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German Pages 483 [486] Year 2023
Astrid Ackermann Herzog Bernhard von Weimar
bibliothek altes Reich
Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal
Band 34
Astrid Ackermann
Herzog Bernhard von Weimar Militärunternehmer und politischer Stratege im Dreißigjährigen Krieg
ISBN 978-3-11-070184-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-070191-3 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-070202-6 ISSN 2190-2038 Library of Congress Control Number: 2023944029 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Johann Dürr: Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, 1655, Herzog Anton Ulrich-Museum, Sign. JDürr AB 3.7, PURL: http://kk.haum-bs.de/?id=j-duerr-ab3-0007 Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Danksagung Die vorliegende Schrift wurde 2017 von der Philosophischen Fakultät der FriedrichSchiller-Universität Jena als Habilitationsschrift angenommen. Für den Druck ist sie gekürzt und überarbeitet worden. Ganz außerordentlich danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Georg Schmidt (Jena) als meinem akademischen Lehrer für die Begleitung und den intensiven Austausch in vielen Jahren. Ebenso gilt mein großer Dank Frau Prof. Dr. Anuschka Tischer (Würzburg) und Herrn Prof. Dr. Achim Hack (Jena) als weiteren Gutachtern für ihre Mühen und Unterstützung. Ebenso danke ich den Kolleginnen und Kollegen sowie auch den Studierenden, mit denen ich die Arbeit oder Teile davon diskutieren konnte, für Anregungen wie Kritik, insbesondere in Jena, aber auch gerade in Dortmund, Dresden, Erfurt und Gotha, Gießen, Hamburg und Würzburg. Stipendien des Deutschen Historischen Instituts Paris, der Friedrich-SchillerUniversität Jena und des Freistaats Thüringen haben die Arbeit wesentlich unterstützt. Dem Herausgeberkreis der „bibliothek altes Reich“ bin ich sehr für die Aufnahme des Bandes in ihre Reihe verpflichtet. Frau Bettina Neuhoff vom Verlag De Gruyter danke ich für ihr immer wieder freundliches Entgegenkommen. Nicht zuletzt danke ich der jenacon foundation für die großzügige Förderung der Drucklegung der Arbeit. Gewidmet ist das Buch Marianne, Clemens, Cornelis, Tizian und Jens sowie Brigitte, Horst und der so früh verstorbenen Marianne. Gießen, Herbst 2023
https://doi.org/10.1515/9783110701913-001
Astrid B. Ackermann
Inhalt 1
Einleitung
1
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Bernhard und Weimar
29
3
Im Gefolge Schwedens
68
4
Im Herzogtum Franken
91
5
Nördlingen und Prag. Gezwungen zum Frieden?
6
Bernhard und Frankreich
7
Am französischen Hof
8
Ehepläne und Bündnisse. Die Rohans, die Wittelsbacher Pfälzer und England 183
9
Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
126
144 167
10 Absicherung des Erfolges
250
11 Versorgung und Logistik. Das Heer, das Geld und die Schweiz 12 Der Juli 1639. Erben und Konkurrenten
308
13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard 14 Fazit – der Krieg als Spiel? Abbildungsverzeichnis
371
Quellen und Literatur
373
Personenregister
463
211
363
339
269
1 Einleitung „Schäfer und Schäferinnen sind üm ihre liebe Wollenheerde gebracht/ alle Dörfer/ Mayerhöf/ Forwege und Schäfereyen sind verödet/ Auen und Wiesen verwildert/ das Gehöltze durch die Wachfeuere verösiget/ Obst- und Blumgärten zu Schantzen gemachet worden“.¹ Das „Pegnesische Schäfergedicht“ fasst das Leiden und Elend der Menschen im Dreißigjährigen Krieg im Bild der Schäferdichtung, in der Zerstörung der Kulturlandschaften, der ländlichen Siedlungen und der Natur. Gleichwohl wird die Erschütterung durch die Gewalt greifbar. Herzog Bernhard von Weimar gehört zu den Akteuren, die diesen Krieg vorantrieben und einen früheren Friedensschluss als nach dreißig, in der Perspektive mancher Zeitgenossen sogar zweiunddreißig Jahren, behinderten. Der Krieg war sein vorrangiges Wirkungsfeld. Wie fast alle führenden Akteure des Dreißigjährigen Krieges erlebte er ihn nicht bis zu seinem Ende. Der Herzog hat, soweit erkennbar, keine Verantwortung für den Krieg, seine Zerstörungen und Schrecken empfunden und übernommen, wenngleich auch er einer Gruppe vorwiegend fürstlicher „Schäfer“ angehörte. Das Bewusstsein einer totalen Krise und tiefgreifende Ängste durch eine grundlegende Verunsicherung, die für diese Zeit vielfach und überzeugend konstatiert worden sind,² haben ihn offensichtlich nicht erfasst. Seine Sorgen und Ängste bezogen sich, soweit sie greifbar werden, auf sein politisch-militärisches Fortkommen und Gefahren für die antikaiserliche Partei. Bernhard, der seine Militärlaufbahn als Achtzehnjähriger begann, war eine zentrale Figur des Krieges der 1630er Jahre und einer der entscheidenden Militärunternehmer dieses Krieges, ein Militärstratege, Machtpolitiker und Kriegsgewinnler. Als er im Sommer 1639 plötzlich verstarb, fiel eine maßgebliche militärische Kraft aus. Er agierte auf der europäischen Ebene, in seinen politischen Konzeptionen war er aber auf das Alte Reich ausgerichtet. Seine Karriere ist dabei geprägt von Kontinuitäten wie Brüchen, die wiederholt durch Wendepunkte im Gesamtgeschehen des Krieges begründet waren. Ebenso wird auch in seiner Biographie immer wieder die Rolle des Zufalls ersichtlich.³ Der Herzog nahm für sich in Anspruch, die reichsständischen Freiheiten und den Protestantismus gegen einen übergriffigen Kaiser zu verteidigen. Er führte den Krieg auch darum, vorrangig aber für seine Absicherung, für eigene politische Vorteile und seines persönlichen Gewinns wegen. Der Militärunternehmer Bern-
1 Harsdörffer/Birken/Klaj: Schäfergedicht, S. 5. 2 Vgl. bsp. Duchhardt: Weg, v. a. S. 10 ff.; Münch: Jahrhundert, v. a. S. 13 – 25; Press: Kriege. 3 Zur Bedeutung des Zufalls auch Pohl: Gustav Stresemann, v. a. S. 559, 564. https://doi.org/10.1515/9783110701913-002
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1 Einleitung
hard war dabei Heerführer und Organisator, Politiker und zeitweiliger Landesherr, aber auch potentieller Ehepartner. Er ist nicht zu verstehen ohne das weitreichende und differenzierte Personengeflecht, mit dem er sich umgab, nicht ohne seine Vernetzungen in der Politik und der Sphäre der Diplomatie und nicht ohne die Kontakte in die Welt des Handels und der Finanzen, schließlich nicht ohne die starke Präsenz in seiner Armee. Dabei war Bernhards ständische Position als Mitglied einer hochrangigen Dynastie des Alten Reichs für seine Selbstsicht und gerade auch für seine politischen Möglichkeiten zentral.
Rezeptionslinien Die Rezeptionsgeschichte zeigt nicht nur immer neue Überformungen des Bildes, sondern macht auch leitende Erkenntnisinteressen besonders deutlich fassbar,⁴ wie die Konstruiertheit und Perspektivität der Erzählungen. Der aus Weimar stammende Herzog wurde bereits kurz nach seinem Tod als Glaubenskämpfer und Verfechter der deutschen Freiheit zu einer Gallionsfigur des ernestinischen Hauses stilisiert, obgleich er selbst in zunehmendem Maße von der Dynastie unabhängig gehandelt hatte und in Distanz gegangen war. Geschaffen wurden damit Erzählungen einer so nicht vorhandenen Kontinuität; es ging um „Kontinuitätsfassaden“.⁵ Seit dem späten 18. Jahrhundert erfuhr der Herzog dann erneut verstärkte Aufmerksamkeit;⁶ hier liegen auch die Anfänge der wissenschaftlichen Beschäftigung mit ihm. Um 1800 wurde ein in manchen Zügen langfristig bestimmendes Bild des Herzogs entworfen, und aus dem 19. Jahrhundert stammen zwei maßgebliche Studien zu Bernhard. Diese frühen Arbeiten der Umbruchszeit zum 19. Jahrhundert gingen von Weimar aus und sind insbesondere mit den Namen Goethe und Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach verbunden sowie mit Akteurinnen und Akteuren Weimar-Jenas um 1800.⁷ Es war zunächst eine Geschichte geplanter, nicht umgesetzter Werke über den Herzog, was darauf zurückzuführen sein mag, dass Bernhards Leben teils als Scheitern begriffen wurde. Gleichwohl wurde Bernhard um
4 Vgl. Lässig: Biographie, S. 547. 5 Vgl. Seewald: Vermerk, S. 18. 6 Zuvor lag vor: Cyprianus: Advesaria Historica. 7 Vgl. Hellfeld: Geschichte; Böttiger: Herzog; der vielgelesene Unterhaltungsschriftsteller und spätere Weimarer Bibliothekar Christian August Vulpius verfasste ein Manuskript über Bernhards Leben, vgl. Salge: Bernhardzimmer, S. 269; die Hofdame Adelaide Waldner von Freundstein stellte Forschungen über ihn an, vgl. Freyer: Hof, S. 93, 176, 384; vgl. die Forschungen des SFB 482 „Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800“ (1998 – 2010); vgl. Ackermann: Ereignis.
Rezeptionslinien
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1800 zum Exponenten eines angeblich noch heroischen Zeitalters und blieb auch, mehr beiläufig, Kämpfer für die Freiheit des Glaubens; zugleich wurden die nationalen Interpretationslinien, die sich schon zeitgenössisch finden, wieder gestärkt. In der Geschichtspolitik der Ernestiner trat er jetzt mit dem letzten Kurfürsten des Hauses, Johann Friedrich I., an vorderste Stelle.⁸ Am Anfang steht mit Jakob Michael Reinhold Lenz ein Autor, dessen Hoffnungen in und auf Weimar sich zerschlagen sollten. Lenz bereitete 1776 eine Biographie Bernhards vor; den Bruch Weimars mit ihm aber überlebte das Projekt nicht.⁹ Kurze Zeit später entschloss sich Goethe, Berater des Herzogs und seit 1776 Minister in Weimar, über Bernhard zu schreiben. Er hatte zuvor Johann Gottfried Herder mit den Namen Bernhards und Johann Friedrichs für Weimar zu gewinnen gesucht und die reichspolitische Bedeutung der Ernestiner betont. Auch die Kurwürde, die Karl V. ihnen nach ihrer Niederlage im Schmalkaldischen Krieg entzogen und auf ihre Verwandten, die Albertiner übertragen hatte, werde „das schicksal“ möglicherweise wiederbringen – das war ein Verweis darauf, dass Kursachsen in diesen Jahren männliche Nachkommen fehlten.¹⁰ Herder, in Weimar zum Spitzenbeamten, zum Oberhofprediger, Generalsuperintendenten, Oberkonsistorialund Kirchenrat geworden, griff Bernhard als Leitfigur auf. Er machte aus ihm zugleich ein männliches Ideal; „Männlichkeit“ selbst wurde in einer zunehmend auf Geschlechterrollen ausgerichteten Welt zum Lob. Der Herzog sei „in männlichen Jahren ein Held für [sic] Religion und Freiheit Deutschlands mit so edlem Muthe“ geworden, weil er „in einer Schaar von Brüdern männlich und edel erzogen“ worden sei, so dass er, als „ihn die Umstände aufriefen“, die „Gefahren (…) als (…) seine Lebensbahn“ angesehen habe.¹¹ Dem neugeborenen Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach wünschte er 1783, zu Bernhards und Johann Friedrichs „Nachfolger“ zu werden.¹² Es gab jedoch Vorläufer dieser Vorstellung. Bernhards
8 Bernhards Bruder Wilhelm IV., der eine lange Regierungszeit aufzuweisen hatte und zum Erbauer eines neuen Residenzschlosses wurde, konnte damit nicht konkurrieren. 9 Vgl. Jakob Michael Reinhold Lenz an Johann Gottfried Herder, Weimar, 29. oder 30. November 1776, in: Freye/Sammler, Briefe, Bd. 2, S. 56 f., hier S. 251 u. Anm. S. 267 f., er wolle „die grossen Züge“ des „Karackters“ von Carl August „in denen seines grossen Ahnherrn Bernhard (…) studiren“ (57); Lenz betrieb dazu Archivrecherchen und scheint vom Herzog Bücher entliehen zu haben; vgl. auch Johann Gottfried Herder an Jakob Michael Reinhold Lenz, Weimar, 30. November 1776, in: ebd. S. 58; Kaufmann: Himmel, S. 19; Bosse: Lenz, S. 147, Fußn. 124 vermutet, dass Lenz keine ernsthaften Absichten an diesem Projekt gehabt habe. 10 Johann Wolfgang Goethe an Johann Gottfried Herder, 10. Juli 1776, in: Goethe, Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 50 f., hier S. 51; Goethe beschwor auch den Zusammenhang mit Luther und zeichnete damit eine Verbindungslinie von der Reformation bis zu seiner Gegenwart. 11 Herder: Predigt am Dankfest, S. 526. 12 Vgl. auch Herder: Predigt am Fest des Kirchganges, S. 248 f.
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1 Einleitung
Tugenden seien besonders männliche, postulierte eine Flugschrift noch zu seinen Lebzeiten, andere Männer schienen im Vergleich mehr Frauen zu sein, weil sie bei wechselndem Schicksal Schwäche zeigten oder in Friedenszeiten den Kampfgeist verlören.¹³ Goethe beschäftigte sich seit 1777 mit Bernhard,¹⁴ spätestens seit 1780 arbeitete er an seinem Bernhard-Projekt.¹⁵ Der Herzog sei ein „als Held und Herrscher wirklich sehr merkwürdige[r] Mann, der in seiner kurzen Laufbahn ein Liebling des Schicksals und der Menschen gewesen ist“, äußerte er, in den gegenwärtigen Ernestinern fänden sich „so manche Züge (…) leibhaftig wieder“.¹⁶ Er suchte Material, veranlasste umfangreiche Recherchen¹⁷ und konzipierte „eine Lebensgeschichte“ als „Kunst- und Lustfeuer zum Vergnügen des Publici“.¹⁸ Das Herrscherhaus hatte dezidiertes Interesse an einer solchen Arbeit.¹⁹ Ernst II. von Sachsen-Gotha und Carl August versorgten Goethe mit Material.²⁰ Für den neuen Aufschwung der Bernhard-Erinnerung war der Weimarer Herzog entscheidend, der in seinem Residenzschloss in Weimar auch an zentraler Stelle ein
13 [Anonym:] Harangve. 14 Vgl. Mommsen: Entstehung, Bd. 1, S. 214 – 222; Haussherr: Minister, S. 306 f.; 1786 interessierte er sich auch für den Band zu den Jahren 1630 – 1648 aus Michael Ignaz Schmidts „Geschichte der Deutschen“ (Mommsen: Entstehung, Bd. 1, S. 217), vgl. Wahl: Goethes geplante Biographie; Bernhard wurde zudem 1778 Gesprächsthema bei einer Tafelrunde Prinz Heinrichs von Preußen mit Carl August und Goethe, vgl. Haussherr: Minister, S. 305 f.; zu Goethes Plastikensammlung gehörte eine Bernhard-Büste, vgl. Ehrlich: Goethes Wohnhaus, S. 24. 15 Vgl. Goethe: Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 875 f.; Steiger: Goethes Leben, 2, S. 229, Eintrag Freitag 15./Dienstag, 19. Oktober 1779. 16 Johann Wolfgang Goethe an Johann Caspar Lavater, Weimar, 5. Juni 1780, in: Goethe, Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 264 f.; Goethe geht übrigens nicht davon aus, dass Lavater der Name Bernhard ein Begriff ist. 17 So ließ er durch Johann Friedrich Krafft Exzerpte erstellen, vgl. Salge: Bernhardzimmer, S. 268; Kraffts richtiger Name ist unbekannt, Goethes Rolle gegenüber Krafft und dessen Lebensgeschichte sind unklar, da Goethe ihre Korrespondenz teils gezielt vernichtet hat, erhalten sind allerdings Kraffts Tätigkeitsberichte, vgl. GSA 25/W 3595; vgl. auch Schöne: Briefschreiber, S. 24, 129 – 152. 18 Johann Wolfgang Goethe an Johann Caspar Lavater, Weimar, 5. Juni 1780, in: Goethe, Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 264 f.; Ders. an Johann Heinrich Merck, Weimar, 3. April 1780, in: ebd., S. 252 –256, hier S. 253 f.; zur Beschäftigung mit der Konzeption vgl. Goethes Tagebuch, 4.–31. März 1780, in: ebd., S. 249 – 252, hier S. 250 und 1.–30. April 1780, S. 256 ff., hier S. 257; möglicherweise erwog Goethe auch eine Verarbeitung im Drama oder Roman, vgl. Mommsen: Entstehung, Bd. 1, Fußn. 1. 19 Vgl. Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach an Luise v. Sachsen-Weimar-Eisenach, Genf, 28. Oktober 1779, in: Wahl, Briefe des Herzogs, S. 117 f., hier S. 117, 132. 20 Vgl. Johann Wolfgang Goethe an Ernst II. v. Sachsen-Gotha, 28. Februar 1780, in: Goethe, Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 242 f., hier S. 242 und S. 877.
Rezeptionslinien
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Bernhard-Zimmer anlegte,²¹ in dem das Geheime Consilium beriet,²² und der sich in seiner Fürstenbundpolitik mit Bernhard vergleichen ließ²³ und ihn damit tagespolitisch aktualisierte. Goethe kannte diese Erwartungshaltung.²⁴ Er gab seinen Plan aber schließlich auf. Die Erklärungen dazu sind retrospektiv;²⁵ Goethe erklärte später, die Arbeit sei „vergeblich“ gewesen, „die Ereignisse des Helden [machten] kein Bild“. Er habe Bernhard als „Baumeister“ zeigen wollen, den „ ein frühzeitiger Tod (…) verhindert habe sein Werk zu vollenden“. Der Herzog, den er als Helden sehen wollte, spiele „eine würdige Rolle“, aber er lasse sich von der Gesellschaft der Zeit und des Dreißigjährigen Krieges „nicht absondern“.²⁶ Schiller, der Bernhard in seiner „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ aufgriff, dachte gleichfalls in Kategorien des Heldischen und von Ritteridealen. Der Herzog steht hier als herausragendes Exempel für „jene kraftvollen Zeiten (…), wo persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang und Heldentugend einen deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte“,²⁷ so in diesem Punkt doch etwas freier im Umgang mit den historischen Entwicklungen.
21 Vgl. Hellmut Seemann gegenüber der Thüringischen Landeszeitung, 28. Juni 2012: „Der Historismus ist hier in Weimar erfunden worden durch die Einrichtung des Bernhard-Zimmers“; auch im Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek befindet sich eine Bernhard-Büste; zum Kunstprogramm des Saals Werche: Rokokosaal. 22 Vgl. Valk: Goethes Gotik, S. 258. 23 Vgl. Carl Theodor v. Dalberg an Carl August v. Sachsen-Weimar-Eisenach, 12. Februar 1786, in: Andreas: Politischer Briefwechsel, Bd. 1, S. 221; Ders. an Dens., 12. Februar 1786, in: ebd., S. 293 f., hier S. 294. 24 Johann Wolfgang Goethe an Ernst II. v. Sachsen-Gotha, Weimar, 28. Februar 1780, in: Goethe, Das erste Weimarer Jahrzehnt, S. 242 f., hier S. 243. 25 1797, nach mindestens 17 Jahren, findet sich bei Karl August Böttiger der Hinweis, Goethe habe die Beschäftigung mit Bernhard nun „völlig aufgegeben“: K. A. Böttiger Tagebuch, 28. Mai 1797, zit. n. Mommsen, Entstehung, Bd. 1, S. 217; Christian Gottlieb Voigt an Eichstädt, 26. April 1806, in: Goethe. Begegnungen und Gespräche, Bd. VI, S. 37: Goethe habe „seine Idee wegen H[erzog] Bernard [sic], vorlängst aufgegeben“; vgl. ebd., S. 639; seine Materialsammlungen soll Goethe dem Weimarer Geheimrat Christian Gottlob Voigt und dem Jenaer Historiker Karl Ludwig von Woltmann überlassen haben. 26 Gleichwohl habe ihm die Arbeit „tiefere Einsicht in (…) die Verworrenheit“ des 17. Jahrhunderts gebracht, vgl. Goethes Rückblick auf die Jahre bis 1780, in: Goethe, Tag- und Jahres-Hefte, S. 13 f. 27 Vgl. Schiller: Geschichte, S. 447 f., in einer Art Kompensationsthese ist Bernhard „Mann“, nicht „Herrscher“: „Als Männer vollführen sie [die Ernestiner], was sie als Herrscher nicht vermögen, und sterben einen glorreichen Tod – als die tapfersten Soldaten der Freiheit“; vgl. Schmidt: Friedrich Schiller.
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1 Einleitung
Carl August suchte weiter nach einem Biographen. 1808 sollte Heinrich Luden gewonnen werden, der zwei Jahre zuvor an die Universität Jena gekommen war.²⁸ Luden fahndete nach einem „Held des Glaubens und des Vaterlandes“ im Sinne eines starken Gesamtstaates, Politik habe es zur Zeit Bernhards im eigentlichen Sinne nicht gegeben, da das Reich im Grunde nicht mehr existent gewesen sei; Luden fand daher auch weder „Vaterland“ noch „Nationalität“. Als militärischer Held eigne sich Bernhard wegen seiner Niederlage bei der Schlacht von Nördlingen 1634 nicht.²⁹ Das Geschichtsbild Ludens war mit dem des Herzogs nicht kompatibel. Ende der 1820er Jahre erschien dann die Bernhard-Biographie Bernhard Röses,³⁰ Mitte der 1880er Jahre die konzisere Arbeit Gustav Droysens,³¹ die bis heute die Basis der Beschäftigung mit Bernhard bilden. Manches, das sich bei ihnen findet, hatte schon Schiller angedeutet, der Schwerpunkt bei ihnen liegt jedoch auf einer detaillierten Ereignisgeschichte des Krieges. Für beide ist Bernhard eine Vorbildgestalt, bei Röse als Ernestiner, bei Droysen, dessen Perspektive ein antihabsburgisch-antikatholischer Ansatz wie der zeitgenössische Konflikt mit Frankreich prägen, eine Idealfigur in nationaler Sicht. Dieser griff damit auf überkommene negative Frankreichbilder zurück; im ausgehenden 17. Jahrhundert war Frankreich in Deutschland politisch zum klar konturierten Feindbild geworden, das im Zuge der Französischen Revolution und der napoleonischen Herrschaft erneut
28 Luden erhielt Kraffts Vorarbeiten; „Goethe sei eben kein Historiker“, erklärte Voigt angeblich: Goethe. Begegnungen und Gespräche, Bd. VI, S. 398 – 402; vgl. Luden: Rückblicke, S. 742 f., Luden will sich ein Jahr lang um ein entsprechendes Werk bemüht haben; zu ihm Ries: Wort. 29 Luden: Rückblicke, S. 400ff. 30 Seit 1823 stellte man in Weimar weiteres Archivmaterial zusammen, u. a. wurden Unterlagen aus Dresden angefordert, vgl. Karl Gottlob Günther: Promemoria, Dresden, 23. Juni 1823, HStA Dresden, 10707 Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Nr. 131, Bl. 17r. – 17v.; in Paris ließ man Abschriften aus Dokumenten fertigen. In Weimar blieb der Herzog bekannt, vgl. Ackermann: Erfolgsgeschichte; vgl. auch Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach an Hans Christian Andersen, Weimar, 31. Dezember 1854, in: Möller-Christensen/Möller-Christensen, Großherzog, S. 195 f., hier S. 196 mit der Ankündigung eines Theaterstücks über Bernhard, dem Autor habe er Stillschweigen über seinen Namen versprochen; 1856 wurde mit Mosen: Herzog, mehrfach ein Bernhard-Stück im Theater gegeben, vgl. Theater und Musik in Weimar 1754 – 1990; es folgten in Weimar dann allerdings erst im Kaiserreich wieder Inszenierungen zum Thema „Bernhard“; 1892 bis 1946 gab es dort eine nach ihm benannte Straße. In den 1870er Jahren malte Ferdinand Brütt den Herzog als Kind, der von seinem Lehrer Hortleder am Grab des gewesenen Kurfürsten in der Weimarer Stadtkirche auf seine Rolle gewiesen wird, die Ergebnisse des Schmalkaldischen Krieges für die Dynastie zu revidieren, vgl. Hecht: Ferdinand Brütts Gemälde – mit Dank für freundliche Hinweise an den Autor. Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach stiftete 1904 eine Tafel für den „unvergeßlichen Ahnherrn“ in der Nordapsis des Breisacher Münsters St. Stephan. 31 Vgl. Röse: Herzog; Droysen: Bernhard; Röse war Lehrer und später Archivdirektor in Weimar; zu Droysen, dem Sohn Johann Gustav Droysens, vgl. Meumann: Koordinaten, S. 131.
Rezeptionslinien
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politisch aufgeladen wurde.³² Die Geschichtsforschung, zu einer der nationalen Legitimationswissenschaften geworden, machte politisch-militärische Fragen des Dreißigjährigen Krieges zu Fragen der nationalen Loyalität. Herzog Bernhard selbst hatte, aus der Perspektive der Politik im Reich, auch kritisch auf das Wirken ‚fremder‘ Mächte im Reich geblickt und damit zeitgenössische Stimmungen ebenso aufgegriffen wie verstärkt. Mit Bernhard, erklärt Droysen, sei „der einzige Deutsche dahin[gesunken] (…), der es (…) hätte unternehmen können, das von dem habsburgischen Joch erlöste Vaterland von den Anmaßungen Frankreichs zu bewahren“. Entsprechend suchte er Bernhard für seine Zusammenarbeit mit Frankreich zu verteidigen; notgedrungen habe der Herzog auf „auswärtige Mächte“ zurückgreifen müssen, um „höhere“ Ziele zu erreichen. Zugleich habe er „verhindern“ wollen, dass seine Eroberungen „der Habgier und Herrschbegier der fremden Kronen anheimfielen“.³³ Kurz zuvor war auch die umfangreiche Studie August von Gonzenbachs über Hans Ludwig von Erlach erschienen, den Militärunternehmer, Schweizer Politiker und Generalmajor der Weimarischen Armee.³⁴ Bernhard entwickelte sich zu einem der kleindeutsch-nationalen Helden und wurde Gegenstand der historischen Unterhaltungsliteratur, der Schullektüre und einer Vielzahl von Bühnenstücken.³⁵ Der Herzog, der zu seinen Lebzeiten zu den bekannten europäischen Figuren gehört hatte, wurde jetzt auch wieder im deutschen Raum überregional prominent. Seine Büste gehörte zu den ersten Aufträgen, die Kronprinz Ludwig (I.) von Bayern für die Walhalla vergab. Christian Friedrich Tieck schuf einen jugendlich wirkenden Bernhard, der sich vorrangig durch eine komplizierte Lockenfrisur auszeichnet.³⁶ Der Konfessionalismus des 19. Jahrhunderts förderte auch ein Neuaufleben der Deutung Bernhards als Kämpfer für den
32 Vgl. Schmidt: Geschichte des Alten Reiches, v. a. S. 216 – 227; Schmidt: Teutsche Kriege; Dosquet: Verwüstung; Lasarewa: Teutschland v. a. S. 299 ff.; Jeismann: Vaterland. 33 Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 574 f. 34 Vgl. Gonzenbach: General. Droysen hat Röse und Gonzenbach, der seine Arbeit rezensierte (vgl. Gonzenbach: Rezension Droysen), Ungenauigkeiten und Fehler vorgeworfen, vgl. Droysen: Sachen, v. a. S. 360; zu Röse vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1.; ausschlaggebend erscheinen in diesem Konflikt aber Fragen der politischen Haltung und der Neigung gegenüber dem jeweiligen Protagonisten; zu dem aus Basel stammenden Gonzenbach, der u. a. in Jena studiert hatte und auch politisch tätig war, vgl. Mayer: Gonzenbach. 35 Vgl. Ackermann: Herzog Bernhard im Zwiespalt; bsp. auch im kleindeutschen und antifranzösischen Duktus Heß: Biographien, S. 258, 267. 36 Christian Friedrich Tieck: Herzog Bernhard von Weimar, Maße: 68,5x36,2x28,5 cm, Kat.-Nr. 110, die Büste war 1813 vollendet (Eintrag im Sockel aber „1812“), für freundliche Hinweise danke ich Herrn Dr. Christian Quaeitzsch/München; vgl. auch Steger: Bildnisbüsten, v. a. S. 37, 41, 123, 452, 592, 600 – 603, Abb. 82.
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1 Einleitung
Protestantismus.³⁷ In der französischen Geschichtsschreibung blieb der Herzog bekannt.³⁸ In den 1930er Jahren suchten dann verschiedene Theaterstücke, den Herzog im Sinne des nationalsozialistischen Systems zu deuten.³⁹ In diesem Sinne entstanden auch in Weimar ab 1935 mehrere Initiativen. Sie bauten darauf auf, dass Weimar die Geburtsstadt des Herzogs war, vor allem aber auf die Aufladung Weimars als Ort der Klassik in der NS-Kulturpolitik und auf Bemühungen, Besonderheiten des „Gaus“ Thüringen herauszustellen.⁴⁰ Die grundsätzliche Intention war, eine nationalsozialistische deutsche Kultur zu schaffen und die angestrebte neue politische Identität zu bedienen. Der Thüringer Minister für Volksbildung und Inneres, Fritz Wächtler, veranstaltete eine „Herzog Bernhard-Feier“ mit einem Schauspiel⁴¹ und der Enthüllung einer Gedenktafel am Gebäude der Bibliothek.⁴² Bernhard sollte eine ideale Führungsfigur und „Vorkämpfer für ein geeintes Großdeutschland“ sein.⁴³ Knapp zwei Jahre später ging bei Reichsstatthalter Fritz Sauckel der Vorschlag ein, Bernhards Grabstelle nach dem Vorbild des Braunschweiger Grabes Heinrichs des Löwen⁴⁴ im
37 So wurden Aufführungen von Stücken über Bernhard im Weimarer Hoftheater auch zur Feier des 300jährigen Jubiläums des Augsburger Religionsfriedens und zum Reformationsfest angesetzt, gespielt wurde Genast: Bernhard; vgl. auch GSA 97/753; Musik von Joseph Joachim Raff; Aufführungen von Januar bis Oktober 1855, vgl. Theater und Musik in Weimar 1754 – 1990; zu den konfessionalisierten Geschichtsbildern und –deutungen des 19. Jh.s vgl. auch Wald: Gesichter. 38 Vgl. bsp. Noailles: Bernard de Saxe-Weimar. 39 Vgl. Stenglin: Bernhard; Eberhard: Herzog; Lauckner: Bernhard; Büchler: Bernhard; vgl. auch GSA 147/12,1a: Bernhard von Weimar. Geschichtsbild in 1 Akt (Manuskript; 1935); Lauckner wurde in der Spielzeit 1936/37 auch am Landestheater Meiningen aufgeführt (Szenenfotos: Meininger Museen, Inv.-Nr. 13218F; ebd., Inv.-Nr. IV 13219F; ebd., Inv.-Nr. 12365F /H373), ich danke Herrn Florian Beck/ Meiningen. 40 Vgl. die Bezeichnung Bernhards als „großen Thüringer“; vgl. LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 97r.; Schulze-Trenzinger unterstützte die Idee im Namen aller „Bernhard-Verehrer“, vgl. Walter Schulze-Trenzinger an Fritz Sauckel, 8. Juli 1939, LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 108r.; vgl. Fleischhauer: Klassik; Ehrlich/John/ Ulbricht: Dritte Weimar. 41 Wildenbruch: Bernhard; vgl. auch GSA 94/80; Material zur Aufführung: ebd. 94/81; ebd., 97/1420; das Stück war schon 1892 mit Musik Raffs aufgeführt worden, 1935 gab es fünf Aufführungen, vgl. Theater und Musik in Weimar 1754 – 1990. 42 Schulze-Trenzinger nahm für sich in Anspruch, die Anregung zur Tafel gegeben zu haben, vgl. Walter Schulze-Trenzinger an Fritz Sauckel, 5. März 1937, LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 90r. – 91r., hier Bl. 90r.; zu Sauckels kulturellen Konzepten vgl. Fleischhauer: Klassik, S. 86 ff. 43 Unter Beteiligung von Polizei- und Parteikräften sowie Militär, vgl. Bärwinkel: Bibliothek, S. 101. 44 Der Welfe sollte zum „deutschen“ Herzog werden, vgl. Otte: Rezeption, v. a. S. 99; Ludewig: Kulturpolitik, S. 79.
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nationalsozialistischen Sinne umzugestalten.⁴⁵ Bernhard war auch unter anderen Vorzeichen 1914 als „deutscher Herzog“ propagiert worden.⁴⁶ Sauckel war an diesem Vorstoß ebenso wenig interessiert wie an einem Reiterdenkmal für den Herzog vor dem Bahnhof,⁴⁷ wenngleich der ehemalige Landtagsabgeordnete Otto Keiser⁴⁸ mit gängigen Versatzstücken des nationalsozialistischen Geschichtsbildes für diese Idee warb. Keiser machte den Herzog in einer argumentativ freischwebenden Volte zum „Sieger“ des Krieges, weil er den Gegner unumkehrbar geschwächt habe, sowie zum „künftige[n] (…) Kaiser“.⁴⁹ Sauckel bewilligte jedoch eine Ausstellung zum 300. Todestag Bernhards, die der Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen Weimar angeregt hatte;⁵⁰ im Mittelpunkt dieser Ausstellung im Kriegsjahr 1939 standen Waffen, Rüstungsgegenstände und Bilder Bernhards wie bekannter Zeitgenossen. Das Streben des Herzogs gilt auch hier der Bewahrung der Reformation und dem Kampf gegen eine „habsburgisch-jesuitische Machtpolitik“, vor allem aber der „deutsche[n] Sache“, was auch hieß, dass allein „deutsche“ Kunstwerke gezeigt wurden.⁵¹
45 Vgl. Walter Schulze-Trenzinger an Fritz Sauckel, 5. März 1937, LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 90 – 91 (Bühnenmanuskript); Sauckel war inzwischen auch für das Innenministerium zuständig sowie u. a. für die Kunstsammlungen, vgl. Fleischhauer: Klassik, S. 88; Schulze-Trenzinger, der sich als Schriftsteller bezeichnete, ist als Autor kleinerer Artikel nachweisbar. 46 Vgl. Schreckenbach: Herzog. 47 Sauckel ließ lediglich wissen, er sehe für ein Reiterstandbild „z. Zt. keine Möglichkeit“: Amt des Reichsstatthalters an Otto Keiser, LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 107r. 48 Er vertrat 1933 den Thüringer Landbund, vgl. Mittelsdorf: Landesgründung, S. 156; zum Landbund vgl. Dressel: Thüringer Landbund. 49 Otto Keiser: Aufruf zur Errichtung eines Reiterdenkmals Bernhards von Weimar, LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 97r., 98r., eine Lebensbeschreibung Bernhards: Bl. 99r. – 106r.; „Bernhard der Große“ habe, verraten von seinen „Glaubensfreunden“, die „deutsche Freiheit“ vor der „verschlagene[n] Jesuitenpolitik“ gerettet; Schiller, um dessen Indienstnahme das Regime doch bemüht war, warf er vor, den „Tschechen“ Wallenstein und nicht den „deutschen“ Bernhard zum Protagonisten gewählt zu haben; vgl. auch Wolf: Der deutsche Herzog, S. 269, der Bernhard von der Kaiserkrone träumen lässt. 50 Es handelte sich um Walther Scheidig, vgl. LATh-HStA Weimar, Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400, Bl. 92r. – 93r., finanziert wurde sie über das Thüringer Volksbildungsministerium und mit Mitteln der Wartburgstiftung, vgl. ebd., Bl. 95r. – 96r.; zur NSDAP-nahen Wartburgstiftung vgl. Rassloff: „Mustergau“, S. 61; Sauckel stand seit 1934 an der Spitze der Stiftung; auch die Bibliothek beteiligte sich an der Ausstellung, vgl. Bärwinkel: Bibliothek, S. 101; zur Ausstellung auch: Dohe: Sonderausstellung. 51 Scheidig: [Vorwort], S. 5; [Scheidig/Marchand:] Bernhard, v. a. S. 25 f., 29 f.; auch die „Friedenssehnsucht“ der Zeit kam vor; von Scheidig als „verantwortungsbewußte[m] Kustode[n]“, der aus Ehrgeiz eng mit dem Regime kooperiert habe, spricht: Wendermann: Walter Scheidig. Ab 1939 gab es
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Die aktuelle Forschung und der Herzog von Weimar Die Forschungen zum Dreißigjährigen Krieg und zum Westfälischen Frieden sind inzwischen äußerst umfangreich; neben einer Reihe Einführungen und Überblickswerken⁵² stehen unterschiedlichste Spezialstudien, die den Krieg nicht zuletzt mit einem kulturgeschichtlichen Fokus in den Blick nehmen; gefragt wird unter anderem nach dem Erleben des Krieges⁵³ und Gewalterfahrungen,⁵⁴ nach psychologischen Mechanismen des Umgangs mit dem Krieg und Kriegserleben,⁵⁵ nach geschlechtergeschichtlichen Aspekten,⁵⁶ nach der Rolle der Kunst im Krieg,⁵⁷ der Entwicklung und Bedeutung der Medien,⁵⁸ aber auch nach Verwaltung und Herrschaftsakzeptanz⁵⁹ oder ökonomischen Aspekten.⁶⁰ Daneben stehen staatstheoretische⁶¹ wie militärgeschichtliche Perspektiven, vielfach an der neuen Militärgeschichte orientiert,⁶² und der Blick auf das Bemühen um den Frieden im Krieg.⁶³ Für die zum Gedenkjahr 2018 erschienenen Schriften mag insbesondere auf den Überblick von Michael Kaiser, für die neueren Arbeiten zum Friedensschluss auf die Darstellungen Siegrid Westphals verwiesen werden.⁶⁴ Mit dem Blick auf atlantische Kriegsschauplätze, die allerdings insbesondere mit dem Achtzigjährigen
auch einen Bernhard-von-Weimar-Platz in der Stadt; seit 1938 wurde an der „Herzog-Bernhard-Kirche“ für die Deutschen Christen gebaut. 52 Vgl. u. a. Schmidt: Dreißigjährige Krieg; Burkhardt: Krieg; Kampmann: Europa; Wilson: Thirty Years War; Parker: Thirty Years’ War; Schormann: Krieg. 53 Vgl. bsp. Medick/Marschke: Experiencing the Thirty Years’ War; Medick: Krieg; Haude: Experience; demnächst: Tischer: Vom Krieg und anderen Krisen; vgl. auch um Alltag u. a. Lehmann: Leben; Kilián: Michel Stüelers Gedenkbuch; Bähr: Komet. 54 Vgl. bsp. Meumann/Niefanger: Schauplatz; Krusenstjern/Medick: Alltag. 55 Vgl. Roeck: Dreißigjährige Krieg; Beiderbeck: Narrativierung. 56 Vgl. bsp. Fabian: Schutzbedürftigkeit; Kroener: Jammer; auch Hagemann: Venus. 57 Vgl. bsp. Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Bellum; vgl. auch das internationale Verbundprojekt „BELLUM & ARTES. Mitteleuropa während des Dreißigjährigen Krieges“ (Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa; Staatliche Kunstsammlungen Dresden; mit weiteren Partnern). 58 Vgl. bsp. Burkhardt: Krieg, S. 225 – 232; Böning: Dreißigjähriger Krieg; Boys: Londons’s News Press; Jalabert: Victoire; Detering: Event; Behringer: Veränderungen. 59 Vgl. bsp. Zirr: Schweden; Kraus: Tradition; vgl. auch Schulze: Reichskreise. 60 Vgl. bsp. Zunckel: Rüstungsgeschäfte; vgl. das Oxforder Projekt „The European Fiscal-Military System 1530 – 1870“ von Peter Wilson u. a., https://www.history.ox.ac.uk/european-fiscal-military-sys tem-1530-1870 [30.06. 2023]; Meumann/Meinhardt: Kapitalisierung. 61 Vgl. gerade Burkhardt: Krieg der Kriege. 62 Vgl. dazu Kühne/Ziemann: Militärgeschichte; Nowosadtko: Krieg; Pröve: Schmuddelkind. 63 Vgl. bsp. Kampmann: Ehrenvolle Friede; Arnke: Frieden; Goetze/Oetzel: Friedenschließen. 64 Vgl. Kaiser: 1618; vgl. auch Rebitsch: Gedenkjahr; Westphal/Arnke: Weg; Westphal: Frieden; vgl. auch zur wenig älteren Literatur: Roeck: Diskurse; Rebitsch: Teutsche Krieg.
Zur Forschung
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Krieg verbunden sind, hatte das zeitgenössische Kriegsgeschehen gerade für Spanien und Frankreich zudem bereits eine globale Dimension.⁶⁵ Herzog Bernhard von Weimar ist in zahlreichen Darstellungen präsent, zumeist aber in knapper Form.⁶⁶ Das gilt für die deutsche wie die englischsprachige, schwedische und tschechische Forschung, nicht zuletzt die französische. Hier ist Bernhard zumeist ein erfolgreicher Heerführer der französischen Krone, durchaus aber mit Eigenständigkeitsanspruch.⁶⁷ Zwei umfangreichere Arbeiten stellen die Person Bernhards für einen Teilaspekt seines Wirkens in den Mittelpunkt: Ariane Jendre untersucht sein Frankreichbündnis und fragt nach dessen „Charakter (…), seiner Stabilität und seinem Stellenwert für die französische Kriegführung“.⁶⁸ Ihr geht es darum, die französische Perspektive zu beleuchten und zu ihrem Recht kommen zu lassen. Bernhards Position ist demnach im Kern die eines französischen Generals, nicht die eines verbündeten Fürsten;⁶⁹ in diesem Sinne habe sein Einsatz ganz im Dienst eines Generalfriedens und der Wiedererrichtung reichsständischer Libertät gestanden.⁷⁰ Christa Deinert, die sich der schwedischen und weimarischen Zeit in Franken widmet, billigt dem Herzog hingegen explizit politische Interessen zu. Bernhard und Ernst von Sachsen-Weimar hätten die „Territorialherrschaft über das ganze Gebiet“ Frankens zu gewinnen gesucht, was die intensiven Bemühungen um den Ausbau einer dortigen Landesherrschaft erkläre.⁷¹ Herzog Ernst hat wiederum intensivere Aufmerksamkeit als Herzog Sachsen-Gothas gefunden.⁷² Der Krieg wie der Westfälische Friedensschluss werfen, trotz der großen Ausdifferenzierung der Fragestellungen und zahlreicher Spezialstudien, nach wie vor eine Vielzahl von Fragen auf. So wird diskutiert, inwieweit die Prozesse, Instrumente und Erfolgsfaktoren des Friedensschlusses für heutige Konflikte frucht-
65 Vgl. bsp. Müller: Globalizing, wobei auch hier implizit deutlich wird, dass die Medien mit dem Krieg verbundene Vorkommnisse und Kriegshandlungen der europäischen Kriegsbeteiligten auf außereuropäischen Schauplätzen verfolgten; vgl. auch Parker: Global Crisis. 66 Ausführlicher: Schmidt: Reiter, v. a. S. 506 – 519; vgl. ansonsten bsp. Arndt: Krieg; Kampmann: Europa; Wilson: Thirty Years War; Lahrkamp: Krieg; Parker: Thirty Years’ War. 67 Vgl. bsp. Sacchi: Guerre; Bérenger: Saxe-Weimar. 68 Vgl. Jendre: Diplomatie, S. 7. 69 Entsprechend geht es auch darum, ob seine vielfachen Klagen über das Bündnis begründet gewesen seien. 70 Vgl. Jendre: Diplomatie, S. 7, 115, 275. 71 Deinert: Epoche, S. 209; vgl. auch Querengässer: Bernhard; eine frühere Publikation der Nachkriegszeit: Franz: Herzog; zu dem SS-Historiker und Lehrstuhlinhaber an der „Reichsuniversität“ Straßburg Günther Franz vgl. Behringer: Bauern-Franz. 72 Vgl. u. a. Klinger: Fürstenstaat; Jacobsen/Ruge: Ernst der Fromme; Venables: Pietist Fruits; Albrecht-Birkner: Reformation.
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bringend sein können.⁷³ Hier geht es ebenso um Analogiebildung wie langfristige Linien der europäischen Geschichte.⁷⁴ Dies baut auf der anhaltenden Bedeutung dieses Krieges wie des Westfälischen Friedens in der europäischen Erinnerungskultur auf.⁷⁵ Aktuelle Formen der „Privatisierung militärischer Gewalt“ unter Führung von Kriegsunternehmern erinnern an Phänomene des Dreißigjährigen Krieges.⁷⁶ Die Frage nach dem Charakter des Dreißigjährigen Krieges als Religions- beziehungsweise Konfessionskrieg⁷⁷ hat zuletzt der Tübinger Sonderforschungsbereich „Kriegserfahrungen. Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“ intensiv untersucht und einer solchen Deutung weitgehend widersprochen, sondern den Krieg vielmehr vorrangig als politischen Konflikt verstanden.⁷⁸ Auf dieser Basis werden auch Zusammenhänge mit anderen Kriegen besser verständlich, insbesondere dem Achtzigjährigen und dem Zehnjährigen Krieg. Die Interpretation, wonach im Hinblick auf die Gewichtung von Religion und Politik verschiedene Phasen zu unterscheiden seien, ist freilich nicht abgelöst; so gelten die Anfänge des Krieges durchaus als konfessionell bedingt, 1635 internationalisiere sich der Krieg und werde zum „europäischen Hegemonialkrieg“.⁷⁹ Beim Blick auf unterschiedliche Akteure und Akteurinnen hingegen vermag der Krieg als durch sich wiederholt verschiebende Gemengelagen konfessioneller und politischer Motive und Gründe gekennzeichnet erscheinen.
73 Vgl. bsp. Duchhardt: Westphalian System; Steinmeier: Rede, in der der Bundespräsident den Westfälischen Frieden ein „Denkmodell“ zur Lösung des Syrienkriegs nannte; Herrmann: Syrien; Rauch: Erschöpfung; Christoph Kampmann im Gespräch mit Karin Fischer: Vorbild Westfälischer Frieden?, Deutschlandfunk, 22. April 2022, https://www.deutschlandfunk.de/der-westfaelische-frie den-als-vorbild-christoph-kampmann-zu-moeglichen-parallelen-dlf-2c17af43-100.html [30.06. 2023] 74 Vgl. Simms: Kampf. 75 Vgl. auch Michael Rohrschneider: Historia magistra pacis? Zur Relevanz des Westfälischen Friedens im 21. Jahrhundert, Vortrag im Rahmen der Tagung „Ein Prisma zum Verständnis des 17. Jahrhunderts: Die diplomatische französische Korrespondenz zum Westfälischen Friedenskongress“, sowie Kommentar dazu von Samantha Besson, Paris, 22.–24. März 2023, Tagungsbericht v. Moritz Kläger, H-Soz-Kult, 19. Juli 2023, https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-137412 [19.07. 2023], dazu gehört auch die Verwendung des Friedens „als wichtiger völkerrechtlicher Bezugspunkt und vermeintlicher Ursprung eines Systems souveräner Staaten“, der eine eigene Wirkkraft entfaltet; vgl. auch Kampmann: Westfälische Friede. 76 Münkler: Kriege, S. 135, vgl. S. 63, 68, 88; vgl. Förster/Wegner: Rückkehr. 77 Burkhardt: Religionskrieg; Repgen: Kriegslegitimation; Repgen: Religionskrieg. 78 Vgl. Schindling: Religionskriege; Schindling: Kriegstypen; Schindling: Kriege; Brendle/Schindling: Religionskriege; Schild/Schindling: Kriegserfahrungen; vgl. auch das Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der WWU Münster; vgl. auch Janssen: Krieg. 79 Gotthard: Konfessionskrieg; vgl. auch Haan: Kurfürstentag, S. 18.
Zur Forschung
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Gemengelagen werden nicht zuletzt auf der Ebene der Individuen sichtbar. Bernhard erscheint als überzeugter Protestant und hat, allem Anschein nach, sein Tun als vom göttlichen Willen gedeckt verstanden. Ein starkes konfessionelles wie zugleich politisch-historisches Misstrauen hinderte ihn mit daran, auf Angebote der kaiserlichen Seite einzugehen. Er führte aber keinen Krieg um den Glauben. Das konfessionelle Argument diente auch ihm letztlich zur Legitimation. Ebenso war Bernhard kein Vertreter eines Reichspatriotismus um seiner selbst willen. Er konzipierte seine Zukunft im Hinblick auf das Reich, nur hier schienen ihm seine Entwürfe einer selbständigen Herrschaft umsetzbar. Dies war zugleich nur möglich auf der Basis einer starken Betonung der reichsständischen Freiheiten, eines eklatanten Machtmissbrauchs durch den Kaiser und einer umfassenden Bedrohungsperzeption. Hier zeigt sich ein politischer Taktierer, der kühl zu kalkulieren vermochte und in seinen (Bündnis‐)Verhandlungen unterschiedliche Projekte zur gleichen Zeit lancierte, der aber zugleich tief im Ehrverständnis und dem Selbstbild des Hochadels verwurzelt war. Insofern wird in ihm auch ein Adelstypus sichtbar. Es gehört nicht zuletzt zu den Kennzeichen dieses Krieges, dass seine Einhegung und Lokalisierung nicht gelangen. Bernhard hat dazu beigetragen. Sein Beispiel macht die Möglichkeiten offensichtlich, die sich im Reich und in Europa in dieser Zeit noch zu bieten schienen, (Territorial‐)Staatswerdungsprozessen zum Trotz und wenngleich sich bald die Entwicklung stehender Heere abzeichnen sollte.⁸⁰ In der politischen Welt, in der er lebte, waren auf der Basis adliger Herkunft und ständischer Sonderrechte noch weitreichende politische Umgestaltungen denkbar. Insbesondere das System des Reichs wurde als nicht abgeschlossen wahrgenommen. Und schließlich war Bernhards Karriere auch eine mediale. Die mediale Geschichte des Krieges findet zunehmend Beachtung, sie ist in Vielem aber noch eine unzureichend bekannte Größe. Zeitgenössische Geschichtswerke, insbesondere aber die unzähligen Flugschriften machten den Krieg zu einem Medienereignis und Medienkrieg.⁸¹ Eine Öffentlichkeit, die als „soziale Breitenkategorie (…) potentiell jeden Lesefähigen erfasste“, bestand bereits seit der Reformation.⁸² Der Blick auf die mediale Seite erlaubt es daher danach zu fragen, inwiefern und wie Bernhard in einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Zugleich ist die Publizistik als
80 Burkhardt: Krieg. 81 Vgl. Behringer: Veränderungen. 82 Vgl. Körber: Öffentlichkeiten; Burkhardt: Reformationsjahrhundert; Arndt: Krieg, S. 208 – 227; Arndt: Reich; Körber: Flugschriften; zur Entwicklung der Forschung zur frühneuzeitlichen Leserschaft Arndt: Herrschaftskontrolle; vgl. auch Bauer/Böning: Entstehung; Rousseaux: Flugschriften; Bellingradt: Flugblatt; Arndt/Körber: Mediensystem.
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Teil des Politischen zu verstehen. Nur ein genauerer Blick auf sie ermöglicht es, Reaktionen, Medienstrategien und Beeinflussungsverhältnisse mit den politischmilitärischen Entwicklungen und Entscheidungen zu erfassen. Insbesondere Bernhards militärischen Erfolge der späteren Zeit wurden von medialen Offensiven flankiert. Versteht man den Krieg als im Kern politisch motiviert und strukturiert, rücken die politischen und militärischen Akteure als Entscheidungsträger in den Blick. Auch daher gibt es in der neueren Forschung ein deutliches Interesse an der militärischen Biographieforschung,⁸³ auch hier mit unterschiedlichen Antworten auf die Frage der Biographiewürdigkeit einer Person.⁸⁴ Während Wallenstein ein Dauerthema seit dem 18. Jahrhundert bildet, sind in den letzten Jahren weitere prominente Heerführer und Politiker und Politikerinnen des Krieges untersucht worden, darunter Tilly, Gallas, Kardinal Richelieu und König Ludwig XIII. von Frankreich, die Kaiser Ferdinand II. und Ferdinand III., ebenso Oxenstierna und Gustav Adolf, der Herzog von Lothringen, Elisabeth Stuart wie Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel, auch König Philipp III. von Spanien.⁸⁵ Aufgliederungen in Rollen stehen neben stärker chronologisch ausgerichteten Studien, fast ausschließlich auf das Militärische orientierte neben solchen, die stärker politische oder auch kulturelle Aspekte einbeziehen.⁸⁶
83 Vgl. Epkenhans/Förster/Hagemann: Einführung; als Beispiele für entsprechende Arbeiten vgl. Rebitsch: Wallenstein; Rebitsch: Matthias Gallas; Göse: Otto Christoph Freiherr von Sparr. 84 Vgl. „Eine Biographie zu haben, ist nicht länger ein bürgerliches Privileg“: Einleitungssatz des Editorials zur ersten Ausgabe von BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung und Oral History, H. 1 (1988), S. 3. 85 Zu Wallenstein vgl. insbes. Rebitsch: Wallenstein; Emich/Niefanger/Sauerer/Seiderer: Wallenstein; vgl. auch Bahlcke/Kampmann: Wallensteinbilder; Mannigel: Wallenstein; zu Tilly: Kaiser: Politik; zu Gallas: Rebitsch: Matthias Gallas; zu Richelieu: Hildesheimer: Richelieu; Malettke: Richelieu; vgl. auch Elliott: Richelieu; Schultz: Richelieu; zu Ludwig XIII.: Bouyer: Louis XIII; Moote: Louis XIII; zu Ferdinand II.: Brockmann: Ferdinand II.; Bireley: Ferdinand II.; Albrecht: Ferdinand II.; zu Ferdinand III.: Hengerer: Kaiser; Höbelt: Ferdinand III.; zu Oxenstierna: Wetterberg: Kanslern; Zirr: Axel Oxenstierna; vgl. auch Goetze: Politik; zu Gustav II. Adolf: Barudio: Gustav Adolf; Findeisen: Gustav Adolf; Junkelmann: Gustav Adolf; zu Lothringen: Fulaine: Duc; Leestmans: Charles IV.; zu Elisabeth Stuart: Akkerman: Elizabeth Stuart; zur hessischen Landgräfin: Helfferich: Princess; zu Philipp III.: Allen: Philip III. 86 Die zahlreichen Biographien der letzten Jahre zeichnen sich durch höchst unterschiedliche Herangehensweisen aus, attestiert wurde ihnen jedenfalls mehrheitlich ihre „Theorieferne“: Pyta: Arbeiten, S. 332; zur biographischen Forschung auch Klein: Handbuch; Kraus: Geschichte; Bödeker: Biographie; Harders: Biografieforschung.
Eine Biographie des Herzogs
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Eine Biographie des Herzogs „Das Leben als solches ist keine Geschichte“,⁸⁷ und ein „vergangenes Leben“ lässt sich wie die Vergangenheit allgemein „nicht ‚rekonstruieren‘“.⁸⁸ Unweigerlich folgt die erzählte Lebensgeschichte „narrativen Strategien“;⁸⁹ Erzählungen sind Konstruktionen, die zugleich der Sichtbarmachung der Distanz bedürfen.⁹⁰ Herzog Bernhard von Weimar gehört zu den Protagonisten einer vielfach privilegierten Oberschicht und auch seine Chancen, sein Bild in der Nachwelt zu beeinflussen, waren vielfach höher als die der Mehrzahl der Zeitgenossen. An seinem Fall lässt sich allerdings deutlich erfragen, was ihn als Figur typisch für seine Zeit macht und was diese Zeit anders macht als unsere Gegenwart.⁹¹ Wie ist das Ineinandergreifen von Individuum und historischen Strukturen zu verstehen? Und wie ist der Herzog biographisch zu fassen? Bei allen Zufällen, die für die Geschicke eines Jeden relevant sind, vermag nach den Faktoren gesucht werden, die im Falle des Protagonisten latent wirkten und besonders wirkmächtig waren. Das Problem der „biographischen Illusion“,⁹² der nachträglichen Sinngebung im Rückblick auf ein Leben und beim Versuch, es zu erzählen, bleibt bestehen. Geht man von einer – weit zu konzipierenden, Entwicklungen, Disparatheiten, Brüche einschließenden – Einheit der Person aus, stellt sich aber auch die Frage nach Zusammenhängen, Prägungen und Entscheidungen. Zugleich wird eine sich an ein Leben annähernde Darstellung immer erst möglich durch die Kontextualisierung, die Beachtung der Zeitumstände, der „lebensweltliche[n] Vernetzung“.⁹³ Von Bernhard liegen jedoch kaum Dokumente mit grundsätzlicheren Reflexionen über sein Handeln, Denken oder seinen Gefühlen vor. Das betrifft seine politischen Konzeptionen, strategischen Entwürfe und personellen Konzepte. Dem Fall Tillys durchaus vergleichbar kennt seine Korrespondenz die persönliche Ebene im Grunde nicht.⁹⁴ Hinzu kommt, dass Bernhard, wie andere Militärunternehmer, Feldherren und Fürsten, in wichtigen Fragen vielfach auf die Gespräche und Unterhandlungen durch Vertraute setzte, wenn nicht sogar persönliche Treffen möglich waren. Wie „der protestantische Reichsfürst (…) in aller Regel nicht in abstrakter Form über sich selbst und sein Amt“ schrieb, legten er und sein katho-
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Kunisch: Friedrich, S. 8. Siemann: Metternich, S. 16. Kunisch: Friedrich, S. 8. Vgl. auch Meier: Faszination. Vgl. auch Stollberg-Rilinger: Maria Theresia, S. XXIV – XXVII. Vgl. Bourdieu: Illusion. Roeck: Diskurse, S. 185; vgl. bes. Corbin: Monde. Vgl. Kaiser: Politik, S. 44; Kaiser: Prominenter Feldherr.
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lisches Pendant nicht unbedingt ihr Gefühlsleben dar.⁹⁵ Bernhard ist wenig in privaten, in intimen Regungen gar nicht fassbar. Bernhard „privat“ – das gibt es so nicht und das gab es wohl auch nicht, wenngleich Hans Tümmler zu dem Schluss kommen wollte, der Herzog sei „auch menschlich so sympathisch“.⁹⁶ Private Vorlieben und Gepflogenheiten sind kaum greifbar. Wenn Persönliches aufscheint, so in seiner Beziehung zu Herzog Henri de Rohan oder seinem Rat und Vertrauten Tobias von Ponickau, ist es engstens mit dem Politischen verknüpft. Auch dies ist zeit- und standestypisch. Es bleiben Randbemerkungen, wenn sein Kanzler darauf hinweist, der Herzog habe, wenn er „was wichtiges vorhatte, Zu befehlen“, sein Gegenüber „eine lange Zeit (…) angesehen“.⁹⁷ Allerdings bleibt für die Historikerin stets die Möglichkeit einer „empathischen Illusion“ und eine „unaufhebbare historische und subjektive Distanz“.⁹⁸ Gerade der Mediävistik sind solche Probleme vertraut; Versuchen, die Individualität, den Charakter eines Menschen, seine Denk- und Gefühlswelten offenzulegen, sind hier engste Grenzen gesetzt.⁹⁹ Für die Frühe Neuzeit scheint es hilfreich, „Individualität (…) als individuelle Erfüllung“ eines ständisch definierten Lebensstils“ und von Lebenswelten zu sehen,¹⁰⁰ ohne den individuellen Charakter des Einzelnen zu ignorieren. Eine akteurszentrierte Perspektive ermöglicht den Blick auf Handlungsoptionen, ihre Wahrnehmung und Gestaltung sowie verschiedene Rollen, in denen sich Menschen bewegten.¹⁰¹ Maßgeblich ist damit auch, welche Möglichkeiten ein Akteur wie Bernhard hatte, wie es kommen konnte, dass er zur Eskalation dieses Krieges beitrug, und welche Rolle er für die großen „Spieler“ hatte und selbst wieder für seine Umgebung.
95 Duchhardt: Herrscherbild, S. 30. 96 Tümmler: Briefe, S. 308. 97 Relatio Clausurae Testamenti von Hans Ulrich Rehlinger von Leder, Breisach, 25. September 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 557 ff., hier S. 558; es scheint auch nicht so, als ob Bernhard versucht habe, sein Bild in der Nachwelt durch Aufzeichnungen für eine Art von Memoiren beeinflusst zu haben; er mag freilich bestimmte Dokumente absichtlich nicht hinterlassen haben. 98 Stach: Leben. 99 Vgl. Tellenbach: Charakter; Tellenbach: Frage; Hack: Abul Abaz, S. 41 – 45. 100 Droste: Dienst, S. 100. 101 Zum akteurszentrierten Ansatz, dem Konzept der Agency vgl. zusammenfassend Krischer: Geschichtswissenschaft.
Repräsentation des Feldherrn
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Repräsentation des Feldherrn Fritz Redlich hat Bernhard zu den „very few outstanding German princes“ und Heerführern einer ansonsten „sad generation“ gezählt.¹⁰² Diese Wahrnehmung scheint sich zu relativieren, rückt man auch seine Niederlagen in den Blick und all jene Erfolge, die nach kurzer Zeit wieder zunichte waren. Eine besondere Befähigung Bernhards lag jedoch zweifellos im Umgang mit den Soldaten. Er verfügte, vor allem in etwas fortgeschrittenem Lebensalter, offensichtlich über Charisma.¹⁰³ Das Heer war und blieb seine eigentlich Machtbasis, er war zentral auf es angewiesen. Insbesondere gegen die Offiziere war eine Armee nicht zu führen; Bernhard war auf sie, ihre militärischen Fähigkeiten und ihre Loyalität ebenso wie auf seine Mitarbeiter im Hofstaat angewiesen. Die weimarische Armee ist auch für ihr spezifisches Sonderbewusstsein bekannt, das noch nach Bernhards Tod ihr Selbstbild und ihre Fremdwahrnehmung prägte.¹⁰⁴ Für den Heerführer und den Fürsten Bernhard ging es darum, seine Position, seine Ansprüche und Fähigkeiten gegenüber der Armee wie den politischen Herrschaftsträgern darzustellen. Auch der Militär Bernhard ist also als ein inszenierter Fürst¹⁰⁵ zu verstehen. Im fragilen Gefüge der Armee wie in der Adelsgesellschaft des Reichs und Europas, in der auf Sichtbarkeit von Positionen und Macht ausgelegten ständischen Gesellschaft, hatte er die eigene Stellung zu bewahren und auszubauen. Er nutzte dazu Insignien seiner Position als Feldherr, die Zurschaustellung von Prunk und Aufwand auch in seinem Hauptquartier und ein räumliches System von Distanzen und Nähe. Zeichen der militärischen Vollmachten waren der exklusive Kommandostab, die Offiziersschärpe, besondere Rüstungen. Bernhards Feldherrnstab kam noch bei seiner Beerdigung zum Einsatz, auf einem Totenbild nimmt er einen zentralen Platz ein.¹⁰⁶ Zu seinen Rüstungen gehörten ein Kürass mit „schwarz geätzte[n] Brust-
102 Redlich: Military Enterpriser, Bd. 1, S. 201. 103 Vgl. auch Wedgwood: Krieg, S. 320. 104 Vgl. auch die 1640 in der Armee drohende Revolte (vgl. Parrott: Richelieus Army, S. 296) und das Überlaufen von Verbänden der Weimarischen Armee 1647 zu Graf Hans Christoph von Königsmarck. 105 Vgl. Burke: Fabrication. 106 Vgl. Procesßion Wie es bey des Durchlauchtigsten Hochgebohrnen Fürsten und Herrn, Herrn Bernhards, Herzogens zu Sachsen … christl. andenkens, angestellten sepultur, gehalten worden [wohl 1655], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 35r. – 39r.; [Anonym:] Einblattdruck des aufgebahrten Bernhard von Weimar, Kupferstich, o.O., FB Gotha, Biogr. gr. 2° 593/2, Bl. 137v.; der Stab war vermutlich wie der seines Vaters aus Silber gefertigt, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 555, Bl. 87r.
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und Rückenstücke[n]“,¹⁰⁷ die Rüstung, die er angeblich in Lützen trug,¹⁰⁸ und möglicherweise eine wertvolle Prunkrüstung aus dem 16. Jahrhundert, als Geschenk Ludwigs XIII. von Frankreich.¹⁰⁹ Hinzu kamen geschmückte Helme, hochwertige Waffen und Ausrüstungsgegenstände: ein vergoldetes Casquet, vergoldete Sporen, verzierte Degen und Pistolen.¹¹⁰ So hatte er aus den Niederlanden „ein Haufen“ wertvoller „Wehren“ bezogen, darunter „gestupte Settell, vergulte Stangen und Zeug, pistolen, Degen“.¹¹¹ Er verfügte selbstverständlich über mehrere Kutschen, darunter eine „fürstliche Leibkutsche“ und eine „große Kutsche“,¹¹² die er vereinzelt Mitarbeitern und Verhandlungspartnern zur Verfügung stellte;¹¹³ teils verzichtete er auf die eigene Kutsche, um inkognito zu reisen.¹¹⁴ Daneben besaß er eine große Anzahl Pferde zum persönlichen Einsatz, Reit-, Kutschen- und Wagenpferde, Tiere für den Einsatz im Kampfgeschehen, zudem Maultiere.¹¹⁵ Zur Repräsentation dienende Pferde trugen Schmuckausrüstungen,¹¹⁶ beispielsweise „ein[en] Sattel mit Gold und Silber gestickt auf beiden Seiten“ mit Zubehör, „eine türkische Roßdecken von goldenen und silbernen Stücken und silbernen Fransen“ oder Zaumzeug mit grünen, in Silber
107 Vgl. Rathgeber: Beschreibung, S. 321; diese Gegenstände seien im Gothaer Zeughaus aufbewahrt worden, dazu Halskragen und Casquet; Gotha habe zudem früher Waffen Bernhards besessen, die ins Zeughaus Coburg gelangt seien. 108 Herzog Carl August übergab sie Fürst Franz für dessen Gotisches Haus in Wörlitz: Valk: Goethes Gotik, S. 254. 109 Vgl. Valk: Goethes Gotik, S. 258; Ulferts: Formen, S. 342; aus Sicht der Verfasserin bleiben Zweifel bei der Zuordnung; der Prunkharnisch als „Instrument der Darstellung der Fürstenwürde“: Valenta: Bildnis, S. 142. 110 Vgl. Procesßion Wie es bey des Durchlauchtigsten Hochgebohrnen Fürsten und Herrn, Herrn Bernhards, Herzogens zu Sachsen … christl. andenkens, angestellten sepultur, gehalten worden [wohl 1655], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 35r. – 39r.; Müller: Hauses Sachsen Ernestinund Albertinischer Linien Annales, S. 399, 403, der noch einen vergoldeten Harnisch nennt; zu Degen aus Bernhards Besitz oder ihm zugeschriebenen Degen: [Scheidig/Marchand:] Bernhard, S. 25 f., Nr. 106 – 108; Topor-Morawitzky: Gefangenschaft, S. 280 ff.; vgl. auch Curiositäten, Bd. 5 (1816), S. 487 f. 111 Bernhard v. Weimar an Holk, Dachau, 15. April 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 102; da Bernhard sich im Gefecht selbst beteiligt, ist anzunehmen, dass er Rüstungen zu den Schlachten anlegte; Feldherren verfuhren hier unterschiedlich, vgl. Montecuccoli: Battle, S. 158 f. 112 Vgl.Verzeichnis der Gewehre und Waffen Bernhards von Weimar und Erlöse aus dem Verkauf seiner Pferde, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, S. 243 ff., hier S. 244 f. 113 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Hünniger Schanze, 24. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 131 f. 114 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Basel, 9. Mai 1630, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 164 f., hier S. 164; Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Landskron, 9. Mai 1639, in: ebd., S. 165 f., hier S. 165. 115 Vgl. zum Einsatz von Pferden für die Kriegsführung Wallhausen: Kriegskunst. 116 Vgl. Bayreuter: Pferde, S. 228; auch Falcke: Studien.
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eingefassten Steinen.¹¹⁷ Sein schwarzes Lieblingspferd vermachte der Herzog Graf Guébriant, in dessen zeitgenössische Biographie eine Lebensgeschichte des Tieres aufgenommen wurde.¹¹⁸ Beim Tod des Herzogs trauerten angeblich auch die Pferde: „Die leibpferd die der Held bey leben hatt geritten/ Gehen allgemach daher mit kummers=vollen schritten“.¹¹⁹ Bernhard hatte darüber hinaus sechs Falken für die Jagd.¹²⁰ Zentralen Stellenwert für das „decorum“ hatte die Kleidung, sie war Ausdruck der Position, von Rang und Stand und prägte nach zeitgenössischer Auffassung auch Haltung und Verhalten des Trägers.¹²¹ Zu Bernhards Garderobe gehörten eine Reihe der als Rang- und Kommandozeichen des Heerführers unverzichtbaren Schärpen, reich bestickt oder mit Spitzen versehen,¹²² ebenso aufwendig gearbeitete seidene Strümpfe, Hosen- und Schuhbänder, Senkel, Mäntel, Hosen, Wämser, Hüte mit Hutschnüren, die durchaus reichlich mit Diamanten besetzt oder aus Gold gefertigt wurden,¹²³ oder mit Federn, zudem Schmuck, darunter ein goldener Ring mit Diamanten.¹²⁴ Bernhard kleidete sich in höfischen Kontexten wahrscheinlich im französischen Stil, der sich seit den 1620er Jahren in Europa zunehmend durchsetzte.¹²⁵ Im Lager der Armee gab sich der Herzog aber im zeitgenössischen Vergleich offenbar betont einfach, wie ein Nürnberger Bürgermeister, selbst „gantz in golt gekleit gewesen auch mit ketten und geschmuckt mechtig geziert“, verwundert feststellte.¹²⁶
117 Vgl. Topor-Morawitzky: Gefangenschaft, S. 280 – 282; die Reichspolizeiordnung 1530 hatte die freie Gestaltung des Pferdegeschirrs nur Kurfürsten und Angehörigen des fürstlichen Standes erlaubt: RPO 1530, in: Weber: Reichspolizeiordnungen, S. 129 – 166, hier S. 147 f. (Abschnitt 17); die RPO von 1548 und jene von 1577 bestätigten diese Regelung (die freilich wie andere nur bedingt eingehalten wurde), vgl. S. 184, 232. 118 Laboureur: Histoire, S. 128 f., der Rappe sei von „d’vne grandeur & d’vne force extraordinaire“ gewesen (S. 128). 119 Gloner: Klagschrift, S. 14, 23. 120 Zum Tierbesitz Bernhards u. a. die Liste de Chevaux de carosse et de train qui ont été donés ou vendux par ordre du Major Général, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 294r. – 294v. 121 Diese Annahme galt auch für die Kleidung der Soldaten, vgl. Johann der Mittlere v. NassauSiegen: Landesdefensionsordnung, S. 56 f. 122 Er erbte auch aus dem Nachlass Johann Ernsts eine Reihe Bänder und Schärpen, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 2017, Bl. 487r. – 504r., Bl. 594v.; die Gegenstände sind aber nicht mehr in Bernhards Hände übergegangen, vgl. ebd., Bl. 506r. – 507r. und 508r. 123 Zum Wert von Hutschnüren vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 2017, Bl. 510r. 124 Vgl. u. a. Inventarium über Hzg. Bernhards Garderobe und Bücher, Breisach, 18. Mai 1639, LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 345, Bl. 338r. – 347v., hier Bl. 346r. 125 Vgl. u. a. Pietsch: Kleidung, v. a. S. 33. 126 So zumindest Junius: Verzeignuß, S. 144.
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Porträts Bernhards zeigen ihn aber zumindest mit aufwendigen Spitzenkragen, bestickten Stoffen und komplizierteren Schnitten. Sie geben Aufschluss darüber, wie Bernhard gesehen werden wollte oder die Bildproduzenten ihn sahen und darüber, was beim zeitgenössischen Rezipienten „ankommen“ sollte. Um glaubwürdig zu wirken, mussten sich die Porträts zumindest an zeittypische Formen anlehnen,¹²⁷ und vielfach ist ein ausgeprägtes Bemühen um Detailgenauigkeit in der Wiedergabe existierender Kleidungsstücke feststellbar.¹²⁸ Für die Repräsentation und Wirkung des Feldherrn und Fürsten war auch die Darstellung im Bild elementar. Bernhard wird fast ausnahmslos als Militär dargestellt. Fürsten ließen sich generell als Militärs darstellen, auch wenn sie nicht selbst im Feld standen;¹²⁹ noch stets war der Fürst oberster Feldherr; dabei gehen das Politische und Militärische ineinander über. Feldherrnporträts waren ein Massengut. Bernhard erfüllte also zunächst einen Mindeststandard, wenn er sich im Bild darstellen ließ. Zugleich zeigten die bildlichen Darstellungen seine politischen Ansprüche; sie dienten seiner Legitimation und versinnbildlichten seine Machtausübung. Es ging darum, das eigene Bild zu prägen. Der Anschein der Serialität war durchaus gewollt.¹³⁰ Bernhard hat sich von zwei renommierten Künstlern der Zeit malen lassen: von Joachim von Sandrart und Samuel Hofmann; beide Bilder sind jedoch nicht erhalten. Im einen Fall entstand das Bild in der Zeit einer tiefen Krise, das andere im Umfeld seines wichtigsten militärischen Erfolgs. Als Sandrart Bernhard 1635 in Frankfurt am Main malte, war die Stadt belagert und Bernhards Position höchst bedrängt, auch seine (bündnis‐)politische Zukunft war ungewiss. Er hatte dennoch Gelegenheit und Interesse, sich porträtieren zu lassen. Ein repräsentatives Bild konnte als eine Möglichkeit erscheinen, das eigene Renommée zu stärken und sich
127 Auch wenn nicht von einer unmittelbaren Wiedergabe der Kleidung des Herzogs auszugehen ist, vgl. Brush Kidwell: Clothes; Burke: Augenzeugenschaft, S. 28 f. 128 Vgl. bsp. Janine Jakob: Edler Putz macht Damen. Mode zwischen Mandat und Alltagspraxis in Basel, Zürich und Luzern, Vortrag bei der Tagung „Zeichen und Symbole. Kleidung zwischen Bild und Realie“, HU Berlin, 20. Februar 2016; zum Adel im Bild vgl. Scholz/Süßmann: Adelsbilder. 129 Vgl. auch Valenta: Bildnis, S. 136; zum „visual turn“ in der Militärgeschichte vgl. u. a. Arbeitskreis Historische Bildforschung: Krieg; Paul: Bildes; Knauer: Krieg; Thuillier: Krieg; kommunikationswissenschaftlich: Knieper/Müller: War Visions; auch Ottomeyer: Porträt. 130 Dies zeigt auch eine Gothaer Reihe von Kupferstichen der Weimarer Brüder, je vor einem Feldherrnzelt stehend, die Hand auf einen Tisch weisend, auf dem ein federgeschmückter Helm und ein Handschuh liegen, den Feldherrnstab in der Hand haltend, im Hintergrund eine Kriegsgeschehensszene, sächsische Wappen dabei, vgl. FB Gotha, Biogr-gr-2°-593 – 2, Bl.137r., 138r.; vgl. auch ebd., Bl. 136v.; diese Darstellungen sind auch typisch für den „‚Gewalthabitus‘“ Adliger, dazu Asch: Adel, S. 194, 218; zum 16. Jh. vgl. Schindler: Habitus, S. 59.
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als Heerführer und Fürst in Szene zu setzen, mit dem weiterhin zu rechnen war.¹³¹ Samuel Hofmann fertigte, vermutlich in Breisach, ein prestigeträchtiges Ganzkörperporträt des Herzogs an.¹³² Bilder Bernhards kamen vermehrt nach seinen ersten größeren Erfolgen auf den Markt, nicht zuletzt wurde er auf dem Pferd in Levade gezeigt. Mehr noch als andere Reiterbildnisse demonstrierte die Levade, dass der Reiter sich selbst wie das Pferd beherrsche und damit auch über die Untertanen herrschen könne.¹³³ Auf die „Herrschaft“ des Feldherrn ließ sich dies übertragen. Bernhard wurde damit als Sieger und (potentiell) herrschender Fürst präsentiert. Die Nachfrage nach Bernhard-Bildnissen stieg nach seiner Einnahme Breisachs Ende 1638.¹³⁴ Bernhard ist in der Regel durch seine Physiognomie erkennbar und identifizierbar.¹³⁵ Die Bilder sollten die „Identität sichern“ und idealerweise Aufschluss über die Charaktereigenschaften geben.¹³⁶ Maßgeblich dafür war, wie glaubwürdig eine Darstellung das Äußere und den angenommenen Charakter des Dargestellten verband. Entsprechend beschrieb Galeazzo Gualdo Priorato den Herzog als von proportionierter Statur, sehr beweglichem und von kraftvollem Körperbau und
131 Vgl. Joachim v. Sandrart: Bernhard von Weimar, um 1635, vgl. Klemm: Joachim von Sandrart, S. 67 (Kat.-Nr. 12), 313; Sandrart half die Arbeit für den Herzog und dessen Stab, weitere Aufträge zu erhalten, vgl. Sandrart: Akademie, S. 12; zu Sandrart vgl. u. a. Meier: Joachim Sandrart; zudem stellte der Kupferstecher Lucas Schnitzer, der bereits für Schweden gearbeitet hatte, Bernhard dar. 132 Vgl. Sandrart: Akademie, Bd. 3 (Malerei), S. 72; Schlégl: Hofmann, S. 156, Kat.-Nr. V 23. 133 Vgl. Warnke: Herrscherbildnis, S. 486 f.; Bodart: Feldherr, S. 313 f.; Cuneo: Reiten, S. 168; zur Wertschätzung des Pferdes vgl. Lützeler: Ikonologie; Bayreuter: Pferde, S. 228; Bernhard zu Pferde: vgl. bsp. Jacob von der Heyden: Bernhard, Herzog von Sachsen, Kupferstich, Straßburg 1634, Blattmaße 491x386 mm, Herzog Anton Ulrich-Museum, Sign. JVDHeyden AB 2.113, http://kk.haum-bs.de/? id=j-v-d-heyden-ab2-0113 [30.06. 2023]; vgl. auch aus der zweiten Hälfte des 17. Jh.s: Pinter von der Au: Pferde-Schatz, S. 126 ff.:“Der allerhöchste Potentat der Welt“ könne außer auf seinem Thron nicht „in größerem Ansehen/ und prächtigern [sic] Herrlichkeit erscheinen (…), als wan[n] er sich zu Pferd oder zu Wagen befindet“. 134 Spätere Stiche wurden darüber hinaus für Reihen und Sammlungswerke angelegt. 135 Mit ähnlichen bis klar wiedererkennbaren Gesichtszügen, stets dunklem Haar, Frisur und Barttracht sind ähnlich, die Stirn manchmal frei oder mit einem Pony bedeckt, ein Zopf liegt an der Seite. Dass Herzog Ernst der Fromme ein diesem Typus entsprechendes Bild des Bruders in seine Porträtgalerie in Schloss Friedenstein aufnahm, spricht dafür, dass dieser Darstellung von Seiten des Hauses zumindest eine gewisse Ähnlichkeit und Authentizität zugeschrieben wurde, vgl. Christian Richter: Bildnis von Bernhard von Weimar, Öl/Lwd., 257x120 cm, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Gemäldesammlung, Inv.-Nr. SG 1159; ein grundlegendes Vorlagenbild ist nicht zu ermitteln; vgl. die Wiedererkennbarkeit von Gustav Adolf, Tilly oder Wallenstein. 136 Hier zum Herrscherbildnis: Warnke: Herrscherbildnis, S. 483 f.; Bessin: Rhetorik, S. 167.
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bezeichnete ihn als lebhaft und einfallsreich, von abwägendem, klugen Urteil und entschlossen, wenn dies nötig gewesen sei.¹³⁷ Die Porträts als Teil der medialen Inszenierung Bernhards und Element der „visuelle[n] Kommunikation“ richteten sich grundsätzlich „an eine Allgemeinheit“,¹³⁸ die Gemälde in erster Linie an Standesgenossen, als Flugschriften verbreitete Darstellungen an ein Massenpublikum. Bernhard gab vermutlich Bilder für die Familie und verwandte Häuser, den Bildnisaustausch zwischen den Höfen und zur Geschenkdiplomatie in Auftrag;¹³⁹ auch mögen Bilder wie Münzen mit seinem Bild als Gnadenbezeugung vergeben worden sein.¹⁴⁰ Die Kupferstiche richteten sich an den europäischen Markt.¹⁴¹ Ebenso mochten Illustrationen für eine Sammelpublikation gedacht sein.¹⁴² Spätere Bernhard-Porträts, noch des 19. Jahrhunderts, bauten auf dieser Formensprache (im jeweiligen Zeitgeschmack) auf.¹⁴³ 137 Gualdo Priorato: Historia universale, S. 1103 – 1106 („di gratioso aspetto di color bruno, di statura proportionata, ben disposto, molto agile, e robusto del corpo“); der (Körper‐) und Gesichtsausdruck sind in ihrer Wirkung auf zeitgenössische Betrachter allerdings kaum einzuschätzen. 138 Warnke: Herrscherbildnis, S. 483 f. 139 Bei seinem Tod besaß er vier Porträts seiner selbst, vgl. LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 293r.; Herzog August d.J. v. Braunschweig erhielt nach Bernhards Tod Porträts des Herzogs, vgl. Philipp Hainhofer an August d.J. v. Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 10./20. Oktober 1639, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 664 f. 140 Vgl. Polleroß: Kaiser, S. 33, 37. 141 Lateinische Widmungsinschriften oder Verse orientierten sich an einem akademischen Adressatenkreis, vgl. u. a. François van den Hoeye: Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, Bildmaße 187x122 mm, o. J. [spätestens 1636], Porträtsammlung HAB Wolfenbüttel, Inv.-Nr. I 1143.1, Online-Datenbank, Nr. A 18322; [Anonym:] Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, [frühestens 1639], Bildmaße 132x106 mm, ebd., Inv.-Nr. I 11440a, Datenbank-Nr. A 18324; [Unbekannt, niederländischer Maler:] Bernard, Duc de Saxe-Weimar, 74,7x59 cm, Öl/Lwd., Les collections du château de Versailles, Sign. MV 4217; Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, Bildmaße 111x103 mm, in: Theatrum Europaeum, Tl. 2, S. 912; Sebastian Furck: Kupferstich Herzog Bernhards von Weimar, FB Gotha, Biogr. Gr. 2° 593/2, Bl.137r. Bilder mit Texten in den verschiedenen Landessprachen konnten ein breiteres Publikum ansprechen, v. a. im deutsch- wie im französischsprachigen Raum, bsp. BalthasarMoncornet: Bernhard/ Dvc/ De/ Saxe, Kupferstich, Bildmaße 384x290 mm, Porträtsammlung HAB Wolfenbüttel, Inv.-Nr. III 1284, Datenbank-Nr.: A 18325; Baltasar Montcornet: Bernard, duc de Saxe-Weimar, 17. Jhd., 17,1x11,5 cm, Les collections du château de Versailles, Inventarnr. INV.GRAV 7171, die Abb. ist mit dem Hinweis „Dedié au Sieur Philippe Betz colonel d’un Regimet de Cavallerie dans l’Armée du Roy“ versehen; vgl. auch Pieter de Jode d.J.: Bernhard Duc de Sace Weymar, Kupferstich, Blattmaße 172x127 mm, Porträtsammlung HAB Wolfenbüttel, Inv.Nr. I 1143.2, Datenbank-Nr. A 27816; Etienne Ficquet (Stecher): Herzog Bernard von Sachsen, Kupferstich, nach 1639, 25x17,6 cm, Landesarchiv Baden-Württemberg, Sign. 69 Baden, Sammlung 1995 G Nr. 538; [Unbekannt:] Herzog Bernhard von Sachsen, Kupferstich, 1. Hälfte 17. Jhd., 27x20,1 cm, ebd., Sign. 69 Baden, Sammlung 1995 G Nr. 539. 142 Vgl. Bernhard von Weimar, Holzschnitt, 1. Hälfte 17. Jhd./ nach 1639, vgl. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Baden, Sammlung 1995 G Nr. 542, Bernhard wird hier unter die „Capitani illvstri“
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Zur Repräsentation gehörte darüber hinaus der Hofstaat, der mit dem Herzog reiste und der im Kern ein Hof im Feld war.¹⁴⁴ Für Bernhard diente auch der Hof als ein Zeichen seines fürstlichen Ranges; für dessen Mitglieder bedeuteten die Nähe zu ihm und seine Gunst eine Ressource;¹⁴⁵ zugleich konnten auch die Mitglieder des Hofstaats im Feld durch Patronagenetzwerke Einfluss ausüben.¹⁴⁶ Für den engeren Hofstaat des Herzogs sind 1639 rund zwanzig Personen namentlich fest zu machen. Schon diese Kleinheit legte den flexiblen Einsatz mancher Mitarbeiter nahe; hinzu kam jedoch Personal wie der Stallmeister, Pferdeknechte, Köche und weitere Dienerschaft, zudem das Personal der Adligen und höherrangigen Amtsinhaber; der Übergang zwischen dem Hofstaat und den Offizieren erscheint als fließend.¹⁴⁷ So standen Herzog Friedrich von Württemberg-Neuenstadt und Herzog Roderich Herzog von Württemberg-Weiltingen, ein jüngerer Bruder Herzog Eberhards III. von Württemberg, in Bernhards Diensten; Markgraf Friedrich von Baden-Durlach hielt sich oft im Feldlager auf. Adlige zählten auch zu den Besuchern am Hof; neben Gesandten, Botschaftern anderer Heerführer, Vertretern der französischen
eingereiht; eine Aufnahme in die wiederholt aufgelegten und überarbeiteten, aber stark zu katholischen Heerführern neigenden „Ritratti di capitani illustri“ hat Bernhard nicht geschafft (vgl. Roscio: Ritratti). 143 Vgl. bsp. Jan de Leeuw: Bernard Duc de Saxe Weymar, 1704, 130x87 mm, Rijksmuseum Amsterdam, Objekt-Nr. RP-P-1911 – 5118; Wilhelm Devrient (Stecher): Herzog Bernhard zu Sachsen-Weimar, Kupferstich, Bildmaße 90x70 mm (aus: Bildnisse der berühmtesten Menschen aller Völker und Zeiten, Zwickau [1832]), Porträtsammlung HAB Wolfenbüttel, Inv.-Nr. II 4673, Datenbank-Nr. A 18329; Ernst Ludwig Riepenhausen (Stecher): Herzog Bernhard zu Sachsen-Weimar, Kupferstich/Radierung, Bildmaße ca. 63x70 mm, ebd., Inv.-Nr. I 11441a; Datenbank-Nr.: A 18330; Herzog Bernhard zu SachsenWeimar, Lithographie nach Radierung, Bildmaße ca. 77x75 mm, ebd., Inv.-Nr. I 11443, Datenbank-Nr. A 18331; Bernhard, Herzog zu Sachsen-Weimar, Punktierstich, um 1800, Bildmaße 49x49 mm, ebd., Inv.-Nr. I 11442, Datenbank-Nr.: 18328; Johann Heinrich Lips: Herzog Bernhard von Weimar, Radierung, 1800, 8,5x6,3 cm, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (vgl. Europeana); vgl. auch Herzog Bernhard von Weimar, Öl/Lwd., 93,7x70 cm, 19.–20. Jhd., Museum im Schloss Lützen, Inv.-Nr. V/K1 – 138. 144 Bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Mannheim, 28. April 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 6 f., hier S. 7; die „Gazette“ sprach von der „court“ des Herzogs; daneben stehen die Begriffe „comitat“ und der „aulicos“, vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., 16. Mai 1637, in: Nellen/Ridderikjoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 289; der Hofbegriff bezeichnet in der Forschung differente Phänomene, vgl. Pečar: Ökonomie, S. 15 – 19. 145 Pečar: Ökonomie, S. 17. 146 Vgl. bsp. Winterling: Fürstenhof, S. 37 f.; Duindam: Vienna; Freyer: Hof. 147 Vgl. auch weitere Gruppen wie adlige militärische Volontäre und die Trompeter; bei der Aufnahme der Militärdienste wird der Herzog wie üblich Teile der Dienerschaft mitgenommen haben; Bernhards engerer Hofstaat wird vor allem in seinem Testament und bei seinen Beerdigungen greifbar, vgl. auch LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 1r. – 24r., hier Bl. 3v. – 4v.
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Krone oder Schwedens¹⁴⁸ und anderen militärischer Befehlshabern, gerade aus dem französischen und schwedischen Heer, kamen Durchreisende, Adlige, die ihre politischen Kontakte pflegen wollten oder sich konkrete Vorteile erhofften.¹⁴⁹ Auch der Rat und Hofkanzler Hans Ulrich Rehlinger von Leder und Marx Conrad von Rehlingen, Geheimer Rat des Herzogs, gehörten bei Bernhards Tod im Sommer 1639 zum Hofstaat, ebenso der Hofprediger Rücker, der Oberhofmeister Ernst Friedrich von Remchingen,¹⁵⁰ die Sekretäre John und Feret, die Mediziner Blandinus und Schmit, der Apotheker Fürstenheuer, Hofjunker wie Starschedel, Wolf Dietrich Truchseß, die Kammerdiener Melchior Josef (Möller), Hans Caspar Kuster und Jeremias Schrei sowie Pagen. Adlige und Söhne hochgestellter Bezugspersonen sollten in der Armee Erfahrungen sammeln, Verbindungen knüpfen, ihre Karriere befördern und eine militärische Ausbildung erhalten. Auch hier wird die enge Verbindung zwischen den Ebenen „Hof“ und Militär erkennbar, und viele junge Adlige starteten ihre Militärkarriere als Volontär.¹⁵¹ Hugo Grotius, der die Karrieren seiner Söhne sorgfältig plante und in diesen Jahren Botschafter Schwedens in Paris war, brachte seinen jüngsten Sohn Diederik de Groot van Kraayenburg bei Bernhard unter. Zunächst Kammerjunker Bernhards, stieg Diederik dann zu seinem Adjutanten auf.¹⁵² Als „edelman“, als „gentilhomme“ bei Bernhard sollte er gleichzeitig seine Kenntnisse der Kriegsführung ausbauen und politische Erfahrungen sammeln.¹⁵³ Mit Bernhards Vertrautem Tobias von Ponickau verband ihn eine Patronagebeziehung; auch sein Bruder Cornelis de Groot hielt sich zur För-
148 So Georg Müller, der schwedische Hofrat und Sekretär Oxenstiernas, vgl. Hugo Grotius an Georg Müller, o.O., [Jan./Febr. 1638], in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 459 f. 149 So der Sohn Pfalzgraf Johann Casimirs oder Ernst von Brandenburg, Markgraf zu Jägerndorf. 150 Vgl. auch Diederik de Groot an Hugo Grotius, Breisach, 11. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Bd. 10, S. 512 ff., hier S. 513, der ihn als „Grand maistre de la cour“ tituliert; zuvor hatte dieses Amt bis zu seinem Tod 1638 Hans Georg von Rotenhan inne, der gleichfalls als grand Maistre d’hostel“ beziehungsweise „praefectus domus ducis Vinariensis“ oder „groote hofmeester“ fungiert (vgl. Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 422, Anm. 4). 151 So agierte ein „Capitaine Lizau“ als „gentilhomme“ Bernhards und Bote gegenüber dem französischen König (vgl. Gazette, Nr. 20 (1638), S. 80); ein königlicher Agent in Frankreich ließ bei Bernhard anfragen, ob er „seinen sohn zum dinst zum aufwarten“ aufnehmen könne, vgl. Philipp Moritz Graf zu Hanau an Bernhard v. Weimar, Hanau, 20. April 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 4; vgl. auch Bender: Carl Graf von Kunowitz; Braubach: Prinz Eugen, S. 93 – 235. 152 Vgl. Dietrich de Groot an Hugo Grotius, Den Haag, 2. Januar 1640, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 11, S. 1; Brief Nr. 3075 (Tl.VIII) spricht von einer Position als „aide de camp“; dabei stand ihm eigenes Dienstpersonal zur Verfügung. 153 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 18. März 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 167– 170, hier S. 168; zu Diederiks Karriere vgl. auch Lévesque-de Burigny: Leben, S. 547 f.
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derung seiner Militärkarriere zeitweise im weimarischen Lager auf.¹⁵⁴ Dies stärkte den politischen Kontakt zwischen dem weimarischen Lager und Grotius; und Bernhards Ansehen innerhalb und außerhalb der Armee wuchs durch solche Gäste. Die damit verbundenen Kontakte und Karrierechancen waren, neben den Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, auch ein Argument, wenn es um die Gewinnung von Offizieren ging.
Stationen Die Arbeit geht zunächst der Verankerung Bernhards in Sachsen-Weimar und frühen Einflüssen auf ihn nach (Kapitel „Bernhard und Weimar“). In der Erziehung und Ausbildung des früh Verwaisten, der unter zahlreichen älteren Brüdern aufwuchs, fehlten im Gegensatz zu den Brüdern Elemente wie ein längeres Universitätsstudium oder eine Grande tour, gleichwohl erfuhr Bernhard eine typische adlige Sozialisation. Als Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ und der „Académie des Parfaits Amants“ hatte er an Geselligkeits- und politischen Austauschformen teil, die über den ernestinischen Bereich hinausreichten. Darauf, dass ihn seine dann lebenslang andauernde Militärlaufbahn auf die europäische Bühne bringen sollte, war er offensichtlich von Weimar her vorbereitet. Sein Selbstverständnis als Militär ging mit einer besonderen Gewichtung seiner Herkunft und ständischen Position als Reichsfürst einher.¹⁵⁵ Sie legitimierten für ihn seine Ansprüche im Umgang mit anderen, seine Kriegsführung, seine Ansprüche auf Autorität und seine mögliche Herrschaftsposition. Im engeren Sinne begann Bernhards militärische Karriere in der Zeit seines Einsatzes für Schweden (Kapitel „Im Gefolge Schwedens“). Er hatte die Fortsetzung des Krieges gesucht, aus politischen wie vor allem persönlichen Gründen. Wie bereits 1618 hingen die Weimarer Brüder einer Bedrohungsperzeption nach, wonach die reichsständischen Freiheiten und der Protestantismus durch den Kaiser grundlegend gefährdet waren, unabhängig davon, dass diese Gefahr für sie selbst noch stets höchstens mittelbar gegeben war. Das Verhältnis zu Schweden als einer für das Reich auswärtigen Macht war für sie ebenfalls ein drängendes Thema. Mit der Schlacht von Lützen verbindet sich dann der Aufschwung der Karriere Bernhards, die von nun an auch medial verlief und medial beeinflusst wurde. Der Herzog wurde zum Nachfolger König 154 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard von Weimar, Paris, 10./20. September 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 421r. – 422v., hier Bl. 421v.; Willem de Groot an Hugo Grotius, 24. Januar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 53 f., hier S. 53. 155 Vgl. zum Begriff des Reichsfürsten, der vorrangig aber für die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg in der Forschung problematisch erscheint: Arndt: Monarch; Beckus: Überleben, S. 122.
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Gustav Adolfs stilisiert. In zunehmendem Maße betrieben er und sein Umfeld seine Inszenierung und eine Imagepolitik. Bernhard konnte von der schwedischen Propaganda lernen. Die Konkurrenz mit seinem Bruder Wilhelm verstärkte sich jedoch in der Armee. Bernhard hat diese Auseinandersetzung für sich entschieden. Hier beginnt aber auch die Geschichte seiner zunehmenden Differenzen mit Weimar und der Entfernung von den Brüdern. Mit seinem Bruder Ernst arbeitete er trotz allem weiter im Herzogtum Franken zusammen, das er im Sommer 1633 als Lehen Schwedens erhielt (Kapitel „Im Herzogtum Franken“). Für ihn bedeutete Franken die Möglichkeit, seine Position im schwedischen Machtsystem auszubauen. Das Herzogtum sollte als Kompensationsgut bei Friedensverhandlungen dienen oder eine mögliche dauerhafte Herrschaft bilden. Sie wäre für die Dynastie insgesamt attraktiv gewesen. Bernhard ließ entsprechend Strategien der Herrschaftslegitimation diskutieren und in Stellung bringen. Dass Franken ein kurzes Intermezzo blieb, war letztlich der für die schwedische Seite ungünstigen Entwicklung der Kriegsereignisse geschuldet. Allerdings stieß der Herzog im Bemühen um seine Herrschaftsdurchsetzung auch auf deutliche Gegenwehr vor Ort. Sie ist mit auf die stark konfessionelle Ausrichtung der „fränkischen“ Politik zurückzuführen, die jedoch im Wesentlichen Ernst von Sachsen-Weimar als Statthalter seines Bruders gestaltete. Die Jahre 1634 und 1635 brachten mit der Nördlinger Niederlage, dem Frieden von Prag und dem Bündnisabschluss mit Frankreich sowie dem offenen französischen Kriegseintritt deutliche Zäsuren für das Reich und die europäische Politik, ebenso für Bernhard (Kapitel „Nördlingen und Prag. Gezwungen zum Frieden?“). Bernhard bemühte sich, Franken für sich zu retten; vor allem war ihm daran gelegen, den Kampf gegen Habsburg fortzusetzen. Angebote Wiens lehnte er jetzt wie später ab. Der Argwohn gegenüber der katholischen Seite und den Habsburgern im Speziellen spielte hier ebenso eine Rolle wie Bernhards Hoffnungen, gegen Wien mehr gewinnen zu können. Er und die Brüder gingen jetzt getrennte Wege, sie stiegen aus dem Krieg aus. Er hat sie über seine Entscheidungen und Pläne zunehmend weniger, dann fast gar nicht mehr informiert. Die Verträge von Saint Germain, mit denen er zum Partner Frankreichs wurde, kannten sie bis zu seinem Tod nicht genau (Kapitel „Bernhard und Frankreich“). Es stellt sich daher insbesondere die Frage nach dem Charakter dieses Bündnisses, das für die konfessionell geprägte wie die national aufgeladene Geschichtsschreibung insbesondere des 19. Jahrhunderts ein heute fremdes Legitimationsproblem darstellte. Die Rolle Bernhards ist umstritten, und zeitgenössisch bildeten die Uneindeutigkeiten der Verträge das Einfallstor für unterschiedliche Interpretationen, Frustrationen, Nachverhandlungen und politisches Taktieren beider Seiten. Für den Herzog brachte der Vertragsabschluss die Chance, den Krieg weiterzuführen; er und Paris trafen sich offiziell im Ziel, gegen eine bedrohliche Habsburger Macht
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und für die Interessen der Reichsstände zu kämpfen. Frankreich gewann einen als fähig erachteten Heerführer, Bernhard zudem eine neue Option auf eine Herrschaft, nun im Elsass. Zu den Verhandlungen mit der französischen Krone sandte Bernhard Unterhändler nach Paris. Ihre Rolle wird hier ebenso exemplarisch deutlich wie die der Protagonisten der zweiten Reihe,¹⁵⁶ des Stabs des herzoglichen Hofs, der Offiziere, und nicht zuletzt von Militärunternehmern, Kaufleuten, Bankiers, Diplomaten und Nachrichtenkorrespondenten. Der Herzog reiste jedoch auch selbst zu Unterredungen mit König Ludwig XIII. von Frankreich, der Königin, Kardinal Richelieu und weiteren Regierungsvertretern nach Paris (Kapitel „Am französischen Hof“). Mit seinem Auftreten am Königshof verbindet sich eine zeitgenössisch viel kolportierte Skandalgeschichte, die Bernhard Selbstbewusstsein augenfällig machte und die Pariser Regierung darin bestärkte, der Herzog sei ein höchst schwieriger Bündnispartner. Diese zeremoniellen Konflikte waren Teil der potentiellen Bruchlinien in diesem Bündnis, das aber vor allem durch die Auseinandersetzungen um Truppen und Geldzahlungen wie gegenseitiges Misstrauen beider Seiten belastet wurde. Die Parisreisen intensivierten aber die Verbindung zwischen dem Herzog und Hugo Grotius als schwedischem Botschafter in Paris. Diese diplomatische Schiene trug dazu bei, dass der Herzog zu einem Schlüsselelement im schwedisch-französischen Bündnis wurde. Bernhard hielt zugleich nach anderen Optionen Ausschau und suchte seine Position im Mächtegefüge dieses Krieges auszubauen. Eine mögliche Eheschließung gehörte dazu und er war als Partner in politischen Heiratsprojekten attraktiv (Kapitel „Ehepläne und Bündnisse. Die Rohans, die Wittelsbacher Pfälzer und England“). Mögliche Verbindungen mit den Rohans, den Wittelsbacher Pfälzern und auch Pfalz-Zweibrücken zeigen die weitreichenden Ambitionen, die sich damit verbanden. Diese Eheprojekte hätten Bernhards Stellung im dynastischen Gefüge Europas weiter stärken können und versprachen die für die dynastische Sicherung einer Landesherrschaft vorteilhaften Nachkommen. Nicht zuletzt waren sie mit politisch-militärischen Kooperationen verbunden. Es wird daher hier danach gefragt, welche alternativen Koalitionen Bernhard im Blick hatte und inwiefern er an Plänen einer dritten Partei beteiligt war. Er verhandelte auch mit England und mit Hessen-Kassel und ließ die Kontakte zum dänischen König, für den er in seinen Anfangsjahren als Militär tätig gewesen war, nicht abreißen. Zum größten Erfolg des Herzogs wurde die Einnahme der habsburgischen Schlüsselfestung Breisach (Kapitel „Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse“). Im Ringen um sie wird nicht zuletzt die Bedeutung der zeitge-
156 Vgl. auch Kaiser/Pečar: Mann.
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nössischen Publizistik für diesen Krieg exemplarisch deutlich. Bernhard, der in dieser und den folgenden Eroberungen im Elsass die Basis einer Landesherrschaft für sich erblickte, auch dies zum dauerhaften Behalt oder als Verhandlungsmasse im Rahmen einer Friedenskonferenz, sah sich in der Folge in langwierige Auseinandersetzungen mit der französischen Krone um seine Ansprüche und den Status dieser Eroberungen verwickelt (Kapitel „Absicherung des Erfolges“). Damit verbindet sich die Frage, welche Chancen die Pläne des Herzogs haben konnten; auch Franken spielte in seinem Denken nach wie vor eine Rolle, ebenso Tauschprojekte. Gerade Breisach wäre jedoch ohne eine einigermaßen funktionierende Armeeversorgung nicht möglich geworden. Wie Wallenstein zeichnete den Militärunternehmer Bernhard die Verbindung strategischer Fähigkeiten mit organisatorischen Fähigkeiten aus, wobei er hier, in der Beschaffung von Geld und Waren, in der Logistik der Weimarischen Armee und der Nutzung von Infrastrukturen wesentlich auf Vertraute und den engeren Kreis seines Hofs und der Armee zurückgriff (Kapitel „Versorgung und Logistik. Das Heer, das Geld und die Schweiz“). Auch um seine Position in der Armee und durch sie zu stärken, baute er die Versorgungsstrukturen der Armee aus. Die Eidgenossenschaft spielte darin eine entscheidende Rolle; der Herzog stieß allerdings auf starke politische Widerstände. Zugleich bemühte er sich darum, weitere Vertrauensleute für Führungspositionen zu gewinnen, erfahrene Militärs wie verlässliche Vertreter der protestantischen Politik. Der Militärunternehmer Bernhard ist ein Beispiel dafür, wie im Krieg variable logistische Strukturen entwickelt und Infrastrukturen genutzt wurden und wie dies zugleich nicht von der Sphäre der Politik zu trennen war. Als seine Zukunft noch in Vielem offen schien, verstarb Bernhard im Sommer 1639 (Kapitel „Der Juli 1639. Erben und Konkurrenten“). Er hinterließ ein großes Vermögen, Eroberungen und vor allem seine Armee. Gerade um letztere entspann sich eine Auseinandersetzung, ein Wettrennen zwischen verschiedenen Mächten, an dem sich die Habsburger, die französische Krone, die Pfälzer und England beteiligten, zudem die Ernestiner. Für kurze Zeit wurden unterschiedlichste Konzeptionen und Entwicklungen denkbar, wobei auch Handlungsoptionen wie die Grenzen des Einflusses der Offiziere sichtbar werden. Während die Weimarische Armee schließlich französisch wurde und der Konflikt um die Territorien zu einer langandauernden Wirkungsgeschichte geriet, versuchten die Ernestiner noch bis Ende des 17. Jahrhunderts, an das finanzielle und materielle Erbe Bernhards zu gelangen. Besetzen konnten sie aber vor allem das von ihnen konstruierte ideelle Erbe des Herzogs (Kapitel „Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard“). Mit der Überführung seines Leichnams 1655 holte ihn seine Verwandtschaft in einem doppelten Sinne heim; es ging nicht zuletzt um die Schaffung einer Symbolgestalt und politische Wirkmacht.
2 Bernhard und Weimar Bernhard war ein nachgeborener Sohn, dem kaum eine politische, geschweige denn eine europäische Karriere bevorzustehen schien. Sie gelang ihm gleichwohl – auf militärischem Wege. Die Person Bernhard und diese Karriere sind nicht losgelöst von seiner Herkunftsdynastie und dem Kreis seiner Brüder zu verstehen, die sich fast alle im Dreißigjährigen Krieg engagierten. Zugleich ist seine Geschichte die einer Emanzipation aus Weimar heraus und einer Entwicklung gegen Weimar. Gefragt wird daher hier, inwieweit die Brüder im Verbund handelten, wie weit die gemeinsamen Ziele reichten und was dies für das Agieren Bernhards bedeutete. Dazu gehören die Fragen nach dem Selbstverständnis der Ernestiner, danach, unter welchen Umständen in Sachsen-Weimar Politik gemacht wurde, und ebenso der Blick auf die Erziehung und Ausbildung Bernhards wie die Geselligkeitskreise, denen er angehörte. Bernhards Politikverständnis, seine Ambitionen und seine Religiosität wurzeln hier. Um 1600 wuchs in Weimar eine Generation auf, die sich wieder intensiv in die Reichspolitik einmischte – aus der Tradition des Hauses heraus, aber auch aufgrund der Kleinheit des Ortes, ihrer geringen Möglichkeiten in ihrem Territorium und weil sie hoffen konnte, die eigene Position erneut auszubauen. Von Weimar aus sollte ein politisches Beziehungsnetz etabliert werden, das neben den protestantischen ‚Hauptorten‘ Dresden und Heidelberg einen eigenen politischen Schwerpunkt setzen sollte. Die weitreichenden politischen Pläne scheiterten fast gänzlich, wirkmächtig wurden sie aber in der Geschichtspolitik der Ernestiner bis in das 19. Jahrhundert und für ihre Legitimation. Insofern ist auch zu fragen, inwieweit das Reichssystem zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges schon weitgehend geschlossen und nicht mehr für grundsätzliche Strukturveränderungen offen war. Die Restauration des Verfassungssystems im Westfälischen Frieden spricht dafür. Doch zeigt sich die politische Situation des Reiches in der Zeit zuvor als in vielfacher Hinsicht ungewiss. Hier konnten auch weitreichende Pläne realistisch erscheinen und vom entschlossenen Handeln einzelner Personen wie Parteien abhängen.
Eltern und die geschwisterliche Rangfolge Bernhard kam am 15. August 1604 als elfter Sohn Herzog Johanns III. und Herzogin Dorothea Marias von Anhalt zur Welt. Eine Schwester, Johanna, sollte noch folgen. Als derart nachgeborenes Fürstenkind waren seine Chancen auf eine maßgebliche Regierungsbeteiligung gering, auch wenn die Ernestiner Erbteilungen oder auch
https://doi.org/10.1515/9783110701913-003
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Mutschierungen praktizierten.¹ Sieben der Söhne erreichten das Erwachsenenalter: Johann Ernst, der den militärischen Kurs gegen den Kaiser als erster vorlebte,² Friedrich, Wilhelm (der spätere langjährige Landesherr in Sachsen-Weimar),³ Albrecht, Johann Friedrich,⁴ Ernst (der Fromme), der zum Herzog von Sachsen-GothaAltenburg wurde,⁵ und schließlich Bernhard.⁶ Dieser Kinderreichtum und der geringe Altersabstand der Brüder waren von maßgeblichem Einfluss auf ihre Entwicklung, ihre Politik und Kriegsbeteiligung.⁷
Sachsen-Weimar und das Reich um 1604 Johann III. sah sich 1604 in einer konfliktreichen Situation. Das Verhältnis zu den sächsischen Kurfürsten, den Vettern, war schwierig; zwischen Weimar und Altenburg schwelte ein Streit um den Vorrang im Gesamthaus, der erst 1672 mit dem Aussterben der Altenburger Linie endete;⁸ hinzu kamen Auseinandersetzungen um
1 Also eine Teilung der Nutznießung und der Verwaltung, vgl. Westphal: Selbstverständnis; zu Vorbehalten gegen die Primogenitur gerade in lutherischen Häusern Fichtner: Protestantism, v. a. S. 7– 33; auch Klein: Staatsbildung; Knöfel: Dynastie, S. 69 – 72. 2 Zu ihm Hellfeld: Leben; Heermann: Nachlese. 3 Eine monographische Darstellung steht aus. 4 Johann Friedrich wurde von den Brüdern inhaftiert und kam in der Gefangenschaft ums Leben; die Geschichte bleibt rätselhaft; die von Röse: Johann Friedrich, edierten Dokumente zeigen, dass Johann Friedrich zunehmend auffällig erschien und ein aggressives Verhalten zeigte, auch seine Dienerschaft flüchtete, er nahm allerdings t.w. an, seine Brüder steckten dahinter; Droysen geht davon aus, es sei bei dem Konflikt zwischen den Brüdern um Religionsfragen gegangen, ein von Johann Friedrich gestandener angeblicher „Teufelspakt“ kam hinzu, andere Autoren sprechen davon, dass er sich Tilly habe anschließen wollen, diesen Seitenwechsel hätten die Brüder zu unterbinden gesucht; sowohl ein Auftrags- wie Selbstmord scheinen möglich, vgl. Mitteldeutsche Selbstzeugnisse [Eintrag zu Johann Friedrich]; Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 22. 5 Vgl. Klinger: Fürstenstaat; Jacobsen/Ruge: Ernst der Fromme; Venables: Pietist Fruits; AlbrechtBirkner: Reformation; Beck: Ernst der Fromme; Gelbke: Herzog Ernst I. 6 Weitere Brüder waren Friedrich Wilhelm, Johann, Johann Wilhelm, zudem hatte Wilhelm einen totgeborenen Zwillingsbruder; zu Johann: Brunner: Specimen, S. 70 f.; auch die Quellenbasis zum frühen Bernhard ist äußerst schmal. 7 So wie der Vater weitgehend unbekannt geblieben ist, fehlen zum Wirken der Brüder insgesamt und ihrer Politik weitgehend Untersuchungen. Als Beispiel für die Darstellung der Familie im Bild vgl. das vom Hofmaler Christian (I.) Richter geschaffene Epitaph, das in der Schlosskirche Reinhardsbrunn aufgestellt wurde (heute in Gotha), vgl. Fleck: Repräsentation, S. 44 ff. 8 Argumente hatten beide Seiten, der Kaiser gab Altenburg Recht, Weimar berief sich aber darauf, die ältere Linie zu sein.
Sachsen-Weimar und das Reich
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Ansprüche auf Jülich, die schließlich zugunsten Brandenburgs ausgingen.⁹ Der für Bernhard und die Brüder maßgebliche, ihre Lebensbahnen bestimmende Konflikt war der im Reich, das Anfang des Jahrhunderts in eine zunehmend tiefere innere Krise geriet.¹⁰ Dieser Konflikt im Reich ist in die europäischen Krisen der Zeit einzuordnen, die angesichts der europäischen Expansion Auswirkungen weit über den Kontinent hinaus hatten. 1568 hatte der Achtzigjährige Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden begonnen, ebenso führten Polen und Schweden Krieg; in Frankreich waren erst 1598 mit dem Edikt von Nantes die konfessionellen Bürgerkriege zu Ende gegangen; der sog. Lange Türkenkrieg der Jahre 1593 bis 1606 bedrohte auch das Reich, stabilisierte es allerdings auch im Innern. Eine Kriegsgefahr wurde zunehmend spürbar. So verbot der bayrische Herzog 1609 wegen der drohenden Kriegsgefahr mehrtägige Reisen.¹¹ Der von Heinrich IV. von Frankreich geplante Angriff auf das Reich im Rahmen des mit internationaler Beteiligung geführten Jülich-Klevischen Erbfolgestreits fiel allerdings nach seiner Ermordung 1610 „moderat aus“.¹² Vor allem wirkten sich die zunehmenden konfessionellen und politischen Frontstellungen im Inneren aus. Die Reichsinstitutionen wurden zunehmend lahmgelegt – ein Politikversagen der Elite. Die Generationen, die die Auseinandersetzungen der Reformationszeit und des Schmalkaldischen Krieges noch gekannt hatten und bei den offenen Fragen des Verfassungssystems des Reichs und unklaren Regelungen des Augsburger Religionsfriedens, dessen „Umsetzung“ maßgeblich zur „politischen Konsolidierung“ des Reichs beigetragen hatte,¹³ nach Kompromisslösungen gesucht hatten, waren nicht mehr da. Die Position der Kaiser schien zweifelhaft und zunehmend parteiisch.¹⁴ Zunehmende konfessionelle Verhärtungen zeigen sich nicht zuletzt in der Wiederauflage polarisierender Flugschriften der Reformationszeit, gerade zum Refor-
9 Ihre Ansprüche auf Jülich-Kleve-Berg, die auf der 1527 geschlossenen Ehe Johann Friedrichs I. v. Sachsen mit Sibylle v. Jülich-Kleve und Berg basierten, hielten die Ernestiner aber aufrecht und wurden auch entsprechend vom Kaiser belehnt, so 1638. 10 Trotz der höchst berechtigten Einwände Hammersteins gegen den auf fast jegliche historische Erscheinung zu beziehenden Begriff der „Krise“; vgl. Hammerstein: Anmerkungen, v. a. S. 925 – 929, scheint die Anwendung auf diese Phase der Reichsgeschichte gerade im Rückblick auf die Folgen sinnvoll; zur Krisendiskussion auch Schlögl/Hoffmann-Rehnitz/Wiebel, Krise. 11 Verbot größerer Reisen wegen Kriegsgefahr vom 3. Februar 1609 des Herzogs Maximilian v. Bayern, in: Frauenholz, Landesdefension, S. 223 f., hier S. 224. 12 Schnettger: Reich, S. 107. 13 Greengrass: Paradies, S. 476. 14 So ließ Rudolf II. im Konflikt um Donauwörth den bayerischen Herzog, nicht den eigentlich zuständigen lutherischen Herzog von Württemberg, die Reichsexekution durchführen.
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mationsjubiläum 1617.¹⁵ Die Ernestiner gehörten zu jenen Kräften im deutschen Protestantismus, die eine „Gratwanderung zwischen betonter Reichs- und Kaisertreue einerseits, koordinierter konfessioneller Interessenwahrung andererseits“ versuchten. Bernhard aber gehörte zu jenen, die „die Priorität eindeutig auf energische, risiko- und konfrontationsbereite Konfessionspolitik legten“.¹⁶ Der Anspruch der ernestinischen Politik war hoch. Der Verlust der Kurwürde im Schmalkaldischen Krieg gegen Kaiser Karl V. blieb bis zum Ende des Alten Reichs ein Trauma. Politisch und militärisch risikobereit, gerieten drei Generationen der Ernestiner in kaiserliche Gefangenschaft – Kurfürst Johann Friedrich I. 1547 im Schmalkaldischen Krieg, Herzog Johann Friedrich II. der Mittlere in den Grumbachschen Händeln 1567, schließlich Herzog Wilhelm IV. wegen der Unterstützung Friedrichs V. von der Pfalz, des Winterkönigs.¹⁷ Das war vorrangig die Folge ihres Selbstbewusstseins als Reichsfürsten und (ehemalige) Kurfürsten und steht für ein auch gegen den Kaiser artikuliertes anderes Verständnis des Reiches.
Weimars Ausbau zur Residenz In Weimar residierte Johann III. erst seit 1603. 1547 hatten die Ernestiner, die Wittenberg verloren hatten und das Torgauer Schloss aufgeben mussten, Weimar zur neuen Residenzstadt gewählt. Bereits zuvor hielten sich die Wettiner schon häufig in der Stadt auf.¹⁸ Mit ihnen kamen der Hofstaat, die Hofkapelle¹⁹ und die Regierung. Zwischen 1573 bis 1603 aber war Weimar als Residenzstadt weitgehend verwaist gewesen: Als Johanns Vater 1573 starb, kamen seine unmündigen Söhne zur Erziehung an den Hof des Kurfürsten in Dresden; dann residierte Johann in Altenburg, bis er und seine Neffen das Land unter sich teilten. Innerhalb einer Generation entstanden von 1566 bis 1603 aus einem ernestinischen Territorium durch Landesteilungen vier Gebiete: Sachsen-Weimar, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Sachsen-Eisenach.²⁰
15 Von einem „konfessionellen Fundamentalismus“ (so Schilling: Fundamentalismus) kann spätestens seit dem französischen Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg aber keine Rede mehr sein: Schindling: Humanismus. 16 Gotthard: Dreißigjährige Krieg, S. 38. 17 Vgl. Menzel: Union. 18 Vgl. Blaha: Civitate; Weimar war seit den 1430er Jahren einer der Hauptorte des wettinischen Hofes; 1531 wurden Torgau, Coburg und Weimar als Hauptresidenzen benannt, der Hof hielt sich hier abwechselnd auf; vgl. auch Laß: Fürsten. 19 Vgl. Müsel: Kantor, S. 52. 20 Vgl. Brather: Landesteilungen, S. 44 – 50; Huschke: Ernestiner.
Weimar als Residenz
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Die Stadt Weimar mit ihren umliegenden Dörfern, Mühlen und Gehölzen hatte um 1600 wohl rund 3.500 Einwohner.²¹ Gebäude aus Stein gab es nur wenige.²² Die Fürstenfamilie wohnte im festungsartigen Schloss Hornstein, einer Wasserburg. Nach dem Schlossbrand von 1618, bei dem der Hornstein zu weiten Teilen zerstört wurde, dienten das als Gartenschloss erbaute Grüne Schloss aus den 1560er Jahren und das in den 1570er Jahren errichtete Rote Schloss als Wohnsitze.²³ Schon Herzog Johann Ernst initiierte erste Arbeiten zum Wiederauf- und Neubau des Hauptschlosses. Bereits im Oktober 1630 konnte die Schlosskirche eingeweiht werden,²⁴ wobei auch Bernhard anwesend war, wenig später wurde hier das 100jährige Jubiläum der Augsburgischen Konfession gefeiert.²⁵ Der Krieg verzögerte dann den Weiterbau. Herzog Wilhelm ließ ab 1651 an gleicher Stelle die nach ihm benannte Wilhelmsburg erbauen,²⁶ in die als Zeichen der Anciennität und dynastischen Tradition erhalten gebliebene Elemente einbezogen wurden²⁷ und die bis zum erneuten Schlossbrand von 1774 die fürstliche Residenz bildete. Der Hornstein, in dem Bernhard die ersten 14 Jahre lebte, war seit Anfang des 16. Jahrhunderts, zunächst nach dem Muster des Albrechtsbaus von Schloss Hartenfels in Torgau, als Residenz ausgebaut worden:²⁸ mit fürstlichen Wohnräumen, Sälen und einer Kirche sowie verschiedenen Funktionsbauten, darunter der Kanzlei, einem Zeughaus, Wirtschaftsgebäuden, einem Ballhaus; Wehr- und Fortifikationsbauelemente kamen hinzu. An der Ilm schlossen sich Gartenanlagen mit Wasserkunst und ein Badehaus an;²⁹ auf der anderen Seite des Flusses lag ein großer „Baum- und Lustgarten“.³⁰ In den herrschaftlichen Räumen des Hornsteins,
21 Vgl. Schmidt-Möbus/Möbus: Kulturgeschichte, S. 50. 22 Die ältere Forschung hat Weimar um 1500 als Ackerbürgerstadt beschrieben, um ihre agrarische Verflechtung und den agrarischen Charakter deutlich zu machen, bsp. Flach: Grundzüge, S. 166; zur Stadtentwicklung Müller: Weimar als Residenz; diese Beschreibung ist allerdings für frühneuzeitliche Städte von äußerst allgemeinem Charakter; 100 Jahre später bot Weimar kein grundsätzlich anderes Bild. 23 Vgl. Mandry: Leben; Harnisch: Meisterstück, S. 176; das Grüne Schloss hatte Johann Wilhelm I. errichten lassen, nach seinem Tod war es aber kaum mehr genutzt worden: Beyer: Baugeschichte, v. a. S. 131; zum Renaissance-Garten Huschke/Vulpius: Park, S. 25. 24 Vgl. Skalecki: Architektur, S. 224. 25 Vgl. Preller: Weimar, S. 9. 26 Vgl. Knebel: Schlossbau; Boblenz: Einfluß, S. 133; südlich des Schlosses entstand eine umfangreiche Gartenanlage, vgl. Kunst: Delineatio, der die Anlage im Sinne einer „ästhetischen (…) Überwindung der römisch-katholischen Herrschaft im Reich“ deutet (S. 320). 27 Vgl. Fleck: Repräsentation, S. 43. 28 Vgl. Müller: Schloß, S. 213 f.; Heubach: Geschichte. 29 Vgl. Müller: Schloß. 30 Er wurde in der sog. Thüringer Sintflut von 1613 zerstört: Keil: Jubiläum, S. 450.
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der schließlich nicht zuletzt repräsentativen Zwecken dienen musste,³¹ gab es Holzvertäfelungen, venezianische Glasfenster, Arbeiten aus der Cranach-Werkstatt und eine Stammbaumdarstellung der Dynastie von Peter Roddelstedt, wohl auch eine Reihe von Miniaturen der Kinder als Kleinkinder.³² Auch bei der Innenausstattung des Grünen Schlosses bemühte man sich um Repräsentation, allerdings stellte die Kunstsammlung vorrangig die dynastische Tradition des Hauses vor.³³ Einen gewissen Festbetrieb gab es vor dem Tod des Herzogspaars allein schon durch die zahlreichen Taufen. Die Musikpflege am Hof war im frühen 17. Jahrhundert aus finanziellen Gründen nicht mit der Kursachsens zu vergleichen, wenn Hofmusik auch elementar für die Repräsentation und die konfessionelle Selbstdarstellung und -vergewisserung war.³⁴ Es gab aber seit 1602 in Weimar eine beständige Hofkapelle, und mit Johann Hermann Schein war 1615/16 kurzzeitig einer der wichtigsten zeitgenössischen deutschen Komponisten Hofkapellmeister.³⁵
Stadt und Hof Die Stadt prägte ihre Kleinräumigkeit. Ökonomisch war sie eng mit dem Hof verbunden: Rund 20 Prozent der Einwohner hingen im 17. Jahrhundert wirtschaftlich vom Hof ab, darunter Hoflieferanten, Hofhandwerkerinnen und -handwerker.³⁶ Gerade in hofnahen Kreisen waren die Beziehungsgefüge eng.³⁷ Die Fürsten waren auch in der Stadtkirche St. Peter und Paul präsent, die zugleich als herzogliche
31 Zur Hofforschung bsp. Paravicini/Wettlaufer: Vorbild; vgl. die Reihe Residenzenforschung; Beck: Macht-Räume; zunehmend sind kleinere Höfe in den Blick gekommen, bsp. Czech: Legitimation. 32 Die Ausstattung ist t.w. rekonstruierbar, vgl. Inventar über die Verlassenschaft Herzog Johanns im Weimarischen Schlosse 1606, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 555; zu den Kinderbildnissen: Gotha Kultur: Ernst der Fromme, S. 67 f., zum Kunstbesitz der Herzöge und Kunstwerken im Grünen Schloss Harnisch: Meisterstück. 33 Vgl. Harnisch: Meisterstück, u. a. S. 185. 34 Vgl. Schmidt: Bach, S. 80. 35 Vgl. Huschke: Glut, S. 12, 15 ff.; zur Hochzeit Wilhelms mit Eleonora Dorothea v. Anhalt-Dessau 1625 gab es Ritterspiele, die allerdings der Bruder der Braut forciert hatte, vgl. Tobias Hübner an Augustus Buchner, o.O., 9. Juni 1625, in: Opitz, Briefwechsel, S. 394 f.; zu Rittertournieren als „Profilierungsmöglichkeit“ des Adels Watanabe-O’Kelly: Shows; Kammel: Tournier. 36 Vgl. Ventzke: Weimar, S. 2070; Huschke: Neubürger 1520 – 1620; Flach: Grundzüge, S. 165; Blaha: Struktur; vgl. allgemein Fouquet/Hirschbiegel/Rabeler: Residenzstädte; Deutschländer/Höh/Ranft: Interaktion. 37 Das zeigt sich nicht zuletzt an Patenschaften; Dorothea Maria bemühte sich um eine Versorgung der Armen, vgl. Wolf: Leich= vnd Gedächtnus=Predigt, S. F II; diese Art der Sozialfürsorge gehörte zum Selbstverständnis von Landesfürstinnen, bsp. Keller: Kurfürstin, S. 171 – 173.
Räume der Kinder
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Grablege diente.³⁸ Für das Selbstverständnis der Ernestiner war ihr Luthertum maßgeblich, sie verstanden sich als Schutzherrn Luthers und seiner Lehre. Darauf war ein Führungsanspruch innerhalb des wettinischen Hauses und gegenüber anderen protestantischen Reichsterritorien aufgebaut worden, der sich in St. Peter und Paul³⁹ ebenso zeigte wie darin, dass die als Ersatz für Wittenberg gegründete Universität in Jena nicht nur Juristen und Theologen für das Herzogtum, sondern für Europa ausbilden sollte.⁴⁰ Die Devise „Verbum Domini manet in Æternum“ (1. Petrus 1,25; Jesaja 40,8),⁴¹ seit den 1520er Jahren und zumindest bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts an den Hofuniformen erkennbar und über Münzen verbreitet,⁴² befand sich als Inschrift am Haupteingang des Weimarer Rathauses, in dem auch die Landstände tagten;⁴³ am Schloss erinnerte eine Tafel an Luther.⁴⁴ In den 1640er Jahren sollte die rund zehn Jahre lang entwickelte Kurfürstenbibel folgen. Die betonte Verbindung zur Religion wurde zudem durch die Veröffentlichung von Texten der Hofprediger, Leichenpredigten und Huldigungsschriften nach außen getragen.⁴⁵
Die Räume der Kinder Die Prinzen hatten ihre Räume – Schlafzimmer, Aufenthalts-, Spiel- und Unterrichtsräume – in einem Nebengebäude des Hornsteins auf der Ilmseite, das durch einen Verbindungsgang mit dem fürstlichen Wohntrakt verbunden war. Ebenso waren hier ihr Hofmeister und die Edelknaben untergebracht, mit denen sie zusammen aufwuchsen und die ihnen assistierten.⁴⁶ Die Kinder aßen üblicherweise 38 Bis zur Mitte des 17. Jh.s waren Stadtkirchen übliche Bestattungsorte von Herrschaftsträgern, weil sie die Möglichkeit boten, die Herrschaft an einem Ort, an dem regelmäßig alle Stände zusammenkamen, zu demonstrieren und zu inszenieren, vgl. Fleck: Repräsentation, S. 38. 39 Vgl. bsp. den Cranach-Altar mit der Präsentation der fürstlichen Stifter und dem neben dem Kreuz stehenden Luther. 40 Vgl. Westphal: Verlust; Leppin: Nutzen, hier S. 16. 41 Sie ist vorrangig als protestantische Parole belegt (vgl. Selzer: Devisen, hier S. 118 – 120; Ludolphy: VDMIAE), soll sich aber auch an der Kleidung des Personals von Kardinälen gefunden haben, vgl. Art. Verbum Domini. 42 Vgl. LATh-HStA Weimar, EGA, Reg. Bb 5959 Bl. 3v.; ebd., EGA, Reg. Bb 5960 Bl. 5v. und 37v.; ebd., EGA, Reg. Bb 5962 Bl. 1v. und 37v.; Knebel: Motto. 43 Vgl. Schmidt-Möbus/Möbus: Kulturgeschichte, S. 51; da Katholiken der Erwerb von Rittergütern nicht erlaubt war, war auch die Ritterschaft, die neben der Gruppe der Städte den Landtag dominierte, protestantisch, vgl. Müller: Landstände, S. 65. 44 Vgl. Müller: Schloß. 45 Auch dazu wurden die von beiden Häusern geförderten Druckereien im Köthener Schloss bzw. in Weimar genutzt; vgl. auch Conermann: Offizin; Kühlmann: Sprachgesellschaften, S. 256 f. 46 Zu diesen Edelknaben gehörte Dietrich von Drachenfels; zu Pagen: Freyer: Hof, S. 78 – 81.
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auch hier: an einer kleinen Tafel in einer Kinderstube, die mit einem Gemälde des sächsischen Stammes und einem Porträt des Vaters ausgestattet war.⁴⁷ Die Schlafkammer teilte Bernhard als Kleinkind wohl mit dem nächst älteren Bruder Friedrich Wilhelm und seiner Schwester.⁴⁸ Wenn die Kleinkinder wohl auch gesondert betreut wurden, waren alle Geschwister täglich eng zusammen. Die Kinder besaßen verschiedene Wertgegenstände, darunter Haarkämme aus Silber und Silbergeschirr für das Essen. Bernhard hatte auch ein vergoldetes Trinkgeschirr, das Herzog Johann Casimir von Sachsen ihm im Jahr seiner Geburt geschenkt hatte, und ein wertvolles Taufgeschenk der Grafen zu Schwarzburg-Rudolstadt, die ernestinische Lehensleute waren.⁴⁹ Bernhard war, wie aufgrund der hohen Kindersterblichkeit üblich, kurz nach der Geburt getauft worden;⁵⁰ der Superintendent Johannes Major verfasste dazu eine Huldigungsrede auf den Säugling.⁵¹ Die Geburt selbst hatten Mutter und Sohn „bey zimlicher guter gesundheit“ überstanden,⁵² und der Vater beschrieb das Kind fast formelhaft als „wohlgestalt“.⁵³ Wahrscheinlich war auch die Großmutter Eleonora anwesend, um ihrer Tochter beizustehen.⁵⁴ Im Territorium war die anstehende Geburt im Frühjahr bekannt
47 Vgl. LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 555, Bl. 87v.; 89r. – 100r.; eine „kleine Küche“ war ebenfalls im Gebäude, ebd., Bl. 161r. – 170v.; für die Kleinstkinder gab es besondere Kinderstühle, ebd., Bl. 164r. 48 LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 555, Bl. 162r.f., vgl. ebd., Bl. 164v.; die älteren Brüder verfügten über ein mit Himmelbetten mit grünen Seidenvorhängen ausgestattetes Schlafzimmer; es befanden sich allerdings in mehreren Räumen Betten; die Kleidung der jüngsten Brüder wurde gesondert in einem Schrank neben der Kammer des Hofmeisters aufbewahrt. 49 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 555, Bl. 88v.; alle Brüder hatten darüber hinaus verschiedene Silbergeschirre; zur Teilnahme der Schwarzburger an der Taufe Bernhards: Elisabeth von Schwarzburg-Rudolstadt an Johann III. v. Sachsen-Weimar, Rudolstadt, 7. August 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a, Bl. 219r. – 219v.: Auflistung der Personen und Pferde der schwarzburgischen Reisegesellschaft; zur Taufe Bernhards auch ebd., Bl. 154r.– 342v. 50 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a, Bl. 306r. – 316r.: Summarischer außzug aus den Rechnungenn so bey Hofe, was zu der … Hochgebornen fürstenn und Herren, Herrenn Johan Herzogen zu Sachsen-Weimar gnedigenn fürstenn und herrenn, gehaltenen fürstlichen Tauff, des … jungen Sohn, Herzog Bernhardus getaufft, außgeben wordenn. Geschehenn zu Weymar, zur Monat Augusto des 1604. 51 Vgl. Major: Ad illustriss. Celisissimuq[ue] Principem ac Dominum. 52 Vgl. Johann III. v. Sachsen-Weimar an Anna Maria v. Sachsen-Weimar, geb. Pfalzgräfin bei Rhein, Weimar, 6. August 1604, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a, Dok. ohne Bl.-Zählung, zw. Bl. 180v. und 181r. 53 Vgl. bsp. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a, Bl. 254r., aufgegriffen bsp. vom Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt, ebd., Bl. 210r.; auch die spätmittelalterlichen Kaiserinnen hatten ihre Kinder in offiziellen Geburtsanzeigen als „wohl gebildet“ beschrieben: Hack: Geburtsanzeigen, S. 197. 54 Sie hatte im Vormonat ihr Kommen angeboten, vgl. Eleonara Landgräfin zu Hessen an Johann III. von Sachsen-Weimar, Darmstadt, 8. Juli 1604, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a,
Ausbildung
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geworden, als wegen der Schwangerschaft der Herzogin in allen Kirchen Gebete angeordnet worden waren.⁵⁵
Erziehung und Ausbildung Die verantwortliche Begleitung und Erziehung der Prinzen in ihrer Kindheit lag in den Händen von eigens bestimmten Mitgliedern des Hofstaats. Der Kammerjunker der jüngeren sechs Geschwister war seit 1612 Georg Volrath von Watzdorf;⁵⁶ daneben waren Thomas Grote, Hans Bernd von Botzheim und Tobias Adami für die Brüder zuständig.⁵⁷ Friedrich von Kospoth hatte als Geheimer Kammerrat und Direktor der Regierung Johann Ernsts Einfluss auf die Erziehung der Brüder.⁵⁸ Der Lebenswandel der herzoglichen Kinder war strikt reglementiert, von den Schlafund Essenszeiten bis zum Unterricht. In ihrer Erziehung stand die Religion zeittypisch an oberster Stelle. Zur täglichen Bibellektüre und zum Studium des Kleinen Katechismus kam seit 1608 die „Christliche Kinderlehre“, die der Generalsuperintendent und Hofprediger Abraham Lange für die herzoglichen Kinder verfasste.⁵⁹ Bilder Luthers und Melanchthons hingen in ihrem Wohn- und Schultrakt;⁶⁰ über die sonn- und feiertäglichen Predigten sollten die Kinder von ihrem Lehrer geprüft worden.⁶¹ Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts änderten sich diese Erziehungsideale
Bl. 157r., und schickte auch einen Fourierzettel: ebd., Bl. 163; Eleonora war in erster Ehe mit Joachim Ernst v. Anhalt verheiratet gewesen. 55 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 3c: Ergänzungsheft zu den Acten Jahr die Geburt Bernhards d. Grossen geb. 6. August 1604; die Anordnung der Gebete erfolgte im April 1604; vgl. Gratulationsschreiben aus dem Adel zur Geburt, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 3a. 56 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53e; hier auch: Memorial zur Erziehung der jüngsten Brüder für die Hoffmeister und den Präceptor. 57 Botzheim war der Hofmarschall Albrechts und Johann Friedrichs und begleitete die beiden zusammen mit Adami auf ihrer Prinzenreise; Adami wurde 1626 Hofrat in Weimar, zum ihm Conermann: Adami. 58 Vgl. Beaufsichtigung der Prinzen Wilhelm, Albrecht, Johann Friedrich, Ernst, Friedrich Wilhelm und Bernhard, Söhne des Herzogs Johann von Sachsen-Weimar, durch Friedrich von Kospoth, Volrath von Watzdorf, Thomas Grott, Bernhard von Botzheim und Tobias Adami, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53e (unfol.). 59 Vgl. Lange: Kinder Lehre. 60 Zumindest 1606: Inventar über die Verlassenschaft Herzog Johanns im Weimarischen Schlosse 1606, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 555, Bl. 166v. 61 Der Text glich stark der Instruktion des Großvaters, zu dieser Stannek: Cicero, S. 163 und 170; Dorothea Maria legte testamentarisch fest, die Söhne sollten am Luthertum festhalten, vgl. Hellfeld: Leben, Dok. XXX; die Mutter Johanns III. und der Vater Dorothea Marias verfassten selbst geistliche Schriften bzw. Lieder.
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im Hochadel kaum;⁶² Gottesfurcht, Frömmigkeit und gerechtes Handeln, das damit einhergehen sollte, gehören zu den klassischen Herrschertugenden.⁶³ Bernhard wurde später immer wieder als fromm charakterisiert; auch seine Devise als Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (FG), zielte auf Gottesfurcht ab: „Wer gott des Herren furcht in Seinem Hertzen tregt/ Jst Versorgt, Wan er auf steht, Vnd sich nider legt“.⁶⁴ Der religiöse Bezug, die Frömmigkeit blieben Bernhard erhalten, sie gingen in seine Politik ein, aber sie dominierten nicht über seine politischen Ziele. Im Sinne einer vorbildlichen Lebensführung des Fürsten sollten die weimarischen Kinder auch höfische Sitten erlernen, keine unmoralischen Reden führen und nicht übermäßig Alkohol konsumieren.⁶⁵ Die Ausbildung war auch in Weimar an den zur Herrschaft benötigten Kenntnissen ausgerichtet, an der Fähigkeit, sich in der europäischen Adelsgesellschaft zu bewegen, und an der Reputation. Das Leitbild bildete der ‚uomo virtuoso‘, der seine Fähigkeiten und sein Wissen mit „eine[r] gewisse[n] Leichtigkeit“ erkennbar werden lässt, seien es Sprachen, historische, juristische Kenntnisse oder Fertigkeiten auf musisch-künstlerischem wie technischem Gebiet. Erwartet wurden zudem bestimmte Formen des Umgangs mit Frauen.⁶⁶ Dem Ideal der Verknüpfung von ‚Arte et Marte‘ folgend, gehörten zur Glaubensfestigkeit und der Beherrschung des höfischen Verhaltenskodex‘ auch Kenntnisse und Fähigkeiten im Kriegswesen. Nur „der ausgebildete Fürst“ galt als zur Regierung fähig⁶⁷ und der Weimarer Hof orientierte sich am humanistischen Fächerkanon der Zeit: Die Brüder hatten Unterricht in Latein⁶⁸ und im Französischen;⁶⁹ Bernhard beherrschte möglicher-
62 Vgl. zu Liechtenstein: Pečar: Ökonomie, S. 128 f.; die Instruktionen glichen sich auch über die Konfessionen hinweg; auch noch die Söhne Anna Amalias von Sachsen-Weimar-Eisenach sollten v. a. zu Gottesfurcht und Frömmigkeit im Sinne der Confessio Augustana erzogen werden: Berger: Anna Amalia, S. 118. 63 Vgl. Duchhardt: Herrscherbild, S. 30. 64 Conermann: Mitglieder, S. 33; auch Hans Bernd v. Botzheim (FG 28), Tobias Adami (FG 181) und Friedrich v. Kospoth (FG 55) gehörten zur Gesellschaft. 65 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 14 und 21 (zum mütterlichen Testament); vgl. die Fürstenspiegelautoren, dazu bsp. Mühlhausen/Stammen: Tugendlehre; Bender: Prinzenreise, S. 326 – 331; zur Forschung zur Fürstenerziehung u. a. Bély: Société; Fenske: Knappe; Stannek: Telemachs Brüder; Hammerstein: Leute; Hammerstein: Prinzenerziehung; Többicke: Erziehung. 66 Vgl. Bender: Prinzenreise; Pečar: Ökonomie, S. 126 – 138; Mac Hardy: Cultural Capital; Stannek: Peregrinemur, S. 213. 67 Hammerstein: Leute, S. 176, vgl. S. 184. 68 Zum Lateinischen als Sprache der Wissenschaft und „Arkansprache“ Kühlmann: Geschichte als Gegenwart, S. 58; Bernhard besaß lateinische Lektüre und empfing zumindest lateinische Briefe. 69 Zum Französischen als Fremdsprache an den Fürstenhöfen Kuhfuß: Kulturgeschichte.
Ausbildung
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weise auch Italienisch.⁷⁰ Sein Ausdruck und die Rechtschreibung im Deutschen sind gerade in frühen Jahren, auch im Kontext der freien und variierenden zeitgenössischen Schreibweisen, recht ungebunden, über seine schlechte Schrift machte er wiederholt spöttische Bemerkungen.⁷¹ Die Brüder hatten zum Teil prominente, innovativ arbeitende Lehrer; die Ernestiner gelten als bildungsaffin. Zu den Ausbildern der jüngeren gehörte Wolfgang Ratke, den die Herzogin 1613 nach Weimar holte und der wie der Weimarer Generalsuperintendent und Hofprediger Johannes Kromayer für die weithin beachteten Weimarer und Köthener Schulreformen steht,⁷² der allerdings auch bereits nach kurzer Zeit wieder seinen Abschied nehmen musste. Der Französischlehrer De la Faye veröffentlichte eines der frühesten „gedruckten Sprachbücher für junge Adlige“ in Deutschland;⁷³ seine „Institutiones Lingvae Gallicae“ war den Weimarer Brüdern gewidmet.⁷⁴ Zu den genannten Unterrichtsfächern kamen Mathematik, die auch die Basis der Fortifikationslehre bildete, Geschichte sowie Sport, das Fechten, Reiten, Schießen, Tanzen und Ballspiele, die als gesundheitsfördernd galten,⁷⁵ sicher Musik; möglicherweise eine (kunst)handwerkliche Unterweisung.⁷⁶ Das Fach Geschichte, in der Fürstenerziehung als politisches Fach und als Grundlage militärischer
70 Vgl. das Unterrichtswerk De la Fayes sowie als mögliches Indiz eine kleine Übersetzung aus dem Italienischen, die einem Brief Bernhards und Friedrich Wilhelms an Kospoth beigegeben ist, die Autorenschaft ist allerdings unklar, vgl. Korrespondenz des Herzogs Friedrich Wilhelm, gemeinschaftlich mit seinem Bruder Bernhard und Friedrich von Kospoth, 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 328 (unfol.); vgl. auch Gualdo Priorato: Historia universale, S. 1106, über Bernhard: „Palaua bene molte lingue“. 71 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Jena, 12. Januar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 20. 72 Zu Ratke Meier: Jugendt; im Hintergrund des Weggangs Ratkes standen Auseinandersetzungen mit Lange und dem Hofmeister Kospoth; zu Kromayers Wirken für eine Bildungsreform in Weimar Conermann: Briefe, Bd. 3, S. 539 ff. 73 Glück: Deutsch, S. 133 f. 74 Vgl. Faye: Institutiones; es folgten eine französische Grammatik (Faye: Miroir) und eine Fremdsprachendidaktik für die Fürstenkinder, mit der die an den europäischen Höfen gängigsten Sprachen, Französisch, Latein, Italienisch und Spanisch, vermittelt werden sollten (Faye: Prodromus). 75 Vgl. Johann Ernst d.J.: Memorial und Ordinanz darnach sich die Durchlauchtigen Hochgebornen Fürsten und Herren, Herr Albrecht und Herr Johann Friedrich Gebrüdern … neben Ihrer … zugeordneten Hanß Bernharden von Botzheimb und Tobias Adami bey vorstehender Reiß in Frankreich zu richten, 1. Mai 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53e (unfol.); es mag auch Unterricht in Chemie gegeben haben, vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 14 f. 76 Zur drechslerischen Kunstfertigkeit Wilhelms: Ulferts: Botschaften, S. 202; zur Ausbildung von Fürsten in den mechanischen Künsten Hammerstein: Leute, S. 183, 188.
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Überlegungen geschätzt,⁷⁷ wurde mit Friedrich Hortleder, der 1608 nach Weimar kam, zu einem zentralen Ausbildungsgegenstand. Hortleder unterrichtete die jüngeren Herzöge und wurde ihr Ratgeber wie der der Mutter,⁷⁸ mit den beiden ältesten Söhnen ging er an die Jenaer Universität, an der er ab 1609 auch lehrte, später war er Hofrat und Leiter des fürstlichen Archivs in Weimar. Er prägte die Generation der weimarischen Brüder. Mit seinem kurz vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges publizierten Werk über den Schmalkaldischen Krieg erinnerte er an jene Zeit, in der das ehemalige Kursachsen unter ernestinischer Führung zusammen mit der Landgrafschaft Hessen das Zentrum des Widerstandes gegen den Kaiser gewesen waren.⁷⁹ Für die jungen Herzöge war diese Vergangenheit lebendig und vor der Folie der Gegenwart aktualisierbar; die Beschäftigung mit der Reichsgeschichte diente der Analyse des politischen Systems des Reichs.⁸⁰ Hortleder verstand das Reich als Gemeinwesen mit einer gemischten Verfassung, in dem die Reichsstände unmittelbar und aus eigenem Recht an der Regierung beteiligt waren. Er setzte die Vorstellung der reichsständischen Souveränität und die Erinnerung an den Widerstand mit Entschiedenheit gegen eine kaiserliche Politik, die als Machtanmaßung und als mögliche Tyrannenherrschaft empfunden wurde. Übungen in der Disputation kamen für die Schüler hinzu. Wie die konfessionelle Erziehung und die in Weimar kultivierte Idee, die Dynastie der Förderer und Fortsetzer der Reformation zu sein, trug der Einfluss Hortleders zu Bernhards Verständnis bei, „eine historische Mission zu erfüllen“.⁸¹
Weimar und Dresden Vor dem selbständigen Handeln der jungen Fürsten stand die kursächsische Vormundschaftsregierung. Als der Vater 1605 mit 35 Jahren verstarb, war keiner der Söhne volljährig. Es wiederholte sich eine Konfliktgeschichte, denn auch Johann war früh verwaist gewesen und, gegen den Willen seines Vaters, unter kursächsi-
77 Vgl. Hammerstein: Leute, S. 184. 78 Zu Hortleder Ritter: Friedrich Hortleder; Röse: Herzog, Bd. 1, S. 417– 420; Klinger: Hortleder; das Leichenprogramm der Universität Jena zu Hortleder: Jena, Universitätsarchiv, 2 Hist. lit. VI, 23 (8); Hortleder hatte u. a. bei Dominicus Arumäus, einem der Väter des Reichsstaatsrechts, studiert; zur Entwicklung des Reichsstaatsrechts im Umfeld der Höfe Dicke: Residenz- und Hauptstadt, S. 57. 79 Hortleder: Ursachen; vgl. Klinger: Geschichte als Lehrstück; Hortleder verfasste auch eine Reihe (überwiegend nicht gedruckter) politischer Gutachten und Studien zur ernestinischen Geschichte. 80 Zur Reichsgeschichte, die nicht zuletzt in Jena maßgeblich entwickelt wurde: Hammerstein: Reichs-Historie. 81 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 16.
