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German Pages 293 Year 2002
Robert Käß
Inhalt und Grenzen des Grandsatzes der Planerhaltung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 893
Inhalt und Grenzen des Grundsatzes der Planerhaltung Dargestellt am Beispiel der §§ 214-216 BauGB
Von Robert Käß
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Käß, Robert: Inhalt und Grenzen des Grundsatzes der Planerhaltung : dargestellt am Beispiel der §§ 214-216 BauGB / Robert Käß. Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 893) Zugl.: Bayreuth, Univ., Diss., 2001 ISBN 3-428-10698-9
Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10698-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Meinen Eltern
Nichts als fehlgeschlagene Pläne! (Schiller,
Die Räuber)
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2001 von der Rechtsund Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten vereinzelt bis Oktober 2001 eingearbeitet werden. Mein besonderer, ebenso großer wie herzlicher Dank gilt posthum meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. Wilhelm Mößle, für den Anstoß zu dieser Arbeit und die kontinuierliche, nachhaltige Betreuung der entstehenden Dissertation. Er hat mir immer den notwendigen akademischen Freiraum gewährt und mich jederzeit unterstützt. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Wilfried Berg für seine weiterführenden Anregungen und die ungemein schnelle Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Gerhard Dannecker für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuß. Für ihr Verständnis und ihre Unterstützung danke ich ganz besonders meiner Frau Silke Käß-Goller, die diese Arbeit während ihrer eigenen Examensvorbereitung stets mit Sachverstand und offener Kritik begleitet hat. Mein Dank gilt schließlich auch Frau Assessorin Dr. Sabine Hauck, Frau Regierungsrätin z.A. Dr. Katrin Thiel und Herrn Rechtsanwalt Dr. Steffen Kautz für viele angeregte Diskussionen. Bayreuth, Dezember 2001
Robert Käß
Inhaltsverzeichnis Einleitung
19
I.
Der Begriff „Planerhaltung"
19
II.
Ziel und Gang der Untersuchung
20
1. Kapitel
Die dogmatische Einordnung des Planerhaltungsgrundsatzes I.
22
Die Fehlersanktionierung und der Rechtserhaltungsgrundsatz
22
1. Verfassungsrechtliche Direktiven für die Fehlerbehandlung im öffentlichen Recht
22
a) Das Sanktionierungsgebot für fehlerhafte Hoheitsakte aus verfassungsrechtlicher Sicht
23
b) Für die Erhaltung sprechende verfassungsrechtliche Prinzipien
27
c) Zwischenergebnis und Folgerung für die Behandlung von Rechtsverstößen im Verwaltungsrecht
30
2. Die Fehlersanktionierung im Verwaltungsrecht a) Der Begriff des Fehlers b) Die Ausdifferenzierung der Fehlerfolgen
31 31 33
aa)
Die Fehlerfolgen bei Einzelakten
33
bb)
Die Fehlerfolgen bei Rechtsnormen
35
c) Die verbindliche Entscheidung über die Fehlerfolgen 3. Der Grundsatz der Rechtserhaltung
36 37
a) Der Erhaltungsgrundsatz als leitender Rechtsgedanke
37
b) Die Ausprägungen des Rechtserhaltungsgrundsatzes im öffentlichen Recht
38
aa)
Die gesetzliche Einordnung staatlicher Akte in bestimmte Rechtsformen
bb)
Die geltungserhaltende Auslegung
39
cc)
Die Begrenzungsregelungen für Fehlerfolgen
39
dd)
Die Nachbesserungsvorschriften
40
ee)
Die verwaltungsprozessualen Erhaltungsinstrumente
41
ff)
Die Fehlerfolgenbegrenzung in verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsfolgenaussprüchen
42
4. Zusammenfassung
38
42
10
Inhaltsverzeichnis
II.
Der Planerhaltungsgrundsatz als besondere Ausprägung des allgemeinen Erhaltungsprinzips im Planungsrecht
43
1. Der Planerhaltungsgrundsatz als „offenes" Rechtsprinzip
43
2. Die anerkannten Planerhaltungsinstrumente des Raumplanungsrechts.. . a) Die Rechtsformwahl und die Fehlervermeidung
III.
44 44
b) Die Fehlerfolgenbegrenzung
44
c) Die Heilungsvorschriften
45
aa)
Die Differenzierung zwischen Heilungs- und Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen
45
bb)
Das Heilungsinstrumentarium
47
3. Die Abgrenzung der Planerhaltung vom allgemeinen Erhaltungsinstrumentarium
48
4. Zusammenfassung
49
Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung
50
1. Die Einordnung des Planes
50
a) Definitionsansätze für Plan und Planung
50
b) Die Einkleidung von Plänen in die bekannten Rechtsformen
51
c) Die Einordnungsproblematik
53
d) Der Plan als eigene Handlungsform
55
2. Die Beschränkung auf die Raumplanung
56
a) Das Raumplanungsrecht als das am stärksten verselbständigte Gebiet des Planungsrechts
56
b) Die Untergliederung des Raumplanungsrechts
56
3. Zusammenfassung
57
2. Kapitel
I.
II.
Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente unter besonderer Berücksichtigung der Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen
59
Die Zunahme nichtiger Bauleitpläne unter dem Bundesbaugesetz bis zur ersten Novellierung im Jahre 1976
59
1. Die Ausgestaltung des Bebauungsplanes als Satzung durch das Bundesbaugesetz von 1960
59
2. Die Rechtsentwicklung im Bauplanungsrecht bis 1976
63
Die Entwicklung der Folgenbegrenzungsregelungen während der Geltung des BBauG i.d.F. von 1976 und 1979
65
1. Der Einstieg des Gesetzgebers in die Planerhaltung durch die Baurechtsnovelle von 1976
65
2. Die Gesetzgebungstätigkeit im Verwaltungsrecht und im Verwaltungsprozeßrecht
67
Inhaltsverzeichnis 3. Die Rechtsentwicklung im Bauplanungsrecht bis 1979
III.
IV.
69
b) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.9.1979
70
Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986
72
1. Die Ausdehnung der Fehlerfolgenbegrenzung auf materielle Normen durch die BBauG-Novelle von 1979
72
2. Die Entwicklung im Bauplanungsrecht bis 1986
73
a) Die Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchungen zur Normenkontrolle im Bauplanungsrecht
73
b) Die Beurteilung der Planerhaltungsregelungen des BBauG
76
c) Die Tendenzen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
77
d) Die Reformvorschläge der Planungspraktiker
79
Die Entwicklung unter dem Baugesetzbuch 1. Das Baugesetzbuch von 1986 a) Die Novellierung der Planerhaltungsregelungen b) Die verwaltungsprozessualen Neuerungen
V.
69
a) Die Wirkungslosigkeit der bestehenden Erhaltungsinstrumente
80 80 80 81
2. Die Entwicklung des Bauplanungsrechts bis zum BauROG 1998
81
3. Die Entstehung des BauROG
83
a) Die Neuregelungen im Baugesetzbuch
83
b) Bewertung
85
Zusammenfassung
85
3. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern I.
86
Die Anforderungen des BauGB und das Scheitern der allgemeinen Erhaltungsinstrumente
86
1. Die formellen Anforderungen des BauGB
86
2. Die Abschaffung von Verfahrenserfordernissen
86
3. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung
88
a) Entstehung und Inhalt der Wesentlichkeitsprüfung
88
b) Die Schwächen und die Aufgabe der Rechtsprechung zur Wesentlichkeit
89
c) Eigene Stellungnahme
91
4. Das Scheitern des gewohnheitsrechtlichen Inkrafttretens bei formellen Mängeln aufgrund spezifischer Besonderheiten der Planung
92
5. Die prozessualen Lösungsansätze durch die Rechtsprechung
94
6. Zusammenfassung
95
12
Inhaltsverzeichnis
II.
Die absolute Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB
95
1. Der Inhalt des § 214 Abs. 1 BauGB
95
a) Überblick über die Regelung
95
b) Der Begriff der Verfahrens- und Formvorschriften
96
2. Die Rechtsfolgen des § 214 Abs. 1 BauGB
97
a) Die Rechtswirkungen der absoluten Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 1 BauGB
97
aa)
Die Unbeachtlichkeit als Rechtswidrigkeitsausschluß
97
bb)
Die Unbeachtlichkeit als Nichtigkeitsausschluß für unmittelbare Fehlerfolgen 100
cc)
Konsequenzen für das Aufsichtsverfahren
101
b) Der Auskunftserteilungsanspruch als besondere Fehlerfolge
103
3. Der abschließende Charakter des § 214 Abs. 1 BauGB
105
a) Die Unbeachtlichkeit aller nicht genannten Fehler und die Ausnahme bei bewußten Verstößen 105 b) Die abschließende Festlegung der Unbeachtlichkeit
106
4. Zusammenfassung III.
Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern
109 nach
§ 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
109
1. Der Inhalt des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
109
a) Überblick über die Regelung 109 b) Die Voraussetzungen der relativen Unbeachtlichkeit für Verfahrensund Formfehler 110 aa)
Die Hinweispflicht des § 215 Abs. 2 BauGB
110
bb)
Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Rüge (§215 Abs. 1 HS 2 BauGB)
112
cc)
Der rügelose Fristablauf
113
2. Die Rechtsfolgen der relativen Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
IV.
113
a) Die Rechtslage während offener Frist
114
b) Die Rechtslage nach rügelosem Fristablauf
115
c) Die Rechtsfolgen der wirksamen Rügeerhebung
116
3. Zusammenfassung
117
Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit
117
1. Die vertretenen Ansichten zu § 215 Abs. 1 BauGB
117
a) Die verfahrensrechtliche Deutung
117
b) Die materielle Deutung
119
2. Die Diskussion der Auffassungen
120
a) Die Vergleichbarkeit der Unbeachtlichkeit mit Rechtsfiguren des Verwaltungs- und Verwaltungsprozeßrechts 120
Inhaltsverzeichnis b) Eigene Auffassung
121
aa)
Die verfahrensrechtliche Auffassung von der objektiven Voraussetzung der gerichtlichen Überprüfbarkeit 121
bb)
Die Ansicht vom verfahrensrechtlichen Diskussionsverbot.... 122
cc)
Die materielle Auffassung von der Gültigkeitsfiktion
123
dd) Die rein materielle Deutung als gesetzliche Folgenbegrenzungsanordnung 124
V.
3. Die absolute Unbeachtlichkeit nach § 214 BauGB
126
4. Zusammenfassung
127
Verfassungsrechtliche Bewertung der §§214 Abs. 1 und 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 127 1. Verfassungsrechtliche Maßstäbe
127
a) Das Rechtsstaatsgebot
128
b) Die Maßstabsfunktion des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
129
c) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen durch Art. 14 GG
130
2. Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit
131
a) Die Ausklammerung von Verstößen gegen rechtsstaatlich unverzichtbare Anforderungen aus den Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen 131 b) Die absolute Unbeachtlichkeit
131
c) Die relative Unbeachtlichkeit
132
4. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern I.
135
Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
135
1. Die Festschreibung des Abwägungsgebotes durch den Gesetzgeber und die Entwicklung der Abwägungsdogmatik durch die Rechtsprechung.. . 135 2. Die planerische Abwägung als spezifische Besonderheit rechtsstaatlicher Planung 137 a) Die planerische Gestaltungsfreiheit aa)
137
Der Inhalt der planerischen Gestaltungsfreiheit
bb)
Die Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit
cc)
Die Abgrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit Ermessensspielraum
b) Die planerische Abwägung
137 140 zum 141 143
c) Der planungstypische Situationsbezug und die Konkretheit von Planungsentscheidungen 147 d) Die Abwägungsfehlerlehre
151
aa)
Die aus dem Junktim von Planung und Gestaltungsfreiheit folgende Einschränkung der Plankontrolle 151
bb)
Die Maßstäbe der Rechtsprechung
152
14
Inhaltsverzeichnis cc)
Die Besonderheiten der Abwägungsfehlerlehre gegenüber anderen Beschränkungen der gerichtlichen Kontrollintensität.... 156
3. Zusammenfassung II.
159
Das Scheitern allgemeiner Erhaltungsinstrumente und der Übertragung der Planergänzung
159
1. Die rückwirkende Inkraftsetzung als Heilungsinstrument
160
2. Die Feststellung eines späteren Nichtigkeitszeitpunktes 162 3. Die Übertragung der Grundsätze der Planergänzung auf das Bauplanungsrecht 165
III.
4. Zusammenfassung
168
Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
168
1. Überblick über die gesetzliche Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB 168 2. Die Unterscheidung von Abwägungsfehlern im Vorgang und im Ergebnis 169 a) Die Kritik an der Rechtsprechungsansicht
169
aa)
Die Auffassung Kochs
bb)
Die Ansicht Heinzes
169 171
cc)
Die vermittelnde Position Erbguths
173
b) Die Unterscheidung zwischen Vorgangs- und Ergebniskontrolle der Abwägung anhand ihrer Gegenstände 174 aa)
Die Kontrollgegenstände als Anknüpfungspunkte für eine Differenzierung 174
bb)
Die Berechtigung einer gesonderten Ergebnisprüfung
cc)
Die Berechtigung einer eigenständigen Vorgangskontrolle . . . . 177
c) Abschließende Stellungnahme 3. Die Offensichtlichkeit a) Ziel des Gesetzgebers b) Die Offensichtlichkeit als Evidenzkriterium
176 178 180 180 180
aa)
Für die Evidenztheorie sprechende Gründe
180
bb)
Argumente gegen die Deutung der Offensichtlichkeit als Evidenz 181
c) Die Offensichtlichkeit im Sinne einer Beschränkung auf objektive Hinweise 185 aa)
Die Begrenzung auf den „äußeren" Abwägungsvorgang
185
bb)
Die Objektivierung des Nachweises der „äußeren" Abwägungsseite 186
cc)
Die neuere Rechtsprechung zur Erkennbarkeit von Abwägungsmängeln im Vorgang 187 (1) Die strenge Auffassung von den konkreten Hinweisen auf Abwägungsfehler 187 (2) Die Kritik in der Literatur
189
Inhaltsverzeichnis (3) Die vermittelnde Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung 190 dd) Eigene Auffassung
190
d) Zusammenfassung
191
4. Die Auswirkungen auf das Ergebnis 5. Verfassungsrechtliche Bewertung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a) Verfassungsrechtliche Maßstäbe b) Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit
IV.
192 194 194 196
aa)
Rechtfertigung der Offensichtlichkeit
196
bb)
Rechtfertigung der Ergebnisrelevanz in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB 197
cc)
Das Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange
198
Die scheinbare Erhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB
199
1. Der Inhalt der Bestimmung
199
2. Die verfassungskonforme Auslegung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB. . 201 a) Die frühere Rechtsprechung
201
b) Die neuere Rechtsprechung
202
c) Bewertung der Rechtsprechungsauffassung
205
aa)
Die Verdoppelung des Kontrollzeitpunktes für das Abwägungsergebnis 205
bb)
Die Beschränkung des Prüfungsumfanges
207
3. Zusammenfassung und Bewertung der planerhaltenden Wirkung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 208 V.
Die relative Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
209
1. Inhalt und Rechtsfolgen
209
2. Verfassungsrechtliche Bedenken
210
a) Die Vorbehalte in den Gesetzesmaterialien
210
b) Fehler im Abwägungsvorgang
211
c) Fehler im Abwägungsergebnis
211
3. Die verfassungskonforme Auslegung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB . . 215 a) Die Versuche einer einschränkenden Auslegung
215
b) Eigene Auffassung
216
5. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Verstößen gegen das Entwicklungsgebot
220
I.
Die Anforderungen an die Bebauungsplanung durch das Entwicklungsgebot 220
II.
Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen gegen das Entwicklungsgebot 221 1. Der Inhalt des § 214 Abs. 2 BauGB
221
Inhaltsverzeichnis
16
2. Die Systematik der Verstöße gegen das Entwicklungsgebot
222
a) Die Unterteilung in Folgenbegrenzungsregelungen für fehlerhafte Bebauungspläne und Flächennutzungspläne 222 b) Der Ausschluß bewußter Verstöße
222
c) Die geordnete städtebauliche Entwicklung als inhaltliche Grenze.. . 224 aa)
Die ausdrückliche Anordnung in § 214 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BauGB 224
bb)
Die Bindung an die geordnete städtebauliche Entwicklung in § 214 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BauGB 227
3. Die Beschränkung der Wirkungen auf die unmittelbar genannten Fehler 228 III.
Verfassungsrechtliche Bewertung
230
6. Kapitel
Die Heilungsinstrumente I.
231
Die allgemeinen Heilungsinstrumente
231
1. Das Fehlerkorrekturverfahren bei formellen Mängeln
231
2. Die Ermächtigung zur rückwirkenden Inkraftsetzung bei Verfahrensund Formfehlern 232 a) Das Bundesbaugesetz i.d.F. von 1976 und 1979
232
b) Die Neuerungen durch das Baugesetzbuch von 1986
233
3. Die Ausdehnung des Fehlerkorrekturverfahrens auf materielle Fehler . . 234 a) Die Ansicht der Rechtsprechung
234
b) Die Gegenauffassung in der Literatur
236
c) Eigene Auffassung
237
4. Die Bedeutung der Nichtigerklärung eines Bauleitplanes für die Durchführbarkeit des Fehlerkorrekturverfahrens 237 a) Die Entscheidung des OVG Münster
237
b) Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts
238
c) Eigene Auffassung
II.
240
5. Zusammenfassung und Bewertung
240
Die Neuregelung in § 215 a BauGB
241
1. Das ergänzende Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB
241
a) Funktionsweise, Voraussetzungen und Grenzen des ergänzenden Verfahrens nach § 215 a Abs. 1 BauGB 241 b) Die Rechtsfolgen der Durchführbarkeit des ergänzenden Verfahrens 244 c) Bewertung 2. Die rückwirkende Inkraftsetzung
247 248
a) Inhalt des § 215 a Abs. 2 BauGB
248
b) Verfassungsrechtliche Problematik
251
Inhaltsverzeichnis 7. Kapitel
Ausblick: Die Erweiterung des Planerhaltungsgrundsatzes
253
Zusammenfassung in Thesen
256
Anhang
261
Literaturverzeichnis
268
Sachregister
286
2 Käß
Einleitung I. Der Begriff „Planerhaltung" Das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (BauROG) vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081) brachte im Rahmen der Novellierung des Bauplanungsrechts 1 eine Fortentwicklung der Erhaltungsinstrumente im neu bezeichneten Abschnitt „Planerhaltung" des Baugesetzbuchs. Dadurch hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Planerhaltung, der seit seiner erstmaligen Bezeichnung als solcher bereits eine kurze, aber steile publizistische Karriere erfahren hatte, ausdrücklich aufgegriffen und gesetzlich festgeschrieben. 2 Es hatte zuvor eines längeren Zeitraumes bedurft, bis das Instrumentarium der Planerhaltung als Ausformung eines eigenen Prinzips erkannt und unter diesem Begriff zusammengefaßt wurde, obwohl die zugrundeliegende Problematik der gerichtlichen und aufsichtsbehördlichen Kontrolle im Raumplanungsrecht und der damit zusammenhängenden Frage nach den Rechtsfolgen fehlerhafter Pläne ebenso wie die meisten zu deren Lösung entwickelten Mechanismen seit Jahrzehnten bekannt waren. Hoppe hat in diesem Zusammenhang Rechtsfortbildung" gesprozutreffend von „unbewußter richterrechtlicher 3 chen. Das Verdienst, den Planerhaltungsgrundsatz „entdeckt" zu haben, kommt Sendler zu, der in einem Beitrag aus dem Jahre 1994 die Entwicklungen im Bereich des Rechtsschutzes und der Kontrolldichte im Planfeststellungsrecht analysierte und zum Fazit gelangte, daß es angesichts der erörterten Neuregelungen nicht ganz fern liege, „den zahlreichen Grundsätzen und Prinzipien, die das Planungsrecht durchziehen, einen weiteren Grundsatz hinzuzufügen: den Grundsatz, einen Plan möglichst aufrechtzuerhalten" 4. Dem grundlegenden Ansatz folgend wurde das Prinzip der Planerhaltung 1
Zur Neuregelungen des BauGB vgl. die Darstellungen bei Battis/Krautzberger/ Lohr, N V w Z 1997, S. 1145 ff.; Lüers, ZfBR 1997, S. 231 ff.; Peine, JZ 1998, S. 23 ff.; Schliepkorte/Stemmler, BBauBl 1996, S. 827 ff.; zur Neufassung des ROG vgl. Runkel, in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, J 630. 2 Vgl. die Überschriften des dritten Kapitels, zweiter Teil bzw. des dritten Kapitels, zweiter Teil, vierter Abschnitt des Baugesetzbuches, i.d.F. vom 27.8.1998 und die amtliche Überschrift des § 10 ROG, i.d.F. vom 18.8.1998; dazu auch Kommissionsbericht, Rn. 125. 3 Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (154). 2*
20
Einleitung
von Hoppe im Rahmen eingehender Untersuchungen auf das Bauplanungsrecht übertragen. 5 Der Planerhaltungsbegriff fand schließlich über den Bericht der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches6 durch das BauROG Eingang in das Baugesetzbuch und das Raumordnungsgesetz.
II. Ziel und Gang der Untersuchung Ziel der Arbeit ist es, anhand der Planerhaltungsinstrumente des Baugesetzbuches die grundlegende Funktionsweise der Planerhaltung aufzuzeigen und ihre Berechtigung kritisch zu hinterfragen. Dabei soll untersucht werden, welche Grenzen der Planerhaltung gesetzt sind und ob der Gesetzgeber und die Praxis diese beachtet haben. Im ersten Kapitel soll der Inhalt des Planerhaltungsgrundsatzes näher bestimmt und der Untersuchungsgegenstand dadurch eingegrenzt werden. Nach Darlegung des verfassungsrechtlichen Spannungsfeldes wird das Rechtsprinzip der Planerhaltung zu diesem Zweck in Bezug zu den auf höherer Ebene angesiedelten Geboten der Rechtserhaltung und der Fehlersanktionierung gesetzt. Die Abgrenzung der anerkannten Planerhaltungsinstrumente zu anderen Ausformungen des Erhaltungsgedankens erfolgt bei der Planerhaltung durch die inhaltliche Kategorie des Planes. Zwar läßt sich dieser nicht definieren, sondern ist lediglich Beschreibungen zugänglich, bei Beschränkung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet können Pläne jedoch von anderen hoheitlichen Akten unterschieden werden. Auf der Grundlage dieser Differenzierungen ergibt sich für das Bauplanungsrecht ein operationalisierbarer Planerhaltungsbegriff. Nach der inhaltlichen Bestimmung kann im zweiten Kapitel die Entstehung der planerhaltenden Instrumente des BauGB aufgezeigt werden, die den Grundsatz auf der untergeordneten Ebene konkretisieren, wobei der Schwerpunkt auf den Unbeachtlichkeitsklauseln liegt. Diese sind im folgenden, getrennt nach den drei Fehlergruppen, den Verfahrens- und Formfehlern, den Abwägungsmängeln und den Verstößen gegen das Entwicklungsgebot, Gegenstand der näheren Untersuchung. Es gilt zunächst anhand der dogmatischen Besonderheiten der jeweiligen bauplanungsrechtlichen Anforderungen das Scheitern der allgemeinen Erhaltungsinstrumente darzulegen, 4 Sendler, in: Aktuelle Fragen der Planfeststellung, S. 9 (28); dazu auch ders., in: FS für Hoppe, S. 1011 f.; kritisch Bliimel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 27 f., 30. 5 Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1041); ders., in: FS für Schlichter, S. 87 (88 f.); vgl. auch ders., in: Abwägung im Recht, S. 133 ff.; sowie BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207). 6 Kommissionsbericht, Rn. 98 ff.
II. Ziel und Gang der Untersuchung
21
bevor die Voraussetzungen und die Funktionswèisen der Planerhaltungsregelungen aufgezeigt werden. Schließlich ist nach der Rechtfertigung und den verfassungsrechtlichen Grenzen der jeweiligen Instrumente zu fragen. Im letzten Kapitel soll die Fehlerheilung als Sonderfall der Planerhaltung betrachtet werden.
1. Kapitel
Die dogmatische Einordnung des Planerhaltungsgrundsatzes L Die Fehlersanktionierung und der Rechtserhaltungsgrundsatz Der Planerhaltungsgrundsatz stellt eine besondere planungsrechtliche Ausprägung des allgemeinen, dem öffentlichen Recht immanenten Erhaltungsgedankens dar. Er muß deshalb vor dem Hintergrund dieses übergeordneten Strukturprinzips gesehen werden, das in einem Spannungsverhältnis zu dem Sanktionierungsgebot für Fehler bei der Erzeugung von Rechtsakten steht. Zwischen beiden elementaren Grundsätzen hat die Rechtsordnung einen Ausgleich zu schaffen, wobei sich, wie Morlok zu Recht festgestellt hat, ihr Reichtum nicht zuletzt darin zeigt, in welch abgestuftem Maße sie Regelungen für Fehlerfolgen bereitstellt. 1 Hierzu trägt auch das Instrumentarium der Planerhaltung bei. Bevor der Grundsatz der Planerhaltung näher bestimmt werden kann, sind die Strukturen der Fehlersanktionierung im öffentlichen Recht, ausgehend von den grundgesetzlichen Vorgaben, die den Rahmen für die Behandlung mangelhafter Hoheitsakte bilden und das Kraftfeld der widerstreitenden Prinzipien festlegen, zu untersuchen.
1. Verfassungsrechtliche Direktiven für die Fehlerbehandlung im öffentlichen Recht Das Grundgesetz enthält sich weitestgehend ausdrücklicher Fehlerfolgenbestimmungen für Hoheitsakte,2 unabhängig davon, ob diese unmittelbar auf der Verfassung beruhen oder ob sie nur auf einfachem Recht basieren. Ihm lassen sich jedoch Prinzipien entnehmen, die für und gegen eine Sanktionierung von Mängeln sprechen. Diese sind daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie Grenzen und Leitlinien für das einfache Recht beinhalten.
1 2
Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 235. Eine Ausnahme stellt Art. 31 GG dar.
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
23
a) Das Sanktionierungsgebot für fehlerhafte Hoheitsakte Sicht aus verfassungsrechtlicher Das Sanktionierungserfordernis von Rechtsverstößen bei der Erzeugung von Sekundärakten läßt sich im wesentlichen auf das grundgesetzlich verankerte Rechtsstaatsprinzip zurückführen, speziell auf dessen Kern, der durch die in Art. 20 Abs. 3 GG verfügte Unterwerfung aller staatlichen Gewalt unter das Recht gebildet wird. Die Bindung an Gesetz und Recht ordnet zunächst die Befolgung der Rechtsnormen an. Wird die Rechtsordnung durch die öffentliche Gewalt dennoch verletzt, fordert das Rechtsstaatsgebot darüber hinaus, daß die Verstöße nicht folgenlos hingenommen werden. Morlok 3 hat für dieses Prinzip, das letztlich aus dem Vorbehalt des Gesetzes entspringt 4 und das eine wesentliche Grundlage der Rechtsordnung darstellt, den Begriff der Unverbrüchlichkeit des Rechts geprägt. Es gebietet die Beachtung des ursprünglichen Normbefehls auch nach einer erfolgten Verletzung und verlangt grundsätzlich die Beseitigung des fehlerhaft zustande gekommenen Rechtsaktes und seiner Folgen. Eine umfassende Sanktionslosigkeit von Mängeln bei der Generierung von Sekundärakten würde nicht nur den normativen Anspruch der Regelungen in Frage stellen, sondern den ursprünglichen Verstoß und damit die Verletzung der Rechtsordnung sogar noch perpetuieren und vertiefen. Verstärkt wird das grundlegende Sanktionierungsbedürfnis durch die ebenfalls im Rechtsstaatsgebot enthaltenen Prinzipien der Einheit der Rechtsordnung und der damit zusammenhängenden Rangordnung des Rechts,5 die einer dauerhaften Aufrechterhaltung von Hoheitsakten, die gegen höherrangiges Recht verstoßen, entgegenstehen. Einen zusätzlichen Gesichtspunkt bildet die Notwendigkeit, Rechtsverletzungen aus präventiven Gründen zu unterbinden. Die Wirksamkeit der aufsichtlichen und der gerichtlichen Kontrolle wird nicht zuletzt von der Sanktionierung von Rechtsverstößen bestimmt. 6 Eine weitgehende Folgenlosigkeit könnte negative Auswirkungen auf die Sorgfalt bei der Rechtsanwendung nach sich ziehen. Die Abschreckungsfunktion durch eine strenge Fehlersanktionierung dient somit auch der künftigen Gewährleistung rechtmäßigen Handelns und damit der Optimierung des Rechtsstaatsgebotes. Wesentliche Eckpunkte für die Fehlerbehandlung ergeben sich zudem aus den Grundrechten und zwar sowohl in ihrer Funktion als Abwehrrechte gegen übermäßige staatliche Beeinträchtigungen, als auch in ihrer objektiv3 Vgl. Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 58 ff.; ihm folgend Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (136 f.). 4 Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 46. 5 Dazu Johann Schmidt/ Ά. Lange, in: FS für Mühl, S. 595 (596). 6 Henke, Planerhaltung, S. 52; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 60 f.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
rechtlichen Dimension als Elemente einer Wertordnung, 7 die den Hoheitsträgern gebietet, zu ihrem Schutz und ihrer Verwirklichung beizutragen. Soweit durch Hoheitsakte nicht mehr zu rechtfertigende Grundrechtseingriffe vorgenommen werden, ist deren Aufhebung verfassungsrechtlich geboten. Die Fehlerfolgensystematik hat sich an diesem Prinzip auszurichten. Die Spielräume für die Rechtserhaltung bei materiellrechtlichen Verstößen sind stark beschnitten, nachdem die jeweiligen Vorschriften oftmals Schranken für Grundrechtseingriffe beinhalten. Sobald derartige Normen verletzt sind, kann darin zugleich ein Grundrechtsverstoß liegen, der einer Fehlerfolgenbegrenzung entgegensteht.8 Komplizierter ist die Rechtslage bei verfahrensrechtlichen Regelungen, bei denen die prozedurale Dimension der Grundrechte besondere Bedeutung erlangt. Der Gedanke, daß der Grundrechtsschutz auch mittels der Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist, wurde in der Literatur entwickelt 9 und hat seinen Niederschlag in der Mülheim-Kährlich-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 10 gefunden. Dadurch wird von der traditionell ergebnisorientierten Sichtweise des Verwaltungsrechts 11 abgewichen, die dem Verfahrensrecht nur eine eher untergeordnete, „dienende" Funktion zusprechen w i l l . 1 2 Ihr ist zuzugeben, daß die Einhaltung des Verfahrensrechts und damit die Sanktionierung von Fehlern eine gerin7 Zum Doppelcharakter der Grundrechte Hesse, Grundzüge, Rn. 279 ff.; ders., EuGRZ 1978, S. 427 (431 ff.); Stern, in: HdBStR, Bd. V, § 109, Rn. 38. 8 Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811). 9 Grundlegend Häberle, VVDStRL, Bd. 30 (1972), S. 43 (86 ff., 121 ff.); Hesse, EuGRZ 1978, S. 427 (433 ff.); vgl. weiter Blümel, in: Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, S. 23 (29 ff.); Held, Der Grundrechtsbezug des VerwaltungsVerfahrens; Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien. 10 BVerfG, Beschluß vom 20.12.1979, BVerfGE 53, 30 (65 f.); zur Ausdehnung der Grundrechtsgewährleistungen auf das Asylverfahrensrecht, Beschluß vom 14.11.1979, BVerfGE 52, 391 (407) und Beschluß vom 25.2.1981, BVerfGE 56, 216 (242). 11 Dazu Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (240); Ossenbühl, N V w Z 1982, S. 465 f.; Pietzcker, VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 193 (221 f.); Weyreuther, DÖV 1980, S. 389; vgl. auch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 586, m.w.N. 12 Vgl. den Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Erweiterung der §§ 45 und 46 V w V f G durch das GenBeschlG vom 12.9.1996 (BGBl. I S. 1354), BT-Drs. 13/445, S. 6, dem zufolge die „dienende Funktion der Zulassungsverfahren für die Sachentscheidung wieder mehr in den Vordergrund gerückt und die Verfahrenseffizienz im Rahmen der Verfahrenszwecke wieder stärker zum Ausdruck gebracht werden" solle, und den Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 13/3995, S. 8, wo diese Intention bestätigt wird; siehe auch V G H Mannheim, Urteil vom 15.10.1985, N V w Z 1986, S. 663 (664), und den Bericht über die Verhandlungen des 7. Deutschen Verwaltungsrichtertages von Gaentzsch, DÖV 1983, S. 543 (545), wonach die Forderung nach „Rückbesinnung auf die dienende Funktion von Verfahrensvorschriften" allgemein befürwortet wurde; kritisch zum Grundsatz der dienenden Funktion Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 201 f.; vgl. zu dieser Auseinandersetzung auch die Nachweise bei Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 90.
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gere Rolle spielt, solange das Verfahrensergebnis anhand eines hinreichend genauen rechtlichen Maßstabes überprüft werden kann, da der formale Fehler in der richtigen Sachentscheidung „aufgeht". 13 Anders ist dies in Fällen, in denen eine derartige Kontrolle nur sehr eingeschränkt möglich ist, weil es entweder an den erforderlichen Maßstäben fehlt oder weil das Verfahrensergebnis nur einer begrenzten aufsichtlichen bzw. gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Insbesondere bei unpräzisen materiellen Vorgaben für Entscheidungsinhalte kann dann Verfahrensteilen eine grundrechtssichernde Bedeutung zukommen. Es findet eine Vorverlagerung des unverzichtbaren Grundrechtsschutzes statt, die für eine effektive Sanktionierung von Verfahrens- und Formfehlern spricht: 14 einerseits um bei bereits gefällten Entscheidungen eine Wiederholung des Verfahrens zu erreichen, bei der der Mangel behoben und den grundrechtlichen Garantien dadurch Geltung verschafft wird, andererseits aus präventiven Gründen, um ex ante die Sorgfalt bei der Entscheidungsfindung zu gewährleisten. Diese Grundsätze dürfen allerdings nicht verabsolutiert werden. 15 Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht betont, daß nicht jeder Verfahrensverstoß eine Grundrechtsverletzung nach sich zieht, sondern nur dann, wenn die Regelung in Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht für die Grundrechte erlassen wurde. 16 Zum anderen hat es seine Rechtsprechung dahingehend präzisiert, daß selbst diejenigen Verfahrensregelungen, die grundrechtsschützend sind, zugleich auch solchen Zielen mit verfassungsrechtlichem Rang dienen können, die auf die Rechtserhaltung gerichtet sind. 17 13 Pietzcker, VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 193 (222); vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 9.10.1979, ZfBR 1980, S. 102 (103); Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; Hill, DVB1 1983, S. 1; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811), wonach es dem Gesetzgeber in derartigen Fällen freisteht, Verfahrensregelungen auf ein rechtsstaatliches Mindestmaß zu begrenzen oder alternativ die Sanktionsfolgen zu minimieren. 14 Battis , DÖV 1981, S. 433 (436 ff.); Blümel, in: Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, S. 23 (65 ff.); Hufen, NJW 1982, S. 2160 ff.; kritisch zur Ausweitung von Erhaltungsregelungen vor diesem Hintergrund ders., Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 594 f. 15 Zutreffend die Kritik an einer zu starken Betonung der Grundrechtsrelevanz bei Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811 f.). 16 BVerfG, Beschluß vom 20.12.1979, BVerfGE 53, 30 (65 f.); weiter einschränkend, Beschluß vom 22.3.2000, NVwZ-RR 2000, S. 487 f., wonach auch die Verletzung einer grundrechtsschützenden Verfahrensvorschrift nicht absolut und ohne Rücksicht auf ihre Erheblichkeit für die Sachentscheidung die Aufhebung des Aktes gebietet. 17 Zu Regelungen im Prozeßrecht, die sowohl dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz als auch dem rechtsstaatlich abgesicherten Gebot der Rechtssicherheit genügen müssen, BVerfG, Beschluß vom 20.4.1982, BVerfGE 60, 253 (268 f.); Beschluß vom 20.6.1995, BVerfGE 93, 99 (107 f.); zu Präklusionsregelungen im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren, das nicht nur dem Grundrechtsschutz, sondern
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
Das betroffene Grundrecht streitet dann zwar für eine restriktive Fehlerbehandlung, die anderen verfassungsrechtlichen Zwecke, auf die im einzelnen noch einzugehen sein wird, stehen dem aber entgegen und drängen auf eine differenzierte Folgenregelung. Daher gilt es im Einzelfall stets zu fragen, ob die jeweilige Verfahrensregelung tatsächlich einen grundrechtlichen Schutzcharakter aufweist, ob dieser die Aufhebung des Aktes gebietet und ob andere Prinzipien dem entgegenwirken. Weitere für die Fehlersanktionierung sprechende Vorgaben lassen sich dem Grundrecht 18 auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG entnehmen, das nicht nur ein Hauptmoment des Rechtsstaatsgebotes bildet, 1 9 sondern auch mit den übrigen Grundrechten in engem Zusammenhang steht, die es prozessual abschirmt. Es gewährleistet bei Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt zunächst den Zugang zu den Gerichten. Ob dies auch für Gesetze im formellen Sinne gilt, mag dahinstehen. 20 Zumindest die untergesetzlichen Normen, die anders als die Parlamentsgesetze im Zusammenhang mit der Planerhaltung eine wichtige Rolle spielen, sind von der Garantie umfaßt. 21 Da durch derartige Normen häufig ohne weitere Zwischenschritte in subjektive Rechte eingegriffen werden kann, entstünde andernfalls eine erhebliche Rechtsschutzlücke. Diese könnte kaum gerechtfertigt werden, nachdem wegen der Verwerfungskompetenz der Gerichte keine Hindernisse dafür bestehen, untergesetzliche Normen zur öffentlichen Gewalt im Sinne der Rechtsweggarantie zu rechnen. 22 Über den reinen Zugang zu den Gerichten hinaus gewährt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aber auch ein Recht und objektiv gesehen eine staatliche Pflicht zur effektiven Ausgestaltung des Rechtsschutzes.23 Dazu auch der Wahrung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Gerichte zu dienen verpflichtet ist, BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82, (112 ff.,
116).
18 Zum Grundrechtscharakter Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 7. 19 Grundlegend BVerfG, Urteil vom 1.7.1953, BVerfGE 2, 380 (403). 20 Ablehnend, unter Hinweis auf die wegen Art. 100 GG fehlende Normverwerfungskompetenz, BVerfG, Urteil vom 25.6.1968, BVerfGE 24, 33 (49); Beschluß vom 23.4.1969, BVerfGE 25, 352 (365); Beschluß vom 10.5.1977, BVerfGE 45, 297 (334); a.A. Hesse, Grundzüge, Rn. 337; Krebs, in: vMünch, Art. 19, Rn. 56; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 93, mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes. 21 BVerwG, Urteil vom 3.11.1988, BVerwGE 80, 355 (361); ebenso Krebs, a.a.O., Rn. 55; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 67; Papier, in: HdBStR, Bd. VI, § 154, Rn. 22; Schmidt-Aßmann, a.a.O., Rn. 70, m.w.N.; vgl. dazu auch BVerfG, Beschluß vom 27.7.1971, BVerfGE 31, 364 (367 f.), wo die Frage für kommunale Satzungen ausdrücklich offen gelassen wurde; a.A. dagegen Söfker, ZfBR 1979, S. 191 (194). 22 BVerwG, Urteil vom 3.11.1988, a.a.O.
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gehört neben der hinreichenden Prüfungsbefugnis 24 eine effektive Sanktionierungsmacht. Es kann vom Sinn und Zweck der Gewährleistung her nicht genügen, wenn die Judikative lediglich Rechtsverletzungen feststellt, ohne eine Abhilfe für den Betroffenen zu schaffen. Daher ist es erforderlich, daß das Gericht „über eine zureichende Entscheidungsmacht verfügt, um einer erfolgten oder drohenden Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen" 25. Die gerichtlichen Entscheidungen müssen bei erfolgter Verletzung subjektiver Rechte also grundsätzlich Abhilfecharakter haben. Für Fehler, die eine solche Verletzung herbeigeführt haben, ergibt sich das Sanktionsbedürfnis auch aus der grundgesetzlichen Rechtsweggarantie. Es ist dann zwar nicht unbedingt auf die Herbeiführung der möglichst weitreichendsten Folge gerichtet, gebietet aber eine effektive Beseitigung der Rechtsverletzung. 26 b) Für die Erhaltung sprechende verfassungsrechtliche
Prinzipien
Den Prinzipien, die eine Sanktionierung fordern, stehen entgegengesetzt wirkende verfassungsrechtliche Direktiven gegenüber, die für die Rechtfertigung einer Fehlerfolgenbegrenzung herangezogen werden können. Diese wurzeln zum Teil sogar in denselben Grundgedanken und lassen ein grundgesetzlich verursachtes Spannungsfeld entstehen, auf dessen Boden die verwaltungsrechtliche Dogmatik Lösungen auf einfachgesetzlicher Ebene entwickelt hat. Ein wesentliches Element des Rechtsstaatsgebotes, das diejenigen Komponenten umfaßt, die die Verläßlichkeit des Rechts gewährleisten, stellt die Rechtssicherheit dar. 2 7 Sie dient der Kontinuität staatlicher Hoheitsakte und schützt die Bestandsinteressen der Rechtsträger vor Veränderungen. Im Optimalfall wird sie durch die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns selbst gewährleistet. Beide Prinzipien können aber beim Vorliegen von Rechtsverstö23
BVerfG, Beschluß vom 19.6.1973, BVerfGE 35, 263 (274); Beschluß vom 16.5.1995, BVerfGE 93, 1 (13), m.w.N.; Beschluß vom 17.2.1997, NJW 1997, S. 2103 (2104); Hesse, Grundzüge, Rn. 338; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 283. 24 BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82 (111); Beschluß vom 5.2.1963, BVerfGE 15, 275 (282). 25 BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82 (LS 2a, zu S. 109 ff.). 26 Henke, Planerhaltung, S. 57, m.w.N.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 286; Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272). 27 Zur Bedeutung der Rechtssicherheit und der Verläßlichkeit des Rechts als rechtsstaatliche Wesenselemente BVerfG, Urteil vom 1.7.1953, BVerfGE 2, 380 (403); Urteil vom 18.7.1953, BVerfGE 3, 225 (237); Beschluß vom 9.8.1978, BVerfGE 49, 148 (164); Beschluß vom 25.5.1993, BVerfGE 88, 384 (403); Beschluß vom 12.3.1996, BVerfGE 94, 241 (258); umfassend Herzog, in: Maunz/ Dürig, Art. 20 Abs. VII, Rn. 62 ff.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
ßen kollidieren. Der Zielkonflikt der Rechtssicherheit mit der Gesetzmäßigkeit kann in Einzelfällen sogar zugunsten des Vorranges der Rechtserhaltung entschieden werden. 28 Zumindest werden erhebliche Spielräume für die Ausgestaltung der Fehlerfolgen eröffnet. 29 Insbesondere in Bereichen, in denen Hoheitsträger verbindliche Festlegungen für die Zukunft treffen, an denen sich nicht nur die Bürger, sondern auch andere Verwaltungsträger orientieren, kommt dem Vertrauensschutz besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich - wie etwa im Raumplanungsrecht - um Entscheidungsgrundlagen für langfristig zu treffende Dispositionen der Betroffenen handelt, die eine verläßliche Grundlage für zukünftiges staatliches Verhalten erfordern. Die Beseitigung fehlerhafter Akte läuft der Bestandserhaltung zuwider, was dadurch verschärft wird, daß sie meist ohne ausreichende Übergangsregelungen erfolgt. Daher können die der Stabilisierung von Hoheitsakten dienenden Regelungen auf das Prinzip der Rechtssicherheit gestützt werden. 30 Ebenso wie dem Rechtsstaatsgedanken kommt den Grundrechten im hier beschriebenen Spannungsfeld eine ambivalente Bedeutung zu. Der Leitgedanke der Grundrechtsverwirklichung durch staatliche Handlungen, 31 der die behutsame Erweiterung der Grundrechtsfunktionen vom bloßen Abwehrrecht hin zu staatlichen Schutz- und Förderpflichten als Ausformung der objektiven Dimension zur Folge hatte 32 und der in Zukunft eine immer bedeutendere Rolle spielen dürfte, liefert Argumente für die Sanktionierungsbegrenzung. Er beruht auf der Erkenntnis, daß die Freiheit des Einzelnen - ebenso wie das Postulat der Gleichheit - nicht mehr nur durch die Beschränkung der staatlichen Eingriffsbefugnisse gewährleistet werden kann. Vielmehr wird der Staat zunehmend selbst zum Garanten verschiedener Freiheiten, indem er als Voraussetzung für die Grundrechtsausübung die erforderlichen staatlichen Vorleistungen bereitstellt, die auch in Form von hoheitlichen Akten ergehen können. In diesem Zusammenhang sei nur auf
28 Zum Widerstreit von Rechtssicherheit und Rechtmäßigkeit, der besonders im Prozeßrecht deutlich hervortritt, BVerfG, Urteil vom 1.7.1953, BVerfGE 2, 380 (403); Urteil vom 18.7.1953, BVerfGE 3, 225 (237 f.); Beschluß vom 20.4.1982, BVerfGE 60, 253 (266 ff., insb. 268 f.); zum Stellenwert der Rechtssicherheit gegenüber grundrechtlichen Verfahrenssicherungen vgl. BVerwG, Urteil vom 27.5. 1983, BVerwGE 67, 206 (209 f.). 29 BVerfG, Beschluß vom 17.12.1969, BVerfGE 27, 297 (305 f.); Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (238); Sachs, in: Sachs, Art. 20, Rn. 140. 30 Henke, Planerhaltung, S. 53; Hoppe, DVB1 1996, S. 12 (18); Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2383 f.); Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 62 f. 31 Grundlegend Häberle, VVDStRL, Bd. 30 (1972), S. 43 (69 ff.). 32 Dazu auch BVerfG, Urteil vom 18.7.1972, BVerfGE 33, 303 (330 f.); Hesse, Grundzüge, Rn. 350; Stern, in: HdBStR, Bd. V, § 109, Rn. 59 ff.
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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den von Forsthoff geprägten Begriff der „Daseinsvorsorge " und die ihm unterfallenden staatlichen Maßnahmen der Leistungsverwaltung hingewiesen. 33 Der staatlichen Planung kommt dabei eine besondere Rolle als Instrument der Grundrechtsverwirklichung zu, da ohne sie keine Steuerung staatlicher Zielvorstellungen und damit auch keine Optimierung der Grundrechte möglich ist. 3 4 Vor allem im Bau- und Fachplanungsrecht sind regelmäßig hoheitliche Rechtsakte erforderlich, um bestimmte Vorhaben verwirklichen zu können, insbesondere dann, wenn sie im Widerstreit mit Rechten Dritter stehen. Die Durchführung derartiger Projekte kann über Art. 12 und 14 GG geschützt sein. Soweit ein der Ausübung der Bau- bzw. der Gewerbefreiheit dienender Sekundärakt - etwa ein Bebauungsplan - fehlerhaft ist, sind immer auch die Grundrechte des Vorhabenträgers berührt. Daher ergeben sich aus den Grundrechten je nach konkreter Sachlage nicht nur Gesichtspunkte für die Sanktionierung, sondern auch solche, die für die Rechtserhaltung sprechen. 35 Schließlich können aus dem Effektivitätsgebot staatlichen Handelns weitere grundgesetzliche Richtpunkte für die Stabilisierung von Hoheitsmaßnahmen trotz Fehlerhaftigkeit abgeleitet werden. Der in Art. 20 Abs. 2 GG und in den Art. 83 ff. GG von der Verfassung vorausgesetzt Grundsatz 36 ist in dem durch Art. 20 Abs. 1 GG gewährleisteten Sozialstaatsprinzip enthalten und wird auch durch die oben dargelegte Gewährleistung bestimmter Grundrechtsverwirklichungen durch staatliches Handeln verfassungsrechtlich abgesichert. Grundbedingung für die .Wahrnehmung derartiger Staatsaufgaben ist die staatliche Handlungsfähigkeit, deren Kern die generelle Wirksamkeit hoheitlicher Rechtsakte bildet. Für die Gemeinden ergibt sich dieses Erfordernis zusätzlich aus der in Art. 28 Abs. 2 GG verankerten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Diese gewinnt ihre rechtliche Spezifikation zwar erst im Verhältnis ihrer Träger zum Staat, da die Kommunen gegenüber dem Bürger genauso öffentliche Gewalt ausüben wie andere Verwaltungsträger auch. 37 Sie setzt aber voraus, daß Instrumente zur effektiven Umsetzung von Entscheidungen zur Verfügung stehen, die eine Selbstverwaltung erst ermöglichen. An die Effektivitätsanforderungen kann 33
Zur Bedeutung in neuerer Zeit Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rn. 6 f. 34 Zur Planung als Instrument der Grundrechtsverwirklichung Schmitt Glaeser, DÖV 1980, S. 1, (2 ff.). 35 Hoppe, DVB1 1996, S. 12 (18); vgl. auch Schmitt Glaeser, DÖV 1980, S. 1 (6), der unter Hinweis auf die drohende Gefahr des Substanzverlustes vor einer Überbetonung der Objektivierung von Grundrechten warnt. 36 BVerwG, Urteil vom 27.5.1983, BVerwGE 67, 206 (209). 37 Papier, DÖV 1986, S. 621 (628).
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
bei der Bestimmung der Fehlerfolgen angeknüpft werden. Die Sanktionierungssysteme dürfen nicht zu einer Lähmung der Hoheitsträger führen, sondern haben die Gewährleistung ihrer Handlungsfähigkeit im Auge zu behalten. 3 8 Das Prinzip der Verwaltungseffektivität kann dabei anderen verfassungsrechtlichen Grundsätzen entgegenstehen und ihnen Grenzen ziehen, was mit gewissen Einschränkungen sogar für Grundrechte anerkannt ist. 3 9 c) Zwischenergebnis und Folgerung für die Behandlung von Rechtsverstößen im Verwaltungsrecht Ohne die grundgesetzlichen Vorgaben hier abschließend klären zu müssen 40 , kann folgendes festgehalten werden: Die Problematik der Fehlerbehandlung liegt im Schnittfeld widerstreitender verfassungsrechtlicher Prinzipien, die im Wege der praktischen Konkordanz ausgeglichen werden müssen, d.h. in einer Art und Weise, daß jedes von ihnen optimal verwirklicht wird, 4 1 was nur mit Blick auf einzelne Fallgruppen geschehen kann. Das Erfordernis differenzierter, auf konkreter Ebene angesiedelter Lösungen ist bereits durch das Grundgesetz vorgegeben. Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Unverbrüchlichkeit des Rechts ist zwar von einem grundsätzlichen Sanktionierungsgebot auszugehen, es bleiben aus verfassungsrechtlicher Sicht aber ausreichende Spielräume 42 . Zu deren Ausfüllung ist zunächst der Gesetzgeber, in zweiter Linie aber auch der Rechtsanwender berufen. Sie muß abwägend differenzierend erfolgen. Soweit dem Grundgesetz feststehende Verfassungsgebote für das einfache Recht entnommen wurden, wie etwa im Zusammenhang mit dem sog. Nichtigkeitsdogma für untergesetzliche Rechtsnormen, 43 ist dies abzulehnen. Eine Verabsolutierung derartiger Fehlerdirektiven dahingehend, daß gesetzliche Ausnahmen grundsätzlich als unzulässig angesehen werden, ist 38
Hoppe, DVB1 1996, S. 12 (18). Ständige Rspr., vgl. BVerfG, Beschluß vom 16.12.1958, BVerfGE 9, 20 (32) (Sozialrecht); Beschluß vom 14.11.1969, BVerfGE 27, 220 (230); Beschluß vom 19.4.1977, BVerfGE 44, 283 (288); Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82 (116) (Atomrecht). 40 Ausführlich Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 74 ff., mit Hinweis auf das Demokratieprinzip. 41 Hildebrandt, Planergänzungsanspruch, S. 189; vgl. auch Morlok, a.a.O., S. 235; grundlegend zum Gebot der praktischen Konkordanz Hesse, Grundzüge, Rn. 72. 42 Henke, Planerhaltung, S. 63; Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (236); Morlok, a.a.O., S. 77; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 282; Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (390, Fn. 15). 43 Vgl. dazu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 138; Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 17 ff.; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807). 39
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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dem Verfassungsrecht nicht zu entnehmen. 44 Die Nichtigkeit darf lediglich als regelmäßig eintretende Folge angesehen werden, von der Ausnahmen im Interesse der dargelegten widerstreitenden Gebote zulässig sind. 45 Nachdem die verfassungsrechtlichen Leitlinien bestimmt wurden, kann nach der grundlegenden verwaltungsrechtlichen Fehlerfolgensystematik gefragt werden. Voraussetzung dafür ist die Klärung des Fehlerbegriffes.
2. Die Fehlersanktionierung im Verwaltungsrecht a) Der Begriff
des Fehlers
Unter einem Fehler soll im folgenden ein Verstoß gegen Rechtsnormen verstanden werden, die bei der Erzeugung von Sekundärakten zwingend zu beachten sind. Gleichbedeutend mit diesem Begriff ist der der Verletzung einer Vorschrift bzw. der des Mangels. Damit wird der Terminologie des Gesetzgebers im Verwaltungsverfahrens- und im Bauplanungsrecht gefolgt, der die Begriffe in den §§44 Abs. 1, 45 Abs. 1 und 46 VwVfG ebenso wie in den §§ 214-216 BauGB synonym gebraucht. Der bevorzugten Verwendung der Bezeichnung „Mangel" für Abwägungsfehler 46 kommt keine besondere Bedeutung zu, was durch einen Blick in die Gesetzesmaterialien deutlich w i r d 4 7 und neuerdings im Wortlaut des § 215 a Abs. 1 BauGB Bestätigung findet, der alle beachtlichen Fehler zusammenfassend als „Mängel" bezeichnet. Der hier zugrundeliegende Fehlerbegriff ist enger als im allgemeinen Sprachgebrauch gefaßt. Unrichtigkeiten bei Rechtsakten, wie z.B. Schreiboder Rechenfehler, sind nicht zu den Fehlern im eigentlichen Sinne zu rechnen. Sie unterscheiden sich dadurch, daß die Behörde bei ihrem Vorliegen etwas anderes zum Ausruck gebracht hat als beabsichtigt. Sie setzen nicht zwingend einen Rechtsverstoß voraus. Diese „irrtumsbezogenen Mängel" können nach einem allgemeinen Rechtsgedanken, der beispielsweise § 42 VwVfG und § 118 VwGO zugrunde liegt, bei Offenbarkeit jederzeit beseitigt werden. 48 Andernfalls gelten die allgemeinen Abänderungsgrundsätze. 44
Ossenbühl, a.a.O., S. 2811 f.; ebenso Hill, DVB1 1983, S. 1 (5), für die Ableitung des Nichtigkeitsgrundsatzes aus dem Rechtsstaatsgebot. 45 Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 158; Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (237); vMutius/ Hill, S. 21; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807); Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 17 ff., 28; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 240. 46 Vgl. § 75 Abs. l a VwVfG; § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB; § 10 Abs. 2 und 3 ROG. 47 Siehe zur synonymen Verwendung der Begriffe die Begründung des 15. Bundestagsausschusses zum BBauG 1979, BT-Drs. 8/2885, S. 36.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
Nur bei kumulativem Vorliegen eines Rechtsverstoßes finden die Regelungen für Fehler Anwendung. Voraussetzung für einen Fehler im hier verwendeten Sinne ist zudem, daß sich aus Wortlaut und Auslegung der nicht befolgten Norm ergibt, daß diese überhaupt sanktionsbewehrt ist und zwar im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des erzeugten Sekundäraktes. Sanktionsloses Recht ist seit langem bekannt und wird auch als „lex imperfecta" bzw. als „Ordnungsrecht" bezeichnet. Seine Besonderheit besteht darin, daß an die Erfüllung bzw. Nichterfüllung des Tatbestandes keine Rechtsfolgen geknüpft sind. 49 Dabei kann die Folgenlosigkeit auf einzelne Bereiche beschränkt sein. Als Beispiele lassen sich Gebote im Straßenverkehrsrecht nennen, die zwar nicht straf- bzw. bußgeldbewehrt sind, deren Nichtbeachtung in anderen Rechtsbereichen jedoch Folgen nach sich ziehen kann. 5 0 Weiterhin ist an strafprozessuale Regelungen zu denken, deren Verletzung zwar im Prozeß erfolgreich gerügt werden kann, die aber nicht zum Erfolg von Rechtsmitteln führt. 51 Die hier interessierenden Ordnungsvorschriften stellen keine Wirksamkeitsvoraussetzungen für Sekundärakte dar. Deshalb haben Verstöße gegen sie keinen Einfluß auf die Rechtswidrigkeit. 52 Folglich stellt sich das Problem der Rechtserhaltung nicht, so daß derartige Regelungen aus dem Fehlerbegriff auszuklammern sind. 53 Ferner sind die Normen, die selbst eine abweichende Sanktion vorsehen, wie § 58 VwGO, 48
Kopp/Ramsauer, § 42, Rn. 4; Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (230); Sachs, in: St/B/S, § 42, Rn. 4, mit weiteren Nachweisen zu Ausformungen dieses Grundsatzes; zu den Grenzen der Behebbarkeit V G H Mannheim, Urteil vom 13.11.1998, VB1BW 1999, S. 141; weitergehend Sendler, NJW 2000, S. 1241. 49 Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.10.1959, BVerwGE 29, 219 f. (Verpflichtung zur Verwendung eines amtlichen Formulars als Ordnungsvorschrift); BayObLG, Urteil vom 31.5.1994, M D R 1994, S. 914 f. (Ordnungsvorschriften im Grundbuchrecht); Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 46; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 142 f. 50 Vgl. BGH, Urteil vom 1.4.1980, DAR 1980, S. 274 f.; BAG, Urteil vom 7.10.1981, DAR 1982, S. 123 f., wonach sich an die von 1975 bis 1984 gem. § 21a Abs. 1 StVO nicht sanktionsbewehrte Pflicht, Sicherheitsgurte in Kraftfahrzeugen anzulegen, bei Nichtbefolgung zivilrechtliche Folgen anschließen konnten. 51 Siehe dazu RG, Urteil vom 6.5.1921, RGSt 56, 66 (67) (Beweisaufnahme im Strafprozeß); BGH, Urteil vom 3.11.1981, BGHSt 30, 255 (257) (Schöffenwähl). 52 Dazu BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, N V w Z 1985, S. 487 f., wonach die Vorschrift zur Teilgenehmigung in § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG (1979) eine bloße ordnungsrechtliche Regelung darstellte; zum ordnungsrechtlichen Charakter der Mitteilungspflicht des § 3 Abs. 2 BauGB siehe BVerwG, Beschluß vom 18.12.1987, ZfBR 1988, S. 90; zustimmend Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 19; Bielenberg, in: E/Z/B, § 3, Rn. 58. 53 Zur Bindung von Trägern hoheitlicher Gewalt Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 142, unter Hinweis auf den VerfGH Rh.Pf., Urteil vom 30.3.1982, DÖV 1983, S. 492; ablehnend V G H Kassel, Urteil vom 3.11.1980, NJW 1981, S. 779 f.
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
33
bereits vom Gesetzgeber aus dem normalen Fehlerfolgensystem ausgenommen. Das allgemeine Verwaltungsrecht hält für Fehler im so verstandenen Sinne die im folgenden näher zu erläuternden Sanktionen bereit. b) Die Ausdifferenzierung
der Fehlerfolgen
aa) Die Fehlerfolgen bei Einzelakten Die einfachste Fehlersanktion stellt die ipso iure eintretende Nichtigkeit von mängelbehafteten Sekundärakten dar, die keiner konstitutiven Nichtigerklärung bedarf. Sie führt dazu, daß die Akte ihre Rechtswirkungen von Anfang an nicht entfalten können. Rechtshistorisch betrachtet entstammt die Nichtigkeit aus den Unwirksamkeitslehren des Zivilrechts, die in das öffentliche Recht übertragen wurden. 54 Bei Einzelakten stellte die mit der Ungültigkeit einhergehende Berechtigung zur Nichtbefolgung hoheitlicher Ge- und Verbote aber ein wesentliches Problem dar. Die ursprünglich vertretene Auffassung, daß bei Einzelakten jeder Verstoß deren Nichtigkeit zur Folge habe, 55 zog bei unklarer Rechtslage eine erhebliche Verunsicherung über die Gehorsamspflicht nach sich, die sich zu Lasten des Bürgers auswirkte. Während die Problematik bei Rechtssätzen weniger stark ins Gewicht fiel, wurde die Tatsache, daß der Bürger bei Mißachtung von nur scheinbar nichtigen Verfügungen erhebliche Konsequenzen bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung befürchten mußte und daher das Risiko eines Rechtsirrtums alleine trug, als unbefriedigend empfunden. Bereits sehr früh begann sich daher für fehlerhafte Einzelakte eine Differenzierung zwischen nichtigen Staatsakten, die keinerlei Gültigkeit beanspruchen und keine Befolgungspflichten nach sich ziehen konnten, und den trotz der Fehlerhaftigkeit inhaltlich wirksamen, aber vernichtbaren Staatsakten durchzusetzen. 56 Die Unterscheidungskriterien bildeten die Schwere und die Erkennbarkeit des Mangels. Dem Betroffenen war durch die Spaltung der Rechtsfolgen, die mit der Erweiterung des Rechtsschutzgedankens verbunden war, besser gedient. Sie verlangte ihm zwar zunächst die Befolgung der mit weniger schweren Fehlern behafteten Verfügungen ab, eröffnete ihm jedoch zugleich den gerichtlichen Rechtsschutz. Auch wenn diese Aspekte in der Phase des Positivismus zeitweilig in den Hintergrund rückten, wurden sie in jüngerer Zeit wieder aufgegriffen und unter Betonung der Klarstellungs- und Stabilisierungsfunktion staatlicher Verfügungen fortentwickelt. 57 54 Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (137); vgl. auch die grundlegende Darstellung der Entwicklung der Fehlerfolgendogmatik bei Jellinek, Staatsakt, S. 45, 54 ff., 123 ff. 55 Vgl. die Nachweise bei Ipsen, Rechtsfolgen, S. 38 ff. 56 Erichsen, Verwaltungsakt, S. 205; Jellinek, Staatsakt, S. 54 ff.
3 Käß
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
Durch die gesetzgeberischen Aktivitäten im Verwaltungs- und Verwaltungsprozeßrecht, insbesondere durch die Verwaltungsgerichtsordnung und die Verwaltungsverfahrensgesetze, wurde für die Rechtsform des Verwaltungsaktes das dualistische System der Fehlerfolgen, 58 wonach zwischen Vernichtbarkeit und Nichtigkeit differenziert werden muß, positiviert. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht macht einen Verwaltungsakt zunächst rechtswidrig. Für formelle Fehler wurde dies von einer älteren Ansicht noch bezweifelt. 59 Da jedoch Systematik, Gesetzeswortlaut 60 und Intention des Gesetzgebers 61 gegen eine Differenzierung sprechen, ist inzwischen allgemein anerkannt, daß jeder formelle Verstoß nicht nur zur bloßen Fehlerhaftigkeit des Verfahrens führt, sondern auch das Ergebnis, den Verwaltungsakt selbst, rechtswidrig werden läßt. 6 2 Durch die Qualifizierung als „rechtswidrig" wird allerdings noch nichts über die endgültige Behandlung des Mangels ausgesagt.63 Die Verwaltungsverfahrensgesetze halten grundsätzlich zwei unterschiedliche Sanktionen für die Rechtswidrigkeit bereit. Zum einen die Nichtigkeit, d.h. die gem. § 43 Abs. 3 VwVfG ab Fehlereintritt bestehende Unwirksamkeit; zum anderen die durch die „einfache" oder „relative" Rechtswidrigkeit ausgelöste Vernichtbarkeit 64 durch gerichtliche oder behördliche Entscheidung, wobei ein in seinen Rechten verletzter Betroffener grundsätzlich einen Aufhebungsanspruch hat, was etwa von der VwGO in § 113 Abs. 1 Satz 1 vorausgesetzt wird. 6 5 Der Gesetzgeber hat 57
Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (220). Zur Begriffsbildung Papier, Der verfahrensfehlerhafte Staatsakt, S. 23. 59 BVerwG, Urteil vom 13.2.1970, Buchholz 406.11, Art. 14 GG, Nr. 106; vgl. auch Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 159 f.; kritisch dazu Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); Ule/Laubinger, § 58, Rn. 3, m.w.N. 60 Vgl. den Wortlaut des § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, der darauf hindeutet, daß Verfahrens- und Formfehler zur Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten führen. 61 Vgl. die Gesetzesbegründung zu §§ 41 und 42 VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 65, wonach Verfahrens- oder Formfehler zur Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten führen sollen. 62 Faber, Verwaltungsrecht, § 15 II; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 499; Henke, Planerhaltung, S. 35; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 393; Klappstein, in: Knack, Vor § 43, Rn. 5.1. 63 Daher kann nicht nur von der Fehlerfolge der Rechtswidrigkeit, so Hufen, DVB1 1988, S. 69 (70 f.), sondern auch vom Tatbestand der Rechtswidrigkeit gesprochen werden, so Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 20, und Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). 64 Bei nichtigen Verwaltungsakten liegt demgegenüber eine „absolute" Rechtswidrigkeit vor; vgl. zu der grundlegenden Unterscheidung von relativer und absoluter Rechtswidrigkeit vor Inkrafttreten des V w V f G Wolff, Verwaltungsrecht I, 4. Aufl., § 51, I I I und IV. 65 Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 555 ff.; Spannowsky, in: Sodan/ Ziekow, § 113, Rn. 18; vgl. auch BSG (GrS), Beschluß vom 19.2.1992, NJW 1992, 5. 2444. 58
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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als Unterscheidungskriterium beider Rechtsfolgen in § 44 Abs. 1 VwVfG die zuvor herrschende Evidenztheorie, die an der Schwere und der Erkennbarkeit des Fehlers ausgerichtet ist, übernommen 66 und in § 44 Abs. 2 VwVfG besondere Nichtigkeitsgründe aufgezählt. bb) Die Fehlerfolgen bei Rechtsnormen Die Herausbildung der Fehlerfolgenregelungen bei Rechtsnormen war demgegenüber von anderen Gesichtspunkten gekennzeichnet.67 Normen bedurften - und bedürfen - regelmäßig erst der Umsetzung, weshalb sie zumeist nicht selbst unmittelbarer Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und Staat waren. Daher erschien eine Trennung der Rechtsfolgen nicht erforderlich (monistisches Fehlerfolgensystem). 68 Die streitige Frage konzentrierte sich im Regelfall darauf, ob ein Rechtsakt mit der Begründung, die ihm zugrundeliegende normative Ermächtigungsgrundlage sei fehlerhaft, angefochten werden konnte. Es ging dabei um die gerichtliche Normprüfungs- und Normverwerfungskompetenz. Die richterliche Befugnis, Rechtsnormen nicht anzuwenden, die gegen höherrangige Vorschriften verstoßen, vermochte sich im Laufe der letzten beiden Jahrhunderte erst langsam durchzusetzen. Dogmatisch stützte sich diese Lehre auf die ipso-iure-Nichtigkeit der Norm. Der Richter sollte nur zur Feststellung der kraft Gesetzes bestehenden Nichtigkeit befugt sein, nicht aber zu ihrer Aufhebung im Wege eines Gestaltungsaktes, was einen ungleich stärkeren Eingriff in die Kompetenzen des Normgebers bedeutet hätte. 69 Mangels ausdrücklicher einfachgesetzlicher bzw. verfassungsrechtlicher Regelungen der Fehlerfolgen wurde - nach dem sog. „Nichtigkeitsdogma" - die an die Rechtswidrigkeit anknüpfende Nichtigkeit aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet, was dazu geführt hat, daß sie lange Zeit als ausnahmslose und verfassungsrechtlich gebotene Fehlerfolge angesehen wurde. 70 Es handelte sich dabei in Wahrheit aber nur um eine „Zweckschöpfung des Verwaltungsrechts". 71 Sie hat aus verfassungsrechtlichen Ge-
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Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 31. Grundlegend zum folgenden Ipsen, Rechtsfolgen, S. 23 ff.; dazu auch Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (221), und Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807). 68 Zur Begriffsbildung Papier, Der verfahrensfehlerhafte Staatsakt, S. 23. 69 Held, Grundrechtsbezug, S. 230, m.w.N.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 67
(221).
70 Maurer, DÖV 1993, S. 184 (193); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2806 f.); Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (586); Johann Schmidt/A. Lange, in: FS für Mühl, S. 595 (596); vgl. auch Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 672, zu Rechtsverordnungen, und S. 1039 f. zu formellen Gesetzen. 71 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 158.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
sichtspunkten heraus zwar ihre grundsätzliche Berechtigung als regelmäßige Fehlerfolge. Ausnahmen von ihr sind aber zulässig. 72 c) Die verbindliche
Entscheidung über die Fehlerfolgen
Der Rechtsschutz ist im dualistischen Fehlerfolgensystem geteilt. Bei Nichtigkeit ist lediglich deren verbindliche Feststellung erforderlich. Die Kompetenz dazu steht bei Verwaltungsakten zum einen der zuständige Behörde nach § 44 Abs. 5 VwVfG, zum anderen den Gerichten zu. Letztere können über die Nichtigkeit inzident oder im Rahmen einer Nichtigkeitsfeststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO entscheiden. Ein nur rechtswidriger Verwaltungsakt bedarf dagegen der Aufhebung durch Gestaltungsurteil des Gerichts (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder durch Gestaltungsakt der Behörde in Form des Abhilfebescheides im Widerspruchsverfahren (§ 72 VwGO) bzw. der Rücknahme (§ 48 VwVfG). Die Feststellung der Nichtigkeit im monistischen Fehlerfolgensystem bereitet bei untergesetzlichen Normen immer noch kompetentielle Schwierigkeiten. Einigkeit besteht darüber, daß den Gerichten die verbindliche Nichtigkeitsfeststellung mit erga-omnes-Wirkung im Wege der prinzipalen Normenkontrolle ausschließlich vorbehalten ist, was sich an der Einräumung einer behördlichen Antragsbefugnis in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zeigt. 73 Die gerichtliche Verwerfungsbefugnis inter partes ist ebenfalls anerkannt (inzidente Normenkontrolle). 74 Strittig ist dagegen, ob Behörden eine Normverwerfungskompetenz zusteht. 75 Nach einer Auffassung 76 sind nur die Gerichte zur Verwerfung befugt, nicht aber die Organe der Exekutive. Hierzu finden sich zwar keine ausdrücklichen verfassungsrechtlichen bzw. einfachgesetzlichen Vorgaben, denn Art. 100 GG regelt die Norm Verwerfungskompetenz lediglich für nachkonstitutionelle förmliche Gesetze und weist diese ausschließlich dem 72 Zur verfassungsrechtlichen Fundierung der Fehlerfolgen vgl. bereits oben Kap. I I I ; speziell zur Rechtsschutzfunktion Hill, DVB1 1983, S. 1 (5); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807). 73 BVerwG, Urteile vom 21.11.1986, BVerwGE 75, 142, und ZfBR 1987, S. 98. 74 Dazu und zur Konkurrenz zwischen Inzidentkontrolle und prinzipaler Normenkontrolle nach § 47 VwGO ausführlich Decker, BauR 2000, S. 1825 (1828); siehe auch Hufen, § 25, Rn. 19; Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 75. 75 Dazu die Darstellungen des Meinungsstreits bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 47; siehe auch Engel, N V w Z 2000, S. 1258 ff.; vMutius/Hill, S. 53 ff.; umfassend Wehr, Inzidente Normverwerfung durch die Exekutive. 76 Bay VGH, Urteil vom 1.4.1982, BayVBl 1982, S. 654 ff.; OVG Saarlois, Urteil vom 20.2.1989, N V w Z 1990, S. 172 f.; Urteil vom 9.12.1991, N V w Z 1993, S. 396 f.; Lohr, in: B / K / L , § 10, Rn. 10; Pagenkopf, BauR 1979, S. 1 (11 f.); Schmiemann, in: FS für Weyreuther, S. 235 (242 ff.).
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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Bundesverfassungsgericht zu. 7 7 Aufgrund verfassungsrechtlicher Überlegungen, insbesondere wegen der in Art. 20 Abs. 2 und 3 GG angelegten Gesetzesbindung der Verwaltung, wird den Gerichten aber das Normverwerfungsmonopol eingeräumt. 78 Die Verwaltung ist dagegen gleichermaßen wie der Bürger zunächst an nichtige Normen gebunden, obwohl diese unwirksam sind. Die Bindung an Gesetz und Recht wird demnach formell gesehen und an den Erlaß einer Norm geknüpft. Nach der Gegenansicht dürfen Behörden die als nichtig erkannten Normen nicht anwenden, 79 was ebenfalls aus der Gesetzesbindung der Verwaltung abgeleitet wird. Die Bindung umfaßt danach nur wirksame Normen und beinhaltet als Kehrseite das Verbot, nichtige Rechtsvorschriften zu beachten. Die Beurteilung soll der Behörde selbst obliegen, da nicht in jedem Falle die Einleitung eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens möglich sei. Vorzugswürdig erscheint eine differenzierende Auffassung. 80 Sie muß an der Rechtssicherheit orientiert sein und daher grundsätzlich von dem die Rechtsvereinheitlichung absichernden Verwerfungsmonopol der Gerichte ausgehen. Für Fallgruppen, in denen entgegenstehende Prinzipien dazu führen, daß die Grundregel überwunden werden kann, sind Ausnahmen vorzusehen. Angesichts der Ambivalenz der Prinzipien des Rechtsstaatsgebots kann die Frage nach der Normbindung bei Nichtigkeit nur differenziert durch Aufstellung eines Grundsatzes, der Raum für Abweichungen läßt, beantwortet werden.
3. Der Grundsatz der Rechtserhaltung a) Der Erhaltungsgrundsatz
als leitender Rechtsgedanke
Dem Sanktionierungsgebot steht das Strukturprinzip der Rechtserhaltung gegenüber, das gebietet, einen fehlerbehafteten Rechtsakt aufrechtzuerhal77
BVerfG, Urteil vom 20.3.1952, BVerfGE 1, 184; Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 100, Rn. 7, 12. 78 Vgl. dazu Wolff/Bachof/Stober, § 28, Rn. 20 f., m.w.N. 79 OVG Lüneburg, Beschluß vom 15.10.1999, DVB1 2000, S. 212, wo die Nichtanwendbarkeit einer Veränderungssperre durch die Verwaltung bejaht wird, selbst wenn deren Nichtigkeit noch nicht gerichtlich festgestellt worden ist; V G H Kassel, Urteil vom 20.12.1989, N V w Z 1990, S. 885 f.; Beschluß vom 22.2.1994, NVwZRR 1994, S. 691 f.; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 138; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10, Rn. 19. 80 Wolff/Bachof/Stober, § 28, Rn. 20 f.; in die gleiche Richtung mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen Engel, N V w Z 2000, S. 1258 (1259 f.); Gerhardt, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb. § 47, Rn. 10; Gierke, in: Brügelmann, § 10, Rn. 473 ff.; Wehr, Inzidente Norm Verwerfung durch die Exekutive; vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 31.1.2001, DVB1 2001, S. 931 ff.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
ten. Es läßt sich nicht nur im Bereich des hoheitlichen Handelns, sondern auch im Zivilrecht und in den verschiedenen Prozeßrechten nachweisen. 81 Der Erhaltungsgrundsatz kann dabei auf eine lange Tradition zurückblicken. Aus rechtshistorischer Sicht besonders hervorzuheben ist der hinter dem §139 BGB stehende Rechtsgedanke zur Teilnichtigkeit, dessen Entwicklung bis in das römisch Recht zurückreicht 82 und der sich in der gesamten Rechtsordnung, etwa in den §§44 Abs. 4 und 59 Abs. 3 VwVfG, wiederfindet. 83 b) Die Ausprägungen des Rechtserhaltungsgrundsatzes im öffentlichen Recht Der Grundsatz der Rechtserhaltung im öffentlichen Recht ist Ausfluß des verfassungsrechtlich gebotenen Differenzierungserfordernisses. 84 Er läßt sich für den Bereich des hoheitlichen Handelns der Verwaltung an verschiedenen, ihn konkretisierenden Instrumenten nachweisen. Die wichtigsten sollen im folgenden kurz aufgezeigt und entsprechend der Abfolge der Fehlerfolgensystematik eingeteilt werden. aa) Die gesetzliche Einordnung staatlicher Akte in bestimmte Rechtsformen Bereits die Ausschöpfung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes bei der Zuordnung eines staatlichen Aktes zu einer bestimmten Rechtsform kann rechtserhaltend wirken, wenn diese dazu führt, daß ein bestimmtes Fehlerfolgensystem zum Tragen kommt. Dadurch macht sich der Gesetzgeber die Speicherfunktion von Rechtsformen zunutze, 85 um die gewünschte Art der Fehlerbehandlung zu erreichen, die regelmäßig auf eine Erhöhung der Beständigkeit der Sekundärakte gerichtet ist. Zu denken ist etwa an die im Fachplanungsrecht zu beobachtende Einkleidung von planerischen (Vor-) Entscheidungen in Gesetze und andere Rechtsformen, die der unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen sind. 8 6 Aus demsel81
Dazu ausführlich Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (144 ff.); ders., DVB1 1996, S. 12 (13 ff.). 82 Hoppe, in: Abwägung im Recht, a.a.O.; ders., DVB1 1996, S. 12 (14 ff.), m. w.N. 83 Vgl. speziell zum Planungsrecht BVerwG, Urteil vom 14.7.1972, BVerwGE 40, 268 (270); Beschluß vom 8.8.1989, N V w Z 1990, S. 159 (160); Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (256, Fn. 43); Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (353); W. Schrödter, in: Schrödter, § 214, Rn. 16, m.w.N. 84 Vgl. dazu Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 76 f., und oben Kap. 11 1 c. 85 Dazu Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25 (35); Schmidt-Aßmann, DVB1 1989, S. 533.
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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ben Grund wurde im Bauplanungsrecht der Bebauungsplan als Satzung ausgestaltet. 87 bb) Die geltungserhaltende Auslegung Der Rechtserhaltungsgedanke kann sich auch in der geltungserhaltenden Auslegung höherrangiger Vorschriften konkretisieren, die darauf gerichtet ist, eine Rechtsverletzung zu verneinen. Sie vollzieht sich durch weite Interpretation von Normbefehlen bzw. durch die Auslegung von Normen als Ordnungsvorschriften 88 . Darüber hinaus tritt sie bei der verfassungs- 89 und der in neuerer Zeit immer bedeutender werdenden europarechtskonformen Auslegung 90 zu Tage. 91 cc) Die Begrenzungsregelungen für Fehlelfolgen Seine augenfälligste Ausformung erfährt der Erhaltungsgedanke in den gesetzlich und richterrechtlich herausgebildeten materiellrechtlichen Ausnahmen von den Fehlerfolgenregelungen der jeweiligen Rechtsform. Dazu ist im dualistischen Folgensystem der Ausschluß des Aufhebungsanspruches in § 46 VwVfG zu rechnen. Weitere Ausnahmen zeigen sich in den Kommunalgesetzen verschiedener Länder. 92 Sie haben die Fehlerfolgenbegrenzung bei der Beschlußfassung von Kommunalorganen allgemein 93 und im besonderen die Fehler beim Erlaß kommunalrechtlicher Normen zum Gegenstand 94 . Schließlich ist die Wahlbestandssicherung zu erwähnen, nach 86 Zur Bestimmung der Linienführung nach § 16 FStrG vgl. Gaentzsch, DVB1 2000, S. 741 (744 ff.); zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Planfeststellungen durch Bundesgesetz BVerfG, Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 ff. 87 Dazu der Regierungsentwurf zum BBauG, BT-Drs. 3/336, S. 65. 88 Dies gilt etwa für Regelungen über die Beschlußfassung kommunaler Organe, vgl. etwa die Auslegung des Art. 52 BayGO als Ordnungsvorschrift, dazu Bauer/ Böhle/Masson/Samper, Art. 52, Rn. 1, m.w.N., unter Berufung auf BayVGH, Urteil vom 23.11.1906, VGHE (a.F.) 28, 11 (13); kritisch Hölzl/Hien, Art. 52, Anm. 2. 89 Dazu BVerfG, Beschluß vom 7.5.1953, BVerfGE 2, 266 (282); Beschluß vom 11.6.1958, BVerfGE 8, 28 (34); Beschluß vom 1.3.1978, BVerfGE 48, 40 (45 f.); BVerwG, Urteil vom 18.12.1987, BVerwGE 78, 347 (352); Hesse, Grundzüge, Rn. 79 ff. 90 Dazu Streinz, EuZW 1993, S. 599 f. 91 Ausführlich zu beiden Problemfeldern auch Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (148 ff.), m.w.N.; ders., DVB1 1996, S. 12 (16 f.). 92 Vgl. zu den kommunalrechtlichen Erhaltungsregelungen Hill, DVB1 1983, S. 1 ff.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (227 ff.); Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 49 ff.; ein Überblick über die Regelungen findet sich bei Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 96, Fn. 481. 93 So etwa Art. 49 Abs. 4 BayGO und § 18 Abs. 6 Satz 1 BWGemO.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
der nicht jeglicher Fehler zur Unwirksamkeit und damit zur Wiederholung des Wahlaktes führt. 95 Die mittelbaren Folgen einer Nichtigerklärung von Rechtsnormen werden darüber hinaus durch Regelungen in verschiedenen Verfahrensgesetzen begrenzt. Paradigmatischer Charakter kommt dabei dem § 79 Abs. 2 BVerfGG zu. Prozeßrechtliche Parallelvorschriften finden sich in § 183 VwGO, in § 47 Abs. 5 Satz 3 VwGO und in § 157 FGO. Danach bleiben die unanfechtbaren Entscheidungen der Gerichte von der Nichtigkeit der Norm, auf der sie beruhen, grundsätzlich unberührt, dürfen allerdings nicht mehr vollstreckt werden. Nach zutreffender Auffassung ist dieser Grundsatz verallgemeinerungsfähig, so daß etwa § 183 VwGO über seinen Wortlaut hinaus auch auf unanfechtbare Verwaltungsentscheidungen Anwendung findet. 9 6 Die Nichtigkeit führt nach diesem Rechtsgedanken nicht zu einer umfassenden Rückabwicklung der zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen. Eine vergleichbare Regelung für unwirksame Verwaltungsakte findet sich im Beamtenrecht in § 14 Bundesbeamtengesetz, wonach die vorgenommenen Amtsgeschäfte eines Beamten sogar bei Nichtigkeit seiner Ernennung ihre Gültigkeit behalten. dd) Die Nachbesserungsvorschriften Zu den allgemeinen Erhaltungsregelungen zählen auch die Bestimmungen über die Nachbesserung bereits erlassener Hoheitsakte. Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften sind die §§45 und 47 VwVfG, die die Heilung bzw. die Umdeutung von Verwaltungsakten bei formellen Mängeln zum Inhalt haben und auf diesem Wege die nachträgliche Herbeiführung rechtmäßiger Zustände ermöglichen. Während bei der Heilung der fehlerhafte Akt nachgebessert und der Fehler dadurch beseitigt wird, 9 7 führt die Umdeutung die Erhaltung des fehlerfreien „Kerns" der bezweckten Regelung herbei. 98
94 Vgl. § 4 Abs. 6 GO NW, i.d.F. vom 1978, nunmehr § 7 Abs. 6 GO NW, i.d.F. vom 14.7.1994 (GV N W S. 666); siehe auch § 4 Abs. 4 BWGemO, i.d.F. vom 3.10.1983 (GBl. S. 578); §§ 5 Abs. 4, 25 Abs. 6 HGO, i.d.F. vom 15.12.1992 (GVB1. S. 170); § 6 Abs. 5 NdsGO, i.d.F. vom 22.6.1982 (GVB1. S. 229). 95 Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (139); dazu auch jüngst BVerfG, Urteil vom 8.2.2001, NJW 2001, S. 1048 ff., und HessWahlprüfGer, Beschluß vom 23.2.2001, NJW 2001, S. 1054 ff. 96 BVerwG, Beschluß vom 14.7.1978, BVerwGE 56, 172 (176); Kopp/Schenke, § 183, Rn. 5. 97 Zum Streit über die ex-tunc-Wirkung Horn, Die Verwaltung 25 (1992), S. 203 (206). 98 Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 523.
I. Fehlersanktionierung und Rechtserhaltungsgrundsatz
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Rechtsnormen können durch Neuerlaß ebenfalls geheilt werden. Um eine vollständige Nachbesserung zu erreichen, muß der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereiches allerdings auf den Zeitpunkt bezogen werden, zu dem die nichtige und daher ungültige Vorgängernorm (scheinbar) Geltung erlangt hat. Da dieser in der Regel vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die zur Heilung erlassene Norm rechtlich existent geworden ist, gilt es, das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete allgemeine Rückwirkungsverbot zu beachten, das aus Gründen des Vertrauensschutzes der „tatbestandlichen Rückanknüpfung" und erst recht der „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" („echte" Rückwirkung) belastender Rechtssätze entgegenstehen kann." Ein rückwirkender Erlaß ist aber regelmäßig dann zulässig, wenn fehlerhafte und damit nichtige Regelungen durch rechtlich einwandfreie Normen ersetzt werden, da das bloße Vertrauen auf den Rechtsschein, der von nichtigen Rechtssätzen nur ausgehen kann, zumeist nicht schutzwürdig i s t . 1 0 0 ee) Die verwaltungsprozessualen Erhaltungsinstrumente Flankiert wurde die „Reparatur" staatlicher Akte durch prozessuale Regelungen, wonach der Verwaltungsbehörde im vorbereitenden Verfahren Gelegenheit zur Heilung gegeben werden kann (§ 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 VwGO) bzw. das gerichtliche Verfahren zu diesem Zweck ausgesetzt werden darf ( § 94 Satz 2 V w G O ) . 1 0 1 Weitere Erhaltungstendenzen zeigen sich im Ausschluß eigenständiger Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nach § 44 a V w G O . 1 0 2 Verfahrensfehlern können danach nicht selbständig gerichtlich geltend gemacht werden. Schließlich führt nicht zuletzt die Erhöhung der Zugangsvoraussetzungen zu den Gerichten zu einer größeren Bestandssicherung von Rechtsakten der Verwaltung. 103
99 Vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 22.3.1983, BVerfGE 63, 343 (353 ff.); Beschluß vom 14.5.1986, BVerfGE 72, 200 (241 f.); Maurer, in: HdBStR, Bd. III, § 60, Rn. 27 ff. 100 BVerfG, Urteil vom 19.12.1961, BVerfGE 13, 261 (272); Beschluß vom 8.6.1977, BVerfGE 45, 142 (173 f.); BVerwG, Urteil vom 28.11.1975, BVerwGE 50, 2 (7 ff.); Urteil vom 15.4.1983, BVerwGE 67, 129 (131 ff.); Maurer, a.a.O., insb. Rn. 30. 101 Dazu kritisch Stüer, DVB1 1997, S. 1201 (1204 f.); zur Ausdehnung des § 94 VwGO mittels Analogieschlusses auf die Heilung von Planfeststellungsbeschlüssen durch ergänzendes Verfahren Bay VGH, Beschluß vom 20.9.1999, VGHE n.F. 52, 155; die Regelungen sind durch Gesetz vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987) außer Kraft getreten. 102 Vgl. dazu im einzelnen Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 633. 103 Zuletzt ist dies bei der Verschärfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen im Normenkontrollverfahren erfolgt, durch das 6. VwGO Änderungsgesetz vom 1.11. 1996 (BGBl. I S. 1626).
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
ff) Die Fehlerfolgenbegrenzung in verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsfolgenaussprüchen Der Erhaltungsgedanke kommt ferner bei der Feststellung der Teilnichtigkeit 1 0 4 und der gerichtlichen Anordnung von milderen Sanktionen statt der eigentlich vorgesehenen Fehlerfolgen zum Tragen. So kann nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung an die Stelle der Nichtigerklärung die Nichtvereinbarerklärung einer Norm mit dem Grundgesetz treten, 1 0 5 bei der die Unwirksamkeit durch den Tenor und die tragenden Gründe beschränkt wird, gleichzeitig aber die Verpflichtung zur Herstellung einer verfassungsgemäßen Rechtslage besteht. 106 Einen wichtigen Unterfall der unwirksamkeitsbegrenzenden Urteilsaussprüche bildet die Feststellung eines abweichenden Nichtigkeitszeitpunktes. 107
4. Zusammenfassung Das verfassungsrechtlich vorgezeichnete Spannungsverhältnis zwischen dem Sanktionierungsgebot für fehlerhafte Sekundärakte und dem Strukturprinzip der Rechtserhaltung wird im öffentlichen Recht durch das monistische und das dualistische Fehlerfolgensystem gelöst. Dabei kommt es im Interesse einer erhöhten Beständigkeit von Rechtsakten zu Durchbrechungen der Regelungsmodelle. Der durch die Ausdifferenzierung der Fehlerfolgen erreichte Ausgleich der widerstreitenden Prinzipien kann als wichtige Errungenschaft der modernen Rechtsordnung angesehen werden. Nachdem der allgemeine Grundsatz der Rechtserhaltung aufgezeigt und anhand verschiedener Instrumente konkretisiert wurde, gilt es nun zu untersuchen, wie der Planerhaltungsgrundsatz zu diesem steht und welche Instrumente ihm zuzurechnen sind.
104
Dazu Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 110 ff. Ständ. Rspr. BVerfG, Beschluß vom 11.6.1952, BVerfGE 8, 1 (19 f.); Urteil vom 18.7.1972, BVerfGE 33, 305, (348); Beschluß vom 21.5.1974, BVerfGE 37, 217 (218, 261 ff.); Beschluß vom 7.7.1982, BVerfGE 61, 43 (68); Urteil vom 3.11.1982, BVerfGE 61, 319 (356); BayVerfGH, Entscheidung vom 1.8.1975, BayVBl 1975, S. 555 (557 f.); StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8.2.2000, DVB1 2000, S. 625 f.; vgl. dazu auch Ipsen, Rechtsfolgen, S. 95 ff., m.w.N.; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 20, Rn. 112 ff., m.w.N. 106 BVerfG, Beschluß vom 21.5.1974, BVerfGE 37, 217 (262 ff.); Beschluß vom 8.10.1980, BVerfGE 55, 100 (110 f.); StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8.2.2000, a.a.O., S. 626. 107 Ständ. Rspr. BVerfG, Beschluß vom 21.5.1974, BVerfGE 37, 217 (261 f.); Urteil vom 3.11.1982, BVerfGE 61, 319 (356); siehe dazu auch Stüer, DVB1 1985, S. 469 (479). 105
II. Der Planerhaltungsgrundsatz als Ausprägung des Erhaltungsprinzips
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II. Der Planerhaltungsgrundsatz als besondere Ausprägung des allgemeinen Erhaltungsprinzips im Planungsrecht 1. Der Planerhaltungsgrundsatz als „offenes" Rechtsprinzip Der Planerhaltungsgrundsatz stellt eine besondere Ausformung des Gedankens der Rechtserhaltung dar. Er bildet nicht nur einen Sammelbegriff für Instrumente und Institute, die der Aufrechterhaltung und Reparatur von Plänen dienen, sondern nach herrschender Ansicht 1 0 8 auch ein „offenes Rechtsprinzip" im Sinne eines „leitenden Rechtsgedankens" 109 . Als solches konkretisiert er den übergeordneten Rechtserhaltungsgrundsatz für den Bereich des Planungsrechts, bedarf selbst aber noch einer weiteren Umsetzung, die sich durch die richterliche Rechtsfortbildung und die Gesetzgebung vollzieht. Eine solche Konkretisierung hat er, wie noch zu zeigen sein wird, in den vergangenen Jahrzehnten durch die Entwicklung der anerkannten Planerhaltungsinstrumente gefunden. Der verwaltungsrechtliche Grundsatz der Planerhaltung kann wie folgt beschrieben werden: Soweit die Interessen am Bestand eines Planes überwiegen und keine verfassungsrechtlichen Prinzipien, die auf die Ungültigkeit des Planes gerichtet sind, entgegenstehen, kann erstens die für die Rechtsform, in die der Plan gekleidet ist, grundsätzlich eintretende Fehlerfolge ganz oder teilweise aufgehoben werden und es kann zweitens ein unwirksamer Plan unter besonderen Voraussetzungen geheilt und erneut in Kraft gesetzt werden. 110 Die Planerhaltung umfaßt dagegen keine Handlungs- und Planungsgrundsätze für hoheitliche Planungsträger, die darauf gerichtet sind, den Inhalt bestehender (rechtmäßiger) Planungen weiterzuverfolgen und die bei der Änderung gültiger Pläne zu berücksichtigen wären. 1 1 1 Ebensowenig geht es bei ihr um die Pflicht zum Neuerlaß ungültiger Pläne. 1 1 2
108 Battis, in: B / K / L , Vor §§ 214-216, Rn. 7; Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (151 f.); ders., DVB1 1996, S. 12 (17 f.); Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1409); Schliepkorte/Stemmler, BBauBl 1996, S. 827 (829); Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 574; ebenso Kommissionsbericht, Rn. 103; kritisch dagegen Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 30. 109 Zur Terminologie vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 479 f.; im Sinne der Prinzipienlehre von Alexy und Koch, die Prinzipien als Sollenssätze qualifizieren, wäre der so verstandene Planerhaltungsgrundsatz nicht als „Prinzip", sondern als „Tiefenstruktur des Rechts" zu verstehen, da er keinen Normcharakter besitzt; dazu Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (152). 110 Für einen engeren Begriff Hoppe, a.a.O., S. 137 f., der nur den ersten Teil erfassen will. 111 So auch Hoppe, in: FS für Schlichter, S. 87 (92).
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
2. Die anerkannten Planerhaltungsinstrumente des Raumplanungsrechts a) Die Rechtsformwahl
und die Fehlervermeidung
Die mit der Verhinderung von Fehlern zusammenhängenden Instrumente 1 1 3 werden von der Planerhaltung im hier verstandenen Sinne nicht erfaßt, die den Eintritt eines Fehlers voraussetzt. Damit wird die Frage der Rechtsformwahl, die Problematik, ob und inwieweit Anforderungen an Planungsakte durch den Normgeber zurückgenommen werden können, und die Verhinderung von Fehlern durch die Auslegung der höherrangigen Normen oder des zu kontrollierenden Planungsaktes 114 ausgeklammert. 115 Zuzugestehen ist, daß die Wirkungsweisen der Fehlervermeidung und der Sanktionierungsbegrenzung aus ergebnisbezogener Betrachtung nahe beieinander liegen können. 1 1 6 Das Kriterium der Fehlerlosigkeit und damit der Rechtmäßigkeit stellt aber eine wesentliche dogmatische Trennungslinie dar. Auf der einen Seite steht die Anwendung des jeweils geltenden Rechts, auf der anderen Seite die Reaktion auf Verstöße gegen dasselbe. b) Die Fehlerfolgenbegrenzung Die Planerhaltungsinstrumente setzen erst bei den Ausnahmen von den Sanktionierungssystemen ein, die die Begrenzung der Fehlerfolgen zum Gegenstand haben. Nach ihren Rechtsfolgen lassen sie sich in die Unbeachtlichkeit von Mängeln 1 1 7 einerseits und in die „Nichtentfaltung von Rechtswirkungen" als Alternative zur Nichtigkeit bei Rechtsnormen bzw. die
112 Zur Einschränkung des Ermessensspielraumes des § 1 Abs. 3 BauGB bei der Nichtigkeit von Plänen vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1986, BVerwGE 75, 142 (145 f.); Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (268 f.); Beschluß vom 24.5.1989, N V w Z 1990, S. 258 (259); Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 21; Schmaltz, in: Schrödter, § 215a, Rn. 15; kritisch Rude , Planreparatur, S. 148 ff. 113 Zu den allgemeinen Fehlervermeidungsinstrumenten vgl. oben Kap. 1 I 3 b aa. 114 Zur Begrenzung des Regelungsgehaltes von Plänen siehe BVerwG, Urteil vom 16.2.1973, BVerwGE 42, 5 ff.; Beschluß vom 27.7.1989, Buchholz 406.11, § 214 BauGB, Nr. 3. 115 Zum weitergehenden Planerhaltungsbegriff der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches Kommissionsbericht, Rn. 107, wonach das Instrument der gesetzeskonformen Auslegung mit umfaßt sein soll; wie hier für das Fachplanungsrecht Sendler, in: Aktuelle Fragen der Planfeststellung, S. 9 (33 f.). 116 Hoppe, in: FS für Schlichter, S. 87 (95 f.); Sendler, a.a.O. 117 Zum Teil spricht das Gesetz auch von der Unerheblichkeit, die aber inhaltlich gleichbedeutend ist, so daß im folgenden nur noch von der Unbeachtlichkeit die Rede ist.
II. Der Planerhaltungsgrundsatz als Ausprägung des Erhaltungsprinzips
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Modifikation des Aufhebungsanspruches bei Verwaltungsakten andererseits aufspalten. Dabei stellt die Unbeachtlichkeit von Fehlern das wichtigere Folgenbegrenzungsinstrument dar. Ein Mangel, der nach §§ 214, 215 BauGB bzw. nach § 75 Abs. l a Satz 1 V w V f G 1 1 8 unbeachtlich (geworden) ist, kann grundsätzlich keine Folgen für die Rechtswirksamkeit des Planes entfalten. 1 1 9 Ihre Parallele für die Pläne des Raumordnungsrechts finden diese Normen in der Rahmenvorschrift des § 10 Abs. 1 und 2 ROG. Die Vorschriften können in „absolute" (§214 BauGB, §75 Abs. l a Satz 1 VwVfG; § 10 Abs. 2 ROG) und „relative" Unbeachtlichkeitsregelungen (§ 215 BauGB, § 10 Abs. 1 R O G ) 1 2 0 unterteilt werden, wobei für letztere neben dem Vorliegen eines Fehlers als zusätzliche Voraussetzung das Unterbleiben der fristgerechten Fehlerrüge vorliegen muß. Die Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen, die Ausnahmen zur Nichtigkeit von Rechtsnormen in Form der Nichtentfaltung von Rechtswirkungen beinhalten, finden sich in § 215 a Abs. 1 BauGB 1 2 1 und in § 10 Abs. 3 ROG. Durch § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG wird bei Durchführbarkeit des ergänzenden Verfahrens oder der Planergänzung der grundsätzlich für rechtswidrige Verwaltungsakte bestehende Aufhebungsanspruch bei Planfeststellungsbeschlüssen und Plangenehmigungen zugunsten anderer Ansprüche ausgeschlossen. 122 c) Die Heilungsvorschriften aa) Die Differenzierung zwischen Heilungs- und Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen Während auf der ersten Stufe der Planerhaltung die Rechtsfolgen einer Verletzung höherrangigen Rechts mit dem Ziel, die unmittelbare Fehlersanktionierung zu begrenzen bzw. völlig auszuschließen, endgültig modifiziert werden, dienen die Instrumente der sekundären Stufe der Ermög118
Parallelregelungen zu § 75 Abs. l a V w V f G finden sich in § 20 Abs. 7 AEG, § 17 Abs. 6 c FStrG, § 10 Abs. 8 LuftVG, § 5 Abs. 7 MBP1G, § 29 Abs. 8 PBefG, § 19 Abs. 4 WaStrG und in den VerwaltungsVerfahrensgesetzen der Länder. 119 Für den Bereich der Rechtsaufsicht ergeben sich dagegen Ausnahmen, vgl. etwa § 216 BauGB. 120 Zur Begriffsbildung vgl. Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (262); Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 166; Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (481); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); kritisch dazu Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (S. 229 ff.). 121 Die Regelung wird prozessual durch § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO flankiert. 122 Dazu umfassend Henke, Planerhaltung, insbes. S. 86 ff., 140 ff.
