede.“ Die 1901 entstandene und sich seitdem weltweit rasant aus­ breitende Pfingst- oder charismatische Bewegung sieht im Vorhandensein aller dieser Gaben ein unverzichtbares Merkmal der wahren christlichen Gemeinde. Diese Gaben begründen „Dienste“ zur Auferbauung der Gemeinde, wenn auch keine „Ämter“ im amtskirchlichen Sinn.16 Die Zungenrede, das Sprechen in unbekannten Sprachen, war für die Pfingst­ bewegung von Anfang an eine konstitutive Gabe. Auf sie wird in Schwabenheim kein gesteigerter Wert gelegt, wohl aber darauf, dass biblische Vorgaben letztendlich Gaben auch zur Entfaltung kommen und auch gelebt werden können.

Ein anderer sagt: Und das macht für mich Gemeinde auch aus, dass man seine Gaben einsetzen kann, um Gott zu loben. Auch innerhalb des Gottesdienstes.

Neben Gaben in Verkündigung, Gemeindeleitung, Diakonie und Kommunika­ tion werden in Schwabenheim besonders in der Kirchenmusik reiche Gaben sichtbar. Deren Wirkung wird z. B. so beschrieben: Also wir haben neulich mal gerade, auch was die Kirchenmusik betrifft, eine ganz schöne Situation gehabt. Da war die X. X. da mit ihrer Gitarre, hat neue Lieder gesungen und Y. Y. hat Orgel dazu gespielt. Also so was habe ich ja noch !nie! gehört, da war wirklich dieses traditionelle Kirchenmu­ sikinstrument, ja, und die Gitarristin mit ihrer wunderbaren Stimme – das war ein so tolles, ein so toller Moment, wo ich gedacht habe: !Ja!, (klatscht in die Hand) es geht doch ein Konsens. Wenn’s auf Gutem, Musik gut vorbereitet, auf wirklich professioneller Ebene läuft, wenn die Leute wissen, was sie tun, und zum Lobe Gottes ihre Gaben bringen – wunderbar! – dann kann man Orgel mit modernen Instrumenten genauso verbinden.

Beim charismatischen Gemeindebild ist also eine möglichst große Vielfalt der Charismen willkommen und geschätzt, besonders deren lebendiger und sponta­ ner Austausch. Wichtig ist vor allem eine fröhliche, begeisternde Atmosphäre, die durch eingängige, bekannte und rhythmische Lieder erreicht wird. Auch alte Lieder können vorkommen, sie sollten jedoch nicht zu „textlastig“ sein. Der Schwerpunkt liegt freilich bei modernen, auch brandneuen Liedern im Stil des populären Mainstream. Wenn ein Bandmitglied dann noch Details zur Entste­ hungs- oder Wirkungsgeschichte eines Liedes beisteuern kann, wird es zu einem 16 Kärkkäinen: An Introduction to Ecclesiology (s. Anm. 14), 68 ff.

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sehr persönlichen Glaubenszeugnis. Eigenkompositionen von Gemeindeglie­ dern werden mit Begeisterung aufgenommen. „Szene“-Liedgut, auch internatio­ nale und fremdsprachige Lieder schaffen ein Netzwerk-Gefühl. Unterschiedliche Begleitformen bezeugen die Vielfalt der Charismen, sie müssen jedoch „gemeindedienlich“ sein, also die Stimmung aufbauen. Raffi­ nierte Arrangements oder Virtuosität sind willkommen, aber nicht erforderlich. Crossovers, also Stilmischungen wie die oben erwähnte Orgelbegleitung zu einem modernen Sololied, sind bereits in sich ein Zeugnis von Vielfalt und sehr beliebt. Die Liedauswahl erfolgt entweder vorab durch hierfür speziell begabte Gemeindeglieder oder aber spontan im Gottesdienst. Mehrere Lieder hinterei­ nander als Lobpreisblock ergeben eine willkommene emotionale Steigerung. Lieder, die gut ankommen, werden spontan wiederholt. Grundsätzlich hat für das charismatische Gemeindebild der Gesang eine tragende Rolle im Gottes­ dienst und nimmt entsprechend mehr Raum ein. Da ein „offizielles“ Gesangbuch das Wehen des Geistes unzulässig beschrän­ ken würde, werden die Liedtexte an die Wand projiziert. Im Frühgottesdienst hat jeder in sein Gesangbuch reingeguckt, um immer die Lieder mitzusingen, auch die neueren. Im Spätgottesdienst: alle mit einem Blick nach vorne. Fand ich irgendwo bezeich­ nend letztendlich, sage ich mal, einfach: Hoppla, macht mich auch freier, sage ich mal, beim Singen – habe ich festgestellt heute morgen.

Die gemeinsame Blickrichtung auf die Projektion wird als „Einheit“ der Gemeinde erlebt. Ein Singteam leitet den Gemeindegesang an. Die verschiede­ nen Akteure und die Vielfalt der Instrumente machen den Reichtum der Gaben erlebbar. Und Schwabenheim hat neben mehreren „traditionellen“ Chören fünf Singteams, die im Spätgottesdienst zum Einsatz kommen.

6. Die vom Pfingstgeist berührte Versammlung Die pfingstkirchlich-charismatische Ekklesiologie wird in Schwabenheim auch in einem weiteren Gemeindebild in Anspruch genommen, im Bild der vom Pfingstgeist berührten Versammlung. Hier wird zunächst die Unverfügbarkeit und Spontaneität des Geisteswehens akzentuiert. Dies entspricht der Individua­ lität der Versammelten und ihren ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Ein Got­ tesdienstverantwortlicher erlebt die Gemeinde in Schwabenheim so, dass es hier unterschiedliche gewachsene Bedürfnisse gibt von Christen, was ja nicht nur in Schwa­ benheim spürbar, sondern allerorten spürbar ist im ganzen deutschen Lande und darüber hinaus, es hat was zu tun mit Individualität, mit persönlichen Bedürfnissen, auch mit einem persönlichen Wahrgenommenwerden, auch mit Anerkennung, mit Verstärkung von, von, von persönlichen Äuße­ rungen usw. […] Das kommt stark durch im Rahmen des Mitgebrachten [sc. in den persönlichen Zeugnissen im Spätgottesdienst]. Und wenn dann jemand etwas sagt – das sind ja auch, das ist auch so meine Beobachtung, zumindest bis jetzt, – es sind relativ immer wieder dieselben Menschen, die etwas mitbringen, und auch Menschen, die dann bereit sind, das, was mitgebracht wird, zum Beispiel auch mit Beifall zu unterstreichen, also zu verstärken. […] Ich nehme wahr, dass es einfach ein Bedürfnis gibt im Sinne dieser Spontaneität, der Freiheit und der Möglichkeit, Persönliches zu

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äußern und dieses auch durch ein Beziehungsnetz sozusagen sich darin getragen oder auch verstärkt zu fühlen.

Individualität und Freiheit werden insbesondere durch den Gemeindegesang behindert oder auch gefördert: So wenig es eine gewisse liturgische Festlegung gibt auf bestimmte Formen im Spätgottesdienst, gibt es auch keine Festlegung, dass alle mitsingen müssen. Ja. Oder dass da eine Erwartung wäre. Son­ dern das ist auch Ausdruck dieser persönlichen Art, wie ich mich beteilige an diesem Gottesdienst im Rahmen von Singen. […] Wenn ich in eine Form – jetzt beschreibe ich es mal von ganz außen – einer Form von leichtem ekstatischem Erleben komme, ist es kontraproduktiv zu einem vollbewussten Mitsingen, sondern da geht es auch um eine Form von Innerlichkeit - nein, das ist doch völlig in Ordnung – die ich sozusagen nochmal anders erlebe. Wo ich plötzlich vielleicht in eine Gebetsform falle, dass ich für mich eine Zungenrede erlebe oder dass ich für mich plötzlich Eindrücke habe oder so etwas in diesem sogenannten Anbetungsteil. Und dann würde jetzt sozusagen dieses volle Mitsin­ gen dieses wiederum auch stören. Und das ist für mich auch ein Grund, warum es da diese größere Freiheit braucht, gerade wenn es um die Liedgestaltung geht. Wo bin ich da jetzt gerade in meiner spirituellen Erfahrung mit Gott, vor dem Hintergrund auch meines bewussten oder auch mehr unbe­ wussten oder anders bewussten Erlebens? Das halte ich für wichtig, dass man das auch da zulässt.

Die vom Geist berührte Versammlung lebt von außergewöhnlichen und durch­ aus machtvollen Erfahrungen. Ihr Gottesdienst ist am Individuum orientiert, alltagsabgewandt und heilungsbetont. Der Gemeindegesang ist „Medium“ zum Stillwerden, zum Loslassen des Alltags. Er gibt Raum für persönliche Anbetung, für Visionen und Glossolalie. Hierfür eignen sich einfachste Lieder mit vielen Wiederholungen, mit Soloeinlagen und Zwischenspielen der Band. Fast nie wird nur ein einzelnes Lied gesungen, sondern mehrere Lieder hintereinander, auch als Medley verbunden. Der Rhythmus ist von größter Bedeutung, aber eher ruhig. Nur selten heizt er an. Die Harmonik bleibt meist auf Grundakkorde beschränkt. Die Texte sind ebenso schlicht und oft fremdsprachig. Für das Individuum besteht höchste Freiheit mitzusingen oder auch nicht, zu klatschen, die Arme hochzurecken, aufzustehen, zu tanzen, Anbetungsrufe oder Gebetssätze einzuwerfen, laut oder leise. Die Musik hält sich im Hintergrund, „es“ singt. Gerne werden Lesungen und gemeinsame Gebete von Musik unter­ malt bzw. in ein Lied integriert. Hier kann auch die Orgel als harmonische Unterlegung zum Einsatz kommen. Der Lobpreisleiterin kommt in solchen Gottesdiensten die zentrale Rolle zu. Sie spürt an den Reaktionen der Gemein­ deglieder, wann welches Lied dran ist und wie oft es wiederholt wird. Die Band reagiert spontan.

7. Die missionarische Gemeinde für Distanzierte Nach Jesu Aufforderung in Mt 28,19 („Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker“) ist Mission ein Kennzeichen der christlichen Gemeinde. Manche Gemeinden verstehen sich zuerst und vor allem zur Mission beauftragt. Sie sehen sich selbst mit den Augen von Nichtmitgliedern. Sie wollen einladend sein und das Evangelium in einer auch unbedarften Zeitgenossen zugänglichen Weise leben und verkünden. Eine Gesprächsteilnehmerin meint:

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Wenn ich andere Leute einlade, die normalerweise nicht in den Gottesdienst gehen, dass ich die [in den moderneren Spätgottesdienst] viel problemloser einladen kann, weil ich nicht ständig dasitze und denke: „O, hoffentlich kommen die jetzt hier zurecht mit dieser Liturgie und mit diesem manchmal vielleicht etwas Steifen.“

Für die missionarische Öffnung spielt der Gemeindegesang eine große Rolle: Zu unserer Hochzeit haben wir auch einen Lobpreisteil gemacht. Und da kamen natürlich auch viele Leute, die sonst nie in die Kirche gehen oder ihre Kirchenerlebnisse entsprechend sind. Und ich bin, glaube ich, auch noch ein Jahr später drauf angesprochen worden, dass es die Leute wirklich berührt hat, dieses Singen, und ganz vielen Leuten einfach eine ganz positive, ja, Meinung über Kirche und Lebendigkeit mit auf den Weg gegeben hat. Und das fand ich das dann schon wert.

Ein Gottesdienstverantwortlicher sagt: Wir laden immer natürlich andere auch mit ein. Aber wir tun das in der Tradition, die uns wichtig ist. Da erlebe ich jetzt weniger diese Möglichkeit, auch relativ flexibel verstehbar zu sein. Da steht mir oft dann die Liturgie, also in meinem Bedürfnis, das ich da habe, steht mir dann die Liturgie oder auch die Art der Lieder ein Stückweit im Weg. Weil ich weiß: die Lebenswelt dieser Menschen ist !komplett! anders. […] Da bin ich dann immer beschäftigt mit mir. Wie kann ich es vermitteln, wie kann ich verstehbar sein? Also ein Bild von mir oder von Gemeinde in der Begegnung mit Kirchen­ fernen. Da geht es mir im Spätgottesdienst viel leichter.

Gemeindeglieder und Gottesdienstverantwortliche legen Wert darauf, von Dis­ tanzierten und Ungeübten „verstanden zu werden“, ihnen niederschwellige Gottesdiensterfahrungen zu ermöglichen nach dem Motto: „ich will hier meine Freunde mitbringen können, ohne mich schämen zu müssen“. Der Gemeinde­ gesang besteht folglich aus alltagsnahem, modernem Liedgut, das musikalisch leicht zugänglich ist. Eine Band spielt stilsicher und rhythmisch, sie schafft eine entspannte Atmosphäre. Alte Lieder können vereinzelt auch gesungen werden, sollten jedoch durch ein „crossover“-Arrangement der Band „bekömmlich“ gemacht werden. Selbst die Orgel kann als Stilzitat vorkommen, dann aber zur Begleitung eines neuen Lieds und ergänzt z. B. durch Schlagzeug und Saxophon. Interessanterweise greift die Stilkritik bei den Liedtexten weniger rigoros. Ge­ häufte biblische Metaphorik („Löwe und Lamm“) scheint beispielsweise wesentlich besser tolerierbar als musikalische Anklänge an den traditionellen „Kirchenton“ oder die physische Verwendung des Gesangbuchs. Besonders gerne werden englische Lieder gesungen. Dies entspricht zum einen den allge­ meinen Hörgewohnheiten und vermittelt Modernität. Zum anderen können anspruchsvolle oder inhaltlich nicht nachvollziehbare Textaussagen so leichter „überhört“ werden. Da ein Singteam den Gesang trägt, muss man nicht mitsingen und kann das Lied auch nur „konsumieren“ wie im Konzert. Immer wieder ergänzen und „entlasten“ Vortragslieder den Gemeindegesang. Menschen, die in ihrer Lebens­ welt ständig von Musik umgeben sind, werden durch Vortragsstücke in ihrem gewohnten ästhetischen Muster abgeholt und zugleich fasziniert durch die ungewohnte Erfahrung, dass in der Gemeinde Menschen auch aktiv miteinander singen. Klatschen während oder nach einem Lied ist willkommen. Ebenso wich­ tig wie das Lied selbst ist eine pfiffige Moderation. Die Liedauswahl muss vor allem atmosphärisch stimmig sein und zum Duktus des Gottesdienstes passen,

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sie wird daher von Musikern und Verkündigenden gemeinsam sorgfältig geplant. Die Musik muss ein hohes Niveau haben, die (elektro-) akustische Aus­ stattung ebenso. Auch Lichteffekte können zum Einsatz kommen.

8. Gottesdienst als „kulturmissionarische“ Bühne Die Gespräche in Schwabenheim förderten auch zwei Gemeindebilder zutage, die nicht biblisch oder theologisch begründet sind. Das erste lehnt sich am mis­ sionarischen Gemeindebild an, in einer sehr präzisen Zuspitzung. Es ist von einem „kulturmissionarischen“ Impetus motiviert, der freilich weniger Außen­ stehende erreichen möchte als vielmehr die versammelte Gemeinde. In diesem Bild wird der Gottesdienst als das öffentliche Forum der Gemeinde betrachtet. Wer dabei mitwirken darf, gilt als anerkannt und in seinem Anliegen bestätigt. In Schwabenheim wetteifert eine Reihe von musikalischen Gruppen um „Auf­ tritte“ in den beiden Gottesdienstformaten. Mit Ausnahme des Kirchenchors begleiten sie alle den Gemeindegesang, sie führen also die Gemeinde in ihr Repertoire ein. Die fünf Lobpreis-Teams pflegen jeweils ein eigenes Liedgut und einen besonderen Begleitstil. Sie versehen im Wechsel den Spätgottesdienst und die gelegentlichen „gemeinsamen“ Gottesdienste mit Musik. Die musikali­ sche Vielfalt wird jedoch zur Konkurrenzsituation, da nicht alle Chöre in der gewünschten Häufigkeit oder vor dem gewünschten „Publikum“ zum Einsatz kommen. Die Mitglieder der Konfirmanden-Band äußern in dem Interview als Herzensanliegen: Wir haben ja eine Konfi-Band, und wir wünschen uns halt auch, dass wir öfter irgendwie mal im Gottesdienst spielen können.

Sie vermissen also die Akzeptanz seitens der Gottesdienstverantwortlichen für ihren Stil, indem sie kaum vor „der“ Gemeinde auftreten dürfen. Die Leiterin des Kirchenchors bedauert die Festlegung des Kirchenchors auf den traditionel­ len Frühgottesdienst: Ein Kirchenchor bereitet vor, ein Kirchenchor ist im Frühgottesdienst eingesetzt, und junge Men­ schen, die einen vierstimmigen Satz vielleicht mal hören !könnten!, werden nicht angesprochen, weil wir gar nicht vor den jungen Menschen musizieren können. Wir haben jetzt bei der Konfirmation zum Beispiel mal ein Event, da ist ein Chor eingesetzt in der Konfirmation, da hören die jungen Menschen mal überhaupt einen vierstimmigen Satz. Schön, aber im Alltag eben leider wenig. Des­ halb ist mir ganz viel daran gelegen, dass wir im Chor auch mal im gemeinsamen Gottesdienst oder in andere Gottesdienstformen kommen. […] Es ist im Moment schade, dass die Chormusik mehr oder weniger im Frühgottesdienst verhaftet ist. Ich möchte noch mehr die Verbindung eben zur Jugend aufbauen. Das ist mir wichtig.

Die hörende und einstimmende Gemeinde wird in diesem ekklesiologischen Bild als Resonanzraum für die verschiedenen musikalischen und spirituellen Akzente verstanden, denen die MusikerInnen sich verpflichtet wissen. In dieser Frage ordnen die Gottesdienstverantwortlichen offensichtlich den Kirchenchor und den Posaunenchor der „Traditions-Kirche“ zu, die Lobpreisbands hingegen

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der „Gemeinschaft der Glaubenden“, der „charismatischen“ und der „missiona­ rischen Gemeinde“. Wäre für sie das Bild der „Gemeinde als Familie“ leitend, könnten alle Gruppen in beiden Formaten zum Einsatz kommen.

9. „Benchmarking“ – die eigene Gemeinde im Vergleich mit Nachbargemeinden Das zweite der nicht biblisch-theologisch begründeten Gemeindebilder in Schwabenheim nimmt eine säkulare Perspektive ein, die für viele Gemeindeglie­ der gleichwohl alltagsprägend ist, nämlich Marketing-Kategorien aus der Betriebswirtschaft. Es verlässt die Binnensicht der Ortsgemeinde und orientiert sich im Vergleich mit benachbarten Gemeinden. „Benchmarking“, also die quantitative Erfolgskontrolle, wird in der Theologie gerne unter Hinweis auf Mt 18,20 zurückgewiesen, wo Jesus sagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Dennoch können Gemeinde­ glieder und -verantwortliche sich einer numerischen Betrachtung des Gemein­ delebens nicht gänzlich entziehen. Ein Gemeindeglied zitiert Menschen aus anderen Gemeinden, die sagen oft: ‚Was ihr für eine Vielfalt an Gottesdiensten und überhaupt kirchlichem Geschehen hier in Schwabenheim auf den Weg bringt, das ist ganz toll. Wie macht ihr denn das?‘ Da sag’ ich halt auch: „Ja da gibt es auch Spannungsfelder“ und versuche das denen zu erklären. […] Aber das ist auch ein verstecktes !Lob! von der Außensicht auf uns, wie wir das hier überall steuern und machen können, trotz mancher Spannungen und, und, und gegenseitiger Meinung. Aber da muss halt auch der Raum da sein und die Toleranz dazu und das Verstehen.

Unternehmerische Kategorien wendet dieses Gemeindeglied auch für die Gestaltung der Gottesdienstlandschaft innerhalb der Gemeinde an: Ich komme jetzt auf den Warenkorb Gottesdienst noch mal zurück. Wir haben, meine ich auch, in gewisser Weise ein Riesenangebot bei uns in der Gemeinde von Gottesdiensten. Ja, und, – ja, da wird eigentlich jeder oder jede bedient und kann sich das für sie, für ihn Richtige herausholen, ja. Und dazu gehört auch, dass wir das akzeptieren können. Ja. Mit dem Aushalten wird's vielleicht schon ein bissle schwieriger. […] Da fehlt von außen die Klammer. Wie können wir das alles so zusammen bringen, dass da keine Schnittstellenprobleme rauskommen? Das, das ist das Wichtige. Und dass dann hier das eben auseinanderdriften kann, das ist nämlich die Gefahr bei dem. Ich glaube, es wurde auch mal versucht oder das wird auch gemacht, dass man einmal im Monat so einen !Misch! gottesdienst macht, ja, wo jede Altersstufe bedient werden kann.

Erstaunlicherweise nimmt auch die Pfarrerin in der zweiten Gesprächsrunde, also unabhängig von den Äußerungen des Gemeindeglieds im ersten Gespräch, dieselbe Perspektive ein. Da ist durchaus, so wie ich es wahrnehme, eine relative Einmütigkeit im Gemeindebild da. „Das ist Schwabenheim, da läuft viel.“ Ich glaube, da sind wir auch stolz immer wieder mal, so, wenn man von außen hört, was alles in Schwabenheim läuft, dass es da so viele Gruppen und Kreise gibt. Das nimmt man gerne, von beiden Seiten billigend in Kauf. Aber hier pflegt man einfach auch eine Unterschiedlichkeit, eine Vielfalt, die Spannungen macht, aber die offenbar auch in Kauf genommen werden kann, diese Spannung, weil sie auf der anderen Seite auch einen Nutzen hat.

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„Bei uns ist viel los“ wird zum identitätsstiftenden und übrigens auch konflikt­ beschwichtigenden Nenner. Der Gemeindegesang wird dann zunächst rein quantitativ an der Bandbreite des Repertoires gemessen und an der Freudigkeit, mit der die Gemeinde mitsingt. Und die singt in Schwabenheim gerne, mit hoher innerer Beteiligung und wachsender Toleranz für Ungewohntes. Vielfalt und Qualität der Begleitformen und Begleitensembles, die Ausstattung mit hochwertigen Instrumenten und einer professionellen Audioanlage, die kompe­ tente Bedienung der Tontechnik und die gezielte Förderung von musikalischen Talenten schlagen in dieser Bilanz ebenso als positive Werte zu Buche.

10. „Wir sind auf dem Weg“ – eine Ortsgemeinde entwickelt Konfliktbewältigung Das letzte in Schwabenheim identifizierte Gemeindebild hat nun wieder tiefe biblische Wurzeln. Viele biblische Menschen waren unterwegs. Das Jesuswort „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege“ scheint so sprich­ wörtlich für Jesus gewesen zu sein, dass es in Lk 9,58 und in Mt 8,20 in unter­ schiedlichen Erzählrahmen wortgleich wiedergegeben wird. „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will“, wird Abraham in 1. Mose 12, 1 von Gott aufge­ fordert. Sogar das gesamte Gottesvolk zog unter Moses Führung aus dem Skla­ venhaus Ägypten ins verheißene Land. Dazwischen lagen 40 Jahre Wüstenwan­ derung. 1964 hat das II. Vatikanische Konzil die Konstitution „Lumen gentium“ ver­ abschiedet, in der die Römisch-katholischen Kirche in deutlicher Absetzung von der in Abschnitt 1 beschriebenen Institutions-Ekklesiologie als wanderndes Gottesvolk beschrieben wird. Die Kirche ist unterwegs durch die Geschichte, ihrem wiederkommenden Herrn entgegen. Die befreiungstheologischen Bewe­ gungen in Lateinamerika und Asien haben diese Ekklesiologie aufgegriffen und sich auf den Weg gemacht, geistliches und gesellschaftliches Neuland zu erkun­ den. Die Dynamik dieser Ekklesiologie ist auch in Schwabenheim anzutreffen. Man sieht die Gemeinde noch nicht am Ziel, sondern unterwegs auf eine Vision hin. Diese ist in der working ecclesiology allerdings nicht eschatologisch ver­ standen („dem wiederkommenden Herrn entgegen“), sondern markiert irdische Zielvorstellungen, und dennoch wird dadurch die Gegenwart mit ihren Misshel­ ligkeiten wirksam relativiert. Das kam in einer Gemeindeversammlung […] mal raus: wir haben versucht Einheit in dieser Zeit, Gemeinschaft, sag ich mal, gemeinsam zu erleben, und haben feststellen müssen, es gibt Unter­ schiede, es gibt Differenzen. Und ich sage mal: Ich bin zwischenzeitlich so !weit! _ und sage: das kann irgendwann mal wieder funktionieren. […] Wir sind in der Sache auf dem Weg, in einer Zwi­ schenstufe. Wir sind sicherlich nicht am Ende, […] und für mich ist !jede Diskussion! zu diesem Thema wertvoll, ganz arg wertvoll, so kontrovers und so verschieden sie letztendlich auch ist, weil

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Christoph Schweikle

das zeigt, wie gesagt, wir haben eine !Leidenschaft! für dieses Thema. Und wir brennen alle noch daran, diese Einheit zu haben, diese Gemeinschaft zu haben bei uns in der Gemeinde. […] Und da muss man gemeinsam alle mitnehmen letztendlich in der Vision, in dieser Mission, in der wir da unterwegs sind.

In Schwabenheim hatte der Wunsch, „neue Lieder“ im Gottesdienst zu singen vor über zwanzig Jahren einen tiefgreifenden Gottesdienstkonflikt ausgelöst und die Gemeinde schwer erschüttert. Mittlerweile hat nun ausgerechnet der Gemeindegesang eine deutliche Annäherung der verschiedenen Positionen errei­ chen können. Anhänger beider Formate erkannten, dass das Repertoire der Anderen auch für ihren Gottesdienst wertvoll sein kann. Im Spätgottesdienst lassen mehrere Lobpreisteams es sich angelegen sein, ein Gesangbuchlied pro Gottesdienst einzubringen. Dieses wird zwar an die Wand projiziert, musika­ lisch aber nicht verfremdet, sondern möglichst konventionell begleitet. Für den Frühgottesdienst wurde ein Heft mit neuen Liedern angeschafft, aus dem nun jeden Monat ein Lied gelernt wird. Durch das wiederholte Singen wird es der Gemeinde vertraut. Auch hier hält man an der gewohnten Präsentationsform (physisches Heft in der Hand der Gemeinde) fest, zur Begleitung steht jedoch, nach Wahl des Organisten, auch ein Keyboard zur Verfügung. So wird die Chance genutzt, dass in jedem Gottesdienst nicht nur ein, sondern mehrere Lie­ der gesungen werden, die durchaus unterschiedlich sein können. Die hymnolo­ gische Monokultur wird allmählich zur Mischkultur. Daraus entwickelt sich eine zeichenhafte Öffnung und Akzeptanz für die Anderen in Gestalt „ihrer“ Lieder. Ob sich dadurch eine völlige Lösung des Konflikts und die angestrebte Durchmischung beider Gottesdienstgemeinden erreichen lassen, bleibt abzu­ warten.