Der Böhmischen Aufstand
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scher Vormundschaft aufgewachsen. Nun wurde Kurfürst Christian II. von Sachsen zum Vormund, obgleich die Mutter Johann Casimir aus Coburg, einen Cousin ihres Mannes, gewünscht hatte. Als er 1611 starb, folgte ihm Kurfürst Johann Georg von Sachsen. 1617 verstarb auch Dorothea Maria. Bernhard war knapp 13 Jahre alt. Mit den Kurfürsten in Dresden kam es zu Auseinandersetzungen über theologische Fragen, vor allem aber über die Möglichkeiten einer eigenständigen ernestinischen Politik. Dieser Konflikt hatte ältere Ursachen und wirkte noch im 18. Jahrhundert fort. Die Ernestiner nahmen den Albertinern ihr Verhalten im Schmalkaldischen Krieg und die Übernahme der Kur übel. In ihrer Erinnerung lag dies nicht weit zurück: Der „geborene Kurfürst“ Johann Friedrich der Großmütige war ihr Urgroßvater, ihr Großvater war 1547 immerhin 17 Jahre alt gewesen. Misstrauen geschürt hatte auch die kursächsische Politik während der Grumbachschen Händel.⁸² Als Johann Ernst mündig wurde, wollte Johann Georg diesem nicht die Vormundschaft über die Brüder überlassen und forderte eine Erklärung, dass er und seine Brüder keine eigenständige Politik ohne Sachsen betreiben würden.⁸³ Johann Ernst sah sich schließlich gezwungen, diese Erklärung zu unterschreiben.⁸⁴ Die kursächsische Vormundschaftsregierung stärkte in Weimar aber das Bewusstsein der Differenz zu den Albertinern. Der Aufstand in Böhmen verschärfte die Konfliktlinien.
Die Beteiligung der Ernestiner am Böhmischen Aufstand Als die böhmischen Stände 1619 den pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. zum König wählten und dieser sich krönen ließ, war dies für den zuvor als böhmischer König abgesetzten Habsburger Ferdinand II., der die Krone Böhmens im habsburgischen Besitz halten wollte, ein Angriff auf seine Stellung.⁸⁵ Er wurde fast zeitgleich zum Kaiser gewählt. Die Weimarer sympathisierten mit dem Pfälzer. Für Kursachsen waren die Vorgänge in Böhmen hingegen eine Rebellion gegen die Herrschaft.⁸⁶ Der sächsische Kurfürst fürchtete bei einem Erfolg Friedrichs V. eine politische Isola-
82 Vgl. Ventzke: Weimar, S. 2073; Boseckert: Herzog. 83 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 17 f. 84 Am 28. Oktober 1615; Bernhard unterstand nun dem älteren Bruder. 85 Zum Aufstand in Böhmen und der europäischen Dimension der böhmischen Frage vgl. Bůžek: Ständeaufstand; Rebitsch: 1618. 86 Vgl. Schindling: Kriegsschuld, S. 311; die Albertiner blieben stets dem Kaiser nahe; Grotius erklärte auch 1637, es sei zu befürchten, dass der Kurfürst von Sachsen in seinem Herzen Papist sei: Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 9./19. Oktober 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 435 f., hier S. 435; vgl. Gotthardt: „Politice seint wir bäpstisch.“
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tion, und er strebte nach dem Gewinn der Lausitzen, die er für seine Unterstützung des Kaisers noch im Dreißigjährigen Krieg erwerben sollte.⁸⁷ Die reformierte Pfalz war unter Friedrichs Vorgängern zum Zentrum der deutschen protestantischen Bewegungspartei geworden, mit vielfältigen Verbindungen in das protestantische Europa. Die Pfälzer Politik war gegen den Kaiser und das Haus Habsburg gerichtet; auf der Reichsebene betrieb die Pfalz wiederholt eine Blockadepolitik. Das Ziel war die Führung des Protestantismus in Deutschland.⁸⁸ Aber auch die Politik des lutherischen Kursachsen wurde vom Anspruch auf eine führende Rolle im deutschen Protestantismus getragen. Weil die reichsrechtliche Stellung ihres Bekenntnisses nicht eindeutig war, agierten die reformierten Fürsten jedoch herausfordernder gegenüber der kaiserlichen Reichsspitze als die lutherischen.⁸⁹ Die Ernestiner bewegten sich zwischen diesen beiden Parteien.⁹⁰ Auch die Weimarer gingen von einer Bedrohungslage aus, davon, dass die Rechte der Reichsstände durch den Kaiser und das Haus Habsburg gefährdet seien. Die Erinnerung an Karl V. war schnell geweckt. Es mochte eine Neuauflage des alten Konflikts unter einem Kaiser drohen, der die ständischen Freiheiten einschränkte und eine Politik der Rekatholisierung betrieb.⁹¹ Herzog Johann Ernst gab an den Universitäten Wittenberg und Jena Gutachten – die seit der Reformationszeit zu einem geschätzten fürstlichen Beratungs- und Legitimationsinstrument geworden waren – zu seiner Politik in Auftrag.⁹² Die Professoren rieten von einem Weimarer Alleingang ab. Bündnisse der Reichsstände waren vor dem Prager Frieden zwar nicht verboten, ein Reichsstand durfte aber keinen Krieg gegen den römischen König und Kaiser führen; zu den verfassungsrechtlichen Überlegungen kamen solche der politischen Opportunität.⁹³ Auch die Stände lehnten eine Beteiligung des Herzogs am Böhmischen Krieg auf der Seite des Pfälzers ab. Hortleder aber ermunterte Johann Ernst.⁹⁴ Dieser hatte seine Entscheidung offensichtlich schon
87 Vgl. Müller: Kursachsen; Franke: Pfand. 88 Schindling: Kriegsschuld, v. a. S. 310, 315, 320. 89 Schmidt: Union, S. 13. 90 Mit etwas abweichenden Aussagen zur Abstimmung im obersächsischen Reichskreis Schulze: Reichskreise; Nicklas: Macht, S. 197– 215. 91 Vgl. auch zum Konzept eines Reichsabsolutismus Haan: Kaiser. 92 Vgl. Wolgast: Theologie; Stiebing: Entscheidungsfindung; auch Maximilian I. von Bayern: Ermahnung, S. 129 ff. 93 Die Haltung der Professoren mag zudem darin begründet sein, dass die Gutachten öffentlich zu werden drohten, vgl. Stiebing: Politikberatung; Schmidt/Klinger: Universität, S. 86 f.; Röse: Herzog, Bd. 1, S. 40; Schmidt: Johann Gerhard, S. 47 f.; vgl. auch die Publikation: Consilium Der Churfürstlichen Wittembergischen Universitet. 94 Vgl. Hellfeld: Leben, S. 102.
Der Böhmischen Aufstand
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vorher getroffen.Von Einfluss für den Kriegseintritt war zudem, dass die Ernestiner insbesondere familiär eine Nähe zu den Reformierten hatten.⁹⁵ Zudem erfüllten die Weimarer mit dem militärischen Engagement eine Erwartung an (junge) Fürsten. Noch immer war der kriegerische, Ruhm erwerbende Fürst ein attraktives Rollenmodell. Tapferkeit, Kraft, Mut, Entschlussfähigkeit, Gestaltungswillen und die Fähigkeit, zu bestehen, sollten sich verbinden.⁹⁶ Der Erfolg im Krieg war ein politischer. Schon der männliche fürstliche Säugling brachte idealerweise die Neigung zum Kriegerischen mit.⁹⁷ Eine Reihe von Herrschern wurde im Dreißigjährigen Krieg selbst als Militärs aktiv, Christian IV. von Dänemark, Gustav Adolf von Schweden, Ferdinand (III.) als König von Ungarn, Ferdinand von Spanien, der polnische König Sigismund III. Wasa; Ludwig XIII. von Frankreich begab sich zumindest partiell einmal zu den Schlachtfeldern;⁹⁸ ebenso waren die führenden Positionen der Heere adelsdominiert. Die Frage, ob der Fürst selbst Krieg führen solle, war gleichwohl zeitgenössisch umstritten. Für die Weimarer war die ungewöhnlich große Zahl der (überlebenden) Brüder dabei eine Rückversicherung: Fiel(en) einer oder mehrere von ihnen aus, konnten die anderen Sachsen-Weimar weiter vertreten. Vor allem hofften die Brüder auf machtpolitische und territoriale sowie finanzielle Gewinne. Friedrich V. hatte den Ernestinern die böhmischen Lehen zugesichert und die Wiederübertragung der Kur. Im Falle seines Erfolgs würde im Kurfürstenrat ein protestantisches Übergewicht geschaffen. Das konnte auch die Wahl eines Protestanten zum römischen
95 Durch die Mutter gab es familiäre Beziehungen zum Haus Anhalt, durch die Großmutter zur Pfalz; Johann III. sollte eventuell gemeinsam mit einem Sohn des Pfalzgrafen in Heidelberg studieren, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 52a: Aufenthalt des Prinzen Johann von SachsenWeimar, jüngster Sohn von Herzogin Dorothea Susanne, in Heidelberg zum gemeinsamen Studium mit dem Sohn des Pfalzgrafen im Jahre 1583; fraglich ist, wer dafür auf Pfälzer Seite in Frage kommen konnte. Wilhelm IV. heiratete mit Eleonora Dorothea v. Anhalt-Dessau eine reformierte Frau; später förderte er, teils zusammen mit den Brüdern, eine Annäherung von Lutheranern und Reformierten: Conermann: Briefe, Bd. 3, S. 487– 492. 96 Vgl. Skalweit: Herrscherbild, S. 256 f.; Mousnier: Monarchie, S. 145; Wrede: Ludwig XIV., S. 55 f.; Müller: Fürstenspiegel; zu Maximilian I.: Menzel: Kaiser; zum Militärischen im monarchischen Rollenmodell Wrede: Inszenierung. 97 Er war mithin „männlich zu nennen“: Als Der Weiland Durchlauchtigste Fürst … Friedrich Augustus/ Herzog zu Sachsen …. zu Preßburg … verschieden … Die ietzo auf der Universität Jena Studirende Stadt=Kinder; vgl. den „angeborenen Helden-Trieb“ in: [Anonym,] Trauer-Cypressen, Kap. II.; zum kriegerischen Adel auch Kautsky: Funktionen, S. 8 f.; zur aktiven Kriegsführung durch den Adel im 17. Jh. finden sich in der Literatur allerdings divergierende Aussagen. 98 Auch für den Hugenottenführer Henri de Rohan war das Ideal der persönlich aktiv kriegführende und in dieser Perspektive die Verantwortung übernehmende Fürst: Rohan: Capitaine, S. 378 – 386.
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König ermöglichen.⁹⁹ Insbesondere die Rückgewinnung der Kurwürde war ein starkes Motiv.¹⁰⁰ Beim Nürnberger Unionstag der evangelischen Stände im November 1619 erhielten die ältesten Brüder, Johann Ernst, Friedrich und Wilhelm, die Bestallung Friedrichs V. und zogen zu seiner Unterstützung in den Krieg.¹⁰¹ Der sächsische Kurfürst versuchte sie dazu zu bewegen, sich zurückzuziehen, gerade nachdem der Kaiser im April 1620 alle, die den rebellischen Böhmen militärische Hilfe leisteten, bei Androhung der Reichsacht aufgefordert hatte, die Kriegsdienste zu beenden und ihre Soldaten abzudanken.¹⁰² Ein eigenständiger Weg der Ernestiner sollte verhindert werden. Nach der Niederschlagung des Aufstandes mit der Schlacht am Weißen Berg im November 1620 flohen die Brüder. Johann Ernst erklärte aber, lieber auf alle Rechte verzichten zu wollen, als zuzusehen, wie der Kaiser in Böhmen die Rechte der Stände verletze. Seine Räte versetzte dies in helle Aufregung; er solle einen verbindlicheren Kurs gegenüber dem Reichsoberhaupt einschlagen, mahnten sie.¹⁰³ Johann Ernst lehnte das ab. Er übergab die Regierungsgeschäfte seinen Brüdern und setzte den bewaffneten Kampf als niederländischer Rittmeister und dänischer Generalleutnant fort. Auch die anderen Brüder führten das militärische Engagement weiter. Friedrich und Johann Ernst starben dabei früh, 1622 und 1626. Längerfristig und in entscheidenden militärischen Kommandoposten wirkte, neben Bernhard, nur Wilhelm.
Studium und Gelehrtenkontakte Für Bernhard stand anstatt eines Kriegseinsatzes aber zunächst ein geplantes Studium an. 1619 ging der Fünfzehnjährige mit dem ein Jahr älteren Friedrich Wilhelm an die Universität nach Jena, begleitet von dem jungen Hofmeister Thomas
99 Vgl. Duchhardt: Kaisertum. 100 Auch Herzog Friedrich II. v. Sachsen-Altenburg (FG 103) engagierte sich für die Kur, allerdings indem er dem Infanten seine Dienste gegen die Niederländer offerierte, vgl. Giovanni-Francesco Guidi di Bagno an Kardinal Ludovisi, Brüssel, 19. Februar 1622, in: Meester, Correspondance, Tl. 1, S. 161; Johann Ernst setzte sich für ihn ein, vgl. Opel: Krieg, Bd. 1, S. 398; tatsächlich warb Friedrich für Spanien Truppen; die Habsburger nutzten seine Initiative allerdings zum Versuch, ihn zur Konversion zu bewegen; sein Plan scheiterte Anfang 1623. 101 Bereits ihre Teilnahme in Nürnberg war für Dresden ein Affront; die Weimarer warben nun Truppen an, vgl. auch Kaiser: Nachrichten, S. 92; Bernhard habe sich am Einsatz in Böhmen beteiligen wollen: Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, S. Aiii. 102 Vgl. Art. Mandatum avocatorium. 103 Vgl. Tentzel: Geschichts-Kalender, S. 10.
Studium
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Grote, der selbst seine Studien noch beenden wollte,¹⁰⁴ sowie von Barthold Nihusius als Instruktor.¹⁰⁵ Jena wurde wohl gewählt, weil es Landesuniversität war, auch die knappen Finanzen mögen eine Rolle gespielt haben.¹⁰⁶ Seit dem späteren 16. Jahrhundert war die Universität zu einer üblichen Ausbildungsstation des Adels geworden.¹⁰⁷ Allerdings haben sich im Dreißigjährigen Krieg wohl viele Adlige verstärkt militärischen Karrieren zugewandt.¹⁰⁸ Bernhard wäre mithin typisch für die Kriegsgeneration. Geplant war ein Studium von zwei Jahren.¹⁰⁹ Grote und Nihusius erhielten den Auftrag, in Jena stets bei den Brüdern zu bleiben und sie zu betreuen, in fürstlichen und „höflichen“ Sitten zu unterweisen und auf ihre Studien zu achten.¹¹⁰ Mit den Prinzen wurde Fürst Ludwig der Jüngere zu Anhalt immatrikuliert.¹¹¹ Wolfgang Heider, Professor für Ethik und Politik, verfasste eine Begrüßungsansprache zu ihrem Studienantritt¹¹² und Friedrich Wilhelm wurde zum
104 Zu Grote Frensdorff: Grote; Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 73 f. 105 Vgl. Memorial wie gegen Johann Ernst des Jüngern Brüder, Friedrich Wilhelm und Bernhard dero zugeordnete Hofmeister und Präzeptor Thomas Grotte [sic] und Bartholius Nihusius sich erzeigen und verhalten sollen, 3. März 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A52a, Bl. 17r. – 18r.; Bestallung des Hofmeisters Grothe, ebd., Bl. 19r. – 19v.; Anweisung auf Abfertigung des Hofmeisters Grothe vom 9. November 1620, ebd., Bl. 20r.; Nihusius war 1613 oder etwas später Erzieher Bernhards geworden; im Umfeld der Schulreformen unter Ratke 1618 taucht sein Name ebenfalls auf: Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 189. 106 Zur Bildungslandschaft Mitteldeutschlands auch Bönisch: Universitäten. 107 Im Hintergrund stand die Konkurrenz mit bürgerlichen Juristen, vgl. Rasche: Universitäten, S. 175; zu den protestantischen Hochschulen in den frühen Jahren des 17. Jh.s: Hammerstein: Geschichte, S. 82. 108 Vgl. zu süddeutschen Universitäten Asche/Häcker/Schiele: Studieren. 109 Vgl. Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 90. 110 Johann Ernst d.J.: Bestallung des Hoffmeisters Thomas Grott, 26. März 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53e (unfol.), der Text bricht allerdings ab; vgl. Memorial für Thomas von Grotte und Barthold Nihusius für beide Prinzen: „Memorial wie gegen … Johann Ernst des Jüngern Brüder, Friedrich Wilhelm und Bernhard … dero zugeordnete Hofmeister und Präzeptor … Thomas Grotte und Bartholius Nihusius sich erzeigen und verhalten sollen, 3. März 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 52a, Bl. 17r. – 18r.; Ein Blatt [sic] aus der Bestallung des Hofmeisters Grotte vom 26. März 1619, ebd., Bl. 19r. – 19v.; Johann Ernst folgte hier der Anweisung seines Vaters für die Hofmeister seiner Söhne, vgl. Johann III. v. Sachsen an die Hofmeister seiner Söhne, 20. Juli 1605, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 53e (unfol.). 111 Vgl. Notizen über den Aufenthalt der Söhne Johannes – Bernhard, Friedrich Wilhelm, Friedrich, Johann Ernst auf [sic] Universität Jena 1619, den damaligen Behufsstand der Universität, und über Hofmeister Thomas Grote und Instructor Bartholdus Nihusius, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 52a, Bl. 11r. – 11v.; vgl. Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, o.S.; Mentz: Matrikel, S. XXII: die Angaben der drei Fürsten, ihre Wappen und die Nennung des Rektors in diesem Semester wurden offensichtlich aus den Jenaer Matrikeln herausgeschnitten (S. XL). 112 Vgl. Heider: Adventum.
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Rector magnificentissimus der Universität gewählt, ein Ehrenamt, das eine Reihe von Ernestinern innehatte. Bernhard und Friedrich Wilhelm waren in Jena zumindest einigermaßen standesgemäß ausgestattet; ihre Unterkunft hatte mehrere Räume, selbstverständlich konnten die beiden auf Personal und Dienerschaft zurückgreifen;¹¹³ Silbergeschirr, Federbetten und Lebensmittel, darunter Bier und Fleisch, brachten sie aus Weimar mit.¹¹⁴ Einem intensiven Studium widmeten sich die Brüder nicht.¹¹⁵ Bereits im Monat nach ihrer Ankunft reisten sie mit Gefolge für mehrere Tage zur Messe nach Leipzig, wo sie u. a. Landgraf Moritz von Hessen-Kassel trafen. Zurück in Jena, kamen Albrecht und Ernst zu Besuch, gemeinsam ging es nach Weimar; für die Fronleichnamsfeierlichkeiten planten sie zumindest, nach Erfurt zu reisen;¹¹⁶ im Juli erkrankte Bernhard in Georgenthal, wo die Weimarer eine seit der Jahrhundertwende ausgebaute Sommerresidenz besaßen, an den Blattern. Die Brüder reisten deshalb nach Hause und kehrten nach seiner Gesundung zurück. Man ging in Georgenthal mit Ludwig zu Anhalt auf Hirschjagd. Das war also eine Fortsetzung der standestypischen Lebensweise. Zwischenzeitlich, in einem Zeitraum von acht Wochen, widmeten sich Bernhard und Friedrich Wilhelm den vorgesehenen Übungen. Jetzt suchten „fast täglich“ ein oder zwei der „vornembsten Professoren“ und adlige Studenten die Herzöge auf.¹¹⁷ Es spricht viel dafür, dass sich an der Jenaer Universität geführte Debatten und die politische Positionsfindung der Weimarer Räte und Herzöge beeinflussten, zumal die Kreise in Sachsen-Weimar klein waren: Es gab zahlreiche Kontakte und 113 Grote reiste mit dem Kammerrat Kospoth nach Jena; mit den Herzögen waren schon zuvor Nihusius und der Jägermeister Peter von Gersdorf dahin aufgebrochen (Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 93); das Inventar erwähnt mehrere Diener, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 52a, Bl. 12r. – 16r.; die Betreuergruppe war verhältnismäßig klein: Als 1616 die beiden Altenburger Prinzen Johann Wilhelm und Friedrich Wilhelm zur Ausbildung an das Tübinger Collegium illustre aufbrachen, gehörten 32 Personen zu ihrer Reisegesellschaft, 17 blieben mit ihnen in der Ritterakademie: Conrads: Ritterakademien, S. 182 f.; Maximilian I. v. Bayern kam 1587 mit einem Hofstaat von 40 Personen zum Studium nach Ingolstadt: Müller: Universität, S. 119; Leibarzt der Herzöge in Jena wurde Zacharias Brendel d.Ä., vgl. Zacharias Brendel an Herzog Johann Ernst und seine Brüder, Jena, 11. Januar 1608, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 290, Bl. 9r. – 9v., hier Bl. 9v. 114 Vgl. Inventarium was Herzog Friedrich Wilhelm und Bernhard mit nach Jena gegeben worden, 3. März 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 52a, Bl. 12r. – 16r. 115 Vgl. Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 93 ff. 116 Vgl. Friedrich Wilhelm und Bernhard an Friedrich v. Kospoth, Jena, 18. Mai 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 328 (unfol.). 117 Vgl. Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 93 ff.; auch adlige Studenten nahmen sonst an universitären Lehrveranstaltungen teil, vgl. Müller: Universität, S. 146 – 159, v. a. S. 148 – 151, wenngleich nicht zuletzt der Adel wohl die „collegia privata“ besucht habe.
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Ämterüberschneidungen unter dem Personal, nicht zuletzt durch den landesherrlichen Einfluss auf die Besetzung von Posten an der Universität,¹¹⁸ und die Prinzen werden sich mit den Professoren über die verfassungsrechtlichen und die in der Situation des böhmischen Krieges unmittelbar handlungspraktischen Fragen ausgetauscht haben. Zu den Gelehrten, die die jungen Herzöge aufsuchten, gehörten der Theologe Johann Gerhard, der Staatsrechtler Dominicus Arumäus sowie Hortleder; Religionsunterricht gab der Superintendent und Theologieprofessor Johannes Major.¹¹⁹ Alle drei haben Arbeiten mit Bezügen zur Verfassungsstruktur des Reichs und politischen Fragen vorgelegt. Gerhard legitimierte 1619 in einem Gutachten für die Herzöge, das bald publiziert wurde, den Widerstand gegen den Kaiser, wenn dieser zum Tyrannen werde.¹²⁰ Das war die seit dem Schmalkaldischen Bund bekannte Argumentation, die auch die niederländische Diskussion befördert hatte,¹²¹ so wie sich in der Debatte über das Notwehrrecht zahlreiche europäische Linien zeigen.¹²² Auch Heider, bei dem u. a. Axel Oxenstierna studierte, lehrte das Recht auf Widerstand gegen den Fürsten, wenn dieser „sich gegen sein Vaterland richte“.¹²³ In der Auseinandersetzung mit einem (möglichen) habsburgischen Absolutismus standen im Reich zudem Rechte der Reichsstände aus eigener Macht im Mittelpunkt. Arumäus publizierte seit seit den 1610er Jahren seine Vorstellung der dualen Souveränität im Reich.¹²⁴ Die Professoren konnten sich von den Fürsten ermuntert fühlen. Johann Ernst hatte 1608 als Ehrenrektor eine von Hortleder konzipierte Rede gehalten, der zufolge dem Kaiser nicht die lex regia des römischen Rechts zukomme und er also keine „selbstherrliche Jurisdiktionsgewalt“ habe.¹²⁵ Das ständische Widerstandsrecht, das hier weiterentwickelt wurde, blieb aber auch auf protestantischer Seite nicht unwidersprochen.¹²⁶
118 Die Beziehungen zwischen Universität und Hof zeigen sich auch bei Johann Wilhelm Neumair von Ramsla, einem Schüler Heiders und Freund Hortleders, der Herzog Johann Ernst auf seiner Europareise begleitete, Landrat in Sachsen-Weimar wurde und eine Vielzahl politischer und militärischer Publikationen vorlegte. 119 Bernhard besuchte evt. die Vorlesung Valentin Riemers, welcher im Sommer 1619 über das römische Reich als viertes Weltreich im Sinne der Translationstheorie las, der die Reichs- und Universalgeschichte in dieser Zeit generell noch folgte. 120 Vgl. Arumäus: Discursus. 121 Eine Verbindung mit der Ablehnung einer Fremdherrschaft wie in der niederländischen Diskussion fehlte im Reich: van Gelderen: Weg. 122 Vgl. Schorn-Schütte: Obrigkeitskritik. 123 Schmidt/Klinger: Universität, S. 84. 124 Vgl. Arumäus: Discursus. 125 Schmidt/Klinger: Universität, S. 85. 126 So argumentierte Dietrich Reinkingk kaisertreu und teils römischrechtlich, vgl. Link: Dietrich Reinkingk.
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Für Bernhards Parteigänger setzte er sich gegen einen seine Befugnisse überschreitenden und gegebene Versprechen verletzenden Kaiser ein. Sie griffen dabei auf die durch die Theologen und Juristen zur Verfügung gestellte Legitimierungen zurück. Der Herzog hat sich ähnlich geäußert. Stichwortartig konnte ein Arsenal an Begründungsmechanismen aufgerufen und situativ aktualisiert werden. Dabei lud Bernhard den politisch-militärischen Einsatz gegen den Kaiser auch religiös-konfessionell auf. Besonders deutlich wird diese Ebene aber von außen, so bei Samuel Gloner: Hier kämpft Bernhard gegen den „tyrannen“, hinter dem letztlich sogar der Antichrist steht, der das „Teutsche reich (…) zur todten leich“ habe werden lassen.¹²⁷ Dass Bernhard die Universität nach den wenigen Monaten wieder verließ, mag u. a. auch dem Tod Friedrich Wilhelms geschuldet gewesen sein, der noch in Georgenthal schwer erkrankte und nach wenigen Tagen verstarb.¹²⁸ Allein ausschlaggebend war dies jedoch sicher nicht. Bernhard war am Studium weniger interessiert als seine Brüder Johann Ernst und Friedrich, die mehrere Jahre an der Universität geblieben waren und sogar Prüfungen ablegten.¹²⁹ Von Christian I. von Anhalt, der mit seiner „ungewöhnlichen Bildung auf der Höhe der Zeit brillierte“, trennte Bernhard Einiges.¹³⁰ Der Unterschied zwischen den Weimarer Brüdern ist indes, neben möglichen Neigungen, v. a. mit der Geschwisterrolle zu erklären: Die älteren Brüder wurden auf eine größere Regierungsverantwortung vorbereitet; stärker als der Jüngere mussten sie sich in jenen Wissensbereichen und Fähigkeiten ausbilden, mit denen ihr führendes Personal (noch besser) vertraut sein würde.¹³¹ Es gab so auch in dieser Generation beides.¹³² Und Bernhard stand in späteren Jahren durchaus mit unterschiedlichen Gelehrten in Kontakt.
127 Gloner: Klagschrift, S. 3 f.; zu Gloner Reuss: M. Samuel Gloner; Flood: Poets, Bd. 1, S. 674 – 679. 128 Vgl. Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 95; zum Tod Friedrich Wilhelms und der Überführung der Leiche auch Müller: Annales, S. 316. 129 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1; auch Johann Casimir v. Sachsen-Coburg und sein Bruder Johann Ernst studierten drei Jahre; vgl. auch Weber: Geschichte der europäischen Universität, S. 93; andere Dynastien lehnte akademische Grade aus Standesbewusstsein ab. 130 Press: Fürst Christian von Anhalt-Bernburg, S. 196. 131 Vgl. auch die Mahnungen zu ihrer Entsendung an die Universität: Lange: Schuelpredigt. 132 Als Bernhards Neffe Bernhard II. d.J. 1654 nach Jena kam, wies sein Vater Herzog Wilhelm die Universität an, „daß der junge Herzog nicht allzusehr und gestrenge mit stetigen Kopfzerbrechen und studiren obruirt wird“, zit. n. Eckold, Herzogtum, S. 16.
Coburg
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Coburg Johann Ernst schickte Bernhard nun an den Coburger Hof ihres Verwandten Johann Casimir. Zuvor war noch eine Kavalierstour ins Ausland geplant gewesen,¹³³ bei der junge Fürsten Weltläufigkeit und ihre Persönlichkeit ausbilden, die politische Organisation und Kultur anderer Länder, Wissenschaften, Verwaltung und Militär kennenlernen sollten.¹³⁴ Bernhards Brüder waren gereist. Vermutlich standen die politische Situation und der Geldmangel in Weimar einer größeren Reise Bernhards entgegen. Während die älteren Brüder sich am böhmischen Aufstand beteiligten, gaben sie den Jüngsten also in Obhut; er war jetzt 16 Jahre alt. Johann Casimir erklärte, er wolle Bernhard, der „ins künfftig (…) einen dapfferen Soldaten, darzu er lust, geben“ werde, gerne aufnehmen.¹³⁵ Der Herzog von Coburg unterhielt Kontakte zu den unterschiedlichen protestantischen Parteien und nahm, bis zum Restitutionsedikt 1629, eine vermittelnde Position zwischen der Kurpfalz, den Ernestinern und Kursachsen ein.¹³⁶ Es kann so auch von einer Absicherung der Ernestiner gesprochen werden, indem die verschiedenen Linien unterschiedliche Politiken verfolgte; Johann Casimir suchte zunächst einen Neutralitätskurs zu verfolgen. Er baute seine Residenzstadt Coburg umfangreich aus, auch Schloss Ehrenburg, und förderte die Wissenschaften.¹³⁷ Mit etwa 75 Personen war sein Hof einer der kleineren im Reich. Bernhard konnte im Ballhaus verschiedenen Sportarten nachgehen und an den von Casimir geschätzten Jagden teilnehmen, ebenso hatte der Onkel eine Vorliebe für Wettbewerbe im Bogen- und Armbrustschießen und für
133 Vgl. Grote zu Schauen: Denkwürdigkeiten, S. 90. 134 Vgl. Bender: Prinzenreise; Bender: Thüringische Prinzen; Babel/Paravicini: Grand Tour; Stannek: Peregrinemur, S. 208 – 226; eine eigene Literatur vermittelte Anleitungen, bsp. Löhneysen: Aulico Politica. 135 Johann Casimir v. Sachsen-Coburg an Johann Ernst d.J. v. Sachsen-Weimar, Tenneberg, 5. Oktober 1620, zit. n.: Glaser: Politik, S. 522. 136 Zu Johann Casimir Boseckert: Herzog; Haslauer/Axmann/Boseckert, Fürst; Glaser: Politik; Beck: Johann Casimir; Nicklas: Haus, S. 43 – 50; er hatte das Schicksal seines Vaters Johann Friedrich II. des Mittleren vor Augen, der Jahrzehnte in kaiserlicher Gefangenschaft verbracht hatte, nicht zuletzt fürchtete er aber einen allgemeinen Krieg: Boseckert: Dresden, S. 97 f., 100 f.; welche Rolle die Inhaftierung seiner ersten Ehefrau Anna von Sachsen für das Verhältnis zu Kursachsen und Johan Casimirs Einflussmöglichkeiten auf Dresden in diesen Jahren spielte, ist nicht klar; zu Anna: Knöfel: Anna von Sachsen. 137 Vgl. Fisch: Hof; auch Laß: Etablierung; Melville: Johann Casimir, S. 27 f.
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Feste. Grote nahm 1621 seinen Abschied, wohl aus Enttäuschung über Bernhards mangelndes Interesse am Studium.¹³⁸
Bernhard als Aristander – Geselligkeiten und die Rolle des Liebhabers In den frühen 1620er Jahren hielt sich Bernhard noch häufiger in Weimar und seiner Umgebung auf;¹³⁹ er hatte Zeit für Geselligkeiten im Kreise der Verwandtschaft. Als Mitglied der „Académie des parfaits amants“,¹⁴⁰ einer Vereinigung von Liebhaberinnen und Liebhabern des Schäferromans „L’Astrée“ Honoré d’Urfés, erscheint er von anderer Seite als der des militärischen Befehlshabers; hier ist auch ein Bernhard sichtbar, der das adlige Prinzip der Muße auslebt; es bieten sich Aufschlüsse über Bernhards kulturelles Erleben als junger Mann wie sein Selbstverständnis und das des Teilnehmerkreises.¹⁴¹ In den Jahren 1623 bis 1628 bot die „Académie“ Anlässe für Treffen in Köthen, Dessau und Weimar. Es ging um Unterhaltung, Spiele und Maskeraden; Gespräche über Romanfiguren und -motive werden dazu gehört haben.¹⁴² Die Gründer waren Fruchtbringer, die Mitglieder u. a. Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg, Wilhelm von Sachsen-Weimar und seine Ehefrau Eleonora Dorothea von AnhaltDessau, Pfalzgraf Ludwig Philipp von Simmern, Markgräfin Dorothea von Brandenburg, Landgräfin Juliana von Hessen-Kassel und Magdalena von Hessen-Kassel, vermutlich auch Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel. Vor allem waren zahlreiche Angehörige des Hauses Anhalt dabei, darunter Fürst Ludwig und Fürstin 138 Vgl. Boseckert: Dresden; der Herzog hatte seit Ende des 16. Jh.s sein Personal reduzieren müssen; vgl. auch Gerhard: Oratio Funebris. Auf Grote folgte Nihusius als Bernhards Hofmeister; Nihusius reiste auch mit Bernhard und Johann Friedrich zur Beerdigung Fürst Rudolfs von AnhaltZerbsts (FG 12) nach Zerbst: Berechnung der gelder so herztog Johann Friedrich und Herzog Bernhard … der reise nach Zerbst zum begrebnus mit sich genommen, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 52, Bl. 308r. – 313v. 139 Vgl. auch seinen Eintrag in: Stammbuch des Nürnberger Syndicus Christophorus Höflichius. Mit vielen merkwürdigen, auch fürstlichen Inscriptionen, HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 61.11 Aug. 8° (Heinemann-Nr. 3671), Bl. 5v. 140 Über die vielfachen und sich über Jahre erstreckenden Verwendungen der Gesellschaftsnamen in unterschiedlichen Kontexten hinaus zeugen Berichte über Zusammentreffen davon, dass die „Académie“ mit Leben gefüllt war. 141 Vgl. auch Boblenz: Johannes Trost von Tieffenthal, S. 69, zur Teilnahme der Weimarer Brüder, einschließlich Bernhards, am Vogelschießen, zu dem das Tanzen gehörte. 142 Inwieweit sie aus dem Treffen und Gesprächen unmittelbare, lebenspraktische Folgerungen zogen, thematisierten die Mitglieder allerdings, soweit bekannt ist, nicht: Koloch: Kommunikation, S. 393; zur Beliebtheit der Maskeraden Schnitzer: Maskeraden.
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Amoena Amalia von Anhalt-Köthen (AL 1618, TG 2), Anna Sophia von Anhalt-Bernburg, Agnes, Kunigunde Juliana, Georg Aribert und Johann Casimir von AnhaltDessau (FG 10). Zu dem acht Jahre älteren Johann Casimir hatte Bernhard mindestens seit 1620 engeren Kontakt.¹⁴³ Auch adlige Mitarbeiter der Fürstenfamilien gehörten zur Gesellschaft, so Diederich von dem Werder und dessen spätere zweite Ehefrau Juliane Ursula von Peblis, Thilo von Vitzenhagen, Tobias und Margaretha Hübner. Als „gentils Bergers, braves Cavaliers, excellentes Nymphes & gratieuses Bergeres“, wie sich die Gesellschaftsmitglieder nannten, schienen die Standesunterschiede gefallen sein, unterschieden wurde aber doch zwischen den „amis & amies“ und den „serviteurs & servantes“.¹⁴⁴ Es gab eine Reihe von Doppelmitgliedschaften mit anderen Gesellschaften: bei den Frauen, die einen großen Teil der Gesellschaftsmitglieder stellten, bestanden diese mit der 1619 gegründeten Tugendlichen Gesellschaft (TG)¹⁴⁵ und der „Académie des Loyales“ (AL),¹⁴⁶ bei den Männern mit der Fruchtbringenden Gesellschaft; bei den Treffen scheint es teils einen fließenden Übergang zu Veranstaltungen der Fruchtbringer gegeben zu haben. Alle diese Vereinigungen waren protestantische und vom Adel dominiert. Der Roman Urfés, dessen erster Teil 1607 erschien, wurde rasch und intensiv in der europäischen Barockliteratur und im Musiktheater rezipiert und in den höfischen Kreisen Frankreichs und des Reichs zum Moderoman.¹⁴⁷ Auch die „Parfaits Amants“ zeigten besonderes Interesse am Autor und seinem Werk: 1624 wandten
143 Vgl. Bernhard v. Weimar an Johann Casimir v. Anhalt-Dessau, Weimar, 28. Juni 1620, LASA, Z 44, A 10 Nr. 60, Bl. 3r.: Bernhard bedankt sich bei ihm für die „vertrauliche conversation“, die sie in Köthen geführt hätten. 144 Die erste Gruppe bestand offensichtlich aus Hoch-, die zweite Gruppe aus Niederadligen sowie „Gelehrte[n] oder bürgerliche[n] Hofbeamte[n]“ und ihren Ehefrauen oder Töchtern: 48 Mitglieder der Académie der Parfaits Amants an Honoré d’Urfé, „Carfour de Mercure“ [fiktiver Ort, evt. Köthen], 1. März 1624, in: Conermann, Briefe, Bd. 1, S. 250 – 256, Dok. 253255, hier Anm. 7; auch die Schäfer des Romans halten die ständische Ordnung hoch. 145 Zur Tugendlichen Gesellschaft Ball: Tugendliche Gesellschaft; Koldau: Frauen, S. 301 – 308; Conermann: Tugendliche Gesellschaft, S. 613 – 623. 146 Die Académie des Loyales wurde 1617 gegründet und hatte eine streng begrenzte Zahl adliger weiblicher Mitglieder; TG-Mitglieder waren nicht selten Mitglieder der AL. 147 Auch Georg Greflinger, der spätere Sekretär der Fruchtbringer, griff die „Astrée“ auf; Friedrich V. und Elisabeth Stuart ließen sich als die beiden Hauptfiguren des Romans malen, vgl. Akkerman: Rivals, S. 43 f.; das Urteil von Welti: Astrée, S. 107, der Einfluss des Romans auf die Literatur und Kunst der Zeit sei „unermesslich“, der„auf die Gesellschaft und ihr Leben beinahe einzig in seiner Art“, ist für die Kreise Bernhards allerdings nicht zu belegen.
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sie sich in einem Folgejahr gedruckten Brief an Urfé und baten ihn um die Vollendung des Werks.¹⁴⁸ Der an Handlungssträngen äußerst reiche Schäferroman spielte mit dem populären Mythos von Arkadien; er machte es möglich, die in allen Wissensbereichen gegenwärtige Antike zur „modellhafte[n] Analyse der erfahrenen Wirklichkeit“ zu nutzen.¹⁴⁹ Die Parfaits Amants erklärten, der Roman führe in das Goldene Zeitalter und erlaube es ihnen in den gegenwärtigen „fureurs de nos guerres“, dessen Freiheit („liberté“) zu erleben.¹⁵⁰ Damit eröffnete sich auch eine „innerweltliche (…) Glücks-Utopie“. ¹⁵¹ Ebenso wurde die soziale Identität des Adels bestärkt, bot der Roman doch das Idealbild einer unabhängigen, ethisch überlegenen Aristokratie.¹⁵² Auch die Schäfer beherrschen den adlig-höfischen Verhaltenskodex, aber sie gehören im Grunde nicht der politischen Sphäre an. Gleichwohl ist der Roman interpretiert worden als Utopie für den Adel in einer Zeit, in der die „Zentralregierung auf Kosten der zuvor selbständigeren regionalen und lokalen Herrenschichten“ immer stärker geworden sei,¹⁵³ und sich der Adel daher mit der Unabhängigkeit seiner imaginierten Vorfahren identifizieren konnte. Bernhard wählte als Gesellschaftsnamen „Aristander“.¹⁵⁴ Der Ritter „Aristandre“ aus der „Histoire de Silvie“ verliebt sich in die von vielen Männern umworbene Nymphe und Hofdame Sylvie (in der Gesellschaft Amoena Amalia von Anhalt-Köthen). Diese Liebe bleibt unerfüllt, Aristandre verstirbt daran und bittet in seiner Todesstunde den Ritter Guyemantes: „So bringet (…) von meinetwegen der Sylvie diesen kuß“, vorhersehend, dass sich auch Guyemantes in Sylvie verlieben werde. Die Nymphe liebt jedoch niemanden; die abgewiesenen Bewerber nehmen 148 Sie beschworen ihre Verbundenheit mit ihm, dem Text, dessen Stil, subtile Einfälle und Überraschungen; nach Urfés Tod bemühten sich die Mitglieder weiter um eine Fortführung des Romans; der Roman wurde von anderen Autoren fortgesetzt. 149 Vgl. Kühlmann: Geschichte, S. 44; zu verschiedenen Deutungsansätzen Elias: Soziogenese; Jürgensen: Übersetzungen; Wine: Virgo, v. a. S. 111 ff.; Gregorio: Pastoral Masquerade; Hammerschmidt: Autorschaft. 150 48 Mitglieder der Académie der Parfaits Amants an Honoré d’Urfé, „Carfour de Mercure“ [fiktiver Ort, evt. Köthen], 1. März 1624, in: Conermann, Briefe, Bd. 1, S. 250 – 256, Dok. 253255; vgl. die Idee einer Wiederherstellung des Goldenen Zeitalters im Frankreich Heinrichs II., die her gern mit der Idee eines (national interpretierten) universalen Reichs verbunden wurde, Wine: Virgo, S. 84; Urfée siedelte seinen Stoff im 5. Jh. an, das als Entstehungszeitpunkt der französischen Monarchie galt (S. 92). 151 Garber: Arkadien, S. 45. 152 Vgl. Jürgensen: Übersetzungen, S. 7. 153 Vgl. Elias: Soziogenese, S. 365 – 367; Urfé entstammte dem Adel und war kriegserfahren. 154 Damit bezog er sich aber nur auf eine Nebenfigur des an Personal äußerst reichen Romans. Allerdings waren die Namen der Hauptfiguren Astrea und Celadon nicht vergeben, vgl. zumindest den Brief der 48; die Mitglieder wählten ihre Namen selbst und ebenso ein Kostüm.
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Kriegsdienste an.¹⁵⁵ So war die Rolle des Aristandre v. a. die des unglücklichen jugendlichen Liebhabers; auch der Roman insgesamt ist in erste Linie ein Liebesroman, der die Liebe als obersten Wert aber mit dem Heroischen und dem Abenteuer zu einem „l’heroïsme amoureux“ verbindet.¹⁵⁶ Die Geselligkeitskreise der „Parfaits Amants“ waren zumindest bis in die ausgehenden 1620er Jahre hinein aktiv,¹⁵⁷ Bernhard taucht wiederholt als Mitglied der Gesellschaft auf. So berichtet Amoena Amalia von Anhalt-Köthen 1624 Herzog Wilhelm in einem launigen Brief, „der vorwitzige Aristander“ sitze bei ihr und wolle ihr „nit die zeit laßen, das wir EL recht schreiben können“.¹⁵⁸ Bernhard nahm in diesem Sommer in Dessau an verschiedenen Vergnügungen teil.¹⁵⁹ Er reiste in Begleitung des fast gleichaltrigen Pfalzgrafen Ludwig Philipp von Simmern sowie „ein[em] hauffen Cavalieros“ und Georg Friedrich von Brandenstein (FG 84) an.¹⁶⁰ Ludwig Philipp (FG 97, Aufnahme Juni 1624, PA), der jüngere Bruder Friedrichs V. von der Pfalz, hatte zuvor einen Besuch in Weimar gemacht. Er war in diesen Jahren ein Fürst ohne Land, weil seine Gebiete von Spanien okkupiert waren.¹⁶¹ Bernhard hatte über ihn eine weitere persönliche Beziehung zur Pfalz, die spätestens 1623 begründet worden war, als Bernhard sich zeitweise am Den Haager Exilhof des Pfalzgrafen aufhielt.¹⁶² Bei der Ankunft Bernhards, Ludwig Philipps und ihrer Begleiter liefen Vorbereitungen zu einer Maskerade nach den Ovidschen Metamorphosen.¹⁶³ Anwesend
155 Vgl. Urfé: Astrea, Tl. 1, S. 89 – 98, Zitat S. 92; vgl. Jürgensen: Übersetzungen, S. 30. 156 Bertaud: L’Astrée, S. 106, vgl. auch ebd., S. 111, 115 f.; Bernhard mag auch der historische Aristandros aus Telmessos angesprochen haben, ein Seher zunächst im Gefolge Philippos’, dann Alexanders des Großen, der dessen Kriegszüge günstig beeinflusst haben soll. 157 Vgl. zu General Graf Merode und den „Parfaits Amants“: Röse: Herzog, Tl. I, S. 355, Fußn. 99; Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 26. 158 Vgl. Fürsten Amoena Amalia v. Anhalt-Köthen an Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar, [Köthen], 12. Januar 1624, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 205, Bl. 152r. – 153v. 159 Wie die anderen Beteiligten wird er in den Briefen dazu unter seinem PA-Gesellschaftsnamen geführt. 160 Die unbekannten Mitglieder der PA standen vermutlich in sachsen-weimarischen Diensten. 161 1619 war er mit seinem Bruder nach Böhmen gezogen und bis zur Schlacht am Weißen Berg kurzzeitig Fürst des Fürstbistums Breslau gewesen, zu ihm Rödel: Ludwig Philipp. 162 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 105; zum böhmischen Exilhof Groenveld: Könige, v. a. S. 171 – 179. 163 Vgl. Bericht einer Prinzessin v. Anhalt-Dessau [wohl Anna Maria v. Anhalt-Dessau oder Sibylla Christina v. Anhalt-Dessau] an die Prinzessinnen Juliana und Magdalena v. Hessen-Kassel, [Dessau], [18. Juli 1624 oder späteres Datum der Abfassung], in: Conermann, Briefe, Bd. 1, S. 277, Dok. 240718; zu solchen Spielen auch Anna Elisabeth [v. Anhalt-Dessau] an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Steinfurt, 25. August 1623, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, Bl. 148r. – 149v., Zitat Bl. 148r.; Anna Elisabeth gehörte der Tugendlichen Gesellschaft an.
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waren mehr als 20 Personen.¹⁶⁴ Der Pfalzgraf wurde zu Mars, Bernhard zu Pyramus, seine Thisbe war „F. [Frau] Wrampin“, vermutlich Margarethe von Kötschau, die Witwe eines dessauischen Geheimrats. Nach dem Abendessen wurden bis in die Nacht deutsche und französische Tänze getanzt, der „Zeuner“, ein Reigentanz, die „Chasse“ und der an den Höfen lange beliebte „fackelwexseldantz vndt allerley (da alles lustig wahr)“, dann ritt man aus und tanzte weiter.¹⁶⁵ Man vertrieb sich die Zeit unter anderem mit Ringelrennen im Ballhaus¹⁶⁶ und damit, Ballett zu tanzen.¹⁶⁷ Ebenso gab es Reitpartien, Spiele mit „mancherley possen“, Reimspiele und ein Spiel, bei dem „man auf gewießen vnd wahrheitt Sagen muss, wie man die tisch gesellschaft nach ein ander am liebsten hatt“. In der „Académie“ wurden mithin adlige Verhaltensideale wie Höflichkeit, Formen im Umgang mit dem anderen Geschlecht, scheinbare Anstrengungslosigkeit, Eleganz, Anmut sowie der spielerische Umgang mit diesen Rollenerwartungen kultivert und dies in einer, bei aller Öffnung hin zu engeren Ratgebern und deren Familien, exklusiven Runde.¹⁶⁸ Nicht überall stieß die Geselligkeit der „Astrée“ auf Zustimmung. Christian II. von Anhalt-Bernburg (FG 51) erklärte einige Jahre später, solche Fiktionen führten nur dazu, „qu’a confondre la jeunesse et a leur faire perdre le temps mal à propos“.¹⁶⁹ Er hatte Urfé persönlich am Turiner Hof des Herzogs von Savoyen kennengelernt, als er 1617 für seinen Vater Christian I. (FG 26) – einen der Akteure eines antihabsburgischen europäischen Bündnisses zu Anfang des Jahrhunderts¹⁷⁰ – ebensolche Bündnisverhandlungen vorantreiben sollte.¹⁷¹ Mit der „Astrée“ konnte
164 Darunter Markgräfin Dorothea v. Brandenburg (PA) mit Gefolge, Anna Augusta v. Braunschweig-Wolfenbüttel und Diederich von dem Werder. 165 Zum Fackeltanz Salmen: Tanz, S. 152 f.; zum Tanz bei einer Fürstenhochzeit 1827 vgl. Journal des Luxus und der Moden, 42 (1827), H. 7. 166 Dieses Element der Ritterspiele schätzte bsp. auch Kaiser Ferdinand II. als junger Mann, vgl. Khevenhiller: Annales Ferdinandei, Tl. 12, Sp. 2433. 167 Zur höfischen Bedeutung des Balletts Jahn: Emotionen; der bekannteste Tänzer ist wohl Ludwigs XIV. von Frankreich. 168 Zu diesen Idealen Asch: Nobility, v. a. S. 329 f., 339. 169 Christian II. v. Anhalt-Dessau an Christoph zu Dohna, o.O. [1628, ca. Oktober], in: Conermann, Briefe, Bd. 2, S. 366 – 368, hier S. 367. 170 Vgl. Press: Fürst Christian zu Anhalt-Bernburg, S. 193 – 216; zu Beginn der böhmischen Ereignisse versuchte Christan I. auch eine Kandidatur des Savoyers zum böhmischen König zu fördern: Erdmannsdörffer: Herzog Karl Emanuel von Savoyen, S. 123 – 133. 171 Vgl. Jürgensen: Übersetzungen, S. 363; Anm. 2 zu: Adolph von Börstel an Honoré d’Urfé, [April 1624-Februar 1625], in: Conermann, Briefe, Bd. 1, Dok. 240400; Christian mag den Anstoß zur Gründung der Gesellschaft gegeben haben, zumindest lief über ihn eine vermittelte Bekanntschaft der Gesellschaftsmitglieder zu Urfé.
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sich für Protestanten auch „die Erinnerung an den mißlungenen Versuch zur Abwehr spanisch-habsburgischer Hegemonie“ verbinden.¹⁷² In die Fruchtbringende Gesellschaft wurde Bernhard 1620 als „Der Austrucknende“ aufgenommen (FG 30). Die Kreise überlappten sich. Bernhard war zwar nicht oft bei Treffen der Fruchtbringer dabei, aber er kannte die Gesellschaft.¹⁷³ Da Johann Ernst d. J., Friedrich und Wilhelm zu den Gründungsmitgliedern gehörten und bis 1620 alle Weimarer Brüder aufgenommen wurden, kann Bernhards Eintritt mit einer Verbundenheit unter den Brüdern wie mit der Anhalter Familie erklärt werden;¹⁷⁴ das Zusammengehen der Weimarer und der Anhaltiner auf mehreren Ebenen war allerdings ein Zusammenstehen aus einer Position der politischen Schwäche. Die Gesellschaft, die im Jahr des Reformationsjubiläums 1617 von ernestinischen und Anhalter Fürsten gegründet wurde,¹⁷⁵ ermöglichte es, unter dem Mantel der Kulturförderung politische Kontakte und Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse zu vereinfachen. Hier fanden sich Militärs und Adelige zusammen und zumindest zu Anfang war die Gesellschaft das „symbolische Zentrum eines antihabsburgischen Militärbündnisses“.¹⁷⁶ Bernhard und die meisten aktiven Fruchtbringer verbanden auch die Verortung im Protestantismus und Formen des Reichspatriotismus.¹⁷⁷ Vor allem aber wurde mit den Fruchtbringern eine Struktur geschaffen, die über gemeinsam betonte Wertvorstellungen eine Vertrauensbasis bildete und bei Bedarf für heikle, vertrauliche Aktionen aktivierbar war. So gab es über die Fruchtbringer wie über die Parfaits Amants Beziehungen zwischen Bernhard und Diederich von dem Werder (FG 31) sowie dem Herzog und Christof von Krosigk (FG 7). Werder wie Krosigks Sohn Heinrich Philibert (FG 341) wurden
172 Jürgensen: Übersetzungen, S. 364. 173 Sein Sinnbild war die reife Quitte; bei seinen Dessauer Aufenthalten im Sommer 1624 nahm er an Gesellschaftstreffen teil, vgl. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau an Ludwig v. Anhalt, Dessau, 17. Juli 1624; auf dem Kupfer Peter Isselburgs, das ein Treffen von Gesellschaftsmitgliedern 1622 darstellt, ist er mit abgebildet: Peter Isselburg: Versammlung der Fruchtbringenden Gesellschaft, um 1621/22. 174 Vgl. Whaley: Germany, Bd. 1, S. 469 f., 474 f. 175 Vgl. Schmidt: Anfänge; zur Gesellschaft auch: Ball/Conermann/Herz/Schmidt-Glintzer: Fruchtbringende Gesellschaft. 176 Schmidt: Anfänge; Kaminski: Ex bello ars, insbes. S. 85 f.; Grether: Poesie, S. 37 f.; vgl. auch Herz: Palmenbaum. 177 Noch nach dem Dreißigjährigen Krieg waren die Mitglieder, die sich in erster Linie als Literaten oder Sprachwissenschaftler verstanden, in der Minderheit; allerdings verloren die adlige Herkunft und politisch-militärische Tätigkeiten nach der Schlacht von Nördlingen und dem Prager Frieden, verstärkt noch mit dem Tod Bernhards 1639, an Stellenwert: Schmidt: Anfänge, S. 34 f.; zur Gesellschaft in den späteren 1630er Jahren auch Ball/Herz: Friedenssehnsucht.
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auch nach dem Tod Bernhards mit diplomatischen Missionen zur Rettung des Bernhard‘schen Erbes für die Familie beauftragt.
Erste Kriegserfahrungen und die Niederlande Bernhard begann seine Militärlaufbahn bereits mit 18 Jahren. Er wechselte mehrfach die Dienste und war in unterschiedlichen Regionen des Reichs und angrenzenden europäischen Gebieten eingesetzt. Sein erster Kriegseinsatz fand unter seinem Bruder Wilhelm statt, der ein Regiment unter Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach führte, Bernhard leitete hier eine Kompanie.¹⁷⁸ Unter Ernst von Mansfeld hatte er in der Schlacht von Höchst am Main (Juni 1622) bereits eine zentrale Befehlsposition im braunschweigischen Heer inne.¹⁷⁹ Eine militärische Leitungsposition schon im Teenageralter war im Adel nicht ungewöhnlich, (Früh‐) Reife und Unabhängigkeit waren dafür vorausgesetzt und wurden so auch gefördert.¹⁸⁰ Bernhard sammelte in dieser Zeit nicht zuletzt Erfahrungen mit Niederlagen: „Bernhard had seen more defeat than victory; but he had fought and served his apprenticeship under the command of some of the greatest generals of his time. He had learned his lesson.“¹⁸¹ Das war die Grundlage, auf der er zu Gustav Adolf von Schweden wechseln sollte. Wilhelm, der zuvor noch weitere protestantische Sammlungsbewegungen zu organisieren versucht hatte¹⁸² und mit der Wiederherstellung der reichsständi-
178 Zunächst eine Kompanie zu Fuß, dann eine Reiterkompanie; zu den sachsen-weimarischen Regimentern auch Reitzenstein: Feldzug, v. a. S. 138 – 142, 175 ff. 179 Vgl. Schreiber: Maximilian I., S. 274 – 477; zuvor war Bernhard u. a. in der Kurpfalz und an den Schlachten bei Mingolsheim und Wimpfen beteiligt. 180 In seinem Umfeld tauchen in diesen Jahren, abgesehen von der Familie, teils Namen auf, die auch später noch eine Rolle für Bernhard spielten, so Bernhard v. Starschedel, Philipp Jakob v. Bernhold zu Eschau. 181 Redlich: Military Enterpriser, Bd. 1, S. 232. 182 Noch im Böhmischen Krieg den Orden der Beständigkeit, vgl. Heermann: Beytrag, S. 331: Hertzogs Wilhelms zu Weimar Original-Stiftungsbrief eines militairischen Ordens datiert den 21. Julius 1621, im Feldlager zu Weidhausen in der Ober-Pfalz; zu den Mitunterzeichnern gehörten Fruchtbringer, größere Wirkung entfaltete der Orden nicht. Wilhelm gründete dann den „Deutschen Friedbund“, ein Militärbündnis, für das er, nicht zuletzt über die Fruchtbringer, die protestantischen Fürsten und Reichsstädte, gewinnen wollte, vgl. Menzel: Union, S. 32 – 80 mit Dokumenten; Moritz von Oranien, der holländische Statthalter, und der friesische Statthalter Graf Ernst Casimir von Nassau sagten finanzielle Unterstützung zu.
In den Niederlanden
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schen Rechte und der deutschen Freiheit argumentiert,¹⁸³ übernahm Anfang 1623 die Truppen Herzog Friedrichs II. von Sachsen-Altenburg (FG 103) und gelangte so in den Besitz einer Armee von 4.000 Mann. Mit Bernhard, Johann Ernst und Johann Friedrich schloss er sich nun Christian d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (von Halberstadt) an, um den Krieg in Niedersachsen fortzuführen. Der niedersächsische Kreis hatte daran allerdings kein Interesse, und nach der Schlacht von Stadtlohn (August 1623) gegen Tilly existierte die halberstädtisch-weimarische Armee eigentlich nicht mehr. Bernhard und Johann Friedrich entkamen, Wilhelm und Friedrich von Sachsen-Altenburg gerieten in Gefangenschaft.¹⁸⁴ Den Brüdern drohte wegen ihres Militäreinsatzes die Acht.¹⁸⁵ Bernhard flüchtete vor dem Zugriff des Kaisers in die Niederlande.¹⁸⁶ Er setzte hier seine militärische Ausbildung fort.¹⁸⁷ Die nördlichen Provinzen, gerade erst dem „Prozess der Republikbildung“ entwachsen,¹⁸⁸ galten noch nicht europaweit als ökonomisch-kulturelles Wunder. Wie Frankreich waren sie aber ein beliebtes Reiseziel protestantischer Adliger.¹⁸⁹ Als Staatswesen ohne Monarchen galten sie als Sonderfall, und von hier ging schließlich auch eine Erneuerung der Wissenschaften aus, hin zu mehr „Anwendungsbezogenheit, Nützlichkeit, (…) praktische[n] Verbesserungen“.¹⁹⁰ Für Bernhard und die Brüder waren sie interessant als aufstrebender, protestantisch geprägter Staat, gegen Habsburg gerichtet, vor allem aber, weil sich hier das zeitgenössische Kriegswesen und modernstes Wissen über die Kriegführung, die Ausbildung und der Einsatz von Truppen im Sinne der oranischen Heeresreform und das Belagerungswesen studieren ließen.¹⁹¹ Eine bessere Ausbildung schien kaum zu bekommen. Zahlreiche europäische Adlige leisteten in den Vereinigten Niederlanden Kriegsdienste,¹⁹² und sie waren auch ein Anzie-
183 Zur deutschen Libertät Schmidt: Deutsche Freiheit; Schmidt: Dominat; weil das politisch maßgebliche Kursachsen den Bund ablehnte, blieb der Teilnehmerkreis klein. 184 Vgl. Opel: Krieg, S. 533 – 550; Menzel: Union; Vorzeichnüß derjenigen Schriften, welche hinnder dem gefangenen Hertzog Wilhelm zu Sachßen gefunden worden, LASA, Kö. A 14 Nr. 11, Bl. 34v. 185 So wie Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26), der nach Skandinavien geflohen war; zur Reichsacht Klesmann: Bellum, S. 67– 72; Weber: Bedeutung; Kampmann: Reichsrebellion. 186 Die Weimarer hatten dies schon zuvor versucht: Röse: Herzog, Bd. 1, S. 58 ff., 328, Anm. 70; vgl. Akten betr. das Aussöhnungswerk der weimar. Herzöge bei kaiserl. Majestät (darmstädtische Expedition) (1621/22), LATh-HStA Weimar, Krieg und Frieden, Nr. 23. 187 Zu Bernhard in den Niederlanden Röse: Herzog, Bd. 1, S. 106 – 117; zur Republik der Niederlande dieser Jahre: Israel: Republic, S. 478 – 506. 188 Freist: Jahrhundert, S. 26. 189 Vgl. Bender: Prinzenreise; Frijhoff: Éducation; Keller: Nützlichkeit, S. 436 f. 190 Vgl. Hammerstein: Geschichte, S. 99. 191 Vgl. auch Schwager: Militärtheorie, S. 188; Nimwegen: Army. 192 Auch der französische Adel war hier teilweise aktiv, vgl. Wrede: Furcht, S. 64.
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hungspunkt für Baumeister und Ingenieure, mehrere spätere Mitarbeiter der Ernestiner gingen dorthin.¹⁹³ Wilhelm und Johann Ernst, selbst in niederländischen Kriegsdiensten, standen mit Moritz von Oranien in Kontakt,¹⁹⁴ eine Verbindung zwischen Bernhard und Moritz ist wahrscheinlich. Nicht zuletzt: Die Niederlande unterstützten und finanzierten aufgrund ihres Konflikts mit dem Haus Habsburg auf verschiedenen Wegen dessen Kriegsgegner. Es ging darum, Habsburg zu schwächen. Bernhard trat in den Dienst der Generalstaaten, die nach dem Ende des Waffenstillstands 1621 wieder Krieg gegen Spanien führten, und wurde nach Deventer verlegt. Er reiste nach Arnheim und Amsterdam und zu verschiedenen niederländischen Festungen, um diese zu studieren, und hielt sich häufig auch in ‘s Gravenhage auf. In Den Haag, dem „Dorf voll von Politikern, Ständevertretern und Diplomaten“,¹⁹⁵ verdichteten sich die Möglichkeiten, Informationen über das Geschehen in Europa zu erhalten, Entscheidungsträger zu treffen, hier wurde europäische Politik gemacht. Bernhard konnte Kontakte knüpfen, die er in seiner Karriere aktivieren konnte. 1638 noch unterstützte er finanziell die lutherische Gemeinde von ’s Gravenhage und ihren Prediger.¹⁹⁶ Zu Jahresanfang 1624 war er kurze Zeit in Weimar.¹⁹⁷ Seine Wege sind in diesem Jahr vielfach unklar; am Ende des Jahres reiste er wieder in die Niederlande.¹⁹⁸ Noch Ende der 1620er Jahre war Bernhard wiederholt in den Niederlanden; 1629 nahm er an der von Friedrich Heinrich von Oranien geleiteten Belagerung ’s Hertogenboschs teil.¹⁹⁹ Friedrich Heinrich, seit 1625 Statthalter der wichtigsten Pro-
193 Vgl. Boblenz: Einfluß, S. 134; Boblenz: Tieffenthal, S. 72, 76 f. 194 Vgl. auch Röse: Herzog, Bd. 1, S. 100; zu Moritz Deursen: Maurits van Oranje. 195 Vgl. Schubert: Ludwig Camerarius, S. 344; Boblenz: Tieffenthal, S. 74. 196 Vgl. Lutherische Gemeinde von ’s Gravenhage an Bernhard v. Weimar, ’s Gravenhage, 7./17. Mai 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 224r. – 225v.; Extract-Schreiben von Herzog Bernhard, die lutherische Kirche …in Haag … zu unterstützen, Colmar, 23. August 1638, ebd., Bl. 381r. – 381v.; die Kirche war von Johann Ernst gegründet worden: Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 106. 197 Vgl. die Korrespondenz zwischen Johann Georg v. Sachsen und Albrecht v. Sachsen-Weimar im Februar 1624, zit. bei: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 342. 198 Hier soll er sich einen Zweikampf mit Herzog Franz Karl v. Sachsen-Lauenburg geliefert haben, vgl. Sporschil: Krieg; Bernhard hat er sich in den Niederlanden wohl in das Stammbuch des Böhmen Kaplíř von Sulevic eingetragen, der mit Friedrichs V. nach Den Haag gekommen war, [Stammbuch Felix Kaplíř von Sulevic], Bl. 41, der Eintrag: „constant, et discret et ang (sic) amuor secret“ [datiert auf 1624]; in das Stammbuch trug sich im gleichen Jahr Tobias von Ponickau ein (Bl. 287). 199 Vgl. bsp. Warhaffte und gründliche Beschreibung/ Welcher gestalt die mechtige und weitberühmbte Stadt HertzogenBusch von S. Excell. Printz Heinrich Friedrich von Uranien … eingenommen worden; zu Friedrich Heinrich Groenveld/Leeuwenberg/Mout/Zappey: Oorlog; Bernhard lernte hier den schwedischen Hofmarschall Dietrich von Falkenberg kennen, der ihm die Interventionsabsicht des schwedischen Königs ins Reich angedeutet haben soll, vgl. Bernhard v. Weimar
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vinzen und Oberbefehlshaber des Heeres, hatte den Eintritt Dänemarks in den Dreißigjährigen Krieg unterstützt und förderte die schwedische Kriegsbeteiligung. Bernhards Übertritt zu Gustav Adolf hat hier eine Vorgeschichte. Über diese Verbindung ergab sich zudem Bernhards Bekanntschaft mit Constantijn Huygens, dem Sekretär und Ratgeber des Oraniers.²⁰⁰ s’ Hertogenbosch, eine der strategisch zentralen Festungen des Achtzigjährigen Krieges,²⁰¹ wurde für Bernhard nicht zuletzt zu einer Schule für Breisach. Äußerst kurz, zwei Tage im Frühjahr 1624, hat Bernhard auch England besucht, im Grunde versehentlich, da sein Schiff aus den Niederlanden nach Hamburg aufgrund der Wetterbedingungen an der englischen Küste landete. Bernhard und Johann Ernst ließen sich vom pfälzischen Gesandten Joachim von Rusdorf durch London führen, ohne sich am Hof offiziell zu erkennen zu geben;²⁰² Johann Ernst kannte London von seiner Kavalierstour.²⁰³ Möglicherweise war Bernhard, wie seine Brüder,²⁰⁴ in den 1620er Jahren auch bereits in Frankreich.²⁰⁵
an Dietrich v. Falkenberg, Amsterdam, 30. [… 1630], in: Tümmler, Briefe, S. 308 – 311, hier S. 310; Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 37 f.; zu Falkenberg: Wittich: Dietrich von Falkenberg, hier S. 19 – 30 zu dessen Aufenthalt in den Niederlanden; neben Bernhard nahm auch der Landgraf von Hessen am Treffen teil. 200 Laut Huygens ähnelten sich Bernhard und der Landgraf „parfaictement de visage, de port, de voix“: Constantijn Huygens an Amalia van Oranje, Nimwegen, 9. August 1634, in: Worp, Briefwisseling, Bd. 2, S. 5 f. 201 Zur Bedeutung der Festung und ihrer Einnahme vgl. Groenveld/Leeuwenberg/Mout/Zappey: Oorlog; Parker: Army of Flanders. 202 Vgl. Joachim v. Rusdorf an Friedrich V. von der Pfalz, o.O., 12./22. April 1624, in: Cuhn, Memoires, Tl. 1, S. 278 – 280. 203 Er war dabei mit König Jakob I. und dessen Sohn Karl zusammengetroffen, vgl. Neumair von Ramsla: Wahrhaftige Beschreibung der Reise; Johann Ernst war mit Neumair von Ramsla und Georg von Vizthtum nach Frankreich, England und in die Niederlande gereist; die Kontakte nach England suchte Johann Ernst später zu nutzen, als er im Auftrag des dänischen Königs einen Gesandten nach London schickte, um Gelder für die dänischen Armeen zu erhalten, vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 1, S. 596 (Fußn. 6). 204 Albrecht und Johann Friedrich hatten das Land besucht, vgl. Johann Ernst d.J.: Memorial und Ordinanz darnach sich die Durchlauchtigen Hochgebornen Fürsten und Herren, Herr Albrecht und Herr Johann Friedrich Gebrüdern … neben Ihrer … zugeordneten Hanß Bernharden von Botzheimb und Tobias Adami bey vorstehender Reiß in Frankreich zu richten, 1. Mai 1619, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53e (unfol.); ebenso war Wilhelm, der auch die Niederlande bereist hatte, in Frankreich gewesen. 205 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 130; von England- und Frankreichaufenthalten spricht auch die Bildinschrift auf dem Richterschen Porträt Bernhards in Gotha. 1625 berichtete der Kunstagent Philipp Hainhofer von Besuchern, die mit einem Andreas von Jagow sowie Thomas Grote und Ernst Jettebrock zeitweilig ihre Reisegefährten in Frankreich gewesen seien: Philipp Hainhofer an Herzog August d.J. von Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 6. Februar 1625, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 444;
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Im Kriegsdienst für den dänischen König 1625 wechselte er zu König Christian IV. von Dänemark.²⁰⁶ Mit Johann Ernst reiste er aus den Niederlanden zum Hauptquartier Christians. Sie wollten den Krieg fortsetzen; dem König rückte das Ligaheer zu nahe, zudem sah er die Chance, für seine Söhne auskömmliche Positionen im Reich zu erwerben. Bernhard wurde ReiterOberst und die Ernestiner warben Truppen für den König an.²⁰⁷ Bernhard war unter anderem an Kriegszügen nach Schlesien und Ungarn beteiligt; 1627 besuchte er auch Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin.²⁰⁸ Begleitet wurde er offensichtlich von Johann Hofmann, der später Amtmann in Jena wurde.²⁰⁹ Dass es ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen den Ernestinern und Christian gab, zeigt sich daran, dass der König in die Bemühungen Wilhelms einbezogen wurde, das Verhältnis zwischen Johann Friedrich und Johann Ernst sowie Bernhard zu verbessern.²¹⁰ Im Herbst 1627 musste die dänische Armee aber vor den kaiserlichen Truppen zurückweichen und Bernhard verlor sein Regiment bei Oldenburg im September fast gänzlich. Er und die beiden anderen Kommandeure flohen.²¹¹ Über die Insel Fünen gelangte er zum dänischen König, der in Dalum, dem späteren Christiansdal, Hof hielt. Bernhard wurde der Abschied erteilt.²¹² Die ihm für seine dänischen Kriegsdienste zugesagten Gelder hat er nur teilweise erhalten und sich in der Folgezeit darum vergeblich bemüht.²¹³ Das Gleiche gilt für die Auszahlung von
Ders. an Dens., 29. August 1624, in: ebd., S. 426. Grote, Jagow und Jettebrock trugen sich auch am 25. März 1624 in eines der Hainhoferschen Stammbücher ein: Seibold: Hainhofers „Freunde“, S. 103; bei Jagow mag es sich um Andreas von Jagow handeln, brandenburgischer Kriegskommissar, oder – wie Hainhofer meint – um einen der Herzöge von Sachsen-Weimar; Seibold geht davon aus, dass es sich um Bernhard von Weimar handelt, Grote wäre dann allerdings länger als bis 1621 in Bernhards Umgebung anzutreffen gewesen; laut Frensdorff reiste Grote im fraglichen Zeitraum u. a. nach Frankreich: Frensdorff: Grote, S. 762. 206 Vgl. den Bestallungsrevers Bernhards als königlich-dänischer Rittmeister, Friedrichsburg, 11. Februar 1625, LATh-HStA Weimar, 8. Militärsachen, B 36042, Bl. 4r.; Bernhard hat diesen Revers allerdings nicht unterzeichnet, vgl. 5v. u. 1r. 207 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 391. 208 Vgl. Lützow: Beitrag. 209 Vgl. Bericht Johann Hofmanns an Wilhelm IV., Jena, 8. Juni 1651, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53 f/ 5, Bl. 2r. – 2v. und 4r. – 4v. 210 Vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Christian IV. von Dänemark, Weimar, 6. April 1626, in: Röse, Johann Friedrich, S. 187– 189. 211 D.h. der Markgraf von Baden-Durlach und Robert Monro: Ward: Collapse, S. 102. 212 Vgl. auch Christian IV. von Dänemark: Testimoniales et passeportum pro Ill. D. Bernhardo, Duce Saxoniae, Dalum, 17. Oktober 1627, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 397 f. 213 Sein Bruder Johann Ernst erhielt für seine Dienste für Christian IV. zwar regelmäßig Gelder der dänischen Krone, die ihm offenbar in bar und durch wechselnde Boten überbracht wurden, u. a.
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Geldern, die ihm aus seinem Vertragsverhältnis mit Christian von Braunschweig zustanden.²¹⁴ Jetzt ging er wieder nach Den Haag.
1625: Das Erbe Weimar und Auseinandersetzungen in Weimar Bernhard konnte nicht hoffen, in Weimar an die Regierung zu kommen, zugleich entsprach seine finanzielle Ausstattung nicht seinen Ansprüchen. Die standesgemäße Ausstattung nachgeborener Söhne war ein strukturelles Problem, und ihm standen Ämter in der Kirche wie in der katholischen Welt nicht offen. Die Finanzen sorgten immer wieder für Spannungen zwischen den Brüdern. Trotz der breiten antihabsburgischen Front unter ihnen zeichneten sich schon in den frühen 1620er Jahren Konflikte über die Kriegsbeteiligung ab.²¹⁵ 1626 kam es zwischen Bernhard sowie Johann Ernst auf der einen und Johann Friedrich auf der anderen Seite auch offensichtlich zum Streit um Fragen der Armeeführung für Dänemark und der Ehre; die finanziellen Forderungen Johann Friedrichs an Wilhelm mögen ebenso eine Rolle gespielt haben. Allerdings ist dies nicht von den zunehmend stärker hervortretenden Verhaltensauffälligkeiten Johann Friedrichs zu trennen. Tilly soll ihn „un mauvais fou“ genannt haben,²¹⁶ er neigte zu Handgreiflichkeiten.²¹⁷ Wilhelm hatte alle Mühe, die Brüder mit Hinweisen wie darauf, dass sie „under einen
auch in Ungarn, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 53, Bl. 4r.: Totalabrechnung zwischen König Christian IV. von Dänemark und Herzog Johann Ernst d.J. (1625 – 1628), geführt durch dessen Sekretäre Abraham Richter und Franz Eulenhaupt. Johann Ernst verwendete Geld auch für Spionage und Gesandte, die für ihn nach England und Den Haag reisten. Die dänische Krone schuldete Johann Ernst bei seinem Tod 1626 aber größere Summen, Heermann: Nachlese, S. 35; Wilhelm IV. ließ deren Zahlung später anmahnen, vgl. ebd.; Boblenz: Tieffenthal, S. 77; zu Ungarn im Dreißigjährigen Krieg Pálffy: Territorium. 214 Vgl. den Bericht Johann Hofmanns an Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimr, Jena, 8. Juni 1651, LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 53 f/ 5, Bl. 2r. – 2v. und 4r. – 4v. sowie die beiliegende Abschrift der Abdankungsurkunde durch Christian IV. v. Dänemark (3r.); vgl. Boblenz: Tiefenthal, S. 77: Wilhelm versuchte 1629, ausstehende Gelder von Dänemark über einen Mitarbeiter in den Niederlanden zu erlangen, ebenso sollten niederländische Kreditgeber um Aufschub gebeten werden. 215 Zu Geschwisterkonflikten im Adel auch Ruppel: Rivalen. 216 Vgl. Dok. 20 – 22, in: Röse, Johann, S. 192 – 196, Zitat: Bericht des an Tilly abgeschickten Obersten [J.] Frenck [an Wilhelm v. Sachsen-Weimar], Garleben (= Gardelegen?), 4. Mai 1627, in: ebd., S. 202 f., hier S. 202. 217 Johann Friedrich entliefen auch mehrere Diener; er bezeichnete Bernhard im Verlaufe dieser Händel u. a. als „kaltsinnig“: Johann Friedrich d.J. v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, o.O. o. J., in: Röse, Johann, S. 186 f., hier S. 186.
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Abb. 1: Herzog Bernhard von Weimar.
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hertzen in Mutterleib geseßen“ hätten und es üble Nachreden geben könne,²¹⁸ zunächst wieder zusammenzubringen. Schließlich setzten die Brüder Johann Friedrich gefangen. 1625 wurde Bernhard volljährig. 1618 hatten die Brüder beschlossen, das Land nicht zu teilen und die Landesregierung Johann Ernst zu übertragen,²¹⁹ mit Bernhards Volljährigkeit sollten die Regentschaft und die Finanzen neu geregelt werden.²²⁰ Ein neuer Vertrag von Ende 1624 wies allen Brüdern Einkünfte aus Ämtern oder Gütern zu ihrem Unterhalt zu, andere „Einkünfte wie die Steuern, die Waldmiete oder die Geleitrechte (…) [blieben] wie einige Ämter in gemeinsamer Nutzung“.²²¹ Bernhard hatte nun kein umfängliches Erbrecht mehr. Die vorgezogene Neuregelung mag eine Möglichkeit gewesen sein, den Jüngsten, der sich bereits als nicht leicht steuerbar erwiesen hatte, aus manchen Gemeinschaftsangelegenheiten herauszuhalten; in späteren Jahren verstanden die Brüder sein Agieren deutlich als Bruch der „dynastischen Räson“.²²² Der Krieg und der Tod mehrerer Brüder veränderten die Situation mehrfach.²²³ 1622 regelten die Brüder daher vertraglich den Umgang mit Begleiterscheinungen des Krieges wie Einquartierungen.²²⁴ Ende 1625 bat Bernhard Wilhelm darum, ihm
218 Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Johann Friedrich d.J. v. Sachsen-Weimar, o.O., o. J., in: Röse: Johann, S. 171 – 174, hier S. 172. 219 Vgl. Fürstbrüderlicher Vertrag, Weimar, 2. Dezember 1618, in: Hellfeld, Leben, Urk. XXXI; vergleichbare Regelungen, wonach der älteste Bruder die Landesregierung führen sollte, folgten 1622 und 1623. Für die anderen Herzöge wurden Unterhaltsregelungen getroffen und den jüngeren Kuratoren zur Seite gestellt, bei Bernhard waren dies Johann Casimir v. Sachsen-Coburg und sein Onkel Ludwig v. Anhalt-Köthen. 220 Als Johann Ernst d.J. 1615 die Regentschaft übernommen hatte, war offen gewesen, wie das väterliche Erbe in Zukunft verwaltet werden sollte; Johann III. war noch 1605 vom Kaiser mit den Reichslehen für sich und seine Mündel belehnt worden, nach seinem Tod hatte nur die ältere Generation (Johann Casimir v. Sachsen-Coburg und sein Bruder Johann Ernst v. Sachsen-Eisenach) ernestinische Politik gestalten können. 221 Klinger: Fürstenstaat, S. 22. Für die jüngeren Brüder brachte dies Einkünfte von rechnerisch rund 7.000 Gulden jährlich. Bernhard erhielt dazu Einkünfte aus dem Amt Jena, der Vogtei Brembach und einen Anteil aus der Rentkammer, vgl. Fürstbrüderlicher Vertrag, 6. Dezember 1624, in: Hellfeld, Geschichte, S. 404 – 426; Beck: Ernst der Fromme, S. 47– 50; auch LATh-HStA Weimar, Sammlung F, Nr. 984: Herzog Bernhards zu Sachsen-Weimar adelige Lehen im Amte Salzungen (o. D.). 222 Der Begriff bei: Spieß: Erbteilung. 223 Da Johann Ernst d.J. 1620 in den Krieg eintrat, nahmen Ernst und Albrecht die Regierung wahr; dem zunächst noch nicht volljährigen Ernst waren Vertreter der Ritterschaft und der Jenaer Universität an die Seite gestellt. 224 Sie durften in den sachsen-weimarischen Gebieten demnach nicht oder nur nach Zustimmung der anderen Brüder vorgenommen werden. Bernhard und Johann Friedrich, die in Kriegsdiensten des Markgrafen von Baden standen, sollten ihre Soldaten in dessen Länder bringen und bis dahin
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das aus der Kammer zustehende Geld zu übermitteln. Der Ton war gereizt. Bernhard unterstellte, man wolle ihm seine Gelder nicht auszahlen. Es handele sich um rund 3.000 Taler, „mitt dem was von Jena in die hoffe haltung ist geholet worden“. Wenn Wilhelm ihm nicht helfe, werde er sich wohl „kinftig von Weimar wenig zu getrösten haben den was ich itzunder nicht bekome wirdt hernacher auch woll aussen bleiben“.²²⁵ Bernhard war (noch) darauf angewiesen, sich aus weimarischen Mitteln zu finanzieren. Die Weimarer Finanzen aber waren und blieben längere Zeit knapp; seit der Wittenberger Kapitulation war Kursachsen finanziell wesentlich stärker als die Ernestiner.²²⁶ So waren die Brüder nicht in der Lage, Wilhelm mit einer höheren Lösegeldsumme aus der kaiserlichen Gefangenschaft freizukaufen;²²⁷ 1625 versuchten sie – ohne Erfolg – bei der Landschaft eine Erhöhung der Zahlungen an sie, eine bessere Ausstattung und eigene Wohnungen durchzusetzen;²²⁸ 1630 stand Weimar möglicherweise vor dem „Staatsbankrott“.²²⁹ In den frühen 1630er Jahren gerieten Wilhelm, Albrecht und Ernst stärker aneinander, im Kern wohl wegen Fragen der Landesregierung;²³⁰ möglicherweise wieder wegen der Finanzen. 1629 nämlich hatten Wilhelm, Ernst, Albrecht und Bernhard einen erneuten Vertrag geschlossen, der wegen des Tods der anderen Brüder notwendig geworden war.²³¹ Diese Erbverbrüderung legte Wilhelms Vorrangstellung fest.²³² Die Reichspolitik und andere bestimmte zentrale Fragen hatte Wilhelm mit den Brüdern zu beraten. Die gemeinsame Hofhaltung oblag nun
persönlich dafür Sorge tragen, dass Land und Untertanen keinen Schaden erlitten, vgl. Fürstbrüderlicher Vertrag, Weimar, 13. Februar 1622, in: Hellfeld, Geschichte, S. 395 – 403, hier S. 400 f. 225 Vgl. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Ensernhagen, 21. November [1625], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 308, Bl. 22r. – 22v., abgedruckt in: Röse, Herzog, Bd. 1, Urkundenbuch, S. 396 f. 226 Vgl. Schirmer: Ernestiner, S. 142. 227 Vgl. Opel: Krieg, S. S. 533 f. 228 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 22 f. 229 Vgl. Boblenz: Einfluß, S. 119. 230 Vgl. Klinger: Staat, S. 25; schließlich pflegte Albrecht, anders als die Brüder, stets das Einvernehmen mit Kursachsen. 231 Brüderlicher Vertrag derer Herzoge Wilhelms, Albrechts, Ernsts und Bernhards zu SachsenWeimar, die Landes-Gemeinschaft, Regierung, Hofhaltung, Berechnung und Teilung der Landeseinkünfte betr., Weimar, 19. März 1629: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 2017, Bl. 332r. – 362r., Teilabdruck in: Lünig, Teutsche Reichs-Archiv [8], Partis Specialis Continuatio II, S. 413 – 422; Hellfeld: Geschichte, S. 421 – 457; Beck: Ernst der Fromme, S. 52 – 56; die Vertragsteile Teilung und Anweisung der Landeseinkünfte in: Deutscher Zuschauer, Bd. 1, H. 3 (1785), S. 291 – 304 (Art. XXIX); vgl. Westphal: Rechtsprechung, S. 115. 232 Auch zukünftig, so die Vereinbarung, sei dieses Prinzipat immer dem ältesten Bruder oder Vetter zu übertragen.
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Wilhelm,²³³ auch die Aufteilung der Landeseinkünfte wurde neu geregelt – Wilhelm wurde als regierenden Herzog deutlich besser ausgestattet als die nicht an der Regierung beteiligten Brüder.²³⁴ Bernhard sollte wegen seines Aufenthalts „in der Frembde“, wo er „Fürstl. Nahmen Ehr und Ruhm nachzustreben entschlossen“, bis 1633 eine jährliche Sonderzahlung von 1.000 fl. erhalten.²³⁵ Trotz dieser Regelungen dauerten die Streitigkeiten an. Ein Resultat war eine erneute Vereinbarung über die Aufteilung der Einkünfte und die Hofhaltungen 1633, die die Herzöge unabhängiger voneinander machte.²³⁶ Jeder erhielt eine gesonderte Finanzverwaltung; weiter bestehende gemeinschaftliche Aufgaben wurden über die allgemeine Rentkammer abgewickelt. Bernhard und Ernst wurden 12.000 Gulden jährlich zugesagt, Albrecht 14.000, Wilhelm etwas über 21.000.²³⁷ Per Los teilten die Brüder Mobilien aus dem bisherigen Gemeinschaftseigentum unter sich auf: Silbergeschirr, Zinngegenstände, Tafelgeräte, Wäsche und „tapetzereien“. Vor allem trennten sie ihre Wohnsitze: Das alte Schloss wurde Wilhelms Residenz, Albrecht erhielt das Wittumshaus, Bernhard und Ernst je einen Teil des sogenannten Gartenhauses, auch Grünes oder französisches Schloss genannt.²³⁸ Bernhard strebte danach, sich andere Einkommensquellen zu erschließen. Als im Frühjahr 1639 der
233 Die Brüder konnten aber beispielsweise mit ihren Diener an die Tafel kommen, sie hatten jedoch Unterhaltsbeiträge für den Hof-Aufenthalt zu zahlen. 234 Albrecht, Ernst und Bernhard sollten je 3.000 Gulden jährlich aus den Landeseinkünften erhalten, zudem Ämter, Vorwerke oder Güter zur Nutzung. Wilhelm wurden über 28.000, Bernhard 8.500 fl. jährlich aus den Landeseinkünften zugesprochen, Albrecht und Ernst je 8.000; zudem sollten die drei letztgenannten Sachleistungen beziehen, u. a. Holz zum Heizen ihrer Wohnungen. 235 Brüderlicher Vertrag derer Herzoge Wilhelms, Albrechts, Ernsts und Bernhards zu SachsenWeimar, die Landes-Gemeinschaft, Regierung, Hofhaltung, Berechnung und Teilung der Landeseinkünfte betr., Weimar, 19. März 1629, in: Lünig, Reichs-Archiv, S. 419, 421; Bernhard erhielt wieder das Amt Jena mit Burgau und die Vogtei Brembach. Während Wilhelm aber bsp. zum Leipziger Konvent 1631 angeblich mit 125 Begleitern und 69 Pferden anreiste, brachte es Bernhard nur auf ein Gefolge von 18 Personen und 18 Pferden, vgl. Vorzeichnüs/ Der Churfürsten/ Fürsten/ Graffen/ Herren und Städte/ so auff den ausgeschriebenen Convent der Evangelischen Stände in Leipzig/ Anno 1631. einkommen, Aii. 236 Erfurter Teilungsvertrag, Dezember 1633; vgl. Beck: Ernst der Fromme, S. 57– 61. 237 Vgl. Klinger: Fürstenstaat, S. 23 ff.; Beck: Ernst der Fromme, S. 57 ff.; die Einnahmen Bernhards sollten im Wesentlichen wieder aus dem Amt Jena, der Vogtei Brembach und auch der Herrschaft Henneberg kommen. 238 Vgl. Boblenz:Vorgeschichte, S. 30 f.; Ernst residierte hier bis zu seiner Übersiedelung nach Gotha 1640; im Gartenhaus sollte auch Johann Friedrich nach dem Willen des sächsischen Kurfürsten untergebracht werden, nachdem er aus der Gefangenschaft Tillys nach Weimar überführt worden sein würde, vgl. Johann Friedrich von Sachsen an Wilhelm von Sachsen-Weimar, Annaburg, 9. Mai 1627, in: Röse, Johann, S. 207– 209.
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Nachlass Johann Ernsts aufgeteilt wurde, erhielt auch Bernhard größere Anteile.²³⁹ Zu diesem Zeitpunkt verfügte er freilich selbst über ein umfangreiches Vermögen.
Weimar, Dresden und die protestantische Politik im Reich Immer wieder versuchten die Weimarer Brüder, Kursachsen dazu zu bewegen, eine evangelische Sammlungsbewegung gegen den Kaiser zu führen. Bernhard reiste mehrfach nach Dresden; so verlangte er Anfang 1629 von Johann Georg, Verbindungen mit Schweden und den Niederlanden aufzunehmen. Der Kurfürst hingegen hatte den Eintritt der Weimarer in dänische Kriegsdienste scharf verurteilt: Sie verletzten ihre Pflichten gegenüber dem Kaiser.²⁴⁰ Vergleichbar argumentierte er in den Folgejahren. Das kaiserliche Restitutionsedikt vom März 1629 schien der ernestinischen Politik recht zu geben. 1630 war Bernhard im Auftrag der Brüder erneut in Dresden. Wilhelm suchte zugleich das Einvernehmen mit dem Kaiser.²⁴¹ Einen Umschwung schien der von Kursachsen geführte Leipziger Konvent mit fast allen protestantischen Fürsten und Grafen sowie vielen der Reichsstädte Anfang 1631 zu bringen, an dem Bernhard zusammen mit Wilhelm teilnahm.²⁴² Erstmals nach der gescheiterten Union formierte sich hier ein breites Bündnis: Die Stände versprachen sich „gegenseitige Hilfeleistung bei katholischen Angriffen“,²⁴³ das Restitutionsedikt sollte verhindert, Verhandlungen mit den katholischen Ständen sollten aufgenommen werden, vor allem wurde die Aufstellung eines Heeres von 40.000 Mann beschlossen.²⁴⁴ Die „offensiveren religiös-konfessionellen Deutungsmuster“, die hier genutzt wurden, prägten in der Folge Darstellungen der protestantischen Seite.²⁴⁵ Bald überholten die Geschehnisse aber die Leipziger Beschlüsse:
239 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 2017, Bl. 487r. – 514r.; die Brüder hatten allerdings auch Schulden von Johann Ernst zu übernehmen: Beck: Ernst der Fromme, S. 56. 240 Vgl. Johann Georg v. Sachsen an Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar, 21. September/1. Oktober 1625, in: Lundorp, Acta Publica, Bd. 3, S. 939. 241 Im Januar 1630 erinnerte er Ferdinand an ein Treffen zu Pfingsten 1628 in Prag, bei dem ihn das Reichsoberhaupt um einen Falken gebeten habe; die Kriegsbelastungen der ernestinischen Lande habe dies bisher verhindert, nun bot er dem Kaiser ein solches Tier an: Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Ferdinand II., Weimar, 14. Januar 1630, AT-OeStA/HHStA Wien, Haus A Familienkorrespondenz A 6 – 36, Bl. 91r. – 92r. 242 Auch Johann Casimir v. Sachsen-Coburg und Johann Philipp v. Sachsen-Altenburg reisten an, Johann Ernst v. Sachsen-Eisenach schickte einen Gesandten. 243 Leube: Kalvinismus, S. 125, zum Konvent in Leipzig S. 123 – 138; Nicklas: Macht, S. 231 ff.; Ritter: Deutsche Geschichte, Bd. 3, S. 480 – 485. 244 Vgl. Leipzigische Schluß/ Das ist/ Was die Evangelische und protestierende Chur=Fürsten. 245 Vgl. Kaufmann: Krieg, S. 35.
Protestantische Politik im Reich
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Gustav Adolf erhielt Subsidien durch Frankreich, Magdeburg wurde zerstört, Tillys Truppen marschierten in Kursachsen ein. Dies führte zum Bündnis zwischen Kursachsen und Schweden. Damit war der mögliche dritte Weg auch für Bernhard beendet. Das Handeln der Weimarer Herzöge in diesen ersten Kriegsjahren ist nicht zuletzt mit der spezifischen Situation einer Gruppe recht früh verwaister männlicher Jugendlicher und junger Männer zu erklären. In einer Situation zunächst eng begrenzter Handlungsspielräume, kombiniert mit weitreichenden politischen Zielen, bildete der militärische Konflikt eine Möglichkeit, sich persönlich zu beweisen und Verdienste um das Haus, dessen Vergangenheit stets lebendig blieb, zu erwerben. Bei Bernhard zeigen sich Kontinuitäten über die Zeit des frühen Erwachsenenalters hinaus. Zwei Ziele waren maßgeblich für ihn: die Verteidigung der eigenen Autonomie und die Ausweitung seiner politischen Handlungsmöglichkeiten – durch ein eigenes Territorium und finanzielle Gewinne. Wie andere Adlige der Zeit nutzte er polyvalente Strategien. Er blieb jedoch bei seinem antikaiserlichen Kurs, auch als die Brüder umschwenkten. Ein stark ausgeprägtes Selbstwertgefühl sowie die Begabung als Feldherr und Militärorganisator haben diesen Weg möglich gemacht. Offensichtlich vermochte er, vor allem als er älter war, andere zu faszinieren. Persönlich fand er, nach allem, was zu erkennen ist, starken Rückhalt im Glauben. Seinen Militäreinsatz konnte er mit dem Dienst am Reich und der Religion legitimieren, auch wenn dies nach dem Prager Frieden schwieriger wurde. Dennoch ist das von ihm artikulierte Gefühl der Bedrohung ernst zu nehmen. Einen Sinn für den übergeordneten Wert des Friedens hat er wohl nicht gehabt. Sachsen-Weimar und der Stadt Weimar stattete Bernhard in späteren Jahren noch kurze Aufenthalte ab; so hielt er sich im Januar 1633 wegen einer Erkrankung in Jena und Weimar auf und lud den schwedischen Reichskanzler Oxenstierna zu einer „dinstlich[en]“ Besprechung dorthin ein – aufgrund der höfischen Infrastruktur könne dem Reichskanzler hier am besten „accomodiret“ werden und er ihm besser „aufwarten“ als andernorts in der Umgebung.²⁴⁶ Das Verhältnis zu Weimar prägte aber eine zunehmende Fremdheit und Entfremdung.²⁴⁷
246 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Buttstädt, 12. Februar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 23. 247 1636 schrieb er Wilhelm, ihm zur Geburt einer Tochter gratulierend: „Wann ich einmal wieder nach Haus komme, werde ich einen Haufen fremder Leute finden, und müssen aufs neue in Weimar Kindschaft machen. Das siehet ganz einer kleinen neuen Welt gleich, welche dann ausführen kann, was wir nicht vollenden. Wenn der Grund nur wohl gelegt wird, so wird alles auch noch wieder gut werden“: Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Zabern (Elsass), 5. August 1636, zit. n. Droysen, Bernhard, Bd. 1, S. 109.
3 Im Gefolge Schwedens Das Engagement für Schweden brachte für Bernhard den Karrieredurchbruch, und für Schweden war er einer der ersten, willkommenen Partner in Deutschland, in der Folge ein schwieriger, gleichwohl nutzbringender Heerführer. Bernhard nutzte diese Verbindung zu verschiedenen Zwecken: Er erreichte militärische Führungsposten und wurde zu einem Gegenspieler Wallensteins, er erlangte die Position eines regierenden Fürsten und vermehrte sein Vermögen. Zunehmend mehr wurde er von Weimar und seinem Bruder Wilhelm unabhängig, im schwedischen System drängte er ihn in den Hintergrund. Bernhards Aufstieg vollzog sich zugleich medial: Seit der Schlacht von Lützen 1632 begann er die Stelle des protestantischen Helden zu besetzen, die mit dem Tod Gustav Adolfs vakant wurde. Die Literatur hat im Hinblick auf Bernhards Engagement für Schweden vor allem die Bewegungen seiner Truppen, Manöver und seine Kontakte mit der schwedischen Führungsschicht nachgezeichnet;¹ auch Wilhelms Kriegseinsatz ist beleuchtet worden.² Diskutiert worden sind die Kriegsziele des Königsreichs Schweden und dessen Politik in Deutschland wie auf internationaler Ebene.³ Die neuere Forschung betont, neben dem Streben nach der Sicherung einer schwedischen Vorherrschaft im Ostseeraum, den Einfluss von Konzepten universaler Herrschaft;⁴ schon vor dem Kriegseintritt in Deutschland waren in Schweden imperiale Pläne für das Reich diskutiert worden.⁵ Es gab aber keinen Masterplan für den Krieg in Deutschland.⁶ Das Interesse an einer Schwächung der Position des Kaisers einte jedenfalls Gustav Adolf und eine Reihe von Reichsständen. Auch die Ernestiner sahen sich durch die versprochene Unterstützung der Reichsstände angesprochen. Akteure wie Bernhard hatten auf ihre Weise Anteil an der Ausweitung der schwedischen 1 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1; Droysen: Bernhard, Bd. 1. 2 Vgl. Struck: Bündniß; Huschke: Herzog Wilhelm. 3 Vgl. Roberts: Political objectives; Roberts: Gustavus Adolphus; Barudio: Gustav Adolf; Junkelmann: Gustav Adolf; Findeisen: Gustav II. Adolf; Droysen: Gustaf Adolf; Pirimäe: Just War; Lundkvist: Kriegsund Friedensziele; Schilling: Kriegsmanifest; vgl. auch Asche, Dänemark. 4 Vgl. Johannes Burkhardt: Pyramide. Damit ist die Idee des Gotizismus in den Blick gekommen, vgl. Schmidt-Voges: De antiqua claritate; Zellhuber: Weg. 5 Vgl. Stiebing: Bündnispolitik; Lindegreen: If this will continue; Tuchtenhagen: Zentralstaat. 6 Vgl. Roberts: Objectives; Tuchtenhagen: Vorherrschaft, S. 259, spricht von „militärischer und politischer ad hoc-Rationalität“. Ob von vornherein umfangreichere imperiale Überlegungen, die auch die Kaiserkrone und Italien einbezogen, für die schwedische Politik und die schwedischen Militäreinsätze in Deutschland entscheidend waren oder es vielmehr vordringlich um die Sicherung der Vorherrschaft im Ostseeraum ging, die durch das kaiserliche Vordrängen in den Norden gefährdet schien, ist im Hinblick auf Bernhard letztlich nachrangig. https://doi.org/10.1515/9783110701913-004
Orientierung nach Schweden
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Kriegspläne, die Schweden schließlich bis in den süddeutschen Raum brachten und die dazu führten, zeitweise ein möglicherweise anders verfasstes Reich aufscheinen zu lassen. Der schwedische Krieg baute auf den Ehrgeiz schwedischer Parteigänger wie Bernhard auf. Im Mittelpunkt stehen im Folgenden die Rolle Bernhards in der schwedischen Armee und im schwedischen Einflussbereich sowie der Beginn seiner medialen Karriere, die mit der militärischen in engem Wechselverhältnis stand. Sein Aufstieg im schwedischen System war letztlich einem Zufall geschuldet, dem Tod des Königs, mediale Konstruktionen waren daran jedoch maßgeblich beteiligt. Nicht zuletzt entwickelt sich in dieser Zeit das schwierige Verhältnis gerade zu seinem Bruder Wilhelm und damit zu dem Landesherrn in Weimar.
Die Orientierung nach Schweden Als der schwedische König nach seiner Landung in Usedom im Juli 1630 Verbündete in Deutschland gewinnen wollte, gehörten die Weimarer zu den ersten, die seine Nähe suchten.⁷ Schon vor 1630 hatten Bernhard und Hessen-Kassel Sondierungsgespräche mit Schweden geführt.⁸ Sie konnten auf die vielfältigen Beziehungen zwischen Schweden und Reichsständen vor dem Dreißigjährigen Krieg aufbauen. Jetzt reiste Bernhard zu Gustav Adolfs Lager in Werben in der Mark Brandenburg, und der König sicherte ihm die Stelle eines Obristen zu.⁹ Andere protestantische Reichsstände zögerten, weil sie in Schweden selbst eine Bedrohung für das Reich sahen. Die prohabsburgische Publizistik hat diese Bedenken und Stimmungen später zu stärken gesucht.¹⁰ Wenn die katholische Geschichtsschreibung der Aufklärung den Ernestinern aus reichspatriotischer Perspektive vorwarf, sie hätten sich dem schwedischen König „fast unbedingt in die Arme geworfen“,¹¹ ist das fast richtig. Die Weimarer sahen eine neue Chance, ihre Position zu verbessern; und Bernhard hatte ein Anschlussengagement. Auch Mitarbeiter der Herzöge gingen so 7 Neben dem Landgrafen von Hessen-Kassel und dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg, vgl. Kampmann: Europa, S. 75; Weiand: Hessen-Kassel; bis zum Jahresende 1630 stellten sich auch der Regent von Württemberg, die Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, die Reichsstadt Nürnberg und der fränkische Reichskreis unter schwedische Protektion. 8 Bei einem Treffen mit dem schwedischen Hofmarschall Falkenberg in den Niederlanden im Juli 1629 ging es auch um ein niederländisch-schwedisches Bündnis gegen Habsburg; der Kontakt zwischen Bernhard und Falkenberg blieb bestehen, vgl. Bernhard v. Weimar an Dietrich v. Falkenberg, Amsterdam, 30. [Monat unbekannt, 1630], in: Tümmler, Briefe, S. 308 – 311. 9 Vgl. Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, o.S. 10 Vgl. Liemandt: Reaktion, S. 73. 11 Schmidt: Neuere Geschichte der Deutschen, Bd. 9, S. 49; vgl. Puschner: Schmidt, Michael Ignaz.
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3 Im Gefolge Schwedens
zahlreich in Kriegsdienste, dass es in der Weimarer Hofhaltung „leer“ wurde.¹² Allerdings betrachteten auch die Weimarer Brüder, die sich prinzipiell am Reich orientieren mussten, Schweden als auswärtige Macht. Bernhard hat dieses Argument nicht zuletzt im Heilbronner Bund vorgebracht.¹³ Die Positionen auf protestantischer Seite änderten sich mit dem Kriegsgeschehen. Im Sommer 1630 erklärte Kursachsen, die Rüstung eines protestantischen Heeres zu unterstützen;¹⁴ der Dresdner Oberhofprediger Hoë von Hoënegg plädierte für die Zusammenarbeit mit den Reformierten, weil die Protestanten für die römische Kirche allesamt Ketzer seien.¹⁵ Das war auch ein Argument Bernhards. Fast alle protestantischen Reichsstände nahmen am Leipziger Konvent im Frühjahr 1631 teil, bei dem erneut eine Sammlung gegen den Kaiser organisiert werden sollte.¹⁶ Der sächsische Kurfürst wollte gleichwohl dem Kaiser verbunden bleiben und ein Bündnis mit Schweden verhindern und legte die bisherigen Konflikte als Landfriedensproblem aus. Sachsen-Weimar erinnerte an den Schmalkaldischen Bund und forderte ein militärisches Vorgehen gegen die kaiserliche Armee.¹⁷ Der Leipziger Schluß sah auch die Aufstellung einer Armee vor, betonte aber die Bindung an das Reichsrecht.¹⁸ Dieses Projekt einer „Mittelpartei“ hatte aber keinen Erfolg. Nicht zuletzt Bernhard und Wilhelm von Sachsen-Weimar verfolgten ihre Ziele weiter. Bereits kurz nach dem Leipziger Konvent unterzeichnete Bernhard im Auftrag Wilhelms den Reinhardsbrunner Rezess. Wilhelm wurde darin vom schwedischen König bevollmächtigt, Truppen im obersächsischen, niedersächsischen, fränkischen und schwäbischen Kreis zu werben;¹⁹ Sachsen-Weimar und der Landgraf von Hessen-Kassel planten einen Bündnisvertrag mit Schweden.²⁰ 12 Vgl. Besoldung einiger vom Hof abwesender und in anderweitge Kriegsdienste gegangener Offiziere (1632), LATh-HStA Weimar, Bestand Dienersachen, Sign. B 24802, Dok. 2. 13 Vgl. Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 2, S. 118 ff. 14 Vgl. Struck: Bündnis, S. 31 f. und Anm. 1. 15 Vgl. Sommer: Legitimierung, S. 42. 16 Zum Leipziger Konvent u. a. Kaufmann: Dreißigjähriger Krieg, v. a. S. 34 – 37. 17 Vgl. Weimarer Rüstungs- und Allianzvotum zum Leipziger Konvent, Leipzig, 7. März 1631, zit. n. Stiebing, Bündnispolitik, Quellenteil, Dok. 4. 18 Vgl. Lundorp: Actorum Publicorum, Bd. 3, Dok. 58 (Leipziger Schluß).; ein Bündnis defensiv zu formulieren und mit ungleichen Kräften in einem politischen System zu argumentieren, war üblich: Kaiser: Bündnis; für Wien verstieß der Leipziger Schluß gegen das Reichsrecht. 19 Vgl. Reinhardsbrunner Rezess, Reinhardsbrunn, 8. April 1631, in: Struck, Bündnis, Nr. 3, XXI. 20 Vgl. Vertrag zwischen Weimar und Hessen betreffs ihrer an Schweden zu stellenden Bedingungen, Kassel, 22. April/ 2. Mai, in: Struck: Bündnis, Nr. 4, XXII – XXVIII; Bündniß=Vorschlag von Seiten Weimars und Hessen=Cassels an Schweden, in: ebd., Nr. 5, XXVIII – XXXIV. Reichsstände gingen im Alten Reich immer wieder Bündnisse mit auswärtigen Mächten ein, wenngleich ihr Bündnisrecht (solange das Bündnis nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet war) erst im Westfälischen Frieden verfassungsrechtlich verankert wurde, vgl. RPO, Art.VIII § 2, in: Oschmann, Acta Pacis
Als schwedischer Befehlshaber
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Die Ernestiner als schwedische Befehlshaber Wilhelm hoffte, die mainzischen Gebiete in Thüringen, das Eichsfeld und insbesondere Erfurt, für Sachsen-Weimar zu gewinnen.²¹ Bernhard wollte in der schwedischen Armee Karriere machen. Mit Schweden schien auch sein Plan umsetzbar, Bayern als Führer der Liga und den Kaiser in ihren eigenen Territorien bzw. Stammlanden anzugreifen, um einen Friedensschluss zu erreichen. Für Gustav Adolf hingegen waren die ernestinischen Gebiete zum einen geographisch im Hinblick auf einen Vormarsch gen Süden und die Verteidigung gegen die Truppen des Kaisers und der Liga relevant. Zum anderen war der König am Kurfürstentum Mainz interessiert, das ihm die Reichsstandschaft hätte bringen können. Erfurt und das Eichsfeld schienen hier mögliche „Einfallstore“. Zudem boten die Ernestiner sich ja als einsatzwillige Gefolgsleute an. Tatsächlich machte Gustav Adolf Wilhelm zu seinem Statthalter für Thüringen, das der König möglicherweise als zukünftige Provinz Schwedens sah.²² Wilhelm leistete einen Eid auf Gustav Adolf als Landesherren.²³ Mit seinem Verhältnis zum Kaiser war das nicht vereinbar. Im Mai 1632 wurde Wilhelm auch schwedischer Generalleutnant,²⁴ er sollte für den König Truppen sammeln und die schwedische Herrschaft in Thüringen absichern; umfassendere Entscheidungsmöglichkeiten hatte er aber nicht.²⁵ Bernhard erreichte bereits im April 1632 das Generalat. Solche Positionen übergab der König keineswegs jedem hochadligen Parteigänger. Dem „Winterkönig“, der der schwedischen Armee im Februar 1632 beitrat, verweigerte der König die gewünschten Truppen und erklärte ihm offen, um deren Ruin zu fürchten.²⁶
Westphalicae, Serie 3, Abt. B, Bd. 1, Tl. 1: Urkunden; Fassbender: Bündnisrecht; in der zweiten Jahreshälfte 1631 kam es tatsächlich zu einem Vertrag zwischen Schweden und Wilhelm, Albrecht, Ernst und Bernhard (datiert Erfurt, 26. September 1631), der aber nicht vom König unterzeichnet wurde, abgedruckt in: Rydberg/Hallendorff, Sverges traktater, Bd. 5,1, S. 538 – 550; zu Verträgen Gustav Adolfs mit Reichsständen: Burkhardt: Dreißigjährige Krieg, S. 103; Tuchtenhagen: Herrschaft, S. 243 f. 21 Vgl. Huschke: Herzog. 22 Vgl. Weiand: Hessen-Kassel, S. 66 – 71 zu schwedischen Umbauplänen für das Reich. 23 Vgl. Stiebing: Entscheidungsfindung. 24 Vgl. Ernennung Herzog Wilhelms von Sachsen-Weimar zum General-Lieutenant, Memmingen, 26. Mai 1632, in: Droysen, Schriftstücke, S. 182 f. 25 Vgl. Huschke: Herzog, S. 58. 26 Vgl. Friedrich V. von der Pfalz an Elisabeth Stuart, Lorsch, 18. März 1632, in: Akkerman, Correspondence, Bd. 2, S. 41 – 45, hier S. 42.
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3 Im Gefolge Schwedens
Die ersten Kriegszüge für Schweden In diesen Jahren im schwedischen Militärdienst war Bernhard in weiten Teilen des Reichs im Einsatz. Er hatte zunächst Krieg in Hessen geführt;²⁷ seit der Schlacht von Breitenfeld im September 1631 war er an den größeren schwedischen Kriegszügen beteiligt. Breitenfeld „schien der Beginn einer Schwedisierung Deutschlands“.²⁸ Das verstärkte Bernhards Interesse am König weiter. Bei Breitenfeld wirkte auch Johann Georg I. von Sachsen als neuer Bundesgenosse des Königs mit. Er brauchte Bernhard jetzt zumindest zeitweise, so als Wallenstein und Pappenheim die wettinischen Territorien bedrohten, jetzt sollten die Truppen des Kurfürsten mit denen Bernhards und Herzog Georgs von Lüneburg vereint werden.²⁹ Teilweise führte Bernhard kursächsische Regimenter, einvernehmlich wurde das Verhältnis gleichwohl nie.³⁰ Bernhards wichtigste Stationen nach Breitenfeld waren Würzburg und Schweinfurt, dann die gesamte Maingegend; Frankfurt und Mainz wurden eingenommen, letzteres wurde zur Winterresidenz des Königs. Der Herzog führte anschließend Krieg im Rheingau, wo er unter anderem Oppenheim gewann, und in der Pfalz, wo ihm die Einnahme Frankenthals, Speyers, Germersheims und Mannheims gelang. Als Gustav Adolf im März 1632 Wallensteins wegen Richtung Bayern zog, blieben Bernhard und Pfalzgraf Christian von Birkenfeld am Rhein, um die Spanier, die das Moselgebiet besetzt hatten, am weiteren Vordringen zu hindern.³¹ Im Sommer führte Bernhard Krieg in Schwaben, das von den schwedischen Truppen, mit der Ausnahme Lindaus, ganz erobert wurde. Banér und Bernhard rückten auf den Bodensee zu. Damit waren der Bregenzer und der Breisacher Pass gefährdet, der Weg in die Schweiz schien offen zu stehen.³² Nach dem Zug des Königs nach Nürnberg wurde es in der Gegend ruhiger, doch schon Ende September
27 Er nahm das zu Kurmainz gehörende Fritzlar, die Abteien Hersfeld und Fulda und kurmainzische Städte im Eichsfeld ein. 28 Mann: Krieg, S. 10. 29 Im Herbst 1632, vgl. u. a. Johann Georg v. Sachsen an Bernhard v. Weimar, Dresden, 11. November 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346b, Bl. 36r. – 37r. 30 So sagte der Kurfürst Bernhard die Lieferung von Munition zu, zog aber gleichzeitig kursächsische Regimenter bei ihm ab, vgl. bsp. Johann Georg v. Sachsen an Bernhard v. Weimar, Dresden, 28. November 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346b, Bl. 50r. – 53r. 31 Zu den Spaniern in der Pfalz Egler: Spanier. 32 Ein Bündnis mit den protestantischen Kantonen, das später auch Bernhard anstrebte, hätte Gustav Adolf absichern können, vgl. Jost Bircher und Ludwig Hartmann (Luzerner Gesandte) an die Regierung von Luzern, Baden, 27. Juni 1632, in: Bitterli, Franz Peter König, S. 230 – 233, hier S. 231; Franz Peter König an die Regierung von Luzern, Lindau, 29. Juni 1632, in: ebd., S. 233 ff.; Ders. an Dies., Lindau, 9. Mai 1632, in: ebd., S. 215 ff.; über diesen schwedischen Krieg im deutschen Südwesten liegen nur Orts- und Regionalstudien vor; sie machen jedoch deutlich, wie angespannt die Lage war.
Erste Kriegszüge für Schweden
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1632 ging man auf kaiserlicher Seite erneut davon aus, dass Bernhard für Schweden versuchen werde, Lindau einzunehmen und zum Stützpunkt zu machen.³³ Beim Angriff auf Wallensteins Lager bei Nürnberg (September 1632) kommandierte Bernhard erfolgreich einen Heeresflügel. Während der König danach Richtung Bodensee zog, blieb er in Franken und trat an die Stelle Wilhelms, der erkrankt war. Seine Aufgabe war es, den Main und Franken zu sichern, wenn erforderlich auch Kursachsen.³⁴ Franken, das seit dem Herbst 1631 unter schwedischer Kontrolle war,³⁵ kam eine zentrale Bedeutung im Krieg Schwedens zu, insbesondere dem Stift wie der Stadt Würzburg mit ihrer Festung. Breche der Feind in Würzburg ein, erklärte Gustav Adolf, sei das „Haubtwerck“ bedroht, „Vnnser status vnndt basis des krieges“, die Positionen an der Elbe, der Saale und der Altmühl.³⁶ Bernhard erhielt in Franken weitergehende Vollmachten: Bei den Musterungen sollte er sich zwar nach dem schwedischen Generalstatthalter in Franken, Graf Kraft zu Hohenlohe, richten. Ihm wurde jedoch „die General direction“ im Fränkischen Kreis übertragen. Damit war er den dortigen schwedischen Statthaltern, Kommandanten und Bedienten übergeordnet.³⁷ Das war ein erster Schritt zu seiner späteren Position in Franken. Er strebte weitere Befugnisse an. Gustav Adolf hatte die vorgefundene Verwaltungs- und Behördenstruktur in Würzburg weitergeführt und um einen Kriegsrat ergänzt.³⁸ Bernhard wollte diesem gegenüber nun weisungsbefugt werden. Dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna gegenüber argumentierte er, es gehe darum, die zahlreichen Kompetenzstreitigkeiten zu beenden, die dazu führten, dass die Armeeversorgung nicht funktioniere, die Soldaten
33 Zumindest Teile der Lindauer Bürgerschaft standen einer Übergabe an Schweden nicht ablehnend gegenüber, vgl. Ratsprotokoll der Stadt Lindau, 10. Mai 1632, in: Bitterli, Franz Peter König, S. 217; Ratsprotokoll der Stadt Lindau, 15. Oktober 1632, in: ebd., S. 265 f.; Franz Peter König an die Regierung von Luzern, 1. November 1632, in: ebd., S. 271 f. Gemutmaßt wurde auch, Bernhard könne auf Schweizer Hilfe zurückgreifen, vgl. Bericht eines Informanten von Oberst König, Ulm, 13. Oktober 1632 in: ebd., S. 263 ff., hier S. 265. 34 Ggf. sollte er auch einen Zug Pappenheims an den Rhein verhindern: Gustaf Adolf von Schweden: Königliches Memoriale für die Herzöge Wilhelm und Bernhard v. Sachsen-Weimar, Windheim, 21. September 1632, in: Droysen: Schriftstücke, S. 185 ff., hier S. 187. 35 Vgl. Engerisser: Kronach. Gustav Adolf hatte sich am 26. Oktober 1631 im Hochstift Würzburg huldigen lassen, vgl. Romberg: Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Würzburg, Bd. 7: Die Würzburger Bischöfe von 1617– 1684, S. 251. 36 Gustav Adolf an Wilhelm von Sachsen-Weimar, Frankfurt a. M., 2. März 1632, in: Droysen, Schriftstücke, S. 178 ff., hier S. 179; Ders. an Dens., Frankfurt a. M., 2. Februar 1632, in: ebd., S. 174 ff., Zitat S. 175. 37 Gustaf Adolf von Schweden: Königliches Memoriale für die Herzöge Wilhelm und Bernhard v. Sachsen-Weimar, Windheim, 21. September 1632, in: Droysen, Schriftstücke, S. 185 ff., hier S. 187. 38 Vgl. Deinert: Epoche, S. 67– 81; die zentrale Behörde blieb die Würzburger Kanzlei, nur der Geheime Rat entfiel: Weber: Würzburg, S. 61.
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„unwillig“ seien und es den hohen Offizieren an „respect“ fehle. Selbst bei seiner Anwesenheit versuche der Rat, Befehle zu erteilen; die dortigen Juristen verständen aber nichts vom Militär.³⁹ Bernhard hatte schließlich Erfolg. Den Kurs, Aufgaben in seiner Person zu bündeln und zu zentralisieren, sollte er fortsetzen. Schon Anfang 1633 wurde auch von Gerüchten gesprochen, das Stift Würzburg komme an die Ernestiner.⁴⁰
Lützen Zum Feldzug gegen Wallenstein gehörte die Schlacht bei Lützen am 16. November 1632.⁴¹ Auf beiden Seiten, der kaiserlichen wie der schwedischen, starben Tausende Soldaten,⁴² aber es war der Tod Gustav Adolfs, der das Geschehen im Nachhinein zum Ereignis machte. Für Bernhard wurde Lützen zum eigentlichen Startpunkt seiner Karriere, weil er die Situation nutzen und wenden konnte. Er kommandierte die Kavallerie des linken Flügels und stand Wallenstein gegenüber.⁴³ Als offensichtlich wurde, dass der König ausgefallen war, übernahm er den Oberbefehl.⁴⁴ Militärisch war, wie nicht selten, zunächst nicht sicher, wer die Schlacht gewonnen hatte,⁴⁵ die Informations- und Nachrichtenlage war uneindeutig. In der Publizistik wurde die Nachricht vom Tod des Königs anfänglich bewusst zurückgehalten, um Unruhen zu verhindern; wo Gerüchte in Umlauf waren, versuchte man diesen entgegenzutreten.⁴⁶ Rasch präsentierte die proschwedische Seite Lützen jedoch publizistisch als ihren Sieg, mit Bernhard als wichtigem Akteur darin. Das Lied „Duplex victoria“ verkündete, Gustaf Adolf und Bernhard hätten Wallenstein überragend geschlagen; eine solche Schlacht habe es „in hundert Jahrn“ nicht ge-
39 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Fürth, 20. März 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 36 f. 40 Vgl. Sigismund Heusner v. Wandersleben an Wilhelm v. Weimar, 27. Januar 1633, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 306, Bl. 43r. 41 Vgl. Droysen: Schriftstücke; Seidler: Khevenhüllers Bericht; Schmidt: Dreißigjährige Krieg, S. 54; Olesen: Machtstaat, S. 59 f. 42 Zur Trauer darüber vgl. u. a. Medick: Krieg, S. 265 – 268. 43 Vgl. Holks Bericht über die Schlacht bei Lützen, in: Lorenz, Quellen, S. 253. 44 Vgl. Wedgwood: Krieg, S. 286 f. 45 Vgl. bsp. Pier Luigi Carafa an Barberini, Lüttich, 10. Dezember 1632, in: Wijnhoven, Nuntiaturberichte, Bd. VII, 3, S. 453 f., hier S. 454; Montecuccoli: Concerning Battle, S. 160. 46 Kaspar Stieler riet in diesem Sinne später, ‚verfängliche‘ Nachrichten nicht zu drucken: Stieler: Zeitungs Lust.
Nachfolger Gustav Adolfs
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geben.⁴⁷ Nachdem der Tod Gustav Adolfs bekannt geworden war, kam die Darstellung auf, dass der Weimarer Herzog den Sieg für Schweden errungen habe.⁴⁸ Entscheidend war die Behauptung des Sieges: Die feindlichen Koalitionen sollten so gestört und die Neutralen gewonnen werden.⁴⁹
Das Gustav Adolf-Nachfolgeschema Der Tod des Königs riss auch ideologisch eine erhebliche Lücke, schließlich war Gustav Adolph im protestantischen Europa verehrt und gerade in Flugschriften massiv heroisiert worden.⁵⁰ Nach seinem Sterben erreichte seine Darstellung als heldenhafter Krieger im göttlichen Auftrag und Schutzherr der Protestanten sogar einen Höhepunkt, bis hin zur Quasi-Vergöttlichung,⁵¹ aber die schwedische Partei brauchte das „Versprechen eines neuen Helden“, den Gott sende.⁵² Er sollte Hoffnungen auf einen weiteren Siegeszug bündeln, Fragen nach der Legitimation des schwedischen Krieges in den Hintergrund drängen und vermitteln, dass dieser Krieg im deutschen Interesse liege. Auch auf protestantischer Seite stand mit dem Tod Gustav Adolfs die Erwartung im Raum, die schwedische Macht werde zusammenbrechen, was angesichts der schwedischen Machtambitionen bei manchen protestantischen Ständen mit einer gewissen Erleichterung einherging.⁵³ Bernhard gewann aber durch seine gestiegene militärische Reputation und die Unzufriedenheit vieler deutscher Fürsten mit Schweden Sympathien.⁵⁴ Um Bernhard als Nachfolger Gustav Adolfs darzustellen, malte die Publizistik seine Kommandoübernahme aus: Sobald er vom Tod Gustav Adolfs erfahren habe, habe er „heroisch“ erklärt, selbst „nicht länger leben“ zu wollen und sei „mit sol-
47 Der Tod des Königs findet hier noch keine Erwähnung, vielmehr fälschlicherweise der Tod anderer Befehlshaber: Duplex victoria, in: Becher, Tränen, S. 411 – 415, Zitate S. 414 f. 48 Vgl. bsp. Warhaffte und eygentliche Relation/ Von der blutigen Schlacht … bey Lützen. 49 Vgl. Montecuccoli: Battle, S. 164: Auch „states measure friendship (…) in terms (…) of success“; zur Rolle der Medien auch Detering: Event. 50 Vgl. Schmidt: Leu; Hämmerle: Löw; Heyde: Kunstpolitik; Meid: Krieg, S. 51 – 59; zur Verehrung Gustav Adolfs hatte Camerarius beigetragen: Schubert: Ludwig Camerarius, S. 356. 51 Vgl. Medick: Krieg, S. 295 – 312; auch in der Folge wurde der König in den bekannten Mustern präsentiert: Aurnhammer: Held; Liemandt: Reaktion, S. 48; Reichel/Schuberth: Gustav Adolf; Tschopp: Deutungsmuster. Sein Geist sollte noch auf Friedrich II. von Preußen übergehen, vgl. Driesen: Geist. 52 Liemandt: Reaktion, S. 176; vgl. Continuatio durch Pommern. 53 Vgl. Schmidt: Neuere Geschichte der Deutschen, Bd. 9, S. 50. 54 Das wurde auch auf schwedischer Seite wahrgenommen: „Le coeur est infailliblement devenu plus grand au duc Bernhard“: Laurens Nicolai an Axel Oxenstierna, Dresden, 14./ 24. Mai 1633, in: Irmer, Verhandlungen, Bd. 2, S. 158 ff., hier S. 159.
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chem Heldenmuth in den Feind gesetzt/ daß nicht gnugsam zu beschreiben“.⁵⁵ Es ersetzte nicht das erste Mal ein Hoffnungsträger des Krieges den anderen: Vor Gustav Adolf waren Friedrich V. von der Pfalz und der dänische König Christian IV. als „Löwen aus Mitternacht“ gehandelt worden.⁵⁶ Eine Flugschrift behauptete, selbst der Papst sehe in Bernhard einen Gustav Adolf vergleichbaren Nachfolger.⁵⁷ Vielfach wurden Gemeinsamkeiten des Königs und des Herzogs in der Kriegsführung, im Charakter und in der Frömmigkeit betont. Lützen stand in diesem Nachfolgeschema für die Ähnlichkeit und der Einfluss der beiden aufeinander, hier verbanden sich ihre Schicksale. Die angebliche Ähnlichkeit ging bis zur Physiognomie.⁵⁸ Noch nach Bernhards Tod 1639 setzte sich dieses Deutungsschema fort: Bei Georg Greflinger ging Bernhard aus dem Blut des „Pelikans“ Gustav Adolf hervor;⁵⁹ der Straßburger Lehrer und Schriftsteller Samuel Gloner ließ beide gegen den Antichristen antreten.⁶⁰ Johann Adler Salvius warnte allerdings vor der Überhöhung menschlicher Akteure: Der Tod Bernhards zeige, dass sich die menschlichen Hoffnungen allein auf Gott richten sollten.⁶¹ Für die lutherisch-konfessionelle Selbstvergewisserung und Erinnerungskultur war die enge Kopplung der beiden Figuren jedoch weiterhin nützlich, noch das 18. und 19. Jahrhundert kannten das Motiv.⁶² Zunehmend wurde die religiös-konfessionelle Deutung aber von einer auf das politisch-militärische Können konzentrierten Deutung abgelöst – so bezeichnete die Schriftstellerin Elizabeth Benger Bernhard als ebenso „brilliant in the cabinet and in the field“ wie Gustav Adolf. „In all but excessive personal ambition“ sei er „a second hero of the north“ gewesen.⁶³
55 Warhaffte und eygentliche Relation/ Von der blutigen Schlacht … bey Lützen, S. 8; ähnlich liest sich die Szene noch bei Greflinger: Krieg, S. 73: „Das Haupt ist todt/ wir wollen auch nicht leben/ Ihr Brüder (…) greifft seinen Würger an/ wie meine Rechte thut“, ruft Bernhard hier. 56 Vgl. Mörke: Schwede, S. 85; bei Lungwitz: Heldenthaten, Bl. A IIr.-A IIv., sendet Gott sogar zehn neue Helden für Gustav Adolf, darunter Bernhard. 57 Vgl. Relation vom 6.16. Decembris des 1632. Jahres, [vgl. 1. Textseite nach Titel]. 58 Vgl. Eigendliche Abbildung vnd Warhafftige Beschreibung Der grossen vnd blutigen Schlacht … Lützen, Bernhard scheint mit dem dunkleren und längeren Haar lediglich jünger. 59 Greflinger: Krieg, S. 75, mit Anleihen am Opfertod Christi’; Greflinger bezog dies ebenso auf Oxenstierna. 60 Vgl. Gloner: Klagschrift, S. 3 f., 7, 9, 23; dieses Motiv hatte ansonsten seit 1632 an Einfluss verloren. 61 Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 2. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Bd. 10, S. 498 f., hier S. 498; auch Salvius nannte Bernhard den Nachfolger Gustav Adolfs. 62 Vgl. Ackermann: Herzog Bernhard im Zwiespalt. 63 Vgl. Benger: Memoirs, S. 305, 341; unter militärisch-politischem Aspekt: [Anonym:] Militärische Biographien, S. 239.
Nachfolger Gustav Adolfs
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Abb. 2: Gustav Adolf und Bernhard von Weimar: Eigendliche Abbildung vnd Warhafftige Beschreibung Der grossen vnd blutigen Schlacht/ so zwischen Königl. Maj. Zu Schweden vnd dem Keyserl. General von Wallenstein/ den 6. Novembris, Anno 1632. Bey dem Städtlein Lützen/ 2. Meil von Leipzig vorgangen [o. O., ca. 1632], Flugblatt.
Bernhards Karriere war seit Lützen auch eine Karriere in der Öffentlichkeit. Gegenüber anderen schwedischen Heerführern hatte er im Reich den Vorteil, ein deutscher Fürst zu sein, keine von außen ins Reich kommende Macht. Das Erklärungsmuster und Postulat, die deutschen Protestanten hätten den Krieg im Sinne Gustav Adolfs, der sich für sie geopfert habe, fortzusetzen,⁶⁴ konnte in seiner Per-
64 Vgl. Regii Manes/ Der Glorwürdigsten Koenig. Majestät zu Schweden; Milch: Gustav Adolf; vgl. eine Bernhard gewidmete Schrift, die eine Gedenkmedaille zum Tod Gustav Adolphs vorstellte: Triumphi Gustaviani Typo Cupreo Delineati explicatio [vermutlich 1632 – 1634], in: Harms, Deutsche Illustrierte Flugblätter, Bd. 4, S. 286 f.
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son eine Antwort finden.⁶⁵ Freilich sind die auf den Weimarer Herzog projizierten Hoffnungen nicht derart überhöht worden wie im Falle des Königs. Bernhard musste dieses Nachfolge-Muster für seine Ambitionen und die Loslösung von Weimar zupasskommen. Es konnte sich aber letztlich nur erfolgreich etablieren, weil er militärische Erfolge errang, die die Propaganda aufgreifen und ausbauen konnte.⁶⁶ Das von Bernhard vermittelte Bild musste auch seine Wahrnehmung bei den Soldaten beeinflussen: Einem erfolgreichen, durchsetzungsfähigen Heerführer war die Führung (weiterhin) zuzutrauen. In der öffentlichen Wahrnehmung hatte er auch mit Wallenstein zu konkurrieren.⁶⁷
Die Kommandofrage Die schwedische Politik stand durch den Tod Gustav Adolfs vor grundlegenden Problemen. Es war offen, wer das Heer befehligen und wer die politische Leitung in der Hand haben sollte und ob diese Funktionen in einer Person zu vereinigen seien, wie die teils hochgesteckten Erwartungen an Schweden befriedigt und mit welchen Kriegszielen weitergekämpft werden sollte. Reichskanzler Oxenstierna führte die politischen Geschäfte in Deutschland weiter und hatte vom schwedischen Reichstag die Vollmacht über Krieg und Frieden. Für Oxenstierna, der über langjährige Erfahrung im politischen Geschäft verfügte und Deutschland bereits aus seiner Studienzeit kannte, musste es zumindest darum gehen, keine Positionsverluste im Reich zu erleiden und die gewonnenen Gebiete in Norddeutschland und im Mainzer Raum ebenso zu sichern wie die Führungsrolle Schwedens für die deutschen Protestanten.⁶⁸
65 Auch Wicquefort, der allerdings inzwischen für Bernhard arbeitete, nannte ihn einen Nachfolger des Königs: Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 23. März 1638, LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 191r. – 193r., hier Bl. 191r. 66 Mörke: Schwede, S. 84; so mit der Einnahme Regensburgs oder Speyers, vgl. Lob vnd Danckgebet, So bey Glücklicher Eroberung, der löblichen, wie auch lang betrangten ReichsStatt Regenspurg; Wahrhafftiger Bericht/ welcher Gestalt die Stadt Speyer Ihre Fürstlich Gnaden Hertzog Bernhard/ Von Weimar … einbekommen. 67 Zu seiner internationalen Bekanntheit trug auch die Publikation einer ihm gewidmeten Karte durch Joan Blaeu in Amsterdam bei, zumal die niederländischen Kartenproduzenten den Markt dominierten, vgl. Adolar Erich/Joan Blaeu: Thyvringia Landgraviatus (1635), Bad Langensalza [ca. 2001]; die Karte erlebte zahlreiche Auflagen, um 1670 erneut mit der Widmung an den Herzog und Wicquefort. 68 Auch war zunächst offen, welche Rolle der Kurfürst von Sachsen jetzt einnehmen könnte. Durch den Konvent von Heilbronn 1633 konnte der Reichskanzler die Frage der Führungsrolle im
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Auch die Führung des schwedischen Heeres musste neu geregelt werden. Gustav Adolfs Sekretär Heinrich Schwalenberg hoffte, dass „die schadliche competentzen undt jalousien verbleiben“.⁶⁹ Mit den Weimarer Brüdern,⁷⁰ Horn,⁷¹ Banér, Wilhelm von Hessen-Kassel und Lennart Torstensson gab es aber verschiedene Anwärter. Wilhelm war aus schwedischer Perspektive weniger kriegswichtig als sein jüngerer Bruder, auch wenn die von Bernhard geführten Truppen keineswegs stets Furcht auf Seiten des Gegners hervorriefen.⁷² Bernhard hatte bereits vor Lützen Ansprüche auf ein eigenständiges Kommando erhoben und strebte jetzt die Führung im schwedischen Heer an, mindestens aber die Unabhängigkeit und Gleichstellung mit Graf Horn.⁷³ Er war sich seiner Fähigkeiten bewusst, tendenziell überschätzte er sie vielleicht. Maßgeblich war sein Machtstreben, und er wusste, dass Schweden ihn brauchte. Mit Gustav Adolf sei der„Hirte“ gegangen, schrieb er Ludwig von Anhalt-Köthen, doch Gott habe den Sieg geschenkt und er (Bernhard) die Kämpfe wenden können. Er besitze „die affecten Der Soldatten“ und „halte (…) die arme [sic] noch gott lob beysamen“.⁷⁴ Für den venezianischen Botschafter Sebastian Venier zählte Bernhard zu den wenigen deutschen Fürsten von „qualità“ und „spirito“.⁷⁵ Gegen ihn sprach allerdings nicht zuletzt sein als schwierig geltender Charakter.⁷⁶ Bernhard habe große Qualitäten, soll Oxenstierna 1634 erklärt haben, sein Ehrgeiz, „son ambition et son imagination“, aber seien grenzenlos. Es gehe ihm
schwedisch-protestantischen Verbund in Deutschland klar für sich entscheiden: Wedgwood: Krieg, S. 296 f. 69 Heinrich Schwalenberg an Gustav Horn, Erfurt, 12./22. November 1632, in: Hallwich, Briefe, Bd. 3, S. 522 f. 70 Wilhelm stand die militärische Leitung als offiziellem Stellvertreter des Königs im Kommando zu, aber er blieb Generalleutnant, allerdings hatte er sich hatte, angeblich aus Gesundheitsgründen, im September 1632 von der Armee zurückgezogen, wohl weil er die erhofften Belehnungen nicht erhalten hatte, für ihn führten Bernhard und Generalmajor Knyphausen die Armee. 71 Horn, der ebenfalls in Deutschland studiert hatte und in diplomatischer Mission in Deutschland gewesen war, war Oxenstiernas Schwiegersohn und bereits seit 1628 Feldmarschall. 72 Vgl. Pier Luigi Carafa an Barberini, Lüttich, 3. Dezember 1632, in: Wijnhoven, Nuntiaturberichte. Die Kölner Nuntiatur. Bd. VII, S. 450 f., hier S. 451. 73 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 174 f.; Ritter: Deutsche Geschichte, S. 557; Wedgwood: Krieg, S. 321; Gerüchten zufolge habe er erklärt, „daß ein deutscher Fürst zehn schwedische Adelige aufwiege“. 74 Bernhard v. Weimar an Ludwig zu Anhalt-Köthen, Grimma, 14. November 1632, in: Stock, Briefe, S. 103 f.; Ders. an Dens., Altenburg, 29. November 1632, in: ebd., S. 104. 75 Vgl. Bericht des Sebastian Venier über seinen Aufenthalt beim Reichstag zu Regensburg, in: Fiedler, Relationen, S. 164. 76 Wedgwood: Krieg, S. 320, vgl. S. 321.
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darum, dass „tout l’honneur lui revienne de tout ce qui se fait“.⁷⁷ Immer wieder geriet er mit anderen Heerführern im eigenen Lager in Konflikt; auch in diesen Konflikten begründete sich sein Ruf, wenig verträglich zu sein. Zudem sieht nicht nur die Forschung Bernhards Neigung zu riskanten Manövern;⁷⁸ bereits zeitgenössisch galt er als auf den Kampf drängend und ungestüm, was ambivalent bewertet wurde. Eine englische Schrift lässt Bernhard den König entsprechend bei Lützen zum Kampf anspornen: „The fierie Duke (…) whose burning courage could not brook delayes“, ergreift hier bei einer Beratung der schwedischen Militärführung im Vorfeld ungeduldig das Wort, und seine Rede wirkt „like oyl pour’d on the greedie fire/ Made Great GUSTAVUS burn with fiercer ire“.⁷⁹ Eine Übergabe des Oberkommandos an Bernhard lehnte zudem Kursachsen ab. Für den päpstlichen Nuntius Carafa – für den eine starke Rolle des sächsischen Kurfürsten einer Machtsteigerung der Ernestiner klar vorzuziehen sein musste – stand dahinter die Sorge, dass Bernhard, ausgestattet mit dem Oberbefehl über die Armee, den Kurfürsten aus seinen Ländern vertreiben und sich selbst zum Herrn über sie machen könne, um damit die Position einzunehmen, die seine Vorfahren bis zu ihrer „Rebellion“ gegen Karl V. innegehabt hätten.⁸⁰ Über das Kommando sollte auf einem Konvent der Verbündeten entschieden werden, der schließlich in Heilbronn stattfand. In dem im April 1633 gegründeten Heilbronner Bund, der die protestantischen Stände mit Schweden vereinte und die Kosten auf die deutschen Verbündeten umlegen sollte, der aber auch den Krieg gegen Spanien in Übersee diskutierte,⁸¹ blieb der Oberbefehl bei Wilhelm und Oxenstierna.⁸² Der teilneh-
77 Dass „ihm die ganze Ehre von allem, was getan wird, zukomme“, LATh-HStA Weimar, Sammlungen, F 43, Bl. 34v. 78 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 603; Wedgwood: Krieg, S. 321; Altmann: Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel, S. 182. 79 Russell: Pitcht Battels, S. 39 f.; auch die Nördlinger Niederlage sollte auf diese Eigenschaft des Herzogs zurückgeführt werden, noch Fassmann: Gespräche, S. 886. 80 Vgl. Pier Luigi Carafa an Barberini, Lüttich, 16. Januar 1633, in: Wijnhoven, Nuntiaturberichte, Bd. VII, 4, S. 8 – 13, hier S. 11 („Se il Duca Bernardo si trovasse libero il comando dell’armi, potria cacciar l’Elettore dalli suoi stati e renderne se stesso padrone, come quelli ch’erano della sua linea e che le furono levati per occasioni di rebellione da Carlo Quinto“). 81 Vgl. Jameson: Willem Usselinx, S. 171 ff.; Kretzschmar: Handelskompanien, S. 237– 240. 82 Zum Bund Kretzschmar: Heilbronner Bund; Langer: Heilbronner Bund; eine solche Vereinigung unter schwedischer Führung war von dieser schon zwei Jahre zuvor konzipiert worden: Tuchtenhagen: Vorherrschaft, S. 244 f.; die Heilbronner Teilnehmer verpflichteten sich, den Krieg weiterzuführen, bis die „teutsche Freiheit“ gesichert und die Verfassung des Reichs beachtet, der Religionsfrieden hergestellt und eine Satisfaktion für Schweden erreicht werde: Langer: Der „Königlich Schwedische in Deutschland geführte Krieg“, S. 37 f.; Kursachsen und Kurbrandenburg wahrten Distanz; auch deswegen klagte Oxenstierna wiederholt, der größte Feind der Protestanten in
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mende französische Gesandte Feuquières hatte allerdings darauf hinwirken sollen, dass die militärische Leitung Bernhard und dem Landgrafen von Hessen-Kassel übertragen werde. Die französisch-schwedische Zusammenarbeit wurde auch über den Heilbronner Bund fortgesetzt. Frankreich wollte einen Rückzug Schwedens aus dem Krieg verhindern,⁸³ Oxenstierna brauchte das französische Geld und war am französisch-habsburgischen Krieg in anderen Gebieten, in Lothringen, Italien und den Niederlanden interessiert.⁸⁴ Im Winter 1633/34 verlangte Bernhard dann vom Heilbronner Bund erfolglos eine Position, die jener Wallensteins fast gleichgekommen wäre;⁸⁵ erst im Frühjahr 1635 erhielt er in Worms das Obergeneralat über die Armee.⁸⁶
Hierarchien und Machtfragen im schwedischen System in Deutschland Bernhard musste mit und zwischen den verschiedenen führenden Akteuren auf schwedischer Seite agieren, die über militärische und politische (Richtungs‐)Entscheidungen oft nicht im Einvernehmen waren. Der sich bietende Spielraum wie mögliche Konflikte waren auszutarieren. So war die Kooperation mit Horn für ihn unabdingbar. Beide tauschten sich regelmäßig aus, auch in „persöhnliche[n] Conferenz[en]“, lieferten sich Informationen über den Feind, leisteten Beistand und betonten ihr Interesse an der Zusammenarbeit.⁸⁷ Auch dieses Verhältnis war aber
Deutschland seien sie selbst: Axel Oxenstierna an Johann von Nassau, Stockholm, 3. Dezember 1636, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 52 f. 83 Vgl. Lemmen: Feuquières; Wedgwood: Krieg, bes. S. 315 – 320; Ritter: Deutsche Geschichte, S. 585 – 588. 84 Frankreich trat dem Heilbronner Bund bei; der Vertrag wurde jedoch nicht ratifiziert, vgl. Premier Traité original fait a Francfort le 5. Septembre 1633 entre le Roy tres Chrestienne, La Reyne de Suede es les princes protestans Allemagne, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 134r. – 139r.; Tischer: Diplomatie, S. 185; zur vorangegangenen französisch-schwedische Allianz Hartmann: Regensburg, S. 65; im April 1633 wurde der Vertrag von Bärwalde erneuert. 85 Vgl. Redlich: Military Enterpriser, S. 233. 86 Vgl. Wormser Vertrag vom 2. März 1635, LATh-HStAWeimar, Krieg und Frieden, H 377, Bl. 6r. – 11v. (Kopie); zu Bernhards Krieg auf schwedischer Seite nach Lützen auch: Auszug eines Tagebuchs von den Feldzügen des Herzogs Bernhard v. Weimar (in: Meusel, Historisch-litterarisches Magazin); Fritz: Dreißigjährige Krieg. 87 Bernhard v. Weimar an Gustav Horn, Donauwörth, 15. September 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 309 f., hier S. 310; vgl. ebd., S. 74, 77, 83 ff.; Bernhard v. Weimar an Gustav Horn, Gunzenhausen, 25. März 1632, in: Tümmler, Briefe, S. 319 ff.; Gustav Horn an Bernhard v. Weimar, o.O., 28. März 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 68 f., hier S. 68; Bernhard v. Weimar an Gustav Horn, 29. März 1633, in: ebd., S. 69; Ders. an Dens., Schwabach, 29./30. März 1633, in: ebd., S. 69 f.
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nicht zuletzt eine Konfliktgeschichte, bei der beide eigene Prioritäten und Pläne verfolgten und unterschiedliche strategische Auffassungen. Angekündigte Unterstützungen fielen daher mehrfach aus.⁸⁸ Bereits Gustav Adolf hatte Bernhard mehrfach vorgeworfen, Informationen zurückzuhalten und eigenmächtig vorzugehen.⁸⁹ Auch war er mit Bernhards Vorgehen in Schwaben nicht einverstanden gewesen; der Herzog habe im Schwäbischen Reichskreis zu hohe Kontributionen angeordnet und „eine hohe summa geldes“ für sich „erhoben“. Der Vorwurf, Bernhard habe in die eigene Tasche gewirtschaftet, stand im Raum. Der Herzog rechtfertigte sich, alles sei im Sinne des Königs bzw. vorheriger Absprachen und zur Bezahlung der Armee geschehen, die Gelder seien nicht für ihn selbst gedacht gewesen.⁹⁰ Ebenso missbilligte der König eigenständige Aktionen Bernhards zugunsten der wettinischen Gebiete.⁹¹ Als Bernhard und Gustav Adolf wenige Tage vor Lützen in Arnstadt zusammentrafen, kam es zur Auseinandersetzung. Er stehe nicht länger in Diensten des Königs, soll Bernhard erklärt haben, sondern betrachte sich als dessen Verbündeter und Reichsfürst.⁹² Der getreue Gefolgsmann, als den ihn die Flugschriften zeigten, war er nicht; die Parallelen zu seinen Konflikten mit Frankreich sind augenfällig. Jetzt, nach dem Tod des Königs, hatte Bernhard die Machtposition des Reichskanzlers einzukalkulieren. Bernhard legte Oxenstierna immer wieder Lageanalysen vor und entwickelte daraus notwendige Handlungsschritte und Empfehlungen,⁹³ seine tatsächlichen Motivationen und Ziele legte er nur in begrenztem
88 Bsp. Ende 1633, als Bernhard Horn um Hilfe gegen Wallenstein bat, dessen Angriff er befürchtete. 89 Vgl. bsp. Gustaf Adolf an Bernhard v. Weimar, Dinkelsbühl, 21. September 1632, in: Droysen, Schriftstücke, S. 235; Ders. an Dens., Schwabach, 7. Juni 1632, in: ebd., S. 226 f. 90 Bernhard v. Weimar an Gustav Adolf, Schweinfurt, 11. Oktober 1632, in: Tümmler, Briefe, S. 314 – 317, Zitat S. 313; vgl. Gustaf Adolf von Schweden: Königliches Memoriale für die Herzöge Wilhelm und Bernhard v. Sachsen-Weimar, Windheim, 21. September 1632, in: Droysen, Schriftstücke, S. 185 ff., hier S. 187: Bernhard müsse „selbsten auf mittell prouision zu machen bedacht sein“. 91 Als Bernhard Sachsen und Thüringen durch Wallenstein und Pappenheim bedroht sah, setzte er seine Soldaten in Bewegung und teilte dies dem König lediglich knapp mit. Zuvor hatte er dem Kurfürsten bereits zwei Offiziere überlassen, vgl. Bernhard v. Weimar an Gustav Adolf, Schweinfurt, 10. Oktober 1632, in: Tümmler, Briefe, S. 313 f. Bernhard reichte eine umfangreichere Begründung nach; die Reaktion des Königs: Gustav Adolf an Bernhard v. Weimar, Nördlingen, 11. Oktober 1632, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 407 ff.; Bernhard v. Weimar an Gustav Adolf von Schweden, Königshofen, 18. Oktober 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346b, Bl. 31r. – 33r., Zitat Bl. 32r.f., auch in: Tümmler, Briefe, S. 317 ff. (allerdings mit Datum 12. 20.1632). 92 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 176, 193, 366 f. (Fußn. 51); Wedgwood: Krieg, S. 283. 93 So zur Einnahme Speyers, vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, [Worms, 22. April 1632], in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 5 f., hier S. 6; auch bsp. Ders. an Dens., [Würzburg, 25. Aug. 1633], in: ebd., S. 71 ff., Zitat S. 73.