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
lichung einer erneuten Inkraftsetzung des Planes mit Wirkung für die Zukunft und ausnahmsweise auch für die Vergangenheit. Diese Fehlerbehebungsregelungen greifen regelmäßig nur dann ein, wenn auf der ersten Ebene die Erhaltung nicht vollumfänglich geglückt i s t , 1 2 3 so daß sich ein abgestuftes Anwendungsverhältnis ergibt. Beide Gruppen von Planerhaltungsinstrumenten sind streng voneinander zu trennen, 124 da nur die Nachbesserungsvorschriften eine echte Heilungswirkung entfalten. Heilung setzt, entsprechend dem allgemeinen und dem juristischen Sprachgebrauch, die Wiedergutmachung eines Mangels durch fehlerfreie Wiederholung des Verfahrens bzw. von Teilen desselben voraus, die zu einem rechtmäßigen Hoheitsakt führt. 1 2 5 Sie hat nicht nur die Abbedingung der Fehlerfolgen zum Gegenstand, sondern beseitigt die formellen wie materiellen Rechtsverstöße. Heilung soll dagegen nicht im umfassenden Sinn als nachträglich eintretende Wirksamkeit von Hoheitsakten und damit quasi als am Ergebnis orientierter Oberbegriff für unterschiedliche Planerhaltungsinstrumente Verwendung finden. Dieser würde dann nicht nur die Heilung im engeren Sinne, sondern auch diejenigen Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen erfassen, die die Rechtsfolgen von Mängeln nach Ablauf bestimmter Fristen ausschließen 126 und wäre daher zu weit gefaßt. Der Unterschied zwischen beiden Arten von Erhaltungsinstrumenten ist nämlich nicht nur dogmatischer Natur, sondern hat auch auf ihre Legitimierung entscheidenden Einfluß. Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen schaffen lediglich Rechtssicherheit und stellen die verletzte Rechtsordnung nicht wieder her. Ein derartiger Hei123 Zur Zulässigkeit der Planreparatur trotz Unbeachtlichkeit des Fehlers, die aber eher die Ausnahme bilden dürfte, Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 22; a.A. noch Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155a, Rn. 8, der sie für unstatthaft hielt. 124 Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (230); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (79). 125 Dolde, BauR 1990, S. 1; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263); Held, Grundrechtsbezug, S. 215 f.; Jachmann, Die Fiktion i m öffentlichen Recht, S. 498 f.; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 254; Kopp/Ramsauer, § 45, Rn. 12; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 39; ders., in: FS für Bachof, S. 215 (230); Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 147; zur Rechtmäßigkeit nach erfolgter Heilung vgl. auch OVG Münster, Beschluß vom 23.6.1987, N V w Z 1988, S. 740 f. 126 So aber Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 15; Lüers, ZfBR 1997, S. 231 (238); vgl. weiter Finkelnburg/Ortloff, Bd. I, § 13 I 5, wonach bei § 215 BauGB eine „Heilung durch Zeitablauf t( eintritt; in diese Richtung auch Kommissionsbericht, Rn. 105, wonach bei § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB von einer „Heilung" auszugehen sei; ebenso Ernst/Hoppe, Rn. 331a; Grave, BauR 1980, S. 199 (205), und Molodovsky, BayVBl 1977, S. 539 (544), die die §§ 155a und b BBauG (1979) als echte HeilungsVorschriften verstehen wollen.
II. Der Planerhaltungsgrundsatz als Ausprägung des Erhaltungsprinzips
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lungsbegriff würde eine nicht vorhandene Legitimitätswirkung vorspiegeln, soweit er nicht als solcher kenntlich gemacht w i r d , 1 2 7 was jedoch selbst in den Gesetzesmaterialien nicht immer der Fall i s t 1 2 8 . bb) Das Heilungsinstrumentarium Den Heilungsinstrumenten ist zunächst das Fehlerkorrekturverfahren 129 zuzurechnen. 130 Es findet seine spezielle bauplanungsrechtliche Ausformung im ergänzenden Verfahren, dessen Durchführbarkeit in der Fehlerfolgenbegrenzungsregelung des §§ 215 a Abs. 1 BauGB als Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt wird. Der Gesetzgeber spricht dort zwar - im Gegensatz zu § 45 VwVfG - nicht ausdrücklich von einer „Heilung", sondern nur von der „Behebung" der Fehler, 1 3 1 dem liegt jedoch eine Heilung im engeren Sinne zugrunde. Als Planerhaltungsinstrument erleichtert das Fehlerkorrekturverfahren die Wiederinkraftsetzung des Planes. Anstelle der erneuten Durchführung des gesamten Aufstellungsverfahrens bedarf es für den Neuerlaß nur der Verfahrenswiederholung ab dem fehlerhaften Schritt, vergleichbar mit einer falsch geknöpften Weste", bei der der Vorgang ebenfalls nur ab dem fehlerhaften Abschnitt wiederholt werden muß, 1 3 2 oder mit dem „Zurückdrehen des Verfahrens " und seiner erneuten Fortsetzung. 1 3 3 Dabei handelt es sich um eine Art „vertikaler Teilnichtigkeit" als 127 Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810), m.w.N.; eine Kenntlichmachung der Heilung im weiteren Sinne finden sich bei BGH, Urteil vom 1.10.1987, N V w Z 1988, S. 759, und Urteil vom 2.4.1992, DVB1 1992, S. 1095 (1097); OVG Lüneburg, Urteil vom 31.1.1980, ZfBR 1980, S. 150 (151); Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 1; ders., in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 160; Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 45; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (260); Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 201 (202); Rabe, ZfBR 2001, S. 229; Schlichter/Stich, § 215, Rn. 6; Schmaltz, DVB1 1990, S. 77; Söfker, ZfBR 1979, S. 191; ders., ZfBR 1981, S. 60; Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (390); vgl. auch Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (229 f.), der von einer Heilung im „untechnischen" Sinne ausgeht. 128 Solange der Heilungsbegriff noch in Anführungszeichen verwendet wurde, mag der Unterschied noch hinreichend deutlich werden, vgl. BT-Drs. 8/2451, S. 31; anders aber bereits BT-Drs. 8/2885, S. 35 f.; dazu auch die Nachweise bei Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 148, m.w.N. 129 Zum Begriff BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, ZfBR 1996, S. 163 (164). 130 Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (484); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (230); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811); ebenso Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 165 f., für § 155 a Abs. 5 BBauG (1979). 131 Vgl. auch § 215 Abs. 3 BauGB (1986), wo ebenfalls nur von der „Fehlerbehebung" die Rede war. 132 Dazu Stüer, in: FS für Blümel, S. 565 (585); Stüer/Rude, ZfBR 2000, S. 85 (87). 133 Jarass, DVB1 1997, S. 795 (802).
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Planaufstellungsverfahrens. Im Fachplanungsrecht findet sich neben dem ergänzenden Verfahren, das sich dort auf Fälle der Nachbesserung des Verfahrens und der inhaltlichen Nachbewertung bezieht, noch die Planergänzung, bei der der Planinhalt erweitert w i r d . 1 3 4 Beide werden im Wege des Fehlerkorrekturverfahrens umgesetzt. Eine Zwischenstellung nehmen in beiden Rechtsgebieten die §§75 Abs. l a Satz 2 VwVfG und 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Sie stellen zwar zunächst Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen dar, nachdem im Falle des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB die Nichtigkeit und im Falle des § 75 Abs. l a Satz 2 VwVfG die Anfechtbarkeit ausgeschlossen werden. Ihre Wirkungen sind allerdings eingeschränkt. Nach § 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB entfalten die Satzungen keine Rechtswirkungen. Bei der Behebbarkeit von Mängeln im ergänzenden Verfahren gem. § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG ist die Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses suspendiert; 1 3 6 lediglich bei der Möglichkeit, Mängel im Wege der Planergänzung zu beheben, entfällt die Aufhebbarkeit zugunsten der Verpflichtung auf inhaltliche Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses 137. Da die genannten Vorschriften mit der Tatbestandsvoraussetzung der Behebbarkeit der Mängel letztlich auf eine Heilung abzielen, die erst mit der Durchführung des ergänzenden Verfahrens bzw. der Planergänzung erreicht wird, dienen sie der Absicherung der Heilungsmöglichkeit. Sie sind somit zugleich unselbständige Bestandteile des Heilungsverfahrens, weshalb sie bei den Heilungsvorschriften behandelt werden sollen. Im Bauplanungsrecht findet sich in § 215 a Abs. 2 BauGB als weiteres Instrument die Ermächtigung zur rückwirkenden Inkraftsetzung von Plänen, die eine Ergänzung des Heilungsinstrumentariums darstellt.
3. Die Abgrenzung der Planerhaltung vom allgemeinen Erhaltungsinstrumentarium Da die allgemeinen Erhaltungsinstrumente 138 im Planungsrecht anwendbar sind, 1 3 9 stellt sich die Frage, ob der Planerhaltungsgrundsatz auf diejenigen Instrumente begrenzt werden muß, die ausschließlich der Erhaltung 134 Näher zu den Unterschieden Henke, Planerhaltung, S. 150 f.; Jarass, DVB1 1997, S. 795 (801 f.); Stüer, in: FS für Blümel, S. 565 (582); ausführlich zur Planergänzung Hildebrandt, Der Planergänzungsanspruch. 135 Henke, Planerhaltung, S. 133 ff., 187; Jarass, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, § 75, Rn. 18. 136 BVerwG, Urteil vom 21.3.1996, BVerwGE 100, 370; Kopp/Ramsauer, a.a.O. 137 Dazu ausführlich Henke, Planerhaltung, S. 126 ff. 138 Vgl. oben Kap. 1 I 3 b.
II. Der Planerhaltungsgrundsatz als Ausprägung des Erhaltungsprinzips
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von planungsrechtlichen Hoheitsakten dienen, oder ob ihm darüber hinausgehend auch allgemeine Instrumente zuzurechnen sind, soweit diese Pläne zum Gegenstand haben. Gegen eine Ausgrenzung der letztgenannten Fallgruppe spricht, daß Voraussetzungen und Wirkungsweisen zum Teil kaum unterscheidbar sind. 1 4 0 Dies mag ein Beispiel aus dem Planfeststellungsrecht unterstreichen. Dort ist eine „echte" Planerhaltung für formelle Fehler von Planfeststellungsbeschlüssen insoweit überflüssig, als die allgemeinen Rechtsfolgenbegrenzungs- bzw. Heilungsregelungen, also etwa § 45 oder § 46 VwVfG, reichen. Nur außerhalb ihres Anwendungsbereiches können Erhaltungsregelungen, die nur für Planfeststellungsbeschlüsse und damit für Pläne gelten, wie etwa das ergänzende Verfahren, formelle Mängel betreffen. 1 4 1 Wird ein solches Verfahren im Uberschneidungsbereich beider Regelungen durchgeführt, läßt sich nicht ermitteln, ob eine Heilung nach § 45 VwVfG oder die Behebung durch das ergänzende Verfahren zum Ausschluß der Anfechtbarkeit und damit zur Aufrechterhaltung des Planes geführt haben. Aus diesem Grunde müssen bei rechtsfolgenbezogener Betrachtung beide Fallgruppen zusammengefaßt werden, so daß von der Planerhaltung „ i m weiteren Sinne" auszugehen ist. Die Einschränkung wird erforderlich, wenn nach den Besonderheiten der Planerhaltung gefragt wird. Sie werden durch das Übergreifen der allgemeinen Erhaltungsregelungen verdeckt. Daher ist es für den weiteren Verlauf der Arbeit notwendig, sich auf die Planerhaltung „ i m engeren Sinne" zu beschränken, d.h. auf das Instrumentarium, das ausschließlich die besonderen Hoheitsakte des Planungsrechts zum Gegenstand hat, um die Unterschiede gegenüber den allgemeinen Erhaltungsregelungen aufzeigen zu können.
4. Zusammenfassung Der Grundsatz der Planerhaltung kann dahingehend bestimmt werden, daß er ein offenes Rechtsprinzip darstellt, das zum einen auf die Beschränkung der Fehlerfolgen bei planungsrechtlichen Hoheitsakten - in Abweichung von den für die jeweilige Rechtsform grundsätzlich geltenden Sanktionen - gerichtet ist und zum anderen auf die Inkraftsetzung unwirksamer Pläne unter vereinfachten Voraussetzungen. Es handelt sich um einen einfachrechtlichen Rechtsgrundsatz mit zugleich materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Komponente, der für seine unmittelbare Geltung einer Konkretisierung durch das Planerhaltungsinstrumentarium bedarf. Gegenstand der Planerhaltung ist begriffsnotwendig ein „Plan" als besondere 139
Zum besonderen Problem der Anwendbarkeit der Erhaltungsinstrumente des VwVfG auf Planfeststellungsbeschlüsse Kopp/Ramsauer, § 72, Rn. 18. 140 So bereits Henke, Planerhaltung, S. 46, beschränkt auf das Fachplanungsrecht. 141 Henke, Planerhaltung, S. 213 f. 4 Käß
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
Form des hoheitlichen Handelns. Deshalb gilt es zu fragen, was sich hinter diesem Handlungstypus verbirgt und wie sich dieser von anderen Tätigkeitsbereichen der Verwaltung unterscheidet. Der Grund dafür, daß sich im Laufe der Zeit ein eigenständiger Erhaltungsgrundsatz für Pläne herausgebildet hat, hängt mit deren Besonderheiten zusammen.
III. Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung 1. Die Einordnung des Planes a) Definitionsansätze für Plan und Planung Die Untersuchung des Phänomens „Plan" stößt bereits bei der Bestimmung des Gegenstandes auf erhebliche Schwierigkeiten. Eine praktikable Definition des „Planes" bzw. der „Planung", die an gemeinsamen Merkmalen ausgerichtet ist und dazu dient, beide Begriffe in das bestehende Rechtssystem einzuordnen und dadurch juristisch handhabbar zu machen, ist bislang nicht ersichtlich. 142 Von der rechtstatsächlichen Beschreibung her stellt ein Plan einen Entwurf dar, in dem (zumindest) ein Ziel und die Handlungen, die zu dessen Verwirklichung unter den gegebenen Umständen erforderlich sind, im Interesse einer optimalen Zielerreichung vorweggenommen werden. 143 Aus Sicht des entscheidungstheoretisch geprägten, verwaltungswissenschaftlichen Ansatzes Luhmanns144, der Planung als „Selbstfestlegung eigenen künftigen Verhaltens" 145 definiert, läßt sich der Plan als „ Festlegung von Entscheidungsprämissen für künftige Entscheidungen" umschreiben 146 . Der hohe Abstraktionsgrad der globalen, alle Ausformungen von Plänen umfassenden Definitionsansätze 147 ist wegen deren Vielgestaltigkeit unumgänglich. Allerdings dürfte die Nutzbarkeit derartiger Planbegriffe für die folgende Untersuchung gering sein, da die Gemeinsam142 Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 4; Lecheler, Verwaltungslehre, § 8 1 1 ; Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26 II; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 13 f.; Ossenbühl, Gutachten, S. Β 50 f. 143 Achterberg, § 22, Rn. 159; Herzog/Pietzner, in: EvStL, Bd. II, Sp. 2503; Ronellenfitsch, Einführung in das Planungsrecht, S. 2; Wolff/Bachof/Stober, § 56, Rn. 4. 144 Luhmann, Politische Planung, S. 66 (67). 145 Luhmann, a.a.O. 146 Roellecke, DÖV 1994, S. 1024 (1026); in diese Richtung auch Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 457, der den Plan schlicht als „Entscheidung" charakterisiert; vgl. auch den entscheidungstheoretischen Ansatz von Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 42 ff., der jedoch an anderer Stelle ausdrücklich betont, daß der Planungsbegriff nicht auf diesen verkürzt werden kann, S. 51 f. 147 Zu weiteren Definitionsversuchen, für die entsprechendes gilt, vgl. die Darstellung bei Hoppe, in: FS BVerfG, S. 663 (667 ff.).
III. Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung
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keiten der Pläne auf zu unkonkreter Ebene angesiedelt sind und sich kaum isolieren lassen, ohne ihre Bestimmtheit gänzlich einzubüßen. Für die Definition der Planung und damit zusammenhängend für die Bestimmung ihres Verhältnisses zum Plan gilt gleiches, unabhängig davon, ob beide auf sprachlich-logische Weise abgegrenzt werden, wonach Planung der zum Plan führende Vorgang i s t , 1 4 8 oder ob der Auffassung gefolgt wird, daß beide synonyme Verwendung finden. Deren Anhänger 1 4 9 weisen zu recht darauf hin, daß Planung als dynamischer Prozeß betrachtet werden muß, der nicht mit der Planaufstellung endet, sondern auf Zielerreichung gerichtet ist, dem also auch die Verwirklichung des Planes unterfällt. Im Ergebnis läßt sich wohl nur - wie von Schmitt Glaeser und König vorgeschlagen 150 - der Gedanke Forsthoff s zur Verwaltungsdefinition übertragen, wonach es in der Eigenart der Verwaltung begründet liege, genauer gesagt in ihrer Mannigfaltigkeit, daß sie sich zwar beschreiben, aber nicht definieren lasse. 151 Dies ist zumindest dann nicht möglich, wenn die Definition mit einem juristisch verwertbaren Erkenntnisgewinn verbunden sein soll. 1 5 2 b) Die Einkleidung von Plänen in die bekannten Rechtsformen Die Offenheit des Rechtsinstituts der Planung hat zur Folge, daß sich keine eigene Rechtsform des „Planes" herausgebildet hat, 1 5 3 obwohl dies 148
Herzog/Pietzner, in: EvStL, Bd. II, Sp. 2503; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 14; Püttner, Verwaltungslehre, § 19 I 1; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 407; Thieme, Verwaltungslehre, Rn. 457; Wolff /Bachof/Stober, § 56, Rn. 4. 149 Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 3; ebenso Roellecke, DÖV 1994, S. 1024 (1026); in diese Richtung auch Kaiser, Planung II, S. 11 (25 f.), und ihm folgend Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (17), die darauf hinweisen, daß die Trennung von Planerstellung und Plandurchführung zwar auf einer logischen Zäsur beruht, daß dadurch aber nur eine eindimensionale Betrachtung ermöglicht wird, die den Aspekt der Perpetuierung der Planung in ihrer Ausführung nicht zu erfassen vermag. 150 Schmitt Glaeser/König, JA 1980, S. 321; vgl. auch Schmitt Glaeser, DÖV 1980, S. 1. 151 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 1; ihm folgend Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 8; vgl. zu den überwiegend negativen Abgrenzungen der öffentlichen Verwaltung und zu den neueren deskriptiven Ansätzen die Darstellung bei Wolff /Bachof/Stober, § 2 Rn. 3 ff. 152 Im Ergebnis zustimmend Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 4; Mayer/ Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26 II; Ossenbühl, Gutachten, S. Β 52; Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 (420); Wolff /Bachof/Stober, § 56, Rn. 7; in diese Richtung auch Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, S. 40. 153 Achterberg, § 22, Rn. 160; König, VR 1990, S. 401 (403 f.); Lecheler, Verwaltungslehre, § 8 I 4; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 13 f.; 4*
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
teilweise erwogen wurde 1 5 4 . Ohne den alten Streit neu aufweifen zu müssen, ob der Plan im klassischen verwaltungsrechtlichen Formenkanon nach der sog. „aliud-These" eine eigenständige Rechtsform beanspruchen kann, muß festgehalten werden, daß sich Planung zu ihrer rechtlichen Fixierung heutzutage aller vorhandenen Rechtsformen bedient. Diese reichen angefangen von der Rechtsnorm in Form von Parlamentsgesetzen, 155 Verordnung e n 1 5 6 und Satzungen (Bebauungsplan nach § 10 Abs. 1 BauGB) über den Verwaltungsakt (Planfeststellungsbeschlüsse bzw. Plangenehmigungen gem. § 74 VwVfG, Flurbereinigungspläne gem. § 58 FlurbG 1 5 7 ) und die vertraglichen Instrumente des öffentlichen Rechts (städtebaulicher Vertrag nach § 1 1 BauGB) bis hin zu behördeninternen abstrakt generellen Akten (wasserwirtschaftliche Rahmenpläne nach § 36 Abs. 3 W H G 1 5 8 ) , Richtlinien der Politik (Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 1 5 9 ) und internen Einzelakten 1 6 0 . Schließlich sind Pläne auch in Form von Vereinbarungen zwischen Bundesregierung und Landesregierungen denkbar, wie dies bei der Einordnung des Bundesraumordnungsprogramms von 1975 1 6 1 überwiegend angenommen w i r d 1 6 2 . Die Klassifizierung als Plan betrifft daher lediglich den Inhalt. Die Rechtsform stellt das Trägermedium dar, um die Planung umzusetzen. Erst Ossenbühl, Gutachten, S. Β 49 f.; ders., JuS 1979, S. 681 (685); ebenso DiFabio , in: Wandel der Handlungsformen, S. 47 (55 f.), der die Herausbildung unter Rechtsfolgengesichtspunkten verneint; vgl. auch Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25 (34), der eine eigenständige Handlungsform des Planes bejaht, ungeachtet des Umstandes, daß Pläne in unterschiedliche Rechtsformen gekleidet sind. 154 Zur Forderung einer eigenen Kategorie des Planes als Rechtsakt sui generis Forsthoff, DVB1 1957, S. 113 ff.; Kaiser, Verhandlungen des 50. DJT 1974, Bd. II, S. I 13 f., m.w.N.; Ritter, DÖV 1976, S. 802 (805); vgl. in jüngster Zeit Jäde, BauR 1993, S. 683 (687 f.). 155 Zu Plangesetzen Mößle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 216 ff.; vgl. auch das Gesetz über den Bau der Südumfahrung Stendal vom 29.10.1993 (BGBl. I S. 1906); zu dessen Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 ff. 156 y g i d a z u d a s bayerische Landesentwicklungsprogramm, Art. 14 Abs. 3 BayLplG. 157 Der Flurbereinigunsplan stellt nach allgemeiner Ansicht ein Bündel rechtsgestaltender Allgemeinverfügungen dar, vgl. Schwantag, in: Seehusen/Schwede, § 58, Rn. 2, m.w.N. 158 Vgl. Ossenbühl, Gutachten, S. Β 46. 159 Vgl. Ossenbühl, Gutachten, S. Β 46, m.w.N. 160 y gi über das Raumplanungsrecht hinausgehend auch BVerwG, Urteil vom 25.7.1985, BVerwGE 72, 38 (45), wonach einem Krankenhausbedarfsplan der Rechtscharakter einer innerdienstlichen, bindenden Weisung zukommt. 161 BT-Drs. 7/3584; zur Entstehung Koch/Hendler, § 4. 162 Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 21; Koch/Hendler, § 4, Rn. 3.
III. Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung
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die „Eingießung" in diese läßt den Plan Bindungswirkungen für den Bürger oder zumindest für andere staatliche Hoheitsträger außerhalb der planenden Stelle entfalten. Gleichzeitig wird der Plan dadurch dem jeweiligen Rechtsregime untergeordnet, wodurch die von Schmidt-Aßmann als „Speicherfunktion" bezeichnete Wirkungsweise der rechtlichen Formen 1 6 3 zum Tragen kommt. c) Die Einordnungsproblematik Pläne können wegen der ihnen immanenten Besonderheiten und wegen ihrer Einbindung in das rechtliche Korsett des Planungsrechts nicht immer bruchlos in die vorhandenen Rechtsformen eingepaßt werden. 1 6 4 Dies hat zur Folge, daß die Zuordnung in verschiedenen Bereichen umstritten i s t 1 6 5 und daß die vorhandenen Formen oftmals die besonderen Anforderungen kaum oder zumindest nicht ohne partielle Ausnahmen erfüllen können. Das beste Beispiel hierfür bildet der Flächennutzungsplan, der für die erlassende Gemeinde über das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 bis 4 BauGB Bindungswirkungen entfaltet und nach § 7 BauGB für öffentliche Planungsträger Anpassungspflichten hervorrufen kann, für den Bürger jedoch allenfalls mittelbare Rechtswirkungen erzeugt. Diese Vorgaben passen nicht in die Rechtsfolgensystematik der überkommenen Rechtsformen, weshalb es auch nicht zu verwundern vermag, daß der Gesetzgeber die Zuordnung offengelassen hat. 1 6 6 Ob die von der Literatur und Rechtsprechung vorzunehmende Einstufung über die Konstruktion eines Planungsaktes sui generis oder alternativ durch Ausnahmeeröffnung bei den vorhandenen Formen erfolgt, 1 6 7 mag an dieser Stelle dahinstehen. Wichtig ist die Erkenntnis, daß aufgrund der planungsrechtlichen Vorgaben Besonderheiten bei der dogmatischen Einordnung bestehen. 168 Soweit nicht bereits Mischformen vorgesehen wur163
Schmidt-Aßmann,, DVB1 1989, S. 533; ebenso Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25 (35). 164 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 310; ders., DVB1 1957, S. 113 (118); Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (33); Ossenbühl, Gutachten, S. Β 47. 165 Zur Auseinandersetzung um den Rechtscharakter von fachlichen Programmen und Plänen nach Art. 15 BayLPIG Zoubek, BayVBl 1982, S. 135 (137 ff.). 166 Zur gesetzgeberischen Entscheidung Bielenberg, in: E/Z/B, § 5, Rn. 3 f.; vgl. zu dieser Problematik auch die Regelung über Regionalpläne in Bayern (Art. 18 Abs. 2 BayLPIG), in der die Rechtsform ebenfalls nicht festgelegt wird, die Rechtswirkungen jedoch durch verschiedene Normen des Raumplanungsrechts bestimmt sind. 167 Zur Darstellung des Meinungsstreits über die Rechtsnatur siehe Bielenberg, in: E/Z/B, § 5, Rn. 3 f.; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 20 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 24. 168 y g i darüber hinaus zur Einordnungsproblematik bei Regionalplänen nach dem BayLPIG Bay VGH, Urteil vom 14.12.1983, N V w Z 1985, S. 502 (503 f.), und
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
den, 1 6 9 sind häufig Ausnahmen von der Rechtsformensystematik erforderlich. Zu diesen gehören letztlich auch die Planerhaltungsregelungen. Die mangelnde Deckungsgleichheit führt auch dazu, daß weithin keine strengen Bindungen zwischen Plan und Rechtsform bestehen. Dies zeigt sich an der Ersetzbarkeit von Planfeststellungsbeschlüssen, die als Verwaltungsakte ergehen, durch die gem. § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung erlassenen Bebauungspläne. 170 Ein weiteres Beispiel sind übergeleitete Bebauungspläne. Nach § 173 BBauG (1960) konnten städtebauliche Altpläne kraft Gesetzes bzw. durch Einzelentscheidung in Bauleitpläne überführt werden, 171 was die Umwandlung von ursprünglich als Verwaltungsakt erlassenen Plänen in Satzungen zur Folge hatte. 1 7 2 Bei der erstmaligen Zuweisung eines Planes zu einer Rechtsform ist dem Gesetzgeber wegen der mangelnden Deckungsgleichheit regelmäßig ein Spielraum eingeräumt. 173 Die Ausgestaltung der Planungsakte wird in der Regel vom Rechtsregime der in Frage kommenden Formen bestimmt, wobei die Fragen nach den Bindungswirkungen und dem Rechtsschutz eine besondere Rolle spielen. 174 Die zweite Funktion der Rechtsformen, die Steigerung der Steuerungsfähigk e i t , 1 7 5 wird bei der Ausfüllung der Gestaltungsspielräume nutzbar gemacht.
Heigl/Hosch/Höhnberg, Art. 4, Rn. 52, wonach diesen Rechtsnormcharakter zukommt. 169 So bestimmt Art. 14 Abs. 3 BayLplG, daß das bayerische Landesentwicklungsprogramm als Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtages erlassen wird, also als Zwischenakt zwischen Gesetz und Verordnung, um die parlamentarische Mitbestimmung zu sichern; vgl. dazu auch Art. 11 Abs. 1 Bay Abfall wirtschaftsgesetz; zur Verfassungsmäßigkeit BayVerfGH, Entscheidung vom 3.5.1984, N V w Z 1984, S. 711 ff.; Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 58 (60 f.). 170 Zum Straßenplanungsrecht BVerwG, Beschluß vom 7.9.1988, NJW 1989, S. 467 ff., und Beschluß vom 22.3.1999, BauR 2000, S. 239 ff. 171 Vgl. dazu im einzelnen die Kommentierung zu § 173 BBauG von H. Schrödter, in: Schrödter, 4. Aufl.; diese Pläne gelten gem. § 233 Abs. 3 BauGB (1998) fort. 172 Zur Statthaftigkeit von Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO bei ursprünglich als Verwaltungsakt ergangenen Plänen siehe BVerwG, Beschluß vom 15.8.1991, N V w Z 1992, S. 569; Kopp/Schenke, § 47, Rn. 21. 173 BVerfG, Beschluß vom 14.5.1985, BVerfGE 70, 35 ff.; Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 ff.; die Spielräume können auch an den Landesgesetzgeber (vgl. § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB) oder die Planungsträger weitergeleitet werden. 174 Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen, die durch Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG gezogen werden vgl. BVerfG, Beschluß vom 14.5.1985, BVerfGE 70, 35 (54 ff.), wonach gegen Bebauungspläne, die als formelles Gesetz erlassen werden (sog. satzungsvertretendes Gesetz), ein Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO statthaft ist; kritisch dazu das Sondervotum von Steinberger, BVerfGE 70, S. 59 ff.; hierzu auch Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (33).
III. Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung
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d) Der Plan als eigene Handlungsform Ob es einer eigenständigen und neu zu entwickelnden Handlungsform „Planung" bedarf, 176 mag der künftigen Entwicklung überlassen werden. Sie müßte dadurch gebildet werden, daß die Besonderheiten, die sich bei der Planung ergeben, verdichtet werden, so daß ein eigenes Rechtsregime entsteht. 177 Hieran fehlt es bisher, weshalb auch die Befürworter einer bestehenden Handlungsform des Planes von einer „offenen Kategorie" ausgehen und anerkennen müssen, daß ein hinter ihr stehendes Regime noch nicht herausgearbeitet worden i s t . 1 7 8 Dies ist aber um so notwendiger, nachdem die Unterschiede zwischen den Rechtsformen, in die Pläne gekleidet sein können, gegenüber den Gemeinsamkeiten, die bisher nur auf einer sehr abstrakten Ebene erkennbar sind, überwiegen. Solange diese nicht konkretisiert werden, bleibt die Handlungsform „Plan" genauso abstrahiert und damit ebensowenig operationalisierbar wie die Planungsdefinition. 179 Die für die Bildung einer neuen Handlungsform, die auch auf bestimmte Pläne begrenzt werden könnte, 1 8 0 erforderlichen Entwicklungsschritte würden den Rahmen dieser Arbeit allerdings sprengen. Ungeachtet dessen, daß die Orientierung an den Wirkungen und an der Fehlerfolgensystematik das zentrale Bauprinzip der Formenlehre darstellt, 181 bedürfte es dazu umfassenderer Untersuchungen, die wesentlich über das Fehlerfolgenregime hinausgehen müßten.
175
Schmidt-Aßmann, DVB1 1989, S. 533 (534). Zur Unterscheidung von Handlungsform und Rechtsform Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25 (34), wonach die Handlungsform den Oberbegriff bildet für Rechtsformen, die einen Regelungs- und Rechtsquellengehalt aufweisen, und für sonstiges Verwaltungshandeln, dem dieser fehlt, also insbesondere Realakten; dabei werden unter die Handlungsformen auch die Kombinationen von Rechtsformen mit schlichtem Verwaltungshandeln gefaßt; eingehender zur Rechtsformenlehre Schmidt-Aßmann, DVB1 1989, S. 533 ff. 177 Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (685 f.). 178 Wolff /Bachof/Stober, § 56, Rn. 7. 179 In die gleiche Richtung zielt die Auffassung, die die Planung als eigenständiges Rechtsinstitut versteht, das dadurch gebildet wird, daß die gemeinsamen Merkmale, die sich aus ihrer Natur ergeben, gebündelt und rechtlich vorgeformt werden, um typische Rechtsprobleme lösen zu können, dazu Kaiser, Planung II, S. 11 ff.; Obermayer, VVDStRL, Bd. 18 (1960), S. 144 (166 ff.); Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (9 ff.). 180 Zur Entwicklung einer neuen Handlungsform der einzelfallregelnden Normsetzung durch Satzung und Rechts Verordnung DiFabio, in: Wandel der Handlungsformen, S. 47 (56 f., 64). 181 Schmidt-Aßmann, DVB1 1989, S. 533 (534 f.). 176
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
2. Die Beschränkung auf die Raumplanung a) Das Raumplanungsrecht als das am stärksten verselbständigte Gebiet des Planungsrechts Die Schwierigkeiten bei der Einordnung haben dazu beigetragen, daß vielfach versucht wird, sich der Planung über die Herausbildung verschiedener Plantypen zu nähern. 182 Die wichtigste Unterteilung ist die nach den zugrundeliegenden Sachgebieten. Sie führt zur Raumplanung, dem bedeutendsten und am stärksten verselbständigten Planungsbereich. 183 Als Steuerungsinstrument zur Lösung der aus der Knappheit des Raumes resultierenden Nutzungskonflikte nimmt sie eine herausragende Stellung ein. Sie ist mit den anderen Planungsgebieten vernetzt, soweit diese raumbeanspruchend sind oder sich auf die zukünftige räumliche Entwicklung auswirken. Die Beschränkung auf die Raumplanung und auf das Raumplanungsrecht ermöglicht die nähere Untersuchung planerischer Phänomene. Dadurch wird die Konturlosigkeit des Untersuchungsgegenstandes verhindert. Die herausgearbeiteten Grundsätze lassen sich dann von den spezifischen Besonderheiten der Raumplanung lösen und auf andere Gebiete übertragen. 184 b) Die Untergliederung
des Raumplanungsrechts
Das Raumplanungsrecht umfaßt die Gesamtheit der Vorschriften über die Planung des Raumes durch die öffentliche Hand 1 8 5 und beinhaltet als Untergebiete das (räumliche) Gesamtplanungsrecht und das (räumliche) Fachplanungsrecht. 186 Ersteres hat die gebietsbezogene und fachübergreifende Gestaltung der strukturellen Gesamtverhältnisse des Raumes zum Gegen182
Vgl. zu den verschiedenen Differenzierungsansätzen BVerwG, Urteil vom 26.3.1981, BVerwGE 62, 86 (93 f.); Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 7 ff.; ders., in: FS BVerfG, S. 663 (669 ff.); Lecheler, Verwaltungslehre, § 8 I 3; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 18 ff.; Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, § 15 B; Püttner, Verwaltungslehre, § 19 I 1; Thieme, Verwaltungs§ 56, Rn. 10 ff.; kritisch gegenüber den herlehre, Rn. 458 ff.; Wolff/Bachof/Stober, kömmlichen Ansätzen Roellecke, DÖV 1994, S. 1024 (1026). 183 Obermayer, VVDStRL, Bd. 18 (1960), S. 144 (168); Püttner, Verwaltungslehre, § 19 I 2. 184 Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25.7.1987, BVerwGE 72, 38 ff., wo für die Krankenhausbedarfsplanung auf die Grundsätze des Raumplanungsrechts zurückgegriffen wird. 185 Blümel, in: EvStL, Bd. II, Sp. 2518; Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 23; Ronellenfitsch, Einführung in das Planungsrecht, S. 4. 186 Hoppe/Grotefels, § 1, Rn. 3; vgl. auch Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 304 ff.; anders Bielenberg!Erbguth/Söfker, Κ § 1, Rn. 48, die das raumbezogene Fachplanungsrecht aus der Definition ausklammern.
III. Der raumbezogene Plan als Gegenstand der Planerhaltung
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stand, letzteres dient der Bewältigung sektoraler Problemfelder räumlicher Planung, insbesondere der Errichtung konkreter Anlagen im Wege der Planfeststellung und der Wahrnehmung spezieller Fachbelange. 187 Die Gesamtplanung läßt sich wiederum entsprechend der Gesetzgebungskompetenz in die Raumordnung (Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GG) als zusammenfassende, überörtliche und überfachliche Ordnung des Raumes aufgrund von vorgegebenen oder erst zu entwickelnden Leitvorstellungen 188 und in die Bauleitplanung als örtliche Planung der Bodennutzung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) unterteilen. Die Raumordnung kann weiter nach dem Planungsgebiet in die Bundesraumordnung, in die Raumordnung für das Landesgebiet und, soweit im jeweiligen Land vorgesehen, in die Regionalplanung untergliedert werden. Die Unterteilung setzt sich in der den Gemeinden kompetentiell zustehenden Bauleitplanung mit dem vorbereitenden und dem verbindlichen Bauleitplan fort. Die verschiedenen Planungsstufen betreffen letztendlich denselben Raum, wobei die Planungen auf der jeweils höheren Ebene durch diejenigen auf niedrigeren Ebenen konkretisiert werden. Die Pläne sind miteinander und mit den jeweiligen Fachplanungen vernetzt, vergleichbar mit einem mehrstufigen Knüpfvorgang, bei dem zunächst unter Beachtung vorhandener Bindungen lockere und grobmaschige Strukturen gebildet und durch mehrere Verknüpfungsvorgänge mit zunehmend verfeinerten Fäden schließlich zu einem durchgehenden Gewebe verbunden werden. Dabei kann es in gewissem Rahmen noch zu Verschiebungen des „Grundgewebes" kommen. Die gesetzlichen Vorgaben für das Gesamtplanungsrecht, bildlich gesprochen die Anleitung für den Verknüpfungsprozeß, finden sich im Raumordnungsgesetz (ROG), das als Rahmenregelung Vorgaben für die Landesgesetzgebung enthält, in den Landesplanungsgesetzen und im Baugesetzbuch, das das Bauplanungsrecht normiert.
3. Zusammenfassung Nachdem der Plan keine eigene Rechtsform darstellt, sondern lediglich eine inhaltliche Kategorie, die sich verschiedener Rechtsformen als Trägermedien bedient, muß die Eigenart des Planerhaltungsgrundsatzes und seiner Instrumente, die gerade nicht an bestimmten Rechtsformen orientiert sind, ebenfalls im inhaltlichen Bereich liegen und mit den Wesensmerkmalen dieses Rechtsgebietes zusammenhängen. Zu fragen ist daher nach den der Pla187
Hoppe/Grotefels, § 1, Rn. 4 f.; Koch/Hendler, § 1, Rn. 17 ff.; einen Überblick über die wichtigsten Materien des Fachplanungsrechts bietet Ronellenfitsch, in: FS für Blümel, S. 497 (498 ff.). 188 BVerfG, Rechtsgutachten vom 16.6.1954, BVerfGE 3, 407 (425); vgl. auch § 1 Abs. 1 Satz 1 ROG (1998).
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1. Kap.: Die dogmatische Einordnung
nung immanenten dogmatischen Besonderheiten im Hinblick auf ihre Auswirkungen für die Fehlerfolgenbegrenzung. Der Begriff der Planung kann als solcher für die Beantwortung dieser Frage nicht nutzbar gemacht werden, da er auf einer zu abstrakten Ebene angesiedelt ist und sich weder zur genauen Bestimmung der Planerhaltung noch für eine dogmatische Untersuchung ihrer Besonderheiten eignet. Nachdem sich die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente vor allem im Bauplanungsrecht vollzog, ist die Untersuchung im folgenden auf diesen Bereich zu konzentrieren.
2. Kapitel
Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente unter besonderer Berücksichtigung der Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen Das derzeitige Planerhaltungsinstrumentarium des Baugesetzbuches erschließt sich erst durch die Betrachtung seiner Entstehungsgeschichte. Sie ist gekennzeichnet durch die zunehmende Ausdehnung der Instrumente als Reaktion auf die hohe Fehleranfälligkeit des Planungsrechts. Dabei erfolgte die Erweiterung im Bereich der Fehlerfolgenbegrenzung im wesentlichen durch den Gesetzgeber, im Bereich der Heilung dagegen hauptsächlich durch die Rechtsprechung. Beide Gruppen müssen aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung und der bereits geschilderten dogmatischen Besonderheiten getrennt behandelt werden. Den Ausgangspunkt für die Untersuchung der Fehlerfolgenbegrenzung bildet die gesetzgeberische Grundentscheidung über die Ausgestaltung der Bauleitpläne, die eine wesentliche Weichenstellung für die Fehlerfolgenlehre darstellte.
I. Die Zunahme nichtiger Bauleitpläne unter dem Bundesbaugesetz bis zur ersten Novellierung im Jahre 1976 1. Die Ausgestaltung des Bebauungsplanes als Satzung durch das Bundesbaugesetz von 1960 Die baurechtliche Gesetzgebungstätigkeit des Bundes stand an ihrem Beginn im Zeichen der Rechtsvereinheitlichung. Erklärtes Ziel war die Kodifikation des Bauplanungsrechts im Interesse der Klarheit und Verständlichkeit für den Rechtsanwender. 1 Die noch in den 50er Jahren herrschende Rechtszersplitterung 2 wurde durch die bundeseinheitliche Einführung der zweistufigen Bauleitplanung im Bundesbaugesetz vom 23.6.I960 3 weitgehend be1 Entwurf der Bundesregierung zum BBauG 1960, BT-Drs. 3/336, S. 55; vgl. auch die Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drs. 3/336, S. 135, in der die Vorschläge des Bundesrates, vermehrt Verweisungen auf länderspezifische Regelungen zuzulassen, u.a. die Rechtsnatur des Bebauungsplanes betreffend, ausdrücklich verworfen wurden.
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
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seitigt. A n die Stelle der bisher landesrechtlich unterschiedlich ausgestalteten Pläne traten gem. § 1 Abs. 2 B B a u G (1960) der vorbereitende Bauleitplan (Flächennutzungsplan) und der verbindliche Bauleitplan (Bebauungsplan). Während die Rechtsnatur des Flächennutzungsplanes v o m Gesetz offengelassen w u r d e 4 , war der Bebauungsplan i n § 10 B B a u G (1960) als Satz u n g 5 und damit als Rechtsnorm ausgestaltet worden. Dadurch beendete der Gesetzgeber den zuvor herrschenden Streit über die Rechtsnatur der verbindlichen Bauleitpläne. 6 Sie hatte ihre Ursache darin, daß sich Pläne allgem e i n und Bauleitpläne i m Besonderen nur schwer i n die Kategorien Rechtsn o r m und Verwaltungsakt eingliedern lassen. 7 D i e M e r k m a l e der „irgendwie
gearteten A l l g e m e i n h e i t "
bzw.
der „ A l l g e m e i n v e r b i n d l i c h k e i t " ,
die
nach w i e vor zur Unterscheidung von Rechtsnorm und Verwaltungsakt dienen, 8 sind nur beschränkt heranziehbar, da die Grenzen zwischen Konkretheit und Allgemeinheit bei den Festsetzungen fließend verlaufen können. 9 Je nach Besonderheit der Planungssituation kann eine allgemeine Vorgabe 2 Zur Entwicklung des Bauplanungsrechts vor 1960 vgl. BT-Drs. 3/336, S. 58 f.; dazu auch Bielenberg,, in: E/Z/B, Einl., Rn. 32 ff.; H. Schrödter, DVB1 1973, S. 763 ff. 3 BGBl. I S. 341. 4 Zum früheren Streit um die Rechtsnatur siehe Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 20 f., und H. Schrödter, in: Schrödter, 4. Aufl., § 1, Rn. 4; zur mittlerweile ganz herrschenden Auffassung, die einen Rechtsakt sui generis annimmt vgl. BVerwG, Beschluß vom 20.7.1990, BauR 1990, 685; OVG Münster, Urteil vom 11.1.1999, BauR 2000, S. 62 (63); Bielenberg, in: E/Z/B, § 5, Rn. 5, m.w.N. 5 Zu der Besonderheit in einzelnen Ländern, in denen der Bebauungsplan gem. § 188 BBauG bzw. § 246 BauGB als Rechtsverordnung ausgestaltet ist bzw. sein kann vgl. Finkelnburg/Ortloff, Bd. I, § 6 V. 6 Zum Meinungsstreit über die Rechtsnatur vor Inkrafttreten des BBauG Balscheit, Die Rechtsnatur des Planes, S. 19 ff.; Schlichter, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 10, Rn. 1; H. Schrödter, DVB1 1973, S. 763 (764), jeweils m.w.N., sowie die Nachweise bei Bielenberg, in: E/Z/B, § 10, Rn. 1 f.; zum Wiederaufleben der Diskussion um die „materielle" Rechtsnatur in den 70er Jahren Ernst/Hoppe, Rn. 281; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 18 f.; vgl. in den 80er Jahren Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (280); Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (586); Sendler, UPR 1984, S. 317 (322); siehe in jüngerer Zeit Jade, BauR 1993, S. 683 (686 f.). 7 Baischeit, Die Rechtsnatur des Planes, S. 31 ff.; Forsthoff, DVB1 1957, S. 113 ff.; zur Unterscheidung von Rechtsnorm und Verwaltungsakt vMutius, in: FS für Wolff, S. 167 ff.; vgl. dazu bereits oben Kap. 1 I I I 1 c. 8 Ausführlich dazu vMutius, in: FS für Wolff, S. 167 (185, 194 ff.). 9 BVerwG, Urteil vom 10.6.1960, BVerwGE 11, 14 (17 f.); Urteil vom 9.6.1967, BVerwGE 27, 181 (182); Urteil vom 30.1.1976, BVerwGE 50, 114 (119 f.); Baischeit, Die Rechtsnatur des Planes, S. 53 f.; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 310; Jäde, BauR 1993, S. 683 (687).
I. Die Zunahme nichtiger Bauleitpläne bis 1976
61
mit abstrakt generellen Verhaltensgeboten oder eine grundstücksbezogene, gleichsam dinglich wirkende Festsetzung von nahezu konkret individuellem Charakter angemessen sein. Tatsächlich waren vor Erlaß des Bundesbaugesetzes die in den Landesgesetzen vorgesehenen baurechtlichen Pläne unterschiedlich ausgestaltet. Während die herrschende Rechtsprechung für die entsprechenden Pläne der meisten Länder den Rechtsnormcharakter bejahte, 1 0 war für den bayerischen Baulinienplan die Verwaltungsaktsqualität aufgrund landesgesetzlicher Besonderheiten anerkannt worden. 11 Die praktische Bedeutung der dogmatischen Einordnung lag im unterschiedlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nach den Verwaltungsgerichtsgesetzen der Länder und nach der fast zeitgleich mit dem Bundesbaugesetz in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes vom 21.1.I960 1 2 , die die landesrechtlichen Vorschriften abgelöst hat. 1 3 Während die Anfechtungsklage gegen belastende Verwaltungsakte in allen Verwaltungsgerichtsgesetzen vorgesehen war und später in § 42 VwGO bundesweit einheitlich geregelt wurde, gab es kein durchgehendes System von Normenkontrollverfahren gegen untergesetzliche Rechtssätze. Diese waren nur wenigen Verwaltungsgerichtsgesetzen bekannt. 14 Dementsprechend enthielt § 47 VwGO (1960) zunächst nur die fakultative Möglichkeit, die Normenkontrolle in den einzelnen Ländern einzuführen, wovon bis 1976 lediglich Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen und Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht haben. 15 Der lückenlosen Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten stand bei Erlaß des Bundesbaugesetzes ein - die gesamte Bun10 BVerwG, Urteile vom 3.5.1956, BVerwGE 3, 258, und BVerwGE 3, 265; Beschluß vom 21.5.1957, DVB1 1957, S. 535 f.; Urteil vom 21.1.1958, BVerwGE 6, 149 (150); Urteil vom 10.6.1960, BVerwGE 11, 14 (17 f.); vgl. auch die Nachweise bei Baischeit, a.a.O., S. 17 f. Hinter dieser Auffassung stand nicht zuletzt die damals verbreitete Auffassung, daß ein unmittelbarer Rechtsschutz gegen derartige Pläne verfassungsrechtlich nicht geboten sei; insofern a.A. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 311; ders., DVB1 1957, S. 113 (117), unter Hinweis auf die Funktion des Verwaltungsaktes als „unter dem Gesichtspunkt des individuellen Rechtsschutzes konzipierten ZweckbegriffLetztendlich hat sich die Auffassung Forsthoffs inzwischen insoweit durchgesetzt, als das Erfordernis des unmittelbaren Rechtsschutzes gegen Bebauungspläne anerkannt ist, vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14.5.1985, BVerfGE 70, 35 ff., unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung im Beschluß vom 27.7.1971, BVerfGE 31, 264 ff. 11
BVerwG, Beschluß vom 24.8.1956, BVerwGE 4, 68 f. BGBl. I S. 17. 13 Zur Entwicklung des Verwaltungsprozeßrechts in der Bundesrepublik vor Erlaß der VwGO Ule, in: FS für Menger, S. 81 ff.; vUnruh, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. V, S. 1178 ff. 14 Vgl. § 25 VGG von Baden-Württemberg, Bayern, Bremen und Hessen; daneben besteht in Bayern bereits seit Inkrafttreten der bayerischen Verfassung vom 2.12.1946 die Übeiprüfungsmöglichkeit von Rechtsnormen im Wege der Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV. 12
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2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
desrepublik betrachtet - lückenhafter unmittelbarer Rechtsschutz gegen Satzungen und Rechtsverordnungen gegenüber. Es blieb allerdings durchweg die Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen der gerichtlichen Inzidentkontrolle. 1 6 Der Gesetzgeber, dem wegen der Ambivalenz des Planes ein Gestaltungsspielraum zustand, 17 hat sich bei seiner Entscheidung für die Satzungsform nicht nur von der gegen den Verwaltungsaktscharakter sprechenden Unbestimmtheit des Adressatenkreises leiten lassen, sondern auch von dem rechtspolitischen Ziel der Planungsstabilität. In der Gesetzesbegründung wurde ausdrücklich erklärt, daß durch die Ausgestaltung als Satzung die gerichtlichen Anfechtungsmöglichkeiten begrenzt werden sollten, um den alsbaldigen Plan Vollzug zu gewährleisten. 18 Dabei wurde das damals herrschende strenge Nichtigkeitsdogma 19 für Rechtsnormen in Kauf genommen, nach dem eine Norm im Falle der Verletzung höherrangigen Rechts stets von Anfang an unwirksam ist. Ob man sich der Tragweite dieser Entscheidung voll bewußt war, erscheint angesichts der knappen Ausführungen in der Gesetzesbegründung zweifelhaft. So wurde nicht erkennbar in Erwägung gezogen, daß eine Ausweitung der Normenkontrollklage auf weitere Bundesländer erfolgen konnte, 20 die aus heutiger verfassungsrechtlicher Sicht sogar erforderlich war 2 1 . Im Jahre 1976 trat diese Erweiterung auch 15
Baden-Württemberg gem. § 5 AGVwGO, Bayern gem. Art. 10 AGVwGO, Bremen gem. Art. 7 AGVwGO, Hessen gem. § 11 AGVwGO, Schleswig-Holstein gem. § 5 a AGVwGO; vgl. zur Entwicklung BT-Drs. 7/4324, S. 6, und Schlichter, in: Schlichter/Stich/Tittel, BBauG, 3. Aufl., § 10, Rn. 5. 16 Dazu Hufen, § 25, Rn. 19; Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 75. 17 Bielenberg, in: E/Z/B, § 10, Rn. 3; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (239); Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (586); Sendler, UPR 1984, S. 317 (322); dazu oben Kap. 1 I I I 1. 18 Regierungsentwurf, BT-Drs. 3/336, S. 65; kritisch dazu bereits zuvor Forsthoff, DVB1 1957, S. 113 (117 f.). 19 Hierzu Heinze, BBauG, § 1, Rn. 9; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 45; Sandtner, BayVBl 1969, S. 232 (236); Johann Schmidt/A. Lange, in: FS für Mühl, S. 595 (596), m.w.N.; Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (586); zum Grundsatz der monistischen Rechtsfolgengestaltung bei Gesetzen vgl. auch Papier, Der verfahrensfehlerhafte Staatsakt, S. 21 ff., und oben Kap. 1 I 2 b bb. 20 Anders bereits die Regierungsbegründung zur Bundesbaugesetznovelle von 1976, BT-Drs. 7/2496, S. 34, wo eine bundeseinheitliche Einführung der Normenkontrolle für Bauleitpläne sogar ausdrücklich befürwortet wurde. 21 Zu den verfassungsrechtlichen Erfordernissen des Rechtsschutzes gegen Bebauungspläne vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1985, BVerfGE 70, 35 ff., unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung i m Beschluß vom 27.7.1971, BVerfGE 31, 264 ff.; zustimmend Jäde, BauR 1993, S. 683 (686 f.); Sauthoff, BauR 2000, S. 195 (197 f.); in diese Richtung bereits Forsthoff, DVB1 1957, S. 113 (117); anders noch die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urteile vom 3.5.1956, BVerwGE 3, 258 (262 ff.), und BVerwGE 3, 265 f.
I. Die Zunahme nichtiger Bauleitpläne bis 1976
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tatsächlich in Kraft, 2 2 was den Wegfall der Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolle zur Folge hatte. Ebensowenig wurde berücksichtigt, daß die Nichtigkeitsfeststellung zeitlich unbegrenzt möglich war. Eine der Bestandskraft von Verwaltungsakten ähnliche Beschränkung gab es nicht. 2 3 Die vermeintlich erhaltungsfreundlichste Rechtsform sollte sich daher sehr bald als das genaue Gegenteil herausstellen.
2. Die Rechtsentwicklung im Bauplanungsrecht bis 1976 In den Folgejahren nach 1960 erwies sich ein erheblicher Teil der aufgestellten Bebauungspläne bei gerichtlicher Überprüfung als fehlerhaft und damit als nichtig. 2 4 Die Erfolgsquote von zulässigen Normenkontrollanträgen bzw. Inzidentkontrollen und damit die Zahl ungültiger Pläne wurde als überdurchschnittlich hoch angesehen, was insbesondere im Hinblick auf den hohen Anteil formeller Fehler, die vor 1976 etwa die Hälfte der Nichtigkeitsgründe ausgemacht haben dürften, 25 als unbefriedigend geweitet wurde. 26 Für die erhebliche Fehleranfälligkeit lassen sich verschiedene Ursachen nennen. In den Anfangsjahren trug hauptsächlich die Kompliziertheit der Rechtslage zum hohen Fehleraufkommen bei. Sie resultierte bereits aus dem teilweise nicht leicht verständlichen Gesetzeswortlaut des Bundesbaugesetzes27 und wurde durch das Zusammenspiel mit den im Aufstellungsverfahren zu beachtenden landesrechtlichen Normen verschärft. Viele Gemeinden fühlten sich durch die Vielzahl 2 8 und Kompliziertheit der Vorschriften überfordert, was rechtstatsächliche Untersuchungen auch in
22 Durch Gesetz vom 24.8.1976, BGBl. I S. 2437, wurde § 47 VwGO neu gefaßt und die Normenkontrolle für Satzungen, die auf der Grundlage des Baugesetzbuches ergingen, bundesweit eröffnet. 23 Erst das 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 1.11.1996 (BGBl. I S. 1626) implantierte in § 47 Abs. 2 VwGO die Zweijahresfrist für die Stellung eines Normenkontrollantrages. 24 Schlez, BauR 1974, S. 289 (290), kommt etwa für Baden-Württemberg für die Jahre 1962 bis 1973 bei 88 Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne, die in der Hauptsache entschieden wurden und sich nach dem neuen Recht beurteilten, zu einer Stattgabequote von 41% (36 Anträge); dabei wurden wegen des Auftretens von Mehrfachfehlern 54 Ungültigkeitsgründe aufgedeckt, davon 26 Form- und Verfahrensfehler, 16 Abwägungs- und 12 sonstige materielle Mängel. 25 Pagenkopf, BauR 1979, S. 1 f.; Schlez, a.a.O.; einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Fehlerarten bietet Dolde, NJW 1975, S. 21 ff. und 1097 ff. 26 Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (671); Schlez, VB1BW 1980, S. 41. 27 Stelkens/Pagenkopf a.a.O. 28 Zur starken Bindung der Gemeinden an höherrangiges Recht Groschupf DVB1 a.a.O. 1971, S. 401 (402); Stelkens/Pagenkopf,
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2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
späteren Jahren immer wieder zu Tage gebracht haben. 29 Hinzu kamen die Anforderungen, die von der Rechtsprechung entwickelt wurden. Selbst wenn diese keine zu strengen Voraussetzungen statuiert haben sollte, was ihr immer wieder, nicht zuletzt auch vom Gesetzgeber, vorgeworfen wurde, 30 war allein die Kenntnis der Anforderungen, die sie an das Verfahren stellte, nicht ohne weiteres zu erlangen. Aus der Sicht von Nichtjuristen wurde oftmals der Vorwurf der schweren Verständlichkeit von Urteilen geäußert. 31 Zum damaligen Zeitpunkt herrschte zudem in weiten Bereichen eine Rechtszersplitterung aufgrund unterschiedlich hoher obergerichtlicher Ansprüche an die Bauleitplanung. 32 Zu einer Vereinheitlichung durch klärende Eingriffe war das Bundesverwaltungsgericht zunächst kaum in der Lage, da mangels eines Rechtsmittels gegen Normenkontrollentscheidungen nach § 47 VwGO allenfalls Verfahren der Inzidentkontrolle zu ihm gelangen konnten. Die Problematik erschöpfte sich nicht in fehlender Rechtskenntnis. Dies wird bereits daran deutlich, daß auch größere Gemeinden, die über entsprechendes Fachpersonal verfügten, nicht von der übergroßen Fehleranfälligkeit verschont blieben. 33 Selbst die korrekte Beachtung der zum Aufstellungszeitpunkt bestehenden Rechtslage schützte nicht vor der Nichtigkeit, wenn die Satzungen später anhand von Anforderungen, die die richterliche Rechtsfortbildung erst nach deren Inkrafttreten statuierte, beurteilt wurden. 34 Das Planungsrecht als stark im Fluß befindliche und von
29
Scharmer/Wollmann/Argast, S. 58. Gesetzesbegründung zur Baurechtsnovelle 1979, BT-Drs. 8/2885, S. 36; ebenso Scharmer, Bebauungspläne, S. 11; Scharmer/Wollmann/Argast, S. 59; Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (108); dazu auch Pagenkopf, BauR 1979, S. 1 (4), der anhand einzelner Beispiele die strengen Anforderungen verschiedener Oberverwaltungsgerichte nachweist. 31 Vgl. die Nachweise bei Scharmer, Bebauungspläne, S. 40. 32 Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (671 f.); vgl auch Scharmer, a.a.O., S. 43 f., 180, wonach für den Zeitraum von 1977 bis 1983 diese durch signifikant unterschiedlich hohe Erfolgsqouten von Normenkontrollentscheidungen über Bebauungspläne zum Ausdruck kamen: der Anteil der Abweisungen betrug etwa in Bayern im besagten Zeitraum 67,4% (bei 215 Verfahren), in Nordrhein-Westfalen 35,4% (bei 175 Verfahren); siehe darüber hinaus zu den erheblichen Divergenzen der Rechtspraxis zum früheren § 47 VwGO W. Berg, DÖV 1981, S. 889 (890 f.), m.w.N., und speziell zu den differierenden Auffassungen zur Antragsbefugnis Mößle, BayVBl 1976, S. 609 ff. 33 Dazu die statistischen Nachweise bei Scharmer, Bebauungspläne, S. 40 f., 151; zur Problematik in der Stadt Köln Ende der 70er Jahre Pagenkopf, BauR 1979, S. 1, und Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (134). 34 Stelkens/Pagenkopf DVB1 1977, S. 668 (672); Foerster, SKV 1973, S. 46 f., stellt dies eindringlich am Beispiel der Rechtsprechungsentwicklung zur Frage der Fristberechnung der Auslegungsfristen von Bauleitplanentwürfen dar; zur Fristenproblematik siehe auch Gem. Senat der obersten Gerichtshöfe, Beschluß vom 6.7.1972, BVerwGE 40, 363 ff. 30
II. Die Entwicklung von 1976 und 1979
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den Gerichten wesentlich geprägte Rechtsmaterie war gegenüber derartigen Fortentwicklungen, die sich ohne Übergangsregelungen vollzogen, besonders anfällig. Die Folge des hohen Fehleraufkommens war eine starke Verunsicherung der Gemeinden. Nachdem Bebauungspläne auch nach längeren Zeiträumen an Verfahrens- oder Formmängeln scheitern konnten, herrschte enorme Rechtsunsicherheit. Daß dieser Zustand in hohem Maße verbesserungswürdig war, entsprach durchgängiger Erkenntnis. Das Bedürfnis nach Erhöhung der Planungsbeständigkeit wird nicht nur durch verschiedene Stimmen in der Literatur, 35 sondern auch durch die Gesetzesbegründung zur Baurechtsnovelle von 1976 deutlich. 36 Ende der 60er Jahre wurde von der Rechtsprechung versucht, den Grundsatz, wonach nur wesentliche Verfahrensfehler zur gerichtlichen Aufhebbarkeit von Verwaltungsakten führen, 37 auf das Bauplanungsrecht zu übertragen. 38 Nachdem diese Bestrebungen gescheitert waren, 39 lag es am Gesetzgeber, Abhilfe zu schaffen.
I I . Die Entwicklung der Folgenbegrenzungsregelungen während der Geltung des BBauG i.d.F. von 1976 und 1979
1. Der Einstieg des Gesetzgebers in die Planerhaltung durch die Baurechtsnovelle von 1976 Die erstmalige Einführung einer (planerhaltenden) Fehlerfolgenbegrenzungsregelung im Bauplanungsrecht als Reaktion auf die vermehrte Nichtigkeit von Plänen erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Bundesbau35 Dazu der Überblick bei Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (670), m.w.N. 36 Regierungsbegründung zur Novelle von 1976, BT-Drs. 7/2496, S. 62. 37 Zum allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.1966, BVerwGE 24, 23 (32); Urteil vom 26.7.1972, BVerwGE 34, 9 (25); Urteil vom 21.4.1982, Buchholz, § 46 VwVfG, Nr. 8; zur Anwendbarkeit auf Planfeststellungsbeschlüsse BVerwG, Urteil vom 10.4.1968, BVerwGE 29, 282 (283 f.); die Rechtsprechung ablehnend Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 499 ff., m.w.N.; vgl. zum heutigen Streitstand die Darstellung bei Sachs, in: St/B/S, § 45, Rn. 132 ff., m.w.N. 38 V G H Mannheim, Urteil vom 2.10.1964, BRS 15, Nr. 3; Beschluß vom 17.3.1969, BRS 18, Nr. 5; Beschluß vom 17.9.1969, BRS 22, Nr. 27; Beschluß vom 15.7.1970, BRS 23, Nr. 10; V G H Kassel, Beschluß vom 18.7.1969, BRS 22, Nr. 23; vgl. auch die Rechtsprechungsübersichten bei Dolde, NJW 1975, S 21 ff., 1097 ff., und bei Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (42). 39 Auf die genauen Gründe des Scheiterns wird im Rahmen der späteren Erörterung der Planerhaltungsinstrumente bei Verfahrens- und Formfehlern näher einzugehen sein.
5 Käß
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2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
gesetzes vom 18.8.1976 40 . Der neu geschaffene § 155 a BBauG 4 1 berücksichtigte jedoch nur formelle Fehler, 42 die nach dem rügelosen Ablauf einer Frist von einem Jahr unbeachtlich wurden (relative Unbeachtlichkeit) bzw. gemäß Satz 4 für die Rechtsverbindlichkeit des Planes keine Rolle spielten (absolute Unbeachtlichkeit). In der Begründung des Regierungsentwurfes wurde als Hauptzweck der Neuregelung die Erhöhung der „Bestandskraft" der Pläne im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für die Bürger genannt. 43 Demgegenüber sei es den Beteiligten zumutbar, Verfahrens- und Formmängel innerhalb der Jahresfrist geltend zu machen. Satzungen des BBauG 4 4 sollten nicht nach Jahren allein wegen derartiger Fehler für nichtig erklärt werden und damit ihren Auftrag, das Bodenrecht im Planbereich umfassend zu ordnen, verfehlen. Mit der Einführung des § 155 a BBauG (1976) hat der Gesetzgeber lediglich „den ersten Einstieg in eine Rechtsentwicklung " geschaffen, was in der Gesetzesbegründung zur folgenden Novelle erkannt wurde. 45 Dabei hat er aber die wesentlichen Grundzüge der bekannten Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen vorgegeben. Die Vorschrift entsprach im Kern bereits der heutigen Rechtslage. Sie enthielt nicht nur die beiden Arten von Unbeachtlichkeitsregelungen, sondern galt auch ausschließlich für gerichtliche Entscheidungen, nicht aber für die aufsichtsbehördliche Kontrolle, was zwar nicht ausdrücklich normiert worden war, jedoch aus ihrem Sinn und Zweck folgte. 46 Der Kontrollmaßstab war somit - wie bereits zuvor bei der Wesentlichkeitsprüfung formeller Fehler durch die Gerichte 47 - zweigeteilt, was später in § 155 c BBauG (1979) und in § 216 BauGB Eingang ins Gesetz fand. 40
BGBl. I S. 2256, ber. S. 3617. Zum Wortlaut der Regelung vgl. den Anhang. 42 Hinsichtlich der sozialen Belange war dies bestritten, vgl. Tittel, in: Schlichter/ Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 b und c, Rn. 1, und Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 33, die von einem materiellen Gehalt ausgehen, was angesichts der Überschrift und der Gesetzesmaterialien wenig überzeugt; dazu auch BT-Drs. 7/ 4793, S. 54. 43 BT-Drs. 7/2496, S. 62. 44 Satzungen des Städtebauförderungsgesetzes vom 18.8.1976 (BGBl. I S. 2318) waren diesen gemäß § 86 StBauFG gleichgestellt; eine Übersicht über die in Betracht kommenden Satzungen findet sich bei Schäfer, NJW 1978, S. 1292. 45 Begründung des Regierungsentwurfes zur BBauG-Novelie von 1979, BT-Drs. 8/2451, S. 31; vgl. auch S. 14, wonach durch das BBauG von 1976 lediglich „erste Schritte " unternommen worden seien. 46 U. Battis/H. Schrödter, DVB1 1977, S. 160 (169). 47 V G H Mannheim, Urteil vom 18.9.1968, BRS 20, Nr. 3; Dolde, NJW 1975, S. 21 (22); Held, Grundrechtsbezug, S. 211; Schäfer, NJW 1978, S. 1292; Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (42). 41
II. Die Entwicklung von 1976 und 1979
67
Die Erhaltungsnorm stieß in der Literatur auf ein geteiltes Echo. Dem grundlegenden Konsens darüber, daß eine gesetzgeberische Reaktion erforderlich war, da die gestörte Funktionsfähigkeit der Bauleitplanung weder von den Gemeinden noch von den Verwaltungsgerichten alleine behoben werden konnte, 48 stand die Kritik an der Art und Weise der erstmaligen gesetzlichen Festschreibung planerhaltender Instrumente gegenüber. Soweit sie den komplizierten, verschiedene Anwendungsprobleme aufwerfenden Gesetzeswortlaut betraf, 49 kann sie nach Klärung wesentlicher Rechtsanwendungsfragen und nach gesetzlichen Klarstellungen heutzutage für die Praxis als überwunden betrachtet werden. Teilweise wurde jedoch auch die Regelungstechnik, lediglich die Rechtsfolgen zu modifizieren und die Voraussetzungen für die Planung unangetastet zu lassen, prinzipiell in Frage gestellt. 50
2. Die Gesetzgebungstätigkeit im Verwaltungsrecht und im Verwaltungsprozeßrecht Im selben Jahr, in dem § 155 a BBauG (1976) eine neue Rechtsentwicklung hin zu differenzierten Fehlerfolgen einleitete, wurden weitere, für die künftige Entwicklung der Planerhaltung bedeutende Gesetzgebungsvorhaben verwirklicht. Neben der Verkündung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes vom 25.5.1976 51 , durch das nach langjähriger Diskussion 52 das Verwaltungsverfahrensrecht auf Bundesebene kodifiziert wurde, ist das Gesetz zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften vom 24.8.1976 53 zu nennen, durch das die prinzipale Normenkontrolle für Satzungen nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebauförderungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.1977 bundesweit eingeführt wurde. Gleichzeitig mit der Vereinheitlichung des Rechtsschutzes dehnte sich die Problematik der funktionalen Schwäche von Bebauungsplänen auf alle Länder aus. In der Begründung des Regierungsentwurfes wurde zu dieser Frage ausgeführt, daß durch 48 Größe-Hündfeld, BauR 1979, S. 15 ff.; Molodovsky, BayVBl 1977, S. 539 (546); Schäfer, NJW 1978, S. 1292; Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (672). 49 Prahl, SKV 1977, S. 266 ff.; Schäfer, NJW 1978, S. 1292, m.w.N.; H. Schrödter, in: Schrödter, 4. Aufl., § 155a, Rn. 1, m.w.N. 50 Pagenkopf, ZfBR 1979, S. 1 (6 f.); in diese Richtung auch Prahl, SKV 1977, S. 266; vgl. zu entsprechender Kritik in späterer Zeit Boecker, BauR 1979, S. 361 (372); Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (280); Bröll, BayVBl 1979, S. 550 (551); Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (487 f.); Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 273; Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 b und c, Rn. 3. 51 BGBl. I S. 1253. 52 Zur Entstehungsgeschichte des Verwaltungsverfahrensgesetzes umfassend Ule, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. V, S. 1168 ff. 53 BGBl. I S. 2437.
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2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
die allgemein verbindliche Nichtigerklärung keine „unüberwindbaren Schwierigkeiten" im Baurecht oder in anderen Rechtsgebieten entstehen würden. 54 Das Bundesverfassungsgericht sei imstande gewesen, zur Frage, was nach der Entscheidung bis zum Erlaß einer neuen Vorschrift gelten solle, „praktikable Lösungen zu finden Entsprechend würden auch die Oberverwaltungsgerichte „Lösungen, welche den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragen, finden können und auch finden müssen" 55. Zudem nahm die Begründung ausdrücklich auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der es die vorläufige Gültigkeit einer fehlerhaften untergesetzlichen Regelung anordnete, 56 Bezug. Darin war eine Aufforderung an die Verwaltungsgerichte zu sehen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Ausnahmen von der ex-tunc-Nichtigerklärung im Bereich der formellen Gesetze 57 auf untergesetzliche Normen zu übertragen und die Nichtigkeit in Abkehr von dem damals noch herrschenden strengen Nichtigkeitsdogma zeitlich abgestuft auszusprechen, um dadurch die Fehlerfolgen für die Rechtsanwender abzumildern. Ob der Gesetzgeber darüber hinaus möglicherweise sogar darauf abzielte, daß sich die Gerichte generell auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit beschränken sollten, um dadurch die Auswirkungen der Nichtigerklärung ganz zu vermeiden, mag offenbleiben. Jedenfalls sah er sich nicht dazu veranlaßt, den bekannten Funktionsstörungen durch weitere gesetzgeberische Aktivitäten zu begegnen und verwies die Problemlösung statt dessen an die Gerichte. Damit verkannte er ein weiteres Mal den Umfang der Problematik und die Fähigkeit der Rechtsprechung, diese befriedigenden Lösungen zuzuführen. 58
54
BT-Drs. 7/4324, S. 8; kritisch demgegenüber bereits Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (672); vgl. auch die Kritik von Ritter, DÖV 1976, S. 802 ff., der für ein eigenständiges Kontrollverfahren plädierte. 55 BT-Drs. 7/4324, S. 8; in diese Richtung wies bereits der Diskussionsbeitrag von Bachof, VVDStRL, Bd. 30 (1972), S. 358, in dem er sich dafür ausgesprochen hatte, daß die Rechtsprechung Bebauungspläne nicht in jeder Hinsicht wie Satzungen behandeln solle. 56 BVerwG, Urteil vom 22.6.1973, BVerwGE 42, 296 (301 f.), wonach trotz Fehlens einer gesetzlichen Bestimmung über die Studienplatzvergabe die verfassungswidrige Zulassungsordnung einer Universität Übergangs weise in Kraft bleiben darf; das Urteil erging im Anschluß an die verfassungsgerichtliche „numerus-clausus"Entscheidung, vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 18.7.1972, BVerfGE 33, 303 ff. 57 Dazu BVerfG, Beschluß vom 11.6.1952, BVerfGE 8, 1 (19 f.); Beschluß vom 21.5.1974, BVerfGE 37, 217 (218, 261 f.); Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 26 f.; Pestalozzi Verfassungsprozeßrecht, § 2 0 , Rn. 112 ff.; Sandtner, BayVBl 1969, S. 232 (233 ff.), m.w.N.; vgl. auch oben Kap. 1 I 3 b ff. 58 Kritisch auch W. Berg, DÖV 1981, S. 889 (895 f.), im Hinblick auf die Diskrepanz zwischen planerischen Besonderheiten und Plankontrolle im Wege des § 47 VwGO.
II. Die Entwicklung von 1976 und 1979
69
3. Die Rechtsentwicklung im Bauplanungsrecht bis 1979 a) Die Wirkungslosigkeit
der bestehenden Erhaltungsinstrumente
Nach der bundesweiten Eröffnung der prinzipalen Normenkontrolle für Satzungen des Bundesbaugesetzes kam es im Jahre 1977 zu dem zu erwartenden sprunghaften Anstieg der Verfahrenszahlen und in der Folgezeit zu einem kontinuierlichen Wachstum der Antragseingänge. 59 Die Erfolgsquote war in diesem Zeitraum insgesamt betrachtet weiterhin relativ hoch. 6 0 Die Gerichte waren nicht in der Lage, den bestehenden Funktionsstörungen im Bereich des Bauplanungsrechts entgegenzuwirken, nachdem sich die vom Gesetzgeber vorgeschlagenen Lösungswege als nicht gangbar erwiesen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Nichtigkeitszeitpunkt bzw. zur bloßen Unvereinbarerklärung mit höherrangigem Recht konnte ebensowenig wie das im Planfeststellungsrecht entwickelte Institut der Planergänzung in größerem Umfang auf die Bauleitplanung übertragen werden. 61 Die Entscheidungen, in denen von der Feststellung der Nichtigkeit ex tunc abgewichen werden konnte, betrafen entweder andere Rechtsgebiete 6 2 oder allenfalls Pläne des Raumordnungsrecht, 63 aber nur in wenigen Fällen baurechtliche Satzungen, 64 obwohl diese die Mehrzahl der Gegen59
Schlez, VB1BW 1980, S. 43, wonach bundesweit im Jahre 1976 noch 95 Verfahren, in den Folgejahren 1977 und 1978 aber schon 202 bzw. 214 und 1979 schließlich 258 Verfahren anhängig gemacht wurden; Scharmer, Bebauungspläne, S. 173, bestätigt diese Tendenz unter Einbeziehung der Eil verfahren und errechnet für 1977 223, für 1978 230 und für 1979 285 Antragseingänge. 60 Vgl. dazu Scharmer, a.a.O., S. 180, wonach die Abweisungsquote 1977 noch bei 78,1% (bei 23 untersuchten Normenkontrollentscheidungen) lag, 1978 bei 44% (50 Verfahren) und 1979 bei 58% (112 Verfahren); Schlez, VB1BW 1980, S. 43, kommt begrenzt auf Baden-Württemberg zu ähnlichen Ergebnissen: 1976 betrug das Verhältnis von Stattgaben zu Abweisungen 4 zu 2, 1977 4 zu 4, 1978 12 zu 9 und 1979 13 zu 28. 61 Vgl. OVG Berlin, Urteil vom 22.4.1983, N V w Z 1983, 416 (418), wonach die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bis 1983 noch nicht auf Bebauungspläne ausgedehnt worden war; dazu auch Kopp/Schenke, § 47, Rn. 135 ff. 62 Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.7.1978, BVerwGE 56, 155 (161 f.) (Schulrecht, dort allerdings nur für eine als Verwaltungsvorschrift erlassene Versetzungsverordnung); BVerwG, Beschluß vom 18.9.1981, BVerwGE 64, 77 (81); V G H Kassel, Beschluß vom 22.3.1978, DVB1 1978, S. 175; V G H Mannheim, Beschluß vom 16.3.1979, DVB1 1979, S. 916 (923) (alle zum Hochschulrecht); offen gelassen bei BVerwG, Beschluß vom 25.10.1979, BVerwGE 59, 48 (50 f.) (Beamtenrecht); vgl. zur Rechtsprechung vor 1976 BVerwG, Urteil vom 22.6.1973, BVerwGE 42, 296 (301 f.) (Hochschulrecht). 63 Bay VGH, Urteil vom 30.3.1982, BayVBl 1982, S. 726 (730), Ziele der Raumordnung und Landesplanung. 64 OVG Berlin, Urteil vom 22.4.1983, N V w Z 1983, 416 (418); offen gelassen bei BVerwG, Beschluß vom 20.8.1991, DVB1 1992, 37 (40).
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
70
stände von Normenkontrollanträgen ausmachten.65 Somit beschränkten sich die den Gerichten zur Verfügung stehenden Erhaltungsinstrumente im wesentlichen auf die Teilnichtigerklärung und auf § 155 a BBauG (1976). Dessen Einführung hat jedoch kaum Verbesserungen hinsichtlich der Anfälligkeit der Bauleitplanung für Verfahrens- und Formfehler gebracht. 66 b) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 7.9.1979
Die hohe Fehleranfälligkeit wurde von der Praxis weiterhin als unbefriedigend empfunden und als ungelöstes Problem der Bauleitplanung angesehen. 67 Als eindringliches Beispiel dafür dient die viel zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1979, in der in einem Leitsatz ausgeführt wurde, daß „die Tendenz, Bebauungspläne nach einem gewissen Zeitablauf nicht ohne Not an Erfordernissen ihres verfahrensfehlerfreien Zustandekommens scheitern zu lassen, " sachgerecht sei und daß es „verfehlt" wäre, „wenn die Verwaltungsgerichte ihre Sachaufklärungspflicht zum Anlaß nähmen, in Verwaltungsstreitverfahren gleichsam ungefragt in eine Suche nach Fehlern in der Vor- und Entstehungsgeschichte eines Bebauungsplanes einzutreten" 6*. Weiter heißt es in den Gründen, daß § 155 a BBauG (1976) Ausdruck einer „sachangemessenen Tendenz, Bezu halten, " sei 69 . Diese Entbauungspläne gegenüber Formanforderungen scheidung beinhaltet nicht nur einen Hinweis an die Untergerichte, die Grenzen der gerichtlichen Aufklärungspflicht enger zu ziehen. 70 Vielmehr setzte sich das Bundesverwaltungsgericht, das die 1979 neu in Kraft getretene Fassung der §§ 155 a bis 155c BBauG (1979) in dem zu entscheidenden Fall nicht anwenden durfte, 71 damit über das damals noch herrschende 65
Dazu die Anlage zu BT-Drs. 7/4324, S. 15, wonach zwischen 1970 und 1974 bundesweit von 564 Normenkontrollanträgen alleine 304 auf Bebauungspläne und 16 auf das sonstige Baurecht entfielen; Schlez, BauR 1974, S. 289, spricht für Baden-Württemberg von mehr als der Hälfte der Normenkontrollverfahren. 66 Scharmer, Bebauungspläne, S. 56; Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, DVB1 1984, S. 588 (592); abweichend für Baden-Württemberg Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (43 f.), der eine Verbesserung bei den Verfahrensmängeln, aber einen Anstieg der materiellen Fehler feststellt; offen lassend Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 a, Rn. 1. 67 Vgl. auch Regierungsbegründung zur Gesetzesnovelle von 1979, BT-Drs. 8/ 2451, S. 31, und den Bericht des zuständigen Ausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 35 f. 68 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 f. 69 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, a.a.O., S. 230 (232). 70 So die Bewertung von Söfker, ZfBR 1981, S. 60 f. 71 Es konnte vom Bundesverwaltungsgericht nicht abschließend geklärt werden, ob § 155 a BBauG in der Fassung von 1976 bzw. von 1979 Anwendung fand, da es an den Feststellungen der Tatsacheninstanz darüber fehlte, ob die Voraussetzungen der Übergangsvorschriften, nach denen vor 1976 erlassene Pläne den Unbeachtlich-
II. Die Entwicklung von 1976 und 1979
71
Nichtigkeitsdogma hinweg und bekannte sich erstmals zu den Grundlagen des später entwickelten Planerhaltungsgrundsatzes. 72 Die Aussagen entbehrten allerdings noch jeglicher dogmatischer Rechtfertigung, nachdem der knappe Verweis auf die hinter den §§ 155 a ff. BBauG (1979) stehenden Rechtsgedanken kaum als ausreichend angesehen werden konnte. Warum eine Ausnahme vom ganz herrschenden und vom Gesetzgeber vorausgesetzten Fehlerfolgenregime gerechtfertigt sein sollte, wurde nicht einmal ansatzweise begründet. Ebensowenig nannte das Gericht Maßstäbe für die Beurteilung der Frage, ob die Sanktionierung von formellen Fehlern „notwendig" sei. Daher ist die Entscheidung kritisch zu beurteilen. Die Lösung konnte nicht in der vom Bundesverwaltungsgericht zu Recht verworfenen Vermutung des rechtmäßigen Zustandekommens liegen, 73 die nicht nur eine Beweislastumkehr bedeutet hätte, sondern einer unzulässigen Fiktion gleichgekommen wäre. Sie durfte aber ebensowenig in einer Art „Vogel-Strauß-Taktik" gesehen werden, nach der es die Gerichte weitgehend unterlassen sollten, die zugrundeliegende Sach- und Rechtslage zu ermitteln. Die auch in der Literatur befürwortete 74 Einschränkung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht über die allgemein geltenden Grenzen hinaus 75 hätte dem Betroffenen eine kaum zumutbare Rügepflicht auferlegt. Für ihn ist es nämlich oftmals unmöglich, Kenntnis von Verfahrens- und Formfehlern bei untergesetzlichen Normen zu erlangen. Zudem stand eine Einengung der Sachaufklärung im Widerspruch zu Sinn und Zweck der gerade erst bundesweit eingeführten Normenkontrolle als objektives Beanstandungsverfahren. Allein im Ergebnis, der Verbesserung der Beständigkeit von Plänen, kann die Entscheidung wohl als gerechtfertigt angesehen werden. 7 6 Das Urteil zeigt auch, daß Vorwürfe, die Verwaltungsgerichte seien nicht dazu gewillt gewesen, Pläne aufrechtzuerhalten, 77 zumindest für das keitsnormen unterfielen, erfüllt waren, vgl. BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 (232). 72 Zu späteren appellativen Aufforderungen siehe BVerwG, Beschluß vom 6.3.1996, BauR 1996, S. 518, und Urteil vom 17.6.1993, N V w Z 1994, S. 281, wonach eine „ungefragte" Fehlersuche zu unterlassen sei; in dieselbe Richtung BVerwG, Beschluß vom 1.4.1997, N V w Z 1997, S. 890; dazu auch Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081). 73 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 (231 f.). 74 Redeker, DVB1 1981, S. 83 (87); ebenso Schenk, VB1BW 1999, S. 161 (165). 75 Grundlegend zum Umfang der Untersuchungsmaxime W. Berg, Die verwaltungsrechtliche Entscheidung bei ungewissem Sachverhalt, S. 51 ff. 76 Ebenso Sarnighausen, NJW 1993, S. 3229 (3236), und Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1016), der in dem Urteil eine „souveräne" Hinwegsetzung über das Nichtigkeitsdogma und eine „inzidente Vorwegnahme" der späteren gesetzlichen Regelungen des § 215 BauGB sieht. 77 So Scharmer, Bebauungspläne, S. 102; zum Vorwurf der überhöhten gerichtlichen Anforderungen an die Bauleitplanung vgl. BT-Drs. 8/2885, S. 35 f.
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
72
Bundesverwaltungsgericht unberechtigt w a r e n 7 8 . Es führt jedoch deutlich vor Augen, daß eine A b h i l f e allein durch die Judikative k a u m m ö g l i c h war. V i e l m e h r mußte es Aufgabe des Gesetzgebers sein, die Rechtsfolgen entsprechend zu modifizieren. M i t Erlaß des § 155 a B B a u G (1976) und der §§ 1 5 5 a - 1 5 5 c B B a u G (1979) hat er die Weichen i n diese Richtung gestellt.
I I I . Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986 1. Die Ausdehnung der Fehlerfolgenbegrenzung auf materielle Normen durch die BBauG-Novelle von 1979 D u r c h die B B a u G - N o v e l l e v o n 1 9 7 9 7 9 wurde die Planerhaltung bei formellen M ä n g e l n wesentlich erweitert und erstmalig auf materielle Fehler ausgedehnt. 8 0 Während i n § 155 a Abs. 1 bis 4 B B a u G (1979) die bisherige Regelung des § 155 a B B a u G (1976) m i t geringen M o d i f i k a t i o n e n übernommen, i n vier Absätze aufgegliedert und auch auf Flächennutzungspläne bezogen w u r d e , 8 1 fanden sich i m Absatz 5 und i n den §§ 155 b und 155 c B B a u G (1979) neuartige Regelungen. I n § 155 b B B a u G wurden die absoluten Unbeachtlichkeitsklauseln erweitert. Absatz 1 dehnte diese auf weitere formelle M ä n g e l , 8 2 aber auch auf die i m Gesetzgebungsprozeß umstrittenen materiellen Verstöße gegen das Entwicklungsgebot83
aus.
Besondere
Bedeutung
kam
§ 155 b
Abs.
2
78 Zur Planungsfreundlichkeit siehe auch BVerwG, Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 58 (102 ff.), wo die Abwägungsrelevanz für nicht erkennbare, für nicht schutzwürdige, für geringfügige und für in ihrem Eintritt nicht einmal wahrscheinliche Belange verneint wurde, sowie die Nachweise bei Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 242 (252). 79 Art. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6.7.1979, BGBl. I S. 949. 80 Zum Wortlaut der §§ 155a-155c BBauG (1979) vgl. Anhang. 81 Nachdem sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Ansicht durchgesetzt hatte, daß der Flächennutzungsplan keine Satzung ist und daher nicht von § 155 a BBauG (1976) erfaßt wird, dazu Keßler, Abwertung der Verfahrens Vorschriften, S. 21, m.w.N., sah sich der Gesetzgeber veranlaßt, die vorbereitenden Bauleitpläne ausdrücklich in die Regelungen aufzunehmen, so die Regierungsbegründung, BT-Drs. 8/2451, S. 31. 82 Die bisherige absolute Unbeachtlichkeitsregelung des § 155 a Satz 4 Alt. 1 BBauG (1976) fand dabei Eingang in § 155 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBauG (1979). 83 Die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgeschlagene, umfassendere Unbeachtlichkeitsregelung für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot stieß im Bundesrat auf Bedenken, siehe dazu BT-Drs. 8/2451, S. 45, und wurde vom damals federführenden 15. Bundestagsausschuß zugunsten einer differenzierteren Regelung abgeändert, vgl. BT-Drs. 8/2885, S. 45 f.
III. Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986
73
BBauG zu, der erstmalig eine Folgenbegrenzungsregelung für Abwägungsmängel enthielt. Satz 1 bestimmte, daß für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung maßgeblich sein soll und damit nicht im Zeitpunkt des Inkrafttretens. In Satz 2 wurden Mängel im Abwägungsvorgang für unbeachtlich erklärt, wenn sie nicht zugleich offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. 84 Durch § 155 c BBauG hat der Gesetzgeber schließlich die unterschiedlichen Kontrollmaßstäbe für die aufsichtliche und die gerichtliche Kontrolle im BBauG festgeschrieben, die bereits nach zuvor herrschender Auffassung galten. 85
2. Die Entwicklung im Bauplanungsrecht bis 1986 a) Die Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchungen zur Normenkontrolle im Bauplanungsrecht Auch nach der wesentlichen Erweiterung der Folgenbegrenzungsregelungen durch die Baurechtsnovelle von 1979 konnte die Problematik der hohen Fehleranfälligkeit von Bauleitplänen trotz gewisser Verbesserungen nicht als gelöst angesehen werden. Dies verdeutlichen verschiedene rechtstatsächliche Analysen, 86 in denen die Problematik erstmals in umfassender Weise statistisch erfaßt wurde. Die Untersuchungen von Schäfer/SchmidtEichstaedt und von Scharmer zeigen für den jeweiligen Untersuchungszeitraum von 1977 bis 1982 bzw. von 1977 bis 1983, daß die Zahl der tatsächlich aufgehobenen Bebauungsplänen im Verhältnis zur Zahl bestehender Pläne relativ niedrig war. 8 7 Der Grund ist darin zu sehen, daß trotz der Einführung der bundesweiten Normenkontrolle nur ein geringer Teil der Bebauungspläne angegriffen wurde. 88 Dabei kam es aber zu einer überdurch84
Die Regelung fand erst spät Eingang in den Gesetzesentwurf, vgl. den Bericht des 15. Ausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 19, 36, in dem erstmals ein entsprechender Entwurf vorgesehen war; zu den ursprünglichen Bedenken der Bundesregierung und der Länder Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 32. 85 Vgl. dazu U. Battis/H. Schrödter, DVB1 1977, S. 160 (169), und oben Kap. 2 I I 1. 86 Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 311 ff., 346 f.; Scharmer, Bebauungspläne in der Normenkontrolle; vgl. auch Scharmer/Wollmann/Argast, S. 50 ff., 102 ff., und Voge, Bebauungspläne vor Gericht. 87 Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 312 ff., 346; dies., DVB1 1984, S. 588 (594 f.); Scharmer, a.a.O., S. 23. 88 Das Verhältnis der im Untersuchungszeitraum im Wege der Normenkontrolle angegriffenen zu den neu aufgestellten Plänen liegt zwischen 3:100 und 5:100, dazu S. 317 f. UngeachScharmer, a.a.O., S. 52 f., 152, und Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, tet dessen, daß diese Zahlen nicht unbedingt in Bezug zueinander stehen, da selbst-
74
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
schnittlich hohen Erfolgsquote. 8 9 Diese Ergebnisse verdeutlichen die Problematik der Funktionsschwäche der Bebauungsplanung. Von der hohen Nichtigkeitsquote mußte auf eine große A n z a h l v o n verdeckt nichtigen Plänen geschlossen w e r d e n . 9 0 Vor allem die gerichtliche Nichtigerklärung wegen Verfahrens- und Formfehlern konnte weitreichende Fernwirkungen auf die anderen Bebauungspläne der j e w e i l i g e n Gemeinde haben, die zumeist i n derselben A r t und Weise zustande gekommen waren. D i e K o m m u n e n mußten also v o n der potentiellen U n w i r k s a m k e i t eines großen Teiles der Pläne ausgehen, was i n erheblichem Maße zur Rechtsunsicherheit b e i t r u g . 9 1 Nach der rechtstatsächlichen Untersuchung Scharmers
92
setzten sich die
Nichtigkeitsgründe i n etwa j e zu einem D r i t t e l aus Form- bzw. Verfahrensfehlern, Abwägungsmängeln und sonstigen (materiellen) Fehlern zusam-
verständlich auch Altpläne Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle waren und Pläne, die in diesem Zeitraum aufgestellt wurden, auch später angefochten werden konnten, verdeutlichen sie dennoch, daß die Normenkontrolle den absoluten Ausnahmefall darstellte. Auch unter Einbeziehung der Inzidentkontrollen verändert sich dieses Verhältnis kaum, dazu Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, a.a.O., die für ihre Untersuchung eine Quote von 5,1:100 (21 Normenkontrollverfahren und 8 Inzidentkontrollen bei 570 Bauleitplänen) errechnen. Scharmer/Wollmann/Argast, S. 102 ff., bestätigen diese Tendenz. 89 Scharmer, Bebauungspläne, S. 38, 151, gelangt, bezogen auf die zulässigen Hauptanträge, auf eine Nichtigkeitsquote von über 60%, während er bei den sonstigen Verwaltungsgerichtsentscheidungen in Bausachen von einer Größenordnung von 20% ausgeht; Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (109), errechnet für Bebauungspläne je nach Bundesland Erfolgsquoten zwischen 1/3 und 2/3, bezogen auf die zur Entscheidung gekommenen Normenkontrollanträge; vgl. auch Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 317 (29 angegriffene Pläne, davon in 19 Fällen erfolgreich), und Stich, DVB1 1982, S. 173 (175), der von einem „Erfahrungswert" von etwa 50% obsiegender Endentscheidungen spricht; zur Obsiegensquote in Verwaltungsstreitigkeiten Ule, Rechtstatsachen zur Dauer des Verwaltungs- (Finanz-)Prozesses, S. 163 ff., wonach bei 1824 untersuchten erstinstanzlichen Sachurteilen 1335 Klagen erfolglos geblieben sind, was in etwa einer Erfolgsquote von lediglich 1/3 entspricht; dazu auch der Bericht des OVG Münster, N V w Z 1996, S. 567 f., wonach die Erfolgsquote in verwaltungsgerichtlichen Verfahren weniger als 30% beträgt. 90 Schäfer/Scharmer/Schmidt-Eichstaedt, S. 46; ebenso Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 320 ff., 346 f.; Scharmer, Bebauungspläne, S. 152, spricht von zeitweise bis zu 90% verdeckt nichtigen Plänen in manchen Gemeinden; Pagenkopf, BauR 1979, S. 1, und Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (134), siedeln die Zahl der im Jahre 1979 verdeckt nichtigen Pläne für die Stadt Köln bei 95-97% an. 91 Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360); Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (30 f.); Scharmer/Wollmann/Argast, S. 58; Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (109). 92 Es handelt sich dabei um die umfangreichste ihrer Art, da 796 Normenkontrollentscheidungen zu Bebauungsplänen aus den Jahren 1977 bis 1983 ausgewertet wurden; Schäfer/Schmidt-Eichstaedt haben dagegen 20 ausgewählte Gemeinden begutachteten, in denen i m Untersuchungszeitraum 29 Bebauungspläne angefochten und 570 Pläne neu erstellt wurden.
III. Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986 m e n . 9 3 Dabei konnte -
trotz der Erweiterung der
75
Planerhaltungsnormen
durch die Novelle v o n 1979 - k e i n wesentlicher Rückgang der Gesamtzahl der beachtlichen Verfahrens-
und Formfehler
Grund dafür war nach Ansicht Scharmers
95
festgestellt
werden.94
Der
i n der zunehmenden A u f d e k -
kung v o n formellen Fehlern, die v o n den absoluten Unbeachtlichkeitsvorschriften nicht erfaßten wurden, zu suchen. Z u d e m sei die relative Unbeachtlichkeitsregelung des § 155 a Abs. 1 B B a u G (1979) nur v o n begrenztem Einfluß gewesen. E i n Rückgang der von ihr erfaßten M ä n g e l konnte nicht beobachtet werden, was daran gelegen habe, daß Fehler regelmäßig fristgerecht innerhalb des Jahreszeitraumes gerichtlich angefochten worden seien. Der A n t e i l der Abwägungsfehler hat trotz Inkrafttretens des § 155 b Abs. 2 B B a u G (1979) i m Untersuchungszeitraum eher zu- als abgenomm e n . 9 6 L e d i g l i c h bei den sonstigen materiellen Fehlern ließ sich ein relativer Rückgang diagnostizieren, 9 7 der Scharmer
zufolge auf einer Abnahme
der Verstöße gegen das Entwicklungsgebot b e r u h t e . 9 8 93
Scharmer, Bebauungspläne, S. 55, 152; ihm folgend Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (109); soweit in anderen Untersuchungen Abweichungen zu beobachten sind, ist dies vor allem auf Besonderheiten der jeweiligen obergerichtlichen Rechtsprechung und auf die geringe Zahl der untersuchten Verfahren zurückzuführen, vgl. dazu Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 317, die einen Anteil von 58% an Form- und Verfahrensfehlern (11 von insgesamt 19 Aufhebungsgründen) errechnen; die Untersuchungen von Scharmer/Wollmann/Argast, S. 57, 117, (OVG Lüneburg, 29 Normenkontrollentscheidungen i m Zeitraum von 1977-1981), bzw. von Schlez, VB1BW 1980, S. 41 ff., (VGH Mannheim, 43 Normenkontrollverfahren, die 1976 bis 1979 anhängig und bis 1980 entschieden wurden), ergeben einen Anteil von Abwägungsfehlern in der Größenordnung von 60% der entdeckten Mängel und von Verfahrensund Formfehlem i.H.v. 12-15%. 94 Scharmer, Bebauungspläne, S. 55 f., 186, ermittelt für den Zeitraum von 1977 bis 1980 104 Verfahrensfehler (= 32,8%, bezogen auf die Summe aller festgestellter Fehler) und den Zeitraum von 1981 bis 1983 146 Verfahrensfehler (= 33,6%); anS. 57, und Schlez, VB1BW 1980, S. 41, die einen ders Scharmer/Wollmann/Argast, Rückgang des Anteils der formellen Mängel für die Bereiche der von ihnen untersuchten Oberverwaltungsgerichte diagnostizieren. 95 Scharmer, a.a.O., S. 56; vgl. auch den Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360), wo zwar von einer Abnahme der Verfahrens- und Formfehler ausgegangen wird, in dem aber gleichzeitig von der auffallenden Zunahme der nicht erfaßten formellen Mängel die Rede ist. 96 Scharmer, a.a.O., S. 55 f., 186, errechnet für den Zeitraum von 1977 bis 1980 92 Abwägungsfehler (29%, bezogen auf die Summe aller festgestellter Fehler) und für 1981 bis 1983 167 Abwägungsfehler (38,4%). 97 Scharmer, a.a.O., S. 55 f., 186, geht im Zeitraum von 1977 bis 1980 von 121 sonstigen materiellen Fehlem (38,2%, bezogen auf die Summe aller festgestellter Fehler) aus und in den Jahren 1981 bis 1983 von 122 sonstigen materiellen Fehlem
(28%).
98 Scharmer, a.a.O., S. 55 f., wonach der Anteil der Entwicklungsmängel an den sonstigen materiellen Fehlem in den Vergleichszeiträumen von 52,1% auf 37,7% sank.
76
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
b) Die Beurteilung der Planerhaltungsregelungen
des BBauG
Auch wenn die Problematik nicht als gelöst betrachtet werden konnte," haben die Unbeachtlichkeitsregelungen durchaus erste positive Wirkungen für die Rechtssicherheit erzielt. Hierzu hat vor allem die Einführung der Rügefrist durch § 155 a Satz 1 BBauG (1976) und deren Beibehaltung in § 155 a Abs. 1 BBauG (1979) beigetragen, wonach ein Verfahrens- oder Formfehler unbeachtlich ist, wenn er nicht innerhalb eines Jahres gerügt wird. Wegen der geringen Anzahl erhobener Rügen 1 0 0 und der niedrigen Quote gerichtlich überprüfter Pläne sind die entsprechenden Fehler zumeist nach einem Jahr unbeachtlich geworden. Schließlich konnten die absolut unbeachtlichen Mängel von vornherein nicht mehr zur Nichtigkeit von Plänen führen. Die Auswirkungen der Unbeachtlichkeitsvorschriften ließen sich in den Untersuchungen aber nicht immer exakt ermitteln. 1 0 1 In Fällen, in denen unbeachtliche Fehler vorlagen, sahen die Gerichte oftmals keinen Anlaß, zu diesen Stellung zu nehmen, nicht zuletzt deshalb, weil sie von informierten Anwälten wegen der Aussichtslosigkeit schon gar nicht geltend gemacht worden waren. Umgekehrt hatten die Pläne vor Erlaß der Erhaltungsregelungen an einer noch höheren Anzahl von Fehlern gelitten, die von den Gerichten nach Feststellung formeller Mängel gar nicht mehr aufgedeckt wurden und die daher nicht nachweisbar waren. Für diese Deutung spricht die festgestellte Verschiebung der Fehlerarten hin zu den von Unbeachtlichkeitsregelungen nicht erfaßten Mängeln. 1 0 2 Die Erhaltungsregelungen waren demnach durchaus geeignet, bestimmte Fehlergruppen zu beseitigen. Die damit verbundene Verlagerung der Schwerpunkte der Plankontrolle ist begrüßenswert, da die Gerichte nunmehr die wesentlicheren Mängel prüften. Insgesamt betrachtet führte dies aber zu keiner ausreichenden Verbesserung der Beständigkeit von Bebauungsplänen.
99
Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 62; Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360); Beyer, Städte und Gemeindebund 1980, S. 200 ff.; Scharmer, a.a.O., S. 80 ff.; O. Schneider, DVB1 1984, S. 577 (579); im Ergebnis ebenso Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 ff. 100 Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 323. 101 Scharmer, Bebauungspläne, S. 83 f. 102 Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 62; Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360); Scharmer, a.a.O.; in diese Richtung auch Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (240); Paetow, N V w Z 1985, S. 309 (314).
III. Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986 c) Die Tendenzen in der des
77
Rechtsprechung
Bundesverwaltungsgerichts
D i e Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konnte i m Gegensatz zu vielen Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte 1 0 3 weiterhin als i n zunehmendem Maße „planungsfreundlich" charakterisiert werden. D i e A n forderungen an die Bauleitplanung wurden z u m T e i l erheblich zurückgen o m m e n 1 0 4 und die §§ 155a und 155b B B a u G (1979) durch nichtigkeitsfeindliche
Auslegung zur Entfaltung
gebracht.105
D i e Bedeutung
dieser
Rechtsprechung darf für den hier zu untersuchenden Zeitraum jedoch nicht überschätzt werden, da das Bundesverwaltungsgericht oftmals gar nicht i n der Lage war, für mehr Planungsstabilität zu sorgen, nachdem die Rechtsfragen i n den meisten Fällen nicht oder nur sehr spät zu i h m gelangten. Das lag daran, daß die Oberverwaltungsgerichte v o n der seit 1976 normierten Vorlagepflicht für Rechtssachen m i t grundsätzlicher Bedeutung bzw. bei Abweichungen von der obergerichtlichen R e c h t s p r e c h u n g 1 0 6 nur i n äußerst 103
Kritisch zur obergerichtlichen Rechtsprechung Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 ff.; Scharmer/Wollmann/Argast, S. 59 f.; Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2449 f.); Stich, DVB1 1982, S. 173 (178), der anhand konkreter Entscheidungen die Tendenz der einengenden Auslegung bei den §§ 155 a und 155 b BBauG (1979) nachweist; anders dagegen Paetow, N V w Z 1985, S. 309 ff., der die Vorwürfe im wesentlichen nur aus Sicht eines einzelnen Verwaltungsgerichtshofs zu entkräften versucht; zu vereinzelten „planerhaltenden" Tendenzen vgl. etwa OVG Lüneburg, Beschluß vom 23.3.1984, BauR 1984, S. 368 f., wo aus Sinn und Zweck der Auslegungsvorschriften heraus die automatische Heilung einer zu kurz bemessenen Bekanntmachungsfrist bejaht wird, wenn die Auslegungsfrist entsprechend länger bemessen und auch in dieser Form bekanntgegeben worden ist. 104 Siehe dazu die Entscheidungen zur Zulässigkeit der Auslegung nur während der Behördensprechzeiten, BVerwG, Urteil vom 5.7.1980, NJW 1981, S. 594, und zur Bezeichnung von Plangebieten bei der ortsüblichen Bekanntmachung der Auslegung des Planentwurfs bzw. von erteilten Genehmigungen, BVerwG, Urteile vom 6.7.1984, ZfBR 1984, S. 291 und 293; dazu auch Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (33 ff.), m.w.N.; vgl. darüber hinaus zur planungsfreundlichen Rechtsprechung, jeweils m.w.N.: Battis, in: B / K / L , Vorb §§ 214-216, Rn. 8; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (254 f., 267 f.); Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (109 ff.); Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1017), der nachweist, daß planerhaltende Erkenntnisse zum Teil verlorengegangen sind; Stüer, DVB1 1985, 469 (480 f.), der von einer „Kurswende" des Bundesverwaltungsgerichts spricht; kritisch gegenüber der Herabsetzung von Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Entwicklungsgebotes Dolde, NJW 1986, S. 815 ff. 105
Als Beispiele lassen sich die verfassungskonforme Interpretation des § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG (1979), BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff., die enge Interpretation der Ausschlußklausel für die relative Unbeachtlichkeit in § 155a Abs. 3 BauGB (1979), BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, N V w Z 1985, S. 487 ff. (Az.: 4 Ν 1/84 und 4 Ν 2/84), und die weite Auslegung des § 155b Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BBauG (1979), BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 ff. (Az.: 4 Ν 4/84), anführen.