*** Die Studie zeigt, dass der Gemeindegesang im Gottesdienst unterschiedliche Bilder vom Wesen der Kirche anspricht und ausdrückt. Diese werden einerseits als passiver Eindruck erlebt durch Anordnung und Auswahl, Präsentation und Begleitung der Lieder, andererseits aber auch von der Gemeinde aktiv gestaltet durch Mitsingen, Mitmusizieren und Beteiligung an der Liedauswahl. So wird im Gemeindegesang innerhalb des Gottesdienstes „Ekklesiologie im Vollzug“ zugleich erfahren und ausgedrückt. Dies ist die primäre Ebene von GemeindeErleben. Auf einer Metaebene könnte es für die Konfliktbewältigung darüber hinaus hilfreich sein, die in der Gemeinde wirksamen ekklesiologischen Bilder beispielsweise in der Predigt explizit anzusprechen und ihre jeweiligen Leit­ werte und Implikationen verständlich zu machen und zu würdigen.

The “Anglican Virus”. The Emergence of Anglican Music in the Netherlands

Hanna Rijken Martin J. M. Hoondert Marcel Barnard1

For a couple of decades, an Anglican virus has been spreading throughout the Low Countries. Anglicitis2, as the historian and poet Jan Willem Schulte Nord­ holt called it,3 or Cathedralitis Britannicus4 or English disease5 according to Jan Valkestijn, the former director of music of Haarlem Cathedral. What is happen­ ing? In the Netherlands we are seeing a growing popularity of Anglican church music and liturgy. Approximately from the 1980s onwards, choral evensongs have been performed in increasingly more places in the Netherlands. The music and liturgy got so popular that special evensong choirs were founded, examples being the Schola Davidica in 1983 and the Roden Boys’ Choir in 1985, and even existing choirs were transformed into evensong choirs. The result of these devel­ opments is that at this moment in the Netherlands there are over a hundred choirs performing choral evensongs.6 1 The article is part of a PhD-research project, embedded in the Research Program “Practices of Faith in Socio-cultural Networks” of the Protestant Theological University Amsterdam. The first author of the article is the main investigator of the project, which is supervised by the other two authors. We thank our colleague Hans Verhulst (Tilburg University) for correcting and improving the English text. 2 Schulte Nordholt, Jan Willem: There is a land of pure delight. In: Besten, Ad den/ Doelman, Jan/ Parlevliet, Leendert Jan (red.), Leven in zinsverband. Over het werk van Willem Barnard – Guillaume van der Graft, hem aangeboden ter gelegenheid van zijn zeventigste verjaardag. Voorburg 1990, 80. 3 Schulte Nordholt explained that he contracted Anglicitis from Willem Barnard, a Dutch poet and protestant minister: “Ik dank mijn Anglofilie aan hem, hij wees mij de weg”. In: Schulte Nord­ holt: There is a land of pure delight (cf. n. 2), 80. 4 As Aart de Kort explains on www.choirandorgantours.nl (accessed 2015–03-25). 5 Interview 20 September 2011. English disease (Engelse ziekte) is an informal Dutch term for rachitis. 6 For a list of choirs performing choral evensongs see: Rijken, Hanna/ Hoondert, Martin J.M./ Barnard, Marcel: My soul doth magnify. The Appropriation of the Anglican Choral Evensong in the Dutch Context – Presentation of a Research Project. In: Jaarboek voor Liturgieonderzoek/ Yearbook for liturgical and ritual studies 29 (2013), 83–98, 85.

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How did this Anglican virus find its way into the Low Countries? Is it really a new phenomenon, emerging as we just stated in the 1980s, or was there already an interest in Anglican music in the Netherlands before that time? How it got here and when the first traces can be observed are the main questions of this article. The questions are addressed from a historiographical perspective. We want to gain more insight into Dutch hymnology and liturgy, more specifically with respect to the introduction of Anglican music in the Netherlands. To this end, we need to take a closer look at the history of church music in the 20th cen­ tury. Before the Second World War, the Anglican music that had found its way into the protestant churches in the Netherlands was virtually entirely restricted to hymns. There was as yet no practice of churches having church choirs singing in liturgy, a so-called cantorijpraktijk.7 After the Second World War, under the influence of the Liturgical Movement8, a choral practice gradually developed in protestant churches. Two important musicians in this development were church musicians Willem Mudde (1909–1984)9 and Willem Vogel (1920–2010)10. They were both strongly influenced by the German church music renewal move­ ment11 in the twentieth century. This movement advocated the use of a nonromantic, even anti-nineteenth-century, objective church music. Among those involved in this new choral practice, strongly influenced as said by German church music, some directed their attention also to the church music in England. Gradually, they introduced Anglican church music into the Netherlands. In this development, not only English hymns were taken over but later on also chants, anthems, canticles and prayers, and finally even the complete order of the Angli­ can choral evensong. It turns out that this Anglophilian line in the history of protestant music in the Netherlands was not really institutionalized or hardly so, and that instead it was mainly a matter of a number of individuals introduc­ ing the music into the Netherlands. In this article, we will focus on these pio­ neers of Anglican music in the Netherlands and discuss them from the point of view of them being cultural brokers. In the description of protestant church music little attention tends to be paid to Anglican music, the focus generally being on German church music and the 7 In some protestant congregations there were choral societies, but these did not function as liturgical choirs. 8 By the Liturgical Movement we mean the “movement at the beginning of the Twentieth Cen­ tury that pursued renewal of the liturgy” as Marcel Barnard explained in: Barnard, Marcel: Liturgie voorbij de Liturgische Beweging. Over “Praise and Worship”, Thomasvieringen, kerkdiensten in migrantenkerken en ritualiteit op het internet. Zoetermeer 2006, 34. 9 Willem Mudde was founder and chairman of the “Lutherse Werkgroep voor Kerkmuziek”. 10 Willem Vogel was a member of the “Commissie voor de Kerkmuziek” of the Dutch Reformed Church, study secretary of the Prof. dr. G. van der Leeuw-stichting and, among other things, responsible for the publication of sheet music for “Musica pro Deo”, a publishing foundation for church music within the Dutch Reformed Church. 11 Jan Hage speaks of “kerkmuziekvernieuwingsbeweging”. In: Hage, Jan/ Barnard, Marcel: Muziek als missie: Over Willem Mudde en zijn betekenis voor de kerkmuziek. In: Nederlands Theologisch Tijdschrift 66 (2012), 283–298, 288–289.

The “Anglican Virus”. The Emergence of Anglican Music in the Netherlands 133

Genevan Psalms instead. One of the conclusions of this article is that we should add an extra, Anglophilian line to this dominant story of church music in the Netherlands, particularly after the Second World War. In describing this Anglo­ philian line, we will focus on people who after the Second World War made a plea for the introduction of Anglican music. This is a new perspective in the his­ toriography of church music in the Netherlands. The outline of this article is as follows: After the introduction of this historio­ graphical perspective, we will present our theoretical framework, summarised in the concept of the cultural broker. In the third section, we summarise and reflect on a number of previous studies on Anglican music in the Netherlands. In the fourth and fifth sections, we will present our research, based on the literature, on archive research, and on interviews. In the last section, we will answer the research questions and draw some conclusions.

1. Historiography of church music in the Netherlands Our comments on the historiography of protestant church music in the Nether­ lands were inspired by a remark made by Marcel Barnard and Paul Post. They made some critical observations regarding the historiography of the era of the Liturgical Movement in the Netherlands.12 They wrote: The story of liturgical studies in the twentieth century was, and still is, strongly dominated by one particular perspective, the “inside” perspective, which was also dominated by a very specific dis­ course on liturgy: the Liturgical Movement’s discourse is accepted as a self-evident point of refer­ ence, and, even more, employed as the central benchmark.13

They made us aware of the fact that, also in our research domain of protestant church music in the Netherlands, it is important not to focus on one particular perspective, but instead to broaden the view and to pay attention to the multilayered reality and the complexity of historical developments. As said, in our description of the history of protestant church music in the Netherlands we need to distinguish two lines: an Anglophilian line and a Ger­ man line. The beginnings of the Anglophilian line go back to the second quarter of the nineteenth century. From 1830 onwards, there is a discernible interest in English hymns. In many cases, it concerns individuals trying to introduce Eng­ lish music into the Netherlands. At the beginning of the twentieth century this interest was supported by the early Liturgical Movement. In 1938 Anglican hymns and chants were included for the first time in an official Dutch protestant 12 Barnard, Marcel/ Post, Paul: Balance and perspective: Some critical observations regarding the historiography of the era of the Liturgical Movement in the Netherlands. In: Tongeren, Louis van/ Barnard, Marcel/ Post, Paul/ Rouwhorst, Gerard: Patterns and Persons. A historiography of Liturgical Studies in the Netherlands in the Twentieth Century. Liturgia Condenda 25. Leuven 2010, 469–485, 469. 13 Barnard/Post: Balance and perspective (cf. n. 12), 469.

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hymnal, the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel”.14 Before 1938, Angli­ can hymns had only appeared in non-official hymnals. One year after the publi­ cation of this “Hervormde Bundel”, Gerardus van der Leeuw, the godfather of the Liturgical Movement, published the “Beknopte Geschiedenis van het Kerk­ lied” (Concise History of Church Songs) and this marked a turning point, for in this book he made certain negative statements about English music in general. He wrote: In all eras, the same things can be said about English melodies: occasionally very beautiful, they soon get sentimental, there is often something “English” about them that we recognize in all English music, from the church to the music hall, and they are often of a type (or rather lacking in type) that are ten-a-penny.15

One of the critical comments Van der Leeuw makes about English hymns is the emphasis in them on experience, an example being the hymns of Charles Wes­ ley: “The norm in these hymns is the ‘experience’. All preaching, all praise derives from a person’s own experience; the ecclesiastical is lacking, the objec­ tive element only comes into play by accident.”16 In the final chapter, Van der Leeuw explains what church music should be like: “Church music should be the utterance of the faith of the congregation, not of the subjective experiences of the religious individual.” 17 We are reminded of the warning against subjectivity in music made in the statements by German composer Karl Marx (1897–1985). In 1951, in the Dutch Lutheran journal “Musica Sacra”, we find him stating: “Real church music, music of a real congregation, doesn’t want to carry away the believers, and unbalance them, but rather take in a real regulation.”18 Later on in this article we will see that promoters of English church music in the Netherlands after the Second World War also use the term experience, but this time to promote it as an asset, as one of the qualities of English liturgy and church music. Dutch Lutheran church musician Willem Mudde also warned against what he called the English disease in a letter19 to Oskar Söhngen. He was afraid that Eng­ lish church musicians would be invited as members of the M. K. E. K., the “Mit­ teleuropäische Kontakte für evangelische Kirchenmusik”20, because he felt they might infect the organization with the English disease. It is interesting to note that the term English disease is used both in a positive way (in the Anglophilian 14 Psalmen en gezangen voor den eeredienst der Nederlandsche Hervormde Kerk in opdracht van de Algemeene Synode der Nederlandsche Hervormde Kerk opnieuw verzameld en bewerkt, aan de Nederlandsche Hervormde Synode aangeboden door de Algemeene Synode in het jaar onzes Heeren 1938. Amsterdam 1938. 15 Leeuw, Gerardus van der: Beknopte Geschiedenis van het Kerklied. Den Haag 1939, 240 f. 16 Van der Leeuw: Beknopte Geschiedenis (cf. n. 15), 238. 17 Van der Leeuw: Beknopte Geschiedenis (cf. n. 15), 277. 18 Marx, Karl: Kerklied en nieuwe muziek. In: Musica Sacra 2 (1951), H. 2, 19. 19 Letter 17 September 1981. In: Nederlands Muziek Instituut, HGM222/2286. 20 Middle Europe Contact for Evangelical Church Music. Willem Mudde was one of the initia­ tors of this Contact. Nowadays this organization is called ECPCM: “European Conference for Pro­ testant Church Music.”

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line, as a description for the fall into love) and in a negative way (in the German line, as a description for music that’s not healthy). The second line in the historiography of protestant church music in the Neth­ erlands is the German line. From the 19th century onwards, the Dutch protes­ tant hymn music is largely influenced by German speaking countries.21 We recognise this influence for example in the inclusion of German hymns in the official protestant hymnals of the nineteenth century. Thus, the “Evangelische Gezangen”22 (1806) included 192 hymns, 84 of which23 (i. e., nearly fifty per cent)24 have a German melody. By contrast, we do not find a single English hymn tune in this hymnal and only one hymn25 the text of which was translated from an English original. In the “Vervolgbundel” (1866, published in 1869)26 many of the hymns have a German melody as well (33 of the 81 hymns27), and only one hymn is a translation of an English hymn.28 After the Second World War a protestant choral practice developed in the Netherlands. The renewal of church music was influenced by the German (more specifically: Lutheran) church music from the sixteenth and seventeenth centu­ ries, as well as the twentieth century.29 This music is sometimes described as real or healthy.30 We refer to this as the German line in the development of protes­ tant church music in the Netherlands. Lutheran church musician Hans Jansen (*1950) wrote that after the Second World War a musical wind from Germany blew to the Netherlands the enthusiasm of the German church music of the beginning of the twentieth century (by composers like Hugo Distler, Siegfried Reda and Ernst Pepping).31 Dutch organist and musicologist Gert Oost (1942– 2009), pioneer of Anglican church music in the Netherlands, referred to this

21 Smelik, Jan: Eén in lied en leven. Het stichtelijk lied bij Nederlandse protestanten tussen 1866 en 1938. Den Haag 1997, 178. 22 Evangelische Gezangen om nevens het Boek der Psalmen bij den openbaren godsdienst in de Nederlandsche Hervormde Gemeenten gebruikt te worden. Op uitdrukkelijken last van alle de synoden der voornoemde gemeenten bijeenverzameld en in orde gebracht in de jaren 1803, 1804 en 1805. Amsterdam 1806. 23 Smelik (cf. n. 21) counts 89 hymns. 24 Hymn 4, 6, 9, 10, 16, 17, 19, 21, 22, 23, 25, 29, 32, 33, 34, 36, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 50, 52, 57, 58, 59, 60, 62, 63, 66, 67, 68, 70, 72, 73, 79, 81, 82, 85, 93, 96, 97, 100, 101, 105, 106, 109, 112, 115, 118, 119, 120, 122, 123, 127, 135, 137, 140, 144, 156, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 171, 173, 176, 178, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 188, 191, 192. 25 Hymn 155 is a translation of Sing to the Lord, ye distant lands (text by Isaac Watts). 26 Vervolgbundel op de Evangelische Gezangen. Op last van de Algemeene Synode der Neder­ landsche Hervormde Kerk, uitgegeven ten voordeele van de Algemeene Fondsen die Kerk. Amster­ dam 1869. 27 Hymn 196, 197, 200, 205, 206, 209, 210, 211, 213, 216, 217, 218, 220, 223, 226, 230, 231, 237, 238, 242, 245, 246, 248, 251, 252, 257, 260, 262, Aanhangsel: 264, 265, 269, 270, 271. 28 Vervolgbundel hymn 245: O’er the gloomy hills of darkness, William Williams (1717–1791) in a translation by Jan Scharp. 29 Jansen, Hans: De kerkmuziek in Duitsland in het begin van de 20ste eeuw. En haar invloed op de Nederlandse kerkmuziek. Vught 2012, 7. 30 See for instance: Jansen: De kerkmuziek in Duitsland (cf. n. 29), 15 and 39–40. 31 Jansen: De kerkmuziek in Duitsland (cf. n. 29), 7.

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German influence on Dutch church music and expressed his doubts as to whether this music really appealed to the people: “Protestant church music has been concentrated on the ‘Orgelbewegung’: music by Pepping, Distler, and others. They were very enthusiastic about it, but I doubt whether it appealed to the people.”32 He also explained that there is a contrast between English church music and the church music governing the renewal of church music after the Second World War. The Liturgical Movement became a separate movement in its own right; it existed outside of the soul of the congregation, detached from the soul of the congregation. […] It became a kind of religious culture language that in my opinion hardly came to life. […] This development typifies the “Com­ missie voor de Kerkmuziek” (Church Music Commission) [see note 10] and many cantors and orga­ nists besides. […] They failed to pay attention to how the people experienced it.33

It is interesting to note that Van der Leeuw criticized English hymns for their emphasis on experience. Oost, as we saw, criticized the German-influenced renewal of the church music precisely because of its lack of attention to experi­ ence. Oost considers experience as a positive quality and as one of the reasons for the emergence and popularity of Anglican choral evensong. Our focus on the plea for Anglican music in the Netherlands underlines our conviction that it concerns an underestimated or even neglected element in the historiography of protestant church music in the Netherlands and one that not only deserves but in fact requires inclusion. In our research we were inspired also by another remark by Barnard and Post about the descriptions of the Litur­ gical Movement: “It’s rare that actual ritual practice enters the picture, or that we see the multiple layers within developments, for instance all sorts of counter currents that are present.”34 Our suggestion is to describe the view held by Oost and others as a counter current to the view held by, among others, Van der Leeuw and Mudde. We realize that it is important also for the research field to broaden the view and to focus on one of the counter currents, as expressed in the pleas of the promoters of Anglican church music. This focus definitely is a key to finding an answer to the research question.

2. Theoretical framework and method In the last two centuries, we notice individuals playing an important role in the introduction of Anglican music into the Netherlands. We conceptualize these pioneers as cultural brokers. This concept originated in the field of anthropology 32 Interview 27 November 2008. 33 Ibid. 34 Barnard/Post: Balance and perspective (cf. n. 12), 469–485, 472. They also note, on page 471, that it is “always the same names […], always the same periodisation, the same significant milestones and the same programmatic sketch of the movement.”

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round about the middle of the last century.35 Several anthropologists, Eric Wolf (1956) and Clifford Geertz (1960) for instance, wrote about persons whose role in society was that of cultural brokers.36 As a starting point for elaborating our theoretical framework, we use the definition of cultural broker as formulated by Genevan Guy (1993)37, supplemented by a number of characteristics put for­ ward by other authors. Guy defines the cultural broker as one who (1) thoroughly understands different cultural systems, (2) is able to interpret cultural sys­ tems from one frame of reference to another, (3) can mediate cultural incompatibilities, and (4) knows how to build bridges or establish linkages across cultures that facilitate the instructional pro­ cess.38

On the basis of our fieldwork and study of the literature, we will add four important characteristics to this definition of cultural broker. These characteris­ tics are the following: a cultural broker is an individual (Wolf39), a key player (Geertz uses the term insider40), and an innovator (Irwin Press41). Most of the time, cultural brokers come into their role more or less by accident (Margaret Connell Szasz42). In the last paragraph, we will reflect on the total number of eight characteristics formulated as defining the cultural broker, starting from our research domain (church music in the Netherlands) and our fieldwork. We use the notion of cultural broker in a heuristic and analytical way. We focus on persons who functioned as cultural brokers and on the different roles these persons played. In the role of the cultural broker the element of mediation is important: he or she mediates between different cultural systems, and does so in a complex way. In our example this mediation takes place between England and the Netherlands, an Anglophilian line and a German-influenced line. Thanks to the cultural brokers, these cultural systems were integrated and even­ tually merged. We conclude this section with a number of methodological remarks. We investi­ gated written sources: publications on church music in the Netherlands, such as books, diaries, and articles in journals, but also the minutes of the editorial 35 Michie, Michael: The role of culture brokers in intercultural science education: A research proposal. Paper presented at the 34th annual conference of the Australasian Science Education Research Association held in Melbourne, 10–12 July 2003. Retrieved from: http://members.ozemail. com.au/~mmichie/culture_brokers1.htm, 14 April 2015. 36 Wolf, Eric: Aspects of Group Relations in a Complex Society. In: American Anthropologists 88, No.6 (1956), 1065–1078, and: Geertz, Clifford: The Javanese Kijaji. The Changing Role of a Cul­ tural Broker. In: Comparative Studies in Society and History 2 (1960), 228–249. 37 Guy, Genevan: Building Cultural Bridges. A Bold Proposal for Teaching Education. In: Edu­ cation and Urban Society 25 (1993), 285–299. 38 Guy: Building Cultural Bridges (cf. n. 37), 285–299. 39 Wolf: Aspects of Group Relations in a Complex Society (cf. n. 36), 1065–1078. 40 Geertz: The Javanese Kijaji (cf. n. 36), 228–249. 41 Press, Irwin: Ambiguity and Innovation. Implications for the Genesis of the Culture Broker. In: American Anthropologist 71 (1969), 205–217. 42 Szasz, Margaret Connell: Between Indian and White Worlds. The Cultural Broker. Norman/ OK 2001 (first edition: 1994).

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board of the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel” (1938)43. We con­ ducted interviews with cultural brokers as well as other persons who played a role in the introduction of Anglican church music in the Netherlands. The group of interviewed informants included theologians, musical directors, orga­ nists, composers, singers, and chairmen of choirs.

3. Previous research on Anglican music in the Netherlands Was any attention at all paid to Anglican liturgical music before 1980? In this section, we will present previous research in this domain. Four studies need to be mentioned in this regard: Piet Harinck (1982), Jan Smelik (1997), George Friedrich Waldemar Herngreen (1978) and Bernard Smilde (1986). Harinck44 investigated Anglican hymns in the nineteenth century in the Netherlands. His conclusion was that in the nineteenth century in the Netherlands no English melodies were published in the official45 hymnals. In other hymnals, only four­ teen English hymn translations were published, and of these only one had an English melody. The research by Smelik showed that far more English hymns were published in the nineteenth century in the Netherlands.46 Smelik investi­ gated protestant hymnals in the period 1866–1938 in the Netherlands. In his dis­ sertation, attention is paid not only to official hymnals, but also to unofficial ones. This constitutes an important broadening of the perspective. According to his database, in the period 1866–1938, only one Anglican hymn was included in the official hymnals, while, remarkably, in unofficial hymnals over 950 English hymns were included. It brings out quite clearly that there was a great deal more attention for English hymns and hymn culture than was apparent in the official hymnals.

43 Cf. n. 14. 44 Harinck, Piet: De Engelse hymn in Nederland in de negentiende eeuw. Groningen 1982 (unpublished thesis). 45 The official hymnals of the Nederlandse Hervormde Kerk and the Gereformeerde Kerken in Nederland. The official hymnals were: Het Boek der Psalmen, nevens de Gezangen bij de Hervormde Kerk van Nederland in gebruik. Door last van de Hoog Mogende Heeren Staaten Generaal der Vereenigde Nederlanden, uit drie Berijmingen, in den jaare 1773, gekooren, met de noodige daar in gemaakte veranderingen. Amster­ dam 1773; Evangelische Gezangen om nevens het Boek der Psalmen bij den openbaren godsdienst in de Neder­ landsche Hervormde Gemeenten gebruikt te worden. Op uitdrukkelijken last van alle de synoden der voornoemde gemeenten bijeenverzameld en in orde gebracht in de jaren 1803, 1804 en 1805. Amsterdam 1806; Vervolgbundel op de Evangelische Gezangen. Op last van de Algemeene Synode der Nederlandsche Hervormde Kerk, uitgegeven ten voordeele van de Algemeene Fondsen dier Kerk. Amsterdam 1869. 46 Smelik: Eén in lied en leven (cf. n. 21), 155.

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According to Herngreen, the 1930s saw a breakthrough of English hymns in official church hymnals: Although still vastly outnumbered, English hymns have broken the monopoly of the German hymns by being included for the first time in hymnals intended for church singing. Up to this point English hymns were found mainly very unilaterally, in Joh. de Heer and with the Salvation Army, methodist gospel hymns. Now, the English church hymn has been incorporated as well.47

Bernard Smilde48 also points out that it took a long time before churches in the Netherlands discovered the English hymn and accepted it as a church song. According to him, the incorporation of English hymns in the “Hervormde Psal­ men- en Gezangenbundel”49 and in 1934 in the private but well-known hymnal of Hendrik Hasper50 gave Dutch churchgoers access to this group of hymns. Smilde and Herngreen are right in their view that it took a long time before churches (or rather: theological and musical leaders) accepted the English hymn51 as a church song. However, we do not go along with Smilde in his view that it was the the “Hervormde Bundel” that gave the Dutch churchgoers access to these hymns. Outside the church walls, in unofficial hymnals, as Smelik has demonstrated, English hymns had already received considerable attention.52 Smelik showed that there was no such thing as a sudden breakthrough of the English hymn in in the 1930s. He distinguishes between liturgical hymns and non-liturgical hymns, and concerning the recipients between the elites and the masses: The small amount of mutual influence between the liturgical and non-liturgical hymn culture indi­ cates that there was a gap between the two. The liturgical hymn culture was the domain mainly of the social, cultural, and theological elites. The masses, on the other hand, preferred to sing a reper­ toire that textually and musically was part of their world of experience. This could concern reper­ toire that, in the judgment of the elites, was less acceptable or appropriate theologically (and some­ times artistically as well).53

We agree with Smelik when he notes that there was a gap between the official and the unofficial hymn culture. However, we do not adopt his terminology of liturgical versus non-liturgical and elites versus the masses. We prefer to restrict

47 Herngreen, George Friedrich Waldemar: Oecumenische aspecten van de Nederlandse kerk­ zang. In: Honders, Casper: Klinkend geloof. Uit de geschiedenis van het Nederlandse kerkelijk en geestelijk lied. ’s-Gravenhage 1978, 91. 48 Smilde, Bernard: Hasper en het kerklied. Een onderzoek naar het hymnodische en hymnolo­ gische werk van Ds. Hendrik Hasper (1886–1974) in verband met de ontwikkeling van het kerklied in Nederland in de twintigste eeuw. Leeuwarden 1986, 77–78. 49 Cf. n. 43. 50 Hasper, Hendrik: Gezangen en geestelijke liederen. Ontwerp voor een interkerkelijke liede­ renbundel aangeboden aan het Nederlandsche volk in het jaar onzes Heeren negentien honderd vier en dertig.‘ s-Gravenhage 1934. 51 It is important to realize that we cannot speak of the English hymn as referring to one and the same thing, because there are different types of English hymns: psalm hymns, devotional hymns, early church hymns and gospel hymns. 52 Smelik: Eén in lied en leven (cf. n. 21), 155. 53 Smelik: Eén in lied en leven (cf. n. 21), 306.