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Rahmen offen.⁹⁴ Er brauchte den Reichskanzler, schließlich benötigte er die schwedischen Gelder, Truppenhilfe oder logistische Unterstützung. Wiederkehrend betonte er seine Devotion als „[seines] Herrn allezeitt dinstwilliger treuer freund und gehorsamer sohn“.⁹⁵ Oxenstierna informierte den Herzog gleichfalls teilweise genau, erbat auch seine Einschätzung, zu einflussreich sollte er aber nicht werden. Bei der Frage, wie eigenständig Bernhard handeln konnte, bietet sich – über die Zeit des schwedischen Bündnisses hinweg – ein uneinheitliches Bild. Bernhard oblagen grundsätzlich militärische Befehle über das konkrete Vorgehen bei Aktionen der Armee.⁹⁶ Seine Kriegszüge hatte sich der Herzog jedoch genehmigen zu lassen. Dennoch wies er mehrfach selbst Truppenbewegungen an: Im Juni 1633 beorderte er Truppen aus Franken nach Schweinfurt und informierte den Reichskanzler nur darüber;⁹⁷ im Oktober 1632 gab er von Würzburg aus einen Auftrag für die Armee in der Elbregion.⁹⁸ Er griff damit zur Selbsthilfe⁹⁹ und musste wiederholt sein Vorgehen rechtfertigen – so als er zur Verteidigung Augsburgs Truppen aus Franken heranzog und damit einen mangelnden Schutz der fränkischen Gebiete in Kauf nahm.¹⁰⁰ Es dominierte ein situationsabhängiges Reagieren, nach Abschätzen der Gefahrenlage, Interessen und des Zeitdrucks. Auch über (Führungs‐)Personal konnte der Herzog nur eingeschränkt bestimmen. Er hatte darüber hinaus mit 94 Vgl. Kampmann: Reichsrebellion, S. 169. 95 Er ordnete beispielsweise die Bereitstellung von Kanonen an, vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Speyer, 14. März 1635, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 293 f., hier S. 294; Ders. an Dens., Darmstadt, 13. Februar 1635, in: ebd., S. 289; Ders. an Dens., Regensburg, 12./22. Januar 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Bd. 3, S. 159 ff., hier S. 160. 96 Vgl. Philipp Moritz Graf zu Hanau an Bernhard v. Weimar, Hanau, 20. April 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 4 (Beilage zu Dok. 4); ebenso erteilte der Herzog bsp. Anweisungen für Vorbereitungen für den Zug der Armee nach Franken. Der Marschbefehl musste hier aber von Oxenstierna kommen: Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Jena, 9. Januar 1633, in: ebd., S. 17 ff.; vgl. mit der Bitte um Anweisungen: Ders. an Dens., Nider-Ulm, 21. April 1632, in: ebd., S. 3 ff., hier S. 4 f. 97 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Würzburg, 24. Juni 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 63. 98 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Würzburg, 9. Oktober 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 9 f., hier S. 10. 99 So auch beim versuchten Schutz Neuburgs an der Donau vor feindlichen Truppen, vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Donauwörth, 31. August 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 76 ff.; Ders. an Dens., Donauwörth, 1. September 1633, in: ebd., S. 78 f. 100 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Feldlager bei Donauwörth, 2. September 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 79 f.; Ders. an Dens., Donauwörth, 2. September 1633, in: ebd., S. 80 f.; Ders. an Dens., Feldlager bei Donauwörth, 5. September 1633, in: ebd., S. 81 f.; Ders. an Dens., Donauwörth, 6. September 1633, in: ebd., S. 82 f.
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mangelnder Akzeptanz seiner Anordnungen zu kämpfen. Im Frühjahr 1632 wollte weder Graf zu Solms ein neu geworbenes Regiment an ihn überschicken, noch reagierte der schwedische Proviantmeister in Mainz auf seine Bitte, Brot für die Soldaten backen zu lassen.¹⁰¹ Konfliktreich gestaltete sich auch das Verhältnis zu den Grafen von Hohenlo¹⁰² he. Kraft von Hohenlohe war als Generalstatthalter in Franken zum einen Ansprechpartner bei der Bezahlung und Finanzierung der Truppen¹⁰³ – schon dies war ein beständiges Konfliktfeld. Damit verbunden waren Auseinandersetzungen über Fragen der ständischen Hierarchie und der Ehre. Bernhard sah sich von Georg Friedrich wie dessen Bruder Kraft brüskiert. So hatten ihm die Grafen „das gebührende fürstl. praedicat nicht gegeben, sondern uns mit dem Worth hochgeborner (…) titulieret“.¹⁰⁴ Als Bernhard das Herzogtum Franken regierte, gehörten die Hohenlohes zu den protestantischen Ständen, die sich beim Heilbronner Bund beschwerten, weil er und seine Beamten im Fränkischen Kreis Rechte gegenüber den Ständen beanspruchten, die ihnen nicht zuständen. Im März 1635 schließlich ließ Bernhard „etliche“ Räte und Beamte aus Hohenlohe festsetzen, von denen er annahm, dass sie zum Feind überlaufen wollten.¹⁰⁵
101 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Mainz, 8. März 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 1 f.; die Hilfe Oxenstiernas brauchte er auch im Fall zweier, allerdings französischer, Offiziere, die Heppenheim an der Bergstraße zu ruinieren drohten und verhinderten, dass der Bernhard‘sche Hof von dort mit Lebensmitteln beliefert werden konnte: vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Mannheim, 28. April 1632, in: ebd., S. 6 f., hier S. 7. 102 Zu den Grafen von Hohenlohe als den „großen Gewinner[n]“ der schwedischen Donationspolitik in Franken: Böhme: Reichsgrafenkollegium, S. 265; Kleinhagenbrock: Grafschaft Hohenlohe. 103 Memorial Herzog Bernhards für die Generalmajore Lohausen und Bullach, Jena, 4. Januar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 18 f.; Hohenlohe konnte sich im Amt nicht durchsetzen: Böhme: Reichsgrafenkollegium. 104 Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Altenburg, 6. Dezember 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 306, Bl. 19r.; Bernhard verwies auch darauf, dass sie „unserm Chur: und fürstl. Hauße mit eydt und pflicht verwandt“ seien und „unterschiedliche Lehenstück in unsern Landen haben“; vgl. auch Kraft v. Hohenlohe an Bernhard v. Weimar, Würzburg, 25. November 1632 (Abschrift), ebd., Bl. 21r.; Wilhelm v. Weimar an [Bernhard v. Weimar], Erfurt, 18. Dezember 1632 (Kopie): ebd., Bl. 20r. – 20v. 105 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Speyer, 14. März 1635, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 293 f., hier S. 294: Ihr Wissen „von allen consilijs“ könne diesem „zu mercklichen vortheil gereichen“.
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Konkurrenz unter Brüdern Einen besonderen Konfliktpunkt dieser Jahre bildete das Verhältnis zu Wilhelm. Die enge Verbindung Bernhards mit Weimar und seinen Brüdern endete politisch spätestens mit dem Prager Frieden, dem die Brüder beitraten, den aber Bernhard ablehnte. Schon vorher kam es insbesondere zwischen Bernhard und Wilhelm zu einer Reihe von Auseinandersetzungen. Beide mussten aber in der Armee zusammenarbeiten. So wirkten sie im Herbst 1632 zum Schutz der kursächsischen Grenzen zusammen.¹⁰⁶ Es gab regelmäßige Korrespondenzen,¹⁰⁷ Kontakte über Boten¹⁰⁸ oder den schwedischen Generalkommissar Sigismund Heusner von Wandersleben.¹⁰⁹ Man tauschte sich über Militärzüge, Bewegungen des Feindes, Quartier- und Versorgungsfragen aus, über Gespräche mit dem Reichskanzler,¹¹⁰ über Offiziere,¹¹¹ und Wilhelm erstellte ein vom Bruder gewünschtes „General patent“ zur Rückführung von Soldaten, die sich von der Armee entfernt hatten.¹¹² Bernhard suchte aber erfolgreich Wilhelms Einfluss in der schwedischen Armee zurückzudrängen und die von diesem angestrebte Machtbasis in Franken zu verhindern. Mehrfach kam es zur Befehlskonkurrenz, zu indirekten wie direkten Auseinandersetzungen. Diese Rivalität wurde auch andernorts bekannt.¹¹³ Bernhard löste sich von dem älteren Bruder, von dem schwedischen Generalleutnant
106 Vgl. bsp. die Anweisung Gustav Adolfs: Memorial und Nebenmemorial des Königs Gustav Adolf von Schweden für den Geh. Rath und Kammerpräsidenten Grafen von Brandenstein, 27. und 29. September [7. u. 9. Okt.] 1632, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 1, S. 267– 271, hier S. 268. 107 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, im Hauptquartier, 14. Dezember 1632, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 306, Bl. 7r. – 8v.; Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Bernhard v. Weimar, Erfurt, 23. November 1632 (Kopie), ebd., Bl. 12r. 108 Vgl. Korrespondenzen Herzog Wilhelms des Großen zu Sachsen-Weimar mit fürstlichen und adligen Personen, u. a. Hz. Wilhelm mit seinem Bruder Bernhard von Sachsen-Weimar, 1632 – 1635, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 306, Bl. 1r. – 271r., sowie mit Reichskanzler Axel Oxenstierna 1632 – 34, ebd., Bl. 349r. – 435r. 109 Vgl. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Altenburg, 30. November 1632, LATh– HStA Weimar, Fürstenhaus, A 306, Bl. 18r. 110 Bsp. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Bernhard v. Weimar, Erfurt, 11. November 1632 (Entwurf ), LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 306, Bl. 29r. – 29v. 111 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, im Hauptquartier, 10. November 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 306, Bl. 4r.; Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. SachsenWeimar, Bamberg, 7. März 1633, ebd., Bl. 109r. 112 Vgl. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, November 1632, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus A 306, Bl. 9r. – 9v.; das Patent: Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Erfurt, 2. Dezember 1632, ebd., Bl. 10r. 113 Vgl. Laurens Nicolai an den schwedischen Residenten zu Erfurt, Alexander Ekstein, Dresden, 5. August 1633, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 2, S. 268 f., hier S. 268.
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und der schwedischen Befehlsstruktur. Reibeflächen boten zahlreiche Einzelfragen. Bernhard forderte von Wilhelm wiederholt eine Verstärkung der Truppen an und versuchte ihm Anweisungen zu geben. Anfang 1633 konnte er ihn bewegen, die fränkische Armee mit „ein paar tausend man zu fuss“ aus Thüringen und mehreren Hundert Pferden zu verstärken; um weitere Forderungen durchzusetzen, suchte Bernhard dann den Weg über den Reichskanzler.¹¹⁴ Dieser stand damit in einer seine Stellung stärkenden Position zwischen den Brüdern. Wilhelms militärische Planungen und seine „widerwertigkeit“ gegenüber Bernhards Wünschen gefährdeten in der Sicht des Jüngeren den militärischen Erfolg.¹¹⁵ Um als „der Cron Schweden armeen hochbestalten General Leutenant“ ¹¹⁶ einen Überblick über die Lage und die Kontrolle zu behalten, versuchte Wilhelm wiederum genaue Informationen über die von Bernhard kommandierten Truppen zu erhalten. Er forderte, quasi über den Dienstweg, Bernhard zur Berichterstattung auf und erbat beispielsweise Listen über dessen genaue Truppenstärken.¹¹⁷ Ebenso versuchte er, Auskünfte über ranghöhere Militärs zu erhalten, und wies mehrere Offiziere, unter anderem die Generalmajore Claus Conrad Zorn von Bulach und Wilhelm von Lohausen an, ihm über die Armee zu berichten.¹¹⁸ Beide wichen diesem für sie heiklen Ansinnen, das bedeutete, zwischen die Fronten geraten zu können, insofern aus, als dass sie Wilhelm wiederholt mit Informationen versorgten, die Person Bernhards jedoch weitgehend außen vor ließen. Auch Kraft von Hohenlohe wählte diesen Weg.¹¹⁹
114 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Weimar, 26. Januar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 20 f.; Ders. an Dens., Bamberg, 14. März 1633, in: ebd., S. 29 – 33, hier S. 32. 115 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Würzburg, 21. Juli 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 64 f. 116 So auch die Titulatur im Brief von Rudolf Georg v. Wolframsdorf an Wilhelm v. SachsenWeimar, o.O., o. D. [am 8. Okt. 1633 angekommen], LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 278, Bl. 20r. – 22v. 117 Vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Bernhard v. Weimar, Erfurt, 24. Februar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 25 (Beilage zu Dok. 24). 118 Vgl. Wilhelm v. Lohausen an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, im Quartier … [Überklebung in der Akte], 23. Januar 1633, LATh-HStAWeimar, Krieg und Frieden, H 230, Bl. 14r.; zumindest vom Sommer 1633 bis in den Frühling 1634 hinein erhielt Wilhelm regelmäßig Berichte von zwei weiteren Offizieren, von denen er auch gezielt Informationen einforderte, vgl. LATh-HStA Weimar, Krieg und Frieden, H 278; es ging allerdings auch nicht zuletzt um Wilhelms ursprüngliches Leibregiment zu Pferde; vgl. auch Huschke: Herzog, S. 44, 48, 114, 183 f., 232 f. 119 Vgl. LATh-HStA Weimar, Krieg und Frieden, H 230: Korrespondenz Wilhelms mit Lohausen, Bulach und Kraft von Hohenlohe vom November 1632 bis zum März 1633.
Konkurrenz unter Brüdern
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Die Berichte thematisieren Aktionen des Feindes, eigene Einsätze und das militärische Agieren Bernhards wie den Zustand der Armee. Die Offiziere schrieben an Wilhelm als schwedischem Generalleutnant, versuchten zwischen den beiden Brüdern zu agieren und die eigene Position zu wahren. Als Rudolf Georg von Wolframsdorf beispielsweise in eine militärische Niederlage gegen Jan von Werth verwickelt war, betonte er Wilhelm gegenüber, „leichtfertige Ehren Mäuler“ hätten ihn bei ihm verleumdet.¹²⁰ Zwei der Offiziere klagten gegenüber Wilhelm über den Zustand seiner Armee, vor allem über den des ehemaligen Leibregiments Wilhelms. Zeitweise habe keiner der Offiziere mehr ein Pferd besessen.¹²¹ Ende 1633 befand sich das Leibregiment kurz vor dem Aufruhr, weil es ohne „die geringst ergetzlichkeit noch erfrischung“ ständig im Dienst gewesen sei. Es sei kaum mehr möglich, „die Rittmeister und officirer mit worter lenger zu trösten und uffzuhalten“. Wilhelm wurde um Rat gebeten.¹²² Die Unzufriedenheit in der Armee dauerte schon länger an. Bereits ein paar Monate zuvor hatten die Offiziere gestreikt.¹²³ Für sie war unklar, für wen sie kämpften, wann sie ihr Geld bekommen und welchen Anteil an den Eroberungen sie erhalten würden.¹²⁴ Bernhard hat diesen Streik zumindest billigend in Kauf genommen, um ihn zur Stärkung seiner Verhandlungsposition gegenüber Oxenstierna und im Heilbronner Bund zu nutzen und seinen Forderungen nach dem
120 [Wolframsdorf an Wilhelm von Weimar], o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Krieg und Frieden, H 278, Bl. 26r. Wolframsdorf berichtete über die Befehle, die er von Bernhard erhalten hatte, seine militärischen Kommandos, Erfolge und Misserfolge. 121 Rudolf Georg von Wolframsdorf an Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar, o.O., o. D. [am 8. Okt. 1633 angekommen], LATh-HStAWeimar, H Krieg und Frieden, Nr. 278, Bl. 20r. – 22v., hier Bl. 20v. – 21r.; er habe daraufhin „order ertheilet, mit welchem geringen Mittell, so doch eines ieden schuldigkeit erfordert, den 7 Compagnien auf 70 Pferde kann geholffen werden“; er versprach Wilhelm alles daran zu setzen, dass „Ihr: Fürstliche: Gnade: regiment mit Hilffe Gottes (…) wieder aufkommen“ könne; er hatte schließlich den Monatssold für die Rittmeister und deren Reiter erhalten, selbst sei er jedoch finanziell „auf den grundt ruiniret“. 122 Rudolf Georg von Wolframsdorf an Wilhelm von Sachsen-Weimar, im Feldlager vor Strauburgen [Straubing], 14. November 1633, LATh-HStA Weimar, Krieg und Frieden, H 278, Bl. 27r. – 28r. 123 Unter den schwedischen Truppen und Offizieren gab es ebenso wiederholt Meutereien wie in anderen Armeen. Oxenstierna wurde bei Magdeburg von schwedischen Truppen als Geisel genommen: Rebitsch: Matthias Gallas, S. 168. 124 Für die Verhandlungen ernannten die Offiziere Abgeordnete, vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Eichstädt, 25. April 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 53 f.; die Armeegelder wurden unter Oxenstierna offensichtlich noch weniger ausgezahlt als unter Gustav Adolf. Bernhard setzte sich wiederholt beim Reichskanzler für die Zahlungen an die Offiziere ein, bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Lauingen, 12. September 1633, in: ebd., S. 87 f.
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Oberbefehl über das Heer und dem Herzogtum Franken Nachdruck zu verleihen.¹²⁵ Einige Hauptakteure waren noch später in wichtigen Positionen unter ihm tätig.¹²⁶ Wilhelms Verdrängung im schwedischen System führte schon vor dem Prager Frieden dazu, dass er sich dem Kaiser annäherte. So trug die Konkurrenz der Brüder dazu bei, dass sie unterschiedliche politische Kursentscheidungen trafen und sich ihre politischen Positionen auseinander entwickelten. Bereits Januar 1634 gab es in Wien offenbar Gespräche darüber, dass Wilhelm die Annäherung an den Kaiser suche.¹²⁷
Gewinne und Vorteile Bernhard bezog wie seine Brüder Kunstobjekte über den Kunst- und Luxusgütermarkt.¹²⁸ Ebenso erhielt er auch an Orten, an denen er sich zu Militäreinsätzen aufhielt, Gast- und Wertgeschenke. Städte und hochrangige Personen versuchten so
125 Gegenüber Oxenstierna argumentierte Bernhard u. a., das Geschehen in der Armee sei gefährlich, aber es sei zumindest gut, dass dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt passiere, da die Heilbronner Versammlung zusammen sei und reagieren könne: Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Neuburg, 23. April 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 51; die weiteren Unterredungen erfolgten mündlich. 126 So der Artillerie-Oberstleutnant Rüdiger von Waldau, der Bernhards Vertrauen genoss und ab Ende 1633 Obristleutnant im Grünen Leibregiment war, und Joachim von Mitzlaff (FG 223), der sich bsp. im Frühjahr 1634 für mehrere Tage im Auftrag Bernhards in Güstrow aufhielt, vgl. Conermann, Briefe, Bd. 3, S. 509, Anm. K. 127 Vgl. Johann Friedrich Breithaupt an Detlef von Reventlow, Wien, [Januar] 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 101 – 105, hier S. 105: „Ein distingirte evangelischer fürst im reich (etliche meinung nach herzog W[ilhelm] z[u] S[achsen] W[eimar], welcher mit dem schwedischen reichscanzler Ochßenstirn in zwietracht gerathen sein solle) soll anhero haben schreiben lassen, wann man ihme pardon und eine expectanz im reich geben wollte, sei er erbötig, wollte es auch im werke prästiren, die friedenstractaten schleuniger zu befürdern, auch einen guten frieden machen helfen, als nimmermehr dux Friedlandiae oder ein ander potentat“. Breithaupt war der brandenburgische, landgräflich hessische und sachsen-altenburgische Gesandte am Kaiserhof; Wilhelm hatte auch zuvor den Kontakt zum Kaiserhof gehalten, vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Ferdinand II., Weimar, 14. Januar 1630, HHSTA Wien, Haus A Familienkorrespondenz A 6 – 36, Bl. 91r. – 91v. 128 So über den Kunstagenten Philipp Hainhofer; zu diesem Roeck: Philipp Hainhofer; Seibold: Hainhofers „Freunde“. Möglicherweise traf Bernhard Hainhofer bereits im August 1624 vgl. Philipp Hainhofer an Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg, 19./29. August 1624, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 426; zu Ernst und Wilhelm vgl. Philipp Hainhofer an Herzog August d.J. von Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 18./28. April 1632, in: ebd., S. 584 f.; Ders. an Herzog August d.J. von Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 10./20. Mai 1632, in: ebd., S. 586 f.
Gewinne und Vorteile
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vielfach, sich Kriegsherrn geneigt zu machen.¹²⁹ Nicht zuletzt machte der Herzog aber bei seinen Kriegszügen umfangreiche Beute, so schon in Hessen und in Kurmainz,¹³⁰ darunter aus der Mainzer Dombibliothek.¹³¹ Als Gustav Adolf im Mai 1632 in München einzog, in Begleitung unter anderem von Wilhelm und Ernst von Sachsen-Weimar und vermutlich auch Bernhards, verband sich die Einnahme der bayerischen Residenzstadt und die Plünderung ihrer Kunstschätze mit materiellen Vorteilen für die Weimarer Herzöge. Die schwedische Führung raubte gezielt Kunstschätze. Diese Beute sei so umfangreich gewesen, dramatisierte der Festungsbauingenieur Matthias Dögen – der hier allerdings auch für modernere Fortifikationen werben wollte –, „daß ob wol Schweden mit disem raub erfüllet worden/ dennoch auch der ganze übrige welt=kreis mit solchem überaus köstlichen fohrraht [sic] diser ausgeplünderten stadt (…) pranget und sich sehen lasset“.¹³² Der Raub von Kunst, Archivalien, Bibliotheksgut und Herrschaftsinsignien galt als Recht des Siegers¹³³ und erfuhr als politisch-symbolische Handlung hohe Aufmerksamkeit. Für Maximilian I. von Bayern stand fest, dass Bernhard wie Wilhelm einen Großteil der Gemälde, Antiquitäten und Raritäten der kurfürstlichen Kunstkammer entwendet hätten.¹³⁴ Ernst baute seine Bibliothek in Schloss Friedenstein später auf der Kriegsbeute aus München wie aus Würzburg auf,¹³⁵ auch Kloster Banz stellte an ihn Rückforderungen.¹³⁶ Die Ernestiner sollen in München auch den Stiefel Johann Friedrichs I., den dieser nach der Schlacht von Mühlberg dem Kaiser
129 Dazu mag das Trinkgefäß in „Form einer Reiterstatuette“ aus Augsburg gehören, das wohl Bernhard porträtieren soll, vgl. Müller: Goldschmiedekunst, Fußn. 45; zu Geschenken in Regensburg: Friederich: Herzog, S. 23 f. 130 Vgl. Gförer: Gustav Adolfs, S. 844 f. 131 Die Stücke der Sammlung kamen nach seinem Tod nach Gotha: https://blog-fbg.uni-erfurt.de/ 2021/03/antike-und-orient-venezianische-buchgestaltung-und-bibliophilie-der-fruehrenaissance/ [30.06.23]. 132 Dögen: Kriges Bau=kunst, S. 203. 133 Auch zu den prominenten Fällen der Heidelberger Bibliotheca Palatina und der Prager Kunstkammer Rudolfs II. Tauss: Räuberei; Schilling: Kriegsbeute, der diese Vorgänge allerdings euphemistisch als „Kulturtransfer“ fasst (S. 66); Asche: Dreißigjährige Krieg, S. 157 f. und Fußn. 34, 36; vgl. Rebitsch: Matthias Gallas, S. 399 – 402; Öhmann: Bedeutung. 134 Vgl. Maximilian von Bayern an Ferdinand von Ungarn und Böhmen, Braunau, 21. Oktober 1634, zit. n. Topor-Morawitzky: Gefangenschaft, S. 238 f.; zumindest als gemeinsame Profiteure benennt auch Hainhofer die Weimarer Fürsten: Philipp Hainhofer an Herzog August d.J. von BraunschweigLüneburg, Augsburg, 14./24. April 1636, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 616 ff.; zu Wilhelm Diemer: Pinakothek, S. 128 ff. 135 Vgl. Walde: Bibliothek; Bestände Bernhards mögen mit dem Nachlass an Ernst gefallen sein (S. 15); Walde: Forschungen; Klinger: Herzog Ernst der Fromme, S. 76; Hacker: Hofbibliothek, S. 359. 136 Vgl. StA Würzburg, Geistliche Sachen 2581.
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hatte übergeben müssen, in Besitz genommen haben.¹³⁷ Die Wege zahlreicher Objekte, soweit sie überhaupt bekannt und identifizierbar sind, sind nicht eindeutig. Vermutlich gelangten verschiedene Kunstobjekte der Wittelsbacher zunächst in Bernhards Besitz und nach seinem Tod an Wilhelm und Ernst.¹³⁸ Der bayrische Kurfürst versuchte diese Objekte wiederzugewinnen und bat den Kaiser wie den König von Ungarn darum, ihre Offiziere und Heerführer bei ihren Feldzügen gezielt nach seinem Besitz fahnden zu lassen; Pappenheim sollte bei kriegerischen Einsätzen in Weimar geraubte Güter aus München suchen und mitnehmen;¹³⁹ ebenso wandte sich Maximilian an den Braunschweiger Herzog August d. J.¹⁴⁰ Bernhard hat schließlich nach dem Tod Gustav Adolfs auch Devotionalien des Königs in seinen Besitz bringen können, so „Gustavi Adolphi Sontags Kleid von Schmeltz Corall“ und „Gustavi Adolphi Regis Svec Collet oder Koller darinnen Er tödlich bey Litzen blessiret“¹⁴¹ – das kann für Verbundenheit ebenso sprechen wie für den vorrangigen Versuch, diese demonstrieren zu können.
137 Vgl. Harnisch: Meisterstück, S. 181. 138 Vgl. Däberitz: Weimar, S. 34, 36; Seelig: Münchner Kunstkammer, S. 93. 139 Vgl. Topor-Morawitzky: Gefangenschaft, S. 238 f.; Rudhart: König Gustav Adolf, S. 89 f. 140 Vgl. Philipp Hainhofer an Herzog August d.J. von Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 14./ 24. April 1636, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 616 ff. 141 Vgl. Harnisch: Meisterstück, S. 182.
4 Im Herzogtum Franken Am 29. Juli 1633 ließ sich Bernhard in Würzburg zum Landesherrn im Herzogtum Franken machen und von den Landständen, Kollegien und dem Rat der Stadt huldigen. Für den päpstlichen Nuntius Carafa war dies, zusammen mit weiteren schwedischen Belehnungen, ein Zeichen für das Anwachsen des „Bösen“: „Il male è così cresciuto“.¹ Nicht nur in Rom und in der Reichskirche war man beunruhigt. Auch am Dresdner Hof führte die Belehnung „bei etlichen [zu] allerhand seltsamen discoursen“.² Kritisches Aufsehen erregte offensichtlich die dem Reichsrecht zuwiderlaufende Vorgehensweise Bernhards, auch die Möglichkeit eines entscheidenden Machtzugewinns für ihn wird eine Rolle gespielt haben. Der Herzog war hier nicht gut gelitten. Das Herzogtum Franken war von Schweden aus den Fürstbistümern Bamberg und Würzburg gebildet worden. Die Bistümer hatte allerdings schon Bischof Johann Gottfried von Aschhausen zusammen geleitet, theoretisch auch seit dem August 1633 der amtierende Bischof Franz von Hatzfeld, der beim schwedischen Vormarsch nach Köln geflohen war und sich damit wie so viele Reichsfürsten im Krieg zeitweise ins Exil begab.³ Die weimarische Herrschaft war äußerst kurz: Sie endete schon im Herbst 1634. Und sie war durch eine Reihe Fehlschläge und bloß Anfang bleibender Politikversuche gekennzeichnet. Dieses Ergebnis war nicht von vornherein absehbar. Für Franken bedeutete die weimarische Zeit, mehr noch als die vorangegangene schwedische Herrschaft, aber einen deutlichen Bruch mit dem vorherigen politischen System. In der Literatur wird überwiegend die Position vertreten, Bernhard beziehungsweise die Ernestiner hätten die fränkische Herrschaft dauerhaft verankern⁴ und sich in Franken „festsetzen“ wollen. Dies ist in gewisser Weise nicht falsch. Gezeigt werden soll aber, dass Bernhard, in seiner Planung wie Politik, zweigleisig zu fahren suchte: Er nahm Franken in Besitz, weil er es erhalten konnte und diese Herrschaft für ihn greifbar war – er packte eine Gelegenheit beim Schopfe. Und er übernahm es, um entweder eine Kompensationsmasse für Friedensverhandlungen zu haben oder die Möglichkeit, eine langfristige Herrschaft zu erreichen. Das Beispiel Wallensteins spielte dabei eine Rolle. Beginnend mit den Einsetzungsfeier-
1 Pier Luigi Carafa an Barberini, Spa, 6. August 1633, in: Nuntiaturberichte. Die Kölner Nuntiatur, Bd. VII, 4, S. 125 f., Zitat S. 126. 2 Vgl. Laurens Nicolai an Herrn von Tschirnhaus, Dresden, 13./23. August 1633, in: Irmer, Verhandlungen, S. 278 f., hier S. 279. 3 Vgl. die Auflistung bei Asche: Kurfürst, S. 42 f. 4 Vgl. bsp. Weber: Würzburg, S. 85. https://doi.org/10.1515/9783110701913-005
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lichkeiten und dem Rechtsstatus, den Bernhard damit erreichte, wird daher auf die Probleme geblickt, vor denen Bernhard stand, gefragt, welche Ziele er mit der Übernahme Frankens verfolgte, inwiefern und wozu eine Inszenierung dieser Herrschaft erfolgte und worauf seine Politik und die seines Bruders Ernst als Statthalter abzielte. Es geht auch um die Frage nach Unterstützern einer weimarischen Herrschaft, ebenso im Falle Regensburgs, einer bald darauf folgenden Eroberung Bernhards. Bernhard machte in Franken nicht nur Politik durch und mit Schweden, sondern auch gegen Schweden und versuchte, wie Ernst, eigene Akzente zu setzen.
Forschung Die fränkische Herrschaft ist in der älteren protestantischen Literatur als Erfolgsgeschichte erzählt worden.⁵ Diese Erzählung kontrastiert deutlich mit der katholischen Geschichtsschreibung des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, vielfach auch mit der Perspektive und den Einschätzungen der fränkischen Landesgeschichte der Gegenwart.⁶ Sie bewertet die weimarische Epoche als desaströs, als eine Geschichte der „Existenzgefährdung“⁷ und betont die umfassenden politischen, ökonomischen, kulturellen und „moralischen“ Folgen für das Land.⁸ Das gilt für politikgeschichtliche und kulturhistorische Studien wie kirchengeschichtliche Arbeiten. Zum Teil ist dies einer impliziten Orientierung an der katholischen, stark konfessionalistischen Ausrichtung des Fürstbistums unter den bischöflichen Vorgängern und Nachfolgern Bernhards in den beiden Fürstbistümern geschuldet.⁹ Maßstabsetzend wirkt hier der 1617 verstorbene Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn.¹⁰
5 Vgl. Beck: Ernst, S. 80. 6 Vgl. Schmidt: Neuere Geschichte der Deutschen, Bd. 9, v. a. S. 49; vgl. aber Wegele: Geschichte, Bd. 2, S. 338: Bernhard wie Ernst seien „jeder in seiner Art, ausgezeichnete Persönlichkeiten [gewesen], welchen man die Befähigung, ein Land unter halbwegs günstigen Umständen zu beglücken, nicht wohl absprechen kann“; zur Beziehung Frankens zum Reich Press: Franken. 7 Romberg: Bistum und Hochstift, S. 29. 8 Endres/Weiß: Franken, S. 391; zum Dreißigjährigen Krieg im Hochstift Sicken: Geschichte; zur Geschichte Würzburgs Sicken: Krieg. 9 Zu Bamberg u. a. Staudenmaier: Hochstift; Wüst: Hochstift; Staudenmaier: Policey; Wüst: Policey; Weiß: Stadt- und Landkreis. 10 Er ist für seine erfolgreiche Konsolidierung von Herrschaft und Territorium bekannt und seine Ausrichtung auf die Gegenreformation und die katholische Reform im Sinne des Trienter Konzils (bsp. Rudersdorf: Konfessionalisierung), die langfristig wirksam geworden sei, dazu aber die kritischen Fragen bei Merz: Julius Echter, v. a. S. 82; zu Echter: Weiß: Fürstbischof.
Die Einsetzung
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Die schwedisch-weimarische Zeit gilt hingegen nicht nur aufgrund ihrer Kürze und ihres Scheiterns, sondern auch wegen ihrer Differenz zu den fürstbischöflichen Regierungen als Intermezzo; der Begriff der „Zwischenregierung“ bezeichnet diesen Charakter.¹¹ Am Ende der weimarischen Zeit und mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges sollte es um eine Reorganisation und Reetablierung der älteren Strukturen gehen. Zur Frage, welche Erwartungen Bernhard hegen konnte, welchen Stellenwert Franken für ihn hatte und welche Pläne er mit der Herrschaftsübernahme verfolgte, auch welche Chancen eine längerfristige weimarische Herrschaft überhaupt haben konnte,¹² ist nicht zuletzt gewinnbringend auf die rechtliche Basis der schwedischen Lehensübertragung wie den institutionellen Umbau und die Konfessions- und Personalpolitik unter dem Herzog gesehen worden.¹³ Der Verlust der weimarischen Kanzlei bei der Schlacht von Nördlingen 1634 und Kriegsverluste im 19. und 20. Jahrhundert haben die Quellenlage insgesamt jedoch stark eingeschränkt.¹⁴
Die Einsetzung Bernhard war am 27. Juli aus Frankfurt nach Würzburg gekommen. Er war bereits mehrfach in der Stadt gewesen und unter anderem mit Gustav Adolf hier eingezogen;¹⁵ diesmal reiste er mit einer Folge von „Hofkutschen“, seinem Hofstaat und rund 100 Pferden an und stieg im Hof des Bamberger Dompropstes ab.¹⁶ Zwei Tage
11 Vgl. Scharold: Zwischenregierung. 12 Zur schwedischen und weimarischen Zeit Frankens vgl. Deinert: Epoche; sie hat Gottfried Scharolds Arbeit aus den 1840er Jahren (Scharold: Zwischenregierung) in vielerlei Hinsicht korrigiert, die gleichwohl nach wie vor eine wichtige Basis darstellt; zu den ersten Kriegsjahren auch Scharold: Zur Geschichte des 30jährigen Krieges; zur schwedischen Herrschaft liegt auch inzwischen die Edition der „Beschreibung“ des fürstbischöflichen Rats Ganzhorn vor, vgl. Leo: Würzburg. 13 Vgl. Reuschling: Regierung, S. 369 – 393; Weber: Würzburg, S. 82 – 92; Bergerhausen: Würzburg; Querengässer: Bernhard von Sachsen-Weimar. 14 Vgl. die Kriegsverluste der Würzburger Archive und Verluste im LATh-StA Gotha; vgl. auch Untersuchungen zu Formen der schwedischen Herrschaft an verschiedenen Orten des Reichs: Schmidt-Voges/Jörn: Schweden; Rödel/Tuchtenhagen: Schweden; zur Bernhard‘schen Herrschaftsinszenierung in Franken Ackermann: Erbe. 15 Vgl. Wegele: Geschichte, Bd. 2, S. 333; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Würzburg, 9. Oktober 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 9 f. 16 Scharold: Zwischenregierung, Bd. 1, S. 280; [Anonym:] Einräumung und Übergabe des Bistums Würzburg, den Herzog Bernharden zu Sachsen, ex donatione Gustavi Adolphi, Königs in Schweden betr. 1633, Würzburg 21. [31.] Juli 1633, HStA Dresden: 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 08982/15, Bl. 1r. – 3r, hier Bl. 1r.; Gropp: Chronik, S. 476; Hinweise auf eine feierliche Einholung und
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darauf erfolgte seine Einsetzung als Landesherr mit „prächtige[n] Ceremonien“,¹⁷ die mit einem Gottesdienst im Würzburger Dom begann.¹⁸ Dr. Christoph Schleupner, der schwedische Generalsuperintendent, predigte über die Geschichte Nebukadnezars, aus der er Maßgaben für den neuen Regenten ableitete.¹⁹ Anschließend fuhr Bernhard mit seinem Bruder Ernst und dem schwedischen Geheimen Rat Graf Christoph Carl von Brandenstein zum Würzburger Schloss Marienberg, begleitet von „vielen 100. Cavallieren, grafen, herrn, obersten und dergleichen hohen und nideren standespersohnen“. Im Schloss traf er auf Vertreter der fränkischen Ritterschaft, Beamte des Landes, städtische Räte sowie „eine große menge Volks“.²⁰ Nach einer Unterredung mit Brandenstein fand die Belehnungszeremonie vor den Versammelten im Kaisersaal der Festung statt.²¹ Damit wurde ein Bezug zum Reich und zum Reichsoberhaupt hergestellt.²² Brandenstein leitete die Zeremonie, einschließlich der Huldigung der Stände;²³ der schwedische Kanzler Friedrich Fabricius gratulierte dem Herzog anschließend im Namen der Anwesenden. Nun war die Reihe an Bernhard: Nach einem Dank an Schweden hielt er „mit vernehmlicher stimme“ eine Ansprache an die Landstände, es folgten ein Bankett für die Vertreter der Führungsschichten und die Ausgabe von Brot und Wein an die Festungsarbeiter
damit einen demonstrativen Akt der Zustimmung der Bürger fehlen; generell zum Einzug Dotzauer: Ankunft; zum Ablauf der Einsetzung auch Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 185 – 189; Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 287– 294. 17 Vgl. [Anonym:] Einräumung; zur Huldigung allgemein Holenstein: Huldigung. 18 Vgl. zur Musik Lungwitz: Heldenthaten, Kap. 10, S. 26. 19 Vgl. Ordinari-Diensttags-Journal, [Stuttgart,] 3. August 1633, Meldung „Auß Würzburg den 1. Augusti“; zur Danielsprophetie in der Vier-Reiche-Lehre: Goetz: Translatio Imperii; zum Bezug Nebukadnezars auf die politische Herrschaft Schmidt: Regenten=Spiegel: Nebukadnezar lehre, guten Rat nicht außer Acht zu lassen, nicht gottlos zu sein und nicht tyrannisch gegen die Untertanen; zur politischen Rolle von Predigten im protestantischen Bereich Leppin: Predigten, S. 36; zu Hofpredigern an protestantischen Höfen Gleixner/Westphal: Perspektiven, v. a. S. 18 – 21, konfessionelle Unterschiede erweisen sich aber als geringfügig (S. 12). 20 [Anonym:] Einräumung, fol. 1r. – 1v. 21 Vgl. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 289. 22 Vgl. Erichsen: Kaisersäle, S. 274; bereits für die Zeit Echters ist eine Wohnung für den Kaiser belegt, allerdings verzeichnet die Literatur für die Folgezeit verschiedene Räume als „Kaisersaal“. 23 Vgl. Herrn Reichs-Kanzler Oxenstierna Immissions Mandat, d. Grafen Christoph Carl von Brandenstein als Commissario, Frankfurt a. M., 7. Juli 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. VII; Lungwitz: Heldenthaten, S. 26: Der Vorgang sei der Huldigung für den Landgrafen von Hessen im Stift Fulda und Paderborn vergleichbar. Bernhard erhielt Geschenke vom Stadtrat, vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 226 f.
Lehnsmann Schwedens
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bzw. die Bevölkerung. Zum Schluss der Feierlichkeiten wurden Geschütze abgefeuert, was allerdings mehrere Todesfälle nach sich zog.²⁴ Bernhard präsentierte sich damit als Nachfolger der Bischöfe. Würzburg, ein „Zentrum der schwedischen Deutschlandpolitik“,²⁵ wurde zu einem Zentrum der ernestinischen Politik. Mit der Residenzstadt Würzburg nahm Bernhard die Residenz der Bischöfe und den Dom für seine Herrschaft in Anspruch. So wie der anstehende Herrschaftswechsel und die Zeremonien zumindest teilweise für die Würzburger Öffentlichkeit sichtbar wurden, wurde ihr Vollzug weithin akustisch hörbar und publizistisch nachvollziehbar. Meldungen über die Einsetzung und Huldigungsschriften wie die Publikation von Predigten ließen dieses Ereignis überregional bekannt werden.
Der schwedische Lehnsmann Schon die Einsetzungsfeierlichkeiten machten Bernhards Position als schwedischer Lehensnehmer für eine breitere Öffentlichkeit ersichtlich. Graf Brandenstein war selbst mit mehreren Kutschen nach Würzburg eingezogen,²⁶ im Dom besetzte er „die Ober Stelle“, beim von ihm geleiteten Belehnungsakt stellte er die Position der schwedischen Krone heraus.²⁷ Mit Schleupner und Fabricius gehörten weitere zentrale Akteure zur schwedischen Regierung oder verdankten ihr Amt Schweden. Der Text der Donationsurkunde und die Eidesformel ließen schließlich überdeutlich werden, dass Schweden als Lehnsherr weiterhin eine führende Rolle spielte: Bernhard verpflichtete sich ausdrücklich, der Krone Schweden „jederzeit getrew, holdt unndt gewertig [zu] sein“. Die Stände und Untertanen leisteten ihren Eid auf den Herzog als einen „euch von der Kön. May vnnd Cron Schweden vorgestelten, rechten, natürlichen Landesfürsten vnd Herzogen Zue Francken; Würtzburg vnnd Bamberg“.²⁸ Der Eid galt damit ihm wie Schweden.²⁹
24 Vgl. [Anonym:] Einräumung, fol. 2v.; zum Einsatz von Geschützen als wichtiger Bestandteil höfischer Feiern vgl. Holenstein: Huldigung, S. 451 ff. 25 Endres: Friedensziele, S. 569; die Stadt hatte rund 10.000 Einwohner, vgl. Weber: Würzburg, S. 13. 26 Vgl. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 1, S. 280: Brandenstein kam mit vier Sechsspännern, Bernhard mit vier sechsspännigen „Leibkutschen“ sowie drei vierspännigen Kutschen (Gropp: Chronik, S. 476). 27 Vgl. auch Gropp: Chronik, S. 476 f. 28 Vgl. Huldigungseid in: Scharold: Zwischenregierung, Bd. 1, S. 93 f., hier S. 93. 29 Die schwedische Politik wollte mit dieser Übergabe des Herzogtums Frankens auch „das sächsische Haus“ an Schweden binden: Arckenholtz: Memoires Concernant Christine Reine De Suede, Tl. 3, S. 84.
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Schweden legitimierte sein Handeln in Franken mit dem Kriegsrecht.³⁰ Allerdings war das entstehende ius belli in Vielem vage, in der Theorie nicht allgemein anerkannt,³¹ in der militärischen Praxis spielte es nur eingeschränkt eine Rolle.³² Gleichzeitig baute die Belehnung auf dem europaweit verbreiteten Lehnsrecht auf. Explizit im einen, implizit im anderen Fall wurde damit eine zweifache rechtliche Grundlegung behauptet. Die Belehnung wie der Huldigungseid der Untertanen sollten auch für Bernhards Nachkommen gelten, beim Fehlen direkter Erben erstreckten sie sich auf seine Brüder beziehungsweise deren männliche Erben. Sollte es hier keine Erben geben, folgten die kursächsischen Verwandten und schließlich Schweden.³³ Damit hätte eine dynastische Herrschaft Bernhards, der Ernestiner oder Albertiner möglich werden können. Ein nach Dresden gesandter Bericht schien dies für denkbar zu halten, blieb jedoch verhalten: Es sei zu hoffen, dass sich Bernhards Herrschaft „uff seine nachkommen fortpflanzen möge“.³⁴ Das Lehen war jedoch durch die Lehensurkunde bis zu einem Friedensvertrag für das Reich befristet.³⁵ Vor allem aber war seine militärische und machtpolitische Bedingtheit elementar. Durch Bernhards Bündnis mit Schweden, das er einen Tag nach der Annahme Frankens unterschrieb, wurde dies noch verstärkt. Beschlossen wurde hier eine „ewige vnnd unwiederrufliche Alliance und Confoederation“ zwischen der schwedischen Krone und Bernhard als einem „freyen Reichsfürsten vnndt Herzog zu Francken“, die sich ebenfalls auf seine Nachkommen erstrecken sollte. Schweden sagte zu, das Herzogtum zu schützen, keinen Frieden einzugehen, in den Bernhard nicht mit seinen Ländern eingeschlossen war, ihn auch in einem nachfolgenden
30 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, fol. 284r. – 295v.: Donation des Herzogtums Franken an Bernhard v. Weimar, Heidelberg, 10. [20.] Juni 1633 (Kopie); die Belehnungsurkunde auch in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 425 – 430, vgl. auch den Eid der Priester; vgl. zu spätmittelalterlichen Treueeiden von Priestern gegenüber dem Landesherrn in fränkischen Gebieten Holenstein: Huldigung, S. 36 f. 31 Vgl. Simon: Kriegsrecht. 1625 war Grotius’ umfassende Darstellung des Kriegs- und Völkerrechts erschienen, die Vorläufer in Alberico Gentili, Francisco de Vitoria, Francisco Suárez wie Baltasar de Ayala hatte (vgl. Grotius: De jure belli), vgl. auch Schilling: Konfessionalisierung, S. 138 – 147; Tischer: Kriegsbegründungen. 32 Vgl. Junkelmann: Tilly, S. 77. 33 Huldigungseid, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 1, S. 93 f., hier S. 93. 34 Die Einräumung und Übergabe des Bistums Würzburg, den Herzog Bernharden zu Sachsen, ex donatione Gustavi Adolphi, Königs in Schweden betr. 1633, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 08982/15, Bl. 1r. – 3r., hier Bl. 3r. 35 Vgl. Schwedischer Schenkungsbrief über das Herzogtum Franken, Heidelberg, 10. Juni 1633, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, fol. 284r. – 295, abgedruckt in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 423 – 430 sowie in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 60 f. (Beilage zu Dok. 48).
Legitimationsstrategien
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Krieg militärisch zu unterstützen, ihn in Schweden Soldaten werben und Kriegsausrüstung einkaufen zu lassen. Bernhard wiederum verpflichtete sich, Schweden gegen alle Feinde zu Hilfe zu kommen, ausgenommen „das ganze Römische Reich, teutscher Nation“, die schwedische Krone in weiteren Kriegen militärisch und nun auf eigene Kosten zu unterstützen, sie in seinen Ländern Truppenwerbungen vornehmen und Kriegswaren erwerben zu lassen. Im jetzigen Krieg werde er nur mit Schweden verbündet sein und Schweden auch nach einem Frieden folgen. Einen Frieden werde er nicht abschließen, wenn dieser nicht eine ausreichende schwedische Kompensation vorsehe.³⁶ Die Verbindung sollte damit deutlich über einen Friedensschluss hinausgehen und hätte Schweden zu einer dauerhaften Schutzmacht der Bernhard‘schen Territorien und Herrschaft gemacht, ihn und seine Nachfolger zu einer beständigen Klientel Schwedens.
Legitimationsdefizit und -strategien Es war offenkundig, dass Bernhard ein grundlegendes Element der landesherrlichen Legitimation fehlte: die Belehnung durch den Kaiser beziehungsweise die Konfirmation der Regalien.³⁷ Die Legitimation durch das Kriegsrecht und, darauf aufbauend, das Lehnsrecht, waren nur schwach, der Bruch mit dem Herkommen und dem Reichsrecht war hingegen deutlich. Die Herrschaftslegitimation Bernhards bildete damit von Beginn an einen besonderen Schwachpunkt.³⁸ Wie jede Herrschaft hatte die weimarische ein Interesse daran, ihren Anspruch auf Gefolgschaft zu vermitteln, bei den politisch-sozialen Eliten, aber auch breiten Bevölkerungskreisen. Insofern wäre hier eine verstärkte Aktivität zur Absicherung und Festigung der Herrschaft zu erwarten. Dass der Dreißigjährige Krieg von einem Kampf um die öffentliche Meinung begleitet war, scheint zudem eine publizistische Tätigkeit zugunsten dieser Regierung nahezulegen. Auch Bernhards verstärkte Sichtbarkeit in der Publizistik und Bildgestaltung seit der Schlacht von Lützen und später die starke mediale Aufmerksamkeit für ihn vor allem in den militärischen Auseinandersetzungen um Breisach könnten dies naheliegen. Die Situation des Krieges und die kurze Dauer der Herrschaft führten allerdings zu verhältnismäßig geringen Aktivitäten auf diesem Feld. Nichtsdestoweniger
36 Vgl. Bündnis zwischen Schweden und Bernhard von Weimar, Heidelberg, 14. Juni 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 430 – 433; der Vertrag war dem Wilhelms von Hessen-Kassel ähnlich. 37 Vgl. Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat, Tl. 2, Kap. 1, S. 54 f., 59 f. 38 Auch die „irreguläre Thronfolge“ benötigte die „rituellen Legitimation“: Stollberg-Rilinger: Herrschaftszeremoniell; zur Herstellung von Legitimität durch die Belehnung und deren Sichtbarmachung Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider, S. 68.
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werden schon bei Bernhards Einsetzung Bemühungen deutlich, diese Herrschaft nicht allein über das Kriegsrecht, sondern auch theologisch, über das Herkommen und zeremoniell zu legitimieren. Die angewandten Strategien zielten auf die Dynastie, den Militär Bernhard, den göttlichen Willen, den Einsatz für das Reich und die deutsche Freiheit sowie die Behauptung einer guten Regierung. Herkömmliche, traditionale Elemente, die den Anschein von Traditionswahrung und „Normalität“ vermittelten, verbanden sich mit solchen, die auch ihren Nutznießern nur durch den Kriegszustand und das Kriegsrecht begründbar schienen. Indem Bernhard versprach, ein „treuer Landesfürst und Vater“ sein zu wol³⁹ len, bediente er eine gängige Rollenerwartung.⁴⁰ Auch die Presse thematisierte Bernhards Landesvaterrolle: Er habe erklärt, „sich nit als ein Fürst/ sondern als ein Vatter erzeigen“ zu wollen.⁴¹ Ebenso gehörten das Bankett und die Ausgabe von Speisen an die Bevölkerung zu den üblichen Bestandteilen von Einsetzungs- und Huldigungsfeierlichkeiten,⁴² die den Adressaten im Juli 1633 angeblich, jedenfalls den Erwartungen an solche Textgattungen entsprechend, zu großer Freude führten.⁴³ Die religiöse Herrschaftslegitimation war überkonfessioneller Standard. Bernhards Hofprediger Nicephor Kessel wies den Herrschaftswechsel als göttlichen Willen aus, als er zwei Tage nach der Einsetzung eine Glückwunschpredigt auf den neuen Herzog im Würzburger Dom hielt. Kessel, zuvor Hofprediger Gustav Adolfs, wählte die Leitverse „Er [Gott] ändert Zeit vnd Stunde/ Er setzet König ab/ vnd setzet Könige ein“.⁴⁴ Eine von Bernhard in Auftrag gegebene Münze betonte ebenso seine
39 Vgl. [Anonym:] Einräumung, 1633, Bl. 1v. – 2r.; vgl. auch die Erklärung Ernsts, Bernhard werde ein „väterlich regierende[r] Fürst“ sein, wenn er das Gebiet nach einem Frieden weiter regieren könne, zit. n. Beck, Ernst, S. 83. 40 Vgl. Münch: Obrigkeit, S. 23 – 27; auch Mörke: Wilhelm von Oranien, S. 162 – 165; zum Würzburger Bischof Hatzfeld: Romberg: Bistum Würzburg 7, S. 277; zur Vaterlandsrhetorik Schmidt: Vaterlandsliebe; Bernhards Großvater verfügte testamentarisch, die Söhne zu „patres patriae“ zu erziehen: Testament Herzog Johann Wilhelms von Sachsen-Weimar, Weimar, 19. Februar 1573, LAThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Urkunden, Nr. 541a, Bl. 1r-35r., hier Bl. 15r. – 17v. 41 Vgl. Ordinari-Diensttags-Journal, [Stuttgart,] 3. August 1633, Meldung „Auß Würzburg den 1. Augusti“; vgl. zur Einsetzung Bernhards: ebd., Meldung „Auß Nürnberg den 21. Julij“; Lungwitz: Heldenthaten, Kap. 10, S. 26 f. 42 Vgl. Gropp: Chronik, S. 477, wonach für das Festessen Bürger der Stadt die Ausstattung stellen mussten; allerdings war Brandenstein mit einem „Kammer= oder Silberwagen“ nach Würzburg gekommen (Scharold: Zwischenregierung, Bd. 1, S. 280); vgl. Holenstein: Huldigung, S. 472 – 578. 43 Vgl. [Anonym:] Einräumung, 1633; Droysen: Bernhard, Bd. I, S. 188, Fußn. 1; eine gegenteilige Haltung macht Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 289, 293 f. aus; vgl. zur Amtseinführung Julius Echters Römmelt: Theatrum, S. 411. 44 Vgl. Kessel: Franconia Coronata, o.S.; vgl. Buch Daniel, Kap. 2,Vers 20 und 21 der Luther-Ausgabe von 1545 (letzte Hand). Kessels Schriften wurden bei Wolfgang Endter in Nürnberg verlegt, der
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gottgewollte Herrschaft: „Quod Deus vult, hoc semper fit“.⁴⁵ Ein konfessioneller Bezug fehlt hier aber; ein solches Deutungsangebot war prinzipiell anschlussfähig.⁴⁶ Der Schutz des Protestantismus sollte gleichwohl die weimarische Landesherrschaft mit legitimieren. Fabricius etwa argumentierte mit der Religion und verband dies mit reichspolitischen Schlagwörtern. Demnach war es Bernhards Auftrag, die „deutsche Freiheit“, das „alte deutsche Vertrauen“ und den „Glanz und Flor des ganzen deutschen Reichs“ zu bewahren bzw. wiederherzustellen.⁴⁷ Das Deutungsmuster der„deutschen Freiheit“ nutzten die Reichsstände seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts, um ihr Verständnis ihrer eigenständigen Herrschaftsgewalt zu postulieren; wiederholt war es als Parole zum Widerstand gegen den Kaiser und Habsburg verwendet worden; die Ernestiner brachten es gerne in Stellung. Bernhards Selbstsicht traf dieser Kampf für die reichsständische Freiheit ebenso wie das Religionsargument und die Betonung seiner militärischen Erfolge. Die militärische Legitimation war schon in der Berufung auf das Kriegsrecht deutlich geworden.⁴⁸ Zudem dienten Bernhards eigene militärische Erfolge zur Legitimation seiner Herrschaft. So ist er für den sich auf Franken beziehenden „Panegyricus“ der unbesiegte Held⁴⁹ – freilich vor der Nördlinger Schlacht vom September 1634, die ihn diese Herrschaft kosten sollte; die Huldigungsschrift „Epicharma Super auspicata“ zu seiner Einsetzung stellt seine militärischen Leistungen heraus und betont seine Abstammung wie die Kontinuität seiner Dynastie
Druckerei, die ab 1641 das repräsentative Ernestinische Bibelwerk („Kurfürstenbibel“) herstellte; zu gedruckten politischen Predigten Hahn: Kanzel; Bernhard soll bei der „Ordination der Lutherischen Prediger“ anwesend gewesen sein: Tentzel: Geschichts-Kalender, S. 33. 45 Der Name Jehova ist in einer Wolke zu lesen und ein aus dem Himmel kommender Arm reicht – über das Wappen Würzburgs – einen Lorbeerkranz; die andere Seite zeigt den Herzog im Brustbild, bekleidet mit einem Schmuckharnisch und mit sächsischem Schild, vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 127 f., 375, Fußn. 122; zu anderen Münzen zur Zeit Bernhards in Franken Tentzel: Saxonia Numismatica, Tl. 3, S. 539 – 542, Abb. S. 536. 46 Die generellen Bestandteile der Amtseinsetzung finden sich gleichfalls im katholischen Bereich, vgl. Romberg: Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Würzburg 7, S. 38 – 40; Weiß: Die Bistümer der Kirchenprovinz Main. Das exemte Bistum Bamberg 3, S. 23 – 27; es werden aber auch die durch die politisch-rechtliche Situation bedingten konfessionellen Unterschiede deutlich. 47 Zit. n. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 292; vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 186; Kaiser und Reich waren auch für die Fürstbischöfe zentraler Orientierungs- und Anlehnungspunkt gewesen. 48 In der „Gründliche[n] Historische[n] Beschreibung der weitberühmten Helden=Thaten“ Bernhards von Matthäus Lungwitz umfasst die Legitimation, die dem Krieg Gustav Adolfs zugewiesen wird, auch seinen Gefolgs- und Lehnsmann Bernhard, vgl. Lungwitz: Heldenthaten, zu Franken Kap. 10; das Vorwort ist auf den März 1634 datiert. 49 Vgl. [Friesen:] Panegyricus; Friesen war Amtmann in Kursachsen, später dort Kanzler.
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seit Widukind.⁵⁰ Mit der Inanspruchnahme des Sachsenherzogs suchten die Wettiner die eigene Anciennität in eine nebulöse Vergangenheit zu verlängern, ein prinzipiell bei allen Dynastien übliches Verfahren. Die fehlende territoriale Tradition der Ernestiner in großen Gebieten Frankens war indes nicht einfach zu kompensieren. In den Hochstiften fehlte aufgrund der geistlichen Herrschaft zwar die eine, traditionale Herrschaftsdynastie. Die Würzburger Fürstbischöfe konstruierten aber ebenso für sich eine uralte Abfolge.⁵¹ Hier konnte eine Legitimation der Bernhard‘schen Herrschaft kaum erfolgreich ansetzen.
Was wollte Bernhard? Das Legitimationsproblem seiner Belehnung und Herrschaft war dem Herzog ebenso bewusst, wie dass er mit Franken ein stark risikobehaftetes Projekt übernommen hatte. Vor der Annahme des Herzogtums hatte er seinen ehemaligen Lehrer, den weimarischen Rat Friedrich Hortleder, um ein Gutachten gebeten. Er wollte sich juristisch absichern. Hortleder sollte klären, wie dieser Akt reichsrechtlich zu verorten sei; es ging um die Frage, ob ein Reichsfürst, der dem „gemeinem Evangelischen Kriegswesen“ diene, sich eines vom schwedischen König durch seine Kriegsmacht und das Kriegsrecht vom Feind erobertes Fürstentum zu „seiner recompens“ versichern oder sich dieses als sein Eigentum übergeben lassen dürfe.⁵² Eine zentrale Rolle spielte also, dass Schweden eine fremde Macht war; ein Argument, das Bernhard bereits in den Verhandlungen im Heilbronner Bund angebracht hatte.⁵³ Bernhard sprach ja immer wieder von der deutschen Libertät, die das Haus Österreich einzuschränken suche,⁵⁴ und bekannte sich ausdrücklich zum
50 Vgl. Leuber: Epicharma; der Autor ist möglicherweise identisch mit dem späteren kursächsischen Gesandten Johannes Leuber beim Westfälischen Friedenskongress, der 1633 Rat der (kursächsischen) Henneberger Regierung war; zu Leuber Schreckenbach: Johannes Leuber, S. 326 f.; für die freundliche Auskunft zu seiner Biographie danke ich Christoph Nonnast (Jena); für die Diskussion der „Epicharma“ Marcus Stiebing (Stuttgart). 51 Beginnend mit dem ersten Würzburger Bischof Burkhard (bsp. Marianus: Ehrenpreiß) oder dem Missionar Kilian, vgl. Merz: Julius Echter, S. 75 f.; spätere Chroniken begannen auch bei den Ursprüngen der Franken, ebenso findet sich der Verweis auf fränkische Dynastien, vgl. Gropp: Chronik; Hauck: Herrlichkeit. 52 Vgl. Friedrich Hortleder: Gutachten über die Schwedische Schenkung des Bistums Bamberg und Würzburg, Bamberg, 1. März 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 417– 420, Zitate S. 417 f. 53 Vgl. Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 1, S. 319 f., der dies allerdings als nationales Denken sieht. 54 Vgl. Jendre: Diplomatie, S. 159 – 166.
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Reich.⁵⁵ Solcherart Bezeugungen der Reichstreue waren Allgemeingut und ein politischer Mindeststandard, um das eigene Handeln im politischen System des Reichs verorten und absichern zu können, sie zeigen jedoch, dass Bernhard seine Zukunft in diesem Reich sah und nicht außerhalb. Hortleder legitimierte die Übernahme.⁵⁶ Gerade seit der Schlacht von Lützen sei auch öffentlich bekannt, dass es in Deutschland drei Kriegsparteien gebe: Schweden, die evangelischen Stände und den Kaiser mit der katholischen Liga. Schweden könne nach dem Kriegs- und Völkerrecht über Reichsgebiete verfügen. Bernhard handele mit der Übernahme sogar als deutscher Patriot: Weil Schweden als „defensor“ des Reichs agiere, könne der Herzog das Gebiet gleichsam in Verwahrung nehmen und damit seiner Treueverpflichtung gegenüber dem Reich nachkommen; er empfange es „gleichsam als aus des Reichs eigenen händen“ – anderenfalls handele er sogar gegen das Reich. Bis zu einem Sieg über die Feinde des Reichs und der evangelischen Freiheit bleibe er dann Schweden als „tutoribus, curatoribus, provisoribus vnd vindicibus libertatis Imperii, von des Reichs wegen, vnd dem principaliter zu gut, verpflichtet.“ Hortleder spielte verschiedene Fälle in Hinblick auf mögliche Restitutionsfragen und die Erstattung der schwedischen Kriegskosten durch (das also alles unter der Annahme, dass Bernhard Franken nach Kriegsende behalten könne), er warnte aber auch, dass es Fälle gegeben habe, in denen ein Reichsfürst wie Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach seinen Besitz wieder habe aufgeben müssen. Nachdrücklich riet Hortleder dazu, den Herrschaftsantritt öffentlich darzustellen, wie es Wallenstein in Mecklenburg gehalten habe. Ein Reichsfürst müsse einen ihm übergebenen Besitz allgemein sichtbar annehmen und seine Herrschaft vor der Regierung, den Beamten, den Landständen und Untertanen darstellen. Wallenstein wird hier zum Vorbild: Es müsse so agiert werden wie dieser in Mecklenburg. Es sei ratsam, dass die Übergabe an verschiedenen Orten, „vf etzliche Schloß, Ambter, Oder Stäte“, „öffentlich“ vor sich gehe, sprich an Orten der Herrschaft und Herrschaftsrepräsentation. Die Gegenseite könne dann nicht verleumderisch argumentieren, „als were es Evangelischer Fürsten theils, nicht sowohl vemb die Religion, Als umb die Region zu thun“. Die öffentliche Übernahme sei auch wichtig, damit man das Land nicht einfach durch Kriegshandlungen oder Friedensverhandlungen „wieder verliere, vnd den Titul behielte“. Diesem Rat sind die Ernestiner gefolgt. Ebenso haben sie Hortleders Begründungen der Herrschaftsüber-
55 Vgl. Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 1, S. 118 f. 56 Das folg.: Friedrich Hortleder: Gutachten über die Schwedische Schenkung des Bistums Bamberg und Würzburg, Bamberg, 1. März 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 417– 420.
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nahme übernommen: Bernhard solle argumentieren, er setzte sich für Schweden als dem Haupt der evangelischen Union ein, soweit dessen Kriegsziele mit denen der protestantischen Stände gemein seien. Dies erfolge zum Schutz der bedrängten protestantischen Mitstände, für den Frieden und die Freiheit in „Religion= und Profansachen im Röm. Reich“ und bis zu einem annehmbaren allgemeinen Frieden.⁵⁷ Das Reich musste vor dem Kaiser bewahrt werden. Vergleichbar argumentierte Bernhard, als er 1637 die württembergische Festung Hohentwiel übernahm und behauptete, das Land wie das Haus Württemberg vor sich selbst und vor Habsburg zu schützen. Hortleder empfahl Franken damit vor allem als Kompensationsgut für die Zukunft, für Friedensverhandlungen. Es könne für einen territorialen Ausgleich dienen oder zumindest für eine finanzielle Entschädigung, d. h. der Kriegskosten. Diese Idee der Kompensation musste aufgrund der machtpolitischen, militärischen und vertraglichen Unsicherheit des Behalts Frankens aktuell bleiben. Bernhard ging es darum, sich Optionen offen zu lassen und nach Alternativen zu suchen.⁵⁸ Auch Heinrich Christoph von Griesheim zufolge erklärte der Herzog vor der Schlacht von Nördlingen gegenüber dem Gesandten des Königs von Ungarn auf dessen Verhandlungsangebot hin, wenn er die Schlacht gewönne, sei er zum Frieden bereit. Er werde dabei nicht auf dem Stift Würzburg bestehen, wenn er eine anderweitige „satisfaction“ erhalte.⁵⁹ Zugleich ist von Überlegungen Bernhards auszugehen, Franken als Landesherr halten zu wollen. Seine politischen Aktivitäten und die Herzog Ernsts zur Umgestaltung des Landes sind kaum anderweitig zu erklären. Durch den Krieg schienen neue politische Ordnungsentwürfe denkbar; es entstand ein Klima, in dem weitreichende Projekte denkbar wurden. Auch mittelmächtige Dynastien wie die Ernestiner erblickten jetzt Chancen. Die Weimarer Ambitionen auf die Kurwürde waren „im Reich bekannt“.⁶⁰ Verschiedene Akteure setzten jetzt darauf, ihre Position grundlegend verändern zu können, individuell wie in dynastischer Hinsicht, ökonomisch und territorial. Das gilt für Heerführer wie Mansfeld und Wallenstein und für die Pfälzer und die bayerischen
57 Zumindest später sollte Hortleder die militärischen Möglichkeiten, Frieden zu schaffen, negativ einschätzen: Es sei „durch die waffen doch kein’ eintracht (…) zustifften“: Köthener Gesellschaftsbuch, Eintrag unter Nr. 343. 58 Dies verringerte zugleich sein mögliches Interesse an einer Repräsentation und Inszenierung als fränkischer Landesherr. 59 Zugleich müsse die vom Kaiser aus seinem „land“ „erpreste contribution“ durch den Fürstbischof von Bamberg und Würzburg restituiert werden, vgl. Griesheim: Haupt-Victoria; vgl. auch Rystad: Kriegsnachrichten, S. 68; Griesheim wurde später Fruchtbringer (FG 587). 60 Vgl. Bierther: Politik Maximilians, 2. Tl., 10. Bd., 1. Teilbd. (Erschließungsbd.), S. 174.
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Wittelsbacher. Bei der Bundesversammlung der Heilbronner vom März bis September 1634 in Frankfurt präsentierte Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel ein Projekt, das zeigt, wie weit Umstrukturierungsprojekte des Reichs auch von deutscher Seite gedacht wurden. Wilhelm schlug mehrere neue „Großfürstentümer“ vor.⁶¹ Dazu gehörten Bernhards Herzogtum Franken, Westfalen als Gewinn für Hessen-Kassel, das von Oxenstierna angestrebte Mainzer Kurfürstentum und das Deutschordensgebiet für Gustav Horn. Sie sollten möglicherweise eine Kur erhalten, auf jeden Fall aber einen neuen Fürstenbund bestimmen, der zugleich einen Bund mit den Niederlanden eingehen sollte. Böhmen sollte erobert, der Kaiser „‚ruinier[t]‘“ werden. Damit hätte es den Reichsverband in seiner bisherigen Struktur nicht mehr gegeben, dafür protestantisch bestimmte Reichsgremien, einen stark in seiner Macht beschränkten Kaiser und eine aristokratische Staatsform des Reichs mit „oligarchischer Prägung“.⁶² Dass diese Projekte größtenteils scheitern würden, war für die Akteure nur eingeschränkt absehbar. Franken hätte den Machtbereich der Ernestiner entscheidend erweitern können. Das Gebiet lag geographisch günstig, über weite Strecken an die eigenen Territorien angrenzend, und schuf eine Verbindung zu den süddeutschen protestantischen Reichsstädten. Zudem verfügten die Ernestiner mit dem Amt Königsberg und Coburg und als Erben der Grafen von Henneberg bereits über Besitz in Franken und waren mit Sitz und Stimme im Fränkischen Reichskreis vertreten.⁶³ Das ernestische Streben nach Positionen in Franken gingen auch ebenso wie die Versuche der 1630er Jahre, mit Hilfe der Schweden Gebiete im Eichsfeld zu erwerben, „auf ältere Pläne“ zurück.⁶⁴ Diese dynastischen Wünsche erklären wesentlich das starke Engagement Herzog Ernsts. Das Interesse der Dynastie wird auch in der ErnestinerBibel von 1641 deutlich, in der Bernhard mit Darstellungen Würzburgs und Breisachs abgebildet ist.⁶⁵
61 Weiand: Hessen-Kassel, S. 66; vgl. Goetze: Politik, S. 114 – 128; Altmann: Landgraf, S. 41 – 57. 62 Vgl. Weiand: Hessen-Kassel, S. 66 – 77, Zitate S. 67, 76; vgl. auch die territorialen Ambitionen Hessen-Kassels beim Westfälischen Friedenskongress: ebd., S. 158; vgl. auch Schulze: Reichskreise, S. 440 – 445, 452. 63 Vgl. Ziegler: Würzburg, S. 100. 64 Vgl. Scharold: Zwischenregierung; Deinert: Epoche; Klinger: Fürstenstaat, S. 63. 65 Vgl. Biblia, Das ist die gantze heilige Schrift … Martin Luthers: Auf gnädige Verordnung deß … Fürsten … Ernsts, Herzog zu Sachsen … Von etlichen reinen Theologen erkläret …, Nürnberg (verlegt bei Endter) 1641/1649; Kupferstich von P. Troschel, abgebildet in: [Bircher:] Garten, S. 94. Nach 1634 spielte Franken zwar in der öffentlichen Darstellung des Herzogs zunächst keine Rolle mehr, weil damit vorrangig die Verlustgeschichte verknüpft gewesen und eine Position behauptet worden wäre, die das Bemühen der Brüder um ein Einvernehmen mit dem Kaiser nach dem Prager Frieden in Frage stellte – nach Bernhards Tod konnte das ehemalige Herzogtum aber ungefährdet mit seiner Person verbunden werden und seine Erfolge anzeigen.
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„Herzog von Franken“? Im Bericht Graf Brandensteins über die Einsetzung fällt explizit der Titel „Herzog von Franken“: Bernhard sei nun „Landesfürst und Herzog zu Francken, Würzburg vndt Bambergk“.⁶⁶ Bernhard verwendete ihn allerdings nicht für sich.⁶⁷ Das war ein Element der Vorsicht. Ein solcher Titel hätte eine Belehnung durch den Kaiser vorausgesetzt, ihn zu führen vermutlich die Ächtung nach sich gezogen. Die Bischöfe nutzten diese über hohes „symbolische[s] Potential“ verfügende Bezeichnung traditionell, auch zu propagandistischen Zwecken. Die Titulatur markierte ihre Vormachtansprüche im fränkischen Gebiet, auch wenn sie „keinen gesamtfränkischen Anspruch“ durchsetzen konnten.⁶⁸ Intern erteilte Bernhard allerdings Anweisungen „an den Kanzler und die Räte des Herzogtums Franken“.⁶⁹ Hier agierte er in einer anderen Rolle. Ebenso findet sich seine Bezeichnung als fränkischer Herzog in Supplikationen und Eingaben.⁷⁰ Auch Druckschriften oder der nach Dresden gegebene Bericht sprechen vom „Herzog in Franken“,⁷¹ und die vorsichtige doppelte Verneinung im Titel eines aus der Zeit seiner fränkischen Regierung stammenden Kupferstichs – „Nec non Franconiae dux“ – ist als Bejahung zu lesen.⁷² Die hier gewählte Darstellung zu Pferd in Levade ist ambitioniert, 66 Vgl. Christoph Carl v. Brandenstein: Zeugniß über die vollzogene Einweisung Herzogs Bernhard in das Herzogtum Franken, Würzburg, 18./ 28. Juli 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 435 ff., hier S. 436 f. 67 Vgl. bsp. folg. Mandat Bernhards im eigenen Namen, Würzburg, 8. Dezember 1633, StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 22v. – 23r. 68 Merz: Herzogswürde; zum frühen „Herzogtumsprogramm“ der Bischöfe vgl. Merz: Fürst, v. a. S. 202 ff.; zur Nutzung des Herzogstitels durch die Bischöfe auch Kleinehagenbrock: Würzburg, S. 2304; Sicken: Geschichte, S. 278 f. 69 Vgl. Bernhard v. Weimar an die fl. Kanzler und Räte des Hzt. Franken alhier, Wilmersdorff, 2. April 1634, StAWü, Hist. Verein: M. S. f. 63, Dok. 1. 70 Vgl. StAWü, Gericht Würzburg Stadt 377 (unfol.); vgl. allerdings die Formulierung Bernhard sei „Herzog zu Sachsen, Cleve und Berg, auch in Franken, Fürst zu Bamberg und Würtzburg (…)“, Adressangabe eines Briefes an Bernhard v. Weimar vom 7. Februar 1634, StAWü, Hist. Saal VII 44, Bl. 16v. 71 Vgl. [Anonym:] Einräumung; Panegyricus Serenißimo; Leuber: Epicharma; Lungwitz: Heldenthaten. Die Martin Optiz zugeschriebene Versdichtung „Ratispona in libertatem vindicata“ nennt Bernhard „Saxoniae ac Franconiae duci“: [Martin Opitz]: Ratispona in libertatem vindicata. Auctoris incerti carmen, [Frankfurt a. M. 1633], in: Marschall/Seidel: Martin Opitz, Bd. 3, Widmung; zur Autorschaft vgl. Opitz: Briefwechsel, S. 1176, K; S. 1214 ff. Opitz war in dieser Zeit als schlesischer Agent Mitglied einer Delegation in Frankfurt und mit den Planungen des schwedischen Bündnisses vertraut. Unter den Pro-Bernhard-Schriften finden sich mehrere kursächsische Autoren und Akteure, deren Engagement für Bernhard in die Zeit des Dresdner Bündnisses mit Schweden fällt. 72 Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich/Radierung, Bildmaße 235x105 mm, Porträtsammlung HAB Wolfenbüttel: Inv.-Nr. II 4671, Datenbank-Nr.: A 18326, http://portraits.hab.de/werk/18333 [25.04. 2023].
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symbolisiert sie doch die Befähigung zur Herrschaft, aber auch hier ist Bernhard vorrangig der Militär. Als solcher bleibt seine Darstellung in jenen Bahnen, die nicht-regierende Feldherrn der Zeit beschritten. Das Fehlen einer expliziten Darstellung Bernhards als fränkischer Landesherr ist auffällig. Gerade sein Legitimationsproblem verhinderte eine effektive Inszenierung dieser Herrschaft. Zum anderen stand sein fast durchgängiger weiterer Kriegseinsatz umfangreicheren eigenen Bemühungen zur Zurschaustellung seiner Herrschaft entgegen.
Konfliktlagen: unklare Verfügungsgewalt und Akzeptanz An Konflikten mangelte es im Herzogtum nicht. Bernhards Herrschaft war zu keiner Zeit unumstritten. Es ging um Personalentscheidungen, die Kirchen- und Schulpolitik, Steuererhebungen, seine Befugnisse als Landesherr, für die breite Bevölkerung vor allem um die Kriegsbelastungen, Abgabenpflichten und religiöse Fragen. Mit der Frage nach der Verfügungsgewalt und der Herrschaftsakzeptanz sollen zwei Bereiche in den Blick genommen werden, die die Chancen und Risiken des Projekts „Franken“ genauer zu fassen ermöglichen. Bernhard verließ Würzburg wenige Tage nach seiner Einsetzung wieder und reiste nach Donauwörth zur Armee. Er musste, auch für Franken, weiter Krieg führen. Die Geschäfte führte Ernst.⁷³ Für das Gebiet bedeutete die weimarische Herrschaft einen deutlichen Einschnitt: Statt der Fürstbischöfe (in Würzburg geweihte Priester)⁷⁴ regierte ein weltlicher Fürst und ein Mitglied einer Dynastie, die für sich in Anspruch nahm, das „wahre“ Luthertum zu vertreten. Der neue Landesherr war ein Militär, der seine Macht dem Kriegsrecht verdankte, von einer auswärtigen Macht und nicht vom Kaiser belehnt worden war und sich als Verfechter der deutschen Freiheit gegen einen übergriffigen Kaiser betrachtete, er stand in protestantischen Bündnisbeziehungen.⁷⁵ Eine tatsächliche weimarische Herrschaftsausübung war wesentlich stärker im würzburgischen denn im bambergischen Landesteil möglich, der teilweise von feindlichen Truppen beherrscht wurde. Auch in den militärisch kontrollierten Gebieten des Herzogtums waren die Zuständigkeiten und Rechte aber vielfach unklar. Die Probleme begannen bereits damit, landesweit Huldigungen für die weimarische Herrschaft durchzusetzen.⁷⁶ Bernhards bischöflicher Vorgänger Hatzfeld hatte in der 73 Später trat Tobias von Ponickau weitgehend an seine Stelle. 74 Vgl. Kleinehagenbrock: Würzburg, S. 2304. 75 Die Bischöfe hatten der Liga angehört. 76 Vgl. bsp. Erläuterungsmandat von Oxenstierna im Namen von Königin Christina, Frankfurt a. M., 7. September 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. VIII a.
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kurzen Zeitspanne zwischen seiner Wahl im August 1631 und seinem Exil allein in Kitzingen und Würzburg die Erbhuldigung durch die Untertanen durchführen können;⁷⁷ Gustav Adolf hatte sich aber auch huldigen lassen.⁷⁸ Eine Verweigerung der Huldigung stellte die Legitimität der Herrschaft offen in Frage.⁷⁹ Noch am 29. Juli hatte Brandenstein die würzburgischen und bambergischen Landstände, die nicht bei Bernhards Einsetzung anwesend waren, zur Erbhuldigung angewiesen.⁸⁰ Manche Huldigungen konnten erfolgreich durchgeführt werden,⁸¹ andernorts gab es Schwierigkeiten. Oxenstierna bestätigte Bernhards Position daher im September nochmals und ermahnte Stände und Untertanen, ihn als fürstliche Obrigkeit zu akzeptieren,⁸² die Auseinandersetzungen um Bernhards Rechte dauerten indes an. Aus weimarischer Sicht handelte es sich um Verhinderungstaktiken oder zumindest Verschleppungsmanöver. Für die Stände war es schon misslich, abgabepflichtig zu werden, zumal angesichts der Kriegsbelastungen. Die territoriale und rechtliche Gemengelage im Herzogtum trug zu den Unklarheiten entscheidend bei. Das fränkische Gebiet, ein „territorium non clausum“, kennzeichneten zahlreiche Überschneidungen politischer und rechtlicher Zuständigkeiten, die wiederholt zu Streitigkeiten geführt hatten.⁸³ Schweden hatte vergeblich versucht, die Rechtslage zu klären,⁸⁴ und selbst durch Donationen neue Unklarheiten erzeugt. Jedoch waren fast alle schwedischen Donationen ausdrücklich in die Donation an Bernhard eingeschlossen.⁸⁵ Er erhielt das „iure superioritatis
77 Vgl. Romberg: Das Bistum und Hochstift. 78 Vgl. Gustav Adolf: Dekret, 24. Oktober 1631, StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 2r. 79 Vgl. Holenstein: Huldigung. 80 Christoph Carl von Brandenstein: Patent, darin er den Würzburgischen und bambergischen Landständen, … Würzburg, 19./29. Juli 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. III.; vgl. auch Röse: Herzog, Bd. 1, S. 438 ff. 81 Bsp. in Eltmann am 22. August 1633, vgl. Kandler: Kirchlauter, S. 237. 82 Erläuterungsmandat von Oxenstierna im Namen von Königin Christina, Frankfurt a. M., 7. September 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. VIII a. 83 Vgl. Merz: Fürstbistum, S. 118 f.; Romberg: Die Würzburger Bischofsreihe von 1617– 1803. Ausgewählte Forschungsperspektiven zu Landesherrschaft und geistlichem Wirken, in: Würzburger Diözesan-Geschichtsblätter 76 (2013), S. 9 – 72, hier S. 31; Weiß: Bamberg, Hochstift; Nicklas: Haus Sachsen-Coburg, S. 47; zum Kreis u. a. Endres: Reichskreis. 84 Vgl. bsp. Dekret Gustav Adolfs von Schweden vom 24. Oktober 1631, StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 2r. 85 Vgl. Schwedischer Schenkungsbrief über das Herzogtum Franken, Heidelberg, 10. Juni 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 423 – 430, hier S. 424, eine leicht abweichende Auflistung bei: Christoph Carl v. Brandenstein: Zeugniß über die vollzogene Einweisung Herzogs Bernhard in das Herzogtum Franken, Würzburg, 18./28. Juli 1633, in: ebd., S. 435 ff., hier S. 435 f.; vgl. Brandenstein in seinem Mandat vom 29. Juli: Bernhard habe alles „cum omni jure superioritatis territorii und allen andern
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territorii“ und alle Regalien, Rechte und Gerechtigkeiten, über die zuvor die Bischöfe verfügt hatten; Stifts- und Klostergut war in größerem Umfang in das Herzogtum einbezogen worden. Schweden behielt sich aber die Befehlsgewalt über die Festungen Würzburg und Königshofen vor.⁸⁶ Für den Widerstand gegen die neue Herrschaft und ihre Forderungen bildeten die unklaren Grenzen einen Ansatzpunkt. Oxenstierna verlautbarte, die Bernhard‘sche Donation sei eindeutig, einbezogen sei alles, was nicht „hiervon außdrücklich und specialiter eximirt und benommen“. Bernhard solle die ausstehenden Kontributionen einbringen lassen. Damit entzog sich der Reichskanzler aber der von Bernhard erhofften Hilfe in den Konfliktfällen.⁸⁷ Im August hatte er Oxenstierna bereits gebeten, eine in Frankfurt errichtete Kommission, die die Donationen prüfen, eine Übersicht über sie erstellen und Zweifelsfälle klären sollte, möge schneller arbeiten.⁸⁸ Jetzt folgten aber zahlreiche einzelne Auseinandersetzungen.⁸⁹ Bernhard trug auch einen entsprechenden Konflikt innerhalb des schwedischen Bündnisses aus, nämlich um die Frage, ob das Kloster Frauenroda (Frauenroth) zu der ihm übertragenen Donation gehöre – was für ihn eindeutig war – oder Graf von Brandenstein. Bernhards Räte wurden in seinem Sinne aktiv.⁹⁰ Es ging um Herrschaftsrechte und Einnahmen und dies gegen einen hochrangigen Vertreter Schwedens. Auch mit größeren Reichsständen gab es territoriale Konflikte. Georg II. von Hessen-Darmstadt beschwerte sich bei Bernhard über Überbegriffe auf ein nahe Darmstadt gelegenes Gebiet, das sein Vater Landgraf Ludwig V. eingebracht habe. „Als ein löblicher Fürst des Reichs“ werde Bernhard es nicht wagen, dieses Territorium entgegen dem Reichsrecht einzuziehen, schließlich sei er zur „christ-
Regalien“ erhalten: Christoph Carl v. Brandenstein: Patent, darin er den Würzburgischen und bambergischen Landständen, … Würzburg, 19./29. Juli 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. III. 86 Einschließlich des Rechts, dort Besatzungen hinein zu legen, vgl. Christoph Carl v. Brandenstein: Befehl an die Kommandanten zu Würzburg und Königshofen, Würzburg, 19. Juli 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 440 ff.; vgl. Sicken: Geschichte, S. 311. Ebenso war bsp. „waß (…) von Salzforst, nach Waldtaschach geschlagen worden (…) eximiret“: Schwedischer Schenkungsbrief über das Herzogtum Franken, Heidelberg, 10. Juni 1633: Röse: Herzog, Bd. 1, S. 423 – 430, hier S. 424. 87 Vgl. Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Frankfurt a. M., 10. September 1633, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. VIII b. 88 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Würzburg, 25. August 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 74. 89 Vgl. bsp. Vergleich Ihrer F. GN. H. Herzog Bernhard zu Sachsen mit dem Freyherren Hans Wilhelm von Effern, … ihm geschenkte Güter in Franken betreffen, Frankfurt a. M., 3. Mai 1634, von beyden unterschrieben und besiegelt, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. IX. 90 Vgl. StAWü, Historischer Saal VII 44, Bl. 2r. – 16v.; auch LATh-StA Gotha, GA NNN II 8.
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fürstlichen discretion und naigung zur Reichsfreyheit hoch begabt“, warnte er.⁹¹ Georg II. verwies den Herzog damit auf seine eigenen Postulate. Den Ständen und Untertanen wie selbstverständlich anderen Reichsfürsten war sehr bewusst, dass sich seine Herrschaft nicht in das bestehende Reichssystem fügte. Um sie zu festigen, hätte Bernhard einer stärkeren schwedischen Unterstützung bedurft, eine generelle Regentschaft gegen Schweden war sowieso nicht möglich. Bernhard setzte in der Folge auf den klaren Schnitt und das Ignorieren der hergebrachten unterschiedlichen Herrschaftsrechte. Das hat die Akzeptanz seiner Regierung, auf die auch die frühneuzeitliche Herrschaft angewiesen war, nicht gesteigert. Zunehmend mangelte es Bernhard in Würzburg an Autorität. Insofern mag von einem Scheitern der Weimarischen Regierung schon vor der militärischen Entscheidung gesprochen werden. Die weitgehende Abwesenheit Bernhards in Franken hat dieses Problem verschärft. Selbstverständlich vermittelte sich die weimarische Herrschaft über ihre Personal-, Verwaltungs-, Bildungs-, Infrastruktur- und Wirtschaftspolitik und wurde durch hier getroffene Maßnahmen für die Untertanen erfahrbar. Sie traf binnen kurzem auf vielfältige Widerstände und gegen sie gerichtete Agitationen. Das ist als Erhöhung des politischen Handlungsdrucks und zugleich Motiv für die Konfessionspolitik interpretiert worden.⁹² Die Fürstbischöfe hatten prägende Strukturen etabliert,⁹³ und auch personale Loyalitäten dauerten fort, wenngleich die Flucht Bischof Hatzfelds bei der Bevölkerung auf Empörung gestoßen war.⁹⁴ Neben dem Steuerdruck und den Kriegsbelastungen verringerten vor allem die pro-protestantische Konfessionspolitik und die Politik eines Elitenwechsels die Akzeptanz. Auf der Ebene des fränkischen Reichskreises „erbte“ Bernhard Konfliktlagen, die sich mit der konfessionellen Gemengelage des Kreises verbanden.⁹⁵
91 Landgraf Georg II. v. Hessen-Darmstadt an Bernhard v. Weimar, Darmstadt, 24. Dezember 1633, LATh-StA Gotha, GA NNN II. 6, Bl. 17r. – 18v. 92 Vgl. Weber: Würzburg, S. 74. 93 Julius Echters Nachfolger führten seinen Kurs prinzipiell weiter, vgl. bsp. Sicken: Geschichte, S. 298; Merz: Fürstbistum. 94 Vgl. Junius: Verzeignuß. 95 Während sich die katholischen Stände an der Liga orientiert hatten, hatten sich die evangelischen zur Union ausgerichtet; in den Auseinandersetzungen verbanden sich Streitigkeiten um konfessionelle Fragen und Herrschafts- und Besitzrechte, vgl. Endres: Reichskreis, S. 20; Sicken: Würzburg, S. 132.
Handeln als Landesherr?
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Handeln als Landesherr? Herzog Ernst entfaltete umfangreiche Tätigkeiten zur Regierung Frankens.⁹⁶ Er galt als stark verstandesbegabt, die Leichenpredigt für ihn spricht von der „sonderbahre[n] Fähigkeit und Schärffe des Verstandes“.⁹⁷ In Franken versuchte er umfangreiche Reformen in Gang zu setzen, die die politische Stellung der Protestanten, das Zusammenleben der Konfessionen, die Kirchenpolitik und insbesondere das Schul- und Bildungswese betrafen.⁹⁸ Sie sind aufgrund der kurzen Zeit der weimarischen Regierung kaum zum Tragen gekommen und resultierten in sich zuspitzenden Konfrontationen auf verschiedenen Politikfeldern, aber sie zeigen, wie die Brüder politisch zu agieren trachteten und ein ernestinischer Landesausbau gedacht war. In der Konfessionspolitik Bernhards und Ernsts gab es, wie die Forschung gezeigt hat, zunächst konfessionelle Vermittlungs- und Ausgleichsversuche. Bernhard hatte bei seiner Belehnung zugesagt, die „Religion und freyheiten unperturbiret“ zu lassen.⁹⁹ Bitten der Würzburger zu Beginn der weimarischen Regierungszeit zielten auf eine Bewahrung ihrer konfessionellen und politischen Rechte, eine Reduzierung der Kontributionen und darauf, mehr Sicherheit zu schaffen, damit die Äcker und Weinberge bestellt werden könnten.¹⁰⁰ Ernst begann eine Politik des konfessionellen Ausgleichs.¹⁰¹ Nicht zuletzt die Aufzeichnungen der Bamberger Dominikanerin Maria Anna Junius lassen erkennen, dass der konfessionelle Gegensatz von beiden Seiten deutlich empfunden wurde;¹⁰² sie erlebte aber von Seiten der schwedischen Offiziere wie Bernhards Zurückhaltung und erfuhr Schutz. Den Herzog stellt sie nach der persönlichen Begegnung im März 1633 sogar als freund-
96 Seine fränkische Regierungszeit ist als Übungszeit für seine gothaische Herrschaft verstanden worden, bsp. Beck: Ernst; Böhm: Hochschulwesen, S. 1191. 97 Christ-Fürstlicher Lebens-Lauff/ Des … Herrn Ernstens, Bl. [B i]r. 98 Vgl. Deinert: Epoche, Scharold: Zwischenregierung, Laß: Amts- und Landesbeschreibungen, S. 39 – 41, 51; Beck: Ernst, Tl. 1, Abschn. 2. 99 Huldigungseid, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 1, S. 93 f. 100 Vgl. Beck: Ernst, S. 81 – 84. 101 Vgl. Mager: Bemühungen. Auch die Adressierung der Glückwunschpredigt Kessels an die Bürgermeister und den Rat der Stadt Würzburg kann als Vermittlungsversuch verstanden werden. 102 Junius: Verzeignuß; zu Junius Kormann: Ich, S. 190 – 214; vermutlich notierte Junius „Ereignisse (…) erst mit einigem zeitlichen Abstand“ (ebd., S. 194). Insgesamt war das Reich keineswegs durch eine omnipräsente konfessionelle Konfrontationshaltung geprägt, vgl. Harms: Kampf- und Kriegsbereitschaft, S. 61 – 63, zur Vielzahl von Flugblättern, die schwerlich konfessionell zuzuordnen sind bzw. „dogmatische Gegensätze zu Gegenständen des Dialogs“ machten (S. 62).
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lich dar, er erscheint leutselig – er habe allen Nonnen die Hand gegeben und mit ihnen gesprochen, sie aufgefordert zu singen und aufmerksam zugehört.¹⁰³ Bald aber strebte die weimarische Seite eine grundlegende Veränderung der konfessionellen Landkarte Frankens an und setzte auf eine entschiedene Protestantisierungspolitik. Eine konfessionelle Vereinheitlichung versprach politische Vorteile, eine engere Verbindung der Untertanen zur Obrigkeit und deren bessere Disziplinierung.¹⁰⁴ In einem stark auf den Katholizismus ausgerichteten Territorium und in der katholisch geprägten Bildungslandschaft Frankens konnte die Ausrichtung auf das Luthertum aber nur eingeschränkt konsensfähig sein,¹⁰⁵ auch wenn offen ist, wie tiefgreifend die Konfessionalisierung und längerfristig wirksam die Echterschen Reformen tatsächlich waren,¹⁰⁶ so dass eine länger betriebene Politik der konfessionellen Duldung oder die dezidiert protestantische Politik doch hätten erfolgreicher sein können. Bereits die schwedische Regierung hatte beispielsweise ein Konsistorium eingerichtet. Superintendent Schleupner war anders als Ernst kaum zu Kompromissen in Religionsfragen bereit, sondern Verfechter einer Protestantisierung Frankens. Das Angebot an die Katholiken bestand darin, sich „rühren“ zu lassen, „wie Christlich vn[d] trewhertzig es alles gemeynet“ und so zur Wahrheit (des Protestantismus) zu kommen.¹⁰⁷ Die „reine Lehr“ solle, formulierte eine andere Publikation, in Franken vom „Himmel ab sich schwingen/ und durch ein‘ sanfften Geist steinharte Hertzen zwingen“.¹⁰⁸ Schleupner konzipierte ein Gebet für Bernhard als Landesherren, das zugleich ein Gebet für die Bekehrung der „Ungläubigen“ ist. Es war demnach die Mission der weimarischen Regierung, den Protestantismus zu retten und dafür weiter Krieg zu führen; gebetet wird entsprechend für den Herzog, „seine Brüder und das Haus Sachsen, für alle hohen und niederen „Offizianten“ in deren Hofhaltung und Regierung, „alle Räthe, Ambtleute vnnd Diener“ der Regierung, „alle hohen vnnd niedern Officirern“ und „das ganze Christliche heer“, die „des Herrn Krieg führen“. Erst ein militärischer Sieg ermöglicht hier einen Frieden,
103 Vgl. Junius: Verzeignuß, Tl. 1, bsp. S. 114 f.; vgl. auch S. 44 f., 112, 125 f., 129 f.; vgl. Haude: Coping with Life, S. 60, 228 f. 104 Reinhard: Grundlagen, S. 27. 105 Zum Begriff „Bildungslandschaft“ Schindling: Bildung, S. 9 – 16. 106 Merz: Julius Echter, S. 82; übergreifend Schindling: Konfessionalisierung; Brockmann/Weiß: Konfessionalisierungsparadigma; zur regionalen Differenzierung Schubert: Gegenreformation; Kandler: Kirchlauter, v. a. S. 225 ff.; Fätkenheuer: Lebenswelt; Emmert: Kirche, S. 171 f., 181; zur Erfahrungsgeschichte auch Kleinehagenbrock: Hohenlohe. 107 Schleupner: Leser, Aii.; er hielt diese Predigt also kurz vor Bernhards Amtseinführung. 108 Drach: Gratulatio Votiva, o.S.
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in dem „die Kinder wolerzogen, vnnd die Nahrung recht angerichtet werde, vnnd das Land sein gewechs gebe“.¹⁰⁹ Die Katholiken sagten die Fürbitte für den Landesherrn zu und den Verzicht „auf Kanzelpolemik und Propaganda“.¹¹⁰ Einschränkungen ihrer Religionspraxis waren sie jedoch nicht bereit hinzunehmen. Die weimarische Regierung verstand dies als mangelnde Einsichtsbereitschaft und Ungehorsam und verschärfte den konfessionellen Kurs, um den Katholizismus in seinem öffentlichen Erscheinungsbild, seinen Handlungsoptionen und seiner Wirkmächtigkeit zurückzudrängen. Gleichwohl bestanden Rückzugsmöglichkeiten und Kompromissangebote.¹¹¹ Im Stift Neumünster konnten weiter katholische Gottesdienste abgehalten werden, allerdings nur „bei verschlossenen Türen und ohne Geläut“, Prozessionen wurden aus dem öffentlichen Raum verbannt, parallel zum gregorianischen Kalender galt wieder der julianische.¹¹² Viele Geistliche hatten die Stadt bereits beim Anrücken der Schweden 1631 verlassen, die verbliebenen „Prälaten, Geistliche vnd andern Ordens Persohnen“ verpfichteten sich eidlich zur Treue gegenüber Bernhard als „Landesfürst“ und „Ordentliche Obrigkeit“. Dem Text nach hatten sie zu achten, was ihm „von Gottes, Rechts, vnd gewohnheit wegen“ zustehe.¹¹³ In verwaiste Pfarrstellen setzte Ernst jedoch Prädikanten ein und suchte die katholische Kirche durch Inspektoren für das Kirchenwesen zu kontrollieren.¹¹⁴ Der als Generalvikar fungierende geistliche Rat Dr. Joachim Ganzhorn, der zugleich Stadtrat war, wurde zum „Motor“ des sich entwickelnden Widerstandes.¹¹⁵ Dazu zählte auch die Verweigerung von Abgaben durch die geistlichen Korporationen.¹¹⁶
109 Christoph Schleupner: Gemein Gebet, so bißher zu Würzburg gemeiniglich nach der Predigt gesprochen worden, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 103 ff., S. 103 – 107, Zitate S. 104 f. 110 Mager: Bemühungen, S. 22. Allgemeine Kirchengebete für die Obrigkeit waren zumindest üblich, vgl. Hanisch: Fürbitte, v. a. S. 53 – 59: Während in protestantischen Territorien Fürbitten für den Landesherren über Kirchenordnungen verankert worden waren, wurden in katholischen Territorien die Landesherren in das allgemeine Kirchengebet einbezogen; vgl. auch Gebete für Kaiser und Reich: Rudolph: Solennitäten, S. 68. 111 Zur katholischen Religionsausübung vgl. auch LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 7, Bl. 1r. – 16r. 112 Wendehorst: Stift, S. 70; vgl. Mager: Bemühungen, S. 21 f. 113 Vgl. Formula Juramenti Fidelitatis, welches den Herren Prälaten, Geistlichen vnd andern Ordens Persohnen zu Würzburgk vorzuhalten, in: Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 115 f. Schweden ist hier nicht erwähnt. 114 Vgl. Wendehorst: Bistum Würzburg, S. 71. 115 Vgl. Leo: Würzburg; Weber: Würzburg, S. 69 – 92; Romberg: Bistum Würzburg 7, S. 252 f. 116 Vgl. Wendehorst: Bistum Würzburg, S. 71; Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 353, Beilagen S. 110 f., Nr. LVIII.
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Behörden Die weimarische Regierung gestaltete die Verwaltungsstruktur grundlegend um, was nach ihrem Ende nur nach und nach zurückgenommen werden konnte.¹¹⁷ Sie teilte das Land in acht sogenannte Hauptmannschaften und führte eine dreiteilige Behördenstruktur aus Regierung, Konsistorium und Kammer wie in Weimar ein.¹¹⁸ Eine detaillierte Kanzleiordnung sollte das Funktionieren der Regierung sichern.¹¹⁹ Man ging die Unterlagen des Fürstbischofs durch¹²⁰ und bemühte sich um eine genaue Landesaufnahme als Basis der Regierungstätigkeit. Zugleich gab es Kontinuitäten: Bernhard griff teils auf Verordnungen der Schweden zurück und erneuerte sie fast unverändert.¹²¹ Inwiefern er selbst grundsätzliche, weiter reichende politische Pläne für Franken entwickelte, ist indes kaum zu sagen.
Bildungswesen Die Personalpolitik im politisch-administrativen Bereich war konfessionell und von Loyalitätsfragen bestimmt.¹²² Auch im Bildungswesen wurde eine konfessionelle Umorientierung angestrebt, das galt v. a. für den Aufbau eines protestantischen Gymnasiums¹²³ und die Würzburger Universität, die Bernhard wieder eröffnen lassen wollte.¹²⁴ Sie war im Krieg geschlossen worden, während in den meisten Universitäten im Reich der Universitätsbetrieb weiterlief. Auch neue Machthaber und Besatzungsmächte hatten generell ein Interesse am Fortbestehen der Institutionen.¹²⁵ Mit der Hochschule setzte Bernhard an einer Schlüsselstelle an, 117 Vgl. auch Deinert: Epoche, S. 13, 181. 118 Vgl. Übersicht über das Regiment des Herzogtums Franken, LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 7, Bl. 89r. – 90v. 119 Vgl. Würzburgische Canzleyordnung, LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 7, Bl. 9r. – 56r. 120 Vgl. bsp. die Existenz von Dokumentenkopien wie: Instrumentum uber deß Bischofs Herrn Johann Georgen zu Bamberg Testament, den 25. Martii 1579, LATh-StA Gotha, GA NNN II Nr. 8, t.w. unfol. 121 Vgl. bsp. StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 22v. – 23r.: Mandat Bernhards von Sachsen-Weimar, Würzburg, 8. Dezember 1633, und ebd., Bl. 6r.: Mandat der schwedischen Statthalter, Kanzler und Räte des Herzogtums Franken, Würzburg, 20. November 1632; vgl. Gustav Adolf: Mandat, Würzburg, 21. November 1631, StAWü, G-Akten 13403, unfol. 122 Zur Besetzung von Ämtern mit Angehörigen der Augsburgischen Konfession vgl. bsp. LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 7, Bl. 53r., 69v. – 75v.; die meisten höheren Verwaltungsbeamten waren beim schwedischen Vormarsch geflohen, Weber: Würzburg, S. 46, 49. 123 Er war schon unter Schweden beschlossen worden, vgl. Wegele: Geschichte, Bd. 2, S. 336. 124 Vgl. Baumgart: Julius-Universität; Brommer: Rekatholisierung, S. 12. 125 Vgl. Asche: Der Dreißigjährige Krieg und die Universitäten, S. 155 ff.
Bildungswesen
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einem Sammelpunkt geistigen Lebens und der Meinungsbildung. Im Frühjahr 1634 verfügte er, die Wiedereröffnung vorzubereiten und „qualificiert[e]“ sowie „der ungeänderten Augsburgischen Confession zugethane redliche“ Mitarbeiter anzuwerben. Zur Unterhaltung sollten die Einkünfte der Klöster, Güter der Universität, Kapitalien und Schuldverschreibung dienen.¹²⁶ Bernhard setzte sich mit diesen Plänen über schwedische Maßgaben hinweg.¹²⁷ Ebenso gab es in der weimarischen Zeit ein „Evangelisches Collegio“ in Würzburg, das zwischenzeitlich 27 Stipendiaten hatte, aus Brandenburg, Österreich, Franken, der Pfalz, Böhmen und Thüringen.¹²⁸ Ernst erachtete das Bildungswesen in Franken¹²⁹ insgesamt als dringend reformbedürftig. Er war stark durch die weimarischen Schulreformdiskussionen beeinflusst, doch die von ihm intendierten Bildungsreformen in Franken waren nur eingeschränkt innovativ. Die neuen naturwissenschaftlichen Entwicklungen waren für ihn kein Thema, er blieb im Kern auf die Theologie bezogen und zog auch vor allem Theologen und ergänzend die Vertreter der Philosophischen Fakultät zu den Planungen hinzu. Im Rahmen eines mehrstufigen Planungs- und Beratungsprozesses¹³⁰ erstellte Sigismund Evenius eine „Generalverfassung der Schulen“ und Veränderungsvorschläge; neben ihm wirkten der Gothaer Superintendent Balthasar Walther (Gualtherus) und der Theologe Georg Calixt als Berater in Franken.¹³¹ Der den Theologen vorgelegten Problemanalyse¹³² zufolge mangelte es vorrangig dem protestantischen Bevölkerungsanteil Frankens vor allem an Gottes-
126 Vgl. Bernhard v. Weimar an Tobias v. Ponickau, Frankfurt a. M., 2. Mai 1634, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. XI.; zur Finanzierung der Hochschule Schubert: Grundlagen, S. 74. 127 Vgl. den Schenkungsbrief, in: Röse: Herzog, Bd. 1, S. 426; wie unter Echter sollte die Universität klar dem landesherrlichen Zugriff unterliegen; zum Austausch mit Hainhofer über das Universitätsprojekt: Philipp Hainhofer an Herzog August d. J. v. Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 30. Juli/ 9. August 1634, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 607. 128 Vgl. LATh-StA Gotha, GA NNN II Nr. 8, Bl. 4r.; die Arbeit des Collegios bleibt aber unklar. Protestantische Einflüsse gab es in Franken durch die protestantischen Reichsstädte und ihre Pfarrer, Gymnasien und Bibliotheken und die Universität Altdorf, Schindling: Bildung, S. 11 f.; das Collegio mag ein Ersatz für die unter Gustav Adolf erwogene „Fürstenschule“ für junge Adlige gewesen sein, die an die Stelle des 1607 gegründeten Adeligen Seminars treten sollte, vgl. Schubert: Grundlagen, S. 47– 53. 129 Vgl. Weiss: Schulwesen. 130 Vgl. Mager: Bemühungen, S. 22; Conermann: Briefe, Bd. 3 (Reihe I., Abt. A), S. 520; Böhne: Bestrebungen, S. 8 ff., 22 f.; zur Weiterführung in Gotha auch Brachmann: Ernst. 131 Evenius hatte u. a. das Magdeburger Gymnasium geleitet, wie Walther war er ein Ratke-Schüler; Calixt wurde als Professor in Helmstedt mit seinem Schüler Brandanus Daetrius kurzzeitig von Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel für den Aufenthalt in Franken freigestellt. 132 Zum folg. vgl. Extract der Conferentz auff gnedigem Befehl I. F. Gn. Herzog Ernsten, mitt den Herren Theologen zu Jhena gehalten d. 9. Junij 1634, FB Gotha, Chart. A 462, Bl. 102r. – 104r.; die
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furcht, der Kenntnis der alten Sprachen, auch gebe es Defizite bei den Künsten. Vielerorts wird der Ausbildungsstand nicht wesentlich anders gewesen sein.¹³³ Das Luthertum sollte durch die Prägung der heranwachsenden Generation gestärkt werden. Die Kinder seien nicht in der rechten „Gottesfurcht (…) erzogen“ und die Eltern dazu in der Regel nicht in der Lage. Allenthalben fehle es an Schulen, insbesondere auf den Dörfern; wenn diese vorhanden seien, werde nur auf das gesehen, „was zum äuserlichen Leben dienlich“ sei, die Kinder lernten allein lesen, schreiben, rechnen und singen. Ihre religiöse Ausbildung bestehe höchstens „im bloßen außwendiglernen und wissen ohne Verstand“. Es gebe mithin keinen „eyfer in der Religion“. Bei der „erwachsene[n] Jugend“ zeigte sich ein ähnliches Bild: Sie stehe nicht fest im Glauben und sei leicht durch die Papisten zu verführen. Es mangele daher an Theologiestudenten und fähigen Predigern. Viele könnten in ihrem Amt „nichts außrichten“ und seien den „Widersachsern nicht gewachsen“. Entscheidend ist die Gefahrenperzeption: Da „keine Besserung des Lebens“ der Bevölkerung durch einen verinnerlichten Glauben in Aussicht stehe, drohten Gottes Zorn und göttliche Strafen.¹³⁴ Vergleichbar sollte Ernst seine Politik in SachsenGotha begründen.¹³⁵ Der Katholizismus jesuitischer Prägung wurde als entscheidende Bedrohung wahrgenommen, gegen den auf gleicher Ebene, der der Bildung, zu kämpfen sei. In den Schulen für die unteren Klassen, den „deutschen Haubt Schule[n]“ auf den Dörfern und in den Städten sollte es aber keine Trennung nach den Konfessionen geben¹³⁶ und der Unterricht durch vermehrte Bibellektüre, Gebete, Lieder und den Einsatz des Katechismus verändert werden. Die Theologen stimmten diesen Hauptartikeln des Entwurfs größtenteils zu. In seiner Ausführlichkeit und der Detailliertheit auch der Lösungsansätze war das Konzept auf Bestätigung, weniger denn auf andersartige Analysen und Vorschläge hin angelegt.¹³⁷ Das Konsistorium in Würzburg konzipierte konkretere Schritte zur Verankerung der evangelischen Lehre im Alltag, vor allem durch Richtlinien zur Bestellung
Problemanalyse differenziert nach Lebensalter, Verstandeskraft und Bildungsstand der Bevölkerung, ebd., Bl. 102 – 114v. 133 Vgl. bsp. die Ende des 16. Jh.s im reformierten Heidelberg festgestellten großen Defizite im konfessionellen Basiswissen, in der Kenntnis der Grundgebete und des Kinderkatechismus: Wolgast: Calvinismus, S. 43. 134 Extract der Conferentz auff gnedigem Befehl I. F. Gn. Herzog Ernsten, mitt den Herren Theologen zu Jhena gehalten d. 9. Junij 1634, FB Gotha, Chart. A 462, Bl. 102r. – 104r., hier Bl. 102v. 135 Vgl. Klinger: Fürstenstaat. 136 Vgl. Wegele: Geschichte, Bd. 2, S. 341. 137 Vgl. Extract der Conferentz auff gnedigem Befehl I. F. Gn. Herzog Ernsten, mitt den Herren Theologen zu Jhena gehalten d. 9. Junij 1634, FB Gotha, Chart. A 462, Bl. 102r. – 104r., hier Bl. 103v. – 104r.
Bildungswesen
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von Predigern und Anleitungen für diese wie für Schulinspektoren.¹³⁸ Zwar befanden sich die Altgläubigen in den „Stricken des Satans“, doch sollten die Prediger, so ein Vorschlag, zunächst vorsichtig vorgehen und von „Schelten auf den Babst und aufs Babstum“ absehen, um die „armen verführten Leute“ nicht abzuschrecken. Der Name Luthers sei anfangs zu vermeiden, da die Päpstlichen dabei „nicht anders denken können als kezerisch (…), item gottlos, verfürisch, teuflisch etc.“ Die theologisch und pädagogisch-didaktisch begründeten Rücksichten waren umfangreich: Bei Diskussionen sollten die Prediger „mit Bescheidenheit und Sanftmut“ vorgehen, bei Anfragen nach geistlicher Begleitung keine Vorwürfe erheben, im Gottesdienst Gebräuche und Kultgegenstände dulden, die eigentlich nicht dem eigenen theologischen Verständnis entsprächen, aber beispielsweise auch „im Curfürstentum Sachsen an vielen Orten noch heutigen Tages im Brauch seind“. Entwicklungsverzögerungen gab es in dieser Perspektive auch im lutherischen Raum. Entscheidend sei ein vorbildlicher eigener Lebenswandel.¹³⁹ Die konstatierten „Mängel in den Sprachen und Künsten“ ließ Ernst mit der Jenaer Philosophischen Fakultät diskutieren.¹⁴⁰ Ziel müsse insbesondere eine Beherrschung des Lateinischen „vulgari stylo et mode ohne sonderliche Zierligkeit“ sein, um Schreiben und Reden im üblichen Umfang möglich zu machen. Der Herzog sah einen breiten Bedarf an Lateinkenntnissen in der Bevölkerung: bei hohen fürstlichen und anderen adligen Personen, die die klassischen Autoren lesen oder hören können müssten; bei denen von ihnen, „welche (…) nur Lateinisch verstehen wollen, damit sie in conversatione von andern nicht verrahten werden“; bei Kanzleischreibern an den Schöppenstühlen und anderern Gerichten; bei „denen, welche durch frembde Lande zu zihen, oder zu pereoriniren Vorhaben“; Fernhandelskaufleuten, Apothekern, Malern und Bildhauern aus beruflichen Gründen; denjenigen, die zur Fortbildung lateinische Autoren lesen wollten; schließlich denjenigen, die eine „gründliche Latinitet“ anstrebten.¹⁴¹ Das Bildungsdefizit könne sich hemmend auf die Regierungstätigkeit und die Wirtschaft des Herzogtums auswirken.
138 Vgl. Grießhammer: Geschichte. 139 [Anonym:] Model oder Form und Weise, nach welcher die Prediger im Herzogtum Franken, beides mit Predigen sowohl auch in allen anderen Amtssachen und in ihrem Leben und Wandel gegen die (…) Leute im Babstum, hohen und niedrigen (…) sich geberden und erzeigen sollen, o.O., o. D. [wohl nach d. 8. Sept. 1633], in: Grießhammer, Geschichte, S. 32 – 36. 140 Extract der Conferentz auff gnedigem Befehl I. F. Gn. Herzog Ernsten, mitt den Herren Theologen zu Jhena gehalten d. 9. Junij 1634, FB Gotha, Chart. A 462, Bl. 102r. – 104r., hier Bl. 104r. 141 Extract auß der Conferentz, welche auff gnadigen Befehl Ihr. Fr. Gn. Herzog Ernsten zu Sachsen ec. Mit der Philosophischen Facultet zu Jhena den 10. Junij 1634 angestellett, FB Gotha, Chart. A 462, Bl. 106r. – 111r., hier Bl. 106r. – 106v.
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Geld und Wirtschaft Für Franken bedeuteten die schwedische und die weimarische Epoche starke Zerstörungen und drastische ökonomische und finanzielle Einbußen.¹⁴² Ernst und Bernhard waren um die wirtschaftliche Basis des Landes bemüht.¹⁴³ Die Intention war eine doppelte: Zum einen sollten eine „Schmälerung unserer CammerGefäll“ und „noch mehren Verderb der ohne das allzusehr erschöpfften Unterthanen/ vnd Sperrung der vnentbährlichen Commercien“ verhindert werden.¹⁴⁴ Wenn beispielsweise Höchstpreise für unterschiedlichste Speisen festgelegt wurden, wird aber auch erkennbar, dass die Verarmung nicht allumfassend war. Zumindest an manchen Orten und für Manche waren noch unterschiedlichste Waren erhältlich.¹⁴⁵ Das Bild eines, bis auf Ausnahmen, fast allgegenwärtigen Mangels ist zu korrigieren. Zum anderen zielten die Aktivitäten der Landesregierung vor allem auf Abgaben, Steuern und den Armeeunterhalt, auch wenn Bernhard sich um die Flurbestellung durch die Bauern sorgte. Die Steuerbelastung wurde durch Zollaufschläge, Steuern auf auszuführende Waren, einen gedoppelten Zehnt und Akzisen in die Höhe getrieben.¹⁴⁶ Zusätzlich zu erbringende Sach- und Arbeitsleistungen führten zu Missstimmung in der Bevölkerung. So ließ Bernhard für seine Einsetzungsfeier „Zinngeschirr, Teller, Löffel, Trinkgläser, Tafeltücher, Konfektzinn und Servietten“ durch den Würzburger Rat aus der Stadt auf das Schloss bringen, die Bürger mussten Männer zur Bedienung abstellen.¹⁴⁷ Für die Fortführung der Fortifikationsarbeiten an Schloss Marienberg waren beständig Fronarbeiter aus dem
142 Vgl. Endres: Folgen; zu Bamberg: Dengler-Schreiber: Zerstörung; das Bistum Würzburg erlitt zwischen 1631 und 1636 einen geschätzten Verlust von über eine Millionen Talern, vgl. Parker: Krieg, S. 249. 143 Vgl. Ernsts Pläne, einen Handel von inländischem Wein gegen importiertes Salz zu befördern oder für die herrschaftlichen Kammergüter und Vorwerke Schafe und Kühle aus Weimar nach Würzburg zu bringen, vgl. Beck: Ernst, S. 83, 92; auch die schwedische Regierung hatte eine geordnete Verwaltung angestrebt, vgl. schwedischen Mandate in: StAWü, G-Akten 13404; StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 7r., 9r. 144 Mandat Bernhards v. Sachsen-Weimar, Würzburg, 8. Dezember 1633, StAWü, Miscellanea 6808, Bl. 22v. – 23r. 145 Vgl. Bernhard v. Weimar: Mandat vom 8. April 1633, in: Scharold, Zwischenregierung. Auch Heberle, der sich allerdings in Ulm und dessen Umland aufhielt, führt in seinem „Zeytregister“ für die Jahre 1638 – 1648 fast durchweg gute Ernten und eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auf, vgl. die Zusammenstellung „Lebenshaltungskosten, Getreidepreise, Jahresrückblicke für die Stadt Ulm und das Umland, 1638 – 1648“, in: Schmidt, Quellen, S. 121 – 124. 146 Vgl. Beck: Ernst, S. 87. 147 Vgl. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 1, S. 285 f.
Tobias von Ponickau
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Bistum zu stellen,¹⁴⁸ was zahlreiche Klagen bei der weimarischen Regierung nach sich zog. Festungen waren bei den Ständen und der Bevölkerung wenig beliebt, da der Bau und Unterhalt einschneidende Lasten bedeuteten, ohne dass damit ein ausreichender Schutz der eigenen Besitzungen verbunden war. Ernst arbeitete daran, die Festung funktions- und verteidigungsfähig zu halten, die weimarische Regierung nutzte sie zur Vorratshaltung.¹⁴⁹ Aus weimarischer Sicht gehörte der Marienberg allein den „conföderiten Ständten“.¹⁵⁰ Allerdings lagerten hier wie in Königshofen weiterhin Vorräte für die schwedische Armee.¹⁵¹
Der Stellvertreter Ponickau Ernst hielt sich auch in der Folgezeit nicht durchgängig in Franken auf.¹⁵² 1634 wurde Tobias von Ponickau (von Elstra), der Ernst vorher bereits vertreten hatte, Bernhards Statthalter. Über ihn ist wenig bekannt. Bis zu seinem plötzlichen Tod in Dijon im Juni 1637 hatte er aber eine Schlüsselstellung im System Bernhard inne, als Rat, Chefunterhändler, Finanzbevollmächtigter und Vertrauter des Herzogs, „son principal Ministre & fauory“,¹⁵³ 1632 wurde er Fruchtbringer. Bernhard verließ 148 Ernst ließ den von Gustav Adolf initiierten Ausbau fortsetzen; vgl. StAWü, Gericht Würzburg Stadt 377; vgl. auch den Bericht über Vorräte in der Festung Königshofen vom März 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 8, hier unfol.; Beschwerden an Ernst, Königshofen, 16. September 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN Nr. 8, Bl. 57r. – 57v., 59r. – 59v. 149 Vgl. StAWü, Miscellanea 3362; um „Ordnung“ zu schaffen, wurde zwar genau zwischen schwedischen und sächsischen Waffen und Lebensmitteln unterschieden. Weil der Festungsgubernator von Effern die Vorräthe „ganz confus (…) und zimlich angegriffen“ hinterlassen, setzte Ernst Offiziere als Aufseher über die Weinvorräte, den Proviant, das Zeughaus und die Munition ein und ordnete tägliche Inventuren an, die Information an den Reichskanzler darüber: Ernst v. Sachsen-Weimar an Axel Oxenstierna, Coburg, 15. März 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN II. 6, Bl. 32r. – 33v. 150 Akkordentwurf der Festungsbesatzung [zur Übergabe des Marienbergs], in: Scharold, Wiederabtretung, S. 25 – 33 (Beilage I), hier S. 31; die Festungskommandeure verfügten noch über eine „eine zimliche Anzahl Getraidts“. 151 Vgl. Weber: Würzburg, S. 59. Die Kommandanten hatten Bernhard Inventare ihrer Ausrüstung zu erstellen. Er hatte schließlich für ihren finanziellen Unterhalt zu sorgen (ohne Zutun Schwedens) und sie mit Munition auszustatten, vgl. Christoph Carl v. Brandenstein: Befehl an die Kommandanten zu Würzburg und Königshofen, Würzburg, 19. Juli (a.St.) 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 440 ff., hier S. 441; Oxenstierna ließ sich über die Besatzung und Ausrüstung von Ernst Bericht erstatten. 152 Er war wiederholt in Thüringen und führte aber auch von dort die Regierungstätigkeit fort, bsp. Ernst von Sachsen-Weimar an die Kammerräte in Franken, Weimar, 21. März 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8., t.w. unfol.; vgl. auch LATh-StA Gotha, NNN II Nr. 8, Bl. 6r., 9r. 153 Godefroy: Ceremonial, Tl. 2: Contenant les ceremonies observes en France au Mariages & Festins, Naissances, & Baptesmes, Tl. 2, Paris 1649, S. 799 (so hier der Bericht Berlizes).
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sich auf ihn in allen Angelegenheiten.¹⁵⁴. Ponickau, der in den 1620er Jahren badischer Gesandter und wohl auch am englischen Hof gewesen war,¹⁵⁵ verhandelte für Bernhard mit dem schwedischen Reichskanzler;¹⁵⁶ auch die Verbindung zu Hugo Grotius, der ihn einen „aufrechten Freund“ nannte,¹⁵⁷ lief wesentlich über ihn.¹⁵⁸ Für Bernhard reiste Ponickau zu dessen Bankier Wicquefort nach Amsterdam¹⁵⁹ und unternahm Truppenwerbungen in England. Auch in Franken hielt er Kontakt mit Oxenstierna, er kümmerte sich um „strittige Pfarreien“¹⁶⁰ und Verwaltungs- und Organisationsfragen.¹⁶¹ Eine Festschrift zu seiner Ernennung pries seine adlige Herkunft, „Weisheit“, „Verstand“, „Tugend“ und beschwor die enge Bindung an den Herzog, der ihn gezielt ausgewählt habe. Ponickau sei es, dem Bernhard „sein hertz vertrawt/ vnd als sein auge liebt“.¹⁶² Für Franken wurden jetzt Prosperität, eine gute und stabile Regierung versprochen, „Friede“ und „Gerechtigkeit“ und damit jene Hoffnungen aus-
154 Er stammte aus der sächsischen Familie Ponickau, die eine Reihe von Mitgliedern im Fürstenund Staatsdienst stellte, und hatte in Leipzig, Heidelberg und Siena studiert, u. a. mit weiteren späteren Fruchtbringern. 155 Vgl. Loomie: Ceremonies, S. 209; Friedrich V. von der Pfalz überlegte im März 1632, ihn zum Erzieher seiner Kinder zu machen, obgleich er Lutheraner sei, Friedrich V. von der Pfalz an Elisabeth Stuart, Lorsch, 18. März 1632, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 41 – 45, hier S. 42; vorausgesetzt wird, dass es sich tatsächlich um die gleiche Person handelt. 156 Vgl. bsp. Tobias v. Ponickau an Axel Oxenstierna, 6. Juli 1635, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346d; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Regensburg, 12./22. Januar 1634 [oder praes. 30. Januar 1634 ?], in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 159 ff.; Ders. an Dens., Gustavburg, 22. November 1634, in: Briefwechsel, S. 249; Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Frankfurt a. M., 2./12. September 1633, in: Lorenz, Quellen zur Geschichte Wallensteins, S. 329 ff., hier S. 331. 157 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 9. Februar 1636, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 519 f., hier S. 519 („oprechte vrund“). 158 Beide kannten sich zumindest seit 1635; auch 1636 war Ponickau länger in Paris; zur Korrespondenz zwischen beiden bsp. Nellen: Briefwisseling, Tl. 17. 159 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 23. November 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 249r. – 252v., hier Bl. 249v. – 250r. 160 Vgl. Grießhammer: Geschichte, S. 30 f. 161 So die Vorratshaltung in Marienberg, vgl. StAWü, Miscellanea 3362, unfol. 162 Dieser Text gibt mit der Darstellung des engen Einvernehmens zwischen beiden Männern zumindest eine Innenperspektive vor. Die Beziehung mag dem Verhältnis zwischen dem kursächsischen Obristen Tauben und dem sächsischen Kurfürsten ähnlich gewesen sein: vgl. L. Nicolai an Alexander Esken, Dresden, 14./24. Mai 1633, in: Irmer,Verhandlungen, Bd. 2, S. 156 ff., hier S. 157: Taube sei eine „creatur“ des Kurfürsten und von diesem „totalement“ abhängig, doch gebe es „jetzieger zeit schier niemand (…), der ihr. Durchl. so kühnlich die wahrheit, wan es von nöthen, sagen darf, als ebengedachter Obrister“.
Klientelpolitik
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gedrückt, die üblicherweise an die Obrigkeit gerichtet wurden.¹⁶³ Auch Georg Rodolf Weckherlin stellte Ponickau als idealen Diplomaten und Politiker dar, als klug, erfahren, beredt und mutig angesichts der allgegenwärtigen Gefahren, auch beherrsche er viele Sprachen. Gattungsgemäß hob Weckherlin in einer Ode Ponickaus Tugend hervor. Sie unterscheide ihn von den meisten „Herren dieser welt“, die „den lastern so ergeben“ seien und „durch lust, forcht oder geitz“ verblendet, Knechte der „Wuht oder Trägheit (…) unmenschlich, teufelisch, torrecht“. Ponickau besteche durch „Zierd, Höfflichkeit, Verstand, Wolstand“, Treue, Beständigkeit und Tapferkeit. Deutschland habe noch viel von ihm zu erwarten.¹⁶⁴
Fehlgeschlagene Klientelpolitik In Franken nahmen die Konflikte auch trotz des Einsatzes von Ponickau zu. Bernhard schien hier zunächst um eine Klientelpolitik bemüht. Schweden sicherte ja seine Herrschaft nicht zuletzt ab, indem es Territorien als Lehen vergab. ¹⁶⁵ Nicht nur in Franken wurden die Rechts- und Besitzlagen dadurch (noch) verworrener: Man könne „nicht eigentlich wissen (…), welge officirer (…) mitt güttern schon begabet“, erklärte Bernhard.¹⁶⁶ Wie später im Elsass übertrug er dann aber selbst Besitzungen und handelte damit als Landesherr,¹⁶⁷ er versuchte sich Gefolgsleute zu sichern. Schon vor seinem Herrschaftsantritt hatten sich adlige Militärangehörige oder deren Familien in der Hoffnung an ihn gewandt, dass er zu ihren Gunsten Einfluss nehmen könne. So hatte er sich für die Familie von Siebenhaar verwendet, deren Familienbesitz im Stift Würzburg „durch arglistigkeit“ entzogen worden sei, für die Familie des Obristen Melchior von Wurmbrand, die aus Religionsgründen
163 Vgl. Drach: Gratulatio Votiva, o.S.; zu den Texten gehört ein Lied auf Ponickau; Bernhard sei „durch glück vnd sieg/ von Gott vnd von der Welt“ zum Herzog „erwelt“ worden. 164 Georg Rodolf Weckherlin: Tobias von Ponica von Elstra, Des Gleichlosen Teutschen Heldens, Bernhards Hertzogen zu Sachsen, Geheimen Raht in: Fischer: Georg Rudolf Weckherlins Gedichte, Bd. 2, S. 245 – 250; das Werk muss demnach vor Ponickaus Tod entstanden sein. 165 Vgl. Burkhardt: Krieg, S. 103; Press: Franken, S. 337 f. Angesichts der Fortsetzung dieser Praxis bemerkte Kardinal Harrach einige Jahre später süffisant, man teile „schier alle tag (…) behmische oder reichslehen aus“: Keller/Catalano: Diarien, Bd. 4, S. 487, Eintrag vom 17. August 1638. Allerdings begründeten die Schweden und der Kaiser diese Praxis unterschiedlich: Schweden verwies auf das Kriegsrecht, Wien suchte sein Vorgehen reichsrechtlich zu begründen. 166 Bernhard v. Weimar an Gustav Horn, Frankfurt a. M., 25. Mai/5. Juni 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 166 f., hier S. 166. 167 Ponickau übergab er ein Kloster und im Dezember 1633 bsp. verschiedene Besitzungen und Rechte in Rimbach und Umgebung, darunter Schloss Hallburg, an Georg Michael Zöllner von Hallburg.
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vertrieben worden sei und Güter verloren habe, oder für die Witwe des Obristen Georg Wulf von Wildenstein.¹⁶⁸ Als Klientel boten sich die protestantischen Ritter an, die mit den reichsritterschaftlichen Kantonen über eine eigene Organisation verfügten und nicht in die Kreisverfassung eingebunden waren. Sie sahen sich bereits länger durch gegenreformatorische Maßnahmen der Bischöfe und der Domkapitel bedroht, die die Reichsunmittelbarkeit der fränkischen Ritterschaft bestritten,¹⁶⁹ die Rekatholisierungspolitik der Bischöfe in Würzburg und Bamberg nach der Schlacht am Weißen Berg hatte ihren Einfluss gefährdet.¹⁷⁰ Nicht zuletzt stand die kaiserliche Drohung im Raum, die Güter derjenigen zu konfiszieren, die gegen ihn Krieg geführt hatten,¹⁷¹ auch wenn die weimarische Regierung jetzt umgekehrte Maßnahmen ankündigte.¹⁷² Die protestantischen Ritter hatten sich am Leipziger Konvent 1631 beteiligt und Gustav Adolf vor seiner Ankunft „jegliche Unterstützung“ angeboten.¹⁷³ Tatsächlich konnten sie unter Schweden einen kurzfristigen Einflusszuwachs verbuchen. Bernhard hatte bei seinen Kriegszügen im Fränkischen ebenfalls Unterstützung durch den fränkischen Adel erfahren.¹⁷⁴ Als Landesherr drängte er jedoch den politischen Einfluss der Ritter zurück. Waren Vertreter der Ritterschaft in die königlich-schwedische Landesregierung eingebunden gewesen, so setzte er weitgehend auf Auswärtige.¹⁷⁵ Bernhard und Ernst führten die bischöfliche Politik fort, die Ritter als Landsässige zu behandeln und ihr Territorialrecht zu bestreiten. Bernhard beanspruchte das Amt des Kreisdirektors, dessen politischen und wirtschaftlichen Einfluss er auszubauen suchte; er versuchte auch die Rechte des Domkapitels an sich zu ziehen.¹⁷⁶ Die Ritter verweigerten weitgehend die Huldi168 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Bamberg, 28. Februar 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 26 f.; Rekommandation für die Verwandten des Obristen Melcher von Wurmbrand, Neuburg, 23. April 1633, gerichtet an Axel Oxenstierna, in: ebd., S. 53; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Bamberg, 15. März 1633, in: ebd., S. 33. 169 Vgl. Baumgart: Konfessionalisierung S. 586 f.; Rudersdorf: Konfessionalisierung, S. 51 f.; Merz: Julius Echter, v. a. S. 65, 71 f.; Flurschütz da Cruz: Zwischen Füchsen. 170 Vgl. Endres: Friedensziele, S. 567. 171 Vgl. Romberg: Bistum Würzburg 7, S. 82. 172 Im September 1633 wurde den Bürgern befohlen, ihre Söhne aus kaiserlichen Kriegsdiensten zurückzurufen. Es drohe ansonsten der Einzug ihres Vermögens und der Verlust des Heimatrechtes: Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, Beilagen, S. 105. 173 Vgl. Weber: Würzburg, S. 6, 59; zu ihren politischen Vorstellungen Endres: Friedensziele, v. a. S. 570. 174 Vgl. „Anbringen“ des kurbayerischen Kanzlers Joachim von Donnersberg (März 1633), in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 56 f., hier S. 56. 175 Vgl. Sicken: Geschichte, S. 305 – 313. 176 Vgl. Endres: Reichskreis, S. 20; Deinert: Epoche, S. 156 – 166.
In Bayern und Regensburg
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gung.¹⁷⁷ Bernhard wollte mit ihnen nicht „tractiren“.¹⁷⁸ Als Ernst auf einem Kreistag von „Prälaten, Grafen und Ritterschaft des Landes Franken“ sprach und „nicht von freien Ständen und Reichsrittern“, protestierten die Ritter und verließen den Kreistag. Statt sie für seine Belange zu aktivieren, mobilisierte Bernhard mit seiner Politik ihre Gegenwehr.¹⁷⁹
Vordringen in Bayern – Regensburg Er war während der Zeit seiner fränkischen Herrschaft auch vorrangig damit beschäftigt, weiter Krieg zu führen. Zunächst schien ein Erfolg dem anderen zu folgen: die Eroberungen von Nördlingen, Dinkelsbühl und Weißenburg, im November 1633 der Festungsstadt Regensburg.¹⁸⁰ Er hatte nun eine der wichtigsten Reichsstädte in der Hand und war weit ins bayerische Territorium vorgedrungen. Bayern stelle den „schlüssel zu den österreichischen landen“ und der Verbindungen nach Italien dar. Der Krieg müsse in die habsburgischen Erblande verlagert werden, da dies das einzige Mittel sei, um ihn „in Teutschland zu enden“, postulierte Bernhard.¹⁸¹ Regensburg war zugleich aus innenpolitischen Gründen bedeutsam, aufgrund der politisch-ökonomischen Bedeutung der Stadt und ihres „‘Drehscheibencharakter[s]‘“ für den Protestantismus.¹⁸² Bernhard nahm für die Kriegszüge in Bayern auch religiös-konfessionelle Argumente in Anspruch: Ohne seinen Vormarsch wären „so viel 1000 armer und unter dem papstlichen gewissens joch in der Oberpfalz gedruckt[en] und nach der anscheinenden freiheit seufzenden seelen der gefassetete [sic] hoffnung beraubet“ worden.¹⁸³ Maximilian von Bayern schätze das Bedrohungspotential Bernhards hoch ein, zumal Horn den Oberrhein und Bodensee gefährdete. Er sah neben das „ganze catholische wesen“ sowie die spanische Armee bedroht und drängte in Wien auf
177 Vgl. u. a. Michael Heubel, Bl. 113 f. [1633.11]: MDSZ. 178 Bernhard v. Weimar an Ernst v. Sachsen-Weimar, Coburg, 27. März 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN II. 6, Bl. 34r. – 35v. 179 Zit. n. Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 2, S. 275 f.; Endres: Friedensziele, S. 570. 180 Vgl. Accordt vnd Vergleichnuß Puncten … Regenspurg; Accord der Stadt Regensburg. 181 Bernhard v. Weimar an Johan Banér, Regensburg, 10./20. Januar 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 155 – 158, hier S. 156; vgl. Ders. an Kurfürst Georg Wilhelm v. Brandenburg, Regensburg, 8./ 18. Januar 1634, in: ebd., S. 143 – 147, hier S. 144 ff.; Ders. an Johan Banér, Regensburg, 10./20. Januar 1634, in: ebd., S. 155 – 158, hier S. 156 f. 182 Rebitsch: Wallenstein, S. 12 (Zitat), vgl. S. 22, 204. 183 Vgl. Bernhard v. Weimar an Kurfürst Georg Wilhelm v. Brandenburg, Regensburg, 8./18. Januar 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 143 – 147, hier S. 144 ff.
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Abhilfe.¹⁸⁴ Auch am Kaiserhof war „Regensburg“ ein Thema, der gegen Frankreich geplante Marsch erschien nun zu gefährlich.¹⁸⁵ Bernhard drang weiter vor, er nahm Straubing¹⁸⁶ und Deggendorf ein und plante, das zu Österreich gehörende Land ob der Enns zu erobern, wobei er sich mit den hier revoltierenden Bauern zusammenschließen wollte.¹⁸⁷ Die Bauern gingen darauf allerdings nicht ein.
Regensburg als medialer Erfolg Der Regensburger Erfolg war Thema zahlreicher Meldungen,¹⁸⁸ auch in England,¹⁸⁹ und wurde von der proschwedischen Seite publizistisch und mit Münzen gefeiert,¹⁹⁰ in Erfurt gab es Kanonenschüsse.¹⁹¹ Der Hinweis, dass es in Regensburg keine Plünderungen gegeben habe und die Bürger die Übergabe als Befreiung gefeiert hätten, richtete sich implizit auch an die Bevölkerung jener Gebiete, denen sich der Feldherr in der Folge zuwenden wollte.¹⁹² In besonderem Maße heroisierte Martin Opitz in „Ratispona in libertatem vindicata“ den Herzog. Das Kleineopos verknüpft seinen Namen mit „Mars“, „religio“, „liberatas“, „patria“, „pax“, „honor“. Wie auch für Monarchen üblich, ist Bernhard damit ein Friedensfürst und „Beschützer der öffentlichen Freiheit“, „zum Wohl Deutschlands geboren“. Regensburg erscheint als junge Frau, die den Geliebten begrüßt. Die angedeutete Hochzeitsfeier und die
184 Vgl. Instruktion des Kurfürsten Maximilian von Bayern für seinen Vizekanzler Richel nach Wien, Braunau, 6. Dezember 1633, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 53 – 60, v. a. S. 58 f. 185 Vgl. Johann Friedrich Breithaupt an Detlef v. Reventlow, Wien, [Jan.] 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 101 – 105, hier S. 104. 186 Vgl. Gewisse Avisen Wie … Hertzog Bernhard … Straubingen recuperiret. 187 Vgl. Wilhelm Straßberger an den „Kriegspräsidenten“ zu Nürnberg, Regensburg, 16./26. November 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 446 ff.; Schober: Geschichte. 188 Bsp. Gewisse Zeitung von Regenspurg; auch die Rückeroberung durch die Kaiserlichen hat deutlichen Niederschlag in der Presse gefunden. 189 Vgl. Watts: Continvation, Tl. 5, S. 33 – 51. 190 Vgl. bsp. Lob vnd Danckgebet … bey … Eroberung/ der … ReichsStatt Regenspurg; es erschienen Taler zur Einnahme: [Scheidig/Marchand:] Bernhard von Weimar, S. 28, Nr. 148; Gotha Kultur: Ernst, S. 137; wieder wurde Bernhard zu demjenigen, der das Werk Gustav Adolfs fortsetzte, vgl. Lucas Schnitzer: Conterfe Deß Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn … Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen …, Kupferstich, 30x41 cm, um 1633, Porträtsammlung der HAB Wolfenbüttel, A 18327; Belägerung und Eroberung der Statt Regenspurg; Marci: GUSTAVI MAGNI, Dijv. 191 Vgl. Caspar Heinrich Marx (Diarium), Bl. 86r [1633.11;1633.12]: Eintrag: 1633. November et December. Sontag 20./10. Novembris: Mitteldeutsche Selbstzeugnisse. 192 Extract/ und auch gründtlich wahrhaffter Bericht … wie es mit Regenspurg ergangen; vgl. Lungwitz: Heldenthaten, Kap. 12, S. 33.
Die protestantische Aktionspartei
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Anspielung auf das unter Tilly zerstörte Magdeburg macht Regensburg, wie später Breisach, zu einer Revanche Bernhards. Bernhard solle bis nach Wien ziehen.¹⁹³
Die protestantische Aktionspartei In der Stadt war die Stimmung im Vorfeld stark konfessionell polarisiert. Von protestantischer Seite bestanden bereits länger verdeckte Kontakte zu Schweden und Bernhard.¹⁹⁴ Zu den Gefolgsleuten, die Bernhards Regiment in Regensburg trugen, gehörten der Jurist Georg Achaz Heher,¹⁹⁵ der Superintendent Salomon Lenz und Sigismund Evenius, der jetzt Schulleiter des Gymnasiums Poeticum wurde. Eine zentrale Rolle spielte Martin Chemnitz d. J., dessen Familie sich auf Seiten der protestantisch-schwedischen Partei engagierte¹⁹⁶ und der Bernhard wohl aus seinen schwedischen Diensten kannte. Er hatte Bernhard im Frühjahr Spione vermittelt, die Informationen über die kaiserliche Armee in Böhmen erlangen sollten. Als Juden sollten sie leicht mit jüdischen Marketendern bei den kaiserlichen Truppen in Kontakt kommen können¹⁹⁷ – auch die Juden zugeschriebene „Arkankompetenz“ wird diesen Vorschlag beeinflusst haben.¹⁹⁸ Jetzt war Chemnitz Bernhard im Vorfeld der Einnahme Regensburgs behilflich. Er ging als Kundschafter in die Stadt und übermittelte Hinweise zur Eroberung,¹⁹⁹ ein Vertrauter sollte Bernhard mit Ortskenntnissen beim militärischen Vorgehen unterstützen.²⁰⁰ Chemnitz
193 [Opitz]: Ratispona, S. 100 – 113, v. a. S. 104 ff. (Zitat: „vindici publicae liberatis/ bono Germaniae nato“), vgl. ebd., S. 407– 427. 194 Schnabel: Exulanten, v. a. S. 298 – 301; Wölfel: Salomon Lentz, S. 232 – 249; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 27 ff., hier S. 28; die protestantischen Bürger und Einwohner der Stadt galten daher auf katholischer Seite als Unsicherheitsfaktor: Neubauer: Kurfürst, S. 94. 195 Der Kontakt zu den Ernestinern blieb erhalten: Beim Westfälischen Friedenskongress vertrat Heher Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha und gehörte zu den Meinungsführern der evangelischen Reichsstände, vgl. Nonnast: Ernestiner, S. 183; 1652 wurde er Fruchtbringer. 196 Der Historiograph Schwedens Bogislav Philipp v. Chemnitz war sein Bruder, sein Vater der gleichnamige Jurist, sein Großvater der Theologe gleichen Namens; er selbst war als Jurist zum Kriegsrecht promoviert worden. 197 Vgl. Martin Chemnitz an Bernhard von Weimar, Nürnberg, 6./16. März 1633, in: Documenta Bohemica, Tl. V, S. 140 f. 198 Vgl. Jütte: Zeitalter, insbes. S. 41 – 60. 199 Vgl. Martin Chemnitz an Bernhard v. Weimar, o.O., o. D., in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 31 (Beilage zu Dok. 27); Röse: Herzog, Bd. 1, S. 200. 200 Vgl. Martin Chemnitz an Bernhard v. Weimar, Nürnberg, 24. April 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 56 f. (Beilage zu Dok. 44).
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wurde in Regensburg Militäradministrator; zu seinen Aufgaben gehörten die Verbesserung der Wirtschaftskraft, die Organisation von Material- und Kontributionsforderungen, die Absicherung der Armeebelieferungen, militärische Aufklärung und Kontakte zum militärischen Gegner sowie „Plünderungsexpeditionen“.²⁰¹ Als im Sommer 1634 die kaiserlich-ligistischen Truppen vorrückten,²⁰² versuchte Chemnitz, Bernhards Hilfe für die Stadt zu organisieren. Er instruierte einen Jungen, sich zu Bernhard durchzuschlagen. Er sollte die Stadt zusammen mit „den bettelleuten, so gegen abent auß der stadt geschafft werden sollten“ verlassen. Wenn er vom Feind aufgegriffen werde, sollte er behaupten, er sei „ein armer kranker jungen, man hette ihn und andere arme leute in der Stadt nicht leiden wollen“. Tatsächlich geriet er ins feindliche Lager und wurde „scharf“ befragt, insbesondere nach Nahrungsmittelvorräten in der Stadt. Er will geantwortet haben, es „were drinnen nicht viell zum besten, sie müsten sich (…) behelfen, ein soldat bekäme in 3 tagen ein commißbrot“. Tatsächlich gab es noch keinen Nahrungsmangel in der Stadt, zumindest Brot und Bier waren noch zur Genüge vorhanden, ebenso funktionsfähige Mühlen. Man sorgte sich aber vor einer langen Belagerung. Die Soldaten und Bürger, erklärte der Junge weiter, seien schon vier Wochen „nicht auß den schantzen kommen“ und mochten bald „verdroßen“ werden, zumal sie nicht wüssten, wo der Herzog sei und wann er zur Hilfe kommen werde.²⁰³ Der Plan zielte zum einen darauf ab, Misstrauen gegen den Boten abzubauen, zum anderen wollte man bei den Belagerern offensichtlich Hoffnungen auf eine baldige Übergabe wecken und sie von intensiven Militäraktionen abhalten. Der Junge wurde laufen gelassen und gelangte zu Bernhard. Der Herzog und Horn kamen gleichwohl erst stark verspätet zum Entsatz, nicht zuletzt aufgrund erneuter Abstimmungsprobleme. Generalmajor Lars Kagge²⁰⁴ hatte sich inzwischen aufgrund der Gefährdungslage und des Mangels in der Stadt zur Übergabe entschlossen. Ende Juli wurde Regensburg bayerisch. Wie im Falle des Herzogtums Franken hing der Ausgang letztlich von der militärischen Entscheidung ab. Die Verbundenheit zwi-
201 Vgl. bsp. Straßberger an den Kriegspräsidenten zu Nürnberg, Regensburg, 16./26. November 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 446 ff.; Neubauer: Kurfürst, S. 119 (Zitat). 202 Vgl. Engerisser: Kronach, S. 262 – 267. 203 Vgl. Relation eines Jungen welcher den 19. dieses von Herrn Generalmajor Kaggen auß Regensburgk geschicket, im Feldlager bei Donauwörth, 27. Juni 1634, TLATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 346d, Bl. 38r. – 38a [sic], Zitate Bl. 38r. – 38v. Mangel bestand vielmehr auf Seiten des Gegners: LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 346d., Bl. 38a [sic]: Bericht aus Donauwörth vom 29. Juni 1634. 204 Zur Übergabe des Kommandos an ihn vgl. u. a. Bernhard v. Weimar an Lars Kagge, Regensburg, 16./26. Februar 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 301.
Die protestantische Aktionspartei
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schen Bernhard und Chemnitz blieb. Als Chemnitz 1636 in kaiserliche Gefangenschaft geriet, setzte Bernhard sich für ihn ein.²⁰⁵
205 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 11. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344, Bl. 17r. – 18r., hier Bl. 17r.