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
78
geringem U m f a n g Gebrauch m a c h t e n . 1 0 7 Nachdem ein Rechtsbehelf gegen die Nichtzulassung nach damaliger Rechtslage ausgeschlossen w a r , 1 0 8 was letztlich m i t der Sonderstellung Berlins z u s a m m e n h i n g , 1 0 9 waren die Entscheidungen über die Nichtvorlage einfachgerichtlich nicht
angreifbar. 110
Das Fehlen einer vereinheitlichenden Rechtsprechung w i r k t e sich nicht nur unmittelbar durch die unzureichende Gegensteuerung des Bundesverwaltungsgerichts aus. Es führte darüber hinaus dazu, daß die bestehende Verunsicherung der Praxis, die durch unterschiedlich hohe Anforderungen
der
einzelnen Obergerichte verursacht worden w a r , 1 1 1 nur sehr langsam beseitigt werden konnte. D i e Problematik zeigt sich i n den Differenzen zwischen den Erfolgsquoten v o n N o r m e n k o n t r o l l a n t r ä g e n 1 1 2 und i n den unterschied106
§ 47 Abs. 5 VwGO, i.d.F. der Novelle vom 24.8.1976 (BGBl. I S. 2437). Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2449), unter Verweis auf die Statistik des BMJ, wonach im hier fraglichen Zeitraum bei über 1200 Normenkontrollverfahren lediglich 26 Vorlageentscheidungen ergingen, während im Vergleich dazu die Quote der zugelassenen Revisionen bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen 10,5 % betrug; ebenso Sendler, DVB1 1982, S. 157 (162), und Stich, DVB1 1982, S. 173 (177 ff.); vgl. auch den Ausschußbericht zum Entwurf des Baugesetzbuches, BT-Drs. 10/6166, S. 135. Selbst wesentlichen Leitentscheidungen zu den Erhaltungsregelungen, wie den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 ff., und vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff., in letzterem ging es sogar um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Unbeachtlichkeitsregelungen, lagen nur Inzidentkontrollen zugrunde. Gleiches gilt für die Rechtsprechung zu grundlegenden formellen Fragen, vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1980, NJW 1981, S. 594; Urteile vom 6.7.1984, ZfBR 1984, S. 291 und 293. Begrüßenswerte Ausnahmen stellten nur die Beschlüsse des BVerwG vom 3.10.1984, N V w Z 1985, S. 487 ff., und BVerwGE 70, 172 ff., dar, die auf Vorlag nach § 47 Abs. 5 VwGO ergingen. 108 BVerwG, Beschluß vom 17.2.1984, BVerwGE 69, 30 ff.; das Gericht verwarf dort mit dieser Begründung die Beschwerde, jedoch nicht ohne in einem obiter dictum ausgesprochen zu haben, daß im konkreten Fall die Vorlagepflicht bestanden hätte; dazu auch Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2452). 109 Der Gesetzgeber hatte die Notwendigkeit eines Rechtsbehelf bei der bundesweiten Einführung der Normenkontrolle für Satzungen nach dem BBauG im Jahre 1976 zwar erkannt, mußte jedoch die Vorbehalte der Alliierten bezüglich Berlins berücksichtigen, hierzu BVerwG, Beschluß vom 17.2.1984, BVerwGE 69, 30 (37), und Sendler, DVB1 1982, S. 157 (162). Dies geht mittelbar auch aus der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zur VwGO-Novelie von 1976 hervor, wo davon die Rede ist, daß das Bundesverwaltungsgericht andernfalls abschließend über die Gültigkeit von Landesrecht entscheiden würde, was „nicht in gleicher Weise für alle Bundesländer möglich" sei, BT-Drs. 7/4324, S. 13. 110 Zur verfassungsgerichtlichen Aufhebbarkeit, die einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG voraussetzte, BVerwG Beschluß vom 17.2.1984, BVerwGE 69, 30 (36 f.). 111 Vgl. dazu die Nachweise bei Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2449 f.), und Stich, DVB1 1982, S. 173 (178). 112 Der Anteil der Abweisungen betrug i m Zeitraum von 1977 bis 1983 etwa beim V G H Mannheim 67,4% (bei 215 Entscheidungen), beim OVG Münster dagegen nur 107
III. Die Erweiterung der Planerhaltungsregelungen bis 1986
79
lieh hohen Anteilen der verschiedenen Fehlergruppen 113 . Insoweit hat auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit selbst zur Rechtsunsicherheit beigetragen.
d) Die Reformvorschläge
der Planungspraktiker
Die im Rahmen der rechtstatsächlichen Untersuchungen befragten Praktiker führten in der Mehrzahl als dringlichsten Reformvorschlag die nochmalige Ausweitung der planerhaltenden Regelungen an. Neben der Aufnahme weiterer Mängel in den Unbeachtlichkeitskatalog des § 155 b Abs. 1 Satz 1 B B a u G 1 1 4 wurden vor allem weitere Begrenzungen für die gerichtliche Kontrolle von Bauleitplänen gefordert. 115 Ebenso bestand die Kritik an den zumeist als zu streng empfundenen Kontrollmaßstäben verschiedener Gerichte fort. 1 1 6 Damit zusammenhängend wurde die Einführung einer Nichtvorlagebeschwerde im Normenkontrollverfahren befürwortet. 117 Im Vorfeld der Aufstellung des Baugesetzbuches kam es dann zu einer breiten Diskussion über die Stärken und Schwächen des bisherigen Rechts. 118 Besonders heftiger Streit 1 1 9 herrschte dabei um die Frage, ob ein Bedürfnis zur Erweiterung des Planerhaltungsinstrumentariums bestünde. Teilweise wurde dies für verzichtbar gehalten, da das Bundesverwaltungsgericht die Problematik befriedigenden Lösungen zuführen könne. 1 2 0 Angesichts des beschränkten Einflusses des Gerichts und der doch erheblichen Rechtsunsicherheit hat sich letztlich die Gegenansicht durchgesetzt, die einen Ausweitungsbedarf bejahte. 121 35,4% (bei 175 Entscheidungen), Nachweise bei Scharmer, Bebauungspläne, S. 43 f.; vgl. dazu auch die Statistik bei Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2449). 113 Dazu im einzelnen Scharmer, a.a.O., S. 51, 56 f., 64 f. 114 Vgl. Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 328 f. 115 Vgl. Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, a.a.O.; Scharmer, Bebauungspläne, S. 164 ff. 116 Vgl. Scharmer/Wollmann/Argast, S. 59 f.; damit in unmittelbarem Zusammenhang steht die einengende Auslegung der ErhaltungsVorschriften des BBauG durch die zweitinstanzliche Rechtsprechung, dazu Stich, DVB1 1982, S. 173 (178), m.w.N., der diese Tendenz als weiteren Grund für die Rechtsunsicherheit anführt. 117 Vgl. Schäfer/Scharmer/Schmidt-Eichstaedt, S. 46; Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 328 f.; Schlichter, NJW 1985, S. 2446 (2452 f.); Stich, DVB1 1982, S. 173 (179); ebenso Sendler, DVB1 1982, S. 157 (162), allerdings nur mit verhaltener Kritik; im Ergebnis zustimmend Paetow, N V w Z 1985, S. 309 (314 f.). 118 Nachweise bei Dolde, NJW 1986, S. 815, und bei Schlichter, ZfBR 1985, S. 107. 119 Vgl. Zoubek, DVB1 1984, S. 596, der von „fast hitzigen Auseinandersetzungen" spricht. 120 Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (33 ff.), plädierte für nur punktuelle Gesetzesänderungen, die vor allem auf Altpläne beschränkt werden sollten; in die gleiche Richtung Schlichter, ZfBR 1985, S. 107 (111), und Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, 582 (586 f.).
80
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
IV. Die Entwicklung unter dem Baugesetzbuch 1. Das Baugesetzbuch von 1986 a) Die Novellierung der Planerhaltungsregelungen Die Planerhaltungsvorschriften finden sich im Baugesetzbuch vom 8.12.1986 122 in den §§ 214-216 des Vierten Abschnitts des Zweiten Teils, der zum damaligen Zeitpunkt mit der wenig geglückten Bezeichnung überschrieben war. Obwohl die Normen „ Wirksamkeitsvoraussetzungen" auf den ersten Blick wie eine völlige Neuregelung erscheinen mochten, hatte der Gesetzgeber die Konzeption des Bundesbaugesetzes im wesentlichen beibehalten. Die vorhandenen Erhaltungsvorschriften wurden lediglich neu gefaßt und an einigen Punkten inhaltlich ergänzt. Sie erhielten dadurch im wesentlichen ihre heutige Gestalt. Durch die Novellierung wurde die früher bestehende Unübersichtlichkeit der Regelungsmaterie beseitigt. An die Stelle der §§ 155 a und b BBauG (1979) trat eine systematisierte Aufteilung in Regelungen der absoluten und relativen Unbeachtlichkeit. In § 214 BauGB wurde die absolute Unbeachtlichkeit für Form- und Verfahrensfehler, für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot und für das Abwägungsgebot in einem jeweils eigenständigen Absatz geregelt. Die ersten beiden Absätze des § 215 BauGB enthielten die Vorschriften über die relative Unbeachtlichkeit bzw. über die für sie erforderliche Hinweispflicht. Die Regelungstechnik wurde darüber hinaus in § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB modifiziert, wonach alle nicht genannten Fehler unbeachtlich sind. Schließlich fanden sich in § 215 Abs. 3 BauGB Regelungen über die Fehlerbehebung und den rückwirkenden Erlaß von Satzungen und Flächennutzungsplänen wieder, die zu den Heilungsvorschriften gerechnet werden müssen. Mit § 216 BauGB wurde der Prüfungsumfang für die Genehmigungsbehörden - wie zuvor in § 155 c BBauG (1979) klargestellt. Der Gesetzgeber sah das Bedürfnis nach einer Ausweitung der Planerhaltungsregelungen als gegeben an, verzichtete dagegen bewußt darauf, durch Modifizierung bzw. Konkretisierung der Anforderungen an die Planung zur Erhöhung der Bestandskraft beizutragen. 123 Die erneute Ausdehnung der 121 Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 62; Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360); O. Schneider, DVB1 1984, S. 577 (579); vgl. auch die Nachweise bei Schäfer/Schmidt-Eichstaedt, S. 328 f. 122 BGBl. I S. 2191. 123 Beschlußempfehlung des 16. Ausschusses, BT-Drs. 10/6166, S. 134 f.; so bereits der Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 61 ff.
IV. Die Entwicklung unter dem Baugesetzbuch
81
Erhaltungsregelungen für formelle Fehler 1 2 4 ergab sich aus der Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses in § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der Erweiterung der absoluten Unbeachtlichkeitsregelungen in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB auf häufig auftretende Fehler bei der Bekanntmachung von Flächennutzungsplänen und Satzungen. 125 Letztere waren laut Bundesverwaltungsgericht bereits zuvor nur noch dann beachtlich, wenn der Hinweiszweck nicht mehr erfüllt w a r . 1 2 6 Mit der Übernahme dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber den Grundgedanken der Wesentlichkeitsrechtsprechung 127 positiviert, wobei er den Zweck der Bekanntmachungsnormen - die Hinweisfunktion - genau festlegte, um Unklarheiten durch unterschiedliche Auslegungen vorzubeugen. Die wichtigste materielle Erweiterung fand sich in § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Danach wurden nach 7 Jahren sämtliche Abwägungsfehler unbeachtlich. b) Die verwaltungsprozessualen
Neuerungen
Durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes über das Baugesetzbuch wurde in § 47 Abs. 7 VwGO die Nichtvorlagebeschwerde eingeführt, was zur Folge hatte, daß gegen die unterbliebene Revisionszulassung erstmals Rechtsbehelfe eingelegt werden konnten. Damit wurde der in der Praxis seit längerem erhobenen Forderung 128 nachgekommen. Die ungewöhnliche Konstruktion eines Rechtsmittels eigener Art erklärte sich aufgrund der besonderen Rechtslage Berlins. 1 2 9
2. Die Entwicklung des Bauplanungsrechts bis zum BauROG 1998 Die Folgejahre waren geprägt von einer auf hohem Niveau stagnierenden Fehleranfälligkeit des Bauplanungsrechts, so daß das Bedürfnis nach Plan124
Der Wegfall der beiden Unbeachtlichkeitstatbestände des § 155 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 BBauG (1979) war lediglich durch die Abschaffung der Regelungen über die Entwicklungsplanung und über die sozialen Maßnahmen bedingt. 125 Zwar wurde die Nichterreichung des Bekanntmachungszweckes für beachtlich erklärt, zugleich sind aber damit weniger gewichtige Mängel unbeachtlich. 126 BVerwG, Urteile vom 6.7.1984, ZfBR 1984, S. 291 und S. 293. 127 Vgl. oben Kap. 2 I 2. 128 V g l dazu oben Kap. 2 I I I 2 d und die auf den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zurückgehende Beschlußempfehlung, BT-Drs. 10/6166, S. 135. 129 Kopp, 10. Aufl., § 47, Rn. 89; aufgrund des Wegfalls des Vorbehalts der alliierten Vier Mächte konnten im 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 1.11.1996 (BGBl. I S. 1626) die allgemeinen Revisionsregelungen für anwendbar erklärt werden, so daß keine Sonderregelungen mehr bestehen.
6 Käß
82
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
erhaltungsregelungen fortbestand. 130 Dementsprechend sah sich der Gesetzgeber veranlaßt, in dem am 1.6.1990 in Kraft getretenen Baugesetzbuch-Maßnahmengesetz vom 17.5.1990 131 , das zur Förderung des Wohnungsbaus diente, mit § 9 1 3 2 eine eigene Planerhaltungsregelung vorzusehen, die die Unbeachtlichkeit von Verstößen gegen dieses Gesetz anordnete und zugleich die §§ 214-216 BauGB auf die besonderen Satzungen ausdehnte. Die rechtstatsächliche Untersuchung von Voge 133 zeigt, daß die hohe Erfolgsquote bei den Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne 134 fortbestand. 135 Allerdings kann bei den Nichtigkeitsgründen eine relative Abnahme der Verfahrens- und Formmängel 136 und eine starke Zunahme der Abwägungsfehler und der sonstigen materiellen Fehler beobachtet werden. 1 3 7 Als Gründe kommen die Angleichung der Anforderungen durch die Vereinheitlichung der Rechtsprechung und die Wirkungen der Planerhaltungsnormen der §§ 214 und 215 BauGB (1986) in Betracht. Da sich letztere hauptsächlich auf Form- und Verfahrensmängel bezogen, trugen sie zu einer Verlagerung der Prüfungsschwerpunkte auf den materiellen Teil b e i . 1 3 8 Dies ist zu begrüßen, da aus rechtspolitischer Sicht vor allem die 130 Kommissionsbericht, Rn. 99; so auch das Fazit von Redeker, N V w Z 1996, S. 126 (128). 131 BGBl. I S. 926; das Gesetz galt bis zum 31.12.1997 und wurde nunmehr durch das BauROG mit dem BauGB zusammengeführt; zur Entwicklung des BauGBMaßnG Peine, JZ 1998, S. 23. 132 Zum Wortlaut vgl. Anhang. 133 y 0 ge f Bebauungspläne vor Gericht, der 89 Normenkontrollentscheidungen des OVG Münster aus den Jahren 1982/83 und 79 Entscheidungen der Jahre 1990/91 ausgewertet hat; zur speziellen Frage der Bedeutung der behördlichen Aufsicht siehe Schmidt-Eichstaedt, Art und Umfang von Beanstandungen und Maßgaben im Rahmen des Anzeige- und Genehmigungsverfahrens bei Bebauungsplänen, und Coulmassis, Planungshoheit und Planungsmängel, S. 49 ff. 134 Das Verhältnis der im Zeitraum 1990/91 für nichtig erklärten Pläne zu den neu aufgestellten Plänen beträgt 6:100, Voge, a.a.O., S. 7, 11. 135 Die Gemeinden sind in 67% der Fälle unterlegen, bei Herausrechnung der unzulässigen Anträge sogar in über 75% der Fälle, Voge, a.a.O., S. 7 f., 16 f. 136 Voge, a.a.O., S. 8, 18, ermittelt 1982/83 58% Verfahrens- und Formfehler, wobei 31% der Bebauungspläne alleine an diesen gescheitert sind. Im Vergleich dazu hat der Anteil 1990/91 nur 15% betragen. 137 Voge, a.a.O., kommt zum Ergebnis, daß die Quote der Abwägungsfehler von 16% auf 33%, die der sonstigen materiellen Fehler von 26% auf 52% angestiegen ist. 138 In früheren Jahren gaben sich Normenkontrollgerichte häufig mit der Feststellung formeller Mängel zufrieden, ohne in die materielle Prüfung einzusteigen, vgl. dazu Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (240); Paetow, N V w Z 1985, S. 309 (314); zu ähnlichen Schlüssen hinsichtlich der Veränderung der Art der festgestellten formellen Fehler oben Kap. 2 I I I 2 b.
IV. Die Entwicklung unter dem Baugesetzbuch
83
Nichtigerklärung von inhaltlich (vermeintlich) korrekten Plänen wegen formeller Mängel Bedenken begegnet. 139 Zusammenfassend läßt sich anhand des hohen Anteils fehlerhafter Pläne aber feststellen, daß sich die Problematik zwar verbessert hatte, daß sie aber nicht gelöst wurde. 1 4 0 Das Bundesverwaltungsgericht setzte seine planungsfreundliche Rechtsprechung in den folgenden Jahren im wesentlichen fort, 1 4 1 während in der Literatur die Zulässigkeit der Erhaltungsregelungen weiterhin kontrovers diskutiert wurde. 1 4 2
3. Die Entstehung des BauROG Den bisher letzten Meilenstein bei der Entwicklung der Planerhaltungsregelungen bildet das Gesetz zur Novellierung des Baugesetzbuches und des Raumordnungsgesetzes. Wegen des Außerkrafttretens städtebaulicher Sonderregelungen am 31.12.1997, wie des Baugesetzbuch-Maßnahmegesetzes, wurde Mitte der 90er Jahre ein gesetzgeberisches Tätigwerden erforderlich. Angesichts der zu beobachtenden Unübersichtlichkeit der Rechtsmaterie entschloß sich der Gesetzgeber zu einer umfassenden Novellierung. 143 a) Die Neuregelungen im Baugesetzbuch Eine wesentliche Neuerung stellt die programmatische Kenntlichmachung durch die Verwendung des Begriffes „Planerhaltung" in der Überschrift des Abschnittes, der die §§ 214 bis 216 BauGB umfaßt, dar. Dem darüber hinausgehenden Vorschlag, künftig im Baugesetzbuch ein „Gebot grund139
Ebenso der Bericht des 15. Ausschusses zur BBauG-Novelie von 1979, BT-Drs. 8/2885, S. 35. 140 So auch Redeker, N V w Z 1996, S. 126 (128). 141 Vgl. die Nachweise bei Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (254 f.), und bei Dürr, DÖV 1997, S. 845 ff.; siehe im einzelnen etwa BVerwG, Beschluß vom 15.4.1988, BVerwGE 79, 200 ff., wonach bundesrechtlich kein Aufstellungsbeschluß gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB zur Gültigkeit eines Bauleitplanes erforderlich ist; BVerwG, Beschluß vom 27.7.1989, Buchholz 406.11, § 214 BauGB, Nr. 3, wonach die Unbestimmtheit einer Festsetzung nicht die Nichtigkeit des Planes, sondern nur die Unzulässigkeit darüberhinausgehender Nutzungen zur Folge hat; BVerwG, Beschluß vom 1.4.1997, N V w Z 1997, S. 890 ff., wonach der Verlust der Planungsunterlagen keinen Rückschluß auf das Vorliegen bestimmter Fehler zuläßt; BVerwG, Beschluß vom 6.3.1996, BauR 1996, S. 518, wo sich das Gericht erneut ausdrücklich gegen eine ungefragte Fehlersuche ausspricht. 142 Dazu die Übersicht bei Battis, in: B / K / L , Vorb §§ 214-216, Rn. 8; grundlegend Hill, Das fehlerhafte Verfahren; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 ff.; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem am Beispiel von kommunalen Satzungen; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 ff. 143 Dazu Kommissionsbericht, Rn. 4 ff. 6*
2. Kap.: Die Entwicklung der Planerhaltungsinstrumente
84
sätzlicher Planerhaltung" festzulegen, nach dem im Zweifel eine Planung selbst bei Abwägungsfehlern unter der Voraussetzung der Wahrung der Gesamtkonzeption zu bestätigen sei, und dadurch die Planerhaltung in einen verbindlichen Rechtsgrundsatz zu überführen, 144 kam der Gesetzgeber nicht nach. Ein solcher Rechtssatz, der die Nichtigkeit von einer Folgenabwägung durch Gerichte bzw. Behörden abhängig gemacht hätte, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß die Lösung der Konflikte, in die der Planerhaltungsgrundsatz mit anderen Grundsätzen geraten könne, nicht allein dem Rechtsanwender überantwortet werden dürfe. 1 4 5 Vielmehr solle das Baugesetzbuch selbst konkretisierende Ausformungen vorsehen, da die wesentlichen Entscheidungen i m Gesetz getroffen werden müßten. 1 4 6 Der Gesetzgeber hat sich ferner wegen der erheblichen Überleitungsproblematik erneut gegen einen Rechtsformwechsel des Bebauungsplanes entschieden 1 4 7 und statt dessen die Folgenbegrenzungsregelungen in ihrer bisherigen Konzeption beibehalten. Die §§ 214 und 215 BauGB sind dementsprechend bis auf wenige Modifikationen unverändert geblieben. A m wichtigsten erscheint dabei die Neufassung des Wortlauts des § 215 Abs. 1 BauGB, wonach Mängel nach Ablauf der entsprechenden Fristen „unbeachtlich werden Diese auf Anregung des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen zurückgehende Klarstellung 1 4 8 sollte eine der schwierigsten Fragen dogmatischer wie auch praktischer Natur beheben, den Meinungsstreit über die Wirkungen der relativen Unbeachtlichkeit. Keine Aufnahme fand die in der Stellungnahme des Bundesrates vorgeschlagene Planerhaltungsregelungen für städtebauliche Verträge. Gemäß § 216 a des Entwurfes sollte ab Vorhabengenehmigung bzw. ab dem Vorhabenbeginn nicht mehr geltend gemacht werden können, daß übernommene Leistungen nicht Voraussetzungen oder Folge des Vorhabens oder unangemessen seien und formelle Fehler des Vertrages ab diesem Zeitpunkt unbeachtlich werden. Zudem sollten Mängel des Vertrages nicht auf den Plan durchschlagen. 149 Die Bundesregierung verwarf diese Vorschrift unter Hinweis auf die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen und des privaten Vertragsrechts. Was das Verhältnis des städtebaulichen Vertrages zum Plan be144
Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1041). Ablehnend bereits Kommissionsbericht, Rn. 107 f.; dazu auch Dolde, NVwZ 1996, S. 209 (211). 146 Zu der aus dem Vorbehalt des Gesetzes entwickelten verfassungsrechtlichen „ Wesen tlichkeitstheorie" Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 811 f. 147 Kommissionsbericht, Rn. 130; vgl. dazu bereits die ablehnenden Stellungnahmen im Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 61, und im Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360); ebenso Scharmer, Bebauungspläne, S. 164. 148 BT-Drs. 13/7589, S. 31. 149 BT-Drs. 13/6392, S. 118. 145
IV. Die Entwicklung unter dem Baugesetzbuch
85
treffe, sei die Planungssicherheit durch die vorhandenen Planerhaltungsregelungen bereits ausreichend gewährleistet. 150 Wesentliche Neuerungen enthielt § 215 a BauGB, der die Heilungsvorschriften novellierte, auf die an späterer Stelle eingegangen werden soll. Das BauROG sah zudem eine moderate Vereinfachung des Planungsrechts vor. 1 5 1 Auch insofern ist der Gesetzgeber den Anregungen gefolgt. Zu nennen ist der Wegfall von Anzeige- und Genehmigungspflichten, der erhebliche Auswirkungen auf die Kontrolle der Pläne hat. Nach § 216 BauGB werden die Beanstandungsmöglichkeiten der Genehmigungsbehörde durch die Unbeachtlichkeitsklauseln des BauGB nämlich nicht berührt. b) Bewertung Zu begrüßen ist zunächst die längst überfällige Kenntlichmachung des Planerhaltungsgrundsatzes als hinter den Normen stehendes „offenes" Rechtsprinzip. Gleiches gilt für die Klarstellung in § 215 Abs. 1 BauGB, die den zur Rechtsunsicherheit beitragenden Meinungsstreit über die Gültigkeit des fehlerhaften Planes während laufender Unbeachtlichkeitsfrist zumindest für die Praxis beseitigt hat. Zudem erscheint die Beibehaltung der Instrumente der absoluten und der relativen Unbeachtlichkeit angesichts der fortbestehenden Funktionsschwäche der Bauleitplanung angebracht.
V. Zusammenfassung Die Betrachtung der Rechtsentwicklung hat gezeigt, daß die Planerhaltungsinstrumente in verschiedenen Schritten kontinuierlich ausgeweitet wurden, wobei die grundlegenden Weichen bereits sehr früh gestellt worden sind. Die Erhaltungsregelungen setzten sich mit der Zeit gegenüber alternativen Versuchen, die erhöhte Fehleranfälligkeit zu beheben, durch. Warum dies letztlich gelungen ist, soll im Folgenden näher geklärt werden. Dabei muß zwischen Verfahrens- und Formfehlern, Fehlern bei der Entwicklung von Bebauungsplänen aus Flächennutzungsplänen und Abwägungsmängeln unterschieden werden, da für die jeweiligen Fehlergruppen unterschiedliche Instrumente angewendet wurden und da bei ihnen dogmatische Unterschiede bestehen.
150
Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 13/6392, S. 138. Dazu im einzelnen Lüers, ZfBR 1997, S. 231 (237); Wagner, BauR 1997, S. 708 ff. 151
3. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern I. Die Anforderungen des BauGB und das Scheitern der allgemeinen Erhaltungsinstrumente 1. Die formellen Anforderungen des BauGB Die erste Gruppe von Mängeln bilden die Verfahrens- und Formfehler, wobei nur die Verstöße gegen das BauGB von Interesse sind, da nur diese von den §§ 214 und 215 BauGB erfaßt werden. Das BauGB enthält auch nach der letzten Novellierung noch eine große Anzahl formeller Regelungen,1 die viele Fehlerquellen beinhalten. Die besonderen verfahrensrechtlichen und formalen Anforderungen, durch deren Umfang sich die in Rechtsnormen gekleideten Pläne von anderen untergesetzlichen Normen unterscheiden, haben wesentlich zur funktionalen Schwäche der Bauleitplanung beigetragen. Bevor der Gesetzgeber die Folgenbegrenzungsregelungen in §214 Abs. 1 und § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB eingeführt hat, sind die Versuche, durch Anwendung allgemeiner Erhaltungsinstrumente eine höhere Planungsstabilität zu erreichen, gescheitert. Die Ursachen dafür gilt es zunächst zu untersuchen, da sich das besondere Erfordernis für derartige Planerhaltungsnormen aus ihnen ableiten läßt.
2. Die Abschaffung von Verfahrenserfordernissen Als Alternative zu den Folgenbegrenzungsinstrumenten für Verfahrensund Formfehler kam zunächst die umfangreiche Abschaffung formeller Voraussetzungen oder zumindest deren Umwandlung in fakultative Regelungen in Betracht. 2 Entsprechende Forderungen wurden in der Literatur immer wieder erhoben, wobei als Argumente die Widersprüchlichkeit der
1 Eine Aufzählung findet sich bei Rude , Planreparatur, S. 34 f.; vgl. dazu auch Rabe, ZfBR 2001, S. 229 ff.; Schlez, § 15, Rn. 34 ff.; Wirth, BWGZ 2000, S. 56 ff., und umfassend Stiier, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 432 ff. 2 Vgl. zu den moderaten Vereinfachungen durch das BauROG oben Kap. 2 I V 3 a.
I. Die Anforderungen des BauGB
87
Unbeachtlichkeitsklauseln, die durch sie drohende Rechtsunsicherheit und die geringere Akzeptanz angeführt wurden. 3 Der weitgehende Abbau von Verfahrens- und Formerfordernissen bzw. ihre Transformation in Ordnungsvorschriften, die wegen der geringen Bereitschaft zur freiwilligen Beachtung dem Wegfall nahegekommen wäre, hätte allerdings die verfassungsrechtliche Problematik weit schärfer aufgeworfen. 4 Soweit die Voraussetzungen Ausfluß grundgesetzlich verankerter Prinzipien sind, wird ihr Schutz durch die Unbeachtlichkeitsregelungen weitaus besser gewährleistet, da es bei der aufsichtlich überprüfbaren Pflicht zu ihrer Einhaltung bleibt. Die Behauptung, die Gemeinden hielten sich sowieso nur an gerichtlich uneingeschränkt kontrollierbare Normen, zeugt nicht nur von wenig Zuversicht in das rechtsstaatliche Bewußtsein der Kommunen, sondern auch von einem erheblichen Mißtrauen gegenüber der Kommunalaufsicht. Ein weiteres Argument gegen einen umfangreichen Abbau von formellen Vorschriften liefert Sendler mit dem Hinweis, daß die Komplexität der zugrundeliegenden Interessenkonflikte die Grenze für eine Vereinfachung bildet. 5 Sollte es zu einer weitgehenden Abschaffung der gesetzlichen Bindungen kommen, sei zu erwarten, daß die Verwaltungsgerichte zusätzliche Anforderungen statuierten, um die Planungsfreiheit im Interesse eines gerechten Ausgleiches der Belange zu beschränken. Den Bemühungen um Erhöhung der Rechtssicherheit wäre nicht gedient, wenn gesetzliche Voraussetzungen verringert würden zugunsten ungeschriebener, aus verfassungsrechtlichen Erfordernissen entspringender Tatbestandsmerkmale. 6 Dem ist zuzustimmen, da in der Vergangenheit gerade die von den Gerichten aufgestellten Anforderungen erhebliche Probleme aufgeworfen haben.7
3
Battis , DÖV 1981, S. 433 (434 f.); Boecker, BauR 1979, S. 361 (372); Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (280); Broli, BayVBl 1979, S. 550 (551); Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (487 f.); Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 273; Pagenkopf, BauR 1979, S. 1 (6 f.); Papier, DÖV 1986, S. 621 (628); in diese Richtung auch Prahl, SKV 1977, S. 266, und Tittel, in: Schlichter/Stich/ Tittel, 3. Aufl., § 155 b und c, Rn. 3; vgl. auch Kommissionsbericht, Rn. 100 f. 4 Söfker, ZfBR 1981, S. 60; in dieselbe Richtung geht der Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360 f.), der zum Ergebnis gelangt, daß die Aufstellungsvorschriften im wesentlichen erhalten bleiben sollten. Auf die verfassungsrechtliche Bewertung der Planerhaltungsnormen wird im einzelnen an späterer Stelle einzugehen sein. 5 Sendler, UPR 1984, S. 317 (318 f.); ebenso Bericht der Arbeitsgruppen und Gesprächskreise zum Baugesetzbuch, S. 61 f.; Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (360 f.); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (218), der von der besonderen Relevanz der Verfahrensvorschriften für die Planung ausgeht. 6 Sendler, a.a.O. 7 Vgl. dazu oben Kap. 2 I 2.
88
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Zudem eröffnen Regelungen, die bei den Rechtsfolgen von Mängeln ansetzen, breitere Differenzierungsmöglichkeiten, alleine schon durch die an Fristen gebundene relative Unbeachtlichkeit. Aus diesen Gesichtspunkten heraus erscheinen sie vorzugswürdig gegenüber der Vereinfachung durch Verzicht auf gesetzliche Vorgaben für die Bauleitplanung. Der Gesetzgeber hat daher zu Recht von der Abschaffung formeller Voraussetzungen bislang nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht.
3. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung a) Entstehung und Inhalt der Wesentlichkeitsprüfung Der erste Ansatz für eine Abstufung der Rechtsfolgen von Verfahrensund Formfehlern geht auf die Rechtsprechung zurück. Ende der 60er Jahre übertrugen verschiedene Oberverwaltungsgerichte den Grundsatz, daß nur wesentliche Verfahrensfehler zur gerichtlichen Aufhebbarkeit von Verwaltungsakten führen, 8 auf die Bauleitpläne. 9 Dabei griffen sie auf eine ältere Ansicht in der Literatur 10 zurück. Die Erhaltungsrechtsprechung setzte bei der Nichtigkeitsfolge von Verstößen gegen beachtliche formelle Normen an, äußerte sich aber zur Frage der Rechtswidrigkeit nicht ausdrücklich. Stellte ein Gericht einen Mangel fest, untersuchte es dessen Wesentlichkeit. Unwesentliche Mängel hatten keine Nichtigkeit zur Folge. Da die Wesentlichkeit bei der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde als rechtsaufsichtliche Maßnahme keine Rolle spielen sollte, 11 kann davon ausgegangen werden, daß die Rechtswidrigkeit unangetastet blieb. 1 2 Das Bundesverwal8
Zum allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.1966, BVerwGE 24, 23 (32); Urteil vom 21.4.1982, Buchholz, § 46 VwVfG, Nr. 8; zur Anwendbarkeit auf Planfeststellungsbeschlüsse BVerwG, Urteil vom 10.4.1968, BVerwGE 29, 282 (283 f.); die Rechtsprechung ablehnend Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 499 ff., m.w.N.; vgl. zum heutigen Streitstand die Darstellung bei Sachs, in: St/B/S, § 45, Rn. 132 ff., m.w.N. 9 V G H Mannheim, Urteil vom 2.10.1964, BRS 15, Nr. 3; Beschluß vom 17.3.1969, BRS 18, Nr. 5; Beschluß vom 17.9.1969, BRS 22, Nr. 27; Beschluß vom 15.7.1970, BRS 23, Nr. 10; V G H Kassel, Beschluß vom 18.7.1969, BRS 22, Nr. 23; vgl. auch die Rechtsprechungsübersichten bei Dolde, NJW 1975, S 21 ff., bzw. S. 1097 ff., und bei Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (42). 10 Vgl. Jellinek, Gesetz, S. 235, und Nebinger, Verwaltungsrecht, S. 168, wonach die Nichtigkeit als Folge der Fehlerhaftigkeit einer untergesetzlichen Norm nur dann eintritt, wenn ein wesentlicher Fehler vorliegt. 11 V G H Mannheim, Urteil vom 18.9.1968, BRS 20, Nr. 3; Dolde, NJW 1975, S. 21 (22); Held, Grundrechtsbezug, S. 211; Schäfer, NJW 1978, S. 1292; Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (42). 12 Der unterschiedliche Priifungsmaßstab wurde später beibehalten, vgl. § 155 c BBauG (1979) und § 216 BauGB (1986/1998).
I. Die Anforderungen des BauGB
89
tungsgericht zog aus der unterschiedlichen Qualität von gesetzlichen Anforderungen an die Planaufstellung ebenfalls Folgerungen für die Sanktionslosigkeit bestimmter Verstöße. Es ließ jedoch im Bauplanungsrecht bei der Heranziehung der Wesentlichkeit als Kriterium für die Fehlerfolgenbestimmung große Zurückhaltung walten. 13 b) Die Schwächen und die Aufgabe der Rechtsprechung zur Wesentlichkeit Die Wesentlichkeitsrechtsprechung wies erhebliche Schwächen auf. Es fehlte zum einen an einer sie tragenden dogmatischen Begründung 14 und zum zweiten an aussagekräftigen und allgemein anerkannten Kriterien für die Bestimmung der Wesentlichkeit von Fehlern 15 . Soweit sich die Gerichte überhaupt äußerten, bildete zumeist die am Sinn und Zweck zu ermittelnde Wesentlichkeit bzw. Wichtigkeit der verletzten Norm das Differenzierungsmerkmal. 16 Dabei wurde auch untersucht, inwieweit trotz des Mangels die mit der Vorschrift verfolgten Ziele gewahrt wurden. Da die hinter den Verfahrensregelungen stehenden Funktionen 17 noch nicht klar herausgearbeitet worden waren und ein erheblicher Wertungsspielraum bestand, blieb die Prüfung jedoch konturlos. Auch die „Schwere" des Fehlers ermöglichte keine griffigere Differenzierung. 18 Das Fehlen einheitlicher Kriterien wurde nicht zuletzt an erheblichen Divergenzen zwischen verschiedenen Gerichten 13 Dazu BVerwG, Beschluß vom 8.1.1968, DVB1 1968, S. 517, (Nichtigkeit bei Beschlußfassung vor Prüfung der Anregungen), wo die Wesentlichkeit lediglich am Rande erwähnt wurde, bzw. BVerwG, Urteil vom 16.4.1971, DVB1 1971, S. 746 (750), (Unschädlichkeit der Nichtbeteiligung einzelner Träger öffentlicher Belange bei fehlerfreier Abwägung), und Urteil vom 7.5.1971, Buchholz 406.11, § 2 BBauG, Nr. 7, (keine Nichtigkeit bei unvollständiger Begründung, wenn die tragenden Gründe erkennbar sind), wo ganz auf eine derartige Prüfung verzichtet wird. 14 Hoppe, in: FS für Schlichter, S. 87 (104); der von Scharmer, Bebauungspläne, S. 165 f., aufgezeigte Weg, durch Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Wesentlichkeitsprüfung zu begründen, wies in die richtige Richtung, da der Widerstreit der entgegenstehenden verfassungsrechtlichen Prinzipien im Wege der praktischen Konkordanz gelöst werden muß, kam allerdings zu spät und war insgesamt zu unpräzise. 15 Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 50; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 143; zur Problematik im allgemeinen Verwaltungsrecht Sachs, in: St/B/S, § 45, Rn. 133. 16 V G H Mannheim, Urteil vom 2.10.1964, Β RS 15, Nr. 3, S. 6 (7 ff.); Beschluß vom 16.7.1970,VerwRspr, Bd. 22, S. 811 (817); OVG Koblenz, Urteil vom 5.1.1967, BRS 18, Nr. 7; vgl. auch Schlez, VB1BW 1980, S. 41 (42). 17 Zur grundlegenden Herausarbeitung siehe Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 118 ff. 18 Zur Ungeeignetheit BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (49); Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 18.
90
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
deutlich, die die Wesentlichkeit von Verfahrensregelungen z u m T e i l unterschiedlich interpretierten. 1 9 Diese Versuche stießen i n der Literatur überwiegend auf A b l e h n u n g . 2 0 Seit Inkrafttreten der ersten Planerhaltungsregelung i m Jahre 1976 hat der
Gesetzgeber
selbst
ein
Sanktionierungssystem
für
Verfahrens-
und
Formfehler geschaffen, 2 1 so daß für eine eigenständige E n t w i c k l u n g der Fehlerfolgenbegrenzung durch die Gerichte kein R a u m mehr b l e i b t . 2 2 D i e Rechtsprechung hat daher die Wesentlichkeitsprüfung Ende der 70er Jahre aufgegeben. 2 3 Soweit i n späteren Entscheidungen vereinzelt v o n „wesentlichen Fehlern" die Rede ist, findet dieser B e g r i f f nur noch schlagwortartige Verwendung, ohne daß eine Überprüfung der Zweckerfüllung trotz Verstoßes gegen eine Verfahrensnorm e r f o l g t . 2 4
19 Zur Frage des völligen Fehlens der Begründung von Bebauungsplänen (nunmehr in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB geregelt) siehe einerseits V G H Mannheim, Urteil vom 2.10.1964, BRS 15, Nr. 3, S. 6 ff., (unwesentlich), andererseits V G H Kassel, Beschluß vom 15.3.1968, BRS 20, Nr. 13, S. 31 (35), (wesentlich); zur Bedeutung der Mitteilungspflicht hinsichtlich des Ergebnisses von Einwendungen (nunmehr in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB geregelt), V G H Mannheim, Beschluß vom 17.9.1969, BRS 22, Nr. 27, S. 55 (56 f.) (unwesentlich), m.w.N. auch zur Gegenauffassung; vgl. auch die Nachweise zu den unterschiedlichen Literaturauffassungen über die Wesentlichkeit bei Schäfer, NJW 1978, S. 1292 f. 20 Vgl. etwa Held, Grundrechtsbezug, S. 211 f.; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 50; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (236, Fn. 66); Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 143, 189 f.; Schäfer, NJW 1978, S. 1292. 21 Laut Gesetzesbegründung der Bundesregierung zur Novelle von 1979, BT-Drs. 8/2451, S. 31, sind die „heilbaren" Verfahrens- und Formfehler des § 155 a Satz 1 bis 3 BBauG (1976) „rechtsstaatlich ohne wesentliche Bedeutung". 22 In diesem Sinne Bielenberg, in: E/Z/B, § 3, Rn. 58; Held, Grundrechtsbezug, S. 212, Fn. 99; so auch Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 189 f.; ebenso Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtssetzung, S. 19 f., der die verallgemeinerungsfähigen Grundgedanken dieser Rechtsprechung nur für das allgemeine Satzungsrecht, in dem es an Sonderregelungen fehlt, nutzbar machen will. 23 In der Übergangszeit orientierten sich die Gerichte bei der Bestimmung der Wesentlichkeit auch an den gesetzlichen Vorschriften, vgl. OVG Münster, Beschluß vom 9.11.1977, BauR 1978, S. 210, wo bei der Wertung des festgestellten Fehlers § 155 a Satz 4 BBauG (1976) einbezogen wird. 24 Vgl. BVerwG, Beschluß vom 8.9.1992, N V w Z 1993, S. 475 (476), dort im Zusammenhang mit der Frage, ob überhaupt ein Verstoß gegen formelles Recht gegeben ist; BezG Magdeburg, Beschluß vom 16.9.1991, L K V 1991, S. 308 (309); weitergehend Battis, in: B / K / L , § 3, Rn. 17; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 19; Schäfer, NJW 1978, S. 1292; zur grundlegenden Forderung nach der Wiederbelebung der Wesentlichkeitsprüfung in neuerer Zeit siehe auch Scharmer, Bebauungspläne, S. 166.
I. Die Anforderungen des BauGB
91
c) Eigene Stellungnahme Ungeachtet der Einwendungen, die gegen sie vorgebracht werden konnten, insbesondere hinsichtlich der unverkennbaren dogmatischen Schwächen, stellte diese Rechtsprechung einen wichtigen ersten Schritt in Richtung Planerhaltung für Bauleitpläne dar. Aus der Erkenntnis heraus, daß die Nichtigkeit als Rechtsfolge von Verfahrensverstößen einer Rechtfertigung bedarf 25 und nicht ausnahmslos die verfassungsrechtlich gebotene Folge jeglicher Verletzung höherrangigen Rechts darstellt, hat sie das damals herrschende strenge Nichtigkeitsdogma für untergesetzliche Normen 2 6 erstmalig für das Bauplanungsrecht durchbrochen. Damit war zugleich anerkannt, daß es gewichtige Prinzipien geben kann, die der Nichtigkeitsfolge entgegenstehen und die ein abgestuftes Sanktionierungssystem erfordern. Insoweit und im Hinblick auf die Entwicklung von Wertungsmodellen für einzelne Fehler, die vom Gesetzgeber später übernommen werden konnten, 27 war diese Rechtsprechung begrüßenswert. Die Bestimmung der Fehlerfolgen durch die Gerichte bot jedoch keinen praktikablen Lösungsweg. Die grundlegenden Entscheidungen darüber, inwieweit Pläne trotz ihrer Fehlerhaftigkeit Geltung beanspruchen dürfen, ist nicht nur für den Rechtsschutz suchenden, in seinen Grundrechten betroffenen Bürger, sondern auch für die planende Verwaltung eine wesentliche Frage, deren Beantwortung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen heraus 28 zunächst dem Gesetzgeber obliegen mußte. Dafür spricht auch, daß die Rechtsprechung nicht in der Lage war, die für die Feststellung der Unwesentlichkeit erforderliche Abwägung der widerstreitenden verfassungsrechtlichen Prinzipien umfassend und ohne Wertungswidersprüche für das 25
(21).
So ausdrücklich OVG Bremen, Urteil vom 15.9.1970, Β RS 23, Nr. 9, S. 20
26
Siehe dazu die Darstellungen bei Foerster; SKV 1973, S. 46 f., und Ossenbühl, NJW 1986, S. 2807 (2807); vgl. auch oben Kap. 1 I 2 b bb. 27 Vgl. dazu etwa die Rechtsprechung, nach der eine unterbliebene Anhörung einzelner Träger öffentlicher Belange als rein formeller Fehler nicht die Nichtigkeit des Bebauungsplanes zur Folge hat, wenn nicht zusätzlich ein Abwägungsfehler gegeben ist, so BVerwG, Urteil vom 16.4.1971, DVB1 1971, S. 746 (750), die sich in §214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wiederfindet; siehe weiterhin BVerwG, Urteil vom 7.5.1971, Buchholz 406.11, § 2 BBauG, Nr. 7, wonach die Unvollständigkeit der Begründung keine Unwirksamkeit auslöst, wenn die tragenden Erwägungen erkennbar sind, das Eingang in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 BauGB gefunden hat; auch die oben beschriebene Unterscheidung des Maßstabes bei der Genehmigung und der gerichtlichen Kontrolle von Plänen wurde im BBauG bzw. im BauGB fortgeführt; zu weitgehend daher die Kritik von Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 50. 28
Zu der aus dem Vorbehalt des Gesetzes entwickelten verfassungsrechtlichen „Wesentlichkeitstheorie" Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 811 f.
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
gesamte formelle Recht der Bauleitplanung vorzunehmen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die Einheitlichkeit des Bauplanungsrechts und damit die ohnehin schon bedrohte Rechtssicherheit zu gewährleisten. Zur Entwicklung eines abgestuften Systems der Fehlerfolgen waren die Gerichte zum einen wegen der letztlich doch recht geringen Anzahl von Verfahren in Relation zu der Vielzahl möglicher Fehler, zum anderen aufgrund der Beschränkung ihrer Rechtsfolgenaussprüche durch das monistische Fehlerfolgensystem auf Nichtigkeit und Wirksamkeit kaum in der Lage. Ursache für das Scheitern dürften auch die unterschiedlichen Ziele gewesen sein, die durch die formellen Regelungen, zum Teil sogar kumulierend, verfolgt wurden. Anders als etwa bei der Entwicklung des dualistischen Folgensystems für Verwaltungsakte vor Einführung des VwVfG mußten daher die grundlegenden Entscheidungen über die Fehlerbehandlung durch den Gesetzgeber selbst getroffen werden, um ein in sich stimmiges Ausgleichskonzept zwischen Rechtserhaltung und Fehlersanktionierung erreichen zu können. 29
4. Das Scheitern des gewohnheitsrechtlichen Inkrafttretens bei formellen Mängeln aufgrund spezifischer Besonderheiten der Planung Eine weitere Möglichkeit, die Beständigkeit von Satzungen nach dem BauGB zu verbessern, hätte die Anerkennung des gewohnheitsrechtlichen Inkrafttretens mit sich gebracht. Rechtsnormen können grundsätzlich auf diese Weise entstehen. Voraussetzung dafür ist neben ihrer inhaltlichen Rechtmäßigkeit und einer längeren tatsächlichen Übung, die dauernd und ständig, gleichmäßig und allgemein sein muß, ihre Anerkennung als verbindliche Rechtsnorm durch die Beteiligten. 30 Das gewohnheitsrechtliche Inkrafttreten von Plänen mit Normcharakter, wie Bebauungsplänen, ist jedoch nach ganz herrschender Ansicht ausgeschlossen.31 Teilweise wird dies 29
Ebenso der Kommissionsbericht, Rn. 107 f., und Söfker, ZfBR 1981, S. 60. Zu den Entstehungsvoraussetzungen BVerfG, Beschluß vom 28.6.1967, BVerfGE 22, 114 (121); Beschluß vom 14.2.1973, BVerfGE 34, 293 (303 f.); Urteil vom 19.10.1982, BVerfGE 61, 149 (203); BVerwG, Urteil vom 21.1.1955, BVerwGE 2, 22 (24); PrOVG, Endurtheil vom 24.1.1891, PrOVGE 21, 201 (210); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 19; Ossenbühl, in: HdBStR, Bd. III, § 61, Rn. 42 f. 31 BVerwG, Urteil vom 26. 5. 1978, BVerwGE 55, 369 (370, 377 f.); Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, 230 (232); OVG Lüneburg, Urteil vom 23.10.1976, BauR 1980, S. 105 (106 f.); ebenso Grauvogel, in: Brügelmann, § 2, Rn. 68; Steiner, in: FS für Schlichter, S. 313 (315); Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081), m.w.N. Etwas anderes soll nach bisher wohl herrschender Ansicht für das Außerkrafttreten gelten, vgl. BVerwG, Urteil vom 10.3.1967, BVerwGE 26, 282 (285); Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (7 ff.); Urteil vom 21.2.1986, N V w Z 1986, S. 646; BGH, Urteil vom 21.12.1989, DVB1 1990, S. 355 (356), m.w.N.; Gaentzsch, in: 30
I. Die Anforderungen des BauGB
93
mit dem Fehlen der lange andauernden Übung begründet. 32 Aber selbst wenn eine solche vorliegt, scheitert die gewohnheitsrechtliche Entstehung an der engen Verbindung des formalisierten Planaufstellungsvorganges mit den Planinhalten. Die Inkraftsetzung von Bebauungsplänen ist außerhalb der gesetzlich festgelegten Art und Weise grundsätzlich nicht möglich, was sich sowohl aus den Vorschriften über Inhalt und Verfahren als auch aus der abschließenden Regelung über die legalisierende Wirkung tatsächlicher Zustände in den §§34 und 35 BauGB ergibt. 33 Das Fehlen eines förmlichen Erlaßverfahrens mag bei der Entstehung anderer untergesetzlicher Rechtssätze noch hinnehmbar sein, 34 nicht aber bei der Planerstellung. Durch die gesetzliche Festlegung des Aufstellungsprozesses wird die - mit der Gesamtheit der konstitutiven formellen Regelungen intendierte - Korrektheit der Planfindung gewährleistet, was bei gewohnheitsrechtlicher Bildung nicht gesichert wäre. Dem kommt angesichts der weiten inhaltlichen Freiheiten des Plangebers vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsgebotes ein besonderer Stellenwert zu. Der Planinhalt läßt sich nicht vom Verfahren lösen. Das Bundesverwaltungsgericht verdeutlicht dies, wenn es dazu ausführt: „Das BBauG bildet in dem, was es nach seinem § 1 an städtebaulichen Zielen verfolgt, und dem, was es selbst an Form- und Verfahrensanforderungen begründet, eine Einheit. Die Anordnung, daß sich die städtebauliche Planung unter Wahrung bestimmter Formen und Verfahrensweisen zu vollziehen habe, ist - insgesamt gesehen - ebenso ein Ausdruck der Ordnungsfunktion des Gesetzes wie die von ihm in der Sache verfolgten Ziele. " 35 Dabei erfaßt die Bindung nicht nur den Kern der planerischen Entscheidungsfindung und die für eine gerechte Abwägung unverzichtbaren Bestandteile, sondern sämtliche vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebenen Verfahrensschritte. 36 Die formalisierte Planaufstellung kann nicht, auch nicht partiell, durch eine auf Anwendung des Planes basierende Überzeugung aller Beteiligten ersetzt werden. Ihr kommt eine höhere Bedeutung zu als dem Vertrauensschutz und der Ordnungsfunktion der Bauleitplanung. 37 Berliner Kommentar, § 10, Rn. 27; Grauvogel, in: Brügelmann, § 2, Rn. 66; a.A. Bielenberg, in: E/Z/B, § 2, Rn. 89, der von einer Überwindung des gewohnheitsrechtlichen Außerkrafttretens durch die Figur der Funktionslosigkeit ausgeht. 32 BVerwG, Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rn. 27. 33 BVerwG, Urteil vom 26. 5. 1978, BVerwGE 55, 369 (377); ebenso OVG Berlin, Urteil vom 30.10.1987, OVGE 18, 68 (70). 34 Zur grundlegenden Kritik Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 169 f. 35 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, 230 (232). 36 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, a.a.O.; Steiner, in: FS für Schlichter, S. 313 (315).
94
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
In der engen Verbindung des formalisierten Planaufstellungsvorganges mit den Planinhalten liegt eine Besonderheit der Planung, die regelmäßig zum Ausschluß des gewohnheitsrechtlichen Inkrafttretens von Plänen mit Normcharakter führt. Ausnahmen bestehen allenfalls dann, wenn deren Gegenstand keine planerische Festsetzung im engeren Sinne ist, wie bei der Festlegung von Berechnungs- und Ermittlungsmodalitäten. 38
5. Die prozessualen Lösungsansätze durch die Rechtsprechung Einem beweisrechtlichen Lösungsansatz, der richtungsweisend hätte werden können, erteilte das Bundesverwaltungsgericht im oben genannten Urteil vom 7.9.1979 39 eine Absage. Die Vorinstanz hatte die Aufstellung einer Vermutung befürwortet, wonach ein Bebauungsplan in einem gesetzmäßigen Verfahren zustande gekommen sei, wenn er längere Zeit als gültig behandelt worden und für die Bebauung tatsächlich maßgeblich gewesen sei. Dabei stützte es sich auf eine Entscheidung des preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 9.2.1922 40 , die zu einer Straßenausbausatzung ergangen war. Die darin zum Ausdruck kommende allgemeine Beweislastumkehr verstößt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings gegen Bundesrecht. 41 Zutreffend weist es darauf hin, daß eine derartige Vermutung den Betroffenen den Beweisantritt losgelöst von den konkreten Umständen wesentlich erschwere. Angesichts der tatsächlichen Feststellungen, nach denen ein erheblicher Teil derartiger Pläne formelle Mängel enthalte, könne diese Annahme gerade nicht unterstellt werden. Sie komme im Ergebnis der Entstehung von Gewohnheitsrecht gleich, die in der Literatur und Rechtsprechung aber für Bauleitpläne durchweg abgelehnt werde. 42 Des weiteren steht eine solche Vermutung im Widerspruch zum Amtsermittlungsgrundsatz 43 und zur verfassungsrechtlich gewährleisteten fair-trialMaxime. 4 4 Daher wurden derartige Ansätze vom Bundesverwaltungsgericht 37 Dementsprechend ist ein Vertrauen in die Gültigkeit eines Planes, das unterhalb der Bildung von Gewohnheitsrecht ansetzen würde, erst recht nicht anerkennenswert, dazu BVerwG, Urteil vom 26.5.1978, BVerwGE 55, 369 (377 f.); ebenso Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, 230 (232). 38 Zur gewohnheitsrechtlichen Inkraftsetzung eines Bebauungsplanes, der der Angleichung von Berechnungsmethoden für Altpläne diente, OVG Berlin, Urteil vom 30.10.1987, OVGE 18, 68 ff. 39 DVB1 1980, S. 230 (231); vgl. oben Kap. 2 I I 3 b. 40 PrOVGE 77, 161 ff. 41 BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 (231 f.). 42 Ständige Rechtsprechung seit BVerwG, Urteil vom 26.5.1978, BVerwGE 55, 369 (370, 377 f.); vgl. dazu oben Kap. 3 I 4. 43 Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen an den Amtsermittlungsgrundsatz, der durch eine derartige Beweisregel betroffen wäre, Geiger, in: Eyermann, § 86, Rn. 5;
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern
95
zu Recht abgelehnt. 45 Das Gericht beschränkte sich in seiner Entscheidung auf appellative Forderungen und auf eine weite Auslegung der formellen Voraussetzungen, um Pläne aufrechtzuerhalten.
6. Zusammenfassung Da sich die aufgezeigten Alternativen als nicht gangbar erwiesen, stellt bezüglich der Verfahrens- und Formfehler die gesetzliche Differenzierung der Rechtsfolgen den geeignetsten Weg dar, um der Problematik der Funktionsschwäche von Bauleitplänen zu begegnen. Auf die beiden Hauptinstrumente zur Begrenzung der Fehlerfolgen für formelle Mängel, die absolute und die relative Unbeachtlichkeit gem. § 214 Abs. 1 bzw. § 215 Abs. 1 Nr. 1, i.V.m. Abs. 2 BauGB, ist im folgenden näher einzugehen.
II. Die absolute Unbeachtlichkeit von Verfahrensund Formfehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB 1. Der Inhalt des § 214 Abs. 1 BauGB a) Überblick über die Regelung 46 Die Fehlerfolgen für Verletzungen von zwingenden Verfahrens- und Form Vorschriften des Baugesetzbuches sind zunächst in § 214 Abs. 1 BauGB geregelt. Satz 1 erklärt derartige Mängel grundsätzlich für von vornherein nicht beachtlich, zählt jedoch gleichzeitig die beachtlichen Fehler in drei Ziffern auf. Unter Ziffer 1 werden bestimmte Beteiligungsvorschriften und unter Ziffer 2 Regelungen über die Begründung bzw. den Erläuterungsbericht genannt, die somit nicht der Unbeachtlichkeit unterfallen. Beide Abschnitte beinhalten wiederum Ausnahmeregelungen in Form von sog. „internen Unbeachtlichkeitsklauseln", die genau bezeichnete Verstöße für unbeachtlich erklären. Der Gesetzgeber hat dadurch die Verletzung des Kernbereiches der genannten Normen mit Sanktionen bewehrt, Verstöße im
vgl. auch W. Berg, Die verwaltungsrechtliche Entscheidung bei ungewissem Sachverhalt. 44 Zu dem subsidiär geltenden Grundsatz Stern, Staatsrecht, Bd. I I I / l , S. 1470 ff. 45 Der entgegengesetzten Vermutung, wonach bei Verlust der Planurkunde auf die Fehlerhaftigkeit des Planes geschlossen werden könne, erteilte das Gericht in einer späteren Entscheidung ebenfalls eine Absage, vgl. BVerwG, Beschluß vom 1.4. 1997, N V w Z 1997, S. 890. 46 Zu den Vorgängerregelungen in § 155 a Satz 4 BBauG (1976) bzw. in §§ 155 a Abs. 2 und 155b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BBauG (1979) vgl. auch Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb §§ 214-216, Rn. 25 ff.
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Randbereich dagegen der Planerhaltung unterworfen. Deutlich wird dies an der Regelung über die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gem. § 4 BauGB. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind Verletzungen dieser Vorschrift beachtlich mit Ausnahme der Nichtbeteiligung einzelner Träger. Es muß also überhaupt eine Beteiligung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB stattgefunden haben. Die Nichtberücksichtigung einer kleineren Gruppe von betroffenen Stellen ist für sich gesehen aber unschädlich. 47 Etwas anderes gilt dann, wenn der einzige Träger nicht beteiligt wurde, da dadurch gegen den Kern der Beteiligungsregelung verstoßen wird, so daß von einem beachtlichen Fehler auszugehen ist. Dies folgt aus dem Wortlaut. Der Begriff der „einzelnen" Träger muß im Gegensatz zur Mehrzahl der Beteiligten gesehen werden. 48 Im Zusammenhang mit der internen Unbeachtlichkeit einer unvollständigen Begründung nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht der Anspruch aus Absatz 1 Satz 2 auf Auskunftserteilung der Gemeinde bei einem berechtigten Interesse Betroffener. Schließlich werden in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB die fehlende Beschlußfassung, die fehlende Genehmigung und die Nichterreichung des Bekanntmachungszweckes ausnahmslos für beachtlich erklärt. b) Der Begriff
der Verfahrens-
und Formvorschriften
Da die Verstöße gegen alle nicht aufgeführten Normen unbeachtlich sind, kommt dem Tatbestandsmerkmal der „Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuches" eine zentrale Bedeutung für die Bestimmung des Anwendungsbereiches zu. Zu diesen gehören alle Regelungen des BauGB, die beziehen und die sich „auf den äußeren Ablauf des Planungsverfahrens von den Gemeinden oder ihren Entscheidungsträgern sowie von der Genehmigungsbehörde für die Aufstellung von Bebauungsplänen zu beachten sind" 49. Nicht erfaßt werden daher Normen, die inhaltliche Anforderungen an den Plan stellen, und Kompetenzvorschriften des BauGB. Letztere betreffen nicht den äußeren Ablauf des Verfahrens, sondern stellen die Grundlage für seinen Beginn dar und sind ihm vorgelagert. 50 Durch die Beschränkung auf Mängel „dieses Gesetzbuchs" werden auch die landesrechtlich ge47
OVG Lüneburg, Urteil vom 14.9.2000, N V w Z 2001, S. 452. Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 22; Schmaltz. , in: Schrödter, § 214, Rn. 20; in diese Richtung auch OVG Lüneburg, Urteil vom 14.9.2000, a.a.O.; a.A. BVerwG, Beschluß vom 18.12.1987, N V w Z 1988, S. 727; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 15. 49 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (137); Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (48 f.); so auch Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (260); Schaber, VB1BW 1998, S. 161. 50 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1991, a.a.O.; Dürr, in: Brügelmann, §214, Rn. 18; Schaber, a.a.O. 48
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und F o r m f e h l e r n 9 7
regelten Gültigkeitserfordernisse vom Anwendungsbereich ausgenommen,51 die wegen des nicht abschließenden Charakters des Baugesetzbuchs weiterhin maßgeblich bleiben. 52 Dieser Ausschluß gilt selbst dann, wenn die landesrechtlich geregelten Anforderungen bundesverfassungsrechtlich geboten sind, da dadurch der Charakter als Regelungsmaterie des Landesgesetzgebers nicht berührt wird. 5 3
2. Die Rechtsfolgen des § 214 Abs. 1 BauGB a) Die Rechtswirkungen der absoluten Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 1 BauGB aa) Die Unbeachtlichkeit als Rechtswidrigkeitsausschluß Die Rechtsfolge des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB besteht darin, daß der Fehler für die Rechtswirksamkeit nicht mehr beachtlich ist, ohne daß es zusätzlicher Voraussetzungen bedarf. Es wird daher auch von einer „absoluten" Unbeachtlichkeit gesprochen. 54 Nachdem sich der Gesetzgeber bei der Schaffung dieser Fehlerfolge einer neuen Terminologie bedient hat, ist fraglich, welche Rechtswirkungen sich hinter ihr verbergen. Der bereits bei den allgemeinen Erhaltungsregelungen dargelegten Systematik folgend, 55 ist als erstes zu untersuchen, ob die Unbeachtlichkeit auf der Rechtswidrigkeitsebene eingreift. Dies wäre durch die Lockerung der Bindung von Planungsträgern an die Vorschriften über die Planaufstellung möglich. Die Unbeachtlichkeitsklauseln würden diese in nicht zwingend zu beachtende bzw. mit einer relativierten Verbindlichkeit ausgestattete Normen umwandeln. Alternativ käme auch die gesetzliche Abbedingung der Folgen von Rechtsverstößen in Betracht. In jedem Falle läge aber ein Ausschluß der Rechtswidrigkeit vor, was abzulehnen ist. Die Unbeachtlichkeitsregelungen des BauGB setzen vielmehr eine Verletzung 5 6 von uneingeschränkt zu beachtenden Normen denknotwendig vor-
51 So etwa die kommunalrechtlichen Beschlußfassungsregelungen, dazu Rude , Planreparatur, S. 36 f., und die landesrechtlich ausgestalteten Ausfertigungseif ordernisse, vgl. zu diesen Schenk, VB1BW 1999, S. 161 ff. 52 BVerwG, Beschluß vom 16.5.1991, BVerwGE 88, 204 (206 f.). 53 BVerwG, Beschluß vom 16.5.1991, a.a.O.; Dürr, in: Brügelmann, §214, Rn. 13. 54 Vgl. zur Begriffsbildung bereits oben Kap. 1 I I 2 b und Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). 55 Vgl. dazu oben Kap. 1 1 3 . 56 Der Gesetzgeber bezeichnet die Verletzung (vgl. § 214 Abs. 1 und 2, § 216 BauGB) auch als „Mangel" (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2, § 215 Abs. 1 Nr. 2, § 215 a
7 Käß
98
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
aus. Sie lassen den Geltungsanspruch der betroffenen Regelung ebenso unangetastet 5 7
wie
die Rechtswidrigkeit,
die sich an die Verletzung
an-
schließt. 5 8 D i e früher vertretene Gegenauffassung, die v o n einem eingeschränkten Geltungsanspruch der Vorschriften ausgegangen ist und die die verminderten Bindungswirkungen der betroffenen Planungsnormen zur Interpretation der Unbeachtlichkeitsklauseln herangezogen h a t , 5 9
überzeugt
nicht. Gleiches g i l t für die Theorie v o m gesetzlich angeordneten Ausschluß der
Rechtswidrigkeit.60
Die
erstgenannte
Auffassung
widerspricht
der
durchgehend verfolgten gesetzgeberischen Intention, die rechtliche B i n d u n g der Planung unberührt zu lassen. 6 1 Darüber hinaus kann sie ebensowenig m i t dem Wortlaut des § 214 Abs. 1 Satz 1 B a u G B und des § 216 B a u G B 6 2 Abs. 1 BauGB) oder als „Fehler" (vgl. § 215 a Abs. 2 BauGB), wobei diese Begriffe inhaltlich gleichbedeutend sind; dazu bereits oben Kap. 1 I 2 a. 57 Held, Grundrechtsbezug, S. 212; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 7. 58 Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 2; Decker, BauR 2000, S. 1825 (1832); Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 46; Held, Grundrechtsbezug, S. 212 f.; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 155, 157; Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (485); Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 438; Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 1; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (229); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78); ders., in: Schrödter, § 214, Rn. 9; grundlegend Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). 59 So Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 b und c, Rn. 3, der von einer relativierten „Rechtsverbindlichkeit" der erfaßten Vorschriften ausgeht und zur dogmatischen Deutung die rechtliche Qualifizierung als „ Ordnungsvorschrift" nutzt; ihm folgend Keßler, Abwertung der Verfahrens Vorschriften, S. 252 f. Diese Ansicht hat Ähnlichkeit mit der Rechtsprechung zur Differenzierung zwischen erheblichen und unerheblichen Fehlern, was Held, Grundrechtsbezug, S. 211 f., zutreffend nachweist. Sie erklärt im Ergebnis jedoch nicht nur den Fehler, sondern den gesamten Normbefehl für unwesentlich, um die Unbeachtlichkeit zu begründen. 60 So aber vMutius/Hill, S. 26 f., 31, wonach ein Bebauungsplan, der unbeachtliche Mängel aufweist, nicht nur wirksam, sondern auch rechtmäßig ist; ebenso noch Ernst/Hoppe, Rn. 439, die davon ausgehen, daß es keiner besonderen Erwägung bedürfe, „daß eine Verletzung von formellen und materiellen Vorschriften, die aufgrund der §§ 155 a u. b BBauG geheilt oder unbeachtlich ist, die Rechtmäßigkeit der Planung unberührt läßtwidersprüchlich Sößer, ZfBR 1981, S. 60 f., der einerseits die Aufsichtsproblematik erkennt, andererseits aber von einem Ausschluß der Rechtswidrigkeit ausgehen will; vgl. zu § 17 LP1GNRW, der dem § 215 Abs. 1 BauGB nachgebildet ist, Depenbrock/Reiner s, § 17, Rn. 5, die einen Rechtswidrigkeitsausschluß befürworten. 61
Dies läßt sich bereits an der Diskussion um die Abschaffung der jeweiligen Vorschriften als Alternative zur Unbeachtlicherklärung von Mängeln nachweisen, vgl. dazu oben Kap. 2 I I I 2 c und Kap. 3 I 2; in dieselbe Richtung auch BT-Drs. 8/ 2885, wonach die der absoluten Unbeachtlichkeit nach § 155 b BauGB unterfallenden Normen ihre „grundsätzliche Bedeutung" nicht verlieren und daher gerade nicht abgeschafft werden sollten; vgl. dazu auch die Nachweise bei Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (229 f.); einen anderen Begriff von Ordnungsrecht zugrundelegend Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 412, der nur die fehlende gerichtliche Rügbarkeit als Kriterium ansieht, um von „Ordnungsnormen" ausgehen zu können.
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens-und Formfehlern
99
in Einklang gebracht werden wie eine Abbedingung der Rechtswidrigkeit. Aus den genannten Regelungen ergibt sich nämlich, daß die Unbeachtlichkeitsvorschriften zur Folge haben, daß ein Mangel für die „Rechtswirksamkeit" nicht beachtlich ist. Bereits durch die Kategorisierung in „Rechtswirksamkeit" und „Rechtsunwirksamkeitdie von der in „Rechtmäßigkeit" und „Rechtswidrigkeit" strikt zu trennen ist, 6 3 hat der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eindeutig festgelegt. Die Unbeachtlichkeit greift demnach nicht bei der grundlegenden Folge von Fehlern, der Rechtswidrigkeit des Planes, an. Sie bestimmt erst auf der nachfolgenden Stufe, daß sich an diese keine Rechtsunwirksamkeit, also keine Nichtentfaltung von Rechtswirkungen, als weitere Fehlersanktion anschließt. 64 Für dieses Ergebnis spricht auch § 216 BauGB, in dem festgelegt wird, daß die Unbeachtlichkeit für das Genehmigungsverfahren keine Rolle spielt. Bei dieser Aufsicht handelt es sich um eine reine Rechtskontrolle, so daß rechtmäßige Pläne nicht beanstandet werden dürfen, was aus § 6 Abs. 2 BauGB folgt und durch Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich abgesichert ist. Es würde an der Kontrollbefugnis fehlen, wenn aufgrund der Unbeachtlichkeitsklauseln die Verbindlichkeit der Regelungen des BauGB eingeschränkt oder die Rechtswidrigkeit kraft Gesetzes ausgeschlossen wäre. 65 Die Beanstandung rechtmäßiger Pläne könnte nicht auf der bloßen Anordnung in § 216 BauGB beruhen, da dies einen unzulässigen Systembruch darstellen würde. Schließlich begegnet die Einräumung einer gesetzgeberischen Kompetenz zur Anordnung der Rechtmäßigkeit trotz Verstoßes gegen zwingendes Rechts auch im Hinblick auf den im Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Rechtsklarheit durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. 66 Eine solche Zwischenform fände im allgemeinen Verwaltungsrecht keine Parallelen, wo Verwaltungsakte, die trotz Verstoßes gegen formelle Vorschriften gem. § 46 VwVfG unaufhebbar sind, vom Gesetz dennoch als rechtswidrig angesehen werden. 67
62
Gleiches gilt für § 214 Abs. 2 BauGB und für § 9 BauGBMaßnG. Statt vieler Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 20; ders., in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (235), der eine Vermengung der Problemkreise zu Recht als tautologisch ablehnt. 64 Die Rechtswidrigkeit ist dabei Rechtsfolge des Verstoßes und zugleich Tatbestand für die Fehlersanktion, je nach Sichtweise derselben Medaille; vgl. zum allgemeinen Verwaltungsrecht Hufen, DVB1 1988, S. 69 (70 f.). 65 Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 9; ders., DVB1 1990, S. 77; vMutius/Hill, S. 31, erkennen dies ebenfalls an, wollen aber zwischen rechtmäßigem Plan und rechtswidrigem Verfahren, das die Verweigerung der Genehmigung nach sich zieht, differenzieren, ohne die Widersprüchlichkeit dieses Ansatzes zu diskutieren; diese Trennung ablehnend Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 499, m.w.N.; ders., DVB1 1988, S. 69 (70 f.). 66 Held, Grundrechtsbezug, S. 212 f.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (233). 63
7*
100
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Aus denselben Überlegungen heraus ist die von Gierke vertretene differenzierte Ansicht, nach der der Normcharakter vom Umfang der aufsichtlichen Prüfung abhängt, abzulehnen. Ein und derselben Regelung käme im Falle einer Kontrolle im Genehmigungsverfahren Normwirkung, bei Unterbleiben der Untersuchung dagegen nur Ordnungscharakter zu. 6 8 Diese von ihm selbst als „rechtsstaatlich merkwürdige Situation" 69 bezeichnete Deutung vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, da die Verbindlichkeit des Normbefehls nicht von der Rechtsanwendungskontrolle abhängen kann. Andernfalls würde die Bindungswirkung der Norm vom späteren Verhalten der Aufsichtsbehörde herbeigeführt werden und ergäbe sich nicht aus dem Gesetz selbst, was im Hinblick auf die Rechtssicherheit erheblichen Bedenken begegnet. Soweit der Begriff der „Ordnungsnorm" in jüngerer Zeit dennoch Verwendung findet 7 0 oder von einer Reduzierung der „ Wirksamkeitsvoraussetzungen" durch die §§ 214-216 BauGB die Rede ist, 7 1 darf dies weniger als dogmatischer Erklärungsversuch der Unbeachtlichkeit gedeutet werden, sondern vielmehr als schlagwortartig verkürzte Kennzeichnung der Konsequenzen von Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen im Rahmen der rechtspolitischen Auseinandersetzung um die Planerhaltung. 72 bb) Die Unbeachtlichkeit als Nichtigkeitsausschluß für unmittelbare Fehlerfolgen Der Ausschluß der Auswirkungen von Fehlern auf die Rechtswirksamkeit ist vielmehr als Abbedingung der Nichtigkeitsfolge zu verstehen. Der Plan, der absolut unbeachtliche Fehler aufweist, ist zwar rechtswidrig, aber wirksam. Die absoluten Unbeachtlichkeitsklauseln beziehen sich ausschließlich auf die unmittelbar genannten Mängel und entfalten keine mittelbaren Wirkungen für Folgefehler. Ihnen kann keine umfassende Begrenzungsregelung dahingehend entnommen werden, daß der Verstoß in keiner Weise mehr Folgen für die Gültigkeit des jeweiligen Planes nach sich ziehen kann. Dies 67
Vgl. § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG; zur Problematik im allgemeinen Verwaltungsrecht siehe auch oben Kap. 1 I 2 b aa; wie hier Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 499. 68 Gierke , in: Brügelmann, § 10, Rn. 420. 69 Gierke, a.a.O. 70 So ausdrücklich bei Grave, BauR 1980, S. 199 (205); in diese Richtung wohl auch das OVG Lüneburg, Urteil vom 10.1.1980, DVB1 1980, S. 241 (242), wonach Verfahrensregelungen zu Ordnungsvorschriften „degradiert" würden; vgl. darüber hinaus Pagenkopf BauR 1979, S. 1 (6), der von „Normen zweiter Klasse" spricht. 71 Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (258); vgl. dazu auch die Überschrift des Abschnittes vor den §§ 214 ff. BauGB (1986). 72 Ebenso Held, Grundrechtsbezug, S. 211.
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und F o r m f e h l e r n 1 0 1
läßt sich bereits aus der Systematik des § 214 BauGB schließen, der zwischen den einzelnen Fehlern strikt trennt und anders als die Vorgängernorm des § 155 b Abs. 1 Satz 1 BBauG (1979) keinerlei Verflechtungen zwischen den Fehlergruppen vorsieht. Eine Ausweitung auf mittelbare Folgewirkungen würde zudem auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen und den Rechtsanwender vor erhebliche Probleme stellen. Sie ist daher abzulehnen. Dementsprechend werden von § 214 Abs. 1 BauGB nur unmittelbare Fehlerfolgen auf der formellen Ebene für unbeachtlich erklärt. Die Sanktionierung von materiellen Mängeln, die sich oftmals an Verstöße gegen Verfahrens- und Formvorschriften anschließen,73 ist gesondert anhand der Absätze 2 und 3 zu überprüfen. 74 Dies gilt insbesondere für Abwägungsdefizite, die sich aus der Nichtbeteiligung einzelner Träger öffentlicher Belange bzw. aus dem Unterbleiben der vorgezogenen Bürgerbeteiligung ergeben können und die nicht von § 214 Abs. 1 BauGB eifaßt werden. cc) Konsequenzen für das Aufsichtsverfahren Im Genehmigungsverfahren bleibt gemäß § 216 BauGB die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde unberührt, die Einhaltung der von den Unbeachtlichkeitsregelungen erfaßten Normen zu überprüfen. 75 Der § 214 BauGB entfaltet somit im Verhältnis Gemeinde - Genehmigungsbehörde keine Wirkungen. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Planerhaltung, der nicht in der Vereinfachung der Planerstellung, sondern in der Verbesserung der Rechtsbeständigkeit bei in Kraft gesetzten Plänen besteht. Die Regelung des § 216 BauGB, die auf eine langjährige Entwicklung zurückblikken kann, 7 6 gilt auch für gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Ge73 Zur Auswirkung von formellen Mängeln auf den Abwägungsvorgang vgl. BVerwG, Beschluß vom 8.12.1987, ZfBR 1988, S. 88 (89); Beschluß vom 15.4.1988, N V w Z 1988, S. 916 (918); Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 17. 74 OVG Münster, Beschluß vom 30.3.1990, BRS 50, Nr. 37, S. 97 (100); Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 3; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 15; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 20. 75 Dies wird in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt, grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (41); ebenso Battis , in: Β / K / L , § 216, Rn. 1 f.; Jäde, in: J/D/W, § 216, Rn. 1; etwas anderes ergibt sich bei der Offensichtlichkeit nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, soweit die dort vorgesehene Einschränkung des Prüfungsgegenstandes allgemeinen Grundsätzen entspricht und daher auch für die Aufsichtsbehörde gelten muß, wie etwa bei der Erforschung der inneren Motive und Vorstellungen der Gemeinderatsmitglieder, die grundsätzlich nicht durch die Rechtsaufsicht erfolgen darf, dazu Schmaltz , in: Schrödter, § 216, Rn. 1 f.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 216, Rn. 3; Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (273); weitergehend allerdings Steiner, N V w Z 1994, S. 313 (317 f.), der ungeachtet des Gesetzeswortlauts die Einschränkung der Fehlererheblichkeit durch das Merkmal der Kausalität in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das aufsichtliche Verfahren ausdehnen will.
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
meinde und Aufsichtsbehörde, in denen die Genehmigung eines Planes Streitgegenstand ist. 7 7 Nachdem das bundesweite Anzeigeverfahren für Bebauungspläne durch das BauROG 1998 abgeschafft wurde, erwähnt § 216 BauGB (1998) nur noch das Genehmigungsverfahren. Fraglich ist daher, ob die Regelung auch für das Anzeigeverfahren gilt, das die Länder gem. § 246 Abs. 1 a BauGB vorsehen können. 78 Dafür könnte sprechen, daß es sich bei diesem Verfahren um ein besonderes Genehmigungsverfahren handelt, so daß es vom Wortlaut mitumfaßt wird. 7 9 Zudem kann mit der deklaratorischen Wirkung des § 216 BauGB argumentiert werden. 80 Die Gegenansicht, die der Gesetzesänderung durch das BauROG eine bewußte Leitentscheidung gegen die Beibehaltung des - aus ihrer Sicht konstitutiven - § 216 BauGB für das Anzeigeverfahren entnehmen w i l l , 8 1 vermag nicht zu überzeugen. Die Normgeschichte spricht für die deklaratorische Wirkung der Regelung. Nachdem bereits während der Geltung des § 155 a BBauG (1976) von einem unterschiedlichen Prüfungsmaßstab ausgegangen wurde und der Gesetzgeber diese Rechtslage mit Erlaß des § 155 c BBauG (1979) nur festschreiben wollte, 8 2 bedürfte es eines ausdrücklichen Hinweises in den Gesetzesmaterialien, um von einer bewußten Änderung der grundlegenden Systematik ausgehen zu können. An einem solchen fehlt es hinsichtlich des BauROG allerdings. 83 Die Tatsache, daß die Regelung des § 246 Abs. 1 a 76
Zu der Vorgängerregelung des § 155 c BBauG (1979) vgl. oben Kap. 2 I I I 1; zu der Geltung dieses Grundsatzes als ungeschriebenes Rechtsprinzip siehe Kap. 2 I I 1. 77 BayVGH, Urteil vom 9.11.1981, BayVBl 1982, S. 497 (499); Gelzer/Birk, Rn. 498; Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 173; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 216, Rn. 2; a.A. noch Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 b und c, Rn. 16, allerdings ohne stichhaltige Begründung. 78 Hiervon haben Brandenburg (Gesetz vom 10.6.1998, GVB1. S. 126; befristet bis 31.12.2004), Mecklenburg-Vorpommern (Anz-VO vom 5.2.1998, GVB1. S. 124; bei Gemeinden bis 10000 Einwohner, befristet bis 31.12.2000) und Sachsen (Sächs BauGBAG vom 19.8.1998, GVB1. S. 458; befristet bis 31.12.2000) Gebrauch gemacht. 79 Schmaltz, in: Schrödter, § 216, Rn. 4, der zugleich auf die geringe Relevanz dieses Streits in der Praxis hinweist, nachdem die Frist zur Geltendmachung nur einen Monat beträgt (vgl. § 246 Abs. 1 a Satz 2 BauGB). 80 Dürr, in: Brügelmann, § 216, Rn. 3; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 216, Rn. 1. 81 Jäde, in: J/D/W, § 216, Rn. 2. 82 BT-Drs. 8/2885, S. 46, wonach § 155 c BBauG (1979) „klarstellend" regelt, daß die „in § 155a und § 155b getroffenen Regelungen die Genehmigungsbehörde nicht von der Pflicht entbinden, die Einhaltung der dort bezeichneten Vorschriften, deren Verletzung nicht zur Unwirksamkeit des Flächennutzungsplanes oder einer Satzung führt, im Genehmigungsverfahren zu prüfen"; dazu bereits oben Kap. 2 I I 1 und Kap. 2 I I I 1.
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und F o r m f e h l e r n 1 0 3
BauGB einen auf den Vermittlungsausschuß zurückgehenden Kompromiß darstellt, nachdem der Bundesrat sich einer vollständigen Abschaffung des Anzeigeverfahrens zunächst widersetzt hatte, 84 ist ebenfalls ein Indiz dafür, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnen wollte, die bisherige Rechtslage in einzelnen Ländern unverändert beizubehalten. Zudem sprechen rechtsstaatliche und rechtspolitische Erwägungen dagegen, der Aufsichtsbehörde die Beanstandung eines rechtswidrigen Planes zu versagen. 85 Von den Normen des BauGB gänzlich unberührt bleiben die kompetentiell den Ländern zustehenden gesetzlichen Regelungen über die allgemeine Kommunalaufsicht. 86 Dies ist bereits dem Wortlaut des § 216 BauGB zu entnehmen, der ausschließlich auf das im BauGB geregelte Genehmigungsverfahren Bezug nimmt. Der § 214 BauGB spielt nur insofern eine Rolle, als er Bestimmungen darüber trifft, daß ein Bauleitplan, der an unbeachtlichen Fehlern leidet, wenn auch nicht nichtig, so doch rechtswidrig ist. Die Norm gibt daher die materielle Rechtslage für die Kommunalaufsicht vor. Welche aufsichtlichen Folgen sich an diese im einzelnen anknüpfen, insbesondere ob die Aufsichtsbehörde einschreiten muß oder nicht, darf der Bundesgesetzgeber wegen Art. 70 GG bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht regeln. 87 Es stellt nämlich einen wesentlichen Unterschied dar, ob lediglich die materiellen Wirkungen von Fehlern festgelegt werden oder ob kommunalaufsichtliche Befugnisse selbst Regelungsgegenstand sind. Die Unbeachtlichkeit von Mängeln nach § 214 BauGB spielt daher weder im Genehmigungsverfahren noch bei der allgemeinen Kommunalaufsicht eine Rolle, da diese an die Rechtswidrigkeit der Pläne anknüpfen. b) Der Auskunftserteilungsanspruch
als besondere Fehlerfolge
Besonderheiten auf der Rechtsfolgenseite weist die in § 214 Abs. 1 Satz 2 BauGB angeordnete Auskunftserteilungspflicht auf. Sie steht mit der inter83 BT-Drs. 13/6392, wonach es sich bei § 216 nur um eine Folgeänderung zur Abschaffung des Anzeigeverfahrens handelt. 84 Dazu die Darstellung bei Schlichter/Stich, § 246, Rn 5, und § 10, Rn. 7 ff. 85 Ausführlich Bielenberg, Anmerkungen zu § 216; ebenso Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (261 f.), der die uneingeschränkte Kontrolle als ein tragendes Element der Fehlerfolgenregelungen ansieht; kritisch gegenüber der Bedeutung der Genehmigung und der Anzeige nach der früheren Rechtslage Schmiemann, in: FS für Weyreuther, S. 235 (240 f.). 86 Zu Zweifeln hinsichtlich der Effektivität einer derartigen Kontrolle siehe Coulmassis, Planungshoheit und Planungsmängel, S. 148. 87 Bielenberg, in: E/Z/B, § 10, Rn. 52; Decker, BauR 2000, S. 1825 (1832), der für Bayern eine differenzierte Lösung entwickelt; mißverständlich dagegen Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (258), der sich für eine allgemeine Geltung der §§ 214 f. BauGB über die gerichtliche Kontrolle hinaus ausspricht.
104
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
nen Unbeachtlichkeitsklausel in Satz 1 Nr. 2 in Zusammenhang, nach der die bloße Unvollständigkeit des Erläuterungsberichtes bzw. der Begründung nicht zur Nichtigkeit führt. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses wird dem Betroffenen zur Kompensation ein - notfalls gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Auskunftserteilung über die für die Abwägung wesentlichen Umstände eingeräumt, 88 der die Zugänglichmachung von vorhandenen Unterlagen erfaßt. 89 Das „Nachschieben" von Gründen, ist dagegen unzulässig. 90 Es findet also keine Heilung materieller Mängel durch Nachbesserung der Abwägung statt, sondern nur eine Kompensation der Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern. 91 Dies folgt aus dem formellen Charakter der Begründungsvorschriften, der nicht mehr in Frage gestellt werden kann, nachdem der Gesetzgeber diese dem § 214 Abs. 1 BauGB unterfallen ließ. 9 2 Die Regelung weist aber auch Bezüge zur materiellen Abwägungskontrolle auf. Fehlt es an einer ausreichenden Begründung und sind die anderen Planungsunterlagen, die die Gerichte im Rahmen ihrer Amtsermittlung zusätzlich heranziehen können, lückenhaft, stellt sich die Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit geht. Die Problematik betrifft aber ausschließlich die materielle Rechtmäßigkeit und kann daher an dieser Stelle noch offengelassen werden.
88
Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 12; Dolde, BauR 1990, S. 1 (4); Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 19. 89 Dazu auch die Begründung zur Regierungsvorlage zum BauGB, BT-Drs. 8/ 2451, S. 32, wo davon die Rede ist, daß es der Gemeinde ermöglicht werden solle, durch andere Planunterlagen den Nachweis der fehlerfreien Abwägung zu führen. 90 Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 11; Lemmel, DVB1 1981, S. 318 (321); so bereits BVerwG, Urteil vom 7.5.1971, NJW 1971, S. 1626; vgl. zur Problematik im allgemeinen Verwaltungsrecht Horn, Die Verwaltung 25 (1992), S. 203 ff. 91 Anders beim fachplanerischen Instrument der Planergänzung, das die materielle Nachbesserung erfaßt und nicht die Kompensation formeller Mängel, dazu Henke, Planerhaltung, S. 108 ff., m.w.N. 92 Vgl. zum früher bestehenden Streit die Darstellung bei Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 16; siehe dazu auch die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (50 f.), wonach die Begründung zu den formellen Anforderungen zu zählen ist, da sie den Bebauungsplänen nur „beizufügen" ist (vgl. nunmehr § 9 Abs. 8 Satz 1 BauGB) und daher nicht Planbestandteil sein kann.
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern
105
3. Der abschließende Charakter des § 214 Abs. 1 BauGB a) Die Unbeachtlichkeit aller nicht genannten Fehler und die Ausnahme bei bewußten Verstößen Die Aufzählung des § 214 Abs. 1 BauGB ist insofern abschließend, als alle nicht aufgeführten Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB, wie z.B. die frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB, der absoluten Fehlerunbeachtlichkeit unterfallen. 93 Dies wird aus dem Wortlaut ersichtlich und durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Ausnahmen können erforderlich werden, wenn Planungsträger Vorschriften bewußt nicht beachten. 94 Da der Gesetzgeber nur die Sanktionierung unbewußter Verletzungen des Bauplanungsrechts begrenzen wollte, 9 5 spricht die Entstehungsgeschichte gegen eine Einbeziehung von derartigen Mängeln. Soweit diese vorliegen greift der Rechtsgedanke ein, daß bei Kenntnis des Verstoßes eine Folgenbegrenzung unangebracht ist. 9 6 Er hat in der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ausdrücklich Aufnahme in das Gesetz gefunden. 97 Danach ist es nicht beachtlich, wenn die Voraussetzungen für die vereinfachte Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 BauGB bzw. § 13 BauGB verkannt worden sind. Aus dem Erfordernis des Verkennens läßt sich schließen, daß eine gewollte Mißachtung nicht erfaßt wird und somit beachtlich bleibt. 9 8 Streitig ist bei 93 BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (49); Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb §§ 214-216, Rn. 8; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (256); Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 15; a.A. wohl Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (230). 94 OVG Lüneburg, Urteil vom 23.8.1993, NdsRpfl 1994, S. 54; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 15; Söfker, ZfBR 1979, S. 191 (192 f.); eher kritisch gegenüber einer subjektivierten Fehlerfolgenbestimmung Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 194 f. 95 Dazu die Ausschußbegründung zum Entwurf der Novelle von 1979, BT-Drs. 8/2885, S. 35 f., 45 f., wo das Problem der willentlichen Verstöße nur im Zusammenhang mit dem Entwicklungsgebot behandelt wird. In anderen Bereichen konnte die Frage als nicht regelungsbedürftige Selbstverständlichkeit angesehen werden. 96 Dieser Gedanke findet sich auch in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlkreiseinteilung, Beschluß vom 27.6.1962, BVerfGE 16, 130 (141 ff.), wo auf ein vorwerfbares Verhalten des Gesetzgebers abgestellt wird. 97 Gleiches gilt für § 214 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BauGB. 98 Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 20; in dieselbe Richtung geht auch die Rechtsprechung des BVerwG zum Merkmal des „nicht richtig Beurteilens" nach § 155 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBauG (1979), der dem § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB entsprach, dazu BVerwG, Urteil vom 14.12.1984, N V w Z 1985, S. 745 (746 f.), wo das Gericht den Zweck des Merkmals im Ausschluß der bewußten Hinwegsetzung über die bauplanungsrechtlichen Normen sieht; bestätigt durch Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (138); ebenso Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 17, m.w.N.; vgl. auch die Ausschußbegründung zum Entwurf der Novelle von 1979,
106
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nur, ob sich die Gemeinde mit den Voraussetzungen der entsprechenden Vorschriften ausdrücklich auseinandergesetzt haben muß, ob also die unterbliebene Erörterung mit der bewußten Verletzung des BauGB gleichgesetzt werden s o l l . " Im Ergebnis ist dem vom Bundesverwaltungsgericht neuerdings aufgezeigten Lösungsansatz der Vorzug zu geben, wonach es genügt, wenn die Gemeinde zumindest stillschweigend angenommen hat, nach dem vereinfachten Verfahren des § 13 BauGB vorgehen zu dürfen. 1 0 0 Dadurch wird der planerhaltenden Intention der Unbeachtlichkeitsvorschrift am besten entsprochen und zugleich ein rechtsmißbräuchliches Verhalten sanktioniert. b) Die abschließende Festlegung der Unbeachtlichkeit Einen weiteren Streitpunkt bildet die Frage, ob dem Grundsatz, daß nur wesentliche formelle Fehler zur Nichtigkeit führen, 101 noch eigenständige Bedeutung neben § 214 Abs. 1 BauGB zukommt oder ob der Gesetzgeber die Fälle der absoluten Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern erschöpfend geregelt hat. 1 0 2 Sie spielt etwa bei der Verletzung der Mitteilungspflicht des § 3 Abs. 2 Satz 4 HS. 2 BauGB 1 0 3 eine Rolle. Während
BT-Drs. 8/2885, S. 45 f., in der davon die Rede ist, daß es sich bei § 155 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBauG (1979) „um Irrtümer handeln muß und nicht um solche Fälle, in denen sich eine Gemeinde schlechthin vollständig über die Voraussetzungen dieser Vorschrift hinwegsetzen wollte 99 Nach einer Auffassung greift die Unbeachtlichkeitsvorschrift nicht ein, wenn die Gemeinde die dort genannten Vorschriften nicht geprüft hat; das Merkmal des „Verkennens" setzt danach voraus, daß sich das zuständige Organ überhaupt Gedanken über die Regelungen des BauGB gemacht hat und w i l l nicht nur rechtsmißbräuchliches Verhalten ausschließen, so V G H Mannheim, Urteil vom 17.10.1989, BauR 1990, S. 448; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 21; a.A, wonach nur der bewußte Verstoß beachtlich bleibt, Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 20. 100 BVerwG, Beschluß vom 15.3.2000, NVwZ-RR 2000, S. 759; in dieselbe Richtung bereits Jäde, in: J/D/W, § 214, Rn. 5. 101 Zur Wesentlichkeitsrechtsprechung siehe Held, Grundrechtsbezug, S. 211 f., und oben Kap. 3 13. 102 Gegen eine abschließende Festlegung Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (256 f., 268), zustimmend Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 2, § 3, Rn. 17; ebenso Schlez, § 15, Rn. 67, und für die Rechtslage bei Geltung des BBauG (1979) Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 155, die unwesentliche Form- und Verfahrensfehler von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Unbeachtlichkeitsregelungen ausklammern; a.A. Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (230), der eine ausdrückliche Kodifizierung verlangt; vermittelnd Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 410, der eine Kausalitätsprüfung befürwortet. 103 Zu den Anforderungen an die Mitteilungspflicht im einzelnen Battis, in: B / K / L , § 3, Rn. 17; Bielenberg, in: E/Z/B, § 3, Rn. 58; W. Schrödter, in: Schrödter, § 3, Rn. 42.
II. Die a t e
Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und F o r m f e h l e r n 1 0 7
Einigkeit darüber herrscht, daß ein Unterlassen der Benachrichtigung keine Nichtigkeit nach sich zieht, ist die Begründung hierfür, soweit sie kenntlich gemacht w i r d , 1 0 4 umstritten. Im Anschluß an eine auf die Wesentlichkeit des Mangels abstellende Entscheidung des V G H Mannheim 1 0 5 , die vor Inkrafttreten der ersten Planerhaltungsregelungen erging, nimmt ein Teil der Literatur an, daß zwar kein unbeachtlicher Verstoß vorliege, da die Vorschriften über die Bürgerbeteiligung (§ 3 Abs. 2 BauGB) in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB genannt werden, daß aber aufgrund der Unwesentlichkeit des Verstoßes dennoch keine Nichtigkeit eintrete. 106 Begründet wird dies damit, daß ein Einfluß des Mangels auf das Planungsergebnis ausgeschlossen sei. 1 0 7 Da der Zweck der Verfahrensvorschriften ausschließlich in der Findung eines gerechten Ergebnisses liege, könnten nur Regelungen, die ergebnisrelevant seien, zur Nichtigkeit führen. Eine andere Ansicht 1 0 8 geht vom abschließenden Charakter der Aufzählung der unbeachtlichen Mängel aus. Nachdem der Gesetzgeber durch §214 BauGB Verstöße gegen Ordnungsvorschriften nicht für beachtlich erklärt habe, da dies der beabsichtigten Planerhaltung zuwidergelaufen wäre, 1 0 9 gelte es die einzelnen Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB auf ihren zwingenden Charakter zu untersuchen. Die Betrachtung der Entstehungsgeschichte zeige, daß die dem § 3 Abs. 2 Satz 4 HS. 2 BauGB entsprechende Benachrichtigungsregelung des BBauG als Ordnungsvorschrift angesehen wurde. 1 1 0 Der Gesetzgeber habe dies bei Einführung des BauGB beibehalten, 111 so daß kein Verstoß gegen eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung und damit auch kein Mangel vorliegen könne. 104 Offen gelassen bei Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 3, Rn. 27, Geizer/ Birk, Rn. 349, Fn. 121, und bei W. Schrödter, in: Schrödter, § 3, Rn. 41. 105 V G H Mannheim, Beschluß vom 17.3.1967, BRS 18, Nr. 5, wonach der Zweck der Unterrichtung lediglich in der Bescheidung von Bürgereingaben liegt, vergleichbar mit dem Petitionsrecht. 106 Battis, in: B / K / L , § 3, Rn. 17; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 19. 107 Dürr, a.a.O.; in diese Richtung auch Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 40. 108 Bielenberg, in: E/Z/B, § 3, Rn. 58. 109 So auch BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, N V w Z 1985, S. 487 f. Das Bundesverwaltungsgericht hatte eine vergleichbare Problematik zu entscheiden, nachdem der Planungsträger die Genehmigungsvorschriften für Flächennutzungspläne in § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG (1979) nicht befolgt hatte, die nach damaliger Rechtslage gem. § 155 a Abs. 1 BBauG (1979) von den Fehlerfolgenbegrenzungsvorschriften ausgeklammert waren. Allerdings wurde die vom Planungsträger nicht beachtete Teilregelung als nicht zwingend angesehen, so daß nur ein Ordnungsverstoß vorlag. Das Gericht gelangte zum Ergebnis, daß der Gesetzgeber durch die Einführung der Planerhaltungsregelungen nur Fehlerfolgen begrenzen, nicht aber Ordnungsvorschriften unter ein strengeres Folgenregime stellen wollte. 110 Vgl. Schlichter, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 2a, Rn. 12, m.w.N.