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ourselves to the distinction between official hymnals and non-official hymnals. Not only do we view liturgy in a broader perspective, and prefer the term popu­ lar culture to culture of the masses. We also disagree on equating, as Smelik does, the elites with official hymns and the masses with unofficial hymns. In the well-to-do, elite circles of the Réveil54 in the nineteenth century, attention was also paid to Anglican hymns. Rather than being compiled by a cross-section of the cultural elites, official hymnals were compiled by redactional boards consist­ ing predominantly of ministers, and the hymnals were subsequently introduced by national synods or local church councils in which ministers once again had a powerful position.55

4. Cultural brokers of Anglican Music in the Netherlands before the Second World War In our description of the cultural brokers of Anglican music we will divide the period up until 1980 into two parts; part one being before and during the Second World War, in which we will focus on the introduction of English hymns into the Netherlands (section 4), and part two being the period after the Second World War, in which attention will be paid to the introduction of the complete order of Anglican choral evensong (section 5). In the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel” (1938), over thirty English hymns were included in Dutch translation56, besides three Anglican chants (Magnificat, Nunc dimittis, and “The Beatitudes”)57. In certain respects, this would appear to be a breakthrough because it was the first time English hymns were included in a church hymnal of the Nederlandse Hervormde Kerk. How­ ever, as we mentioned before, it was hardly the first time English hymns were introduced in the Netherlands. Outside of the official hymnals, some hymns had already been introduced through private initiatives. In this paragraph, we focus on eight persons who introduced English church music or liturgy into the Netherlands: Hendrik Jacob Koenen (1809–1874), Roelof Bennink Janssonius (1817–1872), Johannes Helder (1839–1933), Johannes de Heer (1866–1961), Abraham Kuyper (1837–1920), Suzanna Maria van Woensel Kooy (1875–1934), Hendrik Willem Creutzberg (1875–1940), and Hendrik Hasper (1886–1974). The cultural brokers of the nineteenth century, Koenen, Bennink Janssonius, and Helder, introduced Dutch translations of English hymns into the Nether­ 54 The Réveil was a revival movement in the Netherlands led by Willem Bilderdijk and Isaac da Costa. 55 Smelik: Eén in lied en leven (cf. n. 21), 85. 56 Hymn 48, 55, 61, 92, 93, 95, 99, 112, 115, 116, 117, 122, 130, 147, 169, 172, 174, 177, 187, 203, 228, 230, 272, 277, 278 (text), 281, 282, 283, 291, 293, 299. 57 Hymn 9, 31 and 209.

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lands. Smelik describes these people in his book, and we will follow him in our description of them.58 The hymns were published in private hymnals. In their cultural brokerage, they all acted as individuals, as is shown by titles like “Christelijke Liederen van H. J. Koenen” (1879).59 Koenen was also a key player as an alderman of Amsterdam and a prominent representative of the Réveil. It is interesting that, in 1839, almost a hundred years before the publication of the “Hervormde Bundel”, he already advocated paying more attention to the Eng­ lish hymns. In a series of articles in “De Olijftak”60 he wrote about the Anglican hymn: It is in fact in England that for the Reformed Churches a spring and a vein of the devotional hymn opened up, just as the fountain of the Lutheran hymn sprang mainly from the bosom of the German population. It is England that for the Genevan Reformation offers a treasure trove of hymns, […] even though until now this treasure has been little known outside the borders of the rather unfami­ liar Great Britain, and mined far too little by the other Reformed movements.61

In the same series of articles, he made a request for singing the hymns by Isaac Watts and the brothers John and Charles Wesley.62 In 1866, Bennink Janssonius published the hymn book “Gezangen der Engelsche Kerk”63, in which forty-four new translations of English hymn texts were included. It took more than seventy years before some of Bennink Jansso­ nius’s translations were included in an official church hymnal, the already men­ tioned “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel” (1938).64 Johannes Helder, a Reformed minister, in 1905 published the hymnal “Gods­ dienstige Liederen. Op zangwijzen uit Engelsche bundels”65. He made a plea for introducing English melodies and gave instructions on how to sing the hymns: “The English hymns are sung in a faster tempo than is common in the Netherlands and have that carrying, fresh and tender quality to them that touches and revives religious feeling.”66 Johannes de Heer introduced the specific category of gospel hymns in the Netherlands. In 1905, he published the hymnal: “Zangbundel van Johannes de Heer”.67 We pay attention to this hymnal because besides the gospel hymns 58 Smelik: Eén in lied en leven (cf. n. 21), 153–154. 59 Koenen, Hendrik Jacob: Christelijke Liederen van H. J. Koenen. Amsterdam 1879. 60 “De Olijftak” was a Réveil-journal that was published by James van Breda from 1835–1839. – Lieburg, Fred van: Opwekking van de natie: Het protestantse Réveil in Nederland. Hilversum 2012. 61 Koenen, Hendrik Jacob: Het geestelijk lied, vooral in de Gereformeerde Kerken. In: De Olijf­ tak, Vierde Deel (1839), 106–107. 62 Koenen: Het geestelijk lied, vooral in de Gereformeerde Kerken (cf. n. 61), 107–132. 63 Bennink Janssonius, Roelof: Gezangen der Engelsche Kerk. Naar het Engelsch. Amsterdam 1866. 64 For instance: Hymn 272 d’Allerhoogste zij geprezen, translation of Praise, my soul the King of heaven. 65 Helder, Johannes: Godsdienstige Liederen. Op zangwijzen uit Engelsche bundels. Zierikzee 1909, 3. 66 Helder: Godsdienstige Liederen (cf. n. 65), 3. 67 Heer, Johannes de: Zangbundel ten dienste van Huisgezin en samenkomsten, 675 Liederen en Koren geschikt voor Orgel, Piano of Gemengd Koor. Rotterdam 1905.

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some Anglican hymns were also included, one of them being hymn 586 Abide with me by Henry Francis Lyte and William Henry Monk. It was only in the last decades of the nineteenth century that the interest in English hymn increased, mainly via a detour. In the flood of nineteenth century American gospel hymns, the hymns by [Isaac] Watts and the Wesley brothers (John and Charles) also came along. Via the hymnals of Johannes de Heer, they arrived in the Netherlands.68

The next person to pay attention to is Suzanna Maria van Woensel Kooy. In 1911, she published the private hymnal “Oude en nieuwe Zangen”.69 In this hymnal, four English hymns were included with their original melody and a text in translation.70 In 1932, she published her second hymnal, “Laudamus”71, which included another three English hymns.72 Van Woensel Kooy was a mem­ ber of the editorial board of the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel” (1938). Abraham Kuyper was one of the people standing at the cradle of the Liturgi­ cal Movement in the protestant Netherlands.73 In 1886, he left the Dutch Reformed Church (Nederlandse Hervormde Kerk) and founded the Reformed Church(es) in the Netherlands (Gereformeerde Kerken in Nederland). He was also founder of the Vrije Universiteit in Amsterdam and founder of the AntiRevolutionary Party. He published around 130 columns on liturgy74 between 1897 and 1901. In 1911, he republished them in the book “Onze Eeredienst”.75 In this book, Kuyper paid some positive attention to the liturgical standards of the Church of England. He mentioned that the Church of England maintained higher liturgical standards than the Dutch protestants.76 He criticised the onesided emphasis upon preaching in the Dutch protestant churches.77 With regard 68 Kloppenburg, Wim: De eigen sound van het Engelse kerklied. Grote sympathie voor het Methodisme, weinig belangstelling voor de Engelse hymn. In: Liederen van het vroom gemoed. Klinkende getuigenissen uit een bewogen eeuw. Amstelveen 2010, 46. 69 Woensel Kooy, Suzanna Maria van: Oude en nieuwe zangen. Rotterdam 1911. 70 9. Holy, holy, holy, Lord God Almighty (Reginald Heber/ John Bachus Dykes), 41. Take my life and let it be (Frances Ridley Havergal/ Justin Heinrich Knecht), 42. Rock of ages, cleft for me (Augustus Montegue Toplady/anon.), 43. Lead, kindly Light (John Henry Newman/ John Bacchus Dykes). 71 Woensel Kooy, Suzanna Maria van: Laudamus. Rotterdam 1932. 72 12. Abide with me (Henry Francis Lyte/ William Henry Monk), 26. O God, our help in ages past (Isaac Watts/ anon.), 25. Dear Lord and Father of mankind (John Greenleaf Whittier/ Frederick Charles Maker). 73 Jong, Klaas-Willem de: A century of the Liturgical Movement within the Dutch Protestant Churches. In: Louis van Tongeren/ Marcel Barnard/ Paul Post/ Gerard Rouwhorst (Hg.): Patterns and Persons: A Historiography of Liturgical Studies in the Netherlands in the Twentieth Century. Liturgia Condenda 25. Leuven 2010. 74 The articles were published in the weekly journal De Heraut (The Herald). 75 Kuyper, Abraham: Onze Eeredienst. Kampen 1911. This book includes articles that Kuyper wrote for the weekly journal “De Heraut” (The Herald). 76 Staples, Peter: The Liturgical Movement in the Netherlands Reformed Church 1911–1955. With special Reference to the Anglican Dimension, Interuniversitair Instituut for Missiologie en Oecumenica. Leiden/Utrecht 1983, 31. 77 Kuyper: Onze Eeredienst (cf. n. 75), 531.

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to the English cathedral music, Kuyper pointed out the possibility of singing psalms as Anglican chants: “In the English Episcopal Church, psalms are sung in prose, not in rhyme, just as we read them. And this is possible because they are chanted.”78 Again, it is interesting that it took almost sixty years before the first psalm chant books were published in the Netherlands. Kuyper paid atten­ tion to the way English elements could be introduced into the Dutch liturgy. Another key player in the early Liturgical Movement was Hendrik Willem Creutzberg, protestant minister in Wijk aan Zee, Velsen, IJmuiden and The Hague. His first wife, Johanna Isabelle del Court van Krimpen, was an Angli­ can. Together with the English architect W. H. Forsyth a church was built in IJmuiden in English architectural style.79 “She [Creutzberg’s wife, H. R.] created all things in detail with her energy, taste, and sense, even the liturgy.”80 Rever­ end Creutzberg was a member of the editorial board of the “Hervormde Psal­ men- en Gezangenbundel” (1938). The last person we need to mention in this paragraph is Hendrik Hasper. He was a member of the editorial board of the “Gezangen nevens de Psalmen” (1933).81 In this hymnal more than twenty English hymns were included. Two years later, in 1935, he published “Geestelijke Liederen uit den schat van de kerk der eeuwen”82 with more than forty English hymns. Finally, a remark is in order about the reception of the English hymns in the Liturgical Movement. In 1939, one year after the publication of the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel Bundel”, Van der Leeuw published “Beknopte Geschiedenis van het kerklied”.83 As we mentioned before, in this book Van der Leeuw is not very positive about the English hymns. He explained that there are some good English hymns (for instance the hymn O God, our help in ages past), but according to him there are many more bad English hymns.84 In the last chapter of the book, he warns against the withering of the church hymn through subjectivism. However, instead of withering after the Second World War more and more attention was paid to Anglican church music, not only to Anglican hymns but also to the complete English liturgy of the choral evensong.

78 Translation by Harry Boonstra: Abraham Kuyper, Our Worship. Grand Rapids 2008, 68. 79 Biografisch Lexicon voor de geschiedenis van het Nederlandse protestantisme, deel 4, 1998, 108. 80 Biografisch Lexicon (cf. n. 79), 108 81 Gezangen nevens de Psalmen in gebruik bij de Gereformeerde Kerken in Nederland in Her­ steld Verband. Amsterdam 1933. 82 Geestelijke Liederen uit den schat van de kerk der eeuwen. Nijkerk [1935]. 83 Van der Leeuw: Beknopte Geschiedenis (cf. n. 15). 84 Van der Leeuw: Beknopte Geschiedenis (cf. n. 15), 237.

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5. Cultural brokers of Anglican Music in the Netherlands after the Second World War In the previous section, the emphasis was placed on the introduction of English hymns into the Netherlands. After the Second World War, besides hymns, there was also a growing interest in singing psalms as Anglican chants, anthems, canti­ cles, preces and responses. Dutch interest in singing a complete Anglican liturgy of the choral evensong increased. Again, cultural brokers played a role in the introduction. In this paragraph, we will focus on seven cultural brokers: Willem Barnard (1920–2010), Jan Willem Schulte Nordholt (1920–1995), Jan Valkestijn (*1928), Joop Brons (*1928), Pieter Oussoren (*1943), Gert Oost (*1942–2009), Bouwe Dijkstra (*1945). In interviews and books they explained the moment that they became infected with the Anglican virus. During travels in England, participating in English liturgy they were quite impressed. In an interview, Dijkstra, founder of the Roden Boys Choir, the Martini Boys Choir Sneek and the Kampen Boys Choir, spoke about his first experience of the choral evensong in England: I got off near St. Paul's and walked into the cathedral. From far away I heard something like music, and thought “that will be a tape or something”. […] But I got nearer […] And it was beautiful! It sounded great in that huge St. Paul’s. I was completely shocked. By the sound of these boys, these men, the music! At that moment, my life changed. I thought: first we took the brass bands from England to Friesland, why not do the same with the boys’ choirs? And secondly, there was a serious lack of men in the choirs I conducted. That’s why I am trying to initiate an English boys’ choir cul­ ture in the Netherlands.85

We can place these moments of being touched in a broader context of tendencies after the Second World War. On the basis of the literature and the interviews we conducted we distinguish the following five influences as playing a role in the growing popularity of Anglican liturgical music: the Second World War, travel diaries, radio and television broadcasting, attention for the liturgy of the hours, and the LP-records (and later on CDs) of EMI (Electric and Musical Industries Ltd). As a result of these influences the individual initiatives after the Second World War developed into a movement, an Anglican movement in the Nether­ lands building on what had been sown by the cultural brokers before the Second World War. In this section, we will focus on the five influences as well as the cultural brokers after the Second World War. After the Second World War, the attitude towards England was very positive because of the role it played in the war and the liberation. In 1960, Schulte Nordholt explained in the introduction of “Een tuin in het water – Reizen in Engeland” that after the Second World War he became an Anglophile: A previous generation in our country tended to be anti-English. I belong to a generation that in the war saw with the deepest admiration how one country, and one country alone, in the darkest times 85 Interview 12 April 2011.

The “Anglican Virus”. The Emergence of Anglican Music in the Netherlands 145 from 1940 to 1941 stood their ground against the Bandits from the East. From then on, in my heart I am an Anglophile. My praise of England also arises from gratitude.86

However, there was also a fear of the emotionally compelling force of English music, fuelled by the memory of the mass ecstasy witnessed in Germany under Adolf Hitler. In “Uit Sions zalen”87 Evert Westra, cantor-organist of the Nieuwe Kerk in Groningen and also secretary of the “Commissie voor de Kerk­ muziek” of the Dutch Reformed Church, warned against English music. He compared the English enthusiasm during the promenade concerts in London with mass hysteria, referring implicitly to the Nazis. He quoted Van der Leeuw, and agreed with him on English hymns being of poor quality. However, in the same book he described the practice of boys’ choirs singing in English cathe­ drals as wonderful. An important figure was Willem Barnard, a Dutch poet and minister. In 1949, he went to England for the first time. In his diary he stated that travelling to England was like an exodus for him. In the summer of 1949 we were in England for the first time, somewhere up in the North, between Sheffield and York, […] where a huge meeting took place, something like what later in Germany would be called a Kirchentag. But done the British way, which was a revelation to us. […]. We were forever won over by an England, Anglican at its Sunday best. To me, those fourteen days meant the beginning of an exodus. From then on I gradually began to appreciate the liturgy.88

In an interview in March 2009, a year before he died, Barnard talked about the unforgettable experience during choral evensong in England: I’ve been to England many times. I felt very much at home with the Anglicans. If you ever attend evensong in a cathedral like Canterbury’s or Salisbury’s, it’s unforgettable. I felt enormously attracted to it. Compared to this, I found that our reformed churches were mainly talk and chatter.89

After his first trip to England in 1949, he went there repeatedly. In 1966, some of the reports on his trips were published in the journals “In de Waagschaal” and “Woord en Dienst”.90 Other Dutch Anglophiles traveling in England some­ times changed their itineraries on the basis of Barnard’s travel notes. That’s why he published the notes together in a book: “Papier als reisgenoot. Aantekenin­ gen onderweg in Engeland”.91 Benno Barnard, Willem Barnard’s son, said in an interview that he got the Anglican virus from his father.

86 Schulte Nordholt, Jan Willem: Een tuin in het water. Reizen in Engeland. Baarn 1960 (1973), 11. 87 Westra, Evert: Uit Sions zalen. Een kerkmuzikale handreiking. Groningen 1966, 161. 88 Barnard, Willem: Een zon diep in de nacht. De verzamelde dagboeken 1945–2005. Vught 2009, 42. 89 Unpublished part of an interview with Willem Barnard, March 2009, by Wim Houtman and Aaldert van Soest for the Nederlands Dagblad. Published with the kind permission of Renata Bar­ nard. 90 Barnard, Willem: Papier als reisgenoot. Aantekeningen onderweg in Engeland. Haarlem 1966 (1975), introduction. 91 Barnard: Papier als reisgenoot (cf. n. 90).

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My father always went to Evensong when he got the chance, certainly in cathedral cities, and because I have been strongly influenced by him, intellectually, aesthetically, and religiously, I have taken over from him that curiosity (by the way, that’s the reason I became a member of the Church of England). Associated with it was his great love of George Herbert, T[homas] S[tearns] Eliot, Charles Williams, and W[ystan] H[ugh] Auden, with which he infected me equally […].92

Willem Barnard and Schulte Nordholt translated many English hymns for the “Liedboek voor de kerken” (1973)93. Not all of these hymns were included. In “Een plaats ontzegd […] 64 liederen uit het concept van de gezangencommis­ sie”94 we find 16 English hymns in the translation of Schulte Nordholt and Bar­ nard that were refused for the Liedboek, which included Rock of ages, cleft for me. According to Gert Oost, the poets and ministers on the editorial board of the “Liedboek voor de kerken” were much more inspired by English church music than the musicians: It is remarkable that the editors of the “Liedboek voor de kerken”, especially the musicians amongst them like Frits Mehrtens and Willem Vogel, were not oriented towards English music at all. The poets paid more attention to Anglican choral music; Willem Barnard, for example, translated many English hymns. It is striking that it was the theologians rather than the musicians that were attracted to English music.95

Oost also told about his travels to England and the contrast between the church music situation there and that in the Netherlands. Before the 1980s, minister Pieter Oussoren and Gert Oost took groups of people to cathedrals in England. Oost was deeply impressed by the Anglican church music. He explained that later on, for the restoration of the Dom in Utrecht, a commission went to Canterbury: The whole structure of the Dom was taken over from Canterbury. However, they didn’t bring the music back with them. The music remained in the style of the "Commissie voor de Kerkmuziek" of the Dutch Reformed Church dominated by Willem Vogel.96

Joop Brons was conductor of the Leidse Cantorij choir of the Hooglandse Kerk in Leiden. In an interview he talked about his trips to English cathedrals: In 1951 I went to England for the first time, with my brother, travelling by bike from Belgium to England. When we got to London we immediately went to the cathedrals: Westminster Abbey, St Pauls… It was great! I have now been to all Anglican cathedrals. With a tape recorder we made (secret) recordings of the chant singing during choral evensong. Sometimes vergers asked me what I was doing… At home, I listened and analysed the singing and translated the pointed chants to the Dutch psalms.97 92 Interview 20 May 2014. 93 Liedboek voor de Kerken, Psalmen en Gezangen voor de Eredienst in kerk en huis aangebo­ den door de Interkerkelijke Stichting voor het Kerklied. Den Haag 1973. 94 Wit, Jan: Een plaats ontzegd […] 64 liederen uit het concept van de gezangencommissie. Baarn 1983. 95 Interview 27 November 2008. 96 Interview (wie Anm. 95). Mieke Breij described that Maarten Kooy visited a hymnological conference in Oxford in 1981 and brought English choral music from England and introduced the music to the congregation in the Dom Church. In: Breij, Mieke: Veertig jaar Domcantorij 1971– 2011. Portret van een vocale en instrumentale kerkmuzikale praktijk in een geseculariseerde wereld. Utrecht 2011, 26. 97 Interview 24 August 2014.

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He began performing Anglican choral music with his choir and in 1974, for the first time, an Advent concert in Anglican style was organized. During this con­ cert Anglican carols, hymns, anthems and chants were performed. It was a suc­ cess and from that moment on a new tradition got started. The first complete choral evensong was held in 1988. In 1970, Jan Valkestijn, director of music of Haarlem Cathedral, received an invitation to visit King’s College Cambridge and to join the choir rehearsals. In the “Gregoriusblad” (1970) he published a travel diary. He described in a lively way how he experienced the daily choral evensong: In the wonderful Chapel, rehearsals and services are held each day of the week. The beautiful acous­ tics of this church building serves as the canvas on which Willcocks paints the sound of the choir: tempo, articulation, caesurae, etc., etc. I think, one of the secrets of the choir lies in this.98

Not only travel diaries, also radio broadcasts and television shows played an important role in the growing popularity of English church music. In the Neth­ erlands, the BBC radio programme “Sunday Half Hour”, which focused on Anglican hymns and prayers, was well listened to as we can read in “Uit Sions zalen” (1966): And almost fourteen centuries after St. Augustine, the Dutch Calvinist neighbours across the sea will listen with pleasure to the BBC Sunday Half Hour. […] Six centuries of choir school traditions guarantee well-trained singers. English boy choristers in their characteristic vestments are famous all over the world, and so is the sound of the choir.99

The British Broadcasting Corporation (BBC) was founded in 1922, and since 1926 the Corporation has been broadcasting a weekly service of choral even­ song.100 Since 1928, the Festival of Nine Lessons and Carols of King’s College Cambridge on Christmas Eve have also been broadcast every year. 1951 saw the first television broadcast in the Netherlands, on the then first and only channel, Nederland 1. “Songs of Praise”, a BBC television programme based on English hymns and since 1961 the most-watched British religious television program in England, also became popular in the Netherlands. Up until 2014, the Evange­ lische Omroep (Evangelical Broadcasting Organisation) broadcast a “Songs of Praise” radio programme. In the seventies evening services in the style of the liturgy of the hours were new in protestant churches in the Netherlands. In some parts of the church, the evening prayers replaced the so-called catechetical services (Dutch: catechismus­ diensten) focused on explaining the Heidelberg Catechism. From 1973 onwards, the IKOR101 broadcasting organisation every Sunday at 5 pm broadcast televi­ sion vespers: liturgical evening prayers that were performed for six to eight weeks by one congregation. According to Frits Mehrtens, church musician, pre­ 98 Valkestijn, Jan: King’s College Choir in Cambridge. In: Gregoriusblad 94 (1970), 168–172. 99 Westra: Uit Sions zalen (cf. n. 87), 49. 100 The Choral Evensong was broadcast (usually live) on BBC radio on Wednesdays at 3: 30 pm and often repeated on the following Sunday. 101 IKOR: Interkerkelijk Overleg inzake Radioaangelegenheden, founded after the Second World War.

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senter, and musical advisor of the IKOR, these radio and television services broadcasts had a strong influence on the Netherlands, as proved by the flood of letters with practical liturgical questions the program makers would receive after the broadcasts.102 In 1975, Mehrtens suddenly died after he had been in a traffic accident. Pieter Oussoren (theologian) and Gert Oost (musician) were asked to take over the television vespers broadcasts. As we have seen, Oussoren and Oost were both inspired by English cathedral music. Oussoren made a start with a psalm translation to be sung on Anglican chants. The series of vespers in 1975 and 1976 adopted the character of the English evening prayer. According to Oost it was probably these television vespers that inspired church musicians to start Anglican psalm chanting.103 When we were students, Pieter Oussoren and I met each other as singers in the Utrecht Studenten Koor en Orkest. We made great plans about singing the Psalms of David. […] Imagine the stupid rattling off of psalm stanzas at primary school could be transformed into cathedral choir school practice! […] Each in our turn we worked on vespers for IKON television. The Liturgy of the Hours between light and darkness. At that time (about 1975), we were pioneers in the Nether­ lands.104

The attention for evening prayers involved a demand for unrhymed psalms. In 1976 and 1977, various books were published with Anglican psalm chants and Dutch psalm texts. We will mention three such chant book initiatives. First of all, as mentioned before, Oussoren started a Dutch translation of the psalms. Oost wrote chants in the Anglican style, connected melodically to the Genevan psalms. The choir would sing one stanza of a Genevan psalm as an antiphon to the unrhymed psalm. He wrote the psalms for the Schola Davidica Utrecht. The first goal of this choir was to sing the newly translated psalms set to the newly composed chants. Secondly, in 1977, Stichting Centrum voor de Kerkzang pub­ lished “Graduaalpsalmen voor de kerstkring”105, edited by Arend van der Toorn. One year later, “Graduaalpsalmen voor de paaskring”106 was published. As texts, the translations by Ida Gardina Margaretha Gerhardt and Marie Helene van der Zeyde107 were used. Thirdly, in 1976, “Engelse Psalmen met 102 Mehrtens, Frits: Muziek op woorden. Teksten bijeengelezen en ingeleid door prof. dr. G[errit] N[icolaas] Lammens. Baarn 1976, 40. 103 Interview 27 November 2008. 104 Oost, Gert: ‘My soul doth magnify the Lord’. Over het zingen van Engelse Evensongs in Nederland. Publikatie ter gelegenheid van het 10-jarig bestaan van de Schola Davidica Utrecht (met een inleiding van Pieter Oussoren). Alphen aan den Rijn [1994], 13. 105 Toorn, Arend van der: Graduaalpsalmen voor de kerstkring, getoonzet volgens gebruik in de kerk van Engeland, op tekst volgens de vertalingen van Ida G. M. Gerhardt en Marie H. van der Zeyde. Maasland 1977. 106 Toorn, Arend van der: Graduaalpsalmen voor de paaskring, getoonzet volgens gebruik in de kerk van Engeland, op tekst volgens de vertalingen van Ida G. M. Gerhardt en Marie H. van der Zeyde. Maasland 1978. 107 Ida G. M. Gerhardt (1905–1997) was a Dutch poet and classicist. Together with Marie H. van der Zeyde (1906–1990), poet and translator, she translated the Psalms into Dutch: De Psalmen. Uit het Hebreeuws vertaald door Dr. Ida G. M. Gerhardt en Dr. Marie H. van der Zeyde. Boxtel/ Haarlem 1972.

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Nederlandse tekst”108 was published by Annie Bank. Jan Valkestijn, the editor of this edition, wrote refrains to the psalms, to sing the chant as a gradual psalm in the Eucharist. By doing so as a cultural broker he was an innovator and bridge builder between the English and Dutch traditions. In the introduction to his English chant album Valkestijn goes into the growing popularity of Anglican church music in the Netherlands: For a number years now, interest in English choral music has been increasing, not least because of the increasing visits by prominent College Choirs from Cambridge and Oxford to our country, and of the gramophone records appearing in the shops in the wake of these. It will be enlightening to consult the source of this way of singing the psalms, namely the three gramophone records released by King’s College Choir Cambridge .109

Jan Valkestijn mentioned the LPs recorded by King’s College, and also other interviewees told me about these recordings. Peter Sneep, for instance, stated in an interview that he was very touched by the King’s College LP.110 I remember it as if it happened only yesterday. My mother had been given a gramophone record of King’s College as a present for her birthday. We put the record on and it was as if a shock went through my entire system. That sound, those sopranos and basses, the organ, the articulation, so powerful and energetic! A whole new world opened up for me. From that moment on, I was addicted to Anglican church music. Every day when I came home from school, the first thing I’d do was to put on that gramophone record.111

6. Discussion and conclusion At the end of this article, we formulate an answer to the research question: Was any attention paid to Anglican liturgical music before 1980, the moment we see the emergence of Anglican evensong in the Netherlands? As we have seen, our answer to that question is: “yes, there was”. Cultural brokers played an impor­ tant role in the introduction of Anglican music in the Netherlands.