5 Nördlingen und Prag. Gezwungen zum Frieden? Zum Wendepunkt auch für Bernhard wurde die Schlacht von Nördlingen im September 1634. Olivares, der spanische erste Minister, hat sie als größten Sieg seiner Zeit bezeichnet.¹ Für Schweden und seine Verbündeten war es eine Niederlage mit katastrophalen Folgen. Sie hätte die Militärkarriere Bernhards beenden können. Die Schlacht hat jedoch entscheidend dazu beigetragen, dass der Friede von Prag möglich wurde, der das Reich nach dem langen Krieg hätte befrieden können. Es folgten weitere zerstörerische Kriegsjahre, weil Schweden in diesen Frieden nicht einbezogen wurde und das Reich nicht in der Lage war, „Schweden und Frankreich vom Reichsgebiet zu verdrängen und fernzuhalten“.² Zum Scheitern trugen Akteure wie Bernhard und der Landgraf von Hessen-Kassel bei, die den Krieg weitertrieben und zu maßgeblichen Stützen für die offensiver werdende französische Politik und das französische militärische Engagement wurden. Sie legitimierten dies mit den von vielen als zu weitgreifend wahrgenommenen kaiserlichen Positionen; dahinter verbargen sich eigene Interessen. Von den bedeutenderen Condottieri des Krieges war inzwischen allein Bernhard übrig.³ Für ihn stellte sich die Frage, für was und mit wem er weiter kämpfen wollte, wenn er dazu die Gelegenheit erhielt. Ihm waren nach Nördlingen und vor dem Bündnisvertrag mit Frankreich vom Oktober 1635, trotz seiner Bestallung durch den Heilbronner Bund, weitgehend die aktiven Verbündeten abhandengekommen. In dieser Übergangsphase vollzog er einen Neuanfang, hin zu Frankreich. Die Beziehungen zu Schweden brachen damit aber nicht ab: Bernhard konnte weder politisch, militärisch noch finanziell auf diese Rückbindung verzichten. Schweden wollte weiter Einfluss auf ihn ausüben und brauchte die Zusammenarbeit mit ihm.⁴ Seine Brüder stiegen nun aus dem Krieg aus. Diese Möglichkeit hätte sich auch Bernhard geboten, ebenso wie der „rechtzeitige“ Wechsel auf die Seite des Kaisers vor Nördlingen. Den Ausgleich mit Wien zog er aber offensichtlich nicht ernsthaft in Erwägung. Ein Rückzug in ein „Privatleben“ war für ihn, der den Krieg als Lebensform schätzte, keine Option, solange er Hoffnungen haben konnte, wieder oder noch mehr zu gewinnen. Zu verlieren hatte er kaum mehr etwas. Die Rollenverteilung unter den Ernestinern, die sich vergleichbar auch bei den Anhal-
1 Vgl. Elliott: Count-duke, S. 482. 2 Repgen: Dreißigjähriger Krieg, S. 415. 3 Vgl. Mansfeld und Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel waren 1626 gestorben, Tilly 1632, Wallenstein 1634. 4 Vgl. Ackermann: Bernhard von Weimar und sein oberrheinisches Fürstentum. https://doi.org/10.1515/9783110701913-006
Die Niederlage
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tern findet, brachte aber angesichts der politisch-militärischen Gemengelage eine Risikostreuung und bedeutete reichspolitisch eine Absicherung.⁵ Im Folgenden wird daher zunächst nach den Auswirkungen Nördlingens, vor allem für Bernhard gefragt, um dann Bernhards Bemühen um eine militärische Reorganisation und Positionsgewinnung zu beleuchten. Im Mittelpunkt stehen damit die Situation, in der sich der Herzog durch Nördlingen befand, die Neuorientierung, die daraus für ihn erwuchs, und die Frage, welchen Anteil er an der Fortführung des Krieges hatte.
Die Niederlage in der Schlacht von Nördlingen Die Bedeutung der Nördlinger Schlacht hoben schon Zeitgenossen hervor⁶ und in der historischen Erinnerung ist sie durchaus nach wie vor präsent. Ohne sie wäre die politische Geschichte des deutschen Südwestens und des Reiches möglicherweise anders verlaufen. Die Schlacht, die einen Großteil der Beteiligten das Leben kostete, ist ein Beispiel dafür, dass der Dreißigjährige Krieg auch ein Krieg gegen Städte war,⁷ dass Schlachten in diesem Krieg eine ausschlaggebende Rolle spielen konnten, und sie zeigt den Stellenwert eines „koordinierte[n] militärischen Vorgehen[s]“.⁸ Allerdings hatte die Stadt selbst keine herausragende strategische Bedeutung; und es waren die auf sie folgenden politischen Umbrüche, die das Geschehen bestimmten: der Zusammenbruch der bisherigen antikaiserlichen Koalition im Reich, der Prager Friede, der offene französische Kriegseintritt im Mai 1635, der Seitenwechsel Bernhards. Die Vorgeschichte und der Ablauf der Nördlinger Schlacht sind in der Forschung geradezu minutiös rekonstruiert worden,⁹ ebenso ist nach dem Stellenwert der Schlacht für die jeweiligen Kriegsparteien und die Stadt selbst sowie nach der Erinnerung an die Schlacht gefragt worden.¹⁰
5 So optierten die Anhalter Fürsten deutlich für Schweden, Christian II. von Anhalt-Bernburg demonstrierte jedoch nach seiner Entlassung aus kaiserlicher Haft 1621 seine Kaisertreue, vgl. auch Zirr: Hoffnung. 6 Bsp. Engelsüß: Feld=Zug, S. 38 f.; aus dem 18. Jh. [Fassmann:] Gespräche, S. 886. 7 Vgl. Friedrichs: City, S. 292 – 302. 8 Kampmann: Europa, S. 97. 9 Vgl. Sicken: Analyse; Hrnčiřík: Spanier; Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 417– 444; Struck: Schlacht. Diskutiert wurden auch Bernhards militärische (Fehl)Entscheidungen, u. a. Droysen: Relationen; Leo: Schlacht; kritisch dazu: Jacob: Lützen; die proprotestantisch eingestellte ältere Forschung suchte teils nach Entschuldigung für die Niederlage. 10 Vgl. Frieden ernährt; Rebitsch: Matthias Gallas, S. 112 – 123; Stadtmuseum Nördlingen: Donner; Wedgwood: Krieg, S. 293 – 344; Kampmann: Europa, S. 100 – 102; Burkhard: Dreißigjährige Krieg, S. 61; Engerisser: Kronach, S. 653 – 681.
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Seit Mitte August 1634 wurde die Reichsstadt durch das kaiserlich-bayerische Heer belagert, das dann durch Verbände des spanischen Kardinalinfanten Ferdinand verstärkt wurde; die Casa de Austria agierte hier gemeinsam.¹¹ Das Interesse an Nördlingen begründete sich daran, dass die Stadt Mitglied des Heilbronner Bundes war,¹² die Kontrolle des schwäbischen Reichskreises und Zugang nach Württemberg eröffnete und eine schwedische Garnison beherbergte; Spanien hatte schon zur Sicherung der Spanischen Straße ein Eigeninteresse an der Beendigung der schwedischen Vormachtstellung im deutschen Südwesten.¹³ Zuvor hatten die Habsburger bereits Regensburg, Dinkelsbühl und Donauwörth eingenommen. Bernhard und Gustav Horn suchten die Bedrohung für Nördlingen abzuwenden. Am 5. September entschloss sich der Weimarer Herzog zur Schlacht;¹⁴ am Folgetag erlitten er und Horn eine vernichtende Niederlage. Die schwedische Armee wurde fast ganz zerschlagen, hier gab es Tausende Tote. Die Verluste der Gegenseite waren wesentlich geringer.¹⁵ Kurz darauf war die Vorherrschaft Schwedens in Süddeutschland Vergangenheit, für Bernhard war Franken verloren, auch der Heilbronner Bund überstand diesen Einschnitt nicht. Zur Niederlage Bernhards und Horns trugen verschiedene Faktoren bei: die unterschiedliche Größe der Heere, die günstigeren Stellungen der habsburgischbayerischen Kräfte, der angeblich schlechte Zustand der schwedischen Truppen sowie strategische Fehler.¹⁶ Entscheidend für Bernhards Entscheidung, trotz seiner ungünstigen Ausgangssituation anzugreifen, war vermutlich das Wissen um die prekäre Lage der Stadt in militärischer Hinsicht und im Hinblick auf die Versorgungssituation. Es war absehbar, dass sie nicht mehr lange zu halten war.¹⁷ Trotz 11 Ferdinand von Spanien ist als „größter Militär seiner Zeit“ bezeichnet worden (Schmid: Quellen, S. 11); den Oberbefehl über das kaiserliche Heer bei Nördlingen hatte aber der König von Ungarn und Böhmen inne (Hengerer: Ferdinand III., S. 102), der das Kommando während der Schlacht an Gallas abtrat (Rebitsch: Matthias Gallas, S. 116). 12 Vgl. Wüst: Nürnberg. 13 Vgl. Kampmann: Europa, S. 101; die Spanische Straße wurde allerdings inzwischen weniger genutzt: Meumann: Spanische Straße. 14 Zum Ablauf: Engerisser/Hrnčiřík: Nördlingen, v. a. S. 97– 291; es gab eine wechselnde Kommandoführung, vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 546; Rystad: Problem. 15 Hinzu kamen die Gefangenen, es blieben auf schwedischer Seite so noch rund 14.000 Soldaten, vgl. Hengerer: Kaiser Ferdinand III., S. 104, der von 9.000 – 12.000 Toten und rund 4.000 gefangenen Soldaten Horns und Weimars spricht, von weniger als 2.000 Toten auf der Seite des Kaisers, Spaniens und Bayerns; Wilson: Thirty Years War, S. 549, geht von 8.000 Toten in der schwedischen Armee aus, hier S. 546 zur Zahl der Überbliebenen; zur Ausgangslage die statistischen Angaben bei Parker: Army, S. 279. 16 Vgl. Schmidt: Nördlingen; Wedgwood: Krieg, S. 324 – 327. 17 Sie war am Tag zuvor schwerem Beschuss ausgesetzt gewesen, vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 546; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, 29. August 1634, in: Backhaus, Rikskansleren Axel
Die Niederlage
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großer Getreidevorräte war eine Hungersnot ausgebrochen. Zudem gelang es den Belagerern, die Wasserzufuhr zu stoppen, ein im Belagerungskrieg vorrangig genutztes Mittel.¹⁸ Die Einwohner wollten sich ergeben, für Horn und Bernhard kam das nicht in Frage.¹⁹ Vor allem aber war Nördlingen für Bernhard angesichts der vorangegangenen Verluste und weil er der Stadt den Entsatz zugesagt hatte, zu einer „Prestigesache“ geworden.²⁰ Umstritten ist, inwieweit Differenzen zwischen ihm und Horn über den Einsatz bestanden und Bernhard, der in Nördlingen das Kommando führte, die Alleinverantwortung zukommt.²¹ Diese Überlegungen sind nicht zuletzt mit der Bernhard zugeschriebenen Neigung, rasch den Kampf zu suchen, begründet worden.²² Zu dem späteren „Breisacher“ Bernhard passt dies jedenfalls nicht mehr. In dieser Hinsicht durchlief er offensichtlich einen Lernprozess. Bernhard hat auch nicht versucht, die Verantwortung Horn zuzuweisen. Er bemühte sich jedoch sehr bald intensiv, die Katastrophe vergessen zu lassen und auf die Zukunft gerichtete Pläne zu entwickeln. Unmittelbar nach der Schlacht verfolgten die Sieger die fliehenden, in Auflösung begriffenen schwedischen Truppen bis nach Göppingen. Zunächst war ungewiss, ob Bernhard noch lebte, auch gab es Berichte, er sei verwundet.²³ Er konnte sich retten, verlor aber seine Wagen, seine Pferde und wurde von seinem Hofstaat getrennt.²⁴ Sein Generaladjutant von der Grün vernichtete einen Großteil der Unterlagen der weimarischen Kanzlei, um sie nicht in die Hände des Feindes fallen zu lassen. Er konnte aber mit Hilfe seiner Frau verschiedene Kleinodien Bernhards retten, darunter zwei „Diamanten (…), der eine so groß als eine welsche Baumnuß und ein güldenes Kästlein, darinne der König von Schweden auf einer Seite und die Königin auf der anderen Seite abgebildet war“, unten mit einer „Perlen-Eichel“ versehen, ein Geschenk der schwedischen Königin an Bernhard. Anderes, Gold- und Silberservice, wertvolle Degengehänge, Schmuck, eine mit Diamanten besetzte Hutschnur und bestickte Sättel, gingen an den Feind oder wurden von weimari-
Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 231: Nach dem Bericht von Gefangenen seien die Bewohner in schlechtem Zustand; die Stadt solle aber, so seine Nachrichten, alsbald wieder beliefert werden; es müsse verhindert werden, dass die Lieferungen beim Feind ankämen. 18 Vgl. Wöllper: Hand- und Roßmühlen, S. 236 f., 240 f. 19 Sie setzten auch auf eine Verstärkung durch von Cratz von Scharffenstein geführte Truppen; einen günstigeren Angriffszeitpunkt habe man verstreichen lassen: Rystad: Kriegsnachrichten, S. 246 ff. 20 Rebitsch: Matthias Gallas, S. 112. 21 Vgl. Rystad: Kriegsnachrichten, S. 249. 22 Vgl. Wilson: Thirty Years War. 23 Vgl. Grundtlicher vnd außführlicher bericht von der Schlacht vor Nördlingen; vgl. Rystad, Kriegsnachrichten, S. 113. 24 Vgl. Chemnitz: Königlich Schwedischer in Teutschland geführter Krieg, Tl. 2, S. 534.
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schen Hof- und Militärangehörigen an sich genommen.²⁵ Bernhard war „erst zwei Abende später und 70 km von Nördlingen entfernt“ in der Lage, „seinen trübseligen Bericht an Oxenstierna [zu] diktieren, seinerseits nicht wissend, ob Horn lebte, und Boten an die da und dort in Franken zerstreuten Garnisonen [zu] entsenden.“²⁶ Die Niederlage könne nicht ärger sein, schrieb er.²⁷ Die spanisch-ligistische Führung war allerdings uneins über das weitere Vorgehen,²⁸ und der Kardinalinfant wollte in die Niederlande weiterziehen, um sein Statthalteramt anzutreten. Es kam daher zu keiner weitergehenden Verfolgung des Gegners. Die Verbündeten suchten den Sieg je für sich zu reklamieren.²⁹ Dass der König von Ungarn seine Truppen aufteilte, war die Chance für die versprengten schwedischen Truppen. Bernhard floh über Frankfurt, Cannstadt und Heilbronn nach Erbach und Würzburg. In Württemberg, wohin sich auch Reste der Armee gerettet hatten, konnte er einzelne neuralgische Festungen besetzen, die jedoch rasch wieder verloren gingen.³⁰ Teile der Armee schickte er nach Frankfurt, weil sie dort vor den feindlichen Truppen sicher seien.³¹ Sie versetzten die Bevölkerung in Schrecken;³² die verbliebenen Offiziere³³ und Bernhard vermochten es nicht, die Soldaten unter Kontrolle zu halten. Horn, der in Gefangenschaft geraten war, schied als gestaltende Kraft aus.³⁴
25 Vgl. [von der Grün:] Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … Helden Thaten; Schnitzler: Geschlecht, S. 41, 45; Curiositäten, Bd. 5 (1816), S. 487 f. Die Vernichtung der Kanzlei musste auch deshalb sinnvoll erscheinen, weil bei der Gefangennahme seines Bruders Wilhelms dessen gesamte Kriegskanzlei in den Besitz der Kaiserlichen gelangt war, was seine Verteidigung deutlich erschwert hatte. 26 Mann: Krieg, S. 17; vgl. auch Mann: Wallenstein, S. 1162; zur Versorgung verwundeter Offiziere und Soldaten wandte sich der Herzog auch nach Thüringen, u. a. an die Stadt Nordhausen, vgl. Kuhlbrodt: Reichsstadt, S. 35. 27 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, zit. n. Rystad, Kriegsnachrichten, S. 180 f. 28 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 21. 29 Vgl. Hengerer: Ferdinand III., S. 104; Schmidt: Nördlingen 1634. 30 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 23 f. 31 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Erbach, 1. September 1634, zit. n. Droysen, Bernhard, Bd. 2, S. 24. 32 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 346, Fußn. 12; Theatrum Europaeum, Bd. 3, S. 369. 33 Es waren zahlreiche Offiziere unter den Toten; Andere kehrten nicht mehr zur Armee zurück. 34 Bernhard setzte sich für Horns Freilassung ein, bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 12. April 1637, LATh-HStAWeimar, Bl. 71r. – 71v., hier Bl. 71v., mit der Bitte im Namen der schwedischen Königin, diese Bemühungen fortzusetzen.
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Zeitungen und Flugschriften machten das Ergebnis rasch bekannt und spiegelten den Triumph Habsburgs.³⁵ Nicht zuletzt das ließ den Widerstand gegen die kaiserlichen Truppen auf protestantischer Seite fast zusammenbrechen. Auch in Italien und gerade in Rom wurde der Erfolg gefeiert.³⁶ Während die protestantische Publizistik sich bemühte, die Konsequenzen der Schlacht herunterzuspielen,³⁷ zeigen Schriften aus der Sicht des Kriegsgegners noch im Folgejahr die Erschütterung der protestantischen Seite.³⁸ Schweden, das seit Lützen die deutschen Gebiete dominiert hatte, musste sich schließlich bis nach Pommern zurückziehen, nur einige einzelne Stützpunkte verblieben.³⁹ Sein militärisches Prestige nahm spätestens jetzt großen Schaden.⁴⁰ Ludwig Philipp von Pfalz-Simmern, einer der Gefährten Bernhards aus Jugendtagen, flüchtete vor dem kaiserlichen Heer von Heidelberg in die Festung Frankenthal, die er und seine Räte erst Ende Mai 1635 verlassen konnten. In Ermangelung anderen Schutzes zogen sie nun mit der Weimarischen Armee mit, und mit sich nahmen sie für einige Zeit einen prominenten Toten, Friedrich V. von der Pfalz. Selbst für den Verstorbenen gab es keinen sicheren Ort mehr.⁴¹
Das Herzogtum Franken – Rettungsversuche Bernhard startete verschiedene Versuche zur Rettung Frankens. Wie ernsthaft diese waren oder inwieweit er an ihren möglichen Erfolg glaubte, ist nicht einfach zu entscheiden. Zwar brach die schwedische Verteidigung rasch zusammen beziehungsweise funktionierten die Befehlsketten nicht mehr. Wie weit der Machtverlust gehen würde, war aber nicht augenblicklich zu erkennen; aus der Perspektive in den ersten Tagen und Wochen nach der Schlacht mochte es größere
35 Vgl. bsp. PostReuter; Gründlicher Bericht/ auß dem Hauptquartier; Schlacht Bey Nörlingen; Confirmation novvelle de la grande Victoire de Nordlingen; Gazette, Nr. 97 (1634), S. 394 f., Nr. 101 (1634), S. 410 ff.; Rystad: Kriegsnachrichten; mit Quellenauszügen: Weinitz: Don Diego de Aedo y Gallart; Keßler: Belagerung; Droysen: Relationen; Goodrick: Relation. 36 Vgl. Seconda Relatione delli felicissimi progressi Di S. M. Cesarea, A 2v.; Gualdo Priorato: Historia delle guerre; Rystad: Kriegsnachrichten. 37 Vgl. Schreiner: Katastrophe, S. 61; Rystad: Kriegsnachrichten, S. 180 – 183. 38 Vgl. Relation, Oder Außführlicher Bericht/ aller der jenigen Ursachen und Motiven, wo durch nicht allein die wolgemeynte Intention, die Statt Nördlingen zu entsetzen/ turbiert. 39 Zum Zusammenbruch des schwedischen Postsystems Behringer: Brussel, v. a. S. 33. 40 Vgl. Press: Kriege, S. 228; vgl. die Zunahme antischwedischer Flugschriften. 41 Friedrich war im November 1632 verstorben; es ging nach Saarbrücken, Metz und Sedan; an einem der beiden letzten Orte verblieb der Leichnam wohl, vgl. Wille: Ludwig Philipp von Simmern; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 363.
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Rückzugspositionen geben. Oxenstierna setzte auf eine Linie am Main.⁴² Bernhard betonte fast umgehend nach der Niederlage, den Kampf fortsetzen zu wollen. War Tilly nach Breitenfeld „ein gebrochener Mann“,⁴³ so hat Bernhard versucht, Nördlingen so rasch wie möglich hinter sich zu lassen. Sein Selbstbewusstsein litt nicht. Er forderte seinen Bruder Wilhelm auf, Würzburg, Schweinfurt und Königshofen militärisch zu sichern und traf sich mit ihm zu militärischen Absprachen. ⁴⁴ Ernst war längst wieder in Thüringen. Für die Weimarer waren die Verteidigung der Stammlande und der ernestinischen Herrschaftsgrundlage vorrangig. Ebenso bat Bernhard Oxenstierna um Hilfe und sandte ihm mehrfach Vorschläge zur Verteidigung Frankens. Er drängte ihn, Soldaten dorthin zu senden, die Plätze zu verstärken, einen Kommandanten zu ernennen. Auch setzte er auf Banér, der über die einzige noch intakte schwedische Armee verfügte. Oxenstierna hielt diesen jedoch zurück, um das Heer nicht zu gefährden. Franken war nicht sein erstes Anliegen. Mit jedem Tag wurde deutlicher, wie ausgreifend der schwedische Machtverlust war. Bernhard versuchte dennoch im Hinblick auf Franken das Unwahrscheinliche. Im September kehrte er noch einmal nach Würzburg zurück und traf grundlegende Regelungen. Er rief den Magistrat zusammen und ermahnte ihn zur Treue ihm gegenüber. Der Krieg sei keinesfalls beendet, er werde sich „mit Gottes Hülfe noch zurecht sammeln und die Sachen ordnen“ können. Die drohende Rückeroberung und den Verlust seiner Herrschaft sprach er direkt an und thematisierte die Loyalitäten der Bevölkerung, die gegenüber der alten Herrschaft „eine besondere Zuneigung und Anhänglichkeit“ bewahrt habe. Er sei aber seinen obrigkeitlichen Pflichten nachgekommen und habe Freiheit in Gewissenssachen gewährt, jetzt müssten Rat und Untertanen sich an ihren Huldigungseid ihm gegenüber halten.⁴⁵ Ebenso übertrug er Kommandovollmachten und verlangte Geld von den Würzburgern.⁴⁶ Noch Ende des Monats erließ er ein letztes Mandat, zum Weinbau.⁴⁷ Es scheint wie der Versuch, Normalität herzustellen. Zwischenzeitlich aber erschienen Mandate im Namen der schwedischen Krone und der föderier-
42 Vgl. Wilson: Thirty Years War. 43 Kaiser: Politik, S. 463 f. 44 Vgl. Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Heilbronn, 31. August 1634, zit. n. Röse, Herzog, Bd. 2, S. 2. 45 Zit. n. Scharold: Zwischenregierung, S. 433 ff., hier S. 433 f.; die Aufforderung zur Zusammenkunft (am 14. Sept.): Bernhard v. Weimar an den Magistrat zu Würzburg, Würzburg, 2./12. Sept. 1634, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 137 f. 46 Vgl. Weber: Würzburg, S. 92; das Kommando übertrug Bernhard an den Offizier Wilhelm v. Brincken. 47 Vgl. Bernhard v. Weimar: Patent die Weinlese betr., Würzburg, 27. September 1634, in: Scharold, Zwischenregierung, Tl. 2, S. 146 ff.; es geht u. a. um das Ziel der Schuldendeckung.
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ten Stände,⁴⁸ nicht mehr der sachsen-weimarischen Regierung. Kurzzeitig schien Franken wieder schwedisch. Die noch weiter arbeitende Verwaltung zog sich auf sicherer scheinende Positionen zurück; Sachsen-Weimar hatte sie als Regierung schon verloren gegeben. Bernhard verließ die Stadt bereits nach wenigen Tagen wieder und reiste nach Frankfurt, wo sich der Heilbronner Bund traf. Den Räten, Geistlichen und Amtsleuten erlaubte er die Flucht, wenn die Gefahr zunehme.⁴⁹ Schon einige Tage später kamen schwedische und weimarische Amtsträger aus Würzburg und ebenso Soldaten, lutherische Geistliche, protestantische Adlige, Handwerker und Soldatenwitwen in Erfurt⁵⁰ und im ernestinischen Umland an. Andere Gefolgsleute wie Einwohner flüchteten in die Festung Königshofen, die erst im Dezember 1635 kapitulierte.⁵¹ In Würzburg blieben eine Besatzungsmannschaft, Teile des weimarischen Personals und der Gefolgsleute sowie ein Prediger, der sich um die protestantischen Kranken im Spital und die lutherische Predigt kümmern wollte und erklärt hatte, als ehemaliger Feldprediger nehme er die Gefahr auf sich.⁵² Bereits am 14. Oktober 1634 nahmen kaiserliche Truppen die Stadt ein.⁵³ Bischof Franz von Hatzfeld kehrte im Dezember in die Residenzstadt zurück. Die Garnison auf dem Marienberg, den Bernhard bei seinem letzten Besuch für ein halbes Jahr mit Waffen und Lebensmitteln hatte ausrüsten lassen,⁵⁴ hielt sich allerdings noch. Das bedeutete eine permanente Gefährdung für die Stadt; zugleich konnte der Bischof seinen Amtssitz nicht beziehen. Neben Offizieren und Soldaten hielten sich hier nun Vertreter des protestantischen Bundes, Adlige, Prediger, Frauen und Kinder, Handwerker und Dienstpersonal auf.⁵⁵ Der Festungskomman48 Vgl. Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 139. 49 Vgl. Bericht der geflüchteten Würzburger Konsistorialen an Ernst von Sachsen-Weimar in Erfurt, Königshofen, 7. September 1634, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 142 ff., hier S. 142. 50 Vgl. Caspar Heinrich Marx: Diarium Actorum, 11./21. September 1634 und 12./22. September 1634, in: Mitteldeutsche Selbstzeugnisse; auch Johann Jacob von Thurn, der der Festungskommandant war (Marx bezeichnet ihn jedoch als Statthalter), sei unter den Ankömmlingen gewesen; Marx spricht auch von der Ankunft von Laurentius Cramer, der „Fürstlich weimarischer Commissarius“ gewesen war (ebd., Eintrag vom 11./21. Sept. 1634); Bericht der geflüchteten Würzburger Konsistorialen, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 142 ff. 51 Die Festung war bald überfüllt gewesen, vgl. Bericht der geflüchteten Würzburger Konsistorialen, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 144 ff.; der Würzburger Bischof erbat auch in Kursachsen Hilfe bei ihrer Rückeroberung, vgl. StA Würzburg, Miscellanea 1363. 52 Vgl. Bericht der geflüchteten Würzburger Konsistorialen an Ernst v. Sachsen-Weimar in Erfurt, Königshofen, 7. September 1634, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 142 ff., hier S. 144. 53 Vgl. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 447 f.; Wendehorst: Bistümer, S. 71. 54 Vgl. Scharold: Zwischenregierung, Bd. 2, S. 428 – 454. 55 Vgl.Vertrag zur Übergabe der Festung Marienberg in Würzburg an die kaiserlichen Truppen und zum Abzug der schwedisch-sächsischen Besatzung, 1635 (Abschrift), StA Würzburg, Militärsachen
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dant Johann Jacob Graf von Thurn verweigerte die Übergabe zunächst. Längere Unterhandlungen folgten, wobei der in der Festung inhaftierte Bischof von Regensburg als Vermittler agierte.⁵⁶ Für einen Kommandanten konnte eine Übergabe gefährlich sein, weil sie, wenn sie vermeintlich zu rasch erfolgte, als Verrat ausgelegt werden mochte.⁵⁷ Einen Offizier, der Eichstätt angeblich nach ungenügendem Widerstand aufgegeben hatte, hatte Bernhard hinrichten lassen.⁵⁸ Thurn hatte den Auftrag, die Festung unbedingt zu halten, und erklärte, Bernhards Zustimmung zur Kapitulation zu benötigen.⁵⁹ Götz und ähnlich Bischof Franz beschieden ihm, er werde vergeblich auf Sukkurs warten: Bernhard habe kaum noch Truppen und sich nur „mit harter mühe“ an den Rhein retten können. Es sei nicht klar, wo er anzutreffen sei, auch die Direktoren des Heilbronner Bundes zusammenzubringen, werde „viel Zeit“ benötigen. Thurn solle also einwilligen.⁶⁰ Thurn beriet sich mit seinen Offizieren und ließ sich zur Kapitulation bewegen.⁶¹ Die Besatzung forderte, den Akkord Bernhard und dem Heilbronner Direktorium zur Beratung zu überbringen, was der Fürstbischof ablehnte;⁶² auch bei seiner Zustimmung zum Akkord
3422a, hier Art. 2; Akkordentwurf der Festungsbesatzung, in: Scharold, Wiederabtretung, S. 25 – 33 (Beilage I), hier S. 27. 56 Vgl. Scharold: Wiederabtretung, S. 13 – 36; zum Vermittlungsangebot: Bischof Albert von Regensburg an Bischof Franz von Hatzfeld, Schloss Würzburg, 10. Januar 1635, StA Würzburg, Hist. Verein: M. s. f. 63, Dok. 9 und folg. Dok. 57 Zu sog. ehrenvollen Übergaben vgl. Loesch: L’art, S. 90. 58 Vgl. Engelsüß: Feld=Zug, S. 21. Kommandanten, die eine Übergabe zu verantworten hatten, bemühten sich darum, die Unausweichlichkeit ihres Schrittes plausibel zu machen, vgl. die Darstellung des Obristen Matthäus Fischbach zu den Drohungen des Feindes, auch gegenüber der Bevölkerung (es würden die „Kinder in Mutterleibe nicht (…) verschonet“ werden), vgl. dazu [Rudolf Georg v. Wolframsdorff ] an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Ingolstadt, 12./22. September 1633, LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 278, Bl. 23r. – 24r. 59 Vgl. Graf Thurn an Bischof Franz v. Hatzfeld, Schloss Würzburg, 13./23. Dezember 1634, StA Würzburg, Hist. Verein: M. S. f. 63, Dok. 3 (unfol.). Auch der Gouverneur von Hanau wollte keine Übergabe ohne Zustimmung Bernhards vornehmen, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 9. Januar 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 26 f., hier S. 27. 60 Vgl. [Graf Götz] an Graf Thurn, o.O., 24. Dezember 1634, StA Würzburg, Hist. Verein: M. S. f. 63, Dok. 4 (unfol.); Franz v. Hatzfeld an die „Messieus les Commandants du Chasteau de Wirtzbourg“, Karlstadt, 21. Dezember 1634, ebd., Dok. 2. 61 Vgl. den Briefwechsel zwischen Thurn, von Hatzfeld und Götz, StA Würzburg, Hist. Verein: M. s. f. 63; Scharold: Wiederabtretung, S. 23. 62 Vgl. Akkordentwurf der Festungsbesatzung, in: Scharold, Wiederabtretung, S. 25 – 33 (Beilage I), hier S. 33; die Anwesenheit von Vertretern des Heilbronner Bundes mag die Übergabe verzögert haben.
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argumentierte Thurn mit dem entsprechenden Votum der Offiziere und verteilte damit die Verantwortung.⁶³ Am 18. Januar 1635 erfolgte die Übergabe.⁶⁴ In Franken wurde das Ende der schwedisch-weimarischen Zeit schon im Krieg als Befreiung gefeiert,⁶⁵ entscheidend dafür waren die konfessionell geprägten Lebenswelten⁶⁶ und die Kürze der weimarischen Herrschaft. Ein anderer Kriegsverlauf für Schweden hätte den fränkischen Besitz Bernhards gestützt. Für die Profiteure des schwedischen Kriegs in Franken bedeutete das Ende des Herzogtums Franken, dass ihr Vermögen, Besitz und ihre gesellschaftliche Position gefährdet waren, nicht zuletzt ging es um Landbesitz und die Verfügung darüber.⁶⁷ Daneben drohten persönliche Strafen. Vergeblich versuchte die Marienberger Besatzung, Straffreiheit für die sachsen-weimarischen und schwedischen Gefolgsleute zu erreichen.⁶⁸
Kaiserliche Angebote Bernhard hielt weiter an Franken fest, zumindest als Verhandlungsposition. Es sollte auch bei den Bündnisverhandlungen mit Hessen-Kassel eine Rolle spielen: Der Landgräfin sollte bedeutet werden, er strebe die Wiedergewinnung des Landes an; dem hessischen Generalleutnant und Kriegsrat Peter Melander sollte für einen Verhandlungserfolg die Rückgabe des väterlichen Guts seiner Ehefrau in Franken zugesagt werden.⁶⁹ Ponickau nannte sich weiterhin „Statthalter des Herzogthums Francken“.⁷⁰ 63 Vgl. Graf Thurn an Franz v. Hatzfeld, Schloss Würzburg, 12. Januar 1635, StA Würzburg, Hist. Verein: M. S. f. 63, Dok. 13 (unfol.); der Akkord: ebd., Dok. 18 sowie in: Scharold, Wiederabtretung, S. 25 – 36 (Beilage I und II). 64 Bernhard soll den Kommandanten und die Offiziere zur Rechenschaft gezogen haben, allerdings offenbar ohne weitergehende Folgen für diese, vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 46. 65 So in der Kunst wie mit Veranstaltungen und der Darstellung ermordeter Geistlicher als Märtyrer, vgl. Bergerhausen: Würzburg, S. 25. 66 Merz: Julius Echter, S. 81 f.; vgl. Schindling: Konfessionalisierung und Grenzen; Forster: Revival; Hersche: Muße. 67 Die Vorschläge dazu aus dem Akkordentwurf der Festungsbesatzung erinnern an die späteren Regelungen von 1648. Der Würzburger Fürstbischof wies alle Forderungen zurück, die Betreffenden müssten den Kaiser um Pardon bitten, von dem er sich ein hartes Vorgehen gegen den mit Schweden verbündeten fränkischen Adel erhoffte, vgl. Sicken: Politische Geschichte, S. 313 f., Weber: Würzburg, S. 191 f. 68 Zum folg. Akkordentwurf der Festungsbesatzung, in: Scharold, Wiederabtretung, S. 25 – 33 (Beilage I), v. a. S. 28 f. 69 Bernhard v. Weimar: Memorial [für Wicquefort für seine Verhandlungen mit der Landgräfin], [wohl Ende Okt.-Anf. Nov. 1638], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 185 f., hier S. 186; das
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Die Habsburger versuchten mit mehreren Verhandlungsangeboten, Bernhard zum Wechsel auf die kaiserliche Seite zu bewegen. Dafür sollen der König von Ungarn und Gallas ihm um die Jahreswende 1634/35 „toute la Franconie“ und eine jährliche Pension von 20.000 Reichstalern offeriert haben, zudem den Oberbefehl über eine Armee von 20.000 bis 25.000 Mann. Bernhard betrachtete diesen Vorschlag angeblich als List.⁷¹ Nach mehrtägigen Verhandlungen habe er die Vermittlung durch den Kurfürsten von Mainz bei weiteren Gesprächen verlangt. Es folgten gegenseitige Vorwürfe, ausländische Armeen in das Reich gebracht zu haben. Schließlich soll der Herzog offen erklärt haben, die Zusammenarbeit mit Frankreich fortsetzen zu wollen, weil es darum gehe, den Krieg in die österreichischen Gebiete zu verlagern.⁷² Ebenso mögen die Verhandlungen an zu hohen Geldforderungen Bernhards gescheitert sein, denen nicht nachgegeben werden sollte.⁷³ Bernhard jedenfalls waren die Kontakte zu Frankreich wichtiger. Dass der Kaiser ein Interesse an ihm hatte und er als Gegner eingeschätzt wurde, mit dem zu rechnen war, festigte aber seine Stellung im eigenen Lager.⁷⁴ Ein Problem für Bernhard blieb sein Misstrauen gegenüber der katholischkaiserlichen Seite, es hinderte ihn daran, mit dem Kaiser oder dem römischen König
Schreiben sei „so aber nicht abgegegangen“; Melanders Ehefrau war Agnes von Effern; vgl. auch Vergleich Ihrer F. GN. H. Herzog Bernhard zu Sachsen mit dem Freyherren Hans Wilhelm von Effern (…) ihm geschenkte Güter in Franken betreffen, Frankfurt a. M., 3. Mai 1634, von beyden unterschrieben und besiegelt, LATh-StA Gotha, GA QQ KK, Nr. IX.; seine fehlende Anerkennung durch die hessische Ritterschaft (vgl. Puppel: Regentin, S. 203) konnte solche Angebote für Melander attraktiver machen. 70 Vgl. bsp. Der Geheim. Rath und Stadthalter des Herzogthums Francken Tobias von Ponica an Bernhard von Weimar, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 11r.; er wurde auch so vom Herzog adressiert, bsp. Instruction Herzog Bernhards an den Stadthalter des Herzogthums Franken von Ponnica, Paris, 3. Mai/23. April 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 34r. – 35v., vgl. hier Bl. 34r.; möglicherweise auch ein Versuch, Ponickau nicht formal zu degradieren. 71 Vgl. den Bericht des französischen Unterhändlers Batilly, der im Auftrag des Herzogs von Rohan zu Bernhard gereist war, um ihn für Frankreich zu gewinnen: Ouverture faite à Mr. Le Duc Bernard de Veimar par le S.r de Batilly de la part de Mr. Le Duc de Rohan sur les affaires presentes, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 450 f., vgl. ebd., S. 444. Der vorliegende Vorschlag hätte für den Kaiser auch bedeutet, gegen die Interessen dem Kaiserhaus nahestehender Reichsstände zu verstoßen. Ein kaiserliches Übernahmeangebot an Bernhard musste mit dem Verzicht auf eine Kompensation für die dem Kaiser von Bernhard verursachten Kriegskosten verbunden sein; vgl. die Betonung der Kosten, die die „Invasionen“ u. a. Bernhards bedeuteten: Kaiserliche Instruktion für die Gesandten bei dem geplanten Breslauer Friedenskongreß, [Wien], 26. August 1633, in: Lorenz, Quellen zur Geschichte Wallensteins, S. 300 ff., hier S. 301. 72 Vgl. Oberst Henderson an Ottavio Piccolomini, Groß-Heubach, 13. Januar 1635, in: Documenta Bohemica, Tl. 5, S. 354. 73 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 561; Hengerer: Ferdinand III., S. 186. 74 Vgl. Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 3, S. 46.
Folgen für die Brüder
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in weiterführende Verhandlungen einzutreten. Er ließ entsprechende Unterredungen offenbar bewusst scheitern. Das Vorgehen des Kaisers in Böhmen schien nicht vertrauenserweckend, die historische Erinnerung in Sachsen-Weimar tat ihr Übriges. Als der König von Ungarn ihm vor der Nördlinger Schlacht Verhandlungsangebote machen wollte, soll der Herzog zwar selbstbewusst Forderungen gestellt, aber zugleich erklärt haben, für die Papisten gelte stets „quod haereticis non fit servanda fides“ – Vereinbarungen und Verträge mit Ketzern seien nicht einzuhalten.⁷⁵ Hier zeigt sich tatsächlich so etwas wie ein „religiöse[r] Kern der Unversöhnlichkeit“. Der Ketzerbegriff gehörte zum Standardvokabular päpstlicher Vertreter, auch wenn selbst der Kirchenstaat in diesen Jahren kaum eine Politik des entschiedenen Kampfes gegen protestantische „Häresien“ vertrat.⁷⁶ Sie mahnten aber auch im Hinblick auf Bernhard zur Skepsis. Als er zu Jahresanfang 1633 für die kaiserliche Seite angeworben werden sollte, forderte der Kardinalnepot Barberini, erst müsse der Herzog konvertieren.⁷⁷
Folgen des Verlusts von Franken für die Brüder 1634/1635 hatten auch Bernhards Brüder in Weimar Gefährdungen durch die Nördlinger Niederlage und das Unternehmen „Franken“ abzufangen. Sie versuchten aus Franken finanziell und an Wertgegenständen das noch Mögliche zu retten. Zugleich erreichten sie finanzielle Forderungen und Bittgesuche von Gläubigern Bernhards, weimarischen Geistlichen,⁷⁸ Beamten aus Franken, die um Lohnzahlungen baten, bisherigen Dienern und Appelle zur Unterstützung Notleidender. In Weimar reagierte man mit Vertröstungen wie Ignoranz. Bitten um Hilfe erreichten die Herzöge auch von in der Festung Königshofen inhaftierten weimarischen Beamten und Dienern, darunter Ponickaus Hofmeister und Georg Achatz Heher,⁷⁹ und deren Angehörigen. Es ging um ausstehende Besoldungen, die harten
75 Vgl. Griesheim: Haupt-Victoria; Griesheim mahnte, der Herzog wisse genau, dass „vnser liebes Vatterlandt“ nicht länger „das elende theatrum, darauff alle andere Völcker ihre blutige tragaedi agiren“, bleiben dürfe. 76 Koller: Papst, S. 79, 81, vgl. S. 78 u. Fußn. 55; „Häresie“ wurde bereits semantisch vielfach mit „Rebellion“, „Ungehorsam“ oder „tumulto“ verbunden. 77 Vgl. Barberini an Kardinal Grimaldi, Rom, 29. Januar 1633, in: Becker, Nuntiaturberichte, Bd. 5, S. 673 f., hier S. 674; die päpstliche Seite betonte schließlich auch bei den Friedensverhandlungen in Westfalen, sie werde nicht die „Interessen der Protestanten (…) fördern“: Repgen: Kirche, S. 502. 78 Vgl. Bericht der geflüchteten Würzburger Konsistorialen an Herzog Ernst zu Sachsen-Weimar in Erfurt, Königshofen, 7. September 1634, in: Scharold, Zwischenregierung, Bd. 2, S. 142 ff. 79 LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8 (t.w. unfol.), hier Bl. 2r. in Aktenteil: Elf Personen werden namentlich genannt.
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Bedingungen der Gefangenschaft⁸⁰ und zu hohe Lösegeldforderungen, die weder von den Betroffenen noch ihrer Verwandtschaft aufzubringen seien.⁸¹ Auch der ehemalige schwedische Statthalter in Würzburg, Adam Hermann von Rotenhan, der selbst am Weimarer Hof tätig gewesen war, wurde als Fürsprecher aktiv.⁸² Zu den Marienberger Abzugsvereinbarungen gehörte, dass Bernhards und Ernsts privater Besitz ihnen überstellt oder in sichere Verwahrung genommen werden sollte.⁸³ Der Fürstbischof hatte allerdings die zuvorige Überprüfung in Anwesenheit von Deputierten beider Seiten durchgesetzt: Er ging davon aus, dass sich unter den reklamierten Gütern auch „Kirchen Ornat“ und „zum Gottesdienst gepracht[e]“ Gegenstände befänden, Eigentum des Bischofs, der Stifte oder von Untertanen.⁸⁴ Angesichts der umfangreichen Kriegsbeuten und Bernhards Verfahrensweise, von der Würzburger Bevölkerung Lieferung von Sachgegenständen auf das Schloss zu erzwingen, ist dies naheliegend. Möglicherweise waren auch Münchner Beutestücke nach Würzburg gelangt. Die von Bernhard und Ernst reklamierten Gegenstände kamen aber höchstens teilweise in Sachsen-Weimar an. 1636 präsentierte Ernst dem Bischof Forderungen im Wert von über 73.500 Reichstalern, inklusive Silbergeschirr, Diamantschmuck und Porträts.⁸⁵ Von Hatz-
80 Vgl. verschiedene Schreiben in: LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8 (t.w. unfol.), Bl. 1r. – 18r.; u. a. Georg Heher an Ernst v. Sachsen-Weimar, 2. Januar 1636 (in: ebd.): Sein Schwager und ein anderer Mann seien „in arrest genom[m]en, ganz außgelündert“ und bisher „elendiglich mit waßer und brod“ verpflegt worden, sie müssten „uff dem Strohe ligen“. 81 Vgl. LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8 (t.w. unfol.), Bl. 17r. 82 Vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Ernst v. Sachsen-Weimar, Ichtershausen, 26. Oktober 1635, LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8 (t.w. unfol.), Bl. 1r. – 1v.; zu Rotenhan vgl. Reuschling: Regierung, S. 372 f.; Wilhelm übergab die Angelegenheiten an Ernst, schlug aber Rotenhan für eine freie Ratsstelle vor, vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Ernst v. Sachsen-Weimar, Ichtershausen, 26. Oktober 1635, LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8 (unfol.), hier Bl. 1r. – 1v. (Aktenteil); Ernst v. Sachsen-Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar (Entwurf ), ebd., Bl. 3r. – 4r; Adam Hermann v. Rotenhahn an Ernst v. Sachsen-Weimar, Coburg, 21. Dezember 1635, ebd., Bl. 11r. Ob Bemühungen der Herzöge um eine Freilassung der Betroffenen erfolgten, ist unklar, vgl. LATh-StA Gotha, GA NNN II, Nr. 8, Bl. 18r. 83 Vgl.Vertrag zur Übergabe der Festung Marienberg in Würzburg an die kaiserlichen Truppen und zum Abzug der schwedisch-sächsischen Besatzung, 1635 (Abschrift), Art. 2, StA Würzburg, Militärsachen 3422a; Akkord [zur Übergabe der Festung], in: Scharold, Wiederabtretung, S. 34 ff. (Beilage II), hier S. 35. 84 Akkord, in: Scharold, Wiederabtretung, S. 34 ff. (Beilage II), hier S. 35; Akkordentwurf der Festungsbesatzung, in: ebd., S. 25 – 33 (Beilage I), hier S. 29 f. 85 Er schickte auch einen Gesandten nach Würzburg, vgl. Instruction, Wornach bey ubergebung der ihme von Uns anvertraueten und an des Herren Bischoffs zu Bambergk und Würtzburg Ld haltenden schreiben, sich … Hanß Philipp von Hutten, richten und halten … solle, Weimar, 25. April 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 53 h, Bl. 8r. – 9r.; Ernst v. Sachsen-Weimar an Franz v. Hatzfeld, Weimar, 29. April 1636, ebd., Bl. 10r. – 10v.; Taxatio, ebd., Bl. 3r.; ursprünglich sollten auch Archivalien gefordert werden, vgl. ebd., Bl. 8v.
Militärische Neuorganisation
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feld beschied ihm, die Mobilien seien nicht mehr vorhanden.⁸⁶ Allerdings waren nicht alle Wertgegenstände Bernhards in Würzburg verblieben oder gelagert gewesen, sondern auch in der Festung Frankenthal. Ein Teil davon ging an den bayerischen Kurfürsten.⁸⁷
Versuche der militärischen Neuorganisation Der Herzog gab sich kurz nach Nördlingen zuversichtlich, das Blatt alsbald wieder wenden zu können. Pfalzgraf Johann Casimir schrieb er, er hoffe, dass das ihm „zugestoßene Unglück (…) in kurzem mit einem guten streich ersetzt und des feindes hochmut wiederumb gedämpfet“ werde.⁸⁸ Es ging ihm darum, seine Geldgeber beim Heilbronner Bund zusammen und in Laune zu halten. Zugleich strebte er den Oberbefehl an, der ihm aber erst im März 1635 vom Wormser BundesKonvent übertragen werden sollte.⁸⁹ Noch im Herbst 1634 begann er mit der Reorganisation der Armee⁹⁰ und legte dem Bund Ende des Jahres Pläne zur weiteren Kriegsführung vor. Während ein erster Plan die vorrangige Sicherung der westlichen Reichsgebiete vorsah, ging ein zweiter vom Rückzug nach Thüringen und Sachsen aus.⁹¹ Im November verfügte er dem Kammersekretär des Bundes zufolge über 15.000 Mann, die verlässlich und einsatzfähig seien.⁹² Diese Einschätzung war allerdings vor allem Wunschdenken. Es erwies sich als schwierig, die Armee am Rhein und am Main zusammenzuführen, zusammenzuhalten und einsetzbar zu machen. Die Soldaten gäben „gar übele reden von sich“, so Bernhard, die Gefahr sei groß, dass sie desertierten. In jedem Regiment fehle es ihm an Offizieren und die vorhandenen Offiziere seien widerspenstig. Er benötige dringend Geld, um den „einen und andern zu schweigen zu
86 Franz v. Hatzfeld an Ernst v. Sachsen-Weimar, Würzburg, 21. Mai 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 53 h, Bl. 14r. – 14v. 87 Vgl. Topor-Morawitzky: Gefangenschaft, S. 281; dies wird allerdings mit dem Übergang Frankenthals im Oktober 1635 erfolgt sein. 88 Bernhard v. Weimar an Pfalzgraf Johann Casimir, Frankfurt a. M., 12./22. September 1634, in: Tümmler, Briefe, S. 323 f., Zitat S. 324. 89 Eine Kopie des Vertrages von Worms, 2./12. März 1635, LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 377, Bl. 6r. – 11v.; vgl. auch Röse: Herzog, Bd. 2, S. 457– 461. 90 Vgl. Anweisungen Bernhards v. Weimar für die Reorganisation seiner Armee, Kreuznach, 22. Oktober 1634, FB Gotha, Chart. A 733, Bl. 750r. – 753r. (gesiegelte Ausfertigung). 91 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 29, 33; Jendre: Diplomatie, S. 73 f. 92 Vgl. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 181.
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machen“.⁹³ Plünderungen und Ausschreitungen hielten an. Noch im Frühjahr 1635 hatte Bernhard die Armee nicht im Griff: „Die obristen und generallen wollen nicht mitt mir. Ich mus gedult haben“.⁹⁴
Changieren zwischen Frankreich und Schweden Entscheidend war das Geldproblem, für die Soldaten und Offiziere, für Bernhard und die Heilbronner Stände. Die Stände bewilligten 1634 hohe Summen, sie konnten oder wollten aber kaum mehr zahlen. Viele von ihnen fürchteten nach Nördlingen, „nicht so leicht alsdann wieder zu ihren landen zu kommen“⁹⁵ und hatten Sorge vor den enthemmten weimarischen Soldaten.⁹⁶ In dieser Situation schien Frankreich Hilfe zu bieten. Es hatte Geld und Truppen, versprach erfolgreich Politik gegen Habsburg zu machen und begleitete den Bund seit seiner Gründung;⁹⁷ Angebote und Geldzahlungen der französischen Krone an verschiedene Bundesmitglieder untermauerten dies.⁹⁸ Der Bund verhandelte in Paris über Unterstützung⁹⁹ und forderte den französischen König auf, dem Kaiser den Krieg zu erklären.¹⁰⁰ Ein Allianzvertrag brachte den Bund unter französische Kontrolle,¹⁰¹ der trotz massiver Verstimmung Oxenstiernas über das Vorgehen der Verbündeten im Dezember 1634
93 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Erbach, 1. September 1634, in: Briefwechsel, S. 236 f.; Ders. an Dens., Bingen, 19. Oktober 1634, in: ebd., S. 241. 94 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, o.O., [6.] März 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 290. 95 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Speyer, 15. April 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 297 f., hier S. 298. 96 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 28. 97 Vgl. den Vertrag vom 26. August 1634; auch Secont Traité Original fait a Francfort le 7. Juin 1634, entre le Roy tres Chrestienne, La Reyne de Suede es les princes protestans Allemagne, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 142r-146r.; dahinter die Ratifizierungsurkunde des französischen Königs; vgl. Wedgwood: Krieg, 322 f. 98 Zu Frankreich als „größte[m] Zahler von Geheimpensionen“ in der Frühen Neuzeit: Suter: Korruption, S. 178; auch Haehl: Affaires, S. 295. 99 Vgl. Instruktion Was im Nahmen der Königlichen Mayestät und Cron Schweden auch der gesambten Confoederierten Ständen …, in: Sattler, Geschichte, Dok. 27; es handelte sich um den Zweibrücker Rat Philipp Streiff von Lauenstein und den württembergischen Kanzler Dr. Jacob Löffler. 100 Vgl. Rebitsch: Matthias Gallas, S. 119. 101 Traité relatif aux secours à fournir aux princes confédérés pour conserver leurs privilèges et franchises [Royaume de France, Royaume de Suède, Princes confédérés allemands], Paris, 1. November 1634, http://basedoc.diplomatie.gouv.fr/exl-php/cadcgp.php [30.06. 2023], schon hier spielte die Sicherung der „passage de Brissac“ eine zentrale Rolle (Art. 12); vgl. Stein: Richelieu, S. 269.
Changieren
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ratifiziert wurde.¹⁰² Oxenstierna hatte den Bund zusammenhalten wollen,¹⁰³ keineswegs hatte er ihn quasi an Frankreich übergeben wollen. Oxenstierna solle sich in Frankreich für die Stände einsetzen, übermittelte Bernhard.¹⁰⁴ Für Landgraf Wilhelm von Hessen war es sogar denkbar, dem französischen König die Kaiserkrone anzubieten.¹⁰⁵ Bernhard kooperierte nun auf Basis dieses Vertrages mit Frankreich. Aus französischer Sicht ging es darum, den Krieg gegen Habsburg zu sichern,¹⁰⁶ weswegen die Krone auch die Generalstaaten gegen Habsburg unterstützte. Im Reich hatte Frankreich durch seine Protektionsverträge¹⁰⁷ verschiedene Festungen am Rhein in der Hand; Richelieu strebte darüber hinaus die Kontrolle des Elsass an. Dazu brauchte er mehr Soldaten, ebenso wollte er die schwedische Armee am Rhein steuern können. Die geplanten rechtsrheinischen Militärzüge sollten „allein im Namen des Heilbronner Bundes und allenfalls mit französischer Truppenunterstützung erfolgen“.¹⁰⁸ Den offenen Bruch mit dem Kaiser wollte Richelieu noch immer vermeiden. Der für diese Ziele gewählte Zugang war Bernhard. Bernhard konnte aber keineswegs auf die schwedische Hilfe verzichten. Nach wie vor benötigte er Schweden zur Durchsetzung von Befehlen gegenüber Offizieren und der Armee,¹⁰⁹ und er wollte Geld von Schweden. Es fehlte ihm an Ausrüstung und Geld, auch für die Offiziere. Diese fortwährenden Klagen konnten aber auch als Vorwand dienen, Anweisungen Oxenstiernas zu unterlaufen, die er nach wie vor erhielt.¹¹⁰
102 Oxenstierna nannte Streiff und Löffler bei der Bundesversammlung in Worms am 12. November 1634 Verräter; die Ratifikation erfolgte am 18. Dezember. 103 Vgl. auch zu Forderungen nach Truppenaufstellungen: Axel Oxenstierna an Herzog Eberhard von Württemberg, 17. September 1634, in: Sattler, Geschichte, S. 110 f.; auch Goetze: Politik, S. 112 – 145, 156 ff. 104 Vgl. Erklärung des Heilbronner Bundes auf dem Konvent zu Worms für die Stadt Colmar, 7./17. Dezember 1634, in: Stein, Protection, S. 578 f. 105 Vgl. Altmann: Landgraf Wilhelm, S. 84 f. 106 Zur Sorge vor einem niederländisch-spanischen Friedensschluss, vgl. Blanchard: Éminence, S. 150. 107 Vgl. Stein: Protection, S. 525; Babel: Garde. 108 Vgl. Stein: Richelieu, S. 269. 109 Vgl. seine Bitte um ein Mandat an die Armee und alle Offiziere: Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Worms, 23. März 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 296. 110 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Speyer, 14. März 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 293 f. mit Bezug auf ein Schreiben von Oxenstierna an ihm vom 13. März 1635; Ders an Dens., Speyer, 15. April 1635, in: ebd., S. 297 f., hier S. 297.
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Mai 1635: Der Friede Nachdem im März 1633 Verhandlungen des Kaisers mit Kursachsen über einen Frieden begonnen hatten, hatte Frankreich vergeblich versucht, den Dresdner Kurfürsten von dem Vertrag abzuhalten.¹¹¹ Mit dem Frieden von Prag im Mai 1635 brachten der Kaiser und Kursachsen Schweden um die meisten seiner Verbündeten, denen hier eine Amnestie garantiert wurde. Auch Wilhelm, Albrecht und Ernst von Sachsen-Weimar traten dem Frieden bei.¹¹² Der Jenaer Theologe Johann Gerhard gehörte zu denen, die zum Frieden mahnten. Manche schöben nur die Religion vor, um ihre tatsächlichen Interessen und ihre „Liebe zum Krieg“ zu verdecken. Es liegt nahe, dass er an Bernhard dachte.¹¹³ Aus der Perspektive Bernhards brachte dieser Frieden, ohne territoriale oder finanzielle Kompensationen für ihn, keine Vorteile. Er hat ihn sogar als Beginn eines „zweiten“ Krieges bezeichnet, den der Kaiser und der sächsische Kurfürst begonnen hätten.¹¹⁴ In Sachsen-Weimar hatte er nicht viel zu erwarten: Wilhelm regierte, es lebten noch zwei weitere Brüder und durch die Hausverträge verfügte er hier nur über Einkünfte aus kleinen Ämtern. „Das werck“, verkündete er im Sommer 1635, könne mit Hilfe der Franzosen wieder aufgerichtet werden.¹¹⁵ In Weimar fürchteten die Brüder nun eine Achterklärung Bernhards und dadurch Nachteile für sich selbst.¹¹⁶ Diese Bedrohung hatte schon 1626 wegen der
111 Vgl. Tischer: Claude de Mesmes, S. 202; zur Diskussion um den Frieden auf katholischer Seite Hengerer: Ferdinand III., S. 110; Schmidt: Nördlingen, S. 76. 112 Allerdings fielen die reformierten Reichsstände nicht unter die Amnestieregelung, andere waren als „besondere Feinde“ des Kaisers ausgeschlossen, auch sollte die Amnestie erst ab dem Jahr 1630 gültig sein; wer nicht in den Frieden aufgenommen worden war, konnte Einzelverhandlungen mit dem Kaiser führen, die meisten taten das; dabei musste gerade der Württemberger Herzog weite Landesteile abtreten; die beigetretenen Reichsstände: Repgen: Kurie, S. 361, Anm. 231. 113 Vgl. Schmidt: Johann Gerhard, S. 42 – 45, Zitat S. 44; auch Schmidt/Klinger: Universität, S. 87. 114 Bernhard v. Weimar an Joachim v. Wicquefort, Rheinfelden 1639 Juni 1; Rommel: Plane, S. 275 – 279, Zitat 276. 115 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Mainz, 1. August 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 301 f., hier S. 302; zwischenzeitlich war er allerdings davon ausgegangen, dass der Frieden durchgesetzt werden würde, vgl. Ders. An Dens., Saarbrücken, 30. Juni 1635, in: ebd., S. 300 f., hier S. 301. Mit der Ablehnung des Prager Friedens war bei Bernhard zu punkten: Rehlingen hat Bernhard noch 1637 mit mehreren Exemplaren einer gegen den Prager Frieden ausgerichteten Schrift versorgt, um ihm den Autor für die Stelle eines Kanzlers zu empfehlen, vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 14./24. Dezember 1637, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 216. 116 Bernhard hat auch im Juli 1635 formal noch als Mitglied der Weimarer Gesamtregierung agiert, vgl. StA Sigmaringen, Dep. 38 T 1 Nr. 457.
Letzte Kriegsparteien
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dänischen Kriegsdienste Johann Ernsts und Bernhards im Raum gestanden.¹¹⁷ An mahnenden Beispielen fehlte es nicht, so von Mansfeld,¹¹⁸ Christian I. von AnhaltBernburg oder Georg Friedrich von Hohenlohe.¹¹⁹ Bernhard ist jedoch nie geächtet worden. Ein Problem für den Kaiserhof war, dass Bernhard schwerlich Land wegzunehmen war, das er nicht hatte.¹²⁰ Wien war vielleicht auch deshalb vorsichtig, weil die Ächtung des Winterkönigs zu einem Problem geworden war.
Die letzten Kriegsparteien und der Beginn des Schwedisch-Französischen Krieges Im Reich blieben nun Bernhard und Hessen-Kassel als aktive Kriegsparteien gegen den Kaiser übrig, ein, wie es schien, sehr geschwächtes Aktionszentrum des „militant German protestantism“.¹²¹ Die habsburgische Seite verstärkte ihre Armeen; Schweden sollte weiter zurückgedrängt, Bernhard als militärische Kraft ausgeschaltet werden.¹²² Es schien der richtige Augenblick, den Herzog weiter in die Enge zu treiben, den auch „mehr die Verzweiflung als die Vernunft antreibe“, so Gallas.¹²³ Im Juni 1635 ging Speyer verloren, im Juli Heidelberg, im August Frankfurt, im September Mannheim. Bernhard schrieb diese Verluste der „macht“ des Feindes und der mangelnden militärischen Unterstützung aus Frankreich zu.¹²⁴ Hoffnungen auf eine Vereinigung der Truppen mit denen Wilhelms V. von Hessen-Kassel scheiterten.¹²⁵ Dass die kaiserlichen Generäle Bernhard dennoch nicht als militärische Macht ausschalten konnten, zog Frankreich tiefer in den Krieg in Deutschland hinein. Schweden ermunterte es zur Fortsetzung des Krieges.¹²⁶ Der Herzog, auf der mächtepolitischen Ebene ein kleiner‚Spieler‘, wurde zum Akteur zwischen den Einflusssphären.
117 Vgl. die Warnung von Oberst Frenk an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Leipzig, 8. Oktober 1626, vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 354; Johann Ernst sei geächtet worden, erklärt allerdings: Maximilian v. Bayern an Kurköln, München, 1. Dezember 1626, in: Goetz, Politik Maximilians I., S. 365 f., hier S. 365. 118 Vgl. Krüssmann: Ernst von Mansfeld, S. 241 f., 248, 641. 119 Vgl. Magen: Politik, v. a. S. 238 – 240. 120 Das Druckmittel „Territorienentzug“ nutzte der Kaiser bsp. gegen Wilhelm V. v. Hessen-Kassel, vgl. Weiand: Hessen-Kassel, S. 74 f. 121 Vgl. Ward: Years, S. 365. 122 Wilson: Thirty Years War, S. 561. 123 Matthias Gallas an Ottavio Piccolomini, Heilbronn, 10.–30. Mai 1635, in: Documenta Bohemica, Tl. 5, S. 384. 124 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Worms, 1. Juni 1635, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 298 f., hier S. 299. 125 Vgl. Ward: Years, S. 365. 126 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 561.
6 Bernhard und Frankreich Nach dem offenen Kriegseintritt Frankreichs 1635 kam dem Herzog von Weimar eine entscheidende Rolle zu.¹ Indem er seine Truppen in den Dienst der französischen Krone stellte, trug er maßgeblich zum Andauern des Krieges nach dem Prager Frieden bei. Bernhard nutzte dieses Bündnis, um seine Spielräume über das in der schwedischen Zeit Mögliche hinaus auszuweiten. Zugleich hielt er die Beziehungen zu Schweden aufrecht, um Rückhalt und Handlungsoptionen gegenüber Frankreich zu haben. Schweden brauchte den Heerführer Bernhard, um die schwedische Kriegsführung im Reich zu unterstützen. Durch seine Rolle zwischen Frankreich und Schweden verhinderte er in gewisser Weise auch Alleingänge des anderen Partners. Bernhard lotete darüber hinaus weitere Optionen aus. Das Bündnis war weniger stabil, als es aus der Retrospektive erscheint. Das Zustandekommen und die Bedingungen des Frankreich-Bündnisses, die Kriegszüge Bernhards und seine französischen Kontakte sind chronologisch-ereignisgeschichtlich untersucht worden;² intensiv beleuchtet wurden die französische Politik und die französischen Kriegsziele,³ ebenso das französisch-schwedische Bündnis.⁴ Da die Frage nach dem Charakter des Bündnisses zentral für das Verständnis des Bernhard‘schen Agierens ist, wird hier nach der Bedeutung der Verträge zwischen Bernhard und dem französischen König sowie den Zielen beider Seiten gefragt. Damit verbinden sich der Blick auf den Stellenwert des Herzogs für die französische Krone, schließlich auf die Position Bernhards im Gefüge zwischen Frankreich und Schweden sowie die Frage seiner Beteiligung an Friedensverhandlungen.
Vorgeschichte und Anbahnung des Bündnisses In der Zeit der Annäherung Bernhards an Frankreich schien der Friede greifbar. Im Reich hatte eine gegen Schweden und Frankreich gerichtete Stimmung um sich gegriffen.⁵ Die beschworene Einheit des „Vaterlandes“ Deutschland und die Abgrenzung gegenüber den „fremden Nationen“ wurden verstärkt zu einem verbin1 Vgl. französische Kriegserklärung an Spanien am 19. Mai 1635. 2 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2; Röse: Herzog, Bd. 2. 3 Vgl. u. a. Mousnier: Crises; Tischer: Diplomatie; Babel: Garde; Babel: Habsburg; Stein: Protection; Hartmann: Regensburg; Weber: Frankreich; Weber: Vom verdeckten zum offenen Krieg; Wrede: Guerre; Krumenacker: Guerre; Hildesheimer: Richelieu. 4 Vgl. bsp. Kleinehagenbrock: Reich. 5 Vgl. Wandruszka: Reichspatriotismus, S. 74; Burkhardt: Geschichte als Argument, S. 200. https://doi.org/10.1515/9783110701913-007
Anbahnung des Bündnisses
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denden Moment.⁶ Die gegen Habsburg gerichtete französische Bündnis- und Protektionspolitik,⁷ die allerdings in der Tradition des Zusammengehens König Heinrichs II. von Frankreich und der deutschen Protestanten stand,⁸ wurde auch in der Öffentlichkeit beobachtet. Für Bernhard musste es insofern eine Frage sein, inwiefern sein Bündnis opportun erscheinen konnte. Gerade die Übergabe Ehrenbreitsteins 1632 an Frankreich hatte zu Misstrauen geführt.⁹ Das Trierer Domkapitel verwies mahnend auf das Beispiel der Reichsstädte Metz, Toul und Verdun und beschwor die Gefahr, dass Frankreich nun Mainz „dem Röm. Reich abziehen und der Cron Franckreich incorporiren und biß ahn den Rheinstromb, den alten frantzosischen praetensionen nach, daß [sic] regnum Francium extendiren möchte“.¹⁰ Auch Bernhard sollte später betonen, Frankreich habe sich hier „gegen alle Teutschen (…) sehr verdächtig gemacht“.¹¹ Während offiziöse französische Flugschriften vor einem kaiserlichen Absolutismus im Reich warnten, mahnten andere, die französische Krone sei nur auf ihren Vorteil bedacht und werde möglicherweise territoriale Ansprüche anmelden.¹² „Allem ansehen nach werden sich die Frantzosen des Spiels recht annehmen/ vnd iren Vortheil dabey in obacht nehmen“. Sie „versichern sich (…) mit gemach vieler Oerter desseits Rheins/ das Ober Elsaß ist ihnen auch cedirt, vnd werden in kurtzem mehr andere Stücken folgen“.¹³ Die Publizistik, die Frankreich und Schweden angriff, richtete sich letztlich auch gegen Kriegsgegner innerhalb des Reichs. Abberufungsbefehle des Kaisers und Kursachsens trugen zu dieser Stimmung bei. Offiziere, die in schwedischen Diensten blieben, hatten Sanktionen zu befürchten,¹⁴ viele verließen daher die schwedische Armee. Zu ihnen gehörte Wilhelm 6 Vgl. Schmidt: Vaterlandsliebe, S. 401; Schmidt: Dreißigjährige Krieg, S. 61 f.; ein „Patriot“ war demnach derjenige, der sich für einen Frieden an der Seite des Kaisers einsetzte, bsp. schon Georg II. v. Hessen-Darmstadt an Ferdinand II., Marburg, 17./27. November 1632, in: Hallwich, Briefe, Tl. 3, S. 532 ff., hier S. 533; Kaiserliche Instruktion für die Gesandten bei dem geplanten Breslauer Friedenskongress, [Wien], 26. August 1633, in: Lorenz, Quellen zur Geschichte Wallensteins, S. 300 ff., hier S. 301. 7 Vgl. zum Vertrag von Wesel mit Hessen-Kassel 1636: Weiand: Hessen-Kassel, S. 65, 73 f.; Press: Hessen; hinzu kamen die militärischen Gewinne Frankreichs im Herzogtum Lothringen. 8 Vgl. Lutz: Christianitas, S. 62 – 80; Simms: Kampf, S. 44 f.; auch Johann Wilhelm v. Sachsen-Weimar hatte sich zweimal in (für ihn wenig erfolgreiche) französische Bündnisse begeben. 9 Zur Pforten- und Passagenpolitik Babel: Frankreich, S. 82. 10 Das Trierer Domkapitel an Kaiser Ferdinand II., Luxemburg, 25. August 1632, in: Hallwich, Briefe, Tl. 3, S. 4 – 9, hier S. 7. 11 Bernhard v. Weimar: Projekt wegen neuen Traktaten mit Frankreich, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 192 – 196, hier S. 195. 12 Vgl. Stein: Richelieu, S. 262 – 265. 13 Post Zeitung 1634, Nr. 113: Auß Cölln vom 8. Novemb.; vgl. später: Der Teutschen Planet. 14 Vgl. Schmidt: Krieg, S. 61.
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6 Bernhard und Frankreich
von Kalcheim (Lohausen), der unter Bernhard Koadjutant in Franken gewesen war und 1635 als Sprecher der deutschen Offiziere in schwedischen Diensten mit Kursachsen über einen Ausgleich dafür verhandelte, dass sie ihre Dienste aufgaben. „Ehre vnd reputation“, die „jederm [sic] Teutschen Biederman lieber/ als sein Leben“ seien, verpflichteten die Offiziere Schweden; sie hätten Leistungen für „das gantze Vatterlandt Teutscher Nation, das gemeine Evangelische Wesen“ erbracht.¹⁵ Das war auch die Perspektive Bernhards. Am Kaiserhof war bereits vor der französischen Kriegserklärung die Furcht vor dem Nachbarn gewachsen. Der französische König könne mit Hilfe der protestantischen Kurfürsten die Kaiserkrone erlangen, mit einer großen Streitmacht in das Reich einfallen und auch eidgenössische Gebiete erobern.¹⁶ Wien und München, das allerdings auch die Nähe zu Paris suchte, planten, den Krieg offensiv auf französischem Gebiet zu führen.¹⁷ Im Frühjahr 1635 gewann der Kaiser am Rhein und im Elsass wieder an Terrain.
Die Perspektive des Königs und des Kardinals König Ludwig XIII. von Frankreich und Richelieu, die die Geschicke des Landes lenkten, brauchten für den Krieg gegen Habsburg Verbündete.¹⁸ Auch wenn Richelieu, nicht zuletzt aus innenpolitischen und militärischen Gründen, dem offenen Kriegseintritt lange skeptischer gegenübergestanden hatte als der König:¹⁹ Die Macht Habsburgs sollte eingeschränkt und eine habsburgische Universalmonarchie verhindert werden. Dabei erschien die habsburgische Geschlossenheit nach außen allerdings wesentlich größer, als sie es tatsächlich war. Gerade mit Spanien führte Frankreich in diesen Jahren einen intensiven Propagandakrieg um eine drohende Universalmonarchie.²⁰ Der König reklamierte für sich die Position des „rex christiannismus“ in Europa und eine Funktion als „Arbiter“, als Schiedsrichter.²¹ Innenpolitisch stellt er sich als Vertreter der Bourbonen, die „unter den regierenden 15 Lundorp: Acta Publica, Tl. 3, S. 34 ff., hier S. 36, 38. 16 Vgl. den reichsfürstlichen Agenten Johann Friedrich Breithaupt an Detlef von Reventlow, Wien, [Januar] 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 101 – 105, hier S. 105, vgl. S. 104. 17 Vgl. Hengerer: Kaiser, S. 114. 18 Zu Ludwig XIII. u. a. Cremer: Ludwig XIII.; Bouyer: Louis XIII; Moote: Louis XIII. 19 Vgl. Wrede: Guerre, S. 130 f. 20 Vgl. u. a. Delgado: Traum, v. a. S. 277. 21 Allerdings ließ sich auch Ludwig XIII. als Herkules heroisieren und griff damit ein zwar gemeineuropäisches, aber vor allem von Karl V. genutztes Motiv auf: Abraham Bosse: Ludwig XIII. als Herkules, ca. 1635, Druck, 25.9×32.5 cm, Metropolitan Museum of Art/New York, Accession Number: 26.49.35 (weiterer Druck: ebd., Accession Number: 51.501.2229).
König und Kardinal
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Dynastien Europas Emporkömmlinge“ waren, „ausdrücklich in die Tradition der dynastischen Konkurrenz zwischen Valois und Habsburgern“, um seine Position zu stabilisieren und die absolute Monarchie zu etablieren.²² Die „l’honneur du roi“ und die „reputation“ des Landes waren innen- wie außenpolitisch zu verteidigen und zu steigern. Diese Zielsetzung wurde legitimiert mit dem Anspruch, Frankreich könne Schutzherr der europäischen Christenheit sein, und mit der Idee des universalen Friedens.²³ Für Richelieu war Bernhard daher aus mehreren Gründen interessant: um die französische Einflusssphäre gegen Habsburg auszubauen, um mit Hilfe seines Ansehens in Deutschland mehr Soldaten unter Vertrag zu bekommen und dem Kaiser Truppen zu entziehen, um eine Kontrolle über Lothringen und das Elsass zu gewinnen, vor allem, um den Krieg gegen den Kaiser im Reich zu führen.²⁴ Das Reich verstand Richelieu als „aristokratische Staatsform“, in der die Stände unter bestimmten Umständen über ein Widerstandsrecht verfügten, wobei, wenn sie dieses Recht nutzen, eine Intervention rechtlich möglich sei.²⁵ Das Vertrauen in Bernhards militärischen Fähigkeiten war groß. Frankreich hatte eine, wie Zeitgenossen bekannt war, unzureichend funktionierende Armee mit Offizieren, denen es an Erfahrung mangelte und die die Armee selbständig verließen, sowie einer Vielzahl an Deserteuren.²⁶ Frankreich habe gegenwärtig nur eine „geringe Zahl von Männern (…), die des Kriegführens fähig sind“, konstatierte Richelieu Anfang 1633.²⁷ Verhindert werden sollte auch, dass Bernhard zum Kaiser wechselte, was die Kräfteverhältnisse verschoben hätte.²⁸ Gerüchteweise wurde immer wieder über dieses Szenario gesprochen; so hieß es im Oktober 1637 in Venedig, der Herzog verhandele im Geheimen mit dem Wien.²⁹ Bernhard suchte die französische Unterstützung, weil ihm die Bündnispartner abhandengekommen waren, die er finanziell und machtpolitisch brauchte. Den
22 Externbrink: Ludwig XIV., S. 17; vgl. zur „Entstehung der absoluten Monarchie als ein politischer Verdichtungsprozess“ seit der Mitte des 16. Jhd.s.: Mißfelder: Andere, v. a. S. 305, 313. 23 Vgl. El Kenz/Gantet: Guerres, S. 130; Malettke: Bourbonen, S. 110; Hartmann: Rêveurs, S. 31, 84, 89; Wollenberg: Richelieu. 24 Gefördert wurden daher die militärischen Bündnisse der protestantischen Stände gegen den Kaiser. 25 Malettke: Bourbonen, Bd. 1, S. 109 f. 26 Vgl. Sébastien Lustrier: Summarische Beschreibung d. jetzigen Frantzozischen Hoffwesens, in: Fagniez, Père Joseph, S. 500 – 502, hier S. 501; Wilson: Thirty Years War, S. 562; Parrot: Richelieus Army, bes. S. 317, 364. 27 Richelieu: Gutachten aus den ersten Tagen des Jahres 1633, in: Richelieu, Politisches Testament, S. 283 – 288, hier S. 287. 28 Vgl. Sacchi: Guerre, S. 35. 29 Vgl. Advices from Vienna, 10. Oktober 1637, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 290.
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6 Bernhard und Frankreich
Krieg aufgeben wollte er nicht. Gegenüber seinen Brüdern rechtfertigte er sich für die Verhandlungen mit Frankreich. Er sei von den Bundesgenossen im Stich gelassen worden.³⁰ Hortleder gegenüber argumentierte er mit einem Mangel an Alternativen: Das Militär sei sein „Beruf“.³¹ Bereits seit dem Frühjahr 1633 bemühte sich die französische Regierung, Bernhard enger an sich zu binden,³² und auch er selbst suchte den Kontakt. Seit Anfang 1635 setzte er vorrangig auf die Zusammenarbeit mit der französischen Krone und verhandelte mit Feuquières, der einer seiner wichtigsten Kontaktleute nach Paris blieb.³³ Eine Kooperation gab es schon vor dem Vertragsabschluss, in Form strategischer Absprachen und dem Austausch von Kriegsmaterial wie einer Pontonbrücke,³⁴ Bernhard erhielt auch französische Truppenteile. Vor allem arbeitete er mit Kardinal de La Valette zusammen, der den Sommerfeldzug leitete. Grotius hielt diese Zusammenarbeit für erfolgreich, verfüge doch der eine über Macht (La Valette), der andere über Autorität (Bernhard).³⁵ Ein Vertragsangebot vom März aber, wonach der Herzog dem „imperio“ eines französischen Generals unterstehen und einen Eid leisten sollte, lehnte er ebenso ab wie die finanziellen Vorschläge.³⁶
Das Weiterleben des Heilbronner Bunds Im Juni reiste Tobias von Ponickau zu Verhandlungen nach Paris – offiziell im Auftrag des Bundes, vor allem aber für Bernhard.³⁷ Der Heilbronner Bund bestand 30 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2., S. 66 f. 31 Vgl. Bernhard v. Weimar an Friedrich Hortleder, Mainz, 29. August 1635, in: Hellfeld, Geschichte, Anlage IV, S. 458 ff. 32 Vgl. Wedgwood: Krieg, S. 322. 33 Dazu trug bei, dass auch von Bernhard erhoffte Hilfen durch seinen Bruder, Georg von Lüneburg oder den Landgrafen von Hessen ausblieben; Feuquières wurde wiederholt mit vertraulichen Unterredungen mit dem Herzog beauftragt, bsp. Feuquières [an die französische Krone], 14. Januar 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 11r. – 14r. 34 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Gross-Gerau, 23. November 1634, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 249 f., hier S. 250. 35 Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 7. September 1635, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 203 ff., hier S. 203. 36 Vgl. Droysen: Sachen, S. 364; Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, o.O. [Worms?], [zwischen dem 23. u. 25.] März 1635, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 295; Sacchi: Guerre, Tl. 3, S. 35; der Vertrag glich dem mit dem hessischen Landgrafen abgeschlossenen, vgl. Redlich: Military Enterpriser, Bd. 1, S. 233; Altmann: Landgraf. 37 Vgl. Obrist Ph. Saeko an Hugo Grotius, Saarbrücken, 26. Juni 1635, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 69 f., hier S. 69; Ders. an Dens., o.O., [Juni 1635], in: ebd., S. 1; Anfang Juli kam Ponickau
Weiterleben des Heilbronner Bundes
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praktisch nicht mehr.³⁸ Der Prager Friedensvertrag hatte die Aufhebung der Bündnisse verfügt,³⁹ aber Hugo Grotius brachte das Problem auf den Punkt: Die Konföderierten seien „niemant“, schließlich hätten alle das Bündnis verlassen, bis auf Straßburg, das aber „niet één penning“ bezahle.⁴⁰ Dennoch brachten Mitglieder des Bundes ihn in den Folgejahren in Stellung, so Elisabeth Stuart oder Rheingraf Johann Philipp,⁴¹ und die Bezeichnung Bernhards als „Generalissimus des Evangelischen Bundes“ griffen auch Untergebene und Dritte, die ihm nahestanden oder sich an ihn richteten, gerne auf.⁴² Der Fassadencharakter dieses Arguments war offensichtlich. Es sollte die eigene Politik legitimieren, Gemeinsamkeiten betonen und Bernhard für die eigenen Politikziele einspannen. Wenn Oxenstierna den Herzog weiterhin als „der Königl. May:t zu Schweden und des Evangelischen Bundes wolbestalltem Generalen und Obercommendanten“⁴³ titulierte, betonte er seine Verpflichtung gegenüber der schwedischen Krone. Die Verbindungen zwischen in Paris an, vgl. Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, 16. Juli 1635, in: ebd., S. 86 f.; Ders. an Axel Oxenstierna, [Paris], 7./17. Juli 1635, in: ebd., S. 91 – 94, hier S. 92; die französische Krone hatte dem Heilbronner Bund noch im Dezember Unterstützungszusagen gemacht, die Gelder waren aber nicht wie erhofft eingetroffen. 38 Der Bund konnte selbst die Reise eines zweiten Gesandten nicht mehr finanzieren, vgl. Ph. Saeko an Hugo Grotius, Saarbrücken, 26. Juni 1635, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 69 f., hier S. 70; die Schwäche des Bundes thematisierten auch Flugschriften: Liemandt: Reaktion, S. 266. 39 Vgl. Bierther: Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Teil, 10. Bd.: Der Prager Frieden von 1635, 4. Teilbd. (Vertragstexte), S. 1626, Abschn. [79] und ebd., S. 1623 f., Abschn. [70]. 40 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 16. November (n.St.) 1635, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 6, S. 340 – 342, hier S. 341; Grotius befürchtete daher, das Heer werde ganz das Frankreichs sein, vgl. Ders. an Axel Oxenstierna, Paris, 6./16. November 1635, in: ebd., S. 338 ff., hier S. 338; vgl. auch zur französischen Position, den Heilbronner Bund gebe es praktisch nicht mehr, da niemand ihm mehr „kontribuiere“: Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 38 – 42. 41 Vgl. Rheingraf Johann Philipp an Hugo Grotius, Metz, 11./21. Januar 1636, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 6, S. 483 ff.: Er nannte Bernhards Armee „unssere Teutsche armée under dem Commendant Htg. von Sachssen Weimar“; der Rheingraf hatte freilich keine Kenntnis über die Vereinbarungen Bernhards mit Frankreich und bat Grotius um Informationen, dieser antwortete, der Vertrag mit Bernhard über den Unterhalt „seiner Truppen“ („ses trouppes“) sei ohne Einbezug Schwedens geschlossen worden, er habe darüber keine besonderen Kenntnisse, vgl. Hugo Grotius an Rheingraf Johann Philipp, Paris, 10. Februar (n.St.) 1636, in: ebd., S. 520 f., hier S. 521. 42 Vgl. die Titulierung Bernhards als „Generalissime des Armées de leurs Majestez de France et de Suede de Princes et Estats leur Alliez“ bei: Streiff von Lauenstein an Bernhard v. Weimar, Paris, 12. April 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 218r. – 219v.; Wicquefort bezeichnete Bernhard als „Generalissime de Confederez en Allemagne“: Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 4. Juli 1639: ebd., Bl. 374r. – 376v., hier 376v. 43 Vgl. bsp. Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 30. Juli 1636, FB Gotha, Chart. A 724, Bl. 68r.
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6 Bernhard und Frankreich
Bernhard und dem Bund wurden auch nicht offiziell gelöst. Bernhard, der nach 1635 immer wieder als Exponent der protestantischen Stände des Reichs und des Heilbronner Bundes auftrat,⁴⁴ versuchte sich mit dem Verweis auf die Konföderierten abzusichern. Er stand Frankreich damit nicht allein gegenüber. Zugleich legitimierte er das Frankreichbündnis damit, dass er als Einziger die Interessen der Verbündeten wahre. Die Heilbronner hätten ihm, als sie „von einander gelaufen, (…) die letzte der Kriegsarmeen allein auf dem Hals gelassen“. Er fühle sich für diese Armee verantwortlich. Neben der göttlichen Hilfe sei sie das einzige Instrument, womit „das Vorhaben der Intreßenten erhalten werden“ könne.⁴⁵ Der OktoberVertrag stützte diese Sicht schließlich, und auch Ludwig XIII. bezeichnete Bernhard als „General de l’armée de mes alliez et confederez“.⁴⁶ Schon zugesagte Subsidien hatte Bernhard aber im September 1635 noch nicht erhalten,⁴⁷ was sein Misstrauen steigerte.⁴⁸ Gleichwohl erhöhte dies wie seine „politische Isolation“⁴⁹ den Druck auf ihn zu einem Vertragsabschluss.
Die Verträge von Saint-Germain Am 26. Oktober 1635 erfolgte in Saint-Germain der Abschluss des Bündnisvertrags zwischen der französischen Krone und Bernhard, am Tag darauf folgte der eines Geheimvertrages.⁵⁰ Der Herzog verpflichtete sich zur Unterhaltung einer Armee
44 Vgl. auch seine Selbstbezeichnung als „Generalissimus des Evangelischen Bundes“: Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager bei Breisach, 7./16. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 42 – 45. 45 Entwurf eines Briefs Bernhards v. Weimar an Christian IV. von Dänemark, o.O., [nach der Eroberung Breisachs], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 150 ff., hier S. 150 f. 46 Bsp. Ludwig XIII. an d’Hoquincourt, Saint Germain en Laye, 6. November 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 588r. – 588v. 47 Vgl. Bernhard v. Weimar an Tobias von Ponickau, Metz, 23. September 1635, vgl. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 187; zu französischen Subsidien auch Tischer: Role; Helfferich: Schutz. 48 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Gross-Gerau, 23. November 1634, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 249 f., hier S. 250: Es sei unklar, ob sich die Franzosen mit seinen Truppen zusammenschließen wollten. Bernhard unterschrieb auch im September in Metz doch den, nun modifizierten, Vertragsentwurf vom März, vgl. Articles accordez entre Sa. Majesté tres chrêtienne par Mon. Manasse Compte de Pas, Seigneur de Feuqières … et son Altesse Mr. Le Duc Bernard de Saxe Veimar, LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 99r. – 101r. (Abschrift); vgl. auch Fagniez: Père Josephh, Tl. 2, S. 272; maßgeblich wurden gleichwohl die Oktoberverträge von Saint Germain. 49 Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg, S. 95; vgl. Jendre: Diplomatie, S. 146. 50 Durch Ponickau im Namen des Herzogs, Bernhard unterzeichnete den Vertrag und den dazugehörigen Geheimvertrag am 19. November, vgl. Traicté entre le Roy Tres Chrestien et le Duc de
Die Verträge von Saint-Germain
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von 18.000 Mann, davon 6.000 Reiter und 12.000 Fußsoldaten, Ludwig XIII. von Frankreich sicherte ihm dafür die Zahlung von vier Millionen Livres im Jahr zu. Bernhard kommandierte die Armee demnach unter der Oberhoheit des Königs als General der mit dem König verbündeten deutschen Fürsten und erklärte, die Armee an alle Orte und zu den Unternehmungen („entreprises“) zu führen, die der König wünsche. Gleichwohl hatte der Herzog „la direction des toutes les actions de guerre“ inne und entschied über diese Kriegsaktionen nach seinem Urteil im Sinne „cause commune“. Bernhard reklamierte dann auch stets für sich, für sie und einen „bonne paix“ einzutreten.⁵¹ Einen Eid auf den König hatte er nicht zu leisten. Ihm wurde eine lebenslange Pension zugesichert: 200.000 Livres sollte er während des Krieges im Jahr erhalten, im Frieden 150.000 Livres jährlich.⁵² Nach einem Friedensschluss sollte er Besitz in Frankreich erhalten. Vor allem aber sagte der König ihm „le Landgraviat d’Alsace, y compirs le Bailliage d’Haguenau“ zu „avec tous les droits qui ont appartenue ci-devant à la Maison d’Autriche dans ledit Païs“ sowie den Titel eines „Landgrave d’Alsace“, wenngleich es eine „Landgrafschaft Elsass“ so nicht gab. Er musste dort die freie Religionsausübung für Katholiken zulassen und den Schutz geistlicher Güter und Personen versichern.⁵³ Bei Friedensverhandlungen versprach der König sein Möglichstes dafür zu tun, dass Bernhard das Elsass behalten könne und eine Restitution seiner schwedischen Donationen, mithin des Herzogtums Franken, erfolge oder ein Ersatz.⁵⁴ Eine zwingende Bindung war das nicht. Ponickau ging nun davon aus, dass Bernhard das Elsass erhalten werde.⁵⁵
Weymar, 27. Oktober 1635 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 2881, Bl. 11r. – 12v.; ebenso in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 469 – 473; Lünig, Reichs-Archiv, Bd. 8, Partis Specialis, Continuatio II, S. 430 – 432; der Geheimvertrag: Articles secrets du 27. Octobre 1635 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 2881, Bl. 12v. – 13r.; ebenso in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 474 ff.; Articles secrets entre le Roi Louis XIII. & le Duc de Weimar, Saint Germain en Laye, 1635 Oktober 27: ebd.; Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 220 – 227. 51 Hier [Bernhard v. Weimar an Ludwig XIII.: Mémoire], o.O., [wohl Nov. 1637] (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 6r. – 9r., hier Bl. 6v.; Vermerk: „signé Bernhard“: 9r. 52 Der ausdrückliche Bezug auf den König wird auch in der Erneuerung der Pensionszusage von 1636 deutlich, die ursprüngliche Formulierung, Bernhard stehe im Dienst „à la France“, wurde vom Kardinal korrigiert in „à son [des Königs] service“, vgl. Avenel: Lettres, Bd. 5, S. 441 f. (Fußn. 2). 53 Bestimmungen zugunsten des Katholizismus enthielten auch die anderen Verträge, die Richelieu mit Protestanten einging, vgl. Hartmann: Rêveurs, S. 67. 54 Ponickau wurde im Vertrag auch u. a. als „Conseiller & Gouverneur de Franconie“ bezeichnet: Lünig: Reichs-Archiv, Bd. 8, Partis Specialis, Continuatio II, S. 432. 55 Vgl. Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, 22. November 1635, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 6, S. 347 f., hier S. 348; vgl. auch S. 257 f.
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6 Bernhard und Frankreich
Vertragsinterpretationen und Rollenverständnis Bernhard rettete sich mit den Verträgen von Saint-Germain vor der drohenden politischen Bedeutungslosigkeit. Allerdings ließen sie Einiges in der Schwebe und selbst scheinbar eindeutige Bestimmungen legten beide Vertragspartien in der Folge unterschiedlich aus. Der Herzog war nun insofern ein Feldherr Frankreichs, als er grundlegende politisch-militärische Entscheidungen absprechen und Anweisungen des Königs Folge leisten musste. Generell blieb er in Praxis ein eigenständiger Armeeführer, er besaß den militärischen Oberbefehl, verfügte über ein Gesamtbudget für die Armee und traf die Personalentscheidungen selbst. Allerdings zeigen sich beim Blick auf seine Handlungsspielräume, seine Befugnisse und sein Machtpotential über die Zeit größere Unterschiede. 1636 erteilte der König Bernhard konkrete Anweisungen, die über die Frage, wo Krieg geführt werden sollte, hinausgingen und organisatorische Fragen der Kriegsführung betrafen.⁵⁶ Auf die innere Struktur der französischen Kontingente, die ihm zur Verfügung gestellt wurden, hatte der Herzog keinen Einfluss, später aber konnte er ihre Befehlshaber zu militärischen Aktionen anweisen.⁵⁷ Die französische Interpretation der Verträge und der Umgang mit seiner Person entsprachen durchweg nicht Bernhards Vorstellungen, der für sich reklamierte, als reichsfürstlicher Bündnispartner gleichrangig mit den Franzosen zusammenzuarbeiten.⁵⁸ Zunehmend konnte er die Gewichte verschieben. Wiederholt setzte er sich über Pariser Wünsche hinweg, schon seit 1636, vor allem aber im Umgang mit den Eroberungen rund um Breisach.⁵⁹ Auch in Frankreich galt Bernhards Armee als ein eigenständiges Corpus. Sie bildete im Grunde eine Privatarmee,⁶⁰ die in den Dienst des Königs gestellt wurde. Die umfangreichen (finanziellen) Zugeständnisse wurden dem Herzog dabei mög-
56 Bsp. Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Fontainebleau, 4. Juni 1636, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 4r. – 5r. 57 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 8. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 96 ff., hier S. 97; Ders. an Dens., Neuenburg a. Rhein, 7. November 1638, in: ebd., S. 95. 58 Vgl. auch die Aufnahme dieser Position als „Prince du Sainct Empire“ in: Articles accordez entre Sa Ma.Tres Chrestienne par Mr. Manaßé, Compte de pas, Seigneur de Feuquiere … et son Altesse Mons. le Duc Bernhard de Saxe, LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 79r. – 81v. 59 Insofern zeigen sich grundlegende Unterschiede zum Verhältnis Maximilians I. und Tillys, wo die militärische Entscheidungsgewalt allein beim Herzog lag, vgl. Kaiser: Politik, S. 48 f., 60 f.; zur zivil-militärischen Administration und ihrem Einfluss in der bayrisch-ligistischen Armee vgl. Kaito: Kriegskommissariat. 60 Vgl. auch El Hage: Histoire, S. 176.
Beziehung zu Schweden in der französischen Zeit
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licherweise auch eingeräumt, weil der König von einem baldigen Frieden ausging, bei dem er den Vertrag nicht länger würde umsetzen müssen.⁶¹
Beziehung zu Schweden in der französischen Zeit Bernhard blieb für Schweden als Heerführer und militärische Größe in Deutschland wichtig. Das ergab sich bereits durch die fortdauernde schwedische Kriegsbeteiligung, die französisch-schwedischen Verträge und die Konstruktion, der Heilbronner Bund sei am Bündnis mit Frankreich beteiligt. Das Interesse Schwedens – ein günstiger Kriegsverlauf und Frieden – hieß eine Schwächung des Kaisers, französischen Schutz für die schwedischen Eroberungen und Unterstützung der schwedischen Kriegsführung sowie (territoriale) Kompensationen für eigene Kriegsaufwendungen. Bernhard hatte Oxenstierna über seine französischen Verhandlungen informiert und seinen Rat erbeten. Er suchte mit dieser scheinbaren Politik der „offenen Karten“ Rückendeckung und wollte den Vorwurf vermeiden, ein doppeltes Spiel zu treiben. Tatsächlich legte der Herzog aber nicht alles vor. Die schwedische Seite bemühte sich, den Kontakt zu Bernhard zu halten. So mahnte ihn der Reichskanzler 1636, er habe seit „geraumer Weile“ nichts von ihm gehört, und bat um engere Absprachen mit Banér, den er gleichfalls daran „erinnert“ habe;⁶² die Krone wolle mit ihm „alles (…) berathschlagen“ und „öfter (…) communicieren“, wurde Bernhard auch im Namen der Königin versichert. Diese „Correspondenz-Linie“ war das Mindestmaß der Zusammenarbeit, vor allem ging es um konkrete militärische Hilfen.⁶³ Oxenstierna appellierte an Bernhards Verbundenheit mit der schwedi-
61 So jedenfalls Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 7. November 1635, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 321 ff., hier S. 322; in den frühen 1620er Jahren hatte die Krone bereits Ernst von Mansfeld als Heerführer unter Vertrag gehabt: Krüssmann: Mansfeld, S. 544 – 635; nach Bernhards Verpflichtung stellte Richelieu Überlegungen an, von Werth als „maréchal de camp“ zu gewinnen, allerdings lediglich im Rang eines Generalmajors oder Generalwachtmeisters, vgl. Lahrkamp: Jan von Werth, S. 49 f. 62 Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 30. Juli 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 41r. – 42v., auch in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 38 f. 63 Christina von Schweden an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 4. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 95r. – 97v., Zitat Bl. 96r., Georg Müller werde daher zu Bernhard kommen; er solle ihm „in allem vollkommen Glauben“ schenken; vgl. auch Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 30. Juli 1636: FB Gotha, Chart A 724, Bl. 68r., und in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 29 f., hier S. 29, mit der Bitte um Hilfe für den Benfelder Kommandanten bei der „Provedirung“.
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schen Krone und schmeichelte ihm: Er sei von Gott „vor vielen andern zu seinem Instrument auserlesen, wordurch er seine Allmacht denen leider von den evangelischen selbsten am meisten geschwächten evangelischen Wesen und ihrem werthen Vaterland teutscher Nation Hilf und Rettung verschaffen wolle“.⁶⁴ Das spiegelte geschickt Elemente der Bernhard‘schen Selbstsicht. Entscheidend war das gemeinsame Interesse, dass der Krieg in Deutschland geführt werde, und Bernhard war ein für den deutschen Kriegsschauplatz zentraler Akteur.⁶⁵ Fast formelhaft beschwor der Reichskanzler die Einigkeit und Zusammenarbeit, „alle difficultaeten“ müssten zurückgestellt werden.⁶⁶ Militärische Entscheidungen konnte er Bernhard nicht mehr vorgeben. Als Gallas im Frühjahr 1637 bedrohlich erschien, ließ Oxenstierna Bernhard wissen, er zweifele nicht daran, dass dieser von sich aus entsprechend tätig werden und für das gemeinsame „Scopo gantz treweyferig (…) cooperiren“ werde.⁶⁷ Aber auch Bernhard ging weiter auf Schweden zu, so ließ er noch im Sommer 1639 Oberst Ferenz die „gedanken“ der schwedischen Krone einholen, „wie das werk etwas weiters zu fassen sein mögte“.⁶⁸ Für den Herzog war es ein Vorteil, dass er eine Position zwischen den Verbündeten einnehmen konnte. Er kämpfe für alle Verbündeten, war die gemeinsame Formel. Das schwedische Interesse an ihm war auch eine Absicherung und ein indirektes Druckmittel gegenüber Frankreich. Zugleich musste er zwangsläufig mit Schweden als Macht kalkulieren. In dem Maße, in dem sich seine an Frankreich
64 Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 30. Juli 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 41r. – 42v., abgedruckt in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 38 f.; vgl. Ders. an Dens., Stockholm 13. Februar 1637, in: ebd., S. 60 ff., hier S. 60. 65 Vgl. Christina von Schweden an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 4. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 95r. – 97v., hier Bl. 96r.: Man wisse, dass Bernhard stärker in Deutschland wirken wolle. Über seine Armee und seine Kriegszüge wurden selbstverständlich auch anderweitig Informationen eingeholt, so von Graf Johann von Nassau, vgl. Axel Oxenstierna an Johann von Nassau, Stockholm, 3. Dezember 1636, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 52 f., hier S. 52. 66 Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 13. Februar 1637, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 60 ff., Zitat S. 60; Alle verbündeten Armeen in Deutschland erwarteten „la diversion que V. A. leur doit procurer“, schrieb auch Wicquefort: [Joachim v. Wicquefort] an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 14. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 110r. – 112v., hier Bl. 111r. – 111v. (zur Autorschaft vgl. den in der Akte folg. Brief von Wicquefort (Bl. 113r. – 115v.), der mit diesem weitestgehend textidentisch ist). 67 Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 11. März 1637, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 71 ff. 68 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Hauptquartier in Pontarlier, 17. Juni 1639, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 319 f., hier S. 320, hier mag es wieder um neue Bündnisentwürfe gegangen sein; vgl. auch Konzeptschreiben Herzog Bernhards an Oxenstierna, Pontarlier, 17. Mai 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 146.
Französische Leistungen
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gerichteten Hoffnungen nicht erfüllten, setzte Bernhard auch wieder auf Schweden und suchte sich bei beiden für Friedensverhandlungen abzusichern.
Französische Leistungen Die französische Hilfe bestand vorrangig in Geldzahlungen und Truppen. Allerdings wichen Bernhards Bedarfseinschätzungen und die des Hofs ebenso wie die Zahlenangaben über tatsächlich entsandte Kontingente deutlich, teils drastisch voneinander ab. Von Manicamp erhielt Bernhard im Herbst 1637 höchstens 1.500 Fußund 300 berittene Soldaten, der Hof sprach dagegen von mindestens 4.000 Soldaten zu Fuß und 500 zu Pferde, zunächst sogar von 5.000 Mann Fußtruppen.⁶⁹ Als er auf weitere Regimenter drängte,⁷⁰ beschied ihm der König, die Krone könne nicht mehr tun, er fordere Unmögliches und wisse das. Manche Passagen seien für die Verbände nicht möglich, die Hilfstruppen könnten nicht schneller kommen, zudem andere dringliche Aufgaben zuvor zu erledigen seien.⁷¹ 1638 kamen mit Turenne 1.110 Mann und 600 Pferde, dem Herzog zufolge waren aber 6.000 Fußsoldaten und 2.000 Pferde sowie 2.000 Mann aus Longuevilles Armee versprochen worden.⁷² Die französische Krone kämpfte mit Finanzschwierigkeiten. Es gab ein Einnahmedefizit, „strukturelle Mängel“ in der Finanzorganisation und im Steuerwesen, zugleich war der Finanzbedarf durch den Krieg seit 1634 deutlich gestiegen.⁷³ Der Krieg sollte das Land an den Rand des Bankrotts bringen, die kriegsbedingten Steuererhöhungen führten wiederholt zu Revolten. Die Auseinandersetzungen mit Bernhard um die Finanzleistungen aber verliefen in einem Zirkel. Paris monierte, seine Armeestärke entspreche nicht den Vertragsbestimmungen, die Subsidien seien daher nicht in voller Höhe zu zahlen; er
69 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 8. Oktober 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 628 ff., hier S. 629; Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, 11. September 1637 (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 23r. – 24r. 70 Vgl. Bernhard v. Weimar an de Noyers, au camps de Lemont [Delsberg], 4. Dezember 1637, Paris, BnF, Manuscrits francais, Nr. 3767, Bl. 39r. – 40v., hier Bl. 189r.; Wolff Dietrich Truchseß an Bernhard v. Weimar, Paris, 5. Oktober 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 511r. – 513v.; Bernhard v. Weimar: Mémoire et Instruction au S[ieu]r Truchses, 23. Oktober 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 9r. – 9v. 71 Vgl. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint-Germain-en-Laye, 9. Dezember 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 267r. – 268v. 72 Vgl. Bernhard v. Weimar an Richelieu, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 174r. – 175r.; Ders. an De Noyers, Colmar, 15. September 1638, ebd., Bl. 177r. – 178r. 73 Malettke: Bourbonen, Bd. 1, S. 104 f.; zur französischen Kriegsfinanzierung Asch: Kriegsfinanzierung, S. 644 – 648.
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beklagte sich, dass die Zahlungen verzögert und nicht in vollem Umfang eingingen, weswegen er keine größere Armee unterhalten könne. Aufgrund seiner hohen Geldforderungen, seinem Interesse an der Sicherung der eigenen Position und dem eigenen Ruhm erschien er immer wieder als unsicherer Bündnispartner. Bernhard, so Richelieu, sei „ein ausgezeichneter Feldherr, aber so sehr auf sich selbst bedacht, daß niemand seiner sicher sein konnte“.⁷⁴
Eine Korrespondenzbeziehung Auch aufgrund dieser Einschätzung folgten in zahlreichen Briefen der französischen Regierung an Bernhard auf Dankesformeln für militärische Erfolge Zusicherungen der Verbundenheit von König und Kardinal, die Betonung der Bedeutung Bernhards für sie und die Verbündeten sowie die Erklärung, man wisse, dass er weiterhin alles in seiner Macht Stehende im Sinne der „cause commune“ unternehmen werde.⁷⁵ Auch wenn gerade in heiklen Fragen immer wieder Abgesandte zu Unterredungen unterwegs waren, verlief der Austausch zwischen Bernhard und der französischen Krone zumeist brieflich.⁷⁶ Das schuf Freiräume für den Herzog. Mehr noch als die Briefe Bernhards, der als recht direkt galt, war die französische Korrespondenz geprägt von der diplomatischen Rhetorik als Element des politischen Handelns. Zugleich werden hier taktische Überlegungen sichtbar. Dominierte auf Seiten Frankreichs die intendierte Kontroll- und Steuerungsfunktion, so auf der des Herzogs das Bemühen, Zahlungen und Hilfen zu erlangen, seine Spielräume offenzuhalten und zu erweitern. Bernhard korrespondierte sowohl mit Ludwig XIII.⁷⁷ und dem Kardinal wie mit verschiedenen Ministern, deren Zuständigkeitsbereiche nicht streng unterschieden waren. Offiziell wurde die Fiktion betont, dass der König für alle Entscheidungen verantwortlich sei. Der Einfluss verschiedener Regierungsmitglieder auf Bernhard betreffende Entscheidungen sowie interne Auseinandersetzungen und Machtverschiebungen sind nicht leicht auszumachen und waren es auch für Bernhard
74 Zit. n. Wedgwood: Krieg, S. 321. 75 Bsp. Kardinal Richelieu an den Bernhard v. Weimar, Rueil, 29. August 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 20r. – 20v. 76 Wie üblich sollte die Korrespondenz durch gesonderte Kuriere vor fremdem Zugriff geschützt werden, nicht selten wurden Verschlüsselungsverfahren angewandt. 77 Der König sprach Bernhard als „mon cousin“ an, bsp. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Abbeuille, 15. Juni 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, fol. 143r. – 143v. und titulierte ihn so gegenüber Dritten, bsp. Ludwig XIII. (Sublet) an Monsieur d’Hoquincour, 6. November 1635, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 1r. – 1v.
Krieg für Frankreich
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nicht.⁷⁸ Dringliche Anliegen trug er mehreren Schlüsselpersonen vor. Père Joseph, der mit Richelieu eng verbundene und gut vernetzte Beichtvater des Königs, erwartete von Bernhard allerdings wöchentliche Berichte. Es ging um Kontrolle.⁷⁹ Léon le Bouthillier, Comte de Chavigny, der gleichfalls Richelieus Vertrauen genoss⁸⁰ und seit 1632 „secrétaire d’Etat aux affaires étrangers“ war, oblag es zumindest zeitweise, Bernhards Briefe dem König oder der Königin vorzulegen beziehungsweise dessen Anliegen vor dem König und dem Kardinal zu referieren.⁸¹ Chavigny bemühte sich offenbar um Vermittlung; am positivsten dem Herzog gegenüber eingestellt erscheint jedoch Claude de Bullion, ein erfahrener Diplomat und Politiker, seit 1632 „superintendent“ der Finanzen, der mit der Situation der Weimarischen Armee gut vertraut war.⁸²
Bernhards Krieg für Frankreich Die Feldzüge des Jahres 1635 brachten in erster Linie Verluste für Bernhard und Frankreich und auch Anfang 1636 musste er sich immer weiter vor dem Feind zurückziehen. Er war dann in Hochburgund, in Lothringen und im Elsass im Einsatz, im Sommer hielten er und La Valette fast das ganze obere Elsass in der Hand. Ri-
78 Richelieu hatte seit 1630 zunehmend eine ihm getreue Klientel auf die Posten im Conseil dominant, in den Staatssekretariaten und in der Finanzverwaltung setzen können: Ranum: Richelieu, v. a. S. 97, 109, 161; Haehl: Affaires; den Großteil der Briefe des Königs an Bernhard unterzeichnete François Sublet de Noyers, bsp. Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, S. Germain en Laye, 6. November 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 2r. – 2v.; er schrieb auch im eigenen Namen an Bernhard; zur Korrespondenz 1637/1638 v. a. Paris, BnF, Collection Balluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670). 79 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 188r. – 190r., hier Bl. 188r. – 189r., er solle „par l’ordinaire“ schreiben, wenn er keine Kuriere habe; zu Père Joseph Fagniez: Père Joseph. 80 Vgl. Tischer: Diplomatie, S. 54; Ranum: Richelieu, S. 77– 99. 81 Vgl. Chauvigny an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Oktober 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 201r. – 203r. 82 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 526 f.; Ranum: Richelieu, S. 39, 162, Fußn. 1.; nach dem Tode Bernhards war er es, der unverzüglich Nachfolgevorschläge unterbreitete; Grotius hielt 1637 auch Feuquières für einen Fürsprecher der weimarisch-schwedischen Interessen, vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, 15. November (n.St.) 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 235r. – 235v., hier Bl. 235r.
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chelieu hatte schon 1632 die französischen Möglichkeiten diskutiert, das Elsass, Breisach und verschiedene Rheinübergänge zu beherrschen.⁸³ 1636 war für Frankreich jedoch vor allem das „Jahr von Corbie“ mit einschneidenden Niederlagen und der unmittelbaren Bedrohung von Paris.⁸⁴ Eine vereinigte habsburgisch-bayrische Armee marschierte über die französischen Grenzen, nahm mehrere Festungen ein, überschritt die Somme und eroberte die in der Picardie gelegene Festung Corbie. Feindliche Truppen waren damit weit in das Landesinnere vorgedrungen, ein Reitertrupp Jan von Werths stieß fast bis zur französischen Hauptstadt vor. Richelieu fürchtete um ganz Frankreich.⁸⁵ In Paris brach eine Massenpanik aus, große Teile der Bevölkerung flüchteten Richtung Süden. Flugblätter machten Richelieu verantwortlich. Der Kardinal und der König sahen sich genötigt, ein Heer aus der Pariser Bevölkerung aufzustellen und sich selbst vor Ort nach Corbie zu begeben. Ebenso erfolgten habsburgische Vorstöße aus Spanien und nach Burgund, bis nach St.-Jean-de-Losne. Der habsburgische Versuch, den später Dreißigjährigen Krieg genannten Krieg nach Frankreich zu tragen, scheiterte allerdings bald. Die Weimarische Armee wirkte daran mit; Bernhard drängte mit La Valette Gallas zum Rückzug und wehrte einen Einfall nach Frankreich unter der Führung des Königs von Ungarn ab;⁸⁶ er gab aber seine Position im Osten Frankreichs, an der Südwestgrenze des Reiches nicht auf.⁸⁷ Corbie wurde Ende des Jahres zurückerobert. Die Geschehnisse wurden in der Bevölkerung aber anhaltend als direkte und massive Bedrohung des Landes wahrgenommen; auch Henri de Rohan beschrieb das Jahr 1636 in seinen Erinnerungen als das Jahr der Krise für Frankreich.⁸⁸ Es war eine systemgefährdende Krise, eine Bedrohung für Richelieu und Ludwig XIII. Nach der Rückeroberung Corbies setzte der König seinen bereits länger verfolgten Plan um, das Königreich
83 Vgl. Richelieu: Gutachten (1632), in: Richelieu, Politisches Testament, S. 275 – 282, hier S. 276, 279; zur angestrebten Kontrolle des Elsass auch Ludwig XIII. an Feuquières, Fontainebleau, 17. Mai 1633, in: Feuquières, Lettres, Tl. 1, S. 178 – 189, hier S. 180. 84 Zur „l’année de Corbie“ vgl. Malettke: Richelieu, S. 860 – 863; Petitfils: Louis XIII, S. 694 f.; Wrede: Guerre, S. 138; Lahrkamp: Werth, S. 51 – 66. 85 Vgl. Richelieu an de Chavigny, Pequigny, 5. November 1636; Ders. an Dens., Amiens, 7. November 1636, in: Avenel, Lettres, Tl. 5, S. 660 – 664. 86 Vgl. auch Extract-Schreiben Auß unterschiedlichen Oertern/ Wie es mit dem Treffen zwischen Graff Gallas … un[d] Hertzog Bernhardt … in Burgundien geschehen. 87 Ende des Jahres ließ er seine Truppen Winterquartiere zwischen Maas und Marne beziehen, die kaiserliche Seite befürchtete, dass er den Rhein überwinden werde, vgl. bsp. J. K. v. Stadion an [Matthias Gallas], Stollhofen, 9. August 1636, in: Documenta Bohemica, Tl. VI, S. 116; Ferdinand III. an Matthias Gallas, Breisach, 6. September 1636, in: ebd., S. 121. 88 Rohan: Mémoires, S. 148 (la „crise“); zur Rede von der Krise aber auch Bonney: Absolutisme, S. 67.
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Frankreich der Gottesmutter Maria zu weihen; die Re-Sakralisierung des Königtums gehörte zur Ideologie der „monarchie absolue“.⁸⁹ Frankreich führte inzwischen an vielen Fronten Krieg gegen Habsburg, und dieser Krieg war über verschiedene Akteure, Schauplätze und Geldströme auch mit dem Achtzigjährigen Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden verbunden, mit atlantischen Kriegsschauplätzen. Entscheidend aber für Richelieu und Ludwig XIII. war die Sicherung des französischen Gebiets,⁹⁰ auch wenn die französische Krone zunehmend zu einem globalen Akteur wurde. Ein zweites Corbie musste auf jeden Fall verhindert werden. Bernhard leitete 1637 zunächst einen Feldzug in der Franche-Comté gegen Herzog Karl IV. von Lothringen.⁹¹ Auch Frankreich wollte jetzt, dass er den Krieg in Deutschland führe;⁹² er wollte den Feldzug aber erst mit weiterer Verstärkung beginnen,⁹³ die ab dem Sommer ankam.⁹⁴ Schließlich gelangen Eroberungen am Rhein,⁹⁵ die nur vorübergehend gehalten werden konnten. Die Arbeit vieler Wochen, so Wicquefort, ging an einem Tag verloren.⁹⁶ Ende Oktober schließlich sah sich Bernhard in seinem Hauptquartier im bischöflich-basel‘schen Delsberg von zwei Seiten äußerst bedroht, durch den Herzog von Lothringen und Jan von
89 Vgl. Tricoire: Gott, S. 131 – 241. 90 Leibniz sollte später die Verfügungen Ludwigs XIII. zu Corbie aufgreifen, um das Wehrwesen des Reichs gegen die Bedrohung durch Frankreich umzustrukturieren, vgl. Kroener: Gottfried Wilhelm Leibniz, S. 107. 91 Vgl. bsp. Richelieu an Bernhard v. Weimar, 29. Juni 1637 (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 18r. – 19r.; zu Bernhards Kriegszug in der Franche Comté auch Sacchi: Guerre, Tl. 3, S. 93 – 98; bei Gray-sur-Saone besiegte er die Kaiserlichen im August 1637. 92 Vgl. bsp. De Noyers an Bernhard v. Weimar, Conflans, 9. September 1637, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 27r. – 27v.; Ders. an Dens., 30. Oktober 1637, ebd., Bl. 31r. – 32r.; Kardinal Richelieu an Bernhard v. Weimar, 29. August 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 20r. – 20v.; vgl. auch Copie de l’Instruction envoiée par Monsieur Bouthillier a Monsr. de Feuquieres s’en allant trouver de la part de Sa Maiesté Monseigr. Le Duc Bernard de Saxe Weimar, Saint Germain en Laye, 14. November 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 4r. – 5r., hier Bl. 4v. 93 Vgl. Kardinal Richelieu an Bernhard v. Weimar, 1. Juni 1637 (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767. 94 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 8. Oktober 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 628 ff., hier S. 629. 95 Vgl. Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, 11. September 1637 (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 23r. – 24r. 96 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 23. November 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 249r. – 252v., hier Bl. 252r.; die Verantwortung liege nicht bei Bernhard.
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Werth.⁹⁷ Trotz einer gewissen Entspannung im Jahr 1637 war doch erst die Rheinkampagne des Folgejahres insgesamt erfolgreich für die französisch-weimarische Seite.
Öffentliche Wahrnehmung in Frankreich Für die französische Öffentlichkeit wurde Bernhard vor allem seit seinem Vertragsabschluss mit Frankreich sichtbar. Entscheidend hierfür waren die Verlautbarungen in der „Gazette“. Ihr Herausgeber Théophraste Renaudot hatte Konkurrenzunternehmen mittels seines königlichen Privilegs verdrängen können. Richelieu, der den politischen Einfluss der Medien gezielt nutzte, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen und Opposition zu unterbinden,⁹⁸ steuerte die Berichterstattung, setzte Themen oder unterband sie. Die „Gazette“ als quasi regierungsamtliches Journal ist daher vor allem eine „offizielle politische Ausdrucksform“ und ein „Indikator dafür, was die französische Öffentlichkeit zu welchem Zeitpunkt wissen konnte“.⁹⁹ Das Geschehen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen fand hier ausführlichen Widerhall, mit dem Kriegseintritt dominierte die Kriegspropaganda.¹⁰⁰ Regelmäßig erhielten die Leserinnen und Leser auch Informationen über die Fortschritte der Weimarischen Armee.¹⁰¹ Misserfolge der französischen Kriegsführung
97 Er bat in Paris um rasche Hilfe: Bernhard v. Weimar an Richelieu, Delsberg, 31. Oktober 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 192r.; ebenso: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 346c, Bl. 2r. 98 Vgl. Malettke: Richelieu, S. 677– 714; zur französischen Öffentlichkeit auch Fogel: Céremonies; Merlin: Public; beispielhaft für die Darstellung Karls IV. von Lothringen: Jalabert: Victoire; vgl. den Hinweis auf Forschungen, die für unterschiedliche frühneuzeitliche europäische Kriege und Konfliktfelder „Eliten bis hin zu größeren Bevölkerungsgruppen konkreten Einfluss zuweist, der im Übrigen tendenziell eher kriegstreibend als friedensfördernd angesetzt wird“: Tischer: Rezension Gotthard. 99 Tischer: Instrumentalisierung, S. 466; vgl. Haffemayer: Information; Saada: Entfaltung, u. a. zu den „Nouvelles ordinaires“, die Ende 1631 in der „Gazette“ aufgingen; am Hof wurden auch im Ausland gedruckte französischsprachige Gazetten gelesen; seit 1605 erschien jährlich auch der „Mercure français“ mit Regierungsverlautbarungen. 100 Vgl. Duccini: Faire voire, S. 474. 101 Bsp. Gazette 1639, Meldung „De Soleurre, le 7 Janvier 1639“, S. 39; ebd., Meldung „De Basle“, 14. Juli 1639, S. 450; Bernhard war bereits im August 1634 erwähnt worden, vgl. Gazette, Nr. 93 (1634), S. 378 f. Hinsichtlich neu eingegangener Meldungen gab sich das Magazin durchaus kritisch, auch hier wurde darauf verwiesen, dass Informationen noch nicht gesichert seien, Meldungen mit Hinweisen wie „on dit que“, „on croid“ versehen oder von Gerüchten gesprochen, bsp. Gazette, Nr. 62 (1636), S. 260; ebd. 1639, S. 450; ebd., 1639, 7. Januar 1639, S. 39.
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und auch Bernhards verschwieg das Blatt üblicherweise.¹⁰² Bernhard war der „Gazette“ ein General Frankreichs, in einer klar hierarchischen Beziehung zur französischen Krone. Sprach der König selbst Bernhard gegenüber von „Vostre armée¹⁰³ und lief er für die königliche Verwaltung unter der Rubrik „Armée d’Allemagne“ bzw. der „Trouppes d’Alsace“,¹⁰⁴ erscheint er in der „Gazette“ als „commandant“ der„l’armee du Roy“, seine Armee ist „unsere Armee“.¹⁰⁵ Wiederkehrend betont wurden Entscheidungsfreude und Mut des Herzogs, seine „tapfere Entschlossenheit“ und Führungsstärke und die angeblich gute Zusammenarbeit mit anderen Heerführern,¹⁰⁶ auch sorge er sich um die einheimische Bevölkerung.¹⁰⁷ Er wurde in den Kampf um die Versklavung oder die Freiheit Europas („l’esclave ou de la liberté de l’Europe“)¹⁰⁸ eingeordnet, den Frankreich führe, und im Speziellen um den Kampf für die „ancient liberté Germanique“.¹⁰⁹ Die „deutsche Freiheit“ konnte sich dabei auch auf die Bevölkerung beziehen: Wenn die vom Kaiser und seinen Truppen schlecht behandelten „pauvres peuples“ durch Frankreich „la delivrance & la liberté qui frappe à leur porte“ erlebten, würden sie sich als „würdige Erben“ der alten Deutschen beweisen, die sich stets für die Freiheit eingesetzt hätten.¹¹⁰ Mit dem Freiheitsbegriff und dem Schutz der Untertanen, der hier fremde Untertanen
102 Probleme konnten aber indirekt sichtbar werden, so wenn über die längerfristige Abwesenheit führender Mitglieder der französischen Armeen von den Truppen berichtet wurde, mehrfach wurde auch der Befehl veröffentlicht, dass sich alle „Mestres de Camp, Colonels, Capitaines, & autres Chefs & Officiers de ses trouppes de cavalerie & d’infanterie“, Franzosen wie Ausländer, kurzfristig zu ihren Truppen zu begeben hätten, sie würden ansonsten als Deserteure verfolgt und bestraft, bsp. Gazette, Nr. 77 (1637), S. 312; ebd., Nr. 81 (1637), S. 328. 103 Bsp. Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Fontainebleau, 4. Juni 1636, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 4r. – 5r., hier Bl. 4r. – 4v., La Valette kommandierte hingegen Truppen „de mon armées“. 104 Vgl. Controlle general des trouppes tant d’infanterie, que de Cavallerie estant sur pied durant l’année 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 41r. – 86r., hier Bl. 41r.; auch die deutschsprachige Publizistik bezeichnete die Weimarische Armee als eine „Deutsche Armee“, vgl. Kurtze und gründliche Relation, Wie und welcher Gestalt … Hertzog Bernhards Fürstl. Gnad. … ob Basel uber Rhein gesetzt. 105 Gazette, Nr. 148 (1637), S. 597; ebd., Nr. 142 (1637), S. 576; ebd. Nr. 3 (1639), S. 11; ebd., Nr. 15 (1639), S. 58. 106 Vgl. bsp. Gazette, Nr. 180 (1638), S. 759; ebd., Nr. 117 (1637), S. 516; ebd., Nr. 31 (1639), S. 152. 107 Gazette Nr. 16 (1639), S. 108. 108 Gazette, Nr. 78 (1636), S. 324. 109 Vgl. Gazette, Nr. 155 (1638), S. 649 – 656; ebd., Nr. 104 (1639), S. 463 f.; ebd., Nr. 111 (1639), S. 500; vgl. für die deutsche Publizistik: Kurtzer Inhalt vnd Beschreibung/ Als massen Hertzog Bernhardt von Weynmar/ vnd des Königs in Franckreich Kriegsvolkc zu Pferd vnd Fueß/ zu Frühlings Zeiten des 1637. Jahrs/ in das Elsäß gesetzt …, o.O. 1638. 110 Gazette, Nr. 20 (1638), S. 77– 80, hier S. 80; vgl. auch Bie: Portraits, S. 393: Ludwig XIII. habe den Deutschen Schutz gewährt.
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einschließt, wurden typische Motive der Kriegslegitimation bemüht.¹¹¹ Ebenso beschwor die „Gazette“ das in der französischen Korrespondenz omnipräsente, einen Zielkonsens suggerierende Argument der „cause commune“.¹¹² Religionsfragen blieben aufgrund der konfessionellen Differenz außen vor.
Die Weimarer Belehnung von 1638 Bernhard hatte seine Brüder nicht in die Vertragsbedingungen seines Frankreichbündnisses eingeweiht. 1638 aber versuchten sie, ihn zum Ausstieg aus dem Krieg zu bewegen, da sie um ihre nach dem Wechsel im Kaiseramt anstehende Belehnung fürchteten. Der sächsische Kurfürst hatte angedeutet, Bernhard drohe die Acht, was auch Auswirkungen auf Weimar haben könne.¹¹³ Er gehörte zu denjenigen, denen man am Wiener Hof vorwarf, sich entgegen ihrer Verpflichtung dem Reich gegenüber „an fremde außwärtige Potentaten (…) gehenkt“, ihnen gehuldigt und Donationen angenommen zu haben und auf diese Weise die Autorität des Kaisers beschädigt sowie dazu beigetragen zu haben, dass das Reich „ganz in ein andern form gebracht und gleichsamb zu dienstbahren provincien gemacht und under frembdes joch gerathen möchte“.¹¹⁴ Der Kurfürst warb gleichwohl damit, dass Bernhard bei einem Einlenken in die Prager Amnestien aufgenommen werden könne.¹¹⁵ Die Herzöge nahmen Verbindung mit dem Kaiserhof auf und entsandten den Jenaer Amtmann Johann Hofmann, der früher in Bernhards Diensten gestanden hatte, zu ihm.¹¹⁶ Das Vaterland und die ganze Christenheit bräuchten den Frieden, sollte er übermitteln, vor allem aber diene es dem „Chur- und Fürstl. Haus“, wenn Bernhard seinen Krieg beende. Hofmann, der kontinuierlich nach Weimar berichtete, emp-
111 Vgl. Tischer: Kriegsbegründungen, S. 179 – 208; Klesmann: Bellum solemne. 112 Gazette, Nr. 78 (1636), S. 324. 113 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 281 f. 114 Kaiserliches Amnestieprojekt, 18. u. 29. April 1635, in: Bierther, Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., Bd. 10: Der Prager Frieden von 1635, 2. Teilbd. (Korrespondenzen), Wien 1997, S. 359 – 361, hier S. 360; vgl. Die hessisch-darmstädtischen Gesandten an Kursachsen, Projekt, 19. Mai 1635, in: ebd., S. 723 – 730, hier S. 724. 115 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 281 f.; 1635 schien eine Unterstellung unter Kursachsen Möglichkeiten einer Amnestierung zu bieten, vgl. Kursächsisches Protokoll [einer Sitzung mit kaiserlichen Gesandten], 28. Mai [1635], in: ebd., S. 1523 f., hier S. 1524; Kursächsisches Protokoll, 22. Mai [1635], in: Bierther, Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., Bd. 10: Der Prager Frieden von 1635, 2. Teilbd. (Korrespondenzen), Wien 1997, S. 1520 – 1522, hier S. 1522. 116 Der kaiserliche Passbrief für Hofmann vom 20. März 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 68 f.
Frieden?
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fand Bernhard positiv verändert;¹¹⁷ aber er erhielt eine abschlägige Antwort. Bernhard erklärte, er setzte sich gerade mit dem Krieg für das Gesamthaus und die protestantischen Reichsstände ein. Von frühester Jugend an habe er danach gestrebt, „zuforderst Gott und Unserm geliebten Vatterland treue und nützliche Dienste [zu] leisten“ und sich im Kriegshandwerk ausgebildet. Er handele im Sinne des Leipziger Beschlusses der evangelischen Stände von 1631; dem schwedischen König habe er sich angeschlossen, nachdem der sächsische Kurfürst diesen „zu Hülffe gerufen“ habe, so eine recht freie Darstellung der Vorgänge, mit der Bernhard dem Oberhaupt der Wettiner und einem der ranghöchsten Reichsfürsten die Verantwortung zuwies. Er selbst suche den Frieden „durch die Waffen“ herzustellen und habe insbesondere seit Lützen mit allen Möglichkeiten für die sächsischen Länder gekämpft, er habe sich bemüht, die kurfürstlichen Gebiete vom Feind zu befreien und die schwedische Armee aus diesen in Feindesland zu führen. Da der Prager Frieden der Gegenpartei das Recht gegeben habe, Länder zu verschenken, habe er sich entschlossen, dem König von Frankreich einen Ritterdienst zu leisten. Ludwig XIII. sei an einem Frieden interessiert und unterstützte die „Oppressirte[n]“. Schließlich: Die bei den Friedenskongressen in Hamburg und Lübeck vorgeschlagenen Traktate seien „absonderlich“ und nicht annehmbar, auch die schwedische Königin habe sich entsprechend geäußert.¹¹⁸ Der Kaiser belehnte die Ernestiner – ohne Bernhard – dennoch im August 1638.¹¹⁹
Welcher Frieden Von Beginn des Krieges an wurden Möglichkeiten ausgelotet, Frieden zu schließen.¹²⁰ Bernhard wollte dabei nicht ins Hintertreffen geraten und bei einem Friedensvertrag berücksichtigt werden. Die Friedensverhandlungen bildeten daher ein wiederkehrendes Thema der französisch-weimarischen Korrespondenz.¹²¹ Als ein Friedenskongress im vom Krieg kaum in Mitleidenschaft gezogenen Köln geplant
117 Vgl. Johan Hofmann an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, im Hauptquartier Neuenburg, 11. Juni 1638, zit. n. Röse, Herzog, Bd. 2, S. 199, 349. 118 Bernhard v. Weimar an seine Brüder, Neuenburg, 18. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346, Bl. 27r. – 31v. 119 Die Lehensurkunde wurde vor Bernhards Antwort ausgestellt. 120 Neben der Diplomatiegeschichte hat sich insbesondere die historische Friedensforschung dieses Themas angenommen, vgl. Bély: L’art de la paix; Bély: Invention; Thiessen/Windler: Akteure; Frigo: Politics; Arnke/Westphal: Weg. 121 Vgl. bsp. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Chantilly, 29. August 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 1r. zu Friedenskonferenzplänen Venedigs.
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6 Bernhard und Frankreich
wurde, setzte Bernhard, ebenso bei den in der Folge geplanten Kongressen, alle seine Möglichkeiten daran, beteiligt zu werden. Dieser Kongress kam letztlich nicht zustande, zuvor aber entwickelten sich die Zulassungsfragen zum eigentlichen Verhandlungsgegenstand. Sie wurden im Rahmen der „Passfrage“ verhandelt, der Frage, wer Geleitbriefe zur Anreise erhalten sollte und welche Funktion dem Betreffenden für den Kongress zuerkannt wurde.¹²² Die Diskussion war jahrelang ein hochrangiges europäisches Politikum,¹²³ es ging bereits indirekt um Ergebnisse der Verhandlungen. Bernhard wollte nicht durch Frankreich vertreten, sondern als eigenständiger Verhandlungspartner bei den Verhandlungen zugelassen werden. Der Kaiser war jedoch nicht gewillt, die Reichsstände an Friedensverhandlungen zu beteiligen. Aus der Wiener Sicht gab es für die protestantischen Reichsstände das Instrument des Prager Friedens.¹²⁴ Die französische Krone verlangte vom Kaiser und Spanien, weitere Parteien zu beteiligen und erweiterte diesen Kreis mehrfach, in erster Linie, um die Verhandlungen zu verzögern. Ende 1636 setzten die französischen Vertreter Bernhard auf diese Liste.¹²⁵ Der Herzog, Hessen-Kassel, vor allem aber Schweden und die Niederlande, intervenierten allerdings gegen die geplante päpstliche Vermittlung, der Papst wollte umgekehrt „nicht amtlich für die Vermittlung mit häretischen Mächten zur Verfügung stehen“.¹²⁶ Wiederholt suchte Paris Bernhard deutlich zu machen, dass man sich für seine Teilnahmeforderungen einsetze, jedoch an den Habsburgern scheitere. Der Kaiser selbst sei das Problem, sollte auch Feuquières Bernhard im November 1637 bedeuten, dieser lehne Vertreter der „prinses d’Etatz d’Allemagne“ ab. Frankreich könne seine Interessen daher nur wahren, indem es ihn vertrete. Der französische
122 Vgl. Art. Passeport, in: Furetière, Dictionnaire, Bd. 2, S. 463: Hier definiert als „lettre ou brevet d’un Prince, ou d’un Commandant, pour donner liberté, sûreté, & saufconduit à quelque persone pour voyger, entrer, & sortir librement sur ses terres.“ 123 Vgl. Repgen: Hauptprobleme, S. 427; Hengerer: Ferdinand, S. 185; Arnke: Eger, v. a. S. 70 f. zu Bernhard. 124 Vgl. Hengerer: Ferdinand, S. 455 (Fußn. 32). 125 Vgl. Hartmann: Regensburg, 1998, S. 321, S. 287 f.; 1644 sollten die französischen Diplomaten d’Avaux und Servien allerdings rückblickend auch das schwedische Interesse an einer entsprechenden Änderung betonen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, eine Allianz mit „Rebellen“ eingegangen zu sein, D’Avaux und Servien an Brienne, Münster, 22. Oktober 1644, in: APW, Serie II., Abt. B: Die Französischen Korrespondenzen, Bd. 1: 1644, S. 570 – 577, hier S. 573. 126 Repgen: Hauptprobleme, S. 427; Papst Urban VIII., der sich für einen allgemeinen Friedenskongress engagierte, schwebten Verhandlungen beider habsburgischen Linien mit Frankreich unter römischer Vermittlung vor, vgl. Albrecht: Maximilian I., S. 963 ff.; Dickmann: Frieden, S. 59 – 98, v. a. S. 82 ff.; Malettke: Relations, S. 145 ff.; mit der Ablehnung des Papstes kam Venedig als Vermittler in den Blick.
Frieden?
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König werde aber nichts „sans l’ágréément et satisfaction entière des ses alliez, et notamment de Son Altesse“ verhandeln.¹²⁷ Bernhard beharrte darauf, es gehe bei der Zulassungsfrage um die Libertät und die Privilegien aller Fürsten und Stände des Reiches. Der Kaiser ziele darauf ab, das Verfassungsgefüge des Reichs in seinem Sinne zu verändern. Es sei „ein artificium Austriacu, Ihre F. g. und andere ständ von frembden Potentaten abzuziehen, und einen absoluten dominat ins Reich einzuführen“.¹²⁸ Habsburg strebe die völlige Beseitigung der „liberté germanique“ an, betonte er auch bei anderen Gelegenheiten, der Kampf in Deutschland werde daher für die alte Ordnung geführt.¹²⁹ In einem Memoire von Ende 1637 buchstabierte er diese Position aus: Das Haus Österreich ziele allein darauf, die Würde und die Privilegien der Fürsten und Stände des Reichs zu unterdrücken und sie zu unterwerfen. Dies sei der eigentliche Grund für den Krieg wie der Grund für seine lange Dauer. Habsburg wolle Frankreich so dastehen lassen, als habe es ohne sachlichen und legitimen Grund die Waffen ergriffen und als sei es eine Allianz mit Fürsten und Ständen eingegangen, die nicht legitimiert seien, mit den benachbarten Königen und Prinzen zu verhandeln. Bei der Zulassungsfrage verhalte sich Habsburg ebenso trickreich wie subtil, sein Vorgehen sei beispiellos und gefährlich und erscheine als letzter Schlag gegen die deutsche Freiheit. Habsburg werde auch „tausend Mittel“ finden, um die Verhandlungen zu erschweren und zu verlängern. Der französische König könne jedoch die Interessen seiner Verbündeten nicht adäquat vertreten, weil es darum gehe, die Position der Reichstände schon durch ihre Beteiligung zu verteidigen. Aus diesen Gründen plädiere er, Bernhard, für die Fortführung des Krieges.¹³⁰ Der Herzog wandte sich auch an Schweden. Ihm wurde versichert, die Königin werde
127 Copie de l’Instruction envoiée par Monsieur Bouthillier a Monsr. de Feuquieres s’en allant trouver de la part de Sa Maiesté Monseigr. le Duc Bernard de Saxe Weimar, Saint Germain en Laye, 14. November 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 4r. – 5r., Zitat Bl. 4r., Vermerk: „Il est ainsy dans l’original Feuquiere“; vergleichbare französische Zusicherungen: de Noyers an Bernhard v. Weimar, 24. September 1637, ebd., Bl. 21r. – 21v.; Feuquières [an die französische Krone:] [Bericht über eine Unterredung mit Bernhard i. A. des Königs], 14. Januar 1638, ebd., Bl. 11r. – 14r., hier Bl. 11r. 128 So im Sinne Bernhards Georg Müller an Hugo Grotius, Delsperg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 744 ff., hier S. 745, Bernhard hoffe, dass Schweden und Frankreich sich gemeinsam gegen die Position des Kaisers stellten. 129 [Konzeptentwurf für die Instruktion für einen Gesandten], o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 201r. – 203r., die Argumentation ist offenbar an den französischen König gerichtet; das Papier entstand wohl kurz nach der Einnahme von Zabern Anfang Juli 1636. 130 [Bernhard v. Weimar an Ludwig XIII.: Mémoire], o.O., o. D. [Nov. 1637] (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 6r. – 9r. (Vermerk Bl. 9r.: „signé Bernhard“); Ludwig sollte dies auch durch das Argument nahegelegt werden, es schade seinem Ansehen, wenn er für seine Alliierten mitverhandele.
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6 Bernhard und Frankreich
für Pässe für Bernhards Deputierte bei den Friedensverhandlungen sorgen und sich für seine Reputation und Interessen einsetzen.¹³¹ Im November 1638 erkannte Ferdinand III. Hessen-Kassel, Bernhard und die weiteren „unversöhnten“ Reichsstände als Teilnehmer an.¹³² Wien stellte Bernhard Pässe für die Friedensverhandlungen in Lübeck, Hamburg und Köln aus.¹³³ Zudem wurde Bernhard von König Christian IV. von Dänemark, der auch als Vermittler auftrat, zugesagt, er oder seine Gesandten würden als „Illustrissimi“ angesprochen.¹³⁴ Dies schien ein entscheidender Schritt.
131 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 1. Juni 1638, FB Gotha, Chart A 392, Bl. 30r.; Ders. an Dens., Paris, 10./20. September 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 343, Bl. 421r. – 422r., hier Bl. 421v.; zu wechselseitigen Verpflichtungen Frankreichs und Schwedens 1638, für die Zulassung der aus dem Prager Frieden ausgeschlossenen deutschen Fürsten zu sorgen: Beller: Mission, S. 62. 132 Vgl. Hartmann: Regensburg, S. 381, 398, auch zu außenpolitischen Hintergründen; vgl. Dickmann: Frieden, S. 94. 133 Vgl. HHStA Wien, RHR Miscell. Gratial salvaguardia, lateinische Expedition 72, Bl. 200, 205 und 227, die Dokumente sind auf den 14. November 1638 datiert; Entwürfe: ebd., Bl. 207. Die Landgräfin erhielt mindestens ein gleichlautendes Dokument für Hamburg und Lübeck, möglicherweise erhielt nur Bernhard einen Pass für Köln, vgl. die Veränderungen in den Dokumenten bei den Ortsnamen und Anmerkungen der Kanzlei; 1641 wurde der Pass für die hessische Landgräfin wegen Bernhards Tod, so der venezianische Botschafter, in „ausführlicher“ Form ausgestellt: Relatione de S. Giovanni Grimani, 13. Marzo 1641, in: Fiedler, Relationen, Bd. 1, S. 237– 292, hier S. 275. 134 Vgl. Christian IV. von Dänemark an Bernhard v. Weimar, Glücksburg, 12.12.1638, FB Gotha, Chart A 721, Bl. 67r–68r.
7 Am französischen Hof Die Zusammenarbeit mit Frankreich fiel nicht nach den Wünschen Bernhards aus, weder die Kommunikation, die Reaktionen auf seine Forderungen nach Truppen, Geld oder Hilfsgütern, noch die Einhaltung von Zusagen. In allen Jahren des Bündnisses empfand er seine militärische und finanzielle Lage immer wieder als äußerst bedrängt. Er sandte daher wiederholt Vertrauensleute zu Verhandlungen nach Paris, unter anderem Tobias von Ponickau, seinen Kammerherrn Wolf-Dietrich Truchseß, seinen Hofmeister Hans Georg von Rotenhan, den Offizier Friedrich Betz und Generalmajor Hans Ludwig von Erlach.¹ Sie traten dort mit Hugo Grotius in Kontakt,² der als schwedischer Botschafter und aufgrund seiner zahlreichen Verbindungen in der Stadt wie zu Gelehrten und Politikern in Europa ein begehrter Gesprächspartner war.³ Auch Bernhard versuchte dieses Beziehungsgeflecht zu nutzen. Über Grotius liefen unter anderem Verbindungen zu Jan Hoeufft⁴ und dem Bankier, Diplomaten und Händler Joachim von Wicquefort, mit denen Bernhard dann zusammenarbeitete.⁵ 1636 und 1637 reiste Bernhard selbst nach Paris, um Feldzugspläne abzusprechen und Verbesserungen für seine Armee zu erreichen, insbesondere die Auszahlung der zugesagten wie auch zusätzliche Gelder.⁶ Die Verhandlungserfolge
1 Bsp. Bernhard v. Weimar an Richelieu, Delsberg, 31. Oktober 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 192r.; ebenso findet sich ein Monsieur Litzau, vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. Februar 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 93r. – 93v., hier Bl. 93r.; gerade in Paris trafen die Bernhard‘schen Kontaktleute auch aufeinander, so hielten sich im September 1637 Betz wie Georg Müller in der Stadt auf und stießen mit Grotius auf die Gesundheit des Herzogs und dessen Erfolge an, vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 12./22. September 1637, in: Nellen/ Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 430 f., hier S. 430; im November 1637 reiste Betz im Auftrag Bernhards erneut nach Paris, vgl. Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 744 ff., hier S. 744. 2 Im Falle von Betz bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. Februar 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 93r. – 93v.; Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 745 f., hier S. 745; zu Rotenhan bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris 11./21. Juli 1637, in: Nellen, Briefwisseling, Tl. 17, S. 423 f., hier S. 423; zu Erlach: bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 14./24. Juli 1638, in: ebd., S. 473. 3 Vgl. zu Besuchern, die den berühmten Grotius sehen wollten: Nellen: Hugo Grotius, S. 422; zu ihnen zählte Matthias Bernegger; Grotius unterhielt auch enge Verbindungen zu Camerarius, vgl. Schubert: Ludwig Camerarius, S. 414. 4 Vgl. Rheingraf Otto an Hugo Grotius, Joinville, 5./15. Dezember 1636, in: Nellen, Briefwisseling, Tl. 17, S. 410 f., hier S. 410. 5 Vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 472, 490 f. 6 1636 kam der Herzog Anfang März in Paris an, er reiste Ende Mai wieder ab; 1637 war er vom 11. Februar bis in den Mai in Paris. https://doi.org/10.1515/9783110701913-008
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7 Am französischen Hof
blieben hinter seinen Erwartungen zurück, und nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrungen trat er später eine dritte, vom französischen Hof gewünschte Reise nicht an. Gleichwohl können die Reisen als Schlüsselmomente gelten: Hier werden die Konfliktlinien in der Zusammenarbeit mit Frankreich und das Ungleichgewicht des Verhältnisses besonders deutlich, zugleich aber auch exemplarisch Bernhards Möglichkeiten, auf der europäischen Ebene zu agieren.
Anreise Nachdem sich Bernhards erste Reise nach Paris mehrfach verzögert hatte, brach er im Februar 1636 von seinem Hauptquartier in St. Dizier auf.⁷ Mit ihm reisten unter anderem Ponickau, der Graf von Nassau, Herzog Roderich von Württemberg, ein Baron von Freyberg⁸ und Oberst Hohendorf. Auf dem Hinweg wurde Bernhard zunächst von Herzog Henri de La Trémouïlle empfangen. Zwischen der alteingesessenen Familie La Trémouïlle und Sachsen-Weimar beziehungsweise dem Herzog gab es vermutlich schon vor Bernhards Reise Kontakte,⁹ Trémouïlles Tochter sollte später Bernhards gleichnamigen Neffen heiraten. Die Eskorte durch Angehörige des Hofs erweiterte sich etappenweise als Zeichen der Ehrerbietung und Anerkennung.¹⁰ Dazu gehörten Graf Guiche, der Bernhard im Auftrag Richelieus willkommen hieß, sowie der Sieur von Berlize, „Conducteur des Ambassadeurs“ und „Introducteur des Princes estrangeres & Ambassadeurs“.¹¹ Kurz vor Paris ging es in einem Wagen des Königs weiter, auch dies eine Auszeichnung. Es folgte ein Abendessen in Champs-sur-Marne, wo der Herzog von Offizieren der „Maison du
7 Kurz zuvor hatte er noch vor dem Feind nach Châlons-en-Champagne fliehen müssen, ihm hatte die Hälfte seiner Reiterei gefehlt, da sie Kardinal de La Valette im Elsass unterstützte, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, [Paris], 28. Februar 1636 (n.St.), in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 552 f., hier S. 552; zudem erwies es sich als schwierig, Quartiere für die Armee zu finden, Rheingraf Otto an Hugo Grotius, Toul, 13./23. Februar 1636, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 546 ff., hier S. 546 (der Rheingraf und Bernhard hatten sich in Toul getroffen). 8 Es mag sich um Michael von Freyberg, einen Sohn Georg Ludwigs von Freyberg, des Freiherrn von Justingen und Öpfingen (gen. 1570) handeln. 9 Die La Trémouïlle hatten über Henris Mutter, Charlotte Brabentina von Oranien-Nassau, Beziehungen ins Reich; Henri war bis zum Fall la Rochelles reformierten Glaubens gewesen; Verbindungen seinerseits zum Herzog von Rohan liegen nahe; La Trémouïlles Sekretär nahm Bernhard in eine Sammlung „illustrer Männer“ auf, vgl. Weary: House, D1032. 10 Auch ließ der König für eine Übernachtung sorgen, vgl. Memoire de Laviner du Duc Bernard de Weimar à S. Germain en Laye, 6. März 1636 (Chefdeuille), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 7605, Bl. 465r.ff.; vgl. zu Begrüßungsgesandtschaften und feierlichen Einzügen im Reich Rudolph: Reich. 11 Vgl. Godefroy: Ceremonial, S. 791; Gazette, Meldung zum 8. März 1636; ebd., Nr. 78 (1636), S. 324.
Grand Capitain
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Roy“ und zahlreiche Adligen erwartet worden war; schließlich wurde die Reise durch den Wald von Vincennes fortgesetzt, eines der königlichen Jagdgebiete, wo Damen des Hofs dazukamen. Bernhards Ankunft wurde somit für zunehmend weitere Kreise sichtbar, erst recht in der Hauptstadt.¹² Eine größere Gruppe von Adligen eskortierte ihn hier zum Arsenal, das unter anderem Heinrich IV. von Frankreich genutzt hatte.¹³ Bernhard erhielt hier ein mit Möbeln des Königs eingerichtetes Appartement.¹⁴
Le grand capitain Die französische Presse in Gestalt des von Richelieu kontrollierten Monopolisten, der „Gazette“, berichtete in beiden Jahren ausführlich. Sie demonstrierte damit das Bemühen des Königs um den französischen Kriegseinsatz und präsentierte Ludwig XIII. als großmütigen Herrscher, der Leistungen für die Krone zu schätzen weiß.¹⁵ Bernhard kam die Rolle des erfahrenen und einsatzbereiten „grand Capitain“ zu. Die Erwähnung der „grandeur“ seines Herkunftshauses machte ihn als General des Königs noch bedeutsamer.¹⁶ Der Logik des Hofs und Presse entsprechend durfte er sich dankbar schätzen, vom König, der Königin und dem Kardinal sehr wohlwollend empfangen zu werden¹⁷ – er war hier Teil des französischen Macht- und Politiksystems.