108
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Die Auffassung vom abschließenden Charakter des § 214 Abs. 1 BauGB dürfte zwar im Widerspruch zur generellen Zielsetzung der Planerhaltungsnormen, der umfassenden Erhöhung der „Bestandskraft", stehen, es lassen sich aber gewichtige Argumente gegen die erstgenannte Meinung finden. Bei der ergänzenden Heranziehung einer Wesentlichkeitsprüfung fehlt es an überzeugenden und operationalisierbaren Kriterien für die Klassifizierung der Mängel, was sich in der hier dargelegten Fallgruppe zeigt. Die Kernaussage, daß eine unterbliebene Mitteilung auf das Ergebnis keinen Einfluß haben könne, ist keineswegs zwingend in allen Fällen gegeben. Der Betroffene kann nämlich nach Erhalt der Mitteilung durchaus noch Eingaben an die Genehmigungsbehörde richten bzw. seine bisherigen Einwendungen spezifizieren und dadurch, soweit eine Genehmigung erforderlich ist, sogar Einfluß auf das Inkrafttreten des Planes nehmen. Darüber hinaus bildet die Einflußnahme auf das Planungsergebnis nicht das einzige Kriterium für die Bestimmung von Fehlerfolgen. 112 Dies zeigt bereits ein Blick auf § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, der Verstöße gegen Vorschriften über den Erläuterungsbericht und die Planbegründung sanktioniert. Weiterhin gilt es zu beachten, daß erst der Gesetzgeber im Anschluß an die ergebnislosen Bemühungen der Rechtsprechung ein umfassendes Regelungssystem geschaffen hat, durch das die Funktionsschwäche im Bauplanungsrecht abgemildert und gleichzeitig die Rechtssicherheit erhöht wurde. Nachdem § 214 Abs. 1 BauGB alle Verfahrens- und Formvorschriften erfaßt, bleibt kein Raum für eine Ausdehnung der Planerhaltung durch den Rechtsanwender. Bei der Rückkehr zur einzelfallabhängigen Beurteilung drohte wiederum eine Verunsicherung durch ergebnisorientierte, dogmatisch aber fragwürdige Entscheidungen und es bestünde die Gefahr des erneuten Auftretens von Wertungswidersprüchen. Zudem steht die Befugnis, den Nichtigkeitsgrundsatz im monistischen Fehlerfolgensystem außer Kraft zu setzen, angesichts des verfassungsrechtlichen Gehalts der Fehlersanktionierung, nicht ohne weiteres den Gerichten z u . 1 1 3 Demgegenüber ist die Anerkennung des abschließenden Charakters der gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit der Untersuchung der zugrundeliegenden Regelungen darauf, ob diese ausnahmsweise als bloßes Ordnungsrecht anzusehen sind, vorzuziehen. 114 Sie 111
Bielenberg, in: E/Z/B, § 3, Rn. 58. Dazu umfassend Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 145 ff. 113 Das verkennt Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (256 ff.), der zu einseitig auf die Abdingbarkeit des Nichtigkeitsdogmas abstellt, so daß die Kompetenzfrage in den Hintergrund gerät. 114 In dieselbe Richtung geht auch die Rechtsprechung, nach der bei einer Änderung des Planentwurfes nach der ersten Auslegung auf eine neue Beteiligung verzichtet werden kann in Fällen, in denen die Ergänzung nur klarstellende Bedeutung hat oder auf den Vorschlägen des alleinigen Betroffenen beruht. Dadurch wird § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB (1998) als nicht zwingende Ordnungsvorschrift angesehen, 112
III. Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern
109
achtet den Willen des Gesetzgebers und hält die aufgestellten Prämissen durch. Zwar läuft sie Gefahr, daß eine derartige Auslegung nicht gelingt und der Fehler beachtlich bleibt. Angesichts der nachfolgenden Erhaltungsinstrumente stellen diese Fälle aber kein allzu großes Risiko für die Funktionsfähigkeit der Bauleitplanung dar. Der abschließende Charakter muß erst recht für die in § 214 Abs. 2 und 3 BauGB genannten Fehler gelten, da es sich um materielle Mängel handelt, die ungleich schwerer wiegen und eine Sanktionslosigkeit ohne gesetzliche Grundlage auf noch größere Bedenken stößt. 115
4. Zusammenfassung Die Regelung des § 214 Abs. 1 BauGB erfaßt Verfahrens- und Form Vorschriften des BauGB, d.h. alle Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf den äußeren Ablauf des Planungsverfahrens beziehen. Die absolute Unbeachtlichkeit von Mängeln bewirkt den Ausschluß der Nichtigkeit, der regelmäßigen Fehlerfolge für Rechtsnormen und für Flächennutzungspläne. Die Rechtswidrigkeit von Plänen wird von der Fehlerunbeachtlichkeit nicht berührt. Sie ist daher im Verhältnis des Planerstellers zu Aufsichtsbehörden uneingeschränkt zu berücksichtigen. Die für beachtlich erklärten Mängel führen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt i s t 1 1 6 , zur Nichtigkeit des Planes. Eine Planerhaltung unter Rückgriff auf ungeschriebene Grundsätze ist wegen des abschließenden Charakters des § 214 BauGB nicht möglich.
I I I . Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 1. Der Inhalt des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB a) Überblick über die
Regelung 117
Die in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB für beachtlich erklärten Mängel können gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nach einem Jahr unbeachtlich werden, soweit bei Inkraftsetzung des Planes ein ausreichender jedoch keine Wesentlichkeitsprüfung angestrengt. Dazu BVerwG, Beschluß vom 18.12.1987, ZfBR 1988, S. 90; zustimmend Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 19. 115 Zu weitgehend Rabe, ZfBR 2001, S. 229 (238), der § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf Mängel, die von den §§ 214 f. BauGB nicht erfaßt werden, „weitgehend" analog anwenden will. 116 Vgl. dazu insbesondere § 215 a BauGB. 117 Zu den Vorgängerregelungen in § 155 a Satz 1 BBauG (1976) und in § 155 a Abs. 1 BBauG (1979) vgl. auch Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb §§ 214-216, Rn. 25 ff.
110
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Hinweis erfolgte (Absatz 2) und eine Fehlerrüge unterblieb. Nicht erfaßt werden von dieser relativen Unbeachtlichkeit 118 die in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB aufgeführten Fehler, die somit „absolut beachtlich" sind. 1 1 9 b) Die Voraussetzungen der relativen Unbeachtlichkeit für Verfahrens- und Formfehler aa) Die Hinweispflicht des § 215 Abs. 2 BauGB Neben dem Vorliegen eines der genannten Mängel bedarf es für die Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 BauGB besonderer Voraussetzungen. Zunächst ist der konstitutive Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB erforderl i c h . 1 2 0 Dieser muß den Inhalt des Gesetzes wiedergeben, also die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Rüge und die Rechtsfolgen des Verstreichens der in Absatz 1 genannten Fristen, ohne daß der Fehler ordnungsgemäß gerügt w i r d . 1 2 1 Einer besonderen Beschlußfassung bedarf es dafür mangels ausdrücklicher Anordnung im Baugesetzbuch aus bundesrechtlicher Sicht nicht. Er muß der Gemeinde lediglich zurechenbar sein. 1 2 2 Sein Unterbleiben schließt die Rechtsfolge aus, hat aber auf die Wirksamkeit des Planes keinen Einfluß, macht ihn also nicht zusätzlich fehlerhaft. 1 2 3 Somit handelt es sich bei § 215 Abs. 2 BauGB um eine mit einer besonderen Fehlersanktion ausgestattete Vorschrift, vergleichbar mit der unterlassenen Rechtsbehelfsbelehrung bei Verwaltungsakten. Problematisch erscheint die Heilbarkeit der verletzten Hinweispflicht durch die Wiederholung der Bekanntmachung mit gleichzeitiger Nachho118 Zum Begriff, der im Gegensatz zur absoluten Unbeachtlichkeit gesehen werden muß, siehe bereits oben Kap. 1 I I 2 b. 119 Zur Terminologie Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 37. 120 BVerwG, Beschluß vom 8.5.1995, N V w Z 1996, S. 372 (373), im Gegensatz zum Hinweis nach § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB (1986); Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207); Battis , in: B / K / L , § 215, Rn. 2; Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 15; Dolde, BauR 1990, S. 1 (12); Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 201 (214). 121 Dazu im einzelnen Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 28; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 3; zur Beschränkung des Hinweises auf die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB BVerwG, Beschluß vom 28.12.2000, ZfBR 2001, S. 350. 122 BVerwG, Urteil vom 30.6.1989, ZfBR 1990, S. 27 (29); Bielenberg, in: E/Z/ B, § 215, Rn. 15; Lemmel, a.a.O., Rn. 2. 123 Ganz herrschende Ansicht, V G H Kassel, N V w Z 1993, S. 906 (907); Battis, in: B / K / L , § 215, Rn. 2; Bielenberg, a.a.O.; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 25; Gaentzsch, § 215, Rn. 8; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 163; Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 201 (214); Schäfer, NJW 1978, S. 1292 (1293); a.A. nur BezG Magdeburg, Beschluß vom 16.9.1991, L K V 1991, S. 308 (309).
III. Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern
111
lung des Hinweises. Nach allgemeiner Ansicht ist dies möglich, soweit der Plan an einem beachtlichen Fehler leidet und das ergänzende Verfahren durchgeführt w i r d . 1 2 4 Bei rechtmäßigen Plänen herrscht dagegen Streit über die Statthaftigkeit der Wiederholung der Bekanntmachung des Planes mit zutreffender Belehrung. Eine Ansicht 1 2 5 argumentiert mit der Vergleichbarkeit beider Fälle und will die isolierte Wiederholung zulassen. Die Gegenauffassung 126 lehnt dies ab. Sie beruft sich auf den Wortlaut, nach dem bei Inkraftsetzung des Planes auf die Rügevoraussetzungen und die Rechtsfolgen hinzuweisen ist. Zudem werden Schutzwürdigkeitserwägungen angeführt. Der Bürger müsse andernfalls stets die Bekanntmachungen der Gemeinde verfolgen. Dem kann entgegengehalten werden, daß ihm dies auch bei Planänderungen abverlangt wird, so daß der Einwand keineswegs zwingend ist. Zudem erscheint der Wortlaut des § 215 Abs. 2 BauGB nicht unüberwindbar. Die Formulierung, daß der Hinweis bei Inkraftsetzung erfolgt, stellt lediglich klar, daß er konstitutiv ist, sagt aber nichts darüber aus, daß er nur beim erstmaligem Inkrafttreten ergehen kann. 1 2 7 Vielmehr wird der Sinn und Zweck der Norm, die Öffentlichkeit auf die Rügeobliegenheit aufmerksam zu machen, in gleicher Weise durch die Belehrung bei erneuter Bekanntmachung erreicht. Des weiteren zeigt der Vergleich mit den Vorschriften über die Rechtsbehelfsbelehrung bei Verwaltungsakten in § 58 VwGO, der sich angesichts der Parallelen zwischen relativer Unbeachtlichkeit und Bestandskraft anbietet, daß eine spätere Wiederholung der Belehrung als zulässig erachtet werden kann. 1 2 8 Schließlich sprechen auch die hinter dem ergänzenden Verfahren stehenden Rechtsgrundsätze dafür, 1 2 9 daß die korrekte Nachholung des Verfahrens ab Fehlereintritt zur Behebung des Mangels führt, selbst wenn dieser nicht die Nichtigkeit des Planes nach sich zieht. Folglich ist auch bei rechtmäßigen Plänen eine Wiederholung der Bekanntmachung mit ordnungsgemäßem Hinweis i.S. des § 215 Abs. 2 BauGB zulässig. Sie setzt dann die jeweilige Frist des § 215 Abs. 1 BauGB in Lauf.
124
V G H Kassel, Urteil vom 6.6.1986, ZfBR 1986, S. 295; Battis, in: B / K / L , §215, Rn. 2; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 27; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 2. 125 Dürr, a.a.O., Rn. 26 f.; Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 11; Lemmel, a.a.O.; Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (80 f.). 126 Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 16; Dolde, BauR 1990, S. 1 (12); Geizer/ Birk, Rn. 489; Gaentzsch, § 215, Rn. 8; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 165. 127 Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 27. 128 Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 11. 129 Dazu oben Kap. 1 I I 2 c bb.
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
bb) Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Rüge (§ 215 Abs. 1 HS 2 BauGB) Weitere Unbeachtlichkeitsvoraussetzung ist die Nichterhebung einer Fehlerrüge. Diese stellt keinen Rechtsbehelf im üblichen Sinne dar. Sie erfüllt vielmehr nur eine Hinweisfunktion für die Gemeinde, die die geltend gemachten Mängel prüfen und erforderlichenfalls heilen soll. 1 3 0 Rügeberechtigt ist daher jedermann, 131 unabhängig von einer besonderen Betroffenheit. 1 3 2 Die Fehler sind nach dem abschließenden Beschluß über den Plan 1 3 3 schriftlich geltend zu machen. Dabei muß der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, dargelegt werden. Durch die Formulierung „soll" wird klargestellt, daß an die Substantiierung des Tatsachenvortrages keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. 1 3 4 Der Gesetzgeber wollte, nachdem nur der gerügte Fehler zur Nichtigkeit führt, lediglich Rügen ausschließen, die Verfahrens- und Formvorschriften vorsorglich zitieren. 1 3 5 Allerdings genügt keine allgemeine oder untergeordnete Kritik am Aufstellungsverfahren, da die Gemeinde andernfalls keine Möglichkeit zur Überprüfung und zur Behebung des Fehlers hat. 1 3 6 Der Mangel muß nach ihrem Kenntnisstand individualisierbar sein. 1 3 7 Strittig ist jedoch, ob ein in einem Gerichtsverfahren, in dem die Gemeinde Beteiligte ist, geltend gemachter Mangel den Voraussetzungen des §215 Abs. 1 BauGB genügt. Dies wurde unter Berufung auf Rechtssicherheitserwägungen verneint. 138 Dem kann nicht gefolgt werden. Die Förm130
Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (241). BVerwG, Beschluß vom 18.6.1982, N V w Z 1983, S. 347; Battis, in: B / K / L , § 215, Rn. 2; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 18; Hill €, Das fehlerhafte Verfahren, S. 155; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (224); Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 201 (213); Schmaltz , in: Schrödter, § 215, Rn. 12, jeweils m.w.N. 132 Eine Abgrenzung der Betroffenen wäre angesichts des Rechtsnormcharakters auch kaum durchführbar, so bereits der Bericht des 15. Bundestagsausschußes zur BBauG-Novelle von 1979, BT-Drs. 8/2885, S. 44; vgl. dazu auch Mößle, a.a.O. 133 OVG Münster, ZfBR 1998, S. 263, eine Umdeutung von im Verfahren vorgebrachten Bedenken ist nach Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen. 134 Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 7. 135 So die Begründung des Regierungsentwurfes zur BBauG-Novelle von 1979, BT-Drs. 8/2451, S. 31. 136 BVerwG, Beschluß vom 8.5.1995, N V w Z 1996, S. 372 (373); Schlichter/ Stich, § 215, Rn. 7; vgl. zu den Anforderungen im einzelnen Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 20 f. 137 V G H Mannheim, Urteil vom 20.5.1998, ZfBR 1998, S. 267. 138 BGH, Urteil vom 29.11.1979, NJW 1980, S. 1751 (1752); Gelzer/Birk, Rn. 489; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (224); a.A. BVerwG, Beschluß vom 131
III. Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens-und F o r m f e h l e r n 1 1 3
lichkeit der Rüge dient ausschließlich der Rechtsklarheit. Es kann daher nicht darauf ankommen, ob die Rüge unmittelbar an die Gemeinde adressiert wird, sondern nur darauf, ob eine zuverlässige Kenntnisnahme gewährleistet wird, was im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens bei sorgfältiger gemeindlicher Prozeßführung der Fall ist. Auf die interne gemeindliche Organisation hat der Bürger keinen Einfluß, so daß die Geltendmachung gegenüber einem gemeindlichen Prozeßvertreter ausreicht. cc) Der rügelose Fristablauf Letzte Voraussetzung für die relative Unbeachtlichkeit ist der rügelose Ablauf der Jahresfrist. Da es sich nach allgemeiner Ansicht um eine Ausschlußfrist handelt, scheidet aus Rechtssicherheitserwägungen heraus eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. 1 3 9 Es darf keine unterschiedliche Rechtslage für einzelne Betroffene entstehen. Die Frist läßt im übrigen die Klagefrist für das Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 2 VwGO unberührt. 140 Beide sind getrennt voneinander zu betrachten und stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
2. Die Rechtsfolgen der relativen Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB Die §§214 und 215 BauGB sehen mit der Unbeachtlichkeit einer Rechtsverletzung dieselbe Rechtsfolge vor. Dementsprechend werden sie durch §216 BauGB gleichgestellt, wonach sich Verstöße gegen die genannten Regelungen auf die Rechtswirksamkeit von Plänen nicht auswirken. Daher hat die Unbeachtlichkeit nach § 215 BauGB auf die Rechtswidrigkeit des Planes ebenfalls keinen Einfluß. 1 4 1 Die weitere Bestimmung der Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine Differenzierung. Beim Auftreten beachtlicher Mängel i.S. des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB und bei ordnungsgemäßem Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB müssen drei Fallgruppen unterschieden werden, da sich je nach Rügeverhalten verschiedene Rechtszustände ergeben können: 18.6.1982, N V w Z 1982, 347 (348); V G H Mannheim, Urteil vom 25.11.1983, ZfBR 1984, S. 529, und Beschluß vom 24.10.1996, VB1BW 1997, S. 137 f.; Dolde, BauR 1990, S. 1 (12); Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 19; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 155; Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 6, m.w.N.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 13. 139 Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 10; Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 4; Schmaltz , in: Schrödter, § 215, Rn. 16. 140 BVerwG, Beschluß vom 29.8.2000, BauR 2001, S. 199 (201). 141 Die zu § 214 BauGB unter Kap. 3 I I 2 a getroffenen Feststellungen gelten entsprechend. 8 Käß
114
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Zum einen die Schwebelage während laufender Frist, aber vor Rügeerhebung, zum anderen die Rechtslage bei rügelosem Fristablauf und schließlich diejenige bei ordnungsgemäßer Erhebung einer Rüge. Fraglich ist dabei, wie sich die Rechtswirksamkeit des Planes in der jeweiligen Situation darstellt. a) Die Rechtslage während offener
Frist
Die für die frühere Fassung („unbeachtlich sind") 1 4 2 strittige Frage, ob ein Gericht innerhalb laufender Fristen von Amts wegen entsprechende Fehler feststellen und den Plan deshalb für nichtig erklären konnte 1 4 3 oder ob es dafür zunächst einer wirksamen Rügeerhebung bedurfte, 144 hat sich durch die Änderung des Wortlauts im Sinne der ersten Alternative entschieden. Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung „unbeachtlich werden" auf Anraten des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen bewußt klargestellt, daß die Wirkungen erst mit Fristablauf eintreten. 1 4 5 Zugleich ist damit endgültig festgelegt, daß der fehlerbehaftete und damit rechtswidrige Plan in der Schwebelage unwirksam, d.h. nichtig ist, so daß ihn die Gerichte von Amts wegen nicht beachten dürfen. 1 4 6 Damit 142 In § 155 a Satz 1 BBauG (1976) und in § 155 a Abs. 1 BBauG (1979) war die Rede davon, daß eine Verletzung unbeachtlich „ist", in § 215 Abs. 1 BauGB (1986) davon, daß Mängel unbeachtlich „sind 143 Vgl. zum Meinungsstreit die Nachweise bei Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 9, und Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 156. Für Unbeachtlichwerden auch nach der alten Gesetzesfassung, d.h. für eine Unwirksamkeit in der Schwebezeit: BGH, Urteil vom 1.10.1987, N V w Z 1988, S. 759, wo ausdrücklich erklärt wurde, Bd. I, § 13 I 5; Gaentzsch, daß Fehler unbeachtlich „werden"; Finkelnburg/Ortloff, in: FS für Weyreuther, S. 249 (264); Gelzer/Birk, Rn. 482; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 18; Molodovsky, BayVBl 1977, S. 539 (544); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (79 f.). Nunmehr tendiert auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung dazu, für die frühere Rechtslage von einem Unbeachtlichwerden auszugehen, die sich zu dieser Frage zunächst nicht abschließend geäußert hatte, vgl. OVG Münster, Beschluß vom 30.7.1999, BauR 2000, S. 362 (363); immer noch offenlassend dagegen BVerwG, Urteil vom 4.3.1999, ZfBR 1999, S. 228. 144 Der Auffassung von der schwebenden Wirksamkeit folgend Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 14; Dolde, BauR 1990, S. 1 (11); Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 157, 164; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 256 f.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (234); Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 32; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); Prahl, SKV 1977, S. 266 (268); Schäfer, NJW 1978, S. 1292 (1293). 145 Dazu BT-Drs. 13/7589, S. 30 f.; vgl. auch den Vorschlag von Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (80), der dem späteren Gesetzes Wortlaut entspricht, und oben Kap. 2 I V 3 a. 146 Battis, in: B / K / L , § 215, Rn. 1, § 214, Rn. 6; Bielenberg, in: Bielenberg/ Krautzberger/Söfker, Rn. 160, 164; Brohm, Baurecht, § 16, Rn. 11; Jäde, in:
III. Die relative Unbeachtlichkeit von Verfahrens-und Formfehlern
115
hat sich der in der Literatur 1 4 7 erhobene Einwand, es könne prinzipiell nicht vom Verhalten der Bürger abhängig gemacht werden, ob eine Norm gültig sei oder nicht, zumindest insofern erledigt, als daraus keine Unbeachtlichkeit des Fehlers vor Fristablauf begründet werden kann. Die Unwirksamkeit während der Schwebezeit ist zwangsläufig eine vorläufige. Sie findet entweder endgültige Bestätigung oder wird aufgehoben. b) Die Rechtslage nach rügelosem Fristablauf Mit rügelosem Fristablauf wird die Rechtsunwirksamkeit in jedem Fall für die Zukunft beseitigt, da der Fehler unbeachtlich wird. Darüber hinaus könnte auch die während der Schwebelage bestehende Ungültigkeit entfallen. Dann müßte der Unbeachtlichkeit Rückwirkung zukommen. Vor Inkrafttreten des BauROG wurde dies unter Berufung auf den Wortlaut des §215 Abs. 1 BauGB (1986), wonach Rechtsverletzungen „unbeachtlich sind", wenn keine Rüge eingelegt wird, im Ergebnis bejaht. 1 4 8 Der neue Wortlaut bestimmt dagegen, daß die Mängel „unbeachtlich werden" und könnte auf den ersten Blick gegen eine Rückwirkung zu sprechen. Dies ist nicht zwingend, da nichts ausgesagt wird, auf welchen Zeitpunkt die Unbeachtlichkeit, die unbestritten nachträglich entsteht, bezogen ist. Der Zweck der Gesetzesänderung lag jedoch nur darin, die strittige Frage der gerichtlichen Entscheidungskompetenz in der Schwebezeit zu klären, was in den Gesetzesmaterialien deutlich zum Ausdruck kommt, 1 4 9 und nicht in der Abschaffung der Rückwirkung. Ferner spricht das mit der Folgenbegrenzung verfolgte Ziel, die Rechtssicherheit für die Planungsträger zu erhöhen, für eine rückwirkende Beseitigung der Ungültigkeit. 1 5 0 Würde innerhalb der J/D/W, § 215, Rn. 3; Schlichter/Stich, § 215, Rn. 3; Schmaltz , in: Schrödter, § 215, Rn. 2; a.A. wohl Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 12. 147 Held, Grundrechtsbezug, S. 217; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 156, m.w.N.; Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (231), spricht sogar davon, daß derartige Wirkungen mit dem „deutschen Verfassungs- und Verwaltungsrechtsverständnis unvereinbar" seien. 148 BGH, Urteil vom 2.4.1992, DVB1 1992, S. 1095 (1097); Urteil vom 1.10.1987, N V w Z 1988, S. 759; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 15; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263); Molodovsky, BayVBl 1977, S. 539 (544); so auch für die Neufassung Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 15, ungeachtet des geänderten Wortlauts; a.A. nur Gelzer/Birk, Rn. 482. Zur Auffassung, die von einer Wirksamkeit in der Schwebezeit ausgegangen ist und daher keine Rückwirkung annehmen mußte, Dolde, BauR 1990, S. 1 (11), und Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 256 f. 149 Vgl. dazu den Bericht des 18. Bundestagsausschusses, BT-Drs. 13/7589, S. 30 f. 150 Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 15. *
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Schwebezeit die Unwirksamkeit angenommen, zöge dies eine erhebliche Rechtsunsicherheit nach sich, da von unterschiedlichen Rechtslagen ausgegangen werden müßte, die noch dazu bei Abwägungsfehlern nicht mit Rückwirkung bereinigt werden könnten. Eine solche Rechtsfolge kann nicht gewollt sein. Daher wird der Plan mit rügelosem Ablauf der Fristen ex tunc gültig, bleibt aber rechtswidrig. Die Fehlerfolgenbegrenzungsregelung des §215 BauGB spielt gem. § 216 BauGB im aufsichtlichen Verfahren keine Rolle. Gleiches gilt für die allgemeine Kommunalaufsicht, 151 so daß die Rechtswidrigkeit weiterhin beanstandet werden kann. c) Die Rechtsfolgen der wirksamen Rügeerhebung Wird ein Mangel wirksam gerügt, tritt keine Unbeachtlichkeit ein. Die Nichtigkeit der Norm wegen dieses Fehlers besteht fort, 1 5 2 soweit nicht § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB eingreift. Sie gilt für und gegen jedermann, da § 215 BauGB nicht zwischen Personengruppen differenziert und keine Begrenzung auf die rügenden Personen enthält. 153 Der Gesetzgeber hat die Nichtigkeit keiner besonderen Regelung zugeführt, insbesondere nicht den Zeitpunkt ihres Eintritts geregelt, so daß es bei der von Anfang an bestehenden Ungültigkeit bleibt. 1 5 4 Ausnahmefälle, etwa der Eintritt zusätzlicher Ereignisse, die die Nichtigkeit zu einem späteren Zeitpunkt begründen, sind nicht denkbar, da die in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB bezeichneten Mängel nicht erst in der Schwebezeit entstehen können. 1 5 5
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Die zu § 214 BauGB getroffenen Feststellungen, dazu oben Kap. 3 I I 2 a cc, gelten entsprechend. 152 Die Rüge wirkt nur für den geltend gemachten Mangel und bewirkt keine umfassende Überprüfbarkeit für alle Fehlergruppen, so auch Battis , in: B / K / L , § 215, Rn. 6; Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 19; Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 14, jeweils m.w.N. 153 BVerwG, Beschluß vom 18.6.1982, N V w Z 1983, S. 347 f.; Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 11; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 14, m.w.N.; Gelzer/Birk, Rn. 488; Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 155; Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (482); Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 8; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 17; Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 17; vgl. dazu bereits die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des BauGB, BT-Drs. 10/5027, S. 22. 154 Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 14; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78). 155 Nach der Systematik und der ratio legis betreffen die §§ 214 f. BauGB keine nachträglichen Fehler, dazu Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 234 ff.
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit
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3. Zusammenfassung Das Vorliegen eines Fehlers, d.h. eines Verstoßes gegen eine höherrangige Vorschrift, die keine sog. Ordnungsnorm darstellt, führt stets zur Rechtswidrigkeit des Planes. Soweit der Mangel nicht bereits nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich ist, zieht diese die Unwirksamkeit nach sich. Die Gerichte können daher bei den von § 215 Abs. 1 BauGB erfaßten Fehlern auch während des offenen Fristlaufs die Nichtigkeit uneingeschränkt feststellen. Nach rügelosem Ablauf bleibt bei derartigen Verstößen nur die Rechtswidrigkeit des Planes bestehen, wenn bei Inkraftsetzung des Planes ein ordnungsgemäßer Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB erfolgt ist oder wenn dieser durch erneute Bekanntmachung nachgeholt wurde. Die Unwirksamkeit der Pläne entfällt dann ex tunc. Der Plan entfaltet seine Rechtswirkungen von Beginn an, ebenso wie im Falle des § 214 Abs. 1 BauGB. Die ordnungsgemäße Rüge hat zur Folge, daß der durch § 215 Abs. 1 BauGB ermöglichte Nichtigkeitsausschluß ausbleibt. Der Plan ist von vornherein nichtig.
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit 1. Die vertretenen Ansichten zu § 215 Abs. 1 BauGB Die dogmatische Begründung der Unbeachtlichkeitswirkungen ist in der Literatur heftig umstritten, wobei zu beachten ist, daß sich ein Teil der Meinungen auf die früheren Fassungen des BBauG bzw. des BauGB bezieht. 1 5 6 Für die dogmatische Erklärung der Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 BauGB muß im wesentlichen zwischen den materiellrechtlichen und den verfahrensrechtlichen Ansätzen unterschieden werden. a) Die verfahrensrechtliche
Deutung
Ein Teil des Schrifttums befürwortet eine auf Hans Meyer 157 zurückgehende, verfahrensrechtliche Sichtweise der Unbeachtlichkeit. 158 Danach 156
Hierzu auch Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (486 f.). Vgl. dazu die Darstellung bei Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 156, und bei Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (232); ders., in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (241 ff.). 158 Held, Grundrechtsbezug, S. 217 f.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (233 f.); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); Prahl, SKV 1977, S. 266 (268); in diese Richtung wohl auch Lenz, ZfBR 1987, S. 65 (69); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78 f.); ders., in: Schrödter, § 214, Rn. 12; Söfker, ZfBR 1980, S. 60 (61); Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 12, der allerdings gewisse Zweifel offenlegt. 157
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
dürfen die Folgen der Rechtswidrigkeit nicht geprüft bzw. festgestellt werden. Es bestehe das verfahrensrechtliche Verbot, die Nichtigkeit wahrzunehmen. Begründet wird dies damit, daß die Rüge nach § 215 BauGB keine Änderung der materiellen Rechtslage herbeiführen könne, da es andernfalls in der Hand des Bürgers liege, ob ein Rechtssatz Geltung habe oder nichtig sei. Eine derartige Dispositionsbefugnis über die Wirksamkeit einer Norm sei nicht nur mit deutschem Verfassungs- und Verwaltungsrechtsverständnis unvereinbar, sondern führe zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit. 159 Diese Auffassung liegt mit der bereits erwähnten Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts, die Gerichte sollten von einer ungefragten Fehlersuche absehen, 160 auf einer Linie, mit dem Unterschied, daß die Nichtbeachtung des Fehlers durch Gesetz vorgeschrieben wird und nicht nur auf einer einschränkenden Interpretation des § 86 Abs. 1 VwGO beruht. Bei den Folgerungen aus der Grundhypothese einer verfahrensrechtlichen Wirkung spaltet sich diese Theorie weiter auf: Nach einer älteren Meinung ist die Beachtlichkeit objektive Voraussetzung für die gerichtliche Überprüfbarkeit. Der jeweilige Plan soll nicht ipso iure nichtig, sondern lediglich gerichtlich aufhebbar sein. 1 6 1 Die Fehlerrüge ändert dieser Auffassung zufolge die materielle Rechtslage nicht. Sie stellt nur eine prozessuale Voraussetzung für die Aufhebbarkeit des Planes dar. Mit dieser Betrachtungsweise wäre eine Anpassung an die Dogmatik des Verwaltungsakts vollzogen. Sie setzt voraus, daß insbesondere der Normenkontrollentscheidungen nach § 47 VwGO Gestaltungswirkung zukommt. Dem steht die neuere Sichtweise gegenüber, die die Unbeachtlichkeit als umfassendes „Diskussionsverbot" über die Nichtigkeit und als prozessuale Tabuisierung der materiellen Rechtslage auffassen w i l l . 1 6 2 Mit Ausnahme der Aufsichtsbehörden dürfe niemand die Rechtsverletzung geltend machen, wenn der Mangel unbeachtlich sei. Die fristgerechte Rüge beseitige im Bereich des § 215 BauGB diese Schranke. Auch nach dieser Ansicht bleibt der Wirksamkeitszustand unverändert. Die Unbeachtlichkeit wirkt sich nur verfahrensrechtlich aus, so daß die Nichtigkeit nicht mehr festgestellt werden darf.
159
Hill, DVB1 1983, S. 1 (4 f.); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 f., dazu oben Kap. 2 I I 3 b. 161 Held, Grundrechtsbezug, S. 217 f., unter Berufung auf Hans Meyer,; im Ergebnis auch Hill, DVB1 1983, S. 1 (4 f.); ders., Das fehlerhafte Verfahren, S. 157 f. 162 Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (486 f.); Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 439 f.; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (233 f.); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78 f.); ders., in: Schrödter, § 214, Rn. 2; vgl. auch Lenz, ZfBR 1987, S. 65 (69). 160
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit b) Die materielle D i e Vertreter
119
Deutung
der materiellen D e u t u n g 1 6 3
gehen davon aus, daß
Rechtswidrigkeit aufgrund der gesetzlichen Anordnung durch die
die
§§214
und 215 B a u G B keine weiteren Folgen nach sich zieht. D i e Rechtsgeltung des Planes ergibt sich i m Falle eines Verstoßes nicht aus der Vereinbarkeit m i t höherrangigem Recht, sondern nach einer Ansicht unmittelbar aus der gesetzlichen A n o r d n u n g 1 6 4 bzw. nach einer anderen Auffassung einer gesetzlichen F i k t i o n .
165
aufgrund
Letzterem dürfte auch der B G H folgen, wenn
er ausführt, Pläne seien als „ v o n Anfang
an wirksam
zu
behandeln"}
66
Nachdem sich die Verwaltungsrechtsprechung zur D o g m a t i k lange Z e i t nicht eindeutig geäußert h a t , 1 6 7 scheint neuerdings das Bundesverwaltungsgericht einer materiellen Deutung zuzuneigen, nachdem es i n einem Beschluß den materiellrechtlichen
Charakter der Ausschlußfrist
des § 215
B a u G B betont h a t . 1 6 8
163
OVG Lüneburg, Urteil vom 27.7.1983, Die Gemeinde (SH) 1984, S. 197 (200); Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 2; Battis/Krautzberger/Löhr, N V w Z 1997, S. 1145 (1166); Dolde, BauR 1990, S. 1 (11); Grave, BauR 1980, S. 199 (205); Gierke , in: Brügelmann, § 10, Rn. 441; Prahl, SKV 1977, S. 266 (268); Rude, Planreparatur, S. 54 f.; Schäfer, NJW 1978, S. 1292 (1293); in diese Richtung auch Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (390). 164 Gierke, in: Brügelmann, § 10, Rn. 441. 165 Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 14; Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 15; Jäde, in: J/D/W, § 215, Rn. 1; Keßler, Abwertung der Verfahrensvorschriften, S. 255, für den von ihm vertretenen Rechtswidrigkeitsausschluß; in diese Richtung auch Gelzer/Birk, Rn. 494, die davon sprechen, daß Mängel als unbeachtlich „geltenvgl. dazu auch § § 7 Satz 1 und 11 Satz 1 LP1GBW, wonach Pläne trotz formeller Mängel nach Ablauf der Jahresfrist als gültig zustandegekommen „,gelten soweit keine Rüge erfolgt ist. 166 BGH, Urteil vom 2.4.1992, DVB1 1992, S. 1095 (1097); Urteil vom 1.10.1987, N V w Z 1988, S. 759. 167 BVerwG, Beschluß vom 18.6.1982, N V w Z 1983, S. 347 f., wonach ein Fehler „für die Gültigkeit der Satzung unschädlich" werde und Verstöße „nicht beachtet werden" dürften; ebenso offengelassen im Urteil vom 4.3.1999, ZfBR 1999, S. 228 f.; so auch OVG Münster, Beschluß vom 30.7.1999, BauR 2000, S. 362 (363), wo davon die Rede ist, daß eine Festsetzung eines Bebauungsplanes nach Unbeachtlichkeit eines Abwägungsfehlers gem. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB „nicht mehr beanstandet werden kann". 168 BVerwG, Beschluß vom 29.8.2000, BauR 2001, S. 199 (201).
120
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
2. Die Diskussion der Auffassungen a) Die Vergleichbarkeit der Unbeachtlichkeit mit Rechtsfiguren des Verwaltungs- und Verwaltungsprozeßrechts Möglicherweise läßt sich aus dem Vergleich der Unbeachtlichkeit mit ähnlichen Rechtsfiguren des allgemeinen Verwaltungs- und des Verwaltungsprozeßrechts die dogmatische Funktionsweise bestimmen. Das Instrument des Unbeachtlichwerdens weist gewisse Parallelen mit der Bestandskraft von Verwaltungsakten auf, 1 6 9 mit der es häufig verglichen w i r d . 1 7 0 Es bestehen aber auch erhebliche Unterschiede. So fehlt es der Unbeachtlichkeit nach § 215 Abs. 1 BauGB an der umfassenden Wirkung der Bestandskraft, durch die mit Ausnahme derjenigen Fehler, die zur Nichtigkeit führen, die Geltendmachung sämtlicher Mängel ausgeschlossen wird. Unbeachtlich kann demgegenüber nur eine begrenzte Anzahl genau aufgeführter Mängel werden. 171 Andererseits kann die relative Unbeachtlichkeit mittels einfacher Fehlerrüge durch jedermann verhindert werden und nicht nur durch die Rechtsschutzinstrumente des Widerspruches bzw. der verwaltungsgerichtlichen Klage, die in der Hauptsache der Wahrung subjektiver Rechte dienen. Zudem hat eine zulässige Rüge erga omnes Wirkung, während ein Verwaltungsakt nur gegenüber einzelnen Rechtssubjekten bestandskräftig werden kann. Die Vergleichbarkeit mit der Bestandskraft kann lediglich bei der Rechtfertigung und allenfalls bei einzelnen Anwendungsproblemen nutzbar gemacht werden, nicht aber bei ihrer grundlegenden dogmatischen Erklärung. Das „Labyrinth der Meinungen" 112 zur Deutung der Bestandskraft muß an dieser Stelle somit nicht beschritten werden. Ebensowenig helfen die oft beschworenen Parallelen zu den Rechtsbehelfsfristen 173 und zu der Rechtsfigur der Präklusion 174 weiter, da wie169 Vgl. zu den Parallelen Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 2; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263); Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. All (481); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (219). 170 Vgl. dazu die Gesetzesmaterialien, wo die Verbesserung der „Bestandskraft u von Plänen als Ziel der Planerhaltungsregelungen genannt wird, BT-Drs. 7/2496, S. 62; BT-Drs. 7/4793, S. 54; BT-Drs. 8/2885, S. 35; BT-Drs. 10/6166, S. 134 f.; so auch BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320). 171 BVerwG, Beschluß vom 19.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (137), wo das Bundesverwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf Flächennutzungspläne verneint, da es sich bei diesen um keine „nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen " handelt, nachdem die Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen die Aufhebbarkeit nur partiell verhindern. 172 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 253. 173 Zur Vergleichbarkeit Dürr; in: Brügelmann, § 214, Rn. 8; dazu auch die Nachweise bei Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (236); einschränkend Schmaltz , DVB1 1990, S. 77 (79).
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit
121
derum nur Einzelaspekte vergleichbar sind. Fristen für Rechtsbehelfe können im Gegensatz zur Unbeachtlichkeit keinen umfassenden Ausschluß der Nichtigkeit erzeugen. Der wesentliche Unterschied zur Präklusion, der der Vergleichbarkeit entgegensteht, ist in der unterschiedlichen Wirkungsweise zu sehen. 175 Die Präklusion knüpft an Mitwirkungslasten an, Einwendungen im Verwaltungsverfahren vorzubringen, 176 die das Bauplanungsrecht nicht in diesem Umfang kennt. Sie gilt zudem nur eingeschränkt für den jeweiligen Beteiligten und führt keine totale Ausschlußwirkung herbei. Im Ergebnis muß das Unbeachtlichwerden als eigenständiges Institut angesehen werden, 1 7 7 das kein direktes Vorbild hat. 1 7 8 b) Eigene Auffassung aa) Die verfahrensrechtliche Auffassung von der objektiven Voraussetzung der gerichtlichen Überprüfbarkeit Die Meinung, die die Rüge eines Mangels als objektive Voraussetzung für die gerichtliche Überprüfbarkeit ansieht, 179 kann nach der Änderung des § 215 Abs. 1 BauGB kaum mehr vertreten werden. 1 8 0 Sie setzt nämlich voraus, daß der Plan in der Schwebezeit wirksam ist, da es andernfalls keines Gestaltungsurteils bedürfte. Dies kann mit dem Wortlaut, nach dem der Fehler erst durch Nichteinlegung einer Rüge unbeachtlich wird, nicht in 174
Dazu der Ausschußbericht zum Entwurf eines Baugesetzbuches, BT-Drs. 10/ 6166, S. 134, wo ausgeführt wird, daß das Instrument bewußt „an die Grundsätze über den Ausschluß von Einwendungen gegen Planfeststellungen.... angelehnt" worden sei; zu den Parallelen auch Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263), m.w.N.; zu den Vorschlägen, die Präklusionswirkung weitaus stärker auszubauen, denen der Gesetzgeber bei der Schaffung der BauGB ebenso wenig nachgekommen ist wie bei dessen Novellierung durch das BauROG, vgl. die Stellungnahme des Zentralinstituts für Raumplanung, DVB1 1985, S. 36 (38 f.), und zum BauROG den Kommissionsbericht, Rn. 132, 136, wo eine Erweiterung zu einer echten Präklusionswirkung diskutiert, im Ergebnis aber abgelehnt wurde. 175 Ausführlich dazu Dolde, BauR 1990, S. 1 (9); Gaentzsch, § 215, Rn. 3; ebenso Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (236); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (79). 176 Zur häufig herangezogenen Regelung des § 73 Abs. 4 V w V f G Bonk, in: St/B/S, § 73, Rn. 73 ff. 177 Ebenso, Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (482); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (234 ff.); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2812). 178 Auch der Vergleichbarkeit mit der Jahresfrist für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze nach § 93 Abs. 3 BVerfGG, dazu Lemmel, Berliner Kommentar, § 215, Rn. 8, sind enge Grenzen gesetzt, da sie das richterliche Prüfungsrecht gerade unberührt läßt; ebenso, Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 5. 179 Oben Kap. 3 I V 1 a. 180 So auch Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 2, und Battis/Krautzberger/Löhr, N V w Z 1997, S. 1145 (1166).
122
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Einklang gebracht werden. Zudem besteht ein unaufhebbarer Systemwiderspruch zu § 47 VwGO, da der Normenkontrolle nicht nur feststellender Charakter, 181 sondern die Wirkung eines Gestaltungsurteils zugesprochen wird, was nicht überzeugen kann. 1 8 2 Für eine derartig weitgehende Änderung der Rechtslage, die noch dazu die Inzidentkontrolle nicht befriedigend zu erklären vermag, 1 8 3 finden sich in den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkte. Sie ist rechtspolitisch abzulehnen, da im Interesse der Bestandskrafterhöhung bei der Bauleitplanung verwaltungsprozessuale Grundlagen ohne Not und mit kaum zu überblickenden Folgewirkungen geändert würden. bb) Die Ansicht vom verfahrensrechtlichen Diskussionsverbot Die Ansicht, die in der Unbeachtlichkeit ein verfahrensrechtliches Verbot für jedermann sieht, die entsprechenden Fehlerwirkungen zu beachten, 184 kann weiterhin mit dem Wortlaut des BauGB vereinbart werden. Der rechtswidrige Plan ist ihr zufolge zwar nichtig, dies kann jedoch wegen der Unbeachtlichkeitsanordnung nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Sie stützt sich zum einen auf die Überlegung, daß allenfalls die Wahrnehmbarkeit der Nichtigkeitsfolgen, nicht aber die Gültigkeit von Normen vom Verhalten des Bürgers abhängen könne. 1 8 5 Zum anderen wird geltend gemacht, daß in Fällen, in denen gem. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nach 7 Jahren ein nichtiger Plan vollumfänglich Gültigkeit erlangt, alleine der lange Zeitraum ein Argument gegen die Änderung der materiellen Rechtslage liefere. 1 8 6 Dem letztgenannten Einwand ist entgegenzuhalten, daß die Rechtsordnung derart lange Fristen auch vom Institut der Verwirkung kennt, das von seiner Rechtswirkung her eher einer materiellrechtlichen Lösung entsprechen dürfte, da die zugrundeliegende Rechtslage verändert wird.187 Gegen eine rein verfahrensrechtliche Auslegung spricht zunächst, daß sich weder im Wortlaut noch in den Materialien ein Hinweis auf eine solche Deutung findet. Demgegenüber ist in § 216 BauGB von Auswirkungen 181 Zur Einordnung als Feststellungsverfahren vgl. statt vieler Kopp/Schenke, § 47, Rn. 37, und Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 404. 182 Ebenso Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (232); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). 183 Darauf weist Dolde, BauR 1990, S. 1 (11), zu Recht hin. 184 Oben Kap. 3 I V 1 a. 185 Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (231); Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 11 f. 186 Lenz, ZfBR 1987, S. 65 (69). 187 Zum materiellrechtlichen Charakter der Verwirkung siehe Wolff/Bachof/ Stober, § 37, Rn. 16 f.
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit
123
der §§ 214 und 215 BauGB auf die „Rechtswirksamkeit" die Rede, was für eine materielle Sichtweise spricht. 1 8 8 Zudem kann seit dem Inkrafttreten des BauROG aus § 215 a Abs. 1 BauGB ein weiteres Argument gewonnen werden. Die neu erlassene Regelung der Rechtsfolgen der Durchführbarkeit eines ergänzenden Verfahrens ordnet in Satz 2 mit der Nichtentfaltung von Rechtswirkungen ausdrücklich eine bisher unbekannte Rechtsfolge an. Sie schließt zugleich in Satz 1 die Nichtigkeit aus, die sich nach herkömmlicher Dogmatik an die beachtlichen Mängel anschließen würde. Die Wirkungsweise besteht dabei gerade nicht in einem prozessualen Anwendungsverbot der Nichtigkeit, sondern in ihrem materiellrechtlichen Ausschluß. Der systematische Zusammenhang spricht dafür, daß der Gesetzgeber in den §§214 und 215 BauGB dieselbe Regelungstechnik gebraucht hat. 1 8 9 Die Regelung des § 215 a Abs. 1 BauGB stellt ebenso wie die Unbeachtlichkeitsklauseln eine FehlerfolgenbegrenzungsVorschrift dar. 1 9 0 Sie orientiert sich sogar an deren Vorbild, nachdem laut Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zu § 215 a BauGB mit dieser Regelung die Fortentwicklung der bestehenden Unbeachtlichkeitsvorschriften beabsichtigt wurde. 1 9 1 Beide verfahrensrechtlichen Auffassungen sind daher abzulehnen, so daß nur noch fraglich ist, welche materielle Deutung überzeugen kann. cc) Die materielle Auffassung von der Gültigkeitsfiktion Die Auffassung, die von der Wirksamkeitsfiktion ausgeht, lehnt sich eng an die prozessuale Ansicht von der Tabuisierung des Mangels an, 1 9 2 vermeidet aber die wenig überzeugende Beschränkungen auf die Verfahrenssichtweise. Die Beurteilung als Fiktion muß sich jedoch am Wesen dieses Instruments ausrichten, das formallogisch ein Schlußverfahren darstellt. 193 Bei der Unbeachtlichkeit könnte ein fehlerfreies und damit rechtmäßiges Zustandekommen fingiert werden. Dem steht jedoch die Rechtswidrigkeit der Pläne entgegen, die von den Unbeachtlichkeitsregelungen unberührt bleibt. In Betracht kommt nur eine Fiktion der Plangeltung trotz Rechtswid188
Dolde, BauR 1990, S. 1 (11); Gierke, in: Brügelmann, § 10, Rn. 441. Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 2; Peine, JZ 1998, S. 23 (25); Rude, Planreparatur, S. 54. 190 Dazu oben Kap. 1 I I 2 b. 191 BT-Drs. 13/6392, S. 74. 192 Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (487), der zwar für das BauGB (1986) eine verfahrensrechtliche Lösung befürwortet, allerdings einräumt, daß die in den Gemeindeordnungen vorgesehenen Fiktionen den gleichen Effekt erreichten, dabei aber eine dogmatisch schlüssigere Lösung böten. 193 Ausführlich zum Wesen der Fiktion Jachmann, Die Fiktion i m öffentlichen Recht, S. 131 ff. 189
124
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
rigkeit, die den Ausschluß der bestehenden Nichtigkeit zum Gegenstand hätte. Den Anknüpfungspunkt würde bei § 215 BauGB die Nichteinlegung der Rüge bilden. 1 9 4 Eine Fiktion würde dann der Durchbrechung des Grundsatzes dienen, wonach die Rechtswidrigkeit eines Rechtssatzes die Nichtigkeit nach sich zieht. 1 9 5 Bekennt sich der Gesetzgeber nicht zur Änderung des Grundprinzips und verbirgt er dies durch eine Fiktion, handelt er inkonsequent. 196 Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Fiktion zu mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beiträgt, indem sie den Grundsatz unterstreicht, von dem Ausnahmen gemacht werden können. Vorliegend würde die Fiktion die Änderung der Rechtslage aber eher verschleiern, nachdem im Ergebnis die Nichtigkeit abbedungen wird. Es erscheint daher folgerichtiger, diese Wirkung anzuerkennen und nicht durch eine Fiktion zu verbergen. Eine derartige Vorgehensweise könnte nur den Zweck haben, einen scheinbar höheren Grad an Legitimation zu erzeugen, der aber tatsächlich nicht vorhanden ist. Schließlich spricht der Wortlaut gegen eine Fiktion, da das Gesetz, anders als bei verschiedenen kommunalrechtlichen Erhaltungsregelungen, 197 nicht zwischen der tatsächlichen und der fingierten Rechtslage differenziert. Daher ist eine Gültigkeitsfiktion abzulehnen. dd) Die rein materielle Deutung als gesetzliche Folgenbegrenzungsanordnung Die rein materielle Deutung der Unbeachtlichkeit legt dagegen das Ziel der Folgenbegrenzungsvorschriften, die partielle Beseitigung des Zusammenhanges zwischen der Rechtswidrigkeit und der Nichtigkeit im monistischen Rechtsfolgensystem und damit die Durchbrechung des strengen Nichtigkeitsdogmas zugunsten einer differenzierten Lösung, offen. Der Einwand, für eine solche Intention fehle es an deutlichen Anhaltspunkten, 198 kann nicht überzeugen. Der Gesetzgeber hat diese Absicht allein durch die Verweise auf die Bestandskraft bei Verwaltungsakten in den Materialien in ausreichender Weise verdeutlicht. 199 Zudem zeigt sie sich in der Änderung der Überschrift vor den §§ 214 ff. BauGB von „ Wirksamkeitsvoraussetzungen" 194 Ablehnend Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 438; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810). Bei § 214 BauGB würde es an einem möglichen Anknüpfungstatbestand fehlen. 195 Manfred Pfeifer, Fiktionen im öffentlichen Recht, S. 208 f., bezeichnet derartige Fiktionen als „dogmatische Fiktion 196 Manfred Pfeifer, Fiktionen im öffentlichen Recht, S. 211 f. 197 Vgl. Gierke, in: Brügelmann, § 10, Rn. 438, m.w.N.; im Ergebnis ebenso Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 439 f. 198 Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 439.
IV. Die dogmatische Erklärung der Unbeachtlichkeit
125
in „Planerhaltung". Gleiches gilt, wie bereits dargelegt, für die Formulierung des § 216 BauGB, wonach Mängel sich auf die Rechtswirksamkeit nicht auswirken. 200 Da es für eine Deutung als Fiktion bzw. als verfahrensrechtliches Verbot keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt, sprechen Wortlaut und Entstehungsgeschichte eher für eine rein materielle Deutung. Gewichtiger erscheint das gegen diese Ansicht vorgebrachte Argument, der Rüge könne keine Gestaltungswirkung hinsichtlich des materiellen Rechts zukommen, da der Bürger ohne gerichtliche Entscheidung nicht über den Rechtscharakter einer Norm disponieren dürfe. 2 0 1 Die rechtstechnische Besonderheit, daß die Wirksamkeit einer Norm letztlich an das Verhalten der Bürger geknüpft ist, wird als der deutschen Rechtstradition fremd und damit als unüberwindbar angesehen. 202 Diesen Bedenken kann entgegengehalten werden, daß der Gesetzgeber durch § 215 BauGB die Unbeachtlichkeit von Fehlern selbst geregelt hat, 2 0 3 wenn auch antizipiert. Er kann in Ausnahme zum elementaren Grundsatz, daß die Geltung von Rechtssätzen auf der Übereinstimmung mit allem höherrangigem Recht beruht, Regelungen vorsehen, die zu einer von Kelsen als „normative Alternative " bezeichneten Rechtsfigur führen. 2 0 4 Die Gültigkeit eines niederrangigen Rechtssatzes ergibt sich nicht mehr aus der Übereinstimmung mit höherrangigem formellen und materiellen Recht, sondern nur noch aus der gesetzlichen Sonderbestimmung. 2 0 5 Eine solche ist in den Unbeachtlichkeitsvorschriften zu sehen. Im Unterschied zu der unbedingten Vorschrift des § 214 BauGB ist bei der relativen Unbeachtlichkeit nach § 215 BauGB die Folgenbegrenzung von einer Rüge abhängig. Die fehlerhafte Satzung bzw. der fehlerhafte Flächennutzungsplan entfaltet zunächst nur einen Rechtsschein der Gültigkeit. Dieser erstarkt gem. § 215 BauGB zur Wirksamkeit, wenn der Mangel nicht gerügt wurde. Die Rüge ist negative Tatbestandsvoraussetzung für den Eintritt der Erstarkung. 206 Sie ändert nicht selbst die Qualität der Norm, son199 Vgl. etwa BT-Drs. 10/4630, S. 156; BT-Drs. 10/6166, S. 134; BT-Drs. 13/ 6392, S. 38. 200 Gierke , in: Brügelmann, § 10, Rn. 441. 201 Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (231); Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2810); ebenso Dolde, BauR 1990, S. 1 (11 f.), der von einer materiellen Deutung ausgeht, die Konsequenz allerdings als rechtsstaatlich nur schwer tragbar kritisiert. 202 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 156; ders., DVB1 1983, 1 (4 f.); Schmaltz, in: Schrödter § 214, Rn. 11, hält dies sogar für verfassungswidrig. 203 Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 2. 204 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 85 f.; dazu auch Ipsen, Rechtsfolgen, S. 49 ff. 205 So auch Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (485 f.), der bezüglich der absoluten Unbeachtlichkeit die Rechtsfolgen auf die von Kelsen begründete Lehre stützt, für die relative Unbeachtlichkeit die Übertragbarkeit dieser Begründung jedoch ablehnt. 206 In dieselbe Richtung Gierke, in: Brügelmann, § 10, Rn. 446; ebenso bereits Molodovsky, BayVBl 1977, S. 539 (544 f.).
126
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
dem steht dem durch § 215 BauGB gesetzlich festgelegten Qualitätswandel entgegen. Die Besonderheit liegt also darin, daß der Gesetzgeber antizipiert und von äußeren Umständen abhängig die Gültigkeit von Rechtsnormen geregelt hat. Die sich daraus ergebende Konsequenz, daß die Gültigkeit mittelbar vom Willen des Bürgers abhängen kann, der bewußt eine Geltendmachung unterläßt, 207 ist hinnehmbar. 208 Die Rüge durch den Bürger bildet einen zulässigen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der gesetzlich vorgesehenen Fehlelfolgen. Da es nicht ohne weiteres möglich ist, alternative Maßstäbe für die Erheblichkeit von Mängeln zu finden, was sich in der historischen Betrachtung deutlich gezeigt hat, durfte der Gesetzgeber auf das Verhalten der Bürger abstellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Vorgängerregelung des § 155 a Satz 1 BBauG (1976) ausgeführt, 209 daß Fehler, die allgemein hingenommen worden seien bzw. solche, die innerhalb der Fristen keine praktische Bedeutung erlangt hätten, die Gültigkeit nicht beeinträchtigen sollten. So gesehen stellt die Rügeabhängigkeit ein geeignetes Instrument dar, um Mängel, die nicht generell als unerheblich eingestuft werden können, einzelfallbezogen unbeachtlich werden zu lassen. Allein die Tatsache, daß es sich um eine neuartige Rechtsfigur handelt, kann der rein materiellen Betrachtungsweise nicht entgegengehalten werden. Auch die anderen Auffassungen müssen zur Begründung der Rechtsfolgen des § 215 BauGB auf Erklärungsmodelle zurückgreifen, die der Rechtsordnung in dieser Ausgestaltung bisher unbekannt sind. Da sie die materiellen Wirkungen nur hinter verfahrensrechtlicher Dogmatik bzw. hinter einer Fiktion verbergen, sind sie abzulehnen. Die materiell - rechtliche Deutung kann als einzige Theorie die von ihr gesetzten Prämissen durchhalten und zu konsequenten Ergebnissen gelangen. Sie muß für die dogmatische Erklärung auch nicht zwischen §214, §215 und § 215 a Abs. 1 BauGB differenzieren. Daher kann sie überzeugen.
3. Die absolute Unbeachtlichkeit nach § 214 BauGB Dieser Auffassung ist auch bei § 214 BauGB zu folgen. Eine dogmatische Unterscheidung zwischen den Wirkungsweisen der relativen und der absoluten Unbeachtlichkeit ist wegen des einheitlichen Wortlauts, des systematischen Zusammenhanges und wegen der parallel verlaufenen Entste207
Kritisch dagegen Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (231). Diese Situation ist der Rechtsordnung nicht völlig fremd. Auch im Rahmen der Normenkontrolle nach § 47 VwGO kann die bewußte Nichteinlegung eines Antrages weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen, wie die §§47 Abs. 5 Satz 3, 183 VwGO zeigen. 209 BVerwG, Beschluß vom 18.6.1982, N V w Z 1983, S. 347. 208
V. Verfassungsrechtliche Bewertung
127
hungsgeschichte abzulehnen. 210 Sie wird nur dann erforderlich, wenn alternativen Erklärungsmodellen gefolgt wird, um die jeweiligen Unstimmigkeiten zu umgehen.
4. Zusammenfassung Die Unbeachtlichkeitsklauseln stellen eine materielle Regelung der Folgen von Verstößen gegen höherrangiges Recht dar. Der betreffende Flächennutzungsplan bzw. die betreffende Satzung ist rechtswidrig, aber nicht nichtig und damit rechtswirksam. Ihr Geltungsgrund ist in der gesetzlichen Anordnung der §§ 214 und 215 BauGB zu sehen. Bei der relativen Unbeachtlichkeit tritt diese Folgenbegrenzung erst nach Ablauf der jeweiligen Fristen rückwirkend auf den Erlaßzeitpunkt ein, so daß während offener Rügefrist die Nichtigkeit festgestellt werden kann. Die korrekt erhobene Fehlerrüge schließt den Eintritt der Planerhaltungswirkung aus. Die Nichtigkeit besteht dann zeitlich uneingeschränkt fort. Die Rüge selbst berührt die Qualität der Pläne nicht, da ein qualitativer Wandel nur durch den Eintritt der Rechtsfolge des § 215 BauGB hervorgerufen werden kann. Sie stellt ein negatives Tatbestandsmerkmal dar, an das der Gesetzgeber angeknüpft hat, um Fehler, die sich im konkreten Fall als unwesentlich erwiesen haben, nicht der Nichtigkeitssanktion zu unterwerfen. Die absolute Unbeachtlichkeit nach § 214 BauGB ordnet die entsprechenden Erhaltungswirkungen an, ohne daß es des Vorliegens weiterer Voraussetzungen bedarf.
V. Verfassungsrechtliche Bewertung der §§ 214 Abs. 1 und 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 1. Verfassungsrechtliche Maßstäbe Die Verfassungsmäßigkeit der Planerhaltungsregelungen ist immer noch Gegenstand einer kontroversen Diskussion. 211 Sie hat zwar in den letzten Jahren an Intensität abgenommen, jedoch angesichts neuerer Entwicklungen im Baurecht 2 1 2 und in Anbetracht der Tatsache, daß die verfahrensrechtliche Bedeutung der Grundrechte noch nicht abschließend geklärt ist, wenig 210
A . A . Ipsen, Die Verwaltung 20 (1987), S. 477 (486 f.), der die materielle Deutung für die relative Unbeachtlichkeit ablehnt. 211 Ein Überblick über die kaum zu überschauende Zahl von Meinungen findet sich bei Battis, Vorb. §§ 214-216, Rn. 8; vgl. auch Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 44 ff., und Stich, DVB1 1982, S. 173 (178), jeweils m.w.N. 212 Zu denken ist etwa an die Anerkennung des Rechts auf Abwägung der eigenen Belange, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, DVB1 1999, S. 100 ff.; Kopp/Schenke, § 47, Rn. 72, m.w.N. aus der Rspr.
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
an Aktualität eingebüßt. Als verfassungsrechtliche Maßstäbe für die Folgenbegrenzungsregelungen kommen neben dem Rechtsstaatsgebot die Grundrechte in Betracht. a) Das Rechtsstaats gebot Unabhängig vom Gehalt der Norm, für deren Verletzung die Nichtigkeit ausgeschlossen ist, werden bereits rechtsstaatliche Bedenken gegen die generelle Regelungstechnik der Unbeachtlichkeitsklauseln, die Trennung zwischen Handlungs- und Kontrollmaßstab, geltend gemacht. 213 Darin sei ein Verstoß gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene „Konsequenzgebot" zu sehen, das es verbiete, auf die Erzwingung der Einhaltung von Rechtssätzen zu verzichten. Dem läßt sich entgegenhalten, daß der Gesetzgeber, soweit er berechtigt ist, die Vorschriften gänzlich abzuschaffen, erst recht die gerichtliche Kontrolle der Rechtsbindung einschränken darf. 2 1 4 Dies gilt zumindest solange, wie die rechtsaufsichtlichen Beanstandungsmöglichkeiten unberührt bleiben. Es gibt, wie bereits eingangs dargelegt, kein verfassungsrechtliches Nichtigkeitsdogma in Form eines unüberwindbaren Verfassungsprinzips, gegen das verstoßen würde. Der weite Spielraum für die Rechtsfolgenbestimmung, der dem Gesetzgeber eingeräumt i s t , 2 1 5 läßt Abstufungen hinsichtlich der Handlungs- und Kontrollfunktion der Normen zu. Ihm diese Gestaltungsfreiheit abzusprechen hieße, den Weg für differenzierte, den jeweiligen Besonderheiten gerecht werdende Lösungen zu versperren. Die grundlegenden Bedenken greifen daher nicht durch. Vielmehr kommt es auf den verfassungsrechtlichen Gehalt der jeweiligen Vorschrift an, deren Verletzung für nicht beachtlich erklärt w i r d . 2 1 6 Erst wenn dieser einer Unbeachtlichkeit entgegensteht, kann ein Verfassungsverstoß vorliegen. Es gilt also zu prüfen, welche im BauGB geregelten Verfahrens- und Formvorschriften zu den verfassungsrechtlich gewährleisteten Mindestanforderungen gehören und als solche nicht nur gegen eine Abschaffung, sondern auch gegen eine Fehlerfolgenbegrenzung immunisiert sind. Ungeachtet dessen, daß das Rechtsstaatsgebot keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- und Ver213
Held, Grundrechtsbezug, S. 226 f.; Papier, DÖV 1986, S. 621 (628). Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2811); Söfker, ZfBR 1981, S. 60; ders. ZfBR 1979, S. 191 (194). 215 Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 47; vMutius/Hill, S. 21; Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272); dazu bereits oben Kap. 1 I 1 c. 216 Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (265); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (78); anders Held, Grundrechtsbezug, S. 226, der diesen Zusammenhang verkennt, wenn er argumentiert, daß in Fällen der eingeschränkten richterlichen Prüfungskompetenz alle Vorschriften ungeachtet ihres Gehaltes eingehalten werden müßten; vgl. dazu auch die Neufassung des § 46 VwVfG, durch die ebenfalls zum Ausdruck kommt, daß eine Folgenbegrenzung nicht nur bei Alternativlosigkeit zulässig ist. 214
V. Verfassungsrechtliche Bewertung
129
bote enthält, 2 1 7 dürfte dies aus Rechtssicherheitsüberlegungen heraus für die Beschlußfassung 218 über den Plan und das Bekanntmachungserfordernis gelten, 2 1 9 die konstitutiv für das Inkrafttreten einer jeden Rechtsnorm sind. 2 2 0 Als weiterer rechtsstaatlicher Maßstab für einen derartigen verfassungsrechtlichen Gehalt ist das Gebot des lückenlosen und wirksamen Rechtsschutzes heranzuziehen, das in den Gewährleistungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und der materiellen Grundrechte, insbesondere auch in Art. 14 GG, eine konkrete Ausprägung gefunden hat. b) Die Maßstabsfunktion
des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
Wie oben bereits festgestellt, eröffnet der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur den Zugang zu den Gerichten, 221 sondern verlangt eine hinreichende Prüfungsbefugnis und eine effektive Entscheidungsmacht. 222 Er setzt das Bestehen eines subjektiven Rechts voraus und ist insofern akzessorisch gegenüber dem materiellen Recht, 2 2 3 dessen Auslegung er aber beeinflussen kann. Ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch wird dagegen nicht eingeräumt. 224 Es kommt somit darauf an, ob die jeweilige Verfahrensregelung ein subjektives Recht gewährt. Dieses könnte sich für das formelle Bauplanungsrecht mangels selbständiger einfachgesetzlicher Rechtspositionen nur aus der Wirkkraft der Grundrechte, allen voran des Art. 14 Abs. 1 GG, ergeben. 225 217
BVerfG, Beschluß vom 16.1.1980, BVerfGE 53, 115 (127). Lemmel in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 22. 219 Lemmel, a.a.O., § 214, Rn. 27; allgemein zu den Anforderungen BVerfG, Beschluß vom 22.11.1983, BVerfGE 65, 283 (291); BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 271 (272). 220 Dazu auch Mößle, in: Novellierung des Landesplanungsrechts, S. 201 (206). 221 Dieser ist seit der Neufassung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gewährleistet, dazu oben Kap. 2 I I 2. Die Ausdehnung des Rechtsschutzes hat der Eindämmung des Nichtigkeitsdogmas die verfassungsrechtliche Brisanz ein Stück weit genommen. Bedenken ergeben sich jedoch neuerdings aus der Befristung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, dazu Kopp/Schenke, § 47, Rn. 84. Nachdem Flächennutzungspläne keine unmittelbaren Rechts Wirkungen für den Bürger entfalten, ist eine entsprechende gerichtliche Kontrolle bei ihnen nicht erforderlich. 222 BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82; dazu A. Gern/S. Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (127); Kirchhof NJW 1981, S. 2382 (2383), m.w.N. 223 BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82 (110); Beschluß vom 5.2.1963, BVerfGE 15, 275 (281), ständige Rspr.; vgl. auch Pietzcker, VVDStRL, Bd. 41 (1983), S. 193 (224), und Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 119. 224 Schmidt-Aßmann, a.a.O., Rn. 122. 225 Zum Verhältnis des Art. 19 Abs. 4 GG zu den Einzelgrundrechten ausführlich Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, S. 327 ff., und Streinz, VerwArch 79 2,8
9 Käß
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3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
c) Die verfassungsrechtlichen
Anforderungen
durch Art. 14 GG
Mittlerweile ist allgemein anerkannt, daß Bebauungspläne anders als Flächennutzungspläne, die keine unmittelbaren Rechtswirkungen für den Bürger entfalten, Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums darstellen. 226 Entsprechendes gilt für die anderen Satzungen des BauGB. 2 2 7 Besondere Bedeutung für den Grundrechtsschutz kommt dabei den Anforderungen an die Abwägung zu. Im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Gehalt der formellen Regelungen ist folgendes zu beachten: Die Abwägung ermöglicht die verfassungskonforme Planung durch die Vernetzung der Belange, zu denen die grundrechtlich geschützten Positionen zählen. Aus grundgesetzlicher Sicht bedarf es keiner konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Gewichtung und Zuordnung der Interessen, da dies den sachgerechten Ausgleich im Einzelfall eher erschweren würde. 2 2 8 Der unverzichtbare Schutz der Grundrechtsträger gegen willkürliche Planungsentscheidungen, die unter Ausnutzung der planerischen Gestaltungsfreiheit getroffen werden könnten, erfolgt durch die besonderen „prozeduralen" Anforderungen an die Abwägung. 2 2 9 Es findet eine Annäherung an das Modell reiner Verfahrensgerechtigkeit statt, wodurch die herkömmliche Abgrenzung zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht ihre Schärfe verliert. 2 3 0 Die Maßstäbe für die „Gerechtigkeit des Abwägungsprozesses" bilden jedoch weniger die formellen Regelungen des BauGB, nachdem der Gesetzgeber bewußt auf eine Ausgestaltung der Abwägung durch Verfahrensnormen verzichtet hat, sondern eher die richterrechtlich entwickelten (materiellen) Anforderungen an den Abwägungsvorgang, die aber nicht von den Unbeachtlichkeitsregelungen für formelle Mängel, sondern nur von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB und von § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erfaßt werden. 2 3 1 Einen verfassungsrechtlichen Gehalt, der in Anbetracht der vorhandenen materiellen Maßstäbe nicht überbewertet werden darf, weisen daher allenfalls die auf die Abwägung bezogenen Verfahrensvorschriften, die Be-
(1988), S. 272 (295), nach deren Auffassung Art. 19 Abs. 4 GG als Mindestforderung und die einzelnen Grundrechte als speziellere Anforderungen zu deuten sind. 226 BVerfG, Beschluß vom 22.2.1999, DÖV 1999, S. 777; Beschluß vom 30.11.1988, NJW 1989, S. 1271 (1272); Beschluß vom 11.5.1985, BVerfGE 70, 35 f.; ausführlich dazu Papier, in: FS für Hoppe, S. 213 ff.; zur früheren Gegenauffassung des BVerfG vgl. Beschluß vom 27.7.1971, BVerfGE 31, 357 (368 f.). 227 Kirchhof NJW 1981, S. 2382. 228 BVerfG, Beschluß vom 30.11.1988, NJW 1989, S. 1271 (1274). 229 Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272). 230 Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 224. 231 Dazu oben Kap. 3 I I 2 a bb. Zur Abgrenzung von formellen Mängeln und Fehlern im Abwägungsvorgang vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 5.11.1998, Buchholz 406.11, § 214 BauGB, Nr. 13.
V. Verfassungsrechtliche Bewertung
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teiligungs- und die für die materielle Plankontrolle unverzichtbaren Begründungsregelungen, auf.
2. Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit a) Die Ausklammerung von Verstößen gegen rechtsstaatlich unverzichtbare Anforderungen aus den Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen Dem Rechtsstaatsgebot zufolge sind die Beschlußfassung und die Kenntniserlangung der Bürger vom Inhalt des Planes, zumindest insoweit als eine Anstoßfunktion erfolgen muß und die Einsichtnahme in den Plan gewährleistet ist, unerläßliche Wirksamkeitsvoraussetzungen. 232 Der Gesetzgeber hat für diese in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB aufgeführten Anforderungen eine Folgenbegrenzung ausgeschlossen. Er hat sie weder der relativen noch der absoluten Unbeachtlichkeit unterfallen lassen, weshalb sie „absolut beachtlich" sind. Ob auch die rechtsaufsichtliche Genehmigung zu den unverzichtbaren Erfordernissen zählt, kann dahinstehen, da sie diesen gleichgestellt ist. Nachdem andere Form- und Verfahrensvorschriften des BauGB keinen derart starken rechtsstaatlichen Bezug aufweisen, 233 begegnen die Unbeachtlichkeitsregelungen insofern keinen Bedenken. Es bleibt aber fraglich, ob die hinter den sonstigen formellen Regelungen stehenden verfassungsrechtlichen Prinzipien mit den für die Planerhaltung sprechenden Grundsätzen zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. b) Die absolute Unbeachtlichkeit Die Beteiligungsvorschriften des BauGB weisen einen verfassungsrechtlichen Gehalt auf, der sich aus der Bedeutung für die Ermittlung der abwägungserheblichen Belange ergibt. Ein Verzicht auf die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung wäre ungeachtet der Tatsache, daß das Erfordernis einer gerechten Abwägung unberührt bleibt, nicht hinnehmbar. Selbst wenn kein Anspruch auf Planerstellung besteht, muß eine hinreichende Anhörung erfolgen, da durch die Planung in Grundrechte eingegriffen werden kann. 2 3 4 Der Kern der Beteiligungsregelungen wird demgemäß in § 214 Abs. 1 232 So für § 155 a Abs. 3 BBauG (1979) Hill Das fehlerhafte Verfahren, S. 163, und Softer, ZfBR 1979, S. 191 (193); vgl. dazu bereits oben Kap. 3 V 2. 233 Ebenso Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 45; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; im Ergebnis auch Schmaltz. , in: Schrödter, § 214, Rn. 9. 234 Zu eng daher BVerwG, Beschluß vom 3.8.1982, N V w Z 1982, S. 92 f., wo unter Hinweis auf die Vorgängerregelung des § 2 Abs. 3 BauGB eine Grundrechtsverletzung durch unterbliebene Bürgerbeteiligung kategorisch ausgeschlossen wird.
9*
132
3. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
Satz 1 Nr. 1 BauGB für beachtlich erklärt. Soweit Fehler bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nicht beachtlich sind, ist dies unbedenklich, da sie durch die spätere Beteiligung gem. § 3 Abs. 2 BauGB ausgeglichen werden. 2 3 5 Auch die in Ziffer 1 vorgesehene interne Unbeachtlichkeitsklausel erfaßt nur weniger schwere Verstöße, die hinter der gebotenen Rechtssicherheit zurücktreten. Die verfassungsrechtlichen Bezüge der Begründungsregelungen ergeben sich aus dem Rechtsschutzerfordernis. Nur bei ausreichender Tatsachenkenntnis kann ein Bürger die Aussichten, den betreffenden Plan erfolgreich anzufechten, realistisch einschätzen und ein Gericht die erforderliche Kontrolle durchführen. Das Begründungserfordernis tritt bei Planungen nicht zuletzt wegen der geringen materiellen Bindungen weitaus stärker als bei sonstigen Normen zutage. Die Abwägung kann nur bei Kenntnis der ihr zugrundeliegenden wesentlichen Planungsgesichtspunkte in einer dem Rechtsstaatsgebot und dem Grundrechtsschutz genügenden Art und Weise überprüft werden. Daher weist die Begründung Bezüge zur materiellen Plankontrolle auf, was sich daran zeigt, daß die Einordnung dieses Merkmals während der Geltung des BBauG umstritten w a r . 2 3 6 Durch die grundsätzliche Beachtlichkeit der Begründungs- und Erläuterungsregelungen (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) und den Auskunftsanspruch des Bürgers bei bloßer Unvollständigkeit (§ 214 Abs. 1 Satz 2 BauGB) ist der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht geworden. 237 Sonstige Verfahrens- und Formvorschriften, deren absolute Unbeachtlichkeit Bedenken hervorrufen könnte, sind nicht ersichtlich 238 . § 214 Abs. 1 BauGB ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. c) Die relative
Unbeachtlichkeit
Fraglich ist, ob § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einen angemessenen Ausgleich zwischen den kollidierenden Verfassungsgütern schafft. Das wäre der Fall, wenn die für die Planerhaltung sprechenden Prinzipien, allen voran die Rechtssicherheit, es rechtfertigen, daß nach einem Jahr keine bundesrechtlichen Verfahrens- und Formfehler mehr gerichtlich geltend gemacht 235
Ausführlich zur Unbedenklichkeit der Vorgängerregelung in § 155 a Abs. 2 BBauG (1979) Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 162 f.; zustimmend Schmaltz , DVB1 1990, S. 77 (78); kritisch dagegen Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 229 f. 236 Vgl. Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 4, und oben Kap. 3 I I 1 b. 237 BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (51 f.), zur früheren Regelung des § 155b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBauG (1979). 238 Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (79); ebenso Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 45.
V. Verfassungsrechtliche Bewertung
133
werden können mit Ausnahme der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB genannten Mängel. Angesichts des verfassungsrechtlichen Gehalts der in §214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB genannten Normen könnten diesbezüglich Zweifel aufkommen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Schutz durch die Verfahrensdimension der Grundrechte nicht absolut ist und daß ein Betroffener nach einem längeren Zeitraum, in dem er seine Einwendungen nicht geltend gemacht und die Mängel nicht gerügt hat, weniger Vertrauen gegenüber einer Rechtsminderung genießt. 239 Hier zeigen sich Parallelen zur Bestandskraft bei Verwaltungsakten, 240 wo der Schutz des Betroffenen sogar noch stärker eingeschränkt wird, was mit dem konkret individuellen Charakter und den damit zusammenhängenden Bekanntgabeerfordernissen gerechtfertigt werden kann. Im allgemeinen besteht bei Rechtsnormen keine individuelle Rügeobliegenheit aller Normbetroffenen, so daß das Unterlassen einer Geltendmachung eigener Rechte nicht in gleicher Art und Weise angelastet werden kann. 2 4 1 Eine Norm konkretisiert sich regelmäßig erst in den auf ihrer Grundlage ergehenden Einzelakten, die u.U. nur in ferner Zukunft eine Betroffenheit beim Bürger auslösen. Etwas anderes gilt aber für in Normform gekleidete Pläne, die stärker situativ ausgerichtet sind und den betroffenen Grundstücken einen bestimmten Rechtsstatus verleihen, ohne daß es des Dazwischentretens von Vollzugsakten bedarf. 242 Gerade diese Betroffenheit führt dazu, daß dem Bürger ein Tätigwerden zur Verwirklichung seiner das Aufstellungsverfahren betreffenden Rechte zumutbar ist. Sie wird durch die in ihrem Kern gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB absolut geschützte Anstoßwirkung der Bekanntmachung und durch das für die Unbeachtlichkeit konstitutive Hinweiserfordernis des § 215 Abs. 2 BauGB ausgelöst. Zusammen gewährleisten diese Voraussetzungen eine ausreichende Publizitätswirkung, vergleichbar mit der ortsüblichen Bekanntmachung bei Verwaltungsakten. 243 Mit der generellen Befugnis, Fehler geltend zu machen, und der erga omnes Wirkung der Un239 Dagegen kann nicht eingewendet werden, es bestehe kein schützenswertes Vertrauen in die Nichtigkeit eines Rechtssatzes. Es geht nämlich gerade um die Frage, ob die fehlerhafte Norm tatsächlich nichtig ist oder ob eine andere Fehlerfolge eintreten soll. Einen Vertrauensschutz gegenüber allen fehlerbehafteten Plänen zu verneinen, ginge zu weit und würde die Erfordernisse des Rechtsverkehrs verkennen. Erst bei inhaltlicher Mangelhaftigkeit kann ein Wegfall des Vertrauens erwogen werden, vgl. Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 7. 240 Ungeachtet der Unterschiede in der Dogmatik, vgl. dazu oben Kap. 3 I I 2 a, können angesichts ähnlicher Interessenlagen zumindest bei der verfassungsrechtlichen Bewertung Vergleiche gezogen werden. 241 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 241. 242 BVerfG, Beschluß vom 14.5.1985, BVerfGE 70, 35 (53); dazu auch Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (240), der darauf abstellt, daß ein in Normform gekleideter Plan im Gegensatz zu anderen Rechtsnormen stärker auf Vollzug ausgelegt ist und nicht zuletzt deshalb auch eine höhere Publizitätswirkung erzielt.
1 3 4 3 .
Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Verfahrens- und Formfehlern
beachtlichkeit ist der Gesetzgeber auch dem Rechtsnormcharakter gerecht geworden, da durch sie ein einzelner Betroffener der Rügeobliegenheit mit Wirkung für den gesamten Adressatenkreis nachkommen kann. Aufgrund dieser Voraussetzungen genügt § 215 BauGB den grundgesetzlichen Anforderungen. Die Abhängigkeit der Fehlerfolge von der rechtzeitigen Rügeerhebung ist ein geeignetes Mittel, um die Interessen der Betroffenen mit dem Rechtssicherheitsbedürfnis in Einklang zu bringen. 2 4 4 Soweit die formellen Vorschriften den Schutz von Grundrechtsträgern bezwecken, ist diesen eine Rüge zumutbar. 245 Soweit lediglich der „dienende" Charakter des Verfahrensrechts und der Formalien im Vordergrund steht, 2 4 6 ist es erst recht zulässig, nach einem Jahr der Rechtssicherheit den Vorrang einzuräumen. Schließlich lassen die Regelungen die Pflicht zur Ermittlung aller abwägungserheblichen Belange und die ordnungsgemäße Durchführung der Abwägung unberührt. Gegen die relative Unbeachtlichkeit bestehen demnach keine durchgreifenden Bedenken 247 .
243
Diese genügt sogar, um Präklusionswirkungen auszulösen, dazu jüngst BVerfG, Beschluß vom 27.12.1999, BauR 2000, S. 535 (536 f.), zur Präklusion nach § 73 Abs. 5 VwVfG, § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG. 244 Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Regelung des § 215 BauGB verursache selbst Rechtsunsicherheit, da es an einer Bekanntmachungspflicht für wirksam erhobene Rügen fehle, und sei daher verfassungsrechtlich bedenklich, so aber Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (277). Die Unklarheit über die Wirksamkeit des Planes könnte dadurch nicht beseitigt werden, da nichts über die Berechtigung der Rüge ausgesagt wäre. Zudem ist davon auszugehen, daß Gemeinden sich gesetzeskonform verhalten und einen angezeigten Fehler durch Nachbesserung heilen. 245 Dies wird auch an der vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten Obliegenheit deutlich, bei der Planaufstellung eigene Belange geltend machen zu müssen. Soweit dies nicht geschehen ist und der Belang nicht erkennbar war, liegt schon kein Abwägungsfehler vor, dazu BVerwG, Urteil vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87;
Söfker, 246
ZfBR 1981, S. 60 (61). Dazu oben Kap. 1 I 1 a bb; vgl. auch Maurer, in: FS für Bachof, S. 215
(240). 247
So auch Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (240); Schmaltz, DVB1 1990, S. 77 (79); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 241, zu § 155 a BBauG (1979); Schäfer, NJW 1978, S. 1292 (1293 f.), zu § 155 a BBauG (1976); im Ergebnis ebenso BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (48 f.).
4. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre Das Verständnis der Planerhaltungsregelungen, die Abwägungsmängel zum Gegenstand haben, setzt zwingend eine Darstellung der herrschenden Abwägungsfehlerlehre voraus, ohne die etwa der Unterschied zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis, wie er im Tatbestand des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB vorausgesetzt wird, nicht nachvollzogen werden kann. Die Fehlerlehre gibt darüber hinaus den Gegenstand für die Planerhaltung vor, da sie den Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit von Abwägungsentscheidungen festlegt. Sie wird wiederum nicht ohne Untersuchung der hinter ihr stehenden Abwägungsdogmatik verständlich, die Gegenstand einer Jahrzehnte andauernden Entwicklung war, welche noch nicht als abgeschlossenen angesehen werden kann. 1
1. Die Festschreibung des Abwägungsgebotes durch den Gesetzgeber und die Entwicklung der Abwägungsdogmatik durch die Rechtsprechung Der Gesetzgeber hat das Erfordernis einer gerechten Abwägung erstmals im Bundesbaugesetz von 1960 erwähnt und dadurch die erste Weiche für den Wesensvorgang einer funktionsfähigen rechtsstaatlichen Planung gestellt. Die damalige Regelung in § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG (1960) beschränkte sich auf die bis heute beinahe unverändert gebliebene Festlegung, daß „ die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen" seien. Angesichts der besonderen Bedeutung der Abwägung als Kernelement der Planung erscheint diese Bestimmung im Nachhinein betrachtet erstaunlich inhaltslos. Dies verwundert aus rechtshistorischer Sicht nicht besonders, da der Gesetzgeber sich ihrer Bedeutung bei Erlaß des BBauG (1960) wohl allenfalls in Ansätzen bewußt war, was aus dem Gesetzgebungsverfahren, 2 aus den Gesetzesmaterialien 3 und aus 1 Vgl. etwa die Diskussion um das subjektiv öffentliche Recht auf Abwägung, dazu Brohm, Baurecht, § 16, Rn. 2.
136
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
dem mißverständlichen N o r m e n k o n t e x t 4 ersichtlich wird. Nachdem die A b wägung i n der Literatur zunächst ebenfalls nur wenig Beachtung fand, 5 bedurfte es einer Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, 6 u m dem Abwägungsgebot z u m Durchbruch zu verhelfen. D i e Herausarbeitung der Abwägungsdogmatik wurde auch i n der Folgezeit vor allem durch die Rechtsprechung vorangetrieben, 7 die begleitet von der Rechtswissenschaft 8 die sog. Abwägungsfehlerlehre entwickelt und zunehmend spezifiziert hat. Dies kann als eine der „großen Leistungen
des Richterrechts
" 9 und darüber
hinaus auch der Rechtswissenschaft gelten. Der Gesetzgeber hat erst viel später auf ausdrückliche Anregung des Bundesverwaltungsgerichts
hin10
2 Die endgültige Fassung des Abwägungsgebotes, die ihm zumindest einen eigenen Satz gewährte, geht auf einen relativ späten Verfahrenszeitpunkt zurück, auf die Beschlußfassung des Bundestages in der zweiten Lesung, siehe dazu BT-Drs. 3/1861, S. 1, und den stenographischen Bericht der 114. Sitzung vom 18.5.1960, S. 6418 f. In den vorhergehenden Entwürfen war der Abwägung systematisch betrachtet eine noch untergeordnetere Stellung in einem Nebensatz zugekommen, vgl. BT-Drs. 3/336, S. 6; BT-Drs. 3/1794, S. 2 f. 3 Zur fehlenden Behandlung in den Begründungen zu den Entwürfen des BBauG vgl. Anlage 1 zu BT-Drs. 3/336, S. 60, und Anlage zu BT-Drs. 3/1794, S. 2 f. Selbst die endgültige Fassung des Abwägungsgebotes in § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG sollte als Hauptzweck nur der Klarstellung darüber dienen, welche Belange eingestellt werden sollen, und nicht der Hervorhebung des Gebotes an sich, dazu die Begründung des Abgeordneten Czaja, stenographischer Bericht der 114. Sitzung des Bundestages vom 18.5.1960, S. 6418 (B) und (C). 4 Zur Kritik an Formulierung und Aufbau des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG (1960) vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (306 f.). 5 Zur geringen Bedeutung, die der Abwägung zunächst zugestanden wurde vgl. die Nachweise bei Stich, BauR 1992, S. 275 f; zur erheblichen Unsicherheit hinsichtlich der gerichtlichen Prüfungsmaßstäbe siehe auch Schütz/Frohberg, § 1, Anm. 6 a.E., die sich im wesentlichen auf die Feststellung beschränken, daß es sich bei der Interessensabwägung nicht um Ermessensentscheidungen handele, „wenngleich ein Abwägungsgebot nur verletzt ist, wenn eine Abwägung ganz unterblieben ist oder nicht unter Beachtung der wesentlichen fachlichen Gesichtspunkte oder nicht in sachlicher Weise erfolgt ist"; wegweisend dagegen Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 54 ff., und Hoppe, DVB1 1964, S. 165 ff., der bereits ansatzweise Maßstäbe für die Abwägungsprüfung entwickelt und dabei die Grundlagen der späteren Abwägungsfehlerlehre vorgezeichnet hat. 6 Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 ff. 7 Zu nennen sind insbesondere das Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 ff., und die sog. Flachglasentscheidung, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 ff.; zur Übernahme ins Fachplanungsrecht vgl. Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (Fernstraßenrecht); Urteil vom 10.2.1978, BVerwGE 55, 220 (Wasserrecht); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (Luftverkehrsrecht). 8 Grundlegend dazu Badura, in: FS BayVerfGH, S. 158 ff.; Hoppe, BauR 1970, S. 15 ff.; ders., in: FS für Menger, S. 663 ff.; Ossenbühl, Gutachten zum dt. Juristentag 1974. 9 Kommissionsbericht, Rn. 96; dazu auch Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1039). 10 BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (307).
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
137
m i t § 1 Abs. 7 B B a u G ( 1 9 7 6 ) 1 1 einen eigenen Absatz für das Abwägungsgebot geschaffen, u m dadurch die herausragende Stellung formal z u m Ausdruck zu b r i n g e n . 1 2 Von einer näheren gesetzlichen Regelung der Maßstäbe wurde bis heute bewußt Abstand g e n o m m e n , 1 3 was angesichts der fortwährenden Ausweitung der Anforderungen an die städtebauliche P l a n u n g , 1 4 auf die die Judikative weitaus flexibler reagieren kann, kein Fehler gewesen sein dürfte.
2. Die planerische Abwägung als spezifische Besonderheit rechtsstaatlicher Planung a) Die planerische
Gestaltungsfreiheit
U m zu ermitteln, w o r i n die von Rechtsprechung und Wissenschaft herausgearbeitete Besonderheit der A b w ä g u n g liegen, muß der v o n ihr vorausgesetzte Gestaltungsspielraum untersucht werden.
aa) Der Inhalt der planerischen Gestaltungsfreiheit D i e dem Planungsträger, also regelmäßig der V e r w a l t u n g , 1 5 eingeräumte planerische Gestaltungsfreiheit stellt ein zentrales M e r k m a l rechtsstaatlicher Planung dar. Ohne sie wäre Planung „ e i n Widerspruch 11
in sichwie
das
Die Regelung ist wortgleich mit § 1 Abs. 6 BauGB (1986/1998). So auch die Begründung des Regierungsentwurfes BT-Drs. 7/2496, S. 36, und der Bericht des Bauausschusses, BT-Drs. 7/4793, S. 25, zur damaligen Änderungsnovelle. 13 Eine normative Ausgestaltung des Abwägungsgebotes wurde regelmäßig erwogen, jedoch stets mit der Begründung abgelehnt, daß die Festlegungen durch die ständige Rechtsprechung als ausreichend betrachtet werden könnten. Vgl. zur Diskussion bei Einführung des BauGB den Bericht des 16. Ausschusses, BT-Drs. 10/ 6166, S. 134 f., und Lohr, N V w Z 1987, S. 361 (368); für eine Ausformulierung der Verhaltensmaßstäbe Papier, DÖV 1986, S. 621 (628); zu entsprechenden Vorschlägen bei der Novellierung durch das BauROG siehe den Kommissionsbericht, Rn. 84 ff. (insb. 96 f.), Dolde, N V w Z 1996, S. 209 (211), und Hoppe DVB1 1994, S. 1033 (1038 ff.), der die bisherige Zurückhaltung bei der gesetzlichen Ausgestaltung begrüßt, aber dennoch eine Normierung von Grundprinzipien mittlerweile für geboten hält. 14 Zur stetigen Verkomplizierung der Anforderungen an eine gerechte Abwägung vgl. Stich, BauR 1992, S. 275 (277 ff.). 15 Raumplanung stellt zwar grundsätzlich eine exekutivische Kompetenz, also eine gesetzesvollziehende Tätigkeit dar, sie kann allerdings unter besonderen Voraussetzungen auch von der Legislative wahrgenommen werden, so daß die Trägerschaft der Verwaltung nicht verabsolutiert werden darf, vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 ff., und grundlegend zur Planungstätigkeit der Legislative, Mößle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 216 ff. 12
138
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
Bundesverwaltungsgericht b e t o n t . 1 6 Daher bedarf sie nicht unbedingt ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigungen, die sich vor allem i m Bauplanungsrecht f i n d e n . 1 7 D i e konkludente Eröffnung durch die Einräumung der Planungsbefugnis kann vielmehr als ausreichend erachtet w e r d e n , 1 8 wobei vor allem i m Fachplanungsrecht i m einzelnen problematisch sein kann, wann der Planungscharakter materiell besteht. 1 9 Das Bundesverwaltungsgericht hatte ursprünglich noch v o m dann v o m „Planungsermessen" B e g r i f f der „planerischen 16
„Ermessen",
gesprochen, 2 0 bevorzugt aber nunmehr den
Gestaltungsfreiheit",
21
wodurch der Unterschied
Ständ. Rspr. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304), für das Bauplanungsrecht; Urteile vom 17.2.1975, BVerwGE 48, 55 (59), vom 10.2. 1978, BVerwGE 55, 220 (226), und vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (116), für das Fachplanungsrecht; zustimmend die ganz herrschende Lehre, Ossenbühl, Gutachten, S. Β 185; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, S. 414 (417); zur planerischen Gestaltungsfreiheit in anderen Bereichen des Planungsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.1987, BVerwGE 72, 38 (47), für die Krankenhausbedarfsplanung. 17 § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1986/1998) enthält die Festlegung der gemeindlichen Planungshoheit für das Bauleitplanungsrecht und damit die Eröffnung des planerischen Gestaltungsspielraumes, dazu Battis, in: B / K / L , § 2, Rn. 4, m.w.N.; gleiches gilt für § 136 Abs. 4 Satz 2 i . V . m . § 142 Abs. 2 Satz 1 BauGB, vgl. BVerwG, Beschluß vom 16.1.1996, ZfBR 1996, S. 227, und Urteil vom 4.3.1999, ZfBR 1999, S. 227 f. 18 Ständ. Rspr., die im Planfeststellungsrecht Bedeutung gewinnt, nachdem in den meisten Fachplanungsgesetzen keine ausdrückliche Einräumung der planerischen Gestaltungsfreiheit zu finden ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (59); Urteil vom 10.2.1978, BVerwGE 55, 220 (226); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (116); Urteil vom 29.1.1991, BVerwGE 87, 332 (341); zustimmend Bonk, in: St/B/S, § 74, Rn. 30; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 369; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, S. 414 (417). 19 Dazu Wahl/Dreier, N V w Z 1999, S. 606 (608 f.); vgl. zur Einräumung einer „straßenrechtlichen Gestaltungsfreiheit" V G H Mannheim, Urteil vom 9.12.1999, VB1BW 2000, S. 282 ff. 20 Zur Verwendung des Begriffes „Ermessen" vgl. BVerwG, Beschluß vom 15.11.1962, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 1; Urteil vom 25.10.1967, Buchholz 407.4, § 1 FStrG, Nr. 1, S. 2; zum „Planungsermessen" siehe Urteil vom 12.12. 1969, BVerwGE 34, 301 (304), und Beschluß vom 22.3.1973, DÖV 1973, S. 785, wo vom „planerischen Ermessen" die Rede ist; dazu auch Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 36, m.w.N. 21 Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304), wo die Frage, ob das Wort „Ermessen " die Gestaltungsfreiheit treffend kennzeichnet, noch ausdrücklich offen gelassen wurde, und BVerwG, Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (59), wo sich das Gericht gegen die ältere Terminologie wendet; ebenso Urteil vom 10.2.1978, BVerwGE 55, 220 (226); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (116); Urteil vom 6.12.1985, BVerwGE 72, 282 (284); Urteil vom 29.1.1991, BVerwGE 87, 332 (341); mißverständlich dagegen BVerwG, Urteil vom 26.3.1981, BVerwGE 62, 86 (93), wonach sich für die planerische Gestaltungsfreiheit „der Begriff des Planungsermessens durchgesetzt" habe; kritisch zum Begriff des Planungsermessens auch Finkelnburg/Ortloff, Bd. I, § 10 I I 1.
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
139
zum herkömmlichen Verwaltungsermessen betont wird. 2 2 Dieser ist darin zu sehen, daß das Planungsermessen nicht nur Freiräume gewährt, die der Bewältigung einfach strukturierter Interessengegensätze dienen, sondern solche, die auf die Gestaltung der ineinander verknüpften und vernetzten Strukturen der zugrundeliegenden Belange gerichtet sind. 23 Dabei enthält sich der Gesetzgeber weitestgehend allzu konkreter Zielvorgaben ebenso wie einer Einordnung der Interessen in ein strenges Rangverhältnis 24 und spricht im Zusammenhang mit der Bauleitplanung selbst von „schöpferischer Entwurfstätigkeit", durch die die städtebauliche Entwicklung gestaltet werde. 25 Dem Planer ist bei der Konkretisierung seiner Ziele und der Bewertung und Zuordnung der Belange ein breiter, von ihm autonom auszufüllender Spielraum eingeräumt. Die Gestaltungsfreiheit erstreckt sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich auf alle planerischen Gesichtspunkte. 26 Die Planung ist darauf zugeschnitten, gegebenenfalls auch umfassend und grundlegend in die Interessengeflechte einzugreifen, indem im Interesse der bestmöglichen Erreichung der vom Planungsträger angestrebten Ziele bei gleichzeitig optimiertem Ausgleich der Belange bestehende Vernetzungen beseitigt und neue erstellt werden. Der Dimension Zeit kommt dabei eine qualifizierte Bedeutung zu. 2 7 Die Planung muß sowohl die gegenwärtige als auch die zukünftige Situation vor Augen haben. Sie bildet quasi die Brücke für die künftige Entwicklung und hat den Aus22 Zur Unterscheidung von Ermessen und planerischer Gestaltungsfreiheit BVerwG, Urteil vom 10.2.1978, BVerwGE 55, 220 (225); Urteil vom 26.3.1981, BVerwGE 62, 86 (92 ff.); Urteil vom 25.7.1985, BVerwGE 72, 38 (52 f.). 23 BVerwG, Urteil vom 30.4.1969, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 12, S. 6 (10); Dirnberger, in: J/D/W, § 1, Rn. 58; Ronellenfitsch, Einführung in das Planungsrecht, S. 7; Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 (420). 24 Eine Ausnahme bilden die sog. Optimierungsgebote, die bestimmten Belangen einen relativen Vorrang einräumen sollen, der im Einzelfall eine besondere Begründung für deren Überwindung erfordert, dazu BVerwG, Urteil vom 22.3.1985, BVerwGE 71, 163 (165 f.); Urteil vom 4.5.1988, N V w Z 1989, 151 (152); Beschluß vom 20.8.1992, BVerwGE 90, 329 (331 f.); Marten Pfeifer, DVB1 1989, S. 337 (342 f.); ausführlich zu den verschiedenen Deutungen der Optimierungsgebote Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 6 ff., m.w.N.; nicht zu den Optimierungsgeboten ist die Nennung der Belange in § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB zu zählen, dazu näher BVerwG, Beschluß vom 5.4.1993, BVerwGE 92, 232 ff.; kritisch zu diesem Institut Bartlsperger, in: Abwägung im Recht, S. 79 (106 f.); ders., DVB1 1996, 1 ff., der im abstrakten Vorrang einen grundsätzlichen Widerspruch sieht, da die zweckrationale Abwägung in einen deduktiven Vorgang umgekehrt werde. 25 BT-Drs. 3/336, S. 60. 26 BVerwG, Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (116); Urteil vom 29.1.1991, BVerwGE 87, 332 (341); Ronellenfitsch, Einführung in das Planungsrecht, S. 7; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4.3.1999, ZfBR 1999, S. 228 f., wonach die planerische Gestaltungsfreiheit auch hinsichtlich der Gebietsfestsetzung einer Sanierungssatzung besteht; a.A. zu dieser Frage Bielenberg, in: E/Z/B, § 136, Rn. 25, § 143, Rn. 10. 27 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 368; Hoppe/Schiarmann, Rn. 157.
140
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
gangs- ebenso wie den Zielpunkt und den dazwischen liegenden Bereich in ihre Überlegungen einzubeziehen. Bei der Auswahl der anzustrebenden Zielsetzungen und der zur Verwirklichung eingesetzten Mittel sind aufgrund der Zukunftsorientierung Prognosen erforderlich, für die exakte Maßstäbe nicht vorhanden sind und die stark von Wertungen gesteuert sein können. Planende Verwaltungstätigkeit ist auf Kreativität und auf „freie dynamische Impulse " angewiesen28 und darf ihrer nicht durch zu starke Beschränkungen der planerischen Aktionsmöglichkeiten beraubt werden. Selbst Planungen, die zunächst unerkannt Fehlentwicklungen Vorschub leisten, können von der planerischen Freiheit umfaßt sein und müssen sogar in Kauf genommen werden, da die Bewertung der Planung erst ex post erfolgen kann und eine zu starke Festlegung der Kriterien die schöpferischen Elemente verkürzen würde. 29 bb) Die Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit Die planerische Gestaltungsfreiheit ist dennoch nicht schrankenlos, sondern nur im Rahmen der gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grenzen gewährleistet. 30 Die Planungssteuerung erfolgt dabei durch im wesentlichen final programmierte Rechtsnormen, also weniger durch subsumierbare Tatbestandsmerkmale, sondern überwiegend aufgrund von Zielvorgaben und Abwägungsgrundsätzen, die breiten Raum für autonom zu treffende Festsetzungen und Wertungen lassen. 31 Dadurch wird die Entscheidungsfreiheit gesetzlich gebunden, was angesichts der erheblichen Eingriffsmöglichkeiten 28
Obermayer, VVDStRL, Bd. 18 (1960), S. 144 (167). Insofern bestehen gewisse Parallelen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das dem Gesetzgeber für bestimmte wirtschaftslenkende Gesetze einen Prognosespielraum zubilligt, dazu BVerfG, Beschluß vom 18.12.1968, BVerfGE 25, 1 (12 f.), zu den Mühlengesetzen. 30 Statt vieler siehe BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304); Urteil vom 29.1.1991, BVerwGE 87, 332 (341); vgl. dazu auch Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55 ff. 31 Badura, in: FS BayVerfGH, S. 157 (161 ff.); Hoppe, DVB1 1974, 641 ff.; Hoppe/Schiarmann, Rn. 156; Ossenbühl, Gutachten, S. Β 186; Schmitt Glaeser/ König, JA 1980, S. 321 (325 f.); Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 9; grundlegend zu der Unterscheidung zwischen Konditional- und Zweckprogrammen Luhmann, Theorie der VerwaltungsWissenschaft, S. 84 ff., insb. S. 87, auf dessen entscheidungstheoretischen Ansatz diese Differenzierung zurückgeht, und Oberndorfer, Die Verwaltung 5 (1972), S. 257 (261 ff.); allgemein zum finalen Charakter der Planung BVerfG, Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 (16); einschränkend DiFabio , in: FS für Hoppe, S. 75 (86 ff.); vgl. zu den Besonderheiten bezüglich der juristischen Verbindlichkeit und der Geltungsqualität von Gemeinwohlklauseln, wie dem Abwägungsgebot, bereits Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 54 ff. 29
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
141
in die Belange der Betroffenen rechtsstaatlich geboten ist, ohne daß sie in zu starkem Maße Beschränkungen unterliegt. Konditionale Elemente werden dabei keineswegs völlig verdrängt, ihnen kommt jedoch eine geringere Rolle zu. In der stärkeren Determinierung der Finalität wird teilweise sogar ein struktureller Unterschied zum normalen Verwaltungsermessen gesehen. 3 2 cc) Die Abgrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit zum Ermessensspielraum Die Trennung zwischen planerischer Gestaltungsfreiheit und Ermessensspielraum ist in jüngerer Zeit zunehmend auf Bedenken gestoßen,33 wobei insbesondere der dogmatische Ausgangspunkt, die Gegenüberstellung von finaler und konditionaler Normstrukturierung, Ablehnung erfahren hat. 3 4 Die Kritik wendet sich nicht zuletzt gegen die Einordnung der Gestaltungsfreiheit als Wesenselement der Planung und damit auch gegen die Sonderstellung der Planerhaltung. Sie muß aber zurückgewiesen werden. Trotz der Unschärfe des letztlich zugrundeliegenden Kriteriums der Normstruktur von Steuerungsregelungen darf nämlich nicht verkannt werden, daß in den jeweiligen Vorschriften zumindest ein wesentlicher gradueller Unterschied angelegt ist, 3 5 der auch von den Anhängern der neueren Dogmatik nicht geleugnet werden kann. Planerische Gestaltungsfreiheit und Ermessensfreiraum gehen von zwei gegensätzlichen Standpunkten aus und eröffnen Entscheidungsspielräume verschiedener Weite. Ermessen setzt grundsätzlich eher konditional formulierte Rechtsnormen voraus und räumt dem Rechtsanwender auf der Rechtsfolgenseite einen Spielraum ein, 3 6 der in der Regel 32 Grundlegend zur strukturellen Verschiedenheit Badura, in: FS BayVerfGH, S. 157 (161 ff.); offen lassend die Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.1985, BVerwGE 72, 38 (52 f.). 33 Bartlsperger, in: Abwägung im Recht, S. 79 (104 ff., insb. 108); Gassner, Abwägung, S. 81 f.; Koch/Hendler, § 17, Rn. 6 ff.; Koch, DVB1 1983, S. 1125 ff.; ders., DVB1 1989, S. 399 f.; Ule/Laubinger, § 41, Rn. 10 ff.; vgl. auch Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts, § 17 Β I I 1, der bei Planfeststellungsbeschlüssen nur ein normales Ermessen annimmt; kritisch bereits Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 (420); vermittelnd Wahl, DVB1 1982, S. 51 (55); vgl. zum Streitstand auch die Nachweise bei Bonk, in: St/B/S, § 74, Rn. 30, und bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 63. 34 Dazu näher Koch, DVB1 1983, S. 1125 ff.; Rubel, Planungsermessen, S. 48 ff., 143; vgl. auch die Darstellung bei Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 37 f., m.w.N. 35 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 63; Waechter, VerwArch 88 (1997), S. 298 (312 f.), der die Differenzierung als vom gesetzgeberischen Regelungsspielraum, der an typisierten Konstellationen ausgerichtet sein kann, gedeckt ansieht; im Ergebnis ebenso Wahl, DVB1 1982, S. 51 (56 f.).