6.1 Pioneers of Anglican music in the Netherlands as cultural brokers We used the definition of cultural broker as given by Guy and added four important characteristics of cultural brokers to this definition: see above p. 137. The notion of the cultural broker and the way it is defined and described in the literature gives us the opportunity to reflect on the functions and characteristics of the cultural brokers in our field of research. In the recent history of the pro­ testant liturgy in the Netherlands, several persons built bridges between Dutch 108 Valkestijn, Jan (Hg.): Engelse Psalmen met Nederlandse tekst. Amstelveen 1976. 109 Valkestijn: Engelse Psalmen (cf. n. 108), introduction, 1. 110 The LPs are The Psalms of David sung by King’s College Choir Cambridge and conducted by Philip Ledger. There are three volumes published by EMI (1961, 1968, and 1971). 111 Interview 28 October 2013.

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protestant liturgical culture and the Anglican liturgy. However, did they, as the definition of a cultural broker suggests, “thoroughly understand different cul­ tural systems” (Guy, first charcteristic)? The cultural brokers did indeed under­ stand Dutch liturgical culture very well, but not all pioneers were wellacquainted with English liturgical culture. Inspired by their experiences in Anglican cathedrals and colleges, they introduced elements of the Anglican liturgy into the Netherlands. We doubt whether understand thoroughly expresses precisely enough the existing situation. Some of the promotors of Anglican music repeatedly went to England to learn more about Anglican litur­ gical culture. Bouwe Dijkstra and Jan Valkestijn, for instance, went to King’s College Cambridge several times and were invited to join rehearsals of the boys’ choir. The pioneers and promotors of Anglican music in the Netherlands thor­ oughly understood what Dutch liturgy and music were like; they came in con­ tact with the Anglican liturgy and began to introduce elements of the Anglican liturgy and musical culture into their own, and therefore familiar Dutch context. Another element of the definition of the cultural broker by Guy refers to the interpretation of cultural systems from one frame of reference to another (Guy, second characteristic). In the book “Ritual, Media, and Conflict” this process of interpretation is linked to the concept of transfer: … transferring rituals from one cultural context to another, transposing them from one medium to another, or shifting them from a small scale to large scale requires reinterpretations of participants’ original intentions.112

We notice this element of reinterpretation in the introduction of Anglican music into the Netherlands. It is remarkable that, in some cases, the English liturgy of the choral evensong is transferred from England to the Netherlands without adaptation of form or content. Our question is: can English liturgy and church music be copied on a one-to-one basis to the Dutch situation, or is it necessary to translate, transform, and thus interpret them? Abraham Kuyper, to mention one example, in “Onze Eeredienst” highlighted (1911) some elements from the English liturgy that could be introduced into the Dutch Reformed liturgy,113 without copying the complete English model of liturgy. A cultural broker “can mediate cultural incompatibilities” (Guy, third charac­ teristic). One of the cultural incompatibilities was the way the psalms were sung. In England, the psalms are sung on a chant (except for a few psalms that were set to a hymn tune). In the Netherlands, choirs were not used to singing psalms this way, and there were no pointed Dutch psalms. Together with Gert Oost, Pieter Oussoren was one of the first to publish a Dutch psalm translation to be sung in chants. Jan Valkestijn pointed Dutch psalm texts from an existing trans­ lation on English chants and added refrains he himself composed, to adapt the 112 Langer, Robert/ Quartier, Thomas/ Simon, Udo/ Snoek, Jan/ Wiegers, Jan: Ritual as a Source of Conflict. In: Ronald Grimes/ Ute Usken/ Udo Simon/ Eric Venbrux (Hg.): Ritual, Media, and Conflict. Oxford 2011, 95. 113 Kuyper: Onze Eeredienst (cf. n. 75), for instance 54.

The “Anglican Virus”. The Emergence of Anglican Music in the Netherlands 151

English way of psalm singing in the evensong to the gradual psalm singing using refrains in the Eucharist in the Bavo Cathedral in Haarlem. In doing so, they showed they understood “how to build bridges or establish linkages across cul­ tures that facilitate the instructional process”, which is the fourth element of Guy’s definition. One of the characteristics we added to the definition of the cultural broker was that of him or her being an individual. According to Eric Wolf, the culture (sic) broker is an “individual who is capable of operating within both commu­ nity and national spheres”.114 Cultural brokers in our research field acted as individuals and inspired others. Willem Barnard, for instance, passed his enthu­ siasm for England onto Jan Willem Schulte Nordholt and his son Benno Bar­ nard. Another characteristic of the cultural broker that we added is that of him or her being a key player or, as Geertz115 put it, an insider. We prefer the word key player to insider because the word insider also implies having “access to restricted information”, and that does not quite match the definition we need. We use the term key player, in the sense of “an important person in a particular area of activity”.116 In our research, the cultural brokers were persons that held an important position within a specific group. In this respect, we can mention Hendrik Koenen in the Réveil Movement, Abraham Kuyper in the Gerefor­ meerde Kerk, and Willem Barnard as a secretary (studiesecretaris) of the Prof. dr. G. van der Leeuw-stichting and as a member of the editorial board of the protestant Dutch hymnal “Liedboek voor de Kerken”. Cultural brokers were also innovators, the seventh characteristic in our defi­ nition. According to Irwin Press, “either as an innovator or mediator, it is apparent that the broker plays a unique role in certain change processes”. He explained that one of the most consistent attributes of such brokers is “an uneasy cultural or social identification, which appears to be highly instrumental to the mobility and innovative behaviour essential to the role”.117 Cultural bro­ kers introduced something new into Dutch culture, in this case new translations of English hymns, for instance, or a new way of singing psalms (on chants), or the liturgy of the choral evensong. The last characteristic we mentioned is that of cultural brokers most of the time coming into their roles by accident, as Margaret C. Szasz118 observed (in her publication of fourteen biographical studies of cultural brokers in postColumbian America). We also recognize this accidental aspect in our data. Bouwe Dijkstra, for instance, went to England for a brass band festival. By mere coincidence, he happened to attend a rehearsal of a boys’ choir in St. Paul’s

114 Wolf: Aspects of Group Relations in a Complex Society (cf. n. 36), 1065–1078. 115 Geertz: The Javanese Kijaji (cf. n.36), 228-249. 116 The definition of key player as formulated in The Cambridge Essential British Dictionary. http://dictionary.cambridge.org/dictionary/business-english/key-player (achieved at 7 July 2015). 117 Press: Ambiguity and Innovation (cf. n. 41), 205–217. 118 Szasz: Between Indian and White Worlds (cf. n. 42).

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Cathedral in London. From that moment on, he fell in love with Anglican choral music. Willem Barnard went to England to study layman plays and from that moment on, he was “forever won over by Anglian cathedral liturgy”.119

6.2 Conclusion At the end of this article, we can nuance the view that the attention paid to Eng­ lish church music in the Netherlands was something new around 1980. As many as 140 years earlier there already were Dutch people, Hendrik Jacob Koenen among others, making a plea for the introduction of English music into the Netherlands. We distinguished two periods in the introduction of Anglican church music and liturgy in the twentieth century. The first period extends up to the end of the Second World War; the second period covers the time after that. From the second quarter of the nineteenth century, a number of particular hymnals with Anglican hymns in translation were brought out. At the start of the Liturgical Movement, positive attention was paid to English music and liturgy, for instance by Abraham Kuyper and the reverend Creutzberg, two pioneers of the early Liturgical Movement. In the “Hervormde Psalmen- en Gezangenbundel” (1938), for the first time some thirty Anglican hymns were included in an offi­ cial Dutch protestant hymnal. One year after the publication of this hymnal, Gerardus van der Leeuw, godfather of the Liturgical Movement, warned against Anglican hymns because of their focus on experience. This opinion was shared by Lutheran musicians and theologians. The second period started after the Second World War. Next to the church musical renewal movement inspired from Germany, we notice an increasing popularity of Anglican church music and liturgy. Maybe it got started with Willem Barnard’s first trip to England in 1949. He published his experiences in travel diaries. Bouwe Dijkstra, Gert Oost, Pieter Oussoren, Joop Brons and Jan Valkestijn introduced Anglican choral music and liturgy into the Netherlands. Radio- and television broadcasts, recordings, and LPs also played a role in the growing popularity of English church music; not just of Anglican hymns, but also of the complete English liturgy of the choral evensong. We wanted to draw attention to the fact that besides the German influence there also was an Anglophilian line of influence in protestant church music in the Netherlands. So far, this influence has been underestimated and the line has been neglected or has at least received too little attention in the historiography of the protestant church music in the Netherlands. With this article we hope to have told and done justice to this Anglophilian story and thereby redressed the bal­ ance somewhat. 119 Barnard: Een zon diep in de nacht (cf. n. 88), 42.

Das Pendel schlägt zurück Anfragen an die Rehabilitierung der Romantik – ein Diskussionsvotum

Andreas Marti

Alan Luff, seinerzeit Precentor von Westminster Abbey, hat einmal von der „romantic captivity“ der englischen Kirche und ihrer Musik gesprochen, von der Unfähigkeit, sich von ihren klassizistisch-romantischen Wurzeln zu lösen.1 Zugleich hat er den deutschen Kirchen und ihrer Musik eine „baroque capti­ vity“ attestiert, auf Pachelbel und Buxtehude fixiert. Nehmen wir dazu noch die neobarocken Töne des 20. Jahrhunderts, könnten wir in diesem Fall wohl all­ gemeiner von einer „anti-romantic captivity“ sprechen, geboren aus den kriti­ schen Distanzierungen gegenüber der bürgerlich-großbürgerlichen Kultur in Wandervogel, Jugendbewegung und verwandten „Bewegungen“, nach 1920 in Sing- und Jugendmusikbewegung,2 flankiert von dialektischer und neukonfes­ sionalistischer Theologie und liturgischer Erneuerung, bis hin zur „Kirchenmu­ sikalischen Reform“ der 1930er Jahre und ihren Nachwirkungen bis weit über die Jahrhundertmitte hinaus. Allen ist gemeinsam ein antiromantischer, auch ein antiindividualistischer Reflex, ein Grundmisstrauen gegen die Emotion – ver­ ständlich angesichts des Unheils, welches Nationalsozialismus und Faschismus mit dem schamlosen Appell an unkontrollierte Emotionen angerichtet haben. Dieses Grundmuster beherrschte den zentralen Bereich des kirchenmusikali­ schen Feldes bis in die 1970er Jahre, zumindest in den Landes- bzw. Volkskir­ chen, aber teilweise auch bis in den freikirchlichen Bereich hinein, wie etwa das Methodistische Gesangbuch von 1969 zeigt: Es hat eine große Zahl von Liedern aus der deutschen evangelischen Kirchenliedtradition aufgenommen und die erwecklich-romantischen Lieder in einen Anhang unter dem Titel „aus der Väter Tagen“ verbannt.3 Musikalisch bedeutete dies alles den Vorrang der Linie vor dem Klang, der unmittelbaren Bindung an die Sprache vor der autonomen musikalischen Form, 1 Luff, Alan: The baroque captivity of the German church and the romantic captivity of the English churches. In: IAH Bulletin 22 (1994), 159–161. 2 Vgl. dazu: Ehrhorn, Manfred: Das chorische Singen in der Jugendmusikbewegung. Erneue­ rungsbestrebungen nach 1900. In: Reinfandt, Karl-Heinz (Hg.): Die Jugendmusikbewegung. Impulse und Wirkungen. Wolfenbüttel/Zürich 1987, 37–55. 3 Gesangbuch für die Evangelisch-methodistische Kirche. Stuttgart 1969/ Zürich 1969.

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des akzentmelodisch rezitierenden vor dem periodischen Rhythmus, offener Tonordnungen vor funktional-harmonischen Strukturen. Solche Melodien las­ sen sich mit dem Etikett „neomodal“ oder gar „neogregorianisch“ charakterisie­ ren, und es gibt darunter durchaus einige musikalisch sehr interessante Schöp­ fungen. So steht im Schweizer Reformierten Kirchengesangbuch von 1952 und nun auch wieder im Reformierten Gesangbuch (RG) von 1998 eine Melodie des renommierten Komponisten Albert Moeschinger zu dem von Adolf Maurer gedichteten Text Herr, du weißt, weißt, wie arm wir wandern (RG 717). Sie nimmt die in den mittelalterlichen Modi auftretende Varianz des Tons b bzw. h auf, verschiebt sie aber – in der diatonischen d-Tonleiter – auf a bzw. as und verbindet sie direkt mit der Textaussage: Zuerst dominiert as, das zum Grund­ ton eine verminderte Quinte bildet, dann wird es bei der Textstelle „leuchte du mit deinem Schein …“ zu a aufgehellt, wobei die Melodie in die obere Oktav­ hälfte steigt, um beim Schluss „in die dunkle Welt hinein“ wieder in die asVariante zu wechseln. Die Melodie allerdings steigt nicht mehr auf den unteren Grundton ab, sondern bleibt in der Mitte gleichsam zwischen Himmel und Erde hängen. Interessante Lösungen jenseits von periodisch-funktionalen Formen hat auch Manfred Schlenker immer wieder gefunden. Hier sei auf seine Melodie zu Hans von Lehndorffs Komm in unsre stolze Welt (EG 428, RG 833) verwiesen, wo er virtuos mit verschränkten Sequenzen spielt, welche teils real, teils „tonal“ ange­ legt sind. Andere Melodien sind anspruchsloser, gewissermaßen kunsthandwerklich aus modalen Formeln von beschränkter Individualität zusammengesetzt. Das katholische Einheitsgesangbuch „Gotteslob“ von 1975 (GL) enthielt eine beträchtliche Zahl an Melodien dieser Art; besonders hoch war der Anteil bei den Psalm-Leitversen: strikt dem inneren Sprachrhythmus folgend und sowohl Tonalität wie Periodik vermeidend und dadurch eng an den jeweiligen Psalmton angeschlossen. Es lässt sich nun gerade an den Leitversen im „Gotteslob“ 2013 (GL2) beson­ ders deutlich zeigen, inwiefern inzwischen eine Verschiebung der musikalischen Ästhetik stattgefunden hat. Als Beispiel sei der Leitvers zu Psalm 47 angeführt (GL2 44, Singt unserm Gott, ja singt ihm, Christoph Hönerlage). Er besteht aus 4 Takten im 2/2-Met­ rum, rhythmisch völlig parallel gestaltet. Damit der Wechsel zwischen Viertel­ note und zwei Achteln durchgehalten werden kann, ist im ersten Takt eine Liga­ tur nötig; die musikalisch-rhythmische Struktur ist gegenüber dem Textverlauf autonom, was sich schon in dem geläufigen Muster zeigt und in der Verwen­ dung dreier Notenwerte (Viertel, Achtel, Halbe) statt lediglich langer und kur­ zer Noten oder gar einem freien Deklamieren. Anders als „neogregorianische“ Melodien impliziert die vorliegende eine klare harmonische Struktur, pendelnd zwischen D-Dur und G-Dur, wobei der Einstieg in die zweite Hälfte auf c2 den D-Dur-Dreiklang (den sie gleich zu Beginn von oben her durchschreitet) impli­ zit zum Dominantseptakkord macht. Man könnte also sagen, dass der VII.

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Psalmton hier durch eine Melodie in G-Dur vorbereitet wird, die auf der Domi­ nante beginnt und endet. Lässt sich an dieser Stelle eine Rückkehr zum harmonisch-funktionalen und taktmäßig-periodischen Musikempfinden feststellen, muss gleichzeitig erwähnt werden, dass es neben dem antiromantischen „Mainstream“ im 20. Jahrhundert längst auch schon Anderes gab und gibt. So findet sich um die Jahrhundertmitte in Frankreich eine Art geistliche Chanson mit den Autorennamen Père Cocag­ nac4 und Soeur Sourire,5 liturgisch flankiert von der am dezidiert klanglich gestalteten englischen Psalmengesang („anglican chant“) orientierten Psalmodie von Pierre Gelineau.6 Beiden – untereinander durchaus unterschiedlichen – Gat­ tungen ist gemein, dass sie gegenüber melodischem und harmonischem Wohl­ klang mindestens nicht zurückscheuen, ihn vielmehr direkt suchen. In dieser Linie sind weiter etwa die Lieder von Jo Akepsimas7 zu sehen. Sie sind chanson­ haft-weich in der Melodik, zeigen eine leicht angereicherte klassisch-romanti­ sche Funktionsharmonik, taktperiodische Form, dazu eingängige, aber reflek­ tierte Texte, die erst in der einen oder anderen deutschen Übertragung banal geworden sind – man vergleiche Wir haben Gottes Spuren festgestellt (in ver­ schiedenen Regionalteilen von EG und GL2) mit dem französischen Original Nous avons vu les pas de notre Dieu (EG regional). Hier fügt sich weiter die musikalische Ästhetik von Taizé an, die sich völlig im Rahmen der klassischromantischen Harmonik bewegt. Im frühen deutschen „Neuen Geistlichen Lied“ der 1970er Jahre ist Ähnli­ ches zu beobachten (wir klammern die dezidiert als „Schlager“ produzierten Lieder wie Danke für diesen guten Morgen oder Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt einmal aus). Chansonhaft-periodische Melodien beherrschen das Feld, funktionsharmonisch organisiert wie beispielsweise Wenn das Brot, das wir tei­ len, als Rose blüht. (GL2 470, EG regional, Claus-Peter März/ Kurt Grahl). Daneben setzte Peter Janssens mit seinen vom Jazz mitbeeinflussten Melodien einige kantigere Akzente, etwa mit Singt dem Herrn, alle Völker und Rassen (RG 250, GL2 Aachen 783). Mit der „Gospelwelle“ der 1990er Jahre verschob sich der Akzent nochmals etwas – der „Unterhaltungs“-Effekt der Musik überbot gewissermaßen noch das bloße Gefallen einer angenehmen Melodie. Freilich sind die Motive und Aspekte der Spiritual- und Gospelrezeption komplexer, aber dieser eine Aspekt hat sicher mitgespielt. Die Gesangbücher der 1990er Jahre, namentlich das Evangelische Gesang­ buch in Deutschland (EG, Stammteil 1993) und das Reformierte Gesangbuch in der Schweiz (RG 1998) haben diese Tendenz aufgenommen. Einige Spirituals, Taizégesänge und Neue Geistliche Lieder sind in ihnen enthalten – die vielleicht 4 Maurice Cocagnac OP, 1924–2006. 5 Jeanne-Paule (Jeanine) Marie Deckers OP, 1933–1985. 6 Joseph Gelineau SJ, 1920–2008. Ausgaben: 24 psaumes et un cantique. Paris 1953; 53 psaumes et 4 cantiques. Paris 1954; Psaumes à 4 voix mixtes I/II. Paris 1958; Refrains psalmiques. Paris 1963. 7 Z. B. GL2 457 Suchen und fragen, Diethard Zils nach Aube nouvelle von Michel Scouarnec.

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auffälligste Differenz gegenüber ihren Vorgängergesangbüchern. Dazu fügt sich die Aufnahme von Liedern aus dem englischen Repertoire des 19. Jahrhunderts und von früher so genannten (und damit liturgisch abqualifizierten) „geistlichen Volksliedern“, denen die vorherige Generation noch mit Entschiedenheit die Gesangbuchfähigkeit abgesprochen hatte. Auch außerhalb des Bereichs des Kirchenliedes ist die Rehabilitierung der Romantik zu verfolgen. Noch Ende der 1970er Jahre hat sich der Winterthurer Chorleiter Emil Heer in einer Singwoche des Schweizerischen Kirchengesangs­ bundes dafür entschuldigt, dass er ein Werk von Mendelssohn aufs Programm gesetzt hatte, und in den Orgelkonzerten waren Komponisten des 19. Jahrhun­ derts noch eher die Ausnahme. Inzwischen sind die Ausgaben romantischer Orgelmusik ins Unüberschaubare angewachsen. Dass dabei auch musikalisch weniger Bedeutendes in den Druck gelangt ist, mag man als Zeichen dafür anse­ hen, dass diese Epoche in der Rezeption nunmehr eine mit den übrigen ver­ gleichbare Selbstverständlichkeit erlangt hat, weil sich nicht mehr jedes Werk durch überdurchschnittliche Qualität rechtfertigen muss. Nicht anders sieht es im Chorrepertoire aus, und auch der Orgelbau hat auf die veränderten Präferen­ zen mit Dispositionen reagiert, die auf Konzepte des 19. Jahrhunderts zurück­ verweisen. Oben wurde bereits anhand von Leitversen die Verschiebung in der Ästhetik deutlich gemacht. Dasselbe lässt sich auch an Liedmelodien verschiedener Art zeigen. Da wäre etwa jene von Christian Dostal zu Jochen Kleppers Ich liege, Herr, in deiner Hut (GL2 99; EG 486 mit anderer Melodie). Erste und zweite Stro­ phenhälfte korrespondieren rhythmisch und formal, die Zeilen laufen harmo­ nisch von der Tonika auf die Dominante (die letzte natürlich danach wieder auf die Tonika). Der stereotype Rhythmus mit dem (außer in der Mitte der zweiten Zeile) immer in zwei Achtel aufgelösten auftaktigen vierten Viertel jedes Takts hat mit der Sprache direkt nichts zu tun, da er jeweils eine Ligatur bewirkt; er führt aber zweifellos zu einer erhöhten Eingängigkeit. Das ist sauberes Hand­ werk, aber eine Art Replica – die Melodie könnte ein Kinder- oder Volkslied aus dem 19. Jahrhundert sein. Ob sich eine solche zu Kleppers hintergründigem Text schickt, müsste erst noch diskutiert werden; vielleicht nimmt sie ja gewis­ sermaßen den Schluss voraus: „Ich schlafe ohne Sorgen“ (Strophe 11). Verwiesen sei weiter auf Erhör, o Gott, mein Flehen (GL2 439; Text Edith Stein zugeschrieben) mit einer wiegenden Moll-Melodie von Roman Schlei­ schitz (EG regional mit anderer Melodie), auf Christian Dostals Melodie zu Und suchst du meine Sünde (GL2 274; Text von Schalom Ben-Chorin; EG 237 mit anderer Melodie), auf Segne dieses Kind (GL2 490; EG Württemberg 581; Text: Lothar Zenetti) und seine Melodie von Michael Schütz mit der rhythmisch eingängigen Quintfallsequenz im zweiten Teil, harmonisch etwas jazzig angerei­ chert. Ein interessantes und bezeichnendes Phänomen stellt die Fassung des Gloria, Ehre sei Gott (GL2 169) von Kathi Stimmer-Salzeder dar. In der vorhergehen­

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den Epoche konnte man noch beobachten, dass manche Dichter und Kompo­ nisten der Konvention der regelmäßigen Strophenliedform auszuweichen ver­ suchten. Das geschah oft durch asymmetrische Strophenformen mit sehr unter­ schiedlichen Zeilenlängen und unregelmäßiger Akzentstruktur wie bei Manch­ mal kennen wir Gottes Willen, (Kurt Marti und Arnim Juhre; EG regional, RG 832), bei gleichzeitiger innerer Legitimation der Strophigkeit durch die „Reihen­ form“, die Wiederholung ganzer Satzstrukturen durch alle Strophen hindurch – besonders deutlich im eben genannten Lied. Ein anderer Versuch, aus dem Formzwang auszubrechen, waren die Kehrversgesänge, deren erste Strophe aus Bibelprosa bestand und die dann die Sprachform für weitere Strophen lieferte, zum Beispiel Rolf Schweizers Psalm 92, Das ist ein köstlich Ding (EG 285, RG 51). Im genannten Gloria ist nun ist das genaue Gegenteil geschehen. Der arhythmische Prosatext ist nur leicht umgestaltet und so organisiert, dass er in einem Kehrvers und drei Strophen von jeweils acht Takten gesungen werden kann. Damit bleibt das gesungene Gloria sehr nahe beim kanonischen Text und erhält trotzdem eine hohe Eingängigkeit und Fasslichkeit – um den Preis einer recht konventionellen musikalischen Gestalt.

*** Nun soll aber nicht ästhetische, liturgische oder theologische Kritik an einzel­ nen Liedern, Chor- und Orgelwerken geübt werden, die in irgendeiner Weise in diese Entwicklung eingeordnet werden können. Qualität ist nicht unabhängig von Stilen und Gattungen zu haben, sondern wäre nur je individuell innerhalb eines Stils oder Typus am einzelnen Stück zu diskutieren. Zu reflektieren ist aber sehr wohl die Rezeption dieser musikalischen Entwicklung in der gottes­ dienstlichen Praxis. Auch da geht es weniger um ein einzelnes Lied als vielmehr um die Häufung bis hin zur Monopolisierung. Wenn in einem Gottesdienst die Gemeinde mit einem Taizé-Stück beginnt, mit Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen (GL2 400; EG 272; RG 8) fortfährt, eine harmonisch-periodi­ sche Psalmantiphon singt, mit Herr, Deine Liebe ist wie Gras und Ufer (EG regional) bzw. Weit wie das Meer ist Gottes große Liebe (EG Nordelbien 622; RG 700; KG 596) auf die Predigt antwortet, zu den Fürbitten das Taizé-Kyrie oder das ukrainische Kyrie singt, mit Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott (EG 171, GL2 453; RG 346) abschließt und der Organist, die Organistin die Liturgie mit gediegenen Präludien von Orgelkomponisten des 19. Jahrhunderts wie Gus­ tav Adolf Merkel oder Johann Georg Herzog rahmt, dann dominiert eine bestimmte Atmosphäre den Gottesdienst, die man wohl irgendwie als weich und sanft beschreiben muss, unabhängig von der relativen Qualität der einzel­ nen Stücke.