Einbindung in das höfische Protokoll Am 10. März erhielt der Herzog in Saint Germain die erste Audienz beim König; La Trémouïlle begleitete ihn.¹⁸ Nach dem Abendessen suchte der Herzog die Königin
12 Vgl. Gazette, Nr. 42 (1636), S. 179 f.; Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, 791; 200 Wagen hätten bis zum Arsenal gestanden, um Bernhards Einfahrt in die Stadt „einzurahmen“ (ebd., S. 784). 13 Heinrich IV. hatte sich hier eine Wohnung einrichten und eine beliebte Promenade anlegen lassen; zu einer Ballettaufführung des Hofs im Arsenal (1609): van Orden: Music, S. 111; das Arsenal war auch Wohnsitz Sullys gewesen, vgl. Béthune: Mémoirs, S. 120. 14 Gazette, 1636; Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 798; Wicquefort: Ambassadeur, Bd. 1, S. 350 f. 15 Vgl. auch Gazette: Extraordinaire, Nr. 177 (1637), S. 717– 720. 16 Gazette, Nr. 70 (1637), S. 284. 17 Vgl. Gazette, Nr. 49 (1636), S. 208; die ernestinische Geschichtsschreibung griff dies auf, bsp. Tentzel: Geschichts-Kalender, S. 45 f.; zur Königin vgl. Dargent: Anne d’Autriche. 18 Vgl. Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 798; neben La Trémouïlle eskortierte ihn Berlize, der ihn am gleichen Tag sowie einige Tage später auch zu Kardinal Richelieu nach Rueil (Mailmaison) begleitete, vgl. Gazette, Nr. 49 (1636), S. 208.
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7 Am französischen Hof
auf, ebenso wurde er vom Bruder des Königs, Gaston d’Orléans, empfangen. Entscheidend war der Besuch beim Kardinal. Nach einer verhaltenen Begrüßung bezeugte die Verabschiedung größte Wertschätzung: Richelieu begrüßte den Herzog oben an der Treppe seines Schlosses und gab ihm die rechte Hand; zum Abschluss des Besuches brachte er ihn bis zu seiner Kutsche zurück.¹⁹ Anschließend gab Graf de Guiche ein Souper für ihn, an dem auch Kardinal de La Valette und französische Offiziere sowie Bernhards Entourage teilnahmen.²⁰ Die Verhandlungen in Paris waren in die spezifischen Bedingungen des Hofs eingebunden, die Verknüpfung des Ästhetisch-Kulturellen und der Politik und die performative Ausrichtung der adligen Kultur.²¹ Bernhard musste sich in das vom Hof organisierte Programm einordnen. Er kam bei Konzerten, Theater- und Musikaufführungen, „prachtvollen Abendessen“²² und Jagden²³ in beiden Jahren mit Angehörigen des Hofs, der französischen Armee und der Regierung zusammen. Die Orte wechselten zwischen königlichen Schlössern in und um Paris, Wohnsitzen Richelieus, der Stadt Paris, Schlössern des Adels und Wäldern in der Pariser Umgebung.²⁴ Als „Vorgänge auf der politischen (…) Bühne“ hatten sie Nachrichtenwert und machten Machtpositionen und Interessen ersichtlich.²⁵ Es belegte Bernhards Bedeutung, dass die Königin wie der König 1636 Komödien für ihn aufführen ließen.²⁶ So wohnte er 1637 einer Aufführung einer Tragikkomödie bei, die aktuell im Auftrag Richelieus verfasst worden war und bei der, wie in der „Astree“ d’Urfés, eine schwierige Liebe im Mittelpunkt stand.²⁷ Der
19 Vgl. Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 799. 20 Gazette, Nr. 42 (1636), S. 179 f. 21 Vgl. Leonhard/ Wieland: Identities, S. 25; zur symbolischen Kommunikation in der Hofforschung vgl. Hengerer: Kaiserhof; Schlögl: Frühneuzeitliche Hof; Pečar: Ökonomie; auch: Müller: Fürstenhof; zur symbolischen Kommunikation und zu zeremoniellen Fragen als elementarer Bestandteil der Politik bsp. Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider; Stollberg-Rilinger/Puhle/Götzmann/Althoff: Spektakel; Brauner/Neu/Stollberg-Rilinger: Alles nur symbolisch. 22 Vgl. Gazette, Nr. 55 (1636), S. 232. 23 Vgl. Gazette, Nr. 61 (1637), S. 248; Gazette, Nr. 63 (1636), S. 264. 24 Im April 1636 gab Ludwig XIII. bsp. eine Audienz in Schloss Chantilly, vgl. Gazette, Nr. 63 (1636), S. 264; weitere Treffen mit dem König folgten, vgl. bsp. Gazette, Nr. 49 (1636), S. 208; zu einer Musikaufführung im Arsenal vgl. Gazette, Nr. 58 (1636), S. 244; auch Gazette, Nr. 49 (1636), S. 208; zur Musikpraxis Ludwig XIII. Cabrie-Rambouze: Pratiques. 25 Vgl. zum 18. Jh.: Körber: Zeitungsextrakte, S. 30; derartige Programme waren für höherrangige Gäste des Hofs üblich. 26 Vgl. Avenel: Lettres, Bd. 5, S. 453; Gazette, Nr. 73 (1636), S. 304 (zur Aufführung am 15. Mai 1636). Zu Theateraufführungen, an denen Bernhard teilnahm, vgl. auch Gazette, Nr. 58 (1636), S. 244; ebd., Nr. 63 (1636), Meldung „De Paris“, S. 264. 27 Vgl. Cinq Auteurs: Aveugle; zur Aufführung Gazette, Nr. 31 (1637), S. 128; zur Fünfergruppe Shoemaker: Connections, S. 183 – 188; zur Aufführung Mesnard: Culture, S. 172.; das Werk galt zeit-
Der Höfling
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König und die Königin gehörten zu den Zuschauern, auch Gaston d’Orléans und seine Tochter Anne Marie Louise von Orléans, der Prinz von Condé und sein Sohn sowie der Marschall de La Force. Kunst und Kultur kamen als Teil des Politischen²⁸ eine zentrale Rolle bei der Inszenierung der fürstlichen Herrschaft zu.²⁹ Die Anwesenden präsentierten die eigene Position in der Bindung an den König. Bernhard wurde mit seiner Teilnahme am höfischen Geschehen zwangsläufig zu einem Teil dieser Inszenierungen. Auch hier bedeutete Anwesenheit im Wesentlichen „Akzeptanz“.³⁰ Bernhard erhielt auch Geschenke vom Königspaar, aus Gold gefertigte und reich mit Diamanten besetzte Gegenstände, u. a. einen Degen, eine goldene Rose und einen Ring sowie ein Bildnis des Königs.³¹ Diese Geschenkpolitik war Bestandteil der diplomatischen Beziehungen und bei Kontakten politischer Akteure üblich, sie sollte Loyalitäten und politisch-soziale Kontakte anbahnen und festigen.³² Von großer Anerkennung musste solche Geschenke nicht zeugen, Karl-Ludwig von der Pfalz erhielt während seiner Gefangenschaft in Frankreich vom König einen kostbaren Diamanten.³³
Der Höfling Bernhard? Die ältere Literatur hat Bernhard gern als denjenigen dargestellt, der „oberflächlichen“ Prunk abgelehnt habe, um eine Differenz zu Frankreich und zum französischen Hof zu markieren.³⁴ Sein großes Vermögen, das er bei seinem Tod hinterließ, sein Drängen auf die vereinbarten Pensionszahlungen aus Frankreich und sein
genössisch als wenig gelungen, vgl. Hawkins: Annales, S. 117 f.; in der Rolle des Helden war wohl der gefeierte Montdory (Guillaume des Gilberts) von den Comédiens du Roi zu sehen. 28 Vgl. Duindam: Vienna; Kampmann/Krause/Krems/Tischer: Bourbon; Wrede: Ludwig XIV.; Werr: Politik; Quaeitzsch: Société; Erben: Paris. 29 Zur fürstlichen Herrschaft als inszeniert Burke: Fabrication; Schumann: Sonne; zu Festen bsp. Schnitzer: Entree, S. 11; Maurer: Einleitung, S. 9. 30 Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider, S. 11, bezogen auf „öffentliche symbolisch-rituelle Akt(e)“. 31 Vgl. [Auszüge aus dem Inventar], in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 246 ff.; Röse: Herzog, Bd. 2; mit Abweichungen: Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 799. 32 Vgl. Rudolph: Gaben, S. 79; Korsch: Geschenke, S. 103 f.; Gegengeschenke oder Gegenleistungen wurden vorausgesetzt, vgl. Davis: Gesellschaft; Algazi/Groebner/Jussen: Negotiating; zu Geschenken Bernhards an Offiziere: Gazette, Nr. 73 (1636), S. 304. 33 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 15. September 1640, in: Meulenbroek/ Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 517. 34 Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 107; Hellfeld: Geschichte, S. 344.
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Hofstaat im Feld zeigen aber sein Interesse auch an der Statusrepräsentation. Indem er bei einem der Empfänge die Musik als die beste der Welt lobte, Visiten absolvierte und durch Gewandtheit und Rhetorik auffiel, erwies er sich als mit den höfischen Gepflogenheiten und Erwartungen, der „l’art de plaire à la cour“³⁵ vertraut. Nach dem Urteil des Hofs, so der Minister Chavigny wenig später, sei er ein ebenso guter Höfling wie Heerführer.³⁶ Andere Hochadlige urteilten ebenso und attestierten Bernhard höfische Gewandtheit. Christian II. von Anhalt fühlte sich von Prinz Johann Kasimir von Polen mindestens äußerlich an Bernhard erinnert, wie dieser sei er gutaussehend, „un Prince (…) de bonne mine“.³⁷ Bernhard beherrschte das uneigentliche Sprechen, die Sprache des Kompliments mit ihrer spielerischen Komponente und ihrer Tendenz zur Übertreibung.³⁸ Neben seiner Erziehung mögen seine Reisen, der Aufenthalt an auswärtigen Höfen und auch die Gesellschaft der „Parfaits amants“ eine Vorbereitung hierfür gewesen sein. In der Stadt, deren Hof in der Mode bereits europaweit größten Einfluss hatte, in der mehr als andernorts auf die „norms of elegance“ geachtet wurde und die Luxusproduktion einen wichtigen Wirtschaftszweig darstellte,³⁹ gehörte ebenso die richtige Art dazu, sich zu kleiden.⁴⁰ Seine Funktion als Militär bedeutete am französischen Hof keine Sonderrolle, Militärs waren dort keine Seltenheit. Viele höhere Offiziere hatten Positionen in den Garderegimentern des Hofs innegehabt; zudem war dem adligen Auftreten allgemein ein gewisser militärischer Habitus inne. In religiös-konfessioneller Hinsicht konnte der Herzog offenbar Freiräume für sich nutzen. Während sein Bruder Johann Ernst bei seinem Parisaufenhalt zum Besuch eines protestantischen Gottesdienstes nach Charenton-le-Pont südöstlich 35 Vgl. Faret: Homme. 36 Chauvigny an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Oktober 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 201r. – 203r., hier Bl. 201v. („aussi bon courtisan que grand capitaine“); vgl. Gazette, Nr. 42 (1636), S. 179 f.: Bernhard werde von den Prinzen und anderen Granden des Hofes ebenso geschätzt wie von den Armeen; vgl. auch Anekdoten zur Geistesgegenwart des Herzogs: Als ihn ein junger Mann am Hof gefragt habe, wie er es fertiggebracht habe, die Nördlinger Schlacht zu verlieren, habe er kühl geantwortet: „Je croyais la gagner, et je la perdis“ und sich bei den Umstehenden erkundigt, wer dieser Narr („sot“) sei; eine andere Szene mit Père Joseph: Bei einer Unterredung fuhr dieser demnach mit dem Finger über eine Karte und erklärte Bernhard: „Monsieur, vous prendrez cette ville, ensuite vous prendrez celle-ci, puis celle-là“ -„Monsieur Joseph, on ne prend pas les villes avec le doigt“, habe der Herzog bemerkt, vgl. Liselotte von der Pfalz: Mémoires, S. 334 f. 37 Christian II. von Anhalt: Tagebuch, Eintrag vom 15./25. Juli 1635; vgl. auch Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 107. 38 Vgl. Kühner: Freundschaft, S. 217– 222. 39 Roche: Culture, S. 56. 40 Zu Kleidervorschriften für die Hofgesellschaft Lüttenberg: Spitzen, v. a. S. 139, 142; Mansel: Dressed to Rule; zur Bedeutung der Mode am Hof auch Jones: Sexing; zum Stil: Ruppert: Costume; Anpassung an das vor Ort Übliche wurde auch sonst erwartet, vgl. Currie: Fashion, S. 64.
Der Höfling
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der Hauptstadt hatte reisen müssen,⁴¹ soll Bernhard seinen Hofprediger in Paris öffentlich Gottesdienste halten gelassen haben.⁴² Er hatte jedoch nur eingeschränkte Möglichkeiten, die von ihm beanspruchte Position beim König und der Hofgesellschaft geltend zu machen.⁴³ 1636 entsprachen weder seine Unterbringung noch der Umgang mit seiner Person dem Status, den er für sich reklamierte. Er hatte insbesondere das Beispiel Odoardo Farneses, des Herzogs von Parma, vor Augen, der gleichzeitig am Hof zu Gast war.⁴⁴ Dieser war jedoch in noch aufwendigerer Form empfangen und im Louvre untergebracht worden, zudem wurde er von königlichen Offizieren bedient. Man behandelte ihn als Souverän, als Herzog eines selbständigen Stadtstaates, obgleich er diesen Status in Italien selbst kaum behaupten konnte.⁴⁵ Im Vorjahr in den Krieg gegen Spanien eingetreten, war er ein wichtiger Partner im Kampf gegen die spanische Vorherrschaft in Italien. Farnese strebte das Kommando über eine vereinigte französisch-italienische Armee für den Feldzug 1636 an.⁴⁶ Bernhard behandelte er als Rangniederen. Bei dessen Antrittsbesuch gab er ihm nicht die rechte Hand, weswegen Bernhard den Termin für den obligatorischen Gegenbesuch Farneses am nächsten Tag absagte.⁴⁷ Das war eine, wenngleich eingeschränkte, Möglichkeit, den eigenen Status und die eigene Position zu wahren. Entscheidend war aber der Umgang mit dem König. Die erste Begegnung sollte in (späteren) Darstellungen vielfach zur zentralen Szene für die Einschätzung von Bernhards Charakter und für die Legitimierung des Frankreich-Bündnisses werden.⁴⁸ Der König empfing den Herzog mit entblößtem Haupt, setzte aber im Gespräch den Hut auf, der Herzog vollzog diese Geste ebenfalls. Die Begegnung endete damit, dass der König den Raum verließ. Das war ein politisches Signal von beiden Seiten. Während der König erwartete, dass der Herzog ihm als Untergebener ohne Hut die Reverenz zu erweisen hatte, demonstrierte dieser, dass er sich als Reichs-
41 Vgl. Neumair von Ramsla: Wahrhaftige Beschreibung, S. 341 ff. 42 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 112. 43 Vgl. Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider, S. 301. 44 Farnese war vor ihm in Paris angekommen, vgl. Proces verbal dressé par Mons. di Chefdeuille, gentilhomme servant de sa Maiesté de la reception traitement & ceremonies des visittez faittez a Oduard Duc et Prince di Parme depuis le Sept. fevrier 1636 jusque au 20. mars qu’il partit die Fontainebleau pour son retour en Italie, 7. Februar 1636, Paris, BnF Manuscrits français, Nr. 7605, Bl. 458r.ff.; Hanlon: Hero, S. 128. 45 Vgl. Hanon: Hero, S. 125 ff. 46 Vgl. auch Hugo Grotius an Tobias von Ponickau, Paris, 30. Januar/8. Februar 1636, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 515 f., hier S. 515; Ders. an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 8. Februar 1636, in: ebd., S. 516 ff., hier S. 518. 47 Vgl. Hanlon: Hero, S. 127. 48 Vgl. bereits Schau=Bühne, Tl. 2, S. 519 ff.; in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s Laube: Krieg, Bd. 3, S. 94.
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fürst gleichrangig mit denjenigen betrachtete, die in der Gegenwart des Königs (generell) mit Hut erscheinen durften. Bernhards Vorgehen ist dem des sächsischen Prinzen Friedrich August, dem späteren Kurfürsten August dem Starken, vergleichbar, der sich 1688, allerdings inkognito, am französischen Hof aufhielt und für sich beanspruchte, den Hut in Gegenwart des Königs als Zeichen seiner gleichrangigen Position mit gekrönten Häuptern aufzubehalten.⁴⁹ Selbstverständlich war dies auch für den Sohn eines Kurfürsten nicht, da die Stellung der Kurfürsten auf internationalem Parkett nicht eindeutig geklärt war.⁵⁰ Bernhard handelte bewusst, erklärte Ponickau.⁵¹ Es hatte vor dem Empfang des Herzogs Beratungen darüber gegeben, ob er in der Hutfrage instruiert werden sollte, was der König abgelehnt habe.⁵² Die Symbolik des Hutauf- beziehungsweise -absetzens gehörte zu den für das Zeremoniell maßgeblichen körperlichen Gesten,⁵³ und die eigene Kopfbedeckung in Situationen bewusst aufzubehalten oder aufzusetzen, in denen seine Abnahme erwartet wurde, war ein nicht ungewöhnliches Mittel der politischen Aussage.⁵⁴ Umgekehrt bedeutete es ein Privileg, den Hut nicht ziehen zu müssen, das grundsätzlich anderen gekrönten Häuptern, deren Gesandten sowie den Vertretern der Niederlande und Venedigs als „freien Republiken“ zukam.⁵⁵ Die Instruktionsüberlegungen zeigen nicht nur die Sorge, Bernhard könne desavourierend auftreten, sondern auch, dass die Verhaltenserwartungen, Gepflogenheiten und Rituale am Königshof im Fluss waren.⁵⁶ Auch Farnese hatte den Hut tragen dürfen. Dies war mit dessen Status als Souverän und dem Vertrag von Saint Germain begründet worden, durch den Bernhard „sujet du Roi“ geworden sei. Er argumentierte hingegen, dass „ceux de la maison de Saxe étoient princes avant que les Farnèse fussent gentilshommes“.⁵⁷ Die Vorfahren Odoardos übten erst 49 Vgl. Weller: Schauplatz, S. 387; auch Bély: Souveraineté, S. 30. 50 Vgl. Gotthard: Säulen, S. 740 – 743, 819; gerade im Krieg diskutierte das Kurkolleg auch europäische Rangfragen (S. 742). 51 Vgl. Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 799. 52 Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 798, 785; allerdings sind diese Überlegungen schriftlich festgehalten worden, Memoire de Laviner du Duc Bernard de Weimar à S. Germain en Laye, 6. März 1636, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 7605, Bl. 465r.ff. 53 Zu körperlichen Gesten Kühner: Freundschaft, S. 246 – 250; Wolf: Rang, S. 158; Beetz: Höflichkeit; betr. des Kaiserhofs Lünig: Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum, Bd. 1, S. 449; zur Bedeutung „der zeremoniellen Sichtbarmachung“ für den Rang Stollberg-Rilinger: Wissenschaft, S. 140, 127 (Zitat). 54 Vgl. Corfield: Ehrerbietung. 55 Vgl. Weller: Schauplatz, auch S. 389 zu spanischen Spezifika; zum englischen Hof: Loomie: Introduction, S. 5, 189. 56 Sie waren gerade vor 1600, aber auch noch danach keineswegs genau festgelegt, wie die Zeremonialliteratur des (späteren) 17. u. 18. Jh.s vermitteln wollte, vgl. Bryant: Introduction, v. a. S. 1. 57 Mémoires de François de Paule de Clermont, Tl. 1, S. 109 f.
Die Verhandlungen
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seit dem 16. Jahrhundert die Herrschaft aus; dass dessen Ahn Pier Luigi Farnese unehelicher Abkömmling des späteren Papstes Paul III. war, mochte bei Bernhards Äußerung mitschwingen. Sein Agieren in der Audienz kann mithin als Statusdemonstration und Versuch der Veränderung verstanden werden. Der König jedenfalls setzte in der Folge in Bernhards Gegenwart den Hut nicht mehr auf.⁵⁸
Die Verhandlungen Bernhards finanzielle Forderungen und Erwartungen von Hilfsleistungen wurden zum Teil erfüllt. Die Pension für ihn wurde um 150.000 Livres jährlich lebenslang erhöht.⁵⁹ Zur Zahlung der vollen vereinbarten Summen für die Armee wollte sich die französische Regierung nicht verpflichten, die Armee habe nicht die volle Stärke, war erneut das Argument. Bernhard erhielt jedoch eine Auszahlung von 600.000 Livres.⁶⁰ Er war unzufrieden, der Kardinal Richelieu und Ludwig XIII. sprachen davon, er sei launenhaft. Hier spielte auch Bernhards hohe Selbsteinschätzung mit hinein, die nicht zuletzt als Arroganz beschrieben worden ist und Verhandlungen mit anderen Partnern erschwerte, wie mit Hessen-Kassel.⁶¹ Diese Stimmung sollte eine betonte Aufmerksamkeit für ihn in Paris ausgleichen. Bei Bernhards Abreise aus Paris 1636 hielt Richelieu fest, dieser sei „en bonne disposition d’esprit“ gewesen, nachdem er am Vortag vom König feierlich empfangen worden war. Der König scheine allerdings froh, ihn los zu sein.⁶² Auch 1637 ging es dem Herzog darum, in Paris Verhandlungsergebnisse zu erreichen, er fürchtete, unnötig lange festgehalten zu werden.⁶³ Der Krieg sollte seinen Vorstellungen nach rechtsrheinisch geführt werden, in Zusammenarbeit mit Banér; vor allem aber brauchte er Soldaten und höhere Finanzmittel.⁶⁴ In Paris
58 Vgl. Mémoires de François de Paule de Clermont, Tl. 1, S. 110; sein Bruder gestattete Bernhard wie den anwesenden Herzögen Henri de La Trémouïlle, Duc de Thouars, und von Württemberg auch, sich zu bedecken, vgl. Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, S. 799. 59 Vgl. Avenel: Lettres, Bd. 5, S. 441 f. (Fußn. 2). Das Brevet de pension ist auf den 16. April 1636 datiert, das Geld sollte aus den Krondomänen bezahlt werden, vgl. den Geheimvertrag, in: Röse: Herzog, Bd. 2, S. 474 – 476, hier S. 475. 60 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 200 – 202. 61 Vgl. Helfferich: Princess. 62 Vgl. Avenel: Lettres, Bd. 5, S. 471. 63 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 7. März 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 144 – 148, hier S. 146. 64 Vgl. Bernhard v. Weimar an Oxenstierna, Paris, 10. Februar 1637, zit. n. Droysen, Bernhard, Bd. 2, S. 270, Fußn. 1; vgl. ebd., S. 272 f.
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hatte man nicht unbedingt mit dem Herzog persönlich verhandeln wollen.⁶⁵ Erneut gingen die Verhandlungen auch nicht so schnell voran, wie erhofft.⁶⁶ Im April aber erhielt der Herzog neue Finanzzusagen für die Armee.⁶⁷ Diese Vereinbarung bedeutete allerdings eine Abänderung des 1635er-Vertrages – die ursprünglich jährlich vereinbarte Summe von vier Millionen Livres wurde damit für den Zeitraum seit der Vertragsunterzeichnung bis Ende 1637 massiv unterschritten. Zugleich wurde aber die Kriegsführung im Reich vereinbart.⁶⁸
Abschiede In beiden Jahren absolvierte Bernhard umfangreiche Abschiedsvisiten in Paris,⁶⁹ so 1636 bei Gaston d’Orléans,⁷⁰ im nördlich von Paris gelegenen Royaumont bei Richelieu⁷¹ und bei der Königin im Louvre.⁷² Als der Herzog die Stadt 1637 mit einem „fort belle suïte“ verließ,⁷³ war bei ihm auch der Frankfurter Patrizier Johann Hieronymus Steffan von Cronstetten, den Richelieu bei einer Frankreichreise hatte
65 Vgl. de Noyers an La Valette, Rueil, 20./30. November 1637, in: Aubery, Mémoires pour l’histoire du cardinal duc de Richelieu, Tl. 3, Köln 1667, S. 295 – 297, Zitat S. 296; Richelieu ließ aber wenig später verlautbaren, er halte es für „fort bon“, wenn Bernhard an den Hof komme: Ders. an Dens., Rueil, 2. Dezember 1637, in: ebd., S. 297 ff., hier S. 298. 66 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 27. März 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 182 f., hier S. 182. 67 Noch in Paris wurden ihm 700.000 Livres ausgezahlt, 100.000 sollten in Dijon in Form von Wechseln folgen, weitere 100.000 im Mai gezahlt werden, 300.000 im Juni und 150.000 auf Anweisungen, 600.000 im August und 300.000 im November 1637. 68 Vgl. Quittance de Son Altesse le Duc Bernard baillée au Roy par Mons. de la Baziniere, Paris, 7./17. April 1637, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 484 f.; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 273 f.; zur Diskussion der Schwierigkeiten der Rheinüberquerung in den französischen Regierungskreisen u. a. de Noyers an La Valette, Rueil, 2. Dezember 1637, in: Aubery, Mémoires, Tl. 3, S. 297– 299. 69 Vgl. Gazette, Nr. 69 (1636), S. 288; Gazette, Nr. 70 (1637), S. 284. 70 Gazette, Nr. 42 (1636), S. 179 f.; wegen einer Erkrankung Bernhards verzögerte sich seine Rückreise bis Ende Mai, vgl. Richelieu an Ludwig XIII., 25. Mai 1636, in: Avenel, Lettres, Bd. 5, S. 470 – 472, hier S. 471, vgl. ebd., S. 453 f. (Fußn.) 71 So Avenel: Lettres, Bd. 5, S. 454; zur Abtei als Begräbnisort der ungekrönten Mitglieder der Königsfamilie vgl. Blunk: Taktieren, S. 33. 72 Vgl. Gazette, Nr. 75 (1636), S. 312; der Herzog wurde schließlich von Berlize sowie Offizieren des Königs und in dessen Wagen bis Lagny begleitet, wo man sich nach einem Dinner verabschiedete. Bernhard fuhr nach Meaux weiter und übernachtete dort, Godefroy: Ceremonial, Tl. 2, Paris 1649, S. 799; Ponickau blieb noch in Paris; Bernhard übermittelte abschließend laut der „Gazette“ erneut seinen Dank an den König, vgl. Gazette, Nr. 78 (1636), S. 324. 73 Gazette, Nr. 72 (1637), S. 291 f., hier S. 292.
Hugo Grotius
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verhaften lassen und den Bernhard „aus der Bastille liberiret“ hatte.⁷⁴ Richelieu warf dem Vater vor, eine Parteinahme Frankfurts für den Kaiser zu betreiben.⁷⁵ Bernhard mochte mit seinem Einsatz das Interesse verbinden, die Stadt für sich zu gewinnen. Ihm hatte diese Reise erneut seine Grenzen im französischen Bündnis vor Augen geführt.⁷⁶
Unterstützer und Mittler: Hugo Grotius Längerfristig von Bedeutung waren Bernhards Kontakte mit Grotius, mit dem er 1636 und 1637 in Paris zusammentraf, so im April 1636 in Schloss Chantilly.⁷⁷ Der Botschafter und der Herzog nahmen eine intensivere Arbeitsbeziehung auf. Eine Basis dafür bildete der Kontakt, den Ponickau zu Grotius aufgebaut hatte. Bis zu Ponickaus Tod lief die Verbindung auch weiter wesentlich über diesen, dann über die Mittelsleute und Abgesandten Bernhards sowie schwedische Funktionsträger wie den Hofrat und Juristen Georg Müller. Für Bernhard war die Verbindung zu Grotius wichtig, um das Einvernehmen mit Schweden zu sichern und Einfluss auf die französische Regierung zu nehmen;⁷⁸ er brauchte ihn sowohl gegenüber Frankreich wie gegenüber Schweden. So war Grotius in seine Bemühungen um einen Pass für die geplanten Friedensverhandlungen involviert.⁷⁹ Allerdings war der Botschafter in Paris nicht besonders gelitten. Richelieu verletzte ihm gegenüber regelmäßig das diplomatische Protokoll, und nicht nur einmal verlangte die französische Seite seine Absetzung.⁸⁰ Nördlingen und der Prager Frieden hatten die Position Schwedens geschwächt. Grotius verhehlte auch nicht, dass er die französische Politik und den französischen Lebensstil im Grunde nicht billigte, und sah seinen Tätigkeitsschwerpunkt in der Gelehrtentätigkeit. Hinzu kam eine mangelnde Unterstützung seines Wirkens durch die
74 Vgl. Leupold: Journal, S. 276. 75 Vgl. Weyel: Art. Steffan (von Cronstetten); der Vater Cronstetten hatte Bernhard um Hilfe gebeten. 76 Laut Ward: Years, S. 369, kehrte Bernhard gesundheitlich und nervlich angeschlagen zum Ort des Kriegsgeschehens zurück. 77 Vgl. Gazette, Nr. 63 (1636), S. 264. 78 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 8. Dezember 1637 (n.St.), in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 439 f. 79 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 10./20. September 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 421r. – 422v., hier Bl. 421v. 80 Wegen Protokollverletzungen vermieden aber auch die englischen Botschafter Leicester und Scudamore den Kontakt mit Richelieu, vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 552.
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Abb. 3: Porträt Hugo Grotius.
schwedische Regierung, die ihm relevante Informationen vorenthielt.⁸¹ Während sich Gustav Adolf und Grotius hoch geschätzt hatten,⁸² war das Verhältnis des
81 Vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 543 f., 547, 551 – 556, er wurde auch nur unregelmäßig bezahlt, was allerdings für frühneuzeitliche Diplomaten die Regel war. 82 Vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 472 f.; Scherer: Role, S. 49.
Hugo Grotius
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Botschafters zu Oxenstierna schwierig. In seiner Korrespondenz führte er ihn teilweise unter dem Decknamen „Bloemcool“.⁸³ Grotius war überzeugt, dass mit Bernhard die aus seiner Sicht vorrangigen Ziele am besten durchzusetzen seien. Es ging für ihn in der Situation der zweiten Hälfte der 1630er Jahre um einen für Schweden vorteilhaften Frieden, der zugleich als gerechter Frieden die Eintracht der Christenheit sichern sollte. Die Alternativen: „een goed oorlog“ oder „een eerliche ende zedelyke vrede“⁸⁴ hingen unmittelbar zusammen und der Dreißigjährige Krieg war auch für Grotius ein gerechter Krieg.⁸⁵ Bernhard war in diesen Jahren ein entscheidendes Bindeglied für das schwedisch-französische Bündnis. Er war für beide Parteien wichtig. Dazu trug bei, dass die angestrebte militärische Allianz mit den Niederlanden und England so nicht zustande kam.⁸⁶ Grotius wusste um Bernhards wachsende Unzufriedenheit mit Frankreich, sein Streben nach stärkerer Unabhängigkeit war im schwedischen Sinne. Auch die schwedische Regierung, Oxenstierna und die Ratgeber der Königin, hielten den Botschafter zum Einsatz für den Herzog von Weimar an; insofern hatte er Rückendeckung. Schon aufgrund der oft mangelnden kurzfristigen Rücksprachemöglichkeiten musste und konnte er, wie viele Diplomaten, vielfach eigenständig agieren. Seine Argumentation zielte auf französische Belange und das französischschwedische Bündnis ab. Wenn Bernhard in Deutschland Krieg führe, könne auch Schweden dort oder in den österreichischen Ländern erfolgreich vorgehen, erklärte er beispielsweise.⁸⁷ Er bezog sich auch auf die Bedeutung Italiens für die Außenpolitik Richelieus und des Königs: Lasse man den Kaiser alle Macht in Deutschland gewinnen (indem Bernhard nicht gestärkt werde), werde Ferdinand II. die kürzlich verwitwete, Frankreich zugeneigte Christine de France nicht an der Regierung in Savoyen und damit am „Eingang“ zu Italien dulden.⁸⁸
83 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 24. Januar 1636, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 6, S. 493 f., hier S. 493; Ders. an Dens., Paris, 8. Februar 1637, in: ebd., S. 516 – 518, hier S. 516. 84 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 3./13. Februar 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 93r. – 93v., hier Bl. 93v.; vgl. auch bsp. Ders. an Dens., 5./15. März 1638, ebd., Bl. 142r. – 143v.: Oxenstierna versuche die schwedischen Reichsstände von der „continuatie van een vigoureux Oorlogh“ zu überzeugen (143r.). 85 Vgl. auch Piirimäe: War. 86 Vgl. Vigier: Politique. 87 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 19./29. September 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 432 f., hier S. 432, Betz sollte alles Nähere persönlich berichten. 88 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 9./ 19. Oktober 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 435 f., hier S. 435, Ferdinand III. werde dort keine „princesse, Fransch van bloet
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1637 kam für Grotius ein persönliches Motiv für die Unterstützung Bernhards hinzu. Bei diesem Aufenthalt des Herzogs wurde offenbar die Vereinbarung über den Eintritt seines Sohnes Diederik in Bernhards Dienste getroffen. Grotius konnte im Gegenzug für seine Bemühungen um Bernhards Sache Vorteile für Diederik (und sich selbst) erwarten; zugleich gewann er einen Zugang zu direkten Informationen aus der Weimarischen Armee.⁸⁹ Diederik reiste mit Bernhard und dessen Hofstaat zur Armee.⁹⁰ Grotius versicherte Bernhard seiner umfassenden Unterstützung: Er fühle sich mehr als verpflichtet zu „wat diensten ick oit sal connen doen“, ob Paris oder wo auch immer er sein werde.⁹¹ Gerade seit Bernhards zweitem Parisaufenthalt sprach Grotius immer wieder davon, dass er für Bernhard arbeite, durch Gespräche mit der französischen Regierung wie durch Einflussnahme auf die schwedische Regierung.⁹² Frankreich solle Bernhard im gemeinsamen Interesse derart stärken, dass er tatsächliche militärische Fortschritte machen könne. Dies sei auch das geeignetste Mittel, um die schwedischen Regenten von Verhandlungen mit dem Kaiser abzuhalten.⁹³ Er versicherte Bernhard, sich um Audienzen zu bemühen;⁹⁴ wenn er zum Hof gehe, dann meist in Angelegenheiten des Herzogs von Weimar, erklärte er seinem Schwager.⁹⁵ Neben Grotius führte der mit ihm befreundete Georg Müller Gespräche mit ende affectie“ wollen; Grotius sprach auch mit Sublet de Noyers, vgl. Ders. an Dens., Paris, 10. November (n.St.) 1637, in: ebd., S. 436 f. 89 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 19. August 1627, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 526 – 529, hier S. 528. 90 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., 16. Mai 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 289. 91 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 13./23. Mai 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 416 f., hier S. 416. 92 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 12. April 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 71r. – 71v., mit dem Verweis auf verschiedene Gespräche; Grotius sprach auch von „wir“, gemeint waren offenbar andere schwedische Diplomaten und Bernhards Leute in Paris, bsp. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 27. März 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 182 f., hier S. 182. 93 Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 13./23. August 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 147r. – 148v., hier argumentierte er auch mit der Ratifikation des Vertrages von Wismar zwischen Schweden und Frankreich. 94 Vgl. Bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 10./20. September 1638, LATh-HStA Weimar, A 343, Bl. 421r. – 422v. Im März 1638 wollte er dem König Bernhards bedrängte Lage schildern, weil Ferdinand von Ungarn und Maximilian von Bayern versuchten, ihn aus den österreichischen Ländern zu vertreiben und ihm den Weg nach Bayern abzuschneiden, er wolle den König um Sukkurs bitten, vgl. Ders. an Dens. Paris, 5./ 15. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 142r. – 143v. 95 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, o.O. [wohl Paris], 12. April 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10 (1639), S. 251 f., hier S. 252.
Hugo Grotius
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französischen Entscheidungsträgern und der Stockholmer Regierung.⁹⁶ Der Briefwechsel zwischen Bernhard und Grotius bleibt in der Regel im Rahmen der „rhetorischen Höflichkeitskultur“ der Zeit, die dazu diente, Kompromisse und Bündnisse finden, schließen und festigen zu können.⁹⁷ Sie tauschten sich über militärische und politische Fragen aus, Grotius gab Kriegsnachrichten an Bernhard weiter und schriftlich meist allgemeinere Informationen über die Politik der Kriegsparteien,⁹⁸ er berichtete über Bernhards Kriegsführung an die schwedische Regierung, dem Herzog über deren Position;⁹⁹ die detailliertere Kommunikation verlief mündlich über die Verbindungsleute.¹⁰⁰ Bernhards Vertraute äußerten sich positiv über Grotius.¹⁰¹ Dabei spielte eine Rolle, dass er die unterschiedlichen Verfassungsstrukturen und politischen Kulturen im Reich und in Frankreich im Blick hatte, die für die französisch-weimarischen Konflikte von Belang waren. Die deutschen Prinzen, äußerte er einmal, seien es nicht gewöhnt, wie die Franzosen behandelt zu werden – „met absolute bevelen, commissarissen tot rechters, Bastille voor logys“.¹⁰²
96 Als Grotius im September 1637 eine Audienz beim König erhielt, ließ er Müller in gleicher Sache zu Richelieu und Père Joseph gehen, vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 12./22. September 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 430 f.; Ders. an Dens., Paris, 19./29. September 1637, in: ebd., S. 432 f., hier S. 433; auch Röse: Herzog, S. 175; Christina von Schweden an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 4. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 95r. – 97v., hier Bl. 96r.f.; Bernhard v. Weimar an Pfalzgraf Johann Casimir, Neuenburg, 26. Juni 1638, in: Tümmler, Briefe, S. 307– 332, hier S. 325 f.; Müller tritt auch als Vermittler der Sache Bernhards gegenüber Grotius in Erscheinung, vgl. Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8 (1971), S. 745 f.; zum Verhältnis zwischen Grotius und Müller vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 548; Müller „conversirte“ angeblich täglich mit Cornelis de Groot, dem ältesten Sohn (Georg Müller an Hugo Grotius, Basel, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 744 – 746, hier S. 745) und stand in Kontakt mit Matthias Bernegger, vgl. Murdoch: Network, S. 300 f. 97 Vgl. Beetz: Höflichkeit, S. 188. 98 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 3./13. Februar 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 92r. – 92/1 (sic). 99 Vgl. bsp. auch die explizite Erwähnung in: Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris 14./ 24. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 366r. – 367v., hier Bl. 366r. 100 Vgl. bsp. zu Truchseß und Betz: Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 1./11. [ohne Monat] 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 405r. – 406v., hier Bl. 405r. und 406r.; Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 744 ff., hier S. 745. 101 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 10./20. September 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 421r. – 422v., hier Bl. 421r. 102 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 28. Februar (n. St.) 1636, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 552 – 553, hier S. 553.
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7 Am französischen Hof
Auch im Fall der Bernhard‘schen Paris-Aufenthalte zeigt sich, dass beide Seiten die zeremoniellen Fragen für wichtig erachteten. Die Störungen und Konflikte, die sich ergaben, machten das Verhältnis schwieriger. In Paris verstärkte sich der Eindruck, dass der Herzog kompliziert und anstrengend war. Diese Konflikte entschieden aber offensichtlich nicht über die Verhandlungsergebnisse, und sie waren letztlich für die politisch-militärische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Bernhard nicht relevant.Von Einfluss war aber der persönliche Kontakt, der sich zu Grotius ergab. Der Botschafter wurde zu einem der entschiedensten Fürsprecher Bernhards.
8 Ehepläne und Bündnisse. Die Rohans, die Wittelsbacher Pfälzer und England Bernhard ist in seinen persönlichen Haltungen und Überlegungen wenig greifbar. Das betrifft besonders mögliche Freundschaften, erst recht Liebesbeziehungen. Eine Ehe ist er nie eingegangen. Wiederholt standen jedoch Eheprojekte im Raum. Sie waren im Hochadel selbstredend „keine Privatangelegenheit“, sondern politisch konnotiert und motiviert.¹ Aufschlussreich erscheinen vor allem die Pläne zu Verbindungen mit den Rohans und den Wittelsbacher Pfälzern. Aus verschiedenen politischen Gründen kamen diese Ehen nicht zustande, konfessionelle Überlegungen und solche der ständischen Ebenbürtigkeit kamen hinzu. Sie hätten dem Herzog gleichwohl politisch-dynastische Chancen auf der Reichs- und der europäischen Ebene eröffnen können. Schließlich verbanden sich auch mit seiner Person immer wieder Optionen eines protestantischen Bündnisses in Europa. In der Forschung sind diese Pläne bisher kaum beachtet worden, obgleich dynastische Beziehungen verstärkt in den Fokus gerückt sind.² Ihre Bedeutung lässt sich aber kaum überschätzen, kann doch die Geschichte der Frühen Neuzeit nicht zuletzt wesentlich als dynastische Geschichte verstanden werden.³ Der Herzog konnte erstens, so zeigt sich auch hier, weitreichende Zukunftserwartungen hegen, und er war nicht gewillt, bei seinen ambitionierten Zielen zurückzustecken. Eine Ehe hatte nicht nur dynastisch-rechtlich legitimierte Nachfahren zu ermöglichen, sondern zugleich Vorteile in der politischen Sphäre zu bringen. Das Scheitern der Projekte macht insofern zweitens deutlich, wo die Grenzen der politischen Handlungsspielräume Bernhards lagen. Freilich verfolgten die europäischen Dynastien der Zeit eine Vielzahl von Eheprojekten, von denen die meisten nicht zu einer Eheschließung führten; sie wurden fallengelassen, weil sich die politische Agenda veränderte oder sich neue Möglichkeiten boten.⁴ Drittens werden zentrale Aspekte der Außenpolitik der Pfälzer und mit den Rohans der Politik einer der führenden französischen Familien sichtbar. Zugleich kommt mit den Pfälzern die englische Politik in den Blick, mit den Rohans erneut die der französischen Krone gegenüber dem Weimarer Herzog. Bernhard agierte weitgehend unabhängig von seiner eigenen Dynastie der Ernestiner, er war aber in seinen Handlungsmöglichkeiten durch seine Bündnispolitik und strategische Interessen 1 Willoweit: Ehen, S. 94. 2 Vgl. bsp. Knöfel: Dynastie; Schedewie: Bühne, S. 86 – 135; Duchhardt: Heirat; Kohler: Austria; Lamaison: Cousins; Schönpflug: Heiraten; Wade: Triumphus; Wunder: Einleitung. 3 Vgl. bsp. Bonney: Dynastic States. 4 Vgl. Weber: Bedeutung. https://doi.org/10.1515/9783110701913-009
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limitiert. Viertens steht damit, auch im Hinblick auf seine Verhandlungen mit Hessen-Kassel, die Frage im Raum, inwieweit es darum ging, eine dritte Partei zu begründen. Bernhard hat sie schließlich abgelehnt. Es spricht Einiges dafür, dass die klare Ablehnung kurz vor seinem Tod nicht immer seiner Haltung entsprach. Der Herzog hat immer wieder versucht, unterschiedliche Optionen auszuloten. Schließlich, fünftens, scheinen im Verhältnis des Herzogs von Weimar und des Herzogs von Rohan ihr ähnliches Selbstverständnis und ein offenbar vergleichbarer Männlichkeitsentwurf auf. Bernhards vermutliches Selbstbild wird damit plastischer.
Bernhard und die Rohans Bereits 1633 hatte Herzog Henri II. de Rohan⁵ eine Ehe seiner Tochter und Erbin Marguerite,⁶ mit Prinz Rupert (Ruprecht) von der Pfalz,⁷ einem Sohn des „Winterkönigs“, oder mit Bernhard von Weimar erwogen.⁸ Die Familie gehörte zum alten französischen Schwertadel, der „noblesse d’épée“; 1603 wurde Rohan zudem zum „duc et pair“ ernannt. Durch seine Ehe mit Marguerite war er der Schwiegersohn des Herzogs von Sully, Maximilien de Béthune.⁹ Sully war wie er Hugenotte und König Heinrich IV. eng verbunden. Rohans Laufbahn kennzeichnen mehrfache Seitenwechsel. Sein ambivalentes Verhältnis zur Krone wie sein Selbstverständnis erklärt sich nicht zuletzt aus dem Gegensatz zwischen seiner „role as servant of the crown and protector of the faith“.¹⁰ Dieser Konflikt prägte auch das Selbstverständnis anderer adliger hugenottischer Politiker und führte zu ihrer Aufspaltung in verschiedene Lager. Nach der Ermordung Heinrichs IV. 1610 trat Rohan als einer der maßgeblichen Hugenottenführer in den inneren Kriegen Frankreichs hervor. Er ist als „the greatest and most unselfish of the Protestant leaders“ bezeichnet wor-
5 Zu Rohan: Boulaire: Rohan; Dewald: Status; Clarke: Warrior; Zurlauben: Mémoires; im Deutschland des 19. und frühen 20. Jh.s war Rohan als der ‚gute Herzog‘ bekannt, als den ihn Conrad Ferdinand Meyer in seinem Roman „Jörg Jenatsch“ (1876) zeichnete: Jäger: Erzählungen, S. 160 – 169; Jäger: Conrad Ferdinand Meyer, S. 51 – 58. 6 Zum (vermutlich) jüngeren Bruder Marguerites, Tancred, u. a. Gonzenbach: Lebens- und Leidensgeschichte; Gonzenbach: General, Bd. 3, S. 447– 470; auch Marie-Catherine Desjardins (= Mme de Villedieu) unvollendeten Roman „Alcidamie“. 7 Vgl. Warburton: Memoirs, S. 61 – 70; Robert Earl of Leicester an Karl I. von England, Paris, 11. Mai 1638, in: Collins, Letters, Tl. 2, S. 548 – 550. 8 Vgl. Deyon/Deyon: Henri de Rohan, S. 159, 184; Laugel: Henry de Rohan, S. 357. 9 Zum Besuch Johann Ernsts v. Weimar hier bei seiner Grand Tour vgl. Neumair von Ramsla: Wahrhaftige Beschreibung der Reise, S. 339, 346. 10 James: Militancy, hier S. 222.
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den.¹¹ Nachdem Richelieu im Oktober 1628 La Rochelle, die hugenottische Rückzugsfestung, eingenommen hatte, führte Rohan in Südfrankreich einen guerillaartigen Krieg fort. Im Folgejahr musste er jedoch kapitulieren. Die Protestanten hatten keine Sicherheitsplätze mehr. Das bedeutete das Ende der Hugenotten als politischmilitärische Partei. Auf diesen Einsätzen beruhte gleichwohl Rohans Ruf als Militär. Sein Werk „Le parfaict Capitaine“ wurde als Anleitung zur Feldherrnkunst zum Standardwerk.¹² Im Frieden von Alais (Juni 1629) erhielt Rohan, der des Hochverrats für schuldig erklärt worden war, seinen umfangreichen Besitz zurück. Das Land musste er jedoch verlassen. Er ging nach Venedig, das mit Frankreich verbündet war, und führte bald wieder Krieg: Erst für Venedig, dann für den französischen König.¹³ 1632 machte Ludwig XIII. Rohan zum außerordentlichen Gesandten bei den Kantonen der Schweiz und zum dortigen Truppenkommandanten. Es ging vor allem um das Veltlin, einen immer wieder umkämpften Schauplatz des Krieges: Rohan sollte unterbinden, dass Habsburg das Gebiet als Verbindungslinie für seine spanischen Regimenter nutzte.¹⁴ Er sah sich allerdings gezwungen, „jahrelang tatenlos [zu] warten, weil Richelieu zauderte“.¹⁵ Dann aber konnte er Erfolge gegen den Herzog von Lothringen, die Kaiserlichen und die Spanier erreichen, auch auf Schauplätzen in Oberitalien und am Rhein.¹⁶ Zu Bernhard mag er schon früh Kontakte über Fürst Christian I. von AnhaltBernburg gehabt haben. Mit ihm war Rohan für Heinrich IV. im Jülich-Klevischen Erbfolgekrieg militärisch aktiv gewesen. Die Anhaltiner, Bernhards Verwandte mütterlicherseits, verfolgten die Konflikte der Hugenotten mit der Krone intensiv. Christian I. – der Heinrich IV. persönlich kannte – hatte 1591/92 ein deutsches Hilfskorps für den König angeführt und französische Einflüsse in seinem Territorium gefördert.¹⁷ Sein Sohn Christian II. verfügte über das Manifest de Rohans von 1627, mit dem dieser die Rebellion gegen den König begründet hatte.¹⁸ Auch im
11 Major: Renaissance Monarchy, S. 209; zur „parti huguenot“ u. a. Boisson/Daussy: Protestants, S. 157– 172. 12 Rohan: Capitaine; Hahlweg: Einführung, S. 11, datiert die Entstehung auf 1629; vgl. auch Schwager: Militärtheorie. 13 Andere Hugenotten waren für die französische Krone als Diplomaten tätig, vgl. bsp. Martin: Mémoires. 14 Vgl. bsp. Controlle general des trouppes tant d’infanterie, que de Cavallerie estant sur pied durant l’année 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3844, Bl. 41r. – 86r., hier Bl. 42r. 15 Feller: Geschichte, S. 511. 16 Vgl. Pieth: Feldzüge. 17 Vgl. Press: Christian von Anhalt-Bernburg, S. 197 f., 204, 206. 18 Rohan: Déclaration; vgl. Sibylla Elisabeth v. Anhalt-Bernburg an Christian II. v. Anhalt-Bernburg, Bernburg, 1. Dezember 1627, in: Conermann, Briefe, Bd. 2, S. 185 – 194, hier S. 186, vgl. ebd., S. 191 f.; die Anhaltiner waren auch im Besitz eines Briefes an Rohan, ebd., S. 185 f., 193.
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ernestinischen Umfeld wurde die konfessionelle Situation in Frankreich beobachtet.¹⁹ 1633 suchte Rohan Bernhard für eine Zusammenarbeit gegen habsburgische Truppen zu gewinnen.²⁰ Es ging ihm offensichtlich darum, engere Verbindungen zur schwedisch-weimarischen Seite aufzubauen. Seine Position und seinen Besitz in Frankreich schätzte er als unsicher ein.²¹ Ende 1634 versuchte er, Bernhard ins „offizielle“ französische Lager zu ziehen.²² Mindestens seit dem Folgejahr unterhielten beide indirekte Beziehungen über Grotius;²³ 1637 erhielt Bernhard von der französischen Krone Soldaten aus dem Heer Rohans.²⁴ Bernhard musste Rohans Einsatz für die französischen Protestanten zusagen. Zumindest einen Teil von Rohans zahlreichen Schriften kannte er wohl. Bei seinem Tod besaß er jedenfalls dessen „Le Parfaict Capitaine“.²⁵ Zudem betonte Rohan in seiner 1639 erschienenen, aber etwa zeitgleich zum „Parfaict Capitaine“ entstandenen Schrift „De l’Interest des Princes et des Estats de la Chretienté“ die duale Souveränität von Kaiser und Reichsständen und bezeichnete den Erhalt der ständischen Libertät als zentrales Interesse Deutschlands.²⁶ Das lag auf der Linie Bernhards. Bei seiner 1600 begonnenen Grand Tour hatte Rohan Deutschland besucht und es in seiner Reisebeschreibung, nicht zuletzt bezogen auf die Fürsten, das freieste Land Europas genannt, „le plus libre [pays] de l’Europe“.²⁷ Zu Fürsten
19 So reflektierte Neumair von Ramsla in seinem Bericht über seine Reise mit Johann Ernst v. Sachsen-Weimar wiederholt über die Situation der französischen Protestanten, vgl. Neumair von Ramsla: Wahrhaftige Beschreibung der Reise. 20 Vgl. Henri de Rohan an Bernhard v. Weimar, Zürich, 1. Juni 1633, in: Röse, Herzog, Bd. 1, S. 421 f.; Hauptmann Gaspar Vlric an Bernhard v. Weimar, Donauwörth, 1./11. Juni 1633, in: ebd., S. 422 f.; zuvor hatte sich Rohan an Horn gewandt. 21 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 220. Rohan hatte zu den Bewunderern Gustav Adolfs gehört und in direktem Kontakt mit ihm gestanden, vgl. Bühring: Venedig; Deyon/Deyon: Rohan, S. 160; was sich kurzfristig aus der Korrespondenz mit Bernhard ergab, ist nicht bekannt; beim Frankfurter Kongress soll es geheime Verhandlungen zwischen beiden gegeben haben: Röse: Herzog, Bd. 2, S. 416. 22 Vgl. Ouuverture faite à Mr. Le Duc Bernard de Veimar par le S.r de Batilly de la part de Mr. Le Duc de Rohan sur les affaires presentes, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 450 f.; Kretzschmar: Heilbronner Bund, Bd. 3, S. 46. 23 Vgl. Meulenbroeck: Briefwisseling, Tl. 6, bsp. Hugo Grotius an Henri de Rohan, Paris, 8. Februar 1636, S. 518 f.; vgl. auch Verbindungen zwischen Rohan und Charles Marin, bsp. ebd., S. 407. 24 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 14. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 724 – 727, hier S. 725. 25 Hahlweg: Einführung, S. 11, geht von einer Entstehung 1629 aus; Leibetseder: Erziehungsreisen, S. 86, spricht von nach 1629; Rohans 1644 posthum erschienene „Mémoires“ kann Bernhard zumindest im Druck nicht gekannt haben. 26 Vgl. Schubert: Reichstage, S. 349 f. 27 Rohan: Voyage, S. 149.
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des Reichs hatte Rohan zudem Verbindung über seinen Schwager Johann II. von Zweibrücken,²⁸ der 1634 dem Heilbronner Bund beitrat. Bernhard und Rohan verbanden zudem Ausbildungsstationen, u. a. in den Niederlanden, und Erfahrungen mit verschiedenen Verhandlungspartnern und Bündnissen, hinzu kam die des Agierens in scheinbar ausweglosen Situationen.Vor allem aber teilten sie wesentliche Elemente des Selbstentwurfs und der politischen Zielsetzungen: Beide strebten eine politische Unabhängigkeit an. Rohans Vorbilder waren Cäsar und der athenische Staatsmann und Feldherr Alkibiades, mithin große Einzelne, gerühmt für ihre Tapferkeit im Krieg wie für ihre Autonomie. Nicht nur unter Heinrich IV. erschien Rohans Wunsch realistisch, sich eine Position als unabhängiger Fürst zu sichern. Er „lived in a world of numerous independend principalities“²⁹ und war mutmaßlicher Erbe des Königsreichs Navarra. Zwar endeten diese Hoffnungen mit der Geburt Ludwigs XIII. 1601, es schien sich aber eine andere Option zu eröffnen, die Möglichkeit einer Ehe mit der Tochter des schwedischen Königs.³⁰ Und als er in den 1620er Jahren mit Spanien über finanzielle Hilfen verhandelte, sah der Vertrag Regelungen für den Fall vor, dass er einen unabhängigen Staat erlangen könnte. Rohan überlegte zeitweise, Zypern vom Osmanischen Reich als Herzogtum zu erwerben, um es zu einem Zufluchtsort für Protestanten aus Frankreich und Deutschland zu machen.³¹ Aus diesem Selbstverständnis heraus soll Rohan bei der Auswahl von Ratgebern und Freunden Wert auf Ehrgeiz wie Erfolg gelegt haben. Bernhard war damit interessant für ihn.³² Zudem liefen über Bernhard weitere Verbindungen ins protestantische Europa. In diesen Einstellungen, Zielen und Einschätzungen der eigenen Wirkmöglichkeiten wie der erreichbaren politischen Ziele sind beide, Rohan und Weimar, nicht untypisch für Adlige der Zeit, vergleichbar dem Großen Condé oder dem Herzog von Montmorency³³ ebenso wie Bernhards Brüdern oder den Anhalter Fürsten. Über eine bevorstehende Hochzeit Bernhards mit Marguerite de Rohan wurde in London schon Anfang 1636 gesprochen.³⁴ Bei seinem Paris-Aufenthalt kurze Zeit
28 Zu ihm, der 1604 Rohans Schwester Cathérine geheiratet hatte: Volker Press: Art. Johann II., in: NDB 10 (1974), S. 514 f. 29 Dewald: Rohan’s World, S. 175. 30 Gemeint ist wohl Katharina, eine Tochter Karls IX., sie heiratete 1615 Johann Casimir, Pfalzgraf bei Rhein (Zweibrücken-Kleeburg). 31 Vgl. Dewald: Rohan’s World, S. 171 – 175; Dewald: Status, S. 82 f. 32 Vgl. Laugel: Rohan, S. 370. 33 So aber Dewald: Rohan’s World, S. 176. 34 Vgl. John Dinley an Thomas Roe, Den Haag, 1. Januar 1636, in: Bruce, Calendar, Tl. 9: 1635 – 1636, S. 141.
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später verfestigte sich dieser Eindruck für viele Beobachter. Wiederholt besuchte der Weimarer Herzog Mutter und Tochter Rohan, die ein reich ausgestattetes Hôtel an der Place Royale (der späteren Place des Vosges) im Pariser Stadtviertel Marais und damit in herausgehobener Lage bewohnten.³⁵ Von der jungen Marguerite soll der Markgraf von Baden-Durlach gesagt haben, sie sei sehr schön und „gentille“.³⁶ Nicht nur in Paris kursierten Heiratsgerüchte, auch Bernhards Cousin Friedrich Wilhelm II. von Altenburg fragte deswegen bei ihm an.³⁷ Richelieu versuchte diese Beziehung zunächst zu fördern, weil er Bernhard dadurch stärker an Frankreich zu binden hoffte und auf eine Konversion der Rohans und dann des Herzogs zum Katholizismus setzte.³⁸ Für eine Ehe mit Marguerite gab es jedoch mehrere Interessenten und zahlreiche Spekulationen dazu, so war neben Rupert von der Pfalz auch der Herzog von Nemours im Gespräch.³⁹ Von Weimarer Seite aus mögen testamentarische Bestimmungen eine solche Ehe Bernhards zumindest hausintern fraglich gemacht haben. Herzog Johann Wilhelm I. von Sachsen-Weimar, Bernhards Großvater, hatte testamentarisch festgelegt, dass seine Söhne nur „christliche fürstliche Fräulein in Deutschland“ heiraten dürften, „mitnichten aber sich deshalb mit fremden Nationen befreunden sollte[n]“.⁴⁰ Eine ähnliche Bestimmung traf Bernhards Mutter.⁴¹ Die Regelung sollte Heiraten unter Stand ausschließen;⁴² aber die Rohans gehörten zum Hochadel. Über die Gründe für den Ausschluss anderer Nationen kann nur spekuliert werden.⁴³ Sie mag auf Befürchtungen zurückzuführen sein, unklare Rechtsverhältnisse zum Nachteil des eigenen Hauses zu schaffen.⁴⁴ Die weitere Argumentation des Testaments spricht dafür, dass es Johann Wilhelm vorrangig darum ging, das Luthertum in Sachsen-Weimar zu sichern.⁴⁵ Ein Testament war nun zwar als moralischer 35 Vgl. Nahon: Hôtel, S. 308; Dewald: Status, S. 156 – 160; zur Place des Vosges auch DeJean: Paris, S. 45 – 61. 36 Markgraf Friedrich v. Baden-Durlach an Bernhard v. Weimar, 9. Januar 1636. 37 Herzog Friedrich Wilhelm v. Altenburg an Bernhard v. Weimar, 27. Mai 1636, zit. n. Röse, Herzog, Bd. 2, S. 111, Fußn. 19. 38 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 111; Fagniez: Père Joseph, Tl. 2, S. 287 f. 39 Vgl. Laugel: Rohan, S. 370; wohl Karl Amadeus v. Savoyen, Herzog v. Nemours. 40 Testament Johann Wilhelms I. v. Sachsen-Weimar, Weimar, 19. Februar 1573, LATh-HStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Urkunden, Nr. 541a, Bl. 1r-35r., hier Bl.21r. – 21v., Zitat 21v.; Teilabdruck in: Pütter, Mißheiraten, S. 196 f.; ich danke Marcus Stiebing (Stuttgart) und Joachim Bauer (Jena) für Hinweise hierzu. 41 Vgl. das Testament Dorothea Marias, in: Hellfeld, Leben, Urk. XXX. 42 Vgl. Richter: Fürstentestamente, S. 290 – 294. 43 Diese Bestimmung hat sich auch für Pütter nicht erklärt: Pütter: Mißheiraten, S. 197. 44 Vgl. auch Richter: Fürstentestamente, S. 292. 45 Er befand sich 1573 in bedrängter Lage, die konfessionelle Entwicklung außerhalb des Reichs war vielfach unklar.
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Abb. 4: Marguerite Duchesse de Rohan (1617 – 1684).
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Anspruch gedacht, eine zwingende Bindung bedeutete es aber nicht,⁴⁶ und Bernhard handelte auch schon zu diesem Zeitpunkt vielfach nicht im Einvernehmen mit den Brüdern. Die Eltern, über die Heiratsverhandlungen üblicherweise liefen,⁴⁷ lebten bekanntlich nicht mehr.⁴⁸ Auch nach 1636 blieb die Idee einer möglichen Verbindung bestehen, ebenso wie die einer militärischen Kooperation. Wiederholt wurde über eine mögliche Zusammenarbeit der drei Herzöge Weimar, Rohan und Longueville spekuliert, die ein besseres Vorgehen gegen Karl IV. von Lothringen ermöglichen sollte.⁴⁹ 1637 aber verlor Rohan durch ungünstige Umstände und Intrigen sein Amt.⁵⁰ Aus der Schweiz bat er Bernhard um Unterstützung. Er hätte ihm, schrieb er, gerne dabei geholfen den Rhein zu überschreiten. Das wäre auf einen gemeinsamen Krieg in Kerngebieten des Reichs hinausgelaufen. Jetzt aber, so Rohan, schicke man ihn nach Venedig, wo es für ihn nichts zu tun gebe, da die Republik den größten Teil ihrer Truppen entlassen habe. Er wollte in die Armee Bernhards wechseln.⁵¹ Dieser Wechsel kam zustande. Allerdings bekleidete Rohan keine höhere Position in der Weimarischen Armee, obgleich Bernhard ihm eine Kommandostelle anbot.⁵² Seiner Frau gegenüber begründete Rohan diese Entscheidung, die er selbst als „Torheit“ bezeichnete, damit, dass er so die im Reich praktizierte Kriegsführung kennenlerne.⁵³ Gleichwohl war es für ihn kein Abschied aus dem französischen System. Er hoffte auf ein neues Übereinkommen mit dem König. Seine Frau bemühte sich bei Richelieu wie bei dem König um ihn.⁵⁴ In Paris stieß das Zusammengehen der beiden Herzöge dennoch auf Misstrauen.⁵⁵
46 Vgl. Richter: Fürstentestamente, S. 165 – 191. 47 Das protestantische Eherecht sah wie das kanonische Recht die elterliche Zustimmung zur Eheschließung vor, vgl. Dieterich: Eherecht, S. 56 – 59. 48 So ist denkbar, dass Bernhard größerer Erfolg beschieden gewesen wäre als anderen nachgeborenen Ernestinern, die versuchten, ihre Ehefrauen selbständig zu bestimmen; Friedrich I. v. Sachsen-Gotha-Altenburg und Friedrich Ferdinand Constantin scheiterten dabei letztlich am Widerstand der Familie, vgl. Walther: Heiratspolitik, S. 219, 221 f.; auch Haas: Ungnade. 49 Vgl. bsp. Hugo Grotius an N. N., Paris, 12. Juni 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 417 f.; Laugel: Rohan, S. 357. 50 Zu den Vorgängen in Graubünden vgl. bsp. Grotius, der Rohan äußerst positiv bewertet: Hugo Grotius an I. Jasky, Paris, 3. April 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 191 f., hier S. 192. 51 Vgl. Henri de Rohan an Bernhard v. Weimar, Bern, 28. Januar 1638, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 4r. 52 Vgl. Dewald: Status, S. 80. 53 Henri de Rohan an Marguerite de Rohan, Zürich, 12. Februar 1638, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 489 f., hier S. 489. 54 Vgl. Laugel: Rohan, S. 356, Röse: Herzog, Bd. 2, S. 490. 55 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 1, S. 450.
Marguerite de Rohan
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Im Frühjahr 1638 verstarb Rohan an Verwundungen aus der Schlacht von Rheinfelden.⁵⁶ Dieser Verlust wog für Bernhard schwer. Er sei „touché bien vivement au coeur“, schrieb er und betonte die Verbundenheit zwischen ihm und Rohan und die Ehre, die es für ihn bedeute, dass Rohan ihn „geliebt“ habe.⁵⁷ Rohan hatte mit Männern in seiner engeren Umgebung enge, freundschaftliche Beziehungen gepflegt;⁵⁸ die Beziehung zu Bernhard mag ähnlich geprägt gewesen sein. Bernhard erwähnt anlässlich des Todes Rohans auch dessen „tristesse“ und die „misères de cette vie“.⁵⁹ Die drastischen Wechselfälle seines Lebens hatten dem Verstorbenen zugesetzt. Eine anonyme Quelle spricht sogar davon, er habe als einfacher Soldat den Tod gesucht.⁶⁰ Im „Parfaict Capitaine“ hatte Rohan den Heldentod vorgesehen.⁶¹ Bernhard wollte für den Toten und dessen Ehre das Mögliche getan sehen.⁶² Rohans Leichnam wurde auf Wunsch seiner Frau nach Genf überführt und dort beigesetzt.⁶³ Die Eheverhandlungen gingen nach dem Tod Rohans weiter. Hans Ludwig von Erlach, der für Bernhard in Paris verhandelte, bemühte sich nun von dort aus um eine Ehe zwischen dem Herzog und Marguerite de Rohan.⁶⁴ Er drängte den Weimarer zu einer Entscheidung. Die Vorteile einer Ehe mit der Rohan seien durch den Tod ihres Vaters noch größer geworden – Bernhard erhalte mit ihrer Hand zugleich ihr Vermögen und ihre Besitzungen zur freien Verfügung. Ihre Mutter scheine mit allem, was ihn betreffe, einverstanden. Zudem seien Bernhards Überlegungen über eine Ehe mit Marguerite de Rohan in Frankreich bekannt.⁶⁵ Zwar stehe aktuell weder eine Ehe Mademoiselle de Rohans mit dem pfälzischen Kurprinzen noch mit dem Herzog von Nemours im Raum, der König von 56 Vgl. auch Tronchin: Harangue; Tronchin war protestantischer Pfarrer. 57 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Neuburg, 4./14. April 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 20 f. 58 Vgl. Dewald: Status, S. 182 f. 59 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Neuburg, 4./14. April 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 20 f. 60 Zit. n. Dewald: Status, S. 80. 61 Rohan: Capitaine, S. 390: Ein Armeeführer werde es vorziehen, „de mourir glorieuseme[n]t en quelque grande action, que de trainer vne vie honteuse apres en auoir commis vne lasche“. 62 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Neuburg, 4./14. April 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 20 f. 63 Vgl. Feller: Geschichte, Bd. 2, S. 516; Pieth: Feldzüge, S. 142. 64 Zum Folg. vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 78 – 81; Bernhard hatte auch Kontakt mit Anne de Rohan, einer Schwester Rohans: Anne de Rohan an Bernhard v. Weimar, 1638, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 6r. – 7r. 65 Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 78 – 81, Zitate S. 81; genauere Informationen wollte Erlach mündlich übermitteln.
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England ziehe aber Erkundigungen für seinen Neffen, Prinz Rupert, ein. Der englische Botschafter Robert Earl of Leicester schlug Madame de Rohan diese Verbindung vor. Sie bevorzugte jedoch Bernhard,⁶⁶ und auch Rupert lehnte ab.⁶⁷ Erlach zufolge hatten die Prinzessin von Rohan und eine Nichte des Königs selbst Interesse an Bernhard bekundet.⁶⁸ Das war eine Umkehrung der gewohnten Geschlechterrollen. Es wurde vorausgesetzt, dass die Werbung vom Mann ausging und von Frauen erwartet, dass sie Liebesgefühle verbargen, auch wenn sie in Texten von Literatinnen sublimiert Ausdruck finden konnten.⁶⁹ Dieser Vorgang war damit legitimierungsbedürftig; Erlach sprach von den „grandes révolutions“ der Gegenwart, die auch die Sitten veränderten. Beide Frauen seien tugendhaft, gebildet und körperlich wie geistig schön, Bernhard halte die Herzen „des plus vertueuses et des plus sages dames de notre temps“ in seinen Händen. Ein Eheangebot Bernhards stand offensichtlich zumindest kurz bevor.⁷⁰ Bei seinem Tod verfügte er auch über ein Porträt und ein „geschmelzt[es], in Gold gefaßt[es]“ Bild der Prinzessin. Allerdings besaß er ebenso Bilder anderer „französischer Damen“.⁷¹ Bernhard zog dann aber zurück. Maßgeblich war wohl ein zunehmender Widerstand aus der Umgebung des Königs und von diesem selbst. Die Krone befürchtete eine neuerliche Stärkung der französischen Protestanten.⁷² Die Überlegung, dass Bernhard als General der protestantischen Verbündeten in Deutschland und als Protektor der protestantischen Franzosen wirken könne, lag auf der Hand. Die politische Ausschaltung der Hugenotten blieb aber oberstes innenpolitisches Ziel Richelieus zur Stärkung der Monarchie. Auch der Gedanke an vorherige protestantische Bündnisbemühungen in Europa mochte eine Rolle spielen. Die gleichen Gründe würden gegen eine Hochzeit mit der Witwe Rohans gesprochen haben, von der Pufendorf meint, Bernhard habe sie in Betracht gezogen.⁷³ Nicht ganz klar ist
66 Vgl. Anzolo Corber an den Dogen und Senat Venedigs, Paris, 29. Juni 1638, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 428 f., Corber war venezianischer Botschafter in Frankreich. 67 Vgl. Scott: Rupert, S. 30 – 33; Rebitsch: Rupert von der Pfalz, S. 22 f.; Hauck: Rupprecht, S. 12; Kitson: Prince Rupert; Collins: Papers, Tl. 2, S. 549, 28. Mai 1638 und S. 585, 12. Nov. 1638. 68 Dieses Eheprojekt kennt auch die Allgemeine Schau=Bühne, Sp. 702. 69 Vgl. bsp. Kastinger Riley: Liebe, v. a. S. 448 – 451. 70 Vgl. Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 86 f., 120 ff. 71 Vgl. [Auszüge aus dem Inventar], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 246 – 249, hier S. 248 f. 72 Vgl. Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 19./29. Januar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 62 – 65, hier S. 64; Ludwig XIII. soll den Herzog von Nemours als Heiratspartner für die Rohan bevorzugt haben, auch wenn dieser noch nicht 16 Jahre alt war, vgl. Anzolo Corber an den Dogen und den Senat Venedigs, Paris, 29. Juni 1638, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 428 f. 73 Vgl. Pufendorf: Bücher, Buch XI, S. 506.
Französische Verheiratungspläne
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die Rolle Erlachs.⁷⁴ Dem Herzog gegenüber unterstrich er einerseits das persönliche Interesse des Königs an einer Eheschließung der Rohan und suggerierte, dass der Weg für Bernhard offenstehe. Andererseits musste er durch intensivere Kontakte in die französische Regierung und seine Anwesenheit vor Ort gut informiert sein.
Französische Verheiratungspläne Es gab von Seiten der französischen Regierung weitere Verheiratungspläne für den Herzog, die alle ohne Ergebnis blieben. In der öffentlichen Diskussion war auch Christine, eine Schwester Ludwigs XIII. und Witwe des Herzogs von Savoyen,⁷⁵ die in Turin in kultureller Hinsicht einen der herausragenden europäischen Höfe unterhielt.⁷⁶ Die Herzogin sah sich nach dem Tod ihres Mannes Victor Amadeus vor einer Vielzahl von Problemen: Sie hatte die Vormundschaft für ihren Sohn Francesco Giacinto übernommen. Als er im Herbst 1638 verstarb, verblieb sein erst vierjähriger Bruder Carlo Emanuele als einziger Erbe. Die Politik in Savoyen bestimmte maßgeblich Richelieu.⁷⁷ Militärisch war Savoyen vor allem durch Spanien bedroht, die Regentschaft Christines zugleich durch Kardinal Moritz von Savoyen und Prinz Thomas Franz. Die Herzogin trat selbst mit Bernhard in Kontakt.⁷⁸ Sie ersuchte ihn um militärische Hilfe; es ging um die Sicherung ihrer Regentschaft und der Eigenständigkeit Savoyens. Konkretere Ehepläne sind hier jedoch nicht greifbar,⁷⁹ und Christine agierte sehr bewusst als „fille de France“ und in einer „Mittlerstellung“ zwischen Frankreich und Savoyen.⁸⁰ Unabhängigkeit von Frankreich hätte diese Verbindung für Bernhard nicht bedeutet. Joachim von Wicquefort zufolge, Bernhards Bankier und Kontaktmann nach Amsterdam, war auch die Herzogin von Aiguillon, Richelieus Nichte und einzige
74 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, o.O., o D. [Sommer 1638?], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 84 f. 75 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 300 f.; zu Christine Stumpo: Cristina di Francia; Claretta: Storia; Tischer: Verwandtschaft, S. 50 f. 76 Vital-Durand: Christine de France, auch ebd. zur Neubewertung Christines in der neueren Forschung. 77 Vgl. Externbrink: Coeur, S. 333. 78 Vgl. Christine v. Savoyen an Bernhard v. Weimar, o.O., 5. Februar 1639, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183, Bl. 66r. 79 Auch wenn die Erklärung Christines, dass ein Einsatz Bernhards für ihre Sache auch für sie eine Verpflichtung bedeuten würde, Spielräume für Weiteres geboten haben mag: Christine v. Savoyen an Bernhard v. Weimar, Turin, 4. April 1639, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 72r. – 72v. 80 Vgl. Tischer: Verwandtschaft, S. 50.
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Erbin, im Spiel. In Paris meinten einige, Bernhard werde die Herzogin von Savoyen heiraten, andere sprächen von der Duchesse d’Aiguillon, schrieb er im März 1639. Bernhard wisse selbst am besten, „ce qui est de l’honneur de son illustre maison et du bien de ses affaires“.⁸¹ Marie Madeleine de Vignerot de Pontcourlay, Marquise de Combalet, seit 1638 Herzogin von Aiguillon, war die Tochter von Richelieus Schwester Françoise du Plessis und, früh verwitwet, Hofdame Maria von Medicis geworden.⁸² Die Herzogin lehnte eine erneute Verheiratung allerdings ab.⁸³ Die Aussage Wicqueforts macht erneut deutlich, welche Rolle Ranggleichheit für Bernhard spielen musste. Der französische Adel definierte sich patrilinear, entscheidend war die Abstammung über die väterliche Linie. Diese Praxis eröffnete ein breiteres Feld an Heiratskreisen als in Deutschland und machte Ehen nach vorrangig monetären Gründen attraktiv.⁸⁴ Der deutsche Adel beachtete hingegen auch die mütterliche Linie. Die Gefahr einer sog. Missheirat war schnell gegeben. Wenngleich das Prinzip der Ebenbürtigkeit der Ehepartner vorrangig eine „nicht rechtlich fixierte, sondern soziale Norm“ war,⁸⁵ war es für das Selbstverständnis des Hochadels maßgeblich, Mutter und Vater von gleichem Rang aufweisen zu können.⁸⁶ Nicht standesgleiche Ehen gefährdeten das Erbrecht der Kinder, „Ansehen und Prestige wie auch Status“ sowie die politische „Handlungsfähigkeit“. Was Ebenbürtigkeit hieß, war aber durchaus offen.⁸⁷ In der populären Literatur ist gelegentlich die Rede davon gewesen, der Herzog hätte Christina von Schweden heiraten können. Das ist nicht nur aufgrund des kindlichen Alters der 1626 geborenen Thronfolgerin abwegig, sondern auch in schwedischer Perspektive aufgrund ihrer Standesdifferenz zu dem nachgeborenen Reichsfürsten. Ebenso finden sich keine näheren Belege dafür, dass der Herzog und die Landgräfin von Hessen eine Ehe in Betracht gezogen hätten, wovon auch Schiller gesprochen hatte.⁸⁸ Diese Idee findet sich zunächst in einer Biographie Guébriants aus den 1650er Jahren. Bernhard habe in der Heirat mit der verwitweten Amalie
81 Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 3. März 1639, BBB, Mss.h.h. XV. 43; Abschrift: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 138r. – 143v. 82 Zu ihr vgl. Bonneau-Avenant: Duchesse, zu einem Eheprojekt mit Bernhard S. 221; die Herzogin ist für ihre Wohltätigkeit bekannt geworden. 83 Vgl. Bonneau-Avenant: Duchesse, S. 221. 84 Vgl. Wrede: Furcht, S. 384. 85 Willoweit: Ehen, S. 196; Küppers-Braun: Adel. 86 Vgl. Bauer: Wurzel, S. 25; diese Auffassung stand „im Gegensatz zum römischen Recht und den Auffassungen vieler Reichspublizisten“ (ebd.). 87 Vgl. Willoweit: Ehen, S. 94 ff., 196, Zitat S. 91. 88 Vgl. Schiller: Geschichte, S. 352; Vulpius: Amalie Elisabeth, S. 169, der sich ein solches „Heldenpaar“ wünscht; Willkomm: Bernhard; Justi: Amalie Elisabeth, S. 80.
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eine Chance gesehen, Chef einer unabhängigen Partei und dem Reich gegenüber neutral zu werden. Er habe gehofft, „un autre Roy de Suede en Allemagne“ zu werden, vielleicht „plus consideré“ als dieser, „en faveur de la nation, n’ayant pour prétexte, que la liberté de l’Empire“.⁸⁹ Bernhard verhandelte jedenfalls 1639 mit der Landgräfin über „ein Sächsisch=Hessisches Bündniß nach Art der alten Erbvereinigung“ und eine Vereinigung der Truppen. Er erwog, die hessischen Truppen selbst zu führen,⁹⁰ auch soll er Franken für sich zu sichern gesucht haben. Die Gespräche wurden aus hessischer Sicht freilich durch „Bernhard’s arrogance“ erschwert.⁹¹ Sondierungen zu einer Eheverbindung gab es auch mit Pfalz-Zweibrücken.⁹² Es sind auch Gerüchte überliefert, Bernhard sei in Zusammenhang mit einem Übertritt auf die kaiserliche Seite die Hand einer Tochter Erzherzogs Leopold angeboten worden.⁹³ Die historische Unterhaltungsliteratur vor allem des 19. Jahrhunderts versah Bernhard mit Liebschaften, um ihn als männliche Hauptfigur interessanter zu gestalten, nicht zuletzt für das weibliche Publikum. Sie konnte freier mit der historischen Überlieferung umgehen. Bernhard findet hier aber in der Liebe kein Glück – das unterstrich nur seine politische Mission.⁹⁴ Allerdings stellte sich Bernhards publizistischer Fürsprecher Johann Freinsheim bereits in seinem „Tu-
89 Laboureur: Histoire, S. 127; Bernhard habe dazu auch die französischen Gelder nutzen wollen, sich in einem ersten Schritt in Thüringen etablieren und dann seinen Einfluss „au milieu de l’Allemagne“ ausweiten wollen; vgl. auch LATh-HStA Weimar, Sammlungen, F 43, Bl. 32v. – es handelt sich bei dieser Akte jedoch um „Collectanen aus meist gedruckten Nachrichten zur Geschichte des Herzog][s]“; Rommel hat diese Deutung einer Eheplanung ein „Mißverständnis“ genannt: Rommel: Plane, S. 273, vgl. 274; die Überlegung wiederum, Bernhard sei an Amalias sehr junger Tochter Amelie interessiert gewesen, schien schon Justi: Amalie, S. 80, wenig wahrscheinlich. 90 Vgl. Bernhard v. Weimar: Memorial [für Wicquefort], [wohl Ende Okt.-Anf. Nov. 1638], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 185 f., hier S. 186. 91 Helfferich: Princess, S. 129. Dabei hätte die Verständigungsbasis besser sein können: Die Landgräfin war schließlich wie Bernhard in erster Linie „the ruler of an army“ (S. 42); für Bernhard führte Wicquefort, der auch für die Landgräfin tätig war, die Gespräche in Dorsten, dem hessischen Hauptquartier; Hans Heinrich von Günderrode sollte für Amalie die Gespräche mit Bernhard fortführen, und Bernhard entsandte Oberst Otto von Ferenz zu dem mit Amalie verbündeten Herzog Georg von Lüneburg, vgl. Justi: Amalie, S. 78 f.; Rommel: Plane, S. 270 f. 92 Vgl. Kappelmayer: Johann Casimir von Pfalz-Zweibrücken-Kleeburg, S. 445, 507– 510; Axel Oxenstierna an Johann Casimir v. Pfalz-Zweibrücken, Jönköping, [vor dem 23.] Mai 1639, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 250 – 253, hier S. 251; Arckenholtz: Memoires Concernant Christine Reine De Suede, Tl. 3, S. 84. 93 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 179, 396, 314 ff., 424, Fußn. 152. 94 Vgl. Ackermann: Erfolgsgeschichte, S. 223 – 225.
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gendspiegel“ (1639) eine Dynastiegründung durch Bernhard in fiktionaler Form vor.⁹⁵
Bernhard und die Pfälzer Pläne einer dynastischen Verbindung gab es auch zwischen den Wittelsbacher Pfälzern und Bernhard. Es ging um eine Verheiratung Bernhards mit Elisabeth, der Tochter der gleichnamigen Pfalzgräfin Elisabeth Stuart, der ehemaligen Königin von Böhmen.⁹⁶ Um die jüngere Elisabeth hatte zuvor unter anderem der polnische König Władysław IV. geworben,⁹⁷ der dann jedoch Cäcilia Renata heiratete, die Schwester Kaiser Ferdinands III.⁹⁸ Die Überlegungen zu einer Ehe mit Herzog Bernhard sind nicht so weiten Kreisen wie im Falle der Rohan bekannt geworden. Wie weit die Planungen gediehen, ist nicht zu erschließen. Silvester 1638 schrieb Elisabeth Stuart jedenfalls an den englischen Diplomaten Sir Thomas Roe, der bei der Friedenskonferenz in Hamburg weilte⁹⁹ und mit dem sie einen engen Austausch über politische Angelegenheiten pflegte: „I pray be verie secret in that of Duke Bernard and
95 Vgl. Freinsheim: Tugendspiegel, Bl. [Lii]r.; Gloner: Klagschrift, S. 21 ff.: Mit dem Tod Bernhards und Gustav Adolfs sei Israel – das er mit Deutschland gleichsetzt – verlassen, mit dem Zusatz: „So ist mir Frawenlieb so heimlich nicht gewesen!/ Wie soll ich dann ohn dich/ ohn dich mein hertz/ genesen?“ Zugleich eröffnete die Ehelosigkeit des Herzogs für die zeitgenössische Publizistik Gestaltungsspielräume; wie der ehelose Tilly konnte dieser Feldherr angeblich ganz im militärischen Geschehen und im Einsatz für seine Armee aufgehen. 96 Zu Elisabeth Stuart vgl. Akkermann: Elizabeth Stuart. 97 Darüber spricht bsp. Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, o.O., 27. Juli 1635, in: Meulenbroeck, Briefwisseling, Tl. 6, S. 105 f., hier S. 106; diese Ehe mit einer protestantischen Prinzessin war für den König aufgrund seines Anspruchs auf den schwedischen Thron interessant; das Eheprojekt scheiterte 1636, als der König die Konversion Elisabeths verlangte, vgl. Loomie: Ceremonies, S. 202; vgl. aber Nellen/Ridderikhoff: Briefwisseling, Tl. 17, S. 423. Im Sommer 1635 spielte Władysławs Bruder Johann Kasimir den Plan aber gegenüber Christian II. v. Anhalt herunter, es sei „nur Gerücht des Pöbelsrumor vulgj, vndt nichtß gewißes“: Christian II. von Anhalt: Tagebuch, Eintrag vom 15./25. Juli 1635, in: Digitale Edition und Kommentierung der Tagebücher des Fürsten Christian II. von AnhaltBernburg. 98 Auch der brandenburgische Kurprätendent Friedrich Wilhelm hatte wohl Interesse an einer Vermählung mit Elisabeth oder ihrer Schwester Luise Hollandine, vgl. Pape: Elisabeth von der Pfalz. 99 Zu Roe vgl. Beller: Mission, S. 61 – 77; Strachan: Sir Thomas Roe, insbes. S. 232 – 243; Roe hatte 1637 mit dem dänischen König über finanzielle Unterstützung für die Pfalz verhandelt, 1630 hatte er einen englisch-niederländischen Vertrag ausgehandelt, er war an den schwedisch-polnischen Verhandlungen 1629 beteiigt gewesen: Loomie: Ceremonies, S. 287; mit einer besonders positiven Bewertung Roes: Collins: Letters, Tl. 2, S. 541.
Elisabeth von der Pfalz
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the Lady Elizabeth“. Sie erbat seine Meinung.¹⁰⁰ Im Februar des Folgejahres mahnte sie erneut, die Angelegenheit müsse geheim gehalten werden, da der französische König werde verhindern wollen, dass Bernhard „englisch“ werde.¹⁰¹ Das Heiratsprojekt wurde aber auch den Venezianern bekannt und Ideen dazu dem englischen König vorgelegt.¹⁰² Die Pfalzgräfin erachtete den Herzog für standesgemäß und die Ehe zu diesem Zeitpunkt für politisch nützlich. Bei ihrem Zustandekommen wäre Bernhard von Weimar engstens mit der Pfälzer Sache und Politik verbunden gewesen, ebenso enger mit England.¹⁰³ Der Konfessionsunterschied schien kein Problem. Auch für den Herzog hätte er vermutlich kein Hindernis dargestellt.¹⁰⁴
Ein weimarisch-pfälzisch-englisches Bündnis? So ist das Projekt einer Ehe zwischen Bernhard und Elisabeth vor dem Hintergrund der Überlegungen eines Pfälzisch-Weimarischen Bündnisses zu verstehen. Es hat Wurzeln in der Unterstützung der Brüder Bernhards für Friedrich V. von der Pfalz im böhmischen Aufstand und in den Diskussionen dieser Jahre um ein protestantisches Bündnis. Elisabeth hatte Bernhard schon Anfang 1635 im Blick. Roe sollte sich für ihn einsetzen, „though he haue manie ennemies and so haue the Swe-
100 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 31. Dezember 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 750 f. 101 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 11. Februar 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 762 – 763, hier S. 762; sie wisse aus früherer Erfahrung, „how quick they are to catch all the things“. 102 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 25. Februar 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 500 f., hier S. 500 (unter dem Dok. ist 1638 als Jahr angegeben, die Einordnung der Quelle im Bd. weist aber auf das Jahr 1639 hin). 103 Auch im April 1639 wurde weiter über diese Ehe verhandelt, vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 22. April 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 533 f., hier S. 534: „The negotiations with the Duke of Weimar for the marriage of the Palatine princess remain on foot“; der englische Agent in der Schweiz sei mit Briefen des Herzogs zum König gegangen. 104 Zwar hatte seine Mutter testamentarisch gemahnt, nur mit einer Lutheranerin die Ehe einzugehen (vgl. Testament Dorothea Marias von Sachsen-Weimar, in: Hellfeld, Leben, Urk. XXX), obgleich sie weitgehend im reformierten Glauben verhaftet war; sie hatte damit wohl auf Vorstellungen ihres verstorbenen Gatten reagiert. Grundsätzlich gab es in dieser Zeit aber eine größere Offenheit gegenüber den Reformierten. Marie Charlotte de La Trémouïlle, der calvinistischen Gattin Herzog Bernhards von Sachsen-Jena, wurde vor der Eheschließung vertraglich zugesichert, dass sie bei ihrem Glauben bleiben könne, vgl. Walther: Hofprediger.
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dens“.¹⁰⁵ 1636 ging Bernhard auf die Pfälzer und den englischen König zu. Tobias von Ponickau reiste in diesem Sommer für ihn nach London und nahm den Weg über Den Haag.¹⁰⁶ Er traf hier, in ihrem niederländischen Exil, offensichtlich auch mit der Pfalzgräfin zusammen.¹⁰⁷ Den englischen Hof in Whitehall kannte Ponickau bereits von einer Reise als badischer Gesandter,¹⁰⁸ und Bernhards England-Kontakte mögen noch auf seine Stippvisite 1624 zurückgegangen sein. Mit dem Pfälzer Gesandten in London wiederum, Joachim von Rusdorf, hatten die Ernestiner als Mitarbeiter des dänischen Königs 1626 Verbindung.¹⁰⁹ Rusdorf wünschte schon damals, England solle auf die deutschen Fürsten und ihre Minister zugehen, insbesondere die Weimarer seien für England wichtig. Der Herzog von Weimar sei eng mit dem König von Dänemark verbunden und verdiene Hochachtung, weil er sich für die Religion und die fürstliche Freiheit in Europa einsetze. Zudem habe er sich große Reputation bei den Soldaten erworben. „Si l’Angleterre perdoiot l’amitié de ce Prince là, elle n’en trouveroit plus aucun, duquel elle pût attendre de si bons services“.¹¹⁰ Die Ernestiner haben auch eine, in der Literatur bislang wenig gesehene, längere Tradition
105 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 17. Januar 1635, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 310 ff., hier S. 311. 106 Er sollte hier mit dem Landgrafen von Hessen verhandeln, vgl. Francesco Michiel an den Dogen und Senat Venedigs, Den Haag, 29. August 1636, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 57; Michiel war venezianischer Botschafter bei den Generalstaaten; Ponickau kam Mitte August 1636 in Den Haag an, vgl. auch Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 509; Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 25. August 1636, in: ebd., S. 506 f., hier S. 506; die Pfalzgräfin residierte im Den Haager Stadtpalais bzw. in Schloss Rhenen. 107 Schriftlich versicherte er danach Elisabeth die Verbundenheit Bernhards mit den Pfälzer Angelegenheiten, vgl. Tobias v. Ponickau an Elisabeth Stuart, Königin von Böhmen, o.O., o. D. [1636], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 44r. – 44v. 108 In den Jahren 1625 und 1626, vgl. Loomie: Ceremonies, S. 209. 109 Vgl. Rusdorf an [Friedrich V. von der Pfalz], o.O. [London], 23. Februar 1626, in: Cuhn, Memoires, Tl. 1, S. 676 ff., hier S. 676: Er habe mit dem Secretary of State Coke über„le projet“ gesprochen, das der Herzog von Weimar vorgeschlagen hatte, die Umsetzung sei aber nicht möglich. So habe auch der englische König geurteilt, der zudem erklärt habe, schon entsprechend dem „Gentil-homme“ des Königs von Dänemark geantwortet zu haben. Die Frage ist, ob Bernhard, Johann Ernst oder Wilhelm gemeint ist. 110 Rusdorf an [Friedrich V. von der Pfalz], London, 11./12. April 1626, in: Cuhn, Memoires, Tl. 1, S. 689 – 693 (CXXXIV), hier S. 691 f.; Colonel Streiff sei vom Herzog von Weimar nach London entsandt worden und halte sich noch dort auf, der König von Dänemark greife bei allen wichtigen Fragen auf den Rat des Weimarer Herzogs zurück. Mansfeld hatte bsp. auf England gesetzt und war 1624 bis 1626 General der Könige von England und Frankreich gewesen, vgl. Krüssmann: Ernst von Mansfeld, S. 524, 528 – 534, 544 – 635; zur englischen Politik der frühen 1620er Jahre auch Cogswell: Revolution.
Elisabeth von der Pfalz
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der England-Kontakte aufzuweisen. So hatte es in der Reformationszeit, vorrangig wegen Glaubensfragen, Verbindungen gegeben.¹¹¹ Bernhard ging es jetzt um eine Erlaubnis, in England Truppen auszuheben, und er schlug wohl vor, seine Truppen mit denen Karl Ludwigs von der Pfalz zu vereinigen, wenn diese von dessen Onkel, König Karl I. von England, entsprechend ausgerüstet würden.¹¹² Elisabeth suchte nun ihren Bruder, den König, zu animieren, in den Krieg in Deutschland einzugreifen. Durch ein Bündnis mit Bernhard oder auch dem Landgrafen könne er zu einer „considerable partie in Germanie“ werden.¹¹³ Auch waren Elisabeth Stuart und Roe sowohl von Ponickau¹¹⁴ als auch vom Herzog selbst recht angetan. Letzerer sei „full of honour, and advantage“, schrieb Roe 1636,¹¹⁵ die Pfalzgräfin betonte 1639, sie zweifele nicht an Bernhard, da er ihr stets große Zuneigung („great affection“) gezeigt habe.¹¹⁶ Am englischen Hof hielt sich seit dem November 1635 auch Karl Ludwig auf. Eine Begegnung zwischen ihm und Ponickau ist daher wahrscheinlich. Sein Ziel und das seiner Mutter – der Vater, Friedrich V., war ja Ende 1632 verstorben – war die Wiedergewinnung der von Spanien und Bayern besetzten Pfalz und der Kur. Bayern wollte die übernommene Pfälzer Kurwürde dauerhaft halten, der Kaiser sah keine Kompensationsmöglichkeit für Maximilian I., wenn die Oberpfalz an den Pfalzgrafen zurückfiele. Karl Ludwig, der sich politisch wie im Hinblick auf militärische Belange in seinen jüngeren Jahren immer wieder als naiv zeigte, war enttäuscht, dass seine Interessen beim Prager Frieden keine Berücksichtigung gefunden hat-
111 Die Bündnispläne des Schmalkaldischen Bundes erstreckten sich auch auf Heinrich VIII., vgl. Beiergrößlein: Robert Barnes; mehrere Ernestiner hatten England länger bereist, und es gab auch Sondierungen zu einer Ehe zwischen Herzog Johann Wilhelm von Sachsen und Königin Elisabeth I., Ernst Wülcker: Art. Johann Friedrich II., in: ADB (1881); Haug-Moritz: Schmalkaldische Bund, S. 651; für freundliche Hinweise danke ich Stefanie Freyer (Weimar). 112 Das ist auch in der englischen Regierung diskutiert worden, vgl. Anzolo Corber an den Dogen und Senat Venedigs, Hampton, 28. November 1636, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 103 ff., hier S. 105. 113 Elisabeth Stuart an den Earl of Holland (in England), Den Haag, 28. August 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 509 f. 114 Ebd.: „a verie honest man and verie affectionate at all that concerns me“; Roe an Elisabeth Stuart, o.O., 20. September 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 529 – 533, hier S. 532: „an able & discreete gentleman“. 115 So Roe über Bernhard und zugleich den Landgrafen von Hessen: Thomas Roe an Elisabeth Stuart, o.O., 30. Oktober 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 540 ff., hier S. 540. 116 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 27. Mai 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 796 ff., hier S. 797.
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ten.¹¹⁷ In der Pfälzer Lesart bedeutete der Friede eine Unterdrückung der Protestanten, die Wiedererrichtung des Papsttums im gesamten Reich und den Ausbau der habsburgischen Monarchie.¹¹⁸ Um die benötigten Bündnispartner zu gewinnen, verfolgten die Pfälzer, allen voran die Pfalzgräfin, unterschiedliche Optionen.¹¹⁹ In dem Maße, in dem Bernhard als Akteur auf protestantischer Seite wichtiger wurde, wurde er als möglicher Allianzpartner interessanter. Das gilt vor allem für die Entwicklungen im Laufe des Jahres 1638, als er als Feldherr an Unabhängigkeit gewann und erfolgreich war. 1636 aber schien es Elisabeth letztlich zweifelhaft, wie eigenständig Bernhard überhaupt agieren konnte.¹²⁰ Er war zu stark von Frankreich abhängig, um ein guter Bündnispartner sein zu können. Die Pfälzer Politik behielt ihn aber im Blick. Nicht zuletzt eröffnete seine Armee eine Option, die Söhne militärisch auszubilden bzw. mit Posten zu versorgen. So wurde geplant, dass Karl Ludwig in der Armee Bernhards eine Position annehmen oder sich ihm mit eigenen Leuten anschließen solle. Thomas Roe, der auch Kanzler des Hosenbandordens war,¹²¹ förderte dies. Später schlug er vor, Bernhard in ein Bündnis zu ziehen.¹²² In England testete Bernhard derweil seine Spielräume aus. Die erste Audienz bei Karl I. hatte Ponickau im September 1636.¹²³ Der König zögerte mit einer Antwort. Er sah offenbar wenig Sinn in der Unterstützung des Herzogs, da er durch ein Bündnis mit Frankreich, Spanien oder dem Kaiser größere Erfolge zu erreichen glaubte.¹²⁴ Bei einer weiteren Audienz im November in Schloss Windsor erhielt Ponickau ein wertvolleres Gastgeschenk als für einen Gesandten üblich, was ihn hoffen lassen konnte,¹²⁵ doch scheint sein Besuch darüber hinaus wenig Resultate
117 Vgl. Loomie: Ceremonies, S. 187; der Kurprätendent ist als einer der„gebildetsten Fürsten seiner Zeit“ und für seine späteren Bemühungen um den Wiederaufbau der Pfalz gewürdigt worden, vgl. Sellin: Kurfürst, S. 7. 118 Elisabeth Stuart an Landgraf Wilhelm V., Den Haag, 20. Juli 1635, in: Lemberg, Königin, S. 106. 119 Vgl. auch Aitzema: Saken, Tl. 2, , S. 314. 120 Vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 27. September 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 522 – 527, hier S. 526; Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 17. Juni 1637, in: ebd., S. 607 f., hier S. 608. 121 Vgl. Bruce: Calendar, Tl. 10: 1636 – 1637, S. 435. 122 So im Juni 1639, vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 801. 123 Vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 510; Karl Ludwig an Elisabeth Stuart, Oatlands, 22. September 1636, in: ebd., S. 518 ff., hier S. 519; vgl. Loomie: Ceremonies, S. 315. 124 Karl Ludwig versprach immerhin, sich um gute Pferde für den Herzog zu bemühen: Karl Ludwig an Elisabeth Stuart, Oatlands, 22. September 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 518 – 520, hier S. 519. 125 Vgl. Loomie: Ceremonies, S. 209; Ponickau sei nach seiner Rückreise aus London sehr positiv gestimmt gewesen: Alvise Contarini an den Dogen und den Senat Venedigs, Paris, 23. Dezember 1636,
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erbracht zu haben. Der englische König veranlasste lediglich die Übersendung schottischer Soldaten an Bernhard.¹²⁶ Karl I., über den die hessische Landgräfin gespottet haben soll, er drohe „im Winter stets mit Krieg“, sei „im Sommer aber untätig“,¹²⁷ ging auch diese Koalition nicht ein. Seine Herrschaft und die der Stuarts insgesamt wurden durch den Verzicht auf den Beistand für die deutschen Protestanten „nachhaltig delegitimiert“.¹²⁸ Den daraus folgenden Bürgerkrieg hat Karl bekanntlich nicht überlebt. Seinem Neffen gegenüber gab er zumindest immer wieder vor, ihn gegenüber Habsburg rächen zu wollen.¹²⁹ Wer immer ein Bündnis mit Karl Ludwig eingehen wollte, musste die Finanzierung aber anderweitig sichern, nicht durch England.¹³⁰ Bernhard beorderte Ponickau alsbald zurück;¹³¹ den Kontakt zu Roe hielt er aufrecht.¹³² 1638, nachdem er bei Wittenweier über die kaiserlich-bayerische Armee gesiegt hatte und auf Erfolgskurs schien, war Bernhard für Roe „der Mann“ der Zukunft: „If I may haue leaue to prophesie Duke Bernard wilbe the man“. Ein Anschluss an Schweden sei hingegen gefährlich, da die Gefahr eines schwedischen Separatfriedens mit dem Kaiser drohe. Schweden gehe es um gute Friedensbedingungen, nicht um Eroberungen oder allgemeine Zwecke. Die Interessen der Pfalz würden dann ins Hintertreffen geraten. Ein solcher separater Friedensschluss werde dem Herzog
in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 114; Contarini war venezianischer Botschafter in Frankreich. 126 Vgl. Alvise Contarini an den Dogen und Senat Venedigs, Paris, 3. November 1637, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 312, der von 800 schottischen Soldaten spricht. 127 Zit. n. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 502. 128 Simms: Kampf, S. 12. 129 Vgl. Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Westcourt, 9. Januar 1636, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 122 f., hier S. 122. 130 Vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Cranford, 17. März 1637, in: Bruce, State Papers, Tl. 10: 1636 – 1637, S. 503 ff., hier S. 504. 131 Vgl. Tobias v. Ponickau an Elisabeth Stuart, Königin von Böhmen, o.O. o. D. [1636], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 44r. – 44v., hier Bl. 44r.; Ponickau reiste Ende 1636 nach Paris, wo er auf Bernhard warten sollte, vgl. Alvise Contarini an den Dogen und den Senat Venedigs, Paris, 23. Dezember 1636, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 114; zu Ponickaus Rückreise im November 1636 oder kurz danach auch [Sir Henry Mervin] to the Lords of the Admiralty, Stokes Bay, 16. November 1636, in: Bruce, Calendar, Tl. 10: 1636 – 1637, S. 196; Ders. an Dies., The Downs, 18. November 1636, in: ebd., S. 199. 132 Vgl. Bernhard v. Weimar an Thomas Roe, Paris, 10./20. Februar 1637, in: Bruce, Calendar, Tl. 10: 1636 – 1637, S. 435; Bernhard versicherte Roe seiner Zuneigung; vgl. Thomas Roe an Bernhard von Weimar, London, 10. März 1637, in: ebd., S. 493; Ders. an Tobias v. Ponickau, London, 10. März 1637, in: ebd., S. 493.
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von Weimar nicht möglich sein. Ein Zusammengehen der Pfalz und des Herzogs als zweier kleinerer Kriegsparteien könne ihre Chancen aber wechselseitig steigern.¹³³ Wer sich nun sperrte, war Karl Ludwig. Als er schließlich doch mit englischen Geldern Truppen aufstellen konnte, wollten er und Rupert sich keineswegs Bernhard oder den hessischen Truppen untergliedern.¹³⁴ Karl Ludwigs militärische Aktionen verliefen freilich alles andere als günstig. Im Oktober 1638 wurden seine Einheiten nach kurzem Einsatz klar von den kaiserlichen geschlagen, Rupert¹³⁵ und Lord Craven sowie Feldmarschall Ferenz gerieten in Gefangenschaft. Elisabeth Stuart erhoffte sich jetzt von Bernhard Hilfe. Er sollte einen Gefangenenaustausch bewerkstelligen oder eine anderweitige Befreiungsaktion vornehmen.¹³⁶ Auch Rheingraf Friedrich erklärte Bernhard, die Königin habe „keine Hoffnung“ außer ihm.¹³⁷ Ihr Hauptproblem war, dass Rupert, den Roe „a daring but yet vnsettled spiritt“ nannte, derart beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden könne, dass er zum Katholizismus konvertiere.¹³⁸ Das würde die konfessionellen Pfälzer Interessen tangieren.¹³⁹ Sie erklärte, Rupert daher lieber tot als gefangen zu sehen.¹⁴⁰ Wie auch das Beispiel Wilhelms IV. von Sachsen-Weimar zeigt, waren Versuche, Gefangene zum Glaubensübertritt zu bewegen, nicht unwahrscheinlich.¹⁴¹ Ruperts späterer vielschichtiger Lebensweg bestätigte das Urteil über den „unbeständigen
133 Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 31. August 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 700 ff., hier S. 701. 134 Karl Ludwig ging es um seine rangmäßige Überlegenheit, vgl. Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Westcourt, 9. Januar 1636, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 122 f., hier S. 122; Bernhard wurde zumindest über Grotius immer wieder über die Verhandlungen zwischen Karl Ludwig und dem englischen König informiert, bsp. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 16./26. Juli 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 424 ff., hier S. 424. 135 Rupert blieb bis 1641 in Gefangenschaft. 136 Elisabeth Stuart an Bernhard v. Weimar, Den Haag, 8. November 1638, Paris, BnF, MS Baluze 183, Bl. 70r. – 71r. 137 Rheingraf Friedrich an Bernhard v. Weimar, o.O., 8. November 1638, LATh-HStA Weimar, A 343, Bl. 591r. – 591v., hier Bl. 591r.; Roe schlug einen Gefangenenaustausch vor: den polnischen Prinzen Johann Kasimir gegen Prinz Rupert, vgl. Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 721; Elisabeth Stuart ging Ende 1638 davon aus, der Austausch könne jetzt zustande kommen: Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 31. Dezember 1638, in: ebd., S. 750 f. 138 Zit. n. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 720. 139 Schon früher, in seinen Londoner Jahren und während seiner Gefangenschaft in Wien, hatte Elisabeth Stuart Ähnliches befürchtet, vgl. Hauck: Karl Ludwig, S. 40. 140 Vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 16. November 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 726 f., hier S. 726. 141 Vgl. Christ-Fürstliche Trauer-Gedächtnüß Uber das höchstselige Absterben So wol/Des … Herrn Wilhelms des Vierdten/ Hertzogs zu Sachsen … Als auch Seiner Durchleuchtigkeit hertzliebsten Gemahlin, S. 247.
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Geist“ jenes Mannes, der lange Zeit an zweiter Stelle der englischen Thronfolge stehen und nicht nur als einer der wichtigsten Generäle des englischen Königs zu den prominentesten Persönlichkeiten seiner Zeit gehören sollte. Für Karl Ludwig sah die Mutter in der Folge wieder das Militärbündnis mit Bernhard vor.¹⁴² Ebenso planten sie und der englische König, den dritten Sohn bzw. Neffen, Moritz, im Sommer 1639 zum Weimarer Herzog zu schicken.¹⁴³ Moritz hatte in Frankreich studiert und sollte ein militärisches Training erhalten. Die mangelnden Finanzmittel der Pfälzer spielten bei diesen Überlegungen eine entscheidende Rolle. Allerdings stand dem das Pfälzer Misstrauen gegenüber Frankreich im Wege, das auch die Idee einer dynastischen Verbindung mit Bernhard beeinflussen musste. 1634 hatte der Pfälzer Kriegsrat abgelehnt, dass sich die Pfalz der Protektion Frankreichs unterstelle. Es gebe keine Notwendigkeit und widerspreche der deutschen Freiheit.¹⁴⁴ Elisabeth Stuart verübelte Frankreich u. a. die Unterstützung des Kaisers im Böhmischen Aufstand.¹⁴⁵ Auch misstraute sie den Franzosen, weil der französische Botschafter in Den Haag ihre Familie nicht mit den von ihr erwarteten Titeln ansprach und damit ihre politischen Ansprüche nicht anerkannte. Karl Ludwig nannte er nicht „Electour“ („Kurfürst“), ihren Schwager Ludwig Philipp von Simmern, dessen Gebiete spanisch besetzt waren, nicht „Adminstratour“.¹⁴⁶ Die äußerst statusbewusste Elisabeth suchte ihren eigenen Anspruch durch die Wei-
142 Er wollte dies zunächst nach wie vor nicht, es gab aber zumindest kurze briefliche Kontakte zwischen beiden, bsp. Karl Ludwig an Bernhard v. Weimar, Hamburg, 4./14. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 11; aus früheren Jahren: Karl Ludwig von der Pfalz an Bernhard v. Weimar, o.O. o. D., LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 259r. – 259v.; Karl Ludwig von der Pfalz an Bernhard v. Weimar, Hamtoncourt, 20. November 1636, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Dok. 4b nach der alten Registerzählung; vgl. auch Elisabeth Stuart an Bernhard v. Weimar, Den Haag, 4. Februar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344, Bl. 89r. – 89v.: Karl Ludwig werde einen Vertrauten zu Bernhard senden. 143 Vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 1. November 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 721 ff., hier S. 722; Dies. an Dens., Den Haag, 21. Februar 1639, in: ebd., S. 764 f., hier S. 765; Dies. an Dens., Den Haag, 25. April 1639, in: ebd., S. 783 ff., hier S. 784; Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris 1. Februar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344, Bl. 86r. – 86v. 144 Committee (for the Ordnance) an Elisabeth Stuart, o.O., 30. Oktober 1634, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 302 ff., hier S. 303; vgl. Stein: Richelieu. 145 Und ebenso die Vermittlung des Vertrages von Ulm zwischen Liga und Union 1620, der zu Lasten der Kurpfalz ging, vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 305. 146 Vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 17. Januar 1635, in: Akkerman, Correspondence, Bd. 2, S. 310 ff., hier S. 311; Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 17. September 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 605 – 608, hier S. 607, bezogen auf den französischen Botschafter in London, Pompone de Bellièvre. Bellièvres Beispiel suchte der venezianische Botschafter nachzuahmen, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, [Paris], 17. September 1639, in: ebd., S. 608 – 611, hier S. 610.
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terführung des Titels „Königin von Böhmen“ deutlich zu machen, auch in der Kunst¹⁴⁷ und im in Den Haag entfalteten höfischen Leben.¹⁴⁸ Karl Ludwig sorgte mit seinen Ansprüchen und seinem Auftreten gegenüber Vertretern anderer Mächte wiederholt für diplomatische Entrüstung – der venezianische Botschafter in London nannte ihn beispielsweise ein „junges Prinzchen“ und „taktlos“.¹⁴⁹ Roe hielt die französische Karte anders als Elisabeth Stuart für eine realistische Chance. Der französische König müsse daran interessiert sein, argumentierte er schon 1636, mit Karl Ludwig einen „Kurfürsten“ und das Haupt der Reformierten in seine Armee einzubinden. Führe Ludwig ein Heer, werde er größere Authorität „both to rayse, & to vnite a partye“ als Bernhard oder der hessische Landgraf haben.¹⁵⁰ Ebenso wurde aber überlegt, Karl Ludwig mit der englischen Flotte zum Krieg in die „West Indies“ zu entsenden, wo er den „common enemy“ derart stören solle, dass er zum Frieden gezwungen sei.¹⁵¹ In der Folgezeit versuchte Roe weiter, Frankreich für die Unterstützung Karl Ludwigs zu gewinnen. Im Herbst 1638 sollte dazu nun das Argument „Bernhard“ beitragen. Roe schätzte realistisch ein, dass Frankreich Bernhard für den Krieg im Reich brauchte.¹⁵² Frankreich solle die Pfalz mit Truppen unterstützen, Karl Ludwig könne dafür Bernhard militärisch assistieren.¹⁵³ Die französische Seite ging auf dieses Ansinnen gleichwohl nicht ein.¹⁵⁴ Karl Ludwig erklärte aber im Sommer 1639, seine Truppen Bernhard unterstellen zu wollen.¹⁵⁵
147 Vgl. Akkerman: Rivals, S. 4 f. 148 Vgl. auch Wendland: Pfalzgraf, S. 54. 149 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 19. August 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 565 f., hier S. 565; Ders. an Dies., London, 28. Oktober 1639, in: ebd., S. 585 f., hier S. 586. 150 Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Cranford, Middlesex, 13. Dezember 1636, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 559 f., hier S. 559; vgl. auch Mr. Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 29. September 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 176r. – 178v., hier Bl. 176v.; Vigiers: Politique. 151 Eine weitere Idee, nämlich Prinz Rupert zur Eroberung Madagaskars auszusenden, bezeichnete Roe als „absurd“, es bedeute nur, „to lose the Prince in a desperate and fruitless action“: Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Cranford, 17. März 1637, in: Bruce, Calendar, Tl. 10: 1636 – 1637, S. 503 ff., hier S. 504 f.; Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 580. 152 Vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 711, Fußn. 16. 153 Das sollte für Frankreich auch deswegen attraktiv sein, weil Roe annahm, dass Ferdinand im folgenden Sommer (1639) gegen Herzog Bernhard ziehen und sich die Kriegslage verschärfen werde, vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 21. September 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 708 – 711, hier S. 710 und Anm. 16 (S. 711). 154 Vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 21. September 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 708 – 711, hier S. 710 und Anm. 16 (S. 711). 155 Joachim von Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 27. Juni 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 366r. – 369v., hier Bl. 366r.f.; Wicquefort suchte Karl Ludwig in Den Haag auf.
Die dritte Partei
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Wegen des Misstrauens der Pfalzgräfin gegenüber Bernhards Bündnispartner Frankreich mag auch dieses Eheprojekt schließlich nicht weiterverfolgt worden sein. Die Überlegungen über einen Beitritt Englands zur katholisch-habsburgischen Koalition 1638/1639 zielten ebenso in eine andere Richtung.¹⁵⁶ Entscheidend ist, dass sich in dieser Situation des Krieges die militärische Kooperation und die Ehe bedingten – im Verhältnis zwischen Bernhard und den Pfälzern ebenso wie in seinen Beziehungen zu den Rohans. Von Bernhard sind keine weiteren Ehepläne bekannt. Marguerite de Rohan heiratete 1645 den französischen Edelmann Henri Chabot; Elisabeth von der Pfalz wurde 1667 Äbtissin des reformierten Stifts Herfurt. Dort hat sie, die als Gelehrte bekannt war und unter anderem mit Descartes im Austausch stand, zeitweilig die Labadisten und Anna Maria van Schurman aufgenommen.¹⁵⁷
Eine dritte Partei? Parallel führte Bernhard seine Bemühungen um ein Bündnis mit England fort. 1638 sollte Erlach in Paris auch den Kontakt zu den englischen Botschaftern suchen. Bernhard schätzte die Beziehungen zu ihnen als gut ein.¹⁵⁸ 1638/39 gab es Verhandlungen über eine Allianz zwischen ihm und Sir Oliver Fleming, dem englischen Botschafter in der Schweiz.¹⁵⁹ Das blieb nicht verborgen;¹⁶⁰ der venezianische Botschafter in Frankreich rätselte über den Charakter dieser Kontakte.¹⁶¹ Angesichts der Auseinandersetzungen Bernhards mit Frankreich um Breisach ist es allerdings möglich, dass der Herzog sie auch vorrangig im Hinblick auf die französische Krone als Druckmittel inszenierte. Sie führten nicht zu einer finanziellen Unterstützung.¹⁶²
156 Vgl. dazu auch Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 503 f. 157 In der Forschung der letzten Jahre hat Elisabeth vermehrt Beachtung gefunden, vgl. bsp. Wienand: Briefwechsel; Bei der Wieden: Elisabeth; Bei der Wieden: Schloß; Gössmann: Eva. 158 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager von Geisingen, 9./19. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 28 f., hier S. 29. 159 Fleming, den Carlyle eine „most gaseous, but indisputabel historical Figure, of uncertain genesis, uncertain habitat“ nennt, war später Zeremonienmeister des englischen Königs: Carlyle, Oliver Cromell’s Letters, S. 114. 160 Vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 833, 807; Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 15./ 25. November 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 711 f., hier S. 712. 161 Vgl. Anzolo Corber an den Dogen und den Senat Venedigs, Paris, 1. März 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 501 f. 162 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 1. April 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 515 f., hier S. 516.
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Im Zusammenhang mit den Pfälzer Heiratsplänen ist gleichwohl zu diskutieren, inwieweit sie in Verbindung zu Überlegungen und Verhandlungen zu einer dritten Partei im Reich standen. Solche Pläne gab es ja wiederholt.¹⁶³ Nachdem nach dem Prager Frieden ein eigenständiger Weg von vereinigten Reichsständen, wie er beim Leipziger Konvent geplant worden war, nicht mehr möglich war, hatten Wilhelm von Sachsen-Weimar, der Landgraf von Hessen, Georg von BraunschweigLüneburg und der Kurfürst von Brandenburg kurzfristig die Option einer dritten Partei ausgelotet.¹⁶⁴ Ursächlich waren die Unzufriedenheit mit der Politik der Großmächte und das Gefühl, zwischen Frankreich, Schweden und dem Kaiser aufgerieben zu werden. Beim Westfälischen Friedenskongress sollte es schließlich die dritte Partei sein, die durch ihre Existenz die Großmächte zu Positionsveränderungen nötigte.¹⁶⁵ Möglicherweise wurde auch in den Verhandlungen Bernhards mit der Landgräfin die Idee einer „dritten Partei“ diskutiert.¹⁶⁶ Im Sommer 1639 aber lehnte Bernhard eine dritte Partei ab. Er sei „bestürzet“ und „betrübet“ über die von Hessen gemachten Vorschlägen einer „dritte[n] Parthey“. Sie sei dem „Vatterlandt gar wenig dienlich“. Eine dritte Partei werde nicht über die erforderlichen Finanzmittel und den Armeeunterhalt verfügen. Vor allem bedeute sie „ein[en] neue[en] (…) Krieg“ und damit eine Chance für die „Frembde[n]“, die dann Deutschland unter sich aufteilen könnten und „uns sämtlichen verstecken würden, wie in einen Sack, gleich wan wir niehmals gewesen wären“. Schließlich wäre es der Zweck dieser dritten Partei, sich gegen alle auswärtigen Mächte zu richten, die in Deutschland Krieg führten. Es müsse aber vielmehr darum gehen, „dass wir durch Gelindigkeit mit ihnen gehen sollten, und sie durch wohlgegründete Raison ihrer selbst eigenen Versprechen erinnern, uns den Weg eines guten Vertrauens, so sie in uns nuhn hatten, dadurch den Frieden zu suchen“. Bernhard erklärte die ventilierten Ideen auch für deshalb besonders gefährlich, weil sie seiner Ansicht nach ursprünglich von katholischen Mächten stammten. So sei ihm ein Vorschlag zur
163 Vgl. Arnke/Westphal: Weg; Nonnast: Sachsen-Altenburg. 164 Wandruszka: Reichspatriotismus, S. 71 f.; zur dritten Partei: Stehmann: Politik, S. 21. 165 Nach dem Krieg startete Lothar Franz v. Schönborn, Kurfürst von Mainz und Bischof von Bamberg, mit dem Rheinbund 1658 einen neuen maßgeblichen Versuch. Seine „Politik eines ‚Dritten Deutschland‘“ zielte auf die Sicherung des Bestands der geistlichen Fürstentümer und des Friedens: Endres/Weiß: Franken, S. 392 – 395, Zitat S. 395. 166 Bernhard beobachtete den politischen Kurs der Landgräfin sorgfältig, vgl. bsp. die Berichte Hoeuffts und Wicqueforts: Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 21. Juni 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 355r. – 355v.; Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 27. Juni 1639: ebd., Bl. 366r. – 369v.; Hans Georg v. Arnim, der sich wiederholt um entsprechende Bündnisse bemühte, nahm auch Kontakt zu Bernhard auf.
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Gründung einer dritten Partei auch von Markgraf Wilhelm von Baden im Namen der katholischen Fürsten gemacht worden. Die katholischen Stände sähen, habe es geheißen, dass Österreich „wenig für das Reich sorge“ und „wollten Frieden haben, gleich woher er komme“. Hier griff wieder Bernhards tiefgreifende Aversion gegen das katholische Lager in Deutschland. Der Krieg sei schließlich von den katholischen deutschen Mächten ausgegangen. Es werde daher „wenig Gutes erfolgen, wenn man den [sic] Gifft, so der Ursprung unserer Krankheit ist, unter die Artzeney nehmen will“. Das angebliche Angebot, „wann ich wollte, könnte Ich das Haupt sein von der Armee“, sei eine „unverschämte Anmuthung“.¹⁶⁷ Auf englischer Seite gab es auch Überlegungen, Bernhard aus dem FrankreichBündnis zu lösen und einen Block unter englischer Führung zu begründen. Nachdem Bernhard Breisach eingenommen hatte, erklärte der britische Diplomat Leicester, dass England von der Einnahme profitieren könne, indem es Bernhard unterstütze. Wie Roe gehörte Leicester¹⁶⁸ zu den besonders erfahrenen Diplomaten. Frankreich, argumentierte er, habe durch Breisach ein neues Gefühl seiner Stärke entwickelt und fühle sich seinen Gegnern weit überlegen. Der französische Profit aus der Einnahme Breisachs müsse jedoch nicht so groß sein, wie Paris glaube, wenn der englische König die Sache für sich nutze. Er müsse Bernhard für die Sache des Prince Electors (Karl Ludwig) engagieren und ihn damit an England binden. Dabei müsse Bernhard eine gewisse Sicherheit erhalten, auf Basis der englischen Mittel arbeiten zu können. Das werde auch die Schweizer dazu bringen, ihm bereitwilliger Hilfe zu leisten.¹⁶⁹ Auch Thomas Roe, der ja mit der protestantischen und insbesondere der Pfälzer Sache in Deutschland sympathisierte, plante „a great protestant alliance under England’s leadership“, um eine habsburgische Beherrschung der Ostsee zu ver-
167 Bernhard v. Weimar an Joachim v. Wicquefort, Rheinfelden, 1. Juni 1639, in: Rommel, Plane, S. 275 ff.; der Markgraf sei über Pfalzgraf Christian an ihn herangetreten; vgl. auch ebd., S. 274. 168 Robert Sidney, Viscount Lisle, 2nd Earl of Leicester. 169 Robert Earl of Leicester an Karl I. von England, Paris, 18./ 28. Januar [1639], in: Collins, Letters, Tl. 2, S. 584 f.; in der Edition ist als Jahr 1637/1638 angegeben, ein offensichtlicher Fehler; auch der venezianische Botschafter Giustinian sprach davon, dass Bernhards Abneigung, den Franzosen die Kontrolle Breisachs zu überlassen, in London große Freude verursache. „Apparently they continue to hold out some promises to induce him to use his victorious forces in the interests of the Palatine“: Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 25. März 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 512; ein aus der Perspektive Bernhards verfasstes Memorial, das davon spricht, dass der König Karl I. von England nach den Erfolgen im Elsass die Truppen der deutschen Konföderierten stärken wolle, um die Pfalz und andere Gebiete wiederzugewinnen und die Freiheiten und Privilegien der deutschen Fürsten zu stärken, scheint hier seinen Entstehungszusammenhang zu haben, vgl. Memorial (Entwurf ) [wohl 1639], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 345, Bl. 236r. – 238r.
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hindern und die Machtpositionen der deutschen Protestanten wiederherstellen.¹⁷⁰ Roe war ein erfahrener Diplomat, der am Kaiserhof und im Osmanischen Reich tätig gewesen war, jedoch auch mit der unsteten Außenpolitik des englischen Königs umzugehen hatte. Ebenso skizzierte der englische Secretary of State Coke im Frühjahr 1638 ein Bündnis ohne Frankreich – mit Großbritannien, Dänemark, Schweden, den deutschen „princes“ und eventuell den Niederlanden.¹⁷¹ Anfang 1639 erklärte Roe: Wenn Bernhard vorhabe, „to make his own fortune by his happye conquest“ und Breisach und das Elsass für sich behalten wolle, könne er dies nur durch die Wiederetablierung des Pfälzer Kurprinzen Karl Ludwig und die Verbindung mit den reformierten Fürsten absichern. Karl Ludwig müsse das Haupt einer Union sein. Auf Frankreich sei kein Verlass. Vor allem aber gelte: Wenn der König oder der Kardinal sterben sollten, werde Frankreich möglicherweise seine politischen Leitlinien ändern und nicht mehr bereit sein, „our Religion“ so nah bei sich zu akzeptieren. Bernhard brauche die Nachbarschaft „of a good, and sure friend vpon the Rhyne, that is of the same reformed profession“, der die gleichen Ziele verfolge, gegen das Haus Österreich stehe und dessen Interessen von den eigenen nicht ohne Gefahr getrennt werden könnten.¹⁷² Hier wurde also die Vorstellung eines protestantischen Bündnisses ins Spiel gebracht. Es musste jedoch fraglich sein, inwiefern ein solches Bündnis ohne Frankreich möglich sein sollte. Aus heutiger Perspektive – und, wie deutlich wurde, auch aus der kritischer Zeitgenossen – erscheint dies unrealistisch. Eine eigenständigere oder auch nur halbautonome Stellung Bernhards konnte, war sie gegen Habsburg gerichtet, wohl nur in Kooperation mit Frankreich denkbar sein. Bernhard brauchte Frankreich, um gegen Habsburg zu bestehen. Dessen Interessen waren besonders dann zu berücksichtigen, wenn sich seine Gebiete in der Nähe des französischen Königreichs befinden sollten.¹⁷³ Ein von England geführtes oder protegiertes Bündnis unter Einschluss Bernhards hätte nun auch einen Riegel von protestantischen Staaten am Rhein bedeuten können. Zwischen Frankreich und den Gebieten des Kaisers gelegen, hätte ein solcher Block ebenso den Schutz Frankreichs benötigt wie eine Verbindung zum Schutz vor Frankreich sein können. Elisabeth
170 Beller: Mission, S. 61. 171 Sekretär Coke an Thomas Roe, 30. Mai 1638, zit. n. Beller, Mission, S. 64; der Brief wurde erst Anfang Juli zugestellt (S. 63). 172 Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 10. Februar 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 760 ff., hier S. 761. 173 Auch Schönborn, der seine auf Unabhängigkeit von Habsburg ausgerichtete Politik von seiner Machtbasis im stiftischen Deutschland aus betrieb, musste sich dabei an Frankreich anlehnen, vgl. Endres/Weiß: Franken, S. 392 f.
Enttäuschung in England
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Stuart gegenüber hat Bernhard im Mai 1639 verlautbaren lassen, er werde Frankreich nicht verlassen, da das Verhältnis jetzt wieder besser sei.¹⁷⁴ Im Hinblick auf die Rolle Schwedens im Krieg ist vom deutschen Südwesten als von einem „Labor für die künftige politische Neuordnung Norddeutschlands“ gesprochen worden.¹⁷⁵ Das Bild mag auf die späteren Kriegsphasen übertragen werden. Bernhards mögliche Stellung in einem solchen Gefüge wäre vergleichbar mit derjenigen, die Herzog Karl IV. von Lothringen kurzzeitig einnahm. Die Situation des Lothringers nach 1634 musste allerdings wenig attraktiv wirken. Seinem späteren Versuch, nach seiner Restituierung 1641, „für seine Person und sein Land strikte Neutralität zu wahren“, war gleichfalls kein Erfolg beschieden. Richelieu hatte im Bewusstsein der stärkeren französischen Machtposition erklärt, „es sei wohl von Wert, die Freundschaft Lothringens zu besitzen, aber Frankreich werde auf Dauer auch ohne diese bestehen, der Herzog aber nicht ohne das Wohlwollen Frankreichs.“¹⁷⁶ Das hätte auch für Bernhard gegolten.
Englische Enttäuschungen Weder die Engländer noch die Pfälzer kannten zu Bernhards Lebzeiten allerdings sein Geheimabkommen mit Frankreich. Es wurde auch ihnen erst nach seinem Tod bekannt. Für Leicester veränderte es die Einschätzung des Herzogs grundlegend. Dabei ist der inzwischen erfolgte Übergang der weimarischen Armee an Frankreich mitzudenken. Der Geheimartikel, schrieb er 1640, sei nichts wert, aber er werde die Reputation Bernhards stark sinken lassen. Dies gelte im Hinblick auf seine Integrität und Redlichkeit wie auf seine Dankbarkeit gegenüber seinen frühen Gönnern. Er habe sich in Bernhard getäuscht, dieser habe nur seine Privatinteressen verfolgt. Leicester warf ihm sogar Verrat vor – „he deceived me“. Es ging um das Ehrverständnis, die Verlässlichkeit von Aussagen und taktisches Handeln, auch die religiös-konfessionelle Ebene schwang mit. Bernhard sei „a man (…) that promises and breaks his faith“.¹⁷⁷
174 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 27. Mai 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 796 ff., hier S. 797. 175 Tuchtenhagen: Vorherrschaft. 176 Babel: Habsburg, S. 198 f., vgl. S. 197. 177 Robert Earl of Leicester [an Sir Thomas Roe], Paris, 18./28. Januar 1640, in: Hamilton, Calendar, Tl. 15: 1639 – 40: Einen Dieb schätze er (Leicester) höher.
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8 Ehepläne und Bündnisse. Die Rohans, die Wittelsbacher Pfälzer und England
Ein Block protestantischer Territorien am Rhein? Die Eheüberlegungen Bernhards waren politische Optionen, die von großem Ehrgeiz zeugen. Sie stehen in Verbindung mit weiterreichenden strategischen Entwürfen und entsprechen den umfassenden Plänen für die Zukunft, die der Herzog hegen konnte. Sie hätten ihm legitime Nachkommen bringen können, die eine dynastische Sicherung des Erreichten am besten ermöglicht hätten. Bernhard sah aber zu seinen Lebzeiten keine Möglichkeit, eine Ehe gegen Frankreich abzuschließen. Andere Bündniskonstellationen hat er aber immer wieder ausgelotet. Es ging um Alternativen zu Frankreich oder zumindest einen stärkeren Schutz vor den französischen (Macht‐)Ansprüchen. So hätte eine Anlehnung an England einen Block protestantisch ausgerichteter Territorien am Rhein ermöglicht, der sich zwischen Habsburg und Frankreich hätte positionieren können.
9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse Die Einnahme Breisachs im Dezember 1638 bedeutete einen der Höhepunkte in der Karriere des Herzogs von Weimar und sollte für ihn zum Mittel werden, um die eigene Landesherrschaft zu gewinnen. Nach dem Verlust Frankens schien das Elsass¹ dazu geeignet. Breisach war eine, wenn nicht die entscheidende Vorbedingung. Da der Herzog jedoch rund ein halbes Jahr später verstarb, bevor über die Zukunft seiner Pläne entschieden war, blieb „Breisach“ in besonderer Weise mit seinem Namen verbunden. Das spiegeln zeitgenössische bildliche Darstellungen des Ereignisses wider, die Bernhard mit Szenen der Eroberung präsentieren.² So zeigt „De starcke Stadt Brisack“ die Belagerung als Vogelschaubild mit militärischen Details und den Herzog zu Pferd im Vordergrund;³ ein französischer Kupferstich lässt hinter ihm einen Reiterzweikampf vor Breisach stattfinden;⁴ in der „Kurfürstenbibel“ ist Bernhard vor Ansichten Breisachs sowie Würzburgs und Schloss Marienbergs zu sehen, womit zugleich auf das Herzogtum Franken verwiesen wird;⁵ und der „Teutsche Tugendspiegel“ Johann Freinsheims, des großen Apologeten Bernhards, erschien mit einer von Putti dekorierten Ansicht Breisachs, der Herzog selbst gibt „mit waffenskraft der Teutschen Freyheit Recht“.⁶
1 „Elsass“ bezeichnet als Quellenbegriff üblicherweise linksrheinische Gebiete, die geographisch dem Ober- oder dem Unterelsass zuzuordnen sind; teils wurden aber auch „die von linksrheinischen elsässischen Obrigkeiten abhängigen rechtsrheinischen Besitzungen (…) zum Elsaß gerechnet“ (Repgen: Zusammenhang, S. 641); im Folg. sind mit dem Begriff nur Gebiete links des Rheins gemeint. 2 Vgl. [Anonym]: [Hüftbild Herzog Bernhards von Weimar], o. J., Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, Sign. Anon 114, http://www.tripota.uni-trier.de/single_picture.php?signatur=121_anon_ 0114 [30.06. 2023]. 3 Vgl. De starcke Stadt Brisack, Kupferstich, abgeb. in: Wöllper: Hand- und Roßmühlen, S. 253. 4 Vgl. Balthasar Moncornet: Bernhard von Weimar, Kupferstich, Bildmaße 135x105 mm, Porträtsammlung HAB, Inv.-Nr. I 11443,3, Online-Datenbank, Nr. A 27817. 5 Vgl. Peter Troschel: Kupferstich Bernhards von Weimar, gefertigt für die Kurfürstenbibel, Stadtbibliothek Nürnberg; vgl. auch die Angaben zu verschiedenen Kupferstichen in: [Scheidig/Marchand:] Bernhard, S. 47. 6 Vgl. Freinsheim: Tugendspiegel, Titelblatt und erste Textseite; der Text entstand (im Kern) aber wohl vor der Eroberung Breisachs, vgl. Disselkamp: Barockheroismus, S. 250; zu Freinsheim Kühlmann: Geschichte, S. 45; vgl. vor der Titelseite eingeklebter fremder Kupfertitel im Exemplar von Grosse: Nach Alter und Neuer Zeit Wohl=eingerichteter/ anmuthiger Weimarischer Siegs= und historien=Calender, (der Kupfertitel selbst stammt aus: Johann Gottfried Grosse: Neu=angelegter Geschicht=und Helden-Calender, Weimar [o. J.]); Grosse brachte 1671 einen ersten Kalender mit Bernhard und setzte diese Reihe fort, freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Klaus-Dieter Herbst/ Jena. https://doi.org/10.1515/9783110701913-010
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
In Breisach trafen Interessen Frankreichs, des Kaisers und der angrenzenden Reichsstände, Spaniens und Schwedens aufeinander. Auf die Einnahme folgten dauerhafte Auseinandersetzungen um die Verfügungsrechte über Breisach und die umliegenden Territorien zwischen Bernhard und der französischen Krone. Der Konflikt drehte sich nicht zuletzt um die Eigenständigkeit des Herzogs, schließlich um die politische Zugehörigkeit der Eroberungen und zog langfristige Folgen für den Raum und das deutsch-französische Verhältnis nach sich. Der strategische Wert Breisachs für das Kriegsgeschehen wird in der Forschung ebenso thematisiert wie Breisach im Rahmen von Fragen nach den politischen, militärischen und gegebenenfalls territorialen Zielen der französischen Politik Interesse gefunden hat. Nationalistischen Setzungen und Vorbehalten, die dieses Feld ebenso wie spezielle Forschungen zum Elsass⁷ im 19. und frühen 20. Jahrhundert prägten, und dem Bemühen, gerade die hier entstandenen Geschichtsbilder zu widerlegen und zu revidieren,⁸ sind zahlreiche ausgewogene Darstellungen gefolgt.⁹ Konsens herrscht darüber, dass es Frankreich seit dem Beginn des Achtzigjährigen Krieges darum ging, die Nutzung der Spanischen Straße durch Spanien zu unterbinden, wie darüber, dass es keinen „Masterplan“ gab, den Rhein zur Ostgrenze zu machen. Die französische Politik, die stark auf Protektionsrechten aufbaute, war von Sicherheitsinteressen gegenüber Habsburg bestimmt.¹⁰ Das Ziel Herzog Bernhards, seine Eroberungen am oberen Rhein und im Elsass selbst in Besitz zu nehmen und zu halten, kollidierte mit dieser Politik. Weil dieser Raum und seine Beherrschung für die Kriegsparteien von maßgeblichem Interesse waren und das Geschehen hier europaweit intensiv verfolgt wurde,¹¹ fand die Auseinandersetzung um Breisach einen dichten Niederschlag in der zeitgenössischen Publizistik. Ihre Bedeutung ist bisher kaum in den Blick genommen worden.¹² Die Nachrichten, Flugschriften, Bilderzeugnisse, Lieder und Dichtungen zielten in erster Linie auf das deutsche und französische Publikum ab, ebenso gab es aber publizistische Reaktionen in den Niederlanden, in England und Italien. Gerade die auf die frühneuzeitliche Öffentlichkeit ausgerichteten Medien wie die Flugschriften und Lieddichtungen schufen und beeinflussten die zeitge-
7 Vgl. Metz: Land; Meynen: Hektor Ammann. 8 Vgl. u. a. Mommsen: Richelieu. 9 Vgl. auch zu den Folgen nationalistischer Deutungen im 20. Jh. Kwaschik: Grenze. 10 Vgl. bsp. Matz: Elsass, S. 85 – 88; Weber: Richelieu; Tischer: Französische Diplomatie; Brendle: Reformation, S. 78. 11 Vgl. auch Elliott: Count-duke, S. 542. 12 Vgl. auch Ackermann: Versorgung.
Krieg am Rhein
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nössische Wahrnehmung der Kriegsparteien und bestimmten das Bild der Nachwelt.¹³ Im Folgenden soll anhand des Geschehens bis zur Kapitulation Breisachs dem Stellenwert dieses Ereignisses für die verschiedenen Akteure wie dessen Darstellung in der zeitgenössischen Publizistik nachgegangen werden. Es zeigt sich eine Verschränkung der politisch-militärischen Vorgänge und der Publizistik. Die Auseinandersetzung um den Besitz einer militärischen Schlüsselposition wurde durch eine Publizistik begleitet, die die Öffentlichkeit im Sinne der eigenen, d. h. vor allem der Bernhard’schen beziehungsweise der französischen Partei einnehmen sollte. Zugleich zielte sie auf die gegnerische politisch-militärische Seite. Auf Bernhard bezogen heißt das: Diese Publizistik sollte das Bild des Herzogs prägen und seine Position als Heerführer, Partner bei möglichen Friedensverhandlungen und kommender Landesherr bereiten. Dieses medial konstruierte Bild baute auf die Bekanntheit des Weimarer Herzogs, die dieser nach der Schlacht von Lützen gewonnen hatte. Sie ließ ihn aber noch präsenter werden.Vor allem veränderte sich das von Bernhard dargebotene Bild: Der religiös-konfessionelle Bezug aus der schwedischen Zeit trat in den Hintergrund. Hier gibt es im Grunde keinen Religionskrieg. Im Mittelpunkt steht der Heerführer im Kampf gegen Habsburg und überlagert die Deutung Bernhards als Gustav Adolfs Nachfolger. Das eint die deutschsprachige proweimarische Publizistik mit der französischen. Diese aber ordnete ihn den Kriegszielen der Krone unter. Schon im zeitgenössischen Bild Bernhards fanden somit grundlegende Verschiebungen und Überlagerungen statt. Sie korrespondieren in gewisser Weise mit seinen wechselnden Bündnissen, resultieren aber aus politischen Interessen, nicht aus einer grundsätzlichen geänderten Motivation des Herzogs.
Der Krieg am Rhein Seit Beginn des Achtzigjährigen Kriegs war die Rheinregion stark umkämpft. Hier überschnitten sich die Einflusssphären verschiedener europäischer Mächte und führte die Spanische Straße entlang, die die Spanier für Truppen- und Warentransporte in die Niederlande nutzten.¹⁴ Schon 1610 hatte es aufgrund des Konflikts um Jülich vermehrte Truppenbewegungen in diesem Raum gegeben, seit Anfang der 1620er Jahre galt die Kriegsgefahr als akut.¹⁵ Nach der Schlacht am Weißen Berg
13 Zum Einfluss der frühneuzeitlichen Medien für ein breites Publikum bsp. Gemert: Dutch Miracle; Dosquet: Verwüstung. 14 Vgl. Parker: Army; Meumann: Spanische Straße. 15 Vgl. Haselier: Geschichte; Ellerbach: Krieg, Bd. 2, S. 602 – 611.
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
operierten Ernst II. Graf von Mansfeld und Herzog Christian von BraunschweigWolfenbüttel für Kurfürst Friedrich V. in der Region; es folgte das schwedische Vorrücken,¹⁶ 1633 wurde Breisach zwischenzeitlich von Rheingraf Otto Ludwig und Markgraf Friedrich von Baden-Durlach eingeschlossen. Auch Bernhard führte bereits für die Schweden Krieg in diesem Raum. Nach der Schlacht von Nördlingen brach aber auch hier die schwedische Herrschaft zusammen. Mit dem aktiven französischen Kriegseintritt spitzten sich die kriegerischen Ereignisse erneut zu. Frankreich hatte seinen Einfluss in der Region zunehmend ausgebaut, so durch sogenannte Schutzverträge mit oberdeutschen Städten. Richelieus Konzeption zielte darauf ab, feste Plätze als Basis und Zugangsmöglichkeiten für einen Krieg im Reich zu gewinnen. Seit 1632 dominierte Frankreich Lothringen, seit 1634 war es in der Rheinpfalz und am Mittelrhein präsent; auch im Ober- und Unterelsass gab es seitdem (pro‐)französische Truppen.¹⁷ Neben dem Rhein waren die Main- und die Donauschiene aus französischer Sicht strategisch bedeutsam. Breisach kam eine zentrale Rolle am Oberrhein zu. Das bedingte schon die geographische Lage von Stadt¹⁸ und Festung an der Spanischen Straße und an Fernhandelsrouten. Breisach war daher auch Umschlagplatz für die Waren, die auf dem Rhein für die in der Region befindlichen Truppen transportiert wurden. In der spanischen Strategie hatte es eine Schlüsselrolle inne.¹⁹ Robert Earl of Leicester bezeichnete Breisach als „certainly (…) one of the most important Places of all Christendome“.²⁰ Bis Ende 1638 war Breisach durchgehend in den Händen Österreichs, das die Festung wegen der steigenden Kriegsgefahr ausgebaut hatte. Sie unterstand seit 1636 Hans Heinrich von Reinach.²¹ Ein Gewinn Breisachs war für Schweden wie Frankreich als Zugang zum Süden des Reiches und zur Kontrolle der Region attraktiv und nicht nur für Vorderösterreich gefährlich:²² Das Elsass und der Breisgau drohten damit verloren zu gehen, Burgund und Lothringen vom Reich
16 Vgl. Tuchtenhagen: Herrschaft. 17 Vgl. Stein: Protection; Weber: Frankreich; Malettke: Frankreich, S. 204; Henri de Rohan, der in Rappoltsweiler residierte, koordinierte die französischen Militäraktionen. 18 Zur Stadt gehörten mehrere Dörfer im Breisgau, vgl. Erlach an Longueville, d’Avaux und Servien, Breisach, 6. Mai 1646, in: APW II B, Bd. 3, Tl. 2: 1646, S. 1108 f., hier S. 1109. 19 Vgl. Elliott: Count-duke, S. 542. 20 Robert Earl of Leicester an Karl I. von England, Paris, 18./28. Januar [1639], in: Collins, Letters, Tl. 2, S. 584 (die Jahresangabe 1637/38 in der Edition ist ein offensichtlicher Fehler). 21 Ebenso wie die weiteren am Rhein gelegenen kaiserlichen Orte, vgl. Ferdinand III. an G. H. v. Geleen, Durlach, 2. Oktober 1636 (Regest), in: Documenta Bohemica, Tl. 6, S. 135 f.; Seidel: Oberelsaß, S. 195 f. 22 Regiert wurde Vorderösterreich seit 1632 von Herzogin Claudia; zum Land Maier/Press: Vorderösterreich.
Möglicher Seitenwechsel
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abgetrennt zu werden. Aus bayrischer und kaiserlicher Sicht waren die Bodenseestädte in Gefahr, zugleich das Allgäu, Schwaben, Bayern und Tirol.²³ Der Herzog von Weimar wollte den Krieg weiterhin auf der rechtsrheinischen Seite führen, um in den Kerngebieten des Reiches agieren und unmittelbarer gegen den Kaiser und Bayern vorgehen können. Seit dem Vertrag mit Frankreich verbanden sich damit für ihn konkretere Überlegungen, Territorialbesitz für sich zu erobern. In Breisach hatte auch der 1626 verstorbene Mansfeld ein eigenes Fürstentum begründen wollen.²⁴ 1637 schienen sich Bernhard neue Möglichkeiten zu bieten. Er blockierte mit dem die französische Armee befehligenden Du Hallier Besançon und rückte ins obere Elsass vor, bei Rheinau (Rhinau) südlich von Straßburg gelang ihm im August der Rheinübergang.²⁵ Der Gewinn war jedoch nur von kurzer Dauer: Kaiserliche Truppen rückeroberten den rechtsrheinischen Brückenkopf in der Nähe des Dorfs Wittenweier, der die Kontrolle des Schiffsverkehrs ermöglichte.²⁶ Der Herzog zog sich in Richtung der Franche Comté zurück.
Ein Seitenwechsel des Herzogs? Bernhard traf dabei nur ungenügende Maßnahmen zur Sicherung des Elsass’. Das wurde in Wien ebenso bemerkt wie seine Missstimmung gegenüber Frankreich, weil er wiederholt auf Gelder und Hilfsunternehmungen wartete, vor allem, um gegen Herzog Karl IV. von Lothringen vorzugehen.²⁷ Für Wien schien dies eine erneute Chance, Bernhard abzuwerben. Wenn sich eine Gelegenheit biete, den Herzog auf die eigene Seite zu ziehen, sei keine Zeit zu verlieren, äußerte der kaiserliche Rat Trauttmansdorff gegenüber dem Herzog von Savelli Anfang November.²⁸ Zugleich versuchte der Kaiserhof über den sächsischen Kurfürsten und die ernestinischen Brüder Einfluss auf Bernhard zu nehmen. Sollte Savelli keinen Erfolg haben, so
23 Vgl. Ellerbach: Krieg, Bd. 2, S. 602 – 611; Scherlen: Krieg, S. 329; Engelsüß: Feld=Zug, S. 84: Breisach sei aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage vielfach mit Parma oder Fuenterrabía verglichen worden. 24 Vgl. Brendle: Reformation, S. 80 f.; zum Ziel einer Landesherrschaft bei Tilly: Kossert: Krieg. 25 Vgl. die Gratulationen Richelieus: Kardinal Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 29. August 1637, in: Avenel, Lettres, Bd. 5, S. 846. 26 Vgl. [Stenglin:] Elsaßmemorandum, [März 1646], in: APW II B, Bd. 3, Tl. 2: 1646, S. 1089 – 1097, hier S. 1093. 27 Vgl. bsp. Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 12./22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 745 f., hier S. 745; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 173; zum Herzog von Lothringen Babel: Habsburg; Fulaine: Duc. 28 Trauttmansdorff an Federico Savelli, Wien, 9. November 1637, zit. n. Röse, Herzog, Bd. 2, S. 394 (Fußn. 132); zu Savelli vgl. Mazzetti di Pietralata: Federico Savelli.