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unfehlern
auf die Wahl einzelner Rechtsfolgen beschränkt ist und nur in Ausnahmefällen sowohl das „ob" als auch das „wie" des Verwaltungshandelns beinhalten kann. 37 Zweck der Ermessensnormen ist regelmäßig nur die Eröffnung eines begrenzten Entscheidungsraumes. Dagegen bildet im Planungsrecht der umfassende gestalterische Spielraum den Regelfall. Zu Ausnahmen kann es im Bereich des Planfeststellungsrechts kommen, wenn aufgrund der konkreten Planungssituation die Entscheidungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde beschränkt ist, die nicht selbst originär plant, sondern die entsprechenden Vorstellungen des Vorhabenträgers nur abwägend nachvollzieht. 38 Wollte man aber daraus auf die generelle Unzulässigkeit der Unterscheidung schließen, 39 würde dies voraussetzen, daß es sich bei allen Planfeststellungen um Planung in Reinform handelt. Dadurch würde der Charakter der Planfeststellung verkannt, die zwar Planungsentscheidung ist, aber eben auch Elemente einer anlagenbezogenen Genehmigung enthält. 4 0 Daß es in Grenzfällen zum Zerlaufen der Merkmale kommen mag, ändert nichts an den grundlegend verschiedenen Ausgangspunkten und an der daraus resultierenden, wenn auch unter Vorbehalten stehenden Geeignetheit des Kriteriums zur Charakterisierung der Planung, 41 solange dieses nicht verabsolutiert wird. Auch der Gesetzgeber geht mittlerweile von der Trennung zwischen Ermessen und planerischer Gestaltungsfreiheit aus, was der Wortlaut des § 4 Abs. 2 ROG (1998) zeigt. Die unmittelbar geltende Regelung, die die Art und Weise der Berücksichtigung der Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zum Inhalt hat, differenziert zwischen „Abwägung" und „Ermessensausübung" 42 und damit zwischen Er36
Zur herrschenden Ermessenslehre vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.1985, BVerwGE 72, 38 (52 f.); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 7 ff.; Wolff/Bachof/Stober, § 31, Rn. 31 ff. 37 Dabei ist beispielsweise an sicherheitsrechtliche Generalklauseln zu denken, die eine umfassende Abwägung erfordern können, jedoch nicht grundsätzlich die Gestaltung von Interessengeflechten voraussetzen; ausführlich zum polizeilichen Ermessen Waechter, VerwArch 88 (1997), S. 298 (304 ff., 312 f.); zum planungsartigen Charakter von Entscheidungen nach § 45 StVO Sauthoff, BauR 1997, S. 721 (730). 38 BVerwG, Urteil vom 24.11.1994, BVerwGE 97, 143 (148 f.); vgl. auch die weitergehende Darstellung bei Ule/Laubinger, § 41, Rn. 16. 39 So aber Ule/Laubinger; a. a. O. 40 Stüer, in: FS für Blümel, S. 565 (576); siehe zum Ausnahmecharakter der Planfeststellung auch DiFabio , in: FS für Hoppe, S. 75 (77), und Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (14 f.), m.w.N.; zu den Unterschieden im Hinblick auf die planerische Gestaltungsfreiheit im einzelnen Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55 (72 ff.). 41 Zutreffend Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 (420 f.). 42 In der früheren Regelung des § 2 Abs. 3 ROG (1993) war noch davon die Rede, daß Grundsätze „von den in § 3 genannten Stellen im Rahmen des ihnen zu-
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
143
messen und planerischer Gestaltungsfreiheit. Nachdem sich in den Gesetzesmaterialien ausdrückliche Hinweise auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finden, 43 das von einer Trennung ausgeht, 44 kann einzig der Schluß gezogen werden, daß der Gesetzgeber diese bewußt festschreiben wollte. b) Die planerische Abwägung Die Ausfüllung des gestalterischen Freiraumes geschieht nicht durch einen einzigen Vorgang, was angesichts der oben beschriebenen Komplexität der zu regelnden Verknüpfungen ausgeschlossen wäre, sondern durch „verschiedene Elemente - insbesondere des Erkennens, des Wertens und Bewertens sowie des Wollens" 45. Diese sind auf „größtmögliche Koordination aller Belange im Hinblick auf die Zwecksetzung der Planung " 4 6 gerichtet und werden unter dem Begriff der Abwägung zusammengefaßt. 47 Dabei kommt es zu einem ständigen Messen verschiedener Belange untereinander und zur Infragestellung der Zwischenergebnisse, was Weyreuther 48 treffend mit der Erstellung eines Mosaiks verglichen hat. Die in diesem Sinne verstandene - „planerische" - Abwägung hängt unmittelbar mit der planerischen Gestaltungsfreiheit zusammen. Beide bedingen sich gegenseitig. Das Erfordernis einer so gearteten Abwägung kann als ein weiteres, für die Planung konstitutives Kernelement bezeichnet werden. 49 Ohne die planerische Abwägung wäre eine Gestaltung der Freiräume in rechtsstaatlich einwandfreier Art und Weise nicht möglich. Das Gebot, öffentliche und private Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen, bedarf daher ebenfalls keiner ausdrücklichen gesetzlichen Normierung, 50 sondern stehenden Ermessens gegeneinander und untereinander nach Maßgabe des § 1 abzuwägen" sind, was zur Unsicherheit in der Literatur beitrug; vgl. dazu die Darstellung bei Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 39 f. 43 In BT-Drs. 13/7589, S. 123, wird im Rahmen der Erläuterungen zu § 4 ROG explizit auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur planerischen Gestaltungsfreiheit Bezug genommen. 44 Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.2. 1978, BVerwGE 55, 220 (225), und oben Kap. 4 I 2 a aa. 45 BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304). 46 Schmitt Glaeser/König, JA 1980, S. 414 (418). 47 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304), und Hoppe, DVB1 1964, S. 165 ff. 48 Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 (421). 49 Vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (12), der die Abwägung als „Chiffre oder Kurzformel für sozialrechtsstaatliches Planen schlechthin" beschreibt. 50 Ausdrückliche Festlegungen finden sich etwa in § 1 Abs. 6 BauGB, § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB, § 7 Abs. 7 ROG (1998) und im Fachplanungsrecht in § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG, §§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 2 BNatschG und § 17 Abs. 1 FStrG.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
ist als allgemeiner Rechtsgrundsatz dem Planungsrecht immanent. 51 Abzuwägen sind alle Belange, die für die konkrete Planung relevant, mehr als geringwertig, schutzwürdig und für den Planer erkennbar sind, 52 unabhängig davon, ob sie einen Rechtscharakter aufweisen. Die Herausarbeitung der planerischen Abwägung als Wesensmerkmal der Planung scheint auf den ersten Blick der Auffassung zu widersprechen, die - aufbauend auf der von Alexy vorgenommenen Fundierung der Abwägungslehren für die Grundrechte 53 - eine neue methodische Grundlage für die planerische Abwägung schaffen w i l l . 5 4 Die Vertreter dieser Ansicht betonen die Omnipräsenz der Abwägung in der Rechtsordnung und bezweifeln die normtheoretische Unterscheidung von Ermessensentscheidung und planerischer Abwägung als Ausfüllungsvorgänge der jeweiligen Spielräume. 55 Sie laufen letztlich auf den Versuch einer Konditionaliserung der Planungsnormen hinaus. 56 Dieser Lehre liegt zum einen die Einteilung der Normen in Regeln, Prinzipien 57 und teilweise in Kombinationen beider als dritter Kategorie, 58 zum anderen das Verständnis der Abwägung als Lösung der Prinzipienkollisionen 59 zugrunde.
51
BVerwG, Urteil vom 30.4.1969, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 12, S. 6 (10); Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304); Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (68); Urteil vom 10.2.1978, BVerwGE 55, 220 (227); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (122); vgl. auch Sauthojf, BauR 2000, S. 195 (197), für formlos-interne Straßenplanung. 52 BVerwG, Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 (101 ff.); Beschluß vom 15.5.1995, DVB1 1996, S. 925 (927); Urteil vom 24.9.1998, DVB1 1999, S. 100 (101); Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 721. 53 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 71 ff. 54 Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 19 ff.; Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9 ff., m.w.N.; Marten Pfeifer, DVB1 1989, S. 337 ff. 55 Vgl. dazu die Darstellung bei Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 37 f., und oben Kap. 4 I 2 a cc. 56 Kritisch gegenüber derartigen Bestrebungen DiFabio, in: FS für Hoppe, S. 75 (85 f.), der darauf hinweist, daß der Planungshoheit dann keine Bedeutung mehr zukommen würde. 57 Grundlegend Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75 f.; ihm folgend Hoppe, DVB1 1993, S. 681 (685); Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 19; Marten Pfeifer, DVB1 1989, S. 337 (341), wonach Regeln Normen darstellten, die entweder erfüllt oder nicht erfüllt werden könnten, während Prinzipien Gebote enthielten, daß etwas in einem relativ hohem Maß, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, realisiert werde. 58 Koch, in: Abwägung im Recht, S. 18 f.; vgl. auch den Diskussionsbeitrag von Koch, a.a.O. S. 49 f.; ablehnend Hoppe, DVB1 1993, S. 681 (685), und Hoppe/ Grotefels, § 7, Rn. 20. 59 Koch, a.a.O., S. 19 f.; Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 19.
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
145
Es ist zwar zutreffend, daß die Abwägung keineswegs eine auf das Planungsrecht beschränkbare Methode der Rechtsfindung darstellt. 60 Ungeachtet dessen ergeben sich aber bei der planerischen Abwägung Besonderheiten, die in der (räumlichen) Planung verankert sind und diese charakterisieren, auch wenn sie nach Art und Weise der planerischen Entscheidung unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Dies muß von der neueren Auffassung ebenfalls anerkannt werden, wenn sie die Abwägung als Auflösung von Kollisionen widerstreitender Prinzipien versteht. Setzt man an die Stelle der Prinzipien die Belange, die im Planungsrecht durch sie zur Geltung gebracht werden sollen, ist bezüglich der Besonderheit der planerischen Abwägung nichts anderes ausgesagt als nach der hergebrachten Auffassung. 61 Der Vergleich mit anderen Bereichen, in denen Abwägungen erfolgen, zwingt nicht zu dem Schluß, daß diese gleich zu behandeln sind und keinen Ansatzpunkt zur Differenzierung liefern. So gibt es bei der planerischen Abwägung im Gegensatz zur normalen Ermessensausübung keine Entscheidungsreduzierung auf null, da dies ihrem Wesen widersprechen würde. 62 Auch die nachvollziehende Abwägung, wie bei § 35 BauGB 6 3 und bei der Bejahung des drittschützenden Charakters des baurechtlichen Rücksichtnahmegebotes,64 weist wesentliche Unterschiede zur planerischen Abwägung auf. Bei ihr dürfen keine autonom gesetzten Ziele verfolgt werden. 65 Die unterschiedliche Abwägungsdogmatik spielt daher für die Frage der Planungscharakteristika nur eine untergeordnete Rolle. 6 6 Der Unterschied zwischen planerischer Abwägung und Abwägung in anderen Bereichen der Rechtsordnung liegt, wie bereits bei der planerischen 60
Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 17 f., führen zu Recht aus, daß die Abwägung seit langem zu den Rechtsfindungsmethoden unserer Rechtsordnung - im Sinne einer allgemeinen Denkmethode und Entscheidungsweise - gehört; im Ergebnis ebenso BVerwG, Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 (98 f.); weiterführend der Diskussionsbeitrag von Häberle, in: Abwägung im Recht, S. 44 f., der das Prinzip der Abwägung kulturgeschichtlich und verfassungsvergleichend beleuchtet; vgl. zur Abwägung in anderen Rechtsbereichen auch die umfassende Darstellung bei Gassner, Abwägung, S. 12 ff. 61 Im Ergebnis wohl ebenso Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 22 ff.; Marten Pfeifer, DVB1 1989, S. 337 (342 ff.), die die neuere Auffassung als Erklärungsmodell der herrschenden Abwägungslehre verstehen. 62 Dazu Wolff/Bachof/Stober, § 31, Rn. 62, m.w.N., die, obwohl sie zuvor strukturelle Übereinstimmungen bejahen, a.a.O., Rn. 61, diesen Unterschied anerkennen; im Ergebnis ebenso Erbguth, DVB1 1986, S. 1230 (1233). 63 Dazu BVerwG, Urteil vom 25.10.1967, BVerwGE 28, 148 (151); Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 240, m.w.N. 64 Dazu BVerwG, Urteil vom 5.8.1983, BVerwGE 67, 334 (339); Finkelnburg/ Ortloff, Bd. II, § 16 V I 3, m.w.N. 65 Zur autonomen Zielgebung des Planers DiFabio, in: FS für Hoppe, S. 75 (81 f.). 66 Im Ergebnis ebenso DiFabio, a.a.O., S. 95. 10 Käß
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Gestaltungsfreiheit angeklungen, in der umfassenden Berücksichtigungsund Abarbeitungspflicht, die auf Erstellung eines Zukunftsprogrammes gerichtet ist. Dies verdeutlicht auch der Vergleich zwischen der „planerischen" und daher gestalterisch ausgerichteten Abwägung im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen67 mit der Abwägung beim Erlaß von Satzungen anderen Inhalts. Bei letzterer sind die betroffenen privaten und öffentlichen Interessen zwar ebenfalls in Rechnung zu stellen und zueinander in Bezug zu setzen, sie ist aber eher eindimensional strukturiert 68 und ähnlich der nachvollziehenden Abwägung ausgestaltet.69 Das Bundesverwaltungsgericht bringt die Besonderheiten der planerischen Abwägung deutlich zum Ausdruck, wenn es ausführt: „Es ist - selbstverständlich - keine Eigenart des Bauplanungsrechts, daß bei der Entscheidung über den Erlaß einer (Bebauungsplan-)Satzung abgewogen werden muß und abgewogen wird. Die Besonderheit der Abwägung im Planungsrecht liegt vielmehr darin, daß es sich um eine spezifische Art des Abwägens, nämlich eben des planerischen Abwägens handelt. Nicht minder selbstverständlich ist, daß bei der Abwägung, die dem Erlaß beispielsweise einer Abgabensatzung vorangeht, auch die von der Satzung betroffenen privaten Interessen in Rechnung gestellt werden müssen. Wenn das für Bebauungspläne häufig, für andere Satzungen dagegen nur selten hervorgehoben wird, dann hat das seinen Grund in der besonderen Rolle, die dem Abwägungsgebot im Planungsrecht zukommt, nicht aber darin, daß bei der Entscheidung über eine sonstige Satzung die von dieser Satzung in beachtlicher Weise betroffenen privaten Interessen beim Erlaß der Satzung etwa gar nicht in Rechnung gestellt zu werden brauchten. " 70 Die Besonderheit, anders formuliert die „spezifische Art des Abwägens liegt bei Bauleitplänen in ihrem durch die planerische Gestaltungsfreiheit vorgegebenen Umfang. Planung in ihrer Reinform will vorhandene komplexe Vernetzungen gestalten und neue erstellen. Sie ist weniger auf die Aufstellung abstrakt genereller Regelungen für die Zukunft gerichtet, sondern vielmehr auf die Zuordnung konkreter öffentlicher und privater Belange verschiedenster Art. Parallel dazu verläuft die Abwägung bei Plänen mehrdimensional, da die wechselseitigen Beziehungen Berücksichtigung finden müssen. Bei einer gemeindlichen Abgabensatzung, um beim Vergleich des Bundesverwaltungsgerichts zu bleiben, spielen die finanziellen Beziehungen zwischen den Abgabenschuldnern, die regelmäßig das Ver67
Dirnberger, in: J/D/W, § 1, Rn. 58; Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 f. Wahl, DVB1 1982, S. 51 (55), bezeichnet die planerische Abwägung als „Abwägung im gestalterischen Sinne", um sie von den sonstigen in die Rechtsordnung auftretenden Abwägungen zu unterscheiden. 69 Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 240 f. 70 BVerwG, Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 (98 f.). 68
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
147
hältnis Gemeinde - Bürger nicht tangieren, ebensowenig eine Rolle, w i e entsprechende Abgabennormen v o n Nachbargemeinden 7 1 . I m Rahmen der notwendigen A b w ä g u n g ist eine nachvollziehende Bewertung der Belange i m Interesse des Übermaßverbotes vorzunehmen und keine
grundlegend
neue Zuordnung i m Zuge der Neugestaltung des Lebenssachverhalts. 7 2 c) Der planungstypische und die Konkretheit
von
Situationsbezug Planungsentscheidungen
Charakteristisches Strukturelement für die Planung ist über die Gestaltungsfreiheit und die A b w ä g u n g hinaus die i m Zusammenhang m i t der A b wägung stehende besondere Situationsbezogenheit. 7 3 Sie läßt sich bei Plänen, die als Verwaltungsakte ergehen, weniger klar nachweisen, nachdem ihnen durch die Rechtsformwahl ein eher i n d i v i d u e l l konkreter Charakter zukommt. Dort überdecken die M e r k m a l e der Rechtsform die planungstypischen Besonderheiten. Deutlicher w i r d der Situationsbezug erst bei der A b grenzung der i n F o r m v o n Rechtsnormen gekleideten Pläne v o n N o r m e n anderen Inhalts, die dieses M e r k m a l nicht a u f w e i s e n . 7 4 Ungeachtet der vielfach zu beobachtenden großen Regelungsbreite 7 5 und des unbestimmten Adressatenkreises v o n P l ä n e n , 7 6 die auf die abstrakt generelle Umsetzung 71
Des weiteren sind die Zielsetzungen für derartige Satzungen schon von den Ermächtigungsgrundlagen her enger gefaßt und können nicht von den Gemeinden autonom festgelegt werden, da insofern keine Gestaltungsfreiheit besteht; vgl. dazu und zu den Grenzen landesgesetzlicher Steuerungsbefugnisse beim Erlaß von Abgabenvorschriften BVerwG, Beschluß vom 19.8.1994, BVerwGE 96, 272 ff. 72 Auch bei der Abwägung läßt sich keine exakte Trennlinie ziehen, wann genau eine „planerische Abwägung" vorliegt, dazu Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 240 f., der am Beispiel der örtliche Bauvorschriften nachweist, daß diese, soweit sie nur eine Konkretisierung des Verunstaltungsgebotes enthalten und damit örtliches Sicherheitsrecht darstellen, lediglich die Grenzen des Eigentumsgrundrechts nachzeichnen, während eine Ausdehnung hin zu Regelungen der positiven Gestaltungspflege dazu führt, daß ihnen planerischer Charakter zukommt. Das hat zur Folge, daß die eigentlich eher nachvollziehende Abwägung zu einer planerischen werden muß. Aus diesem Grunde erscheint die Verweisung auf § 1 Abs. 6 BauGB durch Art. 91 Abs. 3 Satz 2 BayBO zu pauschal. Zur planerischen Gestaltungsfreiheit bei örtlichen Bauvorschriften vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 9.2.2000, BauR 2000, S. 1472 (1474). 73 Siehe dazu BVerwG, Urteil vom 10.6.1960, BVerwGE 11, 14 (17 f.); Urteil vom 10.3.1967, BVerwGE 26, 282 (285); Urteil vom 30.1.1976, BVerwGE 50, 114 (119 f.); Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9); Battis , ZfBR 1988, S. 60 (61); Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (15); Tysper, BauR 2001, S. 349 (350). 74 Dabei muß wiederum darauf hingewiesen werden, daß ihr nur deskriptive Bedeutung zukommt, sie also nicht als genaue Trennlinie zu anderen Rechtsinstituten Verwendung finden kann, so auch BVerwG, Urteil vom 30.1.1976, BVerwGE 50, 114 (120). 75 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (15).
10*
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hinweisen mögen, muß ihnen stets ein individueller Gegenstand, bei der Raumplanung ein bestimmtes Gebiet, zugrundeliegen, für das sie konkrete Vorgaben treffen. 77 Bei Plänen mit Normcharakter sind tatsächliche Situation und planerische Regelungen enger aufeinander bezogen als dies bei „normalen" Rechtsnormen der Fall ist. 7 8 Die starke Ausrichtung auf die tatsächlichen Elemente zeigt sich bei Bauleitplänen bereits im Rahmen der Planerstellung, bei den Beteiligungserfordernissen. Eine generelle Beteiligung der von der Norm berührten Bürger und öffentlichen Stellen ist bei der Aufstellung von Rechtsnormen an sich nicht erforderlich. 79 Anders bei Plänen, wo sie für die Information sowohl der Betroffenen über das beabsichtigte Vorhaben als auch des Planungsträgers über Besonderheiten des Gebiets bzw. die konkret vorhandene Interessenlage und damit über die zu berücksichtigenden Belange eine wesentliche Rolle spielt. 80 Dies hängt mit dem Umstand zusammen, daß die Ausfüllung der planerischen Gestaltungsfreiheit durch das Abwägungsgebot eine möglichst vollständige Ermittlung der zugrundeliegenden Sachverhalte erfordert. Es setzt voraus, daß der Planungsträger die Belange selbst umfassend ermittelt und daß darüber hinaus die Bürger von der Planungstätigkeit Kenntnis erlangen, womit ihnen die Möglichkeit eröffnet wird, abwägungserhebliche, für die Verwaltung aber nicht erkennbare Interessen vorzubringen und den Planungsvorgang dadurch bzw. durch die Geltendmachung von Anregungen und Bedenken zu beeinflussen. Die Wechselbeziehung von tatsächlicher Situation und Planung setzt sich in allen Planungsphasen fort und hat auch Einfluß auf die Abwägung selbst. Dies läßt sich vor allem bei einer relativ konkreten Planung, wie etwa bei Bauleitplänen, beobachten. Je stärker sich dort die durch die Abwägung getroffenen Regelungen von der konkreten Sachlage entfernen, d.h. 76
Zum Bereich der Bauleitplanung vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes zum Baugesetzbuch, BT-Drs. 3/336, S. 65; zu Planfeststellungsbeschlüssen, die Allgemeinverfügungen darstellen, bei denen der Adressatenkreis eher offen sein dürfte Bonk, in: St/B/S, § 74, Rn. 20. 77 BVerwG, Beschluß vom 6.3.1989, N V w Z 1989, S. 960; so bereits Urteil vom 10.6.1960, BVerwGE 11, 14 (17 f.); Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (669), m.w.N.; nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde die Qualifizierung des Bebauungsplanes als Verwaltungsakt diskutiert, vgl. dazu Bielenberg, in: E/Z/B, § 10, Rn. 1 f., und oben Kap. 2 11. 78 BVerwG, Urteil vom 10.3.1967, BVerwGE 26, 282 (285); Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9); Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (241 f.); Stelkens, UPR 1987, S. 241 (247). 79 So die herrschende Ansicht, vgl. Ossenbühl, in: HdBStR, Bd. III, § 64, Rn. 64. 80 Der Bundesgesetzgeber hat für die Bauleitplanung umfassende Beteiligungsvorschriften in den § § 3 und 4 BauGB vorgesehen; vgl. auch die Rahmen Vorschrift des § 7 Abs. 5 ROG, in der entsprechende Anforderungen an die Raumordnungsplanung gestellt werden.
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
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je unbestimmter die planerischen Festlegungen sind, desto rechtfertigungsbedürftiger werden sie. 81 Es liegt in der Natur der Sache, daß der Planer mit wachsender Generalisierung den einzelnen Belang und dessen optimale Einordnung in das Plangefüge aus dem Auge verliert, weshalb es genau zu überprüfen gilt, ob allen Interessen im Ergebnis trotz der Pauschalierungen, die sich vielfach nicht vermeiden lassen, noch gerecht geworden ist. Daher ist bei abstrakt generellen Regelungen in Bauleitplänen, beispielsweise Bepflanzungsvorschriften, die für das gesamte Plangebiet getroffen werden, sorgfältig auf ihre Abgewogenheit im Einzelfall zu achten. 82 Es ist somit festzuhalten, daß die Situationsbezogenheit der Generalisierung von Planinhalten Grenzen setzt. 83 Die situative Ausrichtung tritt schließlich bei der Art und Weise der Verwirklichung von Plänen zu Tage. Diese sind, wie es das Bundesverwaltungsgericht ausdrückt, „in einer sie kennzeichnenden Art, weniger auf Geltung, als auf konkrete Erfüllung angelegt". 84 Ein Plan bedarf der Umsetzung in die Realität, da er andernfalls seinen Gestaltungszweck nicht erreicht. Je konkreter ein Plan gefaßt ist, desto größer ist diese Wirkung. Bei den Bauleitplänen zeigt sie sich am Merkmal der Erforderlichkeit für die städtebauliche Ordnung nach § 1 Abs. 3 BauGB. Erst die Umsetzbarkeit der Planung kann die Aufstellung rechtfertigen. Ist diese nicht gegeben, ist der Plan aus diesem Grunde nichtig. 8 5 Letztlich liegt die Ausrichtung auf eine Verwirklichung auch der Lehre vom Geltungsverlust bei Bebauungsplänen zugrunde. 86 Danach treten sie außer Kraft, wenn die tatsächliche 81 BVerwG, Urteil vom 11.3.1988, N V w Z 1989, S. 659 f.; Urteil vom 30.1.1976, BVerwGE 50, 114 (120 f.). 82 Speziell zu dieser Frage BVerwG, Urteil vom 30.1.1976, BVerwGE 50, 114 ff. In diesem Kontext ist auch das Konfliktbewältigungsgebot als Abwägungsgrundsatz zu nennen, das eine möglichst konkrete Lösung von Konflikten durch den Plan selbst gebietet und einer Abstrahierung von Konfliktlösungen entgegenstehen kann, § 7, dazu BVerwG, Beschluß vom 6.3.1989, N V w Z 1989, S. 960; Hoppe/Grotefels, Rn. 152. 83 Etwas anderes mag für Planinhalte gelten, die aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften nach § 9 Abs. 4 BauGB in Bebauungspläne aufgenommen werden können, soweit diese Festsetzungen einen geringeren Planungscharakter aufweisen und nicht der Gestaltung der vernetzen Interessen, sondern anderen Zielen, etwa der Gefahrenabwehr dienen. Derartige Regelungen befinden sich in einem Übergangsbereich zwischen Planungs- und Sicherheitsrecht, in dem aufgrund der historischen Entwicklung oftmals nicht mehr scharf zwischen den gestalterischen und den sicherheitsrechtlichen Inhalten getrennt werden kann. Vgl. dazu auch Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 240 f. 84 BVerwG, Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9), unter Verweis auf Ritter, DÖV 1976, S. 802 (805); ebenso bereits Kaiser, Planung II, S. 11 (28); vgl. zu Plangesetzen Mößle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 216. 85 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.8.1999, BauR 2000, S. 229 f.; Beschluß vom 25.8.1997, BauR 1997, S. 981, m.w.N.
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E n t w i c k l u n g der Verhältnisse, auf die die Pläne bezogen sind, einen Z u stand erreicht hat, der eine Verwirklichung auf unabsehbare Z e i t objektiv ausschließt und wenn diese Tatsache i n einem Grad ersichtlich w i r d , der einem i n die Gültigkeit gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit n i m m t , 8 7 ohne daß es dabei einer besonderen Folgenabwägung bedarf. 8 8 Dabei w i r d nach herrschender Ansicht gerade nicht vorausgesetzt, daß der Plan durch nachträgliche Veränderungen rechtswidrig und damit nichtig geworden i s t . 8 9 D i e vollständige Loslösung des Planes bzw. selbständiger Planungsteile 9 0 v o n der durch i h n zu steuernden W i r k l i c h k e i t führt z u m Wegfall des Geltungsanspruches. A l l e i n Vertrauensschutzerwägungen können i h n dann noch aufrechterhalten. A u f N o r m e n m i t anderem Inhalt sind die Grundsätze der Funktionslosigkeitslehre nicht ohne weiteres übertragbar, 9 1 da sie weit weniger auf konkrete Erfüllung und stärker auf Geltung angelegt s i n d . 9 2 Daher
86
Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (16). Zur sog. Funktionslosigkeit von Plänen BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208); Urteil vom 17.6.1993, BRS 55, Nr. 34; Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9 ff.); OVG Münster, Urteil vom 25.8.1999, BauR 2000, S. 250 f.; Urteil vom 2.2.2000, BauR 2000, S. 1024 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 27.7.1983, Die Gemeinde (SH) 1984, S. 197 (199); eine Zusammenstellung weiterer Entscheidungen findet sich bei Tysper, BauR 2001, S. 349 (351 ff.); vgl. auch in der Literatur Bielenberg, in: E/Z/B, § 2, Rn. 88; Grauvogel, in: Brügelmann, § 2, Rn. 68; Baumeister, GewArch 1996, S. 318, m.w.N.; gleiches ist für Flächennutzungspläne anerkannt, dazu Battis, in: B / K / L , § 2, Rn. 9; Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081 f.); Steiner, in: FS für Schlichter, S. 313 (314). 88 BVerwG, Beschluß vom 24.4.1998, NVwZ-RR 1998, S. 711; Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081). 89 Pabst, ZfBR 1999, S. 244; Steiner, in: FS für Schlichter, S. 313 (325 f.); a.A. Baumeister, GewArch 1996, S. 318 ff., der von einem Rechtswidrigwerden ausgeht, aber ebenfalls die Besonderheiten gegenüber anderen Normen anerkennt; dem folgend Kopp/Schenke, § 47, Rn. 139; offen lassend BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BauR 1999, S. 601 (602); Tysper, BauR 2001, S. 349 (357). 90 Zur Teilfunktionslosigkeit BVerwG, Beschluß vom 21.12.1999, BauR 2000, S. 854 f. 91 Bei diesen mag es allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu einem zeitunabhängigen Geltungsverlust kommen, vgl. dazu Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 85 ff., wobei im einzelnen anhand weiterer Kriterien zu untersuchen wäre, ob es sich bei derartigen Fallgruppen nicht materiell um Pläne handelt. 92 BVerwG, Beschluß vom 16.2.1988, N V w Z 1989, S. 49; Steiner, in: FS für Schlichter, S. 313 (314 f.); i m Ergebnis zustimmend Baumeister, GewArch 1996, S. 318 (320). Eine Zwischenform bilden wiederum die landesrechtlichen Regelungen, die nach § 9 Abs. 4 BauGB Bestandteil der Bebauungspläne werden. Soweit diesen eine planerische Konzeption zugrundeliegt und diese nicht mehr zu verwirklichen ist, können sie unter denselben Voraussetzungen funktionslos werden wie ein Bebauungsplan, dazu OVG Münster, Urteil vom 25.8.1999, BauR 2000, S. 250 f., für Gestaltungsvorschriften nach § 103 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 4 BauONW (1970). 87
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
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sind sie in der Regel immunisiert gegen derartige Tatsachenänderungen. 93 Die situative Ausrichtung ist neben der planerischen Gestaltungsfreiheit und der planerischen Abwägung bei der Bestimmung der Abwägunsgfehlerlehre zugrundezulegen.
d) Die Abwägungsfehlerlehre aa) Die aus dem Junktim von Planung und Gestaltungsfreiheit folgende Einschränkung der Plankontrolle Auf der Kontrollebene bedingt die Verbindung von Planung und Gestaltungsfreiheit, daß bei der verwaltungsgerichtlichen und der aufsichtsbehördlichen Kontrolle besondere Maßstäbe angelegt werden. 94 Daraus wurde ein eigener Prüfungskanon entwickelt, dessen Kernstück die sog. Abwägungsfehlerlehre bildet. 9 5 Das ausdifferenzierte System für die Überprüfung von Plänen wurde von der Rechtsprechung zunächst für die Bauleitplanung entwickelt und später auf die Planfeststellung 96 sowie auf weitere Planungsbereiche ausgedehnt.97 Es bildet mittlerweile nicht mehr nur einen Kontroll-, sondern zugleich einen Handlungsmaßstab für die Verwaltung als Kehrseite derselben Medaille. 9 8 Seine Aufgabe besteht darin, das Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis nach einer effektiven Rechtmäßigkeitskontrolle, das durch die situationsbezogene Ausrichtung von Plänen verstärkt wird, und der planerischen Gestaltungsfreiheit auszugleichen. Die Abwägungsfehlerlehre muß gewährleisten, daß bei der - aus rechtsstaatlichen Gründen unverzichtbaren - Nachprüfung der Planungsentscheidung die Gestaltungsfreiheit der Planungsträger nicht durch die Vorstellungen der jeweiligen Kontrollinstanz überlagert wird. Die Schwierigkeit besteht darin, daß für die Ergebnisse der Abwägung, also des Kerngeschehens der Planung, in 93
Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 97 f.; Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 (16). 94 BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304 f.). 95 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309); Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (314 f.). 96 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (63 f.); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (122 f.); Urteil vom 29.1.1991, BVerwGE 87, 332 (341); zum Fachplanungsrecht umfassend Ibler, Die Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit im Planfeststellungsrecht. 97 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 209; siehe dazu auch BVerwG, Urteil vom 25.7.1985, BVerwGE 72, 38 (47), wonach Krankenhausbedarfspläne anhand der Grundsätze der Abwägungsfehlerlehre zu prüfen sind. 98 Ernst/Hoppe, Rn. 300; Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1034); Marten Pfeifer, DVB1 1989, S. 337 (344); grundlegend zur Rechtsbildungs- und Rechtsgestaltungsfunktion der Judikative Böckenförde, Verfassungsfragen der Richterwahl, S. 92 ff.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
weiten Bereichen keine absoluten Maßstäbe für ein richtiges oder falsches Ergebnis bestehen können, solange die weit gefaßten äußersten Grenzen des planerischen Gestaltungsspielraumes nicht überschritten werden. Die Zweckmäßigkeit, der Planung von Natur aus stärker verpflichtet i s t , " kann dagegen keinen Maßstab bilden, da andernfalls die Gerichte ihre Wertungen an die Stelle der Verwaltungseinschätzungen setzten müßten, womit sie ihre Kompetenzen überschreiten würden. 1 0 0 Auf der anderen Seite darf im Hinblick auf die Situationsbezogenheit kein zu lockerer Standard gewählt werden. Die Maßstäbe für die inhaltliche Kontrolle normaler Rechtsnormen, die sich im Wesentlichen auf die objektiv zu prüfende Einhaltung der rechtlichen Grenzen beschränkt, 101 genügen daher nicht mehr. Das Bundesverwaltungsgericht bringt dies zum Ausdruck, wenn es ausführt, 102 planerische Festsetzungen lägen „näher am Sachverhalt" und seien deshalb „stärker der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtet" als andere Normativbestimmungen, was zu einem dichteren „Kontrollnetz der Rechtsprechung zum Planungsrecht" führe. Die inhaltliche Überprüfung darf sich somit nicht auf die Übereinstimmung der Planinhalte mit höherrangigem Recht beschränken, sondern muß die Untersuchung auch auf die Plausibilität der planerischen Vorstellungen 103 und auf die prozedurale Rechtsfehlerfreiheit erstrecken. 104 bb) Die Maßstäbe der Rechtsprechung Im einzelnen hat das Bundesverwaltungsgericht folgende Grundsätze entwickelt, die sowohl für die verwaltungsgerichtliche als auch die aufsichtsbehördliche Kontrolle gelten. 1 0 5 Der Prüfung der Erforderlichkeit nach § 1 99 Planung ist im Unterschied zum Recht weniger an der Gerechtigkeit und mehr an der Zweckmäßigkeit ausgerichtet, dazu Roellecke, DÖV 1994, S. 1024 (1026). 100 Zu den funktionellrechtlichen Grenzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit Wolff/ Bachof/Stober, § 31, Rn. 4. 101 Dazu BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (40), m.w.N.; zur Diskussion über den Prüfungsumfang vgl. auch Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1130 f.), m.w.N. 102 BVerwG, Urteil vom 13.12.1984, N V w Z 1985, S. 566 (569). 103 Zur Vertretbarkeitskontrolle bei Bauleitplänen V G H Mannheim, Beschluß vom 21.12.1977, NJW 1977, S. 1465 (1468); Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 26; vgl. dazu auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtslage bei wirtschaftslenkenden Gesetzen, Beschluß vom 18.12.1968, BVerfGE 25, 1 (12 f.); Beschluß vom 9.3.1971, BVerfGE 30, 250 (263); Urteil vom 1.3.1979, BVerfGE 50, 290 (332 ff.). 104 Dirnberger, in: J/D/W, § 1, Rn. 59. 105 Zur Maßstabsidentität BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (305, 308); Schmaltz, in: Schrödter, § 216, Rn. 2. Durch § 216 BauGB werden die aufsichtlichen Prüfungsbefugnisse nicht erweitert, was für das Abwägungsgebot be-
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
153
Abs. 3 B a u G B 1 0 6 bzw. der Planrechtfertigung im Fachplanungsrecht 107 und der zwingend einzuhaltenden materiellrechtlichen Vorgaben schließt sich die Überprüfung der Abwägung als eingeschränkte Rechtskontrolle an. Während es sich bei den Planungsleitlinien, d.h. denjenigen „Leitsätzen", die Zielvorgaben, Grundsätze und Belange für die Abwägung festlegen und insbesondere in § 1 Abs. 5 BauGB (1986/1998) aufgeführt sind, noch um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die uneingeschränkt überprüft werden können, 1 0 8 findet nur eine eingeschränkte Kontrolle der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange selbst auf bestimmte Fehlergruppen hin statt (Abwägungsfehlerlehre). 109 Als solche kommen der Abwägungsausfall, das Abwägungsdefizit bzw. die Abwägungsfehleinstellung, die Abwägungsfehlgewichtung und die Abwägungsdisproportionalität in Betracht. Das Abwägungsgebot ist danach verletzt, „wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet" (Abwägungsausfall). 110 Darüber hinaus liegt ein Verstoß darin, daß „in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß" (Abwägungsdefizit). 111 Einzustellen sind alle im jeweiligen Einzelfall erheblichen, schutzwürdigen und mehr als geringfügigen Belange. 112 Schließlich wird die Gewichtung der Belange auf eine Verkennung der ihnen zukomsonders betont wird, vgl. Lemmel in: Berliner Kommentar, § 216, Rn. 3. Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, die Genehmigungsbehörde habe den Abwägungsvorgang „ohne jede Einschränkung zu prüfenvgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (41), bezieht sich lediglich auf die Unbeachtlichkeitsregelungen und nicht etwa auf die allgemeine Begrenzung des Kontrollmaßstabes durch die planerische Gestaltungsfreiheit, was aus Sinn und Zweck des § 216 BauGB folgt, der lediglich die Folgenbegrenzung im Verhältnis zur Aufsichtsbehörde ausblenden, nicht aber deren Kompetenz zur Abwägungskontrolle erweitern will. 106 Zur Kontrollintensität vgl. Softer, in: E/Z/B, § 1, Rn. 37. 107 Zur Planrechtfertigung umfassend Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 130 ff. 108 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (308 f.); Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 24 f.; Krautzberger, in: B / K / L , § 1, Rn. 91; kritisch dazu Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55 (59 ff.). 109 Grundlegend zur Abwägungsfehlerlehre BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309); Urteil vom 5.4.1974, BVerwGE 45, 309 (314 f.); SchmidtAßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 209 ff.; vgl. auch die Nachweise bei Krautzberger, in: B / K / L , § 1, Rn. 92 ff.; zum Fachplanungsrecht vgl. statt vieler BVerwG, Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (63 f.); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (122 f.), und Kopp/Ramsauer, § 74, Rn. 50 ff., m.w.N.; kritisch gegenüber der herrschenden Abwägungsprüfung Gassner, Abwägung, S. 81 f. 110 BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, a.a.O.; Urteil vom 5.4.1974, a.a.O. 111 BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, a.a.O.; Urteil vom 5.4.1974, a.a.O. 112 Zu den Anforderungen an die Einstellung von Belangen im einzelnen BVerwG, Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 (102 f.), und Urteil vom 21.10.1999, BauR 2000, S. 848 (850).
154
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
menden Bedeutung untersucht (Abwägungsfehlgewichtung) und die Zuordnung der einzelnen Belange daraufhin kontrolliert, ob sie nicht außer Verhältnis zu ihrer objektiven Gewichtigkeit steht (Abwägungsdisproportionalität). 1 1 3 Die Abwägungsfehlerlehre bildet seither in ständiger Rechtsprechung den Kontrollmaßstab für planungsrechtliche Abwägungsentscheidun114
gen. Wesenselement dieser Lehre ist weiterhin die ebenfalls von der Rechtsprechung entwickelte Trennung von Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis, 115 die in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nunmehr gesetzlich festgelegt ist. Sie entspricht der Vorstellung, daß bei Plänen allgemein zwischen „dem Planen als Vorgang und dem Plan als Produkt dieses Vorganges unterschieden werden" muß. 1 1 6 Das Abwägungsgebot hat danach ebenfalls „zwei verschiedene Seiten". U1 Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, daß an beide rechtliche Anforderungen gestellt werden, die der Kontrolle unterliegen. Es entnimmt dies der Auslegung des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG ( I 9 6 0 ) , 1 1 8 wenn es ausführt: „Für diese zweifache Zielrichtung der einzelnen Anforderungen des Abwägungsgebotes spricht der Wortlaut des Gesetzes. Die Formulierung des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG nimmt, wie bereits bemerkt, eindeutig auf den Vorgang des Abwägens Bezug. Daraus folgt zwar nicht logisch zwingend, doch aber bei Beachtung des Sachzusammenhanges unabweisbar, daß darüber hinaus auch der sich ergebende Planinhalt dem Gebot der Abwägung - d.h. eines bestimmten Abgewogenseins - unterworfen werden soll. Denn es wäre offensichtlich sachwidrig, wenn es bei allen den in § 1 Abs. 4 und 5 BBauG angeführten Belangen einzig darauf ankommen sollte, daß sie von der planenden Gemeinde bedacht wurden, dagegen keinerlei Rolle spielte, was dabei im Ergebnis herausgekommen ist". 119 113
BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309); Urteil vom 5.4.1974, BVerwGE 45, 309 (314 f.); zur Frage der Trennung der Fehlerarten Fehleinschätzung und Disproportionalität vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (69), wo von insgesamt vier Fehlergruppen ausgegangen wird; die beiden letzten Mängel zusammenfassend Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 216, m.w.N. zum Streitstand in der Literatur. 114 Dazu und zur weiteren Ausdifferenzierung der Abwägungsfehlerlehre vgl. Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 94 ff., und Söfker, in: E/Z/B, § 1, Rn. 185. 115 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (71); Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (314 f.); zur Differenzierung bei der fachplanerisehen Abwägung, Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (123). 116 BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (312 f.); dazu oben Kap. 1 I I I 1 a. 117 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (71). 118 Die Regelung entspricht dem § 1 Abs. 6 BauGB (1986/1998). 119 BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (315).
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
155
Damit ist ein doppelter Maßstab anzuwenden. Die Anforderungen, die durch die Abwägungsfehlerlehre aufgestellt werden, sind sowohl an das Ergebnis als auch an den Vorgang zu richten. 1 2 0 Einzige Ausnahme bildet der Abwägungsausfall, der laut Bundesverwaltungsgericht - „mit Rücksicht auf den Inhalt - allein im Hinblick auf den Abwägungsvorgang praktisch werden" könne. 1 2 1 Dies ist folgerichtig. Bei der Kontrolle der Abwägung als realem Vorgang geht es nämlich darum, daß ein Abwägen stattfindet, bei dem bestimmte Interessen in Rechnung gestellt werden. 1 2 2 Aus reiner Ergebnisbetrachtung heraus kann ein vollständiges Fehlen einer derartigen Abwägung 1 2 3 nicht erkannt werden. Die Abwägung als Vorgang darf nach dieser Vorstellung nicht mit dem Verfahren der Planaufstellung verwechselt werden, nachdem die an sie gestellten Voraussetzungen inhaltlicher Art sind. 1 2 4 Es wäre denkbar, daß das Verfahren nur pro forma durchgeführt wurde, so daß trotz formeller Rechtmäßigkeit ein Abwägungsausfall vorliegen würde. Die Trennung beider Voraussetzungen kommt auch durch die Verwendung des Begriffes „Vorgang" zum Ausdruck. Der Abwägungsvorgang entspricht auch nicht unbedingt einem einheitlichen Realgeschehen, sondern meint das inhaltliche Zustandekommen des Abwägungsergebnisses in seiner Gesamtheit, das die Erstellung, Gewichtung und Zuordnung der Belange erfaßt und das auf verschiedene Verfahrensschritte verteilt sein kann. Schwerpunktmäßig dürfte der Abwägungsprozeß zwar auf die endgültige Beschlußfassung über den Plan bezogen sein, 1 2 5 er kann jedoch nicht alleine auf diesen Teil des Aufstellungsverfahrens reduziert werden. 1 2 6 Vielmehr können planerische Vor-
120
BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, a.a.O., ständ. Rspr.; vgl. in der Literatur Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 20 f.; Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1036), m.w.N.; Ibler DVB1 1988, S. 469 (472). 121 BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, a.a.O. 122 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (71). 123 Zu denken ist dabei vor allem an Fälle, in denen sich der Planungsträger an ein bestimmtes Ergebnis fremder Planung zu Unrecht gebunden fühlt, vgl. Ibler, DVB1 1988, S. 469 (472). 124 Inzwischen allgemeine Ansicht, Koch, DVB1 1989, S. 399 (400); Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 276 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 214; Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 157; Tsevas, Planfeststellungsbeschluß, S. 156, m.w.N. Aus diesem Grund spielt es aus Sicht des Abwägungsgebotes auch keine Rolle, wenn ein befangenes Gemeinderatsmitglied bei der Abwägung mitgewirkt hat, dazu BVerwG, Beschluß vom 5.11.1998, NVwZRR 1999, S. 425 (426). 125 Den Aspekt eines „abschließenden Abwägungsvorgangesder sachlich nicht verkürzt werden dürfe, noch stärker betonend, BGH, Urteil vom 28.5.1976, NJW 1976, S. 1745 f. 126 Dies kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck, wo davon die Rede ist, daß sich der Vorgang „grundsätzlich" auf die Beschlußfassung beziehe,
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
entscheidungen auf Abwägungen beruhen, die zum Teil sogar im Vorfeld des förmlichen Aufstellungsverfahrens stattfinden dürfen. 1 2 7 Das Bundesverwaltungsgericht hat dies durch die Erkenntnis zum Ausdruck gebracht: „Abwägungsvorgänge setzen sich häufig aus einer Abfolge einzelner Abwägungen zusammen"} 2* Sie gilt es im Rahmen der Vorgangskontrolle auf ihre Fehlerhaftigkeit zu untersuchen. 129 Das Abwägungsergebnis meint demgegenüber das Abgewogensein der Planinhalte, „d.h. das, was bei dem Abwägungsvorgang herauskommt " 1 3 ° , also den fertigen Plan. cc) Die Besonderheiten der Abwägungsfehlerlehre gegenüber anderen Beschränkungen der gerichtlichen Kontrollintensität Ein Vergleich des gerichtlichen Prüfungsumfanges bei Ermessens- und Abwägungsfehlerlehre bringt wesentliche Unterschiede zu Tage. Zwar ist die Abwägungsfehlerlehre in ihren Grundzügen an § 114 VwGO angelehnt, 1 3 1 sie wurde jedoch später weiter ausdifferenziert und den Besonderheiten der planerischen Gestaltungsfreiheit angepaßt. Nicht zuletzt aufgrund der graduellen Verschiedenheit der Ausfüllungsvorgänge differieren beide 1 Τ)
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mittlerweile erheblich. Die herrschende Ermessensfehlerlehre kennt keine Parallele zum doppelten, d.h. sowohl den Abwägungsvorgang als BT-Drs. 8/2885, S. 46; ebenso BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 30 (35 f.). Daß es nicht ausschließlich auf die Beschlußfassung ankommen kann, folgt auch daraus, daß es planungsrechtlichen Anforderungen genügt, wenn der Gemeinderat bestimmte Abwägungen in seinen Willen aufnimmt, so daß es anerkanntermaßen bei der Beschlußfassung über die Planung keiner erneuten Diskussion bedarf, dazu V G H Mannheim, Beschluß vom 13.3.1992, BWGZ 1992, S. 671. Im Falle der Vorwegnahme von Teilen der Abwägung muß jedoch eine lückenlose Unterrichtung des Gemeinderates stattgefunden haben, so zu Recht V G H Mannheim, Urteil vom 6.4.1984, BWGZ 1984, S. 594; ebenso BVerwG, Urteil vom 25.11.1999, BauR 2000, S. 845 (848). 127 Grundlegend zu den Rechtmäßigkeitsanforderungen für eine Vorwegnahme BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (317 ff.). 128 BVerwG, Beschluß vom 15.4.1988, N V w Z 1988, S. 916 (918). 129 Umgekehrt ergeben sich aus der Abwägungsfehlerlehre keine zusätzlichen formellen Anforderungen, etwa für die Art und Weise der Durchführung des Abwägungsvorganges. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, daß kein Fehler vorliegt, wenn die bei der ordnungsgemäßen Anhörung der Bürger erhobenen Einwendungen nicht berücksichtigt worden sind, die durch sie geltend gemachten Belange der Gemeinde aber bekannt waren und daher in der Abwägung einwandfrei gewürdigt und eingeordnet wurden, so BVerwG, Beschluß vom 16.5.1989, BauR 1989, S. 435. 130 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (71). 131 Vgl. dazu die Bezugnahmen des BVerwG im Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (304); ebenso Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 216 ff.; Woljf/Bachof/Stober, § 31, Rn. 61.
I. Das Abwägungsgebot und die Abwägungsfehlerlehre
157
auch das Abwägungsergebnis umfassenden Prüfungsmaßstab. Allenfalls in Ansätzen werden dort vorgangsbezogene Betrachtungen angestellt, 134 die aber mit dem Kontrollsystem der Abwägungsfehlerlehre nicht vergleichbar sind. Für gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilungsspielräume der Verwaltung 135 gilt entsprechendes. Auch diese sind im Hinblick auf die gerichtlichen Kontrollmaßstäbe allenfalls in Ansätzen mit der Abwägungsfehlerlehre vergleichbar. 136 Wesentliche Unterschiede ergeben sich auch zwischen in Rechtsnormen geronnenen Plänen und untergesetzlichen Normen mit anderen Inhalten, bei deren Erlaß der Verwaltung ein Entscheidungsspielraum eingeräumt ist, der als „Normsetzungsermessen" bezeichnet werden kann. 1 3 7 Die Abwägungsfehlerlehre ist eine besondere Reaktion der Rechtsprechung auf die planerische Gestaltungsfreiheit und die planerische Abwägung. In anderen Bereichen bedarf es in der Regel keiner derartigen Überprüfung der dort vorzunehmenden „Abwägung" selbst, so daß sich die Maßstäbe nicht ohne weiteres übertragen lassen. 138 Dies kann daran liegen, daß in ausreichendem Umfang materielle Grenzen vorhanden sind, die die Freiheiten des Normgebers beschränken und die Kontrollgegenstand sein können bzw. daran, daß die jeweiligen Normativbestimmungen nicht in gleichem Maße dem Ausgleich von Belangen und damit der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtet sind. 1 3 9 Allenfalls partiell, etwa bei der Ermittlung des zugrundeliegenden Lebenssachverhaltes durch den Normgeber oder im Kontext mit 132
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 63; so bereits Schütz/Frohberg, § 1, Anm. 6 a.E.; zum Unterschied von Ermessensbetätigung und planerischer Abwägung vgl. auch Kap. 4 I 3 a cc. 133 Dazu Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, §71, Rn. 121; Maurer, a.a.O., § 7 , Rn. 19 ff.; Wolff/Bachof/Stober, § 31, Rn. 46 ff. 134 So auch Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 270 f., der zumindest graduelle Unterschiede einräumt. Soweit weitergehende Parallelen angenommen werden, muß daher die von der Rechtsprechung befürwortete selbständige Prüfung des Abwägungsvorganges abgelehnt werden, so etwa bei Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (91). 135 Dazu der Überblick bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 37 ff. 136 Maurer, a.a.O., Rn. 63. 137 Dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 217. 138 BVerwG, Urteil vom 13.12.1984, N V w Z 1985, S. 566 (569); ein geschlossenes Maßstabsgefüge für die Überprüfung der Abwägung besteht bei anderen Normen allenfalls in Ansätzen, dazu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 217; vgl. zu den Unterschieden auch Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2809), und Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 282 ff., der nachweist, daß sich die inhaltliche Überprüfung bei örtlichen Bauvorschriften auf das Ergebnis beschränkt und nicht in gleichem Maße wie bei Bebauungsplänen auf die vorgangsbezogene Kontrolle der Abwägung ausgedehnt wird; für eine Angleichung der Kriterien dagegen Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 97.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
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dem Übermaßverbot, kann der fehlerhaften Abarbeitung bestimmter Belange, soweit sie sich im Ergebnis niederschlägt, eine eigenständige Bedeutung zukommen. 1 4 0 So kann bei Beitrags- und Gebührenbescheiden durchaus die finanzielle Situation der Betroffenen eine wesentliche Rolle für die Verhältnismäßigkeit des Ergebnisses spielen. Auch kann es für die Rechtmäßigkeit auf die Richtigkeit einer Kalkulation der Gemeinde ankommen. Der Unterschied zur Planung wird jedoch sofort erkennbar, wenn Begründungselemente, wie etwa prognostische Kostenrechnungen, anders als bei der Planung im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben bzw. berichtigt werden dürfen. 141 Noch größer sind die Unterschiede zu formellen Gesetzen. Anders als die Verwaltung ist der Gesetzgeber weitaus weniger Bindungen unterworfen. Der ihm eingeräumte Gestaltungsspielraum kann von der Verfassungsgerichtsbarkeit lediglich auf Verfassungsverstöße hin überprüft werden, wodurch ein ungleich gröberer Maßstab als bei der vom einfachen Recht stark geprägten Abwägungskontrolle vorgezeichnet w i r d . 1 4 2 Deutlich wird dies vor allem an denjenigen Plänen des Raumordnungsrechts, die ausnahmsweise in formelle Gesetze gekleidet sind. Diese sind zwar ebenfalls dem Abwägungsgebot unterworfen, 143 die Kontrolle erfolgt aber anhand eines weiteren Maßstabsnetzes. 144 Ursache dafür ist die funktional gebotene Beschränkung auf das Verfassungsrecht. 145 So wird etwa in Bereichen, in denen Ziele, Wertungen und Prognosen in Rede stehen, lediglich untersucht fehlerhaft „ob diese Einschätzungen und Entscheidungen offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder ob sie den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen"} 46 Der Maßstab ist somit gröber und 139
BVerwG, Urteil vom 13.12.1984, N V w Z 1985, S. 566 (569); dazu auch Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 218 f., und oben Kap. 4 I 2 c. 140 Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 63 f.; vgl. auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Informationspflicht des Normgebers vor Erlaß belastender Anordnungen hinsichtlich der Erforderlichkeit, BVerfG, Urteil vom 15.12. 1983, BVerfGE 65, 1 (55). 141 Dazu Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 100, m.w.N. 142 Hoppe, in: HdBStR, Bd. III, § 71, Rn. 125. Die Prüfungsdichte des Bundesverfassungsgerichts reicht bei Prognoseentscheidungen von einer Evidenzkontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle, dazu BVerfG, Urteil vom 1.3.1979, BVerfGE 50, 290 (333), und Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 64. Maßstab bleibt aber stets das Verfassungsrecht. 143 BVerfG, Beschluß vom 23.6.1987, BVerfGE 76, 107 (121); Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 (22); Bertrams, in: FS für Hoppe, S. 975 (987). 144 Dazu ausführlich Bertrams, a.a.O., S. 987 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung. 145 BVerfG, Beschluß vom 23.6.1987, BVerfGE 76, 107 (121); Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 (22 f.); Bertrams, a.a.O., S. 987; vgl. auch die Darstellung bei Hoppe, in: FS BVerfG, S. 663 (708 f.).
II. Das Scheitern allgemeiner Erhaltungsinstrumente
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daher mit der Abwägungsfehlerlehre aus strukturellen Gründen nicht ohne weiteres vergleichbar. 147
3. Zusammenfassung Insgesamt läßt sich feststellen, daß die Einräumung der planerischen Gestaltungsfreiheit und die sie ausfüllende planerische Abwägung spezifische Wesenselemente rechtsstaatlicher Planung darstellen, die in anderen Rechtsfiguren allenfalls ansatzweise Parallelen finden. Beide lassen die besondere Abwägungskontrolle für untergesetzliche Pläne erforderlich werden. Darüber hinaus spielt die Ausgleichsfunktion der Planung für konkrete Belange eine besondere Rolle, die eine Verpflichtung zur Einzelfallgerechtigkeit mit sich bringt. Die hauptsächlich von der Rechtsprechung entwickelte, dem Spannungsverhältnis gerecht werdende Abwägungsfehlerlehre hat jedoch nicht unerheblich zu der erhöhten Fehleranfälligkeit von Plänen beigetragen. 148 Nunmehr stellt sich die Frage, warum durch die allgemeinen Erhaltungsinstrumente keine ausreichende Ausbalancierung der Fehlersanktionierung erreicht werden konnte, weshalb also die speziellen Erhaltungsregelungen für Abwägungsmängel in § 214 Abs. 3 Satz 2 und § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erforderlich waren.
I I . Das Scheitern allgemeiner Erhaltungsinstrumente und der Übertragung der Planergänzung Für die Erhaltung von Plänen des BauGB, die Abwägungsfehler aufwiesen, kamen verschiedene Instrumente in Betracht. Eine wesentliche Abweichung von den Maßstäben der Abwägungsfehlerlehre schied dabei aus, nachdem diese Anforderungen von der Rechtsprechung als Mindeststandards angesehen wurden, die in ihrem Kerngehalt verfassungsrechtlich geboten sind. 1 4 9 Lediglich in Randbereichen war eine Korrektur der Anforde146 Ständ. Rspr. BVerfG, Beschluß vom 17.7.1996, BVerfGE 95, 1 (23), m.w.N.; der VerfGH NRW fügt dem regelmäßig die Klarstellung „im Unterschied zur verwaltungsgerichtlichen Überprüfung" hinzu, um die unterschiedlichen gerichtlichen Prüfungskompetenzen zu betonen, die im verfassungsgerichtlichen Verfahren eben keine einfachgesetzlichen Abwägungsfehler beinhalten, vgl. etwa Urteil vom 19.12. 1989, OVGE 40, 310 (318); dazu näher Bertrams, a.a.O., S. 990 f., m.w.N. 147 Nach BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (40), rechtfertigt es dieser Unterschied, daß bei der untergesetzlichen Planung gewisse Fehler im Vorgang zu prüfen sind. Zu den Unterschieden vgl. auch Fackler, Individualanspruch auf Bauleitplanung, S. 137 f. 148 Vgl. Scharmer, Bebauungspläne, S. 55 f., 186, und oben Kap. 2 I I I 2 a.
160
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
rungen hin zu einer planungsfreundlicheren Interpretation möglich. 1 5 0 Die bereits erörterte Wesentlichkeitsprüfung konnte von vorne herein nicht in Frage kommen, 1 5 1 da derartige Mängel stets als „wesentlich" angesehen werden mußten.
1. Die rückwirkende Inkraftsetzung als Heilungsinstrument Möglicherweise hätte eine rückwirkende Inkraftsetzung der Pläne nach Behebung des Abwägungsfehlers als Instrument der Fehlerheilung erfolgen können. Eine solche ist bei sonstigen Rechtsvorschriften nach der Beseitigung von Mängeln grundsätzlich zulässig. Ihre Grenze findet die Rückwirkung im Rechtsstaatsprinzip, das neben dem absoluten Verbot rückwirkender Bestrafung 152 weitere Schranken enthält, die aus Vertrauensschutzgesichtspunkten heraus erwachsen. 153 Der rückwirkende Erlaß einer belastenden Regelung kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn dadurch ein fehlerhafter und daher ungültiger Rechtssatz durch einen rechtmäßigen ersetzt wird. Das Vertrauen in die Nichtigkeit von Normen verdient nach allgemeiner Ansicht keinen Schutz. Der Bürger muß vielmehr in der Regel damit rechnen, daß die fehlerhafte Norm durch eine weitgehend inhaltsgleiche, aber rechtmäßige Regelung ersetzt w i r d . 1 5 4 Diese Fragen be-
149 Zur verfassungsrechtlichen Absicherung der Abwägungsfehlerlehre siehe BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (35); weitergehend Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55 (59 ff.). 150 Zu denken ist dabei etwa an die Flachglasentscheidung des BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 310 ff., wo bestimmte Ausnahmen vom Verbot der Vorabbindung von Planungsträgem gemacht wurden. Weiterhin kann die Begrenzung des Regelungsgehaltes von Plänen im Wege der Auslegung genannt werden, dazu BVerwG, Urteil vom 16.2.1973, BVerwGE 42, 5; Beschluß vom 27.7.1989, Buchholz 406.11, § 214 BauGB, Nr. 3. Weitergehend dagegen die Vorschläge Stichs zum Entwurf des BauGB (1986), der eine Einschränkung der Anforderungen an die Abwägung befürwortete, dazu Lohr, N V w Z 1987, S. 361 (368); in dieselbe Richtung DiFabio , in: FS für Hoppe, S. 75 (86). 151 Dazu die Übersichten bei Dolde, NJW 1975, S 21 ff., und S. 1097 ff., aus der ersichtlich wird, daß diese Rechtsprechung keine Abwägungsfehler betraf; vgl. auch oben Kap. 3 I 3 a. 152 Siehe zu Art. 103 Abs. 2 GG BVerfG, Beschluß vom 26.2.1969, BVerfGE 25, 269 ff. 153 Zum allgemeinen Rückwirkungsverbot und zu den zulässigen Ausnahmen grundlegend BVerfG, Urteil vom 19.12.1961, BVerfGE 13, 261 (270 ff.), (echte Rückwirkung), und Beschluß vom 11.10.1962, BVerfGE 14, 288 (297 ff.), (unechte Rückwirkung); ständ. Rspr, vgl. Beschluß vom 22.1.1975, BVerfGE 39, 128 (143 ff.); siehe zur Zulässigkeit der sog. unechten Rückwirkung auch Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (304); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 30, m.w.N. 154 BVerfG, Beschluß vom 15.11.1967, BVerfGE 22, 330 (347 f.).
II. Das Scheitern allgemeiner Erhaltungsinstrumente
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dürfen hinsichtlich des Bauplanungsrechts keiner abschließenden Erörterung, da weder ein zurückwirkender Neuerlaß von Plänen noch eine rückwirkende Behebung von Abwägungsfehlern in Betracht kommen. Die Unzulässigkeit ergibt sich aus dem Wesen der Planung als der sich im Wege einer offenen und weitgehend ungebundenen Abwägung vollziehenden Manifestierung des in die Zukunft gerichteten Gestaltungswillens. 155 Soweit die zeitliche Entwicklung bekannt ist, fehlt es am Moment der Zukunftsgestaltung. Die Zurückstellung von Belangen könnte nicht mehr auf prognoseorientierte Zielsetzungen und Bewertungen gestützt werden, sondern müßte ihre Rechtfertigung in den tatsächlichen Entwicklungen finden. Darüber hinaus könnten die weitreichenden Folgen der Rückanknüpfung vom Planungsträger kaum bewältigt werden. 1 5 6 Schließlich würde sich die Frage der Offenheit der Abwägung verschärft stellen. 157 Die planerische Abwägung läßt sich daher grundsätzlich nicht für die Vergangenheit durchführen, so daß Abwägungsmängel nicht mit Rückwirkung geheilt werden können. 1 5 8 Es ist allenfalls zulässig, nach der Behebung von formellen Mängeln eine inhaltlich nicht zu beanstandende Abwägung zu übernehmen und den inhaltsgleichen Plan rückwirkend in Kraft zu setzen, da in diesem Fall keine erneute Zuordnung der Belange erfolgen muß. Der Gesetzgeber hat die Rückwirkung zu Recht durch § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB ausgeschlossen und lediglich in § 215 a Abs. 2 BauGB für Verfahrens- und Formfehler eine Ausnahme von diesem „bauplanungsrechtlichen Rückwirkungsverbot" vorgesehen. 159
155 So im Ergebnis auch BVerwG, Urteil vom 18.4.1996, BVerwGE 101, 59 (61); in dieselbe Richtung Dürr, DÖV 1997, S. 845 (846); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 16, Rn. 30; Schmaltz , DVB1 1981, S. 328 (329); Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 442; vgl. auch BT-Drs. 8/2885, S. 18, 45, wonach es allgemeinen Rechtsgrundsätzen entspricht, daß eine rückwirkende Inkraftsetzung nach der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern nur bei unverändertem Inhalt zulässig ist. 156 Ebenso BVerwG, Urteil vom 18.4.1996, BVerwGE 101, 59 (61). 157 Zu den Anforderungen an die Offenheit der Abwägung vgl. oben Kap. 4 1 2 b; dazu auch BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (315 f.); Urteil vom 1.11.1974, DVB1 1975, S. 492 (494); Krautzberger, in: B / K / L , § 1, Rn. 113 f. 158 Bedenklich daher V G H Mannheim, Urteil vom 14.1.2000, VB1BW 2000, S. 440 (445), wo die Zulässigkeit der Rückwirkung nach der Behebung materieller Fehler einer Grünbestandssatzung nach § 25 NatSchG-BW nur am Maßstab des allgemeinen rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbotes geprüft wurde, ohne den planerischen Charakter der Abwägung nach § 1 Abs. 2 BNatSchG und § 1 Abs. 3 NatSchG-BW zu problematisieren. 159 Zum abschließenden Charakter des § 215 a Abs. 2 BauGB BVerwG, Urteil vom 21.8.1997, BVerwGE 105, 153 (160); Urteil vom 18.4.1996, BVerwGE 101, 58 (61); Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 13; Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 20; Stüer, Bebauungsplan, D. Rn. 442.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
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2. Die Feststellung eines späteren Nichtigkeitszeitpunktes Weiterhin ist bei Abwägungsfehlern an eine Differenzierung hinsichtlich des Nichtigkeitszeitpunktes als Erhaltungsinstrument zu denken, wonach die Gerichte einen fehlerhaften Plan vorübergehend nur für rechtswidrig, aber nicht für nichtig erklären und dem Planersteller dadurch die Möglichkeit zur Nachbesserung verschaffen. 160 Sie stellt ein Fehlerfolgenbegrenzungsinstrument dar, das mit der Heilung bzw. dem Neuerlaß in engem Zusammenhang steht. Problematisch ist jedoch, ob eine solche Vorgehensweise zulässig ist. Gegen eine Anwendbarkeit wird eingewandt, daß der Gesetzeswortlaut des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ausschließlich die Nichtigerklärung ex tunc vorsehe 161 und daher keine zeitlichen Abstufungen zulasse. Diese Argumentation überzeugt schon deshalb nicht, weil das Gesetz lediglich davon spricht, daß die Norm bei Ungültigkeit für nichtig erklärt werden müsse. 162 Damit ist weder etwas über den Eintrittszeitpunkt der Ungültigkeit bzw. der Nichtigkeit ausgesagt noch darüber, daß dieser Ausspruch - neben der Antragsabweisung - abschließend ist. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber bei Einführung der bundeseinheitlichen Normenkontrolle für Bebauungspläne selbst dafür ausgesprochen, daß die Gerichte von der Möglichkeit, den Nichtigkeitszeitpunkt hinauszuschieben, Gebrauch machen. 163 Etwas anderes läßt sich auch nicht aus dem neu gefaßten § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO ableiten, wonach in bestimmten Fällen die Unwirksamkeit bis zur Behebung des Fehlers festgestellt werden kann. Die Regelung war aufgrund der Einführung einer neuartigen Fehlerfolge in § 215 a Abs. 1 BauGB (1998) geschaffen worden. Daß darin keine abschließende Beschränkung für die Tenorierung gesehen werden darf, findet in den Gesetzesmaterialien Bestätigung. 164 Daher steht der Wortlaut des § 47 VwGO der Zulässigkeit eines zeitlich differenzierten Rechtsfolgenausspruches nicht entgegen. 165 160 Wegen der Zulässigkeit einer rückwirkenden Inkraftsetzung von Plänen nach Heilung von Verfahrens- und Formfehlem gem. § 155 a Abs. 5 BBauG (1979), § 215 Abs. 3 Satz 2 BauGB (1986) bzw. § 215 a Abs. 2 BauGB (1998) spielt dieses Instrument nur bei materiellen Mängeln eine Rolle. 161 Redeker/vOertzen, § 47, Rn. 42; Jörg Schmidt, in: Eyermann, § 47, Rn. 92; vgl. auch die Literaturnachweise bei OVG Berlin, Urteil vom 22.4.1983, N V w Z 1983, S. 416 (418), und bei Meyer-Ladewig, DVB1 1976, S. 204 (209). 162 y g i den insofern unverändert gebliebenen Wortlaut in § 47 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO (1977) und § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO (1996). 163 BT-Drs. 7/4324, S. 8; dazu oben Kap. 2 I I 2. 164 Vgl. dazu die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung, BTDrs. 13/6392, S. 92, wo alternativ von der „Nichtigkeitserklärung oder auch der Aufhebung" im Normenkontrollverfahren die Rede ist, woraus - ungeachtet der dogmatischen Fragwürdigkeit des Begriffes der „Aufhebung" - geschlossen werden muß, daß der Gesetzgeber weiterhin davon ausgeht, daß die Nichtigerklärung ex tunc nicht als abschließende Tenorierung aufzufassen ist.
II. Das Scheitern allgemeiner Erhaltungsinstrumente
163
Allerdings dürfen die einfachen Gerichte die bestehende Rechtslage nur feststellen, wobei ihnen im Unterschied zur Verfassungsgerichtsbarkeit 166 kein eigener Gestaltungsspielraum zusteht. 167 Es ist daher erforderlich, daß nach materiellem Recht eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtigkeit im Kollisionszeitpunkt gegeben ist. Dieses Prinzip stellt einen Ausfluß des verfassungsrechtlich verankerten Sanktionierungsgedankens dar. 1 6 8 Selbst eine Abweichung hinsichtlich des Nichtigkeitszeitpunktes bedürfte im Hinblick auf die Grundsätze der Einheit der Rechtsordnung und der Unverbrüchlichkeit des Rechts einer besonderen Rechtfertigung. 169 Diese ist dann gegeben, wenn einem Gebot der Rechtsordnung mit gleichem oder höherem Rang entsprochen w i r d . 1 7 0 Bei der einzelfallbezogenen Feststellung einer derartigen Ausnahme durch die einfachen Gerichte ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Für Pläne des BauGB, insbesondere für Bauleitpläne, kann in der Regel kein abweichender Nichtigkeitszeitpunkt gerechtfertigt werden. Im konkreten Einzelfall fehlt es zumeist an verfassungsrechtlichen Geboten und Prinzipien, die die für eine Nichtigkeit sprechenden Grundsätze überwinden könnten. Der Verlust an Rechtssicherheit, 171 der durch den rückwirkenden Wegfall eines einzelnen Bauleitplanes entsteht, genügt dafür nicht. Zum einen kann dieser Grundsatz gerade auch für die Nichtigkeit als Rechtsfolge von Verstößen sprechen. Zum anderen tritt eine Ver165 Ebenso, BVerwG Urteil vom 14.7.1978, BVerwGE 56, 155 (161 f.); Beschluß vom 18.9.1981, BVerwGE 64, 77 (81); Kopp/Schenke, § 4 7 VwGO, Rn. 126, m.w.N.; Schenke, JZ 1996, S. 1103 (1119); Johann Schmidt/A. Lange, in: FS für Mühl, S. 595 (609); Stüer, DVB1 1985, S. 469 (479). 166 Das Bundesverfassungsgericht ist wegen der Besonderheit der Verfassungsgerichtsbarkeit bei der Normenkontrolle in gewissen Grenzen zur Rechtsgestaltung ermächtigt, weshalb es auch eigene Übergangsregelungen treffen kann, vgl. BVerfG, Beschluß vom 26.4.1994, BVerfGE 90, 263 (276 f.); StGH Baden-Württemberg, DVB1 2000, S. 625 f.; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, § 20, Rn. 8 ff. Dies kommt nicht zuletzt in § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG zum Ausdruck. Weitergehend Art. 231 Abs. 2 EG-Vertrag, i.d.F. vom 2.10.1997, wonach der Europäische Gerichtshof die Wirkungen einer für nichtig erklärten Verordnung festlegt, die als fortgeltend zu betrachten sind; dazu und zur entsprechenden Anwendung der Norm auf andere Urteile Geiger, EUV/EGV, Art. 231, Rn. 6 f. 167 OVG Lüneburg, Urteil vom 27.7.1983, N V w Z 1984, S. 595 f.; Meyer-Ladewig, DVB1 1976, S. 204 (209); Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 404; Stüer, DVB1 1985, S. 469 (479); Ziekow, in: Sodan/Ziekow, § 47, Rn. 361; ebenso im Hinblick auf eine Teilnichtigerklärung BVerwG, Beschluß vom 20.8.1991, DVB1 1992, S. 37 ff., wonach keine Befugnis zur Rechtsgestaltung besteht. 168 Dazu Johann Schmidt/A. Lange, in: FS für Mühl, S. 595 (596), und oben Kap. l i l a . 169 Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 (2807); Johann Schmidt/A. Lange, a.a.O. 170 Johann Schmidt/A. Lange, a.a.O., S. 610, die davon ausgehen, daß das materielle Recht in derartigen Fällen von einem verfassungsrechtlichen Gemeinwohlvorbehalt überlagert wird; dazu auch oben Kap. 1 I 1 c. 171 Vgl. Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 62 f., und oben Kap. 1 I 1 b.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
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unsicherung allenfalls in räumlich sehr begrenztem Umfang auf. Weiterhin kommt durch den Wegfall eines Planes - angesichts des verbleibenden Instrumentariums des Bauplanungsrechts - weder die Bau- noch die Planungstätigkeit im jeweiligen Gebiet für einen längeren Zeitraum völlig zum Erliegen. Die Baufreiheit der Grundstückseigentümer kann über die §§34 und 35 B a u G B 1 7 2 oder im Wege eines wiederauflebenden Altplanes verwirklicht werden, so daß das Erfordernis, eine Grundrechtsverwirklichung zu gewährleisten, 173 regelmäßig nicht zur Abbedingung der Nichtigkeit herangezogen werden kann. Die Gemeinden verfügen ebenfalls über ausreichende Steuerungsinstrumente, um ihre verfassungsrechtlich gewährte Planungsautonomie (Art. 28 Abs. 2 GG) umzusetzen, etwa durch die Möglichkeit, kurzfristig eine Veränderungssperre nach erneutem Aufstellungsbeschluß zu erlassen. Darin liegen die Unterschiede zu anderen Fallgruppen, etwa im Prüfungs- oder im Hochschulrecht, 174 in denen Ausnahmen von der Nichtigkeit als Rechtswidrigkeitsfolge anerkannt wurden. Dort wären durch den Wegfall der rechtswidrigen Normen Regelungslücken aufgetreten, die bestimmte hoheitliche Tätigkeitsbereiche bzw. die Grundrechtsverwirklichung in erheblichem Umfang und für längere Zeit zum Erliegen gebracht hätten. Dies wäre mit dem verfassungsrechtlich gewollten Zustand noch weniger vereinbar gewesen als die zeitweilige Weitergeltung. Erst wenn das Erfordernis, der generellen Funktionsstörung der Bauleitplanung entgegenzuwirken, einbezogen würde, könnte eine Abwägung unter Umständen zeitliche Ausnahmen rechtfertigen. 175 Die Gerichte sind zu derartigen Feststellungen kaum in der Lage, da die Beurteilung der Rechtssicherheitsbedürfnisse von der Anzahl ungültiger Bauleitpläne in allen Gemeinden abhängig i s t . 1 7 6 Die Rechtsprechung wäre an den Grenzen ihrer Möglichkeiten angelangt, wenn sie anhand von relativ wenigen Einzelfällen eine von Wertungswidersprüchen freie Fehlerfolgenlehre für rechtswidrige untergesetzliche Normen ausarbeiten müßte. Insofern zeigen sich Parallelen 172
Siehe dazu BVerwG, Beschluß vom 20.8.1991, DVB1 1992, S. 37 (40), wonach der Gesetzgeber durch § 34 BauGB einen „Ersatzplan" geschaffen hat, der vor dem Hintergrund des Art. 14 GG eine sinnvolle Nutzung des Grundeigentums gewährleistet. 173 Vgl. Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 63 ff., und oben Kap. 1 I 1 b. 174 Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.7.1978, BVerwGE 56, 155 (161 f.), Schulrecht; BVerwG, Beschluß vom 18.9.1981, BVerwGE 64, 77 (81); V G H Kassel, Beschluß vom 22.3.1978, DVB1 1978, S. 175; V G H Mannheim, Beschluß vom 16.3.1979, DVB1 1979, S. 916 (923), alle zum Hochschulrecht; dazu oben Kap. 2 I I 3 a; gleiches gilt zum Teil für das Raumordnungsrecht, siehe BayVGH, Urteil vom 30.3.1982, BayVBl 1982, S. 726 (730). 175 Zur grundgesetzlichen Absicherung der effektiven Hoheitsausübung vgl. oben Kap. 1 I 1 b. 176 Es handelt sich dabei um Umstände, die als aggregierende Effekte charakterisiert werden können, dazu Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 93.
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zur Wesentlichkeitsrechtsprechung, die an dieser Aufgabe gescheitert ist. In erster Linie ist der Gesetzgeber dazu berufen, die sich gegenüberstehenden Rechtsgüter abzuwägen und durch gesetzliche Regelungen zum Ausgleich zu bringen. 1 7 7 Somit kam die Feststellung eines abweichenden Nichtigkeitszeitpunktes als Erhaltungsinstrument bei Plänen des BauGB allenfalls in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, 178 in denen die für die sofortige Nichtigkeit sprechenden Verfassungsprinzipien zurücktraten. Die endgültige Sanktionslosigkeit von Verstößen gegen zwingendes Recht, d.h. der Ausspruch, daß ein als untergesetzliche Norm erlassener Plan dauerhaft rechtswidrig, aber nicht nichtig i s t , 1 7 9 kann ohne gesetzliche Grundlage aus den oben genannten Gründen erst recht nicht getroffen werden. Daher bedurfte der Nichtigkeitsausschluß in § 215 a Abs. 1 BauGB (1998), i.V.m. § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO der ausdrücklichen gesetzlichen Festschreibung.
3. Die Übertragung der Grundsätze der Planergänzung auf das Bauplanungsrecht Eine alternative Möglichkeit zur Steigerung der Beständigkeit von Plänen bildet im Fachplanungsrecht das Instrument der Planergänzung. Es wurde von der Rechtsprechung entwickelt, 1 8 0 um Planfeststellungsbeschlüsse, die an weniger schweren inhaltlichen Mängeln leiden, zu erhalten, und später in § 75 Abs. l a VwVfG vom Gesetzgeber übernommen. 181 Insbesondere bei fehlenden Schutzauflagen spielt die Planergänzung eine wichtige Rolle. Solange nicht die Ausgewogenheit der Gesamtplanung in Frage steht, läßt sie den Anspruch des in seinen Rechten verletzten Bürgers auf Aufhebung 177 Ebenso Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 332 ff.; Schmidt-Aßmann, in: HdBdStR, Bd. III, § 70, Rn. 36. 178 So bei OVG Berlin, Urteil vom 22.4.1983, N V w Z 1983, S. 416. 179 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines solchen Ausspruches Hill Das fehlerhafte Verfahren, S. 69; dazu auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur eingeschränkten Nichtigkeit von Rechtsverordnungen bei Verstößen gegen verfassungsrechtliche Verfahrensvorschriften, BVerfG, Beschluß vom 11.10.1994, BVerfGE 91, 148 (175 f.), wo ebenfalls darauf abgestellt wird, ob die Unanwendbarkeit der Normen zu einer Rechtslage führt, die noch weniger im Einklang mit der Verfassungsordnung steht als die Hinnahme des Verstoßes für die Vergangenheit und damit der Gültigkeit der Normen; kritisch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13, Rn. 17; offen gelassen vom BVerwG, Beschluß vom 25.10.1979, BVerwGE 59, 48 (50 f.), für den Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift bei Erlaß einer Rechtsverordnung im Beamtenrecht. 180 Grundlegend BVerwG Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (132 ff.); dazu umfassend Henke, Planerhaltung durch Planergänzung und ergänzendes Verfahren. 181 Vgl. auch Jarass, DVB1 1997, S. 795 f f ; Sendler, in: Aktuelle Fragen der Planfeststellung, S. 9 ff.
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des Planfeststellungsbeschlusses entfallen. An seine Stelle tritt ein mit der Verpflichtungsklage geltend zu machendes subjektives Recht auf inhaltliche Ergänzung des Planes. 182 Eine Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf das Bauplanungsrecht erscheint fraglich. Angesichts des Rechtsnormcharakters der Pläne bestehen erhebliche Unterschiede. Die Gerichte müssen sich in ihrem Rechtsfolgenausspruch auf Feststellungen beschränken, da es sich bei Normenkontrollentscheidungen um keine Gestaltungsurteile handelt. 183 Die Feststellung der bloßen Rechtswidrigkeit von Plänen bereitet, wie bereits oben dargelegt, erhebliche Rechtfertigungsprobleme. Zudem besteht bei Bauleitplänen regelmäßig weder ein Anspruch auf Erlaß noch auf Ergänzung des Inhalts, was aus § 2 Abs. 3 BauGB folgt, der Ausfluß der kommunale Planungshoheit i s t . 1 8 4 Die Wahl der Mittel zur Herstellung rechtmäßiger Zustände steht vielmehr ausschließlich dem Planersteller, also der Gemeinde z u . 1 8 5 Die Übertragung der Planergänzung auf das Bauplanungsrecht ist somit im Regelfall abzulehnen. 186 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Expertenkommission und ihr folgend der Gesetzgeber eine Übernahme der Planergänzung durch das BauROG angestrebt hätten. 187 Die Kommission ging nämlich von einer verkürzten Planergänzungsdefinition aus, wonach diese eine „Änderung des Bebauungsplans durch Ergänzung um solche Festsetzungen, die notwendig sind, um die unzureichende Berücksichtigung einzelner Belange zu beheben " 1 8 8 , darstelle. Dadurch wurde die prozessuale Dimension ausgeblendet, die aber gerade die eigentliche Wirkung des Instruments aus182 Dazu Henke, Planerhaltung, S. 126 ff. Dieses Institut ist keine reine Fehlerfolgenbegrenzungsregelung. Zwar ist die Aufhebbarkeit als Sanktion ausgeschlossen, die Rechtmäßigkeit tritt aber erst nach dem Tätigwerden des Planungsträgers ein, wenn dieser den Anspruch erfüllt und den Plan nachgebessert hat. In der Zwischenzeit ist der Plan außer Vollzug gesetzt. 183 Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 404, für Verfahren nach § 47 VwGO, und Rn. 406, für Inzidentkontrollen. 184 Zum Nichtbestehen eines Anspruches auf Bauleitplanung BVerwG, Urteil vom 11.3.1977, Buchholz 406.11, § 2 BBauG, Nr. 16; Beschluß vom 3.8.1982, N V w Z 1983, S. 92 f.; Beschluß vom 30.3.1995, Buchholz 406.11, § 2 BauGB, Nr. 38; dazu auch Jäde, in: J/D/W, § 2, Rn. 16; differenzierter Fackler, Individualanspruch auf Bauleitplanung, S. 186 ff. 185 Neben der Planänderung in einem eigenen Änderungsverfahren kommt die Heilung und der künftige Verzicht auf einen Plan, der sich in Form der Akzeptanz der Nichtigerklärung im Normenkontrollverfahren bzw. in der Durchführung eines förmlichen Aufhebungsverfahrens äußern kann, in Betracht, dazu auch Hoppe/ Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1411). 186 Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1410); Rude , Planreparatur, S. 120 f.; vgl. auch Henke, Planerhaltung, S. 202. 187 Dazu Kommissionsbericht, Rn. 114, und BT-Drs. 13/6392, S. 74, wo hinsichtlich der Einführung des § 215 a BauGB auf den Bericht Bezug genommen wird. 188 Kommissionsbericht, Rn. 114.
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macht. Dementsprechend sollten nur die Grundgedanken der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens aus dem Fachplanungsrecht übernommen und unter dem Institut des ergänzenden Verfahrens in § 215 a BauGB zusammengefaßt werden. 1 8 9 Die Möglichkeit der gerichtlich festgelegten Fehlerheilung wurde im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit nicht in das BauGB übernommen. 190 Es kann allenfalls in Sonderfällen, in denen ein fachplanerisches Vorhaben alternativ durch Planfeststellungsbeschluß oder durch Bebauungsplan verwirklicht werden darf, 1 9 1 zur unmittelbaren Anwendung der Grundsätze der Planergänzung kommen. Ein solcher Sachverhalt, der Ausbau einer Bundesfernstraße, lag dem Urteil des OVG Berlin vom 22.4.1983 zugrunde. 192 Der Bebauungsplan litt an einem Abwägungsfehler, da der Plangeber die Errichtung der notwendigen Lärmschutzeinrichtungen nur zugesagt, aber nicht verbindlich festgelegt hatte. 1 9 3 Die komplette Neuplanung hätte zu einer mehrjährigen Verzögerung geführt. Da eine erhebliche Verkehrsbelastung für ganze Stadtteile drohte, erklärte das Gericht den Bebauungsplan für rechtswidrig, aber nicht für nichtig. Der zu erwartende Zustand könne noch weniger mit den gesetzlichen Vorstellungen in Einklang gebracht werden wie die Überwindung des Nichtigkeitsgrundsatzes. Eine Verpflichtung zur Nachbesserung des Planes wurde aber nicht ausgesprochen. Letztlich handelt es sich dabei wegen der starken Bezüge zum Planfeststellungsrecht und der Zusage der rechtmäßigen Umsetzung um einen Sonderfall, der nicht verallgemeinerungsfähig ist.
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Kommissionsbericht, Rn. 117; kritisch zum Begriff des ergänzenden Verfahrens im BauGB als Oberbegriff beider Instrumente Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (979). 190 Dazu auch Erbguth/Wägner, Rn. 176d; Wagner, BauR 1997, S. 709 (719). 191 Zur Austauschbarkeit beider Rechtsformen, im Straßenrecht vgl. § 17 Abs. 3 Satz 1 Bundesferstraßengesetz i.d.F. vom 19.4.1994 (BGBl. I S. 854); allgemein zur Übertragbarkeit fachplanerischer Grundsätze BVerwG, Beschluß vom 22.3.1999, BauR 2000, S. 239 ff. 192 n v w z 1983, S. 416; dazu auch die grundsätzlich zustimmenden Beiträge von Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 176; Stüer, DVB1 1985, S. 469 (479), und Scharmer, Bebauungspläne, S. 168; ebenso Gaentzsch, DVB1 1985, S. 29 (35); ders., in: FS für Weyreuther, S. 249 (269), der davon ausgeht, daß ein derartiger Plan nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigentlich für nichtig erklärt werden müßte; kritisch dagegen der Kommissionsbericht, Rn. 114. 193 Eine Nachholung im Wege einer ergänzende Planfeststellung nach § 17 Abs. 3 Satz 2 FStrG war nach Auffassung des Gerichts nicht statthaft. Sie hätte wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Planungsentscheidung erfordert, daß sich der Plangeber mit dieser auseinandergesetzt hat, so OVG Berlin, a.a.O., S. 418, was aber nicht der Fall war.
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unfehlern
4. Zusammenfassung Die rückwirkende Heilung von Abwägungsmängeln kommt angesichts des besonderen Charakters der planerischen Abwägung nicht in Betracht. Es besteht ein spezielles „planerisches" Rückwirkungsverbot. Die Feststellung eines alternativen Nichtigkeitszeitpunktes scheitert im Bauplanungsrecht daran, daß regelmäßig keine verfassungsrechtlichen Prinzipien gegeben sind, die eine Aufrechterhaltung fehlerhafter Pläne rechtfertigen könnten. Eine Übertragung der fachplanerischen Grundsätze der Planergänzung kann wegen der Normqualität der Pläne des BauGB allenfalls in Ausnahmefällen erfolgen.
I I I . Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern 1. Überblick über die gesetzliche Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Nachdem die genannten Instrumente zur Planerhaltung nicht in Betracht kamen, oblag es dem Gesetzgeber, die Folgen von Abwägungsmängeln zu begrenzen. Dies hat er mit § 155 Abs. 2 Satz 2 BBauG (1979) erstmalig getan. Die Regelung wurde wortgleich in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB (1986/1998) übernommen. Sie gilt für alle Satzungen des B a u G B 1 9 4 und hat ausschließlich Abwägungsfehler im Vorgang zum Gegenstand, nicht aber Mängel im Abwägungsergebnis 195 bzw. sonstige materielle Fehler. 1 9 6 Ebensowenig werden formelle Verstöße erfaßt, die zwar mit Abwägungsfehlern zusammenfallen können, die aber getrennt zu behandeln sind. 1 9 7 Da nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur offensichtliche und das Abwägungsergebnis beeinflussende Mängel erheblich sind, stellt die Regelung eine absolute Unbeachtlichkeitsklausel dar. Positiv formuliert lassen sich aufgrund 194 Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 43; a.A. Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 104, der dabei den unterschiedlichen Wortlaut zu Satz 1 verkennt. 195 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (35 f.). 196 Eine Besonderheit ergibt sich im Hinblick auf das materielle interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB. Je nachdem, ob man dieses als Sonderform der Abwägung ansieht oder als eigenständige Voraussetzung betrachtet, unterfallen Verstöße den Erhaltungsregelungen für die Abwägung; zum Meinungsstreit Brohm, Baurecht, § 12, Rn. 21; für die Geltung der §§ 214 Abs. 3, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB: Bay VGH, Urteil vom 3.5.1999, BauR 1999, S. 1140 (1144 f); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 2, Rn. 14 a.E.; Jäde, in: J/D/W, § 2, Rn. 4, m.w.N.; W. Schrödter, in: Schrödter, § 2, Rn. 47; in diese Richtung auch Bielenberg, in: E/Z/B, § 2, Rn. 75; a.A. Battis , in: B / K / L , § 2, Rn. 7. 197 Dazu näher OVG Münster, Beschluß vom 30.3.1990, Β RS 50, Nr. 37, S. 97 (100); Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 3; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 13.
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
169
des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB drei verschiedene Gruppen von Abwägungsfehlern unterscheiden: - unbeachtliche Fehler im AbwägungsVorgang; der Mangel muß dann nicht offensichtlich und/oder nicht von Einfluß auf das Ergebnis gewesen sein; - beachtliche Fehler im Abwägungsvorgang; der Mangel war dann sowohl offensichtlich als auch auf das Ergebnis von Einfluß; - Mängel im Abwägungsergebnis, die nicht durch § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erfaßt werden können, selbst wenn sie zugleich auch einen vorgangsbezogenen Mangel beinhalten, 198 und daher stets beachtlich sind. Grundlage für die Folgenbegrenzungsregelung bildet die von der Rechtsprechung zur Abwägungsfehlerlehre entwickelte Trennung in Abwägungsvorgang und -ergebnis, die der Gesetzgeber aufgegriffen und in doppelter Weise zum Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung gemacht hat. Zum einen, indem er nur vorgangsbezogene Mängel der absoluten Unbeachtlichkeit zuordnete, zum anderen durch die Heranziehung des Abwägungsergebnisses als Maßstab für die zweite Tatbestandsvoraussetzung der Norm. Diese Differenzierung gilt es näher zu untersuchen und einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.
2. Die Unterscheidung von Abwägungsfehlern im Vorgang und im Ergebnis a) Die Kritik
an der Rechtsprechungsansicht
aa) Die Auffassung Kochs Die Trennung in Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis hat in der Literatur nicht nur Zustimmung, 1 9 9 sondern auch Ablehnung erfahren. 200 Ihre vollständige Aufgabe wurde vornehmlich von Koch gefordert 2 0 1 Sei198 Bay VGH, Urteil vom 1.4.1996, BayVBl 1997, S. 212 (213); Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 15; Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 40; Schaber, VB1BW 1998, S. 161
(162). 199
Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 14; Erbguth/Wagner, E, Rn. 227; Hoppe, in: FS BVerfG, S. 663 (704); Krautzberger, in: B / K / L , § 1, Rn. 114; Schmitt Glaeser/König, JA 1980, S. 414 (418 f.); Schmaltz. , in: Schrödter, § 214, Rn. 45; Stelkens/Pagenkopf, DVB1 1977, S. 668 (670), m.w.N.; dazu auch die Darstellung bei Hoppe/ Grotefels, § 7, Rn. 36 ff, 133 ff. 200 Kritisch Gassner, Abwägung, S. 81 f., und Weyreuther, DÖV 1977, 419 (426). 201 Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1128); Koch/Hendler, § 17, Rn. 69; im Ergebnis ebenso Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 157 ff., und ihm folgend Tsevas, Planfeststellungsbeschluß, S. 159 ff.
170
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
ner Auffassung zufolge steckt hinter ihr lediglich die Differenzierung zwischen Begründung - im materiell zu verstehenden Sinne - und Begründbark e i t , 2 0 2 was aus verschiedenen Entscheidungen zum Abwägungsgebot und aus der Ermessensfehlerlehre ableitbar sei. Eine fehlerfreie Begründung schließt laut Koch notwendigerweise die Begründbarkeit des Ergebnisses mit ein. Sobald der Gemeinde daher eine dem Gebot gerechter Abwägung genügende Begründung gelinge, was durch die Vorgangskontrolle festgestellt werden könne, sei der jeweilige Plan auch stets begründbar. 203 Einer gesonderten Prüfung der Begründbarkeit - also des Abwägungsergebnisses - komme allenfalls dann eine eigenständige Rolle zu, wenn sie im Falle der fehlerhaften Begründung ergebniskonservierend wirke. Dies sei in dem ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Abwägungsmodell aber nicht vorgesehen gewesen und durch die Planerhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erst in Ansätzen verwirklicht, 2 0 4 weshalb eine eigenständige Prüfung des Ergebnisses abgelehnt werden müsse. Letztlich befürwortet er eine Beschränkung auf die Kontrolle des Abwägungsvorganges205 Die von ihm vorgebrachten Argumente sind widerlegbar. 206 Die Ausgangsthese, daß die „Abwägungsergebniskontrolle sinnvollerweise nur Begründbarkeitskontrolle" sein könne, da die Vorgangskontrolle „eindeutig als Begründungskontrolle zu verstehen" sei, 2 0 7 ist keineswegs zwingend. Deren Herleitung aus verschiedenen gerichtlichen Entscheidungen kann nicht überzeugen. 208 Koch muß selbst zugestehen, daß wesentliche Leiturteile seiner Annahme widersprechen, insbesondere die Flachglasentschei202
Koch f DVB1 1983, S. 1125 (1126 f.); ders. DVB1 1989, 399 f.; Koch/Hendler, § 17, Rn. 63; ihm folgend Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 209; siehe dazu auch Rubel, Planungsermessen, S. 73 f., 158 f. 203 Koch/Hendler, § 17, Rn. 64. 204 Zur Kritik an diesen Regelungen Koch, DVB1 1989, 399 (404). 205 Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1132); Koch/Hendler, § 17, Rn. 65. Ausnahmen sind nach seinem Dafürhalten nur in Fällen des zeitlichen Auseinanderfallens von Abwägungsvorgang und Inkrafttreten des Planes erforderlich, wenn sich in diesem Zeitraum wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage oder der Kenntnisse der Gemeinde ergeben. Dann soll der Plan aber nicht abwägungsfehlerhaft, sondern wegen Funktionslosigkeit als nichtig anzusehen sein. 206 Dazu und zum folgenden ausführlich Erbguth, DVB1 1986, S. 1230 ff.; ders., Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 370 ff. 207 Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1127). 208 Koch, a.a.O., erklärt selbst, seine These entspreche „nicht etwa einem erklärten Selbstverständnis der Rechtsprechung", sondern stelle „eine Deutung einer Reihe von Entscheidungen dar". Erbguth, DVB1 1986, S. 1230 (1232 f.) wendet sich entschieden gegen das exemplarische Herausgreifen einzelner Gerichtsurteile. Gegen eine Überbewertung dieser Vorwürfe angesichts der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung Ibler, DVB1 1988, S. 469 (471).
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
171
dung. 2 0 9 Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem gerade umgekehrt ausgeführt, gerichtlicher Prüfungsgegenstand bei Planfeststellungen sei, „ob die Planung - so wie sie bei Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt ist und nicht dagegen, auf welche Weise rechtsfehlerist - rechtsfehlerhaft frei hätte geplant werden können". 210 Danach sind beide Ebenen grundsätzlich als Begründungskontrolle zu verstehen. 211 Auch der von ihm vorgebrachte Vergleich mit der Ermessensfehlerlehre 212 geht fehl. Dort mag es in Fällen der Ermessensreduzierung auf null sachdienlich sein, auf die Vorgangskontrolle zu verzichten, wenn nur ein einziges rechtmäßiges Ergebnis erzielt werden kann. Gerade weil aber im Verhältnis zur Planung ein unterschiedlich weiter Gestaltungsspielraum besteht, der eine solche „Abwägungsreduzierung auf null" ausschließt, können keine Parallelen zu derartigen Sonderfällen gezogen werden. 213 Ferner läßt sich der Wortlaut des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB mit dieser Ansicht nur schwer in Einklang bringen, wonach nur Fehler des Vorganges unbeachtlich sein können, was Koch selbst eingestehen muß. 2 1 4 Der Gesetzgeber ist mit der ständigen Rechtsprechung von einer eigenständigen Überprüfung von Abwägungsvorgang und -ergebnis ausgegangen.215 Schließlich spricht auch die Schlußfolgerung Kochs, daß die als Begründbarkeitskontrolle verstandene Ergebniskontrolle weitgehend überflüssig sei, eher dafür, seine Ausgangsthese zu verwerfen. 216 bb) Die Ansicht Heinzes Die genau entgegengesetzte Position bezieht Heinze, der eine Beschränkung auf die Überprüfung des Abwägungsergebnisses vorschlägt. 217 Er geht davon aus, daß das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot gerechter Abwägung sich nicht auf den Abwägungsvorgang bezieht. Für Verwaltungsmaßnahmen werde aus rechtsstaatlicher Sicht heraus weder ein bestimmtes Zustandekommen noch eine bestimmte Begründung verlangt. 218 So würden Verfahrensanforderungen nur aufgrund besonderer einfachgesetz209
Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1126), unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 ff. 210 BVerwG, Urteil vom 25.2.1988, DVB1 1988, S. 844 (845). 211 Zustimmend Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 372 f.; Erbguth/ Wagner, E, Rn. 233. 212 Koch, DVB1 1983, S. 1125 (1127 f.). 213 Erbguth, DVB1 1986, S. 1230 (1233). 214 Koch, DVB1 1989, S. 399 (404). 215 Vgl. BT-Drs. 8/2885, S. 46. 216 Ebenso Ibler, DVB1 1988, S. 469 (471). 217 Heinze, N V w Z 1986, S. 87 ff. 218 Heinze, a.a.O., S. 89.