***

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In den letzten Jahren wird der Begriff „Religion“ zunehmend auch negativ kon­ notiert. Es ist nicht allein der Terror, der angeblich im Namen des Islams verübt wird; es kommt Alltägliches dazu: repressive Familien- und Sozialstrukturen in konservativen christlichen und muslimischen Kreisen, die kruden Theorien fun­ damentalistischer „Kreationisten“, die engstirnige Sexualmoral und Homopho­ bie in vielen orthodoxen Kirchen, der offiziellen römisch-katholischen Doktrin und in evangelikalen protestantischen Gruppen. Dazu gesellen sich auch wieder die klassischen religionskritischen Argumente des 19. Jahrhunderts: philosophi­ sche von Ludwig Feuerbach, politische von Karl Marx, psychologische von Sig­ mund Freud. „Religion“ steht dann für den selbstgewählten und selbstverschuldeten Ver­ zicht auf eigenes Denken, auf Rationalität, auf eigenverantwortliches Handeln – das genaue Gegenstück zu Immanuel Kants Aufklärungspostulat. Weite Teile der mitteleuropäischen Eliten in Gesellschaft, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft und Politik haben sich von der Religion oder wenigstens von der Kirche schon längst verabschiedet und damit deren Relevanzverlust entscheidend mitverur­ sacht. In den Kirchen und in der Theologie hat in den letzten Jahrzehnten in Bezug auf „Religion“ eine umgekehrte Entwicklung stattgefunden. Hatte Karl Barth noch Evangelium und Religion als Gegensatz gesehen, hatte Dietrich Bonhoef­ fer ein religionsloses Christentum gefordert, so erfuhr der Religionsbegriff im letzten Jahrhundertdrittel im Zuge einer Art Schleiermacher-Renaissance eine breite Rehabilitierung. In der kirchlichen Praxis fand diese ihre Entsprechung in einer entschiedenen Orientierung an Erfahrung und im Postulat, im Gottesdienst alle Sinne anzu­ sprechen. Die differenzierte theologische Reflexion, welche in der Praktischen Theologie diesen Umschwung begleitete, kam in der Praxis nicht überall an, so dass das böse Wort vom kirchlichen „Wohlfühlangebot“, von der „seelischen Wellness“ in der Liturgie aufkam – auch nicht gerade eine Einladung für intel­ lektuell und kulturell anspruchsvolle Zeitgenossinnen und Zeitgenossen. An dieser Stelle erhebt sich nun die Frage, ob die theologische Rehabilitierung der Religion (mit ihrer Banalisierung in kirchlicher „Wohlfühl“- und Erlebnis­ kultur) etwas zu tun haben könnte mit der eingangs beschriebenen Rehabilitie­ rung der Romantik auf musikalischem Gebiet. Davor muss allerdings der „Romantik“-Begriff noch kritisch hinterfragt werden. Es geht ja primär um direkte emotionale Erschließbarkeit, und dazu tragen – in artifiziell wenig ela­ borierten Formen wie dem Kirchenlied oder Psalmleitversen – tonale Ordnung und taktperiodische Form wesentlich bei. Keinen Niederschlag findet dagegen die progressive, nonkonformistische Seite der Romantik, wie sie besonders deutlich bei Robert Schumann zutage tritt: das Aufbrechen der Form, die Mehr­ deutigkeit, die Verschleierung harmonischer Strukturen, die unaufgelöste HellDunkel-Spannung. Wenn diese Einschränkung gemacht ist, legt sich die Hypothese einer Korre­ lation zwischen musikalischer „Neoromantik“ und erfahrungs- und erlebnis­

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orientierter kirchlicher Praxis durchaus nahe. Dazu käme dann auch noch die fortlaufende Entpolitisierung der Liedtexte zwischen 1970 und 2000. Kurt Mar­ tis „Anderes Osterlied“ Das könnte den Herren der Welt ja so passen (RG 487; EG regional) oder auch das schon erwähnte Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht sind abgelöst worden von Liedern, welche die persönlichen Bezie­ hungen und die Identität im Fokus haben, so Ich möchte, dass einer mit mir geht (EG 209, Hans Köbler) oder Meine engen Grenzen (GL2 437, Eugen Eckert/ Winfried Heurich). Hieße das, dass die neue Zugänglichkeit der Musik letztlich der Klang einer Kirche ist, die kulturell irrelevant und politisch harmlos geworden ist? Relevanz müsste zurückgewonnen werden nicht über ein Mittun im neureligiösen Resa­ kralisierungstrend, sondern umgekehrt durch eine theologisch qualifizierte Reli­ gionskritik, die sich der Entgötterung der Welt durch die biblischen Gotteser­ zählungen erinnert, die die Einwände der dialektischen Theologie im heutigen Kontext aufarbeitet und neu formuliert. So erwiese es sich, dass Glaube oder sogar „Religion“ keineswegs irrational ist, sondern die rationalste Form des Denkens darstellt, weil die Ratio hier zugleich ihre Grenzen reflektiert. Solche Religionskritik wäre auch politisch relevant, weil sie beispielsweise wirtschafts­ theoretische Lehrsätze als letztlich irrationale Glaubensbekenntnisse entlarven würde. Das alles ist intellektuell und emotional anspruchsvoll, eine Herausforderung, die auf Engagement, gar auf Anstrengung hinausläuft, nicht auf leichte Fasslich­ keit und angenehmes Erleben. Was das für den Gemeindegesang und allgemein für die Musik in der Kirche heißen kann? Sicher bedeutet es nicht den Verzicht auf wohlklingende, gefälliggefallende Musik, auf die Möglichkeit, sich von ihr mitnehmen, mittragen, ein­ hüllen, trösten zu lassen. Wohl aber verlangt es die Aufmerksamkeit dafür, dass das nicht alles sein kann, dass zur kritischen Distanzierung von unreflektierter Religion eine Musik als Partnerin gehört, die ihrerseits Distanz schafft zu unre­ flektierter Emotionalität. Die drohende Monokultur des Sanften und Gefälligen muss aufgebrochen werden durch Sperriges in Text und Musik, aus älterer oder neuer Zeit, auch dann und wann im Verzicht auf schnelle Zugänglichkeit, im Verzicht auf das direkte Ansprechen des Gefühls. „Ihr seid das Salz der Erde“ – vom Zuckerguss hat Jesus nichts gesagt.

*** Ein Wort zum Schluss: Es mag sein, dass der Zusammenhang zwischen musika­ lischen Trends und kirchlicher Befindlichkeit das Resultat subjektiver Eindrü­ cke und ihrer leicht frustrierten Interpretation durch einen „alten Achtundsech­ ziger“ ist. Nach einem Dritteljahrhundert der Mitarbeit am Jahrbuch und der Beobachtung der Kirchenmusikszene auch aus dieser Warte sei dem scheiden­ den Schriftleiter aber immerhin die Frage erlaubt.

Literaturbericht zur Hymnologie Deutschsprachige Länder (2012, 2013) 2014

Andreas Marti Daniela Wissemann-Garbe

Zeitschriften-Sigel: FKM Forum Kirchenmusik, München (früher: Der Kirchenmusiker) KMJ Kirchenmusikalisches Jahrbuch, Regensburg/Köln LK Liturgie und Kultur, Hannover MGD Musik und Gottesdienst, Basel MuK Musik und Kirche, Kassel MS(D) Musica Sacra, Regensburg MuL Musik und Liturgie, Gossau CH (früher: Singen und Musizieren im Gottes­ dienst/Katholische Kirchenmusik) SiK Singende Kirche, Wien ThG Thema: Gottesdienst, Evang. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Ober­ lausitz / Evang. Kirche im Rheinland WBK Württembergische Blätter für Kirchenmusik, Stuttgart Wir danken Leserinnen und Lesern des Jahrbuchs für Hinweise auf Neuerscheinungen.

I. Theologie und Kirchenmusik A. Grundsätzliche Besinnung Bredenbach, Ingo: Kirchenmusik im Jahre des Herrn 2099. In: FKM 65 (2014), H. 2, 2–9. Dremel, Erik: „Geist=reich“ oder „Vernünftig“? Strategien des Theologietransports durch Kirchenlieder unter dem Einfluss von Pietismus und Aufklärung. In: Omonsky, Ute/Schmuhl, Boje E. Hans (Hg.): Über den Klang aufgeklärter Frömmigkeit. Retro­ spektive und Progression in der geistlichen Musik. XXXVII. Wissenschaftliche Arbeitstagung Michaelstein, 7. bis 9. Mai 2009. Michaelsteiner Konferenzberichte Bd. 78. Augsburg 2014 Fischer, Michael: Die Sonne – „der Gottheit schönstes Bild“. Religiöse Naturdeutung im Lied und in der Vokalmusik der Aufklärung. In: Omonsky, Ute/Schmuhl, Boje E. Hans (Hg.): Über den Klang aufgeklärter Frömmigkeit. Retrospektive und Progres­ sion in der geistlichen Musik. XXXVII. Wissenschaftliche Arbeitstagung Michaelstein, 7. bis 9. Mai 2009. Michaelsteiner Konferenzberichte Bd. 78. Augsburg 2014, 53–69. Fischer, Michael/Haag, Norbert/Haug-Moritz, Gabriele (Hg.): Musik in neuzeitlichen

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Konfessionskulturen (16.–19. Jahrhundert). Räume – Medien – Funktionen. Ostfil­ dern 2014. Enthält die folgenden Beiträge: Kümin, Beat: Musik in englischen Kirchgemeinden der Reformationszeit (15–29). – Moisi, Stephanie: Die Medialität des geistlichen Liedes im Zeitalter der Reformation (1517–1555) am Beispiel deutschsprachiger Psalmlieder (31–51). – Föllmi, Beat: Der Genfer Psalter als Medium. Die Rolle von Straßburg und Genf bei der Ausbildung eines musikalischen Repertoires als Ausdruck reformierter Identität. (53–64). – Haug-Moritz, Gabriele: Von Instrumentenklängen und Gesängen. Anmerkungen zur akustischen Dimension der französischen Religionskriege: Pariser Prozessionen 1562/63 als Beispiel (65–84). – Laube, Matthew: „Hymnis Germanicis Davidis, Lutheri & aliorum piorum virorum“. Hymnbooks and confessionalisation in Heidelberg, 1546–1620 (85–102). – Rose, Stephen: „Haus Kirchen-Cantorei“: Lutheran domestic devotional musik in the age of confessionalisation. (103–122). – Talkner, Katharina: Die Rolle des geistlichen Liedes auf dem Weg vom Lehrmädchen zur lutherischen Klosterjungfer in den Lüneburger Klöstern der Frühen Neuzeit. (123–137). – Klassen, Janina: Kunst-Geheimnis versus Religionsdissonantia. Andreas Hirschs „Extract“ aus Athanasius Kirchers Musurgia universalis als transkonfessio­ nelle Wissensvermittlung (139–150). – Grutschnig-Kieser, Konstanze: Carmen, inspi­ riertes Singen und Gesangbuch. Lieder im Kontext der Herrnhuter Brüdergemeine (151–164). - Fuhrmann, Wolfgang: Interkonfessionalität oder Überkonfessionalität in der Kirchenmusik um 1800? (165–181). – Steiner-Grage, Stefanie: Zwischen Kirche und Konzertsaal. Ludwig van Beethovens Missa/ Drey Hymnen op. 86 (183–202). – Klek, Konrad: Heinrich von Herzogenberg. Ein Komponist des 19. Jahrhunderts als konfessioneller Grenzgänger (203–223). – Erber, Silvia Maria/Hupfauf, Sandra: „S’zi­ bori ausser g’rissen, die Hostien umher g’schmissen“. Die Religion als bestimmendes Moment in der politischen Musik Tirols zwischen 1796 und 180 (225–243). – Koldau, Linda Maria: Nationalreligiosität und Oratorien. Bonifatius und Luther als konfessio­ nelle Antipoden im 19. Jahrhundert (245–260). – Walter, Meinrad: Protestantisch, catholisch, ökumenisch? Bach-Deutungen zwischen Konfessionalität und Universali­ tät am Beispiel der Passionen und der h-Moll-Messe (261–276). – Fischer, Michael: Exklusion durch Inklusion im Ersten Weltkrieg. Das Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ im Dienste des „Burgfriedens“ (277–286). Hierzulande kaum Bekanntes referiert Beat Kümin. Er setzt bei der erstaunlich breit abgestützten kirchenmusikalischen Praxis im vorreformatorischen England ein, in der die dörfliche eng mit der kirchlichen Festkultur verbunden war – Kirchenmusik wurde teilweise durch den Ertrag des „church ale“, des von den Frauen für die Dorf-/ Kirchenfeste gebrauten Biers finanziert! –, und beschreibt dann die zunehmende Sepa­ rierung des kirchlichen vom säkularen Bereich nach der Reformation. Stephanie Moisi stellt die Unterschiede in Funktion und Gestaltung einerseits von Liedflugblättern, andererseits von Gesangbüchern dar und geht besonders auf deren „Paratexte“ (Titel­ blätter, Vorreden u. ä.) ein. Beat Föllmi verfolgt die frühe Geschichte der Genfer Psalmlieder bis zu ihrer Rolle in den französischen Reformationskriegen, während Gabriele Haug-Moritz mit den katholischen Prozessionen in Paris die Gegenseite zur Darstellung bringt. Im Beitrag von Konstanze Grutschnig-Kieser über die Herrnhuter Brüdergemeine als die vielleicht singfreudigste christliche Gemeinschaft aller Zeiten geht es um die vielen Gelegenheitsdichtungen, um das „inspirierte Singen“ in der so genannten Singstunde und um die gedruckten Gesangbücher, die zu den beiden vorher genannten Bereichen in einer gewissen Spannung stehen. Wolfgang Fuhrmann analy­ siert den Motivkomplex, der um 1800 zur Verwischung, ja Aufhebung konfessioneller

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Grenzen in der Musik geführt hat: das ästhetische Interesse für die katholische Litur­ gie, die Lösung der Religion von der Institution Kirche (z. B. bei Schleiermacher) und die Herausbildung der „Kunstreligion“ der Romantik, die die Unterscheidung von autonomer und heteronomer Kunst für die geistliche Musik weitgehend aufhob. In Walter, MeinradMeinrad Walters Beitrag findet sich als Exkurs ein erhellender Exkurs über die theologische Bachforschung der letzte Jahrzehnte. Michael Fischer belegt die Uminterpretation von Luthers wohl berühmtesten Lied zum nationalen Kampflied: die „Welt voll Teufel“ bedroht von allen Seiten das Deutsche Reich, und das Lied wird zum Symbol des „Burgfriedens“ zwischen links und rechts, zwischen Evangelischen und Katholiken. Das erklärt im Übrigen auch die Heftigkeit der hymnologischen Dis­ kussionen um Entstehung und Interpretation des Liedes im Verlauf des 20. Jahrhun­ derts. Hirt, Walter: Das Kirchenlied – Ort der Theologie? Zur Wirkung und Bedeutung des geistlichen Gesanges. In: MS(D) 134 (2014), 142–144; 208–210; 270–272. Kennel, Gunter: Musik und der kommende Herr. Eschatologische Aspekte in der Musik an Beispielen Bachs, Mozarts, Messiaens und anderer. In: Martini, Britta/Nusser, Ste­ fan (Hg.): Musik, Kirchenmusik, Theologie. Festschrift für Christoph Krummacher zum 65. Geburtstag. München 2014, 111–131. Klek, Konrad: Schmerz in Theologie und Frömmigkeitsgeschichte – im Fokus von Kir­ chenlied und Kirchenmusik. In: Praktische Theologie. Zeitschrift für Praxis in Kirche, Gesellschaft und Kultur 49 (2014), H. 4, 213–220. Krummacher, Christoph: Denken und Fühlen: Theologie im Kirchenlied – Kirchenlied als Theologie. In: Herder-Korrespondenz. Monatshefte für Gesellschaft und Religion 68 (2014), H. 5, 260–264. Marti, Andreas: Wie klingt reformiert? Arbeiten zu Liturgie und Musik, hg. von David Plüss, Katrin Kusmierz und Kirsten Jäger. Zürich 2014. Enthält Aufsätze aus den Jahren 1994 bis 2014, die mit Ausnahme des einleitenden Beitrags in verschiedenen Zeitschriften und Sammelbänden erschienen sind. Neumann, Brigitte: Die Macht der Musik. In: FKM 65 (2014), H. 1, 20–22. Petzoldt, Martin: Heute theologisch existieren. Stehen Christen, Kirchen und Theologie erneut vor der Bibelfrage? In: Martini, Britta/Nusser, Stefan (Hg.): Musik, Kirchen­ musik, Theologie. Festschrift für Christoph Krummacher zum 65. Geburtstag. Mün­ chen 2014, 211–227. Plädiert für ein „kumulatives Lesen“ der Bibel, das Texte – entsprechend dem Befund in Bachs Kantaten- und Passionslibretti – synchron miteinander in Beziehung setzt. Schneider, Enjott: Kirchenmusik. Ihre Qualität und Chance. In: MS(D) 134 (2014), 332 f.

B. Kirchenlied und Musik in der Ordnung des Gottesdienstes Arnold, Jochen M./Küster, Konrad/Otte, Hans (Hg.): Singen, Beten, Musizieren. Theo­ logische Grundlagen der Kirchenmusik in Nord- und Mitteldeutschland zwischen Reformation und Pietismus (1530–1750). Studien zur Kirchengeschichte Niedersach­ sens 47. Göttingen 2014. Jochen Arnold eröffnet den Band mit einem Durchgang durch Luther-Zitate unter den Titeln „Herrin und Regentin der menschlichen Gefühle“, „Schöpfergabe und Menschenkunst“, „klingendes Wort Christi“, „tröstende und bildende Kraft“, „escha­

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tologische Qualität“. In einem zweiten Aufsatz stellt er Michael Praetorius’ Theologie der Kirchenmusik in dessen „Syntagma musicum“ dar, einer unter diesem Aspekt bis­ her kaum ausgewerteten Quelle. Praetorius stellt die „cantio“ neben die „concio“, den Gesang neben die Verkündigung, und bezieht ausdrücklich die instrumentale und polyphone Musik in seine Argumentation mit ein. Der Orgelmusik im nachreformatorischen Gottesdienst ist der Beitrag von Matthias Schneider gewidmet. Er wertet Bugenhagens Kirchenordnungen und Agenden aus, danach verschiedene weitere Quellen, und muss zum Schluss kommen, dass wir über die in den Gottesdiensten gespielte Orgelmusik sehr wenig wissen, ferner, dass die Zweckbestimmung der schriftlich überlieferten Musik zu grossen Teilen unklar blei­ ben muss und eher mit dem Unterricht als mit dem Gottesdienst in Verbindung steht. Wer hat in den lutherischen Kirchen des 16. bis 18. Jahrhunderts die Musik aufge­ führt? Was ist unter einem Kantor zu verstehen, welche Stellung hatte der Organist, und was waren typische Berufskarrieren? Diese Fragen untersucht Konrad Küster; dabei ist nach Regionen und nach Epochen durchaus zu differenzieren. Als große Linie ist eine Professionalisierung und Spezialisierung festzustellen, nachdem der Kan­ tor zunächst einfach der für die Musikerziehung zuständige Lehrer – und damit meist ein Theologe – war. Für Norddeutschland ist zu beachten, dass dort Professionalisie­ rung und Spezialisierung eher über die Organisten erfolgte, während diese in Mittel­ deutschland den in ihrer Bedeutung und Kompetenz aufgestiegenen Kantoren unter­ geordnet waren. Christian Bunners referiert die Diskussion um Gemeinde- versus Kunstmusik, die sich vor allem im Gefolge der Reformorthodoxie und noch mehr des Pietismus entzündete. Dass die Spannungen nicht aufgelöst werden konnten, schreibt er der Tatsache zu, dass „die Gattungen des Liedes bzw. der kunstmusikalischen Formen zu wenig in ihrer Spezifik wahrgenommen und akzeptiert worden sind“ (S. 174). Ohne es direkt zu formulieren, weist er damit auf einen wunden Punkt auch der gegenwärtigen Dis­ kussion hin. Es ist eine eigenartige Diskrepanz: Einerseits misstrauten die Pietisten dem Tanz und anderen Vergnügungen, andererseits wurden die Melodien im pietistischen Gesang­ buch von Freylinghausen (Halle 1704) kritisiert, weil sie eine „hüpfende und sprin­ gende“ Art hätten, die dem Ernst der Sache nicht angemessen sei. Der Beitrag von Dianne M. McMullen und Wolfgang Mierseman geht diesem Phänomen nach. Die weiteren Beiträge betreffen das „Music-Büchlein“ von Christopher Frick (Sven Rune Havsteen), den Literaten und Dichter Sigmund von Birken (Franziska May), Theologische Disputationen über Kirchenmusik zwischen 1650 und 1750 (Nozomi Sato), Musik nach Schul-, Kirchen- und Klosterordnungen (Inge Mager), den Theolo­ gen Caspar Calvör (Hans Otte) und Erdmann Neumeisters Musikanschauung (Ute Poetzsch). Sehr lesenswert ist schließlich das Nachwort, in welchem Konrad Küster dem Begriff „Kirchenmusik“ und dem dazu gehörenden Diskurs eine kritische Betrachtung zukommen lässt. Die Interdisziplinarität der Kirchenmusik zwischen Musik und Theologie bzw. Kirche bringt es mit sich, dass von beiden Seiten unterschiedliche Kri­ terien für die Relevanz aufgestellt werden; diese müssen – wie es in den Beiträgen die­ ses Sammelbandes geschieht – in ihrem sachlichen und historischen Kontext präzise erfasst werden. Beilschmidt, Daniel: Der Gesang der Maschinen. Wie die Orgel zur Förderung des Gemeindegesangs beitragen kann. In: MGD 68 (2014), 133–138.

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Flammer, Ernst Helmuth: Der Gospel als postmodern-verdinglichtes Modul der Gebrauchsmusik im kirchlichen Umfeld. In: WBK 81 (2014), H. 4, 4–6. Goldschmidt, Stephan: Die Revision des Wochenliedplans der EKD. In: MuK 84 (2014), 418–422. Kaiser, Jochen: Der Chor im Gottesdienst. Herausforderungen und Chancen. In: FKM 65 (2014), H. 4, 2–11. Reinke, Stephan A. (Hg.): Werkbuch Musik im Gottesdienst. Gütersloh 2014. Enthält Beiträge zu den Themen „Musik in Gottesdiensten für besondere Zielgruppen oder an besonderen Orten“, Gottesdienste mit besonderem musikalischen Profil/ Schwerpunkt, Alternative Formate, Predigen über Musik, dazu einen Exkurs über Musik im katholischen Gottesdienst sowie eine Einleitung und ein „Plädoyer für krea­ tive Vielfalt“, verfasst vom Herausgeber. Rupp Fischer, Sandra: Umsetzung der Liturgiekonstitution in den Schweizer Diözesen. In: MuL 139 (2014), H. 1, 15–20. Schuberth, Dietrich: Die Form spricht – Über die Sinnfälligkeit und die Affektivität got­ tesdienstlicher Ordnungen. Eine musikalische Liturgik. In: Martini, Britta/Nusser, Stefan (Hg.): Musik, Kirchenmusik, Theologie. Festschrift für Christoph Krummacher zum 65. Geburtstag. München 2014, 229–253. Katalog musikalischer Elemente für den Gottesdienst. Schwemmer, Marius: Die Messe. Ein kirchenmusikalischer Überblick in nuce. In: MS(D) 134 (2014), 12–14; 80f; 138–140. Betrifft die Vaterunser-Gesänge und Lieder im Evangelischen Gesangbuch (EG) von liturgischen Gesängen (Nr. 186–188) über Vaterunser-Zitate in verschiedenen Liedern bis hin zu vollständig gereimten Vaterunser-Strophen in den Liedern Es ist das Heil uns kommen her (EG 342, Strophe 8 und 9) und Vater unser im Himmelreich (EG 344) Thissen, Paul: Hat die Kirchenmusik eine Zukunft? In: MS(D) 134 (2014), 6 f. Willa, Josef-Anton: Die Liturgie singen. In: MuL 139 (2014), H. 5, 13–17.

II. Hymnologie A. Hymnologische Forschung, Geschichte und Quellen des Kirchenliedes Arnold, Jochen: „Himmlische Grüße“. Warum Christen vom Himmel singen. In: MuK 84 (2014), 164–170. Bohren, Rudolf: Der Heiden Heiland. Vom Hymnus über Luther zu Bach. In: MGD 68 (2014), 198–212. Betr. Veni redemptor gentium; Nun komm, der Heiden Heiland; ferner Bachs Kanta­ ten und Orgelwerke über das Luther-Lied. Faller, Joachim: Singen am Puls der Zeit. Das Tempo des Gemeindegesanges und seine Geschichte. In: MS(D) 134 (2014), 18f; 86 f. Gembris, Heiner/Heye, Andreas: Bericht über eine Replikationsstudie zum Singverhal­ ten in evangelischen Gemeinden. In: LK 5 (2014), H. 1, 5–41. Henkys, Jürgen: Dichtung, Bibel und Gesangbuch. Hymnologische Beiträge in dritter Folge. Arbeiten zur Pastoraltheologie, Liturgik und Hymnologie 79. Göttingen 2014.