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
sollte der Kurfürst Wilhelm, Albrecht und Ernst dazu veranlassen, zwischen Bernhard und dem Kaiser zu vermitteln. Trauttmansdorff wird damit die Idee verfolgt haben, einem allgemeinen Frieden näher zu kommen; es kam jedoch nicht zu ernsthaften Gesprächen.²⁹ In Frankreich führten diese Vorstöße allerdings zu Gerüchten, der Herzog von Weimar wolle die Seite wechseln.³⁰ Die französische Regierung suchte sie strategisch zu nutzen, um das schwedische Interesse am Herzog zu verringern.³¹ Die Eroberung Breisachs aber lag im dezidierten Interesse Frankreichs.³² Hier konnte Habsburg entscheidend getroffen werden. Frankreich brauchte Bernhard dafür – ein Abrücken von ihm wäre riskant gewesen.
Im Vorfeld der Einnahme – der Hohentwiel Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Einnahme Breisachs war die Gewinnung des Hohentwiels. Ihr Kommandant Konrad Widerholt übergab Bernhard die württembergische, nie eingenommene Festung im November 1637.³³ Für Eberhard III. von Württemberg war sie eine Art Bestandsgarantie für sein Land, von der aus der militärische Gegenschlag geführt werden sollte.³⁴ Schon im Sommer des Vorjahres war aber eine heimliche Übergabe an den Herzog von Weimar diskutiert worden.³⁵ Widerholt und Bernhard von Weimar legitimierten ihr Vorgehen damit, dass der Württemberger durch seine Annäherung an Österreich der evangelischen Sache wie
29 Vgl. auch Hengerer: Kaiser, S. 186. 30 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 28. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 757– 760, hier S. 759. 31 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2. 32 Vgl. auch die Betonung dieses Ziels bsp. in: Ludwig XIII. von Frankreich an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 7. November 1638 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3768, Bl. 105r. – 106r. 33 Der Herzog und Widerholt trafen sich dazu zu geheimen Verhandlungen am 11. November 1637 in Bern: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 167; die Verhandlungen hatte Erlach initiiert, vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 600 f.; an der Verbindung zu Widerholt waren dann weitere ranghohe weimarische Militärs beteiligt, vgl. Kramer: Briefe, S. 127 f., 131, 133 – 135; zu Widerholt: Fritz: Konrad Widerholt; zu Überlegungen über die Übergabe des Hohentwiels an Bernhard 1632 vgl. Quellen in Fritz: Dreißigjährige Krieg, S. 361 f. 34 Vgl. Schreiner: Katastrophe, v. a. S. 50 f.; jetzt hatte Widerholt sie im Auftrag des Herzogs an kaiserliche Soldaten abtreten sollen – eine Vorbedingung des Kaisers für eine mögliche Rückgabe des seit Nördlingen besetzten württembergischen Territoriums an den Herzog, vgl. FB Gotha, Chart. A 730, Bl. 3r.: Herzog Eberhard von Württemberg, betreffend den Hohentwiel; zum württembergischen Herzog vgl. Neuburger: Konfessionskonflikt. 35 Vgl. Hugh Hamilton an Hugo Grotius, Zürich, 8./18. Juli 1636, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 393 ff., hier S. 395; Ders. an Dens., Zürich, 20./30. Juli 1638, in: ebd., S. 398 f., hier S. 398.
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seinen Untertanen geschadet habe. Im Übergabevertrag nahm Bernhard die Position eines Schutzherrn Württembergs ein, der das Land wie das Haus vor sich selbst und Habsburg schütze. Bei einem Frieden werde er die württembergischen Interessen wahren.³⁶ Das entsprach dem Schutzargument, das Hortleder für die Annahme des Herzogtums Franken durch Bernhard entwickelt hatte. Der Hohentwiel bildete jetzt den „östliche[n] Eckpfeiler“ der späteren weimarischen Gebiete, von dem aus auch der Weg in die Schweiz kontrolliert werden konnte.³⁷ Damit war ein entscheidender Coup gelungen, zudem wurde Widerholt für Bernhard durch die Aufstellung eines Regiments in der Schaffhausener Gegend sowie die militärische Sicherung von Plätzen und Vorräten aktiv, er lieferte ihm Waffen und nahm ranghohe Gefangene in die Festung auf.³⁸
1638 Im Folgejahr richtete sich Bernhards Interesse insbesondere darauf, die kaiserlichen Garnisonen in der südlichen Rheinregion zu gewinnen. Erfolgreich war er mit seinem Feldzug den Rhein entlang, von der Schweizer Grenze bis zum Bodensee. Er konnte, beraten von Hans Ludwig von Erlach, die Waldstädte Lauffenburg, Waldshut, Säckingen und Rheinfelden einnehmen und setzte seinen Kriegszug in den Breisgau fort.³⁹ Für Ferdinand III. und Maximilian von Bayern war dieser Vormarsch bedrohlich. Sie waren darauf bedacht, Bernhard aus den habsburgischen Ländern zu vertreiben und ihm den Weg nach Bayern abzuschneiden.⁴⁰ Die Unterstützer Bernhards setzten auch auf ein Eingreifen des Prinzen von Oranien,
36 Vgl. Accord des Hohen Twielischen Commandanten Widerholds mit Herzog Bernhard von Weimar wegen Einraumung (sic) der Vestung, 11. November 1637, in: Sattler, Geschichte, S. 209 ff. 37 Wöllper: Festungen, S. 262 f.; der Kaiser verlangte vom Herzog von Württemberg die Festung Hohenasperg als Ersatz für den Hohentwiel, vgl. Kayserliche Resolution, daß die Vestung Asperg für HohenTwiel hafften soll, 5./15. Mai 1638, in: Sattler, Geschichte, S. 211 – 212. 38 Vgl. Bernhard v. Weimar an Konrad Widerholt, Seggin, 2. Februar 1638, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte, Bd. 4 (1881), S. 140; Ders. an Dens., Lauffenburg, 25. Februar 1638, in: Kramer, Briefe, S. 128 f.; Ders. an Dens., Stillingen (= Stühlingen?), 5. März 1638, in: ebd., S. 125 – 135; Bernhard erwartete von ihm Lageberichte, um die Bewegungen des Feindes abschätzen zu können, vgl. ebd., S. 125 – 135. 39 Zu Lauffenburg und Rheinfelden gehörten größere umgebende Herrschaftsgebiete. 40 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 5. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 142r. – 143r., hier Bl. 142v.; Kapser: Kriegsorganisation, S. 198 f.; Hessen brachte Bernhards Erfolg in Rheinfelden den Abzug der kaiserlichen Truppen und einen zweijährigen Waffenstillstand.
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um eine Diversion der feindlichen Truppen zu erreichen,⁴¹ ebenso auf das hessische und eventuell pfälzische Militär,⁴² die aber allesamt nicht kamen. Im April eroberte Bernhard gleichwohl Freiburg, die Stadt, die für den Richelieu-Biographen Aubery das Schutzschild Breisachs war („le bouclier“), so wie Rheinfelden dessen Amme („la nourrice“).⁴³ Mitte Juni stand Bernhard vor Breisach und begann mit den Arbeiten zur Belagerung.⁴⁴ Aufgrund des Ausbaus der Festung und der Topographie des Ortes galt Breisach als praktisch nicht einnehmbar. Die Zitadelle lag oberhalb der Stadt, die wiederum auf einem an einer Seite steil abfallenden Hügel erbaut war, der Rhein mit seinen Nebenarmen bedeutete eine zusätzliche Schwierigkeit für Angreifer. Bernhard errichtete das Lager halbkreisförmig um Breisach. Kurz nach ihm, Ende Juni, kam Graf Johann von Götz, der kaiserliche Kommandant für die Rheinregion, mit seinen Truppen an, und bald sah sich Bernhard durch ihn und den Herzog von Lothringen von zwei Seiten bedroht.⁴⁵ Entscheidend war wie bei anderen Belagerungen die Frage, ob die Festung von einer Versorgung abgeschnitten werden konnte und für welche Zeit. Die Versorgung der Rheinregion insgesamt war bereits Mitte der 1630er Jahre schwierig geworden.⁴⁶ Bernhard versuchte Breisach von der Zufuhr von Nahrungsmitteln und Waffen abzuriegeln, die rückliegenden Nahrungsmittelmagazine der kaiserlichen Truppen zu erobern sowie die Entsatzarmeen zu stoppen.⁴⁷ Im August konnte er bei Wittenweier mit Marschall Guébriant das von Savelli kommandierte kaiserliche Entsatzheer abfangen und dessen Ausrüstung sowie Waffen und für Breisach bestimmte Vorräte erobern⁴⁸ und den Belagerungsring enger ziehen. Im Oktober
41 Vgl. [Joachim von Wicquefort] an Bernhard von Weimar, Amsterdam, 29. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 197r. – 200r. 42 Vgl. bsp. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 20. April 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 246r. – 247r., hier Bl. 247r. 43 Aubery: Histoire, S. 344 f.; zur Beachtung Rheinfeldens in den Niederlanden vgl. A Trve and Brief Relation of The Bloudy Battell; Auctentijcke ende grondige verclaringe van de Schermutselingen ende veldt-slagh … voor Rhijnfelden, tusschen Barent van Wymeren, ende den … Iohann de Weerd; auch die Einnahme Neuenburgs am Rhein war relevant zur Kontrolle des Rheins, vgl. Leupold: Journal, S. 266. 44 Vgl. Leupold: Journal, S. 253 – 362. 45 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, o.O., o. D. [Juni 1638], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 64 f.; zu den Vorkämpfen Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 626 – 640. 46 Zur Verpflegung als Problem bei der Belagerung 1633/34 vgl. Pohl: Profiantierung, S. 166 – 180. 47 Als Beispiel für Berichte über die geplanten Unternehmungen der Kaiserlichen zum Entsatz Breisachs, die bei Bernhard eingingen: Johann Friedrich v. Teuffenbach an Bernhard v. Weimar, o.O., 6./16. Oktober 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 547r. – 549r. 48 Keller/Catalano: Diarien, Bd. 2, S. 354, Eintrag 20. August 1638.
Informationsquellen
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folgte die für ihn erfolgreiche Schlacht bei Thann bzw. Sennen im Elsass (auf dem Ochsenfeld) gegen die Truppen Lothringens.
Informationsquellen und Berichterstattung Bernhard und seine Umgebung verfügten über verschiedenste Informationsquellen zur Lage in Breisach: Überläufer, Kundschafter, Informanten, gefangene Soldaten, abgefangene Boten und Korrespondenzen sowie offizielle Vertreter der Verbündeten wie den schwedischen Residenten Mockel.⁴⁹ Es war bekannt, dass Breisach über immer weniger Lebensmittel verfügte. In Frankreich ging man schon im Juni 1638 von der baldigen Übergabe aus.⁵⁰ Das weimarische Armeejournal hält für den August fest, einem gefangengenommenen Breisacher Kundschafter zufolge werde „in zweyen Tagen das lezte Brot auß dem Magazin außgetheilet“.⁵¹ Die Nachrichten und Einschätzungen wechselten jedoch vor allem bis in den Herbst häufig.⁵² Über die allgemeine Lage in Breisach waren gerade auch die breitere deutschsprachige Öffentlichkeit Informationen verfügbar: Sie konnte in Flugschriften und Zeitungen lesen, dass Bernhard einen Versorgungstransport von Götz nach Breisach verhindert hatte,⁵³ dass Breisach weiter aus Basel versorgt wurde und Bauern aus dem Schwarzwald Lebensmittel hineinbrachten,⁵⁴ im Herbst, dass nach Berichten der täglich im weimarischen Lager eintreffenden Überläufer viele Soldaten in der Festung aufgrund der schlechten Verpflegung und den Wachanstrengungen stürben; die Kapitulation stehe bald bevor.⁵⁵ Der hohe Stellenwert der Armeeversorgung für den Krieg war den Zeitgenossen bewusst. Dabei konnte bereits der Hinweis auf die 49 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager von Rötteln, 16./26. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 30 – 33, hier S. 30; FB Gotha, NL Bernhard von Weimar, bsp. ebd., Chart. A 727, Bl. 136. 50 Vgl. Jean de la Barde an Claude de Mesmes, Comte d’Avaux, Paris, 19. Juni 1638, in: Hartmann, Papiers, Bd. 3, S. 225 – 228, hier S. 227. 51 Leupold: Journal, S. 339; vgl. auch Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, 10. Juli 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Bd. 9, S. 443 – 445, hier S. 444. 52 Vgl. die Berichte des schwedischen Nachrichtenagenten für die Schweiz und die umliegenden Lande, Charles Marin, an Grotius, bsp. vom 27. September, 6. Oktober, 14. Oktober 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Bd. 9, S. 595, 611 f., 623. 53 Extract Schreiben eines vornehmen Keyserl. Obristen/ aus Offenburg … an eine Fürstl. Persohn. 54 Vgl. Wochentlichen Zeitungen (1638), Nr. 58 u. a. 55 Vgl. bsp. Kurtze Summarische Verzeichnuß/ etlicher denckwürdiger/ und zum theil sonst in Historien nicht viel erhörter Sachen/ so sich in der Belagerung Breysach … begeben. Von einem hohen und vornehmen Officir, auch abgedruckt in: Ordentliche Wochentliche Post=Zeitungen, [München], Nr. 1 (1639); zum Zusammenhang von Augenzeugenberichten und Presse Mortimer: Models, v. a. S. 629 – 643.
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Versorgungslage einer politischen Seite dienen – ein reichliches Nahrungsmittelangebot für eine Armee bewies ihr Wohlergehen und verhieß mögliche militärische Erfolge.⁵⁶ Umgekehrt ließ sich mit einem Mangel an Nahrung oder auch Futtermitteln für die Tiere die Schwäche der gegnerischen Partei betonen. Solcherart Hinweise dienten somit selbst als Mittel der Auseinandersetzung. Die Leser waren damit (scheinbar) über die militärische Lage unterrichtet. Teilweise vermittelten genaue Orts- und Lagebeschreibungen geographische Informationen und den Eindruck, das Geschehen präzise nachvollziehen zu können. Bildliche Darstellungen, bis hin zu Elementen der Lagerbefestigungtechnik,⁵⁷ und Karten ergänzten die Texte und bedienten das Bedürfnis nach Information.⁵⁸ Zugleich inszenierten gerade die Bilder militärische Erfolge. Auch sie suggerierten eine Klarheit der Lage, die meist nicht gegeben war und sich den beteiligten einfachen Soldaten vor Ort kaum erschließen konnte. Der Betrachter rückte in die Position des die Szenerie überschauenden Feldherren. Solcherart Abbildungen waren nicht neu,⁵⁹ neu war aber die Vielzahl und breite Verfügbarkeit solchen Bildmaterials. Als Flugschriften waren sie für Viele erschwinglich und konnten sie leicht weitergegeben werden. Auch die französische Öffentlichkeit konnte die Breisacher Belagerung verfolgen; seit Anfang 1637 war Breisach Teil der Kriegsmeldungen in der „Gazette“.⁶⁰ Leserinnen und Leser erhielten teils kursorische, teils detaillierte Informationen, beispielsweise zu der Zahl der Boote, die der Herzog habe bauen und heranbringen lassen,⁶¹ zu den Versuchen Savellis und Werths, die weimarischen Schiffsbrücken zu zerstören oder zum Sieg des Herzogs über Werth.⁶² Es ging darum, Zuversicht zu 56 Vgl. Gewisse Avisen Wie Ihre Fürstliche Durchl. Herztog Bernhard wider die Keys. eine herrliche Victori erhalten … den Feind in die Flucht geschlagen, o.S.: Ein Sieg der schwedischen Truppen unter Bernhard in Franken erschien deshalb glaubhaft, weil die Armee „keine Noth leide“. 57 Vgl. Breisachischer Accordts Puncten Extract So zwischen Röm: Kais: Majest. Herrn General FeldZeugmeistern Freyherrn von Reinach/ vnd Hertzog Bernhardts von Weimar Fürstl. Gn. den 18 (28) Decembr. 1638. Vorgangen vnd beschlossen worden; Eigentlicher Abriß und Entwerffung dez Weinmarischen Lagers vor der weitberühmten Vestung Brisach, welche Ihr Fürstl. Gn. Bernhard zu Sachsen Weimar nach gehaltenen Treffen den 4. Novemb. Deß 1638. Jahres recognoscirt, und darauff völlig belagert …, in: Paas: Broadsheet, P 2060. 58 Vgl. auch die synoptischen Stiche des „Theatrum Europeum“, die zu dessen Attraktivität beitrugen. 59 Vgl. zu Belagerungsdarstellungen zum Schmalkaldischen Krieg: Stiftung Schloss Friedenstein Gotha/Museumslandschaft Hessen: Bild, S. 297, 299. 60 Vgl. bsp. Gazette, Nr. 25 (1637), S. 102 f.; ebd., Extraordinaire, Nr. 140 (1637), S. 581 f. 61 Vgl. Gazette, Nr. 123 (1637), S. 499. 62 Vgl. Gazette, Nr. 155 (1637), S. 625; ebd., Nr. 22 (1638), S. 88; ebd., Extraordinaire, Nr. 59 (1637), S. 236 f.; ebd., Extraordinaire, Nr. 68 (1637), S. 273 f.; ebd., Nr. 117 (1637), S. 513 – 516; ebd., Nr. 158 (1638), S. 665 – 668.
Informationsquellen
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Abb. 5: Flugblatt zur Belagerung Breisachs: Eigentlicher Abris der belegerung des vesten pas brysachs vnd sampt dem auszug, welcher geschehen den 8. 19. Decembris 1638. Jahrs, o. O. 1638.
verbreiten: Die Militäraktionen gingen gut voran, der Gegner leide unter Lebensmittelknappheit,⁶³ die für Frankreich kämpfenden Truppen seien hingegen gut versorgt und Unruhen unter ihnen nicht zu erwarten, so die Botschaft.⁶⁴ Nach der Einnahme sollte eine erfolgreiche Versorgung und politische Kontrolle vermittelt werden.⁶⁵ Dabei ließ ein Bericht Bernhard auch einmal in wörtlicher Rede zu seinen Soldaten sprechen. Hier ging es darum, den Triumph über den Herzog von Lothringen, dessen Land ein Ziel der französischen Expansionspolitik war, miterleb- und zu einprägbar machen. Bernhard habe seinen Truppen den Feind gezeigt 63 Vgl. Gazette, Nr. 158 (1638), S. 665 – 668. 64 Zu Informationen zur Versorgung der Weimarischen Armee auch Gazette, Nr. 88 (1639), S. 385; ebd., Nr. 123 (1637), S. 499 f.; ebd., Nr. 2 (1639), S. 6; ebd., (1639), S. 38. 65 Gazette, Nr. 14 (1639), S. 53.
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und sie wie stets als „mes freres & camarades“ angesprochen, ihren Einsatz mit dem Dienst am Vaterland („à vostre chere patrie“), für den König, die Freiheit Deutschlands und den ersehnten Frieden begründet, worauf die Armee mitgerissen mit „Ya, ya, ya“-Rufen und dem Hochwerfen der Hüte als Zeichen der Begeisterung und des Gehorsams geantwortet habe. Wie vor jeder Schlacht sei der Herzog sodann vom Pferd gestiegen und auf die Knie gefallen, die ganze Armee sei seinem Beispiel gefolgt und mit der Parole „Emanuel“ dem Feind entgegen gezogen.⁶⁶ Was das Vaterland meint, bleibt deutungsoffen. Auch der„Mercure Francois“, der zu den auf die Zeitgeschichte ausgerichteten Serienchroniken gehörte, sollte die Bernhard‘schen Kriegszüge gerade des Jahres 1638 dem Publikum aus Regierungsperspektive bekannt machen.⁶⁷
Nervositäten Die von den antihabsburgischen Verbündeten und ihrer Presse erwartete Kapitulation blieb lange aus. Der kaiserlich-spanischen Seite gelangen immer wieder Belieferungen, auf dem Land- wie dem Wasserweg, wobei sie auch die damals zahlreichen Inseln im Rhein und in dessen Nebenarmen zu nutzen vermochte. General Götz ließ zur Versorgung der Festung in Rheinau Lastschiffe beladen, später in Philippsburg, wohin er sich wegen Hungers in seiner Armee zurückgezogen hatte.⁶⁸ In französischen Regierungskreisen nährte dies erneut Überlegungen, Bernhard könne abgeworben worden sein und gemeinsame Sache mit den Kaiserlichen machen. Das wurde allerdings wieder verworfen: Eine solche Politik lohne sich für den Herzog nicht. „Nous ne voyons pas quel avantage il [Bernhard von Weimar] trouveroit du costé des ennemis“, erklärte der Herzog von Chavigny.⁶⁹ Eine gewisse Getreideversorgung der Stadt sicherten über längere Zeit auch die im Rhein liegenden beweglichen Schiffsmühlen sowie eine Mühle auf einer der Rheininseln. Der Angriff auf die Mühlen als zentraler Teil der Infrastruktur gehörte daher zu Bernhards vorrangigen Zielen.⁷⁰
66 Gazette, Nr. 155 (1638), S. 649 – 656. 67 Vgl. bsp. Mercvre Francois, Tl. 22 (1641). 68 Jean de la Barde an Claude de Mesmes, Comte d’Avaux, Paris, 19. Juni 1638, in: Hartmann, Papiers, Bd. 3, S. 225 – 228, hier S. 227. 69 Vgl. Chavigny an Claude de Mesmes, Comte d’Avaux, Paris, 10. Juli 1638, in: Hartmann, Papiers, Bd. 3, S. 232 ff., hier S. 234. 70 Vgl. Wöllper: Hand- und Roßmühlen, S. 235 – 266, hier S. 243, 253 f., 256, 263; vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager bei Breisach, 7./17. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 42 ff., hier S. 44.
Nervositäten
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Der militärisch erfahrene Breisacher Kommandant Reinach hatte, wie Bernhard wusste, die Anweisung, die Festung unter allen Umständen zu halten und setzte auf den Entsatz.⁷¹ Angesichts der zunehmenden Versorgungsprobleme werde er seine Haltung ändern, so das Kalkül auf weimarisch-französischer Seite. Als der Herzog Reinach Mitte November ein Übergabeangebot machte,⁷² ging er zu Recht davon aus, dass es in Breisach kaum noch Lebensmittel gebe, Reinach bestritt das jedoch.⁷³ Wien hoffte weiter auf eine Wende, so als Meldungen einkamen, Herzog Bernhard sei angeschossen worden und man zweifele „an seinem leben“.⁷⁴ Dennoch nahm die Unzufriedenheit auf kaiserlicher Seite zu. Reinach war schon vorgeworfen worden, er habe „zu Breisach fröhliche Fastnach gehalten, (…) gefressen, gesoffen, Tänze angestellt, inmittels die genugsame Verwahrung der Waldstädt und Rheinpässe versäumt“.⁷⁵ Dem auch von anderen Militärs wenig geschätzten Savelli⁷⁶ war die militärische Verantwortung für den Ausgang der Schlacht von Wittenweier zugewiesen worden. In harschem Tonfall fanden sich diese Anschuldigungen in der Presse, die Savelli und Götz Pflichtverletzungen vorwarf und sie als überfordert darstellte.⁷⁷ Nun machte Wien Götz den Vorwurf, seine Pflicht zu vernachlässigen, da er die Belagerung nicht zu beenden vermochte. Es nahm jedenfalls nicht für ihn ein, dass Herzog Bernhard angeblich „in publica tavola“ erklärt hatte, er sei sich sicher, niemals von ihm angegriffen zu werden.⁷⁸ Daraus erwuchs die Anklage, Götz unterstütze den Feind, die zu seiner Gefangennahme führte.⁷⁹ Anfang Dezember war in Wien klar, dass die gegnerischen Fortifikationen kaum zu überwinden waren, selbst wenn die Festung durch den Schmuggel von Nahrungsmitteln noch kurze Zeit länger gehalten werden können sollte. Der Kaiser
71 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 455. 72 Zur zweiten Übergabeaufforderung vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Neuenburg, 15. November 1638, in: Gonzenbach, General. Bd. 1, Quellenteil, S. 106, zur dritten: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 270 f. 73 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 476 f. 74 Vgl. Keller/Catalano: Diarien, Bd. 4, S. 488, Eintrag 20. August 1638. 75 So von Werth und Enkevort im März 1638, zit. n. Wetzer: Feldzug, S. 300. 76 Vgl. Keller/Catalano: Diarien, Bd. 2, S. 354, Eintrag 20. August 1638; Schormann: Krieg, S. 53; Lahrkamp: Jan von Werth, S. 79. 77 Vgl. Extract Schreiben/ vom Zustand des Kriegs am Rheinstrom, hier: Textteil General-QuartierMeister/ und General Auditor; Apologia Deß Hertzogen von Savello Oder Wahrhaffte Abbildung und Unpartheyischer Verlauff des/ den 9. Augusti nechst Wittenweyer/ zwischen den Kayserisch: und Schwedischen vorüber gegangenen Treffens, o.O. 1639 [Paris, BnF, Sign. M 3755], S. 24, 27, 48. 78 Vgl. Keller/Catalano: Diarien, Bd. 2, S. 373, Eintrag vom 9. November 1638. 79 Vgl. Carl von Landmann: Art. Götzen, Johann Graf von, in: ADB, Bd. 9, Leipzig 1879, S. 510 f.; 1640 wurde er als schuldlos entlassen und übernahm Funktionen im kaiserlichen Heer.
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suchte göttliche Hilfe und veranstaltete am Nikolaustag eine feierliche Prozession in Wien.⁸⁰ Noch im Dezember 1638 kursierten aber Berichte über einen Soldaten, der Breisach durch den Rhein schwimmend habe verlassen können und dem zufolge der Gouverneur versprochen habe, die Stadt den ganzen Januar zu halten.⁸¹
Der Zustand des Bündnisses 1638 Aus französischer Sicht war das Bündnissystem mit dem Herzog sowie mit Schweden 1638 recht erfolgreich, den Zweifeln an ihm zum Trotz. Beide Seiten versicherten sich immer wieder ihrer Gewogenheit: Der König betonte weiterhin sein Wohlwollen gegenüber Bernhard, gratulierte zu Siegen und hielt ihn zu weiteren militärischen Bemühungen an;⁸² Richelieu versprach ebenso regelmäßig, alles zu Bernhards „satisfaction“ zu tun;⁸³ dieser betonte seine Treue.⁸⁴ Bernhard war jedoch nach wie vor nicht mit den französischen Zahlungen zufrieden, sie gingen oft verspätet ein und waren ihm zu gering, zudem benötige er weitere Hilfstruppen. Im Frühjahr reiste daher Hans Ludwig von Erlach, der gerade erst offiziell in die weimarische Armee eingetreten war, nach Paris, wo ihm Grotius, General Bernhard Schaffalitzky von Muckendell⁸⁵ und Jan Hoeufft zur Seite stehen
80 Vgl. Keller/Catalano: Diarien, Bd. 2, S. 379, Eintrag 12. Dezember 1638. 81 Vgl. Balthazar Gerbier an Elisabeth Stuart, 8./18. Dezember 1638, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 741 – 743. 82 Vgl. Bsp. Ludwig XIII. [an Bernhard v. Weimar], Saint Germain en Laye, 7. September 1638 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 76r. – 76v., hier Bl. 76r.; Ludwig XIII. [an Bernhard v. Weimar], 25. August 1638 (Abschrift), ebd., Bl. 73r. – 74r. 83 Vgl. bsp. Richelieu [an Bernhard v. Weimar], 26. August [1638] (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 75r. – 75v. 84 Er nutzte dazu insbesondere die Geburt des Thronfolgers (des späteren Ludwig XIV.), vgl. Chavigny an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Oktober 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 201r. – 203r., hier Bl. 201v.; die Mitteilung der Geburt: Ludwig XIII. [an Bernhard v. Weimar], Saint Germain en Laye, 7. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 76r. – 76v.; zur (erneuten) Gratulation durch Erlach: Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 29. April 1639, ebd., Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 129r. – 129v., hier Bl. 129r.; auch Gazette, Nr. 55, S. 248. 85 Schaffalitzky, ein erfahrener Militär, „Kosmopolit (…) und Kunstsammler“ (Kiel: Jesaias Rompler von Löwenhalt, S. 41, vgl. S. 226 – 228), war seit 1636 als Offizier für Bernhard tätig, 1637 als Verbindungsmann in der Schweiz gewesen, 1638 geriet er in Gefangenschaft; die Parisreise soll er auf Ehrenwort haben antreten dürfen, um Geld für seine Freilassung zu erlangen; vgl. Aßfahl: Bernhard Schaffalitzky von Muckendell, S. 66 – 99; Castrum doloris Illustri & Genoroso Heroi Bernhardo Schafalizki. In seiner Trauerschrift auf Schaffalitzky sollte Johannes Schneuber, Professor der Poesie in Straßburg, später dessen Nähe zum Fürsten betonen: Der Herzog „[l]iebt‘ ihn als wie sein hertz;
Das Bündnis
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sollten.⁸⁶ Bernhard hoffte darüber hinaus auf eine Einflussnahme des Stallmeisters Richelieus, Monsieurs Graves, der bei einem Besuch im weimarischen Lager besonders von der Kavallerie angetan gewesen sei.⁸⁷ Dass der Herzog auf Graves und Hoeufft setzte, zeigt die Bedeutung von Fürsprechern der zweiten Reihe, aber auch, dass er nicht auf bessere direkte Kontakte bauen konnte. Erlachs Gespräche verliefen nicht nach Wunsch der weimarischen Seite. Obwohl er nach eigenen Angaben schließlich täglich bei Richelieu in Rueil vorstellig wurde, konnte Erlach vor allem von „les plus belles paroles du monde, an denen es nie ermangelt“ berichten und war zu seinem Leidwesen auch gezwungen, des Öfteren mit Père Joseph zu sprechen.⁸⁸ Erlach sollte nicht nur eine rasche und umfassende Truppenunterstützung für Breisach erreichen, Bernhard wollte die Zusicherung, dass ihm die Plätze im Elsass „alle eingeräumt [und] übergeben“ würden und die „Domaine (…) en attachement erhalten“.⁸⁹ Auf diese Forderung war Paris nicht einzugehen gewillt. Abgesehen von Überlegungen zur Machtabsicherung in der Rheinregion oder gar territorialen Plänen: Ein möglicher protestantischer Landesherr mit einem protestantischen Land am Rande des eigenen Einflussbereichs konnte aus Pariser Sicht ein Risiko darstellen. Erlach behauptete, ihm selbst wolle man mit Geldzahlungen „das Maull zustopfen“.⁹⁰ Als Motive für die Ablehnung der Bernhard‘schen Forderungen vermutete er Geldmangel, Gründe der Staatsräson und, insbesondere bei Père Joseph, religionspolitische Überlegungen. Erlachs Einschätzung, welche Rolle diesem Argument zukomme, schwankte freilich, er sprach vom „Vorwand“ der Religion wie vom „odium religionis“, der so groß sei, dass man den Herzog wohl nicht „hoch zu recompensieren“ beabsichtige.⁹¹ macht‘ ihn zum General/ Und Pfleger seines Heeres/ und nimt ihn überal/ In den gehymsten Rath; ja was er hat gerathen/ Da sind mit gutem glük deß Fürsten grossen thaten/ Und Sig darauf erfolgt. Die anschläg‘ in Burgund/ Im Dellespurger thal/ und an deß Rheines grund/ Geriethen alle wol. Das Frankreich mußt‘ ihn preisen/ Dahin er offtermal zum König hatt‘ zu reysen“: Schneuber: Lobwürdiges an-gedänken, o.S. 86 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager von Geisingen, 9./19. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 28 f., hier S. 29; LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344; Hugo Grotius an Chavigny, 5. September [1638], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Bd. 9, S. 563. 87 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Hohenstauffen, 4. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 25 f. 88 Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 38 – 42, hier S. 41. 89 Bernhard v. Weimar: Instruktion für Erlach, o.O., o. D., in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 28. 90 Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 38 – 42, hier S. 41. 91 Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 78 – 81, hier S. 79 f.; Ders. an Dens., Paris, 4./14. Juni 1638, in: ebd., S. 38 – 42, hier S. 40;
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Der dem Herzog gewogene Finanzintendant Claude de Bullion sagte dann aber zu, dass Bernhard Breisach erhalten und man ihm das Elsass einräumen werde; bei Waffenruhen und Friedensverhandlungen werde er nicht „hinterrucks (…) tractiert“ oder ausgeschlossen werden.⁹² Das war eine positive Rückmeldung aus dem inneren Regierungszirkel; es war jedoch unklar, wie belastbar diese Zusage war. Auch in der Frage der Armeeverstärkung gab es eine gewisse Bewegung: Longueville solle mit Truppen zu Bernhard kommen. Streit gab es um das Oberkommando, das Bernhard für sich als „Generalissimus des Evangelischen Bundes“ beanspruchte. Longueville sei lediglich „ein auxiliarius“. Auch wollte er sichergestellt sehen, dass dessen Einsatz seinen (Bernhards) Zielen diene und nicht anderweitigen.⁹³ Longueville, so die französische Position, solle seinen Armeeteil kommandieren und Bernhard die Weimarische Armee, da die Gefahr von Desertionen (mit der alle Armeen zu kämpfen hatten) einen „chef français“ für die französischen Soldaten erforderlich mache.⁹⁴ Mit dem Ziel, die Kommandostrukturen zu formen, griff die Pariser Regierung damit das sonst von Bernhard bemühte nationale Argument zum Verhältnis von Heerführer und Soldaten auf. Die Longueville‘schen Truppen wurden allerdings noch längere Zeit andernorts eingesetzt und kamen erst verzögert bei Bernhard an.⁹⁵
Drängen auf Unterstützung Im Juli 1638 beschrieb Bernhard seine Lage als dramatisch. Es drohe der Verlust seiner Plätze und Garnisonen und damit „la ruine totale et inévitable de mon arschon 1635 hatte das Konfessionsargument eine Rolle gespielt; das auf protestantischer Seite verbreitete Misstrauen, Katholiken fühlten sich an Verträge mit „Ketzern“ nicht gebunden, mag umgekehrt Erlachs Einschätzungen beeinflusst haben. 92 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 18./28. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 45 – 47, hier S. 46. 93 Vgl. Bernhard v. Weimar an von Erlach, im Lager bei Breisach, 7./17. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 42 ff.; Erlach setzte sich auch schriftlich gegenüber dem König für das Oberkommando des Herzogs ein: vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Ludwig XIII., o.O., o. D., in: ebd., S. 47– 49, hier S. 48. 94 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 29. Mai/8. Juni 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 35 f., hier S. 36; vgl. auch das Argument, der König bezahle Longuevilles Armee ebenso wie die des Herzogs: vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./ 14. Juni 1638, in: ebd., S. 38 – 42. 95 Vgl. u. a. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, St. Germain en Laye, 18. Juli 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 315r. – 317v., hier Bl. 317r.f.: Weder Longueville noch Turenne könnten zur Zeit zu ihm, Bernhard, durchringen; sie hätten aber Anweisung, ihm Truppen zur Verstärkung zu senden.
Drängen auf Hilfe
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mée“. Das werde, so das Bedrohungsszenario, die Feinde in die Territorien des französischen Königs ziehen. Erlach sollte in Paris verstärkt Druck machen und die Verhandlungen über die Gebietsfrage zurückzustellen. Ohne Breisach nutze ihm auch das Elsass nichts, das zudem völlig ruiniert sei.⁹⁶ Er entsandte einen weiteren Unterhändler aus seinem Lager nach Paris.⁹⁷ Im September wartete der Herzog immer noch auf Truppenhilfe. Von Turenne war Verstärkung gekommen; die (angeblich) eingetroffenen 1.100 Mann und 600 Pferde seien aber zu wenig, ihm seien 6.000 Fußsoldaten und 2.000 Pferde versprochen worden, aus Longuevilles Armee hätten 2.000 Mann kommen sollen, um wenigstens die getöteten, kranken oder geflohenen Soldaten zu ersetzen.⁹⁸ Aus seinem Hauptquartier in Colmar schrieb Bernhard aufgebracht Briefe nach Paris – an den Secretaire d’Etat Sublet de Noyers, den Kardinal, schließlich an den König. Sie kennzeichnen seine Vorgehensweise und das Verhältnis zwischen ihm und der französischen Führung. Nach seinem Sieg von Wittenweyer hatte aus seiner Sicht Frankreich zu liefern. Er reklamierte für sich eine Verpflichtung zum offenen Wort: Es entspreche seiner Ehre, seinem Gewissen und seiner Orientierung am Dienst für den König, diesen und die Minister über den wahren Stand der Dinge und drohende Gefahren zu informieren und Lösungen aufzeigen.⁹⁹ Zugleich betonte er seine Treue, die „syncerité de mon cœur“, die Wertschätzung für Richelieus Fürsorge und „weise Ratschläge“. Die Bedrohung seiner Armee sei existentiell. Durch die großen Anstrengungen, die zurückliegende „so harte und so blutige“ Kampagne („si rude et si songlant“), die Verluste an Soldaten wie Pferden und zahlreiche Krankheitsfälle unter den Soldaten und Offizieren sei sie äußerst geschwächt. Jetzt drohten wieder Angriffe von Savelli, Götz und dem Herzog von Lothringen, und er sehe sich jeder Hilfe verlassen und der Gnade des Feindes ausgeliefert.
96 Bernhard v. Weimar an von Erlach, Freiburg i. Br., 14./24. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 81 ff., hier S. 82; vgl. die Klagen der Reichsritterschaft des Unteren Elsass über den „berübten armseeligen Zustandt des Landts“ und ihrer „aüsserst ruinirten Underthanen“: Ritterschaft des Unteren Elsass an Hugo Grotius, Straßburg, 11. Februar 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 81 f. 97 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 14./24. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 366r. – 367r.; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 500. 98 Vgl. Bernhard v. Weimar an Richelieu, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 174r. – 175r.; Ders. an de Noyers, Colmar, 15. September 1638, ebd., Bl. 177r. – 178r.; auch Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Chantilly, 18. (?) September 1638 (Kopie), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 94r. – 95r. 99 Bernhard v. Weimar an de Noyers, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 177r. – 178r., hier Bl. 177v.; Abschriften: Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 84r. – 86r.; LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346c.
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Es war eine drängende Aufforderung um Geld, Soldaten und Pferde. Mit der Beschwörung der Einkreisung und des Mangels an Mitteln wiederholte sich in gewisser Weise die Situation des Vorjahres. Bernhard verwies auf die erbrachten und möglichen zukünftigen Leistungen der Armee und den dauerhaften Schaden („les grands et irreparables maux“), der Frankreich bei ihrer mangelnden Unterstützung drohe.¹⁰⁰ Gerüchte, die aber wohl von den Feinden stammten, so Bernhard, könnten Zweifel an den Absichten der französischen Regierung nähren. Er wisse vor seinem Gewissen und vor Gott, dass er stets alles in seinen Kräften Stehende getan habe.¹⁰¹ Nach dem Weg über Mittelsmänner wurde der Weg jetzt zunehmend direkter. Bernhard argumentierte durchaus adressatenbezogen – Geldforderungen brachte er gerade gegenüber Bullion vor –,¹⁰² vor allem aber suchte er alle maßgeblichen Personen anzusprechen, deren Kompetenzen vielfach nicht klar abgegrenzt waren und sich überlagerten. Indem er sich an den König richtete, verließ er jene Ebene, die ihm von der französischen Seite vorgegeben wurde (dass dieser informiert war, konnte Bernhard voraussetzen).¹⁰³ Ludwig XIII. thematisierte kaum detaillierte Planungen. Die Auseinandersetzung war damit nicht zuletzt eine über die Kommunikations- und Befehlsstrukturen innerhalb des französisch-weimarischen Bündnisses. Bernhard missfiel, dass der König und der Kardinal vielfach nicht direkt mit ihm korrespondierten, sondern er von ihn betreffenden Entscheidungen durch Untergeordnete erfuhr, durch Militärs und die Verwaltung. Dies nährte seinen Argwohn, Frankreich wolle ihn in seinen Kommandovollmachten beschneiden und kontrollieren. Sein Misstrauen gegenüber Paris beförderte auch eine Auseinandersetzung mit französischen Befehlshabern in der Region, die eigenmächtig Steuern und Zölle erließen.¹⁰⁴ Die französische Regierung müsse seine Machtposition und Rechte im Elsass deutlich machen, damit bekannt sei, „comment ils doivent vivre avec moy à
100 Bernhard v. Weimar an Richelieu, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Fol. 174r. – 175r.; Kopien: ebd., Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 88r. – 90v.; LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 346c. 101 Bernhard v. Weimar an de Noyers, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 177r. – 178r., hier Bl. 177v.; Abschriften: Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 84r. – 86r.; LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346c. 102 Vgl. Bernhard v. Weimar an Claude de Bullion, Colmar, 15. September 1638 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 92r. 103 Vgl. Bernhard v. Weimar an Ludwig XIII., Colmar, 22. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 170r. – 171v., Abschriften: Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3768, Bl. 96r. – 99v.; ebd., Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 84r. – 86r.; LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346c. 104 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 311 ff.
Drängen auf Hilfe
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l’avenir“ und wie sie sich gegenüber ihm und den Seinen zu verhalten hätten („qu’ils pourraint faire contre moy ou les miens“).¹⁰⁵ Ludwig reagierte nun beruhigend. Bernhard werde über alles informiert werden, er werde ihn nach Möglichkeit unterstützen und sehe, dass dieser gegenwärtig an zahlreichen Stellen beschäftigt, ja „überladen“ sei. Die exzessiven Ausgaben für den Krieg hätten die Möglichkeiten Frankreichs jedoch erschöpft.¹⁰⁶ Dem Militär d’Hoquincourt gegenüber wiederholte er auch, dem Herzog zugestanden zu haben, dass er „jouisse de tous les droitz et revenus, qui appartenaient y devant à la maison d’Autriche en Alsace“. Der Herzog solle aufgrund seiner Verdienste um die Krone gut behandelt werden und damit er dieser weiterhin in „constante affection“ sowie zum „bien public“ gewogen bleibe.¹⁰⁷ Turenne und Guébriant wurden zum Herzog gesandt und seinem Kommando unterstellt. Sie nahmen seitdem Teil an der Einnahme Breisachs.¹⁰⁸ Großen Anteil daran hatte endlich auch Hans Ludwig von Erlach, der in den letzten Wochen vor der Übergabe die militärischen Operationen leitete.¹⁰⁹
105 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Rötteln, 16./26. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 30 – 33, hier S. 32 f.; es geht insbes. um den Befehlshaber Colmars. 106 Vgl. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Chantilly, 24. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 100r. – 100v. ; Zitate : Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 2. Oktober 1638 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 103r. – 104v.; Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 11. November 1638 (Abschrift), ebd., Bl. 111r. – 111v.; bereits Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 8. November 1638 (Abschrift), ebd., Bl. 109r. – 109v.: Der König wünschte Erfolg bei der Einnahme Breisachs; Chavigny an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Oktober 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 201r. – 203r., hier Bl. 201r.; Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 4. Oktober 1638 (n.S.), LATh-HStAWeimar, A 343, Bl. 509r. – 510v., hier Bl. 510r. 107 Ludwig XIII. an d’Hoquincourt, Saint Germain en Laye, 6. November 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 588r. – 588v. 108 Vgl. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 7. November 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 107r.; zu Turennes Rolle Bérenger: Turenne, S. 143 – 147. 109 Vgl. zur Zusammenarbeit bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Hünniger Schanze, 24. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 131 f.; Ders. an Dens., Rheinfelden, 27. November 1638, in: ebd., S. 123 f.; die Gratulation M. Ferrets, des Sekretärs Bernhards: M. Ferret an Hans Ludwig v. Erlach, in: ebd., S. 127: „vous avez tant de part (…) à ce grand ouvrage“.
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Die Übergabe Im Dezember erklärte Vorderösterreich die Bereitschaft zu Verhandlungen. Die Kriegshandlungen wurden eingestellt und Geiseln ausgetauscht,¹¹⁰ der Herzog sandte seine Übergabebedingungen an Reinach.¹¹¹ Die Verhandlungen führten der österreichische Kanzler Isaak Volmar und für Bernhard zumeist sein Adjutant von der Grün.¹¹² Das Verhältnis zwischen dem Herzog und Volmar war spannungsgeladen. Bernhard fühlte sich von dem Kanzler beleidigt, dieser achte die Standesdifferenz nicht,¹¹³ Volmar beklagte sich über eine seiner Stellung nicht gemäße Behandlung.¹¹⁴ Er musste letztlich nachgeben. Der Herzog sah sich auch nicht mehr an jene „ritterliche Haltung“ gebunden, die vom Sieger bei einer zeitigen Übergabe und Wahrung der Ehre des Gegners erwartet wurde:¹¹⁵ Er war kaum bereit, auf Wünsche von Breisacher Seite einzugehen.¹¹⁶ Am 17. Dezember 1638 erfolgte die Kapitulation.¹¹⁷ Bernhard schloss den Übergabevertrag in seinem Namen ab.¹¹⁸ Überläufer waren dem Herzog zu über-
110 Zu den Verhandlungen Röse: Herzog, Bd. 2, S. 268 – 275. 111 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 4./14. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 128 f.; zu Formen von Kapitulationen, allerdings bezogen auf das 18. Jh., Hohrath: Cartellen, S. 151 f. 112 Vgl. auch Schnitzler: Geschlecht, S. 47; Fassung Volmars: FB Gotha, Chart. A 730, Bl. 373r. – 375r.; Forderungen der Stadt Breisach, an den Übergabeverhandlungen beteiligt zu werden, hatten der Herzog wie Reinach abgelehnt, vgl. Rat und Bürgerschaft zu Breisach an Bernhard v. Weimar, Breisach, 6./16. Dezember 1638: Röse: Herzog, Bd. 2, S. 274. 113 Vgl. Isaak Volmar an Bernhard v. Weimar, Breisach, 5./15. Dezember 1638; Ders. an Dens., Breisach, 7./17. Dezember 1638; auch Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 6./16. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 754 f., hier S. 755; dazu hatten abgefangene Briefe Volmars beigetragen, vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 160. 114 Vgl. Accords Puncten. Worauss der Generalfeldtzeugmeister Freyherr von Reinach seinen abzug auß Breysach nehmen mag: FB Gotha, Chart. A 730, Bl. 373r. – 375r., hier Bl. 374r.f. 115 Vgl. Warnke: Bühne, S. 167. 116 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 29. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 121 f.; Bernhard v. Weimar an Erlach, FB Gotha, Chart. A 730, Bl. 376r. – 379r.: Replic Brief Ihr hertz. Gn. Deß Herzog Bernhardts von Sachsen Weimar überschickte Accordts Punct; ebd. Bl. 381r. – 388v.; zu den Belagerungskosten, die Bernhard in Stellung brachte: Röse: Herzog, Bd. 2, S. 279; der Herzog habe sich mit Gold, Silber u. a. aus dem erzherzoglichen Schloss in Breisach entschädigt. 117 Die Kapitulationsurkunde: FB Gotha, Chart. A 730, Bl. 408r. – 410r. 118 Es liegen im Nachlass Bernhards verschiedene (Entwurfs‐)Fassungen vor; die vermutlich gültige: FB Gotha, Chart. A 370, Bl. 387r.; eine französische Entwurfsfassung: ebd., Bl. 389r.; vgl. Zeitungen Von Brysach/ Wie solche vornehme Festung … mit Accord vbergangen/ vnd … in Frantzösische Gewalt gerathen.
Die Übergabe
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geben, die Gefangenen sollten größtenteils ausgetauscht werden.¹¹⁹ Mitgliedern der österreichischen Regierung und Kammer war der freie Abzug aus Breisach erlaubt, sie hatten aber fast alle zur Kanzlei, Kammer, zum Rathaus und zur Registratur gehörende Archivalien und Unterlagen zu übergeben und über diese Bericht zu erstatten.¹²⁰ Die Verfügung über das Archiv bildete eine Grundlage für eine funktionsfähige Regierung, unter anderem für Steuerhebungen, und verringerte die Chancen des Gegners, weiterhin politisch Einfluss nehmen zu können.¹²¹ Der Vertrag beinhaltete darüber hinaus Regelungen zur Konfessionsfrage: Den Einwohnern Breisachs wurde die Ausübung ihrer bisherigen Religion zugesichert, Kirchen und Klöster sollten nicht geplündert werden, Kirchenleute konnten die Stadt auf Wunsch verlassen.¹²² Nachdem weimarische Soldaten am 18. Dezember die wichtigsten Posten in Breisach eingenommen hatten, erfolgten am Tag darauf der Abzug der Besatzung und die vollständige Übernahme durch Bernhard.¹²³ Er ließ die abziehenden Soldaten, die teils vor Auszehrung kaum mehr in der Lage waren, den Weg zu nehmen,¹²⁴ für zwei Tage mit Brot ausstatten und die zu Land Ziehenden bis Offenburg durch weimarisches Militär begleiten, danach bis Stollhofen (Rheinmünster) nördlich von Straßburg durch einen Trompeter; die per Schiff transportierten Kranken und Verwundeten erhielten gleichfalls „sichere[n] Convoy“. Das waren mithin übliche Regelungen zur Verpflegung und zum Schutz der Abziehenden wie ihrer Kontrolle.¹²⁵
119 Vgl. vergleichbare Regelungen im Akkord zur Übergabe Regensburgs: Accordt vnd Vergleichnuß Puncten/ Welcher Gestalt I. Fürstl. Gn. Herrn Bernhardten/ Hertzogen zu Sachsen … Die weitberühmbte Alte Reichs=Statt … Regenspurg/ Vbergeben worden. 120 Art. IX erlaubte es Reinach, jene Schriften mitzunehmen, die das „Kriegs/ Bauw und Proviant=wesen“ in seiner Amtszeit betrafen; die vorderösterreichischen Behörden waren allerdings erst 1633 nach Breisach verlegt worden und die Akten 1636 zum größten Teil gefolgt, vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 38, 193. 121 Vgl. Friedrich: Geburt, S. 218. 122 Die Regelungen entsprachen dem Vertrag von Saint Germain; entsprechend waren auch die Bestimmungen im Fall Rheinfeldens gestaltet, vgl. Burkart, Geschichte, S. 429. 123 Zum Abzug Röse: Herzog, Tl. 2, S. 277. 124 Vgl. [von der Grün:] Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … Helden Thaten, Bl. 233r. 125 Vgl. bsp. Accordt vnd Vergleichnuß Puncten/ Welcher Gestalt I. Fürstl. Gn. Herrn Bernhardten/ Hertzogen zu Sachsen … Die weitberühmbte Alte Reichs=Statt … Regenspurg/ Vbergeben worden; nicht enthalten waren Regelungen für Nichttransportfähige (anders bsp.: Accord Welcher Zwischen der Röm. Kays. Mayest. Und des heiligen Röm. Reichs Generalissimo … Wegen Vbergebung der Stadt Magdeburg … getroffen, § 7); allgemein Gurlt: Geschichte, v. a. S. 1 – 126.
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
Die Hungerkatastrophe Zur Übergabe hatten die effektive militärische Abschirmung und die dadurch bedingte Hungersnot in der Stadt geführt. Georg Engelsüß, der Feldprediger im Heer Bernhards, resümierte rein militärtaktisch, der Hunger gewinne jede Festung.¹²⁶ Möglicherweise hatten Getreidespekulationen die Lage in der Stadt verschärft.¹²⁷ Nach dem Verständnis des Herzogs trug Reinach als Statthalter die Verantwortung für die Stadtbevölkerung und die kaiserlichen Soldaten, nicht er als Belagerer. Zum Vorwurf machte er Reinach aber insbesondere die mangelnde Versorgung gefangener weimarischer Soldaten.¹²⁸ Auch in Ehrenbreitstein beispielsweise war 1637 die Übergabe durch Aushungerung der Festungsbesatzung erreicht worden,¹²⁹ zeitgenössische Autoren stellten die Breisacher Hungersnot jedoch als besonders grauenvoll heraus. Ihre Berichte prägten das Bild der Ereignisse langfristig.¹³⁰ Flugschriften und Zeitungen brachten Zahlen zu den Preissteigerungen und listeten auf, was die Menschen in ihrer Verzweiflung gegessen hätten,¹³¹ so Hunde oder Katzen, wie wiederholt auch von anderen Städten berichtet worden war.¹³² In extremem Gegensatz dazu standen die angeblich in der Stadt aufgefundenen Wertgegenstände, Edelmetalle, Perlen, Kleinodien, Geldstücke.¹³³ Auch Berichte aus der Region zeichneten ein Bild des Elends. Einer Straßburger Chronik zufolge kamen nach der Kapitulation Soldaten Reinachs „inn 9 schiffen, allhier (…) an (…) Es war ein ellender ahnblick, diesse arme, ellende, verhungerte menschen ahnzusehen, die mehr geystern und ge-
126 Vgl. Engelsüß: Feld=Zug, S. 10. 127 Vgl. zu Vorwürfen an Volmar und Familienangehörige: Seidel: Oberelsaß, S. 159 f.; gegen Reinach und seine Frau: Röse: Herzog, Tl. 2, S. 268 f. u. Fußn. 86 (S. 410). 128 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 275; vgl. Hans Heinrich v. Reinach an Bernhard v. Weimar, Straßburg, 12./22. Dezember 1638; [von der Grün:] Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … Helden Thaten, Bl. 234. 129 Vgl. Lahrkamp: Jan von Werth, S. 67– 78. 130 Die Hungersnot wurde u. a. aufgegriffen von Revius: Verovering, S. 183; Theatrum Europaeum, Tl., 3, Frankfurt a. M. 1644, S. 1025 f. 131 Vgl. Kurtze Summarische Verzeichnuß/ etlicher denckwürdiger/ und zum theil sonst in Historien nicht viel erhörter Sachen/ so sich in der Belagerung Breysach … begeben. Von einem hohen und vornehmen Officir; Warhaffter Bericht/ unnd Beschreibung: Was Nach deme … Brysach … von Ihre Fürstl. Gn. Hertzog Bernhard von Sachsen Weymar … eingenommen: Darinnen … inventiret unnd gefunden worden. 132 Vgl. bsp. Confirmation novvelle de la grande Victoire de Nordlingen, A 4. 133 Vgl. Warhaffter Bericht/ unnd Beschreibung: Was Nach deme … Brysach … von Ihre Fürstl. Gn. Hertzog Bernhard von Sachsen Weymar … eingenommen: Darinnen … inventiret unnd gefunden worden; Ordentliche Wochentliche Post-Zeitungen, [München], Nr. 2 (1639), Meldung „Auß Breysach/ vom 4. Dito [Januar 1639]“.
Die Hungerkatastrophe
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spenstern alss lebendigen menschen gleich sahen. Der obriste von Reyhnach kam in die statt, die anderen mußten auff den schiffen bleiben, denen man proviandt auss der statt hinaussschickte, deren noch viel draussen sturben. Die gantze statt lieffe hinauss diesse ellende menschen zu sehen.“¹³⁴ Gehörtes und die spätere Überlieferung mögen gleichwohl das eigene Erleben überformen. Auch Grimmelshausens „Simplicissimus“ hat seinen Anteil am Bild des Hungers vor und in Breisach.¹³⁵ Kurz nach der Kapitulation kamen Berichte über Kannibalismus unter den Belagerten auf.¹³⁶ Ihr Wahrheitsgehalt ist umstritten.¹³⁷ Sie unterstrichen die Dramatik der Lage, vor allem durch den teils gewählten drastischen Vergleich mit dem, was an Schätzen in der Festung vorgefunden worden sei¹³⁸ und der Kommandant noch an Essbarem gehabt habe.¹³⁹ Sie blieben aufgrund dieser Grenzüberschreitung im Gedächtnis, sie berichten vom Unerhörten und spiegeln teils die Erschütterung über das Berichtete.¹⁴⁰ Generell finden sich Berichte über Kannibalismusfälle im Dreißigjährigen Krieg nach 1635;¹⁴¹ sie sind mindestens eine Reaktion auf die zunehmenden, sich verdichtenden Gewalterfahrungen im andauernden Krieg und das beständige Gefühl elementarer Bedrohungen.¹⁴² Dabei übernahmen auch hier vielfach Autoren Motive und Formulierungen aus anderen Veröffentlichungen.¹⁴³ Das Erlebte habe sich nur noch im metaphorischen Diskurs ausdrücken lassen
134 Reuss: Strassburg, S. 35. 135 Vgl. Grimmelshausen: Simplicissimus, IV. Buch, 14. Kap., S. 401. 136 Vgl. Kurfürst Johann Georg v. Sachsen an Landgraf Georg v. Hessen-Darmstadt, 29. Dezember 1638, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 521; Breysachische Hungers-noth/ Und umbständtliche Verzeichnuß; vom Kannibalismus spricht auch Greflinger: Krieg, S. 115; Ende des 17. Jh.s: Curieuser GeschichtsKalender. Der Allerdurchl. Röm. Kayser und Erz-Herzogen/ so aus dem Hause Oesterreich entsprossen, S. 114. 137 Vgl. Fulda: Gewalt; Klinger: Formen v. a. S. 116 f. 138 Vgl. Warhaffter Bericht/ unnd Beschreibung: Was Nach deme … Brysach … von Ihre Fürstl. Gn. Hertzog Bernhard von Sachsen Weymar … eingenommen: Darinnen … inventiret unnd gefunden worden. 139 Reinach hatte offensichtlich auch in Breisach den Ruf des Unnachgiebigen und zur Grausamkeit Neigenden, vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 29. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 121 f. 140 Einen Zusammenhang zum konfessionellen Konflikt stellen die zeitgenössischen Quellen nicht her; die These, der Kannibalismus habe dazu geführt, dass die etablierten Dogmen und konfessionellen Fronten in Frage gestellt wurden (vgl. El Kenz/Gantet: Guerres, S. 129), belegen sie jedenfalls nicht unmittelbar. 141 Vgl. Gantet: Paix, 120 ff. 142 Zum folgenden vgl. Fulda: Menschenfresser; Fulda/Pape: Essen. 143 So stammten Texte aus dem „Theatrum Europaeum“ (vgl. ebd., Tl., 3, S. 163), das selbst wieder die Flugschriftenpublizistik verwertete; hierher bezog auch der Ulmer Schuster Hans Heberle seine Informationen: Zillhardt: Krieg, S. 175 ff., 285; zu Mediengeflechten: Bellingrath: Flugblatt.
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können, mit üblichen Worten sei den Erfahrungen kein Ausdruck mehr zu verleihen gewesen. Eine solche Unsagbarkeitstopik kennen auch anderweitige Zeugnisse des Dreißigjährigen Krieges.¹⁴⁴ Erlebte Ängste artikulierten sich hier in einer auf das Extreme zugespitzten Form. Ebenso können Bewältigungsversuche existentieller Grenzerfahrungen angenommen werden.¹⁴⁵ Glaubwürdig sein mochten die Kannibalismusberichte, weil es zahlreiche andere Schilderungen des Hungers und seiner Auswirkungen gab, die eine weitere Steigerung möglich erscheinen lassen konnten. Eine Schuldzuweisung an den belagernden Herzog nahmen diese Texte nicht vor. Schließlich aber sollen, so das Armeejournal von der Grüns, Bernhard und Reinach selbst von drei Fällen gesprochen haben. Der Herzog habe dafür Reinach die Verantwortung zugewiesen und von „eine[r] unerhörte[n], unverantwortliche[n] und crudele[n] Tat, so der Gerechte Gott nicht ungestraft würde lassen hingehen“ gesprochen; der Kommandant habe ihm die Stiefel küssend um Gnade gebeten.¹⁴⁶
Siegesfeiern und Friedenshoffnungen Der Breisacher Akkord wurde rasch in verschiedenen Ausgaben publiziert,¹⁴⁷ angesichts des hohen Stellenwerts Italiens für die Außenpolitik Ludwigs XIII. und Richelieus auch für das italienische Publikum.¹⁴⁸ Die Veröffentlichung machte die neue Position des Siegers und den neuen Rechtszustand publik und war Teil der Imagebildung. Die weimarisch-französisch-schwedische Seite feierte „Breisach“ umfänglich. Ein Dankgottesdienst in Erfurt machte aus dem Sieg einen für Schwe-
144 Vgl. Theibault: Rhetoric; Merzhäuser: Schwelle, S. 81; Krusenstjern: Buchhalter, S. 143 f.; Medick: Krieg. 145 Vgl. Beiderbeck: Narrativierung. 146 Vgl. [von der Grün:] Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … Helden Thaten, Bl. 234; auch Medick: Krieg, S. 191 – 194. 147 Vgl. Breisachischer Accordts Puncten Extract So zwischen Röm: Kais: Majest. Herrn General FeldZeugmeistern Freyherrn von Reinach/ vnd Hertzog Bernhardts von Weimar Fürstl. Gn. den 18 (28) Decembr. 1638. Vorgangen vnd beschlossen worden; Breysachische Accords=Puncten zwischen dem … Herren Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen … Und … Herren General Feldtzeugmeister/ Freyherren von Rheinach/ als Gubernatorn der Statt und Festung Breysach; Accords-Puncten/ zwischen Ihr. Fürstlichen Gnaden Herrn Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen … Und dem Herrn General Feldzeugmeistern/ Freyherrn von Reinach/ als Gouverneur zu Brysach/ wegen Ubergab derselben Stadt und Vestung. 148 Vgl. Articoli, & alte circonstanze, e particolarità della presa di Brisac, fattasi dal Sig. Duca di Vaimar, Frankfurt [Jan. 1639]; zu Italien in der französischen Politik vgl. Blum: Diplomatie; Externbrink: Coeur.
Siegesfeiern und Friedenshoffnungen
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den, offerierte ihn aber auch „allen rechtgläubigen Christen“.¹⁴⁹ Der Predigttext erschien ebenso gedruckt wie die Colmarer Dankpredigt des lutherischen Stadtpfarrers,¹⁵⁰ Im Breisacher Münster hielt Bernhards Hofprediger Daniel Rücker eine vielfach aufgelegte Dankpredigt unter dem Leitspruch „Der Herr der gerecht ist, hat der Gottlosen Seil abgehawen“ (129. Psalm, 4. Vers). Gott habe dem Weimarischen Heer 1638 „so wol gewolt/ dergleichen in keiner Historia zu finden“ und ihm den „Weg über den Rhein in unser geliebtes vatterland gezeiget“. Für die „Kinder Israels“ – hier die Protestanten – bedeute dies eine „innigliche herzensfrewd“. Der konfessionellen Rhetorik folgten Verheißungen für verschiedene Interessengruppen und die Ankündigung der Bernhard‘schen Ansprüche. Rücker bezog „Breisach“ ausdrücklich auf den Herzog und die Ernestiner: Das „Edle Rautenkräntzlein“ solle sich freuen. Gott habe ihm „nun mehr (…) ein Wurzgärtlein eingeraumbt/ darinnen du grünen vnd wachsen kanst/ nunmehr hat dich der HERR dein GOtt hoch erhöhet/ vnd zu deinem vnsterblichen Ruhm vnd Preiß einer Jungfrawen eines Königs vnd Keysers Tochter/ auffgesezet/ nunmehr hat dich der Herr dein Gott (…) zu einem Schrecken gemacht“. Während der Rauten-Kranz, die grüne Zierleiste mit Blättern auf den Wappen, für die Ernestiner stand, war die Tochter Breisach. Das „Wurzgärtlein“ verwies Zuhörer und Leserinnen darauf, dass von hier aus eine Herrschaft Bernhards erwachsen sollte und ein neuer Ausgangsort der Dynastie sein konnte. Rücker sprach auch die Funktionsträger des Heeres und des Bernhard‘schen Hofs an: „Frewet Euch ihr Generalen/ Obersten/ Räthe/ hohe vnd nidrige Officirer/ dann jeze sehet ihr Augenscheinlich/ daß die Hand deß HERRN mit ewerem Generalissimo seye/ jetzt erkennet ihr Handgreifflich/ daß Er deß Allerhöchsten Krieg führe/ Jetzt wisset ihr vnfehlbar/ daß ewre Mühe/ ewere Arbeit vnd Beständigkeit nicht vergebens vnd vmbsonst.“ Das spielte auf die in dieser Gruppe erwarteten Kompensationen an. Mit der vielfach verwendeten Friedensformel des Alten Testaments¹⁵¹ versprach der Hofprediger den „benachbarte[n] vnd bedrangte[n] Ständ/ Städt vnd Gemeinden (…) Erlösung“. „Von nun an“ werde „verhoffentlich ein jedweder widerumb vnter seinem Weinstock vnd Feygenbaum bey seinem Ackerbaw
149 Ihn veranlasste der dortige schwedische Kommandant Christoph Heinrich von der Goltz, vgl. Sturm: Tripudium Gera-Svedicum. 150 Vgl. Jodocus Haase: Jubilum Colmariense oder Christliche frewdenreiche Danck-Predigt, welche, nach dem die weitberiimbte Vestung Preisach… von dem… Herren Bernhardt, Hertzog zu Sachsen… nach 18-wochentlicher schwerer Belagerung den 7. Decembris 1638 erobert vnd durch Ûbergab eingenommen worden, auff… Befehl Fines loblichen… Magistrats zu Colmar den 14. Tag gemelten Monats ist gehalten worden …, Colmar 1639, nachgewiesen bei: Scherlen: Krieg, S. 334; Waltz: Bibliographie, S. 115; Colmar wechselte auch Salutschüsse mit Breisach, die Stadt hatte mit Bernhard zusammengearbeitet. 151 Vgl. Micha 4,4; Sacharja 3,10; 1 Könige 5,5; neg. z. B. Psalm 105,33.
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vnd Häußlichem Wesen sicher vnd ohne Gewisens-Zwang wohnen vnd bleiben können.“¹⁵² In dieser Perspektive war die Einnahme eine Maßnahme gegen konfessionelle Bedrängungen. Bernhard erreichten zahllose Glückwünsche von Verbündeten und Sympathisanten,¹⁵³ Viele wollten sich in Erinnerung bringen. Mit zunehmenden Erfolgen war er interessanter geworden.¹⁵⁴ Diese Erfolge boten zugleich den Anlass, sich seiner zu versichern und an das eigene Schicksal zu erinnern, Bitten von Standespersonen nahmen zu. Graf Johann von Nassau führte Bernhard in der Hoffnung auf zukünftigen Beistand die Geschicke seines Hauses vor Augen,¹⁵⁵ die verwitwete Herzogin Anna Sabina von Württemberg-Weiltingen verwies ihn auf die schwierigen Umstände, unter denen sie und ihr Sohn lebten,¹⁵⁶ ähnlich die Witwe Ottheinrichs von Pfalz-Sulzbach, Dorothea Maria,¹⁵⁷ Herzogin Anna zu Württemberg bat um Geld wegen Bedürftigkeit,¹⁵⁸ ein Verbindungsmann der Herzogin von Croy, die sich schon früher an Bernhard gewandt hatte, bat den Herzog darum, ihre Interessen und die ihres Sohnes zu berücksichtigen.¹⁵⁹ Dass unter den Schreibern viele Witwen sind, erklärt sich mit ihrer oft besonders schwierigen Situation angesichts des Kriegsgeschehens.¹⁶⁰ Es
152 Rücker: Christliche Danck- Vnd Erste Evangelische Predigt, Aii-Aiii; eine erste Auflage erschien bereits 1638. 153 Vgl. bsp. die Glückwunschschreibung des Königs und seines Umfelds an den Herzog, so Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Versailles, 5. Januar 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 113r. – 113v., der König spricht vom „sure et honnerable paix“, an dem alles ausgerichtet sei; Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 6. Januar 1639 (Abschrift), ebd., Bl. 115r.; Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 9. Februar 1639 (Abschrift), ebd., Bl. 120r.; Chavigny an Bernhard v. Weimar, Rueil, 7. Februar 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 186r. – 186v. 154 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344; als Beispiele für Gratulationen zum Sieg bei Rheinfelden: Pfalzgraf Johann Casimir an Bernhard v. Weimar, Neuburg, 4. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 350r. – 350v.; Graf Johann zu Nassau-Saarbrücken an Bernhard v. Weimar, Metz, 8. August 1638, ebd., Bl. 351r. – 352v. 155 Vgl. Johann v. Nassau-Idstein an Bernhard v. Weimar, Metz, 8. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 351r. – 352v. 156 Vgl. Anna Sabina v. Württemberg an Bernhard v. Weimar, o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 9. 157 Vgl. Dorothea Maria v. Pfalz-Sulzbach an Bernhard v. Weimar, Hiltpoltstein, 5. Januar 1639, LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 13. 158 Vgl. Anna zu Württemberg an Bernhard v. Weimar, Kirchheim, 15. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 49r. – 50r. 159 Vgl. Anna von Croy an Bernhard v. Weimar, Stettin, 3./13. März 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 82r. – 84v.; Mr. Hespa an Bernhard v. Weimar, Metz, 11./21. Januar 1639 (ebd.). 160 Vgl. auch bsp. das Schreiben aus dem Jahr 1637: Eva Christina, verwitwete Markgräfin von Brandenburg, an Bernhard v. Weimar, Tübingen, 17. November 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 241r. – 242v. mit der Bitte um finanzielle Unterstützung.
Siegesfeiern und Friedenshoffnungen
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mögen auch Erwägungen im Spiel gewesen sein, die Aufmerksamkeit des ledigen Feldherrn in dezenter Art und Weise zu wecken.Vor allem ging es den Schreibern um Einflussnahme auf das Kriegsgeschehen, die Schonung der eigenen Territorien, um finanzielle Unterstützung, die Berücksichtigung eigener Rechte oder die Übertragung von Besitz. Ein Sohn des Zweibrücker Rats Philipp Streiff von Lauenstein bat den Herzog beispielsweise um die Rückerstattung von Land, das sein Vater als schwedische Donation erhalten hatte,¹⁶¹ Helene Eleonore von Leyen, deren Herrschaft Burkheim Bernhard erobert hatte, wollte wieder über ihren Besitz in Breisach verfügen können.¹⁶² Mit dem Breisacher Sieg verbanden sich darüber hinaus weiterführende Hoffnungen: Nun könne der Krieg in die Länder des Gegners getragen werden, erklärte der Schweizer Botschafter Grotius, mit dieser Eroberung seien alle vorangegangenen Eroberungen des Herzogs abgesichert, die Schweizer Freiheit („de Switsersche Vryheit“) aus großer Gefahr befreit und die Passage nach Deutschland offen. Was für den Kaiser „soo qualijck“ sei, komme den Niederlanden höchst gelegen, schrieb Jakob Revius.¹⁶³ Das Kriegsende zu Ungunsten Habsburgs schien greifbar zu werden.¹⁶⁴ Auch Elisabeth Stuart, die Winterkönigin, ging in ihrem Den Haager Exil davon aus, dass es nun Frieden geben werde.¹⁶⁵ Der niederländische Humanist Caspar Barlaeus, der in engem Kontakt mit Joachim von Wicquefort stand, hatte schon vor Breisach über Bernhard gesagt, er sei „le seul de l’Europe qui triomphe de la maison d’Autriche“.¹⁶⁶ Hessen-Kassel hoffte auf Zugeständnisse des Kaisers.¹⁶⁷ Auf habsburgischer Seite war die Enttäuschung umso größer. Piccolomini beispielsweise hatte im Vorjahr noch geglaubt, 1639 könne Frankreich besiegt und zum Frieden gezwungen werden.¹⁶⁸ Der Herzog selbst betonte, die Eroberung diene „unsirn betrübten Vatterland“, also dem deutschen. Ähnlich hatte er beim Rheinfeldener Sieg erklärt, er helfe „dem
161 Vgl. Streiff von Lauenstein an Bernhard v. Weimar, Paris, 12. April 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 218r. – 219v. 162 Vgl. Helene Eleonore von Leyen an Bernhard v. Weimar, Konstanz, 14. März 1649, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 159r. – 160v. 163 Revius: Verovering. 164 Vgl. Elisabeth Stuart an Laud, Den Haag, 11. Januar 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 753; das Gratulationsschreiben an den Herzog: Dies. an Bernhard v. Weimar, Den Haag, 30. Dezember 1638, in: ebd., S. 748 f., Paris, BnF, MS Baluze 183, fol. 68r. – 69r. 165 Vgl. Elisabeth Stuart an Howard Arundel, Den Haag, 1./11. Januaar 1639, in: Hauck, Briefe, S. 10. 166 Vgl. M. G[aspar] Barlée an Joachim von Wicquefort, Amsterdam, 16. September 1638, in: Lettres de M. J. de Wicquefort, S. 141 – 149, hier S. 143; Barlaeus: Brisacum. 167 Vgl. Bechert: Außenpolitik, S. 9. 168 Piccolomini an Olivares, o.O., 17. Oktober 1638, in: Documenta Bohemica, Tl. 6, Nr. 700.
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
unsrigen betrübten Vatterland zu etwas Erleuchterung seiner schwehren bürde“.¹⁶⁹ In offiziellen und offiziösen Schreiben gab er nicht genau zu erkennen, was er plante. Er blieb bei jenen stereotypen Wendungen, die auch seine Korrespondenzpartner gerne nutzten. Breisach sei, so Chavigny, von großem Nutzen für den „estat“ und die „cause commune“, der Herzog habe sich mit der Einnahme einer der „plus fortes et des plus importantes Villes de l’Europe“ große Reputation erworben.¹⁷⁰
Ein Sieg für Frankreich In Frankreich wurden die Kriegsereignisse und insbesondere Siege vor allem über die offiziöse Berichterstattung der „Gazette“ und über die Kirche, über Dankgottesdienste („Te Deum“)¹⁷¹ vermittelt. Sie boten selektive Informationen zum Kriegsverlauf; im Zentrum stand der königliche Ruhm. Niederlagen, der Kriegsalltag und die blutigen Schlachten wurden ausgespart.¹⁷² Auch Breisach erschien in erster Linie als französischer Sieg, für den Dankfeiern veranstaltet wurden.¹⁷³ Zentral war die Feier am 29. Dezember 1638 in Notre Dame, bei der das Parlement, die Chambre des Comptes, die Cour des Aides und der Magistrat der Stadt sowie angeblich zahlreiche Menschen aus dem Volk anwesend waren. Der Praxis entsprechend, Fahnen des Feindes an repräsentativen Orten zu sammeln und als Siegeszeichen zur Schau zu stellen,¹⁷⁴ wurden erbeutete Standarten und Fahnen präsentiert, das Te Deum angestimmt und Gebete für den König gesprochen. Musik in der Kirche wechselte sich mit außerhalb abgefeuerten Schüssen ab.¹⁷⁵ Feiern fanden ebenso in St. Germain und Rueil statt, den Schlössern des Königs beziehungsweise Richelieus im Pariser Umland.¹⁷⁶
169 Bernhard v. Weimar an Pfalzgraf Johann Casimir, Chavaly, 5. Januar 1639, in: Tümmler, Briefe, S. 326 – 328, Zitat S. 327; Ders. an Dens., Neuenburg, 26. Juni 1638, in: ebd., S. 325 f., Zitat S. 326. 170 Chavigny an Bernhard v. Weimar, Rueil, 7. Februar 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 186r. – 186v. 171 Zur Bedeutung des Te Deums für die französische Monarchie vgl. Tricoire: Gott, S. 207– 209, 237. 172 Vgl. Forssberg: Story, S. 71 – 84. 173 Vgl. verschiedene Berichte in der Gazette, beginnend mit: Gazette, Nr. 121 (1638), S. 501 – 504. 174 Vgl. Parker: Dynastic war, S. 150; Jucker: Raub, S. 66. 175 Vgl. Gazette Nr. 2 (1639), S. 8; vgl. bereits zur Feier nach dem Sieg Bernhards in Rheinfelden: Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 16. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 67r. – 68v., hier Bl. 67r.; Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 5. April 1638 (n.St.), in: Nellen/ Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 465 f, hier S. 465. 176 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 500.
Französische Presse
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Für Frankreich bündelten sich 1638 die glücklichen Wendungen. Im Februar 1637 schon war Kaiser Ferdinand II. gestorben, an verschiedenen Fronten gab es 1638 die erhofften Siege. Vor allem hatte die Königin im September 1638 nach 23 Ehejahren einen Thronfolger geboren, Ludwig (XIV.). Damit war die wegen einer unklaren Nachfolge befürchtete Staatskrise zunächst abgewehrt. Die Geburt wurde als göttliches Zeichen inszeniert. Alexandre Boudan verband sie im Bild mit dem Gewinn Breisachs: In seinem „Le vray pourtraict de Monseigneur le Dauphin nay le 5e jour de septembre 1638 au Chasteau Royal de St Germain-en-Laye“ bietet Bernhard Breisach dem Thronfolger dar.¹⁷⁷ Bernhard wird damit mit dem Geschehen Breisach aufgewertet und gleichzeitig klar in das französische Macht- und Politiksystem eingeordnet.
Die französische Presse Der Regierungspolitik entsprechend präsentierte die „Gazette“ Breisach als zentralen Positionsgewinn für Frankreich. Der Rhein sei nun nicht mehr Grenze für Frankreich: „La Iustice des armes du Roy ont triomphé par son [Bernhards] moyen de nos ennemis, & fait que le Rhin ne nous est plus frontière.“¹⁷⁸ Der Begriff der „frontière“ (statt der „limites“) macht deutlich, dass es hier um die militärische Grenze ging, nicht um Territorialgrenzen. Legitimiert wurden die Ansprüche allerdings mit dem Hinweis, die Stadt sei Patrimonium der alten Gallierkönige gewesen, eine Anspielung auf den seit dem 16. Jahrhundert beliebten „Mythos der gallisch-französischen Nation“.¹⁷⁹ Durch eine Veränderung des Flusslaufs sei die Stadt an Habsburg gefallen. Die Ambitionen der Feinde Frankreichs müssten am Rhein gestoppt werden – ein Eroberungsfeldzug erschien damit als mögliche Gefahr.¹⁸⁰ Das war auch eine Folge der „année de Corbie“. Die Argumentation entsprach aber auch der von Richelieu vertretenen „Vorstellung vom Rhein als Ost-
177 Alexandre Boudan: Le vray pourtraict de Monseigneur le Dauphin nay le 5e jour de septembre 1638 au Chasteau Royal de St Germain-en-Laye; abgebildet in: Duccini: Dauphin, S. 219, vgl. auch S. 218 – 222; Mercure françois ou suite de l’histoire, Bd. 22 (1638), S. 47, der mit einer Aufzählung französischer Siege des Jahres 1638 zur Geburt des Thronfolgers hinführt; vgl. auch bereits die Bekanntmachung der Schwangerschaft der Königin in der Gazette, Nr. 50 (1638), Extraordinare, S. 200. 178 Gazette, Nr. 180 (1638), S. 757– 760, hier S. 758. 179 Jürgensen: Übersetzungen, S. 31; vgl. Stein: Rubicon, S. 114 – 119; zur Bezeichnung „Galli“ für die Franzosen vgl. auch die lateinische Korrespondenz von Grotius. 180 Vgl. Gazette, Nr. 180 (1638), S. 757– 760, hier S. 758.
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grenze des Königreiches“, die im Laufe des Krieges an Bedeutung gewann.¹⁸¹ Breisach war damit ein Sieg für den König, ein Triumph über die Feinde Frankreichs und, hier trafen sich die Logik der französischen Regierung und die Bernhards, ein Erfolg für die Freiheit Deutschlands.¹⁸² Es gab in der französischen Publizistik auch kritische Töne gegenüber dem Herzog. Die „Harangve faite av dvc de Vveymar“, die als Reaktion auf seine Ansprüche auf die von ihm eroberten Gebiete zu lesen ist, spielte seine Rolle herunter. Es sei für ihn bereits eine Auszeichnung, dass der Kardinal ihn ausgewählt habe, für die „Ehre ganz Frankeichs“ tätig zu werden. Seine Siege habe erst das Trio von König, Königin und Kardinal ermöglicht: der König durch seine göttliche Gerechtigkeit und seine Ratschläge, die Königin mit ihren Gebeten, der Kardinal als „seul Chef“ der Bernhard‘schen Unternehmungen und Eroberungen.¹⁸³
Warnungen Aus der Perspektive Habsburgs und der seiner Verbündeten wurden die militärischen Ereignisse, die unmittelbar zur Einnahme Breisachs geführt hatten, nicht publizistisch aufgegriffen. Diese Niederlage wurde ausgespart, vereinzelt kritisch thematisiert wurden aber (mögliche) Konsequenzen des Bernhard‘schen Gewinns. Der Jesuit Jacob Balde sprach in einer Ode von den Tränen und Schmerzen, die es bedeute, dass Breisach, „des deutschen Zeus/ Felsen Tarpejas“, die „in die Hand des Brennus“ gefallen sei, des gallischen Siegers über Rom.¹⁸⁴ Konkreter wurden Texte, die vor einer Stärkung des französischen Einflusses durch Bernhards Bündnis und 181 Kleinehagenbrock: Alte Reich, S. 136; Rohan suggerierte im Bericht zu seiner Grand tour, die Stadt Straßburg gehöre eigentlich zum Herrschaftsbereich des französischen Königs, vgl. Rohan: Voyage, S. 6, 9. 182 Gazette, Nr. 155 (1638), 2. November 1638, S. 649 – 656; den Herzog präsentierte sie als Kommandanten der „armes du Roy dans l’Alsace & le Brisgau“: Gazette, Nr. 3 (1639), S. 11. 183 [Anonym:] Harangve faite av dvc de Vveymar, das Erscheinungsdatum ist auf die Zeit nach der Einnahme Breisachs zu datieren; der Pariser Verleger und Kupferstecher Moncornet veröffentlichte einen Kupferstich des Herzogs mit einer Szene zur Breisacher Eroberung, dessen Begleittext genau diese Erfolge positiv aufführte: „Ce Duc, qui des Grands Ducs de Saxe prist naissance, A Lutzen Pappenheim, Iean de Werth à Rhinfeld, A Wittenweyher Goetz, le Duc Charle à Oxfeld, Il vainquist: Et puis mit BRISAC sous sa puissance“, Balthasar Moncornet: Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, o. J., Bildmaße 135x105 mm, Porträtsammlung HAB, Inv.-Nr. I 11443,3, Online-Datenbank (portraits.hab.de), Nr. A 27817. 184 Jacob Balde: Auctoris melancholia. Quam è campis redux, audiret, Brisacum à Duce Vinmario occupatum, in: Ders., Opera, S. 45 f.; Neubig: Bavaria’s Musen, S. 119 f.; vgl. Schoolfield: Jacob Balde, S. 441 – 454; Balde stammte wie Reinach aus Ensisheim, dem vorderösterreichischen Regierungssitz, und war Prediger und Historiograph am bayerischen Hof.
Warnungen
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vor Gefahren für das Reich warnten. Eine Publikation der Kapitulationsvereinbarungen sprach von der Übergabe Breisachs „aus den H. Römischen Reichs Händen/ in Frantzösische Gewalt“ und konstruierte eine zunächst nicht vorhandene Eindeutigkeit.¹⁸⁵ Hier erscheint der Herzog von Weimar als derjenige, der das Reich schädigt. Die Frage, was Bernhard mit seinen Eroberungen vorhabe bzw. welche Möglichkeiten er überhaupt habe, wurde im Reich bereits 1638 gestellt. Dem deutschen Publikum war bekannt, dass seine Armee wesentlich von Frankreich finanziert und er mit französischen Truppenteilen unterstützt wurde.¹⁸⁶ Eine Flugschrift brachte vermeintliche Insidereinsichten in Form einer fiktiven Unterredung Richelieus mit Père Joseph. Der Pater fragt, ob es sicher sei, dass Bernhard Breisach nach seiner Einnahme an Frankreich übergeben und „nicht für sich selber behalten“ werde. Richelieus Antwort ist vielschichtig: Der Herzog ziehe „Ehr vnd Glory allem Nutzen vor“ und der König könne ihn „anderer Orten besser recompensiren“, zudem werde er die Festung „wider vnsern Willen schwärlich behäupten“ können. Mit anderen Worten: Ihr Übergang an Frankreich sei sicher, und habe man Breisach, so könne Frankreich seine Unternehmungen am Rhein fortsetzen, „Spania vnd Teutschland separir[en]“ und nach dem Kaisertum greifen. Bernhard ist in dieser Lesart der Steigbügelhalter für Besitz- und Machtansprüche der französischen Krone.¹⁸⁷ Solcherart Schriften spiegeln die habsburgisch-bayerische Position und mussten die inzwischen verbreitete Ablehnung des Wirkens auswärtiger Mächte im Reich stärken, denen vorgeworfen wurde, dieses zum Kriegsschauplatz machten.¹⁸⁸ Der „Edle Rhein-strom“ müsse „frey“ von den Franzosen sein, hieß es in einer prokaiserlichen Flugschrift 1637,¹⁸⁹ eine andere stellte die Franzosen als unehren-
185 Vgl. Zeitungen Von Brysach/ Wie solche vornehme Festung … mit Accord vbergangen/ vnd … in Frantzösische Gewalt gerathen. 186 Vgl. bsp. Extract Schreibens aus Straßburg vom 3./13. August [1638] (hinter: Extract Schreiben eines vornehmen Keyserl. Obristen/ aus Offenburg … an eine Fürstl. Persohn). 187 Vertrawlich freundlich Gespräch/ zwischen Herren Cardinal Richelieu, und P. Joseph seinem Beicht-vattern – mit der darauf folgenden Wendung, der König wie der Herzog entstammten derselben Dynastie, schien dieses Bedrohungsszenario noch gestärkt und bereits das Titelblatt macht die antifranzösische Stoßrichtung des Textes drastisch deutlich: „Schön kräht der Han wann er weit ist/ Nit wann er scharrrt/ umb deinen Mist“; die Flugschrift erschien in mehreren Aufl.; zu ihr möglicherweise erklärte Hainhofer, sie stamme vermutlich von einem Konstanzer Kanoniker und treffe „zimlich zue“ (Philipp Hainhofer an August d. J. v. Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 10./ 20. Januar 1639, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 653 f.; Ders. an Dens., Augsburg, 27. Dezember 1638/6. Januar 1639, in: ebd., S. 653). 188 Vgl. Schmidt: Dominat, S. 278 f. 189 Vgl. Copia Schreibens/ an Ihr Churfürstl. Gn. Zu Mayntz.
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haft und betrügerisch dar,¹⁹⁰ ein Text warnte, eine weitere Uneinigkeit der Deutschen werde es „viel frembde[n] Völcker[n]“ erlauben, „das Teutsche Reich unter sich zu theilen/ in ihre Dienstbarkeit zubringen“ und sogar das Kaisertum zu erlangen.¹⁹¹ Das war nicht zuletzt eine Mahnung an den innenpolitischen Gegner im Reich.¹⁹²
Publizistik für den Herzog Auf verschiedenen Ebenen wurde die von Bernhard gewünschte Perspektive verbreitet. Die Mehrheit der publizistischen Erzeugnisse zu Breisach, der Lieder und Flugschriften, bestimmte ein positiver Tenor gegenüber dem Herzog von Weimar und der Einnahme. Vermittelt werden sollte der Triumph des überlegenen Militärs, der zu weiteren ähnlichen Taten in der Lage sein werde; zugleich sollte die Motivation des Gegners geschwächt werden. Manche Publikationen nahmen die Soldatenperspektive ein und mochten die Identifikation mit den siegreichen Truppen ermöglichen. Eine religiös geprägte Deutung wie jene des Hofpredigers Rücker stützten vorrangig Münzen und Bildnisse, so zeigt eine Münze Bernhard umrahmt von Palmen als Siegeszeichen haltenden Engeln, aus dem Himmel reicht ihm eine Hand einen Lorbeerkranz: „Brisach fortis, sed fortior deus fuit et Weimarius.“¹⁹³ Aufgrund des Bündnisses mit Frankreich verbot sich aber eine konfessionelle Polemik. Wiederholt wurde Breisach als Braut präsentiert und damit ein aus verschiedenen Kontexten bekanntes Motiv bedient. Ein zum Leipziger Konvent 1631 erschienenes Blatt hatte die katholischen Fürsten „als Bräute genau die Länder mit sich führen [lassen], die die Protestanten hatten erobern wollen“;¹⁹⁴ Lieder mit einem Dialog zwischen einer als Frau personifizierten Festung und dem Belagerer als um sie werbenden Mann waren gängig.¹⁹⁵ Die „Braut“ Breisach werde sich nicht mehr lange halten können, ließ eine Flugschrift einen angeblichen kaiserlichen Militär vor der
190 Kurtzer Inhalt vnd Beschreibung/ Als massen Hertzog Bernhardt von Weynmar/ vnd des Königs in Franckreich Kriegsvolck zu Pferd vnd Fueß/ zu Frühlings Zeiten des 1637. Jahrs/ in das Elsäß gesetzt. 191 Danckbarkeit Des Churfürsten zu Sachsen. 192 Vgl. Burkhardt: Geschichte, S. 200; Schmidt: Vaterlandsliebe, S. 363 – 369; vgl. die Klage über die Schwächung Deutschlands in: Jean Petage oder Frantzösischer Brillenreisser. 193 So die Inschrift, vgl. Tentzel: Saxonia Numismatica, Bd. 3, S. 546 – 549, Abb. S. 547. 194 Kommentar von Wolfgang Harms zu: Ein Newes Lied von dem Leipzigischen Schluß 1631, in: Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 2, Nr. 226. 195 Vgl. Sauermann: Lied, S. 305.
Publizistik für den Herzog
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Kapitulation äußern.¹⁹⁶ Der Bräutigam Bernhard erringt sie schließlich mit ihrem Einverständnis, aber gegen den Willen des kaiserlichen Vaters und in Auseinandersetzung mit zahlreichen Nebenbuhlern. Das war insbesondere eine Anspielung auf den Herzog von Lothringen.¹⁹⁷ Mit dem Brautmotiv wurde zugleich an Magdeburg erinnert, dessen Zerstörung 1631 mit Tausenden von Toten im Reich zum Fanal geworden war.¹⁹⁸ Die protestantische Stadt war als Braut des Belagerers Tilly dargestellt worden. Der Sieg Bernhards wurde wie schon in Regensburg¹⁹⁹ zur Revanche für Magdeburg. Als Breisach nicht mehr „nach hoffe“ laufen und ihren Vater um Hilfe habe rufen können, sondern sich zum „zum hochzeittag bequemen“ musste, so Samuel Gloner, habe es in Wien und München „kein frewdenfest (…) kein jubelgang/ Wie wegen Magdeburg“ gegeben.²⁰⁰ Ein konfessionelles Moment – das protestantische Magdeburg auf der einen, das katholische Breisach auf der anderen Seite – konnte mitgedacht werden,²⁰¹ zugleich bot sich das Braut-Bild aufgrund der Ehelosigkeit des Herzogs an. Wie im Fall Gloners erschienen mehrere Texte zur Braut „Breisach“ (kurz) nach dem Tod des Herzogs. Sigmund von Birken ließ ihn sagen, „mir hat der Vatter Rhein die Blum der Töchter geben:/ Von der ich kriegte Preiß/ die Feinde Spott und Ach“.²⁰² 1640 erschienen die „Schöne[n] HochzeitLieder“. Dank des Weimarer Herzogs, heißt es hier, könne Breisach „die edle Freyheit Teutscher hertzen“ annehmen. Breisach kommt im Text in deutschen Besitz, und die Lieder feiern, auf diese Weise eine antikaiserliche Stoßrichtung vermeidend, die Befreiung der Festung von den Spaniern.²⁰³ Breisach wurde damit nochmals zu Bernhards Eroberung und die Publikation zu einer Anklage gegen die inzwischen erfolgte französische Inbesitznahme der Festung und ihrer Umgebung. Solche Lieder, die wie Spottlieder über verschiedene Feldherrn im Umlauf waren,²⁰⁴ wurden zumeist auf bekannte Melodien gedichtet und konnten so rasch
196 Vgl. Extract Schreiben eines vornehmen Keyserl. Obristen/ aus Offenburg … an eine Fürstl. Persohn. 197 Vgl. OberrRheinische Werbung oder Buhlschafft (1638). 198 Vgl. Emich: Bilder; Rublack: Metze; Kaiser: Excidium; Kaiser: Hochzeit. 199 Vgl. [Martin Opitz]: Ratispona in libertatem vindicata. Auctoris incerti carmen [1633], in: Marschall/Seidel, Martin Opitz, Bd. 3, S. 100 – 113, hier S. 104 – 106, Kommentar S. 407– 427. 200 Gloner: Klagschrift, S. 11. 201 Zum religiösen Aspekt des Hochzeitsmotivs vgl. auch die „Hochzeit des Lammes“, Offenbarung, Kap. 19. 202 Birken: Fortsetzung. 203 Vgl. Zwey schöne HochzeitLieder/ Uber der Festung Brysach; vgl. die Braut Breisach bei Greflinger: Krieg. 204 Vgl. Becker: Lieder, S. 82 – 101; bsp. die Klage des kaiserlichen Lindauer Kommandanten König über Spottlieder: Franz Peter König an die Regierung von Freiburg (Schweiz), Lindau, 20. März 1633,
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erlernt werden. Bei den Melodien kam es auf Eingängigkeit und die Passung zum Text bzw. dessen Versmaß an, sie sollten die Wirkabsicht verstärken. So konnte das „hüpsch new Lied“ über die Breisacher Eroberung zur Melodie des Liedes „Graff Niclausen von Serin“ gesungen werden, das an Nikolaus Šubić Zrínyi, den Kommandanten der „als Vormauer der Christenheit“ geltenden Festung Szigetvárs in Ungarn und dessen „Heldentod“ erinnerte.²⁰⁵
Beeinflussung und Lenkung der Presse Bernhard hatte ein Interesse an einer für ihn günstigen Presse: Er brauchte Unterstützer im deutschen politischen System. Offenbar wurden Meldungen und Publikationen auch von seiner Kanzlei mit lanciert. Einzelbeispiele zeigen, dass Papiere aus dem weimarischen Hauptquartier von den Medien übernommen wurden. So wurde vom Armeetagebuch Grüns in der Bernhard‘schen Kanzlei eine Abschrift gefertigt, die höchstwahrscheinlich als Vorlage für einen Druck diente.²⁰⁶ Für solche Lancierungspraktiken spricht auch, dass bereits die vorangegangene Rheinkampagne und die Geschehnisse im Vorfeld der Einnahme von Breisach von zahlreichen, oft detaillierten, Meldungen begleitet worden waren.²⁰⁷ Sie zielten darauf, das Ansehen des Herzogs im Reich und bei den Bündnis- und Verhandlungspartnern zu stärken. An zweiter Stelle stand das Bemühen, die von ihm offiziell ver-
in: Bitterli, Franz Peter König, S. 306; Ratsprotokoll der Stadt Freiburg (Schweiz), 31. März 1633, in: ebd., S. 307. 205 Vgl. Ein hüpsch new Lied/ von der Belägerung unnd Eroberung der Statt Breysach; eine Edition des Liedes: Ein hüpsch new Lied: Von dem Graffen … Niclaus von Serin); zu Zrínyi vgl. Fata: Szigetvárs, S. 866; die Melodie findet sich im Dreißigjährigen Krieg wiederholt: Etényi: Zrínyis, S. 61; die „HochzeitLieder“ wurden auf „Kehr umb mein Seel vnd trawre nicht“ beziehungsweise „Manßfeld du küner held sey mir getrew“ gesungen, vgl. Zwey schöne HochzeitLieder/ Uber der Festung Brysach; die erstere Melodie wurde beispielsweise auch der folgenden Gustav Adolf-Lobdichtung unterlegt: Gespräch kgl. May. zu Schweden/ mit Teutschland/ darbey erzelt wirdt/ was ihr May. von anfang bis dato erobert, Würzburg 1631; wenn Wicquefort Bernhard berichtete, das Publikum singe ihm wegen seiner Erfolge Loblieder, kann das als eine Rhetorik des Lobes verstanden werden, gemeint sind aber wohl tatsächliche Liedgesänge, Joachim von Wicquefort an Bernhard von Weimar, Amsterdam, 22. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 185r. – 187v., hier Bl. 185r. 206 Vgl. Leupold: Journal, S. 349 – 353; eine solche Vorgehensweise legen auch Vergleichsfälle nahe, vgl. Koser: Kanzleienstreit; zu Briefen als Textvorlagen oder Nachrichtenquelle Adam: Textelemente; vgl. Schilling: Mündlichkeit, S. 722. 207 Vgl. bsp. Continuatio Relationis, Was sich im Elsaß und am Rheinstrom … zugetragen; Continuatio/ Der herzlichen Victori So … Bernhardt Herzog zu Sachsen … bey Rheinfelden erhalten; Kurtze und gründliche Relation, Wie und welcher Gestalt … Hertzog Bernhards Fürstl. Gnad. … ob Basel uber Rhein gesetzt.
Beeinflussung und Lenkung der Presse
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tretenen Kriegsziele – den Kampf gegen Habsburg und für die reichsständischen Freiheiten – zu stützen. Teilweise wurden Schriften veröffentlicht, die angeblich Briefe des Herzogs selbst herausbrachten.²⁰⁸ Auch wenn es sich um fingierte Schriftstücke handeln sollte: Verfasser von Flugschriften hatten teils „Zugang zur Korrespondenz der Machtwelt“.²⁰⁹ Auch die „Gazette“ war in eine Vermittlung von Informationen aus erster Hand einbezogen und erklärte noch ausstehende Informationen damit, dass noch eine Bestätigung durch Bernhard ausstehe.²¹⁰ Zur Schlacht um Wittenweier druckte das Magazin einen Brief Bernhards an den Residenten der schwedischen Königin in Benfeld, Mockel, ab.²¹¹ Nicht nur der Nachrichtenagent Jean Epstein arbeitete, wie verschiedene Adlige, für die „Gazette“; er unterhielt auch Beziehungen zu Grotius und Bernhard.²¹² Sein Bericht über Bernhards Einnahme Säckingens und die gelungene Rheinpassage im Februar 1638 erschien als Sonderausgabe.²¹³ Auch Detailkenntnisse und Informationen, die kaum der Armee insgesamt zugänglich gewesen sein konnten, sprechen für eine Informationsweitergabe aus den engeren Führungskreisen. Beispiele sind die Entschuldigung für eine Belieferung Breisachs durch Kroaten mit dem Hinweis, der Herzog sei zum „Beichten und Communiciren“ und zum „Kriegs-Rath“ in Colmar gewesen,²¹⁴ oder die Hinweise einer angeblich „unparteyischen“, im Tenor aber proweimarischen „Erzehlung“ über die Hilfe ortskundiger Bauern für die kaiserlichen Entsatztruppen. Da die Bauern eine „Furt durch die Arm und Ableitungen des Rheins“, der zu dieser Zeit Niedrigwasser geführt habe, und eine durch „dicke Büsche“ geschützte Stelle kannten, sei es den Kaiserlichen gelungen, eine „redoute, so auff dem Einfluß des Mühlwassers/ zu eusserst von den retrenchementen gelegen“ sowie eine wichtige Schanze zu erobern. Damit habe die Gefahr bestanden, dass sie die Hauptschiffsbrücke erlangten, den verletzlichsten Punkt der weimarischen Anlage, sich „den rechten grossen Strom des Rheins bemeistern“ und das Proviantschiff Bernhards in die Hand bekämen. Sie hätten dann Breisach „mit I. F. Gn. eygenem Brot und Früchten“ versorgen und die
208 Vgl. A Trve and Brief Relation of The Bloudy Battell, Bl. 1 – 3, es mag sich um ein an Oxenstierna gerichtetes Schreiben handeln. 209 Körber: Flugschriften, S. 16. 210 Gazette: Extraordinaire, Nr. 114 (1638), S. 465 f. 211 Vgl. Ebd. 212 Zu Epstein vgl. Vittu: Instruments, S. 163; Fayel: Richelieu, S. 123; Marin mag bei diesen Prozessen ebenfalls eine Rolle gespielt haben; zur Tätigkeit von Agenten und Korrespondenten auch Droste: Dienst, S. 183; Pražáková: Nachrichtennetz. 213 Vgl. Gazette de France, Nr. 20, 15. Februar 1638: La prise de trois villes par le duc de Weimar et son passage au delà du Rhin, avec la défaite de deux compagnies impériales; Nellen/Ridderikhoff: Briefwisseling, Tl. 17, S. 461, Anm. 1. 214 Wochentliche Zeitungen, 1638, Meldung zum 22. September 1638.
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Weimarischen „von Colmar und den ganzen Elsass (…) fast zu endlicher ruin der Armee (…) abschneiden“ können. Das habe verhindert werden können.²¹⁵ Flugblätter verwiesen auch auf Informationen durch von den „unsrigen“, den Weimarischen, intercipierte Briefe.²¹⁶ Für eine möglicherweise zielgerichtet versuchte Demoralisierung des Gegners im Vorfeld der Einnahme spricht eine Schilderung von Kampfhandlungen wie im „Extract Schreiben aus Straßburg vom 3./13. August“, das ganz die weimarische Perspektive einnimmt: Die „ganze Keys. und Bayrische Macht“ sei „zu grund ruinirt“. Eine Ausnahme bildeten nur die zahlreichen Deserteure und Überläufer zur Weimarischen Armee – wer könne, „begibt sich auff Ihr F. G. Seiten“; Breisach werde sich nicht mehr lange halten können.²¹⁷ Das konnte als Aufforderung gelesen werden, es den Überläufern gleich zu tun. Es gibt somit zumindest starke Indizien dafür, dass regelmäßig Informationen aus dem engeren Führungskreis der Armee beziehungsweise aus der Kanzlei Bernhards nach außen gelangten und im Sinne einer Bernhard-freundlichen Pressearbeit weitergegeben wurden.
Straßburger Unterstützung Auch in der Reichsstadt Straßburg gab es eine Gruppierung, für die der Herzog von Weimar attraktiv war. Dazu gehörten Matthias Bernegger, sein Schwiegersohn und Mitarbeiter Johann Freinsheim, Samuel Gloner, Jesaias Rompler von Löwenhalt sowie Berneggers Sohn Johann Caspar.²¹⁸ Die Stadt, durch den Krieg seit Jahren in angespannter Lage, hatte sich 1622 für neutral erklärt und versuchte mittels einer „Schaukelpolitik“ zwischen den konkurrierenden Mächten zu bestehen.²¹⁹ Für diese war die Stadt nicht zuletzt durch ihre Rheinbrücke interessant.²²⁰ Die Einflussnahmen der verschiedenen Akteure, zu denen mit dem Straßburger Bischof Leopold Wilhelm von Österreich der jüngere Bruder Ferdinands III. gehörte, führten zu Verträgen mit verschiedenen Parteien und einer inneren Spaltung der (protestan-
215 Vgl. Warhafftige/ Unparteyische Erzehlung was sich von dem 14/ 24 Octobr. biß den 23 Octobr./ 2 Novembr. an. 1638 vor: und umb die Vestung Brysach begeben. 216 Vgl. Extract Schreiben/ vom Zustand des Kriegs am Rheinstrom. 217 Extract Schreiben eines vornehmen Keyserl. Obristen/ aus Offenburg … an eine Fürstl. Persohn. 218 Vgl. auch die positive Darstellung Bernhards in der Waltherschen Chronik, vgl. Reuss: Strassburg, S. 33 – 36. 219 Schäfer: Straßburg, S. 100. 220 Vgl. Schmidt: Nördlingen 1634, S. 83: Mitte 1635 war sie die „letzte intakte Rheinbrücke“ im deutschen Südwesten.
Straßburger Unterstützung
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tischen) Bürgerschaft sowie ihrer politischen Vertreter und den zahlreichen (katholischen) Flüchtlingen aus dem Umland. 1633 eskalierte dieser Konflikt.²²¹ Mit Bernhard konnte die Hoffnung auf eine Stabilisierung der Region, die Stärkung des Protestantismus und, selbst bei einer profranzösischen Einstellung, auf eine Abmilderung des französischen Einflusses auf die Stadt verbunden werden. Wie Bernhard lehnte Bernegger den Prager Frieden ab;²²² er und Freinsheim gehörten zur französisch gesinnten Partei.²²³ Caspar Bernegger verfasste 1637 ein Frankreichmemorandum, in dem er für den Herzog von Weimar wie den Herzog von Rohan Partei ergriff.²²⁴ Matthias Bernegger stand zudem in Kontakt mit Grotius und Georg Müller;²²⁵ Freinsheim war 1633 Mitbegründer der Straßburger „Auffrichtigen Gesellschaft von der Tannen“,²²⁶ die den Herzog zu unterstützen suchte. Für das Titelkupfer seines „Tugendspiegels“ zeichnete wiederum Rompler verantwortlich.²²⁷ Hier ist ein Kreis auszumachen, aus dem publizistische Unterstützung für Bernhard von Weimar kam. Bernhard setzte offenbar selbst auf diese Gruppierung und ihre publizistische Arbeit: 1638 gab er Bernegger und Freinsheim finanzielle Mittel zu ihrer Tacitus-Übersetzung.²²⁸ Der Vorgang kann in die zeitgenössischen Formen des Mäzenatentums eingeordnet werden, ein politisches Interesse ist wahrscheinlicher.²²⁹
221 Vgl. Schäfer: Straßburg, S. 100 f. 222 Vgl. Bünger: Matthias Bernegger, S. 928; zu Bernegger auch Bopp: Tannengesellschaft, v. a. S. 108 – 111; Kelter: Briefwechsel, S. 50. 223 Als Bernegger 1632 im Auftrag des Magistrats eine Festrede auf Ludwig XIII. hielt, verwies er auf das Bündnis zwischen Heinrich II. und den deutschen Protestanten und stellte die Zusammenarbeit der Stadt mit dem König damit in eine legitimierende Traditionslinie, vgl. Bernegger: Panegyricus; Bünger: Bernegger, S. 355; Freinsheim war seit 1634 französischer Sekretär; zu ihm auch Kühlmann: Geschichte als Gegenwart, S. 45; Schäfer: Straßburg, S. 99; Callmer: Königin, S. 43 ff. 224 Vgl. Stein: Protection, S. 448. 225 Vgl. Murdoch: Network, S. 300 f. 226 Zur Gesellschaft Bopp: Tannengesellschaft, zu Hoffnungen auf Bernhard insbes. S. 293, 303 – 309. 227 Vgl. den Vermerk „Jesa Rumpler fecit“: Freinsheim: Tugendspiegel, Titelblatt; Kiel: Rompler von Löwenhalt, S. 39; zum „Tugendspiegel“ auch Disselkamp: Barockheroismus, S. 250 – 261; Bopp: Tannengesellschaft, S. 329 – 336. 228 Vgl. Matthias Bernegger und Johann Freinsheim an Bernhard von Weimar, Straßburg, 25. März 1638, FB Gotha, Chart. A 392, Bl. 72r.; Matthias Bernegger und Johann Freinsheim an Bernhard von Weimar, Straßburg, 18. April 1638, ebd., Bl. 75r.; Grotius empfahl das Übersetzungsunternehmen Oxenstierna, vgl. Johann Freinsheim an [Hugo Grotius ?], in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 464 f., hier Anm. 1. 229 Vgl. auch: Bopp: Tannengesellschaft, S. 329.
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9 Breisach 1638. Der Festungskrieg, der Hunger und die Presse
Bernhard brauchte die Stadt auch, um mit der Armee passieren zu können oder Material transportieren zu lassen,²³⁰ und es lag in seinem Interesse, eine offensive Unterstützung des Kaisers durch Straßburg zu verhindern. Er verhandelte wiederholt mit Straßburg und hatte durchaus Entgegenkommen erreicht.²³¹ 1637 ließ der Kaiser allerdings den Rheinpass bei Breisach und Philippsburg sperren, weil die Stadt dem Herzog beim Übergang über den Rhein geholfen hatte, unter anderem durch die Bereitstellung von Schiffen und durch die Belieferung mit Militärbedarf.²³² Der Vorwurf lautete Vertragsbruch, die Verletzung von Neutralität und Reichsstandstreue und Hilfe für den Feind. Diese Sperre bedeutete starke wirtschaftliche Einschränkungen für den Handel auch von Basel, Zürich und anderen Städte.²³³ Aus diesen Gründen wie aufgrund Bernhards enger Bindung an Frankreich war er aber keineswegs allen willkommen. Der mit ihm verbundene Kurs war riskant und konnte die eigene Unabhängigkeit bedrohen. Diese Perspektive ist damit vielfach der Haltung gegenüber Bernhard in der Schweiz vergleichbar.²³⁴ Für Straßburger schien auch 1639 wenig klar, ob die Breisacher Einnahme zum eigenen Vor- oder Nachteil sein würde. „Breisach“ führte keineswegs überall und sofort zu eindeutigen Lagern.
Publizistisches Nachleben Das Thema Breisach hatte noch länger Relevanz. In Johann Beers 1681 erschienenem „Narrenspital“ hält sich ein Soldat für den Herzog von Weimar und initiiert die Belagerung Breisachs.²³⁵ Die „Breysachische Buhlschaft“ erschien bis zum Ende des Jahrhunderts in mehreren Auflagen.²³⁶ Gerade mit Breisach wurden die politischen Möglichkeiten verbunden, die der Herzog (vermeintlich) hätte eröffnen können. Die Ausgaben von 1651 und 1669 weisen darauf hin, dass die Zugehörigkeitsregelungen des Westfälischen Friedens nicht allgemeine Akzeptanz gefunden hatten.²³⁷ Die Publika-
230 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Benfelden, 28. Juni 1637, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 4. 231 Vgl. Reuss: Strassburg, S. 34: Die Stadt nahm im Sommer 1638 auch mehrere Hundert Verwundete der Weimarischen Armee auf. 232 Vgl. Jan v. Werth an Ferdinand III., im Felde beim feindlichen Lager, 8. August 1637, in: Documenta Bohemica, Tl. 6, S. 191 f., hier S. 192. 233 Vgl. Scherlen: Krieg, Bd. 3, S. 306 f.; auch Krimm/Brüning: Habsburg. 234 Vgl. bsp. H. Lehlin an Ludwig Camerarius, o.O., 8. Januar 1639, in: Documenta Bohemica,Tl. 6, S. 277 f. 235 Vgl. Beer: Narrenspital. 236 Der Text und die Titel der „Breysachischen Buhlschaft“ veränderten sich dabei nur leicht (Grundlage: OberRheinische Werbung (1638)); das letzte Exemplar: Breysachische Buhlschafft (1695). 237 Die Aufl. von 1669 mag mit der Geheimen Allianz zwischen England und Frankreich in diesem Jahr in Verbindung stehen.
Publizistisches Nachleben
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tion von 1695 ist im Kontext des Pfälzischen Erbfolgekrieges zu verstehen, in dem die Truppen Ludwigs XIV. von Frankreich den Breisgau verwüsteten.²³⁸ Mit dem Rijswijker Frieden 1697 kam Breisach zwar wieder an die Habsburger,²³⁹ 1704 aber ging die Festung im Spanischen Erbfolgekrieg erneut in französische Hand über.²⁴⁰ Kurz darauf (1706) erschien eine prohabsburgische Schrift, die darzulegen suchte, wie Breisach seit der Einnahme durch Bernhard von Weimar wiederholt an Frankreich gekommen sei. Auch wenn diese Rolle Bernhard im Text nicht explizit zugewiesen wird: Bereits durch den Titel und Aufbau des Textes steht er als aktiver Akteur am Beginn einer Verlustgeschichte für das Haus Österreich. Den neuerlichen Wechsel der Zugehörigkeit 1704 vermochte sich der Autor allerdings nur noch mit dem göttlichen Willen zu erklären.²⁴¹ Diese Schriften ordnen sich in die zahlreihen antifranzösischen Flugschriften ein, die in den Jahrzehnten bis 1713 erschienen.²⁴² Eine Gedächtnisschrift zur Reformation von 1706 bildete hingegen erneut eine Bernhard-Gedenkmünze ab, auf der Bernhard der von Gott ausgewählte Sieger Breisachs ist: Vor der Belagerung im Hintergrund kniet er vor Christus, der ihm der Hand reicht, zugleich wird der Herzog von einem Engel bekrönt.²⁴³ Die Münze war 1655 von Wilhelm IV. in Auftrag gegeben worden und brachte Bernhard in der vom Haus gewünschten Form in Erinnerung. Indem sie mit den Feiern zum Hundertjahrgedächtnis des Passauer Friedens verbunden wird, wurden Bernhard und Breisach jetzt, im frühen 18. Jahrhundert, zu einem Teil der Luther-Gedächtniskultur. Rund ein halbes Jahrhundert nach „Breisach“ waren die Geschehnisse noch virulent.
238 Befestigungen wie Breisach kamen nun der französischen Kriegführung zugute, vgl. Kurtzer Entwurff Der vornehmsten Frantzösischen Städte und Festungen/ Welche der König von Franckreich dem Teutschen Reich theils gewaltsamer Weise abgerissen; Fritz: Franzoseneinfall. 239 Vgl. Friedensvertrag von Rijswijk, § XX und XXI, in: Reichsarchiv, Bd. 1 (1710), PGen I, S. 1069 – 1095, hier S. 1078 f. 240 Vgl. Schnettger: Erbfolgekrieg, S. 70, 111 f. 241 Kurze Beschreibung Der Stadt und Vestung Brysach: Wie solches … Anno 1638 … von Herzog Bernhard von Weimar, der Cron Frankreich … in die Hände gerathen … durch den Riswickischen Frieden von neuem dem Höchstlöbl. Hauß Oesterreich restituirt worden; die Festung erschien jetzt auch als gutes Mittel, um „die rebellische Unterthanen/damit in Zaum zu halten“ (§ 18); mit dem Frieden von Rastatt kam Breisach wieder an das Reich. 242 Vgl. Schillinger: Franzosen. 243 Vgl. Juncker: Ehren-Gedächtnuß, S. 491 ff., Abb. S. 492; zu der Münze auch Tentzel/Juncker: Medaillen=Kabinet, Dritter Theil, S. 553 f. und Tab. 40, Nr. 3 (hier aber keine Datierung des Entstehungszeitraums); eine Abb. aus Juncker: Münze zum Gedenken an Herzog Bernhard von SachsenWeimar, dargestellt bei der Belagerung von Breisach, Ex. SLUB Dresden. http://www.deutschefoto thek.de/documents/obj/88964204) [30.06. 2023], allerdings mit irreführender Datierung.
10 Absicherung des Erfolges Nach Breisach habe für Bernhard „der Roman seiner Hoffnungen an[gefangen], sich der Wahrheit zu nähern“, so Schiller, „von jetzt an“ habe er geglaubt, „sich selbst genug zu seyn“.¹ Allerdings war für den Herzog mit der Übergabe Breisachs beileibe nicht alles gewonnen, und er wusste, dass er seine Ziele allein nicht erreichen konnte. Er hatte die Interessen der großen Mächte abzuschätzen, vor allem der französischen Krone und wollte mit dieser und gegen diese Politik machen. Welche (alternativen) Konzepte verfolgte Bernhard jetzt? Bereits die Umsetzung der Breisacher Übergabevereinbarungen war kein Selbstläufer. Der Kommandant der Festung Landskron südwestlich von Basel, die in den Akkord einbezogen war, wollte den Mitteilungen über die Kapitulation keinen Glauben schenken und folgte auch nicht Reinachs Ordre, Landskron zu übergeben.² Bernhard sandte dem Kommandanten den Akkord zu, erinnerte ihn ohne Erfolg „nochmahlen zu allem überfluß, das er sich (…) zu opiniastriren nicht gelüsten lasse[n]“ solle,³ zog vor die Festung und begann mit Arbeiten zu ihrer Eroberung. Am 30. Dezember hatte er auch Landskron in der Hand.⁴ Militärisch agierte er bis zum Juli 1639 vor allem im grenznahen französischen Raum und in der Franche Comté; es gelangen eine Reihe von Einnahmen.⁵ Diese Kriegszüge waren mit Frankreich höchstens teilweise abgesprochen,⁶ Frankreich war aber genuin an der habsburgischen Freigrafschaft interessiert.⁷ Bernhard versuchte auch, erneut den Rhein zu überschreiten, um den Krieg in Deutschland zu führen. Mit Banér wollte er die Habsburger in ihren Erblanden angreifen.⁸ Im Mai
1 Schiller: Geschichte, S. 352. 2 Monate zuvor hatte Reinach die Besatzung angewiesen, den „posten (…) keineswegs [zu] übergeben: Ordre Hans Heinrich v. Reinachs, 20. April 1638, FB Gotha, Chart. A. 730, Bl. 412r. 3 Verlautbarung Bernhards v. Weimar, Rheinfelden, 28. Dezember 1638, FB Gotha, Chart. A 730, Bl. [414r.]; vgl. Ders. an Hans Ludwig v. Erlach, Delsberg, 31. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 132 f. 4 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 291; Ordinari-Reichs-Zeitung, Nr. 961 (1639), Meldung „Auß Bassel/ vom 14. Dito“ [Dez. 1638]. 5 Unter anderem von Morteau, Mouthier, Villasans, Ornans, Schloss Desié, Schloss Joignon, Pontarlier und Joux im Jura. 6 Vgl. Lavisse: Histoire, S. 345 f.; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 291; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 525 – 528; eine Übergabe an Frankreich wurde auch in der Eidgenossenschaft befürchtet, vgl. auch Würgler: Tagsatzung, S. 517. 7 1636 hatte der „Zehnjährige Krieg“ um das Territorium begonnen, vgl. Babel: Freigrafschaft, v. a. S. 201, 218; allgemein Loo: Burgund; Kamp: Burgund. 8 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 520; Grotius unterstützte dies: Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 4./14. März 1639, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 146r., die Übersetzung ins https://doi.org/10.1515/9783110701913-011
Politik in Breisach
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zog er an der Mosel entlang, er war in Burgund, dann wieder am Rhein; Frankreich unterstützte dies.⁹ Im Juli 1639 gelangte er auf rechtsrheinisches Gebiet. Diesen Feldzug hat er aber nicht zu Ende führen können. Zu einem Streitpunkt mit dem König wurden 1638/39 erneut die Winterquartiere. So wollte Ludwig XIII. die Weimarische Armee nicht in Lothringen dulden, weil das Land bereits ruiniert sei.¹⁰ Auch die Weimarer hatten sich einen Ruf als Plünderer und Zerstörer erworben.¹¹ Lieber wolle er die Feinde in seinem Königreich sehen als sie, äußerte der König einmal¹² und ließ Bernhard wiederholt Mahnungen und teils empörte Schreiben wegen des Verhaltens seiner Truppen zukommen. Als sich 1637 die Einwohner Chaumonts (Haut-Marne) über den Herzog beschwerten, weil sie sich seit Tagen nicht frei in der Stadt und ins Umland bewegen könnten, hatte er von Bernhard verlangt, diese „Demütigung“ einzustellen und Gewalt gegen Einwohner zu verhindern.¹³ Jetzt bezogen die weimarischen Truppen Winterquartiere in der Umgebung Pontarliers. Ludwig XIII. forderte den Herzog auf, die Kirchen zu schützen, insbesondere Saint-Claude mit den Reliquien des heiligen Claudius.¹⁴
Politik in Breisach Die Festung Breisach ließ Bernhard weiter ausbauen, eine Circumvallation anlegen¹⁵ und sie ausrüsten. Im Mai 1639 war sie angeblich für zwei Jahre verprovi-
Französische: ebd., Bl. 144r.; Ders. an Dens., Paris, 14./24. März 1639, ebd., Bl. 157r. – 158v.; auch Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 28. Mai/7. Juni 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 385; ein Angriff aus dem Südosten durch Fürst Georg I. Rákóczi von Siebenbürgen,Venedig und die Pforte wurde bei diesen Plänen als hilfreich erachtet. 9 Vgl. bsp. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Guise, 20. Juli 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 559 f. 10 Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 15. Mai 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 138r. – 138v. 11 Vgl. auch Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 30. April 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 255 f., hier S. 255. 12 Zit. n. Sacchi: Guerre, S. 38. 13 Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Fontainebleau, 4. Juni 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 14r. – 15r. (Abschrift). 14 In Paris stieß man sich auch daran, dass bei einer Verteilung von Sachgütern die Deutschen alles bekommen hätten und die französischen Truppenteile leer ausgegangen seien, vgl. Joachim v. Wiquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 8. Februar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 94r. – 99v., hier Bl. 94v. – 95r. 15 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Longueville, d’Avaux und Servien, Breisach, 6. Mai 1646, in: APW II B, Bd. 3, Tl. 2: 1646, S. 1108 f., hier S. 1109.
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antiert und mit 22 Kompanien besetzt.¹⁶ Abschließen konnte Bernhard die Baumaßnahmen nicht.¹⁷ Noch im Dezember 1638 hatte er Hans Ludwig von Erlach zum Breisacher Gouverneur ernannt, womit das Kommando über die umliegenden Garnisonen verbunden war.¹⁸ Vor allem begann Bernhard in Breisach eine Landesherrschaft vorzubereiten. Er ließ sich in Breisach mit einem Gottesdienst mit anschließendem Festbankett und Kanonenfeuer als neuer Machthaber vor Ort und in den ihm unterstehenden umliegenden Orten einführen. Seine Aufenthalte in Breisach wurden als herausgehobene Ereignisse begangen.¹⁹ Die Kanonenkugeln des Breisacher Stadtwappens nahm er in sein Wappen auf. Weitere Münzen, die zur Einnahme geprägt wurden, machten seinen Herrschaftsanspruch deutlich: So zeigten Dukaten das sächsische Rauten-Wappen und darunter den Breisacher Wappenschild.²⁰ Ein anderes Münzbild, das die Einnahme der Waldstädte feierte, ist in seiner Entstehung noch früher zu datieren. Hier nahm Bernhard im Bild die kommende Landesherrschaft vorweg: Die eine Seite der Münze zeigt ihn zu Pferde, die andere, neben einem mit Lorbeer umkränzten Schwert, einen Fürstenhut, darüber eine Sonne, in der der Name Jehova zu lesen ist und aus der ein Arm eine Krone reicht, ein anderer einen Ölzweig.²¹
16 Vgl. Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 3./13. Mai 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 321 f., hier S. 322. 17 Nach Bernhards Tod erklärte Erlach, die Festung müsse noch „mit großer Mühe und Arbeit ausgebaut werden“, es fehle an Vorräten und Munition, vgl. Instruktion für Friedrich Betz [Herbst/ Winter 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 236 – 239, hier S. 237; 1646 bezeichnete jedenfalls Stenglin die Festung als „en perfection“: [Stenglin:] Elsaßmemorandum, [März 1646], in: APW II B, Bd. 3, Tl. 2: 1646, S. 1089 – 1097, hier S. 1093. 18 Ernennungspatent Herzog Bernhards v. Weimar für Erlach, Breisach, 20. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 129 f.; Erlach blieb bis zu seinem Tod 1650 Kommandeur der Festung; zu seinem Festungsmanagement vgl. Rogger: Feeding Breisach. 19 So mit Salutschüssen: Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 3./13. Mai 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 321 f., hier S. 322. 20 Dukat Bernhards von Weimar auf die Eroberung von Breisach, Goldmünze, hergestellt Breisach 1638, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Inv.-Nr. MK 22464; vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 280, 411, Anhang: Münzabb., Nr. 1 – 4; Verzeichnis mehrerer Siegel … dem verstorbenen Herzog Bernhard gehörig, o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 187; entgegen anderslautenden Gerüchten (vgl. Nicolaes van Reigersberch an Bernhard v. Weimar, o.O., [17. Jan.] 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 38 f., hier S. 39) ließ Bernhard sich aber nicht huldigen; die Post Zeitung, Nr. 12, 14. März 1639, „Auß Venedig vom 25. Februarij“, meldete, der König von Frankreich habe Bernhard „die Lehn vber das Elsaß ertheilet“. 21 Medaille von F. Fechter/Basel, vgl. Stricker: Medaillen, S. 105, 115; Berstett: Münzgeschichte, S. 92; auch Maué: Sebastian Dadler, S. 88 (allerdings mit teils fälschlichen Angaben im Text); vgl. auch zu Münzen aus Breisach [Scheidig/ Marchand]: Bernhard, Nr. 149, 153, 155, 156, 160.
Politik in Breisach
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Abb. 6.1 und Abb. 6.2: Dukat Bernhards von Weimar auf die Eroberung von Breisach, Goldmünze, hergestellt Breisach 1638.
Bernhard hat in Breisach nicht selbst regiert, aber er setzte herrschaftsbildende Maßnahmen in Gang, die langfristig hätten wirksam werden können: beim Führungspersonal und in der Verwaltung, bei der Steuererhebung, in den Religionsfragen. Er erließ Instruktionen für die von ihm eingesetzten Regierungs- und Kammerräte und errichtete eine „Fürstlich-sächsische Kammer“ für die besetzten Plätze der Umgebung, die an die Stelle der vorderösterreichischen Regierung und Kammer trat. Die Verfassungsstrukturen Alt-Vorderösterreichs fanden damit ein Ende.²² Neu besetzt wurden Schlüsselpositionen unterhalb Erlachs in der Verwaltung und Jurisdiktion, um für die „Erhaltung (…) des Regiments, wie auch Administration, guter Justiz, Beförderung des Proviants, Vortsetzung [sic] der fortifikation, Bestellung der Artillerie“ und die „Bestellung des Landes und Wiederaufrichtung guter Polizei“ zu sorgen.²³ Sein Agieren in diesen Politikfeldern kann insgesamt kaum als französischen Interessen dienend betrachtet werden.
22 Vgl. Seidel: Oberelsaß, v. a. S. 199; Scherlen: Krieg, S. 344 f.; die Kammer wurde in französische Hand zur Chambre Royale de Brisach. 23 Ernennungspatent Bernhards v. Weimar für Erlach, Breisach, 20. Dezember 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 129 f., Zitat S. 130; den bisherigen Oberst und Hofrat Bertram von Hersbach ernannte Bernhard zum Landeshauptmann von Breisach; der Jurist Georg Wölker, der bereits für das schwedische Heer tätig gewesen war, wurde mit Verwaltungsaufgaben in der Stadt betraut, zudem setzte Bernhard verschiedene Räte ein; wo es die Loyalitäten stärkte, setzte er auch auf personelle Kontinuität, vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 177.
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Die Offenheit der Situation wurde sehr wohl deutlich wahrgenommen: Man könne „noch nit wisse[n,] ob man weimarisch oder französisch sey“, erklärten Mitglieder des Ritterstandes.²⁴ Auch die Loyalitäten vor Ort veränderten sich nicht so schnell. Die Bürgerschaft, erklärte Erlach in der zweiten Jahreshälfte 1639, sei „dem Haus Oestreich (…) noch eifrig beigethan“.²⁵ Hier zeigen sich Parallelen zu Franken: Bernhard war als Eroberer gekommen, der Krieg war weiter präsent, die Steuer- und Religionspolitik des Herzogs sorgten für Unmut. Zwar konnten die Mönche und katholischen Geistlichen der Kapitulationsvereinbarung entsprechend in der Stadt bleiben, das Münster und das Augustinerkloster wurden aber zu lutherischen Gotteshäusern, das Kloster teilweise zum Militärmagazin.²⁶ Weckherlin stellte den Herzog als göttlich legitimierten Herrscher über Breisach dar, der es auf den Weg des rechten Glaubens zurückbringe.²⁷ Die konkrete Politik oblag vorrangig Erlach. Bei der Konzeption und praktischen Gestaltung des Landesausbaus sollte ihn der schwedische Resident Mockel unterstützen, ebenso bei Unterhandlungen mit dem Adel.²⁸ Der Herzog brauchte Schweden, um seine Herrschaft in Breisach abzusichern. Als die Breisacher nicht die geforderten Kontributionen zahlten, stellte Bernhard es Erlach frei, ob er „Straf oder Zwang“ ausüben wolle.²⁹ Dem Herzog, der den Ruin der Gegend über Jahre hinweg vorangetrieben hatte, war bestens bekannt, dass in der Stadt und ihrem Umland kaum Einkünfte zu erzielen und Waren zu bekommen waren. Am Landesausbau und der Förderung der Landwirtschaft war er zwar durchaus interessiert. Es liegt von ihm aber kein Programmentwurf zur Nutzung Breisachs oder Zielen seiner Landesherrschaft vor, auch bleiben fassbare Einzelmaßnahmen rudimentär. Im Juni 1639 ordnete er beispielsweise an, die Schiffsbrücke bei Neuburg, eine wichtige Passage für den Handel Breisachs mit Basel und den Waldstätten, neu zu bauen.³⁰
24 Zit. n. Seidel: Oberelsaß, S. 64. 25 Vgl. Instruktion Erlachs für Friedrich Betz [1. Aug. bis 31. Dez. 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 236 – 239, hier S. 238 f. 26 Dies soll zu einem Protest der Kurie geführt haben, vgl. Allgemeine Schau=Bühne, Sp. 703. 27 Vgl. Georg Rodolf Weckherlin: An Brissach von Höchstermeltem Helden etc. Bernhard Hertzogen zu Sachsen …, in: Fischer, Georg Rudolf Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 430. 28 So bat Bernhard Mockel Ende 1638 zu einer Unterredung nach Rheinfelden, vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 25. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 120 f., hier S. 120; zudem verblieben vermutlich Mitglieder des Hofstaats in Breisach. 29 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, [vermutlich Pontarlier] [kurz nach dem 14. Jan. 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 133 ff., hier S. 134. 30 Bernhard v. Weimar an Erlach, Pontarlier, 19. Juni 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 189.
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Wichtig war die Generierung von Einnahmen, um handlungsfähig zu sein.³¹ Rehlingen hatte Bernhard vor der Einnahme Breisachs empfohlen, eine „Zoll-, Mautund Konvoiordnung“ für den Rhein vorzubereiten. Sie sollte in Kraft treten, wenn er den Fluss bis nach Schaffhausen ganz in seine Hand bekommen haben werde.³² Mit der Übernahme Breisachs war der Handel schließlich wieder in beide Richtungen frei. Eine dem Weimarer Stab zuzuschreibende Konzeption argumentierte, Breisach und die Umgebung stellten ein „grand pays“ dar, für das ein Besteuerungssystem errichtet werden müsse, um in der Zukunft über Mittel zum Erhalt der Städte und Orte und zu ihrer Verteidigung zu verfügen. Es gehe um eine Peuplierung des Landes, seine „policeyliche“ Beherrschung, den Bergbau, konkrete Steuern auf Güter wie Wein, Nutztiere und Salz. Die von den Händlern am Rhein zu leistenden Abgaben könnten je nach Geldbedarf moderat erhöht werden; um Beschwerden der Untertanen und Nachbarn zu vermeiden, sollten sie jedoch langsam angehoben werden.³³ Das Elsass exportierte traditionell bis nach Norddeutschland und Skandinavien.³⁴ Überhöhte Breisacher Rheinzölle waren aber schon vor Bernhards Zeit beklagt worden³⁵ und die von den vorderösterreichischen Landesteilen zu erbringenden Leistungen höchst unterschiedlich gewesen.³⁶ Um die Jahreswende 1638/1639 traten die neuen Zollbestimmungen in Kraft und wurden auch in der Presse vermeldet.³⁷ Diese Zollpolitik führte umgehend zu Beschwerden der Baseler Kaufleute über die Tariferhöhung, darüber, dass ein neuer Zoll bei Neuenburg geschaffen wurde und Kommandeure der Mautstellen eigenmächtig agierten. Einer von ihnen habe einen Zoll auf einen Bargeldtransport erhoben, alle Kommandeure verlangten viel Geld für Passbriefe. Basel plante daher umgekehrt, Lieferungen an die Weimarische Armee mit Zoll zu belegen. Da die Stadt von zentraler Bedeutung für die Ausstattung der Armee war, schlug Rehlingen eine Ausnahmebestimmung für Basel vor.³⁸
31 An verschiedenen Orten, die er einnahm, musste Bernhard der Einsetzung französischer Gouverneure zustimmen, die Einnahmen an ihn abführen sollten – Bernhard beklagte jedoch, dass dies nicht geschehe: Bernhard v. Weimar: Projekt wegen neuen Traktaten mit Frankreich, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 192 – 196, hier S. 193. 32 Vgl. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 234. 33 Memoires touchant les imports a mettre sur Brisach et les autres Places appartenantes au Duc de Weymar, o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 120r. – 121v. 34 Vgl. Scott: Elsass, S. 219. 35 Vgl. Gamber: Rheinschiffarth, S. 43, 46, 49; dies habe zu einem Niedergang Breisachs vor dem Krieg geführt. 36 Zu den Kammereinnahmen vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 185 f. 37 Allerdings nur knapp: Ordentliche Wochentliche Post-Zeitungen, [München], Nr. 2 (1639), Meldung „Auß Breysach/ vom 4. Dito [Jan. 1639]“. 38 Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 234 f.
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Das Ziel der Landesherrschaft und die Besetzung von Schlüsselpositionen Es gibt verschiedene, zurückhaltende Aussagen darüber, dass Bernhard im Elsass die Landesherrschaft anstrebte. Es sei ihm, so Erlach, um „une Souverainété considerable“ gegangen.³⁹ Wie beim Herzogtum Franken kalkulierte der Herzog offenbar damit, mit Breisach und dem Elsass eine Kompensationsmasse in der Hand zu haben, die bei Friedensverhandlungen genutzt werden könne. Die Idee, Tauschobjekte einzubringen, taucht immer wieder auf. Joachim von Wicquefort zog dafür sogar Jülich-Kleve-Berg als Ziel in Betracht.⁴⁰ Die Franche-Comté mochte eine Entschädigung für Frankreich sein. So sprach Grotius davon, das stark befestigte Schloss Joux im Jura, unweit von Pontarlier, das Bernhard weiter ausbauen ließ, könne ein Ersatz für Breisach werden.⁴¹ Hier in Joux setzte Bernhard seinen Vertrauten von der Grün als Kommandanten ein, der es noch Jahre nach dem Tod des Herzogs „wie ein kleiner König da in dem hohen Burgund“ hielt.⁴² Gleichwohl schienen Breisach und das Elsass in der Situation der späten 1630er Jahre für eine Landesherrschaft die naheliegendste Möglichkeit. Im Vertrag von Saint Germain hatte der König Bernhard schließlich „die Landgravschaft Elsaß, darunder die Landvogtey Hagenau begriffen“ mit allen Rechten des Hauses Österreich sowie den Titel eines Landgrafen des Elsass zugesagt. Diesen Titel führte Bernhard nicht; er hätte damit den sich hier entwickelnden Konflikt mit Frankreich an kritischer Stelle eskalieren lassen. Die Überlassung des Elsass im Eroberungsfall war aber grundsätzlich recht eindeutig formuliert. Freilich hatte Bernhard es quasi aus der Hand des französischen Königs zu empfangen. Für seine Ansprüche bedeutete es nun von vornherein eine Hypothek, dass die beiden Teile des Elsass nicht nur geographisch in das Ober- und das Unterelsass unterschieden waren, sondern vor allem politisch durch eine Vielzahl an Herrschaftsansprüchen und Territori-
39 Vgl. Erlach: Mémoires historiques, Tl. 3, S. 112. 40 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Wilhelm v. Weimar, Amsterdam, 2. August 1639; die Ansprüche der Sachsen-Weimarer waren auch in Hessen-Darmstadt bekannt, vgl. Memorial der hess.-darmstädt. Gesandten, 15. Mai 1635, in: Bierther, Politik Maximilians I., 2. Tl., 10. Bd., 2. Teilbd., S. 718 f., hier S. 718; erst 1741 erfolgte ein endgültiger wettinischer Verzicht auf Jülich-Kleve-Berg; der brandenburgische Besitz wurde im Wiener Kongress endgültig bestätigt; vgl. Ritter: Sachsen; Anderson: Verge, v. a. S. 213 f.; Roggendorf: Politik, v. a. S. 128 f.; Nadler: Pfalz-Neuburg; für die Landstände in Kleve und Berg spielten die Wettiner allerdings keine Rolle: freundlicher Hinweis von Herrn Michael Kaiser. 41 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 9. April 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 241 – 246, hier S. 244. 42 Schnitzler: Geschlecht, S. 50.
Das Ziel Landesherrschaft
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alherren gekennzeichnet waren.⁴³ Auch die Schweden hatten hier bereits Donationen vergeben. Zudem waren der Titel eines Landgrafen des Elsass wie die Formulierung „Landgrafschaft Elsass“ im Singular höchst problematisch: Historisch gab es weder eine einzige Landgrafschaft Elsass noch einen entsprechenden Landgrafen des (gesamten) Elsass.⁴⁴ Während das Oberelsass bis zur schwedischen Einnahme 1632 als „faktisch[er] (…) Territorialstaat“ gelten kann,⁴⁵ handelte sich bei der „Landgrafschaft Elsass“ um einen „fingierte[n] Begriff“, einen „fiktiven Titel“.⁴⁶ Er suggerierte eine rechtlich einheitliche Basis, die nicht gegeben war. Schon hier mochten sich reichsrechtlich Probleme ergeben. Zeittypisch wurden „staatsrechtliche Begriffe“ jedoch generell mit einer gewissen Unschärfe und in unterschiedlicher Art und Weise verwendet.⁴⁷ Hinzu kamen noch die Bestimmungen des OñateVertrags, wonach Spanien Anspruch auf die österreichischen Besitzungen im Elsass und am Oberrhein hatte. Das war allerdings eine Bestimmung des Geheimvertrages. Übergeben wurden die Territorien nie.⁴⁸ Bernhard plante seine Herrschaft daher aufbauend auf das Kriegsrecht und seinen Vertrag mit einer europäischen Großmacht. Die französische Zusicherung gab ihm – für die Zeit des Krieges – mehr als nur ein eigenes „Recht des Eroberers“.⁴⁹ In einem Frieden aber musste all dies wieder offen sein. Hier hatten die Folgeklausel des Geheimvertrages zu greifen. Bernhard führte zugleich weiter Krieg mit dem Ziel, seine Position gegen den Kaiser zu verbessern. Außerdem hatte er eine Armee zu beschäftigen. Sie abdanken konnte er vor einem Frieden nicht, weil sie seine Machtbasis darstellte. Inwieweit es
43 Zum folg. vgl. Tischer: Diplomatie, S. 204 – 207; Seidel: Oberelsaß, S. 14 – 75; Repgen: Zusammenhang; Stein: Elsaßbild; Stein: Protection, S. 10 – 47; [Stenglin:] Elsaßmemorandum, S. 1097; neben habsburgischem Besitz fanden sich reichsunmittelbare Stände und Herren, unter anderem die Reichsstädte der Dekapolis; der französischen Regierungsseite war vermutlich vor dem Vertrag mit Bernhard bewusst, dass im Elsass reichsständische Besitzungen lagen, nicht nur habsburgische, da Maximilian von Bayern sie 1630 entsprechend unterrichtet hatte, vgl. Albrecht: Maximilian I., S. 1015, Fußn. 21; genauere Informationen lagen ihr auf jeden Fall ab dem Frühjahr 1646 vor, vgl. Tischer: Diplomatie, S. 258 f., 207 ff. 44 Die Habsburger führten aber den Titel des Landgrafen im Oberelsass, mit dem sich politische Rechte verbanden; der Fürstbischof von Straßburg nannte sich Landgraf im Unterelsass, ohne dass dies noch Herrschaftsrechte beinhaltete. 45 Repgen: Zusammenhang, S. 639. 46 Tischer: Diplomatie, S. 258; Ruppert: Politik, S. 155 ff. 47 Repgen: Zusammenhang, S. 639; Erzherzogin Claudia bezeichnete sich auch als „Landtgrävin in Elsass“, „gelegentlich wurde unter der Bezeichnung ‚Landgrafschaft Elsass‘ eine ‚Landgrafschaft Unterelsass‘ verstanden“ (ebd.). 48 Vgl. Oñate-Vertrag, in: Lorenz, Quellen zur Vorgeschichte, S. 186 – 209, hier S. 206 f.; Aretin: Reich, S. 116 ff.; Nagel: Dynastie, S. 347. 49 Wegdwood: Krieg, S. 353.
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Bernhard wichtig war, diese Gebiete für das Reich zu bewahren, ist schwer einschätzbar. Zwei Aspekte mussten jedoch eine Herrschaft im Reich geboten erscheinen lassen: die Möglichkeit, an die Landesherrschaft der Brüder anzuknüpfen, und die von der des Reichs abweichende Verfassung Frankreichs. In Frankreich war schließlich maßgeblich, dass jemand dem König unterstand oder nicht, während deutsche Fürsten dem Kaiser unterstanden, zugleich aber selbständig in ihrer Herrschaft waren. Bernhard versuchte, mit dieser Herrschaft zu beginnen und unabhängiger von Frankreich zu werden: in der Sicherung der Landesherrschaft, der Generierung neuer Einnahmequellen, der Pflege internationaler Beziehungen und Bündnisverpflichtungen, der Sicherung einer eigenständigen Armeeversorgung, der Umstrukturierung seiner Armee, in der Einsetzung von Vertrauensleuten in Schlüsselpositionen und in der Gewinnung neuen Führungspersonals. Zur Herrschaftssicherung gehörte die Donationspolitik. Bernhard entlohnte verdiente Militärs und Gefolgsleute.⁵⁰ Das war nur möglich, indem er die Landeshoheit für sich beanspruchte. Vereinfacht wurde dies dadurch, dass die meisten Familien der Ritterschaft Vorderösterreichs beim Vorrücken der Schweden emigriert waren, insbesondere nach Basel.⁵¹ Zudem eröffnete die Überlagerung der Herrschafts- und Rechtsverhältnisse im Elsass auch Spielräume. Frankreich bestätigte die Bernhard‘schen Donationen nach seinem Tod,⁵² 1646 hatten noch verschiedene Personen aus seiner näheren Umgebung bzw. ihre Familien Territorialbesitz in der Region.⁵³ Diese Donationen wurden von den Offizieren erwartet, sie gehörten zum impliziten Übereinkommen zwischen dem Heerführer und seinen Befehlshabern. Aus Bernhards Sicht sollten die so bedachten Gefolgsleute zum Landesausbau und wirtschaftlichen Wiederaufleben beitragen. Verschiedene Offiziere wollten sich nun jedoch in ihren Gütern niederlassen und hatten wenig Interesse an der Fortführung des Krieges. Bernhard wollte dies nicht zulassen. Er könne jetzt nicht „die
50 Unter anderem erhielt Leutnant Johann von Rosen die Herrschaft Isenheim (vgl. Brienne an Longueville, d’Avaux und Servien, Paris, 14. April 1646, in: APW II B 3, Tl. 2 (1646), S. 722 ff., hier S. 731), Reinhold von Rosen die Grafschaft Bollweiler und Zilisheim, Brunstatt, Riedisheim und Pfastatt (vgl. Scherlen: Krieg, S. 334), der bei Basel an der Grenze zum Sundgau gelegenen Ort Hüningen ging an den Bankier Hans Heinrich Herwart (vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 42; Billing: Geschichte, S. 100 f.); Markgraf Friedrich V. von Baden-Durlach verfügte dank der Schweden über Besitz im von Bernhard kontrollierten Raum und war ihm mit diesen kontributionspflichtig, vgl. Press: Welt, S. 56; Seidel: Oberelsaß, S. 20. 51 Vgl. Seidel: Oberelsaß, S. 67 f., 64; Wackernagel: Basel. 52 Vgl. [Stenglin:] Elsaßmemorandum, S. 1096. 53 Vgl. Brienne an Longueville, d’Avaux und Servien, Paris, 14. April 1646, in: APW II B 3, Tl. 2 (1646), S. 722 ff. hier S. 730 f.; [Stenglin:] Elsaßmemorandum, S. 1096 f.
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Officiere alle von der Armee lassen“ und sich „allein todt arbeiten“. Er brauche sie zumindest, bis er „andere an ihrer Stell bei der Armee (…) bekommen“ habe.⁵⁴ Auch solche Abwanderungsbewegungen machten es notwendig, neues Führungspersonal zu gewinnen. Zugleich strebte Bernhard eine Armeeumstrukturierung an, die (wie eine noch stärker selbständige Kriegsführung) im Dienst einer eigenständigen Politikgestaltung stehen sollte. Er suchte gezielt Vertrauensleute zu gewinnen, insbesondere Männer, mit denen ihn eine längere Bekanntschaft verband und die sich auf Seiten der gleichen Kriegspartei bewährt hatten. Dazu gehörten Johann Friedrich von Teuffenbach und Christoph Martin von Degenfeld. Beide sind zugleich Beispiele für letztlich gescheiterte Anwerbeversuche und die unterschiedlichen Optionen, die sich Offizieren boten. Der deutsche Offizier von Degenfeld, der unter anderem für den Kaiser und Schweden tätig gewesen war, bekleidete einen hohen Rang in der französischen Armee.⁵⁵ Nach einer Kontaktaufnahme seitens Degenfelds⁵⁶ schrieb Bernhard ihn vor Breisach an und versuchte, ihn für die Weimarische Armee zu gewinnen.⁵⁷ Er sprach von „unserer alte[n] Campania von alten Cavallieren“. Niemand sei besser geeignet, den Krieg dort zu führen, wo dieser sich nun abspielen werde, als Degenfeld. Dieser könne ihm „helffen mein glück zu suchen, und des gemeinen Vatterlandes und sein selbst eigner interesse durch meine condutte befördern“. Er bot ihm die Stelle eines Generalmajors der Reiterei an.⁵⁸ Degenfeld suchte sich über seine Karrieremöglichkeiten und finanzielle Ausstattung in der Weimarischen Armee rückzuversichern. Seine Position war komfortabel: Neben seinen gut dotierten Militärposten hatte er angeblich Ansprüche auf zwei Territorien wie das Kommando über zwei Reiterkompanien. Bei einem Wechsel wolle er mindestens ebenso ausgestattet werden.⁵⁹ Nach Bernhards Tod setzte sich Degenfeld für ein deutsches
54 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, [vermutlich Pontarlier] [kurz nach dem 14. Jan. 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 133 ff., hier S. 134 f.; vgl. Gahlen/Winkel: Eliten, S. 21, Fußn. 47: „Gutsherrschaft und militärische Karriere schlossen sich eher aus“. 55 Zu ihm u. a. Kapff: Christoph Martin Freiherr von Degenfeld, v. a. S. 17 f. 56 Vgl. Martin v. Degenfeld an Hans Ludwig v. Erlach, Paris, 28. November 1638, in: Erlach, Mémoires historiques, Tl. 3, S. 1 – 5, hier S. 2; auch Röse: Herzog, Bd. 2, S. 413. 57 Vgl. LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 705: Briefwechsel Wilhelms mit dem schwedischen General Freiherr Fr. M[artin] von Degenfeld (1648 – 1650); für die Echtheit des hier als Kopie vorliegenden Briefes spricht die zeitnahe Reaktion Degenfelds gegenüber Erlach; Degenfeld gratulierte Bernhard auch zur Eroberung Breisachs, vgl. General-Major v. Degenfeld an Bernhard v. Weimar, Paris, 10. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344, Bl. 43r. – 43v. 58 [Bernhard v. Weimar an Martin v. Degenfeld], o.O., [2. Jahreshälfte 1638], LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 705, Bl. 4r. 59 Vgl. Martin v. Degenfeld an Hans Ludwig v. Erlach, Paris, 28. November 1638, in: Erlach, Mémoires historiques, Tl. 3, S. 1 – 5.