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. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
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licher Anordnungen gelten. Nachdem es an derartigen Regelungen für den Vorgang fehle, sei dieser nicht Kontrollgegenstand, andernfalls drohe eine bedenkliche Rechtsunsicherheit. Die fehlende Begründung für die Ausgangsthesen 219 war ebenso wie der Umstand, daß Heinze selbst gewisse Zweifel an den Aussagen zu hegen scheint, wenn er im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Absicherung der Anhörung ausführt, es müsse als „Ausnahme von der Regel angesehen werdensollte „der Anspruch auf rechtliches Gehör unabhängig von Art. 103 Abs. 1 GG unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sein", 220 bereits Gegenstand der K r i t i k . 2 2 1 Dem ließe sich hinzufügen, daß er auch die Besonderheit der planerischen Gestaltungsfreiheit und ihres Ausfüllungsvorganges, der planerischen Abwägung, verkennt. Nach seiner Auffassung kann ein konkreter Abwägungsvorgang ebensowenig zur Rechtmäßigkeitsvoraussetzung werden „wie die Rechtmäßigkeit eines gebunden Verwaltungsaktes dadurch beeinträchtigt wird, daß die Behörde die richtige Gesetzesanwendung ohne Nachdenken und erst recht ohne behördeninterne Beratung getroffen hat"? 22 Daher reicht es nach seiner Ansicht sogar aus, wenn die Behörde die zunächst fehlende Abwägung zeitlich nach Inkrafttreten eines Planes vollzieht. 2 2 3 Diese Schlußfolgerungen werden schon der herkömmlichen Ermessensdogmatik nicht gerecht, wonach Ermessenserwägungen im Nachhinein allenfalls ergänzt werden dürfen. 2 2 4 Erst recht kann bei der Ausfüllung der planerischen Gestaltungsspielräume ein nachgeschobener Abwägungsvorgang keine Zurückstellung von Belangen rechtfertigen, da es ihm an der Offenheit fehlt. 2 2 5 Der Gesetzgeber hat aber gerade eine solche offene Abwägung, die ein „Nachdenken" und ggf. auch eine „behördeninterne Beratung" erfordert, in § 1 Abs. 6 BauGB gesetzlich festgeschrieben und begnügt sich nicht mit reiner Subsumtion, wie sie bei gebun219 So setzt sich Heinze mit dem vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Wortlautargument, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (315), nicht einmal ansatzweise auseinander. 220 Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (89, Fn. 14); zur verfassungsrechtlichen Absicherung des rechtlichen Gehörs durch das Rechtsstaatsgebot Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 103 Abs. I, Rn. 62; vgl. auch Kopp/Ramsauer, § 28, Rn. 2, m.w.N. 221 Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 269; dazu auch Tsevas, Planfeststellungsbeschluß, S. 157. 222 Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (89). 223 Heinze, a.a.O., S. 89, 91; a.A. BVerwG, Urteil vom 25.2.1988, DVB1 1988, S. 844 (845); Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 526. 224 Dies kommt durch den neu gefaßten § 114 Satz 2 VwGO zum Ausdruck. Ausführlich dazu Kopp/Schenke, § 114, Rn. 50; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 40; Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 529 ff. 225 Vgl. dazu oben Kap. 4 I I 1; die für die Unzulässigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung vorgebrachten Bedenken gelten entsprechend.
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
173
denen Entscheidungen erfolgen kann. Im übrigen wären die Gerichte mit der Überprüfung in der von Heinze vorgeschlagenen Weise überfordert, da sie an die Stelle des Planers treten müßten, um eine effektive Plankontrolle gewährleisten zu können. 2 2 6 Sie dürften sich dann nicht auf die Suche nach bestimmten Fehlergruppen beschränken. 227 cc) Die vermittelnde Position Erbguths Weniger grundsätzlich fällt die Kritik Erbguths aus, die sich nicht gegen die Trennung in Abwägungsvorgang und -ergebnis richtet, sondern auf die Maßstabsidentität abzielt, nach der beide auf die Abwägungsfehler hin zu überprüfen sind. 2 2 8 Seiner Ansicht zufolge soll zwischen Verfahrens- und ergebnisbezogenen Mängeln getrennt werden, je nachdem, ob die Fehler eher auf den dynamischen Prozeß oder eher auf das statische Ergebnis bezogen sind. 2 2 9 Im Anschluß an die Erkenntnis, daß der Abwägungsausfall nach unbestrittener Auffassung nur vorgangsbezogen ermittelt werden kann, will er zusätzlich das Abwägungsdefizit und die Abwägungsfehlgewichtung dem Abwägungsvorgang unterfallen lassen, die Disproportionalität dagegen dem Ergebnis. 230 Für diese Trennung spricht, daß sie sich an der Häufigkeit des tatsächlichen Auftretens der genannten Fehlergruppen orientiert. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, der jeweilige Fehler ließe sich zwingend nur einer der Komponenten zuordnen. Der Versuch, die Verschiedenheit der Maßstäbe aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge226
Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (90 f.), wonach die Verwaltungsgerichte das Ergebnis nachzuvollziehen hätten. 227 Eine derartige Ausdehnung der Planungskontrolle würde der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widersprechen, das gerade nicht von einer Nachvollziehung des gesamten Abwägungsergebnisses ausgeht, sondern in der Prüfung auf bestimmte Abwägungsfehler eine Grenze für die aufsichtliche und gerichtliche Kontrolle sieht, vgl. dazu statt vieler Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309), und Urteil vom 25.2.1988, DVB1 1988, S. 844 (845), wonach wesentliche Ergänzungen der planerischen Erwägungen nicht von den Verwaltungsgerichten angestellt werden dürfen. 228 Dazu BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (315), und oben Kap. 4 I 2 d bb. 229 Erbguth, DVB1 1986, 1230 (1233 f.); ders., Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 375; Erb guthfWagner, E, Rn. 235 f.; ebenso Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 179; Sarnighausen, NJW 1993, S. 3229 (3230); Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (162); vgl. bereits Schlez, BauR 1974, S. 289 (291 f.); in dieselbe Richtung Söfker, in: E/Z/B, § 1, Rn. 190, und Hoppe/Grotefels, § 7, Rn. 136; ablehnend R. Steinberg/Th. Berg/M. Wickel, Fachplanung, § 3, Rn. 71. 230 Erbguth, a.a.O.; Erbguth/Wagner, E, Rn. 235; nur auf den Ausfall und das Abwägungsdefizit stellen ab Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 522, und Schlez, § 15, Rn. 57.
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richts abzuleiten, 231 erscheint angreifbar, 232 nachdem das Gericht stets an der Maßstabsidentität festgehalten hat. Darüber hinaus würde eine strikte Zuordnung der Disproportionalität zum Abwägungsergebnis dem Umstand nicht gerecht, daß der Ausgleich von Belangen kein rein statisches Element der Abwägung darstellt, sondern auch dynamische Komponente sein kann. 2 3 3 Das vom Vorgang umfaßte „In-Beziehung-Setzen" von Belangen kann in einzelnen Zwischenschritten Disproportionalitäten aufweisen. Zwar mag der statische Charakter, der durch die Einbettung der Belange im Plan zum Tragen kommt, oftmals überwiegen, die dem Ausgleich innewohnenden dynamischen Elemente dürfen dabei aber nicht übersehen werden. Auf der anderen Seite enthält auch die Gewichtung der Belange - die dieser Auffassung nach dem Vorgang zugewiesen werden soll - durch die Festschreibung im Ergebnis einen statischen Charakter. Soweit diese Auffassung eine strenge Zuordnung von Fehlergruppen vorsieht und sich nicht darauf beschränkt, den Regelfall zu beschreiben, ist sie daher abzulehnen. b) Die Unterscheidung zwischen Vorgangs- und Ergebniskontrolle der Abwägung anhand ihrer Gegenstände aa) Die Kontrollgegenstände als Anknüpfungspunkte für eine Differenzierung Nachdem weder die Beschränkung auf die Vorgangs- bzw. die Ergebniskontrolle noch die strikte Differenzierung anhand der statischen und dynamischen Elemente zu überzeugen vermochten, bleibt die Frage, ob die von der Rechtsprechung befürwortete Trennung zwischen Abwägungsvorgang und -ergebnis nicht anhand der Gegenstände der gerichtlichen Kontrolle einer einleuchtenden Deutung zugeführt werden kann 2 3 4 Um den Unterschied zwischen den Kontrollgegenständen verdeutlichen zu können, gilt es sich zunächst von der Sichtweise des Planers vollständig zu lösen. Aus seiner Perspektive ist die Trennung in Vorgang und Ergebnis nur schwer nachvollziehbar, da sich für ihn die Anforderungen nur einmal stellen. 235 Er muß die Belange einander abwägungsfehlerfrei zuordnen, was auch ein Infragestellen von Zwischenergebnissen und eine Neuausrichtung 231
Vgl. Erbguth, a.a.O. Dagegen wenden sich zu Recht Ibler, DVB1 1988, S. 469 (471), und Kock, DVB1 1989, 399 (402), jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 233 Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 270; Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 280. 234 So auch Ibler, DVB1 1988, S. 469 (472 ff.); im Ergebnis ebenso Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 282, mit anderer Terminologie. 235 R. Steinberg/Th. Berg/M. Wickel, Fachplanung, § 3, Rn. 72. 232
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
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bei der Bewertung erfordern kann. Eine Trennung zwischen Vorgang und Ergebnis ist für ihn nur insoweit erkennbar, als der Abwägungsvorgang auf die Erstellung des Abwägungsergebnisses ausgerichtet ist, das zugleich seinen Abschluß darstellt. 236 Deutlich wird die Unterscheidung erst aus dem Blickwinkel der kontrollierenden Instanz, der für die folgenden Überlegungen eingenommen werden muß. Die Abwägungsfehlerlehre ist auf ihre Funktion als Kontrollmaßstab zu beschränken. 237 Ob einer der anerkannten Abwägungsfehler vorliegt, ist für dieselbe Planung anhand von zwei verschiedenen Sichtweisen zu untersuchen, einer ergebnis- und einer vorgangsbezogenen Betrachtung. Dabei kann derselbe Mangel im Einzelfall auf beiden Ebenen 2 3 8 oder nur auf einer Ebene erkennbar werden. Letzteres ist beim Abwägungsausfall ausnahmsweise stets der Fall. Zur näheren Bestimmung der Gegenstände der Abwägunsgergebnis- und Abwägunsgvorgangskontrolle kann auf Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 21.2.1986 zurückgegriffen werden, wonach „sich die Richtigkeit der Abwägung aus den Festsetzungen selbst, aus ihrem Zusammenhang untereinander und aus ihrem Bezug zur örtlichen Situation ergeben" kann. 2 3 9 Damit ist der Kontrollgegenstand der Ergebniskontrolle genannt. Die Festsetzungen und damit der Planinhalt selbst geben, bezogen auf das zugrundeliegende Plangebiet, Auskunft darüber, ob der Plan als Produkt abwägungsfehlerhaft i s t . 2 4 0 Wenn im erwähnten Beschluß außerdem davon die Rede ist, daß „die Begründung eines Bebauungsplanes insoweit die materiellrechtliche Seite berührt, als sie Hinweise auf die Richtigkeit der Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 und 7 BBauG 1976/79 geben kann, diese freilich nicht ausschließlich; denn auch Ratsprotokolle, Akten und dergleichen können die einer Planung zugrundeliegenden Motive und Überlegungen verdeutlichen", 2 4 1 werden damit beispielhaft Gegenstände für die Überprüfung des Abwägungsvorganges aufgezählt. 242 Die auf die anerkannten Mängel be236 Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 281; Papier, DVB1 1975, S. 461; Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 157, Tsevas, Planfeststellungsbeschluß, S. 159. 237 Zur Funktion als Handlungsmaßstab und der sich daraus ergebenden „normbildenden Wirkung der Abwägungsjudikatur" Pf äff, Planungsrechtsprechung und ihre Funktionen, S. 131 ff. 238 Anschaulich Bay VGH, Urteil vom 1.4.1996, BayVBl 1997, S. 212 f. 239 BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (50). 240 Ibler, DVB1 1988, S. 469 (472). 241 BVerwG, Beschluß vom 21.2.1986, BVerwGE 74, 47 (50), unter Verweis auf das Urteil vom 7.5.1971, NJW 1971, S. 1626 f. 242 Wenn Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 282, zwischen „Planergebnis" und dem, „was ansonsten Hinweise auf die richtige Abwägung geben kann", differenzieren will, entspricht das der hier dargestellten Unter-
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schränkte Vorgangskontrolle umfaßt die Nachvollziehung der Abwägungsvorgänge in ihrer zeitlichen Entwicklung und die spezielle Überprüfung der „Vorgehensweise" des Planungsträgers. 243 Nachdem Vorgangs- und Ergebnisprüfung anhand der unterschiedlichen Kontrollgegenstände voneinander abgegrenzt wurden, ist nach deren Berechtigung zu fragen. bb) Die Berechtigung einer gesonderten Ergebnisprüfung Die gesonderte Prüfung des Planergebnisses ist erforderlich, nachdem Abwägungsfehler bei rein vorgangsbezogener Betrachtung unter Umständen nicht erkennbar werden. Die Aussage, ein korrekter Vorgang würde stets zu einem fehlerfreien Ergebnis führen, 2 4 4 ist - aus Sicht der Kontrollinstanz nicht in jedem Fall zutreffend. Die Ursache dafür kann zum einen im eingeschränkten Prüfungsmaßstab liegen, der denknotwendig lückenhaft ist. 2 4 5 Zum anderen läßt es sich nicht völlig ausschließen, daß Belange, die mangels Erkennbarkeit für den Planungsträger nicht in den Vorgang einzustellen waren, dennoch zu einem Fehler im Ergebnis in Form der Disproportionalität führen können, 2 4 6 wie etwa bei aggregierenden Effekten. 247 Nachdem die Abwägungsfehlerlehre, zumindest was das Ergebnis betrifft, letztlich als Ausfluß des Rechtsstaatsgebotes und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angesehen werden muß, 2 4 8 kommt es entscheidend auf die Fehlelfreiheit des Ergebnisses an, so daß die gesonderte Prüfung gerechtfertigt i s t . 2 4 9 Die Ergebnisfehler können nicht auf die Abwägungsdisproportionalität beschränkt werden. Diese steht mit der Fehlgewichtung in enger Verbindung, deren Aufdeckung ebenfalls denkbar erscheint. 250 Aber auch Defizite einer Abwägung lassen sich im Wege der Ergebnisprüfung ermitteln, wenn Scheidung der Kontrollgegenstände. Die von ihm vollzogene Abkehr von den Begriffen des „Vorganges" und des „Ergebnisses" ist eine rein terminologische Frage. 243 Ibler, DVB1 1988, S. 469 (472 f.). 244 So aber Koch, DVB1 1989, S. 399 (404); Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 162. 245 Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 179; von diesem Standpunkt geht auch die Rechtsprechung aus, wie Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 157, zutreffend nachweist. 246 Gaentzsch, § 214, Rn. 17; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 40. 247 Im Einzelfall kann es zu Unterschieden hinsichtlich des erforderlichen Individualisierungsgrades von Belangen bei Vorgang und Ergebnis kommen, dazu BVerwG, Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (128). 248 BVerwG, Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (123); Gaentzsch, § 214, Rn. 16; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 39, unter Hinweis darauf, daß dies von § 214 BauGB notwendig vorausgesetzt wird; im Ergebnis ebenso BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 30 (35 f.). 249 Selbst wenn der Gegenansicht gefolgt wird, kann der Behauptung, die Ergebnisprüfung sei überflüssig, die Prozeßökonomie entgegengehalten werden. In diese Richtung auch Steinberg, Nachbarrecht, Rn. 163.
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ein Belang nicht berücksichtigt wurde, der ein so starkes Gewicht aufweist, daß er durch die planerische Abwägung nicht überwindbar i s t . 2 5 1 cc) Die Berechtigung einer eigenständigen Vorgangskontrolle Das Erfordernis der Kontrolle des Abwägungsvorganges folgt aus der Erkenntnis, daß für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planinhalts nur eingeschränkte Maßstäbe vorhanden sind, so daß es folgerichtig ist, die Überprüfung auf den Vorgang auszudehnen. Letztlich stehen hinter dieser Vorgehensweise die eingangs geschilderten Überlegungen zum „Grundrechtsschutz durch Verfahren", 252 die auf das Planungsrecht übertragen zu einem Rechtsschutz durch Vorgangsprüfung modifiziert werden. 253 Ein Plan ist danach nicht nur fehlerhaft, wenn er im Ergebnis selbst Mängel aufweist, sondern auch dann, wenn er in einem fehlerhaften Abwägungsprozeß zustande gekommen ist. Darin liegt nicht zuletzt der Ausgleich für die weite planerische Gestaltungsfreiheit, die eine Überwindung von Belangen gestattet. Die Beschränkung der Abwägungsprüfung auf das Ergebnis würde eine „ Verkürzung der Rechtskontrolle" darstellen. 254 Der Kontrollgegenstand muß vielmehr auf die dynamische Komponente ausgeweitet werden, wobei die Besonderheit zu beachten ist, daß es nicht um die Einhaltung von formellen Anforderungen, sondern um die inhaltliche Dimension des Ergebnisfindungsvorganges geht. Da sich Mängel des Abwägungsprozesses oftmals aus rein ergebnisbezogener Betrachtung heraus nicht ermitteln lassen, was bereits am Abwägungsausfall verdeutlicht wurde, ist eine selbständige Vorgangsprüfung erforderlich. Sie ist vielschichtiger als die Ergebniskontrolle und hat das zeitliche Moment einzubeziehen. Dabei können Fehler auch durch spätere Überlegungen im Laufe des Abwägungsvorganges behoben werden, wenn etwa unrichtige Wertungen korrigiert oder eine fehlende Berücksichtigung von Interessen nachgeholt wird. Fehlerhafte Erwägungen führen nämlich nach zutreffender Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zur Rechtswidrigkeit, „wenn sie sich in diesem Vorgang 250 Zur Ermittlung von Fehlgewichtungen durch ergebnisbezogene Betrachtung vgl. BVerwG, Urteil vom 1.11.1974, DVB1 1975, S. 492 (496); Urteil vom 7.7.1978, BVerwGE 56, 110 (128); OVG Lüneburg, BauR 2000, S. 1456 (1457). 251 Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1983, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 55, S. 48 (52); Ibler, DVB1 1988, S. 469 (472). 252 Dazu oben Kap. 1 I 1 a; vgl. zur Aufwertung des Verfahrensgedankens auch Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 15 ff. 253 Zur Frage, inwieweit die Vorgangsprüfung verfassungsrechtlich geboten ist, die an späterer Stelle aufgegriffen werden muß, Gaentzsch, § 214, Rn. 17; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 40. 254 BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 214 (246); im Ergebnis zustimmend Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 276 f.
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auch ausgewirkt haben könnenDer Behörde müsse, so das Gericht weiter, „ohne den Abbruch des eingeleiteten Verfahrens die Befugnis verbleiben,, einen eingetretenen Mangel zu beseitigen", 255 Eine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Abwägung ist nicht gegeben, wenn innerhalb des laufenden Vorganges eine Korrektur erfolgte. 256 Gleiches gilt, wenn die Überlegungen nicht entscheidungserheblich waren und den eigentlichen Abwägungsvorgang nicht betrafen, weil sie nur bei Gelegenheit der Abwägung angestellt wurden. Die Vorgangskontrolle ist nicht zuletzt auf den Abschluß des Abwägungsprozesses, das Abwägungsergebnis bezogen. Daraus ergibt sich die Zweckmäßigkeit der Maßstabsidentität, die die Einbeziehung der Disproportionalität vorsieht. 257 c) Abschließende Stellungnahme Die von der Rechtsprechung entwickelte Unterscheidung zwischen Abwägungsvorgang und -ergebnis erweist sich bei genauer Betrachtung als Differenzierung der Kontrollgegenstände. Für das am Maßstab der Abwägungsfehlerlehre prüfende Gericht bietet sie einen geeigneten Weg, die Abwägung einer hinreichenden Kontrolle zu unterziehen, ohne sie durch eigene Vorstellungen zu überlagern. Der unterschiedliche Gegenstand läßt die Prüfung auf dieselben Fehlertypen hin nicht überflüssig erscheinen. Die Maßstabsgleichheit ist dabei unerläßlich. Sie dient der Einheitlichkeit der Abwägungskontrolle und damit auch der Prozeßökonomie. Eine exakte Typisierung der Fehlerarten nach solchen im Vorgang und im Ergebnis muß nicht vorgenommen werden. 2 5 8 Vielmehr ist häufig eine Einzelfallprüfung anhand der jeweiligen Umstände angebracht, um Abwägungsmängel aufzudecken. 259 Es vermag daher auch nicht zu verwundern, wenn die Rechtsprechung in jüngerer Zeit die Unterscheidung zugunsten der Würdigung des Einzelfalles weniger stark betont. 2 6 0 Darin ist aber keine Abkehr von der 255
BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 214 (245); zustimmend Tsevas, Planfeststellungsbeschluß, S. 160. 256 Vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 23.1.1981, DVB1 1981, S. 932 (934), wonach der Vorgang keine Fehler aufweist, wenn unzureichende Überlegungen aufgegeben und durch sachgerechte ersetzt werden; ebenso Ibler, DVB1 1988, S. 469 (473 f.). 257 Angesichts der Maßgeblichkeit von Zwischenergebnissen für die Ausgewogenheit der Abwägung läßt sich das Erfordernis einer derartigen Kontrolle nicht von der Hand weisen. Im Sinne einer Zuordnung der Disproportionalität auch zum Vorgang Papier, DVB1 1975, S. 461. 258 So auch Ibler, Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit, S. 272; zustimmend Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 280. 259 Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1, Rn. 81.
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Unterscheidung zu s e h e n . 2 6 1 Mangels ausdrücklicher Aufgabe muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß die geschilderten Maßstäbe weiterhin gelten, ohne daß dies i n besonderer Weise betont w i r d . 2 6 2 B e i Zugrundelegung dieses Verständnisses v o m doppelten Kontrollgegenstand bleiben i m m e r noch z w e i Problemkreise offen. Z u m einen gilt es, U m fang und Intensität der Vorgangskontrolle zu b e g r e n z e n . 2 6 3 Vor dem Hintergrund des Planerhaltungsgrundsatzes muß z u m anderen nach der Sanktionierung v o n Vorgangsfehlern gefragt werden. D i e bei der Vorgangskontrolle aufgezeigte Problematik, ob sich ein M a n g e l i n einem T e i l des Vorganges letztlich auf diesen ausgewirkt hat, läßt sich auf das Ergebnis erweitern. Es stellt sich die Frage, ob alle Abwägungsmängel i m Vorgang zur N i c h t i g k e i t führen sollen oder nur solche, die ihren Niederschlag i m Ergebnis gefunden haben. D i e A n t w o r t e n hierfür sind i n § 214 Abs. 3 Satz 2 B a u G B zu suchen. Nach dem Wortlaut der Regelung lassen sich z w e i Kriterien, die Offensichtlichkeit und der Einfluß auf das Abwägungsergebnis, unterscheiden. Sie sind einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
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Zuletzt etwa BVerwG, Beschluß vom 12.8.1999, BauR 2000, S. 229 (231); anders dagegen die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte, vgl. etwa OVG Münster, Beschluß vom 30.3.1990, BRS 50, Nr. 37, S. 97 (101); BayVGH, Urteil vom 1.4.1996, BayVBl 1997, S. 212 f.; OVG Greifswald, Urteil vom 15.4.1999, N V w Z 2000, S. 826 (827); OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 26.8.1999, NVwZRR 2000, S. 563 (565 f.); OVG Bremen, Urteil vom 21.9.1999, NVwZ-RR 2000, S. 567 (569); OVG Koblenz, Urteil vom 14.1.2000, BauR 2000, S. 1011 (1014); OVG Lüneburg, Urteil vom 14.9.2000, ZfBR 2001, S. 134 (135 ff.). 261 So aber Manssen, Stadtgestaltung durch örtliche Bauvorschriften, S. 277; Sarnighausen, NJW 1993, S. 3229 (3233); in dieselbe Richtung Schulze-Fielitz, in: FS für Hoppe, S. 997 (1003 f.), der der dogmatischen Verfeinerung des Abwägungsgebotes durch die Literatur die zunehmende „Entfeine rung" durch die Rechtsprechung gegenüberstellt. 262 Entsprechendes gilt für die von Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 376 f., behauptete Tendenz in der Rechtsprechung, wonach die Fehlergruppen getrennt und dem Vorgang bzw. dem Ergebnis zugeordnet würden. Dabei handelt es sich lediglich um tatsächliche Beobachtungen, die mit der leichteren Feststellbarkeit bestimmter Mängel bei Vorgangs- bzw. ergebnisbezogener Betrachtung zusammenhängen, aus denen sich aber keine zwingenden Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Dogmatik ziehen lassen. 263 Die Bedeutung dieser Problematik wird nicht zuletzt dadurch deutlich, daß das Bundesverwaltungsgericht diese Frage für das Fachplanungsrecht auch nach Klärung im Bauplanungsrecht durch die Rechtsprechung zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB zunächst ausdrücklich offen gelassen hatte, vgl. BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 214 (246). Durch Erlaß des § 75 Abs. l a V w V f G bzw. entsprechender fachgesetzlicher Regelungen fand eine Übertragung der Grundsätze ins Planfeststellungsrecht statt, so daß nunmehr Maßstabsidentität besteht, dazu umfassend BVerwG, Beschluß vom 22.3.1999, ZfBR 1999, S. 348 f., und Beschluß vom 16.8.1995, BayVBl 1996, S. 182. 12*
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3. Die Offensichtlichkeit a) Ziel des Gesetzgebers Durch die Offensichtlichkeit sollte nach Auffassung des Bauausschusses, auf dessen Vorschlag die mit § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB wortgleiche Regelung des § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG (1979) zurückgeht 264 , die Überprüfungsmöglichkeit „aller Vorgänge im Abwägungsprozeß, der sich grundsätzlich auf die im Rahmen der Beschlußfassung des Bauleitplanes von der Gemeindevertretung vorzunehmende Abwägung bezieht, ausgeschlossen und nur auf die Fälle beschränkt (werden), in denen ζ. B. evident, d. h. erklärtermaßen und offen erkennbar unsachliche Erwägungen der Gemeindevertretung in die Abwägung eingeflossen sindDadurch werde „z.B. ausgeschlossen, daß die Erwägungen der einzelnen Mitglieder der Gemeindevertretung im Abwägungsprozeß geprüft werden und hierüber gegebenenfalls Beweis erhoben wird". 265 Diese Gesetzesbegründung läßt zwei grundlegend unterschiedliche Deutungen der Offensichtlichkeit zu. Zum einen könnte sie im Sinne von Evidenz, d.h. leichter Erkennbarkeit und damit als inhaltliches Kriterium ausgelegt werden, wenn man auf die erstgenannte Aussage abstellt. Zum anderen kann sie in der Bedeutung von Ersichtlichkeit aus objektiven Sachumständen, also in einer eher formalen Sichtweise, verstanden werden, wenn man den Schwerpunkt auf den zweiten Teil legt. In diesem Fall würde sie mehr als Begrenzungskriterium für die Intensität der Vorgangskontrolle dienen, wodurch die Funktion der Planerhaltung weniger stark als bei der Evidenz betont würde. b) Die Offensichtlichkeit
als Evidenzkriterium
aa) Für die Evidenztheorie sprechende Gründe Für eine Deutung der Offensichtlichkeit als Evidenz, d.h. als leichte Erkennbarkeit, könnte neben der Tatsache, daß dies die auf den ersten Blick naheliegendere Wortbedeutung sein dürfte 2 6 6 , ein Vergleich mit dem allgemeinen Verwaltungsrecht sprechen. 267 Das Merkmal der Offensichtlichkeit 264 Vgl. oben Kap. 2 I I I 1 und die Begründung des 15. Bundestagsausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 46. 265 Begründung des 15. Bundestagsausschusses, BT-Drs. 8/2885, a.a.O. 266 So auch BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (36). 267 Dagegen kann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Prognosefehlern nicht nutzbar gemacht werden, vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 17.7. 1996, BVerfGE 95, 1 (23). Der Grund für die Begrenzung auf „offensichtliche" Fehler hängt in diesem Bereich mit dem besonderen Prüfungsmaßstab der Verfassungsgerichtsbarkeit zusammen, der nur bestimmte Verstöße gegen einfache Gesetze,
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
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findet sich insbesondere in § 44 Abs. 1 V w V f G . 2 6 8 Danach führt ein besonders schwerwiegender Fehler, unabhängig ob formeller oder materieller Art, zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes, wenn er offensichtlich ist. Diese Voraussetzung wird als Offenkundigkeit verstanden. Der Fehler muß sich geradezu aufdrängen. 269 Die Übertragung auf § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB würde bedeuten, daß Mängel im Abwägungsvorgang, die nicht leicht erkennbar bzw. nicht ohne weiteres ersichtlich sind, unbeachtlich wären, was in der Literatur zum Teil befürwortet w i r d . 2 7 0 bb) Argumente gegen die Deutung der Offensichtlichkeit als Evidenz Gegen diese Auffassung sprechen jedoch mehrere Gründe. Zunächst ist zu bedenken, daß weder der schwer zu handhabende Wortsinn noch der Vergleich mit den Fehlerfolgenregelungen für Verwaltungsakte zu eindeutigen Ergebnissen führen. Berücksichtigt man, daß der Begriff der „ Offensichtlichkeit" in § 44 Abs. 1 VwVfG erst durch das 2. VwVfGÄndG vom 6.8.1998 271 ins Gesetz gelangte - vorher war ausdrücklich von „Offenkundigkeit" die Rede - und daß der Gesetzgeber bei der damit beabsichtigten „Angleichung" des Wortlauts keine inhaltliche Änderung vornehmen wollte, 2 7 2 liegt es nahe, die bisherige Deutung des Kriteriums beizubehaletwa im Rahmen des Willkürverbotes, umfaßt. So auch Bertrams , in: FS für Hoppe, S. 975 (991). Entsprechendes gilt für die Evidenzschranke bei Verstößen gegen verfassungsrechtliche Verfahrensgebote, die mit Rechtssicherheits- und Vertrauensschutzerwägungen hinsichtlich der ständigen Staatspraxis begründet wird. Sie kann damit gerechtfertigt werden, daß die Nichtigkeit der Norm eine Rechtslage zur Folge hätte, die noch weniger mit der Verfassungsordnung in Einklang stünde als die Hinnahme der verfassungswidrigen Staatspraxis für die Vergangenheit. Dazu BVerfG, Beschluß vom 11.10.1994, BVerfGE 91, 148 (175 f.); Urteil vom 26.7.1972, BVerfGE 34, 9 (25 f.); kritisch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 13, Rn. 17. Vgl. zu den Besonderheiten der verfassungsgerichtlichen Evidenzprüfung auch die Darstellung bei Hoppe, in: FS BVerfG, S. 663 (708 f.). 268 Zu den Parallelregelungen im Verwaltungsverfahrensrecht der Länder und in anderen Bundesgesetzen vgl. die Nachweise bei Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 4 f. 269 Kopp/Ramsauer, § 44, Rn. 12, m.w.N.; Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 28 f.; Schäfer, in: Obermayer, § 44, Rn. 20; zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 30.1.1990, BVerwGE 84, 314 (315); Ipsen, Rechtsfolgen, S. 483; Sachs, in: St/B/S, § 44, Rn. 119 f., m.w.N. 270 Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 438, der die Plankontrolle nur auf Vertretbarkeit und offensichtliche Ungerechtigkeit hin überprüfen will; ebenso Β roll, BayVBl 1979, S. 550 (551); in dieselbe Richtung Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55 (67 ff.), der sich für einen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum ausspricht; vgl. zu den vor 1981 vertretenen Auffassungen auch die Nachweise bei Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 168 f. 271 BGBl. I S. 2022.
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ten. Sie kann im übrigen auf die vor Erlaß des VwVfG von der Rechtsprechung vertretene Evidenztheorie 273 zurückgeführt werden, die die Schwere und die Erkennbarkeit des Mangels forderte. Zudem zeigt die aktuelle Auseinandersetzung um die Auslegung des Offensichtlichkeitskriteriums in § 46 VwVfG, daß auch das Verwaltungsverfahrensrecht kein einheitliches Bild bietet. Nach dieser Vorschrift, deren heutige Fassung auf das GenBeschlG vom 12.6.1996 274 zurückgeht, kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht verlangt werden, wenn ein bestimmter Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflußt hat und dies offensichtlich ist. Ob die Offensichtlichkeit im Sinne einer problemlosen Erkennbarkeit 275 oder einer mit Hilfe von Akten eindeutigen Nachweisbarkeit zu verstehen i s t , 2 7 6 ist noch nicht endgültig geklärt. Zugegebenermaßen ist es aus gesetzestechnischer Sicht als wenig geglückt anzusehen, wenn dieselbe Voraussetzung in beiden Fallgruppen in unterschiedlicher Weise ausgelegt w i r d . 2 7 7 Die hier vorgebrachten Argumente sprechen jedoch gegen ein einheitliches Verständnis des Merkmals. Daher ist eine funktionelle Betrachtung anzustellen, in der nach der Wirkungsweise von Evidenzformeln gefragt wird. In ihnen sind verschiedene Momente eingeschmolzen. Dazu zählt zunächst die Bewertung durch den Betrachter als Hauptelement. Sie wirft jedoch erhebliche Schwierigkeiten auf, was die Frage des zu wählenden Betrachtungsmaßstabes betrifft. 2 7 8 Nachdem bereits bei Verwaltungsakten nicht abschließend geklärt ist, aus wessen Sicht im Einzelfall bestimmt werden soll, ob die Erkennbarkeit vorliegt, 2 7 9 muß dies bei Plänen, die einen eher abstrakt generellen Charakter aufweisen, kaum überwindbare Probleme aufwerfen. Die Evidenz kann zum anderen auch als Gradmesser für die objektive Schwere von Fehlern dienen. 2 8 0 Beim Abwägungsvorgang handelt es sich jedoch aus dem Wesen der Planung heraus um ein Bündel von komplexen Prozessen, die erst bei 272 Zweck der Novellierung war laut amtlicher Gesetzesbegründung lediglich eine Angleichung an die §§25 und 46 VwVfG, dazu Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 3. 273 BVerwG, Urteil vom 7.10.1964, BVerwGE 19, 284 (287); Urteil vom 13.7. 1967, BVerwGE 27, 295 (299); Stelkens/Bonk/Sachs, § 44, Rn. 99, m.w.N.; zum Streit zwischen Schwere- und Evidenztheorie siehe Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 172 f. 274 BGBl. I S. 1354. 275 Schäfer, in: Obermayer, § 46, Rn. 32; Stelkens/Bonk/Sachs, § 46, Rn. 89 f., m.w.N.; in diese Richtung wohl auch Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 34. 276 Kopp/Ramsauer, § 46, Rn. 37. 277 Dies gilt vor allem auch i m Hinblick auf § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG, der dem § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB entspricht. 278 Dazu Battis, DÖV 1981, S. 433 (436); Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 168; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 177. 279 Vgl. Meyer, in: Knack, § 44, Rn. 29, mit einem Überblick über den Streitstand.
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näherer Untersuchung und ausreichender Sachkunde des Betrachters nachvollziehbar werden. Daher können auch erhebliche Fehler nicht evident sein. Die Schwere von Mängeln steht nur sehr bedingt mit der sozialen Wahrnehmbarkeit im Zusammenhang. Ein Blick auf das dualistische Fehlerfolgensystem zeigt zudem, daß die als Evidenz verstandene Offensichtlichkeit nur in Kombination mit der Schwere des Mangels ein geeignetes Instrument zur Klassifizierung von Fehlern darstellen kann. Bei Verwaltungsakten muß nach § 44 Abs. 1 VwVfG immer beides gegeben sein. Die Schwere des Fehlers bildet das eigentliche Unterscheidungskriterium zwischen den verschiedenen Fehlersanktionen der Rechtswidrigkeit und der Nichtigkeit. Die Evidenz stellt lediglich ein zusätzliches Korrektiv im Interesse des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit dar. Wie im Zusammenhang mit der allgemeinen Fehlerfolgensystematik erläutert, dient sie dazu, dem Bürger deutlich vor Augen zu führen, daß ein Verwaltungsakt wegen der Schwere des Mangels keine Rechtsfolgen nach sich zieht. 2 8 1 Vertrauensschutzüberlegungen spielen aber bei der Begrenzung von Fehlern im Abwägungsvorgang keine Rolle, da dieser keinem einheitlichen Realvorgang entspricht und in bestimmten Phasen außerhalb der Öffentlichkeit vor sich gehen kann, so daß der Bürger von ihm kaum Notiz nehmen dürfte. Die Deutung der Offensichtlichkeit in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB als Offenkundigkeit würde daher auf keinem schlüssigen Konzept beruhen. Die Entscheidung über die Nichtigkeit von Plänen des Bauplanungsrechts anhand der Evidenz hätte zur Folge, daß ein in den Akten lückenlos dokumentierter Fehler im Vorgang, der jedoch nicht leicht erkennbar ist, unbeachtlich wäre. Gerade bei kompliziert zu ermittelnden Belangen wäre den Gemeinden aus ökonomischen Gründen heraus zu raten, keine zu genauen Überlegungen anzustellen, da der Vorgang sowieso nur auf offenkundige Mängel untersucht wird. Soweit die Ermittlungsdefizite im Ergebnis nicht ersichtlich werden können, etwa weil die Belange überwindbar sind, könnte sie ein unsorgfältiger Planer ohne weiteres dahinstehen lassen, 282 so daß in den Fällen, in denen es auf eine sorgfältige Vorgehensweise ankäme, Ver280 Dazu auch Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 173 f., der allerdings die generelle Eignung für diesen Zweck in Frage stellt. 281 Vgl. oben Kap. 1 I 2 b aa; ähnliche Überlegungen stehen hinter der Funktionslosigkeit von Bauleitplänen, dazu Tysper, BauR 2001, S. 349 (355), und oben Kap. 4 I 2 c; gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das nur evidente Fehler im Gesetzgebungsverfahren für beachtlich hält, siehe hierzu BVerfG, Urteil vom 26.7.1972, BVerfGE 34, 9 (25), und Schmidt-Bleibtreu/Klein, Vorb.v.Art. 70 GG, Rn. 11, m.w.N. 282 Die gegen die Deutung der Offensichtlichkeit als Erkennbarkeit aus den Planungsunterlagen angeführte Befürchtung, die Gemeinden würden ihre Akten nur noch eingeschränkt führen, um die objektive Feststellbarkeit von Fehlem zu verhindern, so Dürr, DÖV 1997, S. 845 (846), kann daher auch gegen die Deutung als Evidenz angeführt werden.
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stoße nicht sanktioniert würden. Dies ginge weit über das gesetzgeberische Gesamtziel der Planerhaltungsnormen hinaus, dem Ausschluß der Nichtigkeit für Fälle, in denen „nicht die Grundsätze der Bauleitplanung und das Gebot der gerechten Abwägung verletzt sind" und der Plan „auch ohne diese Mängel mit dem vorliegenden Ergebnis zustande gekommen wäre". 283 Schließlich lassen sich aus den oben erwähnten Gesetzesmaterialien weitere Schlüsse ziehen. Hauptanliegen bei der Einführung der Regelung war es entsprechend der Anregungen der kommunalen Spitzenverbände, 284 eine gerichtliche Nachprüfung der inneren Motive der Mitglieder einer Gemeindevertretung bei der Beschlußfassung über den Plan zu verhindern. Dazu wird in der bereits zitierten Begründung an früherer Stelle ausgeführt, es solle diesem Anliegen entsprechend ausgeschlossen werden, daß „in die gerichtliche Nachprüfung von Bauleitplänen alle Einzelheiten und Umstände der politischen Meinungsbildung und Beschlußfassung in den Gemeindeparlamenten einbezogen werden und die Gerichte damit im Ergebnis in die Planungshoheit der Gemeinden eingreifen", 285 Der Gesetzgeber sah die Gefahr also eher in einer zu starken Ausforschung der Motive und der inneren Vorgänge bei der Beschlußfassung und weniger darin, daß ein komplizierter Abwägungsvorgang von den Gerichten anhand der vorhandenen Planungsunterlagen nachvollziehend gewürdigt wird. Dies macht Sinn, da die inneren Motive Gegenstand der politischen Kontrolle sind, wohingegen die eher technischen Fragen der gerechten Abwägungsprüfung anhand der Aktenlage den dafür ausgebildeten Verwaltungsrichtern obliegen sollen. Daher spricht die Gesetzesbegründung eher für die Deutung der Offensichtlichkeit im Sinne der Ersichtlichkeit aus den Akten. Zudem hat der Gesetzgeber die seit 1981 herrschende Rechtsprechung, die ebenfalls dieser Auffassung folgte, 2 8 6 bei Erlaß des BauGB und bei der Novellierung im Jahre 1998 gekannt und akzeptiert. Hätte er eine Änderung der Rechtslage herbeiführen wollen, hätte er dies zum Ausdruck bringen müssen. 287 Die Deutung der 283
Ausschußbegründung, BT-Drs. 8/2885, S. 35; dazu auch BVerwG, Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147). 284 Dazu die Ausschußbegründung, BT-Drs. 8/2885, S. 36; vgl. auch Broli, BayVBl 1979, S. 550 (551), und BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (36 f.). 285 BT-Drs. 8/2885, S. 36. 286 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff., und BGH, Urteil vom 6.5.1982, ZfBR 1982, S. 264 f.; für Erkennbarkeit als Merkmal bereits zuvor Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (392); vgl. auch die Nachweise bei Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 15, und bei Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 41 ff. 287 Die jeweiligen Expertengremien haben sich bei der Vorbereitung der Novellierungen des Bauplanungsrechts ausdrücklich für die Beibehaltung der Regelung ausgesprochen, vgl. Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (362), wo sogar verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Verschärfung angeführt werden, und Kommissionsbericht, Rn. 113.
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Offensichtlichkeit als reines Evidenzkriterium ist aus diesen Gründen abzulehnen. c) Die Offensichtlichkeit im Sinne einer Beschränkung auf objektive Hinweise aa) Die Begrenzung auf den „äußeren" Abwägungsvorgang Die Rechtsprechung, die zudem gegen ein reines Evidenzkriterium verfassungsrechtliche Bedenken anführt, 288 faßt die Offensichtlichkeit zu Recht im Sinne einer objektiven Erfaßbarkeit von Umständen auf. 2 8 9 Das Kriterium ist nach diesem Verständnis Ausfluß des Gedankens, daß eine Motiverforschung hinsichtlich persönlicher Vorstellungen der an der Abwägung maßgeblich beteiligten Entscheidungsträger verhindert werden soll. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Fehler die „äußere" Seite des Abwägungsvorganges betreffen, also objektivierbare Sachumständen darstellen. Im Gegensatz dazu ist die „innere" Seite des Abwägungsvorganges zu sehen, die die Vorstellungen und die Motive der Ratsmitglieder bei der Beratung und der Beschlußfassung umfaßt. Sie kann bei der Abwägungskontrolle schon deshalb keine Rolle spielen, weil sich derartige innere Vorgänge ohnehin einer verläßlichen Überprüfung entziehen. 290 Dadurch sind die für die Beschlußfassung von Kollegialorganen allgemein geltenden Grundsätze für die Abwägungskontrolle positiviert worden. 2 9 1 Der nach-
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BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (35 f.). ständ. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (38); Urteil vom 6.5.1993, N V w Z 1994, S. 274 (275); Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); Beschluß vom 16.8.1995, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 104; Bay VGH, Urteil vom 11.11.1998, BayVBl 1999, S. 759 (760); BGH, Urteil vom 11.6.1981, N V w Z 1982, S. 210; Urteil vom 6.5.1982, ZfBR 1982, S. 264 (265); dazu zuletzt BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 (334), wonach Schwierigkeiten in der rechtlichen Beurteilung für die Offensichtlichkeit keine Rolle spielen; dem sind weite Teile der neueren Literatur gefolgt, vgl. in der Literatur Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 15; Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 41 ff.; Brohm, Baurecht, § 13, Rn. 30; Dolde, NJW 1982, S. 1785 (1787), m.w.N.; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 43; Jäde, in: J/D/W, § 214, Rn. 22 ff.; Koch/Hendler, § 18, Rn. 17; Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (162); Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 46; Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (273); Weyreuther, DÖV 1983, S. 575 (578); Wirth, BWGZ 2000, S. 56 (60). 290 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (37 f.); vgl. zur Absage an eine Motivforschung auch Beschluß vom 23.12.1993, Buchholz 406.11, § 3 0 BauGB, Nr. 35, S. 9 (12), und V G H Mannheim, Urteil vom 2.3.1993, N V w Z 1993, S. 797, wonach kein Beweis darüber erhoben wird, ob die Gemeinderatsmitglieder statt städtebaulicher Ziele religiöse Motive verfolgt haben. 291 Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 45, unter Verweis auf die bis dahin allgemein anerkannte Rechtspraxis; Gaentzsch, § 214, Rn. 18; Lemmel, in: Berliner 289
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
186
unfehlern
vollziehbare Grundgedanke der Offensichtlichkeit liegt i n der Einschränkung der Kontrollintensität der Abwägungsvorgangsprüfung. 2 9 2
bb) D i e Objektivierung des Nachweises der „äußeren" Abwägungsseite Darüber hinaus berührt die Offensichtlichkeit einen weiteren Aspekt, der nur selten als solcher zutage tritt. Das Bundesverwaltungsgericht hat i n einem grundlegenden U r t e i l zusammenfassend ausgeführt, daß solche A b w ä gungsmängel beachtlich bleiben, „die z.B. die Zusammenstellung arbeitung
des Abwägungsmaterials,
wesentlichen betreffen
Belange
die Erkenntnis
in die Abwägung
oder die Gewichtung
und die sich etwa aus Akten, Protokollen,
Planbegründung
oder
aus sonstigen
Unterlagen
und Auf-
und Einstellung der
aller Belange
aus der Entwurfsergeben", 293
oder
D i e Offen-
sichtlichkeit erschöpft sich danach nicht i n der Maßgeblichkeit der äußeren Seite, die durch die beispielhafte Nennung wichtiger Phasen des A b w ä gungsvorganges z u m Ausdruck k o m m t , und i n der ihr entsprechenden U n erheblichkeit der inneren M o t i v e , sondern umfaßt auch die Nachweisbarkeit der M ä n g e l aus A k t e n und B e g r ü n d u n g e n , 2 9 4 also aus objektiven Beweism i t t e l n . 2 9 5 Beide Aspekte der Offensichtlichkeit
stehen normalerweise i n
Kommentar, § 214, Rn. 41; Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 179; Schmaltz, in: Schrödter, § 216, Rn. 2; vgl. auch den entscheidungstheoretischen Ansatz bei Püttner, Verwaltungslehre, § 19 I I 3, der darlegt, daß Entscheidungen und damit auch der Abwägungsvorgang als eigentliche Entscheidungshandlung bei kollektiver Beschlußfassung immer innere menschliche Vorgänge bleiben, die keiner vollständigen Kontrolle unterzogen werden können; in dieselbe Richtung zielt die frühere Forderung des Bundesverwaltungsgerichts nach einer Einschränkung der gerichtlichen Sachaufklärung, BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 ff.; dazu bereits oben Kap. 2 I I 3 b. 292 Kritisch dagegen Rude, Planreparatur, S. 71, der einen solchen Leitgedanken nicht zu erkennen vermag. 293 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (38). Deutlicher kommen beide Aspekte bei V G H Mannheim, Urteil vom 2.3.1993, N V w Z 1993, S. 797, zum Ausdruck, wonach sich aus „ inneren Beweggründen, die den Akten nicht zu entnehmen sind", keine Offensichtlichkeit ergebe. 294 Ebenso Gaentzsch, § 214, Rn. 18; in dieselbe Richtung Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 46, und Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 101, die ebenfalls zwischen der äußeren Seite des Vorganges und der objektiven Erkennbarkeit trennen. 295 Im Gegensatz dazu steht die Vernehmung von Zeugen, etwa den beschließenden Gemeinderatsmitgliedern. Ob es ausnahmsweise über objektivierbare Nachweise hinaus verwertbare Erkenntnisquellen geben kann, hat das Bundesverwaltungsgericht bisher nicht geklärt, vgl. dazu den Beschluß vom 30.3.1993, Buchholz 310, § 47 VwGO, Nr. 76, S. 129 (131), wo die Kernfrage, ob es einem Gericht „immer verwehrt ist, seiner Entscheidung planerische Absichten und Vorstellungen des Gemeinderats zugrundezulegen, die sich den Planungsakten nicht entnehmen lassen
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
187
engem Zusammenhang, so daß eine Unterscheidung nicht erforderlich ist. Die objektiven Umstände, die die äußere Seite des Vorganges ausmachen, lassen sich in der Regel auch nur mit objektiven Beweismitteln verifizieren. Laut Bundesverwaltungsgericht wäre es jedoch verfehlt, „jeden aus den Planungsakten erkennbaren Abwägungsfehler allein aus diesem Grunde als offensichtlich zu qualifizieren" ?96 Damit wollte es die Berücksichtigung von inneren Motiven und Triebkräften einzelner Entscheidungsträger, die ausnahmsweise aus den Akten (scheinbar) ersichtlich werden, wegen der Beschränkung auf die „äußere" Abwägungsseite von der Offensichtlichkeit ausschließen. Allein aus der Objektivität des Beweismittels kann daher nicht darauf geschlossen werden, daß der Abwägungsfehler dem „äußeren" Vorgang zuzurechnen ist. Ein Auseinanderfallen beider Aspekte ergibt sich in der Praxis aber auch dann, wenn Aktenlage bzw. Planunterlagen unvollständig sind. Dann können ggf. Umstände, die den äußeren Vorgang betreffen, ausnahmsweise nicht aus den objektiven Erkenntnisquellen ersichtlich sein. Die Bestimmung der Offensichtlichkeit bereitet in diesen Fälle wegen des fehlenden Gleichlaufes erhebliche Probleme. cc) Die neuere Rechtsprechung zur Erkennbarkeit von Abwägungsmängeln im Vorgang (1) Die strenge Auffassung von den konkreten Hinweisen auf Abwägungsfehler Das Bundesverwaltungsgericht hat die Anforderungen an die Offensichtlichkeit bei derartigen Lücken in seinem Beschluß vom 29.1.1992, unter Hinweis auf das gesetzgeberische Ziel, die Beschränkung der gerichtlichen Prüfung der Bauleitpläne, eng gefaßt. 297 Es verlangt in Fällen, in denen Begründung und Planunterlagen keine ausdrücklichen Hinweise darauf enthalausdrücklich offen gelassen wurde. Siehe zu dieser Frage auch Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 41. Im Sinne einer Ermittlung des inneren Vorganges kann diese denkbare Ausnahme nicht verstanden werden, da sich eine derartige Motivforschung aus allgemeinen Grundsätzen verbietet. 296 BVerwG, Entscheidung vom 27.12.1995, Az 4 NB 33/95, juris Nr. WBRE410001829; ebenso V G H Mannheim, Urteil vom 2.3.1993, N V w Z 1993, S. 797 (799), wonach selbst bei nachweislich fehlerhaften inneren Motiven der Gemeinderatsmitglieder keine Ungültigkeit des Bebauungsplanes gegeben ist. 297 BVerwG, Beschluß vom 29.1.1992, ZfBR 1992, S. 139 ff.; ebenso Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 (334); Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 f.; OVG Koblenz, Urteil vom 14.1.2000, BauR 2000, S. 1011 (1014 f.); zustimmend Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 526; Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 442.
188
. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei
unfehlern
ten, daß sich der Plangeber mit bestimmten Belangen abwägend befaßt hat, daß „ konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten". Es genüge dagegen nicht, „wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet". 298 Im Wege der Auslegung könne sich, so das Gericht in einer früheren Entscheidung, vieles ergeben, auch Abwägungsfehler im Vorgang, ohne daß diese offensichtlich sein müßten. 2 9 9 Jedoch reiche ein ausdrücklicher Hinweis in den Akten über den Fehler aus, wie etwa ein Vermerk darüber, daß dem Stadtrat eine Stellungnahme vorenthalten worden sei. Die Objektivierbarkeit des Nachweises ist danach auch bei Lücken in den Vorgängen erforderlich, um die Offensichtlichkeit bejahen zu können. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich hin zu einer Einbeziehung der Evidenz als zusätzlichem Merkmal bewegt. In den Urteilsgründen beruft es sich auch ausdrücklich auf die Gesetzesmaterialien, 300 denen zufolge die Offensichtlichkeit auch als Evidenzkriterium angesehen werden konnte. 3 0 1 Die Wahrnehmbarkeit des Mangels wird aber nicht in einem rechtlichen, sondern weiterhin im tatsächlichen Sinne verstanden, was aus der Klarstellung, daß auf die „Erkennbarkeit des Mangels und damit auf die äußere Seite des Abwägungsvorganges" abzustellen sei, während „Schwierigkeiten in der rechtlichen Beurteilung baurechtlicher Vorfragen" keine Rolle spielten, 3 0 2 deutlich hervorgeht. Einer solchen Einbeziehung eines (eingeschränkten) Evidenzkriteriums neigt auch eine Auffassung in der Literatur z u . 3 0 3 Am weitesten geht dabei die Ansicht, die bei fehlenden „positiven" Hinweisen selbst dann keine Offensichtlichkeit annehmen will, wenn Lükken in den Aufstellungsvorgängen die Überzeugung vermitteln, daß eine bestimmte Abwägung nicht stattgefunden habe. 3 0 4 Danach genügt es nicht, wenn die Auslegung der lückenhaften Unterlagen einen Mangel im Vorgang ergibt. 298
BVerwG, Beschluß vom 29.1.1992, a.a.O., S. 140. BVerwG, Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 (139). 300 BVerwG, Beschluß vom 29.1.1992, ZfBR 1992, S. 139 (140). 301 BT-Drs. 8/2885, S. 35 und 46, vgl. bereits oben Kap. 4 I I I 3 a. 302 BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 (334). 303 Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (162), der davon ausgeht, daß konkrete Umstände klar und positiv auf einen Abwägungsfehler hindeuten müssen; Stiier, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 600, wonach Mängel dann offensichtlich sind, wenn sie „zur äußeren Seite der Abwägung gehören und sich geradezu aufdrängennoch weitergehend Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1025, Fn. 57), der Schwierigkeiten bei der rechtlichen Beurteilung zur Bestimmung der Offensichtlichkeit heranziehen will. Vgl. für das Planfeststellungsrecht auch Bonk, in: St/B/S, § 75, Rn. 37, der die Offensichtlichkeit nur bejahen will, wenn ein Fehler sich geradezu aufdrängt. 299
304
Finkelnburg/Ortloff, Bd. I, § 13 I I I 2 a; in dieselbe Richtung BVerwG, Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 (139).
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
189
Dem kann zugute gehalten werden, daß der unbestimmte Evidenzbegriff mit der Begrenzung auf die Erkennbarkeit aus den Akten operabel wird. Zudem wird die vom Gesetz bezweckte Beschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit erreicht. 305 (2) Die Kritik
in der Literatur
Die Auffassung hat jedoch Anlaß zu erheblicher Kritik gegeben. 306 Die Befürchtung, daß Plangeber, die auf eine ausführliche Begründung und Dokumentation verzichten, Fehler vermeiden können, 3 0 7 liegt nahe. Bestehen nämlich erhebliche Lücken in den Unterlagen, kann ein Fehler im Vorgang verschleiert werden, der bei sorgfältigem Vorgehen erkennbar wäre. Daß dies aus rechtsstaatlichen Gründen heraus im Ergebnis bedenklich ist, liegt auf der Hand, da die Rechtmäßigkeit der Abwägung der aufsichtlichen und der gerichtlichen Kontrolle entzogen würde. Zudem ist eine Aushöhlung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz zu befürchten. Nachdem die Unvollständigkeit der Begründung bzw. des Erläuterungsberichtes nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in gewissem Umfang unbeachtlich i s t , 3 0 8 wäre die Überprüfung von Plänen durch die enge Interpretation der Offensichtlichkeit erheblich erschwert und der Bürger in seinen subjektiven Rechten nur unzureichend gegen verschleierte Fehler geschützt. Ob die Lösung, wie in der Literatur vorgeschlagen, 309 in einer widerleglichen Vermutung liegen kann, nach der beim Fehlen wichtiger Überlegungen zur Abwägung von einer Nichtberücksichtigung auszugehen ist, darf mit Recht angezweifelt werden. Eine derartige Pauschalierung würde den jeweiligen Einzelfällen nicht gerecht. Sie unterstellt einen Grundsatz der lückenlosen Dokumentation aller Belange, den es in dieser Form nicht g i b t . 3 1 0 Ferner könnte sie mit der erhaltungsfreundlichen Intention des Gesetzgebers nicht in Einklang gebracht werden und ist daher abzulehnen. 305 So auch BVerwG, Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); zustimmend Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1025, Fn. 57). 306 Vgl. Dürr, in: Brügelmann, §214, Rn. 46 f.; Rude, Planreparatur, S. 71; Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 48; dem Schloß sich auch das OVG Lüneburg, Urteil vom 29.8.1996, NVwZ-RR 1998, S. 18 (20), an. 307 Dürr, DÖV 1997, S. 845 (846). Zudem bleibt unklar, welche Folgen der Verlust der Planunterlagen für die Offensichtlichkeit haben würde. 308 Kritisch hierzu Geizer/Birk, Rn. 493; die Argumentation erscheint allerdings nicht unbedingt zwingend, da für andere der Vorgangsüberprüfung dienenden Quellen nicht einmal gesetzliche Anforderungen vorhanden sind. 309 So Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 47; ablehnend Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 48. 310 Daß selbst das Gesetz von keiner lückenlosen Dokumentationspflicht ausgeht, zeigt sich darin, daß es keine entsprechenden Regelungen trifft. Selbst die Begrün-
190
4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
(3) Die vermittelnde
Ansicht in der obergerichtlichen
Rechtsprechung
Eine weniger strenge Haltung nehmen einige Oberverwaltungsgerichte ein, 3 1 1 die eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalles ausreichen lassen, um bei Lücken einen offensichtlichen Mangel zu bejahen. Sie folgen dem Bundesverwaltungsgericht darin, daß eine Lücke nicht generell zu Lasten der Gemeinde gehen darf, fordern aber keine ausdrücklichen positiven Hinweise, sondern lassen Anhaltspunkte genügen, die aus der Auslegung der Pläne im Wege einer Gesamtbetrachtung gewonnen werden können. Eine erhebliche Diskrepanz zwischen tatsächlicher Situation und Festsetzungen ist danach geeignet, einen offensichtlichen Abwägungsfehler zu belegen. 312 Entsprechendes gilt für die Ungleichbehandlung einzelner Grundstücke 313 oder eine sich aufdrängende Planungsalternative. 314 Im Ergebnis lehnt diese Auffassung eine Verschärfung der Anforderungen an den Nachweis von Mängeln durch das Offensichtlichkeitskriterium ab. Es bleibt bei den bekannten Auslegungsmethoden, die unter Umständen auch zu einer Beweislastumkehr führen können. dd) Eigene Auffassung Der vermittelnden Auffassung ist der Vorzug zu geben. Es ist einerseits gerechtfertigt, nicht jede Lücke in der Begründung als Abwägungsfehler anzusehen, da beide Fehlerarten nicht zwingend zusammenfallen. 315 Auf der anderen Seite darf die unsorgfältig vorgehende Gemeinde nicht begün-
dung von Bebauungsplänen muß nach § 9 Abs. 8 Satz 2 BauGB nur die wesentlichen Auswirkungen beinhalten, dazu auch Lohr, in: B / K / L , § 9, Rn. 125, m.w.N. 311 OVG Lüneburg, Urteil vom 21.7.1999, NVwZ-RR 2000, S. 200 (201); Urteil vom 29.8.1996, NVwZ-RR 1998, S. 18 (20); OVG Bremen, Urteil vom 21.9.1999, NVwZ-RR 2000, S. 567; OVG Berlin, Urteil vom 24.3.1995, BRS 57, Nr. 12, S. 33 (37). 312 So in einem obiter dictum OVG Lüneburg, Urteil vom 29.8.1996, NVwZ-RR 1998, S. 18 (20); zustimmend Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 48. 313 OVG Lüneburg, Urteil vom 21.7.1999, NVwZ-RR 2000, S. 200 (201). 314 OVG Berlin, Urteil vom 24.3.1995, BRS 57, Nr. 12, S. 33 (37); zustimmend, Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 48. Vgl. zudem OVG Bremen, Urteil vom 21.9.1999, NVwZ-RR 2000, S. 567 ff., wonach die Offensichtlichkeit auch bei der erwähnungslosen Ausblendung von Belangen vorliegt, wenn sie zur Folge hat, daß einander gegenüberstehende Kernbetroffenheiten keinen Eingang in die Abwägung gefunden haben, da man andernfalls entgegen dem Gesetzeszweck des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB gerade die Fälle sehr schwerwiegender, aber schweigend begangener Abwägungsfehler der Kontrolle entziehen würde. 315 Ein Begründungsmangel kann lediglich indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Abwägungsfehlers haben, so auch BVerwG, Beschluß vom 26.6.1992, DVB1 1992, S. 1435, LS 5 a, für Planfeststellungsbeschlüsse.
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
191
stigt werden. 3 1 6 Bereits die Tendenz, daß bei lückenhafter Dokumentation ein Vorteil entsteht, ist mit dem rechtsstaatlich abgesicherten Transparenzgebot unvereinbar und daher inakzeptabel. 317 Die strenge Ansicht ist abzulehnen, wenn sie bei Lücken in den Unterlagen einen positiven Hinweis auf ein Defizit im Vorgang verlangt und selbst bei erheblichen Eingriffen, bei denen die Auslegung für einen Abwägungsmangel spricht, die Offensichtlichkeit ablehnen will. Die vermittelnde Auffassung steht zudem in keinem unüberwindbaren Widerspruch zur oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der auch Hinweise auf eine weniger restriktive Interpretation entnehmbar sind. 3 1 8 d) Zusammenfassung Abschließend läßt sich festhalten, daß die Offensichtlichkeit regelmäßig zwei Gesichtspunkte erfaßt: zum einen ein Verbot der Erforschung innerer Motive, d.h. des inneren Vorganges, zum zweiten die Feststellbarkeit der Mängel aus den Akten und den Planbegründungen. Beide stimmen im Regelfall überein. Soweit in Sonderfällen innere Vorstellungen einzelner Mitglieder aus objektiven Erkenntnisquellen ersichtlich werden, sind diese nicht als offensichtlich anzusehen. In Fällen, in denen der äußere Vorgang ausnahmsweise nicht ermittelbar ist, weil die heranzuziehenden Erkenntnisquellen Lücken aufweisen, muß im jeweiligen Einzelfall durch Auslegung ermittelt werden, ob ein Abwägungsfehler gegeben ist. Zusätzliche Hinweise in den Unterlagen sind dafür nicht erforderlich. Das Kriterium der Offensichtlichkeit begrenzt die Abwägungsfehler somit nur insoweit, als es die Motive der Ratsmitglieder als Fehlerquellen ausschließt und eine weitere Ausdehnung der Vorgangskontrolle verhindert. Seine Prüfung ist in der Praxis auf der Ebene vor der Feststellung eines Fehlers anzusiedeln. Ein Gericht wird bei einem nicht offensichtlichen Mangel keine weiteren Untersuchungen anstrengen und keinen Beweis erheben, da dieser nicht entscheidungserheblich werden kann. 3 1 9 Daher spielt die Trennung zwischen Fehlersuche und Beachtlichkeit des Fehlers in die316
Sarnighausen, NJW 1993, S. 3229 (3232), zufolge ist die Gefahr, daß Planersteller bewußt auf eine lückenlose Dokumentierung verzichten, gering zu bewerten, da letztlich die Würdigung des Einzelfalles zu ihren Ungunsten ausgehen könne. 317 Dürr, DÖV 1997, S. 845 (846). 318 So läuft auch die Entscheidung des BVerwG vom 27.12.1995, Az 4 NB 33/ 95, juris Nr. WBRE410001829, auf eine Beweiswürdigung im Einzelfall hinaus, wenn ausgeführt wird, daß es „ verfehlt" wäre, „die Offensichtlichkeit eines Abwägungsmangels ausnahmslos nur dann anzunehmen, wenn er sich aus den Planungsakten ergibtdazu auch Schlichter/Stich, § 214, Rn. 6. 319 Dazu BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (38); Dolde NJW 1982, S. 1785 (1787).
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
sem Bereich regelmäßig keine Rolle, 3 2 0 was dazu führt, daß der Unterschied zwischen Kontroll- und Handlungsmaßstab verdeckt wird. Die Kritik an dieser Doppel Wirkung 3 2 1 ist unberechtigt. Bei dem Merkmal der Offensichtlichkeit kommt lediglich die prozessuale Dimension der Folgenbegrenzungsregelungen stärker zum Ausdruck. Die Befürchtung, die Bestimmung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB würde in weiten Teilen leerlaufen, kann ebenfalls nicht überzeugen. Es verbleibt die zweite Voraussetzung der Ergebnisbeeinflussung, um die Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern im Vorgang einzuschränken.
4. Die Auswirkungen auf das Ergebnis Der offensichtliche Fehler muß nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB zugleich auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluß sein, 3 2 2 damit er beachtlich ist und die Unwirksamkeit nach sich zieht. Nachdem der Gesetzgeber sich bei Erlaß der Vorschrift 323 einer näheren Bestimmung der Voraussetzungen enthielt, oblag es dem Bundesverwaltungsgericht, diese im einzelnen herauszuarbeiten. 324 Danach muß die konkrete Möglichkeit bestehen, daß ohne den Fehler ein anderes Abwägungsergebnis erzielt worden wäre. Erscheint eine Alternativplanung nur abstrakt denkbar, ist der Verstoß mangels ausreichender Ergebnisbeeinflussung unbeachtlich und der Plan damit wirksam. 3 2 5 Dies ist gerechtfertigt, da andernfalls keine Eingrenzung 320 Anders BVerwG, Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 f., wo zwischen beiden Ebenen differenziert wird. Dies geschieht jedoch, wie oben aufgezeigt, auf der Grundlage eines zu engen Verständnisses der Offensichtlichkeit. 321 Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 179, meint sogar, das Merkmal verliere seine Funktion als Fehlerfolgenvoraussetzung; in die gleiche Richtung Rude, Planreparatur, S. 71. 322 Grundlegend zur Kausalität als Folgenbegrenzungskriterium Morlok, a.a.O., S. 185 ff. 323 Vgl. § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG (1979); der Grundgedanke klang schon im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (71), an, wo es ausführte: „Ein bestimmtes Interesse kann im Abwägungsergebnis gewahrt sein, auch wenn es im Abwägungsvorgang übersehen wurde". 324 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (39 ff.); zum früheren Streitstand vgl. Dolde, NJW 1982, S. 1785 (1787), und Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 169 f., jeweils m.w.N. 325 Die Rechtsprechung hat seither an diesen Grundsätzen festgehalten, vgl. BVerwG, Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, 138 f.; Beschluß vom 29.1.1992, ZfBR 1992, 139 (141); Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); Bay VGH, Urteil vom 11.11.1998, BayVBl 1999, S. 759 (760); OVG Koblenz, Urteil vom 14.1.2000, BauR 2000, S. 1011 (1015); ebenso Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 17; Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 43; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 48; Finkelnburg/Ortloff, Bd I, § 13 I I I 2 b; Gaentzsch, § 214, Rn. 19; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 43; Jäde, in: J/D/W, § 214, Rn. 24; Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (162);
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
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der Fehlerbeachtlichkeit stattfinden würde. In Anbetracht der besonderen Weite der Entscheidungsspielräume könnte eine Änderung des Ergebnisses nahezu immer angenommen werden. Die Vorschrift würde dann der gesetzgeberischen Intention, eine Einschränkung der Fehlerbeachtlichkeit herbeizuführen, 326 nicht mehr gerecht und drohte leerzulaufen. 327 Auf der anderen Seite wird ein positiver Nachweis der Kausalität, für den Wortlaut und Entstehungsgeschichte328 auf den ersten Blick sprechen könnten, nicht vorausgesetzt. 329 Ein solcher würde nämlich eine eingehende Motivforschung erforderlich machen, die aber nach Sinn und Zweck des §214 Abs. 3 Satz 2 BauGB gerade unterbleiben soll. Weiterhin hätte das Erfordernis zur Folge, daß der Nachweis nur in den seltenen Fällen gelingen könnte, in denen die Gemeinde ausnahmsweise Eventualerwägungen angestellt hat, mit dem Ergebnis, daß die Sanktionierung von Fehlern im AbwägungsVorgang weitgehend leerliefe. Der Gesetzgeber wollte diese Fehler aber nicht generell für unbeachtlich erklären, 330 was auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen würde. 3 3 1 Eine konkrete Möglichkeit einer anderen Planung besteht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts immer dann, „wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, daß der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluß auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann " . 3 3 2 Es ist daher unter Heranziehung der bezeichneten Erkenntnisquellen eine Einzelfallbetrachtung Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 49; Weyreuther, DÖV 1983, S. 575 (578); zur Maßstabsgleichheit im Planfeststellungsrecht BVerwG, Beschluß vom 16.8.1995, BayVBl 1996, S. 182. 326 BT-Drs. 8/2885, S. 46. 327 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (39); Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 171. 328 Laut Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drs. 8/2885, S. 46, soll ausschlaggebend sein, „ob sich der Fehler im Abwägungsprozeß auch auf den Planinhalt ausgewirkt hat u. 329 So aber Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (278 f.); Bröll, BayVBl 1977, S. 550 (551); Dolde, BauR 1990, S. 1 (6); Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2386); in dieselbe Richtung Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 443; vgl. dazu auch die Nachweise bei BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (39), und bei Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 169 f. 330 Entgegen Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (278), läßt sich den Gesetzesmaterialien, die insofern mehrdeutig sind, eine solche Absicht nicht zwingend entnehmen. 331 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (39); Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 49; Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2386), hält die Regelung daher für verfassungswidrig, ohne die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung zu sehen. 332 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (39 f.); im Ergebnis ebenso Beschluß vom 20.1.1995, ZfBR 1995, S. 145 (147); Beschluß vom 29.1.1992, ZfBR 1992, S. 139 (141); Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 (139). 13 Käß
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
aus der Sichtweise des Planers 333 vorzunehmen und danach zu fragen, ob sich bei ordnungsgemäßem Abwägungsvorgang ein anderes Ergebnis abgezeichnet hätte. 3 3 4 Die konkrete Möglichkeit ist etwa dann zu bejahen, wenn sich der Planungsträger von einem unzutreffenden Belang hat leiten lassen und andere Belange, die die Planung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind 3 3 5 oder wenn entgegenstehende Belange, die nach der bestehenden Rechtslage die Verhinderung des Vorhabens bewirken konnten, nicht eingestellt wurden 3 3 6 bzw. wenn sich der Planer durch eine unzutreffend in die Abwägung einbezogene Annahme an einer bestimmten Festsetzung gehindert sah. 3 3 7
5. Verfassungsrechtliche Bewertung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a) Verfassungsrechtliche
Maßstäbe
Die Abwägung ist ungleich stärker verfassungsrechtlich determiniert als die Verfahrens- und Formvorschriften, da sie den Kernvorgang grundgesetzkonformer Planung bildet. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu zutreffend festgestellt, daß das Gebot gerechter Abwägung im Rechtsstaatsprinzip gesichert wurzelt und dadurch „unmittelbar bundesverfassungsrechtlich ist« 33* Allerdings bedeutet dies nicht automatisch, daß sämtliche von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an einen gerechten Ab333
Mißverständlich Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 101, der auf eine stärker objektivierte Sichtweise abstellen will, dabei aber übersieht, daß auch das Bundesverwaltungsgericht sonstige erkennbare oder naheliegende Umstände ausreichen läßt. 334 Dabei dürfen allerdings nur rechtmäßige Alternativen einbezogen werden, so Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 48 f.; a.A. Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 45, der sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des V G H Mannheim beruft. 335 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (40); Beschluß vom 20.1.1992, ZfBR 1992, S. 138 (139); OVG Koblenz, Urteil vom 14.1.2000, BauR 2000, S. 1011 (1015); Dürr, in: Brügelmann, §214, Rn. 48; Jäde, in: J/D/W, § 214, Rn. 24. 336 Bay VGH, Urteil vom 11.11.1998, BayVBl 1999, S. 759 f., wo die Interessen eines Landwirtes auf künftige Betriebserweiterung, die plausibel geltend gemacht worden sind, nicht geprüft wurden. 337 BVerwG, Urteil vom 6.5.1993, N V w Z 1993, S. 274 (275). 338 BVerwG, Urteil vom 23.1.1981, BVerwGE 61, 295 (301). In einer späteren Entscheidung hat es zum Abwägungserfordernis ausgeführt: „Es ist Ausdruck eines verfassungsrechtlichen Gebots; denn das Rechtsstaats gebot des Art. 20 Abs. 3 GG gebietet für alle Planungen eine gerechte Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen (BVerfGE 41, 67 ff., mit weiteren Rechtspr.Nachw.). Das gilt gleichermaßen für den Abwägungsvorgang und das AbwägungsergebnisBVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (35); zustimmend Lern-
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
195
wägungsvorgang unabänderlich, da verfassungsrechtlich absolut geschützt sind. Das Rechtsstaatsgebot enthält diesbezüglich keine eindeutigen Verbote und erlaubt auch in diesem Bereich bei Verstößen abweichende Fehlerfolgen. 3 3 9 Zu untersuchen ist daher, wie weit der verfassungsrechtliche Gehalt reicht. Dabei muß der Schutz der Grundrechte aus Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG einbezogen werden, da erst eine Gesamtschau der Anforderungen eine abschließende Beurteilung ermöglicht. 3 4 0 Die grundrechtliche Dimension der Abwägung erschließt sich erst dann, wenn man sich vor Augen führt, daß von Grundrechten geschützten Belangen, zu denken ist vor allem an Art. 14 Abs. 1 GG und an den Schutz von Leben und Gesundheit durch Art. 2 Abs. 1 GG, nur eine besondere Bedeutung und kein absoluter Rang zukommt. Sie können durch andere Belange überwunden werden. Je weniger gewichtig sie selbst und je bedeutender die entgegenstehenden Interessen sind, um so leichter ist eine Zurückstellung im Wege der Abwägung möglich. 3 4 1 Angesichts der wenigen gesetzlichen Vorgaben inhaltlicher Art für das Abwägungsergebnis kommt dem Abwägungsvorgang bei der Frage des Grundrechtsschutzes eine zentrale Bedeutung z u . 3 4 2 W i l l man den Schutz nicht leerlaufen lassen, muß dem inhaltlich weiten planerischen Gestaltungsspielraum, mit dem eine geringe gerichtliche Kontrolldichte korrespondiert, eine strengere prozedurale Kontrolle als bei Rechtsnormen mit anderen Inhalten gegenüberstehen. 343 Hierbei spielen die Voraussetzungen der Abwägungsfehlerlehre die zentrale Rolle, da sie die gerichtlichen Maßstäbe für die Prüfung des Abwägungsvorganges bilden. Ihr verfassungsrechtlicher Gehalt und damit auch die gemei, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 7; zu eng dagegen Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (89), der die Anforderungen nur auf das Ergebnis beziehen will. 339 Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272); so auch BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (36 ff.); zu weitgehend noch die Aussage, der Gesetzgeber könne sich darauf beschränken, nur Anforderungen an das Abwägungsergebnis zu stellen, BVerwG, Urteil vom 5.7.1974, BVerwGE 45, 309 (313), bei der die grundrechtliche Dimension des Verfahrens wohl noch nicht einbezogen wurde. 340 Ebenso Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2383); vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff., wo ebenfalls eine Gesamtbetrachtung angestellt wird. 341 BVerwG, Urteil vom 23.1.1981, BVerwGE 61, 295 (302). 342 Zu dieser Problematik Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 224 ff., der im Zusammenhang mit der Bauleitplanung von einer Annäherung an das Modell reiner Verfahrensgerechtigkeit spricht, und oben Kap. 3 V 2 b. 343 Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 (272); ebenso Schulze-Fielitz, in: FS für Hoppe, S. 997 (1007), der davon spricht, daß die aus materieller Sicht geringe Kontrollintensität durch strikte Verfahrensregelungen „erkauft" werden müsse; a.A. Ronellenfitsch, N V w Z 1999, S. 583 (589), und Heinze, N V w Z 1986, S. 87 (89), die nur die Kontrolle des Abwägungsergebnisses für geboten halten. Zu den Unterschieden zwischen Plänen und „normalen" Rechtsnormen bereits oben Kap. 4 I 2 d cc. 13*
196
4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
setzliche Einschränkbarkeit können nur schwer abstrakt bewertet werden. Angesichts der Verflochtenheit des Abwägungsvorganges und der Schwierigkeiten bei der Herstellung der praktischen Konkordanz ist der Beitrag einzelner Voraussetzungen kaum mehr fixierbar. Daher bedarf es einer Einzelanalyse der jeweiligen Unbeachtlichkeitsvoraussetzung und ihrer Wirkung, um die Zulässigkeit beurteilen zu können. b) Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit Die früher gegen die Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erhobenen Bedenken 344 hat das Bundesverwaltungsgericht durch die einschränkende Auslegung, der hier gefolgt wurde, im wesentlichen ausgeräumt. 345 Allerdings ergeben sich aus der neueren Rechtsprechung und aus der Anerkennung des Rechts auf gerechte Abwägung der eigenen Belange neuartige Fragestellungen. aa) Rechtfertigung der Offensichtlichkeit Die als Feststellbarkeit durch objektivierbare Umstände verstandene Offensichtlichkeit begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, da sie lediglich die Kontrollintensität auf ein zumutbares Maß beschränkt. Sie positiviert allgemeine Grundsätze, nach denen sich eine Motivforschung verbietet. 346 Auch der Grundrechtsschutz muß seine Schranke bei der Überprüfung der inneren Vorstellungen der Entscheidungsträger finden. Dafür spricht nicht zuletzt die durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Planungshoheit der Gemeinden. Maßgeblich können nur die objektivierbaren Entscheidungsvorgänge sein. 3 4 7 Aus verfassungsrechtlicher Sicht ergeben sich allerdings Bedenken gegen die besonderen Anforderungen der Rechtsprechung bei Lücken in den Unterlagen 348 und gegen eine noch weitergehende Deutung der Offensichtlich344
Dazu die Nachweise bei Dolde, NJW 1982, S. 1785 (1787, Fn. 30), m.w.N. BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (40 f.); BGH, Urteil vom 6.5.1982, ZfBR 1982, S. 264 (265); dem folgend Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 45; Dolde, NJW 1982, S. 1785 (1787); Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 44; Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1037); Schwerdtfeger, JuS 1983, S. 270 UPR 1986, S. 121 (124); (273); Stich, DVB1 1982, S. 173 (178 f.); Weyreuther, zustimmend auch der Bericht des Arbeitskreises, BBauBl 1985, S. 359 (362); zur verfassungsrechtlichen Kritik an der Parallelregelung in § 75 Abs. 1 a Satz 1 V w V f G R. Steinberg/Th. Berg/M. Wickel, Fachplanung, § 6, Rn. 73. 346 Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 45; Schmaltz , in: Schrödter, § 216, Rn. 2; dazu oben Kap. 4 I I I 3 c aa. 347 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (37 f.). 348 Im Ergebnis ebenso Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 13. 345
III. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
197
keit als reines Evidenzkriterium. 349 Die Erkennbarkeit steht weder mit der Schwere des Fehlers noch mit dem verfassungsrechtlichen Gehalt der verletzten Vorschrift in Zusammenhang. 350 Anders als bei der hier befürworteten engen Deutung der Offensichtlichkeit, hinter der ein schlüssiges Konzept zur Begrenzung der gerichtlichen Kontrollintensität steht, wäre die Evidenz ein nur scheinbar geeignetes, letztlich aber inhaltlich entleertes Kriterium. Es könnte nicht ausgeschlossen werden, daß Mängel im äußeren Abwägungsvorgang, die verfassungsrechtliche Mindestanforderungen tangieren, wegen der Komplexheit des Vorganges nicht evident und daher unbeachtlich wären. Dies würde erhebliche Bedenken hervorrufen, weshalb die Interpretation der Offensichtlichkeit als Evidenz aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen ist. bb) Rechtfertigung der Ergebnisrelevanz in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Die konkrete Möglichkeit einer alternativen Planung, die sich hinter dem Tatbestandsmerkmal des Einflusses auf das Ergebnis verbirgt, bildet den Maßstab für die Frage, wann ein Fehler im Vorgang einen inhaltlich vertretbaren Plan zum Scheitern bringt. Der fehlende Niederschlag des Vorgangsmangels im Ergebnis ist der am besten geeignete Indikator dafür, ob eine Planung zu Fall gebracht werden muß oder nicht. Wenn die konkrete Möglichkeit besteht, daß ein anderes Ergebnis erzielt worden wäre, ist die Offenheit des Ergebnisfindungsprozesses gestört und die Sanktionierung des Fehlers aus Gesichtspunkten des Rechtsstaatsprinzips und des Grundrechtsschutzes heraus erforderlich. Finden sich nur abstrakte Alternativen, was angesichts der weiten planerischen Gestaltungsfreiheit in der Mehrzahl der Fälle nicht auszuschließen ist, ist die Nichtigkeitsfolge nicht zwingend geboten. Der Gesetzgeber darf in einer pauschalierten Betrachtungsweise im Interesse der Planerhaltung davon ausgehen, daß der Plan in derselben Art und Weise erlassen worden wäre. Dabei kommt das Prinzip der dienenden Funktion des Abwägungsvorganges zur Geltung, der ebenso wie das Verfahren nicht Selbstzweck sein kann. 3 5 1 Wenn die Planersteller Alternativen nicht in Betracht gezogen haben, ohne daß dies in Anbetracht des zugrun349 Ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Bedenken Kirchhof, NJW 1981, S. 2382 (2386 f.). 350 Dazu oben Kap. 4 I I I 3 b bb; vgl. auch Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 312 f. 351 Zum allgemeinen Grundsatz, wonach Verfahrensmängel, die sich nicht auf das Ergebnis ausgewirkt haben, nicht zur Aufhebung des betreffenden Rechtsaktes führen, solange nichts anderes gesetzlich geregelt ist, BVerwG, Urteil vom 30.5.1984, BVerwGE 69, 256 (270); Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 214 (228); Urteil vom 18.12.1987, BVerwGE 78, 347; Kopp/Ramsauer, § 46, Rn. 10.
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
deliegenden Sachverhalts Bedenken b e g e g n e t , 3 5 2 und gleichzeitig die Belange i m Ergebnis zu einem gerechten Ausgleich gebracht wurden, bestehen gegen die Unerheblichkeit des Mangels keine Einwände. B e i der Erm i t t l u n g der Kausalität ist aber einer engen Auslegung der Vorzug zu geben. Z w e i f e l müssen zu Lasten der Verwaltung gehen, d.h. es ist eine entsprechende Beweislastverteilung e r f o r d e r l i c h . 3 5 3
cc) Das Recht auf gerechte A b w ä g u n g der eigenen Belange D i e Verfassungswidrigkeit
könnte sich jedoch i m Zusammenhang
mit
dem subjektiven Recht auf korrekte A b w ä g u n g der eigenen Belange ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht
hat diesen Anspruch nunmehr
in
seinem U r t e i l v o m 2 4 . 9 . 1 9 9 8 3 5 4 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung i m B a u p l a n u n g s r e c h t 3 5 5
ausdrücklich anerkannt. Das Abwägungs-
gebot des § 1 Abs. 6 B a u G B dient auch dem Schutz des Einzelnen, so daß sich die subjektiv rechtliche D i m e n s i o n aus der S c h u t z n o r m t h e o r i e 3 5 6
352
Wenn eine Altemativplanung nicht in Betracht gezogen wurde, die sich aufdrängen mußte, liegt ein beachtlicher Mangel vor. In den Anhaltspunkten, aus denen sich die Alternative ergibt, sind dann die konkreten Hinweise zu sehen, die nach der oben vertretenen Auffassung genügen, um den Einfluß auf das Ergebnis anzunehmen, vgl. Kap. 4 I I I 4. 353 Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 192; Rude, Planreparatur, S. 71 f.; zur grundsätzlichen Problematik W. Berg, Die verwaltungsrechtliche Entscheidung bei ungewissem Sachverhalt. 354 DVB1 1999, S. 100, mit zustimmender Anmerkung Schmidt-Preuß, S. 103 ff.; zuvor war ein solches Recht lediglich beiläufig mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit bejaht worden, vgl. BVerwG, Beschluß vom 28.7.1994, N V w Z 1995, S. 598; nunmehr ständ. Rspr., siehe BVerwG, Urteil vom 26.2.1999, N V w Z 2000, S. 197; BayVGH, Urteil vom 15.12.1998, VGHE 52, 20 (21); OVG Koblenz, Urteil vom 11.5.1999, NJW 2000, S. 234 (235); zustimmend Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (352); Kopp/Schenke, § 47, Rn. 72, m.w.N.; Stüer, BauR 1999, S. 1221 ff.; kritisch dagegen Lohr, in: B / K / L , § 10, Rn. 15; zur Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf den Vorhaben- und Erschließungsplan siehe BVerwG, Urteil vom 9.3.1999, BauR 2000, S. 243 f. 355 Zur früheren Ablehnung i m Bauplanungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.1977, BVerwGE 54, 211 (217 f.); Beschluß vom 16.12.1995, Buchholz 406.11, § 3 BauGB, Nr. 4, S. 5 (7). Im Planfeststellungsrecht wird ein solcher Anspruch dagegen seit langem anerkannt, vgl. BVerwG, Urteil vom 14.2.1975, BVerwGE 48, 56 (65 f.); Urteil vom 14.5.1992, Buchholz 407.4, § 17 FStrG, Nr. 88, S. 81; Beschluß vom 15.5.1996, DVB1 1996, S. 925 (927); vgl. in der Literatur Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 438 ff., m.w.N.; Schechinger, DVB1 1991, 1182 (1187 f.); kritisch Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517 (524). 356 Umfassend dazu Schmidt-Aßmann, in; Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 127 ff.
IV. Die scheinbare Erhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB
199
ergibt. Fraglich ist daher, ob § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Einklang steht. Prüfungsgegenstand kann nur das im Rechtsschutzerfordernis verankerte gerichtliche Prüfungs- und Sanktionierungsgebot sein, da durch § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB der Zugang zu den Gerichten nicht versperrt wird, nachdem die Regelung die Antragsbefugnis nicht berührt. 357 Die Offensichtlichkeitsschranke, die eine Motivforschung verhindert, begegnet keinen Bedenken. Der Kontrollanspruch des Betroffenen reicht nicht bis in die inneren Vorstellungen der Entscheidungsträger hinein. Was das Kausalitätserfordernis betrifft, ist auf den Inhalt des Rechts auf Abwägung der eigenen Belange abzustellen. Zum einen muß der Plan den Belangen gerecht werden, indem er sie einem vertretbaren Ausgleich zuführt, was bei der von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB vorausgesetzten Fehlerfreiheit des Abwägungsergebnisses der Fall ist. Zum anderen umfaßt das Recht auf gerechte Abwägung die Beeinflussung der Entscheidung durch die jeweiligen Belange. Ist ein solcher Einfluß aber von vornherein ausgeschlossen, weil keine konkreten Alternativen bestehen, verliert der Anspruch an Bedeutung. Der viel zitierte Fall, daß ein Plan auch ohne den Mangel in inhaltlich gleicher Weise erlassen worden wäre, 3 5 8 ist dann eingetreten. Die Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB begegnet somit auch vor dem Hintergrund des Rechts auf Abwägung der eigenen Belange keinen durchgreifenden Bedenken. 359 Bevor auf die relative Unbeachtlichkeit eingegangen werden kann, muß die in § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthaltene Regelung, die laut Bundesverwaltungsgericht „in funktionaler Hinsicht" eine „materielle Präklusion" enthält und der Verbesserung der „Bestandskraft" von Plänen dient, 3 6 0 auf ihre Bedeutung für die Planerhaltung untersucht werden.
IV. Die scheinbare Erhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 1. Der Inhalt der Bestimmung Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB soll für die Abwägung bei Bauleitplänen 3 6 1 die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung maß357
BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, DVB1 1999, S. 100 (101). Vgl. etwa BT-Drs. 8/2885, S. 35. 359 Im Ergebnis ebenso Hüttenbrink, DVB1 1997, S. 1253 (1257). 360 BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320); in die gleiche Richtung Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 14. 361 Nach seinem Wortlaut gilt Satz 1 nur für Bauleitpläne, nicht aber für andere Satzungen, siehe dazu Dierkes, Gemeindliche Satzungen, S. 104, und Schmaltz , in: 358
200
4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
geblich sein. Auf den ersten Blick sprechen sowohl der Normzusammenhang als auch die Gesetzesbegründung, wonach durch die Regelung vermieden werde, „daß bei der Überprüfung von Bauleitplänen nachträgliche Änderungen der städtebaulichen Verhältnisse oder von Rechtsvorschriften zugrunde gelegt werden, die die Gemeinde bei der Beschlußfassung über den Plan noch nicht zu berücksichtigen hatte", 362 für eine planerhaltende Wirkungsweise durch die Unerheblichkeit späterer Veränderungen. Erste Zweifel am scheinbar klaren Inhalt kommen bei der genaueren Betrachtung der Materialien auf, wo es im Anschluß an die oben zitierte Aussage heißt: „Die Rechtsprechung, die in seltenen Ausnahmefällen auf den Zeitpunkt des Inkraftsetzens des Bebauungsplanes abstellt, soll hierdurch unberührt bleiben«?63 Diese Ausnahme hat keinerlei Niederschlag im Gesetz selbst gefunden, was wiederum als unbefriedigend bewertet werden muß. 3 6 4 Die Ursachen für die erheblichen Mißverständnisse und Auslegungsschwierigkeiten waren dadurch vom Gesetzgeber mitverursacht worden. 3 6 5 Die Tatsache, daß der Zeitpunkt der Beschlußfassung für Vorgangs- und für die Ergebniskontrolle der Abwägung maßgeblich ist, bereitet keine rechtlichen Schwierigkeiten, solange der Plan, wie im Regelfall üblich, zeitnah in Kraft tritt. Hierfür sind noch die Ausfertigung, 366 ggf. ein aufsichtliches Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren sowie eine Bekanntmachung erforderlich. In diesen Verfahrensteilen kann der Planinhalt nicht mehr geändert und nur noch sein Inkrafttreten verhindert werden. 3 6 7 Probleme ergeben sich bei einem längeren zeitlichen Auseinanderfallen von BeschlußfasSchrödter, § 214, Rn. 43. Die allgemeinen Grundsätze, die durch die Regelung zum Ausdruck kommen, haben für diese jedoch weiterhin Geltung, da die Regelung diesbezüglich nicht abschließend ist. 362 Bericht des 15. Bundestagsausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 46, zur wortgleichen Vorgängerregelung des § 155 b Abs. 2 Satz 1 BBauG (1979). 363 Bericht des 15. Bundestagsausschusses, a.a.O. 364 So bereits OVG Lüneburg, Urteil vom 12.5.1981, ZfBR 1981, S. 294; kritisch auch Breuer, N V w Z 1982, S. 273 (278). 365 Eine gewisse Abhilfe hätte der im ursprünglichen Regierungsentwurf zur Novelle von 1979 enthaltene Zusatz zur rückwirkenden Inkraftsetzung bieten können. In der Vorgängerregelung des § 215 a Abs. 2 BauGB sollte klargestellt werden, daß die erneute Inkraftsetzung nicht in Betracht kommt, wenn die Satzung nicht mit dem bisherigen Inhalt beschlossen werden könne, vgl. dazu BT-Drs. 8/2451, S. 8, 32 (= BR-Drs. 446/78). Zumindest für die spezielle Fallgruppe der rückwirkenden Inkraftsetzung bei Verfahrens- und Formfehlem wäre eine gesetzliche Klärung vorhanden gewesen. Daß die Regelung nicht zum Gesetz wurde, lag am Einwand des 15. Bundestagsausschusses, der die Klarstellung für überflüssig hielt, da sich die Rechtslage bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergebe, BT-Drs. 8/2885, S. 45. 366 Zu den Ausfertigungserfordernissen Schenk, VB1BW 1999, S. 161 ff. 367 Es bleibt der Gemeinde aber unbenommen, erneut in frühere Verfahrensschritte einzutreten, um Änderungen vorzunehmen, was mit dem Zurückdrehen einer Uhr vergleichbar ist.
IV. Die scheinbare Erhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB
201
sung und Inkraftsetzung, da sich in der Zwischenzeit Veränderungen der zugrundeliegenden Umstände ergeben können, gegenüber denen Pläne wegen ihres starken Situationsbezuges besonders anfällig sind. Der Grund für eine solche Verzögerung des Inkrafttretens kann in einer Unterbrechung des Aufstellungsverfahrens liegen 3 6 8 oder darin, daß ein Verfahrensteil unerkannt unwirksam war und zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt wird, um den Plan zu heilen. 3 6 9 Dann stellt sich die Frage, ob sich die Sach- und Rechtslage immer noch ausschließlich nach dem Zeitpunkt der Beschlußfassung beurteilt und, wenn dies verneint wird, welche rechtlichen Auswirkungen eine Änderung haben kann.
2. Die verfassungskonforme Auslegung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB a) Die frühere
Rechtsprechung
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 29.9.1978 370 im Falle einer wesentlichen Änderung der Umstände nach Beschlußfassung den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm für maßgeblich erklärt. Mängel im Abwägungsergebnis seien unmittelbar solche des Norminhaltes. Daraus folgerte das Gericht: „Ein (in beachtlicher Weise) in seinem Abwägungsergebnis mangelbehafteter Plan kann so wenig in Kraft treten wie ein Bebauungsplan mit unvollziehbarem oder unsinnigem Inhalt. Der zeitliche Bezugspunkt dieser Überlegungen kann voraussetzungsgemäß nicht - wie beim Abwägungsvorgang - die Beschlußfassung nach §10, sondern kann nur der Zeitpunkt des gewollten Inkrafttretens, d.h. der Bekanntmachung nach § 12 BBauG 1960, sein". 311 Dies werde in Regelfällen, „wie mit Betonung hinzugefügt werden darf, nicht praktisch", sondern nur dann, wenn zwischen Beschlußfassung und Bekanntmachung gravierende Ereignisse eintreten. 372 Auf diese Leitentscheidung nahm die Gesetzesbegründung 373 368
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, BVerwGE 56, 283 (289). Dazu BVerwG, Beschluß vom 23.6.1992, BRS 54, Nr. 22, S. 75 (76); Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320); dabei muß es sich um einen Verfahrensschritt handeln, der nach der Beschlußfassung stattfindet, da andernfalls eine Wiederholung des Beschlusses erfolgt. 370 BVerwGE 56, 283 ff. Die Entscheidung war zum BBauG 1976 ergangen, das noch keine dem § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB entsprechende Regelung enthielt. Die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Beschlußfassung wurde aber aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitet. 371 BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, BVerwGE 56, 283 (288). 372 BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, a.a.O., S. 288 f.; als Beispiele nennt das Gericht einen Dammbruch oder die zwischenzeitlich eingetretene Unrentabilität der geplanten Festsetzungen, wenn sie dazu führen würde, daß die Bauleitplanung einer Veränderungssperre gleichkäme. 369
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
Bezug, wenn sie - wie oben geschildert - eine Ausnahme von der Beurteilung im Zeitpunkt der Beschlußfassung zulassen wollte. In der Literatur wurde im Anschluß daran eine völlige Abkehr von dem Grundsatz des einheitlichen Zeitpunktes befürwortet. 374 Für den Vorgang sollte danach die Beschlußfassung, für das Ergebnis stets das Inkrafttreten entscheidend sein. b) Die neuere Rechtsprechung Gegen diese Literaturauffassung hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Beschluß vom 3.7.1995 375 gewandt und die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Beschlußfassung sowohl für die Vorgangs- als auch für die Ergebniskontrolle betont. Der Wortlaut des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, der sich auf die gesamte Abwägungsprüfung beziehe und nicht wie in Satz 2 differenziere, lege dies nahe. Zudem müsse auch die Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB herangezogen werden. Auf das Abwägungsergebnis könne in einem rechtslogischen Sinne nur etwas von Einfluß sein, wenn derselbe zeitliche Horizont gemeint sei. Dies entspreche auch der bisherigen Rechtsprechung. Dem oben geschilderten Urteil vom 29.9.1978 habe lediglich die weitere Frage zugrunde gelegen, „ob es - unabhängig von dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt der Beschlußfassung - noch einen späteren Zeitpunkt gibt, für den eine zusätzliche Prüfung erforderlich werden kann«, die grundsätzlich zu bejahen sei. 3 7 6 Dieser müsse im Tag des Inkrafttretens liegen als letztmöglichem Termin, in dem das Inkraftsetzen rechtswidriger Pläne verhindert werden könne. Es kommt danach zu keinem Auseinanderfallen der Abwägungsprüfung, sondern zu einer Verdoppelung der Kontrolle des Abwägungsergebnisses. Dieses kann bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses fehlerhaft sein, wodurch der Plan nichtig wird und deshalb auch künftig nicht in Kraft gesetzt werden darf. Eine „Heilung" eines abwägungsfehlerhaften Planes durch den zwischenzeitlichen Eintritt von äußeren Umständen ist aus rechtlichen Überlegungen heraus nicht möglich. 3 7 7 Selbst wenn das Planergebnis durch die Veränderungen
373
Bericht des 15. Bundestagsausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 46. Dolde, NJW 1980, S. 1657 (1660); ders., NJW 1981, S. 1929, m.w.N.; Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (391); im Ergebnis auch Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1, Rn. 77; zur Rechtslage vor 1979 vgl. Böckenhojf, BauR 1979, S. 186; a.A. Battis, DÖV 1981, S. 433 (436). 375 ZfBR 1995, S. 319 ff. 376 BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320); so schon OVG Lüneburg, Urteil vom 31.1.1980, ZfBR 1980, S. 150 (151 f.). 377 So auch BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320); Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207). 374
IV. Die scheinbare Erhaltungsregelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB
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erstmals vertretbar erscheint, lag ihm kein entsprechender Abwägungsvorgang zugrunde, durch den der planerische Wille des Plangebers ausgefüllt wurde. Es besteht eine vergleichbare Situation wie bei einem Abwägungsausfall. Daher ist das Abwägungsergebnis in jedem Fall (auch) im Zeitpunkt der Beschlußfassung zu prüfen. Welche Rechtsfolgen eine erhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage bei Inkrafttreten nach sich zieht, war jedoch auch nach dieser Entscheidung unklar. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu zunächst dargelegt, daß die frühere Abwägung nicht hinfällig werde, und von dem Erfordernis einer zusätzlichen „ Vorabprüfung" durch den Plangeber vor Inkraftsetzung gesprochen. 3 7 8 Eine Gemeinde habe bei einer rechtserheblichen Veränderung der Umstände „auf einer ersten Stufe zu prüfen und zu entscheiden, ob die Änderungen der Sach- und Rechtslage den früheren Abwägungsvorgang oder das frühere Abwägungsergebnis in einer Weise berühren könnten, daß in eine erneute Abwägung einzutreten sei"? 19 Eine derartige „Anlaßprüfung" sei erforderlich, um zu verhindern, daß jede Änderung den früheren Beschlußinhalt zur Seite schiebe. Erst wenn dies entschieden sei, bestehe „der rechtliche Grund, auf einer zweiten Stufe in eine erneute Abwägungsentscheidung einzutreten". 38° Dadurch konnte der Eindruck erweckt werden, es seien zusätzliche Verfahrensschritte erforderlich, wenn Inkraftsetzung und Beschlußfassung zeitlich auseinanderfallen. Unklar wäre dann aber, wann der Neueintritt in die Abwägung erforderlich wird. Muß der Inhalt fehlerhaft geworden sein oder reicht es aus, daß durch die veränderten Umstände ein neues Ergebnis erstmals zulässig wird, was die Praxis vor das Erfordernis der ständigen Kontrolle des Ergebnisses gestellt hätte? Eine weitere Klarstellung, mit der das Bundesverwaltungsgericht von eher formalisierten Betrachtungsweise der „Anlaßprüfung" abrückte, folgte in den Beschlüssen vom 18.12.1995 381 und vom 25.2.1997 382 . lehnt das Gericht zusätzliche Verfahrenserfordernisse ab und setzt sich
der erDarin er-
378 BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (321); so auch schon Beschluß vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 (104), wonach eine Gemeinde bei Veränderung des Sachverhaltes prüfen müsse, ob sie erneut in eine, die veränderten Sachdaten berücksichtigende Abwägung einzutreten habe; vgl. auch den Beschluß vom 23.6.1992, BRS 54, Nr. 22, S. 75 (77), wo die Begründung des Normenkontrollgerichts, die Fehlerhaftigkeit eines Planes habe im Nichteintritt in eine erneute Abwägung gelegen, die durch rechtserhebliche Änderungen der zugrundeliegenden Umstände erforderlich wurde, revisionsrechtlich nicht beanstandet wurde. 379 BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (321). 380 BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, a.a.O.; dem schlossen sich weite Teile der Literatur an, vgl. etwa Dürr, DÖV 1997, S. 845 (846); Erbguth, DVB1 1986, 1230 (1233); Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 42; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 44. 381 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, ZfBR 1996, S. 163 ff. 38 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 .