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Der Sammelband enthält Aufsätze des Berliner Theologen, Hymnologen und Lieder­ dichters aus den Jahren 2000 bis 2012 und schließt damit an die Sammlungen „Singen­ der und gesungener Glaube“ (1999) und „Das Kirchenlied in seiner Zeit“ (1980) an. Schon die Titel der fünf Abteilungen spiegeln die Breite von Henkys Arbeitsgebiet: I. Von Luther bis Zinzendorf. II. Matthias Jorissen und der deutsche Liedpsalter. III. Stimmen aus dem 20. Jahrhundert. IV. Ökumenische Anregungen. V. Hymnologie als Kirchenliedforschung und kritische Gesangbuchkunde. Die Aufsätze im Einzelnen: „Christ, unser Herr, zum Jordan kam“. Luthers Lied unter dem Blickwinkel der Tauf­ liturgie, des Kleinen Katechismus und der Dessauer Taufpredigt (2005; 11–22). – Zum Königsberger Kirchenliedschaffen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (2007; 23– 33; ausführlich behandelt: Such, wer da will, ein ander Ziel). – Die Lieder Paul Ger­ hardts. Vertont als Gesamtwerk – Ausgewählt für das Gesangbuch – Erfahren als innerer Besitz. Ein Gemeindevortrag (2007; 34–40). – Paul-Gerhardt-Rezeption und Gesangbuchgeschichte (2008; 41–56). – Zur Rückbindung der Lieder Paul Gerhardts an Luther und die Bekenntnisschriften. Ausgewählte Beispiele (2008; 57–71). – „Breit aus die Flügel beyde“. Zur literarischen Stellung und zum Traditionshintergrund der letzten Strophen von Paul Gerhardts Abendlied (2008; 72–80; betrifft: Nun ruhen alle Wälder). – Das Frontispiz des Berthelsdorfer Gesangbuchs und seine Deutung durch N. L. von Zinzendorf (2005; 81–92; enthält Zinzendorfs Gedicht Kommt Seelen, die ihr durch die Luft). – Die Neufassung und Ergänzung unvollständiger Psalmliedstro­ phen durch Matthias Jorissen (2001; 95–102). – Die deutsche Neutextierung des Gen­ fer Psalters durch Matthias Jorissen (1798). Hymnodisches Erbe und Geist der Zeit (2004; 103–121). – Dichtung – Übersetzung – Exegese. Über die Stimme Moses Men­ delssohns in den Psalmliedern von Matthias Jorissen (2004; 122–140; betrifft: Herr, steh uns bei, die kleine Zahl der Frommen). – Das Wort der ewigen Treue. Jochen Klepper und seine geistlichen Lieder (2002; 143–147). – „Heut bin ich meines Heilands Gast“. Ein Liedkommentar zu Jochen Kleppers Gründonnerstags-Kyrie (2002; 148– 157). – Jochen Klepper. Ein Berliner protestantisches Profil (2006; 158–174). – Stille nach dem Sturm. Dietrich Bonhoeffers „Jona“ und „Von guten Mächten“ (2006; 175– 183; Jona: Sie schrien vor dem Tod). – Lieder in Bonhoeffers Haft. Paul Gerhardt, Gottfried Arnold und die „guten Mächte“ (2007; 184–201; enthält Arnolds Lied So führst du doch recht selig). – Hans von Lehndorffs „Komm in unsre stolze Welt“ (2005; 202–206). – „There is a green hill far away“. Frauenbeiträge aus der Ökumene zum geistlichen Kinderlied. (200; 209–221; betrifft das im Titel genannt Lied von Cecil Frances Alexander; Långt borta i ett främmat land und Alla har brått von Britt G. Hallqvist; Jouw leven staat aan het begin von Hanna Lam und Wim ter Burg). – Die Stadt, der Himmel und die Erde. Vier Kirchenlieder aus dem Ausland im Vergleich (2004; 222–233; enthält die Text von: Behold us, Lord, a little space von John Ellerton/ übertragen von Jürgen Henkys: Sieh diesen Spalt der Tageszeit; Our cities cry to you, O God von Margaret Clarkson übertragen von Jürgen Henkys: Aus unsren Städten schrei’n, o Gott; betrifft außerdem: Eine große Stadt entsteht von Silja Walter und Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt von Kurt Marti). – Singende Öku­ mene. Überlegungen – Erfahrungen – Aufgaben. Ein Berliner Synodalvortrag (2007; 233–241). – „Unter allen Tiefen – Du“. Trost in den Liedern von Svein Ellingsen (2010; 242–254). – Der Dreieinige Gott in evangelischen Kirchenliedern. Klassische Beispiele im Vergleich (2012; 257–267; betrifft Allein Gott in der Höh sei Ehr, Brunn alles Heils, dich ehren wir und Wir glauben Gott im höchsten Thron). – Zum Krite­ rienproblem in der Gesangbucharbeit. Überlegungen im Blick auf Lieder aus anderen Sprachen (2003; 268–275). – Warum gibt es eigentlich immer noch Gesangbücher?

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Erfahrungsambivalenzen mit Gesangbüchern als Gegenstand des Seufzens und des Trostes (2011; 276–283). – Über die Zukunft der Kirchenliedforschung. Orte und Ver­ netzungen der Hymnologie in den Geisteswissenschaften (2010; 284–295). Korth, Hans-Otto: Gibt es ein Kirchenlied des 17. Jahrhundert? In: Omonsky, Ute/ Schmuhl, Boje E. Hans (Hg.): Über den Klang aufgeklärter Frömmigkeit. Retrospek­ tive und Progression in der geistlichen Musik. XXXVII. Wissenschaftliche Arbeitsta­ gung Michaelstein, 7. bis 9. Mai 2009. Michaelsteiner Konferenzberichte Bd. 78. Augs­ burg 2014, 71–83. Kurzke, Hermann: Glaube postmodern. Die Rubrik „Maria“ im neuen Gotteslob. In: SiK 61 (2014), 172–176; und in: MuK 84 (2014), 248–254. Leube, Bernhard: Kernbestand des Neuen Liedes? Konturen in den sieben Ergänzungs­ büchern zum Evangelischen Gesangbuch und im neuen „Gotteslob“. In: WBK 81 (2014), H. 2, 4–11. Lorbeer, Lukas: Die Sterbe- und Ewigkeitslieder in deutschen lutherischen Gesangbü­ chern des 17. Jahrhunderts. Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 104. Göttingen 2014. Schon das Inhaltsverzeichnis des 738 Seiten starken Bandes beeindruckt durch die Fülle der zugrunde gelegten Quellen, die Breite der Fragestellung und die Anzahl der berücksichtigten Aspekte. Der Autor ergründet das Thema in drei großen Komplexen. Teil A erschließt anhand der Rubrizierung in den gewählten Gesangbüchern von 1524 bis 1706 das zu berücksichtigende Quellenmaterial und hat dabei stets die Initiatoren und den Status der Gesangbücher in den jeweiligen Territorien im Blick. Dadurch werden Absicht und Benutzung der Gesangbücher in ihrem Kontext ergründet und ein Stück Gesangbuchgeschichte – auch unabhängig von der Frage nach den Sterbelie­ dern – gründlich beleuchtet. Teil B befasst sich mit der Sprach- und Vorstellungswelt der untersuchten Lieder. Lorbeer teilt sie in acht Themenkomplexe: (1) Vergänglich­ keit, (2) Der Weg des Lebens als Pilgerreise und als ritterlicher Kampf, (3) Memento mori: Die Todesmahnung, (4) Die Bereitung zum Sterben und die Bitte um ein seliges Ende, (5) Literarische Muster für das subjektive Erleben des eigenen Todes, (6) Chris­ tus der ist mein Leben: Christologische Aspekte des Sterbetrostes, (7) Abschied und Trauer, (8) Leib und Seele. Dabei werden zum einen die impliziten Vorstellungen von Tod und Sterben, Auferstehung und ewigem Leben, zum anderen die textinterne Sprechsituation aufgeschlüsselt. Dabei wird deutlich, dass ein Wandel der Vorstellun­ gen nicht im Sinne eines Epochenwechsels zu verstehen sind, sondern Neues an die Seite von Altem tritt, anstatt es abzulösen. Teil C schließlich widmet sich dem Sitz im Leben des Liedgutes in den Bereichen vorausgreifendes Sterbegedenken, reale Sterbe­ situation und Begräbnis. Neben den Liedtexten selbst werden dazu Kirchenordnun­ gen und Leichenpredigten sowie exemplarisch das Werk der Dichter Ämilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt, Johann Rist und Heinrich Albert herangezogen. – Mit Lorbeers Arbeit, die als Dissertation von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen angenommen und mit dem Promotionspreis der Fakultät ausgezeichnet worden ist, liegt ein Kompendium lutherischer Todesvor­ stellungen vor, das die Frömmigkeit gewissermaßen von ihrem Ende her erschließt. Singen im Angesicht des Todes drückt die Verbindung zum ewigen Leben aus: Spra­ che erstirbt in der Todesstunde, Musik als Teil des ewigen Lebens überbrückt die Kluft. Darin klingt die Verheißung mit, dass die Gottesbeziehung des Menschen den Tod überdauert. Praßl, Franz Karl: Aufgeklärter Kirchengesang: Die Auswirkungen der Gottesdienstre­ formen bei Maria Theresia (1740–1780) und Joseph II. (1780–1790) auf Figuralmusik

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und Kirchenlied. In: Omonsky, Ute/Schmuhl, Boje E. Hans (Hg.): Über den Klang aufgeklärter Frömmigkeit. Retrospektive und Progression in der geistlichen Musik. XXXVII. Wissenschaftliche Arbeitstagung Michaelstein, 7. bis 9. Mai 2009. Michael­ steiner Konferenzberichte Bd. 78. Augsburg 2014, 101–120. Reinke, Stephan A.: Singen im Gottesdienst – das Was? ist entscheidend. Ein Kommentar zur zweiten Studie „Singen im Gottesdienst“. In: LK 5 (2014), H. 1, 46–50. Schroeter-Wittke, Harald: Singen im Gottesdienst II. Kommentar aus theologischer Sicht. In: LK 5 (2014), H. 1, 42–45. Zimmer, Markus: Das Engelberger Benediktiner Antiphonar von 1943. In: MuL 139 (2014), H. 4, 14–17. Betr. eine Ausgabe, die den ostfränkisch-germanischen Choraldialekt gegen die Resti­ tutionsbestrebungen der Solesmer Ausgaben festhalten wollte.

B. Leben und Werk der Dichter und Melodieschöpfer (nach deren Namen alphabetisch geordnet) Kunath, Siegward (Hg.): Abendstern und Morgenstern sind ein und derselbe. Festschrift zum 80. Geburtstag von Detlev Block. München 2014. Enthält Gedichte, Betrachtungen, Liedtexte und Neufassungen des Autors u. a. von Gott, der du alles Leben schufst, ferner Kommentare zu einigen Liedern Blocks, Bio­ grafisches, Liedstatistik und eine Bibliografie. Balders, Günter/Bunners, Christian (Hg.): „… die Edle und niemals genug gepriesene MUSICA“. Johann Crüger – (nicht nur) der Komponist Paul Gerhardts. Beiträge der Paul-Gerhardt-Gesellschaft Bd. 8. Berlin 2014. Crüger, Johann: Praxis Pietatis Melica. Edition und Dokumentation der Werkgeschichte. Im Auftrag der Franckeschen Stiftungen zu Halle herausgegeben von Hans-Otto Korth und Wolfgang Miersemann unter Mitarbeit von Maik Richter. Band I, Teil 1 Praxis Pietatis Melica Editio X. Berlin 1661. Text. Halle 2014, 504 S. Mit der kritischen Ausgabe von Johann Crügers Praxis Pietatis Melica (PPM) wird ein Gesangbuch vorgelegt, das zwischen 1640 und 1737 mehr als 70 Auflagen in Berlin, Frankfurt a. M., Stettin, Gotha und Hamburg erfuhr. Der nun erschienene erste Band des seit 2011 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes bietet den vollständigen Text der Ausgabe von 1661, der letzten von Crüger selbst über­ wachten, mit 550 Liedtexten, 227 Generalbasssätzen, Vorrede, Register und Nach­ wort. Leider gibt es von Herausgeberseite kein Vorwort oder Editionshinweise, sodass man bis zum Erscheinen des Kritischen Berichtes darauf angewiesen ist, sich die Grundprinzipien zu erschließen. Dann jedoch kann man auch eine Vorstellung von der Quellengestalt gewinnen. – Die Edition ist in Text- und Notenwiedergabe weitest­ gehend diplomatisch angelegt. Das bedeutet für die Melodiewiedergabe auch die Bei­ behaltung der originalen Schlüsselung. In der Bassstimme ist die Bezifferung nach anderen Ausgaben hinzugefügt worden. Formale Zusätze sind eine moderne Zählung der Noten und der Verse sowie Doppelstriche (") in der Wiedergabe der Melodie und der ihr unterlegten Texte als Hinweis darauf, dass dort eine Druckzeile zu Ende geht und eine neue beginnt. (Bei den Folgestrophen gibt es solche Hinweise nicht.) Die Sei­ tenzahlen der PPM sind in eckigen Klammen und in Petit exakt an ihrer Position im Druck 1661 mitgeteilt, also etwa vor Überschriften (S. [1]), mitten in einem Vers (S. [2]) oder einer Melodie (S. [3]). Aus Seitenwechseln mitten in einem Vers ist indirekt

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zu schließen, dass die Strophen in der PPM offenbar nicht versweise abgedruckt sind. Ebenso kann man erschließen, dass die Texte den Melodien nicht unterlegt, sondern nachgestellt sind: Z. B. beginnt die Melodie von Lied 121 auf der originalen Seite 181, über dem ersten Wort von Vers 3 ist in der Melodie ein Zeilenwechselzeichen (") und die neue Seitenzahl 182 angegeben, während für den Text gleich zu Beginn der ersten Strophe Seite 182 angezeigt ist. – Schon das Blättern in der Edition lässt eine Ahnung aufkommen von Crügers Leistung als Sammler, Bearbeiter und Komponist von Kir­ chenliedern. Das Register mit der Zuordnung der Lieder zu den Sonntagen im Kir­ chenjahr ermöglicht eine Vorstellung vom gottesdienstlichen Gebrauch. Man darf gespannt sein auf die weiteren Bände der Hallischen Edition, die unter anderem einen Kritischen Apparat und die Dokumentation der Werkgeschichte versprechen. Kok, Cornelis G.: Huub Oosterhuis, Dichter des Wortes. In: LK 5 (2014), H. 3, 46–56.

C. Untersuchung und Auslegung einzelner Lieder C.1 Kommentarwerke Evang, Martin/Seibt, Ilsabe (Hg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Aus­ gabe in Einzelheften H. 19. Göttingen 2014, 96 S. Enthält Kommentare zu folgenden Liedern: Gott Vater, dir sei Dank gesagt und Ehre (Ilsabe Seibt, 15–17), Wach auf, du Geist der ersten Zeugen (Barbara Lange, 18–24), Wach auf, wach auf, ’s ist hohe Zeit (Christa Reich, 25–33), Verzage nicht, du Häuflein klein (Wolfgang Herbst, 34–38), Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen (Bernhard Leube, 39–43), Nun freut euch, lieben Christen g’mein (Gerhard Hahn, Helmut Lau­ terwasser, 44–53), Vater unser im Himmelreich (Gerhard Hahn, Helmut Lauterwas­ ser, 54–61), Kommt, Kinder, lasst uns gehen (Martin Evang, 62–70), Stern, auf den ich schaue (Günter Balders, Helmut Lauterwasser 71–79), Meinem Gott gehört die Welt (Bernhard Leube, 80–84), Hinunter ist der Sonne Schein (Hans-Peter Braun, 85–90), Mit Fried und Freud ich fahr dahin (Joachim Stalmann, 91–96).

C.2 Einzeluntersuchungen (nach Liedanfängen alphab. geordnet) Reich, Christa: Aus dem Himmel ohne Grenzen. In: MuK 84 (2014), 206. Döring, Jörg: „Danke für diesen guten Morgen“. Zur Rhetorik von Katalog und enume­ ratio im neuen geistlichen Lied. In: Binczek, Natalie/Bunia, Remigius/Dembeck, Till/ Zons, Alexander (Hg.): Dank sagen. Politik, Semantik und Poetik der Verbindlichkeit. München 2014, 141–156. Martini, Britta: Das Jahr steht auf der Höhe. Einstudierungsmodell zu GL 465. In: MS (D) 134 (2014), 224 f. Kaiser, Jochen: Erlebnisorientierte Liedanalyse Der Lärm verebbt. In: LK 5 (2014), H. 1, 51–56. Bubmann, Peter: Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt. In: MuK 84 (2014), 423. Fuhrmann, Siri: Ein Abendlied aus Mission und Ökumene. Du lässt den Tag, o Gott, nun enden GL 96. In: MS(D) 134 (2014), 286 f. Fuhrmann, Siri: Ein bewährtes neues Lied. Ein Danklied sei dem Herrn. In: MS(D) 134 (2014), 156 f.

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Fuhrmann, Siri: Weihnachten – eine Sache der Perspektive. Engel auf den Feldern singen GL 250. In: MS(D) 134 (2014), 350 f. Zerfaß, Alexander: Erde singe, dass es klinge – doch aus welchem Grund? In: MS(D) 134 (2014), 236 f. Walter, Meinrad: Gott loben in der Stille. In: MuK 84 (2014), 280. Martini, Britta: Verhältnis stiften, statt einüben. GL 552 – Herr, mach uns stark. In: MS (D) 134 (2014), 346 f. Hinweise zur Liedeinführung in der Gemeinde. Marti, Andreas: Die Kanons der Kernliederliste. Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn Vom Aufgang der Sonne; Dona nobis pacem; Herr, bleibe bei uns. In: MGD 68 (2014), 140–143. Betr. die Kernliederliste zum Reformierten Gesangbuch der Schweiz. Lengerich, Martina van: Meine Augen finden deinen Himmel nicht. In: MuK 84 (2014), 354. Grössing, Joachim: Bekennen lernen. Über das Lied Meinem Gott gehört die Welt. In: Praxis der Kirchenmusik, Verband für Evangelische Kirchenmusik in Österreich 35 (2014), H. 2, 8–12. Marti, Andreas: Morning has broken. In: MGD 68 (2014), 28–32. Betr. Morgenlicht leuchtet EG 455, RG 533. Keil, Siegmar: „Now thank we all our God“. Zur Rezeption von Martin Rinckarts Lied „Nun danket alle Gott“ im englischen Sprachraum. In: LK 5 (2014), H. 1, 57–71. Leube, Bernhard: O Gott, der mit uns ist – ein neues Weihnachtslied. In: WBK 81 (2014), H. 1, 16 f. Marti, Andreas: O Haupt voll Blut und Wunden. In: MGD 68 (2014), 62–67. Zerfaß, Alexander: O heiligste Dreifaltigkeit. Ein christliches Sonnengleichnis. In: MS(D) 134 (2014), 108–110. Gnandt, Georg/Mirbach, Sabine: „O Herr, wenn du kommst, wird die Welt wieder neu“. Adventslied aus dem Gotteslob [GL2 233]. In: Dieselben: Musik im Religionsunter­ richt. Themen im Religionsunterricht 8. Freiburg 2014, 20–22. Klek, Konrad: O lass dein Licht auf Erden siegen. Friedrich Rückerts Friedenslied zum Advent und seine chorsinfonischen Vertonungen. In: MuK 84 (2014), 396–401. Zerfaß, Alexander: Singt dem König Freudenpsalmen. Ein „Triumphlied zum Palmsonn­ tage“ aus der Aufklärungszeit. In: MS(D) 134 (2014), 40–42. Wissemann, Antje: Steh uns bei in dieser Stunde. In: MuK 84 (2014), 124. Martini, Britta: Tief im Schoß meiner Mutter gewoben GL 419. In: MS(D) 134 (2014), 280. Bauer, Dorothee: Verbum supernum prodiens – Das Wort geht von dem Vater aus. Ein Fronleichnamshymnus im Evangelischen Gesangbuch. In: LK 5 (2014), H. 3, 35–45. Gnandt, Georg/Mirbach, Sabine: „Wie ein Fest nach langer Trauer“. In: Dieselben: Musik im Religionsunterricht. Themen im Religionsunterricht 8. Freiburg 2014, 52– 55. Lissy-Honegger, Frank: Wir glauben Gott im höchsten Thron EG 184. In: Praxis der Kir­ chenmusik, Verband für Evangelische Kirchenmusik in Österreich 35 (2014), H. 2, 13–18.

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Andreas Marti, Daniela Wissemann-Garbe

D. Gesangbücher und Liedersammlungen (Ausgaben und Kommentare) Arnold, Jochen: Ein systematisch-theologischer Kommentar. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 268–271. Axtmann, Dominik: Begleitpublikationen zum neuen „Gotteslob“. In: MuK 84 (2014), 272–277. Brusniak, Friedhelm: Geistliche Volkslieder – zusätzliche Anhänge. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 262–264. Bubmann, Peter: Spirituelle Fundgrube und Kurzkatechismus. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 266 f. Eham, Markus: Das Münchener Kantorale zum neuen Gotteslob. In: SiK 61 (2014), 89– 93. Finke, Christian: Das neue „Gotteslob“ in evangelischer Sicht. In: MuK 84 (2014), 242– 246, Franz, Ansgar: „Gute Fische aller Art“. Das neue katholische Gebet- und Gesangbuch Gotteslob. In: LK 5 (2014), H. 3, 57–66. Hirt, Walter: Auf dem Weg zum neuen Gotteslob. In: FKM 65 (2014), H. 1, 2–19. Höndgen, Frank: Kirchenmusik und Pastoral. Zur Einführung des neuen „Gotteslobes“. In: MS(D) 134 (2014), 70–72. Kreuels, Matthias: Psalmen im Mund der Gemeinde. Ein Blick in das neue „Gotteslob“. In: LK 5 (2014), H. 3, 67–72. Planyavsky, Peter: Zum Orgelbuch des GL-Stammteils. In: SiK 61 (2014), 278–284. Praßl, Franz Karl: Der Weg zum neuen katholischen Gebet- und Gesangbuch „Gottes­ lob“. In: MuK 84 (2014), 236–240. Praßl, Franz Karl: Zum Lobe seiner Herrlichkeit. Deutsche Gregorianik im Gotteslob. In: SiK 61 (2014), 99–105. Praßl, Franz Karl: Zum Lobe seiner Herrlichkeit. Lateinische Gregorianik im Gotteslob. In: SiK 61 (2014), 6–11. Reich, Christa: Schweden und Niederlande. Ausländische Lieder. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 259–261. Walter, Meinrad: „Andere Lieder wollen wir singen“. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 256–258. Wissemann, Antje: Formen des Singens. Gotteslob en detail. In: MuK 84 (2014), 264 f.

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Édith Weber

I. Liturgie und Musik Rillon-Marne, Anne-Zoé: Viderunt omnes, La musique à l’épreuve de l’œil dans un manuscrit musical du XIIIe siècle. In: Zammour, Françoise (Hg.): La musique au ris­ que des images. Collection Filigrane 2, Delatour France: Sampzon 2014, 84–105. Chabrier, Jean-Claude: Analyse de musiques d’Orient: des majorités aux liturgies des chrétiens. In: Ayari, Mondher/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Sampzon 2013, 235–250.

II. Hymnologie A. Zur Geschichte und Bibliographie des Kirchenliedes Céard, Jean (Hg.): Gui Lefèvre de La Boderie: Hymnes ecclesiastiques (1578): édition cri­ tique. Droz: Genève 2014. Betrifft auch Cantiques spirituels (geistliche Gesänge).

B. Lutherchoral Föllmi, Beat: „Et si le monde entier était peuplé de diables“. Le choral de Luther Ein feste Burg ist unser Gott et le nationalisme. In: Foi & Vie 1/2014, numéro spécial: Christia­ nisme et nationalisme, 40–53. Weber, Édith: Le choral luthérien (39e partie): 43 chants de Martin Luther: introduction aux Paraphrases françaises d’Yves Kéler (Beauchesne: Paris 2013). In: Préludes 85, Association Nationale de Formation des Organistes Liturgiques (ANFOL), Ottrott 2014, 16–17. Weber, Édith: Le choral luthérien (40e partie): 43 chants de Martin Luther: Paraphrases françaises d’Yves Kéler (II): Chants liturgiques numéros 1–9, ebda. Nr. 86, Ottrott 2014, 10–11. Weber, Édith: Le choral luthérien (41e partie): 43 chants de Martin Luther: Paraphrases françaises d’Yves Kéler (III): Chorals temps liturgiques Avent et Noël numéros 10–14, ebda. Nr 87, Ottrott 2014, 9–10. Weber, Édith: Le choral luthérien (42e partie): 43 chants de Martin Luther: Paraphrases

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françaises (III): Chorals temps liturgiques Épiphanie et Pâques, numéros 15–18, ebda. Nr 88, Ottrott 2014, 9–10.

C. Psalm und Hugenotten-Psalter Bonniffet, Pierre: Le cantus firmus ou la contrafacture: le Psaume et la chanson spirituelle en France, de 1539 à 1580. L’art de la connivence. In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: universalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne. Paris 2014, 39–47. Porter, James (Hg.): Jean Servin, Psalms. Brepols: Turnhout 2014, CXXVIII, 775 S. Betrifft Buchanans neulateinische Psalmen (Genf 1579), von dem französischen Kom­ ponist Jean Servin in „Musique mesurée à l’antique“ gesetzt nach dem Modell der humanistischen Vertonungen von Horazschen Oden.

D. Gregorianik Bluteau, Olga: Le cantus firmus dans le Salve Regina d’Alexander Agricola (v. 1446– 1506). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X. Le cantus firmus: uni­ versalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne: Paris 2014, 31–37. Dennery, Annie: Les avatars du Benedicamus Domino. Ebda., 9–18. Hameline, Jean-Yves: Leçons de Ténèbres. Ambronay Éditions, distribution Symétrie: Ambronay, 2014, 269 S. Livljanic, Katarina: Montecassino, Archivio dell’Abbazia, Ms. 542. Antiphonaire (XIIe siècle). Paléographie musicale 23, Solesmes 2014, 143 S. (+ Abbildungen). Manaud, Olivier: La musique liturgique édifie l’Église. Coll. Croire et savoir 63. Téqui: Paris. Betrifft die Theologie der liturgischen Musik. Pérès, Marcel: Le chant vieux-romain révélerait-il le „corpus de l’oralité du chant grégo­ rien“? In: Ayari, Mondher u. Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Sampzon 2013, 123–140. Pichard, Jacques: Le cantus firmus et l’utilisation de mélodies grégoriennes dans le cycle des Sept Pièces pour un temps de Pentecôte (2008) de Jacques Pichard. In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: universalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne: Paris 2014, 131–159. Betrifft ein liturgisches Orgelwerk (für Pfingsten) von Jacques Pichard (geb. 1961), Organist der Kathedrale von Nanterre in der Nähe von Paris, Orgelprofessor und Komponist. Poisblaud, Damien: La restauration du chant grégorien: comment imaginer des sons à partir de l’écrit? In: Ayari, Mondher/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Dela­ tour France: Sampzon 2013, 141–154. Turellier, François: Le cantus firmus dans le Regina Caeli de Jean-Baptiste Morin (1660– 1745). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: uni­ versalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne : Paris 2014, 74–86.

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Viret, Jacques: L’oralité retrouvée d’un corpus. Chanter le grégorien aujourd’hui. In: Ayari, Mondher/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Samp­ zon 2013, 95–122.

III. Kirchenmusik A. Zur Geschichte und Bibliographie der Kirchenmusik Piéjus, Anne: Musique et dévotion à Rome à la fin de la Renaissance. Les Laudes à l’Ora­ toire. Centre d’Études Supérieures de la Renaissance, Collection Épitome musical. Brepols: Turnhout 2013, 549.

B. Zur Theorie der Kirchenmusik Dennery, Annie und Arnaud, Brigitte: Ce que chantent les manuscrits: la restitution du rythme dans les proses et les hymnes du chant liturgique occidental (XIIe-XIIIe sièc­ les), à travers l’exemple de l’office de la Couronne (BnF ms.latin 1028). In: Le Jardin de Musique 6,2 (2010). Association Musique Ancienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musicologie IReMus, UMR 8223, Paris-Sorbonne/CNRS: Paris 2014, 5–23. Canguilhem, Philippe (Hg.): Chanter sur le livre à la Renaissance. Les traités de contre­ point de Vicente Lusitano. Collection Épitome musical. Brepols:Turnhout 2013, 410. Geay, Gérard: Solmisation et composition au XVe siècle: l’exemple de la Missa cujus vis toni de Johannes Ockeghem. In: Le Jardin de Musique 6,2 (2010). Association Musi­ que Ancienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musicologie IReMus, UMR 8223, Paris-Sorbonne/CNRS: Paris 2014, 125–140. Hascher, Xavier: Propositions théoriques pour l’analyse de la monodie modale. In:. Ayari, Mondher/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Samp­ zon 2013, 307–338. Betrifft traditionnelle Musik in Tunesien. Kasyan, Susanne: La notion de varietas chez Johannes Tinctoris. In: Le Jardin de Musi­ que 6,2 (2010). Association Musique Ancienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musicologie IReMus, UMR 8223, Paris-Sorbonne/CNRS: Paris 2014, 109–124. Palacios, Rafael: L’expressivité du silence: Pour une analyse rhétorique en vue de l’inter­ prétation d’un extrait de Pan et Syrinx de Montéclair. In: Le Jardin de Musique, 6,2 (2010). Association Musique Ancienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musico­ logie IReMus, UMR 8223, Paris-Sorbonne/CNRS: Paris 2014, 59–77. Sueur, Agathe: Johann Mattheson et le pédantisme: des usages de l’érudition dans la théo­ rie musicale allemande au XVIIIe siècle. In: Revue de musicologie 100,1: Paris 2014, 3–36. Trachier, Olivier (dir.): Gallus Dressler: Practica modorum explicatio. Explication pra­ tique des modes. Édition nouvelle et traduction française. Delatour France: Sampzon 2014, 97.