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Oberkommando über die Weimarische Armee ein;⁶⁰ nach Kriegsende suchte er Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar unter Verweis auf seine Verbindungen zu Bernhard als Fürsprecher für eine Anstellung beim Niedersächsischen Kreis zu gewinnen.⁶¹ Teuffenbach, ein steiermärkischer Exulant, war ein „überzeugte[r] Anhänger der Politik Bernhards“.⁶² Nachdem Bernhard Regensburg eingenommen hatte, war er dort von 1633 bis 1634 Gouverneur gewesen. 1635 hatte er den Rat Nürnbergs, wo er inzwischen lebte, unter Berufung auf Bernhard vor der Annahme des Prager Friedens gewarnt. Nürnberg war in den 1630er Jahren zu einem Zentrum schwedischer Offiziere und ihrer Familien geworden sowie jener, die sich gegen den Kaiser positioniert hatten.Vermutlich im Frühjahr 1639 suchte Bernhard erneut den Kontakt, und Teuffenbach bot ihm darauf seine Dienste an. Für ihn war mehr zu gewinnen als zu verlieren. Er hatte seinen Besitz in Österreich und in Regensburg verloren und war zumindest zeitweise zahlungsunfähig geworden. Bernhard gegenüber betonte er, keine Befürchtungen zu haben, sich gegen den Kaiser zu stellen, und begründete dies mit der Gehorsamspflicht gegenüber Gott. Zu einer engeren Zusammenarbeit kam es aber nicht mehr. Briefe Teuffenbachs an Bernhard wurden jedoch abgefangen, und er wurde, nach Bernhards Tod, auf kaiserlichen Druck vom Nürnberger Rat unter Arrest gestellt. Der Vorwurf lautete Hochverrat. Die Affäre erreichte europäische Ausmaße. Mockel, Salvius und Erlach setzten sich für Teuffenbachs Freilassung ein und drohten teils mit Sanktionen und Vergeltungsmaßnahmen, Einflussversuche auf den Rat gab es mutmaßlich auch von Vertretern Frankreichs, der Niederlande und Englands, auch mit handelspolitischen Drohungen. Dabei erklärt sich das starke Interesse an Teuffenbach mit dem zeitgleichen Konkurrenzkampf um die Weimarische Armee.
Der Konflikt um die Eroberungen Dass der Herzog seine eigenständige Politik fortsetzte, verstärkte 1639 die Auseinandersetzungen zwischen ihm und der französischen Regierung. Sie drehten sich wesentlich um Breisach und die übrigen eroberten Gebiete. Die Krone verlangte
60 Dies mag mit Karriereüberlegungen, aber auch einer Verbundenheit zwischen Bernhard und Degenfeld zu erklären sein. 61 Vgl. LATh-HStA Weimar, H Krieg und Frieden, Nr. 705: Briefwechsel Wilhelms mit dem schwedischen General Freiherr Fr. M[artin] von Degenfeld (1648 – 1650); Degenfeld befand sich zu diesem Zeitpunkt in venezianischen Diensten. 62 Schnabel: Exulanten, S. 323 f., zum folg. ebd., S. 323 ff., 612; es gab auch eine Verbindung zwischen Teuffenbach und Wölker, vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 1, S. 144, 302.
Konflikt um die Eroberungen
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deren Übergabe, der Herzog kam diesem Wunsch nicht nach. Das Selbstverständnis des Herzogs als eigenständiger Bündnispartner war mit der französischen Auffassung, er sei Befehlsempfänger Frankreichs, nicht in Einklang zu bringen.Vor allem: Bernhard konzipierte seine politische Zukunft im Hinblick auf Deutschland, nicht Frankreich. An dem im Vertrag von 1635 versprochen Besitz in Frankreich war er offensichtlich wenig interessiert. Nach den Jahren der Auseinandersetzungen war er umso weniger zum Nachgeben bereit. Schon in den Verhandlungen zwischen Bernhard und Frankreich im Frühjahr und Frühsommer 1638 waren diese Konfliktlinien hervorgetreten.⁶³ Im Ergebnis änderten sich die Positionen nicht grundlegend. Die Abläufe der Verhandlungen 1639 sind detailliert aufgegriffen worden.⁶⁴ Beide Seiten setzten, bis auf eine kurze Phase der sich anbahnenden Eskalation, auf eine Verzögerungstaktik. Die Machtverhältnisse sollten sich nach und nach verschieben. Für Bernhard wurden wieder Vertrauensleute am Hof tätig, Jan Hoeufft,⁶⁵ Joachim von Wicquefort, dann Generalmajor Erlach.⁶⁶ Paris beauftragte Guébriant⁶⁷ und später weitere Unterhändler, mit dem Herzog zu verhandeln. Wicquefort reiste mit dem Breisacher Vertrag nach Frankreich.⁶⁸ Er war spätestens seit 1637 für Bernhard tätig: als Nachrichtenagent,⁶⁹ in diplomatischen
63 Dabei ging es sowohl um den Besitz der Eroberungen als auch um die weitere Kriegsführung. 64 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 500 f.; auch Mommsen: Richelieu. 65 Vgl. bsp. Briefe Jan Hoeuffts an Bernhard v. Weimar aus Paris (1639), LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344; er traf u. a. mit Richelieu, Chavigny, Bullion und dem Kanzler Pierre Seguir zusammen, Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 15. März 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 161r. – 162v. 66 Am 7. April 1639 wurde Erlach zum ersten Besuch empfangen, vgl. de Noyers an Hans Ludwig v. Erlach, Rueil, 6. April 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 152; er hatte dann eine Audienz bei Richelieu, später beim König, der ihm Bullion, Chavigny und de Noyer als Verhandlungspartner vorstellte; anschließend wurde er von der Königin empfangen: Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, o.O., [nach dem 8. April 1639], in: ebd., S. 153 ff., Zitat S. 154; Erlach hatte auch die Aufgabe, im Namen des Herzogs zur Geburt des Dauphin zu gratulieren, die Dankantwort des Königs: Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 29. April 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 129r. – 129v. 67 Vgl. Instruktion Ludwigs XIII. für Guébriant, Villeroy, 6. Januar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 137– 142; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 507 ff.; als erstes ging es Frankreich darum, dass Breisach zumindest zur Hälfte, wenn nicht zu größeren Teilen, mit französischen Besatzungstruppen versehen werden sollte; zudem sollte es einen französischen Kommandeur (Guébriant) geben. 68 Vgl. Joachim v. Wicquefort kam zur Jahreswende in Paris an und berichtete in der Folge regelmäßig an den Herzog, vgl. bsp. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 21. Januar 1639, LAThHStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 62r. – 62v.; Ders. an Dens., Paris, 8. Februar 1639: ebd., Bl. 94r. – 99v.; Ders. an Dens., Paris, 11. Februar 1639: ebd., Bl. 102r. – 198v. u. a. ebd.
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Missionen sowie als Bankier und Händler.⁷⁰ Im Herbst dieses Jahres hatte er Bernhard erklärt, er sei entschlossen, nur noch für ihn zu arbeiten: „J’ai prise la resolution de quitter les autre affaires des Princes pour les votres et parce que je ne me veux assister a un autre souverain qu’a vous.“⁷¹ Mit der Familie hatte Bernhard bereits zuvor zusammengearbeitet.⁷² Joachim von Wicquefort verfügte über ein weitreichendes Netz von Kontakten und gerade in der Republik der Niederlande in hochrangige Kreise. Als Schwiegersohn von Cornelis Pieterszoon Hooft hatte er Zugang zu dessen Runden im Schloss Muiden, zu denen Grotius’ Schwager Nicolas von Reigersberch und Caspar Barlaeus gehörten.⁷³ Kurz vor dem Breisacher Erfolg übermittelte er Bernhard das Interesse der Generalstände an einer kontinuierlichen Verbindung zwischen ihm und dem Prinzen von Oranien.⁷⁴ Wicquefort sollte in Paris Geld und Truppen fordern⁷⁵ und gezielt nicht über Breisach und das Elsass sprechen. Gleichwohl bildete die Übergabefrage einen entscheidenden Kontext. Tatsächlich erhielt Wicquefort kaum Gelegenheit zu Gesprächen. Er verstand dies als Versuch, den Herzog auf Linie zu bringen.⁷⁶ Wie Hoeufft erhielt er vorrangig Informationen aus dritter Hand.⁷⁷ Der Herzog solle persönlich an den Hof kommen, drängte man aus Regierungskreisen. Bernhard
69 Vgl. bsp. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 20. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 178r. – 180v. 70 Vgl. bsp. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 14. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 113r. – 115v.; Ders. an Dens., Amsterdam, 15. September 1637, ebd., Bl. 167r. – 175v. u. a. Zur Korrespondenz zwischen Bernhard und Wicquefort vgl. LATh – HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342. 71 Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 20. Oktober 1637, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 200r. – 204v., hier Bl. 200r.; zu ihm als Repräsentant Hessen-Kassels in den 1640er Jahren Helfferich: Princess, v. a. S. 129, 151. 72 Bernhard hatte bereits 1630 mit seinem Vater Caspar Wicquefort Kontakt gehabt, vgl. Bernhard v. Weimar an Dietrich von Falkenberg, Amsterdam, 11. [ … 1630], in: Tümmler, Briefe, S. 308 – 312; Ders. an Gustav Adolf von Schweden, Schweinfurt, 11. Oktober 1632, in: ebd., S. 314 – 317, hier S. 315; zur internationalen Tätigkeit der Familie Tischer: West-Ost-Kommunikation; Burger: Res; Art. Wicquefort, Abraham and Joachim. 73 Vgl. Burger: Res, S. 27 f.; Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 20. Oktober 1637, u. a. zu einer Unterredung mit dem Bruder des Prinzen von Oranien; er hatte auch Kontakte zu Grotius, vgl. Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 501, Fußn. 12. 74 Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, 4./14. Dezember 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 650r. – 651r., hier Bl. 650v. – 651r. 75 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 506. 76 Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 8. Februar 1639 (Weimar) und Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. Februar 1639, hier n. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 513, 517. 77 „On dit que le Roy a dit (…)“, schrieb er beispielsweise: Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. Februar 1639, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 126r. – 127v., hier Bl. 126v.
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hatte diese erneute Reise angekündigt; ob er sie antreten wollte, ist fraglich. Seine Ratgeber und Korrespondenzpartner warnten ihn – Grotius, Wicquefort, Camerarius, Rehlingen, Müller, Elisabeth Stuart.⁷⁸ Bereits die Reise zum Hof selbst werde als Zeichen gelten, dass er Breisach übergeben wolle. Komme er, werde es französisch.⁷⁹ Das war angeblich auch Konsens in der Armee.⁸⁰ Bernhard spielte auf Zeit und zögerte die Reise, vor allem mit dem Hinweis auf den schlechten Zustand seiner Armee, immer wieder hinaus.⁸¹ Wicquefort erscheint in dieser Situation ratlos.⁸² Bald schlug er zunehmend warnende Töne an. Ihn irritierten Gerüchte in Paris, Bernhard habe dem König Breisach gegen eine hohe Geldsumme schon zugesagt und befinde sich auf dem Weg nach Frankreich. Diese Nachrichten bekräftige der Hof „si affirmativement“.⁸³ Als sich Grotius schon sicher war, dass Bernhard nicht kommen werde,⁸⁴ wurden in Paris Unterkünfte für den Herzog, seine Entourage und sein Personal vorbereitet.⁸⁵ Bei Bällen und Balletts des Hofs wurden der Herzog und Schweden ehrenvoll erwähnt.⁸⁶ Die Krone suchte die Reise für den Herzog attraktiv zu machen.
78 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 3. März 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 138r. – 143v. (Abschrift), hier Bl. 140r.; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 290; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 513 f. 79 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, 29. Januar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 65 – 68, hier S. 65; Ders. an Dens., 19. Februar 1639: ebd., S. 113 – 116, hier S. 113. 80 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Pontarlier, [7.] Februar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 83 f., hier S. 83. 81 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 515. 82 Bernhard solle Frankreich durch seine Kontakte zur englischen Krone eifersüchtig machen und die Minister so bewegen, auf ihn zuzugehen, riet er, vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 512; dass um die Jahreswende 1638/39 ein Beitritt Englands in den Krieg gegen Frankreich und Schweden im Raum stand, schien die Position des Herzogs im französischen System allerdings zu stärken. 83 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 15. Februar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 116r. – 121v. 84 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 26. Februar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 129 – 133, hier S. 129; bereits Ders. an Dens., 31. Januar 1639, in: ebd., S. 70 – 73, hier S.70. 85 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 3. März 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 138r. – 143v. (Abschrift), hier Bl. 139v.; es handelte sich um das Hôtel Petit Bourbon für ihn sowie das l’Hôtel de Blainville. 86 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 12. März 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 164 ff., hier S. 164; Ders. an Ludwig Camerarius, Paris, 2./12. März 1639, in: ebd., S. 160 ff., hier S. 160 f.; Ders. an Axel Oxenstierna, Paris, 2./12. März 1639, in: ebd., S. 162 f.; der Herzog sei zum Karneval eingeladen worden: Allgemeine Schau=Bühne, Sp. 702 f.
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10 Absicherung des Erfolges
Wicquefort war jedoch zunehmend skeptisch hinsichtlich der Möglichkeiten Bernhards, die Gebiete ohne französische Unterstützung zu halten.⁸⁷ Auch Grotius drang kaum am Hof vor; die zahlreichen Bälle machten es angeblich unmöglich, ihm eine Audienz zu gewähren.⁸⁸ Der König machte Bernhard gegenüber schließlich überdeutlich, dass er das Auftreten des Botschafters missbilligte.⁸⁹ Als effektiver Fürsprecher fiel Grotius damit weitgehend aus. Im Frühjahr spitzte sich die Konfrontation zwischen Bernhard und der französischen Regierung zu. Kardinal Richelieu schlug einen scharfen Ton an. Er gab sich unangenehm überrascht von Bernhards Unzufriedenheit mit Frankreich, dies sei ein unerklärlicher plötzlicher Stimmungswechsel. Hoeufft sprach von falschen Gerüchten. Er und Wicquefort drängten Bernhard, den König und den Kardinal seiner Treue zu versichern.⁹⁰ Ein Rückzug Frankreichs aus dem Bündnis müsse vermieden werden. Er solle vorsichtig sein, man müsse „connoître et aimer ses amis avec leurs conditions“.⁹¹ Bernhard bemühte sich um Schadensbegrenzung,⁹² und Richelieu sandte Zeichen des guten Willens.⁹³ Erlach gab der Herzog aber mit auf den Weg, als „geborne[r] Teutscher, Fürst und General“ kenne er den „Zustand des deutschen Wesens (…) beßer als Fremde“.
87 Vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 3. März 1639, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 138r. – 143v. (Abschrift), hier Bl. 140r. 88 Vgl. Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 8. März (n. St.) 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 150r. – 151r.; es gab erneut eine gezielte Zusammenarbeit zwischen dem schwedischen Botschafter und den Unterhändlern Bernhards, vgl. bsp. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 14. Juni 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 337r. – 338v., hier Bl. 338r. – 338v. 89 Vgl. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, im Lager vor Hedin [tatsächlich wohl: Abbeville], 3. Juni 1638, in: Avenel, Lettres, Bd. 6, S. 376 ff., hier S. 377, zur Ortsangabe S. 378, Fußn. 1; Bernhards Vorgehen sei nur mit einer „mauvaise volonté“ oder „une ignorance grossière, qui ne peut recevoir d’excuse“ zu erklären; er, der König, erwarte mit Ungeduld den Beginn der Kampagne durch Bernhard; Grotius zu seinen Misserfolgen am Hof: Hugo Grotius an Bernhard v. Weimar, Paris, 12. Juli 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 388r. – 388v. 90 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 15. März 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 161r. – 162v.; Ders. an Dens., Paris, 22. März 1639, ebd., Bl. 183r. – 183v.; Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, 6. März 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 531: Anm.; auch Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, 29. März 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 187r. – 188r. 91 Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. März 1639, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 183r. – 183v., hier Bl. 183r. 92 Vgl. Bernhard v. Weimar an Kardinal Richelieu, Pontarlier, 21./31. März 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 157– 159. 93 Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 1. Mai 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 133r. – 133v., hier Bl. 133 f.: Der König unterstützte ihn „extraordinairement“ und unternehme jegliche Anstrengung, ihn mit der Zahl von Leuten zu versorgen, die ihm laut Vertrag zustünden; die fällige Quartalszahlung wurde bewilligt; vgl. Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 16./26. März 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, Urk. 48.
Konflikt um die Eroberungen
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Eine Überlassung Breisachs würde negative Folgen im Reich und darüber hinaus haben: Es würde sowohl „die Affection der deutschen Gemüther (…) alienirt, und auf des Feindes Seite getrieben, zumal Ihre Majestät bei etlichen sie anstatt des Schirmes der deutschen Freiheit, deroselben Herrschaft suchte, in Argwohn bracht“, als auch der schwedischen Krone, mit der er, seine Armee und der Heilbronner Bund verbunden seien, „allerhand (…) Jalousie verursacht, und dieß vielleicht gar zu tractaten mit dem Kaiser Anlaß“ gäbe.⁹⁴ Auf französischer Seite wurden in der Übergabefrage divergierende Positionen deutlich und den Bernhard‘schen Verbindungsleuten gegenüber unterschiedliche Argumente vorgebracht, so, es gehe dem König nur um Sicherheiten für einen möglichen Todesfall Bernhards.⁹⁵ Bouthillier erklärte, Bernhard solle Breisach zunächst in eigener Regie führen – unter der Voraussetzung, dass er dies den französischen Vorstellungen entsprechend tue.⁹⁶ Erlach meldete dem Herzog schließlich, der König habe zugestimmt, dass er die Plätze am Rhein auf Basis des Vertrages behalten könne, allerdings müsse er für deren Unterhalt selbst aufkommen.⁹⁷ Die interne Denkschrift „Raisons pour lesquelle le roy ne peut donner à M. de Weymar les places que S. M. tient en Alsace“ aus den Kreisen Richelieus postulierte aber, der Herzog werde, wenn er im Besitz des Elsass sei, alle weiteren französischen Vorschläge ablehnen.⁹⁸ Seine Position werde zu unabhängig. Frankreich habe dann auch nichts mehr in der Hand, um den Kaiser zum Frieden zu zwingen. Die französischen Interessen an Lothringen könnten gegenüber Spanien und dem Reich ins Hintertreffen geraten, Bernhard wäre schließlich ein Nachbar Lothringens. So wie er sei („estant de l’humeur qu’il est“), werde man ständig Differenzen mit ihm haben und niemand werde mehr als Bernhard wünschen, dass Lothringen von Frankreich restituiert werde. Denn er werde einen kleinen Herzog („un petit duc“) als Nachbarn, „avec lequel il pourroit brouiller“, einem großen König vorziehen,
94 Memorial Bernhards v. Weimar für Hans Ludwig v. Erlach, Pontarlier, [vermutlich 20. März 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 145 – 148, hier S. 148. 95 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 2. März 1639, FB Gotha, Chart. A; Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Paris, 25. Februar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 210. 96 Vgl. Hartmann: Papiers, Bd. 3, S. 354 über Bouthillier an d’Avaux, Rueil, 30. April 1639; auch zur Elsassfrage De Noyers an Bernhard v. Weimar, Rueil, 9. [?] 1639, Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 17r. 97 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 9./19. April 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 159 ff.; Ders. an Dens., Paris, 10./20. April 1639, in: ebd., S. 161 – 164; Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 525 – 528; zudem sollte er Sonderzahlungen für den Kauf von Pferden und für die Artillerie erhalten; die Truppe Guébriants sollte aufgestockt werden. 98 Das folg. aus: Raisons pour lesquelles le Roy ne peu donner à M. de Weymar les places que S. M. tient en Alsace, [Ende Juni 1639], in: Avenel, Lettres, Bd. 6, S. 408 – 411.
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den er fürchten müsse. Darüber hinaus habe der Herzog kein Recht, die betreffenden Orte zu verlangen. Schließlich fällt das Argument der Reputation: Lasse Frankreich so viel kleineren Mächten Raum, werde es als nicht mehr fähig gelten, seinen Freunden wie seinen Feinden zu widerstehen.⁹⁹ Bernhard müssten daher seine Verpflichtungen gegenüber dem König und der „allgemeinen Sache“ deutlich gemacht werden. Gleichwohl solle ihm erklärt werden, dass es die Intention des Königs sei, ihn im Elsass zu halten, das damit zur dauerhaften Barriere zwischen Frankreich und seinen Feinden („une perpétuelle barrière entre la France et ses ennemis“) werde. Demnach sollte Bernhard die Gebiete unter der Herrschaft des Königs regieren. Man dürfe den Herzog nicht glauben lassen, dass man ihn fürchte, und es müsse ihm gezeigt werden, dass der König auf seine Loyalität vertraue. Es dürfe ihm mithin kein Grund oder Vorwand gegeben werden, mit Frankreich zu brechen und mit den Feinden zusammenzugehen. Das war Ende Juni. Im Juli versuchte Paris auch Schweden dafür einzuspannen, Bernhard von seinen Plänen abzubringen.¹⁰⁰ Der Herzog ging jedoch seit dem Mai davon aus, dass sich das Verhältnis zu Frankreich nun wieder verbessert habe. „Now the worst is past“, äußerte er Elisabeth Stuart zufolge, er werde Frankreich nicht verlassen.¹⁰¹ Wie Frankreich, so plante Bernhard nun einen neuen Vertrag und schraubte seine Forderungen selbstbewusst hoch. Die Umstände seien grundlegend anders als 1635. Die französische Krone solle ihn „als Landgrafen und Fürsten des Ober= und Unterelsaß auch auf [sic] den Landen des Bischofsthums Basel“ anerkennen – das war eine Ausweitung der Forderungen – und zwar „als einen Reichsfürsten“, und ihm „folgends die innhabenden Plätze selbiger Lande (…) einräumen“.¹⁰² Er sprach von seinen „ansehnlichen Lande[n] und Fürstenthümer[n], in Lothringen, Ober= und Niederen=Rheinstrom und Burgund“, die er erobert habe. Die burgundischen Eroberungen sollten aber an Frankreich gehen. Die im 1635er-Vertrag bewilligten vier Millionen Livres sollten erneut eingefordert werden, zum „Krieg gegen das Haus Oestreich in Teutschland“ und seiner freien „disposition“. Bei starker Bedrohung durch den Feind solle der König Hilfstruppen schicken, Bernhard aber das „Obercomando“ über alle Armeen führen. Mit den deutschen Ständen solle der König allein über ihn verhandeln: Er solle zusagen, „mit den Ständen in Deutschland durch niemand als durch mich handeln zu laßen und durch mich sie an den König
99 Das Verhältnis Spaniens zu Savoyen wird hier zum Beispiel. 100 Vgl. Hartmann: Papiers, S. 367 f. über Chavigny an d’Avaux, Bruk [?], 21. Juli 1639. 101 Vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 27. Mai 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 796 ff., hier S. 797; er werde Frankreich nicht verlassen. 102 Projekt wegen neuer Tractaten mit Frankreich, zit. n. Droysen, Sachen, S. 383; zur Einordnung und Diskussion auch ebd., S. 379 – 385, v. a. S. 382.
Kaiserliche Offerten
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ziehen laßen“. Vorrangig in finanziellen Fragen gab Bernhard sich zu einem Entgegenkommen bereit. Dazu zählte die Ankündigung, er werde auf Erstattungen mancher Aufwendungen verzichten, wenn ihm der König Joux, Mortau, Montbénoit und St. Marie überlasse. Schließlich solle Frankreich keinen Frieden ohne ihn schließen dürfen und keinen, wonach Bernhards Länder nicht „I. F. Gnaden und dero Nachkommen erblich verbleiben“. Er ging also davon aus, dass er über einen Nachfolger verfügen könne.¹⁰³ Mit einem solchen Vertrag wäre die Erblichkeit der Bernhard‘schen Territorien von französischer Seite anerkannt worden. Bernhard setzte darauf, dass das Interesse des Königs daran, in ihm einen Partner gegen Habsburg zu haben, alles andere überlagere.
Kaiserliche Offerten Im Februar und März 1639 trat der Kaiser erneut an den Herzog heran. Vermittelt über den Bürgermeister von Fribourg und Rehlingen, erhielt er Briefe mit der dringlichen Bitte um Unterredung von einer„hohen Standsperson“: dem spanischen Botschafter Don Diego de Saavedra Fajardo, einem vielfach ausgewiesenen und in den deutschen Angelegenheiten erfahrenen Diplomaten. Bernhard vermied ein persönliches Gespräch.¹⁰⁴ Wenig später erfolgte ein neuer Vorstoß, nun von der Seite Wiens, wieder reagierte der Herzog ausweichend.¹⁰⁵ Der Unterhändler warf ihm mangelnden Respekt gegenüber „der Römischen kaiserlichen Majestät“ vor.¹⁰⁶ Die „Hoffart“ des Herzogs, so auch Graf Trauttmansdorff, werde nicht nur eine
103 Vgl. Bernhard v. Weimar [Antwort auf die Positionen Graf Guébriants, Kanzleiausfertigung] [Juni 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 182 ff.; der Entwurf: ebd., S. 179 ff.; die französische Textvariante, datiert Pontarlier, 13./23. Juni 1539: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 536 – 539; Art. 5) des dortigen Textes fehlt in der dt. Fassung; bei seinem Ableben werde sein Nachfolger dem König zugesagte Satisfaktionsleistungen erbringen. 104 Vgl. Tobias Gottreau an Marx Conrad v. Rehlingen, Freiburg, 5. Februar 1639 und nachfolg. Dok., in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 168 – 172. 105 Vgl. Sigismund Heusner v. Wandersleben an Bernhard v. Weimar, Basel, 25. Februar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 172 f.; Ders. an Dens., Basel, 24. März 1639, in: ebd., S. 173 f.; Ders. an Dens., Basel, 6. April 1639, in: ebd., S. 173 f.; Bernhard erklärte zunächst, den Auftraggeber Heusners nicht zu kennen. 106 Sigismund Heusner v. Wandersleben an Marx Conrad v. Rehlingen, Basel, 17. Mai 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 175 f., mit der Benennung des Kaisers als Auftraggeber; angeblich hatte sich der Herzog negativ über den Kaiser geäußert.
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Strafe Gottes nach sich ziehen, sondern die Reichsfürsten deutlich erkennen lassen, „daß er nicht Libertät, sondern Servitut suche“.¹⁰⁷ Der Herzog ließ damit Möglichkeiten verstreichen, mit dem Kaiser zu einem Einverständnis zu kommen und dabei Kompensationen für sich zu gewinnen; dies hätte auch einen Frieden beschleunigen können. Wieder waren wohl sein Argwohn gegenüber dem Kaiser und der altgläubigen Seite maßgeblich und die Sorge davor, es sich mit allen zu verderben, wenn die Verhandlungen in Frankreich und Schweden publik würden. Die politische Führung in Paris war misstrauisch geblieben; im März 1639 vermutete man, er wolle Breisach dem Kaiser übergeben.¹⁰⁸ Aber offenbar sah Bernhard auf der Basis seines bestehenden Vertrages und insbesondere der eines neuen die näher greifbare Möglichkeit, ein Herrschaftsgebiet für sich zu gewinnen. Zugleich verhandelte er weiter in verschiedene Richtungen: Er führte die Gespräche mit England und der Pfalz fort, mit Hessen-Kassel und mit Dänemark,¹⁰⁹ und nach wie vor hielt die Verbindungen nach Schweden.
107 Von Maximilian v. Trauttmansdorff an Sigismund Heusner v. Wandersleben, Wien, 15. Juni 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 176. 108 Vgl. Droysen: Bernhard, Bd. 2, S. 518; vgl. Instruktion Ludwigs XIII. für Guébriant, Villeroy, 6. Januar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 137– 142. 109 Diese Verhandlungen führte Wicquefort in Amsterdam, vgl. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 4. Juli 1639, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 374r. – 376v.; zu seiner Abreise: Ders. an Dens., Paris, 3. März 1639, ebd., Bl. 138r. – 143v.
11 Versorgung und Logistik. Das Heer, das Geld und die Schweiz Bernhard war als Militärunternehmer sowohl im militärischen und geschäftlichen als auch politischen Bereich tätig.¹ Zu seinen grundlegenden Aufgaben gehörte es, seine Truppen einsatzfähig zu halten. Es musste Geld bereitgestellt werden, Soldaten und Offiziere waren mit Nahrungsmitteln, militärischem Material und Tieren sowie Futter für diese auszustatten, regelmäßig thematisiert das Armeejournal die Ausstattung der Soldaten mit Lebensmitteln wie der Tiere mit Futter.² Dabei stand auch seine Armee in Konkurrenz zur zivilen Bevölkerung, deren vielfaches Elend mit dem Dreißigjährigen Krieg auf das Engste verbunden war. Die Beschaffung dieser Güter war komplex und verursachte oft große, im Laufe des Krieges zunehmende Schwierigkeiten. Mehr noch galt dies für die erforderlichen Transporte. Versorgungsfragen konnten aber kriegsentscheidend sein.³ Den Zeitgenossen war dieses Problem präsent. In der Politik und der Öffentlichkeit war man sich des Stellenwerts der Versorgung für den Kriegsverlauf ebenso bewusst,⁴ wie dass eine schlechte Versorgung die Gefahr von Meutereien erhöhte.⁵ Wenn auch teils von stereotypen Schilderungen gesprochen werden kann und Heerführer Interesse daran haben konnten, den Zustand ihrer Armee als schwierig darzustellen, um ihre Geldgeber zu Zahlungen zu veranlassen: Der Mangel war real.⁶ Auch die Einbrüche in der Wirtschaft, vor allem seit den 1630er Jahren (durch der Verlust von Vorräten, den Produktionsrückgang, die Vernichtung von Kapital, den Geldabfluss und den Zusammenbruch von Handelsverbindungen) wirkten sich
1 Zum Kriegsunternehmertum vgl. Redlich: Military Enterpriser; Asch: Kriegsunternehmer; Parker: Der Dreißigjährige Krieg, S. 286, 216; zum Begriff und Verständnis des Condottiere: Schubert: Wallenstein, hier S. 601; Lorenz: Einleitung, S. 15; zum Folg. t.w. auch Ackermann: Logistics; Ackermann: Krieg organisieren. 2 Vgl. Leupold: Journal; [von der Grün:] Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … Helden Thaten. 3 Vgl. bspw. zur Niederlage der Liga in der Schlacht von Breitenfeld aufgrund des Nahrungsmangels: Ernstberger: Wallensteins Heeressabotage, S. 61 f. 4 Vgl. bsp. die Flugschrift [Seyffert:] Der Teutsche Brutus, die argumentiert, Schweden habe die protestantische Sache massiv gefährdet, indem es die eroberten Festungen nur unzureichend versorgt habe. 5 Vgl. Kaiser: Politik, S. 146. 6 Vgl. Parker: Revolution, S. 92 – 97, 101 – 103; Parrott: Strategy, S. 17; Eckhoff/Schopper: 1636, S. 110 – 113; Ernst: Madrid, S. 293 – 301; Wilson: Thirty Years War, S. 562. https://doi.org/10.1515/9783110701913-012
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11 Versorgung und Logistik. Das Heer, das Geld und die Schweiz
negativ auf den Truppenunterhalt aus.⁷ Nicht nur Ferdinand II. reagierte auf diese Probleme „fast schon hilflos“.⁸ Auch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war die Logistik Element strategischer Überlegungen.⁹ Und sie war eminent politisch. Der Herzog von Weimar ist als Militärunternehmer ein Beispiel dafür, wie im Dreißigjährigen Krieg variable logistische Strukturen – situativ angepasst – entwickelt und Infrastrukturen genutzt wurden und wie dies zugleich eminent die politische Sphäre tangierte. Gefragt wird hier, wie der Herzog von Weimar mit diesen Herausforderungen umging, welche Rolle die Logistik für seine Armee spielte, wie sie aufgebaut war und welche Personen für sie als tragende Akteure auszumachen sind. Dabei wird auf die Versorgung der Weimarischen Armee aus der Eidgenossenschaft geblickt, wo die Heeresversorgung auch Gegenstand intensiver politischer Auseinandersetzungen wurde. Schließlich werden politisch motivierte Widerstände gegen die Militärversorgung in den Blick genommen. Logistik, verstanden als „die Versorgung eines Heeres (…), sei es im Felde, auf dem Marsch oder in Garnison oder Winterquartieren“,¹⁰ umfasste vorrangig „the supply of food and organizing the routes of march and billets“.¹¹ Auch wenn der Truppenunterhalt sich je nach Situation als schwierig erwies, waren Politiker und Militärunternehmer sich ihrer Bedeutung für den Armeeunterhalt bewusst. Richelieu erklärte in seinem politischen Testament, dass ein Heerführer besondere Sorgfalt auch für die Details der Armeeausrüstung zu tragen habe, so müsse er um die Einsatzmöglichkeiten verschiedener Transportwagen wissen. Es sei niemand von zu hohem Stande, um sich um diese Aufgaben der Heeresversorgung zu kümmern.¹² Die Forschung hat die Logistik- und Versorgungsprobleme im Militär, die „Überforderung als Dauerlösung“,¹³ als „administrative Leerstelle“ des frühneuzeitlichen Staates begriffen.¹⁴ Hinter Feststellungen einer defizitären Staatlichkeit
7 Vgl. Denzel: Stockalpers internationaler Handel, S. 85. 8 Rohrschneider: Rezension Hengerer. 9 Als Strategie kann dabei die Definition von Zielen und die Planung der Einsatzorte, des Mitteleinsatzes gelten, wobei sich politische Überlegungen und Gewaltanwendung verbanden: Heuser: Strategy. 10 Carl: Logistik, S. 33; Rebitsch: Typologie, S. 39 – 42. 11 Für die Zeit vor dem 20. Jh.: Kroener/Childs: Logistics, S. 460; eine allgemeinere Definition: Mukerji: Engineering, S. 214: „efforts to organize things“. 12 Richelieu, Testament de Richelieu, S. 319 f.; vgl. Rohan: Capitaine, S. 331 ff., der die Bedeutung des „Commissaire[s] general des viures“ betont, es müsse ein Mann „d’authorité, fidelle, vigilant, & actif“ sein, da er eine Armee unterhalten oder ruinieren könne. 13 Hengerer: Kaiser, S. 201, zur kaiserlichen Seite. 14 Gahlen/Winkel: Eliten, S. 14.
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steht aber vielfach eine an einem Idealbild des absolutistischen Staats oder am Nationalstaat des 19. Jahrhunderts orientierte Sicht. Im Vergleich erscheinen die frühneuzeitlichen Befunde als defizitär. Gleiches gilt für Forschungen, die politikwissenschaftliche Konzepte des „failed state“ oder auch der von Warlords geführten heutigen Kriege auf die Frühe Neuzeit übertragen.¹⁵ Für die Finanzierung des Krieges war die Rückbindung an Herrschaft und Staat gleichwohl wichtig.¹⁶ Die meisten Armeen der Zeit sind dabei, freilich in unterschiedlichen Ausprägungen, als „private-public partnerships“ zu verstehen.¹⁷ Das war ein noch längerfristig erfolgreiches Modell.¹⁸ Von der auf den Staat orientierten Perspektive auf die Heeresversorgung hat sich gerade die jüngere Forschung gelöst.¹⁹ Logistik- wie Infrastrukturfragen sind allerdings wenig detailliert und systematisch untersucht worden; in erster Linie im Falle Wallensteins und der Heeresversorgung durch den Herzog von Friedland selber oder durch Hans de Witte,²⁰ der Wallenstein Geld durch ein europaweites Netz von Faktoren verschaffte, Kriegsmaterial und Nahrungsmittel für dessen Truppen einkaufte und die Warenbeförderung zur Armee organisierte.²¹ Vom System der Liga mit den einflussreichen Kriegskommissaren unterschied sich diese Organisation deutlich.²² Der Kaufmann und Soldunternehmer Kaspar Stockalper, der auch politisch maßgeblichen Einfluss erlangte, verband die Geschäfte als Kaufmann und Soldunternehmer
15 Vgl. Münkler: Krieg. 16 Zur Finanzierung der Heere von Militärunternehmern Parker: Militärische Revolution, S. 90 – 92; zur finanziellen Seite des Heeresunterhalts bsp. Langer: Heeresfinanzierung; Krüger: Kriegsfinanzierung; Böhme: Finanzbürokratie; Albrecht: Finanzierung; Salm: Armeefinanzierung. 17 Vgl. Parrott: Business; Rogger: Kompaniewirtschaft; Asch: Wallenstein, S. 241: Indem dies auch „für die Verwaltung der Steuern und Zölle oder das Kreditwesen“ gelte, umfasse dies auch den Staatsbildungsprozess. 18 Vgl. Parrott: Business; vgl. auch die „privatwirtschaftliche“ Organisation des Militärs in der preußischen ‚Kompaniewirtschaft‘: Burkhardt: Friedlosigkeit, S. 545; Kroll: Kompaniewirtschaft; zu neuen Formen der „Privatisierung militärischer Gewalt“: Münkler: Kriege, S. 135 (Zitat), 63, 68, 88; Förster/Wegner: Rückkehr. 19 Vgl. das Oxforder Projekt „The European Fiscal-Military System 1530 – 1870“ von Peter Wilson u. a.; Torres Sánchez/Brandon/’t Hart: War; Torres Sánchez: Military Entrepreneurs; Meumann/ Meinhardt: Kapitalisierung. 20 Ernstberger: Hans de Witte; Schulte: Rüstung; vgl. zur Liga Langer: Heeresfinanzierung; das „Versorgungssystem der Liga“ sei „sehr viel mehr auf gesicherte rückwärtige Verbindungen angewiesen“ gewesen: Kaiser: Politik, S. 134, zugleich sei hier die Quartierfrage von zentraler Relevanz gewesen, v. a. S. 123, 128. 21 Vgl. Ernstberger: Hans de Witte; Schulte: Rüstung; Rebitsch: Wallenstein, S. 127; vgl. auch die Rolle von Louis de Geer. 22 Vgl. Kaiser: Politik; Saito: Kriegskommissariat; Löffler: Kommissarwesen.
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11 Versorgung und Logistik. Das Heer, das Geld und die Schweiz
und nutzte dabei seine Kontrollmacht über die Verkehrswege im Wallis.²³ Im Fokus steht auch das Magazinwesen, vor allem im Falle Frankreichs, das bereits länger Grundzüge einer „regulierte[n] Magazin-Verpflegung“ kannte, wenn auch hier jedoch vor allem Missstände gemildert wurden.²⁴ Magazine erhöhten auch die Funktionalität und damit die strategische Bedeutung der Spanischen Straße.²⁵ Transportprobleme sind gleichfalls in den Blick genommen worden.²⁶ Unklar ist auch, welche Konsequenzen die Versorgungsprobleme für die Kriegführung hatten. Vielfach scheiterten militärische Vorhaben, weil die Versorgung nicht funktionierte.²⁷ Es ist aber auch von einer „Diktatur der Logistik“ gesprochen worden, da die militärischen Strategien nach den „Möglichkeiten des Nachschubs und der Versorgung“ hätten ausgerichtet werden müssen²⁸ und logistische Fragen über strategische dominiert hätten,²⁹ wenngleich Logistik und Strategie kaum klar trennbar erscheinen. Die Versorgungsprobleme hingen auch mit Problemen der Infrastruktur zusammen.³⁰ Infrastrukturen beziehungsweise ihre Zerstörung wirkten sich auch im Dreißigjährigen Krieg deutlich auf das Kriegsgeschehen aus, auf die Einsatzmöglichkeiten der Armeen und dafür, welche Gebiete wie betroffen waren.³¹ Und auch
23 Vgl. Stalder: Günstling; Denzel: Stockalpers internationaler Handel, S. 86 – 91; Bortis/Schöpfer: Tradition. 24 Kroener: Magazin; Kroener: Routes; Parrott: Richelieu’s Army; zu den Desertionen aus der französischen Armee aufgrund von Versorgungsproblemen Wilson: Thirty Years War, S. 562. 25 Vgl. Parker: Army of Flanders, S. 42 – 90; Meumann: Spanische Straße; Parker: Military Revolution, S. 80, zufolge habe zumindest die spanische Armee in Flandern in der zweiten Jahrhunderthälfte die Versorgung offensichtlich recht gut lösen können. Die Habsburger planten für den Feldzug von 1637 die Anlage von Magazinen in Donauwörth und Worms: Ernst: Madrid, S. 300 f.; allerdings erfolgte erst unter Leopold I. eine stärkere Standardisierung von Abläufen der Militärversorgung in Österreich: Godsey: Stände, S. 255 f. 26 Vgl. Höbelt: Pommerland; Ernstberger: De Witte, S. 234 – 236. 27 Diskutiert worden ist auch der der kausale Zusammenhang zwischen der wachsenden Größe der Armeen für die zweite Hälfte des 17. Jh.s und einer Verbesserung der Versorgungssysteme: Lynn: Feeding, S. 103 – 107; die Effektivität des logistischen Systems der französischen Armee betonend: Lynn: Giant, S. 107– 146; anders: Parker: Military Revolution, S. 45 – 48; Mortimer: War, S. 115. 28 Rebitsch: Typologie, S. 51 f.; Parrott: Strategy. 29 Vgl. Creveld: Supplying War, S. 14; vgl. auch die zugespitzte Frage von Kaiser: 1618, S. 780, ob „Krieg geführt [wurde], um die Armeen zu unterhalten“. 30 Ein enger Zusammenhang von Krieg und Infrastruktur ist v. a. für die Kriege des 19. und 20. Jh.s betont worden, vgl. van Laak: Infra-Strukturgeschichte, S. 373 f.; mit der Bindung von Infrastruktur an den modernen Staat: van Laak: Infrastructures; zur zielgerichteten Entwicklung von Infrastrukturen in der Frühen Neuzeit Wieland: Repräsentation; vgl. auch Pohlig: Marlboroughs Geheimnis, S. 90 – 92. 31 Dabei bietet sich eine engere Definition von Infrastruktur, bezogen auf „technische Infrastrukturen mit Netzwerkcharakter, die als sozio-technische Systeme verstanden werden können“,
Strukturfragen
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dieser Krieg wurde teils als ein Krieg um Infrastrukturen als „zentrale[n] Einrichtungen (…) der Versorgung“ geführt.³² Mühlen gehörten zu den vorrangigen Kriegszielen.³³ Ebenso wurde der „Wasserbau“ angegriffen. Dazu gehörten Kanäle und Stauwehre, aber auch die Teiche der zuvor intensiv betriebenen Teichwirtschaft.³⁴ Mit den Postrouten standen zudem Kommunikationswege im Fokus.³⁵ Nicht zuletzt ging es um die Festungen. Wege, Brücken, Wagen und Schiffe wurden vielfach aus strategischen Gründen durch das Militär zerstört.³⁶ Dies ging einher mit der allgemeinen Strategie, den Gegner zu treffen, indem man ihm wirtschaftliche Schwierigkeiten bereitete, seine Nachschublinien störte und das Land verwüstete. Zerstörungen gingen aber auch auf Einwohner zurück. Bewohner des böhmischen Graupen (Krupka) sollten beispielsweise 1632 „alle Fuhrwege vorgraben (…) und mit Steinen vorwerffen, daß man nicht fahren konne“, um den Ort vor Soldaten zu schützen.³⁷
Strukturfragen Für die weimarische Armee, so ist argumentiert worden, seien logistische Probleme aufgrund ihrer vergleichsweise geringeren Größe und der Militärtaktik des Herzogs, der auf Schnelligkeit setzte, besser handhabbar gewesen als in anderen Armeen.³⁸ Die Basis dafür, dass Bernhard in Versorgungsfragen ab Mitte der 1630er Jahre aber unabhängiger als zuvor agieren konnte und zugleich auch musste, war das Gesamtbudget, das er von Frankreich erhielt.³⁹ Dabei richtete sich die Versorgung der Weimarischen Armee prinzipiell an Effizienz-Vorstellungen aus. Zwar gingen der Herzog und seine führenden Offiziere nicht davon aus, dass eine um-
an: Engels/Schenk: Infrastrukturen, S. 40; damit werden zugleich „personenbezogene Strukturen“ einbezogen: Pohlig: Marlboroughs Geheimnis, S. 89; vgl. auch Beyrer/Weigl: Infrastruktur; zu deutschsprachigen Forschungen auch: Schröder: Rhein-(Maas‐)Schelde-Kanal, S. 27– 38. 32 Van Laak, Infra-Strukturgeschichte, p. 373. 33 Vgl. Wöllper: Hand- und Roßmühlen; Pohl: Profiantirung, S. 60; auch die Weimarische Armee führte in größerem Umfang Handmühlen mit; die Literatur schlug zudem mobile Backöfen vor, vgl. Dilich: Kriegßbuch. 34 Vgl. zur Zerstörung der Teichwirtschaft, hier in Franken: Endres: Folgen, S. 360 f. 35 Vgl. zur Kommunikation Lohsträter: Minut. 36 Rebitsch: Typologie, S. 51 f., spricht vom „Zerstörungskrieg“. 37 Kilian: Michel Stüelers Gedenkbuch, S. 125. 38 Parrott: Business of War, S. 109, vgl. 101 – 136; der Sollbestand von 18.000 Mann wurde kaum erreicht. 39 Vgl. Lynn, Giant, S. 286, der Bernhard einen „large-scale contractor“ des 17. Jh.s nennt.
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fassende Kontrolle möglich sei und erwarteten sie nicht; sie legten keine modernen Rationalitätskriterien an.⁴⁰ Es ging aber um Voraussicht – Richelieu sprach vergleichbar von der „prévoyance“, die für die Regierung eines Staates unabdingbar sei.⁴¹ Dazu gehörten bei der Weimarischen Armee preisgünstige Einkäufe, die Anlage von Vorräten, auch für erwartete zukünftige Szenarien, und eine Perspektive auf beständigere Strukturen, um Abläufe zu vereinfachen. Dies alles wurde jedoch von den Kriegsereignissen immer wieder überholt. Und nur ansatzweise gingen damit eine feste Organisationsstruktur beziehungsweise die Zuweisung klar begrenzter Aufgabenfelder an die Offiziere und Hofangehörigen einher. Die zeitgenössische militärische Literatur bot auch wenig Hilfen im Hinblick auf strukturelle Fragen der Heeresversorgung und deren Organisation. Hinweise zur Versorgung bezogen sich in erster Linie auf empfehlenswerte Nahrungsmittel, ihre Lagerung in Magazinen und Mengenangaben. Insgesamt schien der Truppenunterhalt wenig planbar und stark einzelfallabhängig.⁴² Henri de Rohan, der sich bei seinem Veltlin-Feldzug verzweifelt an die französischen Surintendants gerichtet hatte, weil er die Armee nicht weiter mit Nahrung und Munition zu versorgen vermochte,⁴³ widmete den Lebensmitteln in seinem „Parfaict Capitaine“ allerdings ein eigenes Kapitel. Es nütze nichts, betonte er, eine Armee aus guten Vorgesetzten und tapferen, disziplinierten, gehorsamen sowie gut bewaffneten Soldaten zu haben, wenn diese nichts zu essen habe.⁴⁴ Letztlich erwies sich im Falle der Weimarischen Armee die die Armeeversorgung tragende Personenkonstellation als relativ effektiv. Den Grad der „moderne[n] Systematisierung von Logistik“ der Wallensteinschen Organisation⁴⁵ erreichte das „bernhardinische“ System jedoch keineswegs. Dazu waren schon seine Vorausset-
40 Eine Verknüpfung des im Folgenden auch verwendeten Systembegriffs mit Effizienzvorstellungen ist nicht zwingend, Pohlig: Marlboroughs Geheimnis, S. 88. 41 Vgl. Richelieu: Testament de Richelieu, S. 253; „Effizienz“ ist allerdings kein zeitgenössischer Begriff; Kroener/Childs: Logistics, S. 460, gehen aber davon aus, dass es im Militär dieser Zeit für eine vorausschauende Planung keinen Bedarf gegeben habe. 42 Bei der Anlage eigener Festungen konnte zumindest darauf geachtet werden, dass sie in einer fruchtbaren Gegend lagen, vgl. Dilich: Kriegsbuch, Tl. 1, S. 180 f.; vgl. auch Ackermann: Festung. 43 Rohan hatte selbst für die Ausrüstung seiner Truppen mit Militärgütern und Nahrungsmitteln zu sorgen, dazu verwende er den Großteil seiner Garde und seiner Diener, Lebensmittel beziehe er aus der Schweiz und von Venedig: Henri de Rohan an MM. les surintendans: dépêches en cour, par la voie ordinaire, 17. August 1635, Lager bei Tirano, in: Zur Lauben, Mémoires, Tl. 2, S. 43 – 48; Ders. an Ludwig XIII. von Frankreich, 1. September 1635, Lager bei Tirano, in: ebd., S. 98 – 108; vgl. auch Pieth: Feldzüge, S. 87. 44 Vgl. Rohan: Capitaine, S. 331 – 334; vgl. den Militärtheoretiker Antoine de Ville: Die „prouissions de bouche“ seien wichtiger als alles andere (Ville: Charge, S. 1). 45 Carl: Logistik, S. 37.
Versorgung in der schwedischen Zeit
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zungen andere. Schließlich fehlte dem Herzog, bis auf die kurze Phase als Herzog von Franken, ein entsprechendes eigenes Territorium. Ebenso ist er nicht mit Ambrosio Spinola als „Bankier und Finanzier“ vergleichbar, der der spanischen Krone im Achtzigjährigen Krieg in großem Umfang Gelder vorstrecken konnte.⁴⁶
Versorgung in der schwedischen Zeit In seiner schwedischen Zeit war Bernhard weitgehend in die schwedische Armeeversorgung eingebunden. Die Auszahlung seiner Gelder wie die seiner Offiziere lief über Schweden.⁴⁷ Der schwedische Staat war insofern Kriegsunternehmer, als er grundsätzlich die Truppenwerbung, deren Ausrüstung und Bezahlung leitete; zunehmend aber basierte die Armeeversorgung im Krieg auf Naturalienabgaben und Geldzahlungen der Bevölkerung der besetzten Gebiete.⁴⁸ Bernhard hatte als General Einnahmen aus Kontributionen und tätigte selbständig Käufe, die dann abgerechnet wurden, aber er verfügte über keinen generellen Etat für Beschaffung und Einkäufe für die Armee. In zahlreichen Fällen musste er sich wegen der benötigten Gelder und Kriegsausrüstung an Oxenstierna wenden, so als im April 1632 Anker und Taue zur Befestigung einer Rheinbrücke bei Mainz benötigt wurden oder wenn Geld für Fuhrleute fehlte, die drohten, Aufträge nicht auszuführen. Ebenso legte der Herzog dem Reichskanzler Rechnungen für Waffen- und Munitionskäufe vor oder bat diesen, Neubestellungen anzuordnen.⁴⁹ Die zahlreichen Briefe an Oxenstierna sind auch darauf zurückzuführen, dass Bernhard nicht auf sein eigenes Vermögen zurückgreifen wollte. Käufe von den „geldern, so mir übergemacht worden, weilen periculum in mora damitt gewesen“, sollten Ausnahmefälle bleiben.⁵⁰
46 Vgl. Asch: Wallenstein, S. 242 – 245, Zitat S. 244. 47 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Lauingen, 12. September 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 87 f. 48 Vgl. Olesen: Machtstaat; Krüger: Kriegsfinanzierung; Lorenz: Schweden; Böhme: Finanzbürokratie, S. 55. 49 Vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, [Mainz], 17. April 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 3; Ders. an Dens., Marienthal, 26. Dezember 1632, in: ebd, S. 15; Ders. an Dens., Jena, 9. Januar 1633, in: ebd., S. 17 ff., hier S. 17 f.; Ders. an Dens., Bamberg, 6. März 1633, in: ebd., S. 27 ff., hier S. 28 f.; Ders. an Dens., Speyer, 18. [April] 1632, in: ebd., S. 321 f. , hier S. 322. 50 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Bopfingen, 19. August 1634, in: Briefwechsel, S. 230 – 235, hier S. 234; auch hier warben untergeordnete Offiziere zunächst auf eigene Kosten Soldaten an, vgl. bsp. Ders. an Dens., Schwabach, 20. März 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 37 f.
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Er wurde allerdings selbst aktiv, um seine Truppen einsatzfähig zu halten; er erhielt Lieferungen aus den ernestinischen Territorien⁵¹ und übte als Kommandeur massiven Druck auf Städte in den kontrollierten Gebieten aus, ihm Kriegsmaterial zur Verfügung zu stellen.⁵² Gegenüber Oxenstierna klagte er, die Statthalter seien nicht in der Lage, die Armee „mit proviant zu vorsehen“. Er müsse zur Selbsthilfe greifen, was das Chaos vergrößere: „Wo wier unss nun dorumb selbst bekummern und etwas zusammen schafffen müssen undt als dan dergleichen stadthalter erst darein greifen undt durch ihre commissarien dorinnen eines oder das ander dirigiren wollen, hatt der Reichscanzler selbst hochvorstendig zu ermessen, wass confusion darauss entstehen dürffte.“⁵³ Mängel der Heeresversorgung und der Mangel an Mitteln⁵⁴ bremsten auch hier wiederholt die militärischen Unternehmungen. Bernhard musste beispielsweise auf eine Munitionslieferung warten, bis die dafür benötigten Pferde einen anderen Auftrag erledigt hatten.⁵⁵ Vor allem aber tangierten sie die Feldzugsplanung und Organisation der Armeeaufenthalte, wenn die Armeen verlagert werden mussten, weil es in ihren jeweiligen Aufenthaltsgebieten „nichts zu leben“ gab.⁵⁶
Der Fall Ayrmann Zu den Kaufleuten, mit denen der Herzog im großen Umfang Käufe abwickelte, zählte Georg Ayrmann. Er ist ein Beispiel für jene teils selbstständig, teils im Rahmen einer Armee agierenden bzw. der militärischen Administration nahestehen-
51 Vgl. bsp. LATh–StA Meiningen, Hennebergica Gotha. 17: Kriegssachen: 1117. 52 Vgl. bsp. Bürgermeister und Rat der Stadt Nürnberg an Bernhard v. Weimar, [Nürnberg], 23. März 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 40 f.; Ernstberger: Hans de Witte, S. 487; vgl. das „‚Frühwarnsystem‘“ in Franken mir „Vorgespräche[n] zwischen den Vertretern der Armee und der Gemeinden“ über die Nahrungsmittelversorgung: Parker: Krieg, S. 288 f. 53 Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Dachau, 6. April 1633, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 44 f., hier S. 44; Ders. an Dens., Dauach, 8. April 1633, in: ebd., S. 46. 54 Vgl. bsp. G. v. Hogendorf an Bernhard v. Weimar, Mainz, 15./25. Januar 1635, in: Briefwechsel, S. 278 f., hier S. 278. 55 Vgl. Johann Georg v. Sachsen an Bernhard v. Weimar, Dresden, 28. November 1632, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346b, Bl. 50r. – 53r., hier B. 52r. – 53r.; Bernhard v. Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Bamberg, 8. März 1633, LATh-HStA Weimar,Fürstenhaus, A 306, Bl. 115r. – 116r. wegen fehlender Proviantwagen. 56 Bernhard v. Weimar an Gustav Horn, Schwabach, 20./30. März 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. IV, S. 69 f., hier S. 70.
Der Fall Ayrmann
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den Unternehmer, auf die auch der frühmoderne Staat zurückgriff und die den „militärische[n] Charakter (…) des Handels“ verdeutlichen.⁵⁷ Ayrmann, der aus Bamberg stammte und sich dann in Nürnberg niedergelassen hatte, gehörte zeitweilig zu den reichsten Kaufleuten der Stadt. Er hatte aus einer Textilhandlung ein Großunternehmen entwickelt, dessen Basis vermutlich der Stahl-, Kupfer- und Waffenhandel bildete,⁵⁸ ebenso arbeitete er für verschiedene Fürsten, darunter für den Kurfürsten von Sachsen, den Bamberger Bischof, den Kaiser und für Wallenstein als Herzog von Friedland. Er war Nachrichtenbeschaffer, Kreditvermittler und Lieferant von Waren in großem Umfang. Ayrmann hatte seine Unternehmungen insofern breit aufgestellt.⁵⁹ In den frühen 1630er Jahren machte er Karriere im schwedischen Einflussbereich, er wurde Rent-, Zahlund Kammermeister des Fränkischen Kreises und war für die Einziehung der Kontributionen und die Verwaltung der Kriegskasse zuständig. Damit positionierte er sich öffentlich. Sein Amt an einer finanziellen Schlüsselstelle musste ihm den engeren Kontakt mit den Befehlshabern ermöglichen, und er mochte auf Synergien setzen, auf einen „Aufschaukeleffekt von wirtschaftlichem Erfolg und politischem Aufstieg“.⁶⁰ Er rüstete auch eine schwedische Einheit aus. Ab dem März 1634 lieferte er in größerem Umfang Getreide, das die Basis der Heeresversorgung bildete,⁶¹ an Ernst und Bernhard von Sachsen-Weimar.⁶² Für Ayrmann bedeutete dieses Engagement im Krieg mittel- und langfristig ein Desaster. Im Februar hatte Bernhard seinen Bruder Ernst aufgefordert, sich um den Getreidehandel zu kümmern, hier müsse es rasch Verbesserungen gebe. Für einen Transport von Coburg nach Schweinfurt schlug er ihm Ayrmann vor, der in
57 Kaiser: Why not I, S. 41 (mit Bezug auf Jan Glete und den außereuropäischen Handel); ebenso ordnet sich dies in Befunde zu Gewaltökonomien der Frühen Neuzeit ein, vgl. auch Le Blanc: Gewaltökonomien. 58 Peters: Handel, S. 269, zum Rüstungsgeschäft auch S. 223 – 227. 59 Eine solche Kopplung, d. h. das gleichzeitige Beschaffen von Waren und Nachrichten, war durchaus typisch. 60 Imboden: Kaspar Jodok von Stockalper, S. 28. 61 Getreide galt als wesentlich länger lagerfähig als Mehl, vgl. auch Neumair von Ramsla: Wahrhaftige Beschreibung der Reise, S. 57 f., in Straßburg habe man sogar Getreide gelagert, das „über 50. und mehr Jahr alt gewesen“, der Hrsg. der Neuauflage ergänzte Beispiele aus dem 18. Jh.; Friedrich II. von Preußen hielt allerdings Mehl für haltbarer und empfahl seine Einlagerung, weil in Kriegszeiten oft Mühlen fehlten. 62 Zum folgenden vgl. LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a: Schuld des Hz. Wilhelm an den Rittmeister Georg Ayrmann in Nürnberg u. a. für Getreidelieferungen an das Heer Herzog Bernhards; die durch Nichtbezahlung der Schuld entstandene Notlage Ayrmanns und seines Sohnes Erasmus (mit Abrechnungen) 1634 – 43.
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„Commission“ beauftragt werden solle.⁶³ Bernhard hat seine Schulden bei Ayrmann aus diesen und weiteren Geschäften jedoch offensichtlich höchstens teilweise bezahlt. Prekär wurde Ayrmanns Situation mit der Schlacht von Nördlingen 1634.⁶⁴ Bernhard ließ Ayrmann auch nicht auszahlen, als dessen Sohn in Breisach erschien und dort wegen seiner Forderungen vorsprach.⁶⁵ Nach dem Tod Bernhards wandten sich Ayrmann und sein Sohn Erasmus ergebnislos an die ernestinischen Abgesandten, die sich zur Regelung des Bernhard‘schen Nachlasses im Elsass aufhielten, schließlich richteten sie sich an die Herzöge Ernst und Wilhelm selbst. Ayrmann war zu diesem Zeitpunkt wegen von den Kaiserlichen intercepierten Briefen an Bernhard in Arrest in seinem eigenen Haus gekommen. Sein Vermögen wurde auf kaiserlichen Befehl zur„Vorbereitung einer späteren Konfiskation“ einer „Inventur“ unterzogen.⁶⁶ Nach dem Frieden von Prag, dem die Stadt beigetreten war, war dem Kaiser nun das Eingreifen möglich. Dieses Vorgehen war Teil der Kriegführung. Ayrmann klagte, er sei „sambt Weib und Kindt zum Bettler gemacht“, was für ihn auch bedeuten musste, aus dem sozialen Netz zu fallen. Gegenüber den Weimarer Herzögen präsentierte er sich als Unterstützer Bernhards aus Überzeugung: Als „Diener“ des Herzogs habe er „kein gewin gesucht“, sondern „Leib, Ehr, Guet undt Bluet“ eingesetzt.⁶⁷ Sein Finanzierungsnetzwerk, unter anderem mit Coburger und Hamburger Adressen, musste auch für die kaiserliche Seite interessant sein.⁶⁸ Wien suchte Feinde des Kaisers von möglichen Lieferanten und Informationsquellen abzuschotten. Zudem mag es eine Rolle gespielt haben, dass er und andere betroffene Kaufleute „fast ausnahmslos Protestanten, zum Teil sogar Kalviner waren“.⁶⁹ Bis mindestens 1643 kämpften die Ayrmanns um ihre Bezahlung.⁷⁰
63 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Ernst von Sachsen-Weimar, im Hauptquartier Weiden, 24. Februar 1634, LATh-StA Gotha, GA NNN II. 6, Bl. 28r. u. 29v. 64 Die weimarische Armee hat er in den Folgejahren offensichtlich nicht weiter beliefert. 65 Vgl. Georg Ayrmann an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Nürnberg, 25. Januar 1640, LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a, Bl. 23r. – 24r., hier 23r. 66 Georg Ayrmann an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Nürnberg, 25. Januar 1640, LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a, Bl. 23r.; Schnabel: Exulanten, S. 325, vgl. S. 327. 67 Vgl. Georg Ayrmann an Wilhelm von Sachsen-Weimar, Nürnberg, 25. Januar 1640, LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a, Bl. 23r. – 24r., Zitate Bl. 23v.; Georg Ayrmann an Ernst von Sachsen-Weimar (Kopie), o. D. [1639]: ebd., Bl. 25r. – 26v.; mit dem Argument, sein Lebensunterhalt sei nicht mehr gesichert, bediente er ein vielfaches Motiv von Untertanen-Suppliken oder Klagen von Gemeinwesen an die Herrschaft. 68 Auch Friedrich Lebzelter war an diesen Geschäften offenbar beteiligt, vgl. LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a, Bl. 35r. – 36r., Bl. 51r. 69 Ernstberger: Hans de Witte, S. 487. 70 Vgl. Ernst v. Sachsen-Weimar an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Gotha, 11. August 1643, LATh–HStA Weimar, H Krieg und Frieden, 338a, Bl. 46r. – 46v.; Herrn Georg Ayermann zue Nürmbergk geschickte
Die Versorgung der Weimarischen Armee in französischer Zeit
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1651 starb Ayrmann verarmt. Vermutlich haben ihn nicht zuletzt die großen Außenstände finanziell stark geschädigt, die er nach Nördlingen durch seine Unterstützung schwedischer Kriegsrüstungen hatte, sowie offene Forderungen an den sächsischen Kurfürsten.⁷¹ Auch bei der Rückzahlung von Privatkrediten, die er für Werbungen aufnahm, beeilte sich Bernhard nicht, so im Fall der verwitweten Gräfin Cratz von Scharffenstein⁷² oder Franz Albrechts von Sachsen-Lauenburg.⁷³
Die Versorgung der Weimarischen Armee in französischer Zeit In seiner französischen Zeit lag die Armeeversorgung weitgehend in Bernhards Hand, freilich erhielt er manches Mal Unterstützung durch Frankreich.⁷⁴ Die dabei auf französischer Seite bestehenden Probleme, „logistische Improvisation und administrative[n] Dilettantismus“, kannte der Herzog nicht zuletzt aus dem Feldzug des Sommers 1635, bei dem der militärische Gegner die Versorgungsprobleme Bernhards und La Valettes erfolgreich nutzen konnte.⁷⁵ Ungeachtet der mehrstu-
abrechnung wegen des Ao 1634 durch Herzog Ernsts fgn nach Nürnberg gelieferten getreydens betr. Ao 1634, ebd., 338a, Bl. 59r. 71 Vgl. Peters: Handel, S. 229 – 232, 237; Ernstberger: Hans de Witte, S. 221, 242; im Vergleich mit anderen Unternehmen war Ayrmann möglicherweise deswegen besonders betroffen, weil er die finanziellen Risiken nicht breiter streute und insgesamt möglicherweise eine schmalere Kapitalbasis hatte; vgl. auch den Fall Hiltebrandt: vgl. Friedrich Hiltebrandt an Bernhard v. Weimar, Nürnberg, 11. Dezember 1638: LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 664r. – 667v. mit Schuldforderungen aus dem Jahr 1634. 72 Vgl. Gräfin Anna Elisabeth Cratz v. Scharfenstein an Bernhard v. Weimar, Frankfurt a. M., 27. Juli 1637, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 132r. – 134v.; Dies. an Dens., o.O., 2. Januar 1639, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 5. 73 Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg an Bernhard v. Weimar, Münsterberg, 10./20. Februar 1633, in: Hallwich, Briefe, Bd. 4, S. 10 f.; ebenso wurde aber Bernhard von anderen (Hoch‐)Adeligen um Geld gebeten, bsp. Anna Sabine v. Württemberg an Bernhard v. Weimar, Straßburg, 3. August 1638, LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 348r. 74 Vgl. bsp. Richelieu an Graf de Guiche, o.O., 21. Mai 1636, in: Avenel, Lettres, Bd. 5, S. 469 f. 75 Vgl. Kroener: Routes, S. 83 – 86, 91; Kroener: Rechtstellung, S. 461; Bernhard v. Weimar an Kardinal Richelieu, [Ende Juli 1635], zit. n.: Noailles: Épisodes, S. 141 f.; in einem anderen Fall wurde ein gemeinsamer Militäreinsatz dadurch gehemmt, dass Truppen Turennes nicht einsatzfähig waren, weil sie ihre Pferde in Straßburg verkauft hatten: vgl. Bernhard v. Weimar an Richelieu, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 174r. – 175r.; Kopien: ebd., Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 88 – 90v.; LATh–HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346c.
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figen Heeresversorgungsstruktur, die in Frankreich aufgebaut wurde,⁷⁶ hing die Lösung der Probleme aus der Sicht des Herzogs von (fähigen) Personen ab. Sein eigenständiger Anteil stieg, vor allem ab Ende 1637. Seine Armee war aus seinem Gesamtbudget zu versorgen. Für die Ausrüstung und Verpflegung der französischen Truppenteile wollte Bernhard allerdings nicht zuständig sein, sondern drängte darauf, dass dies durch Frankreich direkt geleistet wurde. Das war eine entscheidende organisatorische Vereinfachung und sparte seine finanziellen Mittel, zugleich konnten ihm dortige Probleme nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es gab aber durchaus auch eine logistische Zusammenarbeit mit französischen Heerführern, die vom König eingefordert wurde, so als Bernhard im September 1638 Konvois zur Anlage von Getreidemagazinen mit Pferden absichern sollte.⁷⁷
Die Versorgung aus der Eidgenossenschaft Für seine Kriegsführung am Oberrhein, im Elsass und in der Freigrafschaft Burgund ab Mitte der 1630er Jahre Krieg ging es dem Herzog zunächst darum, zentrale Verbindungswege in diesem Raum kontrollieren zu können, gesicherte Stützpunkte für eigene militärische Operationen und die Heeresversorgung zu gewinnen sowie Aktionen gegnerischer Heere zu unterbinden. Die Ressourcen am Oberrhein waren jedoch seit längerem erschöpft, weil dieser Raum früh und intensiv vom Krieg erfasst worden war. Seit dem Vordringen der Schweden 1632 galt dies ebenso für die Bodenseeregion.⁷⁸ Die Armeeversorgung war aus den Kriegsgebieten kaum noch zu leisten. Der Krieg beeinträchtigte auch die engen Handelsverbindungen zwischen der Eidgenossenschaft und Reichsgebieten, gerade den Getreide- und Salzhandel über den Bodensee.⁷⁹ Nicht nur für die Überlinger Bevölkerung war dies bereits 1632 ein drängendes Problem. Wie an vielen Orten waren hier auch die Obstbaumanlagen zerstört worden, schwedische Truppen hatten „mehrere tausend fruchtbare Bäume in der Umgebung (…) gefällt und verbrannt“, wodurch „dem gemeinen Mann, der
76 Zum seit 1635 existierenden dreistufigen staatlichen System vgl. Kroener: Routes, v. a. S. 78 – 94. 77 Ludwig XIII. an [Bernhard v. Weimar], Saint Germain en Laye, 11. September 1638 (Abschrift), Paris BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 78r. – 78v.; zur Weizenversorgung des Elsass vgl. auch Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, 26. März 1639, in: ebd., Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 125r. 78 Vgl. Göttmann: Getreidemarkt, S. 19. 79 Vgl. Möllenberg: Überlingen, S. 41 – 43; Messerschmidt: Buchhorn-Hofen, S. 25 f.; Göttmann, Getreidemarkt, S. 17 f.; Fritz: Konrad Widerholt, S. 260 – 262.
Versorgung aus der Eidgenossenschaft
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sich eher mit Obst als mit Brot durch den Winter gebracht hat, die Nahrung genommen“ war.⁸⁰ Als europäische „Transitregion“ blieb der Alpenraum aber in der Zeit des Krieges relevant. Dortige Kaufleute konnten davon profitieren.⁸¹ Weite Teile der Eidgenossenschaft prosperierten in diesen Jahren.⁸² Die Schweiz wurde zugleich zum Zufluchtsort für Bevölkerung aus dem Grenzraum und bot sich als Schutzraum für Tiere und Waren an.⁸³ Die Kriegsparteien trugen zu der sich hier entwickelnden Konjunktur bei. Auch Bernhard versorgte seine Armee in der zweiten Hälfte der 1630er Jahre wesentlich aus der Eidgenossenschaft, was exemplarisch Aspekte der indirekten Verwicklung der Eidgenossenschaft in den Dreißigjährigen Krieg hervortreten lässt.⁸⁴ Heerführer der unterschiedlichen Parteien bezogen Getreide und andere Lebensmittel, Vieh, Tierfutter und Kriegsmaterial aus der Schweiz. Dazu gehörten die kaiserliche Seite,⁸⁵ Schweden⁸⁶ und Frankreich, auch Protagonisten wie Konrad Widerholt, der Kommandant des Hohentwiels.⁸⁷ Dies führte aus zeitgenössischer Perspektive zu Preissteigerungen.⁸⁸ Fürsten,⁸⁹ Gemeinwesen,⁹⁰ Militärunternehmer⁹¹ und Privatleute nahmen hier Kredite auf. Die Weimarische Armee erwarb Waffen und Munition, in Bern,⁹² Genf und Zurzach⁹³. Es waren mithin
80 Vgl. Bürgermeister und Rat von Überlingen an Wolf Rudolf v. Ossa, Lindau, 14. Oktober 1632, in: Fritz, Dreißigjährige Krieg, S. 450 f. 81 Vgl. Denzel: Stockalpers internationaler Handel, S. 81 – 101; zum Zwischenhandel der Eidgenossen zwischen Frankreich und Deutschland Röthlin: Basler Handelspolitik, S. 10. 82 Vgl. Friedland mit seiner zeitweisen Kriegskonjunktur oder Hamburg. 83 Vgl. Baier: Akten, S. 136, 139 f. 84 Älteren Darstellungen galt sie als Ruhepunkt in diesem Krieg (mit der Ausnahme des Fürstbistums Basel, Graubündens und des Veltlins, vgl. dazu u. a. Wendland: Nutzen), inzwischen wird deutlicher ihre Einbettung in die europäische Mächtekonstellation thematisiert; vielfach undeutlich geblieben ist, wie die Schweiz mit ihrer Ausgleichspolitik einen solchen Stellenwert für die Kriegsführung erlangen konnte; zur Politik der Tagsatzung auch Fuhrer: Rathschlag; zum Wirken eidgenössischer Kriegsunternehmer aber Romer: Militärunternehmer; Rogger: Erlach; Büsser: Militärunternehmertum; Greyerz/Holenstein/Würgler: Soldgeschäfte; Holenstein/Erlach/Rindlisbacher: Auge; Holenstein: Militärunternehmer; Rogger: Feeding Breisach. 85 Vgl. auch Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, Paris, 11. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 747– 750, hier S. 749. 86 Vgl. auch Haas: Schwedens Politik. 87 Vgl. Fritz: Konrad Widerholt, S. 221, 224, 227, 234; vgl. allgemein Suter: Bauernkrieg. 88 Vgl. Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 27. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 783; Marin ging es hier allerdings um sein eigenes Gehalt. 89 Vgl. Fritz: Konrad Widerholt, S. 224, 227. 90 Vgl. Möllenberg: Überlingen, S. 35, 38, 40, 60. 91 Vgl. Fritz: Konrad Widerholt, S. 221, 234. 92 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 21. Februar 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 219.
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nicht nur die als „hubs“ untersuchten großen europäischen Handelszentren und Umschlagplätze wie Amsterdam oder Genua für Militärgüter wichtig,⁹⁴ sondern auch „Mittelzentren“ in der Nähe des Einsatzbereichs einer Armee.⁹⁵ Ebenso kaufte die Weimarische Armee in großem Umfang Lebensmittel, in erster Linie Getreide.⁹⁶ Diese Ankäufe liefen in Genf,⁹⁷ in Bern, in Basel⁹⁸ und Schaffhausen.⁹⁹ Ebenso erwarb sie Produkte wie Reis, Butter, Öl, Käse und Wein, unter anderem aus dem Kloster Königsfelden bei Brugg.¹⁰⁰ Auch diese Lebensmittel waren für die gängige Armeeversorgung vorgesehen.¹⁰¹ Ebenso konnte der umfangreiche Hofstaat Bernhards gut verpflegt werden.¹⁰² Eidgenössische Orte dienten zudem als Zwischenstation für Lieferungen an den Herzog, beispielsweise für Maulesel, Artilleriepferde oder Tuche.¹⁰³ Die Armee wurde darüber hinaus aus der Markgrafschaft Baden und wohl aus Savoyen beliefert.¹⁰⁴ Diese Belieferungen funktionierten insgesamt recht erfolgreich. Gesichert waren sie jedoch nicht. Es kam zu verschiedenartigen Störungen. Dabei galt die Schweiz zumindest zeitweise als einzig verlässliche Versorgungsbasis, um das Überleben der Weimarischen Ar-
93 Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 17. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 224. 94 Vgl. Klerk: Hub; Zunckel: Rüstungsgeschäfte; Projekt ‚The European Military-Fiscal System, 1530 – 1870/ University of Oxford, https://www.history.ox.ac.uk/european-fiscal-military-system-1530-1870 [30.06. 2023]; Bergerhausen: Köln, S. 83. 95 Vgl. Langer: Heeresfinanzierung; zur Suhler Waffenproduktion auch: Schmidt: Reiter, S. 278, 280. 96 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 7. Oktober 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 522r. – 522v.; Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 224 f. 97 Vgl. bsp. Marc Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 20. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 224 f. 98 Vgl. bsp. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 13. Juni 1638, FB Gotha, Chart. A 725, Bl. 83r. – 84v.; Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 27. Mai 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 315; Rogger: Feeding Breisach, nennt Basel ein besonderes Zentrum des Getreidehandels und der Brotherstellung für die Armeen. 99 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 7. Oktober 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 522r. – 522v.; Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 7. Juni 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 225; zu weiteren liefernden Orten: Metzger: Stellung, S. 146 f. 100 Vgl. Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 12 – 16. 101 Vgl. bsp. Freitag: Architectvra, S. 66 f.; Lorini: Bücher, S. 145. 102 Vgl. auch zu Lebensmittelkäufen für die Hofküche Mitte der 1630er Jahre: FB Gotha, Chart. A 1177. 103 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 20. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 224 f. 104 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 7. Oktober 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 522r. – 522v.
Die Militärversorgung als politische Frage
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mee zu sichern.¹⁰⁵ Es gab allerdings Schwierigkeiten, Wechsel in der Schweiz einzulösen, wenn der Geld- und Kapitalverkehr in Europa im Krieg auch insgesamt recht gut weiterlief.¹⁰⁶ Die Armeen beobachteten die Märkte.¹⁰⁷ Bei der Erwartung sinkender Preise wurden Käufe durchaus verschoben.¹⁰⁸ Zur Strategie, dem Gegner wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bereiteten beziehungsweise seine Versorgung zu behindern,¹⁰⁹ gehörten auch gezielte Ankäufe. Als die kaiserliche Seite in größerem Umfang Weizen in der Schweiz erwarb, empfahl ein Vertreter der Weimarischen Armee, dass diese selbst mehrere Tausend Sack Getreide kaufen und in Basel lagern solle, zumal die Preise günstig seien.¹¹⁰ Umgekehrt kaufte die kaiserliche Armee, so der schwedische Botschafter in Frankreich, Hugo Grotius, angeblich teils schon deswegen Lebensmittel bei den Schweizern, damit der Herzog von Weimar sie nicht erhalte.¹¹¹
Die Militärversorgung als politische Frage Da die Heeresversorgung von politischen Fragen nicht zu trennen war, wurde sie auch zum Thema der Politik in der Eidgenossenschaft. Seit 1636 erhielt Bernhard (verdeckte) Unterstützung durch die protestantischen Kantone. Dieses Verhältnis war von Beginn an nicht unkompliziert.¹¹² Konflikte um die Unterstützung Bern-
105 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 25. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 774. 106 Vgl. Hildebrand: Einleitung, S. 18. 107 Vgl. bspw. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 17. Mai 1638, FB Gotha, Chart A. 725, Bl. 56 – 57v.; Information über Weizenkäufe durch katholische Kantone: Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rötelen, 25. Mai 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 32. 108 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 20. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 224 f. 109 Vgl. bsp. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, 6. November 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 680 f., hier S. 681; vgl. Kaiser: Politik, S. 263; zu Kriegen des 19. und 20. Jh.s Tanner/Groebner/Guex: Einleitung. 110 Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 30. Januar 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 219. 111 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, 18. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 764. 112 Zwar hatten Schweizer Kantone in den frühen 1630er Jahren bereits Schweden dadurch unterstützt, indem sie Durchzüge gewährt und Proviant und Munition geliefert hatten, vgl. der kaiserliche Kriegsrat an Ferdinand II. (Kopie), [Dez.] 1633, in: Bitterli, Franz Peter König, S. 342; Instruktion Ferdinands II. an Franz Peter König, 4. Januar 1634, in: ebd., S. 343 f.; ein von Bern, Zürich und anderen evangelischen Orte geplantes Bündnis mit Schweden war von Basel und Schaffhausen
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hards gab es in betroffenen Orten wie in der gemeineidgenössischen Politik. Dahinter stand eine komplexe Gemengelage an Problemen. Es ging darum, für die eigene Bevölkerung das Angebot an „Verbrauchsgüter[n]“ sicherzustellen,¹¹³ dazu kamen Sicherheitsrisiken, wenn Soldaten vor Ort waren, und die Interessen der Kaufleute. Auf der Ebene der eidgenössischen Politik standen Sorgen im Hintergrund, stärker in den Krieg einbezogen zu werden, vor dem Verlust von Handlungsspielräumen und Freiheiten, Bündnisverpflichtungen und Gewinnerwartungen. Der Kaiser, die Regierungen Frankreichs, Schwedens, Spaniens und anderer Mächte versuchten Einfluss zu nehmen und in ihrem Sinne Druck auf die Eidgenossenschaft auszuüben.¹¹⁴ Die Trennlinie verlief in erster Linie zwischen den protestantischen und den katholischen Kantonen.¹¹⁵ Die reformierten Orte hatten schon vor dem Beginn des Krieges ihre Beziehungen zu deutschen Protestanten intensiviert, u. a. zur Pfalz und Baden-Durlach.¹¹⁶ Der Kaiser rekurrierte immer wieder auf die Verbindung der Eidgenossenschaft zum Reich und verlangte Gefolgschaft.¹¹⁷ Außenpolitischer Druck und innerschweizerische Interessensdivergenzen kamen zusammen. Bereits Anfang der 1630er Jahre hatte man das Erscheinen des Herzogs in der Region, damals auf der Seite Schwedens, beobachtet;¹¹⁸ jetzt wurde sein neuerlicher Machtzuwachs verfolgt. Gerade die katholischen Orte beunruhigte die Einnahme Breisachs,¹¹⁹ und Bernhards offensives, teils militärisch-aggressives Vorgehen brachte viele Orte auf. Die Situation in der Eidgenossenschaft war in
aber abgelehnt worden, vgl. Dierauer: Geschichte, Bd. 3, S. 530 f.; vgl. auch die Publizistik, bsp. Gespräche und Discursen zweyer Evangelischer Eydtgenossen/ von dem gegenwertigen Zustand; Jungstgehaltener Discurs zweyer Eydtgenossen/ vom Zustandt deß jetzigen Wesens. 113 Würgler: Tagsatzung, S. 564; Basel kontingentierte auch „die Getreideexportmengen für Einkäufer aus der übrigen Eidgenossenschaft“: Degen: Kriegswirtschaft. 114 Vgl. Greyerz: Schweiz, S. 133 – 140; Gallati: Eidgenossenschaft. 115 Vgl. Maissen: Geschichte, S. 116; Kaiser: Politik, S. 128. 116 Vgl. auch zur Bündnispolitik Berner/Gäbler/Guggisberg: Schweiz, S. 306 ff.; zu den Beziehungen der katholischen Orte auch Dierauer: Geschichte, Bd. 3, S. 529 f. 117 Vgl. Feller: Geschichte Berns, Bd. 2, S. 500; Vertreter Wiens hatten auch darauf gedrängt, dass die Eidgenossen keine schwedischen Truppendurchzüge hinnehmen oder Schweden anderweitig unterstützen sollten, bsp. Franz Peter König an die 13 eidgenössischen Orte in Baden, Lindau, 20. Juni 1632, in: Bitterli, Franz Peter König, S. 226 f.; offiziell einigten sich die 13 Orte dann auch darauf, Schweden gegenüber neutral zu bleiben. 118 Vgl. bsp. Konferenz von XI Orten, Baden, 1. August 1632, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 703; Konferenz der ev. Städte und Orte aus Anlaß der gemeineidgenössischen Tagsatzung zu Baden, 29. September 1633, in: ebd., S. 779 – 780, hier S. 779. 119 Vgl. Konferenz der katholischen Orte, Luzern, 10./11. Januar 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1112 – 1114, hier S. 1112.
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höchstem Maße angespannt. Es bestand die Gefahr eines Krieges zwischen den Konfessionsblöcken.¹²⁰ Unterschiedliche Wahrnehmungen und politisches Agieren zeigen sich gerade am Fall des Fürstbistums und des Kantons Basel. Das Fürstbistum war besonders stark von Bernhards Krieg getroffen. Der Herzog nutzte das Gebiet des Bischofs zum Truppendurchzug und als langfristigen Rückzugsort für seine Soldaten, er ließ dem Bischof zustehende Abgaben einziehen und besetzte die bischöflichen Schlösser Angenstein, Pfeffingen und Zwingen.¹²¹ Bernhard griff hier auf Pläne Hans Ludwig von Erlachs zurück. Der Bischof wehrte sich mit Eingaben an den französischen König. Solothurn, wo Frankreich seit dem frühen 16. Jahrhundert einen ständigen Vertreter unterhielt,¹²² protestierte wiederholt im Namen der katholischen Orte bei Bernhard und der französischen Krone.¹²³ Ebenso wurde der apostolische Nuntius Ranutius Scotti eingeschaltet.¹²⁴ Ludwig XIII. von Frankreich ermahnte den Herzog; auf die katholischen Kantone solle politische Rücksicht genommen werden.¹²⁵ Für Frankreich war die Schweiz nicht nur wegen seiner Kriegs- und geostrategischen Interessen wichtig, sondern auch aufgrund der spanisch-österreichischen Einflussnahmen auf die Eidgenossenschaft sowie aufgrund von Handelsfragen und als Söldnermarkt.¹²⁶ Der Herzog war jedoch nicht zum Einlenken gegenüber dem Bischof bereit; es änderte sich kaum etwas.¹²⁷ Ein bischöflicher Gesandter argumentierte daher im Sommer 1639, der Herzog gefährde mit
120 Vgl. z. B. den Kesselringhandel 1633 – ich danke Philippe Rogger für diesen Hinweis. 121 Vgl. Leupold: Journal, S. 261 ff.; Maissen: Geschichte, S. 116 f.; Holenstein: Politik; zur politischen Zugehörigkeit und rechtlichen Stellung des Bistums Basel Würgler: Tagsatzung, S. 516. 122 Vgl. Lau: Fremdwahrnehmung. 123 Vgl. Konferenz der VII kath. Orten, Luzern, 6.–7. November 1637, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1055; Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 16. – 18. November 1637, ebd., S. 1058; Konferenz der V (sic) katholischen Orte, Luzern, 26./27. März 1638, ebd., S. 1076; Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Solothurn, 17.–20. Januar 1639, ebd., S. 1115; zum Versuch, über Méliand und damit über Frankreich auf ihn Einfluss zu nehmen: Konferenz der VII kath. Orte, Luzern, 6./7. November 1637, ebd., S. 1055. 124 Vgl. Konferenz der VII kath. Orte, Luzern, 21. – 22. Mai 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1088. 125 Vgl. u. a. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, St. Germain en Laye, 18. Juli 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, fols. 315r. – 317v., hier Bl. 316v. – 317r.; Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, Abbeuille, 5. Juni 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, fols. 142r. – 142v. 126 Vgl. Lau: Fremdwahrnehmung, S. 315, vgl. 326. 127 Er werde dem Bischof beweisen, dass „er bloß von meiner Gnaden dependiret hat, und [ich] durch meine rechtmäßig geführten und von Gott gesegneten Waffen dazu gekommen bin“, so ein Concept=Schreiben Bernhards v. Weimar an den Landshauptmann von Dornach, [vermutlich Pontarlier] [wohl nach dem 8. Juni 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 166 f.; das Münstertal hatte Bernhard jedoch umgehend geräumt, nachdem Bern dies verlangt hatte.
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seiner Kriegsführung die Eidgenossenschaft insgesamt.¹²⁸ Auch die Tagsatzung, die die eidgenössische Kooperation betonte, wandte sich mehrfach brieflich oder mittels Gesandtschaften an Bernhard.¹²⁹ Die Stadt Basel war wegen ihrer Lage an europäischen Handelswegen und im Grenzraum ebenso stärker vom Krieg betroffen,¹³⁰ aber sie erlebte eine günstige Kriegskonjunktur.¹³¹ Auch hier wurden das Vorgehen und die Forderungen der Weimarischen Armee mit Sorge betrachtet, so als deren Generalkommissar Bernhard Schaffalitzky von Muckendell im Sommer 1637 verlangte, ihn für einen günstigen Preis Getreide ankaufen zu lassen. Die Überlegungen zielten darauf, wie man die Soldaten loswerden könne.¹³² Die Armee bezog schließlich aber nicht nur Getreide aus Basel. Wiederholt ließ der Rat auch zu, dass sie in der Stadt (die wie andere genannte eidgenössische Orte eine hohe Dichte an Nahrungsmittelgewerken hatte) Brot backen ließ,¹³³ hierhin wurden französische Subsidien geliefert¹³⁴ und der Herzog unterhielt hier Magazine.¹³⁵ Vorräte wurden unter anderem auch auf dem Hohentwiel einlagert.¹³⁶
128 Vgl. Konferenz der VI mit dem Bischof von Basel verbündeten Orte, Luzern, 7./8. Juni 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1135 f. 129 So forderte man ihn auf, die Besitzungen des Basler Bischofs zu räumen, seine Truppen von den eidgenössischen Grenzen zu entfernen, „die gefäll und frücht uff Ihrem Eijdgenossischen territorio“ nicht anzutasten, vgl. bsp. Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 22. November 1637, in: Grotius, Briefwisseling, Tl. 8, S. 746; Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 16. – 18. November 1637, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1058; Konferenz der katholischen mit Spanien verbündeten Orte, Luzern, 25./26. Februar 1639, ebd., S. 1121; vgl. die Diskussion über ein solches Vorgehen: Konferenz von sieben Orten, Basel, 1.– 6. August 1637, ebd., S. 1047; Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 2. Februar 1638, ebd., S. 1066 f. Bernhard jedenfalls antwortete zwar durchaus auf die Briefe, sein Vorgehen änderte er aber im Grunde nicht; vgl. auch das Problem widerstreitender Informationen von weimarischer wie kaiserlicher Seite: Konferenz der IV evangelischen Städte, Aarau, 16./17. August 1638, ebd., S. 1097 f.; zur Tagsatzung v. a. Würgler: Tagsatzung. 130 Vgl. Stritmatter: Basel. 131 Vgl. Burghartz: Ancien Régime, S. 122 f.; zur Rolle Basels für die Finanznetzwerke vgl. Rogger: Feeding Breisach. 132 Vgl. Gemeineidgenössische Jahrrechnungstagsatzung der XIII Orte, Baden, 28. Juni – 18. Juli 1637, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1041 f. 133 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 7. Oktober 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, fols. 522r. – 522v., auch im Hinblick auf Pferdefutter; Hildebrandt: Quellen, S. 224 f. 134 Vgl. Wochentliche Post-Ordinari-Zeitung, 27 (1639): Meldung ‚Straßburg, den 17. Dito [Juni 1639]‘. 135 Vgl. Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 27. März– 5. April 1639, in: Vogel/ Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1128, 1133. 136 Zu weiteren Lagern vgl. bsp. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, Paris, 5. Dezember 1638, in: Grotius, Briefwisseling, Tl. 9, S. 737; die Magazine müssen entsprechend Lagerkosten verursacht haben.
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Die kaiserliche Seite drohte wegen der Unterstützung des Herzogs durch protestantische Kantone auf verschiedenen Kanälen mit Konsequenzen. Unter anderem beschwerten sich Gesandte des Kaisers bei der Tagsatzung.¹³⁷ Bernhard habe an „die 10,000 Stücke Frucht, in die 1000 Fässer Salz und etliche 1000 Seiten Speck“ sowie Munition aus Basel erhalten.¹³⁸ Die Eidgenossen sollten jegliche materielle Hilfe für die Gegner des Kaisers unterbinden.¹³⁹ Basel, das zugleich „lukrative Geschäfte“ mit der habsburgischen Breisacher Kommandantur machte,¹⁴⁰ erklärte sich dazu nicht in der Lage. Es argumentierte mit seiner Geographie, der Kriegsmacht Frankreichs und Schwedens, außerdem müsse der eigene Handel weitergehen.¹⁴¹ Die Unterstützung des Herzogs durch protestantische Orte lief auf mehr oder weniger indirekten Wegen. Sie reichte von der Erlaubnis, Produkte für die Armee herzustellen und Waren für diese einzukaufen, über Ausfuhrbewilligungen,¹⁴² die Zulassung von Transporten zu den Armeestützpunkten bis dahin, dass Ankäufe und Lieferungen an die Armee nicht verhindert wurden. Im Hintergrund stand teils die Parteinahme für die protestantische Seite, aber auch eine Reaktion auf das Bündnis Bernhards mit Frankreich, mit dem es seit langem Abkommen in der Eidgenossenschaft gab, auf seine Verbindungen zu Schweden und sein militärisches Druckpotential.¹⁴³ Nach außen hin wurde argumentiert, dass die jeweiligen Lieferanten ihre Geschäfte als Privatleute abschlossen.¹⁴⁴ Um Handels- beziehungsweise Kaufverbote zu umgehen, tätigte die Armee Ankäufe durch Mittelsmänner, und
137 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, o. D. [nach 16. Jan. 1637], in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 202 f.; zu Drohungen gegenüber den Schweizer Städten durch General Götz: Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, Paris, 28. Mai 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 326. 138 Vgl. Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 27. März – 5. April 1639, in: Vogel/ Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1128 f., vgl. 1126 f.; Konferenz der katholischen Orte, Luzern, 22./ 23. März 1639, in: ebd., S. 1125. 139 Vgl. Konferenz der IV evangelischen Städte, Aarau, 15. März 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1123. 140 Büchi: Festung, S. 43; „geheim“, wie Büchi schreibt, blieben diese Geschäfte zumindest nicht lange. 141 Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 27. März – 5. April 1639, in:Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1128 f., vgl. 1126 f. 142 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 7. Juni 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 225. 143 Eine Zusammenarbeit zwischen den Armeen und den Obrigkeiten beziehungsweise Ständen gab es schließlich auch in besetzten Territorien, nicht zuletzt, um den Einzug der Kontributionen möglichst konfliktarm zu organisieren: Zirr: Leben. 144 Vgl. Fritz: Konrad Widerholt, S. 235; vgl. auch Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 27. März – 5. April 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1127.
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Lieferungen wurden irreführend deklariert.¹⁴⁵ Dies sollte verhindern, dass die Lage (innen)politisch eskalierte.¹⁴⁶ Vergleichbar unterstützte der schwedische Kommandant James Ramsay verdeckt die französisch besetzte Festung Ehrenbreitstein mit Getreidetransporten.¹⁴⁷ Die einzelnen Orte verhandelten auch unmittelbar mit der Weimarischen Armee. Zürich sicherte bereits Ende 1637 angeblich zu, dass von den Schweizern „nichts wider dess hertzogs Armée co[n]cludirt, weniger exequirt werden“ solle.¹⁴⁸ Die schwedische Seite ging später davon aus, dass gerade Bern den Herzog mit allem beliefern werde, was er benötige.¹⁴⁹ „Nos Bernois fournissent bravement des vivres au duc de Veymar“, erklärte der Nachrichtenkorrespondent Charles Marin.¹⁵⁰ Nicht zuletzt war Bern wichtig bei der Belagerung Breisachs.¹⁵¹ Gleichwohl versuchte die Weimarische Armee wiederholt ergebnislos, Waffen und Munition aus Bern zu erhalten. Es fehle in Bern selbst an Militärausrüstung und der Rat wolle sich „in disen sachen ganz Neutral halten“, war eine Antwort auf Anfragen.¹⁵² Auch Zürich ging es darum, sich „la grâce de tous les deux partis“ zu bewahren.¹⁵³ Das Vorgehen des Herzogs kennzeichnete die Verbindung politischer und handelspolitischer Maßnahmen. Er nutzte indirekte Zugänge zu Entscheidungsträgern und Kaufleuten durch Mitglieder seiner Armee, flankierend die Vermittlung durch Inhaber politischer Ämter¹⁵⁴ und somit Möglichkeiten der politischen
145 So unter dem Namen ‚von Nidau‘, vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 20. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 225. 146 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 27. Mai 1638, in: Meulenbroek: Briefwisseling, Tl. 9; vgl. Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 10. Juni 1638, in: ebd. S. 371. 147 Vgl. Schmidt, Reiter, S. 494. 148 Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 745. 149 Vgl. Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 31. Januar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 69; Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 7. Juli 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 433 f., hier S. 433. 150 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 16. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 755; vgl. Ders. an Dens., Zürich, 23. Dezember 1638, ebd., S. 768. 151 Vgl. Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 23. Dezember 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 768; er verband damit die Hoffnung, dass mit der Kapitulation Breisachs auch die anderen protestantischen Orte die Armee stärker beliefern würden. 152 Und „bey particuliers ist nichts Zubekomen, dan es gibt alhier keine kaufleut“: Marx Conrad von Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 21. Februar 1638, FB Gotha, Chart A. 725, Bl. 28 – 29v., Bern, Burgerbibliothek, MHH XXVII/88, Nr. 59. 153 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 17. November 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 701 f., hier S. 702. 154 Zu diesen Strukturen auch Ackermann: Strategien.
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Informalität.¹⁵⁵ Zugleich suchte er das Prozedere des Aushandelns mit verschiedenen Orten zu vereinfachen. Schon 1637 hatte er seinen Unterhändler bei der Tagsatzung die freie Passage durch das Land verlangen lassen.¹⁵⁶ Dann suchte er mit der Tagsatzung und der Sonderkonferenz der reformierten Orte in Aarau, zu der er den Offizier Ehm entsandte,Verhandlungen anzubahnen, um generelle Regelungen für Einkäufe und Transporte zu erreichen. Sie sollten die aufwendigen und zeitintensiven Einzelfallregelungen und das „hin= undt widerschicken“ von Post, Leuten und Waren vermeiden. Bernhard hatte damit keinen Erfolg, auch nicht, nachdem er, wie in anderen Fällen,¹⁵⁷ den französischen Botschafter in Solothurn, Blaise Méliand, eingeschaltet hatte.¹⁵⁸ Hier zeigt sich ein Handlungsmuster, das sich in ähnlicher Form wiederholte: Die Organisation und Abwicklung der Einkäufe liefen über verschiedene Vermittler und Kaufleute. Durch einflussreiche politische Vertreter sollte diplomatisch vermittelt und gegebenenfalls Druck gegenüber den politischen Gremien der Schweiz ausgeübt. Er konnte dann mit militärischen Drohungen untermauert werden. Von schwedischer Seite wurden vor allem der Resident Mockel¹⁵⁹ und der Hofrat Georg Müller zugunsten Bernhards tätig.¹⁶⁰ Auch Christoph von Forstner, der Kanzler Mömpelgards, engagierte sich.¹⁶¹ Druck auf die Eidgenossen wurde beispielsweise auch mit der Androhung eines Handelsboykotts ausgeübt. Zeitweise erwog die weimarische Seite eine Blockade der Salzimporte.¹⁶² Das war ein empfindlicher Punkt: Die Schweiz war auf diese Importe angewiesen,¹⁶³ und die Salzeinfuhren waren schon kriegsbedingt für viele Orte teurer geworden.
155 Vgl. Hoffmann-Rehnitz: Geschichte; zur Erpressbarkeit des Handels Bergerhausen: Köln, S. 19. 156 Vgl. der englische Botschafter im Collegiod, Secreta, 18. Juli 1637, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV, S. 243 f., hier S. 243., hier ging es um die Überschreitung des Rheins. 157 Zum Informationsaustausch und Unterstützung zwischen und Bernhard und Méliand vgl. bsp. auch Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, o.O. o. D., in: Erlach, Mémoire historiques, Tl. 2, S. -300; Blaise Méliand an Hans Ludwig v. Erlach, Solothurn, 24. Februar 1638, in: ebd., S. 301 – 303. 158 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, [Schloss] Beuggen, 16. März 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 16; Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, o.O., 27. [März] 1638, ebd., S. 17; Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Freiburg, 31. März 1638, in: ebd., S. 19 f.; die Tagsatzung eignete sich allerdings auch später kaum als Forum zur Lösung von Handelskonflikten, vgl. Röthlin: Basler Handelspolitik, S. 80. 159 Vgl. bsp. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 2. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 23r. – 24v., hier Bl. 23r. 160 Instruktion für Georg Müller, 5. Juli 1637, Beilage zu: Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, o.O., 9./ 19. September 1637, in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 429. 161 Vgl. Röse: Bernhard, Bd. 2, S. 213. 162 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 2. Januar 1639, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 23r. – 24v., hier Bl. 23r. 163 Vgl. Würgler: Tagsatzung, S. 564 f.
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Organisatoren Die Versorgung der Weimarischen Armee war im Kern personenbezogen organisiert. Die Armeeversorgung wie die persönlichen Geschäfte des Herzogs oblagen einem sich im Laufe der Zeit verändernden Kreis von Vertrauensleuten. Ihre Aufgabenfelder waren wenig formalisiert und überlagerten sich vielfach. Sie hatten Güter zu beschaffen, deren Transport zu organisieren, für die Überstellung der benötigten Gelder zu sorgen und politische Hintergrundarbeit zu leisten. Der Herzog versuchte die Kontrolle zu behalten; er gab oft Anweisung, eine Aufgabe ausführen zu lassen, und ließ sich die Ergebnisse referieren.¹⁶⁴ Die hochrangigen Mitarbeiter konnten auf Gewinne, Macht, Land, eine Stärkung der Position ihrer Familie hoffen. Den maßgeblichen Kreis bildeten Hans Ludwig von Erlach, Marx Conrad von Rehlingen, Joachim von Wicquefort und Bernhard Schaffalitzky. Sie bauten teils auf merkantile Netzwerke auf, sie alle bauten sie weiter aus. Gerade durch Erlach hatte der Herzog Zugang zum komplexen politischen Gefüge der Eidgenossenschaft,¹⁶⁵ zu lokalen Obrigkeiten und Kaufleuten. Erlach wurde auch zum wichtigsten Diplomaten Bernhards.¹⁶⁶ Auf dieser Basis organisierte Rehlingen für Erlach Ankäufe, den Transport von Nahrungsmitteln und Rüstungsgütern und nicht zuletzt Kredite.
Marx Conrad von Rehlingen Rehlingen, der aus einer im Fernhandel tätigen Augsburger Patrizierfamilie stammte und in Italien Jura studiert hatte, mit Magdalena Paler verheiratet war und seine Unternehmungen auch auf dem Kapital der Frauen aus der Familie aufgebaut hatte, schließlich familiär mit Erlach verbunden war,¹⁶⁷ verfügte über weit gespannte Handelsverbindungen und Vermögen. Er förderte auf verschiedenste Weise die schwedische Partei¹⁶⁸ und den Heilbronner Bund, dessen Kam164 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Freiburg, 31. März 1638, Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h. XV. 29 (Korresp. Erlach-Bernhard v. Weimar u. a.), S. 105 – 107, hier S. 105. 165 Vgl. Behr: Diplomatie, S. 141 f.; ob dem Herzog bewusst war, dass die Kantone jeweils über die Umsetzung der Beschlüsse der Tagsatzung entschieden, muss offen bleiben. 166 Erlach kann dafür stehen, wie Militärunternehmer vielfach die „wenig formalisierte Diplomatie“ der Eidgenossenschaft trugen, Holenstein: Militärunternehmer, S. 155. 167 Rehlingen hatte zudem verwandtschaftliche Beziehungen zu dem Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler und Hans Heinrich Herwart; zu Rehlingen vgl. Hildebrandt: Einleitung, S. 19 – 38. 168 Zur Finanzierung von Truppenwerbungen vgl. bsp. [Marx Conrad v. Rehlingen: Überschlag über verauslagte Werbegelder und Kriegsschäden, o. O. (Genf?) [vor 6./16. Nov. 1632], in: Hildebrandt,
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merpräsident er wurde.¹⁶⁹ So gab er dem Bund ein Darlehen von 40.000 Reichstalern, das dem Entsatz Regensburgs durch Bernhard und Horn dienen sollte.¹⁷⁰ Ökonomisch gesehen erscheint die Geschichte Rehlingens zunächst als Erfolgsgeschichte, und auch familiär schien sie zunächst höchst erfolgreich zu verlaufen; Rehlingen konnte zwei seiner Söhne mit Armee-Kommandos und Truppen versorgen. Sein ökonomisches und militärisches Engagement waren eine Art Familienunternehmen. Beide Söhne kamen im Krieg jedoch ums Leben.¹⁷¹ Seit Anfang 1630 führte Rehlingen seine Geschäfte im Wesentlichen aus der Eidgenossenschaft. Er war dorthin vor einer kaiserlichen Kommission geflohen, die seine Besitzungen und Gelder konfiszieren sollte. Rehlingen, der ursprünglich beste politische Kontakte bis zum Kaiserhof gehabt hatte (Rudolf II. hatte ihn zum kaiserlichen Rat gemacht), wurde zum Problem, dass er während des Böhmischen Aufstands beide Kriegsparteien mit Informationen beliefert hatte.¹⁷² Wien warf ihm Verbindungen zu dem geächteten Friedrich V. von der Pfalz und Ludwig Camerarius, dem Leiter der pfälzischen Exilregierung, vor¹⁷³ und ließ, soweit möglich, seinen Besitz konfiszieren. Rehlingen hatte jedoch zuvor schon erfolgreich einen Großteil seines Vermögens aus dem Reich bringen können.¹⁷⁴
Quellen, Tl. 2, 173 f. u. folg. Dok.; Rehlingen unternahm auch für Gustav Adolf Gesandtschaftsreisen zu verschiedenen Fürsten und Städten, v. a. Straßburg (ebd.). 169 Vgl. Kretzschmar, Tl. 2, S. 475 – 483, 529 – 532, auch zur Organisation des Kammerwesens durch Rehlingen; der Organisationsplan bei Londorp: Der Römischen Kayserlichen Majestät und des Heiligen Römischen Reichs Geist- und Weltlicher Stände, Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Städte Acta Publica und Schriftliche Handlungen, Tl. 4, S. 434 ff. 170 Vgl. FB Gotha, Chart A 725, Bl. 4r. – 6v. (Rückbürgschaft von Axel Oxenstierna, Martinsburg/ Mainz, 24. Juni 1634) sowie Schuldverschreibung Axel Oxenstiernas und der schwedischen Krone an Marx Conrad von Rehlingen, Mainz, 24. Juni 1634, in: Schöningh, Rehlinger, S. 96 f.; vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Axel Oxenstierna, Frankfurt a. M., 11. September 1634, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 180. 171 Auch der dritte Sohn Ferdinand wirkte auf der schwedischen Seite, u. a. in den Niederlanden, vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an [Axel Oxenstierna], Frankfurt a. M., 28. Oktober 1633, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 176. 172 Mit dem Fall wurde eine Untersuchungskommission am Reichshofrat beauftragt; Rehlingen habe gegen „des Heyl. Reichs hailsame constitution, satz[ungen] vnd ordnungen“ verstoßen, zit. n. Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 127; s. hier auch weitere Dokumente zum Verfahren. 173 Auch Maximilian von Bayern brachte entsprechende Vorwürfe vor: Maximilian von Bayern an Ferdinand II., München, 20. September 1629, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 104. 174 Vgl. „Information vber des Marx Conradt von Rellingen verbrechen“, o.O. o. D. [n. 27. März 1631 ?], in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, Nr. 462, S. 156 – 157; Hildebrandt: Verräter.
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In der Eidgenossenschaft arbeitete Rehlingen für Bernhard von Weimar; er wurde sein Geheimer Rat und gehörte zu seinen politischen Beratern.¹⁷⁵ In der Weimarischen Armee wurde er darüber hinaus ungewollt zum „tresorier vnd Zahlmaister, Oberprouiant- vnd Munition Maister, Particolar Comissari und Protv[er]walter“.¹⁷⁶ Für Bernhard wie seine Verbündeten waren Rehlingens Geschäftsbeziehungen zu maßgeblichen Handels- und Bankhäusern in Europa attraktiv. Sie beruhten auch in seinem Fall nicht zuletzt auf seiner Reputation.¹⁷⁷ Schon vor seiner Tätigkeit für Bernhard finden sich in seinem Umfeld Namen, die für den Herzog wichtig wurden, darunter die Hamburger Familie Jenisch und die Lumaga.¹⁷⁸ Insbesondere war Rehlingen mit den persönlichen Finanzangelegenheiten des Herzogs betraut.¹⁷⁹ 1637 riet er Bernhard, seine privaten Mittel außerhalb Frankreichs anzulegen. Es ging um höhere Gewinnmöglichkeiten und darum, das Geld einem möglichen Zugriff der französischen Krone zu entziehen. Die Empfehlung lautete, in die Vereinigte Ostindische oder die Westindische Kompanie zu investieren, die beide expandierten.¹⁸⁰ Rehlingen hielt selbst Aktien der VOC und der WIC und war am schwedischen Kupferhandel beteiligt.¹⁸¹ Bernhard sollte zunächst Gelder nach Venedig transferieren, dann in einem nächsten Schritt nach Amsterdam oder London. Tatsächlich legte Bernhard umfangreiche Gelder am (im Europa führenden) Amsterdamer Kapitalmarkt an. Rehlingen versorgte zudem die Weimarische Armee mit Geld. Er verschaffte Erlach hohe Kredite für die Armeeausstattung¹⁸² und kümmerte sich auch um die Einnahmenorganisation für die Armee durch Zölle und Abgaben. Regelmäßig organisierte er Militärgüter und Nahrungsmittel für die Armee.¹⁸³ Rehlingen hatte
175 1636 erhielt er einen Schutzbrief des französischen Königs, was ihm ein sichereres Agieren ermöglichte, vgl. Schutzbrief Ludwigs XIII. für Marx Conrad v. Rehlingen, Chantilly, 4. Mai 1636, in: Hildebrandt, Quellen, Bd. 2, S. 199. 176 Marx Conrad v. Rehlingen an Hans Ludwig v. Erlach, Basel, 12. Juli 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Bd. 2, S. 226 f., hier S. 227. 177 Vgl. bsp. zum Faktor Reputation Poettering: Handel, S. 341. 178 Vgl. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2. 179 Vgl. bsp. Marx Conrad Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 12. März 1638, FB Gotha, Chart A 725, Bl. 33v.; mit den Geldanlagen des Herzogs waren auch weitere Bankiers befasst. 180 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, o. D. [n. 16. Jan. 1637], in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 202 f., hier S. 203; zum niederländischen Finanzmarkt auch t‘ Hart: Wars. 181 Vgl. bsp. Aktiva und Passiva von M. C. v. Rehlingen, o.O. [Bern ?], o. D. [v. 18. März 1636], in: Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 195 – 198; Aktiva und Passiva M. C. v. Rehlingens, o.O. [Genf ?], o. D. [ca. Nov. 1636], in: ebd., S. 199 – 202. 182 Vgl. auch Redlich: Enterpriser, Bd. 1, S. 248. 183 Vgl. auch FB Gotha, Chart. A 725.
Hans Ludwig von Erlach
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damit ein breites Bündel von Aufgabenfeldern; seine dazu nötigen Mitarbeiter stellte er selbst an.¹⁸⁴ Wie wichtig er für Bernhard war, zeigt sich unter anderem daran, dass der Herzog, als Rehlingen im Mai 1639 schwer erkrankt war, plante, zu ihm nach Basel zu fahren, um sich mit ihm zu unterreden.¹⁸⁵ Wie der Herzog gab auch Rehlingen seine Orientierung am Reich nicht auf: Vor seiner Flucht in die Schweiz hatte er darauf gesetzt, in Schwaben mit Hilfe Schwedens noch verstärkt Grundbesitz erwerben zu können. Nun sollte es im Zuge der territorialen Gewinne des Herzogs von Weimar Grundbesitz am Oberrhein werden. Er wolle wieder nach Deutschland gehen, wenn es „im Teutschland ein and[ers] wirdt“, hatte Rehlingen erklärt.¹⁸⁶ Jahrelang versuchte er erfolglos, seine dem Heilbronner Bund zur Verfügung gestellten Mittel zurückzuerhalten;¹⁸⁷ auch Bernhard war in diese Bemühungen involviert.¹⁸⁸ Im Westfälischen Frieden wurde sein Besitz restituiert.¹⁸⁹
Hans Ludwig von Erlach Hans Ludwig von Erlach wurde für Bernhard nicht nur als Diplomat in Frankreich tätig. Seine militärische Beratung und politische Hintergrundarbeit waren von entscheidender Bedeutung für Bernhards militärisches Vorgehen im süddeutschen Raum und seine Politik gegenüber der Eidgenossenschaft.¹⁹⁰ Seit 1635 arbeitete der Berner für den Herzog, ab 1638 offiziell als Generalmajor der Armee. Wie Rehlingen und Wicquefort verband er eine Reihe von Tätigkeitsfeldern. Erlach konnte dem Herzog geographische, politische und militärische Detailkenntnisse sowie seine ausgeprägten Kontakte in der Eidgenossenschaft bieten. Querverbindungen zwi-
184 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Hans Ludwig v. Erlach, Basel, 23. Februar 1640, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 247 f. 185 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig Erlach, Landskron, 9. Mai 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 165 f., Zitat S. 165. 186 Marx Conrad v. Rehlingen an R. Rehlinger, Genf, 18. Januar 1631, In: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 151 f., hier S. 152. 187 Vgl. bereits Johann Friedrich Beringer an Marx Conrad v. Rehlingen, Frankfurt a. M., 10. November 1634, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 181 f. 188 Vgl. auch Bernhard v. Weimar Marx Conrad v. Rehlingen, Worms, 25. Februar 1635, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 10r. – 10v. 189 Seine Nachkommen hatten sich dafür eingesetzt, vgl. IPO, § 45; Schweden erstattete 1650 einen Teil der Kredite, vgl. Schöningh: Rehlinger, S. 51. 190 Zu Erlach vgl. Rogger: Erlach; Gonzenbach: General; Feller: Geschichte, Bd. 2; Jorio: Erlach.
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schen beiden hatte es schon in früheren Jahren gegeben,¹⁹¹ und bei verschiedenen militärischen Stationen mögen sich ihre Wege gekreuzt haben.¹⁹² Als Gross- und Kleinrat hatte Erlach lange Jahre höchste Positionen in Bern inne, er übte auch militärische Funktionen aus und trat bei der bernischen Heeresreform von 1628 und Planungen zur ersten Defensionalordnung der Eidgenossenschaft (1629) hervor. Auch auf dem diplomatischen Feld vertrat er Bern in den 1630er Jahren gegenüber Frankreich. Im Sommer 1637 erklärte sich Erlach zum Vertreter eines „mittlern Weg[s]“ zwischen Österreich und den protestantischen Ständen beziehungsweise deren Verbündeten und als Mann Bernhards. Er habe vom Haus Weimar schon in der Vergangenheit „vielfältige hohe Gaben und Gutthaten“ erhalten und fühle sich ihm „noch allezeit verbunden“. Bernhard zeichne sich durch „fürtreffliche fürstliche Tugenden, Gottesfurcht und Redlichkeit“ aus. „Unter allen denen Fürsten, so ich kenn, leuchtet [er], wie der Mon[d] unter den Sternen, also daß ich nit zweifle, Gott werde etwas Großes durch diesen Herren ausrichten“. Der Herzog suche allein eine „gute Freundschaft“ zur Eidgenossenschaft, er wolle von Bern kein Proviant, seine Soldaten würden keine Beschwerde sein, denn „das gräulich Pauren=Morden, sengen und brennen“ sei vorbei und die Truppen, diese Aussage bezog er auf die deutschen Soldaten, „in gutem Gehorsamb, besser als bei den Schwedischen“.¹⁹³ Diese Aussagen waren kaum zu halten. Erlach, selbst reformiert, wollte jedoch die protestantischen Kantone gewinnen.¹⁹⁴ Erlachs parallele Tätigkeit für Bern und den Herzog schien aus Berner Sicht zunächst vorteilhaft, man erhielt vermehrt Informationen und erhoffte sich eigene Vorteile und für die anderen protestantischen Kantone.¹⁹⁵ Bernhard und Erlach
191 In den 1610er Jahren war Erlach Page am Hof Christians I. v. Anhalt-Bernburg, 1617 reiste er mit Christian II. nach Turin, um den Herzog von Savoyen für ein antihabsburgisches Bündnis zu gewinnen, vgl. Jürgensen, Übersetzungen, S. 363. 192 Beide waren auf braunschweigischer Seite an den Schlachten bei Höchst und von Stadtlohn (1622/23) beteiligt, auch Erlach hielt sich dann in den Niederlanden auf, bei Moritz von Oranien, bis 1625 war er als Offizier außerhalb der Schweiz tätig, für Christian von Anhalt, Markgraf Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf, Ernst von Mansfeld und Schweden, wo er unter anderem Erfahrungen als Generalquartiermeister sammelte; zu Schweizer Offizieren auch McCormack: Mercenaries, S. 111. 193 Von Hans Ludwig v. Erlach von Castelen an den Schultheiß und den Rat der Stadt Bern, Basel, 25. Juli 1637, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 2 f.; Ders. an Dies., Basel, 25. Juli 1637, in: ebd., S. 5 ff., hier S. 6 f. 194 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an den Rat der Stadt Bern, Basel, 25. Juli 1637, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 5 f., hier S. 5, mit „Papisten“ wie Luzern und Schwyz zu diskutieren, lehnte er ab. 195 Vgl. Feller: Geschichte, Bd. 2, S. 516.
Händler
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trafen sich „in geheim“, in der Korrespondenz fungierte Erlach unter dem Namen Monsieur Carl Louis.¹⁹⁶ Den katholischen Orten blieb die Zusammenarbeit aber nicht verborgen und sie polemisierten dagegen.¹⁹⁷ Im Frühjahr 1638 trat Erlach von seinen politischen Posten in Bern zurück.¹⁹⁸ Als Generalmajor der Armee verantwortete er Einkäufe, die Organisation von Transporten und die Aufsicht über sie sowie die diplomatisch-politische Absicherung dieser Geschäfte,¹⁹⁹ die Kontrolle der „paccage“ bei Armeezügen und bei der Beziehung eines Lagers.²⁰⁰ Er hielt engen Kontakt mit der französischen Regierung. Seine Verbindungen zu Bern blieben aber bestehen, auch, als er Ende 1638 Gouverneur Breisachs wurde und als solcher für die Instandsetzung und Kontrolle der Festung wie des Umlandes und Nachschublieferungen zuständig war.²⁰¹
Händler Für die Ankäufe und Lieferungen arbeitete die Weimarische Armee mit verschiedenen Unternehmern zusammen. Es handelte sich um lokale Handwerker, Händler und Fuhrleute und ebenso überregional operierende Unternehmer, Handelshäuser, Bankiers und Waffenhersteller. Es gab keine „‚war suppliers‘ per se“.²⁰² Zu den größeren Unternehmern gehörte Alexander Ziegler, dessen Unternehmer auf den Fernhandel ausgerichtet war. Er hatte Niederlassungen in Schaffhausen und Lyon und belieferte mehrere Kriegsparteien.²⁰³ Die Familie Ziegler verfügte auch in Schaffhausen über maßgeblichen Einfluss. Den Kontakt hatte höchstwahrscheinlich, wie in anderen Fällen, Erlach hergestellt.²⁰⁴ Im Sinne seiner Handelsinteressen
196 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Lauffenburg, 20./30. Januar 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 10 f., hier S. 10; vgl. ebd., S. 11, Fußn. 1. 197 Vgl. Würgler: Tagsatzung, S. 516. 198 Sein Amt als bernischer Oberster und Generalleutnant behielt er aber, vgl. Bern an Hans Ludwig v. Erlach, [Bern], 28. März 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 21 f.; Bern an Dens., [Bern], 28. April 1638, in: ebd., S. 22 f. 199 Vgl. auch Gonzenbach: General, Bd. 1, Quellenteil, S. 12 – 16. 200 Vgl. Bernhard v. Weimar: Instruktion des Generalmajors [v. Erlach], o.O., o. D., in: Gonzenbach: General, Bd. 1, Quellenteil, S. 23 ff. 201 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Basel, 6./16. Juni 1639, LATh-HStA Weimar, Bl. 3r. – 4v.; Würgler: Tagsatzung, S. 521. 202 Parrott: Business, S. 211. 203 Vgl. bspw. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, o.O. [wohl 26./27. Febr, 1638], in: Gonzenbach, General, p. 14 ff.; zu Ziegler vgl. Guisolan: Ziegler, Alexander; Schmuki: Alexander Ziegler. 204 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, o.O., o. D., BBB, Mss.h.h. XV. 29, S. 98 f.
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vermittelte Ziegler zwischen dem Herzog und seiner Heimatstadt Schaffhausen.²⁰⁵ Lieferungen von Getreide erfolgten zudem über weitere Händler, beispielsweise das Unternehmen der Familie Leret²⁰⁶ und den Basler Kaufmann Ringler.²⁰⁷ Niederlassungen von Kaufleuten wurden zudem zum Zwischendepot, so wenn Bargeld für Bernhard bei der Kaufmannsfamilie Abel Socin bewahrt wurde.²⁰⁸
Transportmittel und -wege Für den Krieg des Herzogs spielten der Rhein und die Aare, die beim nordwestschweizerischen Koblenz in den Rhein mündet, in diesen Jahren eine wichtige Rolle. Die schiffbaren Wasserwege gelten generell als die finanziell und organisatorisch günstigsten Versorgungsrouten.²⁰⁹ So baute Wallenstein seine frühen Einsätze entlang der Elbe auf, um sich von seinem Herzogtum Friedland aus zu versorgen und den Fluss durch „Befestigungen und Versorgungsmagazine“ an seinem Verlauf zur Basis einer großräumigen Gebietskontrolle zu machen.²¹⁰ Die kaiserlichen Armeen nutzten für ihre Versorgung am Oberrhein die Donau und den Rhein.²¹¹ Bernhard ließ Waren von Zurzach oder Genf nach Laufenburg bringen, von Genf nach Rheinfelden, oder von Pontarlier über die Aare und dann bis in die Nähe von Laufenburg am Rhein. Wiederholte Positionsgewinne der Kaiserlichen schränkten dies jedoch ein.²¹² Zudem waren zahlreiche Orte nicht oder nur eingeschränkt über
205 Vgl. auch Metzger: Stellung, S. 146 f.: Nach der Schlacht von Rheinfelden habe der Rat Schaffhausens Bernhard unweit der Stadt willkommen geheißen; über Ziegler liefen auch die Gelder, die Widerholt von Bernhard, vgl. Kramer: Briefe. 206 Vgl. Lieferanweisung vom 3. Februar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 24v. 207 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 213; Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, au Faubourg de Fribourg, 29. März 1638, Burgerbibliothek Bern, Sign. Mss.h.h. XV. 29, S. 104 f. 208 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 17. Mai 1638, in: Hildebrandt, Quellen, S. 224. 209 Vgl. zu den Verkehrswegen u. a. Pohl: Profiantirung, S. 5561; Rebitsch: Typologie, S. 41; Höbelt: Pommernland, S. 64; Krüssmann: Ernst von Mansfeld, S. 506; Beispiele für besonders lange Transportwege: Ernst: Madrid, S. 296; Stradling: Spains Military Failure, S. 213; zur Nutzung von Meereszugängen: Guthrie: Thirty Years War, S. 59; zur Diskussion über die Nutzung von Wasser- oder Landwegen für das (frühe) Mittelalter vgl. Fütterer: Wasserstraße, v. a. S. 65 – 66. 210 Burkhardt: Krieg der Kriege, S. 115; Ernstberger: Wallensteins Heeressabotage, S. 46, 57; Pohl: Profiantirung, S. 73. 211 Wenn auch aufgrund des Krieges auch die Pflege der Treidelwege am Rhein vernachlässigt worden war: Höbelt: Pommernland, S. 64 f.; Kellenbenz: Verkehrswesen, S. 103; zur Versorgung der bayerischen Truppen vgl. auch die entstehende Dissertation von Franziska Sedlmair (München). 212 Um für die andere Richtung die „passeports“ der Straßburger zu erhalten, die alle Truppen benötigten, setzte auch er auf den politischen Weg, so wurde Schaffalitzky in die Stadt entsandt, vgl.
Transportmittel und -wege
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Wasserwege erreichbar,²¹³ sodass Waren über weitere Strecken mit Wagen und Ochsen oder Pferden herangeschafft werden mussten. Das bedeutete einen höheren Zeitbedarf und höhere Transportkosten, zumal wenn die Verkehrswege in schlechtem Zustand waren oder unbrauchbar.²¹⁴ Behelfsbrücken, die Bernhard wiederholt errichten ließ, konnten aber auch für diese Lieferungen genutzt werden.²¹⁵ Nicht selten bestand ein Mangel an Transportmitteln: Anfang 1639 wollte der Herzog im großen Umfang „Sommersaat, Gerste und Hafer“ aus der Gegend von Pontarlier schicken, wusste jedoch das Transportproblem nicht zu lösen.²¹⁶ Auch bei Überlegungen, Salz für die Weimarischen Truppen aus Salinen in Burgund zu beziehen, stellte sich der Transport als das eigentliche Problem dar. Kritisch schien die Situation zu Jahresende 1638, als ein Angriff des Herzogs von Lothringen bevorzustehen schien und Bernhard umfangreiche Lieferungen für sein Lager in Neuenburg am Oberrhein benötigte sowie Vorräte haben wollte, um Breisach nach der erwarteten Einnahme zu einem „gute[n] theil“ versorgen zu können.²¹⁷ Das Getreide war da, es fehlte aber zum einen an militärischem Begleitschutz. Schließlich sollten militärische Versorgungsgüter- oder Geldtransporte aus Sicherheitsgründen von Eskorten begleitet werden.²¹⁸ Angriffe auf Versorgungswagen,
Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberg, Paris, 30. Januar 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 62. 213 Auch Leipzig und Nürnberg: Straube: Geleitswesen, S. 430. 214 So brachte die kaiserliche Armee im Vorfeld der Schlacht bei Rheinfelden gegen den Weimarer Herzog Munition und Proviant streckenweise mit Saumpferden durch den Hochschwarzwald, weil Fuhrwerke die Wege nicht bewältigen konnten, vgl. Graf Friedrich Rudolf von Fürstenberg an Erzherzogin Claudia [nach dem 3. März 1638], in: Münch, Geschichte des Hauses Fürstenberg, hier: Beilagen, S. 5 – 7. 215 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Lager vor Neuburg, 2. Juni 1638, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 250; solche Behelfs- und zerlegbare Schiffbrücken wurden auch unter Verbündeten weitergegeben, vgl. Bernhard v. Weimar an Axel Oxenstierna, Gross-Gerau, 23. November 1634, in: Oxenstierna: Briefwechsel, S. 249 f., hier S. 250; Parker hält diese Brücken für besonders preisgünstig: Parker: Army of Flanders, S. 82; dagegen: Schmidt: Wallenstein als Feldherr, S. 250. 216 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach [vermutlich Pontarlier] [kurz nach dem 14. Jan. 1639], in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 133 – 135, hier S. 134 f.; Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Pontarlier, 19. Juni 1639, ebd. S. 189; Dietrich de Groot an Hugo Grotius, Pontarlier, [7.] Februar 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 83. 217 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, 24. November 1638, in: Gonzenbach, General, S. 118; Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, 7. Oktober 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343 (unpag.). 218 Vgl. bsp. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 225 (Anm.); Ernst: Madrid, S. 301; die Transporte sollten auch nicht an einem „jour prefix“ angesetzt werden: Rohan: Capitaine, S. 331 – 334.
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-stationen und -routen gehörten zur Kriegstaktik,²¹⁹ und besonders risikoreich war die Beförderung von Bargeld oder von Waffen. Wurde generell für die Durchführung und Absicherung von Armeetransporten oft auf Armeeeinheiten oder Einwohner zurückgegriffen²²⁰ und Transporte dann über Frondienste und Vorspanndienste geregelt,²²¹ musste die Armee hier auf Transportunternehmer zurückgreifen. Es fehlte indes an Schiffen, Fuhrwerken oder Fuhrleuten.²²² Aus Brugg sollten Korn und Mehl mit 12 Schiffen über die Aare und den Rhein hinuntergebracht werden. Da der Handelspartner Zimmermann von dort nicht wegkomme, sollte von Erlach die zur Berg- wie Talfahrt geeigneten „Spitzschiff ganz schleunig nacher Basel“ senden und „dem Major zu Neu[en]burg anbefehlen laßen, daß so offt daselbst ein Spitzschiff von oben ab ankomme, er’s in ein anders der großen außlade, dieses hinunter schicken, Und das Spitzschiff wider ob sich gehen laßen wolle.“²²³ Mit einer „Reitterfuhr“ sollte darüber hinaus so viel Brot und Mehl wie möglich aus Colmar ins Lager gebracht werden.²²⁴ Wenig später schlug der Herzog Erlach vor, ihm dafür ein Dutzend guter Fuhrwerke und die Dragoner des verstorbenen Rheingrafen Johann Philipp zu senden. Ebenso sollten Geschosse und Munition nach Neuenburg und ins Lager zu Benfeld geschickt werden.²²⁵ Die Proviant-Transporte aus Colmar kamen jedoch nicht. Umso wichtiger wurde es, dass die von Zimmermann beladenen Schiffe passieren konnten. Im Lager wurden die Brotrationen schon halbiert.²²⁶ Schließlich sah sich der Herzog selbst zum Eingreifen genötigt und reiste nach Rheinfelden, um dort Schiffe beladen zu lassen.²²⁷
219 Vgl. bsp. Wilson: Lützen, S. 51, 54 f. 220 Zur Organisation von Begleitpersonal auch Ernstberger: Hans de Witte, S. 229 f., 234. 221 Vgl. dazu auch Kraus: Tradition, S. 213 f.; Blickle: Scharwerk. 222 Ein „leistungsfähiges Transportgewerbe“ hatte sich seit dem späten Mittelalter herausgebildet: Häberlein: Fuhrleute, S. 29. 223 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 9. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 99; vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 8. November 1638, ebd., S. 97; an anderer Stelle ist von 13 Schiffen die Rede. 224 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Rheinfelden, 10. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 101. 225 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Neu[en]burg, 25. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 107; Michael John (der Sekretär Bernhards) an Obristleutnant Thomas Kluge, Neu[en]burg, 20. November 1638, ebd., S. 111 f. 226 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Neuburg, 19. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 111, er solle umgehend so viele Schiffe wie möglich absenden, Schiffsleute seien „genug vorhanden“. 227 Vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Hüninger Schanze, 24. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 117; vgl. Ders. an Dens., im Lager vor Freiburg, 31. März 1638, in: ebd., S. 19 f.
Eidgenössischer Widerstand
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Eidgenössischer Widerstand Die direkten wie indirekten Kriegshilfen für Bernhard stießen auch auf Widerstand von eidgenössischer Seite, über die politisch-diplomatischen Proteste und untersagten Belieferungen hinaus. Eidgenössische Drohungen mit Militärmaßnahmen wurden jedoch nicht ernstgenommen: Die „herrn Schweitzer“ schienen „etwas zornig zu sein“, man wolle „doch nicht hoffen, dass sie zuschlagen sollen“, ironisierte dies der schwedische Hofrat Georg Müller, es werde sonst „ein wunderlich spihl abgeben“.²²⁸ Maßnahmen wie Lieferbehinderungen und Beschlagnahmungen wirkten sich gleichwohl auf die Weimarische Armee aus. Wie andere Obrigkeiten versuchten die Orte zu verhindern, dass Untertanen von Soldaten geraubte und wieder angebotene Waren kauften;²²⁹ sie wollten diesen Kreislauf und das Anreizsystem für die Soldaten unterbrechen. Die katholischen Orte behinderten den Handel mit den von Bernhard eroberten Waldstädten²³⁰ und drohten zwischenzeitlich, die Lieferungen über die Aare zu unterbinden.²³¹ Nicht zuletzt gab es Widerstand gegen Bernhards Zollpolitik, auch von Zürich, Basel, Schaffhausen. Um Einnahmen zu generieren, hatte er nach der Einnahme Breisachs Zollerhöhungen veranlasst und eine neue Zollstelle bei Neuenburg errichtet.²³² Das war gängige Politik, aber es belastete den Handel und verteuerte Warentransporte.²³³ Noch nach dem Krieg sollte der Rheinhandel insgesamt stark eingeschränkt sein. Beklagt wurde auch, dass Kommandeure der Mautstellen eigenmächtig agierten und unterschiedlich hohe Forderungen erhoben; offensichtlich verlangten sie auch Bestechungsgelder.²³⁴ Dabei erteilte Rehlingen die „Paßzedel für die abwärts fahren228 Georg Müller an Hugo Grotius, Delsberg, 22. November 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, S. 746; zur Diskussion über eine gewaltsame Reaktion auf Bernhards Vorgehen vgl. Konferenz der evangelischen Orte und Zugewandten, Aarau, 18. – 21. September 1634, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 987– 901. 229 Vgl. Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 2. Februar 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1068; zu solchen Praktiken auch Beispiele in: Fritz: Dreißigjährige Krieg, S. 331, 405. Verweis auf Mandate im Reich: Schormann: Krieg, S. 107. 230 Vgl. Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 11.–17. April 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1077. 231 Burkart: Geschichte, S. 416. 232 Vgl. Konferenz der katholischen mit Spanien verbündeten Orte, Luzern, 25./26. Februar 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1121; Konferenz der IV evangelischen Städte, Aarau, 6. Mai 1639, ebd., S. 1133. 233 Beschwerden über Beeinträchtigungen der Rheinschifffahrt durch den vorderösterreichischen Kommandeur Breisachs, Reinach, und Widerholt: Konferenz von sieben Orten, Basel, 1. – 6. August 1637, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1048; Konferenz der Städte Zürich und Schaffhausen, Restenbach, 26. Dezember 1639, ebd., S. 1155. 234 Vgl. Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), März 1639, S. 1124.
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den Schiffe“ sogar von Basel aus.²³⁵ Als Basel im Zollstreit aber plante, auch umgekehrt Lieferungen an die Weimarische Armee mit Zoll zu belegen, schlug Rehlingen angesichts der Wichtigkeit der Stadt für die Armee eine Ausnahmebestimmung vor.²³⁶ Ebenso wurden Warenlieferungen für den Herzog blockiert oder beschlagnahmt. So beschlagahmte der Landvogt der Grafschaft Baden „etliche Fässer Büchsenpulver und Fastenspeise“, die an Bernhard gehen sollten.²³⁷ Der französische Botschafter intervenierte im Sinne Bernhards, erhielt aber ausweichende Antworten. Verschiedene Orte erklärten, sie seien nicht verantwortlich; auch sei ihnen lediglich bekannt, „daß diese Ladung an ungewohntem Ort in einem Gestrüpp mit Umgehung des Zolls und Verläugnung der Waaren an der gewöhnlichen Zollstätte zu Kaiserstuhl auf der acht regierenden orte Grund und Boden jenseits des Rheins abgeladen worden“ sei.²³⁸ Die gemeineidgenössische Tagsatzung, an die sich der Botschafter mit der Forderung wandte, die Munition herauszugeben, argumentierte steuerrechtlich: Die Lieferung sei weder als Güter des Herzogs noch des französischen Königs ausgewiesen gewesen und „als Contrebande dem Zoll entzogen“ worden und daher „dem Fiscus“ zuzusprechen. Sie erhielt die Fiktion aufrecht, es handele sich um Aktionen von Einzelnen, da Munition nicht ohne obrigkeitliche Genehmigung befördert werden dürfe.²³⁹
235 Vgl. Konferenz der IV evangelischen Städte, Aarau, 15. März 1639, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1124; Rehlingen habe aber nicht die Erlaubnis gehabt, sich in Basel niederzulassen; die evangelischen Orte wollten sich daher an Generalmajor von Erlach wenden; vgl. Konferenz der evangelischen Orte während der gemeineidgenössischen Tagsatzung in Baden, 1639, im März, ebd., S. 1130. 236 Vgl. Marx Conrad v Rehlingen an Hans Ludwig v. Erlach, Basel, 12. Januar 1639, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 234 f., hier S. 234; vgl. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, im Feldlager vor Rheinfelden, 7. Februar 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 12 f. 237 Konferenz von Zürich, Bern, Luzern, Freiburg und Solothurn, Solothurn, 16. März 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1072; der Landvogt fragte bei katholischen Orten nach Handlungsempfehlungen nach: (Eidgenössische Abschiede), 5. Bd., 1. Abt.: II.: Herrschafts- und Schirmortsangelegenheiten, Beilagen, Anhang und Register, Basel 1877, Abschied 850a (1638); vgl. Konferenz der IV evangelischen Städte, Aare, 23. – 24. März 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1073 – 1075, hier S. 1074: In Klingnau an der Aare sei ein Schiff mit Getreide für den Herzog angehalten worden. 238 Konferenz von Zürich, Bern, Luzern, Freiburg und Solothurn, Solothurn, 16. März 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1072; Konferenz der IV evangelischen Städte, Aare, 23./ 24. März 1638, ebd., S. 1074. 239 Gemeineidgenössische Tagsatzung der XIII Orte, Baden, 11.–17. April 1638, in: Vogel/Fechter, Abschiede (Bd. 5, Abt. 2), S. 1077; vgl. auch Konferenz der IV evangelischen Städte, Aare, 23./24. März 1638, ebd., S. 1074 f.
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Während die eidgenössischen Orte um den Ausgleich im Gefüge der Kriegsbeteiligten bemüht waren, erwartete der Herzog mehr von ihnen: Aus seiner Sicht und der seiner Umgebung pflegten die Eidgenossenschaft eine ärgerliche Neigung zum Frieden. Rehlingen klagte 1637, die Berner täten alles, „damit Sie in stiller rueh sitzen bleiben mochten, dan sie fliehen alles Kriegs wesen ärger als den todt“.²⁴⁰ Grotius nannte die Schweizer zu uneinig und träge, als dass Bernhard etwas von ihnen erwarten könne.²⁴¹ Ludwig XIII. versprach Bernhard, über seinen Botschafter Einfluss auf die „kleinen Kantone“ und ihre Verbündeten zu nehmen, um sie von der „mauvaise volonté“ gegenüber Bernhard und seinen Truppen abzubringen.²⁴² Auch nach der Kapitulation Breisachs verhielten sich die protestantischen Kantone überwiegend zurückhaltend. Die Entwicklung der Machtverhältnisse war unsicher und ein möglicherweise von Frankreich abhängiger Herrscher in Breisach für die Schweiz nur bedingt attraktiv.²⁴³
Lyon – die französischen Gelder und die Kaufleute-Diplomaten Bernhard benötigte beständig größere Bargeldsummen für Einkäufe, insbesondere für den Erwerb von Lebensmitteln,²⁴⁴ vielerorts waren Geschäfte nicht anders abzuwickeln. Als er im Herbst 1637 während seines Aufenthalts in Delsberg 50.000 Ecu von Lyon nach Solothurn übersenden lassen wollte, scheiterte dies an einem für solche Summen geeigneten Bankhaus in Solothurn. Das Geld sollte daher „bar auf Mauleseln, begleitet von vier bis fünf zuverlässigen Männern“ überbracht werden.²⁴⁵ Auch als Geld von Lyon nach Basel kommen sollte, musste neben Wechseln „auch die baarsendung vorgenomen werden“.²⁴⁶ In bestimmten Fällen sollte der
240 Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, o. D. [nach d. 16. Jan. 1637], in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 202 f., hier S. 203. 241 Vgl. Hugo Grotius an Georg Müller, o.O., 8. Dezember 1637 (n. S.), in: Nellen/Ridderikhoff, Briefwisseling, Tl. 17, S. 441 f., hier S. 441; später urteilte er, sie seien „arme menschen, verdeelt door religie ende factin“: Ders. an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 28. Januar 1640, in: Meulenbroek/ Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 52 ff., hier S. 53. 242 Vgl. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 9. Dezember 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 267r. – 268v., hier Bl. 268r. 243 Vgl. Henry Lehlin an Ludwig Camerarius, o.O., 8. Januar 1639, in: Documenta Bohemica, Tl. 6, S. 277 f. 244 Vgl. auch Kapser: Kriegsorganisation, S. 184. 245 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, 22. Oktober 1637, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 215. 246 Vgl. Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Basel, 22. April 1638, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 222.
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Transport von Bargeld jedoch aus Sicherheitsgründen vermieden werden. Der Bernhard‘sche Einkäufer hatte das Geld „guth sprechen“ zu lassen.²⁴⁷ Die französischen Subsidien für Bernhard wurden in der Regel zunächst bargeldlos über Bankhäuser transferiert. Diese Geschäfte liefen wesentlich über Lyon, den Börsen- und Messeplatz mit seinen zahlreichen Banken und Handelshäusern,²⁴⁸ teils über andere französische Handelsplätze. Gegenüber Sublet de Noyers klagte Bernhard auch, dass ihm seine Bevollmächtigten die Gelder nicht direkt aus Paris überbringen dürften.²⁴⁹ Der Transfer von Paris nach Lyon lag wesentlich in den Händen des Niederländers Jan Hoeufft.²⁵⁰ Er war noch 1639 mit den Finanzen Bernhards betraut, auch privaten,²⁵¹ bei dessen Tod befand sich sein Vermögen auch zu Teilen bei Hoeufft. Vor allem aus Gründen der Risikoabsicherung waren Bernhards Geldern gestreut deponiert und angelegt worden. Hoeufft engagierte sich seit Anfang des Jahrhunderts vor allem im Atlantikhandel und vertrieb Getreide, Metalle und Waffen, nicht zuletzt arbeitete er mit der Vereinigten Ostindischen Kompanie zusammen.²⁵² Als Bankier verfügte er über diverse Kontakte in Paris,²⁵³ er war mit führenden Kreisen der niederländischen Republik verbunden und Teil eines Finanznetzwerks zwischen Frankreich und deutschen Protestanten bzw. deren Agenten. Gerade zwischen Lyon und Kaufleuten aus dem Reich gab es enge Kontakte, so über Augsburger Kaufleute.²⁵⁴ Seit den 1620er Jahren war Hoeufft für den französischen König tätig und wurde zunehmend wichtig für die französische Armeefinanzierung und -ausstattung. Schließlich oblagen ihm die Subsidienzahlungen an verschiedene protestantische Mächte, an Hessen-Kassel, Württemberg und die Pfalz, zudem war er mit einer Reihe französisch-schwedischer Geldangelegenheiten betraut.²⁵⁵ Hugo Grotius und Charles
247 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Vorstadt von Freiburg, 29. März 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 18 f.; der Beauftragte Wölcker sollte selbst in Vorkasse gehen (über Banken) und werde das Geld alsbald erstattet bekommen. 248 Vgl. auch zu den Handelshäusern: Häberlein: Handelshäuser. 249 Vgl. Bernhard v. Weimar an de Noyers, Au camps de Lemont, 4. Dezember 1637, Paris BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 39r-40v. 250 Zu ihm vgl. Thomson: Jean Hoeufft; Redlich: Enterpriser, Bd. 1, S. 251 f.; Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 365 f. 251 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 11. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 344, Bl. 46r. – 46v. 252 Vgl. Morera: Change, allerdings mit verschiedenen Unstimmigkeiten im Hinblick auf Bernhard v. Weimar. U. a. war Hoeuffts Neffe Johan Hoeufft jun. einer der Direktoren der VOC. 253 U. a. zu Père Joseph, bsp. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 188r. – 190r. 254 Vgl. auch zu ihren Niederlassungen in Lyon: Schwanke: Briefe, S. 260 f.; Häberlein: Brüder. 255 Vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 555, 567.