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
neut mit dem Beurteilungsmaßstab auseinander. Bei Veränderung der Sachund Rechtslage müsse der Planersteller lediglich im eigenen Interesse prüfen, ob der Planinhalt „ wegen nachträglicher Ereignisse nicht mehr haltbar ist". 3* 3 Erfolgt keine derartige Kontrolle, ist dies nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts „nicht bereits für sich genommen ein Grund, der es rechtfertigt, die Gültigkeit des rückwirkend in Kraft gesetzten Bebauungsplanes in Frage zu stellen". 384 Als Grund dafür, daß ein Plan nicht mehr in Kraft gesetzt werden könne, werden die Unvertretbarkeit seines Inhaltes gemessen an § 1 Abs. 3 BauGB und dem Abwägungsgebot genannt. Selbst wenn dieser Zustand erst nach Beschlußfassung eingetreten sei, erfülle der Plan nicht die materiellen Anforderungen, die es zu seiner Wirksamkeit, d.h. zu seiner erstmaligen Inkraftsetzung bedürfe. 385 Neben der Funktionslosigkeit des Inhalts komme dafür auch die UnVerhältnismäßigkeit des ursprünglich unbedenklichen Abwägungsergebnisses in Betracht. 386 Funktionslosigkeit liegt nach allgemeiner Auffassung vor, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die der Plan sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzungen gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. 3 8 7 Sie kann bereits vor Inkrafttreten eines Planes gegeben sein. 3 8 8 Nachdem dieses Institut 383
BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, ZfBR 1996, S. 163 (164). BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, a.a.O., S. 165; bestätigt durch Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207). Die Bezugnahme auf die rückwirkende Inkraftsetzung erklärt sich dabei aus den Besonderheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts. Die Gemeinde hatte einen wegen Ausfertigungsmängeln nichtigen Plan nach mehreren Jahren rückwirkend gem. § 215 Abs. 3 BauGB (1986) geheilt. Daraus ergeben sich jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, Beschluß vom 25.2.1997, a.a.O., S. 209, keine Besonderheiten für die Frage der Beurteilungszeitpunkte, da derartige Fälle wie Unterbrechungen des Aufstellungsverfahrens behandelt werden können. 385 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, ZfBR 1996, S. 163 (164). 386 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208 f.); nunmehr ständ. Rspr., Beschluß vom 7.4.1997, ZfBR 1997, S. 209; Beschluß vom 10.11. 1998, BauR 1999, S. 375 (376); Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (204 f.); vgl. bereits OVG Lüneburg, Urteil vom 31.1.1980, ZfBR 1980, S. 150 (151); Rn. 171; Birk, Bauplanungsrecht, zustimmend Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 524; a.A. Söfker, ZfBR 1979, S. 191 (194); ders., ZfBR 1981, S. 60 (64), und Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 599, die nur auf die Funktionslosigkeit abstellen wollen. 387 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208); dazu auch oben Kap. 4 I 2 c. 388 Dabei ist allerdings Zurückhaltung bei der Beurteilung der Unverwirklichbarkeit geboten, da ein Plan gerade auf die Änderung der vorhandenen Zustände zugeschnitten sein kann, dazu Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081 f.); Typser, BauR 2001, S. 349 (352). 384
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einen bestehenden Plan außer Kraft treten lassen kann, muß es im Umkehrschluß erst recht das Wirksamwerden eines in Aufstellung befindlichen Planes verhindern. Zur zweiten Fallgruppe der UnVerhältnismäßigkeit führt das Bundesverwaltungsgericht aus, daß nicht jede Verfehlung des mit dem Abwägungsgebot verfolgten Zwecks, einen angemessenen Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen herbeizuführen, das Abwägungsergebnis in Frage stelle. Die Schranken, die der Gestaltungsfreiheit durch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot gezogen würden, seinen vielmehr erst der außer dann überschritten, wenn „die Gemeinde einen Ausgleich trifft, Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht". Die Disproportionalität stelle eine „unmittelbare Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes" dar, so daß eine Gemeinde, die dem zuwiderhandele, sich außerhalb der rechtlich zulässigen Grenzen stelle. 3 8 9 Ein in dieser Weise mangelhafter Plan könne nicht in Kraft treten. Der Planinhalt und damit das Abwägungsergebnis ist somit im eigenen Interesse der Gemeinde anhand des neuen Sachverhaltes und unter Einbeziehung der geltenden Rechtslage bei Inkraftsetzung erneut zu überprüfen. Das zeitliche Moment allein spielt dabei keine Rolle. Es kann aber Indiz für das Vorliegen der Funktionslosigkeit oder der UnVerhältnismäßigkeit sein, 3 9 0 die dem Inkrafttreten entgegenstehen. c) Bewertung der Rechtsprechungsauffassung aa) Die Verdoppelung des Kontrollzeitpunktes für das Abwägungsergebnis Die Verdoppelung der Ergebnisprüfung, die mit dem Wortlaut des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB vereinbar ist, da dieser ausweislich der Gesetzesbegründung als nicht abschließend betrachtet werden muß, ist folgerichtig. Die Kontrolle des Abwägungsvorganges kann denknotwendig nur im Zeitpunkt der Beschlußfassung erfolgen. Da nach der hier vertretenen Abwägungsdogmatik Vorgangs- und Ergebniskontrolle in unmittelbarem Zusammenhang stehen, muß auch das Abwägungsergebnis im Beschlußfassungszeitpunkt geprüft werden. Eine Differenzierung der zeitlichen Anknüpfungspunkte hätte zur Folge, daß es entscheidend darauf ankäme, welche Art von Abwägungsmangel vorliegt. Die genaue Trennung und Zuordnung zu einer Fehlergruppe, die für die Ermittlung des Bezugszeitpunktes unerläßlich wäre, ließe sich jedoch - wie oben dargelegt 391 - kaum 389
BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (209). So nochmals ausdrücklich BVerwG, Beschluß vom 10.11.1998, BauR 1999, S. 375 (376). 391 Vgl. Kap. 4 I I I 2 b. 390
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
durchführen. Zudem trifft es auch zu, daß die bloße Überprüfung des Ergebnisses bei Inkraftsetzung nicht ausreicht, da andernfalls ein Plan in Kraft treten könnte, der zwar zum späteren Zeitpunkt keinen inhaltlichen Bedenken begegnet, der aber eben als solcher kein Ausfluß des Abwägungsvorganges ist, sondern durch zufällige Änderungen in der zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage - ohne Zutun der Gemeinde - unbedenklich wurde. Zu befürworten ist auch das Erfordernis der rechtlichen Unbedenklichkeit des Planinhalts im Zeitpunkt des Inkrafttretens. Zwar ist es richtig, daß ein bereits in Kraft gesetzter Plan nicht allein dadurch nachträglich fehlerhaft und damit nichtig wird, daß der zugrundeliegende Sachverhalt sich anders entwickelt, als dies prognostiziert wurde. Dies hängt mit der besonderen Funktion der Abwägung als Prognoseentscheidung zusammen. Solange sie sachgerecht, d.h. abwägungsfehlerfrei erfolgt ist, führt ein Nichteintritt der vorausgesagten Verhältnisse nicht automatisch zum Geltungsverlust des Planes. 392 Erst bei seinem Funktionsloswerden, das an strengere Anforderungen geknüpft ist, verliert er seine Wirksamkeit. 3 9 3 Etwas anderes muß aus rechtsstaatlichen Gründen heraus dann gelten, wenn der als Rechtssatz ausgekleidete Plan noch nicht in Kraft getreten ist. Nur eine inhaltlich rechtmäßige Norm kann Wirksamkeit erlangen und den Plan verbindlich werden lassen. 394 Sobald bei der werdenden Norm ein Rechtsverstoß, d.h. eine Verletzung höherrangigen Rechts, vorliegt und keine gesetzliche Ausnahme in Form einer Unbeachtlichkeitsregelung vorhanden ist, muß Rechtsfolge die Nichtigkeit bzw. die Unmöglichkeit des Wirksamwerdens sein, da andernfalls sogar unverhältnismäßige Regelungen Geltung erlagen könnten. Veränderungen der zugrundeliegenden Umstände können den Planinhalt vor Inkraftsetzung daher fehlerhaft machen. Der Verdoppelung der Prüfungszeitpunkte liegt letztlich die Doppelstellung des Abwägungsergebnisses zugrunde, das einerseits Endpunkt des Vorganges, andererseits aber auch Norminhalt ist, der in Kraft gesetzt werden muß, und das daher ggf. auch zweifach zu überprüfen ist. 392
BVerwG, Beschluß vom 30.3.1998, NVwZ-RR 1998, S. 711 f., wonach das Abwägungsergebnis nach Inkrafttreten nicht mehr „unter Kontrolle" gehalten werden muß; in dieselbe Richtung Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 44. Ebensowenig kann eine Nichtanpassung an nachträglich aufgestellte Ziele der Raumplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) einen Bauleitplan unwirksam werden lassen, weshalb es besonderer Anpassungsklauseln bedarf, dazu Heigl/Hosch/Höhnberg, Art. 28, Rn. 4. 393 Vgl. zu den Anforderungen der Funktionslosigkeit BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208); Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9 ff.); dazu oben Kap. 4 I 2 c. 394 In dieselbe Richtung Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 14; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 42 f., die zwar davon ausgehen, daß die Abwägung bereits nach Beschlußfassung durch nachträgliche Umstände nicht mangelhaft werden könne, im Gegenzug aber eingestehen, daß ein Inkraftsetzen ohne inhaltliche Änderungen u. U. unzulässig sei.
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Diese Grundsätze finden Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Überleitung von Plänen, die vor Erlaß des BBauG 1960 in Kraft getreten sind. Nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG ( I 9 6 0 ) 3 9 5 galten baurechtliche Vorschriften und städtebauliche Pläne als Bebauungspläne, wenn sie verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthielten. Das Bundesverwaltungsgericht stellte dazu klar, daß derartige Pläne nur dann übergeleitet werden konnten, wenn sie den Anforderungen des im Wesen der rechtsstaatlichen Planung verankerten Abwägungsgebotes entsprachen, wobei es als Bezugspunkt die Situation bei ihrem Erlaß heranzog. 3 9 6 Über die Anforderung, „daß die Abwägung als Vorgang und als Ergebnis im Zeitpunkt des Planerlasses gewissen Mindestanforderungen genügt haben muß", hinaus kam es nach Auffassung des Gerichts aber auch darauf an, „ob eine Vorschrift bzw. ein Plan vom Bundesbaugesetz deshalb nicht übernommen worden ist, weil sein Inhalt als Abwägungsergebnis zur Zeit der Überleitung nicht bebauungsplangemäß war, also zu dieser Zeit nicht durch Bebauungsplan hätte geschaffen werden können, weil er als Interessenausgleich zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis stand". 391 Darin kommen dieselben Grundsätze zum Ausdruck, die bei der nach Beschlußfassung unterbrochenen Planung gelten. bb) Die Beschränkung des Prüfungsumfanges Das Gericht hat den Maßstab für die Unhaltbarkeit des Planinhaltes zu Recht nicht auf die Funktionslosigkeit beschränkt. Anders als bei einmal wirksam in Kraft gesetzten Plänen kann es dem Plangeber aus rechtsstaatlichen Gründen heraus nicht erlaubt sein, einen Plan zu erlassen, dessen Inhalt fehlerhaft abgewogen und daher unverhältnismäßig ist. Wenn es dazu ausführt, „die Schranken, die der planerischen Gestaltungsfreiheit gezogen sind, sind vielmehr erst dann überschritten, wenn die Gemeinde einen Ausgleich trifft, der außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange steht", 39* und sich somit scheinbar nur auf die Fehlergruppe der Ab395
§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG (1960) hatte folgenden Wortlaut: „Bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne gelten als Bebauungspläne, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthalten. " 396 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (68 f.); bestätigt durch Urteil vom 11.5.1973, Buchholz 406.11, § 173 BBauG, Nr. 12, S. 7 (9). Soweit dem Plan ein Abwägungsfehler zugrunde lag, bestand die Möglichkeit einer Änderung oder Ergänzung der Abwägung nach § 173 Abs. 3 Satz 3 BBauG (1960). 397 BVerwG, Urteil vom 20.10.1972, BVerwGE 41, 67 (72), unter Verweis auf das Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309); bestätigt durch Urteil vom 11.5.1973, Buchholz 406.11, § 173 BBauG, Nr. 12, S. 7 (9). 398 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (209).
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wägungsdisproportionalität bezieht, 399 greift dies allerdings zu kurz. Geht man davon aus, daß auch Berücksichtigung und Gewichtung aller erheblichen, schützenswerten und erkennbaren Belange 4 0 0 Gegenstand des § 1 Abs. 6 BauGB sind, können auch Defizite und Fehlgewichtungen zu einem Rechtsverstoß führen. Die Disproportionalität dürfte zwar der Fehler sein, der zumeist aus ergebnisbezogener Sicht erkennbar wird, während die anderen Fehlergruppen aus vorgangsbezogener Betrachtungsweise leichter ermittelt werden können. Gründe für die Ausschließlichkeit derartiger Mängel folgen daraus aber nicht. Soweit ein Belang durch die veränderten Umstände neu hinzugekommen ist, etwa Eigentumsgrundrechte durch die Veräußerung von bisher der öffentlichem Hand gehörenden Grundstücken, kann eine Verletzung des § 1 Abs. 6 BauGB gegeben sein, wenn diese im Planergebnis nicht berücksichtigt wurden. In diesem Falle läge ebenfalls eine „ Verletzung der äußersten Grenzen, die durch höherrangiges Recht gezogen sind", vor, die nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Unhaltbarkeit eines Planinhaltes führt und das Inkraftsetzen verbietet. 401 Schließlich beschränkt sich das Bundesverwaltungsgericht auch zu Recht nicht auf eine Verletzung von Grundrechten, etwa dem Eigentumsgrundrecht. Durch die Abwägung werden auch andere Güter mit Verfassungsrang miteinander in Ausgleich gebracht, zu denken ist nur an den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Wenn die Zuordnung solcher Belange unverhältnismäßig sein sollte, darf der Plan aus rechtsstaatlicher Sicht heraus ebenfalls nicht in Kraft gesetzt werden.
3. Zusammenfassung und Bewertung der planerhaltenden Wirkung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB Der § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB legt nur den allgemeinen Grundsatz fest, wonach für die Überprüfung von Abwägungsvorgang und -ergebnis der Zeitpunkt der Beschlußfassung maßgeblich ist. Ergeben sich bis zum Inkrafttreten des Planes erheblichen Änderungen der Sach- und Rechtslage, die dazu führen, daß ein Abwägungsmangel im Ergebnis vorliegt, ist zusätzlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen, da aus rechtsstaatlichen Gründen heraus ein inhaltlich fehlerhafter Plan nicht in Kraft gesetzt werden darf. Die zweite Prüfung erfaßt nicht den Abwägungsvorgang, der mit Beschlußfassung endet. 4 0 2
399 Zur Definition vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 (309); Urteil vom 5.4.1974, BVerwGE 45, 309 (314 f.), und oben Kap. 4 I 2 d bb. 400 Hinsichtlich der Erkennbarkeit ist dabei notwendigerweise auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens abzustellen. 401 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (209).
. Die
l t e Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
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Insgesamt betrachtet sind spätere Entwicklungen nicht völlig unerheblich, so daß dem § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB keine planerhaltende Wirkung entnommen werden kann. Soweit im Zusammenhang mit dieser Regelung von einer Präklusion 403 die Rede i s t , 4 0 4 kann der falsche Eindruck entstehen, daß ein Einwendungsausschluß stattfindet. Dies ist aber nicht der Fall. Der Planer darf, wie es das Bundesverwaltungsgericht ausdrückt, die Planung „nicht völlig aus den Augen verlieren", 405 sondern muß das Abwägungsergebnis weiter unter rechtlicher Kontrolle halten, bis der Plan erstmalig wirksam in Kraft gesetzt wurde. Die Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB gehört daher nicht zu den Planerhaltungsregelungen. Sie ist vielmehr in engem Zusammenhang mit § 1 Abs. 6 BauGB zu sehen. 406
V. Die relative Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern 1. Inhalt und Rechtsfolgen Die am weitesten reichende Planerhaltungsvorschrift stellt die Anordnung der nach sieben Jahren eintretenden Unbeachtlichkeit von Abwägungsmängeln in § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dar. Sie wurde 1986 neu ins Gesetz aufgenommen und im Rahmen des BauROG durch die Klarstellung „unbeachtlich werden" inhaltlich verändert, um den zuvor bestehende Streit über die Rechtsfolge in der bereits geschilderten Art und Weise zu klären. 4 0 7 Bezüglich der allgemeinen Anforderungen an die Bekanntmachung, den Fristlauf 4 0 8 und die Rügeerhebung gilt das zur relativen Unbeachtlichkeitsregelung für Verfahrens- und Formvorschriften (§215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) Gesagte entsprechend. 409
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Die Unmaßgeblichkeit der zwischenzeitlichen Änderungen für den Vorgang stellt eine Selbstverständlichkeit dar, so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 31.1. 1980, ZfBR 1981, S. 150 (151); Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 37. 403 Zum Begriff und zu den Arten der Präklusion im Verwaltungsrecht Streinz, § 62, Rn. 84 ff. VerwArch 79 (1988), S. 272 (281 ff.), und Wolff/Bachof/Stober, 404 So aber BVerwG, Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 1995, S. 319 (320). 405 BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, BVerwGE 56, 283 (288). 406 So auch Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 14; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 42; Lemmel in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 37; selbst das Bundesverwaltungsgericht räumt den engen Bezug ein, vgl. Beschluß vom 3.7.1995, ZfBR 95, 319 (320), wonach die Vorschrift systematisch und inhaltlich an § 1 Abs. 6 BauGB anknüpfe. 407 Vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30 f.; dazu auch oben Kap. 3 I I I 2 a. 408 Auch bei Änderung des Ursprungsplanes ergeben sich keine Besonderheiten, da die neuerliche Abwägung eine gesonderte Frist in Lauf setzt, so BVerwG, Beschluß vom 11.5.1999, BauR 1999, S. 1136 (1138 f.). 409 Dazu Battis, in: B / K / L , § 215, Rn. 7, und oben Kap. 3 I I I 1 b. 14 Käß
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
Die Regelung in Ziffer 2 hat beachtliche Abwägungsfehler zum Gegenstand, nicht aber sonstige materielle Fehler. 4 1 0 Nachdem der Gesetzgeber, anders als in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, nur allgemein von Mängeln der Abwägung spricht, werden sowohl Fehler im Abwägungsergebnis als auch solche im Abwägungsvorgang erfaßt. Letztere dürfen nicht schon gem. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB absolut unbeachtlich sein. Es muß sich um offensichtliche Verstöße handeln, bei denen die konkrete Möglichkeit eines anderen Ergebnisses besteht. Bei Mängeln im Ergebnis kann die Fehlerhaftigkeit entweder im Zeitpunkt der Beschlußfassung vorgelegen haben oder erst nach diesem Zeitpunkt und vor Inkraftsetzung eingetreten sein. Zudem dürfen die Voraussetzungen der Funktionslosigkeit nicht erfüllt sein, da der Plan dann aufgrund der allgemeinen Grundsätze 411 außer Kraft treten würde und die Unbeachtlichkeitsregelung leerliefe. Ein abwägungsfehlerhafter Plan entfaltet zunächst keine rechtlichen Bindungswirkungen, es besteht lediglich der Rechtsschein der Gültigkeit. Erst nach rügelosem Fristablauf tritt die Wirksamkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erlasses ein, wobei es sich nach der hier vertretenen Auffassung um eine materiell rechtliche Wirkungsweise handelt. Der Plan bleibt aber rechtswidrig. 412
2. Verfassungsrechtliche Bedenken a) Die Vorbehalte in den Gesetzesmaterialien Die Verfassungsmäßigkeit der Unbeachtlichkeitsregelung ist angesichts des materiellen Charakters der von ihr erfaßten Mängel heftig umstritten. 413 Die Bedenken reichen bis in die Entstehungsgeschichte zurück. Der Entwurf des Bundesrates, der erstmalig eine solche Regelung vorsah, 414 wurde 410 BVerwG, Beschluß vom 11.5.1999, BauR 1999, S. 1136 (1138); Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 6; Stüer/Rude, DVB1 2000, S. 312 (321). 411 Vgl. zu diesen BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208); Urteil vom 29.4.1977, BVerwGE 54, 5 (9 ff.), und oben Kap. 4 I 2 c. 412 Zu den Rechtsfolgen siehe auch oben Kap. 3 I I I 2. 413 Für die Unzulässigkeit der relativen Unbeachtlichkeit für Abwägungsfehler Dolde, BauR 1990, S. 1 (8 ff.); Peine, N V w Z 1983, S. 637 (639); ebenso bereits Maurer, in: FS für Bachof, S. 215 (243), und Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (587), die bereits vor Inkrafttreten des BauGB eine Ausdehnung der Unbeachtlichkeitsregelungen auf materielle Mängel abgelehnt haben. Keine verfassungsrechtlichen Zweifel haben V G H Mannheim, Beschluß vom 13.12.1999, VB1BW 2000, S. 394 f; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (264 f.); Gerhardt, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 13; Mainczyk, § 215, Rn. 2; Stelkens, UPR 1987, S. 241 (248). Vgl. zur Auseinandersetzung auch die Nachweise bei Battis, in: B / K / L , Vorb §§ 214-216, Rn. 8, und bei Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 44. 414 BT-Drs. 10/5027, S. 22.
V. Die relative Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern
211
in der Gegenäußerung der Bundesregierung heftig kritisiert. Eine „zeitliche Befristung der Geltendmachung materiell - rechtlicher Fehler von Bebauungsplänen" solle nicht in Betracht gezogen werden, da sie „nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen mindestens bedenklich und rechtspolitisch nicht erwünscht" sei. „Sie würde auch zu einer unangemessenen Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungsrechte der von der Planung Betroffenen führen". 415 In der abschließenden Begründung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 416 wurden diese Einwände mit dem Hinweis, daß der mit der Zeit zunehmende Vertrauensschutz die Unbeachtlichkeit trage, beiseite geschoben. Nachdem Pläne in der Regel nach sieben Jahren umgesetzt würden oder ihre Wirkung sonst spürbar geworden sei, erscheine es zumutbar, die Unbeachtlichkeit nach Ablauf dieses Zeitraumes eintreten zu lassen. b) Fehler im Abwägungsvorgang Die verfassungsrechtlichen Bedenken betreffen bereits den Vorgang der Abwägung. An ihn werden sowohl durch das Rechtsstaatsgebot als auch durch die Grundrechten verfassungsrechtliche Anforderungen gestellt. 417 Der Abwägungsvorgang ist aber nicht Selbstzweck, sondern dient der Findung eines gerechten Ergebnisses. Daher können zur Rechtfertigung der relativen Unbeachtlichkeit die zu § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angestellten Überlegungen nutzbar gemacht werden. Nach einem Zeitraum von immerhin sieben Jahren dürfte seine Bedeutung gegenüber dem Rang der Rechtssicherheit „verblaßt" sein. 4 1 8 Soweit Betroffene ihrer Rügeobliegenheit nicht rechtzeitig nachgekommen sind, verlieren sie ihre Schutzwürdigkeit in gleicher Weise, wie bei der verspäteten Berufung auf Verfahrens- und Formfehler. c) Fehler im Abwägungsergebnis Schärfer tritt die verfassungsrechtliche Problematik bei Fehlern im Abwägungsergebnis zu Tage. Die Abgewogenheit des Planinhaltes war durch die bisher betrachteten Unbeachtlichkeitsklauseln stets unangetastet geblieben. Nunmehr könnten alle Fehler im Abwägungsergebnis bis hin zu unverhältnismäßigen Grundrechtseinschränkungen nach Ablauf der Siebenjahresfrist vom Bürger nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Durch die un415
BT-Drs. 10/5111, S. 16. Βeschlußempfehlung des 16. Ausschusses, BT-Drs. 10/6166, S. 134, 164. 417 BVerwG, Urteil vom 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 (35 f.); vgl. auch oben Kap. 4 I I I 5 a. 418 Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 6. 416
14*
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
eingeschränkte Anwendung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wäre die inhaltliche Fehlerhaftigkeit von Rechtsnormen, die eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellen, der gerichtlichen Kontrolle in erheblichem Umfang entzogen. Trotz der Verletzung (zumindest) des § 1 Abs. 6 BauGB könnte der Plan nur durch die Aufsichtsbehörde beanstandet werden. Die Unbeachtlichkeitsregelung steht daher im Widerstreit zum rechtsstaatlich abgesicherten Grundsatz der Unverbrüchlichkeit des Rechts und stellt zugleich einen Eingriff in den grundrechtlichen Schutzbereich des Art. 14 GG und des Art. 19 Abs. 4 GG dar. Ihre Rechtfertigung kann anders als bei Ziffer 1 nicht ohne weiteres aus dem Überwiegen der Rechtssicherheitsaspekte gewonnen werden. Selbst die Siebenjahresfrist stellt keine Garantie dafür dar, daß die Bevorzugung der für die Erhaltung sprechenden verfassungsrechtlichen Prinzipien nicht unverhältnismäßig ist. Bei den Abwägungsfehlern kann es sich um schwerwiegende Mängel handeln, die unmittelbar den Interessenausgleich betreffen und sich nicht in Anforderungen an die Findung eines gerechten Ergebnisses erschöpfen. Anders als bei formellen Verstößen werden Schwere und Bedeutung der inhaltlichen Fehler auch nicht mit der Zeit stetig abnehmen. Sie können sich im Rahmen der Planverwirklichung sogar noch vergrößern. Der Gedanke der Verwirkung 4 1 9 vermag ebenfalls nicht durchzugreifen, da dieses Institut die Obliegenheit zur Geltendmachung von Rechten voraussetzt. Bei § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ergeben sich Besonderheiten hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Rügelast für den Betroffenen. Anders als bei den beachtlichen Verfahrens- und Formfehlern ist es denkbar, daß Abwägungsmängel für ihn nicht erkennbar sind und daß die Auferlegung einer Rügeobliegenheit deshalb unzumutbar ist. Die Vollständigkeit der Begründungen und Erläuterungen der komplexen Abwägungsprozesse ist gesetzlich nicht gewährleistet, nicht zuletzt deshalb, weil derartige Verstöße gem. §214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich sein können. Weiterhin ist es möglich, daß die durch die Mängel verursachten bodenrechtlichen Spannungen erst zu einem viel späteren Zeitpunkt akut werden. Die Verwirklichung des Planes könnte in Einzelfällen sogar ganz aufgeschoben sein. Bei der Siebenjahresfrist handelt es sich zwar um einen allgemein anerkannten Richtwert für die Planumsetzung, erhebliche Überschreitungen sind in Ausnahmefällen jedoch nicht nur theoretisch vorstellbar, sondern treten in der Praxis auch tatsächlich auf. 4 2 0 Anders als etwa bei Verwaltungsakten ist keineswegs gewährleistet, daß den Betroffenen die Auswirkungen hinreichend vor Augen geführt werden. Zudem fehlt es an den erforderlichen 419 Darauf stützt sich Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 13. 420 Dolde, BauR 1990, S. 1 (8); Lohr., N V w Z 1987, S. 361 (369); Peine, N V w Z 1989, S. 637 (638).
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Ausnahmen für Fälle, in denen ihnen eine Folgenbegrenzung nicht mehr zugemutet werden kann. 4 2 1 Die Parallelen zur materiellen Präklusion, die auch in der Gesetzesbegründung erwähnt wurden, 4 2 2 können die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. 423 Dieses Erhaltungsinstrument hat einen Einwendungsausschluß für diejenigen Betroffenen, die ihre Belange im Aufstellungsverfahren nicht geltend gemacht haben, zum Gegenstand. Eine über die Beteiligung im Aufstellungsverfahren hinausgehende Mitwirkungslast dahingehend, daß eine komplexe Abwägung zu überprüfen wäre und ein Rechtsverlust bei der fehlenden Berufung auf einen Mangel eintrete, wird im Bauplanungsrecht aber nicht statuiert. 424 Die eine materielle Präkludierung tragenden Rechtfertigungsgründe einer umfassenden Sachaufklärung im Aufstellungsverfahren, die im Wege der Amtsermittlung alleine nicht erreicht werden könnte, und der Funktionsfähigkeit von Verwaltung und Justiz 4 2 5 spielen bei der relativen Unbeachtlichkeit gem. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB keine Rolle. Zudem markieren die ausgelegten Unterlagen die Präklusionsgrenzen, da die Mitwirkungslast für den Bürger erkennbar sein muß. 4 2 6 Dies ist bei der relativen Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern aber gerade nicht in jedem Fall gewährleistet. Schließlich wirkt die Präklusion nicht umfassend. Für die Geltendmachung von schweren und offenkundigen Mängeln gibt es keine Präkludierung, 427 so daß eine Ausnahme für Fälle, in denen die Einschränkung des Rechtsschutzes nicht mehr zumutbar ist, gewährleistet w i r d . 4 2 8 Auch die Verweise auf § 93 Abs. 3 BVerfGG, 4 2 9 wonach Verfassungsbeschwerden gegen ein Gesetz oder gegen sonstige Hoheitsakte, gegen die ein 421 Bei der Bestandskraft erfolgt diese Einschränkung über § 44 VwVfG, durch den schwere Fehler im Interesse der Betroffenen stärker sanktioniert werden, dazu Dolde, BauR 1990, S. 1 (7); Schmidt-Aßmann, DVB1 1984, S. 582 (587). 422 BT-Drs. 10/6166, S. 134; in die gleiche Richtung Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb §§ 214-216, Rn. 46, und Mainczyk, § 215, Rn. 2. 423 Ebenso Dolde, BauR 1990, S. 1 (9); Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 5. 424 Dolde, BauR 1990, S. 1 (9). 425 BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82 (114 ff.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 260; Wolff/Bachof/Stober, § 62, Rn. 97; umfassend zur Rechtfertigung Streinz, VerwArch 79 (1988), S. 272 (299 ff.). 426 Streinz, a.a.O., S. 303. 427 BVerwG, Urteil vom 17.7.1980, NJW 1981, S. 363; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. IV, Rn. 261. 428 Weiterhin findet sich etwa in § 75 Abs. 4 VwVfG, wonach ein Planfeststellungsbeschluß nach fünf Jahren außer Kraft tritt, eine zusätzliche Sicherung gegen nicht vollzogene Pläne. 429 Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb §§ 214-216, Rn. 46; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 8.
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
Rechtsweg nicht eröffnet ist, nur binnen eines Jahres seit Inkrafttreten bzw. Erlaß erhoben werden können, sind nicht tragfähig. Durch diese Regelung bleibt die gerichtliche Inzidentkontrolle unberührt. 430 Darin liegt der Unterschied zu den Unbeachtlichkeitsregelungen, bei denen nur die rechtsaufsichtlichen Befugnisse fortbestehen, auf deren Anwendung der Einzelne aber keinen Anspruch hat. Ebenso kann der Einwand, Pläne seien innerhalb von sieben Jahren vollzogen, so daß der Regelung keine große Relevanz zukomme, 4 3 1 nicht überzeugen. Wenn dies der Fall wäre, wäre die Vorschrift überflüssig. Die Berufung auf den Vollzug ist daher in sich widersprüchlich. 432 Allein die Tatsache, daß die hier erwähnten Sonderfälle in der Praxis selten vorkommen, führt nicht zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Unbeachtlichkeit von Fehlern im Abwägungsergebnis. 433 Selbst das Bundesverwaltungsgericht scheint neuerdings verfassungsrechtliche Zweifel zu hegen, nachdem es explizit ausgeführt hat, es dürfe nicht in Abrede gestellt werden, daß „die Befugnis, Inhalt und Schranken des Grundeigentums im Wege der Bauleitplanung festzulegen, unverhältnismäßige Einschränkungen nicht zuläßt" 4 3 4 Die Frage einer verfassungskonformen Auslegung bei Verstoß gegen die im Abwägungsgebot enthaltenen verfassungsrechtlichen Vorgaben wurde allerdings als nicht entscheidungserheblich angesehen und daher offengelassen. 435 Diese Aussagen deuten auf die Anerkennung einer verfassungskonformen Interpretation in Fällen hin, in denen eine nicht mehr gerechtfertigte Grundrechtseinschränkung gegeben ist.
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Morlok, Folgen von Verfahrensfehlern, S. 223; Schmaltz , in: Schrödter, § 215,
Rn. 5. 431 So aber BT-Drs. 10/5111, S. 16; in diese Richtung auch Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 4. 432 Dolde, BauR 1990, S. 1 (8); Peine, N V w Z 1989, S. 637 (638). 433 Ebenso Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (244). 434 BVerwG, Beschluß vom 11.5.1999, BauR 1999, S. 1136 (1139). 435 Der Bay V G H hatte als Vorinstanz in seinem Urteil vom 23.12.1998, NVwZRR 2000, S. 79 (82), ausdrücklich auf die Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit hingewiesen und ausgeführt, daß diese nur in Bezug auf Mängel von gravierendem Gewicht geäußert würden. Solche Mängel seien jedoch weder geltend gemacht noch nach Prüfung der Verfahrensakten ersichtlich, so daß keine Veranlassung bestehe, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
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3. Die verfassungskonforme Auslegung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a) Die Versuche einer einschränkenden Auslegung Für die verfassungskonforme Auslegung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bestehen verschiedene Modelle. Soweit darauf abgestellt wird, daß besonders schwere Fehler nicht erfaßt werden sollen, 4 3 6 ist dies abzulehnen, da die Schwere ein zu unscharfes Unterscheidungskriterium darstellt. 437 Eine derartige Trennung wäre im Hinblick auf die Rechtssicherheit selbst erheblichen Bedenken ausgesetzt. 438 Wenn danach differenziert werden soll, ob gegen das einfachrechtliche Abwägungsgebot oder gegen Art. 14 GG bzw. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen wurde, 4 3 9 gewinnen die Kriterien nur scheinbar an Kontur, da beide Fragen miteinander verknüpft sind. 4 4 0 Die Befugnis zur Grundrechtskonkretisierung und -beschränkung wird gerade durch die ordnungsgemäße Abwägung legitimiert. 4 4 1 Diese Versuche, den § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB einzuschränken, lassen zudem das zeitliche Moment und den Grad der Umsetzung der Planung außer Betracht. Sie wären zu undifferenziert und würden das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Rechtserhaltung zu wenig berücksichtigen. Zudem sprechen Entstehungsgeschichte und Wortlaut, der die äußerste Grenze vorgibt, gegen eine solche Auslegung. Dort finden sich keinerlei Anhaltspunkte für eine derartige Interpretation. 442
436 Peine, N V w Z 1983, S. 637 (639); Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 607. 437 So bereits die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 10/5111, S. 16. 438 Dürr; in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; § 215, Rn. 16; insoweit gilt das zur Wesentlichkeitsprüfung Gesagte entsprechend, vgl. oben Kap. 3 13. 439 Lemmel in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 10; Peine, N V w Z 1989, S. 637 (639); in dieselbe Richtung Bay VGH, Urteil vom 23.12.1998, NVwZ-RR 2000, S. 79 (82). 440 Dolde, BauR 1990, S. 1 (9); ebenso Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 16, der für die Verletzung des Eigentumsgrundrechts nachweist, daß eine abwägungsfehlerhafte Bauleitplanung, die eine Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt, zugleich auch in den Schutzbereich des Art. 14 GG eingreift. Entsprechendes muß für den unverhältnismäßigen Ausgleich von Belangen gelten, der gegen das rechtsstaatlich abgesicherte Verhältnismäßigkeitsgebot verstößt. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellt das Bundesverwaltungsgericht bei § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Un verhältnismäßigkeit des Ausgleiches als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ab, dazu bereits oben Kap. 4 I V 2. 441
Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Vorb § 47, Rn. 13. Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 16; A. Gern/S. Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129). 442
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
Ob die Verfassungswidrigkeit immer durch eine vermehrte Annahme der Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen vermieden werden kann, 4 4 3 so daß diese in Anlehnung an § 44 Abs. 1 VwVfG alle schweren und offenkundigen Fehler erfassen würde, 4 4 4 ist zweifelhaft. Bei Abwägungsmängeln besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen Erkennbarkeit und Schwere des Fehlers. 445 An der Offenkundigkeit könnte es insbesondere bei komplexen Abwägungsentscheidungen fehlen. Die weite Auslegung dieses Außerkrafttretenstatbestandes würde zudem eine erhebliche Rechtsunsicherheit nach sich ziehen. Als weitere Einschränkungsmöglichkeit wird in der Literatur vorgeschlagen, daß die Siebenjahresfrist erst mit der Verwirklichung der Pläne zu laufen beginnen soll. 4 4 6 Diese Auffassung knüpft an die Überlegungen zur Verwirkung und zur Überwälzung der Rügelast an. Ihr kann entgegengehalten werden, daß der zeitliche Ausgangspunkt für den Beginn des Fristlaufes unklar bliebe, da nicht ersichtlich wäre, was als Verwirklichung angesehen werden soll. In der Praxis wäre keine praktikable Grenzziehung möglich, da sich eine Vielzahl von Bebauungsplänen findet, die mehr oder weniger weitgehend vollzogen sind. 4 4 7 Diese Einengung würde außerdem mangels Anhaltspunkten in Wortlaut und Entstehungsgeschichte die Schranken der verfassungskonformen Auslegung sprengen. 448 b) Eigene Auffassung Nachdem eine einschränkende Interpretation nicht mehr vom Wortsinn gedeckt ist, wird § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB teilweise für grundgesetzwidrig gehalten. 449 Um diese Folge zu verhindern, könnte eine teleologische Reduktion in Betracht gezogen werden. Sie ist methodisch gesehen ein Fall der Gesetzeskorrektur und hat zur Voraussetzung, daß das Gesetz gemäß der immanenten Teleologie einer Einschränkung bedarf, die im Wortlaut nicht enthalten i s t . 4 5 0 Der Anwendungsbereich wird dadurch in den proble-
443
So Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 4. In diese Richtung Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 8. 445 Vgl. zur Untauglichkeit der Evidenz als Anhaltspunkt für die Schwere eines Fehlers Morlok, Folgen von Verfahrensfehlem, S. 173 f., und oben Kap. 4 I I I 3 b bb. 446 Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 10; Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 7; in dieselbe Richtung Lohr, N V w Z 1987, S. 361 (369). 447 Dürr, in: Brügelmann, § 215, Rn. 17. 448 Dürr, a.a.O.; A. Gern/S. Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129); dies muß Schmaltz, in: Schrödter, § 215, Rn. 7, selbst einräumen. 449 Dolde, BauR 1990, S. 1 (11); A. Gern/S. Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129); offen gelassen bei Rude, Planreparatur, S. 81. 450 Larenz, Methodenlehre, S. 375 f. 444
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217
matischen Fällen über den Gesetzeswortlaut hinaus eingeengt. Ihre Rechtfertigung findet sie in dem Gebot, die von den Wertungen her erforderlichen Differenzierungen vorzunehmen. 451 Zu fragen ist daher nach dem gesetzlichen Wertungsmodell der Planerhaltungsnormen und danach, ob ihm Differenzierungserfordernisse für die Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern entnommen werden können. Eine generelle Einschränkung für schwere Abwägungsfehler läßt sich den Regelungen der §§ 214 ff. BauGB wohl nicht entnehmen, 452 nicht zuletzt deshalb, weil es an handhabbaren Kriterien fehlt. Allerdings könnten die von der Rechtsprechung zu § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB bzw. zu § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG (1960) entwickelten Grundzüge nutzbar gemacht werden. 4 5 3 Danach ist es dem Plangeber verwehrt, einen Plan in Kraft zu setzen, wenn das Ergebnis - bezogen auf die zu diesem Zeitpunkt zugrundeliegende Sachlage - unverhältnismäßig wäre. Die genannten Regelungen sind ebenfalls über ihren Wortlaut hinaus einschränkend interpretiert worden. 4 5 4 Übertragen auf § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB würde dies bedeuten, daß die Wirksamkeit des Planes nur dann eintreten kann, wenn sein Inhalt nach Ablauf der Siebenjahresfrist keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Dadurch würde verhindert, daß die relative Unbeachtlichkeitsregelung unverhältnismäßigen Eingriffen in Rechte der Betroffenen Vorschub leistet. Der Eintritt der Unbeachtlichkeit stellt zwar kein erneutes Inkrafttreten von Plänen dar. Er wirkt aus Sicht des Bürgers im Ergebnis aber wie ein rückwirkender Erlaß von inhaltlich fehlerhaften Plänen, gegen die er sich nur durch Anregungen an die Kommunalaufsicht „wehren" kann. Es handelt sich um eine gesetzliche Wirksamkeitsanordnung für einen zunächst abwägungsfehlerhaften und daher rechtswidrigen Plan. 4 5 5 Es wäre denkbar gewesen, einen weiteren Akt des Plangebers als zusätzliche Voraussetzung vorzusehen. Für diesen könnte nicht bestritten werden, daß aus verfassungsrechtlichen Gründen heraus entsprechende Ausnahmen wie bei § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB gemacht werden müßten. Daher ist es konsequent, auch die gesetzlich eintretende Rechtsfolge in gleicher Art und Weise zu beschränken. Es kann dem Gesetzgeber ebensowenig wie der Verwaltung gestattet 451
Larenz, Methodenlehre, S. 376. In diese Richtung aber Lohr, N V w Z 1987, S. 361 (369); zu Recht ablehnend A. Gern/S. Schneider, VB1BW 1988, S. 125 (129). 453 Dazu BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (208 f.); Urteil vom 11.5.1973, Buchholz 406.11, § 173 BBauG, Nr. 12, S. 7 (9), und oben Kap. 4 I V 2 c. 454 BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, a.a.O.; Urteil vom 11.5.1973, a.a.O. 455 Aus diesem Grund beginnt die Frist des § 42 Abs. 2 BauGB erst mit Eintritt der Unbeachtlichkeit nach § 215 BauGB zu laufen, dazu BGH, Urteil vom 2.4. 1992, DVB1 1992, S. 1095 (1097); dem folgend Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (263). 452
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4. Kap.: Die Folgenbegrenzung bei Abwägungsfehlern
sein, einen Plan in Kraft zu setzen, der einen unverhältnismäßigen Inhalt hat. Diese teleologische Reduktion kommt für die relative Unbeachtlichkeit von Abwägungsmängeln zu sachgerechten Ergebnissen. Wies der Plan ursprünglich einen Fehler im Ergebnis auf und leidet er mangels Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse weiterhin an diesem Mangel, kommt ein Wirksamwerden nicht in Betracht. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Sach- und Rechtslage nicht verändert hat, weil der Plan nicht umgesetzt wurde. Dann ist durch den bloßen Zeitablauf keine Erhaltung gerechtfertigt. Litt der Plan an ergebnisbezogenen inhaltlichen Mängeln und bestehen diese aufgrund veränderter Umstände, insbesondere der Verwirklichung der Planungen, nicht mehr fort, 4 5 6 ist die Unbeachtlichkeit des Mangels gerechtfertigt. Die Tatsache, daß der Plan innerhalb der Siebenjahresfrist seine Steuerungsfunktion ausüben konnte, ohne daß der Fehler gerügt wurde, rechtfertigt es, den im Ergebnis nunmehr unbedenklichen Plan aufrechtzuerhalten. Gleiches gilt für Abwägungsfehler im Vorgang. Die Unbeachtlichkeit nach sieben Jahren erscheint angemessen, wenn der Plan inhaltlich zu diesem Zeitpunkt nicht zu beanstanden ist. Dadurch kommt die Relativität des Abwägungsvorganges zum Ausdruck. Derartige Fehler verlieren mit zunehmender Zeitdauer ihre Bedeutung. 457 Leidet der Plan zunächst an einem der genannten Abwägungsfehler, später an einem andersartigen ergebnisbezogenen Abwägungsmangel, ist eine Erhaltung nicht gerechtfertigt. Der Plan kann die Interessenlage nicht in einer rechtsstaatlich unbedenklichen Art und Weise lösen. Der Planungsträger tut besser daran, neue Überlegungen zur Zukunftsgestaltung anzustellen. Die Auffassung beantwortet auch die oben aufgeworfene Frage, wann eine Änderung der zugrundeliegenden Sachlage einen Fehler hinfällig machen kann. Bei § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB handelt es sich um Fälle, in denen äußere Umstände, wie z.B. die tatsächliche Umsetzung des Planes, dazu führen, daß die Abwägungsfehler entfallen. 458 Dieser Ansicht kann nicht entgegengehalten werden, sie verursache erneute Rechtsunsicherheit. Zwar mag die Prüfung des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dadurch aufwendiger werden und die Erhaltungswirkung einge456 Zu denken ist etwa an eine fehlende Erschließung des Baugebietes, die später durch die Vornahme entsprechender Maßnahmen behoben wird, oder an die tatsächliche Durchführung der erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen; vgl. zur letztgenannten Fallgruppe auch OVG Berlin, Urteil vom 22.4.1983, N V w Z 1983, S. 416, und oben Kap. 4 I I 3. 457 Dazu bereits oben Kap. 4 V 2 b. 458 Damit wird auch der Einwand ausgeräumt, die bisher herrschende Auffassung zu § 215 Abs. 1 BauGB berücksichtige nicht das Rechtswidrigwerden von Planinhalten in der Schwebezeit, so Rude, Planreparatur, S. 80.
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schränkt sein, dies ist In den meisten Fällen tation wenig ändern. leidet und tatsächlich gen Rüge zu rechnen.
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aber aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. dürfte sich zudem durch die einschränkende InterpreSoweit der Plan an erheblichen Abwägungsmängeln umgesetzt wird, ist in der Regel mit einer rechtzeiti-
Schutzwürdigkeitsüberlegungen stehen dieser Auffassung ebenfalls nicht entgegen. Das Vertrauen in einen Plan, der weiterhin Fehler im Ergebnis aufweist, kann nicht als schützenswert angesehen werden. Diejenigen, die auf die Gültigkeit des Planes vertraut haben, werden bereits durch die allgemeinen Erhaltungsregelungen, wie etwa §§ 47 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. 183 VwGO, und durch die besonderen baurechtlichen Grundsätze geschützt. Schließlich ist es nicht inkonsequent, die Mängel nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB unterschiedlichen Voraussetzungen zu unterwerfen. Damit wird vielmehr sachgerecht nach der Art des Mangels differenziert. Bei der relativen Unbeachtlichkeit für Verfahrens- und Formfehler war die inhaltliche Fehlerfreiheit des Planes ein entscheidender Aspekt für deren Zulässigkeit. Wenn sich in einem solchen Fall die Sachlage vor Ablauf der Jahresfrist ändert und der Plan inhaltlich nicht erneut in Kraft gesetzt werden dürfte, kann dies ebenso hingenommen werden wie bei Plänen, die rechtmäßig in Kraft gesetzt wurden. Die Immunisierung für inhaltliche Änderungen hängt nämlich mit dem Schutz der Abwägung als Prognoseentscheidung zusammen. Soweit sie selbst fehlerfrei erfolgt ist, ist es gerechtfertigt, den Plan keiner erneuten Kontrolle zu unterziehen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen bedarf es somit einer teleologischen Reduktion des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dahingehend, daß die Unbeachtlichkeit nach Ablauf der 7-Jahres-Frist nur dann eintritt, wenn das Abwägungsergebnis zu diesem Zeitpunkt rechtlich unbedenklich ist.
5. Kapitel
Die Folgenbegrenzung bei Verstößen gegen das Entwicklungsgebot
I. Die Anforderungen an die Bebauungsplanung durch das Entwicklungsgebot1 Die letzte Gruppe von Planerhaltungsregelungen hat Verstöße gegen das materiellrechtliche Gebot, 2 Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan der Gemeinde zu entwickeln, zum Inhalt. Das Entwicklungsgebot, das in § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB niedergelegt ist, begrenzt die Gestaltungsfreiheit für die Bebauungsplanung, die sich der Flächennutzungsplanung in gewissem Umfang unterordnen muß. Es hat eine „formelle" und eine „materielle" Seite,3 die auch als Vorgangs- und ergebnisbezogene Komponente gekennzeichnet werden können. 4 Aus ergebnisbezogener Sicht ordnet das Entwicklungsgebot inhaltliche Bindungen für den Bebauungsplan an. Von den Darstellungen des Flächennutzungsplanes sind nur solche Abweichungen zulässig, die die Grundkonzeption unberührt lassen.5 Der sich daraus zwangsläufig ergebende vorgangsbezogene Zusammenhang besteht darin, daß der Erlaß des Flächennutzungsplanes dem Bebauungsplan zeitlich vorangehen muß. Hiervon macht das Gesetz in § 8 Abs. 3 BauGB eine 1
Grundlegend zum Entwicklungsgebot Runkel, ZfBR 1999, S. 298 ff. Zum materiellen Charakter der bezeichneten Mängel Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 10; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 38; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 34; speziell zum materiellrechtlichen Charakter der Mängel des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB Bielenberg,, in: E/Z/B, § 214, Rn. 27, 29. 3 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 28.2.1975, BVerwGE 48, 70 (78 f.); Gierke, in: Brügelmann, § 8, Rn. 137; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, BVerwGE 56, 283 (286). 4 Letztlich hängt diese Trennung mit dem Doppelcharakter der Planung als Prozeß und als Ergebnis zusammen; in diese Richtung auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, a.a.O., und Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 (178), wo zwischen dem Planen als Tätigkeit und dem Plan als solchem unterschieden wird. 5 Ganz herrschende Ansicht, seit BVerwG, Urteil vom 28.2.1975, BVerwGE 48, 70 ff.; vgl. Finkelnburg, in: FS für Weyreuther, S. 111 (114 f.); Hoppe/Grotefels, § 5, Rn. 22 f.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 33; Lohr, in: B / K / L , § 8, Rn. 3; Weyreuther, DÖV 1983, S. 575 (579). 2
II. Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen
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„echte" Ausnahme, wenn es gestattet, beide Pläne parallel aufzustellen (vorzeitig bekannt gemachter Bebauungsplan), und in § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB eine „unechte " Ausnahme, 6 nach der kein Flächennutzungsplan erforderlich ist, wenn der Bebauungsplan für die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung ausreicht (selbständiger Bebauungsplan). Letztere stellt, ebenso wie § 8 Abs. 4 BauGB, der unter der Voraussetzung der dringenden Gründe und der Einhaltung der beabsichtigten Ordnung eine vorzeitige Bebauungsplanerstellung zuläßt (vorzeitiger Bebauungsplan), zugleich auch eine Sonderregelung für die ergebnisbezogene Seite des Entwickeins dar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung schon bald dahingehend spezifiziert, daß es für die nach der Grundvorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu beurteilende Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplanes im wesentlichen nur auf das Ergebnis, also das inhaltliche Abgestimmtsein ankommt. 7 Diese Tendenz setzte sich seither in der Gesetzgebung und der Rechtsprechung fort. 8 Es darf allerdings nicht übersehen werden, daß eine komplette zeitliche Lösung beider Pläne voneinander regelmäßig nicht zulässig ist, so daß auf die formelle Komponente nicht vollständig verzichtet werden kann.
I I . Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen gegen das Entwicklungsgebot 1. Der Inhalt des § 214 Abs. 2 BauGB Nachdem es keine relative Unbeachtlichkeitsregelung für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot gibt, 9 stellt § 214 Abs. 2 BauGB die einzige Fehlerfolgenbegrenzungsregelung dar. 1 0 Dessen vier Alternativen, die die absolute Unbeachtlichkeit anordnen, knüpfen an den Grundtatbestand des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB (§ 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) und an die verschiedenen Aus6
Zu den Bezeichnungen BVerwG, Urteil vom 28.2.1975, a.a.O., S. 78 f. BVerwG, Urteil vom 29.9.1978, BVerwGE 56, 283 (286), unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 28.2.1975, a.a.O.; bestätigt durch Beschluß vom 3.4.1983, BauR 1984, S. 431 (432), und Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 (178 f.). 8 Vgl. dazu Weyreuther, DÖV 1983, S. 575 (579), und die Darstellung bei Gierke, in: Brügelmann, § 8, Rn. 155 ff., der dies unter anderem an der zunehmenden Erweiterung des Parallelverfahrens nachweist. 9 Eine analoge Anwendung des § 215 Abs. 1 BauGB scheidet wegen des Ausnahmecharakters der Regelung und mangels Vorhandenseins einer Regelungslücke aus. Der Gesetzgeber hat bewußt auf eine derartige Vorschrift verzichtet, die im Gesetzgebungsverfahren diskutiert wurde, vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrates zur Einführung des BBauG, BT-Drs. 10/5027, S. 22. 10 Sie beschränkt sich auf derartige Fehler und läßt insbesondere die Abwägungsanforderungen unberührt, dazu Mainczyk, § 214, Rn. 9. 7
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5. Kap.: Folgenbegrenzung bei Verstößen gegen das Entwicklungsgebot
nahmetatbestände (§ 214 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BauGB) an. 1 1 Während Ziffer 1 Fälle betrifft, in denen ein selbständiger Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB oder ein vorzeitiger Bebauungsplan nach § 8 Abs. 4 BauGB zu Unrecht erlassen wurden, erfaßt Ziffer 4 Verstöße gegen das Parallelverfahren des § 8 Abs. 3 BauGB. Schließlich ist es nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, wenn ein Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurde, welcher sich wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers 1 2 nach der Bekanntmachung als nichtig erweist. 13 Der auf den ersten Blick rein kasuistisch erscheinenden Regelung lassen sich folgende Strukturprinzipien entnehmen.
2. Die Systematik der Verstöße gegen das Entwicklungsgebot a) Die Unterteilung in Folgenbegrenzungsregelungen für fehlerhafte Bebauungspläne und Flächennutzungspläne Zunächst können die Alternativen des § 214 Abs. 2 BauGB danach unterschieden werden, ob sie nur Bebauungspläne erfassen oder ob sie auch eine mittelbare Folgenbegrenzungsregelung für Flächennutzungspläne darstellen, indem sie die Nichtigkeitsfolgen begrenzen. Zur zweiten Gruppe wäre § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB zu zählen, bei dem die auf Form- und Verfahrensfehlern beruhende Nichtigkeit eines Flächennutzungsplanes nicht auf den ordnungsgemäß entwickelten Bebauungsplan durchschlägt. Die übrigen Regelungen betreffen demgegenüber nur die Wirksamkeit von Bebauungsplänen. b) Der Ausschluß bewußter Verstöße Wichtiger als obige Differenzierung stellt sich der Ausschluß von bewußten Verletzungen dar, der durch § 214 Abs. 2 BauGB zum Ausdruck kommt. Wie im Zusammenhang mit § 214 Abs. 1 BauGB aufgezeigt, 14 fin11
So auch BVerwG, Beschluß vom 18.12.1992, ZfBR 1992, S. 136 (138); dem folgend Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 10. 12 Zur Abgrenzung, die nach denselben Kriterien wie bei Absatz 1 erfolgt, BVerwG, Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (137); vgl. auch oben Kap. 3 I I 1 b. 13 Die Nichtigkeit kann auch durch die Verletzung landesrechtlicher Vorschriften ausgelöst werden. Der Bund greift dadurch nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder ein, da er nur die Folge des Verstoßes bzw. der sich an sie anschließenden Nichtigkeit für den Bereich des Bauplanungsrechts regelt, so BVerwG, Urteil vom 3.2.1984, BVerwGE 68, 363 (373 f.); zustimmend Gaentzsch, § 214, Rn. 13; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 41; Jäde, in: J/D/W, § 214, 18; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 39.
II. Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen
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det sich mit dem Erfordernis des nicht richtigen „Beurteilens" in § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB die ausdrückliche Einbeziehung eines subjektiven Elementes. 15 Es dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Begrenzung des Instruments auf Irrtümer 16 und schließt nur die Unbeachtlichkeit bei einem wissentlichen Verstoß gegen die jeweiligen Anforderungen aus. Auf ein darüber hinausgehendes Bewußtsein der Ratsmitglieder, eine Ausnahme vom Entwicklungsgebot vorzunehmen, kommt es dagegen nicht an. 1 7 Der Gegenauffassung, 18 nach der sich die Gemeinde mit den Anforderungen an die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplanes bzw. an § 8 Abs. 4 BauGB auseinandergesetzt haben muß, kann nicht gefolgt werden. Zwar wäre ein derart erweitertes subjektives Element mit dem Wortlaut vereinbar, gegen ein solches spricht jedoch neben der Entstehungsgeschichte auch die Tatsache, daß die Anforderungen an das Entwicklungsgebot im wesentlichen am „Entwickeltsein" ausgerichtet sind und nicht an Einzelheiten des Entwikkelns als Vorgang. Deshalb ist eine objektive Einhaltung der Voraussetzungen für die Anerkennung der Unbeachtlichkeit ausreichend, 19 solange kein bewußter Verstoß vorliegt. Diese Grundprinzipien sind auf § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB übertragbar, bei dem sich der zur Nichtigkeit führende formelle Mangel des Flächennutzungsplanes, der dem Bebauungsplan bei der Entwicklung zugrunde lag, erst im Nachhinein „ h e r a u s s t e l l t D e r Gemeinde darf die Fehlerhaftigkeit nicht bewußt gewesen sein, 20 ohne daß
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Vgl. oben Kap. 3 I I 3 a. Die Beurteilung ist nicht im Sinne der Einräumung eines „Beurteilungsspielraumes" auszulegen, was das Bundesverwaltungsgericht im Beschluß vom 18.8. 1982, BVerwGE 66, 116 (119 f.) klargestellt hat; ebenso Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (138); zustimmend Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 31, und Schmaltz. , in: Schrödter, § 214, Rn. 34. 16 Beschluß des 15. Bundestagsausschußes, BT-Drs. 8/2885, S. 45 f.; vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 14.12.1984, N V w Z 1985, S. 745 (747); OVG Koblenz, Urteil vom 14.11.1984, N V w Z 1985, S. 501 f. 17 Grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.12.1984, a.a.O.; ebenso Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (138); zustimmend Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 10; § 16, Rn. 39; Jäde, in: J/ Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 16 f.; Hoppe/Grotefels, D/W, § 214, Rn. 15; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 31; Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 35; Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 423. 18 Dolde, NJW 1986, S. 815 (821), m.w.N. zur früheren Rechtsprechung; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 33; Gelzer/Birk, Rn. 472. 19 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1991, ZfBR 1992, S. 136 (138). Aus demselben Grund stellt die Rechtsprechung auch die Fälle des fehlenden Flächennutzungsplanes (§214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) mit denen des unerkannt nichtigen Planes gleich, dazu ausführlich BVerwG, Beschluß vom 18.12.1991, a.a.O.; zustimmend Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 10, und Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 32; a.A. Gierke , in: Brügelmann, § 8, Rn. 192, und Schmaltz , in: Schrödter, § 214, Rn. 36, die die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts unter Berufung auf die veränderte Abwägungssituation ablehnen. 15
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5. Kap.: Folgenbegrenzung bei Verstößen gegen das Entwicklungsgebot
weitere subjektive Voraussetzungen erforderlich sind. Aus allgemeinen Grundsätzen heraus ist auch bei § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, der kein subjektives Tatbestandsmerkmal enthält, davon auszugehen, daß ein bewußtes Hinwegsetzen über den Flächennutzungsplan nicht erfaßt wird, im übrigen aber keine Subjektivierung der Voraussetzungen erfolgt. 21 Für den ebenfalls rein objektiv gefaßten § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB kann nichts anderes gelten, nachdem anerkannt ist, daß trotz des Verstoßes eine inhaltliche Abstimmung gewollt sein muß. 2 2 Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß allen Unbeachtlichkeitsklauseln des § 214 Abs. 2 BauGB gemein ist, daß sie bei bewußten Verstößen unanwendbar sind. 23 Darüber hinaus stellen sie keine besonderen subjektiven Anforderungen für den Eintritt der Folgenbegrenzung auf. c) Die geordnete städtebauliche Entwicklung
als inhaltliche Grenze
aa) Die ausdrückliche Anordnung in § 214 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BauGB Die Unbeachtlichkeitsklauseln in § 214 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BauGB, die Verstöße gegen die Ausgangsregelung des Entwicklungsgebotes in § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB und gegen das Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB betreffen, stehen unter der ausdrücklichen Prämisse, daß die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt werden darf. Dieses Merkmal hängt nur mittelbar mit der Erforderlichkeit der Bauleitpläne für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB zusammen. 24 Während es beim Entwickeln um die konkreten inhaltlichen Planvorgaben durch den 20
V G H Mannheim, Urteil vom 17.10.1989, BauR 1990, S. 325 (326); Battis, a.a.O., Rn. 12; Bielenberg, in: E/Z/B, §214, Rn. 28; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 41; Lemmel, a.a.O., § 214, Rn. 34. 21 Ausführlich dazu Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 23; Lemmel, a.a.O., Rn. 33; Runkel, ZfBR 1999, S. 298 (302); gegen die Unbeachtlichkeit bei bewußten Verstößen auch Battis, a.a.O., Rn. 11, der die Begrenzung dem Tatbestandsmerkmal „hinsichtlich des Entwickeins" entnimmt. 22 BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 (177); Lemmel, a.a.O., Rn. 35. 23 Ausreichend ist dabei das Vorliegen von Anhaltspunkten für einen bewußten Verstoß, dazu Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 17. Keinesfalls darf eine Motivforschung stattfinden, was nicht nur ein Vergleich mit § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ergibt, sondern auch aus allgemeinen Grundsätzen folgt, vgl. dazu oben Kap. 4 I I I 3 c. 24 Zur Unterscheidung BVerwG, Urteil vom 14.12.1984, N V w Z 1985, S. 745 (747); mißverständlich dagegen Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 29, wenn er davon ausgehen will, die Regelung weise im Verhältnis zu § 1 Abs. 3 BauGB nur Klarstellungsfunktion auf.
II. Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen
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Flächennutzungsplan geht, betrifft das Erforderlichkeitsgebot die Frage nach der Rechtfertigung der Bauleitplanung überhaupt. Wie diese Voraussetzung in § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu verstehen ist, blieb lange Zeit unklar. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 26.2.1999 25 der bereits zuvor herrschenden Auffassung angeschlossen.26 Es zieht aus dem durch den Wortlaut deutlich werdenden Unterschied zwischen der Verletzung des Entwicklungsgebotes und der Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung die Schlußfolgerung, daß beide einen jeweils anderen Bezug aufweisen. Während sich der Verstoß gegen das Entwicklungsgebot zunächst nur nach der Konzeption des Flächennutzungsplanes für den engeren Bereich des Bebauungsplanes richtet, ist für die Beurteilung einer Verletzung der geordneten städtebaulichen Entwicklung das gesamte Gemeindegebiet oder zumindest ein über den Bebauungsplan hinausgehender Ortsteil als Maßstab heranzuziehen. 27 Der Verstoß gegen das Grundkonzept des Flächennutzungsplanes ist somit unbeachtlich, wenn er sich nur auf die Darstellungen für das Gebiet des Bebauungsplanes beschränkt. Kommt ihm dagegen ein darüber hinausgehendes Gewicht zu, so daß der Flächennutzungsplan durch die Abweichung seine Bedeutung als Steuerungselement der städtebaulichen Planung im wesentlichen verliert, führt der Mangel zur Nichtigkeit. Ob das Merkmal der Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung in § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB in gleicher Weise ausgelegt werden kann, ist weiterhin umstritten. Zum einen ist diese Tatbestandsvoraussetzung anders als in Ziffer 2 nicht ausdrücklich auf den Flächennutzungsplan bezogen, zum anderen treten Unklarheiten aufgrund der unterschiedlichen zeitlichen Bezugspunkte auf. Die Problematik ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber die Folgenbegrenzungsvorschrift für Verstöße gegen das Parallelverfahren des § 8 Abs. 3 BauGB, das die vorgangsbezogene Seite des Entwicklungsgebotes betrifft, durch das Erfordernis der geordneten städtebaulichen Entwicklung, also ein ergebnisbezogenes Kriterium, begrenzt hat. Für die Beantwortung der Frage, welche Anforderungen an die Ausschlußklausel in § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB gestellt werden müssen, ist zunächst die Art der Fehler zu ermitteln, die von ihr erfaßt werden. Es besteht Einigkeit darüber, daß die Regelung nur einschlägig ist, wenn zwischen beiden Stufen der Bauleitplanung 25 N V w Z 2000, S. 197 f.; ebenso OVG Münster, Urteil vom 30.6.1999, BauR 2000, S. 358 (359). 26 V G H Kassel, Urteil vom 8.9.1986, N V w Z 1988, S. 541 (542); Urteil vom 4.6.1987, BRS 47, Nr. 20; Beschluß vom 24.1.1989, NVwZ-RR 1989, S. 609 (610); Battis , in: B / K / L , § 214, Rn. 11; Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 24, m.w.N.; Jäde, in: J/D/W, § 214, Rn. 17; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 33; nur für § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB bejaht von Dürr, in: Brügelmann § 214, Rn. 37. 27 BVerwG, Urteil vom 26.2.1999, N V w Z 2000, S. 197 (198); zustimmend Runkel, ZfBR 1999, S. 298 (301).
15 Käß
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ein angemessener zeitlicher Zusammenhang besteht, der die inhaltliche Abstimmung, die gewollt sein muß, 2 8 erst ermöglicht. Andernfalls kann nicht von einem Parallelverfahren gesprochen werden. 29 Wird daher erst nach Erlaß des Bebauungsplanes mit der Aufstellung bzw. Änderung des Flächennutzungsplanes begonnen, liegt kein unbeachtlicher Mangel mehr vor. Auf der anderen Seite muß gegen § 8 Abs. 3 BauGB verstoßen worden sein. Nachdem diese Vorschrift im Vergleich zu § 8 Abs. 3 BBauG (1979) weitgehend gelockert wurde, die gleichzeitige Bekanntmachung beider Pläne ist nicht mehr erforderlich, sondern lediglich die Planreife des Flächennutzungsplanes, ist der Anwendungsbereich der Erhaltungsregelung in weiten Teilen entfallen. Im Ergebnis werden daher nur Fälle der fehlenden Planreife der Flächennutzungsplanung von § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB erfaßt. 30 Ausgehend davon ist das Begrenzungskriterium der geordneten städtebaulichen Entwicklung zu bestimmen. Fraglich ist dabei, wie ein noch nicht planreifer Flächennutzungsplan als Maßstab herangezogen werden kann. Eine Auffassung geht davon aus, daß die Übereinstimmung noch bei Erlaß des Flächennutzungsplanes vorliegen muß 3 1 und befürwortet damit eine nachträgliche Prüfung. Dies erscheint problematisch, da die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplanes nur im Zeitpunkt seines Inkrafttretens beurteilt werden kann. 3 2 Andernfalls läge eine Sonderform des ergänzenden Verfahrens und damit eine echte Heilung vor, da durch bestimmte Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Fehler im Bebauungsplan nachträglich behoben werden könnte. Dies würde der Systematik der Unbeachtlichkeitsklauseln widersprechen. Eine andere Ansicht will die Frage abstrakt danach beantworten, ob die geordnete städtebauliche Entwicklung mit den Grundsätzen des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB zu vereinbaren ist. 3 3 Dem kann entgegengehalten werden, daß diese Grundsätze an anderer Stelle und nicht im Zusammenhang mit dem Entwicklungsgebot zu prüfen sind. Die Abgewogenheit der Planung muß umfassend verstanden werden, so daß auch Belange außerhalb des eigentlichen Planungsgebietes eine Rolle spielen. Nach einer dritten Meinung soll der vorhandene Stand der Flächennutzungsplanung als Maßstab herangezogen werden. Ein Beeinträchtigung der städtebaulichen 28
Zum Ausschluß bei bewußten Verstößen siehe oben Kap. 5 I I 2 b. BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 (177); V G H Mannheim, Beschluß vom 24.10.1991, BRS 52, Nr. 29; Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 40; Gaentzsch, § 214, Rn. 14; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 35; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 41. 30 Battis, in: B / K / L , § 214, Rn. 13; Bielenberg, in: E/Z/B, § 214, Rn. 33; Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 41. 31 Battis, a.a.O.; Bielenberg, a.a.O., § 214, Rn. 33; Dolde, BauR 1990, S. 1 (5); Geizer/Birk, Rn. 83; Hoppe/Grotefels, § 16, Rn. 42. 32 Insofern zutreffend Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 41. 33 Dürr, a.a.O. 29
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Entwicklung sei nicht gegeben, wenn trotz des Fehlens der Planreife insgesamt die „Problembereiche" des Flächennutzungsplanes keine Rückwirkungen auf den Bebauungsplan haben könnten. 34 Soweit diese Frage noch nicht beantwortbar sei, da die Flächennutzungsplanung keine hinreichenden Grundzüge erkennen lasse, solle bereits kein Parallelverfahren gegeben sein. Dieser Auffassung ist der Vorzug zu geben. Zwar engt sie den Anwendungsbereich der Fehlerfolgenbegrenzung stark ein, dies entspricht aber der Absicht des Gesetzgebers. Schließlich hat er bei Erlaß des Baugesetzbuches mit der Erweiterung des Parallelverfahrens in § 8 Abs. 3 BauGB zugleich das Merkmal der Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung in § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB in das Gesetz aufgenommen und dadurch eine Kompensation geschaffen. 35 In der Gesetzesbegründung 36 findet sich dazu zwar nur der knappe Hinweis auf die zu begrüßende Grundsatzrechtsprechung. 37 Diese hat aber gerade das Prinzip des zeitlichen Zusammenhanges und der gezielten inhaltlichen Abstimmung trotz verspäteter Flächennutzungsplanung betont und nicht die bloße nachträgliche Übereinstimmung genügen lassen, 38 so daß die Materialien eher gegen eine nachträgliche inhaltliche Prüfung sprechen. Für die hier vertretene Ansicht kann der Wortlaut herangezogen werden. In Ziffer 2 bildet die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung den Maßstab, in Ziffer 4 dagegen nur allgemein die geordnete städtebauliche Entwicklung. Daher spricht alles dafür, daß nicht der später in Kraft getretene Flächennutzungsplan, sondern nur sein bei Inkraftsetzung des Bebauungsplanes erkennbarer Entwicklungsstand heranzuziehen ist. bb) Die Bindung an die geordnete städtebauliche Entwicklung in § 214 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BauGB Das Erfordernis, die Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplanes einzuhalten, besteht grundsätzlich auch in den anderen Alternativen. Bei § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB konnte der Gesetzgeber auf das Merkmal der geordneten städtebaulichen Entwicklung verzichten, da der Bebauungsplan in die34
Bay VGH, Urteil vom 11.11.1998, NuR 1999, S. 391 (392 f.); Schmaltz, in: Schrödter, § 214, Rn. 42. 35 Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 162. 36 Vgl. BT-Drs. 10/6166, S. 134. 37 Vgl. dazu insbesondere BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 ff. 38 BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, a.a.O., S. 179, wonach das Parallelverfahren vom zeitlichen Zusammenhang und der gezielten Abstimmung geprägt wird, eine zufällige inhaltliche Übereinstimmung dagegen nicht ausreicht. 15*
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sen Fällen aus einem materiell nicht zu beanstandenden Flächennutzungsplan korrekt entwickelt wurde. 39 Somit ist die Voraussetzung, daß die Vorgaben für die geordnete städtebauliche Entwicklung eingehalten wurden, in dieser Alternative stets erfüllt. Bei § 214 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BauGB folgt dies mittelbar daraus, daß bei der Verletzung der Regelungen über den vorzeitigen Bebauungsplanung nur ein Merkmal des § 8 Abs. 4 BauGB von der Unbeachtlichkeit erfaßt wird, das Vorliegen von dringenden Gründen. Das Erfordernis, daß der Bauleitplan der geordneten städtebauliche Entwicklung nicht entgegenstehen wird, bleibt dagegen unberührt. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut. Daß es sich dabei nur um eine Prognoseentscheidung handelt, die anhand besonderer Maßstäbe auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden muß, 4 0 stellt eine Besonderheit des § 8 Abs. 4 BauGB dar und hat auf die Erhaltungsregelung keine Auswirkungen. Einzig in der ersten Alternative des § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, der irrtumsbedingt fehlerhaften Annahme, der Bebauungsplan sei für die Ordnung der städtebauliche Entwicklung ausreichend, konnte auf die Voraussetzung verzichtet werden. In dieser Fallgruppe legt der Bebauungsplan selbst die städtebauliche Ordnung für das gesamte Gemeindegebiet fest, da es aufgrund der fehlerhaften Beurteilung keinen Flächennutzungsplan gibt. Das Problem der Vorgabe von Maßstäben stellt sich nicht. Folglich muß die städtebaulichen Ordnung für die gesamte Gemeinde bzw. für die über den Bebauungsplan hinausreichenden Ortsteile, soweit sie vorgegeben wird, in allen Alternativen des § 214 Abs. 2 BauGB gewahrt sein.
3. Die Beschränkung der Wirkungen auf die unmittelbar genannten Fehler Die Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 Abs. 2 BauGB gilt ausschließlich für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot und entfaltet keine mittelbaren Folge Wirkungen. 41 Die Auffassung des OVG Münster, das dem § 214 Abs. 2 BauGB eine Art „generelle Regelung" entnehmen will, nach der in 39 Vgl. Dürr, in: Brügelmann, § 214, Rn. 40, und Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 214, Rn. 34, die allerdings die Kombination der Ziffern 2 und 3 für zulässig erachten. Dadurch wäre das Merkmal der geordneten städtebaulichen Entwicklung über Ziffer 2 aber ebenfalls zu beachten. 40 Dazu Lemmel, a.a.O., Rn. 30. 41 Gleiches gilt für § 214 Abs. 1 BauGB, vgl. dazu oben Kap. 3 I I 2 a bb. Eine Ausnahme stellt allenfalls Ziffer 3 dar, wenn man die Regelung als Begrenzungsregelung für mittelbare Folgen der Verfahrens- und Formfehler von Flächennutzungsplänen ansieht.
II. Die absolute Unbeachtlichkeit von Verstößen
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ihrem „gesamten Bereich" die jeweiligen Mängel unbeachtlich sind, 42 ist abzulehnen. Der in einem obiter dictum geäußerten Rechtsauffassung lag eine Verletzung des § 2 Abs. 6 BauGBMaßnG 43 zugrunde, der Ausnahmen von der früher bestehenden Anzeigepflicht von Bebauungsplänen gemäß § 1 1 BauGB (1986) bei dringendem Wohnbedarf und bei gleichzeitiger Entwicklung des Planes aus dem Flächennutzungsplan nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB (1986) zuließ. An letzterer fehlte es im zu entscheidenden Fall. Das Gericht argumentierte mit dem Rechtsgedanken des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB und kam zum Schluß, „daß auch in dem hier vorliegenden Kontext, in dem es um die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans im Hinblick auf die Beachtung von Formerfordernissen (des § 2 Abs. 6 BauGBMaßnG) geht, nach der Regelung des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu verfahren ist und etwaige Bedenken hinsichtlich des Entwickeins aus dem Flächennutzungsplan in dem dieser Vorschrift umschriebenen Umfang damit ohne Relevanz sind". Dabei verkennt es den Unterschied zwischen formellen und materiellen Erfordernissen und vermengt Unbeachtlichkeitsregelungen formeller und materieller Art, ohne den ihnen zugrundeliegenden Sinn und Zweck zu beachten. Die Regelung des § 2 Abs. 6 BauGBMaßnG stellte eine Verfahrensvorschrift dar, die lediglich ein materielles Erfordernis - das Entwicklungsgebot - als Tatbestandsvoraussetzung beinhaltete. Die Beachtlichkeit einer Verletzung beurteilte sich daher ausschließlich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB (1986) bzw. nach der damaligen Parallelvorschrift des § 9 BauGBMaßnG, wonach Verstöße gegen das Anzeigeverfahren beachtlich waren. Wäre der formelle Fehler, den Plan nicht angezeigt zu haben, von § 214 Abs. 2 BauGB (1986) mit umfaßt worden, stünde diese Planerhaltungsregelung im Widerspruch zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 (i.d.F. von 1986). Je nachdem, ob man auf die mittelbaren Folgen von Verstößen gegen das Entwicklungsgebot oder auf die unmittelbaren Folgen einer Verletzung der Anzeigepflicht abstellte, läge Unbeachtlichkeit bzw. Beachtlichkeit vor. Ein befriedigendes Ergebnis läßt sich nur durch die Begrenzung auf die in den Unbeachtlichkeitsregelungen unmittelbar genannten Fehler erzielen. 44 Aus den selben Gründen kann auch die Auffassung nicht überzeugen, die einen Verstoß gegen die Genehmigungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 42
Urteil vom 28.7.1999, NVwZ-RR 2000, S. 573 (575). § 2 Abs. 6 BauGBMaßnG hatte folgenden Wortlaut: „Bebauungspläne, die der Deckung eines dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung dienen sollen und die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Baugesetzbuchs aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden sind, sind der höheren Verwaltungsbehörde nicht nach §11 Abs. 1 Halbsatz 2 des Baugesetzbuchs anzuzeigen. Die Gemeinde hat ortsüblich bekanntzumachen, daß ein Bebauungsplan beschlossen worden ist; §12 Satz 2 bis 5 des Baugesetzbuches ist anzuwenden. " 44 Ebenso Bay VGH, Urteil vom 16.5.1997, NVwZ-RR 1998, S. 550 f. 43
230
5. Kap.: Folgenbegrenzung bei Verstößen gegen das Entwicklungsgebot
BauGB von § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erfassen w i l l . 4 5 Würde man dem folgen, stünde die Regelung des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB im Widerspruch zu § 214 Abs. 2 BauGB. Gegen die hier vertretene Ansicht kann nicht eingewendet werden, daß die Erhaltungsregelung für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot ins Leere laufen würde. Zwar werden in Fällen des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB häufig zugleich Verstöße gegen die Genehmigungspflicht des § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorliegen, die nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB beachtlich sind. Diese können aber durch Nachholung der Genehmigung geheilt werden. Gäbe es die Unbeachtlichkeitsregelung des § 214 Abs. 2 BauGB nicht, wäre darüber hinaus eine Behebung des materiellen Mangels erforderlich, die eine Wiederholung von weiteren Planungsschritten erfordern würde.
III. Verfassungsrechtliche Bewertung Die Unbeachtlichkeit nach § 214 Abs. 2 BauGB erscheint aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich, 46 nachdem sie keine grundgesetzlich geschützten Mindestanforderungen berührt und die Voraussetzungen für eine gerechte Abwägung auf der jeweiligen Stufe unangetastet läßt. Ungeachtet seines materiellrechtlichen Charakters ist das Entwicklungsgebot lediglich Ausdruck der Konkretisierung von planerischen Vorstellungen. Der Flächennutzungsplan stellt keine rechtssatzmäßige Grundlage für den Bebauungsplan dar, sondern gibt einen planerischen Rahmen vor. 4 7 Bei Verstößen werden dementsprechend auch keine rechtsstaatlichen Fragen, sondern solche der städtebaulichen Ordnung aufgeworfen. Nachdem die Wahrung der geordneten städtebaulichen Gesamtentwicklung gewährleistet ist, erscheint es zulässig, weniger schwere Verstöße sanktionslos zu stellen.
45
Runkel, ZfBR 1999, S. 298 (302). Bielenberg, in: E/Z/B, Vorb. §§ 214-216, Rn. 45; Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (259), m.w.N.; Softer, ZfBR 1979, S. 191 (193). 47 BVerwG, Beschluß vom 3.10.1984, BVerwGE 70, 171 (176). 46
6. Kapitel
Die Heilungsinstrumente I. Die allgemeinen Heilungsinstrumente Die Heilungsinstrumente wurden im wesentlichen durch die Rechtsprechung entwickelt und fortgeschrieben. Der Gesetzgeber verzichtete vor Erlaß des BauROG sowohl auf Erweiterungen als auch auf eine umfassende Normierung und erließ lediglich partielle Regelungen in der Absicht, strittige Fragen klarzustellen.
1. Das Fehler korrekturverfahren bei formellen Mängeln Für formelle Mängel bei der Bekanntmachung hat das Bundesverwaltungsgericht erstmals in seinem Beschluß vom 12.12.19751 die Heilungsmöglichkeit für Bauleitpläne nach dem BBauG (1960), das noch keinerlei Vorschriften über Planerhaltung bzw. Fehlerbehebung enthielt, bestätigt. Den Entscheidungen verschiedener Oberverwaltungsgerichte folgend 2 stellte es fest, daß ein formeller Mangel durch bloße Wiederholung der Verfahrensteile ab dem mangelbehafteten Schritt, also der fehlerhaften Verkündung, behoben werden könne und daß es keiner erneuten Durchführung des gesamten Aufstellungsverfahrens bedürfe. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist in der vereinfachten Planerstellung zu sehen. Die Zulässigkeit des - später so bezeichneten - Fehlerkorrekturverfahrens 3 für alle Arten von Verfahrens- und Formfehlern wurde seither in ständiger Rechtsprechung bestätigt. 4 1
BRS 29, Nr. 14. Zu Satzungsbeschlüssen allgemein V G H Mannheim, Beschluß vom 11.8.1961, ESVGH 11, 106 (110 f.); zur Bekanntmachung einer Satzung trotz fehlender Genehmigung der Aufsichtsbehörde V G H Kassel, Urteil vom 13.1.1961, ESVGH 11, 111, (Heilung einer Satzung nach Verfahrensfehler durch Verfahrens Wiederholung ab dem fehlerhaften Verfahrensschritt); zu Bebauungsplänen im besonderen V G H Mannheim, Beschluß vom 9.11.1966, ESVGH 17, 118 (122), (formelle Fehler bei Aufstellung von Bebauungsplänen); zur neueren Rechtslage Gerhardt, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 47, Rn. 96. 3 BVerwG, Beschluß vom 18.12.1995, ZfBR 1996, S. 163 (164); es findet sich auch die Bezeichnung Fehlerbehebungsverfahren, vgl. Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 159. 2
232
6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
Einer solchen Verfahrenswiederholung ab Fehlereintritt stehen weder die Normen über das Aufstellungsverfahren noch das hinter diesen stehende Rechtsstaatsprinzip entgegen. Es handelt sich dabei nur um die Wiederaufnahme der quasi unterbrochenen Planungstätigkeit. Die nachträgliche Veränderung der zugrundeliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die als Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses und nicht als Problem der Planreparatur angesehen werden muß, 5 setzt der Fehlerbehebung Grenzen. Hierfür gelten die allgemeinen Grundsätze für die Zulässigkeit der Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens. 6 Kommt es zu inhaltlichen Änderungen des Planes, ist zu beachten, daß aufgrund der allgemeinen gesetzlichen Verfahrensregelungen 7 eine Wiederholung von Verfahrensteilen, insbesondere der Bürgerbeteiligung, der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Beschlußfassung, erforderlich wird. 8
2. Die Ermächtigung zur rückwirkenden Inkraftsetzung bei Verfahrens- und Formfehlern a) Das Bundesbaugesetz i.d.F. von 1976 und 1979 Im BBauG von 1976 fand sich keine Festschreibung des Fehlerkorrekturverfahrens. Gleiches gilt für die Gesetzesfassung von 1979. In § 155 a Abs. 5 BBauG (1979) 9 war dafür erstmals eine Rückwirkungsklausel enthalten. Sie ermächtigte die Gemeinden bei Behebung eines Verstoßes gegen 4
BVerwG, Beschluß vom 6.8.1992, ZfBR 1992, S. 292, für beschlossene und bekanntgemachte Satzungen bei Bekanntmachungsfehlem; Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266 ff., und Beschluß vom 18.12.1995, a.a.O., für später geänderte Bebauungspläne; siehe auch BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207); V G H Mannheim, Beschluß vom 22.3.1995, BRS 57, Nr. 31; zustimmend Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 21; Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 171; Gassner, BauR 1993, S. 33 ff.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 20; vMutius/Hill, S. 45, m.w.N.; Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (163); Sößer, ZfBR 1981, 60 (62), m.w.N.; Tittel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155a, Rn. 8; zur Geltung des Grundsatzes im allgemeinen Kommunalrecht Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtssetzung, S. 20. 5 Dazu BVerwG, Beschluß vom 12.12.1975, BRS 29, Nr. 14. 6 Vgl. BVerwG, Beschluß vom 23.6.1992, N V w Z 1993, S. 361; Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (209), und oben Kap. 4 I V 2; danach darf der Inhalt nicht funktionslos und nicht unvertretbar geworden sein. 7 Siehe nunmehr § 3 Abs. 3 BauGB und § 4 Abs. 4 BauGB; dazu auch Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 11. 8 BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 (333); OVG Lüneburg, Urteil vom 10.1.1980, DVB1 1981, S. 241 f.; vgl. in der Literatur Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 21; Gassner, BauR 1993, S. 33 (34); Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 20. 9 Zum Wortlaut vgl. Anhang.
I. Die allgemeinen Heilungsinstrumente
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Verfahrens- oder Formvorschriften des BBauG oder des Landesrechts die Satzung oder den Flächennutzungsplan rückwirkend in Kraft zu setzen. Damit wollte der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung zuvor offengelassene Frage, 10 ob nach der Heilung formeller Fehler ein rückwirkender Erlaß zulässig sei, klären. Von einer ausdrücklichen Begrenzung auf Fälle, in denen der Plan mit dem bisherigen Inhalt erneut beschlossen werden darf, wurde abgesehen, da das besondere Verbot, Planinhalte mit Rückwirkung aufzustellen bzw. zu ändern, nach Ansicht des Gesetzgebers eine Selbstverständlichkeit darstellt. 11 Die Regelung enthielt zudem keine Aussagen über das anzuwendende Verfahren. Es wurde aber im Ergebnis das Fehlerkorrekturverfahren vorausgesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte dies in seinem Urteil vom 5.12.1986 ausdrücklich klar. 1 2 Selbst bei rückwirkender Inkraftsetzung seien keine besonderen Verfahrensschritte erforderlich, nachdem der Plan inhaltlich nicht zur Disposition stehe. b) Die Neuerungen durch das Baugesetzbuch von 1986 Eine gesetzliche Ausformung fanden die Grundsätze der Fehlerkorrektur in § 215 Abs. 3 Satz 1 HS. 2 BauGB (1986) 13 . Laut Begründung des Regierungsentwurfes sollte damit „das Verfahren der nachträglichen Heilung klargestellt werden" 14. Satzungen oder Flächennutzungspläne konnten durch Wiederholung des fehlerhaften Teils und der nachfolgenden Verfahrensschritte in Kraft gesetzt werden. Von der Regelung wurden wegen der Bezugnahme auf den ersten Halbsatz nur Verfahrens- und Formfehler nach Landesrecht und beachtliche Fehler i.S. des § 214 Abs. 1 BauGB (1986) erfaßt. Eine ausdrücklich gesetzliche Erweiterung des Instituts auf materielle Fehler fand nicht statt. Die Rückwirkungsklausel wurde in § 215 Abs. 3 Satz 2 BauGB (1986) neu gefaßt, wo klargestellt wurde, daß sowohl eine ex-tunc als auch eine 10 BVerwG, Urteil vom 23.5.75, Buchholz 406.11, § 12 BauGB, Nr. 8; anders die Entscheidungen zu Erschließungsbeitragssatzungen, wo dies bejaht wurde, BVerwG, Urteil vom 20.1.1978, Buchholz 406.11, § 132 BBauG, Nr. 27, S. 28 (30); dazu auch Tutel, in: Schlichter/Stich/Tittel, 3. Aufl., § 155 a, Rn. 8; zur neueren Rechtsprechung, wonach die Nachfolgeregelung des § 215 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur klarstellend zum Ausdruck bringt, was sich aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen ergibt, BVerwG, Beschluß vom 23.6.1992, N V w Z 1993, S. 361, m.w.N.; ebenso Weyreuther, DÖV 1980, S. 389 (390). 11 Bericht des 15. Ausschusses, BT-Drs. 8/2885, S. 18, 45; vgl. auch den ursprünglichen Enwurf der Bundesregierung, der eine entsprechende Klausel vorsah, BT-Drs. 8/2451, S. 32; dazu auch oben Kap. 4 I I 1. 12 BVerwGE 75, 262 ff. 13 Zum Wortlaut vgl. Anhang. 14 BT-Drs. 10/4630, S. 157.
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
ex-nunc Inkraftsetzung möglich ist. Sie wurde inhaltlich nicht erweitern, 15 sondern durch den systematischen Zusammenhang mit Satz 1 Halbsatz 1 auf die genannten Fehlergruppen - die Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB genannten Vorschriften und den Verstoß gegen landesrechtliche Form- und Verfahrensnormen - beschränkt. Die Regelung mußte, was die Rückwirkung betrifft, als abschließende Ausnahme betrachtet werden. 16 Durch die Bezugnahme auf Satz 1 Halbsatz 2 wurde - entsprechend der Intention des Gesetzgebers 17 - das Verfahren, mit dem eine rückwirkende Inkraftsetzung erfolgen konnte, gesetzlich geklärt. 18 Dadurch wurde die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Fehlerkorrekturverfahren bestätigt.
3. Die Ausdehnung des Fehlerkorrekturverfahrens auf materielle Fehler a) Die Ansicht der Rechtsprechung Eine Erweiterung fand das Fehlerkorrekturverfahren durch das Urteil des OVG Lüneburg vom 12.8.1986 19 , das auf der Grundlage des BBauG (1976) erging. Die Aufsichtsbehörde hatte die erforderliche Genehmigung für einen Bebauungsplan wegen des Widerspruches zu den Festsetzungen einer Landschaftsschutzverordnung verweigert. Später wurde die Verordnung außer Kraft gesetzt. Die Gemeinde hob daraufhin den ursprünglichen Satzungsbeschluß auf und beschloß den Plan ohne Wiederholung des Auslegungsverfahrens erneut. Nach Ansicht des OVG Lüneburg bestanden gegen diese Vorgehensweise keine Bedenken. Die Gemeinde konnte auf die durchgeführten Teile der Planerstellung zurückgreifen, ungeachtet der Tatsache, daß der Satzungsbeschluß materiell rechtswidrig war. Durch die Verweigerung der Genehmigung blieb das bis dahin durchgeführte Verfahren unbe15 Vgl. den Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/4630, S. 157, der sich, abgesehen von der Klärung der Frage nach den Zeitpunkten für die Inkraftsetzung, ausdrücklich für die unveränderte Fortschreibung der bisherigen Regelung ausspricht; dazu auch Gassner, BauR 1993, S. 33. 16 Zum abschließenden Charakter der genannten Fehlergruppen BVerwG, Urteil vom 21.8.1997, BVerwGE 105, 153 (158), für eine Fremdenverkehrssatzung; Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 (332) = UPR 1998, S. 114 f. (dort Begründung zu dieser Frage abgedruckt), zu Bebauungsplänen; zustimmend Bielenberg, in: E/Z/B, § 10, Rn. 11; Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (308 ff.). 17 Dazu Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/4630, S. 157. 18 Insbesondere wurde klargestellt, daß die rückwirkende Inkraftsetzung nur im Fehlerkorrekturverfahren erfolgen kann und nicht etwa auch bei Neuerlaß eines identischen Planes durch ein vollständiges Aufstellungsverfahren, vgl. dazu auch Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (309). 19 BRS 46, Nr. 16.
I. Die allgemeinen Heilungsinstrumente
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rührt. Lediglich der Beschluß konnte keine Wirkung entfalten. Nachdem der neu beschlossene Plan nunmehr inhaltlich rechtmäßig war, durfte er in Kraft gesetzt werden. Das Gericht hat mit dieser Entscheidung den Weg für eine Ausdehnung des Fehlerkorrekturverfahrens auf materielle Mängel geebnet. Das Bundesverwaltungsgericht erweiterte die Korrekturmöglichkeit erstmals in seinem Beschluß vom 6.8.1992 20 auf materielle Fehler. Die Entscheidung hatte eine Veränderungssperre zum Gegenstand, die zwar in einem mangelfreien Verfahren erlassen worden war, bei der es aber an der vorherigen Bekanntmachung des Beschlusses, einen Bebauungsplan aufzustellen, gefehlt hatte. Die Heilung des Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 BauGB (1986/1998), eines anerkannt materiellen Fehlers, 21 mittels des Fehlerkorrekturverfahrens wurde für zulässig erachtet, obwohl der Wortlaut des §215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) diese Fälle nicht erfaßte. Diese Regelung wurde insoweit als nicht abschließend bewertet. Es stelle eine „Selbstverständlichkeit" dar, daß ein Mangel durch Wiederholung der nachfolgenden Schritte behoben werden könne. 22 Das Gericht ging von einem allgemeinen Grundsatz der Fehlerbehebung durch Nachholung des Verfahrens ab dem Fehlereintritt aus. 23 Angesichts der Besonderheit, daß die vorherige ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses kein materielles Erfordernis für die inhaltliche Beschlußfassung über die Veränderungssperre sei, sondern nur eine materielle Voraussetzung für das Inkrafttreten und damit für die satzungsmäßige Bekanntgabe der Veränderungssperre, 24 müsse nur die Bekanntmachung ordnungsgemäß wiederholt werden, nicht aber die Beschlußfassung. Bei dem Mangel handelte es sich um keinen typischen materiellen Fehler, da dieser nur die letzten Verfahrensakte - Bekanntmachung und Inkraftsetzung - betraf und daher keine Auswirkungen auf den Inhalt der Satzung haben konnte. Da er eher mit normalen Bekanntmachungsfehlern vergleichbar war, lag die Gleichbehandlung beider Fehlergruppen nahe. 20
BVerwG, Beschluß vom 6.8.1992, ZfBR 1992, S. 292 f. Ständ. Rspr. BVerwG, Beschluß vom 6.8.1992, ZfBR 1992, S. 292, im Anschluß an die Beschlüsse vom 9.2.1989, N V w Z 1989, S. 661 (662), und vom 15.4.1988, BVerwGE 79, 200 (205). 22 BVerwG, Beschluß vom 6.8.1992, a.a.O.; vgl. demgegenüber BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, S. 331 ff. = UPR 1998, S. 114 ff., wo diese Problematik unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung als Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung bewertet wurde, nachdem der frühere Beschluß zum Sonderfall der Veränderungssperre ergangen sei. 23 Zur Geltung dieses allgemeinen Prinzips auch ohne gesetzliche Normierung siehe auch Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 9; Wagner, BauR 1997, S. 709 (720 f.); in diese Richtung auch BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, GewArch 2000, S. 259 f. 24 Dazu auch BVerwG, Beschluß vom 9.2.1989, N V w Z 1989, S. 661 (662). 21
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
Den endgültigen Schritt vollzog das Bundesverwaltungsgericht durch seinen Beschluß vom 7.11.1997 25 , in dem es die Anwendbarkeit des Fehlerkorrekturverfahrens über den Sonderfall der Veränderungssperre hinaus auf andere materielle Mängel, insbesondere auf Abwägungsfehler, ausweitete und die zuvor in seinem Beschluß vom 25.2.1997 geäußerte Aussage, daß Abwägungsmängel auf der Grundlage des § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) nicht geheilt werden könnten, 26 relativierte. Die Entscheidung stützte sich wiederum auf allgemeine Grundsätze, da § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) wegen des engen Wortlauts unanwendbar war. Das Gericht betonte, daß die Verfahrensschritte, obwohl sie aufeinander aufbauten, nicht untrennbar seien. Verfahrensteile könnten vielmehr voneinander abgegrenzt werden und würden nicht automatisch mit Mängeln infiziert, die in einem späteren Verfahrensstadium unterlaufen. Die Heilung jeder Art von Fehlern sei mittels Durchführung des Verfahrens, das auf einen korrekten und abtrennbaren Teilschritt aufbaue, möglich. In Fällen, in denen der Plan inhaltlich verändert werde, sei aber häufig allein schon deshalb eine Wiederholung des gesamten Verfahrens erforderlich. 27 Die Regelung des § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) stehe dem nicht entgegen, da sie im Gegensatz zur Ermächtigung für die rückwirkende Inkraftsetzung nach Satz 2 nicht abschließend zu verstehen sei. 28 b) Die Gegenauffassung
in der Literatur
Die deklaratorische Wirkung des § 215 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BauGB (1986) und der hinter dieser Norm stehende allgemeine Grundsatz der Verfahrenswiederholung war von Finkelnburg zuvor abgelehnt worden. 29 Dem liegt die Ansicht zugrunde, eine mit Fehlern behaftete Norm müsse grund25
DVB1 1998, 331 ff. = UPR 1998, S. 114 ff.; zur früher erhobenen Forderung, §215 Abs. 3 BauGB auf Abwägungsfehler auszudehnen, Schmiemann, in: FS für Weyreuther, S. 235 (247). 26 ZfBR 1997, S. 206 (207); diese Auffassung zu § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB, nicht aber zu § 215 a BauGB, weiter vertretend OVG Koblenz, Urteil vom 23.4.1998, NVwZ-RR 2000, S. 103 (104). 27 BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, DVB1 1998, 331 (332 f.) = UPR 1998, S. 114 f. 28 BVerwG, Beschluß vom 7.11.1997, a.a.O., unter Bezugnahme auf den Beschluß vom 6.8.1992, ZfBR 1992, S. 292; ebenso bereits Maurer, in: Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233 (244); zustimmend auch Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 22, und Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (163), der jedoch für eine Analogie plädiert. 29 Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (305 f.); vgl. neuerdings auch Gronemeyer, § 215 a, Rn. 32, und Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 444, die die Behebbarkeit von Abwägungsfehlem vor Inkrafttreten des § 215 a BauGB verneinen.
I. Die allgemeinen Heilungsinstrumente
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sätzlich als irreparabel angesehen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bauleitplanes sei vollständig verbraucht, sobald der Plan durch Bekanntmachung gem. § 12 Satz 4 BauGB (1986) formell in Kraft gesetzt würde, ohne daß es dazu der materiellen Inkraftsetzung bedürfe. 30 Daher könne eine Änderung des nur scheinbar wirksamen Planes nur im Wege eines neuen, eigenständigen Planungsverfahrens nach § 2 Abs. 4 BauGB (1986) erreicht werden. Es bedürfe einer gesetzlichen Ermächtigung, wie sie in § 215 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BauGB (1986) vorgesehen worden sei, um hiervon eine Ausnahme machen zu können. Für materielle Mängel fehle es an einer entsprechenden Regelung. c) Eigene Auffassung Diese Ansicht ist abzulehnen. Sie betont zwar zu Recht die besondere Bedeutung der Verfahrensvorschriften, die die Bauleitpläne und die Planungssatzungen nach dem BauGB von sonstigen Satzungen unterscheiden, überdehnt aber die formellen Erfordernisse. Es ist aus der Systematik und der Entstehungsgeschichte des BauGB kein Grund ersichtlich, warum die durchlaufenen Verfahrensschritte bei nur scheinbarer Inkraftsetzung endgültig verbraucht sein sollen, obwohl die Planung inhaltlich weiterhin zulässig und vom Planungsträger so gewollt ist. Die Ausdehnung des Fehlerkorrekturverfahrens auf materielle Fehler scheiterte auch nicht am abschließenden Charakter des § 215 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BauGB (1986). Zwar legten Wortlaut und systematische Stellung eine Begrenzung auf Form- und Verfahrensfehler nahe. Sinn und Zweck war jedoch die Erhöhung der Beständigkeit von Plänen, so daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzgeber die nach allgemeinen Grundsätzen zulässige Heilbarkeit für materielle Mängel ausschließen wollte. Anders als bei der rückwirkenden Inkraftsetzung nach Satz 2 stehen dem Heilungsinstrument keine Planbesonderheiten entgegen.
4. Die Bedeutung der Nichtigerklärung eines Bauleitplanes für die Durchführbarkeit des Fehlerkorrekturverfahrens a) Die Entscheidung des OVG Münster Darüber hinaus stellte sich die Problematik, ob die Verfahrenswiederholung nach rechtskräftiger Nichtigerklärung einer Satzung durch ein Normenkontrollgericht möglich ist. Das OVG Münster verneinte dies in seinem Beschluß vom 30.3.1990 31 . Es führte dazu aus, daß die Nichtigerklärung einer 30
Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (307).
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
Rechtsnorm nach § 47 Abs. 6 Satz 2 VwGO (1986) 32 die Nichtigkeitsfeststellung oder nach anderer Ansicht die Beseitigung des formellen Geltungsanspruches der Satzung zur Folge habe. In jedem Fall bewirke sie - ebenso wie die förmliche Aufhebung - die vollständige Eliminierung der Rechtsnorm aus der Rechtsordnung. Dies folge aus der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung und aus der Pflicht, die Nichtigerklärung in gleicher Weise bekanntzumachen, wie ein Bebauungsplan bekanntgemacht werden müsse. Somit bleibe kein Raum für die Aufrechterhaltung von Verfahrensteilen. Andernfalls würde eine Rechtsunsicherheit entstehen, die mit dem Rechtsstaatsgebot unvereinbar sei. Zur Inkraftsetzung des Planes bedürfe es eines vollständig neuen Aufstellungsverfahrens. 33 Dem stünde die gesetzliche Normierung des Korrekturverfahrens in § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) nicht entgegen, da diese Regelung keine Aussagen zum Verhältnis zur allgemeinverbindlichen Nichtigerklärung von Bebauungsplänen treffe. Wenn die Gemeinde dennoch die für nichtig erklärte Satzung nach den Grundsätzen der Verfahrenswiederholung in Kraft setzt, nimmt das Gericht einen Verfahrens- bzw. einen Abwägungsfehler an, der wiederum zur Nichtigkeit der Satzung führt, wenn er nach den §§214 und 215 BauGB beachtlich ist. b) Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts Das Bundesverwaltungsgericht ist in seinen Beschlüssen vom 6.5.1993 34 und vom 7.11.1997 35 der Gegenansicht gefolgt und hat die Fehlerreparatur durch das Korrekturverfahren auch nach rechtskräftiger Feststellung der Nichtigkeit für zulässig erklärt. 36 Das Gericht griff auf Sinn und Zweck der §§ 214 ff. BauGB und damit letztendlich auf den Planerhaltungsgrundsatz zurück. Soweit es wie hier an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausschlußklausel für derartige Fälle fehle, sei die Verfahrenswiederholung unabhän-
31
BRS 50, Nr. 37; im Ergebnis zustimmend Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (302 f.); ebenso Gronemeyer, § 215 a, Rn. 32, und Schmiemann, in: FS für Weyreuther, S. 235 (237). 32 Nunmehr § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO (1996). 33 OVG Münster, Beschluß vom 30.9.1990, BRS 50, Nr. 37, S. 100; Gronemeyer, § 215 a, Rn. 32; in die gleiche Richtung Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (302 f.). 34 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266. 35 DVB1 1998, S. 331 f. = UPR 1998, S. 114 f. 36 Ebenso Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 4; Lemmel, in: Berliner Kommen§ 47, tar, § 215, Rn. 21; Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 19; Redeker/vOertzen, Rn, 45; Schmaltz, Anmerkung zu OVG Münster, Beschluß vom 30.3.1990, DVB1 1990, S. 1120 f.; Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 440. Vgl. dazu nach Inkrafttreten des BauROG auch BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, GewArch 2000, S. 259 f.