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C. Zur Aufführungspraxis der Kirchen- und Orgelmusik Bagry-Thienpont, Séverine: Dire ou chanter les chants coptes en Égypte contemporaine. In: Ramaut-Chevassus, Béatrice/Damon-Guillot, Anne (Hg.): Dire/chanter: passages. Études musicologiques, ethnomusicologiques et poétiques (XXe et XXIe siècles), Col­ lection Musique et Musicologie. Publications de l’Université de Saint-Étienne 2014, 273–290. Damon-Guillot, Anne: Offrir la messe: voix et terminologies des chantres de l’Église apostolique arménienne d’Istanbul. In: Ramaut-Chevassus, Béatrice/Damon-Guillot, Anne (Hg.): Dire/chanter: passages. Études musicologiques, ethnomusicologiques et poétiques (XXe et XXIe siècles), Collection Musique et Musicologie. Publications de l’Université de Saint-Étienne, 2014, 253–271. Dufourcet, Marie-Bernadette: Le cantus firmus Salve Regina dans la musique d’orgue espagnole. De Sebastian Aguilera de Heredia (v.1565–1627) à Juan Bautista Cabanilles (1644–1712). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: Universalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sor­ bonne: Paris 2014, 59–73. Feneyrou, Laurent: Mélopée, logopée et phanopée dans le Requiem pour un jeune poète de Bernd Alois Zimmermann. In: Ramaut-Chevassus, Béatrice/Damon-Guillot, Anne (Hg.): Dire/chanter: passages. Études musicologiques, ethnomusicologiques et poéti­ ques (XXe et XXIe siècles), Collection Musique et Musicologie. Publications de l’Uni­ versité de Saint-Étienne 2014, 291–312. Feuillie, Jacques: Le cantus firmus dans les Messes: Malheur me bat et Fortune de Josquin Desprez (v. 1440–1521 ou 1524). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: universalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Uni­ versité Paris-Sorbonne: Paris 2014, 19–30. Frangne, Pierre-Henry/Lacombe, Hervé (Hg.): Musique et enregistrement. Presses de l’Université de Rennes: Rennes 2014, 342 S. Hameline, Jean-Yves: Le rôle, les formes, les fonctions, les pratiques de l’art organistique dans le culte catholique en France. Mise en perspective historique. In: Préludes, Asso­ ciation Nationale de Formation des Organistes Liturgiques 85. Ottrott 2014, 10–13. Imberty, Michel: Introduction: L’oralité, une réalité musicale oubliée. In: Ayari, Mond­ her/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Sampzon 2013, 11– 24. Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Sampzon 2013, 165–176. Leroy, Marc: L’orgue français. Généralités, origines et Haut Moyen-Âge. In: Préludes, Association Nationale de Formation des Organistes Liturgiques 86. Ottrott 2014, 12– 14. Leroy, Marc: L’orgue bas-médiéval et Renaissance (1250–1600). In: Préludes, Association Nationale de Formation des Organistes Liturgiques 88. Ottrott 2014, 7 f. Meyer, Claire: Les Sacri concentus de Léonard Hodemont (Liège, 1630–31). Comment restituer la partie perdue? In: Le Jardin de Musique 6,2 (2010), Association Musique Ancienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musicologie IReMus, UMR 8223, Paris-Sorbonne/CNRS. Paris 2014, 25–45. Ramaut-Chevassus, Béatrice/Damon-Guillot, Anne (Hg.): Dire/chanter: passages. Étu­ des musicologiques, ethnomusicologiques et poétiques (XXe et XXIe siècles), Collec­ tion Musique et Musicologie. Publications de l’Université de Saint-Étienne 2014, 352 S.

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Rouet, Pascale: Entretien avec Yves Lafargue. In: Préludes 86, Association Nationale de Formation des Organistes Liturgiques. Ottrott 2014, 6–9. Betrifft liturgische Musik und ihre Praxis. Rouet, Pascale: Rivages (Leguay, Jean-PierreJean-Pierre Leguay). Ebda. 87. Ottrott 2014, 11–13. Betrifft neues Orgelwerk mit einem praktischen Ziel. Tchorek, Denis: Un exemple de transfert culturel: l’introduction des concertos pour orgue de Haendel dans le répertoire des concerts en France au XIXe siècle. In: Quetin, Laurine (Hg.): Haendel après Haendel. Construction, renommée, influence de Haen­ del et de la figure haendelienne. Revue Musicorum 14. Université de Toulouse-Le Mirail 2013. Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: universalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne, Paris 2014, 194. Letzte Nummer der Reihe Itinéraires du Cantus firmus (Groupe de Recherche sur le Patrimoine musical 1450–1750) mit Rückblick auf die ganze Kollektion; verschiedene Definitionen, Verwendungen und Stellungen der Cantus-firmus-Melodie; Theorie, Komponisten, Formen; Lutherchoräle, Psalmen, Gregorianik, Messe, anglikanische Musik, Aufführungspraxis von lateinischen, deutschen, französischen, englischen, maronitischen liturgischen Werken, Orgelmusik u. a. Weber, Édith: Avant-propos. Ebda 3–6. Weber, Édith: Titre des 10 Volumes, Liste des Auteurs. Ebda 170–171. Weber, Édith: Bilans: quantitatif, historique (compositeurs-sources), géographique (ori­ gine des auteurs étrangers, espaces géographiques et lieux). Ebda 173–180. Zusammenfassung, Ergebnisse von 10 Kongressen (Colloques) der Collection Itinérai­ res du cantus firmus unter der Leitung von Édith Weber. Weber, Édith: Épilogue. Présence du cantus firmus, dans le temps, dans l’espace, dans la théorie, la pratique compositionnelle et la mémoire et définitions, acceptions et évolu­ tion de la notion de cantus firmus, ebda 181–186. Synthese der Reihe (10 Bände, 111 Beiträge, über 1800 Sn.); der Cantus firmus als gemeinsamer Nenner; seine Universalität und Dauerhaftigkeit. Whitfield, Charles: Le cantus firmus et la basse continue dans la Messa sopra l’aria della Monica de Girolamo Alessandro FrescobaldiFrescobaldi, Monica de Girolamo Ales­ sandro (1583–1643). Ebda 49–57.

D. Leben und Werk der Meister (nach Komponistennamen alphab. geordnet) Blackstone, Daniel/Denizeau, Cécile und Gérard (Hg.): Analyses musicales XVIIIe siè­ cle. Bd 1. Beauchesne : Paris 2014, 224 S.. Betrifft eine neue Reihe (2014). Inhalt: Einleitung 18. Jahrhundert, Ende der Barocke­ poche, Musik und Kunst, Imbroglio des Barocks; J. S. Bach (10 Analysen), Fr. Coupe­ rin (3 Analysen), G.Fr. Händel (6 Analysen). Gardiner, John Eliot: Musique au château du ciel. Un portrait de Jean-Sébastien Bach (traduit de l’anglais par Laurent Cantagrel et Dennis Collins). Flammarion: Paris 2014, 747 S. Lhopiteau-Dorfeuille, Michèle: Jean-Sébastien Bach. Un sacré tempérament. Éditions Le Bord de l’Eau: Lormont 2014, 246 S. (mit 2 CD).

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Lyon, James: Le cantus firmus et l’exégèse dans l’œuvre de Johann Sebastian Bach (1685– 1750). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: uni­ versalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne: Paris 2014, 87–95. Edgar, William: Le cantus firmus dans la musique chorale de Johannes Brahms (1833– 1897). Ebda 97–110. Cartayrade, Alain: Le Prélude, Adagio et Choral varié sur le Veni Creator (op. 4) de Maurice Duruflé. In: Bulletin Nr. 13 (2013), Association Maurice et Marie-Madeleine Duruflé: Paris 2013, 7–11 (mit CD). Ebrecht, Ronald: Analyse des versions 1930 à 1996 et table comparative de 6 versions de l’opus 4. Ebda, 27–68. Ebrecht, Ronald: Le Scherzo (op. 2). Ebda 95–110. Lacôte, Thomas: Le Veni Creator de Maurice Duruflé: écriture et réécritures. Ebda 13– 26. Rios, Christopher: La Messe Cum Jubilo de Maurice Duruflé, un acte de mémorialisa­ tion. Ebda, 75–94. Werck, Isabelle: Edvard Grieg. Bleu nuit éditeur : Paris 2014, 173 S. Kalipp, Wolff: Le cantus firmus dans l’œuvre d’orgue d’Alexandre Guilmant (1837– 1911). Hommage à l’occasion du Centenaire de sa mort. In: Weber, Édith (Hg.): Itiné­ raires du cantus firmus X: Le cantus firmus: universalité. Bilans et épilogue de la col­ lection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne: Paris 2014, 111–120. Arnold, Matthieu: Albert Schweitzer, les années alsaciennes. 1875–1913. Nuée bleue: Strasbourg, 2013, 285 S. Stoianova, Ivanka: Karlheinz Stockhausen. Je suis les sons. Collection L’éducation musi­ cale, Beauchesne: Paris 2014, 356 S. Keym, Stefan: Héritier de la Tradition Franck? Charles Tournemire et son Triple Choral pour orgue. In:. Bulletin Nr 13, Association Maurice et Marie-Madeleine Duruflé: Paris 2013, 199–217. Leblanc, Jean-Marc: Charles Tournemire: Sept Chorals-Poèmes d’orgue pour les Sept Paroles du Christ. Ebda, 113–198. Lueders, Kurt: Notes sur la révision par Maurice Duruflé (1962) du Triple Choral de Charles Tournemire. Ebda, 218–225. Guillot, Pierre: Musique, foi et raison. Correspondance inédite Gabriel Renoud/Camille Saint-Saëns 1914–1921, recueillie, introduite et annotée par Pierre Guillot. L’Harmat­ tan: Paris 2014, 237 S. Leteuré, Stéphane: Camille Saint-Saëns et le politique de 1870 à 1921. Le drapeau et la lyre. Collection Musicologie, Vrin: Paris 2014, 224 S. Petty, Margaret: Le cantus firmus dans les œuvres de Ralph Vaughan Williams (1872– 1958). In: Weber, Édith (Hg.): Itinéraires du cantus firmus X: Le cantus firmus: uni­ versalité. Bilans et épilogue de la collection. Presses de l’Université Paris-Sorbonne: Paris 2014, 121–131.

IV. Zur Geschichte Corbier, Christophe: La musique grecque antique selon Karl Otfried Müller. Questions d’esthétique et d’histoire culturelle. In: Revue de musicologie 100/1, Paris 2014, 37–66.

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Doé de Maindreville, Florence/Etcharry, Stéphan: La Grande Guerre en musique. Vie et création musicales en France pendant la Première Guerre mondiale. Études de Musi­ cologie 4. Lang: Bruxelles, Bern u. a. 2014, 318 S. Gayte, Francis: Archéologie vocale du Misteri d’Elx. In: Ayari, Mondher/Lai, Antonio (Hg.): Les corpus de l’oralité. Delatour France: Sampzon 2013, 195–234. Leroy, Marc: L’orgue bas-médiéval et Renaissance. In: Préludes 87, Ottrott 2014, 14–15. Betr. die Geschichte des Orgelbaus vom früheren Mittelalter bis zur Renaissance (1250–1600). Reconstituer la musique ancienne: relectures, réécritures, pratiques (2008) – Que nous dit la théorie ? (2009–2010), Le Jardin de Musique 4/2 (2010). Association Musique Anc­ ienne en Sorbonne, Institut de Recherche en Musicologie IReMus, UMR 8223, ParisSorbonne/CNRS: Paris 2014, 177 S. Renard, Sébastien: Jean-Baptiste Charbonnier, 95 ans de musique à Châlons-en-Cham­ pagne. In: Préludes 85, Ottrott 2014, 6–9.

V. Ästhetik Charles, Odile: Les Oratorios de Georges Migot. L’Harmattan: Paris 2014, 390 S. Carbou, Yvette: Pierre Cochereau – Un art d’illusionniste. Delatour France: Sampzon 2014, 393 S. Cotro, Vincent/Meyer, Véronique/Pujalte-Fraysse, Marie-Luce (Hg.): La première œuvre. Arts et musique XVe-XXIe siècles. Presses Universitaires de Rennes: Rennes 2014, 325 S. Liao, Lin-Ni/Battier, Marc (Hg.): Fusion du temps. Passé-Présent Extrême Orient – Ext­ rême Occident. Delatour France: Sampzon 2014, 156 S. Betr. den Zeitbegriff in Ost und West. Mareuil, Pierre de: Les Negro Spirituals, de l’esclavage à l’espérance. In: Hokhma (Revue suisse de réflexion théologique) 105 (2014). Martin, Marie-Pauline/Savettieri, Chiara (Hg.): La musique face au système des arts ou les vicissitudes de l’imitation au siècle des Lumières. Vrin: Paris 2014, 352 S. Münch, Marc-Mathieu: La beauté artistique. L’impossible définition indispensable. Pro­ légomènes pour une artologie future: Champion: Paris 2014, 156 S. Betr. auch die Musik und eine neue Disziplin: Artologie. Nicolas, François: Le Monde-Musique I. L’œuvre musicale et son écoute. Éditions Aedam Musicae: Château-Gontier 2014, 259 S. Viel, Nicolas: La musique et l’axiome. Création musicale et néo-positivisme au 20e siècle. Delatour France: Sampzon 2014, 365 S.

Verzeichnis der zitierten Strophen und Lieder Abide with me 142 Alla har brått 165 Allein Gott in der Höh sei Ehr 165 Aube nouvelle 155 Aus dem Himmel ohne Grenzen 168 Aus unsren Städten schrei’n, o Gott 165 Behold us, Lord, a little space 165 Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott 157 Breit aus die Flügel beide 165 Brunn alles Heils, dich ehren wir 165 Christ, unser Herr, zum Jordan kam 165 d’Allerhoogste zij geprezen 141 Danke für diesen guten Morgen 155, 168 Das ist ein köstlich Ding 157 Das Jahr steht auf der Höhe 168 Das könnte den Herren der Welt ja so pas­ sen 159 Das Wort geht von dem Vater aus 169 Dear Lord and Father of mankind 142 Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt 165 Der Lärm verebbt 168 Dona nobis pacem; 169 Du hast mein Klagen in Tanzen verwan­ delt 168 Du lässt den Tag, o Gott, nun enden 168 Ehre sey Gott in der Höhe 35 Ein Danklied sei dem Herrn 168 Ein feste Burg ist unser Gott 161, 171 Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt 155 Eine große Stadt entsteht 165 Engel auf den Feldern singen 169 Erde singe, dass es klinge 169 Erhör, o Gott, mein Flehen 156 Es ist das Heil uns kommen her 164 Gott loben in der Stille 169

Gott Vater, dir sei Dank gesagt und Ehre 168 Gott, der du alles Leben schufst 167 Herr, bleibe bei uns 169 Herr, Deine Liebe ist wie Gras und Ufer 157 Herr, du weißt, weißt, wie arm wir wan­ dern 154 Herr, mach uns stark 169 Herr, steh uns bei, die kleine Zahl der Frommen 165 Heut bin ich meines Heilands Gast 165 Hinunter ist der Sonne Schein 168 Holy, holy, holy, Lord God Almighty 142 Ich bete an die Macht der Liebe 35 Ich liege, Herr, in deiner Hut 156 Ich lobe meinen Gott von ganzem Her­ zen 157, 168 Ich möchte, dass einer mit mir geht 159 Jouw leven staat aan het begin 165 KA, der Geist spricht 37 Komm in unsre stolze Welt 154, 165 Kommt Seelen, die ihr durch die Luft 165 Kommt, Kinder, lasst uns gehen 168 Långt borta i ett främmat land 165 Lamm Gottes 37 Lead, kindly Light 142 Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn 169 Manchmal kennen wir Gottes Willen 157 Meine Augen finden deinen Himmel nicht 169 Meine engen Grenzen 159 Meinem Gott gehört die Welt 168 f Mit Fried und Freud ich fahr dahin 168

Verzeichnis der zitierten Strophen und Lieder Morgenlicht leuchtet 169 Morning has broken 169 Nous avons vu les pas de notre Dieu 155 Now thank we all our God 169 Nun danket alle Gott 169 Nun freut euch, lieben Christen g’mein 168 Nun komm, der Heiden Heiland 164 Nun ruhen alle Wälder 165 O God, our help in ages past 142 f O Gott, der mit uns ist 169 O Haupt voll Blut und Wunden 169 O heiligste Dreifaltigkeit 169 O Herr, wenn du kommst 169 O lass dein Licht auf Erden siegen 169 O’er the gloomy hills of darkness 135 Our cities cry to you, O God 165 Praise, my soul the King of heaven 141 Rock of ages, cleft for me 142, 146 Segne dieses Kind 156 Sie schrien vor dem Tod 165 Sieh diesen Spalt der Tageszeit 165 Sing to the Lord, ye distant lands 135 Singt dem Herrn, alle Völker und Ras­ sen 155 Singt dem König Freudenpsalmen 169 Singt unserm Gott, ja singt ihm 154

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So führst du doch recht selig 165 Steh uns bei in dieser Stunde 169 Stern, auf den ich schaue 168 Such, wer da will, ein ander Ziel 165 Suchen und fragen 155 Take my life and let it be 142 There is a green hill far away 165 Tief im Schoß meiner Mutter gewo­ ben 169 Und suchst du meine Sünde 156 Vater unser im Himmelreich 164, 168 Veni redemptor gentium 164 Verbum supernum prodiens 169 Verzage nicht, du Häuflein klein 168 Vom Aufgang der Sonne 169 Von guten Mächten 165 Wach auf, du Geist der ersten Zeugen 168 Wach auf, wach auf, ’s ist hohe Zeit 168 Weit wie das Meer ist Gottes große Liebe 157 Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht 155, 159 Wie ein Fest nach langer Trauer 169 Wir glauben Gott im höchsten Thron 165, 169 Wir haben Gottes Spuren festgestellt 155

Verzeichnis der Personennamen Adam, Ruth 63 Adler, Dietmar 93 Agricola, Alexander 172 Aguilera de Heredia, Sebastian 174 Akepsimas, Jo 155 Albert, Heinrich 166 Alexander, Cecil Frances 165 Alexopoulos, Stefanos 56 Alonso, Antonio 62 Altendorf, Bettina 36 Amiet, Robert 16 Anderson, E. Byron 63 f Andreevsky, A. 37 Aquin, Thomas von 116 Arbbuckle, Gerard A. 60 Arnaud, Brigitte 173 Arnold, Gottfried 165 Arnold, Jochen (M.) 93, 98, 113, 162, 164, 170 Arnold, Matthieu 176 Assel, Heinrich 91 Atanassova, Diliana 72 Auden, Wystan Hugh 146 Auf der Maur, Hansjörg 15, 17 Axtmann, Dominik 170 Ayari, Mondher 171–174, 177 Bach, Johann Sebastian 161 f, 164, 175 Back, Gerlinde 82 Bagry-Thienpont, Séverine 174 Balders, Günter 167 f Baldovin, John E. 62 Bank, Annie 149 Barnard, Benno 145, 151 Barnard, Marcel 131–133, 136, 142 Barnard, Renata 145 Barnard, Willem 131, 144–146, 151 f Bärsch, Jürgen 10 Barth, Karl 58, 158 Bartole, Tobias 94 Baschera, Luca 72 Battier, Marc 177

Bauer, Dorothee 169 Bauer, Thomas 21 Baumann, Nadine 17 Baumert, Nobert 83 Baumstark, Anton 55 Becker, Hansjakob 31 Beethoven, Ludwig van 111, 161 Beilschmidt, Daniel 163 Beleth, Johannes 31 Bell, Catherine 111 Belliger, Andréa 30 Ben-Chorin, Schalom 156 Bennett, Miranda Henry 62 Bennink Janssonius, Roelof 140 f Berger, Rupert 10 Berger, Teresa 55, 62 Berlis, Angela 72 Berndt, Lennart 90 Berthier, Jacques 105 f Besten, Ad den 131 Bexell, Oloph 60 Bieler, Andrea 97 Bieringer, Andreas 72 Bilderdijk, Willem 140 Binczek, Natalie 168 Binder, Christian 91 Birken, Sigmund von 163 Bjorlin, David D. 65 Blackstone, Daniel 175 Block, Detlev 167 Bluteau, Olga 172 Bohren, Rudolf 164 Bonhoeffer, Dietrich 158, 165 Bonifatius 161 Bonniffet, Pierre 172 Boonstra, Harry 143 Bortnjanskij, Dimitrij Stepanowitsch 35 Bouteneff, Peter 58 Bradshaw, Paul F. 14, 20, 58 f, 65 Brahms, Johannes 176 Brakmann, Heinzgerd 72 Brändlin, Sabine 94

Verzeichnis der Personennamen Brantl, Johannes 73 Braun, Andrea 112 Braun, Hans-Peter 168 Breda, James van 141 Bredenbach, Ingo 160 Breij, Mieke 146 Breitenbach, Roland 94 Brenner, Dennis 94 Brodbeck, David 35 Brons, Joop 144, 146, 152 Brown, Sally A. 66 Brunk, Timothy 63, 65 Brusniak, Friedhelm 170 Bubmann, Peter 89, 168, 170 Buchanan, George 172 Bucher, Rainer 91 Buchinger, Harald 13 f, 17 Buckley, James J. 58 Bugenhagen, Johannes 163 Bukowski, Sylvia 94 Bunia, Remigius 168 Bunners, Christian 163, 167 Burchard von Worms 21 Burg, Wim ter 165 Burke, Bill 62 Burkhardt, Ulrich 96 Burns, J. Patout 58 Burton-Edwards, Taylor W. 64 Céard, Jean 171 Cabanilles, Juan Bautista 174 Calvin, Johannes 120 Calvör, Caspar 163 Canguilhem, Philippe 173 Carbou, Yvette 177 Carr, E. 14 Cartayrade, Alain 176 Chabrier, Jean-Claude 171 Chapungco, Anscar 61 Charbonnier, Jean-Baptiste 177 Charles, Odile 177 Chase, Nathan P. 63 Chronz, Tinatin 72 Clarkson, Margaret 165 Clemen, Carl 20 Cobussen, Marcel 107 Cocagnac, Maurice 155 Cochereau, Pierre 177 Collins, John N. 63

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Connell, Martin 59, 62 Copper, Christine 94 Corbier, Christophe 176 Cotro, Vincent 177 Couperin, François 175 Creutzberg, Hendrik Willem 140, 143, 152 Crowley, Eileen D. 62 f Crüger, Johann 167 f Cullura, Nicholas 63 Cummings, Owen B. 62 Cuplinskas, Indre 63 Cyprian 117 Da Costa, Isaac 140 Damon-Guillot, Anne 174 De Clerck, Paul 63 Deckers, Jeanne-Paule Marie 155 Deeg, Alexander 73 Del Court van Krimpen, Johanna Isabelle 143 Dembeck, Till 168 Denizeau, Cécile 175 Denizeau, Gérard 175 Dennery, Annie 172 f Denysenko, Nicholas 56, 62 f, 65 Desprez, Josquin 174 Detscher, Alan 59 Dijkstra, Bouwe 144, 150–152 Dingel, Irene 119 Distler, Hugo 135 f Doé de Maindreville, Florence 177 Dobrochotov, B. 35 Doelman, Jan 131 Dölger, Franz Joseph 20 f Dom Guéranger, Prosper 67 Doormann, Ulrike 96 Döring, Jörg 168 Dornemann, Axel 67 Dostal, Christian 156 Dremel, Erik 92, 160 Dressler, Gallus 173 Duck, Ruth C. 60 Dufourcet, Marie-Bernadette 174 Dulles, Avery 116 f Durheim, Benjamin 62 Duruflé, Marie-Madeleine 176 Duruflé, Maurice 176 Dykes, John Bachus 142

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Verzeichnis der Personennamen

Ebrecht, Ronald 176 Eckert, Eugen 159 Edgar, William 176 Edie, Fred 64 Eham, Markus 170 Ehrhorn, Manfred 153 Eicher, David 54 Eisenhofer, Ludwig 10, 17 Eliot, Thomas Stearns 146 Ellerton, John 165 Ellingsen, Svein 165 Engemann, Wilfried 91 Erber, Silvia Maria 161 Etcharry, Stéphan 177 Etzelmüller, Gregor 74, 91 Evang, Martin 168 Fagerberg, David W. 61 Falaturi, Parvis H. 74 Faller, Joachim 164 Färber, E. 10 Fendler, Folkert 91 Feneyrou, Laurent 174 Ference, Damian J. 62 Ferguson, Everett 58 Feuerbach, Ludwig 158 Feuillie, Jacques 174 Findeisen, Nikolai 37 Finke, Christian 170 Fischer, Balthasar 10 f Fischer, Michael 160–162 Flammer, Ernst Helmuth 164 Flores Arcas, Juan Javier 31 Föllmi, Beat 161, 171 Forsyth, W. H. 143 Francis, Mark B. 63 Frangne, Pierre-Henry 174 Franz, Adolph 10 f, 17, 20 f, 23, 26, 28 Franz, Ansgar 170 Frescobaldi, Monica de Girolamo Ales­ sandro 175 Freud, Sigmund 158 Frey, Dominik 94 Freylinghausen, Johann Anastasius 163 Frick, Christopher 163 Friedrich Wilhelm III. 36, 40 Friedrich Wilhelm IV. 40 Friedrichs, Lutz 44, 91 Frumkis, Tatjana 35, 37 f

Fuchs, Guido 95 Fuhrmann, Siri 168 f Gambrell, David 64 Gardiner, John Eliot 175 Garhammer, Erich 73, 91 Gayte, Francis 177 Geay, Gérard 173 Geertz, Clifford 137, 151 Gehring, Hans-Ulrich 97 Geldhof, Joris 62 Gelineau, Joseph 155 Gembris, Heiner 164 Gerhards, Albert 9, 93 Gerhardt, Christian 167 Gerhardt, Ida Gardina Margaretha 148 Gerhardt, Paul 117, 165 German, Kinga 90 Gies, Wolfgang 95 Ginzburg, Carlo 32 Glade, Winfired 18 Gnandt, Georg 169 Goldschmidt, Stephan 95, 164 Gräb, Wilhelm 92 Gradl, Hans-Georg 73 Graft, Guillaume van der 131 Graham, Barry F. H. 65 Grahl, Kurt 155 Grells, Eduard 39 Grethlein, Christian 43, 75 Grieg, Edvard 176 Grimes, Ronald 150 Grössing, Joachim 169 Grünling, Markus 96 Grutschnig-Kieser, Konstanze 161 Guillot, Pierre 176 Guilmant, Alexandre 176 Guy, Genevan 137, 149–151 Haag, Norbert 160 Hage, Jan 132 Hahn, Gerhard 168 Haimerl, Xaver 13 f Haldeman, W. Scott 64 Hallqvist, Britt G. 165 Hamann, Matthias 67 Hameline, Jean-Yves 172, 174 Händel, Georg Friedrich 175 Harinck, Piet 138

Verzeichnis der Personennamen Harmon, Katherine E. 56, 62 Harmon, Kathleen 107–111 Harms, Silke 96 Hart, David Bentley 58 Harting-Correa, Alice L. 21 Hascher, Xavier 173 Haspelmath-Finatti, Dorothea 76 Hasper, Hendrik 139 f, 143 Haug-Moritz, Gabriele 160 f Hauke, Manfred 77 Häußling, Angelus A. 87 Haußmann, Annette 92 Havergal, Frances Ridley 142 Havsteen, Sven Rune 163 Haydn, Michael 111 Heber, Reginald 142 Heer, Anje de 104 Heer, Johannes de 140–142 Heid, Stefan 77 Helder, Johannes 140 f Hellmann, Wilhelm 67 Helmke, Julia 93 Henkys, Jürgen 164 f Herbert, George 146 Herbst, Wolfgang 36, 168 Herngreen, George Friedrich Walde­ mar 138 f Herrmann, Eckhard 96 Herzogenberg, Heinrich von 161 Heurich, Winfried 159 Heye, Andreas 164 Heyl, Andreas von 77 Hieke, Thomas 96 Hiley, David 14 Hinkmar von Reims 21 Hirsch, Andreas 161 Hirt, Walter 162, 170 Hitler, Adolf 145 Hodemont, Léonard 174 Höfele, Bernhard 35 Hogue, David A. 64 Holladay, Carl R. 58 Honders, Casper 139 Höndgen, Frank 170 Hönerlage, Christoph 154 Hoondert, Martin J.M. 104, 131 Horaz 172 Horn, Wolfgang 14 Houtman, Wim 145

Hück, Anneliese 97 Hupfauf, Sandra 161 Iff, Markus 92 Imberty, Michel 174 Inwood, Paul 62 Jäger, Kirsten 162 Jammer, Beate 97 Jansen, Hans 135 Janssens, Peter 155 Janz-Spaeth, Barbara 97 Jeggle-Merz, Birgit 79 Jensen, Robin M. 58 f Johnson, Clare V. 62 Johnson, Maxwell E. 20, 58 f, 62 f Joncas, Jan Michael 63 Jones, Patrick 62 Jong, Klaas-Willem de 142 Jonker, Evert 105 Jorissen, Matthias 165 Joseph II. 166 Juhre, Arnim 157 Jungmann, Josef Andreas 18 Junsinger, George 58 Kaiser-Berger, Syliva 97 Kaiser, Jochen 115, 164, 168 Kalipp, Wolff 176 Kampmann, Jürgen 37, 40 Kant, Immanuel 158 Kärkkäinen, Veli-Matti 120, 123 Kasyan, Susanne 173 Keil, Siegmar 169 Kéler, Yves 171 Kemnitzer, Konstanze Evangelia 77 Kennel, Gunter 162 Kerner, Hanns 84 Keym, Stefan 176 Keyzer, Ad de 104 Kircher, Athanasius 161 Kirchschläger, Walter 79 Kirschner, Martin 78 Kirsner, Inge 93, 97 Klassen, Janina 161 Klek, Konrad 161 f, 169 Klepper, Jochen 156, 165 Kliefoth, Theodor 56 Klöckener, Martin 18

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Verzeichnis der Personennamen

Kloppenburg, Wim 142 Knecht, Dagmar 98 Knecht, Justin Heinrich 142 Knobloch, Stefan 78 Knoke, Derek 62 Knowles, Walter 63 Köbler, Hans 159 Kobusch, Irmentraud 98 Koenen, Hendrik Jacob 140 f, 151 f Koep, Leo 20 Kok, Cornelis G. 168 Koldau, Linda Maria 161 Konstandin, Kurt 100 Kooy, Maarten 146 Kort, Aart de 131 Korth, Hans-Otto 166 f Kranemann, Benedikt 62, 73 Krätzl, Helmut 80 Krentz, Natalie 80 Kreuels, Matthias 170 Krieger, David J. 30 Kroesen, Justin 91 Krosnicki, Thomas A. 63 Krummacher, Christoph 162, 164 Kubicki, Judith 105 f Kümin, Beat 161 Kunath, Siegward 167 Kunz, Ralph 72 Kurzke, Hermann 166 Kusmierz, Katrin 162 Küster, Konrad 162 f Kutzner, Hans-Jürgen 98 Kuyper, Abraham 140, 142 f, 150–152 Laar, Jan D. van 104 Lacôte, Thomas 176 Lacombe, Hervé 174 Lafargue, Yves 175 Lai, Antonio 171–174, 177 Lam, Hanna 165 Lammens, Gerrit Nicolaas 148 Lange, Barbara 168 Langer, Robert 150 Langwald, Marie-Luise 98 Larson-Miller, Lizette 63 LaSalle Jr., Donald G. 63 Lasso, Orlando di 111 Lathrop, Gordon W. 60, 62, 65 Laube, Matthew 161

Laurence, John D. 57 Lauterwasser, Helmut 168 Laytham, D. Brent 64 f Lebedeva-Jemelina, Antonia 37 f Leblanc, Jean-Marc 176 Ledger, Philip 149 Leeuw, Gerardus van der 134, 136, 143, 145, 152 Lefèvre de La Boderie, Gui 171 Leguay, Jean-Pierre 175 Lehmann-Etzelmüller, Monika 98 Lehndorff, Hans von 154, 165 Lehnert, Christian 73, 99 Leitzke, Timothy Andrew 59 Lengeling, Emil Joseph 10 Lengerich, Martina van 169 Leonhard, Clemens 9 Leopold, Ulrich 36 Leroy, Marc 174, 177 Leteuré, Stéphane 176 Leube, Bernhard 166, 168 f Leupold, Ulrich 36 f, 39 Lhopiteau-Dorfeuille, Michèle 175 Liao, Lin-Ni 177 Lieberknecht, Ulrich 115 Lieburg, Fred van 141 Lissy-Honegger, Frank 169 Livljanic, Katarina 172 Lohaus, Gerd 99 Löhe, Wilhelm 56 Long, Kimberly Bracken 59 Lorbeer, Lukas 166 Lord, Jennifer 66 Lueders, Kurt 176 Luff, Alan 153 Lunk, Johanna 78 Luther, Martin 117–120, 161 f, 164 f, 171, 175 Lutz, Wilhelm 35 Lütze, Frank M. 92 Lyon, James 176 Lyte, Henry Francis 142 Maas-Ewerd, Theodor 18 Macdonald, Megan 64 Madathummuriyil, Sebastian 65 Madey, Johannes 31 Magas, Kevin D. 62 Mager, Inge 163

Verzeichnis der Personennamen Mahrenholz, Christhard 17 f Maker, Frederick Charles 142 Manaud, Olivier 172 Mareuil, Pierre de 177 Maria Theresia 166 Marshall, Bruce D. 58 Marti, Andreas 153, 160, 162, 169 Marti, Kurt 157, 159, 165 Martin, Marie-Pauline 177 Martini, Britta 162, 164, 168 f Marx, Karl 134, 158 März, Claus-Peter 155 Masaki, Naomichi 56 Massmann, Monika 99 Mattheson, Johann 173 Maurer, Adolf 154 Mawick, Gudrun 99 May, Franziska 163 McConnell, Christian 56 McGowan, Andrew B. 56 McKenna, John H. 57 McMullen, Dianne M. 163 Mehrtens, Frits 146–148 Mendelssohn, Moses 165 Mendez, Hugo 65 Messiaen, Olivier 162 Meyer-Blanck, Michael 73, 92 Meyer, Claire 174 Meyer, Véronique 177 Meyers, Ruth A. 66 Michael, Mark A. 66 Michie, Michael 137 Miersemann, Wolfgang 163, 167 Migot, Georges 177 Mirbach, Sabine 169 Mitchell, Nathan D. 64 Modeß, Johannes 91 Mödritzer, Helmut 100 Moeschinger, Albert 154 Mohlberg, Leo C. 15 Moisi, Stephanie 161 Monk, William Henry 142 Moore-Keish, Martha 58 Morill, Bruce T. 63 Morin, Jean-Baptiste 172 Mothschiedler, F. 36 Mozart, Wolfgang Amadeus 162 Mudde, Willem 132, 134, 136 Müller, Jörg 79

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Müller, Karl Otfried 176 Müller, Konrad 84 Münch, Marc-Mathieu 177 Murphy, Francesca Aran 58 Myers, Jacob D. 63 Nawar, Alexander 81 Neijenhuis, Jörg 42, 67 Neithardt, August 35 Neumann, Brigitte 162 Neumann, Burkhard 81 Neumeister, Erdmann 163 Newman, John Henry 142 Nicolas, François 177 Niehüser, Isolde 98 Nogrady, Gaston 82 Norén, Carol 64 Novak, Joseph A. 66 Nusser, Stefan 162, 164 Ochel, Joachim 43, 92 Ockeghem, Johannes 173 Odenthal, Andreas 82 O’Donoghue, Neil Xavier 56 O’Laughlin, Thomas 63 Omonsky, Ute 160, 166 f Oost, Gert 135 f, 144, 146, 148, 150, 152 Oosterhuis, Huub 168 Otte, Hans 162 f Oussoren, Pieter 144, 148, 150, 152 Palacios, Rafael 173 Parenti, S. 14 Parlevliet, Leendert Jan 131 Parsch, Pius 17, 19 Pasquerello, Michael 64 Patzelt, Wernder J. 82 Pepping, Ernst 135 f Pérès, Marcel 172 Peterson, Jeffrey 57 Petty, Margaret 176 Petzoldt, Martin 162 Pfarreicher, Philip H. 61 Philips, L. Edward 20 Piéjus, Anne 173 Pichard, Jacques 172 Pitt, David 56 Pivarnik R. Gabriel 60 Planyavsky, Peter 170

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Verzeichnis der Personennamen

Plieth, Martina 100 Plüss, David 162 Poetzsch, Ute 163 Poisblaud, Damien 172 Pokorny, Rudolf 21 Porter, James 172 Post, Paul 133, 136, 142 Powery, Luke A. 66 Praetorius, Michael 163 Pramuk, Christopher 63 Praßl, Franz Karl 166, 170 Press, Irwin 137, 151 Probst, Hermann, M. 83 Prusak, Bernard P. 66 Pujalte-Fraysse, Marie-Luce 177 Puza, Verena 83 Quartier, Thomas 150 Quetin, Laurine 175 Radner, Ephraim 59 Ramaut-Chevassus, Béatrice 174 Ramshaw, Gail 59, 64 Rapsch, Ute 94 Raschzol, Klaus 84 Ratzmann, Wolfgang 68, 92 Rausch, Thomas P. 66 Ray, Walter D. 57 Reda, Siegfried 135 Redtenbacher, Andreas 84 Reich, Christa 168, 170 Reinfandt, Karl-Heinz 153 Reinke, Stephan A. 100, 164, 167 Renard, Sébastien 177 Rennings, Heinrich 18 Renoud, Gabriel 176 Rentsch, Christian 92 Richter, Maik 167 Rijken, Hanna 131 Rillon-Marne, Anne-Zoé 171 Rinckart, Martin 169 Rios, Christopher 176 Rist, Johann 166 Roosien, Mark 65 Root, Michael 58 Rose, Stephen 161 Rouet, Pascale 175 Rouwhorst, Gerard 133, 142 Rückert, Friedrich 169

Ruff, Anthony 64 Runge, W.-D. 21 Rupert von Deutz 21, 27–29 Rupp Fischer, Sandra 164 Ruth, Lester 57, 63 f Saint-Saëns, Camille 176 Sakvarelidze, Nino 84 Saliers, Don E. 65 Sartori, Paul 14 Sato, Nozomi 163 Sattler, Dorothea 11, 92 Schaeidt, Mirijam 73 Scharp, Jan 135 Schechner, Richard 106, 112 Schellenberger, Bernardin 100 Schleiermacher, Friedrich Karl Ernst 158, 162 Schleischitz, Roman 156 Schlenker, Manfred 154 Schmidt-Clausing, Fritz 37 Schmiedl, Joachim 78 Schmitt, L. Cl. 13 Schmuhl, Boje E. Hans 160, 166 f Schneider, Anna 85 Schneider, Enjott 162 Schneider, G. A. 36 Schneider, Herbert 11, 17, 21 f, 25 Schneider, Matthias 93, 163 Schnieder, Herbert 20 Schönbach, Anton 26 Schöner, Angelika 94 Schroeter-Wittke, Harald 167 Schrott, Simon A. 86 Schubert, Anselm 35 f, 38, 40 f Schuberth, Dietrich 164 Schulte Nordholt, Jan Willem 131, 144– 146, 151 Schulz, Frieder 9, 11, 18 f, 31 Schüßler, Werner 73 Schütz, Michael 156 Schwarz, Christian 101 Schwarzburg-Rudolstadt, Ämilie Juliane von 166 Schweikle, Christoph 113 Schweitzer, Albert 176 Schweizer, Rolf 157 Schwemmer, Marius 164 Schwier, Helmut 92

Verzeichnis der Personennamen Scouarnec, Michel 155 Seasoltz, Kevin 62 Seibt, Ilsabe 168 Seidl, Christoph 101 Senn, Frank C. 54, 58, 66 Seraphim, Hans-Christian 92 Servin, Jean 172 Sigler, R. Matthew 63 Simon, Udo 150 Simons, Menno 120 Skambraks, Tanja 86 Small, Christopher 106, 109 Smelik, Jan 135, 138–141 Smilde, Bernard 138 f Smith, Jonathan Z. 30 Smith, William S. 63 Sneep, Peter 149 Snoek, Jan 150 Sodi, Manilo 31 Soest, Aaldert van 145 Söhngen, Oskar 134 Spinks, Bryan D. 58 Stalmann, Joachim 168 Stamm-Kuhlmann, Thomas 35 Staples, Peter 142 Steenwyk, Carrie 57 Stegers, Rudolf 69 Stein, Edith 156 Steiner-Grage, Stefanie 161 Steiner, Bruno 20 Stewart, Benjamin M. 64, 66 Stimmer-Salzeder, Kathi 156 Stock, Alex 101 Stockhausen, Karlheinz 176 Stockhoff, Nicole 87, 99 Stoffers, Johannes 102 Stoianova, Ivanka 176 Stollberg, Dietrich 88 Stolze, Jürgen 81 Strabo, Walahfried 10 Stratmann, Martina 21 Stuflesser, Martin 9–11, 32, 88 Sueur, Agathe 173 Sullivan Francis A. 63 Szasz, Margaret Connell 137, 151 Taft, Robert F. 14, 18, 55, 64 Talkner, Katharina 161 Tan, Jonathan Y. 66

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Tångeberg, Peter 91 Tanner, Klaus 42 Tchorek, Denis 175 Thalhofer, Valentin 17 Theißen, Henning 92 Thiermeyer, A.-A. 14 Thissen, Paul 164 Thomas von Aquin 25, 28 Tinctoris, Johannes 173 Todd, Larry R. 35 Tongeren, Louis van 133, 142 Toorn, Arend van der 148 Toplady, Augustus Montegue 142 Torquemada, Juan de 25, 30 Tournemire, Charles 176 Trachier, Olivier 173 Turcaninov, Pjotr Ivanowitsch 38 Turellier, François 172 Turnbloom, David Farina 62, 65 Turner, Jack 65 Turner, Paul 62, 64 Ühlein, Hermann 31 Unterseher, Cody C. 65 Untraut, Hermann Joseph 62 Urban, Albert 82 Usken, Ute 150 Valkestijn, Jan 131, 144, 147, 149 f, 152 Vaughan Williams, Ralph 176 Vega, April Stace 64 Velkovska, E. 14 Venbrux, Eric 150 Verhulst, Hans 131 Viel, Nicolas 177 Viret, Jacques 173 Vogel, Willem 132, 146 Vosko, Richard S. 65 Wall, Heinrich de 42 Walter, Meinrad 161 f, 169 f Walter, Silja 165 Walton, Regina L. 65 Warkentin, Heide 102 Watts, Isaac 135, 141 f Weber, Bernahrd Anselm 36 Weber, Édith 171 f, 174–176 Weber, Fabian 14 Weidemann, Hans-Ulrich 89

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Verzeichnis der Personennamen

Weil, Louis 65 Weinreich, L. 31 Weiß, Thomas 102 Welker, Michael 92 Werck, Isabelle 176 Wesley, Charles 134, 141 f Wesley, John 142 West, Fritz 55, 59, 64 Westhof, Jochem 102 Westra, Evert 145, 147 Weyel, Birgit 89 Whitfield, Charles 175 Whittier, John Greenleaf 142 Wiegers, Jan 150 Wieprecht, Wilhelm 35 Wilkey, Glaucia Vasconcelos 61 Willa, Josef-Anton 164 Willers-Vellguth, Christine 103 Williams, Charles 146 Williams, William 135 Wills, Garry 58 Wilson, George B. 63 Wissemann, Antje 169 f Wissemann-Garbe, Daniela 160

Wit, Jan 146 Witczak, Michael G. 58 Witt, Dieter 103 Wittenberg, Andreas 35 Witvliet, John D. 57 Woensel Kooy, Suzanna Maria van 140, 142 Wolf, Eric 137, 151 Wöllenstein, Helmut 44, 91 Work, Telford 58 Zagano, Phyllis 64 Zammour, François 171 Zenetti, Lothar 156 Zerfaß, Alexander 169 Zeyde, Marie Helene van der 148 Zils, Diethard 155 Zimmer, Markus 167 Zimmerling, Peter 103 Zimmermann, Bernd Alois 174 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von 165 Zons, Alexander 168

Ständige Berater Dozent Günter Balders, Berlin Kantor Pfarrer Peter Ernst Bernoulli, Zürich Prof. Dr. Christfried Böttrich, Greifswald Prof. Dr. Paul F. Bradshaw, Notre Dame/ Ind., USA Pfarrer Dr. Christian Bunners, Berlin Prof. Dr. Bruno Bürki, Neuchâtel Prof. Dr. Joachim Conrad, Püttlingen Prof. Dr. Peter Cornehl, Hamburg Prof. Dr. Christian Felmy, Erlangen Dr. Ilona Ferenczi, Budapest Prof. Dr. Gerhard Hahn, Regensburg Prof. Dr. Andreas Heinz, Auw a. d. Kyll Canon Prof. Dr. David R. Holeton, Toronto/Prag Prof. Dr. Jürgen Henkys, Berlin Prof. Dr. Konrad Klek, Erlangen Prof. Dr. Hermann Kurzke, Mainz Dozentin Barbara Lange, Mirow Rev. Prof. Dr. Robin A. Leaver, Dover, USA Rev. Alan Luff, Cardiff, Wales

Prof. Dr. Jan R. Luth, Groningen Pfarrer em. Dr. h. c. Jens Lyster, Broager, Dänemark Prof. Dr. Christian Möller, Heidelberg Prof. Dr. Michael Niemann, Rostock Prof. Dr. Peter Poscharsky, Erlangen Prof. Dr. Franz Karl Praßl, Graz Prof. Dr. Klaus Raschzok, Neuendettelsau Pfarrer Heinrich Riehm, Heidelberg Prof. Dr. Martin Rößler, Bronnweiler Propst Dr. Eberhard Schmidt, Göttingen Pfarrerin Dr. Ilsabe Seibt, Potsdam Lic. theol. Hannu Vaapavuori, Vantaa, Finnland Superintendent i. R. Alexander Völker, Minden (Westf.) Prof. ém. Dr.ès lettres Édith Weber, Paris Prof. Dr. Paul Westermeyer, St. Paul/Mn., USA Pfarrer Dr. Karl-Friedrich Wiggermann, Münster Dr. Andreas Wittenberg, Bamberg

Autorinnen und Autoren Autoren Liturgik

Autoren Hymnologie

Prof. Dr. Clemens Leonhard Westfälische Wilhelms-Universität Münster Katholisch-theologische Fakultät Seminar für Liturgiewissenschaft Robert-Koch-Str. 40 48149 Münster E-Mail: clemens.leonhard@uni-muens­ ter.de https://www.uni-muenster.de/FB2/ personen/liturgie/leonhard.shtml

Prof. Dr. Marcel Barnard Professor für Praktische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Univer­ sität Amsterdam, Professor für Litur­ giewissenschaft an der Freien Universi­ tät Amsterdam und ao. Professor für Praktische Theologie an der Universität Stellenbosch, Südafrika. Postbus 7161 NL-1007 MC Amsterdam

Prof. Dr. Jörg Neijenhuis Mombertstr. 11 69126 Heidelberg E-Mail: [email protected]­ delberg.de www.neijenhuis.de www.theologie.uni-heidelberg.de/ fakultaet/personen/neijenhuis.html Prof. Dr. Anselm Schubert Friedrich-Alexander Universität Erlan­ gen-Nürnberg Fachbereich Theologie Kochstr. 6 91054 Erlangen E-Mail: [email protected] http://www.theologie.uni-erlangen.de/ institute/institut-fuer-kirchenge­ schichte/lehrstuhl-fuer-kirchenge­ schichte-ii-neuere-kirchengeschichte. html Frank C. Senn, Ph. D. is Pastor of Immanuel Lutheran Church in Evanston, Illinois and adjunct professor of the history of Christian worship at Garrett-Evangeli­ cal Theological Seminary in Evanston. He is past president of The Liturgical Conference and the North American Academy of Liturgy. E-Mail: [email protected]

Dr. Martin J. M. Hoondert lehrt als Dozent für „Musik, Religion & Ritual“ an der Universität Tilburg. In seinen Forschungen beschäftigt er sich mit Musik und dem Tod: Das moderne Requiem als Verklanglichung von Todesvisionen, Requiemkonzerte, musikalisches Repertoire für Beerdi­ gungsrituale, Musik und Trauer. Dane­ ben befasst er sich mit Ritualen und musikalischen Monumenten im Kon­ text von Gedenkfeiern, vor allem Gedenkfeiern für Kriege (1. und 2. Weltkrieg) und Genozide (insbeson­ dere Srebrenica). Martin Hoondert ist Chefredakteur des „Gregoriusblad“ (Zeitschrift für liturgische Musik) und Redakteur von „Vieren“, dem „Jaar­ boek voor liturgie-onderzoek“, sowie der Bücherreihen „Meander“, „Nether­ lands Studies in Ritual and Liturgy“ und „Liturgia Condenda“. Darüber hinaus leitet er als Dirigent den Litur­ giechor Katharsis (Tilburg). Tilburg School of Humanities PO Box 90153 NL-5000 LE Tilburg [email protected] Dr. theol. Andreas Marti Geb. 1949. Theologie- und Musikstu­ dium in Bern (Orgel und Cembalo),

Autorinnen und Autoren Promotion mit einer Dissertation über Kantaten von J.S. Bach (1981). Kirchen­ musiker in Köniz bei Bern. Bis 2014 Fachbeauftragter der Liturgie- und Gesangbuchkonferenz der evang.-ref. Kirchen der deutschsprachigen Schweiz und Präsident der Liturgiekommission. Titularprofessor für Kirchenmusik an der Theologischen Fakultät der Univer­ sität Bern bis 2015. Dozent für Liturgik und Hymnologie an den Musikhoch­ schulen Bern und Zürich und in der Kirchenmusikausbildung im Kanton Aargau und in der französischsprachi­ gen Schweiz. Gastdozent an der Uni­ versität Zürich und an der Musikuni­ versität Graz. Schriftleiter am „Jahr­ buch für Liturgik und Hymnologie“ bis 2014, Redaktor der Zeitschrift „Musik und Gottesdienst“. Konzerte als Cembalist und Organist in der Schweiz und in Deutschland. Könizstr. 252 CH-3097 Liebefeld Hanna Rijken, MA, MTh, MMus Theologin und Musikerin, ist Dokto­ randin im Fach Liturgiewissenschaften an der Protestantischen Theologischen Universität (PThU) Amsterdam. In ihrer Promotion untersucht sie den anglikanischen „Choral Evensong“ in den Niederlanden. Sie arbeitete mit an der Redaktion des Gesangbuchs der Protestantischen Kirche in den Nieder­ landen („Liedboek – zingen en bidden in huis en kerk“, 2013) und ist Redak­ teurin von „Laetare“ (Zeitschrift für Liturgie und Kirchenmusik). Darüber hinaus leitet sie als Dirigentin das Voc­ aal Theologen Ensemble. Protestant Theological University P. O. Box 7161 NL-1007 MC Amsterdam [email protected]

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Christoph Schweikle, D.Min. (Princeton) Studium der evangelischen Theologie in Tübingen, Basel und Zürich, sowie der Kirchenmusik in Esslingen. Pfarrer der Evangelischen Landeskirche in Würt­ temberg, im EKD-Auslandsdienst in Guatemala und El Salvador, auf der Projektstelle „Gottesdienst“ und aktuell an der Christuskirche in Kirch­ heim unter Teck. Gottesdienstberater, Mitarbeit im EKD-Zentrum für Quali­ tätsentwicklung im Gottesdienst der EKD in Hildesheim. Jesinger Str. 70 73230 Kirchheim unter Teck [email protected] Prof. ém. Dr. Édith Weber Geb. 1925. Emeritierte Professorin für Musikgeschichte an der Université Paris-Sorbonne seit 1994, tätig an der Sorbonne seit 1958. Unterricht am Institut Catholique de Paris und am Instituto Gregoriano de Lisboa. Leite­ rin der Forschungsgruppe „Patrimoine Musical (1450–1750)“. Forschungsge­ biete: Musikgeschichte (Besonders: Reformation und Gegenreformation, Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach). Herausgeberin der Reihen „Gui­ des Musicologiques“ und „Itinéraires du Cantus Firmus“. Veröffentlichungen u. a.: „La musique mesurée à l'Antique en Allemagne“, Paris, 1974 (Diss.); „Le théâtre humani­ ste et scolaire dans les Pays Rhénans“, Paris 1974 (Diss.); „La musique protes­ tante de langue française“, Paris 1979; „La musique protestante en langue alle­ mande“, Paris 1980; „La recherche hymnologique“, Paris 2001. 1016 rue Thibaud F75014 Paris