I. Die allgemeinen Heilungsinstrumente
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gig davon zulässig, ob die Nichtigkeit mit allgemeinverbindlicher Wirkung festgestellt worden sei oder nicht. Prozessuale Gründe stünden dem nicht entgegen. Nach zutreffender Ansicht stelle das stattgebende Normenkontrollurteil ein Feststellungsurteil dar, 3 7 dem zufolge keine wirksame Satzung für das Plangebiet bestehe. Es enthalte keine rechtsvernichtende Aussage zum durchgeführten Planungsverfahren und lasse die Wirksamkeit von Verfahrensschritten unberührt. Daran ändere auch die Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung und die Bekanntmachungspflicht nichts, die nur soweit greifen könnten, wie die Entscheidung selbst. 38 Die Bindung der Verfahrensbeteiligten an die tragenden Gründe der stattgebenden Normenkontrollentscheidung 39 stehe der Verfahrenswiederholung nicht entgegen. Sie hindere die Gemeinde nur daran, den Planungsfehler zu wiederholen, nicht aber an der Anknüpfung an fehlerfreie Verfahrensschritte. 40 Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts besteht auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, daß ein für nichtig erklärter Plan nicht erneut erlassen wird. Die Rechtsprechung zur Frage, ob Bebauungspläne, die im Normenkontrollverfahren für nichtig erklärt wurden, unmittelbar durch Bundesgesetz ohne Zutun der Gemeinde wieder zu geltendem Recht gemacht werden können, 41 lasse sich nicht heranziehen. In diesen Fällen müsse ein schutzwürdiges Vertrauen bejaht werden, da keine gemeindlichen Schritte erforderlich seien, um den Plan in Kraft zu setzten. Dies sei in der hier streitigen Konstellation gerade nicht der Fall. Die Gemeinde, die weiterhin die Planungsfreiheit habe, könne den Planinhalt verwirklichen, indem sie die Satzung ohne Fehler neu erlasse. Welche Schritte für die neuerliche Inkraftsetzung erforderlich seien, die Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens oder das längere ordentliche Aufstellungsverfahren, sei nicht Gegenstand des Vertrauensschutzes. 42
37 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266 (270); Bracher, DVB1 2000, S. 165 (167); Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (352); Schmitt Glaeser/Horn, Rn. 404; Stüer/Rude, ZfBR 2000, S. 85 (88); Ziekow, in: Sodan/Ziekow, § 47, Rn. 361. 38 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266 (270). 39 Dazu BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, a.a.O.; Urteil vom 15.12.88, Buchholz 424.01, § 40 FlurbG, Nr. 8, S. 1 (7). 40 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, a.a.O., S. 270 f. 41 BVerwG, Beschluß vom 18.8.1982, BVerwGE 66, 116 (122), zur Überleitungsvorschrift des § 183 f BBauG (1979). 42 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266 (271).
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
c) Eigene Auffassung Der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist zuzustimmen. Die Gegenmeinung weitet die Wirkungen der stattgebenden Entscheidung in Normenkontrollverfahren über Gebühr aus. Selbst wenn eine Norm mit allgemeinverbindlicher Wirkung für nichtig erklärt wurde, hat dies nicht zur Folge, daß das gesamte Normsetzungsverfahren unverwertbar ist. Dadurch ist lediglich ausgesagt, daß das Verfahren keine rechtmäßige Norm erzeugen konnte. Ein vorher bestehender formeller Geltungsanspruch der Norm mag dadurch entfallen. Dies darf aber nicht mit einer Rechtsgestaltungswirkung verwechselt werden und zieht keine Auswirkungen auf die durchgeführten Verfahrensteile nach sich. Die förmliche Außerkraftsetzung fehlerhafter Pläne durch die Gemeinde kann kein Vergleichsmaßstab sein. Bei ihr werden die zur Aufstellung vorgenommenen Schritte durch das Aufhebungsverfahren hinfällig, das sich in derselben Art und Weise vollzieht, inhaltlich aber auf den actus contrarius gerichtet ist. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur gerichtlichen Nichtigerklärung, über den die Identität des Ergebnisses, in beiden Fällen wird der formelle Geltungsanspruch beseitigt, nicht hinwegtäuschen darf. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht aber erkannt, daß nach der damals bestehenden Rechtslage das Ergebnis aus Sicht des Rechtsschutz suchenden Bürgers in bestimmten Fällen nicht überzeugen konnte. Hatte er das Normenkontrollverfahren angestrengt und in diesem möglicherweise erst nach Ausschöpfung der Rechtsmittel obsiegt, war es der Gemeinde in vielen Fällen durch einfache Wiederholung weniger Verfahrensteile möglich, die Satzung erneut in Kraft zu setzten, u.U. sogar mit Rückwirkung. Die Nichtigkeitsfeststellung durch das Gericht hatte für ihn letztlich keine Verbesserung der Rechtslage zur Folge. Zudem konnte eine Rechtsunsicherheit dadurch entstehen, daß in kürzestem Zeitabstand auf die Bekanntmachung der Nichtigerklärung die Bekanntmachung der neu aufgestellten Satzung folgte. Alleine aus diesen Gründen die Aufstellung im Wege des Fehlerkorrekturverfahrens abzulehnen, hieße jedoch, nicht nur die Interessen der Gemeinden zu gering zu bewerten, sondern auch die dogmatischen Grundlagen des Normenkontrollverfahrens zu verkennen.
5. Zusammenfassung und Bewertung Der durch die Fehlerkorrektur ermöglichte Weg der vereinfachten Behebung von Mängeln erscheint angesichts der langen Dauer der Aufstellungsverfahren grundsätzlich angebracht. Es handelt sich um ein Instrument, das im wesentlichen durch die Verwaltungsgerichte entwickelt wurde. Die Aufnahme dieser Rechtsprechung in den Willen des Gesetzgebers ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu begrüßen. Allerdings mißglückte die
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
241
Regelung des § 215 Abs. 3 Satz 1 HS 1 BauGB (1986), die wegen des Bezuges auf Verfahrens- und Formfehler ihren Klarstellungszweck nur unzureichend erfüllte. Das Bundesverwaltungsgericht griff hier korrigierend ein, indem es die Zulässigkeit der Fehlerbehebung bei materiellen Mängeln aus den dahinterstehenden allgemeinen Grundsätzen begründete. Darüber hinaus stellte es zu Recht klar, daß die gerichtliche Nichtigerklärung eines Planes an sich keine Auswirkungen auf die Durchführbarkeit der Reparatur hat.
I I . Die Neuregelung in § 215 a BauGB Durch das BauROG 1998 haben die Heilungsvorschriften eine Neuregelung erfahren. Den Vorschlägen der Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches folgend hat der Gesetzgeber mit § 215 a BauGB für diese eine eigene Vorschrift geschaffen. In Absatz 1 werden fehlerhafte Pläne für unanwendbar, aber nicht für nichtig erklärt, wenn die Mängel durch ein ergänzendes Verfahren behebbar sind. Damit sollen die aus dem Planfeststellungsrecht bekannten Instrumente der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens (vgl. § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG) in ihren Grundzügen auf das Bauplanungsrecht übertragen werden. 43 Die mißverständliche Regelung in §215 Abs. 3 Satz 1 HS 1 BauGB (1986), die das Fehlerkorrekturverfahren scheinbar auf formelle Mängel beschränkte, trat außer Kraft. Zugleich entfiel aber auch die Klarstellung über die Art und Weise der Durchführung der Fehlerbehebung in Halbsatz 2. Die Rückwirkungsregelung des § 215 Abs. 3 Satz 2 BauGB (1986) wurde dagegen in § 215 a Abs. 2 BauGB inhaltlich unverändert fortgeschrieben. 44
1. Das ergänzende Verfahren nach § 215 a Abs. 1 BauGB a) Funktionsweise, Voraussetzungen und Grenzen des ergänzenden Verfahrens nach § 215 a Abs. 1 BauGB Den Gesetzesmaterialien zufolge 45 ist das ergänzende Verfahren Oberbegriff für alle Verfahrensschritte der Gemeinde, die geeignet sind, den Plan rechtmäßig werden zu lassen. Es erfaßt nicht nur die Behebung des Man43
Dazu Kommissionsbericht, Rn. 114 ff.; die Kommission befürwortete eine Zusammenfassung der Planergänzung und des ergänzenden Verfahrens unter Hinweis auf die „Identität der verfahrensrechtlichen Anforderungen und das einheitliche Grundprinzip"; vgl. zur Problematik dieser Gesamtbetrachtung bereits oben Kap. 4 I I 3. 44 So ausdrücklich BT-Drs. 13/6392, S. 74. 45 Vgl. Kommissionsbericht, Rn. 114 ff., dem der Gesetzgeber im wesentlichen gefolgt ist, dazu BT-Drs. 13/6392, S. 74. 16 Käß
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
gels durch Wiederholung des fehlerhaften Verfahrensteils und der nachfolgenden Schritte, sondern auch die Änderung sonstiger Normen, die dem Plan entgegenstehen.46 Der Gesetzgeber hat durch die Anknüpfung an die Durchführbarkeit eines ergänzenden Verfahrens in § 215 a Abs. 1 BauGB ein solches vorausgesetzt. Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich bei diesem dogmatisch gesehen um keine Neuerung, sondern um die Umbenennung des bisherigen Fehlerkorrekturverfahrens. 47 Das durch den Fehler unterbrochene Aufstellungsverfahren wird wieder aufgenommen und an der entsprechenden Stelle fortgeführt. 48 Daher bedarf es im Vergleich zur Fortsetzung eines zeitweise ausgesetzten Verfahrens keiner zusätzlichen Voraussetzungen.49 In beiden Fällen kommt bei der Weiterführung der Planung der Offenheit des planerischen Prozesses 50 - nur wenn diese gegeben ist, kann die Wiederholung einen wirksamen Plan und damit eine Heilung herbeiführen - und der Frage, ob das Abwägungsergebnis noch haltbar ist, 5 1 besondere Bedeutung zu. Aus dem Verständnis als Fortsetzung des Ausgangsverfahrens heraus beantwortet sich die vom Gesetzgeber offen gelassene Frage, 52 für welche Fehler ein solches Verfahren in Betracht kommt. Nach allgemeiner Auffassung können durch ein ergänzendes Verfahren neben formellen Verstößen gegen das BauGB auch Fehler nach Landesrecht 53 und Mängel, die inhaltliche Änderungen und Ergänzungen des Planes erfordern, 54 behoben werden. 46 Vgl. etwa zur Abschaffung einer entgegenstehenden Landschaftsschutzverordnung vor Genehmigung des Planes OVG Lüneburg, Urteil vom 12.8.1986, BRS 46, Nr. 16, und oben Kap. 6 I 3 a. 47 OVG Münster, Urteil vom 2.3.1998, NWVB1 1998, S. 439 (442); Rude, Planreparatur, S. 118 f.; Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 9; Schmaltz , in: Schrödter, § 215 a, Rn. 11, 16; so im Ergebnis auch Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 19; Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 147; Stüer, DVB1 1999, S. 210 (218); Stüer/Rude, ZfBR 2000, S. 85 (87). 48 Dabei kann die Fortsetzung auch im Wege des vereinfachten Verfahrens erfolgen. Ergänzendes Verfahren und vereinfachtes Verfahren sind jedoch nicht gleichzusetzen, dazu auch Stüer/Rude, ZfBR 2000, S. 85 (89). 49 Stüer, DVB1 1999, S. 210 (219); so bereits Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 23, für die Rechtslage vor dem BauROG; zweifelnd Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081). 50 Jäde, in: J/D/W, § 215 a, Rn. 4; Rude, Planreparatur, S. 134 ff.; für das Planfeststellungsrecht Henke, Planerhaltung, S. 175 f. 51 Jäde, in: J/D/W, § 215 a, Rn. 13 f.; siehe hierzu oben Kap. 4 I V 2. 52 Kritisch Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1409); Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (979). 53 BVerwG, Urteil vom 25.11.1999, N V w Z 2000, S. 676 f.; Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 4; Stüer/Rude, DVB1 2000, S. 312 (322); selbst wenn man mit der Gegenauffassung dem Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zum Erlaß von Heilungsvorschriften für Landesrecht einräumen würde, so daß § 215 a Abs. 1 BauGB diese nicht erfaßt, ist dadurch die Zulässigkeit des Fehlerkorrekturverfahrens, die
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
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B e i letzteren bedarf es wegen § 3 Abs. 3 B a u G B und § 4 Abs. 4 B a u G B einer erneuten Durchführung von Verfahrensabschnitten. Grundsätzlich werden aber alle A r t e n v o n M ä n g e l n erfaßt. 5 5 Der Fehler darf jedoch nicht so schwer wiegen, daß er den K e r n der Abwägungsentscheidung betrifft bzw. die Grundzüge der Planung b e r ü h r t . 5 6 D a bei einem derartigen inhaltlichen M a n g e l die wesentlichen Verfahrensteile wiederholt werden müssen, 5 7 ist von einer Neuaufstellung auszugehen, 5 8 bei der die wirksamen Verfahrensschritte des Aufstellungsbeschlusses und der frühzeitigen Bürgerbeteiligung aber noch verwertet werden k ö n n e n . 5 9 D a r i n ist i m Verhältnis z u m ergänzenden Verfahren lediglich ein gradueller Unterschied zu sehen. A u f g r u n d der besonderen Bedeutung der Verfahrenserfordernisse, die aufeinander aufbauen, ist es keinesfalls ausreichend, wenn nur einzelne Verfahrensteile herausgegriffen und isoliert wiederholt werden. Erst recht kann keine H e i l u n g der A b w ä g u n g durch Nachholung isolierter S c h r i t t e 6 0 oder
sich aus allgemeinen Grundsätzen ergeben kann, nicht ausgeschlossen, vgl. Jäde, in: J/D/W, § 215 a, Rn. 2. 54 BVerwG, Beschluß vom 25.5.2000, ZfBR 2000, S. 421; Urteil vom 16.12. 1999, BauR 2000, S. 684; Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (355). 55 Battis, in: B / K / L , § 215 a, Rn. 3; Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070 (1081); Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 124 ff., (insb. 140); Rude, Planreparatur, S. 111 ff., (insb. 117); Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 4; Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (979 ff.); speziell zur Problematik von Ausfertigungsmängeln Schenk, VB1BW 1999, S. 161 (165); vgl. bereits Kommissionsbericht, Rn. 116 ff. 56 Ständ. Rspr. BVerwG, Beschluß vom 6.12.2000, N V w Z 2001, S. 431 (432); Beschluß vom 25.5.2000, ZfBR 2000, S. 421; grundlegend Urteil vom 8.10.1998, BauR 1999, S. 359 (360), und Beschluß vom 10.11.1998, BauR 1999, S. 361 (362); dazu auch die Nachweise bei Stüer/Rude, DVB1 2000, S. 312 (322); zu den entsprechenden Anforderungen im Fachplanungsrecht BVerwG, Urteil vom 21.3.1996, BVerwGE 100, 370 ff.; vgl. in der Literatur Battis, in: B / K / L , § 215 a, Rn. 3; Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 4 f.; Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 6; Schmaltz , in: Schrödter, § 215 a, Rn. 8; Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 439; weitergehend Rude, Planreparatur, S. 121 ff., der nur Mängel ausschließen will, die die Planung von vornherein in Frage stellen, und Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 144 ff., der auch eine Änderung der Grundzüge der Planung erfassen will; grundlegend unterschiedlich Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 23, der eine Prognoseentscheidung für erforderlich hält; in diese Richtung bereits Kommissionsbericht, Rn. 115, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung im Planfeststellungsrecht. 57
Im Unterschied zu den inhaltlichen Änderungen und Ergänzungen, die die Grundzüge der Planung nicht berühren, ist kein vereinfachtes Verfahren nach § § 3 Abs. 3 Satz 3, 13 Nr. 2 BauGB bzw. nach §§ 4 Abs. 4, 13 Nr. 3 BauGB zulässig. 58 Battis/Krautzberger/Löhr, N V w Z 1997, S. 1145 (1166); Kommissionsbericht, Rn. 116. 59 So auch BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, GewArch 2000, S. 259 (260). 60 Birk, Bauplanungsrecht, Rn. 526, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 25.2.1988, DVB1 1988, S. 844 (845), wo das Gericht für das Planfeststellungsrecht eine isolierte Heilung ablehnt. 16*
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
durch das nachträgliche Vorbringen städtebaulicher Gründe erfolgen 61 . Bei ihr bedarf es stets einer umfassenden Wiederholung, um zu einem fehlerfreien Plan zu gelangen. Bei einem ergänzenden Verfahren kann auch auf verfahrensrechtliche Möglichkeiten anderer Gesetze zurückgegriffen werden, etwa durch eine nachträglichen Aufhebung eines unzulässigerweise überplanten Naturschutzgebietes. Dabei kann aber die bloße Durchführung der jeweiligen sondergesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritte, im genannten Beispiel also die Beseitigung der entgegenstehenden Norm, alleine nicht genügen, um den fehlerhaften Bauleitplan zu heilen. Regelmäßig wird eine Wiederholung der Abwägung erforderlich sein, da zugleich ein beachtlicher Abwägungsmangel vorgelegen haben dürfte. In jedem Fall bedarf es aber einer Wiederholung der Bekanntmachung. 62 Dies folgt daraus, daß die erste Bekanntmachung nicht wirksam werden konnte, weil die zu diesem Zeitpunkt inhaltlich fehlerhafte Satzung nichtig und daher nicht bekanntmachungsfähig war. 6 3 Zudem ist sie aus Gründen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit erforderlich. b) Die Rechtsfolgen der Durchführbarkeit des ergänzenden Verfahrens Als Rechtsfolge der Durchführbarkeit eines ergänzenden Verfahrens hat der Gesetzgeber in § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB den Ausschluß der Nichtigkeit und in Satz 2 die Nichtentfaltung von Rechtswirkungen vorgesehen. 6 4 Das Normenkontrollgericht erklärt in diesem Falle die Satzung nach dem ebenfalls durch das BauROG eingeführten § 47 Abs. 5 Satz 4 V w G O 6 5 für nicht wirksam. 66 Für die Normanwendung ergeben sich gegenüber der Nichtigerklärung keine Unterschiede. 67 Der Rechtsfolge des 61 V G H Mannheim, Urteil vom 16.11.1992, NVwZ-RR 1993, S. 601 f.; OVG Berlin, Urteil vom 24.3.1995, BRS 57, Nr. 12, S. 33 (37). 62 Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (357 f.); Rude, Planreparatur, S. 139; Schmidt-Eichstaedt, Städtebaurecht, S. 445; im Ergebnis ebenso Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1413), die den lückenhaften Gesetzeswortlaut kritisieren. 63 Weitergehend Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 11, der eine zusätzliche Abwägung stets als erforderlich ansieht. 64 Zur früheren Forderung in der Literatur, die Unvollziehbarkeit eines Planes als Rechtsfolge vorzusehen Gaentzsch, in: FS für Weyreuther, S. 249 (268), und Scharmer, Bebauungspläne, S. 169. 65 Dazu bereits Kommissionsbericht, Rn. 118 ff., und BT-Drs. 13/6392, S. 38, 74. 66 Dabei besteht kein gerichtliches Tenorierungsermessen, so auch BVerwG, Urteil vom 25.11.1999, N V w Z 2000, S. 676 f.; Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (978), m. w. N. auch zur Gegenansicht.
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
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§ 215 a Abs. 1 BauGB könnte allenfalls für den Planersteller eine besondere Bedeutung zukommen. Dies wäre der Fall, wenn bei Nichtigerklärung keine Fehlerbehebung mehr möglich wäre. Die Nichtigkeit müßte dann eine vollständige Eliminierung der Norm einschließlich der rechtmäßigen Verfahrensschritte bei ihrem Zustandekommen zur Folge haben. Insoweit lebt der Streit um die Durchführbarkeit des ergänzenden Verfahrens nach Nichtigerklärung einer Satzung wieder auf. Teilweise wird die Möglichkeit der Verfahrenswiederholung bei Nichtigkeit verneint. 68 Für diese Sichtweise sprechen auf den ersten Blick dogmatische Überlegungen. Die Vorstellung, daß die Nichtigerklärung lediglich den Inhalt des Planes, nicht aber sämtliche Verfahrensteile erfaßt und daher einen „nasciturus" hinterläßt, ruft in der Literatur gewisses Unbehagen hervor. 69 Es erscheint auf den ersten Blick plausibler, eine Norm unter Rückgriff auf wirksame Verfahrensteile erneut in Kraft zu setzen, wenn diese weiterhin existent und nur in ihrer Wirksamkeit suspendiert ist. Konsequenz dieser Auffassung ist es, daß die Gerichte prüfen müssen, ob eine Mängelbehebung durch die Gemeinde möglich erscheint. Erst wenn dies ausgeschlossen werden kann, darf die Norm für nichtig erklärt werden. 70 Die Gegenauffassung geht davon aus, daß selbst im Falle der Nichtigerklärung einer Norm ein Fehlerkorrekturverfahren durchgeführt werden kann. 71 Ihr folgt auch das Bundesverwaltungsgericht, dem zufolge eine Gemeinde kein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung hat, daß ein Plan nach § 215 a Abs. 1 BauGB keine Rechtswirkungen entfaltet. 72 Dieser Ansicht ist der Vorzug zu geben. Die strenge Literaturauffassung findet keinen Anhaltspunkt in der Entstehungsgeschichte des BauROG. Ihr muß entgegengehalten werden, daß es nicht in der Absicht des Gesetzgebers lag, eine Verschärfung der bisherigen Rechtspre67
Schmaltz , in: Schrödter, § 215 a, Rn. 1. Daher spielt die Fehlerfolge bei der Inzidentkontrolle keine Rolle, da die fehlerhafte Norm in jedem Fall für die Vergangenheit nicht angewendet werden darf, so auch Rude , Planreparatur, S. 174. 68 Bracher, DVB1 2000, S. 165 (167, Fn. 17); Jade, in: J/D/W, § 215 a, Rn. 7; Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 142 f.; Rude, Planreparatur, S. 139, der davon ausgeht, daß eine nichtige Satzung „endgültig erledigt" sei; zur früheren Auffassung vgl. OVG Münster, Beschluß vom 30.3.1990, BRS 50, Nr. 37; dazu oben Kap. 6 I 4 a. 69 Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (302 f.); Rude, Planreparatur, S. 140. 70 So Otto, Nichtigkeitsdogma, S. 142 f. 71 BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, GewArch 2000, S. 259 f.; Erb,guth/W'agner, E, Rn. 177; Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 9; Schmaltz , in: Schrödter, § 215 a, Rn. 10; Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (982); mißverständlich Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 440; zur früheren Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts vgl. BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266, und oben Kap. 6 I 4 b. 72 BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, a.a.O., S. 260, wo ausgeführt wird: „Die Verfahrens schritte, welche die Antragsgegnerin für einen rechtswirksamen Bebauungsplan beachten muß, sind danach hinsichtlich der getroffenen Feststellung der Nichtigkeit und der erstrebten Erklärung der Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplanes im Streitfall dieselben.
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
chung zur Rechtserhaltung herbeizuführen. Die Rückkehr zur rigorosen Vernichtung sämtlicher Verfahrensschritte würde weit über das Bauplanungsrecht hinausreichen, wenn man am einheitlichen Nichtigkeitsbegriff festhalten will. Soweit der Gesetzgeber in anderen Bereichen keine dem § 215 a Abs. 1 BauGB entsprechende materielle Regelung geschaffen hat, 7 3 wäre eine Heilung im Wege des Fehlerkorrekturverfahrens ausgeschlossen. Dies würde auch für den Flächennutzungsplan gelten. Es ist aber allgemein anerkannt, daß bei dessen Mangelhaftigkeit ein Fehlerbehebungsverfahren durchgeführt werden kann. 7 4 Im Gesetz wird dies in § 215 a Abs. 2 BauGB, der eine rückwirkende Inkraftsetzung erlaubt, zumindest für formelle Fehler vorausgesetzt. Der § 215 a Abs. 1 BauGB wurde jedoch bewußt nicht auf Flächennutzungspläne ausgedehnt,75 so daß nicht angenommen werden kann, daß derartige Pläne in der Schwebezeit lediglich „nicht wirksam" sind, sondern von der Nichtigkeit ausgegangen werden muß. 7 6 Somit hat der Gesetzgeber selbst anerkannt, daß es eine Behebbarkeit von Mängeln trotz Nichtigkeit gibt. 7 7 Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß ein Flächennutzungsplan nicht Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO, sondern nur einer Inzidentkontrolle sein kann. 78 Da in beiden Fällen die Rechtslage lediglich festgestellt wird, bei der prinzipalen Normenkontrolle mit Wirkung erga omnes, besteht bezüglich der Rechtswirkungen der Entscheidungen kein wesentlicher Unterschied. Weiterhin spricht gegen die strenge Ansicht, daß die Gerichte die Frage, ob ein Plan unter Umständen repariert werden kann, abschließend klären müßten. Damit wären jedoch Prognoseentscheidungen erforderlich, insbesondere beim Vorliegen von materiellen Fehlern. Es müßte ermittelt werden, ob eine Abwägung, für die die Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich wäre, zu einem rechtmäßigen Ergebnis führen könnte. Aufgabe der Rechtsprechung kann es aber nicht sein, Planungsalternativen zu beurteilen. Sie ist vielmehr dazu berufen, die von der Verwaltung getroffenen Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Der Unterschied zwischen Nichtigerklärung und Unwirksamerklärung ist daher nicht in der Verschiedenheit der Rechtswirkungen zu sehen, 79 son73
Zum materiellen Charakter Ziekow, in: Sodan/Ziekow, § 47, Rn. 381 d. Jäde, in: J/D/W, § 215a, Rn. 11; Rude , Planreparatur, S. 141, m.w.N. 75 BT-Drs. 13/6392, S. 74. 76 Von einer Nichtigkeit geht auch Rude , Planreparatur, S. 141, aus. 77 Zudem ist bei Flächennutzungsplänen auch eine Heilung materieller Fehler nicht ausgeschlossen; ebenso Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, § 215 a, Rn. 8. Rn. 168; Schlichter/Stich, 78 Vgl. dazu auch BT-Drs. 13/6392, S. 74, wo dieser Unterschied als Grund für die unterbliebene Einbeziehung in § 215 a Abs. 1 BauGB genannt wird. 79 So auch Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 18, die den rein appellativen Charakter der Rechtsfolge des § 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB betonen; Schmaltz, in: Schrödter, 74
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
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dem darin, daß bei der Nichtigkeit das Fehlerkorrekturverfahren zu einem neuen Plan führt, während bei der Unwirksamkeit das ergänzende Verfahren die Inkraftsetzung des ursprünglichen Planes für die Zukunft zur Folge hat. Hierbei handelt es sich lediglich um eine formale Differenz, die weder für den Normanwender noch für den Plangeber praktische Auswirkungen hat 8 0 . Der Gemeinde ist daher stets die Möglichkeit eröffnet, bei der Heilung bzw. bei dem Neuerlaß auf bereits korrekt durchgeführte Verfahrensschritte aufzubauen. Sie kann sich aber auch mit der Nichtigerklärung abfinden oder ein Aufhebungsverfahren durchführen, um den fehlerhaften Plan außer Kraft zu setzen, soweit noch keine Normenkontrollentscheidung Ol
ergangen ist. c) Bewertung Die Vorschrift des § 215 a Abs. 1 BauGB ist insoweit zu begrüßen, als sie durch den Verzicht auf eine dem § 215 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1986) entsprechende Regelung zu mehr Rechtsklarheit bezüglich der Heilbarkeit von materiellen Fehlern beigetragen hat. Soweit sie die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens voraussetzt, handelt es sich um eine Bezugnahme auf die allgemein gültigen Heilungsgrundsätze. 82 Auch nach der früheren Rechtslage bedurfte es etwa bei sektoralen Abwägungsfehlern, die sich nicht auf die Gesamtabwägung auswirken konnten, lediglich der Wiederholung der vom Mangel infizierten Teile. 8 3 Welchen Sinn hätte bei unverändertem Planinhalt eine Wiederholung der Abwägung für die abgrenzbaren, korrekt abgewogenen Bereiche haben sollen. Einzig die Rechtsfolge der Nichtentfaltung von Rechtswirkungen stellt eine Neuerung dar. Diese weist § 215 a, Rn. 1, spricht von einer „optische(n) Änderung " der Rechtslage durch die „schwebende Unwirksamkeit". 80 Ebenso Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (982). Auch hinsichtlich der Normverwerfungskompetenz ergeben sich keine Unterschiede zwischen Nichtigkeit und Nichtentfaltung von Rechts Wirkungen. Andernfalls bestünde bei den von § 215 a Abs. 1 BauGB erfaßten weniger schweren Fehlern eine Kompetenz zur behördlichen Verwerfung von untergesetzlichen Rechtssätzen, nicht aber bei den schwereren Mängeln, die zur Nichtigkeit führen. Zutreffend ist allerdings, daß dem Bedürfnis nach Korrektur fehlerhafter Normen durch die Verwaltung selbst, im Rahmen der differenzierten Betrachtungsweise der Normverwerfungsproblematik, ein besonderer Stellenwert zukommen muß; dazu bereits oben Kap. 1 I 2 c; Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1413); Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (356). 81 Vgl. zu den sich daraus ergebenden Ermessensfragen Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 21; Schlichter/Stich, § 215 a, Rn. 12; Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 15, jeweils m.w.N. zum Streitstand. 82 Daher bedarf es keiner generellen Übertragung des ergänzenden Verfahrens auf gesetzlich nicht geregelte Fälle; anders Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1021). 83 Im Ergebnis ebenso Schmaltz, in: Schrödter, § 215a, Rn. 1; a.A. Dolde, N V w Z 2001, S. 976 (982).
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
aber keine wesentlichen Unterschiede zur Nichtigkeit als der grundsätzlichen Sanktion für fehlerhafte Normen auf, worin sie sich von der Rechtsfolge des ergänzenden Verfahrens im Fachplanungsrecht unterscheidet. 84 Der Vorteil der besonderen Fehlerfolge liegt eher im Bereich der Planreparatur. Der Planersteller kann dem Normenkontrollurteil entnehmen, welche Verfahrensschritte er einleiten muß, um den Mangel zu beheben bzw. welche materiellen Fehler nachzubessern sind. 85 Zugleich dient dies der höheren Akzeptanz von Normenkontrollentscheidungen und der Rechtssicherheit, da dem Bürger die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens vor Augen geführt wird und somit künftige Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit des neu in Kraft gesetzten Planes vermieden werden können. Nachdem aber auch im Fall einer Nichtigerklärung eine Heilung im Wege des Fehlerkorrekturverfahrens erfolgen kann und nur ein terminologischer Unterschied zwischen der Nichtigkeit und der besonderen Rechtsfolge des § 215 a Abs. 1 BauGB besteht, kann diese Vorschrift im wesentlichen als überflüssig angesehen werden. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich in diesem Zusammenhang nicht. 8 6
2. Die rückwirkende Inkraftsetzung a) Inhalt des § 215 a Abs. 2 BauGB Nach § 215 a Abs. 2 BauGB können bei Verletzung der in § 214 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorschriften bzw. bei Verstößen gegen Verfahrens- und Formvorschriften nach Landesrecht Flächennutzungspläne oder Satzungen des BauGB mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden. Die Regelung ist in zweierlei Hinsicht abschließend. Zunächst ist der Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen werden darf, nicht frei bestimmbar. Der Plangeber hat zwar ein Ermessen, ob er von ihr Gebrauch machen oder den Plan lediglich für die Zukunft heilen w i l l , 8 7 soweit er sich für die rückwirkende Inkraftsetzung entscheidet, muß der Plan aber aus Vertrauensschutz- und 84
Dort stellt die Fehlerbehebung bei Planergänzung bzw. ergänzendem Verfahren eine Ausnahme zum Grundsatz der Neuaufstellung dar. Sie vollzieht sich entsprechend dem bauplanungsrechtlichen Fehlerkorrekturverfahren, vgl. dazu umfassend Henke, Planerhaltung, S. 133 ff., 187; siehe auch BVerwG, Urteil vom 12.12.1996, DVB1 1997, S. 714 (715); Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 3; Jarass, DVB1 1997, S. 795 (801 f.). 85 So auch das Fazit von Jörg Schmidt, N V w Z 2000, S. 977 (982 f.). 86 Zur allgemeinen Problematik der Unterbrechung des Aufstellungsverfahrens vgl. BVerwG, Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 ff., und oben Kap. 4 I V 2. 87 Schlichter/Stich, § 215a, Rn. 13; zur früheren Rechtslage vgl. BVerwG, Beschluß vom 6.8.1992, ZfBR 1992, S. 292 ff.; Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (269).
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
249
Rechtssicherheitserwägungen heraus auf den Zeitpunkt des mißglückten ersten Inkrafttretens rückbezogen werden. 88 Weiterhin erfaßt die Vorschrift ausschließlich Verfahrens- und Formfehler des BauGB bzw. des Landesrechts. 89 Darin ist im übrigen kein Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers zu sehen, da lediglich die im Bauplanungsrecht bestehende Schranke des besonderen Rückwirkungsverbotes teilweise außer Kraft gesetzt wird. Grundbedingung ist, daß der Plan keine inhaltliche Änderung erfährt. 90 Dies folgt aus dem Verbot einer rückwirkenden Abwägung, die für eine inhaltliche Modifizierung erforderlich wäre. 91 Die Heilung vollzieht sich im Wege des Fehlerkorrekturverfahrens, 92 dessen Anforderungen beachtet werden müssen. Fraglich ist aber, ob wegen der Rückwirkung besondere bundesrechtliche Voraussetzungen einzuhalten sind. Nach einer Auffassung bedarf es der Wiederholung des Verfahrens ab der Bürgerbeteiligung 93 bzw. zumindest eines erneuten Satzungsbeschlusses, 94 was damit begründet wird, daß der zeitliche Geltungsbereich, über den durch die Rückwirkung entschieden werde, zum Inhalt der Norm gehöre. 95 Eine vermittelnde Auffassung will danach differenzieren, ob der 88
BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (268 f.); Bielenberg, in: E/Z/B, § 215, Rn. 19; Schlichter/Stich, § 215a, Rn. 13; a.A. Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 16, der eine teilweise Ausschöpfung des zeitlichen Rahmens für zulässig hält; in dieselbe Richtung Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 26, der aber ein praktisches Bedürfnis für ein solches Vorgehen verneint. 89 BVerwG, Urteil vom 18.4.1996, BVerwGE 101, 58 (61); bestätigt durch Urteil vom 21.8.1997, BVerwGE 105, 153 (160); Beschluß vom 7.11.1997, UPR 1998, S. 114; zur Fortführung dieser Rechtsprechung nach Erlaß der Neuregelung des § 215 a Abs. 2 BauGB (1998) BVerwG, Beschluß vom 6.3.2000, GewArch 2000, S. 259 (260); ebenso Rude, Planreparatur, S. 162; Schaber, VB1BW 1998, S. 161 (163); Schlichter/Stich, a.a.O.; Schmaltz, in: Schrödter, § 215a, Rn. 20; Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 442; in diese Richtung auch BT-Drs. 13/6392, S. 74. 90 Battis, in: B / K / L , § 215 a, Rn. 10; Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (310); Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 27; zu dieser vom Gesetzgeber als selbstverständlich angesehenen Voraussetzung vgl. bereits BT-Drs. 8/2885, S. 18, 45, und oben Kap. 7 I 2 a. 91 Letztlich steckt dieser Aspekt auch hinter dem abschließenden Charakter des § 215 a Abs. 2 BauGB. 92 Vgl. statt vieler Battis, in: B / K / L , § 215 a, Rn. 11; Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 23; zur früheren Rechtslage Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (309). 93 OVG Lüneburg, Urteil vom 10.1.1980, DVB1 1980, S. 241 (242 f.); Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (355); Gerschlauer, DÖV 1984, S. 493 (502), m.w.N.; vMutius/Hill, S. 46 f. 94 Gronemeyer, § 215 a, Rn. 31; Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 23; in diese Richtung auch OVG Münster, Urteil vom 3.3.1983, BauR 1984, S. 47 f. 95 Vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 26.7.1972, BVerfGE 34, 9 (23), und Urteil vom 8.7.1976, BVerfGE 42, 264 (283), wonach der Zeitpunkt des Inkrafttretens zum Inhalt von Gesetzen gehört.
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
Satzungstext eine Änderung erfahren hat. 9 6 Ist dies nicht der Fall, sei keine erneute Beschlußfassung über den Plan erforderlich, denn es werde lediglich der frühere Beschluß vollzogen und das unterbrochene Verfahren zu Ende geführt. Etwas anderes gelte dann, wenn eine textliche Änderung vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht geht dagegen davon aus, daß für die Rückwirkung aus bundesrechtlicher Sicht weder eine Bürgerbeteiligung noch ein erneuter Beschluß erforderlich sei. 97 In der Inkraftsetzung sieht das Gericht keine materielle Änderung des Planes, da der Inhalt nicht zur Disposition stehe. 98 Auch ließen sich die Grundsätze, die für die Gesetzgebung gelten, nicht auf das Recht der Bauleitplanung übertragen. Die Anordnung der Rückwirkung stelle keinen Teil des Satzungsbeschlusses, sondern einen Teil des Bekanntmachungsverfahrens dar. Die Rückwirkung sei zudem durch den Gesetzgeber gedeckt, der auf zusätzliche Verfahrenserfordernisse verzichtet habe. 99 Der letztgenannten Auffassung ist im Ergebnis der Vorzug zu geben. Die rückwirkende Inkraftsetzung entspricht dem durch den ursprünglichen Beschluß zum Ausdruck gekommenen Willen des zuständigen Gemeindeorgans. Sie enthält keine inhaltliche Modifizierung des Planes. Es handelt sich lediglich um eine Sonderform der Heilung formeller Mängel, bei der der Planinhalt unverändert fortbesteht. Daran ändert auch eine eventuell erforderliche Neufassung der Bestimmung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens nichts. Eine etwaige Datumsänderung bezieht sich nämlich auf den ursprünglichen Inkraftsetzungszeitpunkt. In der u.U. erforderlich werdenden Berichtigung des Satzungstextes liegt die Korrektur einer offenbaren Unrichtigkeit. Materiell ist der Rückwirkungszeitpunkt genau bestimmt, er kommt nur nicht durch den Satzungstext zum Ausdruck. Derartige Korrekturen sind nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, der in § 43 VwVfG positiviert wurde, ohne weiteres zulässig. 100 Bundesrechtlich erfordert die Rückwirkung keine besonderen Verfahrensschritte. 101 96 V G H Mannheim, Beschluß vom 22.3.1995, BRS 57, Nr. 31, S. 98 f.; Schenk, VB1BW 1999, S. 161 (166). 97 BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (205); Beschluß vom 10.11.1998, BauR 1999, S. 375 (376); Bay VGH, Beschluß vom 28.9.2000, BayVBl 2001, S. 210 (211); ebenso Battis , in: B / K / L , § 215a, Rn. 11 f.; Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 171; Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 19; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215, Rn. 27 f.; Rude, Planreparatur, S. 161; Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 441, 445. 98 BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (269 f.); vgl. dazu BT-Drs. 8/2885, S. 18, 45, und oben Kap. 6 I 2 a. 99 BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (205). 100 Dazu bereits oben Kap. 1 I 2 a; vgl. auch Kopp/Ramsauer, § 42, Rn. 4; Sachs, in: St/B/S, § 42, Rn. 4. 101 Die landesrechtlich zu beantwortende Frage, wer für die Entscheidung über die Rückwirkung zuständig ist und ob eine Zustimmung von demokratisch legiti-
II. Die Neuregelung in § 215 a BauGB
251
Ebenso wenig bedarf es einer erneuten Abwägung, 1 0 2 da diese korrekt erfolgt war. Aus § 215 a Abs. 2 BauGB folgt kein derartiges Erfordernis. Der Gesetzgeber hat eine bloße Ermessensentscheidung über die Frage der Rückwirkung ausreichen lassen und keine Abwägung angeordnet. 103 Es gelten allerdings dieselben Grundsätze, wie bei der Unterbrechung der Planung. Die Änderung der Verhältnisse kann zur Unzulässigkeit des Abwägungsergebnisses führen, was zur Folge hat, daß der Plan nicht mehr mit diesem Inhalt beschlossen und damit auch nicht rückwirkend geheilt werden kann. 1 0 4 Die Tatsache, daß die Satzung bereits vollzogen ist, ändert nichts an der Zulässigkeit der Rückwirkung, da diese gerade die Rechtssicherheit für frühere Entscheidungen bezweckt. 105 Die Rechtsfolge besteht darin, daß an die Stelle des nichtigen Planes ein neuer, identischer Plan t r i t t , 1 0 6 so daß alle bisher ergangenen Rechtsakte eine Rechtsgrundlage erhalten. 107 b) Verfassungsrechtliche
Problematik
Die Verfassungswidrigkeit des § 215 a Abs. 2 BauGB könnte sich aus dem Verstoß gegen das allgemeine Rückwirkungsverbot ergeben, das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen selbständigen, aus den Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Verfahrensgrundsatz darstellt. Es schützt
mierten Organen erforderlich ist, bleibt davon unberührt, so auch BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (205), m.w.N.; Dolde/Menke., NJW 1999, S. 1070 (1081, Fn. 171); vgl. für die Rechtslage in Bayern BayVGH, Beschluß vom 28.9.2000, NVwZ-RR 2001, S. 117 f., wonach ein Plan bei einem Bekanntmachungsfehler durch den ersten Bürgermeister geheilt und durch ihn rückwirkend in Kraft gesetzt werden darf, ohne daß es eines Ratsbeschlusses bedarf. 102 Ständ. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (204); Beschluß vom 10.11.1998, BauR 1999, S. 375 (376), m.w.N.; Schmaltz, in: Schrödter, § 215 a, Rn. 95. 103 Darin liegt die Besonderheit der Regelung. Nachdem eine Abwägung nicht rückwirkend erfolgen darf, konnte der Gesetzgeber die Rückwirkung nur dadurch anordnen, daß er auf dieses Erfordernis verzichtete; vgl. zur grundlegenden Problematik oben Kap 4 I I 1. 104 BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (204 f.); Beschluß vom 25.2.1997, ZfBR 1997, S. 206 (207 ff.); Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/ Söfker, Rn. 171. 105 BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BauR 1999, S. 376 f.; Jäde, in: J/D/W, § 215 a, Rn. 12. 106 BVerwG, Beschluß vom 6.5.1993, BVerwGE 92, 266 (271); Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 441. 107 BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (270); Battis, in: B / K / L , § 215a, Rn. 12; Bielenberg, in: E/Z/B, §215, Rn. 209; Dürr, in: Brügelmann, § 215 a, Rn. 20.
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6. Kap.: Die Heilungsinstrumente
das Vertrauen des Bürgers in die Beibehaltung der Rechtslage. Ausnahmen können sich dann ergeben, wenn es eine schutzwürdige Vertrauensposition nicht gibt, etwa weil der Bürger damit rechnen muß, daß der Eintritt einer Rechtsfolge rückbezogen w i r d . 1 0 8 Gleiches gilt für das Vertrauen in die Ungültigkeit einer formell fehlerhaften Satzung nach dem BauGB bzw. eines Flächennutzungsplanes. Dieses ist nicht schutzwürdig, insbesondere dann nicht, wenn der Inhalt der Pläne rechtmäßig i s t . 1 0 9 Es muß in solchen Fällen wegen § 215 a Abs. 2 BauGB mit einer rückwirkenden Fehlerheilung gerechnet werden, selbst dann, wenn die Norm wegen Verfahrens- und Formfehlern allgemeinverbindlich für nichtig erklärt wurde. 1 1 0 Dem Bürger kann allenfalls ein schutzwürdiges Vertrauen in eine auf der Grundlage der ungültigen Norm erteilte Baugenehmigung zugestanden werden. Das ist aber eine Frage der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes bzw. des baurechtlichen Bestandsschutzes und verhindert nicht die erneute Inkraftsetzung des Planes. Die Rückwirkungsregelung begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. 111 Sie stellt keine Ausnahme vom allgemeinen rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot dar, sondern von der engeren Fassung des Verbotes, Bauleitpläne mit Rückwirkung zu erlassen 112 . Nachdem das Abwägungsergebnis - aufgrund der allgemeinen Anforderungen - im Zeitpunkt der Fehlerbehebung korrekt ist, durfte es der Gesetzgeber im Interesse der Planerhaltung ausreichen lassen, daß eine Ermessensentscheidung für oder gegen eine rückwirkende Heilung, die mit der Übernahme des früheren Abwägungsergebnisses verbunden ist, getroffen wird.
108
BVerfG, Beschluß vom 15.11.1967, E 22, 330 (347 f.); dazu auch BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (267); vgl. dazu auch oben Kap. 4 I I 1. 109 BVerwG, Urteil vom 10.8.2000, N V w Z 2001, S. 203 (205); Beschluß vom 23.6.1992, N V w Z 1993, S. 361; Beschluß vom 18.8.1982, BVerwGE 66, 116 (122), für die rückwirkende Geltung von Planerhaltungsregelungen; ebenso Bielenberg, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Rn. 170; Dürr, in: Brügelmann, § 215a, Rn. 15; Gassner, BauR 1993, S. 33 (35). 110 BVerwG, Urteil vom 5.12.1986, BVerwGE 75, 262 (267 f.); Dürr, in: Brügelmann, § 215a, Rn. 15; anders für die gesetzliche Heilungsregelung des § 183 f Abs. 2 BBauG (1979) BVerwG, Beschluß vom 18.8.1982, a.a.O. 111 Stüer, Bebauungsplan, D, Rn. 440; Gassner, BauR 1993, S. 33 (37), für die Vorgängerregelung; a.A. Hüttenbrink, BauR 1999, S. 351 (356), der von denkbaren Verfassungsverstößen spricht, ohne dies näher zu begründen. 112 Ebenso für die identische Vorgängerregelung Finkelnburg, in: FS für Schlichter, S. 301 (310); vgl. auch oben Kap. 4 I I 1.
7. Kapitel
Ausblick: Die Erweiterung des Planerhaltungsgrundsatzes Der Planerhaltungsgrundsatz hat die Gesetzgebung und die Rechtsprechung im Bauplanungsrecht in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt. Dies geschah teilweise unbewußt,1 zum Teil in der Erkenntnis, nach einem einheitlichen Grundsatz zu handeln,2 zumindest aber lange Zeit ohne ausreichende dogmatische Fundierung. Es kann nicht bestritten werden, daß der Planerhaltungsgrundsatz bereits vor seiner Bezeichnung als solcher der Judikatur der Verwaltungsgerichte ebenso wie den Regelungen des Bauplanungsrechts zugrundegelegen hat. 3 Er bildet nach der Terminologie von Larenz 4 ein „offenes Rechtsprinzip " im Sinne eines „leitenden Rechtsgedankens" 5 und stellt selbst keine Sollensnorm dar, kann aber „ Grund, Kriterium und Rechtfertigung" 6 einer solchen sein. Dazu bedarf es noch einer Überführung in verbindliche Regelungen. Diese ist durch Gesetz und teilweise auch durch richterliche Rechtsfortbildung in Form der Planerhaltungsinstrumente erfolgt. Dem Planerhaltungsgrundsatz kam dabei die Funktion eines übergeordneten Rechtsgedankens zu, der aus seinen Konkre-
1
Dazu Hoppe, in: Abwägung im Recht, S. 133 (154). Zu den frühen Ansätzen, ein einheitliches Prinzip herauszubilden, dürfte etwa die viel zitierte Aussage des Bundesverwaltungsgerichts zu rechnen sein, wonach die §§ 155 a und b BBauG (1979) „Ausdruck einer sachangemessenen Tendenz> Bebauungspläne gegenüber Formanforderungen zu halten, " seien, vgl. BVerwG, Urteil vom 7.9.1979, DVB1 1980, S. 230 (232); siehe dazu auch oben Kap. 2 I I 3 b. Gleiches gilt für die Forderung Schlichters, eine materiell ordnungsgemäße Planung dürfe nicht „ohne Not" an einem zu engen Verständnis von Form- und Verfahrensvorschriften scheitern, ZfBR 1985, S. 107 (110). 3 So auch Kommissionsbericht, Rn. 105, 110; Dolde, N V w Z 1996, S. 209 (211); Hoppe, in: FS für Schlichter, S. 87 (91); Schliepkorte/Stemmler, BBauBl 1996, S. 827 (829); entsprechendes dürfte für das Fachplanungsrecht gelten, näher dazu Gaentzsch, DVB1 2000, S. 741 (749). 4 Larenz, Methodenlehre, S. 474 ff., 479 f. 5 Vgl. Battis, in: B / K / L , Vor §§ 214-216, Rn. 7; Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1409); Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 574; hiervon ist auch bei der oben vorgenommenen Einordnung ausgegangen worden, vgl. Kap. 1 I I 1. 6 Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1408). 2
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7. Kap.: Ausblick
tisierungen erkennbar wird, wobei umgekehrt diese aus ihrer Verbindung zu dem einheitlichen Grundsatz deutlich werden. 7 O b der Planerhaltungsgrundsatz damit seine endgültige F o r m erreicht hat, ist fraglich. Es könnte eine weitere Verdichtung des „offenen" Prinzips zu einer unmittelbar anwendbaren Regel i n F o r m eines „rechtssatzförmigen" Prinzips 8 erfolgen, das als solches bindend wäre. Z w a r sind die Übergänge zwischen beiden Stufen fließend, 9 der wesentliche Unterschied liegt aber i n der stärker ausgeprägten B i n d u n g für den Rechtsanwender. Derartige Forderungen wurden verschiedentlich e r h o b e n . 1 0 Der Bundesgesetzgeber ist ihnen bei Erlaß des B a u R O G nicht gefolgt und hat die v ö l l i g e Überantwortung der Sanktionsfolgen an den Normanwender
abgelehnt. 1 1 A u c h die
Rechtsprechung tendiert dazu, die Grenzen der Planerhaltung stärker zu bet o n e n . 1 2 N u r i n vereinzelten Bereichen besteht noch R a u m für eine
richter-
rechtliche A u s w e i t u n g der Erhaltungsinstrumente. 1 3 So hat das Bundesver7
Zur zugrundeliegenden Funktionsweise siehe Larenz, Methodenlehre, S. 475. Zum Begriff Larenz, Methodenlehre, S. 479 f., wonach die rechtssatzförmigen Prinzipien eine Mittelstellung zwischen offenen Prinzipien, die sie konkretisieren, und Rechtsnormen mit weit gefaßtem Tatbestand einnehmen. 9 Hoppe/Henke, DVB1 1997, S. 1407 (1408), unter Berufung auf Larenz, Methodenlehre, S. 480. 10 Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1014); ders., NJW 1999, S. 1834, wonach der Planerhaltungsgrundsatz in Zweifelsfällen stets den Ausschlag für die Erhaltung geben soll; dazu auch ders, NJW 2000, S. 1241; in dieselbe Richtung Steiner, N V w Z 1994, S. 313 (317 f.), der sich für eine Ausweitung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das Aufsichtsverfahren ausspricht; vgl. vor Inkrafttreten des BauROG auch Hoppe, DVB1 1994, S. 1033 (1041), unter Berufung auf Sendler, in: Aktuelle Fragen des Planfeststellungsrechts, S. 9 (28 ff., 33 f., 36 ff.); jedoch bereits einschränkend Hoppe, DVB1 1996, S. 12 (17 ff.), der ein rechtssatzförmiges Prinzip ablehnt, die Fortentwicklung nach der gesetzlichen Neuregelung durch das BauROG aber den Gerichten überlassen will. Ablehnend Bartlsperger, DVB1 1996, S. 1 (1, 10 f.); Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 27 f.; Erbguth/Wagner, E, Rn. 264; vgl. im Anschluß daran auch Redeker, N V w Z 1996, S. 126 (128), und Spannowsky, DÖV 1996, S. 1017 (1023 f.). Für eine differenzierte Lösung Stüer, in: Handbuch des öffentlichen Baurechts, B, Rn. 618 f.; die Frage für das Fachplanungsrecht offen lassend Henke, Planerhaltung, S. 49 f., m.w.N. 8
11
BT-Drs. 13/6392, S. 73, unter Berufung auf den Kommissionsbericht, Rn. 126. Siehe auch Kommissionsbericht, Rn. 107 f., wonach es Sache des Gesetzgebers sei, die Fehlerfolgen im Bauplanungsrecht zu regeln; vgl. dazu oben Kap. 2 I V 3. 12 In diese Richtung BVerwG, Beschluß vom 6.2.1995, Buchholz 406.11, § 12 BauGB, Nr. 20, S. 2; ebenso V G H Kassel, Beschluß vom 18.12.1998, NuR 1999, S. 398 (401), wo die Nachholbarkeit von Beteiligungserfordernissen bei Erlaß einer naturschutzrechtlichen Verordnung verneint wird; siehe dazu auch die Nachweise bei Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1018 ff.), der sich gegen derartige einschränkende Tendenzen in der Rechtsprechung ausspricht. 13 Siehe etwa Bay VGH, Beschluß vom 20.9.1999, VGHE n.F. 52, 155 ff., wo im Interesse der Fehlerbehebung bei einem Planfeststellungsbeschluß eine Analogie zu § 94 VwGO angenommen wird.
7. Kap.: Ausblick
waltungsgericht in einer Entscheidung klargestellt, daß es keinen Rechtssatz des Inhalts gebe, „daß die Gültigkeit eines Bebauungsplanes, der an einem Ausfertigungsmangel leidet und deshalb nach dem einschlägigen Landesrecht als unwirksam zu qualifizieren ist, nach Ablauf eines gesetzlich nicht näher bestimmten Zeitraumes oder nach Verwirklichung der in ihm enthaltenen Festsetzungen nicht mehr in Frage gestellt werden darf". 14 Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof betonte jüngst in einem Urteil, daß der Gesetzgeber Erhaltungsregelungen erlassen habe, wo „ihm die Normerhaltung ein besonderes Anliegen war"} 5 Dieser Auffassung ist zu folgen. Im Umkehrschluß kann dort, wo es an solchen Regelungen fehlt, nur geringer Spielraum für eine über die allgemeinen Erhaltungsmechanismen hinausgehende Planerhaltung bleiben. Die Erweiterung hin zu einem bindenden Rechtsgrundsatz wird vor dem Hintergrund des Vorbehalts des Gesetzes regelmäßig einer gesetzlichen Entscheidung bedürfen. Wie auch bisher kann die Rechtsprechung allenfalls partiell tätig werden. 16 Dabei muß aber der entgegengesetzte Grundsatz der Sanktionierung von Mängeln, der oftmals zu Unrecht mit dem früher bestehenden Nichtigkeitsdogma gleichgesetzt wird, stets Berücksichtigung finden. Ein gerechter Ausgleich zwischen Planerhaltung und Fehlersanktionierung ist im Wege der praktischen Konkordanz zu finden. Entsprechendes gilt auch für die Ausweitung des Grundsatzes der Planerhaltung zu einem Normerhaltungsgrundsatz, wie dies bereits angeregt wurde. 17 Es bedürfte dazu einer gesetzgeberischen Entscheidung, bei der die Frage, inwieweit sich die Besonderheiten des Bauplanungsrecht auf andere Normen übertragen lassen, Berücksichtigung finden müßte. Abschließend läßt sich feststellen, daß der Gesetzgeber mit der Schaffung der §§ 214 bis 216 BauGB die verfassungsrechtlich zulässigen Spielräume weitgehend ausgeschöpft hat und damit dem Bedürfnis nach Planerhaltung in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Eine Festschreibung eines verbindlichen Grundsatzes der Planerhaltung bedarf es nicht.
14
BVerwG, Beschluß vom 6.2.1995, Buchholz 406.11, § 12 BauGB, Nr. 20, S. 2. Bay VGH, Urteil vom 11.4.2000, BayVBl 2000, S. 531 ff., auf die Planerhaltungsregelungen der §§ 214 f. BauGB hat das Gericht nur im Wege eines erst-rechtSchlusses zurückgegriffen und dabei betont, daß bei Verfahrensmängeln bei der Aufstellung von Wasserschutzgebietsverordnungen nicht ohne besondere Rechtfertigung die Fehlerfolgenregelungen für Verwaltungsakte herangezogen werden könnten. 16 Dies verkennt Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1015 f.), wenn er von der Entwicklung der Planerhaltung durch die Rechtsprechung ausgeht. Diese ist nur in eingeschränkten Bereichen geglückt, etwa bei dem von ihm herangezogenen ergänzenden Verfahren im Fachplanungsrecht. 17 Hoppe, in: FS für Schlichter, S. 87 (102); zustimmend Sendler, in: FS für Hoppe, S. 1011 (1013 ff.). 15
Zusammenfassung in Thesen 1. Die Fehlerbehandlung im Verwaltungsrecht liegt im Schnittfeld widerstreitender verfassungsrechtlicher Prinzipien, die sowohl für die Rechtserhaltung als auch für die Sanktionierung sprechen können. Sie muß daher abwägend - differenzierend und ohne Verabsolutierung einzelner Fehlerdirektiven erfolgen. 2. Die Fehlerfolgensystematik des monistischen und des dualistischen Regelungsmodells wird bei den anerkannten Rechtsformen im Interesse der Rechtserhaltung vielfach durchbrochen. 3. Der Grundsatz der Planerhaltung stellt ein offenes Rechtsprinzip dar, das zum einen auf die Beschränkung der Fehlerfolgen bei planerischen Hoheitsakten - in Abweichung von den für die jeweilige Rechtsform grundsätzlich geltenden Sanktionen - gerichtet ist und zum anderen auf die Inkraftsetzung unwirksamer Pläne unter vereinfachten Voraussetzungen. Es handelt sich um einen einfachrechtlichen Rechtsgrundsatz mit zugleich materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Komponente. 4. Gegenstand der Planerhaltung ist begriffsnotwendig ein „Plan" als besondere Form des hoheitlichen Handelns. Der Plan stellt keine eigene Rechtsform dar sondern lediglich eine inhaltliche Kategorie, die sich verschiedener Rechtsformen als Trägermedium bedient. Die Eigenart des Planerhaltungsgrundsatzes liegt ebenfalls im inhaltlichen Bereich, da seine Instrumente nicht an bestimmten Rechtsformen orientiert sind, sondern mit den Wesensmerkmalen des Planungsrechts zusammenhängen. 5. Die Planerhaltungsinstrumente des Bauplanungsrechts wurden seit Erlaß des BBauG vom Gesetzgeber kontinuierlich ausgeweitet. Die Folgenbegrenzungsregelungen setzten sich gegenüber alternativen Versuchen, die erhöhte Fehleranfälligkeit zu beheben, durch. 6. Die gesetzliche Begrenzung der Fehlerfolgen stellt hinsichtlich der Verfahrens- und Formfehler den geeignetsten Weg dar, um der Problematik der Funktionsschwäche von Bauleitplänen zu begegnen. Prozessuale Erhaltungsinstrumente kommen dagegen ebensowenig wie eine umfassende Abschaffung von Verfahrenserfordernissen in Betracht. 7. Die absolute Unbeachtlichkeit von Fehlern nach § 214 BauGB bewirkt nur den Nichtigkeitausschluß und läßt die Rechtswidrigkeit von Plänen unberührt, die im Verhältnis zu Aufsichtsbehörden weiterhin zu berücksichti-
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gen ist. Die in § 214 BauGB für beachtlich erklärten Mängel führen, vorbehaltlich des § 215 a BauGB, zur Nichtigkeit des Planes, da aufgrund des abschließenden Charakters der Regelung eine Planerhaltung durch Rückgriff auf ungeschriebene Grundsätze ausscheidet. 8. Die Gerichte können bei Vorliegen eines von § 215 Abs. 1 BauGB erfaßten Fehlers die Nichtigkeit des Planes während des offenen Fristlaufs uneingeschränkt feststellen. Soweit die Hinweispflicht nach § 215 Abs. 2 BauGB erfüllt worden ist bzw. ein fehlerhafter Hinweis geheilt wurde, bleibt nach rügelosem Ablauf der Jahresfrist bzw. der Frist von sieben Jahren nur die Rechtswidrigkeit des Planes bestehen, die Unwirksamkeit entfällt ex tunc. Der Plan entfaltet seine Rechtswirkungen von Beginn an. Die ordnungsgemäße Rügeerhebung hat zur Folge, daß der Nichtigkeitsausschluß ausbleibt. Der Plan ist von Anfang an unwirksam. 9. Die Unbeachtlichkeitsklauseln der §§ 214 und 215 BauGB stellen eine materielle Regelung der Fehlerfolgen dar. Der betreffende Plan ist aufgrund der gesetzlichen Anordnung rechtswidrig, aber nicht nichtig und damit rechtswirksam. Bei der relativen Unbeachtlichkeit tritt diese Folgenbegrenzung nach Ablauf der Rügefrist rückwirkend auf den Erlaßzeitpunkt ein. Die Rüge selbst berührt die Qualität der Pläne nicht, da ein qualitativer Wandel nur durch den Eintritt der Rechtsfolge des § 215 BauGB hervorgerufen werden kann. Sie stellt ein negatives Tatbestandsmerkmal dar, an das der Gesetzgeber angeknüpft hat, um Fehler, die sich im konkreten Fall als unwesentlich erwiesen haben, nicht der Nichtigkeitssanktion zu unterwerfen. 10. Die Unbeachtlichkeitsregelungen für Verfahrens- und Formfehler sind verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Vorschriften, die aus Gründen des Grundrechtsschutzes und aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten heraus besonders schutzbedürftig sind, wurden aus der Fehlerfolgenbegrenzung ausgeklammert bzw. durch die gesetzliche Festlegung des Auskunftsanspruches besonders abgesichert. Das Überwiegen der Rechtssicherheitsinteressen nach Verstreichen der Jahresfrist rechtfertigt die relative Unbeachtlichkeit der von § 215 Abs. 1 BauGB erfaßten formellen Fehler. 11. Die Einräumung der planerischen Gestaltungsfreiheit und die diese ausfüllende planerische Abwägung stellen spezifische Wesenselemente rechtsstaatlicher Planung dar, die in anderen Rechtsfiguren allenfalls ansatzweise Parallelen finden. Beide lassen die besondere Abwägungskontrolle für untergesetzliche Pläne, die sog. Abwägungsfehlerlehre, erforderlich werden. Darüber hinaus spielt die Ausgleichsfunktion der Planung für konkrete Belange eine besondere Rolle, die eine Verpflichtung zur Einzelfallgerechtigkeit mit sich bringt. 12. Die im wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelte Abwägungsfehlerlehre hat nicht unerheblich zu der erhöhten Fehleranfälligkeit 17 Käß
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von Plänen beigetragen. Durch die allgemeinen Erhaltungsinstrumente konnte keine Ausbalancierung der Fehlersanktionierung erreicht werden, da diese den speziellen planungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wurden. Ebensowenig ließ sich das im Fachplanungsrecht richterrechtlich entwickelte Instrument der Planergänzung wegen der Besonderheiten der Rechtsformen des Bauplanungsrechts übertragen. 13. Fehlerfolgen von Abwägungsmängeln werden durch § 214 Abs. 3 Satz 2 und § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB begrenzt. Die Regelungen knüpfen an die herrschende Abwägungsdogmatik an und sind nur vor dem Hintergrund der Abwägungsfehlerlehre verständlich. 14. Die Unterscheidung zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis erweist sich bei der Betrachtung aus dem Blickwinkel der Kontrollinstanzen als Differenzierung der Kontrollmaterie. Der unterschiedliche Gegenstand läßt die Prüfung auf dieselben Fehlertypen hin nicht überflüssig erscheinen. Die Maßstabsgleichheit dient der Einheitlichkeit der Abwägungskontrolle. Eine exakte Typisierung der Fehlerarten nach solchen im Vorgang und im Ergebnis muß nicht vorgenommen werden. Vielmehr ist aus prozeßökonomischen Gründen heraus häufig eine Einzelfallprüfung anhand der jeweiligen Umstände angebracht, um Abwägungsmängel aufzudecken. 15. Die Offensichtlichkeit gem. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erfaßt regelmäßig zwei Gesichtspunkte, zum einen das Verbot der Erforschung innerer Motive, d.h. des inneren Vorganges, zum anderen die Feststellbarkeit der Mängel aus den Akten und den Planbegründungen. Beide stimmen im Regelfall überein. Soweit in Sonderfällen innere Vorstellungen einzelner Mitglieder aus objektiven Erkenntnisquellen ersichtlich werden, sind diese nicht als offensichtlich anzusehen. In Fällen, in denen der äußere Vorgang ausnahmsweise nicht ermittelbar ist, weil die heranzuziehenden Erkenntnisquellen Lücken aufweisen, muß im jeweiligen Einzelfall durch Auslegung der vorhandenen Materialien ermittelt werden, ob ein Abwägungsfehler gegeben ist. Es ist nicht erforderlich, daß stets positive Hinweise in den Unterlagen festgestellt werden, um einen offensichtlichen Mangel bejahen zu können. 16. Das Kriterium der Offensichtlichkeit schirmt die Abwägung insoweit ab, als es die Motive der Ratsmitglieder als Fehlerquelle ausschließt und eine weitere Ausdehnung der Vorgangskontrolle verhindert. Seine Prüfung ist in der Praxis auf der Ebene vor der Feststellung eines Fehlers anzusiedeln, so daß die Trennung zwischen Fehlersuche und Beachtlichkeit des Fehlers in diesem Bereich regelmäßig keine Rolle spielt. Beim Merkmal der Offensichtlichkeit kommt die prozessuale Dimension der Folgenbegrenzungsregelungen stärker zum Ausdruck.
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17. Der Einfluß des Fehlers auf das Abwägungsergebnis gem. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB stellt eine echte Folgenbegrenzung für Abwägungsmängel im Vorgang dar. Danach muß die konkrete Möglichkeit bestehen, daß bei Unterbleiben des Fehlers ein anderes Abwägungsergebnis erzielt worden wäre. Erscheint eine Alternativplanung nur abstrakt denkbar, ist der Verstoß mangels ausreichender Ergebnisbeeinflussung unbeachtlich. 18. Die absolute Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist verfassungsgemäß. Durch die Offensichtlichkeit wird die Kontrollintensität der Vorgangskontrolle in zumutbarer Weise eingeschränkt. Die Ergebnisrelevanz führt nur zur Unbeachtlichkeit von Abwägungsvorgangsmängeln, die sich nicht im Ergebnis niedergeschlagen haben. Sie läßt die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses unberührt und ist daher vor dem Hintergrund des Grundsatzes der dienenden Funktion des Abwägungsvorganges verfassungsrechtlich unbedenklich. 19. Durch § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird nur der allgemeine Grundsatz festgelegt, daß für die Überprüfung von Abwägungsvorgang und -ergebnis der Zeitpunkt der Beschlußfassung maßgeblich ist. Ergeben sich bis zum Inkrafttreten des Planes erheblichen Änderungen der Sach- und Rechtslage, ist zusätzlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen, da aus rechtsstaatlichen Gründen heraus ein inhaltlich fehlerhafter Plan nicht in Kraft gesetzt werden darf. Die zweite Prüfung erfaßt nicht den Abwägungsvorgang, der mit Beschlußfassung endet. Der Regelung kann keine planerhaltende Wirkung entnommen werden. 20. Die relative Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern nach sieben Jahren gem. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erfaßt Mängel im Vorgang und im Ergebnis. Der Nichtigkeitsausschluß für Abwägungsfehler, die zugleich einen Verstoß gegen das Grundgesetz beinhalten, ist verfassungsrechtlich unzulässig. Es bedarf einer teleologischen Reduktion des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dahingehend, daß die Unbeachtlichkeit nach Ablauf der 7-JahresFrist nur dann eintritt, wenn das Abwägungsergebnis zu diesem Zeitpunkt rechtlich unbedenklich ist. 21. Die absolute Unbeachtlichkeitsregelung für Verstöße gegen das Entwicklungsgebot in § 214 Abs. 2 BauGB findet ihre Grenze an bewußten Verletzungen und an der Beachtung der geordneten städtebaulichen Entwicklung für den über den jeweiligen Bebauungsplan hinausgehenden Bereich. Sie erfaßt nur die unmittelbar genannten Mängel und ist als verfassungsrechtlich unbedenklich anzusehen. 22. Die Fehlerheilung durch Wiederholung des Verfahrens ab dem fehlerhaften Schritt (Fehlerkorrekturverfahren) wurde von der Rechtsprechung bereits vor Inkrafttreten des BauROG für alle Arten von Mängeln anerkannt. Sie kann auch nach Nichtigerklärung eines Planes im Normenkontrollver17*
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fahren erfolgen. Der Umfang der ggf. erforderlichen Abwägung richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Es müssen nur diejenigen Teile wiederholt werden, die fehlerinfiziert sind, nicht aber abtrennbare mangelfreie Bereiche. 23. Das ergänzende Verfahren beruht auf den Grundsätzen des Fehlerkorrekturverfahrens. Die Nichtentfaltung von Rechtswirkungen weist keine wesentlichen Unterschiede zur Nichtigkeit auf. Die Feststellung der Nichtigkeit eines Planes steht auch künftig einer Heilung durch Wiederholung der späteren Verfahrensschritte nicht entgegen. 24. Die rückwirkende Heilung ist nur bei Verfahrens- und Formfehlern statthaft. Ob eine Fehlerbehebung mit Rückwirkung erfolgt, steht im Ermessen des Planers. Aus bundesrechtlicher Sicht sind über die Anforderungen des ergänzendes Verfahrens hinaus keine besonderen Verfahrensschritte erforderlich, insbesondere keine erneute Abwägung.
Anhang Wortlaut des § 155a BBauG i.d.F. der Bekanntmachung vom 18.8.19761 § 155 a Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften beim Zustandekommen von Satzungen. Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzes beim Zustandekommen von Satzungen nach diesem Gesetz ist unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich unter Bezeichnung der Verletzung innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten der Satzung gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist. Dies gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Genehmigung oder die Veröffentlichung der Satzung verletzt worden sind. Bei der Veröffentlichung der Satzung ist auf die Rechtsfolgen nach den Sätzen 1 und 2 hinzuweisen. Die Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans hinsichtlich der Berücksichtigung der sozialen Belange bestimmt sich allein nach § 1 Abs. 6 und 7, hinsichtlich der Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung allein danach, ob das Verfahren nach § 2a Abs. 6 eingehalten worden ist.
Wortlaut der §§ 155a bis 155c BBauG i.d.F. vom 6.7.1979 2 § 155 a Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen. (1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften dieses Gesetzes bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen oder von Satzungen nach diesem Gesetz ist unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen. (2) Die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder Bebauungsplans bestimmt sich hinsichtlich der Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung allein danach, ob das Verfahren nach § 2a Abs. 6 und 7 eingehalten worden ist; für dieses Verfahren gilt Absatz 1. (3) Absatz 1 gilt nicht für die Verletzung von Vorschriften über die Genehmigung und die Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung. (4) Bei der Bekanntmachung der Genehmigung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von
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BGBl. I S. 2256, ber. S. 3617. Art. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6.7.1979, BGBl. I S. 949. 2
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Verfahrens- oder Form Vorschriften und die Rechtsfolgen (Absätze 1 und 3) hinzuweisen. (5) Behebt die Gemeinde einen Fehler, der sich aus der Verletzung von Vorschriften über die Genehmigung und die Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder einer Satzung ergibt, oder einen sonstigen Verfahrens- oder Formfehler nach diesem Gesetz oder nach Landesrecht, kann sie den Flächennutzungsplan oder die Satzung mit Rückwirkung erneut in Kraft setzen.
§ 155 b Verletzung sonstiger Vorschriften über die Bauleitplanung. (1) Für die Rechtswirksamkeit eines Bauleitplans sind Mängel, die sich aus der Verletzung einer oder mehrerer der nachstehend bezeichneten Vorschriften ergeben, unbeachtlich, wenn die Grundsätze der Bauleitplanung und die Anforderungen an die Abwägung (§ 1 Abs. 6 und 7) gewahrt sind: 1. die Ergebnisse einer Entwicklungsplanung, die städtebaulich von Bedeutung sind, sind bei der Aufstellung des Bauleitplans unzureichend berücksichtigt worden (§ 1 Abs. 5 Satz 1); 2. einzelne von der Bauleitplanung berührte Träger öffentlicher Belange sind an der Aufstellung des Bauleitplans nicht beteiligt worden ( § 2 Abs. 5); 3. der Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (§ 5 Abs. 7) oder die Begründung zum Bebauungsplan (§ 9 Abs. 8) oder zu dem nach § 2a Abs. 6 Satz 1 auszulegenden Entwurf des Bauleitplans ist unvollständig; 4. Grundsätze für soziale Maßnahmen sind in der Begründung zum Bebauungsplan nicht dargelegt worden (§ 13 a Abs. 1); 5. die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 2 Abs. 2) oder an die in § 8 Abs. 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans sind nicht richtig beurteilt worden; 6. § 8 Abs. 2 ist hinsichtlich des Entwickeins des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden, ohne daß hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist; 7. der Bebauungsplan ist aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplanes herausstellt; 8. im Parallel verfahren ist gegen § 8 Abs. 3 verstoßen worden. Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 der Erläuterungsbericht oder die Begründung in den für die Abwägung wesentlichen Beziehungen unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. (2) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bauleitplan maßgebend. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind.
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§ 155 c Aufgabe der Genehmigungsbehörde. Die Verpflichtung der für die Genehmigung des Flächennutzungsplans oder der Satzung zuständigen Behörde, die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen, deren Verletzung sich nach den §§ 155 a und 155 b auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung nicht auswirkt, bleibt unberührt.
Wortlaut der §§ 214 bis 216 BauGB i.d.F. vom 8.12.19863 Vierter Abschnitt. Wirksamkeitsvoraussetzungen § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen. (1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn 1. die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange nach § 3 Abs. 2 und 3, §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2, § 22 Abs. 10 Satz 2 und § 34 Abs. 5 Satz 1 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn bei Anwendung der Vorschriften einzelne berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt oder bei Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 oder des § 13 die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind; 2. die Vorschriften über den Erläuterungsbericht und die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Abs. 5, § 9 Abs. 8 und § 22 Abs. 11 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn der Erläuterungsbericht oder die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzungen oder ihrer Entwürfe unvollständig ist; 3. ein Beschluß der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefaßt, eine Genehmigung nicht erteilt, das Anzeigeverfahren nicht durchgeführt, die Satzung unter Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Satz 2 in Kraft gesetzt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 der Erläuterungsbericht oder die Begründung in den für die Abwägung wesentlichen Beziehungen unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. (2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch eine Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan nach § 8 Abs. 2 bis 4 unbeachtlich, wenn 1. die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplanes (§ 8 Abs. 2 Satz 2) oder an die in § 8 Abs. 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind; 3
BGBl. I S. 2253.
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2. § 8 Abs. 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickeins des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne daß hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist; 3. der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt; 4. im Parallelverfahren gegen § 8 Abs. 3 verstoßen worden ist, ohne daß die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. (3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bauleitplan maßgebend. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind.
§ 215 Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften sowie von Mängeln der Abwägung, Behebung von Fehlern (1) Unbeachtlich sind 1. Eine Verletzung der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Verfahrensund Formvorschriften und 2. Mängel der Abwägung wenn sie nicht in den Fällen der Nummer 1 innerhalb eines Jahres, in Fällen der Nummer 2 innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind; der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, ist darzulegen. (2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans und der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und von Mängeln der Abwägung sowie die Rechtsfolgen (Absatz 1) hinzuweisen. (3) Die Gemeinde kann einen Fehler, der sich aus der Verletzung der in § 214 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften ergibt, oder einen sonstigen Verfahrens- oder Formfehler nach Landesrecht beheben; dabei kann die Gemeinde den Flächennutzungsplan oder die Satzung durch Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens in Kraft setzen. Der Flächennutzungsplan und die Satzung können auch mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden.
§ 216 Aufgaben im Genehmigungs- und Anzeige verfahren Die Verpflichtung der für das Genehmigungs- und Anzeigeverfahren zuständigen Behörde, die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen, deren Verletzung sich nach den §§214 und 215 auf die Rechts Wirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung nicht auswirkt, bleibt unberührt.
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Wortlaut des § 9 BauGBMaßnG i.d.F. vom 17.5.19904 § 9 Unbeachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften (1) Für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist eine Verletzung von Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange, das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan und das Anzeigeverfahren nach § 3 Abs. 2 und 3, den §§ 4, 8, 11 Abs. 1 Halbsatz 2 und § 13 Abs. 1 des Baugesetzbuchs unbeachtlich, wenn bei Anwendung des § 1 Abs. 2 und des § 2 die Voraussetzung, daß durch die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplans ein dringender Wohnbedarf der Bevölkerung gedeckt wird, nicht richtig beurteilt worden ist. (2) Für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist unbeachtlich, wenn 1. ein Hinweis nach § 2 Abs. 2 Satz 2, nach dem die Bürger im Rahmen des Auslegungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 des Baugesetzbuchs Gelegenheit zur Erörterung haben, nicht erfolgt ist; 2. den Bürgern nach § 2 Abs. 2 Satz 2 keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben worden ist. (3) Auf die Satzungen nach § 4 Abs. 2a und 4 und § 7 sind die §§ 214 bis 216 des Baugesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Für die Rechts Wirksamkeit einer Satzung nach § 4 Abs. 2 a ist unbeachtlich, wenn die Voraussetzung, daß die einbezogenen Flächen durch eine überwiegende Wohnnutzung des angrenzenden Bereichs geprägt sind, nicht richtig beurteilt worden ist. Für die Rechtswirksamkeit einer Satzung nach § 7 ist unbeachtlich, wenn die Voraussetzung, daß die Vorhaben ohne Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans nicht zugelassen werden können, nicht richtig beurteilt worden ist oder eine Verlängerung der Frist im Anzeigeverfahren nach § 7 Abs. 3 Satz 6 nicht erfolgt ist. (4) Die Anwendung der §§ 214 bis 216 des Baugesetzbuchs auf Bebauungspläne, die nach den §§ 1, 2 und 2 a aufgestellt, geändert oder aufgehoben werden, bleibt im übrigen unberührt.
Wortlaut der §§ 214 bis 216 BauGB i.d.F. vom 27.8.19975 Vierter Abschnitt. Planerhaltung § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen. (1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn 1. die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange nach § 3 Abs. 2 und 3, §§ 4, 4a, 13, § 22 Abs. 9 Satz 2, § 34 Abs. 5 Satz 1 und § 35 Abs. 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn 4 5
BGBl. I S. 926. BGBl. I S. 2141, ber. BGBl. 1998 I S. 137.
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bei Anwendung der Vorschriften einzelne berührte Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt oder bei Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 3 oder des § 13 die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind; 2. die Vorschriften über den Erläuterungsbericht und die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Abs. 5, § 9 Abs. 8 und § 22 Abs. 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn der Erläuterungsbericht oder die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzungen oder ihrer Entwürfe unvollständig ist; 3. ein Beschluß der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefaßt, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplanes oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 der Erläuterungsbericht oder die Begründung in den für die Abwägung wesentlichen Beziehungen unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. (2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch eine Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan nach § 8 Abs. 2 bis 4 unbeachtlich, wenn 1. die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Abs. 2 Satz 2) oder an die in § 8 Abs. 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind; 2. § 8 Abs. 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickeins des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne daß hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist; 3. der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt; 4. im Parallelverfahren gegen § 8 Abs. 3 verstoßen worden ist, ohne daß die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. (3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bauleitplan maßgebend. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind.
§ 215 Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften sowie von Mängeln der Abwägung (1) Unbeachtlich werden 1. eine Verletzung der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Verfahrensund Formvorschriften und 2. Mängel der Abwägung
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wenn sie nicht in Fällen der Nummer 1 innerhalb eines Jahres, in Fällen der Nummer 2 innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind; der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, ist darzulegen. (2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans und der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und von Mängeln der Abwägung sowie die Rechtsfolgen (Absatz 1) hinzuweisen.
§ 215 a Ergänzendes Verfahren (1) Mängel der Satzung, die nicht nach den §§214 und 215 unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, führen nicht zur Nichtigkeit. Bis zur Behebung der Mängel entfaltet die Satzung keine Rechtswirkungen. (2) Bei Verletzung der in § 214 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften oder sonstigen Verfahrens- oder Formfehlern nach Landesrecht können der Flächennutzungsplan oder die Satzung auch mit Rückwirkung erneut in Kraft gesetzt werden.
§ 216 Aufgaben im Genehmigungs- und Anzeigeverfahren Die Verpflichtung der für das Genehmigungsverfahren zuständigen Behörde, die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen, deren Verletzung sich nach den §§214 und 215 auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung nicht auswirkt, bleibt unberührt.
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baurechtliche
und
verwaltungsprozessuale
Fragen,
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Sachregister Abschaffung von Verfahrenserfordernissen 86 ff.
Abwägungsergebnis - Begriff
156
absolute Beachtlichkeit von Fehlern 110
- Doppelstellung 206
absolute Unbeachtlichkeit
- Kontrollgegenstand 175
- abschließender Charakter 105 f., 109
- Prüfungsmaßstab
- Abwägungsfehler 73, 80, 168 ff. - Begriff 45, 97
- Unterscheidung vom Abwägungsvorgang 154, 169 f., 175 ff.
- dogmatische Begründung 126 f.
- Zeitpunkt für die Kontrolle
176 f.
205 ff.,
208
- Rechtswirkungen 97 ff. - Verfahrens- und Formfehler
66, 72,
Abwägungsfehleinstellung
153
Abwägungsfehler
80 f., 95 ff. - Verfassungsmäßigkeit
131 f., 196 ff.,
- absolute Unbeachtlichkeit 73, 168 ff.
- Verstöße gegen das Entwicklungsge-
- Einfluß auf das Abwägungsergebnis Siehe Auswirkung von Abwägungsfehlern auf das Ergebnis
230
- Arten 153 f., 169
bot 72, 80, 221 ff. Abwägung - nach vollziehende 145 f. - Omnipräsenz in der Rechtsordnung 144
- Heilung 104, 161, 202, 236 f.
Abwägung, planerische
- relative Unbeachtlichkeit 81, 209 ff.
- Offensichtlichkeit Siehe Offensichtlichkeit von Abwägungsfehlern
- Abgrenzung zum Ermessen 142 ff.
Abwägungsfehlerlehre
- Begriff
- Abgrenzung lehre 156 f.
zur
Ermessensfehler-
- Abkehr 173 f.
der
Maßstabsidentität
143 f.
- Begründungsvorschriften
104,
132,
175 - Belange 144 - Beteiligungsvorschriften
- Prognoseentscheidung
- Begriff
130 f.
- Grundrechtsschutz 130 f., 195 f. - maßgeblicher Kontrollzeitpunkt 200 ff.
73,
161, 206
von
136, 151 ff.
- Beschränkung auf das Abwägungsergebnis 171 f., 177 f. - Beschränkung auf den Abwägungsvorgang 170 f.
- Rechtsstaatsgebot 176, 194
- Kontrollgegenstand
- verfassungsrechtlicher Gehalt 194 f.
- planerische Gestaltungsfreiheit
Abwägungsausfall
153, 155, 173
- Prüfungsmaßstab
Abwägungsdefizit 191
101, 153, 176, 183,
- Trennung von Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis 154, 169 ff., 174, 178 f.
Abwägungsdisproportionalität 154, 173, 176
175, 179 157
153 f., 176 ff.
- Zeitpunkt für die Kontrolle 208
Sachregister Abwägungsfehlgewichtung 176
154,
173,
287
- vorzeitig bekannt gemachter 221 - vorzeitiger 221
Abwägungsvorgang
Begründungsvorschriften
- Begriff
- absolute Unbeachtlichkeit 95
155, 182 f.
- Kontrollgegenstand 175
- Auskunftserteilungsanspruch
- Prüfungsmaßstab
- verfassungsrechtlicher Gehalt 132
- Unterscheidung
177 f. vom
Abwägungser-
gebnis 154, 169 f., 175 ff. - Zeitpunkt für die Kontrolle
Bestandskraft - von Plänen 66
aliud-These 52
- von Verwaltungsakten 120, 133
Anlaßprüfung 203
Beteiligungsvorschriften
102, 229
aufsichtsbehördliche Kontrolle
66, 73,
99, 101 f., 116, 152 Aufstellungsverfahren,
Fortsetzung bei
Unterbrechung 47 f., 232, 242 f. Auskunftsanspruch 96, 103 f., 132 Auswirkung von Abwägungsfehlern auf das Ergebnis -
Bekanntmachung 81, 96, 129, 231 Beschlußfassung 96, 129, 131
205 ff.,
208
Anzeigeverfahren
103 f.
Maßstäbe 192 ff.
- Verfassungsmäßigkeit
197 ff.
- absolute Unbeachtlichkeit 95, 107 - situative Ausrichtung von Plänen 148 - verfassungsrechtlicher Gehalt 131 f. Beweislastumkehr Siehe Planerhaltungsinstrumente bewußte Verstöße - Entwicklungsgebot 222 ff. - Verfahrens105 f.
und
Bundesbaugesetz
Baugesetzbuch
-Einführung
- Einführung 80 f., 233 f.
- Festschreibung bots 135 f.
- Novellierung 1998 Siehe BauROG Baugesetzbuch-Maßnahmengesetz 82 f., 229
Formvorschriften
59 ff., 231 des
Abwägungsge-
- Novellierung 1976 65 ff., 232 - Novellierung 1979 72 f., 232 f. - Überleitung von Altplänen 207
Bauleitplanung
Bürgerbeteiligung
- allgemein 57, 59 ff. - Funktionsstörungen 63 ff., 67, 69 f., 74 ff., 81 ff.
- frühzeitige
Baulinienplan 61
- vereinfachte
- bei rückwirkender Inkraftsetzung 250 105, 132 105
BauROG 19, 83 ff., 102, 241 Bebauungsplan - Ausgestaltung als Satzung 38 f., 52, 59 ff.
Effektivitätsgebot 29 f.
staatlichen Handelns
Entwicklungsgebot
- Ersetzbarkeit durch Planfeststellungsbeschluß 54, 167
- absolute Unbeachtlichkeit 221 ff.
- gewohnheitsrechtliches 93 f.
- bewußte Verstöße 222 ff.
- Rechtsformwechsel
84
- selbständiger 221 - übergeleiteter 54, 207
Inkrafttreten
- Anforderungen 220 f. - geordnete städtebauliche lung 224 ff. Erforderlichkeitsgebot 224 f.
149,
Entwick152 f.,
Sachregister
288 ergänzendes Verfahren
- als ergänzendes Verfahren 242
- Bauplanungsrecht 241 ff.
47 f.,
166 f.,
- BauGB 1986 233 - BBauG 232 f.
- Begriff 241 f.
- Flächennutzungsplan 246
- Fachplanungsrecht 48
- formelle Fehler 231 f.
- Fehlerarten 242 f.
- materielle Fehler 234 ff.
- Fehlerkorrekturverfahren
242
- Grundzüge der Planung 243 - Nichtigerklärung 244 ff. - Rechtsfolgen 244 ff.
der
Durchführbarkeit
- Wiederholung 244
der
Bekanntmachung
- Nichtigerklärung 237 ff., 245 f. - Rechtsfolgen 247 - Rückwirkung 249 Fehlerrüge - Form und Inhalt 112 f. -Rechtsfolgen
116,127
Erhaltungsgrundsatz
- Rügeberechtigung 112
- allgemein 22 ff.
- Unterschied zum Widerspruch
- im öffentlichen Recht 38 ff.
- Wiedereinsetzung 113
- verfassungsrechtliche Direktiven 27 ff.
Flächennutzungsplan
Erläuterungsbericht 95, 104
- ergänzendes Verfahren 246
Ermessen
- Fehlerkorrekturverfahren
- Abgrenzung zur planerischen Abwägung 141 ff.
- Rechtsform 53, 60
- allgemein 138 f.
120
246
- Verhältnis zum Bebauungsplan 230
220,
Evidenztheorie 35, 182
formeller Geltungsanspruch von Normen 238 Funktionslosigkeit 149 f., 204 f.
Fachplanungsrecht 38, 56 f.
geltungserhaltende Auslegung 39
Fehlerbegriff 31 ff.
Genehmigungspflicht
Fehlerfolgen
Genehmigungsverfahren
- bei Einzelakten 33 ff.
Gesamtplanungsrecht 56
- bei Rechtsnormen 35 f.
gewohnheitsrechtliches Inkrafttreten
Ermessensfehlerlehre, Abgrenzung zur Abwägungsfehlerlehre 156 f.
- verbindliche Entscheidung 36 f. Fehlerfolgenbegrenzung - Abgrenzung zur Heilung 45 ff. - gerichtliche Rechtsfolgenaussprüche 42, 68, 90, 162 f. - im öffentlichen Recht 39 f. - im Raumplanungsrecht 44 f. Fehlerfolgensystem - dualistisches 33 ff., 183 - monistisches 35 f. Fehlerkorrekturverfahren - Abwägungsfehler - allgemein 47 f.
236
85, 131, 229 101 f.
Siehe Bebauungsplan Grundrechte - Grundrecht auf schutz 129, 199
effektiven
- Eigentumsgrundrecht
Rechts-
130 f., 195 f.
- Vorgaben für Fehlerbehandlung 23 ff., 28 f. Grundrechtsfunktionen 28 f. Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung 24 ff., 133, 177 f. Grundrechtsverwirklichung durch staatliche Handlungen 28 f. Grundzüge der Planung 243
Sachregister Heilung - Abgrenzung zur Fehlerfolgenbegrenzung 45 f. - Begriff 46 f. - der Hinweispflicht
- Zweckschöpfung rechts 35
des
Verwaltungs-
Nichtigkeitsausschluß - durch absolute Unbeachtlichkeitsregelungen 100 f.
110
- durch relative Unbeachtlichkeitsregelungen 116
- bei Rechtsnormen 41 - bei Verwaltungsakten 40 Hei lungsinstrumente - ergänzendes Verfahren 241 ff. - Fehlerkorrekturverfahren
289
231 ff.
- rückwirkende Inkraftsetzung 248 ff. - Überblick 40 f., 47 f. interne Unbeachtlichkeitsklauseln 95 f. Kommunalaufsicht 103, 116 kommunale Selbstverwaltungsgarantie 29, 164, 196
Nichtigkeitsausschluß Siehe auch Nichtentfaltung von Rechtswirkungen Nichtigkeitsdogma 30 f., 35, 62, 68, 91, 128, 255 Nichtigkeitsgründe - Bauleitpläne 74 f., 82 - Verwaltungsakte 35 normative Alternative
125
Normenkontrolle - Erfolgsquote 63, 69, 73 f., 78, 82 - inzidente 36 - Nichtvorlagebeschwerde 79, 81
Landesrecht
- prinzipale 36 f., 67
- Fehlerheilung durch ergänzendes Verfahren 242
- Rechtsmittel 64, 78 f., 81
- Fehlerheilung durch Fehlerkorrekturverfahren 232 f.
- Statthaftigkeit vor 1976 61 f.
- Fehlerheilung durch rückwirkende Inkraftsetzung 233, 249
Normsetzungsermessen
- Satzungen des Bauplanungsrechts 67 Normerhaltungsgrundsatz
255 157 f.
lex imperfecta Siehe Ordnungsrecht
Normverwerfungskompetenz - für nachkonstitutionelle formelle Gesetze 36 f.
Mangel Siehe Fehler
- von Behörden 36 f. - von Gerichten 35
Nachbesserung Siehe Heilung und Heilungsinstrumente Nichtentfaltung von Rechtswirkungen - Rechtsfolgen 244 ff. - und Nichtigkeit 247 f. Nichtigerklärung, Rechtsfolgen 237 ff. Nichtigkeit
offenbare Unrichtigkeiten 31 offenes Rechtsprinzip 43, 253 f. Offensichtlichkeit im Verwaltungsverfahrensgesetz 181 f. Offensichtlichkeit von Abwägungsfehlern
- historische Entwicklung 33 ff.
- als Evidenzkriterium
- Rechtsfolgen 33 ff., 245 ff.
- Begrenzung auf den äußeren Abwägungsvorgang 185 f., 191 f.
- und Nichtentfaltung von Rechtswirkungen 245 ff. - von Normen 35 f. - von Verwaltungsakten 34 f. 19 Käß
-Begriff - Hinweis 187 ff.
180 ff., 196 f.
180 ff. durch
konkrete
Umstände
290
Sachregister
- Objektivierung des Nachweises 186 f., 191 f.
- Fehlerfolgenbegrenzung 44 f.
- Verfassungsmäßigkeit
- Fehlervermeidung 44
196 f., 199
- Fehlerkorrekturverfahren
231 ff.
Ordnungsrecht 32
- Feststellung des Nichtigkeitszeitpunktes 162 ff.
Plan - als formelles Gesetz 52, 158
- gewohnheitsrechtliches 92 ff.
- als Richtlinie der Politik 52
- Rechtsformwahl 44
- Ausnahmen von der Rechtsformensystematik 54
- rückwirkende Inkraftsetzung 248 ff.
Inkrafttreten
160 f.,
- Definition 50 f.
- städtebauliche Verträge 84 f.
- eigenständige Handlungsform 55
- Wesentlichkeitsrechtsprechung 88 ff.
- eigenständige Rechtsform 52, 57
planerische Abwägung Siehe Abwägung
- Einordnungsproblematik
planerische Gestaltungsfreiheit
53 f.
- offene Kategorie 55
- Abgrenzung raum 138 ff.
- Rechtsformen 51 f.
- Grenzen 140 f.
- inhaltliche Kategorie 52 f., 57
- rückwirkende Inkraftsetzung 248 ff. - Situationsbezogenheit
160 f.,
zum
- Inhalt 137 ff. - und Abwägung 146 f.
147 ff.
Planfeststellungsbeschluß
- vertragliche Instumente 52 Planergänzung
- Ersetzbarkeit 54, 167
- Definition
- Rechtsform 52
166
- im Bauplanungsrecht
Ermessensspiel-
durch
Bebauungsplan
Planfeststellungsrecht
165 ff.
- allgemeine 48 f.
- im Planfeststellungsrecht 48 Planerhaltung
Erhaltungsinstrumente
- Fehlerfolgenbegrenzungsinstrumente 45
- BauGB 1986 80 f. - BauROG 19 ff., 83 ff. - BBauG Novelle 1976 65 ff.
- Heilungsinstrumente 47 f.
- BBauG Novelle 1979 72
- planerische Gestaltungsfreiheit
- Begriff
Planrechtfertigung
19 ff., 83 f.
-Rechtsprechung
70 f.,
77,
231,
83 f.,
- offenes Rechtsprinzip 43, 85, 253 Planerhaltungsinstrumente - Abgrenzung zu allgemeinen tungsinstrumenten 48 f.
Planung - Definition 51
234 ff. Planerhaltungsgrundsatz - bindender Rechtsgrundsatz 254 f. - Definition 43
142
153
Erhal-
- Prognoseentscheidung 161 Planungsermessen Siehe planerische Gestaltungsfreiheit Planungshoheit der Gemeinden Siehe kommunale Selbstverwaltungsgarantie Planungsleitlinien 153 Präklusion 120 f., 213 praktische Konkordanz 30, 196, 255
- Beweislastumkehr 71, 94 f. - Entwicklung 59 ff.
Raumordnung 57
- ergänzendes Verfahren 241 ff.
Raumplanungsrecht 56
Sachregister Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange 198 f. Rechtsbehelfsfristen 121 Rechtserhaltungsgrundsatz Siehe Erhaltungsgrundsatz Rechtsformen - Besonderheiten bei Plänen 53 f. - der Planung 52 - Gestaltungsspielraum bers 38, 53, 62
des
Gesetzge-
- Speicherfunktion 53 Rechtsnormen - finale Programmierung Rechtsschutz
durch
- teleologische Reduktion 218 - Verfahrens- und Formfehler 109 f.
66, 80,
- verfassungskonforme Auslegung 215 ff. - Verfassungsmäßigkeit
132 ff., 210 ff.
Rückbewirkung von Rechtsfolgen Siehe Rückwirkungsverbot Rückwirkung - abschließende Regelung in § 215 a BauGB 248 f. - bundesrechtliche Voraussetzungen 249 ff. - Erfordernis einer Abwägung 251
140 f.
- konditionale Programmierung
291
141 f.
Vorgangsprüfung
177
- Ermessen 248 - Heilungsverfahren
249
- trotz Planvollzugs 251
Rechtssicherheit 27, 132
Rückwirkungsklausel 232 f., 248 ff.
Rechtsstaatsprinzip 27, 128 f.
Rückwirkungsverbot 41, 160, 251 f.
- Rückwirkungsverbot 41, 160, 251 f.
Rüge Siehe Fehlerrüge
- Unverbrüchlichkeit des Rechts 23 rechtstatsächliche Untersuchungen 73 ff.,
82 Rechtsweggarantie 26, 129 f., 195 Rechtswidrigkeit - bei absoluter Fehlerunbeachtlichkeit 97 ff., 103 - bei relativer Fehlerunbeachtlichkeit 113 - von Normen 35
Sanktionierungsgebot, verfassungsrechtliche Direktiven 23 ff. Sanktionsloses Recht Siehe Ordnungsrecht Sozialstaatsprinzip 29 Strukturprinzip der Rechtserhaltung Siehe Erhaltungsgrundsatz
- von Verwaltungsakten 34 f.
tatbestandlichen Rückanknüpfung Siehe Rückwirkungsverbot
relative Unbeachtlichkeit
Teilnichtigkeit 38, 42, 47
- Abwägungsfehler 81, 209 ff.
teleologische Reduktion 216 f.
- Begriff 45, 110 - dogmatische Begründung 117 ff.
Umdeutung, von Verwaltungsakten 40
- Fehler im Abwägungsergebnis 211 f.
Unbeachtlichkeit
- Fehler im Abwägungsvorgang 211
- materielle Deutung 119, 123 ff.
-Hinweispflicht
- Nichtigkeitsausschluß
110 f.
- Rechtsfolgen offener Rügefrist - Rechtsfolgen 115 f.
rügelosen
- Rechtsfolgen bung 116
wirksamer
Fristablaufs
- Ordnungsnormen
100 f.
100
- Rechtswidrigkeitsausschluß 97 ff. - unmittelbare Fehlerfolgen 101, 228 ff.
Rügeerhe-
- Rechtsfolgen, allgemein 113 ff. - Rüge Siehe Fehlerrüge 19*
114 f.
- verfahrensrechtliche Deutung 121 ff.
117 f.,
- Verstöße gegen Ordnungsvorschriften 107
Sachregister
292
Unbeachtlichkeit Siehe auch absolute Unbeachtlichkeit Unbeachtlichwerden Siehe relative Unbeachtlichkeit Unverbrüchlichkeit des Rechts Siehe Rechtsstaatsprinzip
Vertrauensschutz, bei nichtigen Normen 239 Verwaltungsdefinition 51 Verwaltungsgerichtsgesetze der Länder
61 Verwaltungsgerichtsordnung - Erlaß 61 f.
Verfahrens- und Formfehler - absolute Unbeachtlichkeit 95 ff.
- Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen 40
- Fehlerheilung durch ergänzendes Verfahren 242 f.
- prozessuale Erhaltungsinstrumente 41
- Fehlerheilung durch Fehlerkorrekturverfahren 231
- Einführung 67
Verwaltungsverfahrensgesetz - Fehlerfolgenbegrenzungsregelungen 39, 45
- Fehlerheilung durch rückwirkende Inkraftsetzung 249
- Heilungsregelungen 47 f.
- relative Unbeachtlichkeit
Verwirkung 212 f.
109 ff.
Verfahrens- und Formvorschriften - Begriff 96 f.
Wesentlichkeitsrechtsprechung
- be wußte Verstöße 105 f.
- allgemein 65, 88 ff., 160
- verfassungsrechtliche Mindestanforderungen 128, 130 f.
- Fortführung
Verfahrensrecht, 24 f., 134
- Schwächen 89 ff.
dienende
Verfahrenswiederholung korrekturverfahren
Funktion
Siehe Fehler-
Verletzung einer Vorschrift Siehe Fehler
107
- Kontrollmaßstab 66 - Übernahme durch den Gesetzgeber 81 Wirksamkeitsfiktion Siehe Unbeachtlichkeit Wirksamkeitsvoraussetzungen
80