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Marin bezogen über ihn die schwedischen Gelder.²⁵⁶ In Bernhards Auftrag leistete Hoeufft auch direkte Zahlungen wie Pensionszahlungen.²⁵⁷ Hoeufft unterhielt enge Kontakte zum Pariser Hof, gerade zu Claude de Bullion.²⁵⁸ Er war auch Berichterstatter und Informationsvermittler; in Paris suchten ihn Bernhards Mitarbeiter auf.²⁵⁹ Erlach ließ sich von ihm im Hinblick auf seinen Umgang mit dem Hof bzw. die mögliche dortige Durchsetzung weimarischer Interessen beraten,²⁶⁰ und 1639 wurde Hoeufft auch diplomatisch für Bernhard am Hof tätig. Allerdings hegte die weimarische Seite Hoeufft gegenüber immer wieder Misstrauen. Es stand der Verdacht im Raum, er verzögere absichtlich den Transfer französischer Subsidien nach Lyon.²⁶¹ Hoeufft versicherte Bernhard wiederholt, sich für ihn einzusetzen, und versuchte ihn im Hinblick auf die französische Zahlungsbereitschaft zu beruhigen,²⁶² verwies ihn aber auch auf Vertreter der Krone wie Sublet de Noyers, Père Joseph²⁶³ oder französische Abgesandte, die zu ihm gesandt würden.²⁶⁴
256 Zu Marin vgl. bsp. Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 25. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 484 f., hier S. 485; Ders. an Dens., Zürich, 28. Juli 1639, in: ebd., S. 487 f.; zu Grotius vgl. Ders. an Axel Oxenstierna, Paris 19./29. Januar 1639, in: ebd., S. 62 – 65, hier S. 63; für die Zahlungen an Grotius war zudem Petter Spiring Silvercrona zuständig, vgl. Nellen: Hugo Grotius, S. 554 f. 257 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 188r. – 190r., hier Bl. 189r. – 189v. 258 Aus diesem Grunde sei ein Haus Hoeuffts in Rouen beim sog. August-Aufstand 1639 beschädigt worden, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 27. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Teil 10, S. 550 ff. 259 So im September 1637 wie im März 1638. John suchte ihn für Bernhard in Paris auf, vgl. Michael John an Bernhard v. Weimar, o.O., 20./30. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 174r. – 177v., Hoeufft wollte von Paris wieder nach Lyon zurückkehren; auch als Erlach 1638 in Paris war, traf er mit Hoeufft zusammen. 260 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Bernhard v. Weimar, Paris, 6. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 78 – 81. 261 Vgl. Hildebrandt: Quellen, Tl. 2, S. 225. 262 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 13. April 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 234r. – 235v.; ders. an Bernhard v. Weimar, Paris, 20. April 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 246r. – 247r., hier Bl. 246r. 263 Vgl. bsp. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 29. September 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 176r. – 178v., hier Bl. 176r.f.; Ders. an Dens., Paris, 16. März 1638, ebd., Fürstenhaus, A 343, hier Bl. 69r. 264 Vgl. Jan Hoeufft an Bernhard v. Weimar, Paris, 22. März 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 188r. – 190r., hier Bl. 188r. – 189r., schließlich schreibt Hoeufft, einer seiner Freunde werde mit der Armee Longuevilles als „intendant des finances et de la justice“ ziehen, er soll offensichtlich als Kontaktmann fungieren; vgl. auch Ders. an Dens., 28. April 1638, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus,
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Bernhards Gelder wurden in Lyon teils ausgezahlt oder mit Wechseln nach Basel, Zürich und zur Zurzacher Messe weitertransferiert. Er legte grundsätzlich Wert darauf, dass der Kapitaltransfer über „ehrbare Kaufleute“ und „präcise“ erfolgte.²⁶⁵ Die Ankunft der Gelder ist auch bekannt geworden; es sei für die Armee Bernhards „vill Geld zu Basel ankommen“, meldete eine Zeitung.²⁶⁶ Die Abwicklung oblag dem Niederländer Antoine du Lieu, vor allem den aus Augsburg stammenden Gebrüdern Herwart, die mit Hoeufft wie Joachim von Wicquefort in Kontakt standen. Friedrich Betz hatte dem Herzog den jüngeren Herwart empfohlen, dieser habe großes Interesse am Dienst bei ihm und die Herwarts hätten großen Kredit in Lyon und in Savoyen.²⁶⁷ Darüber hinaus vermittelten die Herwarts Bernhard Kontakte zu weiteren Bankiers in Frankreich, insbesondere in Paris und Lyon,²⁶⁸ und beschafften und lieferten Waren.²⁶⁹ Ebenso ließ Bernhard über Antoine du Lieu Waffen direkt in Lyon kaufen.²⁷⁰ Zu den für Bernhard tätigen Bank- und Handelshäusern gehörten zudem die Lumaga Maseranico.²⁷¹ Auch in Hamburg, der Stadt, die in starkem Umfang vom Krieg, dem internationalen Finanzmarkt und den französischen Subsidiengeldern profitierte,²⁷² kamen Gelder für Bernhard zu Auszahlung. Diese Geschäfte wickelte Vultejus ab.²⁷³ Es waren mithin verschiedene Finanziers und Unternehmer in unterschiedlichen, sich überlappenden Tätigkeitsbereichen für Bernhard tätig. Gerade die merchant bankers spielten mit ihrer Kopplung der Rollen von Bankiers, Finanz-
A 343, Bl. 256r. – 258v., hier Bl. 256v.; vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Freiburg i. Br., 14./24. Juli 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 81 ff., hier S. 83. 265 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Pontarlier, 22. März 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 149. 266 Vgl. Wochentliche Post-Ordinari-Zeitung, Nr. 27 (1639), o.O.: Meldung „Straßburg, den 17. Dito [Juni 1639], o. S. 267 Vgl. Friedrich Betz an Bernhard v. Weimar, Lyon, 21. November 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 247r. – 247v., hier Bl. 247r. 268 Vgl. Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 262; Herwarth von Bittenfeld: Brüder, v. a. S. 183 – 188; Depping: Banquier; Dulong: Mazarin, S. 263 – 335. 269 Vgl. auch zu angestrebten Brotlieferungen: Herwart an Bernhard v. Weimar, Pontarlier, 2. April 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 192r. – 194r.; Herwart und Hoeufft sollten in den 1640er Jahren zusammenarbeiten, vgl. Morera: Change, S. 83. 270 Vgl. Mr. [Antoine] du Lieu an Bernhard v. Weimar, Lyon, 15. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 53r. – 53v. 271 Vgl. Bernhard v. Weimar an Messieurs Lumayne und Maserany, 11./21. Februar 1638 (Kopie), LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 112r. – 112v.; Marx Conrad v. Rehlingen an Bernhard v. Weimar, Bern, [n. 16. Jan. 1637], in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 202 f., hier S. 203; zu den Lumaga vgl. Peters: Handel, S. 130 – 209; auch Bourgeon: Colbert, S. 111 – 119. 272 Vgl. Knauer/Tode/Wiecker: Krieg. 273 Vgl. Kellenbenz: Sephardim, S. 265 f.
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agenten, Kaufleuten und Diplomaten im Krieg eine zentrale Rolle und beförderten die weitere wirtschaftliche Internationalisierung. Zu ihnen kann auch Joachim von Wiquefort gerechnet werden. Er war nicht allein als Nachrichtenagent und in diplomatischen Missionen für Bernhard tätig.Vielmehr brachte er dem Herzog auch seine guten Verbindungen in die Wirtschaft und Politik der niederländischen Republik, die zugleich ein Zentrum des Waffenhandels war. Er organisierte den Transfer der französischen Subsidien mit und wickelte Handelsgeschäfte ab.²⁷⁴ Für Bernhard waren die Finanzierung und Versorgung seiner Armee und die Verwaltung seiner Privatgelder ohne die merchant bankers nicht möglich. Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Handelspartnern sollte ihn von einzelnen unabhängiger machen.²⁷⁵ Wie Wallenstein baute er gleichwohl auf erwarteten Subsidienzahlungen auf. Die merchant bankers gaben auch (teure) Kredite und profitierten dabei vielfach von der Vorkriegs- und Kriegskonjunktur. Eine Reihe von Firmen erlitt gleichwohl auch große Einbußen, bis hin zum Ruin, da ihre fürstlichen und oder militärischen Auftraggeber nicht zahlten.
Risiko- und Beutegemeinschaften? Der Kriegsunternehmer Bernhard von Weimar und die Armeeführung hatten bei den beinahe allgegenwärtigen Versorgungsschwierigkeiten kaum (sich ausbildende) staatliche Strukturen im Hintergrund, auf die sie zurückgreifen konnten, wenngleich sie von Frankreich und Schweden gestützt wurden und versuchten, sich das schweizerische politische System zunutze zu machen. Der Herzog selbst war im Grunde ein Akteur ausserhalb staatlicher Strukturen.²⁷⁶ Gleichwohl wird bei der Heeresversorgung und den sie tragenden Akteuren der fließende Übergang zwischen „privaten“ und „staatlichen“ Einflusssphären erkenntlich. Dabei war das engere „Arbeitsumfeld“ Bernhards, der Hofstaat, die Offiziere und Militärunternehmer, gewinnorientiert, wobei gerade Letztere auch viel investierten und Risiken eingingen. Mit ihren Beziehungen zu Kaufleuten und
274 Vgl. bsp. Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 14. Juli 1637, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 113r. – 115v.; Ders. an Dens., Amsterdam, 15. September 1637, ebd., Bl. 167r. – 175v.; Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 262; zu Wicquefort vgl. Burger: Res; Art. Wicquefort, Abraham and Joachim; Tongerloo: Beziehungen; Wicquefort war auch für Hessen-Kassel tätig. 275 Vgl. Redlich: Enterpriser, S. 104. 276 Und insofern entfernt vom Fiscal-Military State mit seinen besonders hohen Militärausgaben, der sich nach dem Dreißigjährigen Krieg mit der Entwicklung stehender Heere entwickeln sollte: Godsey/Maťa: Habsburg Monarchy; Godsey: Sinews; dieser Fiscal-Military State blieb auch vorrangig auf die Großmächte beschränkt: Scott: Fiscal-Military State.
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Bankiers, zu der mit ihnen verbundenen politisch-diplomatischen Sphäre und zu hochrangigen Militärs von Bündnispartnern organisierten diese Mitarbeiter den Krieg. Manche Verbindungen zwischen ihnen bestanden noch nach dem Tod des Herzogs 1639 fort, so zwischen Erlach und von der Grün,²⁷⁷ Erlach und Rehlingen wie dessen Familie²⁷⁸ oder Rehlingen und Grotius.²⁷⁹ Sie erwiesen sich als karriereförderlich. Ihre Netzwerke und die politisch-militärische Machtausübung brachten Zugänge zu den Märkten und ermöglichten die Mobilisierung vorhandener Ressourcen.²⁸⁰ Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Händlern in den Kantonen der Eidgenossenschaft entstand aus der Notwendigkeit heraus, weil die Versorgung aus anderen benachbarten Gebieten schwierig geworden war. Zugleich bot sie sich aber aufgrund der geographischen Nähe an, wegen der Flusswege war sie praktikabel. Die Schweiz eignete sich zudem wegen der Anbindung an größere Handelsund Finanzzentren wie Lyon als Drehscheibe für den Kriegsmaterialhandel. Die eidgenössischen Handelsschranken ließen sich umgehen. Indirekt bewirkten diese vielfältigen Handelsbeziehungen eine Risikostreuung. Eine Verstetigung der Handelsbeziehungen und der logistischen Abläufe erreichte die Weimarische Armee nicht. Der von der Heeresleitung organisierte Nachschub hatte jedoch einen wesentlich stärkeren Planungscharakter als die „informelle Kriegsökonomie“.²⁸¹ Auch die Weimarische Armee nutzte aber erbeutete Vorräte oder den Nachschub eines Gegners für sich.²⁸² Ebenso gab es offiziell gedeckte Überfälle auf Händler und deren Waren. So rühmte das Armeejournal die weimarischen Soldaten dafür, dass sie zahlreiche „neue Pistolen“ bei einer Plünderung von „Kaufmanns=Waaren so nacher Rheinfelden auf die Messe und nach Breisach gehen wollen“ erbeuteten.²⁸³ Für ihre Kriegsführung griff die Weimarische Armee in erster Linie auf vorhandene Infrastrukturen zurück. Die Nutzung von Flüssen, Anlegestellen und Häfen, vorhandenen Schiffen und Wagen, von Befestigungen, Wegen und der Märkte
277 Vgl. u. a. Schnitzler: Geschlecht. 278 Vgl. BBB, Mss.h.h.XXVII. 53; ebd. Mss.h.h. XXVII.3 (Korrespondenz Erlach-Rehlinger); auch Alexander Ziegler hatte noch später Kontakte zu Erlach. 279 Rehlingen suchte seine Verbindung zu Grotius für einen seiner Söhne zu nutzen. 280 Meumann/Meinhardt: Kriegsunternehmer, S. 40. 281 Tanner/Groebner/Guex: Einleitung, S. 13. 282 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an Hugo Grotius, Mittenweyer [Wittenweiher], 11. August 1638, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 522: Er habe „alle Proviandt unnd Proviandtwagen“ der Armee von Savelli und Götz erbeutet; vgl. Redlich: Praeda. 283 Vgl. Leupold: Journal, S. 297; Freinsheim: Tugendspiegel, 1639, o. S., betonte stolz, Bernhard habe bei der Breisacher Belagerung den Kaufleuten in Wittenweier benötigte Lebensmittel per Gewalt abgenommen, was ein „rechte[r] Preiß“ gewesen sei; zur Beteiligung von Offizieren: Kaiser: Söldner, S. 74 – 76; vgl. auch den von Ernstberger: Plünderung, dargestellten Fall.
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war zugleich eine Machtfrage.²⁸⁴ Hinzu kamen der Ausbau von Infrastrukturen oder die Verstärkung von Festungen wie Breisach, Joux oder des Hohentwiels, die Verwendung transportabler Brücken und die Anlage von Magazinen. Als „logistical work with ‚strategic‘ purposes“ dienten sie „military ends quite explicitly“.²⁸⁵ Auf die logistische Überlastung der Armee bei der Heeresversorgung, die nach dem Dreißigjährigen Krieg ein allgemeines Problem bleiben sollte,²⁸⁶ versuchte die Weimarische Armee mit immer neuen Anpassungsleistungen zu reagieren. Während Wallensteins System eine deutliche Einschränkung der Mobilität des Heeres mit sich brachte, ²⁸⁷ schränkte Bernhard seinen militärischen Radius nicht auf der Grundlage einer festen logistischen Struktur ein. Die enge Verknüpfung von Militärversorgung und Politik wird gerade im Fall des Herzogs von Weimar sichtbar, der außerhalb eines eigenen Territoriums Krieg führte. Auf Seiten der Eidgenossenschaft zeigen sich Opportunitäten und Zwänge wie Gewinnerwartungen. Letztlich dominierte der Pragmatismus. Die Profiteure waren insbesondere hochrangige Mitglieder der Militärführung wie der Herzog selbst oder von Erlach und Händler wie Ziegler.
284 Engels/Schenk: Infrastrukturen. 285 Vgl. zu Colbert: Mukerji: Engineering, S. 214. 286 Vgl. auch Mortimer: War Contract, S. 116; wenngleich sich das mit logistischen Fragen einhergehende ökonomische Kalkül verstärkte, zu Vaubans Überlegungen zur Versorgung befestigter Plätze: Virol: Vauban, S. 167. 287 Vgl. Carl: Logistik, S. 38, 42; van Creveld: Supplying War, S. 10; vgl. zur französischen Armee in der zweiten Jahrhunderthälfte: Lynn: Giant.
12 Der Juli 1639. Erben und Konkurrenten Anfang Juli 1639 erkrankte der Herzog schwer. Schon im Vorjahr war er wiederholt gesundheitlich stark angegriffen gewesen, vor allem im Februar und Ende 1638,¹ fast dauerhaft dann im Frühjahr 1639. Als seine „gewöhnliche Krankheit“ galt die „Colica“.² Seine zahlreichen Aufgaben führten wiederholt zu Überlastungssituationen, in denen er „wieder überhäuft“ war.³ Anfang 1639 schrieb er, er könne nicht „die Officiere alle von der Armee lassen (…) und ich mich allein todt arbeiten“.⁴ Wie er so erklärte auch Richelieu die Erkrankungen mit Bernhards Lebensumständen und seinem Aufgabenpensum, mit Erschöpfungen durch die Feldzüge der vergangenen Kampagne.⁵ Im Juli erkrankte Bernhard erneut und schwer; am 18. verschlechterte sich sein Zustand derart, dass er geistlichen Beistand suchte und ein Testament aufsetzte.⁶ Darin traf er Verfügungen über die von ihm eroberten Gebiete, den Oberbefehl über seine Armee, Zahlungen aus seinem Vermögen an die Armee und sein bewegliches Eigentum.⁷ Ihm war bewusst, dass viele Bestimmungen des Testaments ungenau waren, aber auch, dass er mehr nicht mehr leisten konnte.⁸ Er verstarb noch am gleichen Tag. In vielerlei Hinsicht waren die Situation der Armee und die Zukunft der Eroberungen und Besitzungen Bernhards nun offen. Es war unklar, wem die Armee gehörte, wer sie führen und wozu bzw. gegen wen sie eingesetzt werden sollte, wie 1 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 25. September 1635, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 9, S. 593 f., hier S. 593; Röse: Herzog, Bd. 2, Dok. 48, ebd., S. 302. 2 Thaetrum Europaeum, Bd. 4, S. 10; vgl. Genesungswünsche: De Noyers an Bernhard v. Weimar, Rueil, 25. März 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 121r. und Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670), Bl. 54r.; Ludwig XIII. (Sublet) an Bernhard v. Weimar, 26. März 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 124r. – 124v., hier Bl. 124r.; Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, Saint Germain en Laye, 29. April 1639 (Abschrift), Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3767, Bl. 129r. – 129v., hier Bl. 129v.; Ernst Landgraf zu Hessen-Kassel an Bernhard v. Weimar, Genf, 17. Mai 1639, FB Gotha, Chart. A 721, Bl. 294r. 3 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, Mortau, 9. Januar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 135 f., hier S. 136. 4 Bernhard v. Weimar an Hans Ludwig v. Erlach, [vermutlich Pontarlier] [kurz nach dem 14. Jan. 1639], in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 133 ff., hier S. 135. 5 Richelieu an Bernhard v. Weimar, Rueil, 26. Mars 1639, in: Avenel, Lettres, Bd. 6, S. 304 f., hier S. 305. 6 Vgl. Relatio Clausurae Testamenti von Hans Ulrich Rehlinger v. Leder, Breisach, 25. September 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 557 ff., hier S. 558; Traduction de l’allemand du testamant du duc Bernard di Weymar du 8. juillet 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 2881, Bl. 13r. – 14r. 7 Vgl. Testamentum Illustriss. Prinicpis ac Dn. Dn Bernhardii Ducis Sax. … Generaliss. vom 18. Juli 1639, in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 554 – 556; beglaubigte Abschrift: LATh-StA Gotha, GA E VI 5, Nr. 6, Bl. 140r. – 142r.: Publicatio Testamenti, so geschehen den 27. September 1639 in Breisach. 8 Relatio Clausurae Testamenti, S. 558; Rehlinger setzte den Text nach dem Diktat des Herzogs auf. https://doi.org/10.1515/9783110701913-013
Erben und Konkurrenten
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die von ihm kontrollierten Gebiete gehalten werden könnten, wo sie politisch zugehörig sein würden und wer über sein Vermögen verfügen durfte und konnte. Die Nachricht vom Tod Bernhards verbreitete sich rasch.⁹ Sie führten zu unterschiedlichsten Reaktionen. Grotius dachte bereits an eine mögliche literarische Verarbeitung: Deutschland habe nur einen Fürsten gehabt, der dieses Namens wert gewesen sei,¹⁰ nun biete „der Tod des Weimarers, des größten unter den Heerführern, den deutschen, französischen und niederländischen Dichtern, Rednern und Historikern einen traurigen und großen Stoff“.¹¹ Für den Andechser Abt Maurus Friesenegger ging mit Bernhard „eine wahre Geißel Gottes“;¹² auf der kaiserlichen Seite war ein Aufatmen zu erwarten. Der französische König erklärte den Brüdern Bernhards, er trauere „nicht weniger, als Sie selbst“, der sächsische Kurfürst verband sein Kondolenzschreiben mit der impliziten Rüge, der Herzog habe die Belange des Vaterlandes nicht geachtet.¹³ Es setzte ein Ringen um sein politisches, militärisches wie finanziell-materielles Erbe ein; aktiv wurden die Familie des Herzogs, Armeeangehörige, Frankreich, Österreich, Spanien, Schweden, die Pfälzer, teils auch Hessen-Kassel. Die Entscheidungen fielen weitgehend in den Folgemonaten, teilweise zogen sich die Auseinandersetzungen bis in die Diskussionen über den Westfälischen Friedensschluss und bis zum Ende des 17. Jahrhunderts.¹⁴ Akteure und Beobachter hielten andere Entwicklungsmöglichkeiten als die schließlich eingetretenen durchaus für wahrscheinlich und diskutierten das Für
9 Vgl. Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Johann Georg v. Sachsen, Weimar, 1. August 1639, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 04394/11, Bl. 1r.; Königin Christina an den Herrn General Maiour von Erlach et mutatis mutandis an die übrigen Herrn Directores, 16. August 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 572, Bl. 229r. – 230v.; Verweis auf ein Kondolenzschreiben der schwedischen Krone: Beschreibung des Ablebens und der Beisetzung der Leiche Herzog Bernhard 1655, ebd., Fürstenhaus A 584, Bl. 1r. – 34r., hier Bl. 6v. – 7r. 10 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, 30. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 496. 11 Hugo Grotius an Martin Opitz, Paris, 22. August/1. September 1639, in: Opitz, Briefwechsel, Bd. 3, S. 1603 – 1607, hier S. 1607; vgl. auch [Anonym:] Sonnets sur la mort du Duc, o.O., o. D., LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Bl. 415r. – 415v. 12 Friesenegger: Tagebuch, S. 112. 13 Ludwig XIII. an die Herzöge Wilhelm, Albrecht und Ernst v. Sachsen-Weimar, 29. Juli 1639, LAThStA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 134r. – 134 f. (Kopie u. dt. Übersetzung); Johann Georg v. Sachsen an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Dresden, 13. August 1639, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 04394/11, Bl. 3r. – 3v., hier Bl. 3r. 14 Vgl. Acta des gesambten Fürstl. Hauses Sachs. Ernestinischer Linie Praetension an die Cron Frankreich, wegen der Hertz. Bernhard geschenen [sic] Donation über Elsaß betr. De Anno, 1664 bis 1699, LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r.
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12 Der Juli 1639. Erben und Konkurrenten
und Wider verschiedener Varianten. An zahlreichen Punkten könnte hier eine kontrafaktische Erzählung ansetzen. Implizit wird sie in der Geschichtsschreibung schließlich nicht selten herangezogen, um Personen wie Entwicklungen besser einschätzen und beurteilen zu können. Tatsächlich treten die Zukunftserwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen der historischen Akteure durch den Vergleich deutlicher zu Tage, der Ansatz betont ihre Entscheidungsfreiheit und Handlungsoptionen. Zugleich wird die Bedeutung des Zufalls kenntlicher.¹⁵ Wenn auch sie nur von der Gegenwart her gedacht werden kann: Indem die kontrafaktische Geschichte, die Frage nach dem „was wäre, wenn“, denkbare Alternativen aufzeigt, ermöglicht sie es besser, den „Einfluß einzelner Faktoren auf den Verlauf der Geschichte“ auszumachen.¹⁶ Ihre Divergenzpunkte, von denen an ein anderer Geschichtsverlauf vorgestellt wird, macht sie bevorzugt an militärischen oder politischen Ereignissen fest. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die weimarische Armee nicht auf die kaiserliche Seite hätte wechseln können. Dies hätte einen anderen Kriegsverlauf, möglicherweise einen anderen Frieden bringen können und damit eine andere Struktur des Reiches, einen anderen deutsch-französischen Grenzverlauf. Auch wenn sich der Erfolg Frankreichs rückblickend als zwingend darstellt: Für die Zeitgenossen war die Situation offen(er). So war man in der Weimarer Umgebung skeptisch, was die eigenen Chancen betraf, die Pfälzer aber rechneten sich Erfolge aus, auch wenn Beobachtern dies nicht als wahrscheinlich erschien. Auch jenseits einer solchen Geschichte nicht realisierter Möglichkeiten zeigt sich in den Auseinandersetzungen um das Bernhard‘sche Erbe, dass der Herzog eine zentrale Position auf der Reichs- und internationalen Ebene besetzte. Die Verfügung über die Armee ermöglichte die über das Territorium. Vorrangig handelte es sich um einen politischen Konflikt: Für die Militärs der Weimarischen Armee ging es um Loyalitäten, Nutzerwägungen und Praktikabilitäten; Bernhards politisches Konzept aber stand insgesamt in Frage. Gleichzeitig fand hier eine Auseinandersetzung zwischen den Großmächten statt. Für die Ernestiner schien eine kurze Zeit die Option einer umfangreichen Gebiets- und Machterweiterung offenzustehen und mithin auf eine andere Position im Reichsgefüge. Dass dies schließlich missglückte, sollte ihre Fokussierung auf kulturelle, nicht (macht‐)politische Ambitionen zumindest mittelfristig stärken. Schließlich bahnten sich mit den Auseinandersetzungen über die „Bernhard‘schen“ Gebiete Problemlagen an, die lange Zeit das deutsch-französische Verhältnis beeinflussen sollten.
15 Vgl. Neitzel: Was wäre; Martin: Past Futures; Ferguson: Krieg, S. 393 – 399; Demandt: Es hätte; Evans: Vergangenheiten; Demandt: Geschichtsschreibung. 16 Neitzel: Was wäre, S. 321.
Die Armee als Erbe
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Gefragt werden soll also, was aus dem Bernhard‘schen Erbe wurde und welche anderen Entwicklungsmöglichen in dieser offenen Situation bestanden. Dies lässt die Handlungsspielräume der beteiligten Akteure, ihre Möglichkeiten und Grenzen zu Tage treten. Stärker als bisher ist zu berücksichtigen, dass diese Auseinandersetzung wesentlich auch ein Thema der „zweiten“ und „dritten“ Reihe war: Die Offiziere wurden als handlungsleitender und politischer Faktor von den politischen Akteuren als Art „pressure group“ in ihr Kalkül einbezogen; den politischen Beratern kam, bedingt auch durch ihre Beziehungsgeflechte, ein nicht zu unterschätzender Einfluss zu. Es lassen sich verschiedene Elemente des Erbes unterscheiden: die Armee, die Territorien, der finanzielle und materielle Besitz. Insbesondere den beiden ersteren als den basalen und den mit ihnen verbundenen Konflikten und Optionen wird im Folgenden nachgegangen. Wenngleich sie ineinander spielen, teilweise sogar engstens miteinander verbunden sind, legen doch Unterschiede in den Interessen der beteiligten Akteure wie deren Möglichkeiten, das jeweilige Erbe zu erreichen, diese Vorgehensweise nahe.
Die Armee als Erbe Der Oberbefehl über die Armee lag nun bei Generalmajor Hans Ludwig von Erlach, Obrist Johann Bernhard von Ehm, Graf Wilhelm Otto zu Nassau und Obrist Reinhold von Rosen. Sie mussten die Armee zusammenhalten, gegen Angriffe von außen schützen, ihre Finanzierung sichern und sich darüber verständigen, welcher Seite sie dienen sollte. Im Heer machte sich schnell Unruhe breit. Die Schreiben des Adjutanten Diederik de Groot an seinen Vater machen die angespannte Situation greifbar, eine Atmosphäre allgemeiner Unsicherheit und des Zerfalls der Ordnung. De Groot befürchtete zunächst sogar die Auflösung der Armee. Seit Anfang des Jahres war dem Herzog die Kontrolle über die Truppen, möglicherweise mitbedingt durch seine Erkrankungen, offenbar zunehmend entglitten.¹⁷ De Groot klagte über eine zunehmende Disziplinlosigkeit, wer nicht zu stehlen wisse, gelte als dumm, sogar die herzoglichen Pferde würden entwendet, demnächst drohten vielleicht Morde.¹⁸ Tatsächlich machten sich Truppenteile selbstständig, durch die Region ziehend stellten sie eine allgemeine Gefährdung dar. Zum inneren Kontrollverlust kam die Sorge vor einem äußeren: Es war davon auszugehen, dass der Feind die 17 Vgl. auch Gewalttaten und Übergriffen auf die Bevölkerung in Burgund. 18 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 9./19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 f., hier S. 469; Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, 6. August 1639, in: ebd., S. 507 f., hier S. 507; Diederik de Groot an Hugo Grotius, Basel, 26. Juli 1639, in: ebd., S. 485 f.
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Situation nutzen würde.¹⁹ Kaiserliche Truppen hatten schon Anfang des Monats den Hohentwiel umschlossen. Bernhard hatte darauf setzen können, sie wieder zurückzudrängen, jetzt waren sie zu einer unmittelbaren Bedrohung geworden.²⁰ De Groot fühlte sich nicht mehr sicher, und er hatte keinen Tätigkeitsbereich mehr.²¹ Er wollte daher die Armee verlassen und dem Beispiel zahlreicher „Gentilhommes“ und Diener des Herzogs folgen, von denen viele nach Frankreich gingen. Es war absehbar, dass der Hofstaat gänzlich aufgelöst werden würde, sobald der Leichnam des Herzogs nach Breisach bzw. mit Hilfe eines kaiserlichen Passes in die ernestinischen Gebiete gebracht worden sein würde.²² De Groot nutzte die Zeit zur beruflichen Neuorientierung.²³ Er wollte aber die Armee nicht ohne einen finanziellen Ausgleich bzw. einen Anteil aus dem Erbe des Herzogs verlassen. Die Offiziere erwarteten, für ihren Einsatz jetzt mit Land und Gütern entschädigt zu werden. Sollten diese Belohnungen ausbleiben, drohten Unruhen.²⁴ Die Finanzen des Herzogs sollten sich aber als „Labyrinth“ erweisen.²⁵ Ein zentrales Problem aus Sicht aller Akteure und Beobachter war das Fehlen eines Heerführers, der an die Stelle des Herzogs treten konnte. Für de Groot war Georg Christoph von Taupadel ein geeigneter Mann; er befand sich jedoch seit der Schlacht von Wittenweier in Gefangenschaft. Die Vierergruppe der Direktoren konkurrierte um Kompetenzen und war sich uneins über den zu verfolgenden Kurs.²⁶ Es kursierten Berichte über Eifersucht zwischen Erlach und Rosen, der als
19 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 f., hier S. 469. 20 Vgl. auch: Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 6. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 500 – 503, hier S. 500. 21 Für die Wartezeit wünschte er sich zumindest etwas Gutes zu lesen: Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 22. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 473 f. 22 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 f., hier S. 469 f.; Ders. an Dens., Neuburg, 22. Juli 1639, in: ebd., S. 473 f. 23 Unter den verschiedenen Optionen – ein Militärdienst unter Banér, in den Niederlanden für Hessen-Kassel oder in der französischen Armee unter Longueville – sollte er sich für Letzteres entscheiden. 24 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Breisach, 31. Juli 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, S. 203 – 208, hier S. 205. 25 Marx Conrad v. Rehlingen an Hans Ludwig von Erlach, Basel, 8. Dezember 1636, in: Hildebrandt, Quellen, Tl. 2, S. 244 f., hier S. 245. 26 Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 f., hier S. 469; zum Gerücht, Bernhard v. Weimar habe gewollt, dass Wilhelm Otto v. Nassau die Armee übernehme, vgl. Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 6. August 1639, in: ebd., S. 505 ff., hier S. 505.
Mögliche Nachfolger
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sehr ehrgeizig und schwierig galt;²⁷ angebliche Affären von Offizieren mit katholischen Frauen wurden als möglicher Ansatzpunkt für den Feind gewertet.²⁸ Die Konkurrenzsituation führte dazu, dass zunächst keine militärischen Aktionen stattfanden.²⁹ Der erkrankte Guébriant wartete auf Anweisungen aus Frankreich.³⁰ Das Anforderungsprofil für den neuen Heerführer fiel unterschiedlich aus. Konsens bestand unter den Militärs wie den politischen Führungen jedoch darüber, dass er Autorität bei den Soldaten haben müsse: Er benötige „la concorde de toute l’armée“.³¹ Es war nicht selbstverständlich, dass die Armee ohne weiteres einem anderen Dienstherrn folgen würde.³²
Mögliche Nachfolger Frankreich, der Kaiser, Schweden, die Pfälzer und Hessen-Kassel³³ präsentierten sich als Nachfolger des Herzogs,³⁴ jeder von ihnen wollte die Armee für eigene Ziele nutzen und über die von Bernhard eroberten Plätze und Gebiete verfügen.
27 Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 22. Juli 1639, in Meulenbroek, Briefwisseling Tl. 10, S. 473 f. 28 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 25. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 484 f.; vgl. Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 20. August 1639, in: ebd., S. 528 – 530, hier S. 528. 29 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Basel, 26. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 485 f. In der zweiten Julihälfte agierten Teile der Armee aber bereits mit den von Guébriant kommandierten französischen Truppen am Rhein; für den Oktober wurden Pläne zur Verlagerung der Armee entwickelt, vgl. Die Armeedirektoren an Christina von Schweden, Breisach, 18. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 215 – 218, hier S. 218; J. W. Schönbeck an Erlach, Basel, 18. Oktober 1639, in: ebd., S. 201 ff. 30 Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 22. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 473 f. 31 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 28. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 487 f., hier S. 488. 32 So hatte Wien bei Wallensteins Absetzung bzw. Ermordung mit Erhebungen in der Armee gerechnet, vgl. Rebitsch: Wallenstein, S. 220; einige Angehörige seines engeren Umfelds hielten an Wallenstein fest, vgl. Diwald: Wallenstein, S. 535. 33 Zur möglichen Truppenvereinigung Weimars und Hessen-Kassels, die nun in der Schwebe hing: Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 2. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 498 f., hier S. 498. 34 Vgl. eine Formulierung Christinas von Schweden, vgl. The Cambridge Modern History, Bd. 4, S. 381; vgl. auch Hugo Grotius an Martin Opitz, Paris, 22. August/1. September 1639, in: Opitz, Briefwechsel, Bd. 3, S. 1603 – 1607, hier S. 1607 zur Frage, was nach dem Tod Bernhards aus Breisach werde: „Welcher Geier wird nun diesen toten Leib fressen?“ – „Cujus vulturis hoc erit cadaver?“ (S. 1605).
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Karl Ludwig von der Pfalz Nachdem der Tod Bernhards bekannt geworden war, reiste der Kurfürst-Prätendent Karl Ludwig aus Den Haag nach London. Er hatte zuvor geplant, sich doch Bernhard zu unterstellen.³⁵ Nun verlangte er von seinem Onkel Hilfe bei der Übernahme der Armee, um sie zugunsten der Pfalz einsetzen, seine Position im Reich als „deutscher Fürst“, der den Frieden erkämpfe, zu stärken und Breisach zu erhalten sowie auf der Basis des weimarischen Erbes einen Vergleich mit dem Kaiser auszuhandeln.³⁶ Aus der Armee gab es wiederholte Signale, dass man ihn dort gerne sehen würde;³⁷ er müsse nur so viel Geld mitbringen, dass die Armee einsatzfähig unterhalten werden könne.³⁸ Die Pfälzer Pläne wurden in London und im niederländischen Exil diskutiert, mit auswärts eingesetzten Diplomaten, mit Thomas Roe³⁹ wie dem Gesandten der Stuarts in Brüssel.⁴⁰ Roe war überzeugt, dass die Armeeführung die französische Option nicht in Betracht ziehe: Erlach sei „a gallant man, firme in our Religion, and who will never be french“, und die Kommandeure wie die gesamte Armee hätten sich geweigert „to submitt to ffrance [sic]“ und erklärt, nur einen „Prince of Germany“ als General zu akzeptieren. Nie zuvor habe sich für den Thronfolger eine solche Chance geboten.⁴¹ Die Armeedirektoren seien der Krone Schweden verpflichtet, verfolgten nach wie vor die gemeinsamen Ziele und „the vindication of the liberty of their Country“.⁴² Der englische Hof sandte Briefe an die Offiziere,⁴³ dann reisten Georg Hans von Peblis (FG 102) und Andreas von Pawel-Rammingen nach Breisach,⁴⁴ um die Ge-
35 Vgl. Hauck: Karl Ludwig, S. 41. 36 Vgl. Häusser: Geschichte, S. 555; Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 30. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 575 f., hier S. 575; Röse, Herzog, Bd. 2, S. 342. 37 Vgl. Loomie: Ceremonies, S. 263 f., Zitat S. 263; Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, o.O., 13. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 525; Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 14. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 580 ff., hier S. 580. 38 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 23. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 572 ff., hier S. 573. 39 Roe war außerordentlicher Botschafter für die Friedensverhandlungen in Hamburg. 40 Vgl. Balthasar Gerbier an Elisabeth Stuart, Brüssel, 2. August 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 814 f. 41 Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 6./16. August 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 819 ff. (Nr. 471). 42 Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 3./13. September 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 827 f., hier S. 827. 43 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 19. August 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV, S. 565 f., hier S. 566.
Karl Ludwig von der Pfalz
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neräle und Offiziere für Karl Ludwig einzunehmen.⁴⁵ „Chefarchitekt“ dieser Pläne war offenbar Oliver Fleming, Resident des englischen Königs in Zürich, der auch die reformierten Kantone dafür zu gewinnen suchte.⁴⁶ Karl Ludwig erhielt Unterstützungszusagen des britischen Königs.⁴⁷ Die niederländischen Generalstaaten hatten sogar vorgeschlagen, die Gelegenheit zu nutzen, dass sich die spanische Flotte in die Downs, die Plätze der englischen Marine im Kanal, hatte zurückziehen müssen, und Karl Ludwig das Geld der Spanier für die Armee zu geben.⁴⁸ Realistisch war dies offenkundig nicht. Karl Ludwig setzte darauf, dass sein Triumpf die nationale Karte sein würde. Die Londoner Minister „will not consent to Germans fighting under any but their own countrymen“. Davon war er auch noch überzeugt, als Frankreich bereits den Herzog von Longueville als neuen Heerführer bestimmt hatte und die englischen Minister erklärten, es sei lediglich möglich, bei Frankreich auf die Berücksichtigung der Pfälzer Interessen zu drängen.⁴⁹ Um Rückhalt gegen Frankreich zu haben, sollte auch Schweden für die Idee eines Armeeführers Karl Ludwig gewonnen werden.⁵⁰ Die Pfälzer hofften, dass es für Schweden wesentlich attraktiver sein würde, über einen schwachen Partner Karl Ludwig Einfluss auf die weimarische Armee zu haben und sie für schwedische 44 Peblis und von dem Werder waren verschwägert; Pawel-Rammingen wurde 1654 in die Gesellschaft aufgenommen (FG 654). Peblis und Rammingen sollten auch Verhandlungen mit dem Markgrafen von Baden und den schweizerischen Kantonen führen, vgl. Häusser: Geschichte, S. 555; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 342. 45 Zur Diskussion im Vorfeld vgl. bsp. Elisabeth Stuart an Joachim von Rusdorf, Den Haag, 22. Juli/ 1. August 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 812 – 814, hier S. 812. 46 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 19. August 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 565 f., hier S. 566; Société générale d’histoire Suisse: Indicateur, S. 242. 47 Vgl. Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Fürst Ludwig, Hamburg, 25. November 1639, in: Conermann, Briefe, Bd. 5, S. 363 f.; Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 30. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 573 ff., hier S. 575; Ders. an Dies., London, 21. Oktober 1639, in: ebd., S. 583 ff., hier S. 583; zu Geldtransfers: Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, 21. Oktober 1639, in: ebd., S. 583 ff., hier S. 584; Ders. an Dies., London, 28. Oktober 1639, in: ebd., S. 586 f., hier S. 787; zur Geldfrage zuvor: Ders. an Dies., London, 19. August 1639, in: ebd., S. 565 f., hier S. 56; zu einem französischen Vorschlag Röse: Herzog, Bd. 2, S. 347. 48 Das war offensichtlich ein Vorschlag, um sich bei den Pfälzern und Engländern in ein vorteilhaftes Licht zu setzen, vgl. Gieronimo Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, Den Haag, 30. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 576. 49 Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 9. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 571 f., hier S. 571. 50 Vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 6./16. August 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 819 ff.; Elisabeth Stuart an Oxenstierna, Rhenen, 28. August 1639, in: ebd., S. 822 f.; Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 3./13. September 1639, in: ebd., S. 827 f.; Ders. an Dies., Hamburg, 24. September/4. Oktober 1639, in: ebd., S. 833 – 835; Häusser: Geschichte, Bd. 2, S. 555.
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Ziele einsetzen zu können, als sie in den Händen des ungleich mächtigeren Akteurs Frankreich zu wissen, das damit Schwedens militärisches Vorgehen und Politik im Reich einschränken konnte.⁵¹ Auch Grotius wollte die französische Option vermeiden. Er befürchtete Nachteile für die protestantischen Mächte, einen Machtzuwachs Frankreichs zu Lasten Schwedens und Verschiebungen im Reich. Mit dem Herzog fehlte ein zentrales Bindeglied der schwedisch-französischen Allianz. Grotius’ Sohn sprach sich ebenfalls gegen die französische Option aus, weil sich der König mehr für die eigene Nation als für diese „deutsche“ Armee interessiere.⁵² Er konnte sich neben der pfälzischen Variante⁵³ Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar als Nachfolger vorstellen, den aber wohl der Feind am Kommen hindern werde. Die Armee selbst werde versuchen, sich den schwedischen Truppen anzuschließen.⁵⁴ Grotius favorisierte zunächst die pfälzisch-englische Option. Seinem Schwager Nicolaes van Reigersberch, Mitglied des Hohen Rats von Holland, erklärte er, nach den Gesetzen des Reiches könne allein ein Kurfürst den Befehl über das Heer des Heilbronner Bundes führen; zudem habe Schweden das Heer an den Herzog übergeben, um „die Angelegenheiten in Deutschland wieder in Ordnung zu bringen“. Da es eidlich auf den oberrheinischen Reichskreis, zu dem die Pfalz gehörte, verpflichtet gewesen sei, ergab sich in dieser Logik, dass das Heer schon zuvor für die Pfalz agierte.⁵⁵ Dann aber schien es ihm sinnvoller, wenn Hans Christoph von Königsmarck, der sich inzwischen im Elsass aufhielt, die Nachfolge Bernhards antrete. Das war
51 Vgl. Elisabeth Stuart an Joachim von Rusdorf, Den Haag, 1. August 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 812 ff.; Elisabeth Stuart an Oxenstierna, 18./28. August 1639, in: ebd., S. 822 f., hier S. 822. 52 Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 – 470, hier S. 469. 53 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O. [Anf. Sept. 1639], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 558 – 561, hier S. 558. 54 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O. [Anf. Sept. 1639], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 558 – 561, hier S. 560. 55 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, o.O., 13. Aug. 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling Tl. 10, S. 525 („om de zaken van Duitslandt te herstellen“); vgl. Ders. an Axel Oxenstierna, Paris, 17. September 1639, in: ebd., S. 605 – 608, hier S. 605; Grotius war klar, dass Frankreich an Breisach und seiner Umgebung interessiert war, vgl. Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 6. August 1639, in: ebd., S. 500 – 503, hier S. 501; Georg Müller, der schwedische Hofrat und Sekretär, solle sich in Hamburg für die Sache Bernhards engagieren, was dieser offensichtlich zumindest nicht im erwarteten Umfang tat, Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 6. August 1639, in: ebd., S. 505 ff., hier S. 505; zu Königsmarck Fiedler: Hans-Christoph von Königsmarck.
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eine schwedische Lösung.⁵⁶ Longuevilles Bemühungen, neuer Kommandant des Heeres und der eroberten Städte zu werden, lehnte Grotius als Verrat an den Intentionen des Herzogs von Weimar ab.⁵⁷ Dass Grotius den Plänen Frankreichs ablehnend gegenüberstand, blieb dort nicht unbemerkt. Er habe negativen Einfluss auf die Generäle, monierte Chavigny.⁵⁸ Paris suchte Grotius offenbar durch Geldzahlungen zu beeinflussen.⁵⁹ Wenngleich Geschenke und Vergünstigungen für Gesandte üblich waren,⁶⁰ verstand er dies als Bestechungsversuch bzw.Versuch, ihn in Schweden in Misskredit zu bringen. Auf seine Absetzung drang Paris vergeblich.⁶¹ Erschien eine Übernahme der Weimarischen Truppen durch Karl Ludwig von Beginn an schwierig, verlief die konkrete Umsetzung erst recht ungünstig. Seine Reisepläne waren unter den europäischen Diplomaten vermutlich weithin bekannt; London selbst ventilierte das Vorhaben, um die Habsburger zu beunruhigen, Richelieu war gut informiert.⁶² Sein Inkognito („Ludwig Stuart“) diente, wie so oft, auch keinen Geheimhaltungszwecken. Erneut zeigte sich Karl Ludwig als politisch naiv. Frankreich hatte dem englischen König zwar immer wieder erklärt, dem Pfälzer zu helfen, wenn der englische König in maßgeblichem Umfang Männer und Geld stelle,⁶³ doch meinte dies keinesfalls eine Hilfe bei einem Agieren des Kuranwärters gegen Frankreich. Man war in Paris wenig angetan von der Politik des englischen Königs.⁶⁴ Karl Ludwig hatte jedoch vor, seine Pläne mit dem französi-
56 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, [Paris], 17. September 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 608 – 611, hier S. 609. 57 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 20. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 535 – 537, hier S. 536; de Groot hielt diese Vorstellung, dass der König Longueville zum Kommandanten machen wolle, sogar zunächst für abwegig, vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., [Anf. Sept. 1639], in: ebd., S. 558 – 561, hier S. 559. 58 Vgl. Chavigny an d’Avaux, Lyon, 20. Oktober 1639, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, S. 372 – 377, hier S. 376, Grotius versuche zudem bei den Schweden und den Generalstaaten auf eine Neutralität der Franche Comté hinzuwirken und unterhalte Kontakte zu Herzog Karl von Lothringen. 59 Vgl. Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 30. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 491 – 493; Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, 13. August 1639, in: ebd., S. 525, das Geld habe er über Hoeufft erhalten sollen. 60 Vgl. Thiessen: Gesandte. 61 Vgl. Chavigny an d’Avaux, Paris, 19. November 1639, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, S. 377 f.; Nellen: Grotius, S. 439 – 478. 62 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 23. September 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 572 ff., hier S. 573; Barthold: Geschichte, Tl. 2, 1843, S. 220. 63 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 19. August 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 565 f., hier S. 566; auch Röse: Herzog, Bd. 2, S. 344. 64 Vgl. Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Grenoble, 7. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 578.
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schen König zu beraten. Erst nach seiner Abreise sandte ihm Karl I. auf Rat seiner Minister eine dringende Warnung hinterher, ein Treffen mit Ludwig XIII. zu vermeiden.⁶⁵ Nachdem Karl Ludwig mit einigen Begleitern⁶⁶ von Dover nach Calais gereist war, wobei ihm bei der Passage durch die Downs die spanische, die englische und die niederländische Flotte Salutschüsse dargebracht hatten,⁶⁷ und sich eine Zeitlang in Paris aufgehalten hatte,⁶⁸ ließ ihn Richelieu im Oktober 1639 bei Moulins in der Auvergne gefangen nehmen.⁶⁹ Er wurde nach Schloss Vincennes in der Nähe von Paris gebracht, das häufig zur Unterbringung königlicher Gefangener diente.⁷⁰ Die französische Krone ging davon aus, dass Karl Ludwig auch die von Bernhard eroberten Gebiete übernehmen und sie Habsburg im Tausch für seine Länder übergeben wolle.⁷¹ Den in Paris verbliebenen Dienern des Kurprätendenten wurden Pferde wie größere Wechsel verboten, damit sie nicht ins Weimarer Lager reisen und dort Schwierigkeiten verursachen konnten.⁷² Karl Ludwig war erfolgreich aus dem Spiel genommen. Das britische Angebot, im Gegenzug für eine Unterstützung Karl Ludwigs die Kriegsführung gegen die spanische Flotte zu übernehmen,⁷³ war für Frankreich unattraktiv. Die Reaktion des englischen Königs auf die Gefangen-
65 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 14. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 580 ff., hier S. 580; Ders. an Dies., 21. Oktober 1639, in: ebd., S. 583 ff, hier S. 583. 66 Darunter Lord Craven und Oliver Fleming, der 1638 schon bei Bernhard gewesen war, vgl. Akkerman: Correspondence, Tl. 2, S. 833; Craven investierte privat in das Unternehmen, vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 14. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 580 ff., hier S. 580. 67 Vgl. Giovanni Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, London, 21. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 583 ff., hier S. 583. 68 Vgl. Häusser: Geschichte, Bd. 2, S. 556. 69 Vgl. Documenta Bohemica, Tl. 6, S. 339, 967; Hugo Grotius an Axel Oxenstierna, Paris, 5. November 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 717– 718, hier S. 717; Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Lyon, 30. Oktober 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 588 f. 70 Angesichts der Reiseroute mag auch Karl Ludwigs Erklärung stimmig sein, er habe Richelieu in Lyon aufsuchen wollen, um mit ihm über die deutschen Angelegenheiten zu beraten, vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 342. 71 Vgl. Vigier: Politique, S. 527; Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Nevers, 9. November 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 591 f., hier S. 591; zu Gerüchten zur Rolle Spaniens dabei: Mémoire, 7. November 1639, ohne Unterschrift, ohne Adressaten, Archives Etrangère Paris, Bl. 195r. – 195v. 72 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 5. November 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 718 ff., hier S. 719. 73 Chavigny an d’Avaux, Lyon, 20. Oktober 1639, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, S. 372 – 376, hier S. 373.
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nahme beschränkte sich weitgehend auf handelspolitische Akte.⁷⁴ Einen Krieg gegen Frankreich wollte er nicht riskieren.⁷⁵ Die Gefangenschaft schien Karl Ludwig dann nicht allzu schwer genommen haben.⁷⁶ Frankreich verlangte von ihm das Bekenntnis, das Weimarische Heer habe stets im Dienst des Königs gestanden, was Bernhard selbst, so Grotius, in seinem Leben kaum zugestanden habe.⁷⁷ Zudem sollte er erklären, keine Pläne mit dem Heer zu haben; England sollte versichern, keine Truppen an den Feind zu liefern.⁷⁸ Elisabeth Stuart bemühte sich auf diplomatischen Wegen um die Freilassung ihres Sohnes⁷⁹ und beschwor den Status der Weimarischen Armee als Armee des Heilbronner Bundes.⁸⁰ Sie suchte die Direktoren mit der Warnung zu gewinnen, die Franzosen würden sie in die Unterordnung zwingen.⁸¹ Unterstützung fand sie insbesondere bei Hessen-Kassel, für das sich eine Lösung mit Karl Ludwig in die Pläne eines dritten Weges fügte,⁸² sowie bei Dänemark.⁸³ Schweden und die Niederlande interessierten sich aber mehr für ein Bündnis mit England denn für Karl
74 Vgl. Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Ludwig von Anhalt-Köthen, Hamburg, 25. November 1639, in: Conermann, Briefe, Bd. 5, S. 363 f., hier S. 364. 75 Ohne ein weiterführendes Engagement musste die Sache des Pfälzers aber chancenlos sein, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, [Paris], 7. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 10 ff., hier S. 10; Ders. an Dens., Paris, 28. Januar 1640, in: ebd., S. 51 – 54, hier S. 53. 76 Vgl. Anzolo Correr an den Dogen und Senat Venedigs, Den Haag, 14. November 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 593: Er sei mit Prinz Johann Kasimir im Turm untergebracht, unter strikter Bewachung, es dürfe ihn niemanden besuchen und er den Raum nicht verlassen. Er scheine aber wenig beunruhigt und verbringe die Zeit vergnügt, u. a. mit Spielen. 77 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 28. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 51 – 54, hier S. 53 („in sijn leven soo weinigh soude toegestaen hebben als nu Sweden ende protestanten van Duitschlant“). 78 Vgl. Meulenbroek/Witkam: Briefwisseling, Tl. 11, S. XII. 79 Sie korrespondierte mit Oxenstierna, Fürsten des Reiches, Militärs und verschiedenen Diplomaten, vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 14. Februar 1640, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 880 ff. 80 Vgl. bsp. Elisabeth Stuart an Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel, Den Haag, 2. Dezember 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 856 ff., hier S. 856. Eine Reise ihres Sohnes Moritz zur Weimarischen Armee lehnte sie nun ab, da sie fürchtete, er werde gleichfalls inhaftiert werden, bzw. verhindern wollte, dass er unter französischem Kommando stehe, vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 13. Dezember 1639, in: ebd., S. 860 f., hier S. 861. 81 Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 8. November 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 846 – 849, hier S. 847. 82 Vgl. Lemberg: Königin, S. 70. 83 Vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 16. Dezember 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 863 ff., hier S. 863; auch die Schweizer schrieben an den König.
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Ludwigs Freilassung.⁸⁴ Für die Generalstaaten bedeuteten Probleme des englischen Königs angesichts des eigenen Konflikts mit England Vorteile.⁸⁵ Karl Ludwig kam erst im Sommer 1640 frei, als die Situation für Frankreich geklärt war. Die Inhaftierung des Pfälzers diente auch der Abschreckung anderer Interessenten. Wilhelm von Weimar fürchtete, bei einer Reise nach Breisach ebenfalls gefangen genommen zu werden.⁸⁶ Spekulationen über die französischen Ziele kamen auf. „Bey allen theutschen hohen Potentaten, [und] auch dem gemeinen Mann“, habe der Arrest Karl Ludwigs, so Johann Adler Salvius, „selzambess Nachdencken und grose Alteration“ verursacht.⁸⁷ Der französische König könne sich, so eine Überlegung, aus der Allianz mit den deutschen Protestanten zurückziehen und ein Bündnis mit Bayern und der Liga eingehen.⁸⁸ Dazu trugen Gerüchte bei, die Gefangennahme sei mit Wissen, wenn nicht gar auf Anregung Bayerns erfolgt.⁸⁹ Für Vertreter Schwedens schien die gemeinsame Politik mit Frankreich gefährdet. Dem schwedischen Nachrichtenagent Marin zufolge überspannte Frankreich seit dem Tod Bernhards mit Alleingängen den Bogen, Schweden könne dies zu einem Separatfrieden zwingen.⁹⁰ Grotius hegte offensichtlich noch länger die Hoffnung, Schweden und die protestantischen Reichsstände könnten eine französische Übernahme verhindern.⁹¹ Auch hielt er es für möglich, dass der schwedischfranzösische Vertrag nicht erneut bekräftigt werden würde.⁹² Schwedische Ver-
84 Vgl. auch Karl Ludwig an Elisabeth Stuart, Bois de Vincennes, 19. Februar (n.S.) 1640 [im Druck die offensichtlich falsche Datierung auf 1639], in: Bromley, Collection, S. 105 f. 85 Vgl. Gieronimo Giustinian an den Dogen und Senat Venedigs, Den Haag, 18. November 1639, in: Hinds, Calendar, Bd. XXIV: 1636 – 1639, S. 594 f., hier S. 595. 86 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 336. 87 Johann Adler Salvius an Hugo Grotius, Hamburg, 17. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 29 – 30, hier S. 30. 88 Vgl. Frh. Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Fürst Ludwig, Hamburg, 25. November 1639, in: Conermann, Briefe, Bd. 5, S. 363 f., hier S. 364. 89 Vgl. Johann Adler Salvius an Hugo Grotius (Schreiber: Jacob Mutterer), Hamburg, 7./17. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 29 f., hier S. 30; Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, 14. Januar 1640, in: ebd., S. 23 f., hier S. 23; Paulus Pels an Hugo Grotius, o.O. [Danzig?] [5. Jan. 1640], in: ebd., S. 5; es gebe auch Gerüchte, England und Österreich wollten die Pfalz gegen Breisach restituieren; Maximilian I. müsse besorgt sein, dass ein pfälzischer Machtgewinn zu seinen Lasten gehe: Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 7. Januar 1640, in: ebd., S. 5 – 10, hier S. 6. 90 Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 8./18. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 30 – 31, Zitat S. 30; es ging auch um französische Versuche, auch den Hohentwiel zu gewinnen. 91 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 28. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 51 – 54, hier S. 53. 92 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 5. November 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 718 ff., hier S. 718.
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treter protestierten gegen die Inhaftnahme Karl Ludwigs.⁹³ Banér wollte, dass Schweden so rasch wie möglich einen fähigen und loyalen Feldherrn nach Breisach schicke.⁹⁴ Oxenstierna hielt die schwedischen Karten in diesem Spiel aber für ungünstig. Er ging davon aus, den Breisgau nicht schützen zu können. Was „den Elsasischen stat, die Vestungen am Reinstrom undt Weimarische armee betrifft“, sei es schwer, dem „Unglük [zu] resistieren“.⁹⁵ Zudem waren die Entscheidungsprozesse auf schwedischer Seite langwierig.⁹⁶ Die Armeedirektoren hatten kein Interesse an einer engeren Zusammenarbeit mit Schweden.⁹⁷ Schon bei der Mitteilung von Bernhards Tod blieben sie der schwedischen Regierung gegenüber weitgehend im Vagen, ihre Vorschläge liefen aber auf eine Fortsetzung des bisherigen Verhältnisses hinaus.⁹⁸ Die Einsicht in das Testament wurde dem schwedischen Residenten Mockel jedoch verweigert.⁹⁹ Einige Militärs wünschten aber sehr wohl die Übernahme durch Schweden, so Christoph Martin von Degenfeld, der mit Bernhard in Unterhandlungen gestanden hatte. Die Weimarische Armee solle eine „allierte armee“ bleiben, um „jenseits Rheines dem teutschen weesen zum besten“ eingesetzt werden zu können. Die französische Politik laufe den deutschen Interessen zuwider. Er setze auf Feldmarschall Horn, auf dessen Ankunft man ihn wie andere Offiziere „hoffen
93 Vgl. Thomas Roe an Elisabeth Stuart, Hamburg, 22. November 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 851 ff., hier S. 852; Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 17. Januar 1640, in: ebd., S. 872 ff., hier S. 873; Chavigny behauptete allerdings, Schweden habe den Breisacher Armeeführern gesagt, sie sollten sich Frankreich anschließen, vgl. Chavigny an d’Avaux, Lyon, 20. Oktober 1639, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, hier S. 373. 94 Vgl. Johan Banér an Axel Oxenstierna, 21. September 1639, in: Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling, Senare Afdelningen, Bd. 6, S. 662; Wedgwood: Krieg, S. 388. 95 Axel Oxenstierna an Johann Casimir von Pfalz-Zweibrücken, Västerås, 28. August 1639, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 281 – 283, hier S. 282 f. 96 Vgl. Allgemeine Schau=Bühne, Sp. 707. 97 Rosen war möglicherweise proschwedisch eingestellt, vgl. Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 18. September 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 830 ff., hier S. 830. 98 Schweden solle der Armee wohlgesonnen bleiben und sie bei den Friedenstraktaten berücksichtigen; die Korrespondenzlinie zwischen den Armeen wolle man aufrechterhalten, militärisch könne man kooperieren, vgl. Hans Ludwig v. Erlach, Johann Bernhard v. Ehm, Wilhelm Otto Graf zu Nassau, Wolfgang v. Schönbeck an Christina von Schweden, Breisach, 21. Juli 1639, LATh-StA Gotha, GA E VI 5 Nr. 6, Bl. 65r. – 66r. (Kopie), auch in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 198 – 200; vgl. das ähnliche Schreiben an Oxenstierna, LATh-StA Gotha, GA E VI 5 Nr. 6, Bl. 64r. – 64v. und 67 (Kopie), t.w. abgedruckt in: Gonzenbach, General, Tl. 1, S. 200; vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Johan Banér, Breisach, 19. Oktober 1639, in: ebd., S. 233 ff., hier S. 234; die schwedische Reaktion: Brief der Vormünder der schwedischen Königin an Erlach, Westernäs, 16. August 1639, in: ebd., S. 213 ff. 99 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 334.
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gemacht“ habe und der mit der Armee über den Rhein gehen solle.¹⁰⁰ Die Initiative zeigt, wie sehr die Zukunft der Weimarischen Armee auch unterhalb der Ebene der Kommandeure und der politischen Führungen diskutiert wurde und Zeitgenossen die Frage nach der Zukunft dieser Armee und der Gebiete mit der des Reichs verknüpften. In der Armee gab es deutliche Widerstände gegen eine Übergabe Breisachs an Frankreich und gegen einen französischen Oberbefehlshaber. Diese offene Situation und die französischen Übernahmepläne griff auch die Publizistik auf. Der Autor einer Flugschrift, der sich als weimarischer Offizier ausgab, erklärte, für alle deutschen Offiziere zu sprechen, die auf der protestantischen und alliierten Seite kämpften. Mit scharfen Worten warnt er vor Frankreich und beruft sich auf Bernhards Willen. Der Herzog habe „allzeit sein angeborne Fürstl. Auctoritet unnd Hochheit“ gewahrt und nicht Pair oder Marchal de France werden wollen; er habe damit das Heft des Handelns in der Hand behalten und verhindern wollen, dass Reichsgebiete an Frankreich fielen, zugleich habe der Besitz Breisachs bei Friedensverhandlungen als Faustpfand dienen sollen. Die Flugschrift konstruiert eine lange Linie der französischen Politik, die darauf gerichtet sei, Gebiete des Reichs in das eigene Staatswesen einzugliedern.¹⁰¹ Es sei aber „ynsers verstorbnen Herzogen letzte[s] Wort [gewesen]/ das wir uns vor frembden Potentaten vorsehen wollen“. Mit dem Verlust Breisachs und dem Bruch des herzoglichen Testaments werde den Offizieren wie dem verstorbenen Herzog, heißt es überkommene Stereotype aufgreifend, „von dem Französichen Hanen die Hanenfedern/ vnnd das Hirschgewich“ aufgesetzt.¹⁰² Die Opposition kam de Groot zufolge auch von Seiten der Soldaten. Sie argumentierten, sie hätten ihr Leben und ihr Hab und Gut für den Herzog eingesetzt, um einen Ersatz für das zu erlangen, was sie in Deutschland verloren hätten. Erklärungen, der König werde sich um sie kümmern, hielten sie nicht für glaubwürdig. Zudem gelte für sie noch der Eid, den sie auf die Krone Schwedens abgelegt hätten. Einige erklärten sogar, sie würden Widerstand gegen eine Übergabe an Frankreich leisten.¹⁰³ Diese Darstellung wird auch der Perspektive de Groots als Sohn des schwedischen Botschafters geschuldet sein. Andere Zeugnisse belegen allerdings, dass die Macht der Armee einkalkuliert wurde. Von den Offizieren hofften manche vor seiner Gefangennahme auf Karl Ludwig, andere auf Wilhelm von Sachsen-
100 Christoph Martin von Degenfeld an Hugo Grotius, Yvois, 8. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 508 f. 101 Vgl. auch Braun: Hegemonie; Ohler: Frankreich; Wunder: Frankreich. 102 Abtruck Schreibens. Die ausländischen Mächte teilten das Reich unter sich, zerstören die deutsche Libertät und brächten den Deutschen das „iugum servitutis“. 103 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., [Anf. Sept. 1639], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 558 – 561, hier S. 559 f.
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Weimar, auch die Rolle König Karls I. von England wurde diskutiert. Frankreich schien dagegen mehrere Vorteile gegenüber England zu bieten: eine bessere Finanzausstattung und aufgrund der räumlichen Nähe bessere Möglichkeiten, Truppen zu schicken und die Armee zu versorgen.¹⁰⁴ Mockel versuchte offensichtlich, zusammen mit dem Obristen Schönbeck und scheinbar unabhängig von Oxenstierna, die Uneinigkeit in der Armee zu fördern und sie gegen Erlach und den profranzösischen Kurs einzunehmen.¹⁰⁵ Schönbeck weigerte sich, Erlachs Befehle umzusetzen und verwies auf eine angeblich völlig unzureichende Ausstattung der Soldaten.¹⁰⁶ Später unterzeichnete er, wie Rehlinger, nicht den Vertrag der Armee mit Frankreich.¹⁰⁷ Die Motive der Opposition in Armeen sind mit finanziell-ökonomischen Interessen, nationalem Zugehörigkeitsgefühl wie der Sorge vor Unbekanntem begründet worden, so auch der verweigerte Flandern-Einsatz von Teilen der Weimarischen Armee 1647.¹⁰⁸ Es galt als allgemeine Erfahrung, dass Soldaten ungern in ein anderes Regiment gingen.¹⁰⁹ Die Diskussionen in der Weimarischen Armee 1639 fanden allerdings statt, bevor Einsätze in der Fremde anstanden, in Frankreich hatte die Armee wiederholt und längere Zeit agiert. Die Offiziere wurden auch von den politisch-militärischen Eliten als relevante Gruppe eingeschätzt; ihr Verhalten und ihre Einstellungen bestimmten die Einsatzmöglichkeiten der Armee insgesamt. Wie nach der Schlacht von Nördlingen war jetzt eine unsichere Situation entstanden und das innere Gefüge der Armee fragil geworden. Die Pfalz, Frankreich, der Kaiserhof und Spanien setzten bei ihren Bemühungen, die weimarischen Truppen zu übernehmen, nicht nur bei der Armeeführung an, sondern traten auch an die Offiziere heran. Hier ergab sich ein län-
104 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., [Anf. Sept. 1639], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 558 – 561, hier S. 559; Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, [Paris], 17. September 1639, in: ebd., S. 608 – 611, hier S. 609; Elisabeth Stuart an Thomas Roe, Den Haag, 18. September 1639, in: Akkerman, Correspondence, Tl. 2, S. 830 ff., hier S. 831. 105 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 344; Hans Ludwig v. Erlach an Axel Oxenstierna, Breisach, 25. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 209 – 213. Dass Schönbeck t.w. offizielle Briefe der Direktoren an Stelle Rosens unterschrieb, spricht für seine besondere Stellung in der Armee. 106 Vgl. J. W. Schönbeck an Erlach, Basel, 8. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 201 ff., hier S. 202; auch wenn dies durchaus Topoi waren, nutzte Schönbeck sie hier strategisch. 107 Vgl. Erlach über den Vertragsabschluss der Weimarischen Armee mit Frankreich, Staatsarchiv Wien (Erdberg), AFA 1639, Karton 103, Dok. 54. 108 Vgl. Kroener: Krieg, S. 621 f. 109 Instruktion Ludwigs XIII. für Guébriant, Villeroy, 6. Januar 1639, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 137– 142, hier S. 142.
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gerfristiges Konfliktpotential, das über die Entscheidung der Armeeführung für Frankreich andauerte, wie die Konfrontationen der Folgezeit zeigten. Die Direktoren standen vor einer mehrfachen Loyalitätsfrage: im Hinblick auf den verstorbenen Herzog, die Armee, den König als Vertragspartner des Herzogs, Schweden als Verbündetem, Kaiser und Reich und den Heilbronner Bund. Wichtig war die Frage der Machbarkeit. Da die französischen Subsidien an Bernhards Person gebunden gewesen waren, war die Armeefinanzierung ein drängendes Problem. Die Armeeführung hatte weder ein eigenständiges Konzept noch hätte sie die Möglichkeiten gehabt, ein solches umzusetzen. Persönliche Erwägungen kamen aber hinzu. Erlach sah sich aufgrund der Unruhen genötigt, der Armee einen Monatssold auszuzahlen, er entnahm das Geld der Kriegskasse des Herzogs. Welchen Verwendungszweck diese Gelder gehabt hatten, ob sie zum Privatvermögen Bernhards gehörten oder zum Armeeunterhalt dienen sollten, blieb umstritten. Weiteres organisierte Erlach über die bestehenden Verbindungen zu Schweizer Kaufleuten.¹¹⁰ Eine fortgesetzte finanzielle Unterstützung durch Frankreich schien am nächstliegenden. Colonel Hans Philipp von Flersheim reiste im Auftrag der Direktoren zum französischen König, um die Fortführung des Bündnisses zu erbitten und dem König eine Zusicherung betreffend Breisachs anzubieten.¹¹¹ Zeitgleich wandte sich Erlach an den Staatssekretär Sublet de Noyers, mit dem er schon zuvor im Austausch gestanden hatte und den er persönlich kannte.¹¹² Erlach kommt eine Schlüsselrolle zu. Im Rahmen der Unterhandlungen, die er für den Herzog in Paris geführt hatte, hatte er eine französische Pension angenommen, die ihm für seine Dienste im Interesse der „cause commune“ gezahlt wurde.¹¹³ Solchen Zahlungen waren bei hohen Militärs und Diplomaten nicht unüblich und sollten Loyalitäten
110 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Breisach, 31. Juli 1639, in: Erlach, Mémoires, Tl. 2, S. 52 – 56; Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 6. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 500 – 503, hier S. 500. 111 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 20. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Teil 10, S. 535 ff., hier S. 536; Gutachten von J. Ulrich Rehlinger v. Leder, o.O., o. D., in: Gonzenbach, General, Tl. 1, S. 196 ff., hier S. 197 f. 112 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Breisach, 31. Juli 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, S. 203 – 208; vgl. auch als Bsp. für Schreiben im Patronagekontext: Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Basel, 2./12. Mai 1639 (Abschrift), LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 346 f., Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Basel, 6./16. Juni 1639 (Abschrift), ebd. 113 Vgl. Ludwig XIII.: Brevet de pension [für Erlach], 20. April 1639, in: Erlach, Mémoires, Tl. 3, S. 13 f.; Ludwig XIII. (Sublet): Lettre de naturalisation en faveur du sieur d’Erlach, 1639 [keine Tages- und Monatsangabe], in: ebd., S. 15 – 19. Grotius äußert sich im April 1639 kritisch über Erlach, er fürchtete, dass sich dessen Loyalitäten verschieben könnten, vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, o.O., 25. April 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 283 – 286, hier S. 284.
Karl Ludwig von der Pfalz
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und Verpflichtungen schaffen. Frankreich versuchte Erlach offenbar auch mit weiteren Geldern wie Karriereverheißungen zu binden.¹¹⁴ Allerdings hatte er schon in früheren Jahren Chargen in der französischen Armee ausgeübt. Zudem hatte er bereits bei seinem Parisaufenthalt zugesichert, im Falle des Todes von Bernhard nicht ohne Zustimmung Frankreichs zu agieren.¹¹⁵ Er war mithin persönlich in mehrfacher Hinsicht Frankreich verbunden. Unabhängig davon erschien Erlach die französische Variante offenbar als die einfachste. Zugleich suchte er mögliche Pariser Personalentscheidungen im Sinne der Armee zu beeinflussen. Er konnte sich als Fortsetzer der Bündnispolitik des Herzogs verstehen – nur dass sich damit der Charakter des Bündnisses wandelte. Während Bernhards Kanzler es den Weimarer Brüdern zumindest ermöglichen wollte, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen,¹¹⁶ erklärte Erlach sie aus juristischen wie finanziell-militärischen Gründen für nicht konkurrenzfähig. Er befürchtete gleichwohl Schwierigkeiten: Die Armeeübergabe müsse „sans bruit“ erfolgen.¹¹⁷ Aus französischer Sicht ging es darum, den eigenen Anspruch als legitim und unhinterfragt darzustellen, auch für das Publikum in Frankreich. Schon bevor es zu einer Vereinbarung mit der Armeeführung gekommen war, erklärte die „Gazette“, die Weimarische Armee stehe mit einer „singulière fidelité“ zum französischen König und habe ihm jetzt die Treue geschworen. Die Trauerfeierlichkeiten am Hof unterstrichen diese Deutung.¹¹⁸ In der Presse gab es auch keinerlei Hinweise darauf, dass Bernhard ein schwieriger Bündnispartner gewesen war, ein „possible ennemi à longterme“.¹¹⁹ Weitere französische Reaktionen auf den Tod des Herzogs fielen ähnlich und politisch motiviert aus. Jean Chapelain, Mitglied der Académie française und zur Klientel Longuevilles und anderer Offiziere gehörend, beendete seinen Nachruf auf Bernhard mit dem Namen Ludwig. Er lässt den Herzog zwar „vn empire nouveau contre le vieil Empire“ schaffen, aber dieses läuft auf den König zu.¹²⁰ Der
114 Vgl. Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 20. August 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Teil 10, S. 535 ff., hier S. 536. Die ältere Forschung hat dem General den Vorwurf gemacht, die Gebiete und die Armee aus Gründen der eigenen Vorteilsnahme übereilt an Frankreich übergeben und, so die nationale Perspektive, dem Reich „entfremdet“ zu haben, bsp. Molitor: Verrath; Allgemeine Schau=Bühne, Sp. 706. 115 Vgl. Droysen: Bernhard, Tl. 2, S. 524. 116 Gutachten von J. Ulrich Rehlinger v. Leder, o.O., o. D., in: Gonzenbach, General, Tl. 1, S. 196 – 198. 117 Hans Ludwig v. Erlach an de Noyers, Breisach, 31. Juli 1639, in: Gonzenbach, General, S. 203 – 208. 118 Vgl. Gazette, Nr. 115 (1639), S. 514 f.; ebd., Nr. 111 (1639), S. 500. 119 Meyer: Naissance, S. 183. 120 Jean Chapelain: Tombeau du duc de Weimar, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 855 f. (Beilage 3), hier S. 856; erwähnt von Hugo Grotius an N. N., o.O., [Ende Aug. 1639], in: ebd., S. 558; zu Chapelain vgl. Vittu: Instruments, S. 163; vgl. auch [Anonym:] Harangve.
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Schriftsteller François de Grenaille gestand Bernhard in Nachrufen auch Eigeninteressen zu, er habe nach Freiheit, Gerechtigkeit und Ehre gestrebt und gegen die Knechtschaft unter dem Kaiser sowie für die Wiedergewinnung jener Rechte und Güter gekämpft, die die Ungerechtigkeit Karls V. seinen Ahnen geraubt habe, insbesondere die Kurwürde.¹²¹ Bernhard habe aber Ludwig treu gedient und erst durch Paris die Mittel erhalten, um sich zum „clef de l’Empire“ zu machen.¹²² Der König trauere um ihn wie um einen Souverän.¹²³ Die französische Regierung reagierte schneller und entschiedener als die Konkurrenten. Rasch kamen mehrere Vertreter der Pariser Regierung in Breisach an. Die Direktoren bestanden auf einem beidseitig ausgehandelten und bindenden Vertrag. Darin kommen ihr Selbstbewusstsein zum Ausdruck und der Wille, die besondere Position dieser Armee im französischen Gefüge zu wahren.
Der Vertrag von Breisach Am 9. Oktober 1639 schlossen Frankreich und die Direktoren den Vertrag von Breisach.¹²⁴ Der König erhielt den Oberbefehl, die finanzielle Kontrolle über das Heer und die von Bernhard gemachten Eroberungen. Gleichwohl war deren Status noch nicht eindeutig festgelegt. Die Offiziere blieben in ihren Ämtern, die Direktoren wurden zu „Mareschaux de camp“ und behielten jene Güter, die sie vom Herzog erhalten hatten. Erlach kommandierte weiterhin Breisach, dessen Besatzung nun wie in Freiburg zur Hälfte aus französischen Soldaten bestand.¹²⁵ Er und die anderen Kommandanten schworen Ludwig XIII. die Treue.¹²⁶ General des Heeres wurde der Herzog von Longueville.
121 Grenaille: Mars, S. 10 ; er sei jedoch gestorben „ayant pris les successeurs de son ennemy la meilleure clef de l’Empire.“ 122 Grenaille: Discours. 123 Grenaille: Mars, S. 15. Der Herzog habe aber sterben müssen, nachdem er das größte Meisterstück seiner Tapferkeit bei der Einnahme Breisachs gegeben habe (S. 13); dieses Argument auch bei: Greflinger: Krieg, S. 116. 124 Vgl. Copie du traicté entre le Roy Treschrestiens et les directeurs de l’armée … du Duc de Weymar, 29. September/9. Oktober 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 2881, Bl. 14r. – 15r.; Kopie: Paris, BnF, Collection Baluze, Nr. 183, Bl. 103r. – 106v.; die Geheimartikel: Articles secrets du 9. octobre/ 29. septembre 1639, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 2881, Bl. 15r. – 15v.; eine frühere Vertragsfassung: Traitté de Brisac pour l’armee d’Allemagne apres la mort de Weymar, 19. September 1639, Paris, BnF, AE P/Film 12824, Bl. 176r. – 180r. 125 Vgl. Chavigny an d’Avaux, Lyon, 20. Oktober 1639, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, S. 377; Baron d’Oysonville wurde Erlach als Adjunkt zur Seite gestellt. 126 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 334 f.
Der Vertrag von Breisach
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Der Vertrag sorgte für Aufsehen.¹²⁷ Gegenüber Schweden pochten die Direktoren jetzt auf ihre Eigenständigkeit: Sie seien weder dem Kommando noch der Zensur der schwedischen Krone oder eines Mitglieds des Heilbronner Bundes unterworfen. Sie beriefen sich auf ihr Gewissen, ihre Verantwortung gegenüber der Armee, die Verträge und das Testament Bernhards.¹²⁸ Erlach verwies auch auf Versuche von verschiedenen Seiten, die Soldaten für sich einzunehmen; auch die Habsburger seien aktiv geworden. Er habe unter Zeitdruck gestanden. Nach wie vor aber sei die Armee gegen Habsburg im Einsatz.¹²⁹. Im französischen Militär bewahrte die weimarische Armee weiter eine verhältnismäßig große Unabhängigkeit.¹³⁰ Es gab eine „relative (…) Geschlossenheit der deutschen Kontingente“,¹³¹ und die Armee einte ein „véritable culte pour la mémoire de Saxe-Weimar“.¹³² Noch immer gehörten ihr zahlreiche altgediente Soldaten an.¹³³ Die Armee achtete auf die Einhaltung des Vertrages. Als von ihr insgesamt der Treueeid auf den König gefordert wurde, protestierten Offiziere.¹³⁴ Ihre Loyalität zu Frankreich blieb unsicher. Dies ließ Paris noch 1641 befürchten, die Soldaten könnten massenhaft desertieren oder zu den Schweden überlaufen; Richelieu rechnete immer wieder damit, die ehemaligen Direktoren würden den Vertrag brechen und einen neuen Bündnispartner suchen.¹³⁵ Wiederholt kam es zu Konflikten, 1647 war darin Rosen verwickelt.¹³⁶
127 Vgl. Chavigny an d’Avaux, Paris, 21. Januar 1640, in: Hartmann, Papiers, Tl. 3, S. 386 f., hier S. 386; Charles Marin an Hugo Grotius, Zürich, 2./12. Januar 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 19 f., hier S. 19. 128 Vgl. Die Armeedirektoren an Christina von Schweden, Breisach, 18. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 215 – 218, hier S. 216 f. 129 Vgl. Hans Ludwig v. Erlach an Axel Oxenstierna, Breisach, 25. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 209 – 213; Ders. an Karl Ludwig von der Pfalz, Breisach, 19. Oktober 1639, in: ebd., S. 235 f. (Übersetzung aus d. dt. Orig.); zur Reaktion Oxenstiernas: Axel Oxenstierna an Friedrich Richard Mockel, Nyköping, 19. Januar 1640, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 295. 130 Vgl. Parrott: Richelieu’s Army, S. 143. 131 Kroener: Krieg, S. 624. 132 Bély: France, S. 240. 133 Zur Armee in den 1640er Jahren Ulmann: Türenne. 134 Die Offiziere der Weimarischen Armee an Herrn de Choisy, Wahlhaußen bei Allendorff, 22. Juli 1640, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 240 ff.; sie leisteten den Eid schließlich: Bély: France, S. 240, allerdings nicht geschlossen: Ein Kapitän aus dem Regiment Schönbecks soll den Eid verweigert haben, verschiedene Offiziere sollen die Armee verlassen haben: Koch: Geschichte, S. 169; Bérenger: Turenne, S. 246 – 249; Parker: Krieg, S. 286. 135 Vgl. Bély: France, S. 240; Parrott: Richelieu’s Army, S. 143. 136 Vgl. u. a. Ulmann: Türenne, S. 368 – 418.
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Tatsächlich hatten auch der Kaiserhof und Spanien¹³⁷ versucht, die weimarischen Truppen einzubinden. Aus ihrer Sicht waren sie wie die Hessen prinzipiell schlagkräftige, nicht in Bündnissen gebundene Truppen, die das Schicksal des nördlichen und westlichen Deutschlands zu bestimmen vermochten und ein eigenes Gefährdungspotential mit sich brachten. Sie sollten neutralisiert und die vorderösterreichischen Lande zurückzugewonnen werden.¹³⁸ In Wien, das von Mainz, Darmstadt und Baden-Baden unterstützt wurde,¹³⁹ wusste man, dass Eile geboten war. Die Verhandlungen wurden deswegen mit Sigismund Heusner von Wandersleben einem kaiserlichen Agenten übertragen, der Breisach rascher erreichen konnte und mit dem ernestinischen Haus ebenso vertraut war wie wohl mit Offizieren der Armee.¹⁴⁰ Darüber hinaus richtete sich Don Diego de Saavedra Fajardo als habsburgischer Unterhändler an Erlach und den Rheinfeldener Kommandanten Bernhold, ein Kapuziner versuchte den Freiburger Kommandanten Kanoffsky auf die habsburgische Seite zu ziehen, General Henriquez wiederum Oberst Widerholt im Hohentwiel.¹⁴¹ Sie offerierten den Offizieren – je nachdem, welcher Quelle man folgt – Amnestie und Vergütungen sowie lukrative Ämter in der kaiserlichen Armee, wenn sie die Armee und die Gebiete an den Kaiser übergäben, möglicherweise auch „Güter, Geld, Pardon, Freiheiten, Höhung des Standes“¹⁴² oder die Option, dass das Heer mit militärischen Ehren nach Weimar geleitet werde.¹⁴³ Der Kaiser bot ihnen damit materielle Vorteile und, angesichts des Verbots auswärtiger Dienste, maßgebliche Sicherheiten an, zudem soziales Kapital und warf mit der Standeserhebung eines seiner Reservatrechte in die Waagschale. Es hing nicht zuletzt von seiner Glaubwürdigkeit ab, ob eines solches Angebot verfangen konnte. Vergleichbare Vorgänge hatte es in der jüngeren Vergangenheit gegeben. In Wien war man zunächst zuversichtlich. Kardinal Harrach berichtet im August von dem Gerücht, „es seyen schon 4 regimenter deß Weinmärs auf unßer Seiten herüber gangen“.¹⁴⁴ Der Kaiser schloss mit der Tiroler Erzherzogin und
137 Vgl. Brief der Armeedirektoren an Christina von Schweden, Breisach, 18. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 215 – 218, hier S. 217. 138 Vgl. Wegen behandlung der Weymarischen Völcker … 1639. 1640, HHStA Wien, Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA), Militaria (Mil) 11. 139 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 616. 140 Vgl. Keller/Catalano: Diarien, Bd. 4, S. 569, Eintrag vom 31. Juli 1639; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 339; Heusner stand weiter in Kontakt mit Wilhelm von Sachsen-Weimar, vgl. HHStA Wien, Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA), Militaria (Mil) 11, 2. Dok. 141 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 339 f. 142 So die Armeedirektoren an Christina von Schweden, Breisach, 18. Oktober 1639, in: Gonzenbach, General, Tl. 1, Quellenteil, S. 215 – 218, hier S. 217. 143 Vgl. Wilson: Thirty Years War, S. 616. 144 Keller/Catalano: Diarien, Bd. 4, S. 579, Eintrag vom 20. August 1639.
Die Ernestiner als Erben
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Spanien ein Militärbündnis, um Vorderösterreich zurückzuerobern,¹⁴⁵ und verhandelte mit Straßburg über die Nutzung der Verkehrswege.¹⁴⁶ Noch im Herbst wurde aber deutlich, dass die Gewinnung der Armee und der Gebiete keineswegs einfach werden würde. Es wuchs auch die Sorge vor ihrer Vereinigung mit den Truppen Hessen-Kassels, über die die Landgräfin und der Herzog verhandelt hatten. Auch Gottfried Huyn von Geleen, der seit 1639 das Kommando über die kaiserliche Armee am Rhein führte, hatte den Auftrag, sich um die Weimarische Armee zu bemühen. Er hielt dies im Oktober 1639 für eine gefährliche Aufgabe.¹⁴⁷
Die Ernestiner als Erben der Gebiete Für die Ernestiner war die Armee nicht attraktiv: Sie stellte einen enormen Kostenfaktor und potenziellen Unruheherd dar. Vor allem war ihre Existenz kaum mit dem mit dem Kaiser geschlossenen Frieden vereinbar. Wilhelm, Ernst und Albrecht hatten am 20. Juli vom Tod Bernhards erfahren, kurz darauf hatte Bernhards Hofmarschall die Nachricht persönlich bestätigt.¹⁴⁸ Wilhelm hatte die Nachricht daraufhin im Gottesdienst in der Weimarer Schlosskirche bekannt geben und Musiker ein von ihm verfasstes Trauerlied auf den „liebste[n] Bruder“ singen lassen, das er auch veröffentlichte.¹⁴⁹ Die Brüder erhielten auch eine Kopie des Bernhard‘schen Testaments.¹⁵⁰ Bernhard hatte verfügt, das „eroberte land“ solle „bey dem Reich Teutscher Nation erhalten werden“. Die Gebiete sollten an denjenigen seiner Brüder fallen, „welcher dieselbe anzunemen begehren wirdt, vnd derselbe kann vnd wolle sich bey Ihro May. vnd Cron Schweden aufs beste alß immer möglich, insinuiren, Damit S. Lden bey gedachten Landen vmb so viel destomehr manteniret werden möge“. Nur wenn keiner der Brüder die Territorien annehmen wolle, sei es „billich, daß Ihro May. inn Franckreich inn allwege den Vorgang habe, Doch dergestalt, daß Ihro May. vnd vnsere garnisonen darinn gehalten, vnd wann es zu einem Universal Friden kom145 Vgl. Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 207. 146 Vgl. Wilson: The Thirty Years War, S. 904 (Fußn. 54). 147 Vgl. Gottfried Huyn von Geleen an Graf Piccolomini, Feldlager von Geisingen, 11. Oktober 1639, Staatsarchiv Wien (Erdberg), AFA 1639, Karton 103, 30jähr. Krieg, I – VII, Dok. 17 (unfol.); über den Vertrag der Weimarischen Generalität mit Frankreich war der Hof zumindest rasch durch ein abgefangenes Dokument Erlachs informiert, vgl. [Erlach über den Vertragsabschluss der Weimarischen Armee mit Frankreich:] Abschrift aus dem Aviso des Grafen Schlik zu Kopidelno, o.O. o. D., Staatsarchiv Wien (Erdberg), AFA 1639, Karton 103, Dok. 54. 148 Am 1. August, vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 335. 149 Vgl. Wilhelm von Sachsen-Weimar: Lied. 150 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 335.
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men wirdt, die Lande dem Reich restituirt werden sollen“. Bernhard traf damit eine eindeutige Aussage über die politische Zugehörigkeit der Territorien zum Reich. Er ging davon aus, dass der Erbe selbstständig über die eroberten Gebiete verfügen könne, dass er aber angesichts der konkurrierenden französischen Ansprüche den Beistand Schwedens benötige. Die bewegliche Habe sollte an die Brüder gehen.¹⁵¹ Die Ernestiner bemühten sich um Einsicht in das originale Testament, um Sicherheit über seine Bestimmungen zu haben. Zugleich suchten sie die Lage vor Ort zu sondieren. Sie sahen eine Chance, das Erbe Bernhards zu gewinnen – das finanzielle, materielle sowie das territoriale. Wilhelm als der Älteste übernahm die Federführung,¹⁵² er setzte auch die größten Hoffnungen in die Sache. Es begann jedoch eine Geschichte von Misserfolgen, mit der auch spätere Konflikte innerhalb des Hauses um die Erbschaft grundgelegt wurden. Ein entscheidendes Problem bestand darin, dass man in Weimar nicht genau wusste, worin das Erbe Bernhards genau bestand. Die Beratungen drehten sich um die Überführung der Leiche, das Testament, die Annahme der eroberten Länder wie die Übernahme der Armee. Die Herzöge Wilhelm und Ernst, weniger Herzog Albrecht, berieten mit dem Gothaer Kanzler Georg Frantzke, dem Weimarer Kanzler, dem weimarischen Rat und Kammerjunker Heinrich Philibert von Krosigk, Friedrich Hortleder und anderen.¹⁵³ Von Breisach aus soll Bernhards Hofmarschall Ernst Friedrich von Remchingen Wilhelm davon zu überzeugen versucht haben, die Bernhard‘schen Gebiete zu übernehmen. Wilhelm solle die göttliche „schickung“ nicht ausschlagen, sondern die Bestimmungen des Testaments einfordern und der „landen sich impatroniren“. Es ergäben sich zwar Schwierigkeiten durch den Prager Frieden und Bernhards Verträge mit Frankreich und es drohten Gefahren für die herzogliche Familie wie „das gantze Fürstliche Haus sampt den Landen“. Die Vorteile überwögen jedoch: Beim Prager Frieden sei die entscheidende Frage, inwieweit er den Frieden sichere – und genau dies leiste er nicht. Die schwedische Armee „grassire“ nun wie die eines Feindes auch in den sachsen-weimarischen Territorien. Zudem sei es ein gemeinsames Anliegen der Reichsstände und des Kaisers, dass die Bernhard‘schen Gebiete beim Reich verblieben. Es sei also nicht mit dem Widerstand des Kaisers zu rechnen. Träten die Ernestiner das Erbe aber nicht an, seien die Gebiete für das
151 Testamentum Illustriss. Prinicpis ac Dn. Dn. Bernhardii Ducis Sax. … Generaliss., in: Röse, Herzog, Bd. 2, S. 554 ff. 152 Vgl. Heinrich Philibert von Krosigk an Hugo Grotius, 30. März 1640, in: Meulenbroek/Witkam, Briefwisseling, Tl. 11, S. 171 f., hier S. 171. 153 Vgl. Verhandlungen nach dem Tode des Herzogs Bernhard über die Überführung der fürstlichen Leiche, Publizierung des Testaments, Annahme der eroberten Lande und Kommandierung der Armee (1639), LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 573a.
Die Ernestiner als Erben
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Reich verloren, wie das Beispiel von Metz und anderer Orte zeige. Gleichzeitig seien die Territorien ein Faustpfand für den zukünftigen Frieden, die mit schwedischer Hilfe gesichert werden könnten. Wichtiger noch: Wilhelm müsse Ansprüche auf sie stellen, um von Frankreich eine Entschädigung für die von Bernhard geleisteten Dienste und dessen „mobilien“ zu erhalten. Schließlich habe Bernhard „nicht allein dieser platzen halber sondern wegen des gantzen Elsas mit Franckreich, und wegen Würzburg und Bamberg mit der Cron Schweden (…) starcke praetensiones“ gehabt.¹⁵⁴ Die Fürsten schickten in den Jahren 1639 bis 1643 verschiedene Gesandtschaften ins Elsass, an den französischen Hof und in die Nördlichen Niederlande.¹⁵⁵ Kurz nach dem Bekanntwerden der Todesnachricht reiste schon von Krosigk nach Breisach. Die Gesandtschaft hatte mehrere Aufgaben: Es galt, den Umgang mit dem Leichnam Bernhards zu kontrollieren,¹⁵⁶ die Abrechnungen zu prüfen, das Testament einzusehen und die eigenen Handlungsmöglichkeiten einzuschätzen; die Guthaben Bernhards in Amsterdam ließen die Herzöge (die noch im Frühjahr zur Schuldentilgung goldene Hutschnüre hatten einschmelzen lassen¹⁵⁷) unter Sequester stellen.¹⁵⁸ Die Armee hatte sich inzwischen mit einem Gebet vom Herzog verabschiedet.¹⁵⁹ Für seine Überführung von Neuenburg aus musste zunächst Trauerkleidung angeschafft werden.¹⁶⁰ Dort wurde er dann „von der ganzen Guarnison“ und dem „in trauer bekleideten fürstlichen Hofstaat“ auf einem „trauerwagen“ zu einem Schiff gebracht und in Breisach wieder unter anderem von den höheren Offizieren und dem Hofstaat erwartet. Am Anfang des Zugs zum Münster St. Stephan gingen die fürstliche Leibkompanie zu Pferd und ein Regiment zu Fuß, es folgten die Geistlichkeit, Sänger und der Hofmarschall, hinter ihm der von mehreren Kapitänen flankierte Trauerwagen, hohe Offiziere, Kammerherrn, Hofjunker, „Canzly Verwante“ sowie andere. Den Schluss bildete ein Regiment zu Fuß. Im Münster predigte der Hofprediger Rücker über „Ach daß der Held umgekommen ist, der
154 Ernst Friedrich von Remchingen, Breisach, 3. Oktober 1639, in: Molitor: Verrath, S. 81 ff., angesichts der stark tendenziösen Ausrichtung Molitors ist der Quellenwert vorsichtig zu betrachten. 155 Vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI 5 Nr. 6; ebd., GA E VI 5 Nr. 7; ebd., GA E VI 5 Nr. 8. 156 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 572. 157 Vgl. Wilhelm, Albrecht und Ernst an ihren Rentmeister zu Weimar Michael Offnern, Weimar, 19. April 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 2017, Bl. 506r. – 507r., hier Bl. 506v. 158 Vgl. Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 619 ff., v. a. S. 628 f. 159 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, o.O., [Anf. Sept. 1639], in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 558 – 561, hier S. 558. 160 Vgl. Hans Georg Berthram v. Herspach an Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, Breisach, 21. Juli 1639, in: Hellfeld, Geschichte Bernhards, S. 466 – 472, hier S. 467; der Leichnam wurde balsamiert, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 3v.
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Israel geschützt und errettet hat!“ (1 Mak 9,21),¹⁶¹ nach dem Gottesdienst wurde der Leichnam in eine mit Trauertüchern verhangene Kapelle des Münsters verbracht, wo eine beständige Totenwache stattfand.¹⁶² Als die Gesandtschaft in Breisach nicht recht vorankam – auch Bernhards Wertgegenstände und Kleinodien aus Breisach konnten sie 1640 noch nicht erhalten –,¹⁶³ suchte Wilhelm Ende September einen Weg über Schweden und den Kaiser. Er wollte ihre Zustimmung für eine Inbesitznahme der eroberten Orte bis zum Kriegsende und dafür, diese für neutral zu erklären; die Armeedirektoren bat er um eine Verhandlungspause. Eine zentrale Rolle nahm jetzt Diederich von dem Werder ein. Er war für eine solche diplomatische Mission prädestiniert: Er hatte als Geheimer Rat und Oberhofmarschall in Hessen-Kassel politische Erfahrungen gesammelt und war mit diplomatischen Aufträgen für Schweden betraut gewesen, so hatte er für Oxenstierna in Dresden die Verhandlungen zwischen Wallenstein und Hans Georg von Arnim verfolgt und war wohl mehrfach im Auftrag Banérs bei Arnim.¹⁶⁴ Bis zu den kaiserlichen Advokatorien hatte er zudem ein schwedisches Regiment geführt. Nun war er Unterdirektor der Landschaft in Anhalt.¹⁶⁵ Mit Fürst Ludwig von Anhalt wie mit Wilhelm von Weimar verband ihn ein Vertrauensverhältnis;¹⁶⁶ seine Gesprächsführung kam bei den Fürsten gut an.¹⁶⁷ Werder vermittelte zwischen den Anhaltern und Weimar und beeinflusste augenscheinlich maßgeblich die Planung der Gesandtschaft mit. Werder reiste nun, mit kaiserlichem Pass, zum sächsischen Kurfürsten, der wiederum zum Kaiserhof vermitteln sollte, dann zum Hauptquartier Johan Banérs in Leitmeritz. Ebenso sollte er Erzherzog Leopold Wilhelm aufsuchen, der sich in
161 Vgl. Rücker: Leichenpredigt. 162 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 1r. – 24r., hier Bl. 3v. – 4v. [wohl um 1655]; zur Bestattung im Münster auch LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 572. 163 Wilhelm wandte sich deswegen an Ludwig XIII., vgl. Ludwig XIII. (Bouthillier) an Hans Ludwig v. Erlach, Saint-Germain-en-Laye, [ohne Tagesangabe] November 1640, in: Erlach, Mémoires, S. 38 f.; zu den Verhandlungen insbesondere Wilhelms von Weimar u. a. in dieser Sache vgl. Gonzenbach: General, Bd. 1, S. 623 ff. 164 Vgl. Opitz: Briefwechsel, Bd. 2, S. 1231; Werder war nicht zuletzt Schriftsteller, vgl. Ball: Dichter. 165 Vgl. bsp. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 572, Bl. 458v. 166 Vgl. die Briefe Werders an Wilhelm von Weimar, in: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 572; Wilhelm verfasste zu Werders Tod auch ein Trauergedicht, vgl. Ludscheidt: Georg Neumark, S. 253 f.; vgl. auch: Christian II. zu Anhalt an Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar, Bernburg, 30. Oktober 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 205, Bl. 218r.: Werder „werde seiner commission“ bestens nachkommen, besser als er selbst es wahrscheinlich tun könne. 167 Vgl. Christian II. v. Anhalt: Tagebuch, Eintrag vom 1. März 1636: Digitale Edition und Kommentierung der Tagebücher des Fürsten Christian II. von Anhalt-Bernburg; vgl. ebd., Eintrag vom 17. März 1636.
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Prag aufhielt.¹⁶⁸ Eine Reise zum Kaiser wurde zumindest diskutiert. Werder hielt den Einbezug Wiens für unumgänglich. Für den Fall, dass der Erzherzog nicht zu erreichen sei, schlug er Gespräche mit den kaiserlichen Generälen vor.¹⁶⁹ Er betrachtete die Erfolgsaussichten seiner Mission allerdings von Anfang an skeptisch: So „hochnottwendig ich diese abschickung befinde“, schrieb er Wilhelm, „so gar mit unvolkommener andword werd ich wieder zurück geschickt werden“. Er stelle den Ausgang der Reise aber der„göttlichen verordnung anheimb“.¹⁷⁰ Sein Urteil war von eigenen Erfahrungen und sicher auch von den Einschätzungen der Anhalter beeinflusst, die er um eine Stellungnahme gebeten hatte. August von Anhalt-Plötzkau (FG 46), der dem Gesamthaus Anhalt vorstand, und Fürst Ludwig I. von AnhaltKöthen (FG 2) schätzten die möglichen Erfolgsaussichten Wilhelms offenbar als gering ein. Ludwig hob die patriotische Intention des verstorbenen Herzogs hervor, riet, keine Zeit zu verlieren und mahnte zu „grosse[r] behuttsamkeit“.¹⁷¹ Offenbar wurde jetzt die Fruchtbringende Gesellschaft für die Bemühungen um das Erbe Bernhards zu nutzen gesucht. Werder (FG 31) genoss in der Gesellschaft hohes Ansehen,¹⁷² Krosigk wurde 1639 Mitglied (FG 341),¹⁷³ der mit Werder zumindest teilweise mitreisende Bernhard Meyer (FG 347) wohl im September 1639,¹⁷⁴ Hortleder war kurz zuvor aufgenommen worden. Sie alle hatten Vertrauenspositionen inne – durch ihre Mitgliedschaft wie umgekehrt, wenn verdiente Gefolgsleute zu Mitgliedern wurden. Zudem konnten sie unauffälliger gegenüber anderen Mitgliedern agieren. Werder nutzte in der Korrespondenz mit dem Fürsten die Gesellschaftsnamen. Hier wirkte sich das Gleichrangigkeitsprinzip der Gesellschaft aus, das die ständischen Unterschiede zu überbrücken versprach. Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft eröffnete Räten und Militärs unkomplizierteren und 168 Conermann: Mitglieder, S. 205 ff. 169 Vgl. Dietrich von dem Werder an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Reinsdorf, 9. September 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 572, Bl. 348r. – 349r., hier Bl. 349r.; für Gespräche mit den Generälen benötige er weitere Geschenke. 170 Dietrich von dem Werder an Herzog Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Reinsdorf, 9. September 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 572, Bl. 348r. – 349r., hier Bl. 348r. – 348v.; zu Werders Friedensorientierung vgl. Werder: Friedens-Rede. 171 Vgl. Dietrich von dem Werder an Fürst Ludwig, o.O., 7. August 1639 und Antwortzettel Fürst Ludwigs, in: Conermann, Briefe, Bd. 5, S. 204 f., Zitat S. 205; Ludwig kannte zumindest den Vertrag von St. Germain und war durch Werder über weitere Umstände informiert, vgl. Dietrich von dem Werder an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Reinsdorf, 9. September 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 572, Bl. 348r. – 349r., hier Bl. 348r. – 348v. 172 Werder war auch an der Aufnahme zahlreicher Mitglieder in die FG beteiligt und arbeitete an Gesellschaftswerken mit. 173 Das genaue Aufnahmedatum ist nicht bekannt, aber vor der Aufnahme Meyers anzusetzen. 174 Meyer war mindestens auch bei der Reise zu Banér dabei, vgl. Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 291, 296.
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näheren Zugang zu den Höfen, als er für sie in der Regel zu erhalten war. Die Zugehörigkeit zu den Fruchtbringern erwies sich mithin als soziale Ressource. Auch auf Seiten der Gesprächspartner gab es mit Banér (FG 222) und Arnim (FG 255) Fruchtbringer. Aus Wilhelms Perspektive mussten sich mehrere Vorteile bündeln. Die Gesellschaft bot ein Netzwerk, das für politische Zwecke genutzt werden konnte.¹⁷⁵ Anfang Oktober hatte Werder eine Audienz in Dresden und führte Gespräche mit Arnim, der sich um eine antischwedische Koalition und dritte Partei bemühte und Kriegspläne gegen Schweden konzipierte. Dies mag daraufhin deuten, dass Wilhelm und Werder ebenfalls in eine gegen Schweden gerichtete Richtung vorfühlten.¹⁷⁶ Werders Reise nach Prag oder Wien entfiel jedoch, möglicherweise aufgrund der Besetzung Böhmens. In Leitmeritz übergab er unter anderem Briefe Wilhelms an Banér.¹⁷⁷ Dieser reagierte verhalten.¹⁷⁸ Die Reisen blieben ohne Erfolg, ebenso wie weitere Gesandtschaften. Eine kaiserliche Offerte, wonach Wilhelm die Truppen und Gebiete übernehmen und dem Kaiser übergeben und dafür die beweglichen Güter Bernhards und Gelder erhalten solle, war Wilhelm zu riskant. Mit den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück sahen die Ernestiner eine neue Chance gekommen, weitere Teile des Erbes zu erlangen. Sie erstellten Konzepte für Verhandlungen mit Frankreich. Zudem war zunächst geplant, mit Forderungen an Schweden heranzutreten. Das wurde rasch wieder fallen gelassen. Im Rahmen der Verhandlungen in Westfalen spielten solche weimarischen Forderungen auch keine Rolle.¹⁷⁹ Allerdings traten die Ernestiner weiter an den französischen König heran. Die französische Krone reagierte beschwichtigend; die Antworten blieben im Vagen. Was die Interessen Wilhelms bei den Münsteraner Verhandlungen betreffe, so habe der König seinen Botschaftern und Bevollmächtigten geschrieben, sie sollten alles tun, was möglich sei, um Wilhelm zufrieden zu
175 Vgl. Schmidt: Anfänge. 176 Vgl. Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 238, 321, 374. 177 Vgl. Dietrich von dem Werder an Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar, Reinsdorf, 9. September 1639: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 572, Bl. 348r. – 349r., hier Bl. 349r. Banér erhielt auch einen Gesellschaftsbrief Fürst Ludwigs: Fürst Ludwig an Johan Banér, Köthen, 3. des „Herbstmonats“ 1639, in: Conermann, Briefe, Bd. 5, S. 236 f. 178 Vgl. Johan Banér an Axel Oxenstierna, Leitmeritz, 1. Dezember 1639, in: Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling, Senare Afdelningen, Bd. 6, S. 679. 179 Vgl. LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 31r. – 35v., hier fehlt allerdings der Passus zu Schweden. Die Altenburger Gesandten Thumbshirn und Carpzow, die für die Ernestiner die Verhandlungsführung in Westphalen hatten, beschäftigten sich offensichtlich nicht mit dem Erbe Bernhards, freundliche Auskunft von Herrn Christoph Nonnast.
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stellen. Noch Anfang 1649 wurde Wilhelm mitgeteilt, der König habe Erlach angewiesen, das, was er von Bernhard noch besitze, zurückzugeben.¹⁸⁰ Nach 1648 war klar, dass es nur noch um finanzielle und materielle Ansprüche gehen konnte. Wilhelm überlegte 1651 zumindest, auch Forderungen an Dänemark für die Dienste Johann Ernsts und Bernhards zu stellen. Sein Amtmann Hofmann schlug sogar vor, Ansprüche an die Rechtsnachfolger Herzog Christians von Braunschweig geltend zu machen, das heißt an das Domkapitel zu Halberstadt.¹⁸¹ Vor allem Wilhelms Sohn Bernhard von Sachsen-Jena bemühte sich intensiv um das finanzielle Erbe. Er verfügte lediglich über ein sehr kleines Territorium, wenig politische Möglichkeiten und eine geringe Finanzausstattung. Nach einem gründlichen Aktenstudium¹⁸² reiste er 1658/1659 und 1662 nach Frankreich. Zwar gilt die Verlobung mit seiner späteren Frau Marie Charlotte de La Trémouïlle als Grund für die zweite Reise,¹⁸³ offenbar spielte aber auch die Erbschaftsangelegenheit eine Rolle.¹⁸⁴ Er kam als Erbe seines Onkels nach Paris. Seit längerem hatte er auch erwogen, französische Militärdienste aufzunehmen. In Paris konnte er auf die Verbindungen seines Onkels Bernhard zu den La Trémouïlle aufbauen und wurde von Marschall Turenne beraten und offensichtlich protegiert.¹⁸⁵ Dieser, seit 1660 maréchal général, hatte schließlich unter seinem Onkel gedient, Marie Charlotte war seine Nichte. Bernhard argumentierte gegenüber dem König, er wolle die Dienste fortsetzen, die sein Haus und insbesondere sein Onkel Frankreich erwiesen hätten.¹⁸⁶ Ludwig XIV. versprach Bernhard 1662 eine jährliche Pension von 9.000 Livres, allerdings mit dem Hinweis, dies erfolge „de sa pure grace et bonté“.
180 Vgl. LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 135r. – 135v.; Acta, Martin Deckers Abschickung nach Bennfeld, Breisach und Paris, nachdem er mit Secretario Michael Jonen von Amsterdam und auß dem Hage kommen. 1643, LATh-StA Gotha, GA E VI. 5. Nr. 8 (unfol.). 181 Vgl. den Bericht Johann Hofmanns an Wilhelm IV., Jena, 8. Juni 1651, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 53 f/ 5, Bl. 2r. – 4v. 182 Bernhard v. Sachsen-Jena verlangte von den Verwandten immer neue Akteneinsicht und die Übersendung von Originalen und Abschriften, vgl. LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r.; er wird als Bernhard II. (als Neffe Bernhards von Weimar) wie Bernhard I. (im Vergleich zum 1680 geborenen Bernhard v. Sachsen-Meiningen) geführt; 1676 vereinbarten er und Bernhard v. Sachsen-Meiningen daher, dass der erstere Bernhard der Ältere, der zweitere Bernhard der Jüngere genannt werden solle, vgl. Müller: Annales, S. 524; LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 66v. als Bsp. zur Selbstbezeichnung als „der Ältere“. 183 Walther: (Un)Ordnung, S. 77 f. 184 Vgl. Bernhard v. Sachsen-Jena an „Vostre Eminence“, Paris, 21. März 1659, LATh-HStA Weimar, Hausarchiv, A VIII.3: Bernhard zu Sachsen-Jena, Nr. 3, Bl. 2r. – 4r. 185 Vgl. Bernhard v. Sachsen-Jena an den Vicomte de Turenne, o.O., o. D. (Kopie), LATh-HStA Weimar, Hausarchiv, A VIII. 3: Bernhard zu Sachsen-Jena, Nr. 3 (Korrespondenz), Bl. 88r. – 89v. 186 Bernhard v. Sachsen-Jena an [Servien ?], Paris, 21. März 1659, LATh-HStA Weimar, Hausarchiv, A VIII. 3: Bernhard zu Sachsen-Jena, Nr. 3 (Korrespondenz), Bl. 2r. – 4r., hier Bl. 2r.
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Bernhard verlangte mehr und bezog sich auf jene Gelder, die zur Bezahlung der Armee aus den „Koffern“ Bernhards entnommen worden waren.¹⁸⁷ 1663 traten dann seine Brüder ihre durch das Erbe Wilhelms IV. und Bernhards erworbenen Ansprüche an die französische Krone an ihn ab.¹⁸⁸ Noch immer wurden Entschädigungen für die von Bernhard eroberten Länder und Untertanen, die Belagerung Breisachs, die Übernahme des Hohentwiels und den Unterhalt des Heeres, nicht geleistete Generalatsbestallungen und Jahrgelder gefordert sowie die von ihm finanzierte Geschütze. Auch Ernst von Sachsen-Gotha interessierte sich noch in den 1660er Jahren für das Erbe.¹⁸⁹ Die ernestinischen Bemühungen setzten sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts fort. Immer wieder wurden die Akten, insbesondere die Bernhard‘schen Verträge, aufgearbeitet. Umfassende Erfolge scheinen sich aber nicht eingestellt zu haben.¹⁹⁰
Bernhard als Mordopfer Das angebliche Schreiben des weimarischen Offiziers von 1639 hatte behauptet, Frankreich habe Bernhard ermorden lassen, weil er sich nicht habe unterwerfen wollen.¹⁹¹ Diese Gerüchte sollten insbesondere in der Bernhard-Hagiographie aufleben,¹⁹² sind aber zeitgenössischen Ursprungs. Im Feldlager gab es Nachfragen,¹⁹³
187 Vgl. LATh-HStA Weimar, Hausarchiv, A VIII.3: Bernhard zu Sachsen-Jena, Nr. 3, Bl. 17r. – 17v. 188 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 55e. 189 Vgl. u. a. Ernst v. Sachsen-Gotha an Johann Ernst v. Sachsen-Weimar, 21. [?] 1664 (Entwurf ), LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 3r.; Johann Ernst v. Sachsen-Weimar an Ernst v. Sachsen-Gotha, Weimar, 25. November 1664, ebd., Bl. 5r.; Wilhelm v. Sachsen-Weimar an Ernst v. Sachsen-Gotha, Wilhelmsburg [Weimar], 19. Mai 1665, ebd., Bl. 23 – 23v.; Bernhard v. Sachsen-Jena an Ernst v. Sachsen-Gotha, Gotha, 2. Juni 1665, ebd., Bl. 25r-27r.; Memorial anstatt Instruction … Herrn Paul Hafnert auff seiner in … reise in Niedersachsen, ebd., Bl. 41r. – 42, 43r. – 43v.; Paul Haffner an Ernst v. Sachsen-Gotha, Februar 1666 ff., ebd., Bl. 45r. – 48v. 190 Vgl. Bernhard v. Sachsen-Jena an Friedrich v. Sachsen-Gotha, 10. November 1674, LATh-StA Gotha, C III M. R. n.r., Bl. 58r. – 60v., hier Bl. 58r.; Bernhard v. Sachsen-Jena an Friedrich v. SachsenGotha, 21. Mai 1677, ebd., Bl. 66r. – 66v.; Friedrich v. Sachsen-Gotha an Wilhelm Ernst v. SachsenWeimar, Gotha, 24. Dezember 1686, ebd., Bl. 71r. – 71v.; Wilhelm Ernst v. Sachsen-Weimar an Friedrich v. Sachsen-Gotha, 28. Januar 1687, ebd., Bl. 72r. – 72v. 191 Vgl. Abtruck Schreibens/ Von einem fünehmen Officier, Aiiiif. 192 Vgl. Allgemeine Schau=Bühne, S. 703 f.; Stenglin: Bernhard von Weimar, S. 65, 61; Genast: Bernhard, S. 112; Hellfeld: Geschichte Bernhards, S. 325; Hennings: Ehren-Tempel, S. 11 – 13. 193 Vgl. Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 469 f., hier S. 469.
Mordopfer
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der Bernhard nahestehende von der Grün sprach in seinem Tagebuch von Mord,¹⁹⁴ Constantijn Huygens, der Dichter, Diplomat und Sekretär Friedrich Heinrichs und Wilhelms II. von Oranien, stellte entsprechende Mutmaßungen an,¹⁹⁵ Grotius äußerte sich ablehnend wie zustimmend.¹⁹⁶ Der Tod des Herzogs erschien trotz seiner vorangegangen Erkrankungen als plötzlich. Das förderte Spekulationen, die aufgrund der Konflikte zwischen ihm und der französischen Krone sowie seiner militärischen Erfolge gegen den Kaiser gediehen.¹⁹⁷ Zudem hatte es Berichte über geplante Attentate auf Bernhard gegeben, auch in den Zeitungen.¹⁹⁸ So soll ein einige Monate zuvor hingerichteter „Meuchelmörder“ ausgesagt haben, mit weiteren Verschworenen habe er den Herzog und hohe Offiziere töten wollen.¹⁹⁹ Die verbreitete Sorge vor Anschlägen auf das politische und militärische Führungspersonal und das Bewusstsein für politische Morde spielte mit hinein; auch auf Bernhard hatte es schon frühere Übergriffe gegeben.²⁰⁰ Die Gerüchte zeigen so vor allem, was für möglich erachtet wurde. Auch die Ernestiner schürten Mutmaßungen: Die von Ernst initiierte Gedenktafel in der Gothaer Margarethenkirche sprach von Bernhards Ermordung und stilisierte ihn damit als Märtyrer für die Religion und die „deutsche Freiheit“.²⁰¹ Einer der Texte, die in Gotha für ein geplantes Funeralwerk zu Ehren Bernhards 194 Vgl. Christoph von der Grün: Des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden … höchst preißwürdigste Helden Thaten, welche Derselbe nach tödtlichen Abgang des Ehrwürdigsten Königs der Schweden, Gustavi Adolphi, biß an sein Seel. Ende … verübet, FB Gotha, Chart. B 67. 195 Constantijn Huygens: In tumulum Bernhardi Saxoni Weimariae ducis, in: Ders., Gedichten, Tl. 3, S. 125. 196 Vgl. Hugo Grotius an Ludwig Camerarius, Paris, 30. Juli 1639, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 10, S. 488 – 491, hier S. 489; Ders. an Axel Oxenstierna, Paris, 30. Juli 1639, in: ebd., S. 491 – 494, hier S. 491 f.; auch Notiz vom 3. August 1639 zum Brief von Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 20. Juli 1639, in: ebd., S. 471 f., hier S. 472; Diederik de Groot an Hugo Grotius, Neuburg, 19. Juli 1639, in: ebd., S. 469 f., hier S. 469; Röse: Herzog, Bd. 2, S. 429 ff. 197 Vgl. bsp. die Chronik Walthers: Reuss: Strassburg, S. 35 f. 198 Vgl. bsp. Paulus Heuser an General Woelcker, Lucien, 2. Januar 1639, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 344, Dok. 8; Wochentliche Ordinari Zeitungen/ von unterschidlichen Orten, auf das 1639. Jahr. Littera Nr. 102, München [1639]: Nach einem Anschlag am 8. März 1639 in Pontarlier habe der Herzog die deutsche (!) Wache verdoppelt. 199 Vgl. Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff: In Freiburg i. Br. sei ein Mann wegen eines geplanten Meuchelmordes bestraft worden; die obige Darstellung: Theatrum Europaeum, Bd. 4 (1692), S. 12; die Aussage erfolgte allerdings unter Folter. 200 Vgl. LATh-HStAWeimar, B 2627 [1630/1631]; vgl. bsp. die Anschläge auf Wilhelm von Oranien, die Ermordung König Heinrichs II. von Frankreich; zu Wallenstein u. a. Kampmann: Wallenstein; zu einem möglichen Attentat auf Tilly: Kaiser: Politik, S. 56. 201 Vgl. Verzeichnüß derer in der St. Margarethen Kirchen ruhenden Fürstlichen und andern Leichen, auch derer daselbst vorhandenen Epithaphien [1681/82], FB Gotha, Chart. A 975, Bl. 4r.; Rathgeber: Beschreibung, S. 373 f.
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zusammengestellt wurden, fragt rhetorisch: „So musstest du damals nach so viel Krieges siegen/ Allein durch Lethens Gift/ O tapfrer Held/ erliegen?“²⁰² Gemeint ist das Vergessen durch den Tod, die Anspielung ist jedoch da. Die Berichte über die Untersuchung des Leichnams und die Obduktion liefern keine Hinweise auf eine mögliche Ermordung: Die Leibärzte sprachen von einem pestartigen Fieber,²⁰³ im Obduktionsbericht des Chirurgen und seiner Assistenten ist von „maligniteten oder signa pestifera“ die Rede.²⁰⁴ Kardinal Harrach, der in Wien Gerüchte gehört haben wollte, wonach „einer seiner khnaben“ Bernhard „die pest angehenckhet“ habe und er „mit 3 zaichen gestorben“ sei,²⁰⁵ war demnach nicht ganz fehlinformiert. Der niederländische Geschichtsschreiber, Nachrichtenagent und Diplomat Lieuwe van Aitzema sprach vom Giftmord im französischen Auftrag.²⁰⁶ Auch das 19. Jahrhundert machte vorrangig die Franzosen, insbesondere Richelieu, verantwortlich,²⁰⁷ wobei sich die Mordtheorie gegen den „Erbfeind“ Frankreich richtete. Manchmal galten auch der Kaiser,²⁰⁸ Spanien²⁰⁹ oder die Jesuiten als Drahtzieher.²¹⁰ Immerhin konnte Rücker der Familie und der Gemeinde in seiner Trauerpredigt Sorgen vor einem zu raschen Sterben Bernhards nehmen. Der Herzog, bezeugte er, sei eines „christlichen“ Todes gestorben, er habe sich auf den Tod vorbereitet, seine Sünden bekannt, sich in das Gebet vertieft, das Abendmahl empfangen und sei schließlich „sanft“ gestorben.²¹¹
202 Hertzog Bernhards zu Sachsen fürstl. Durchl. Leich=Predigt betr. und was sonst darbey in druck gebracht werden solle, 1660, LATh-StA Gotha, Geheimes Archiv Bd. II: E VI 5) 13 (unfol.); vgl. Greflinger: Dreyßig-Jähriger Krieg, S. 116; aus der Mitte des 18. Jh.s Brunner: Specimen, S. 77. 203 Vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI. 5. Nr. 6, Bl. 139r.: Befund von Blandinus und Ludovig Schmit. 204 Das Gehirn sei jedoch ganz gesund gewesen: Verzeichnis was wir bey eröffnung deß durchlauchtigen … fürsten … herrn Bernharden … abgestorbenen Cörper außer und innerhalb von maligniteten oder signa pestifera befunden, LATh-StA Gotha, GA E VI. 5. Nr. 6, Bl. 138r. – 138v., hier Bl. 138r. 205 Keller/Catalano: Diarien, Bd. 4, S. 569, Eintrag vom 31. Juli 1639. 206 Aitzema: Saken, Tl. 2, S. 617. 207 Vgl. bsp. [Naubert]: Geschichte, Tl. 2, S. 356. 208 Vgl. Lauckner: Bernhard von Weimar, S. 183. 209 Vgl. Böttiger: Herzog Bernhard (Weimar 1806), S. 12 f. 210 Vgl. Laube: Krieg. 211 Die zeitgenössischen Erwartungen an das ideale Sterben waren erfüllt, vgl. Rücker: Christliche Trawr-Predigt, S. 42; Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff; zur Leichenpredigten Lenz/Wipprecht: Leichenpredigt; Aurast: Leichenpredigten.
13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard Als Graf Johann von Nassau dem Herzog von Weimar 1638 zu einem seiner Siege gratulierte, betonte er, der Erfolg zeige, dass Bernhard Gottes „führnehmste[s] Instrument“ zur Rettung der Kirche, der deutschen Freiheit und des Friedens sei. Er wünschte ihm eine Fortsetzung seines Wirkens, damit „die Historici, desto mehr materi haben, Euro fürstl. Gnaden der posterität bekand zu machen“.¹ Johann sprach damit den erhofften Nachruhm ebenso an, und tatsächlich sollte bald des Herzogs von Weimar unter den Aspekten „Rettung des Protestantismus“, „deutsche Freiheit“, „Frieden“ gedacht werden. Allerdings war die Rezeption seiner Figur lange von den Hausinteressen der Ernestiner geprägt. Als der Leichnam Bernhards im September 1655 von Breisach nach Weimar überführt wurde, begann ein neuer Abschnitt im Umgang mit dem Verstorbenen. Die Ernestiner verfügten nun über den Toten und nutzten ihn für die Darstellung und Legitimation der Dynastie. Sie konnten hoffen, mit dem Gedenken an Bernhard die verbliebenen Ansprüche auf sein Erbe wach zu halten. Er wurde jetzt Teil des kulturellen und politischen Kapitals der Ernestiner, das situativ aktualisierbar war und nicht nur identitätsstiftend und legitimierend, sondern auch handlungsorientierend sein konnte. Beide Facetten des dynastischen Selbstbildnisses – die der lutherischen Dynastie, die den wahren Glauben schütze, und die ihres Einsatzes für die deutsche Freiheit – wurden durch Bernhard beglaubigt und konnten in ihm einen neuen Höhepunkt erleben. Zudem stand sein Wirken für das der Generation der Brüder insgesamt, die sich am Krieg beteiligt hatten. Der Herzog, der sich zunehmend von seinem Herkunftshaus emanzipiert hatte, wurde dadurch wieder verstärkt zu einem Teil dieses Hauses. Diese Muster sind aufschlussreich, da die Sicht auf eine historische Figur nicht frei von vorangegangenen Wahrnehmungen zu denken ist. Die frühere Rezeption wirft noch einmal ein Licht darauf, welche Ideen, Vorstellungen und Hoffnungen Zeitgenossen mit dem Herzog von Weimar verbanden und möglicherweise schon zu seinen Lebzeiten mit seinem Wirken verbunden hatten. Gefragt werden soll daher, wer warum eine Heroisierung betrieb und für welches Publikum und welcher Funktionsweise diese Erzählungen folgten. Damit geht es um die medialen Strategien, die Kontextabhängigkeit und den Strukturwandel der Erinnerung,² um die 1 Johann v. Nassau an Bernhard v. Weimar, Metz, 8. August 1638, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 343, Bl. 351r. – 352v., hier Bl. 351v. 2 Vgl. Assmann: Moses, v. a. S. 26 ff.; Assmann/Hölscher: Kultur; Assmann: Erinnerungsräume, v. a. S. 130 – 145. https://doi.org/10.1515/9783110701913-014
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13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard
Konjunkturen des Helden, darum, welche Wertungen die Narration transportierte und was sie aussparte. Damit rückt auch in den Blick, inwieweit der Einzelne von der Dynastie zu unterscheiden ist und welche Vorstellungen des Individuums dahinter standen.
1655 Zur Überführung wurde 1655 erneut eine Gesandtschaft von insgesamt mehr als 20 Personen,³ begleitet von einer größeren Zahl Soldaten,⁴ nach Breisach geschickt. Die Mitglieder der Delegation, die den Leichnam nach Thüringen überführte, waren Inhaber von Hofstellen, Militärs, Amtsleute und überwiegend Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft: der Rat und Kammerjunker Heinrich von Schwechhausen (FG 532), der von 1651 – 55 Erzschreinhalter und damit Sekretär der Gesellschaft war,⁵ Wilhelms Hofmarschall Hans August von Leutsch (FG 530), der Offizier Wolf Albrecht von Weidenbach (FG 574), Hans Andreas von Uetterodt, ebenfalls ein Hofmann (FG 563); hinzu kamen der sachsen-weimarische Landeshauptmann Stalanus Friedrich von Scharffenstein, der 1659 in den Kreis der Fruchtbringer aufgenommen werden sollte (FG 733), und Heinrich von Miltitz, Amtmann von Salzungen und Krainberg (Sachsen-Gotha). Sie sollen von acht berittenen Leibgardisten begleitet worden sein, die das in Gold gestickte sächsische Wappen auf ihren Röcken trugen – der offizielle Auftrag der Reisegesellschaft war somit nicht zu verkennen. In Breisach wurde die Gesandtschaft vom französischen Gouverneur sowie höheren Offizieren feierlich mit Geschützsalven verabschiedet.⁶ Ihren Territorien verordneten die Ernestiner, wie bei fürstlichen Todesfällen üblich, mehrtägige und aufwendige Trauerfeierlichkeiten.⁷ Der verstorbene Herzog war kaum in Weimar oder den anderen ernestinischen Gebieten in Erscheinung getreten. Sein Tod aber wurde nun zu einem territorial-dynastischen Ereignis. Die
3 Zu den Kosten der Gesandtschaft vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 10. 4 Vgl. Musterung von 8000 Mann Sachsen-Weimarer Truppen angeblich zur Abholung der Leiche des Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar aus der Stadt Breisach, 1652 – 1655, Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Sign. A 37b I, I 3 Nr. 26 [Benutzungsort: Wernigerode], http://recherche.lha.sachsen-an halt.de, 8.000 Mann sind jedoch kaum glaubwürdig. 5 Schwechhausen wurde allerdings noch im gleichen Jahr aus dem weimarischen Hofdienst entlassen, vgl. Mitgliederdatenbank der Fruchtbringenden Gesellschaft. 6 Vgl. Müller: Annales, S. 399; Gouverneur Breisachs war zu dieser Zeit de Vitry; die Gesandtschaft reiste am 15. September 1655 ab, vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 9. 7 Vgl. Abkündigung/ Ds [sic] auff den 12. instehenden Monats dieses 1655. Jahres angestelten Fürstlichen Begräbnis; Klinger: Fürstenstaat, S. 137, 319 – 325.
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Höfe und Verwaltungen in Weimar und Gotha stimmten die Planungen detailliert ab.⁸ Bei der Konzeption und Ausgestaltung der Trauerfeierlichkeiten griffen sie auf ältere Schemata und Erfahrungen zurück, herkömmliche Erwartungen waren zu berücksichtigen. Dabei sollte auch gegen eine offensichtlich in der Bevölkerung herrschende Stimmung reagiert werden, wonach Bernhard Krieg „umb kurzweil“, „fürstlichen Unterhalt“ oder „umb die Lust zu kriegen“ geführt habe, mithin aus selbstbezogenen Motiven, als Kriegstreiber. Das behaupteten, so wurde offiziell verkündet, allein Missgünstige und Neider; Bernhards Äußerungen und Schreiben bewiesen anderes, zumal er solche Ziele doch „zum theil zu Hauß/ und in andern Kriegen/ auch beym Gegentheil selbst [im Frieden also]/ wol und besser“ hätte erreichen können.⁹
Abb. 7: Sarg Bernhards, 1655
Der Leichnam wurde an verschiedenen Orten aufgebahrt, es gab Glockenläuten und Trauerpredigten, die Pfarrer hatten einen Lebenslauf Bernhards von den Kanzeln
8 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 580. 9 Vgl. Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, o.S.
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13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard
zu verlesen, der in Weimar und Gotha entwickelt worden war.¹⁰ Aufgrund „der kürtze des Tages und rauhen Winters=Zeit“ wurden die Kirchgänger von einer ausführlichen Schilderung seiner militärischen Stationen verschont,¹¹ vorgesehen war gleichwohl eine Predigt über eineinviertel bis eineinhalb Stunden.¹² Nach einer ersten Station in Eisenach und der Wartburg kam der Sarg nach Gotha, wo der Herzog zunächst in Schloss Friedenstein, dann in der Margarethenkirche aufgebahrt wurde, die für drei Jahrzehnte Grablege der dortigen herzoglichen Familie war.¹³ Auch durch Fahnen mit den Aufschriften „Pro Religione“ und „Pro Libertate“ wurde der Bezug zu Religion und Freiheit hergestellt.¹⁴ In Gotha wie an anderen Orten war die Bevölkerung verpflichtet, an den Prozessionen und bestimmten Feiern teilzunehmen, auch (Schul‐)Kinder waren beteiligt.¹⁵ Eigene Feste und Feiern waren der Bevölkerung verboten. Über Erfurt gelangte der Leichnam im Dezember 1655 nach Weimar.¹⁶ Bernhard wurde hier in der fürstlichen Grablege in St. Peter und Paul beigesetzt,¹⁷ in der
10 Dabei kam Gotha die letztendliche Bestimmung über den Text zu; die Bewirtung der Trauergesellschaft bsp. oblag Wilhelms Entscheidung, vgl. Resolution, uff Herrn Herzog Ernst zu Sachsen, Jülich … fürstl. Gn. gethane erinnerung den 28. Novembris Ao 1655, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 580, Bl. 272r. – 274r., hier Bl. 272r., 273r.; ein Entwurf des Lebenslaufs mit Anmerkungen für mögliche Kürzungen und Streichungen: ebd., Bl. 277r. – 349r., zu Änderungen: ebd., Bl. 356r. – 356v. 11 Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff. 12 Vgl. Resolution, uff Herrn Herzog Ernst zu Sachsen, Jülich … fürstl. Gn. gethane erinnerung den 28. Novembris Ao 1655, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 580, Bl. 272r. – 274r., hier Bl. 272r., ein von einem fürstlichen Mitarbeiter verfasstes Dokument zur weiteren Planung der Trauerfeierlichkeiten und Abstimmung zwischen Gotha und Weimar. 13 Eine Abbildung des Sarges in LATh-StA Gotha, Geheimes Archiv, Nr. 4746, Bl. 58r.; die Abbildung des Sarges und eine Abschrift der Grabinschrift im LATh-HStA Weimar, Sammlungen F, Nr. 258, sind verschollen (Auskunft LATh-HStA Weimar). Die Klassik Stiftung Weimar verfügt über Christian Richters Totenbild Bernhards von Weimar (nach 1639); eine Darstellung vermutlich Bernhards als Verstorbener im Sarg zeigte die Ausstellung „Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa“ (2016) im Neuen Museum Weimar. In Gotha hielt auch der junge Prinz Johann Ernst (gest. 1657) vor dem Hof, Offizieren und den höheren Verwaltungsbeamten eine lateinische Gedächtnisrede auf Bernhard, LATh-StA Gotha, GA E VI 5 Nr. 13 (unfol.); vgl. auch ebd., GA Nr. 4794 zur Leichenprozession. 14 Vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 13 (unfol.) 15 Die Räte der von den Wettinern gemeinschaftlich regierten Grafschaft Henneberg wurden angewiesen, mit der gesamten Bürgerschaft ebenfalls eine Trauerprozession zu veranstalten und den Superintendenten in der Kirche predigen zu lassen, vgl. Wilhelm von Sachsen-Weimar und Ernst von Sachsen-Gotha an die Räte in der Grafschaft Henneberg, Weimar, November 1655, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 04394/11, zw. Bl. 4 u. 7; eine Abschrift der Predigt war nach Weimar zu übersenden, der Predigttext war hier also nicht vorgegeben. 16 Zur Abstimmung mit Erfurt vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 580, u. a. Bl. 158r. – 159v., 417r. – 418r.; zum Ablauf der Feierlichkeiten insbes. in Weimar auch Arndt: Räume, S. 137– 144.
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mehrere seiner Geschwister bestattet waren. Der umfangreiche Trauerzug umfasste in Weimar mehr als 60 Positionen und Gruppen.¹⁸ Zwei Offizieren¹⁹ folgten an verschiedenen Positionen des Zuges Militärs zu Pferd und zu Fuß, begleitet von Trompetern und Trommlern, Vertreter des Hofes, Träger mit den Fahnen der von den Ernestinern beanspruchten Herrschaften sowie der Trauerfahne, wieder ein Pauker und zwölf Trompeter, schwarz gekleidet und mit schwarzen Fahnen, die das sächsische Gesamtwappen zeigten. Auch Gegenstände und Insignien des Verstorbenen wurden mitgeführt: ein vergoldetes Casquet, der „bloße Degen“, der Regimentsstab, vermutlich auch vergoldete Sporen.²⁰ Diese Objekte vergegenwärtigten den Toten und seine Bedeutung und konnten die Erinnerung mit prägen.²¹ Kurz hinter dem Leichnam, der von acht Offizieren begleitet wurde, gingen die Herzöge und Moritz von Sachsen-Zeitz (FG 450), der seinen Vater, den Kurfürsten, vertrat,²² Räte aus Weimar und Gotha, Vertreter von Universität und Rat aus Erfurt sowie der
17 Die Vereinbarung zwischen Ernst und Wilhelm IV. über die Grablege, Weimar, 29. Oktober 1655, LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 11 (s. auch Nebenrezeß vom 30. Oktober 1655); vgl. LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 584: Ergänzungsheft enthaltend die Beschreibung des Ablebens und die Beisetzung der Leiches des Herzogs Bernhard. 1639 – 1655; vgl. Bang-Haas: Grabmäler, S. 206 – 208; die Grabtafel für Bernhard, eine ovale Bronzeplatte, die sich im Fußboden nördlich des Altars befindet, ist abgebildet in: Müller: Stadt Weimar, S. 276, Abb. 409. 18 Vgl. zum Folg.: Procesßion Wie es bey des Durchlauchtigsten Hochgebohrnen Fürsten und Herrn, Herrn Bernhards, Herzogens zu Sachsen … christl. andenkens, angestellten sepultur, gehalten worden [entstanden wohl 1655 im Rückblick auf die Trauerfeierlichkeiten] mit namentlichen Auflistungen, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 35r. – 39r.; zum Trauerzug und den Feiern auch Müller: Annales, S. 399 – 407; eine Aufstellung aus der Planungsphase: Proceßion Wie es bey des Durchlauchtigsten Hochgebohrnen Fürsten und Herrn, Herrn Bernhards, Herzogens zu Sachsen … christl. andenkens, angestellten sepultur, gehalten werden soll, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 40r. – 44v. 19 Hier wieder Wolf Albrecht von Weidenbach und Stalanaus Friedrich von Scharffenstein. 20 Vgl. auch Müller: Annales, S. 399, 403, der noch einen vergoldeten Harnisch nennt; eine fragmentarisch erhaltene Abbildung zum Leichenzug, wohl zur Station in Gotha, zeigt ebenfalls verschiedene Gegenstände Bernhards: vgl. Fragment des Leichenzuges für Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, um 1655, Kupferplatte 36,5x30 cm, Kunstsammlungen zu Weimar, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. N 20/60, hier nach: Schmidt: Tod, S. 62; es werden explizit Teilnehmerinnen als Gothaer Frauen bezeichnet; vgl. zu den im Trauerzug für Herzog Johann Ernst 1627 mitgeführten Gegenständen und der vergleichbaren Teilnehmeraufstellung Müller: Annales, S. 320 – 333. 21 Vgl., bsp. Neumann: Präsenz; Köhle-Hezinger: Welt; Langbein: Geerbte Dinge; Burkart/Juneja/ Häberlein/Siebenhüner: Ding; Schmidt-Funke: Materielle Kultur. 22 Vgl. Johann Georg v. Sachsen an Moritz zu Sachsen, Moritzburg, 14. November 1655, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 04394/11, Bl. 9r. – 10r.; Johann Georg v. Sachsen an Wilhelm und Ernst zu Sachsen, Moritzburg, 14. November 1655: ebd., Bl. 8r.; Moritz v. Sachsen an Johann Georg v. Sachsen, 23. November 1655, in: ebd., Bl. 11r. – 11v.; im Folgejahr heirateten er und Wilhelms Tochter Dorothea Maria, vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 123 – A 126.
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Universität Jena,²³ dann die Gemahlinnen, Witwen und Töchter der Ernestiner, begleitet von Vertretern des (landsässigen) Adels, schließlich: Beamte und weitere hochrangige Vertreter Weimars, deren Frauen, dann Frauen und Töchter der Bürgerschaft.²⁴ Die eingeladenen Verwandten erschienen allerdings keineswegs durchweg zur Beisetzung. Christian II. von Anhalt und seine Gattin sagten mit Verweis auf gesundheitliche Probleme ebenso ab wie andere Anhaltiner.²⁵ Es kamen aber unter anderem Herzog Friedrich Wilhelm II. von Altenburg, die Witwe Herzog Albrechts aus Eisenach und Hans Christoph Graf von Königsmarck, deren Gefolge ebenso wie Bediente der Grafschaft Henneberg bei Weimarer Bürgern einquartiert wurden.²⁶ Ebenso reiste Viktor I. Amadeus von Anhalt-Bernburg mit seinem Hofstaat an;²⁷ Ernst I. kam mit seinen Söhnen Johann Ernst und Friedrich.²⁸ Auch den Ablauf der kirchlichen Feier in Weimar hatten die Verwaltungen und Höfe streng durchgeplant,²⁹ mit wiederholtem Wechselspiel von Chor und Trompetern, dem Einsatz der Hofkapelle und der Abfolge der ausgewählten Begräbnisund Kirchenlieder; die Insignien des Herzogs wurden erneut zur Schau gestellt.³⁰
23 Vgl. Müller: Annales, S. 405; mit einer Teilnehmer-Auflistung des Weimarer Leichenzugs. 24 Der Quellenwert jener schriftlichen Aufzeichnungen und Abbildungen, die vom Selbstdarstellungsinteresse des Hauses geleitet sein mussten, und späterer Publikationen wie den 1701 publizierten Annalen Johann Sebastian Müllers ist grundsätzlich fraglich, vgl. Stein: Inszenierung, v. a. S. 191. Die Weimarer Planungen und Berichte über die Feiern wie die Aufzeichnungen des Beobachters Moritz von Sachsen an seinen Vater machen in ihren Übereinstimmungen jedoch plausibel, dass der Weimarer Zug dergestalt ablief, vgl. Weimarisches Diarium von 11. Biß den 15. Decembr. Anno 1655. Bey Ihrer Fürstl. Durchl. Herrn Herzog Bernhardts zu Sachsen … Leichenbegängniß, v. a. den Bericht von Moritz, HStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 08703/10, Bl. 1r.– 5r. 25 Vgl. Christian v. Anhalt an Wilhelm v. Sachsen-Weimar, Bernburg, 5. Dezember 1655, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 580, Bl. 442r. – 442v; Johann Casimir, Christian und Günther zu Anhalt an Wilhelm und Ernst v. Sachsen, o.O., 30. November 1655, ebd., Bl. 445r. – 445v.; sie sprachen zudem von „andere[n] (…) dringende[n] angelegenheiten“. 26 Vgl. Quartier-Rolla In der Fl. Residentzstadt Weimar, beim … Leichprocess den 12. December 1655, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 581a, Bl. 54r. – 62v. 27 Vgl. Fourierzettel für Viktor Amadeus, Fürst zu Anhalt, LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 580, Bl. 443r., es handelt sich um insges. 15 Personen und 18 Pferde. 28 Vgl. Arndt: Räume, S. 67. 29 Vgl. Welchergestalt die fürstliche beysetzung des weyland durchlachtigen … Herrn Bernhardts, Herzogen zu Sachen … gegen den 12. Decembris dieses … 1655 Jahrs anzustellen, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 581a, v. a. Bl. 4r. – 11v. 30 Vgl. Wie es in der Kirche bey der Fürstl. Beysetzung zu halten [1655], LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 46r – 51r.; gesungen wurde u. a. „Wenn du hast diesen Herzog und sein Volck allenthalben herrlich gemacht und geführt“, „Herr du hast diesen Herzog und sein Volck nicht verachtet …“, „hien fort ist dir beygeleget die Crone der gerechtigkeit“ (Bl. 49r.).
Rückgriff auf 1639
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Die Trauergottesdienste dienten der religiösen Vergewisserung und wie die Trauerreden, Musik und Essen für die höherrangigen Teilnehmer der Repräsentation und Machtdemonstration.
Rückgriff auf 1639 Bernhards Hofprediger Rücker, jetzt Pfarrer in Rothenburg ob der Tauber, hielt wie in Breisach nun in Weimar die Predigt. Im Mittelpunkt stand der zweite Brief des Timotheus 4.7, „ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten“,³¹ ein beliebtes Leitwort in Leichenpredigten.³² Seine Predigt von 1639 war rasch gedruckt worden und hatte in verschiedenen Ausgaben weite Verbreitung gefunden.³³ Philipp Hainhofer hatte bereits im August eine Ausgabe über einen Basler Kaufmann erhalten, die, „nach dem sie etliche seine[r] bekhante gelesen“ hatten, „ziemlich verschmirbt“ war.³⁴ Rücker schien sich auch deshalb für das Bernhard-Gedenken anzubieten. Zur Beisetzung in Breisach oder kurze Zeit später hatte es Bilder des aufgebahrten Bernhard gegeben, so mit einem ihn mit Lorbeer bekränzenden Engel.³⁵ Neben bekannten Motiven finden sich hier auch (später) ungewöhnliche, so wird Bernhard mit der Kunstförderung und Vorsicht im Kriegsgeschehen verbunden.³⁶
31 Vgl. Müller: Annales, S. 406. 32 Vgl. bsp. Rehefeld: Fides Triumphans, Aii v.; es wurde auch bei Predigten für Pfarrer gern verwendet, vgl. Niekus Moore: Leichenpredigten, S. 49. 33 Vgl. Rücker: Trawr-Predigt; erster Erscheinungsort war Colmar, daneben erschien die Schrift u. a. in Basel und Hamburg; es gebe „mindestens 13 Ausgaben und Druckvarianten“: Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 191; 1640 erschien Schwengefeld: Oratio. 34 Philipp Hainhofer an Herzog August d. J. v. Braunschweig-Lüneburg, Augsburg, 15./25. August 1639, in: Gobiet, Briefwechsel, S. 657 f.; vgl. Ders. an Dens., Augsburg, 13. August 1639, in: ebd., S. 657; Hainhofer wollte auch ein Exemplar für Herzog August besorgen. 35 Einblattdruck des aufgebahrten Bernhard von Weimar, Kupferstich (o.O.), FB Gotha, Biogr. gr. 2° 593/2, Bl. 137v. 36 Vgl. Christliche kurtze Trawer=Klage, Bl. 137v.: „Wenn über=altes Blut vom Hercules erholet/ Wann tapffre Gottesfurcht/ wann vnbewegter Sinn/ Wann seinem Vatterland ein trewes Herz nicht zollet Dem wilden Menschenfraß/ der alles reisset hin:/ Wann Siegs=verwehnte Faust/ wann Teutscher Freyheit Liebe/ Wann kluger Vorsicht Prob den Krieg vnd Friedens=Zeit/ Wann Fördrung schöner Kunst das Sterben hintertriebe:/ Gewiß/ du würdest nicht diß Bild ersehen heut“; das Dokument mag aus dem Umfeld des Bernegger-Freinsheim-Kreises kommen.
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Superlative Wie beim Tod eines Mitglieds des Herrscherhauses üblich, legten studentische Tischgesellschaften Trauerschriften vor;³⁷ auch die Professoren betonten damit ihre eigene Bindung an die Territorialherrn und Erhalter der Universität wie die Bedeutung der Dynastie.³⁸ Bernhard wird mit den hochgehaltenen antiken Helden verglichen, religiös-konfessionelle Motive treten hier zurück. Telephos, Hektor, Achill (als eine ihrem Ehrverständnis entsprechend handelnde Idealgestalt und wie Hektor ein Liebling der Götter) sind Vergleichsfiguren,³⁹ auch Cäsar und Octavian, die der Herzog an Tapferkeit noch übertroffen habe,⁴⁰ ebenso Alexander⁴¹ und Herkules,⁴² letzteres ein Vergleich, den schon Freinsheim für Bernhard eingeführt hatte.⁴³ Zugleich wurde immer wieder das frühe Sterben Herzog Bernhards angesprochen.⁴⁴
37 U. a. Tischgesellschaften von Johannes Musaeus, Erhard Weigel, Johannes Zeisold, vgl. auch FB Gotha, Theol 20 00370/01 (23 – 34); zu Tischgesellschaften Harding: Trinkstube; vgl. auch die in Weller: Annalen, gesammelten Trauerschriften zum Tod Bernhards von Weimar (Abt. 1, Nr. 914, 916, 917, 918, 1085). 38 Auch gaben die Texte Anlass, das eigene Bildungswissen zu demonstrieren; sie mochten also in mehrerlei Hinsicht karrierefördernd wirken; der Jenaer Professor Johann Michael Dilherr hatte schon 1639 entsprechend publiziert: Dilherr: Memoriae. 39 Musaeus: Lauro Sempre Viridi; Lachrymae, quas ad tantulum Serenissimi … Bernhardi Magni. 40 Dem Weiland Durchläuchtigen … Fürsten und Herrn … Bernhard … der beyden Cronen/ Franckreich und Schweden/ wie auch der vereinigten Evangelischen Stände Generalissimo … Stifftet dieses wenige Denckmahl; die Schrift bezieht sich zustimmend auf Freinsheim; vgl. Unterthänigstes Nachsinnen/ Welches dem Weiland Durchläuchtigsten … Fürsten und Herrn … Bernhard … Den 12. Decembris des 1655. Jahrs in … Weymar… beygesetzet worden/ Dem Fürstlichen Hause Sachsen … nachgeschikket. 41 Abtruck Schreibens Von einem fürnemen Officier …, 1639, Aiiii v.M; vgl. Gloner: Klagschrift, S. 5; für Greflinger: Krieg, sind, neben Bernhard, Tilly und Banér jeweils „Alexander“ (S. 107, 22, 121), „Helden“ jedoch im Grunde alle Feldherren. 42 Dem Weiland Durchläuchtigen … Fürsten und Herrn … Bernhard … der beyden Cronen/ Franckreich und Schweden/ wie auch der vereinigten Evangelischen Stände Generalissimo … Stifftet dieses wenige Denckmahl. 43 Vgl. Freinsheim: Tugendspiegel; zum Herkules-Motiv und fürstlicher Männlichkeit vgl. Berger: Herkules. 44 Das mag den Vergleich zu solchen jugendlichen Helden attraktiver gemacht haben, doch auch der 1647 verstorbene Mainzer Kurfürst und Reichserzkanzler Anselm Casimir war ein Achill, ein „wahre[r] Achillis deß Röm: Reichs“, nicht zuletzt, das zeigt die Wandelbarkeit dieser Zuschreibungen, aufgrund seines Einsatzes für die katholische Religion, vgl. Fuchs: Leich= und Lobkrantz, S. 4; [Anonym:] Achilles Germanorum; zur katholischen Leichenpredigt Boge/Bogner: Oratio Funebris.
Superlative
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Bernhard kämpfte auch hier für die wahre (evangelische) Religion⁴⁵ und das Vaterland. Er wird als „Lux Saxoniae! Spes ô sidissima Suecûm!“ angesprochen⁴⁶ und zum „Heros spes Patriae“⁴⁷ und „Patriae Pater“.⁴⁸ Dies war die gängige Vaterlandsrhetorik.⁴⁹ Da er kaum als Landesherr in Erscheinung getreten war, war hier besonders deutungsoffen, was „Vaterland“ meinte. Teilweise war klar ein über Sachsen-Weimar hinausgehendes Vaterland Deutschland gemeint. Der Herzog, so die Tischgesellschaft der Witwe eines Jenaer Mathematikprofessors, habe wiederholt „den Arm dem Teutschland unterstützet/ Wenn es in Ohnmacht sanck“ und bei Lützen bewiesen, „daß er des Vaterlands ein rechter Vater war“.⁵⁰ Seine Qualitäten belegte zudem die Pflanzen- und Tiersymbolik. Er ist eine Eiche, ein Löwe⁵¹ oder ein Adler, der zu den Bedrängten fliege und sie errette⁵² – das angeblich Adlerhafte eines Menschen galt auch der Porträtmalerei als herausragendes Merkmal.⁵³ Der Adler trat auch als Zeichen auf, bei Freinsheim kreiste er bei der Geburt Bernhards, so dass der Held bereits unter zukunftsweisenden Vorzeichen geboren ist. Den Auspizien ähnlich vermögen diese Anzeiger in besonderen Situationen wieder aufzutauchen.⁵⁴ Einem Zeitalter, das göttliche Zeichen als lesbare Kommentare zur menschlichen Welt und Ankündigungen kommenden Geschehens erwartete, waren dies prinzipiell gültige Hinweise.
45 Vgl. Lugubria/ Cum â Serenissimis … Dn. Wilhelmo, & Dn. Ernesto, Senioribus, Ducibus Saxoniae … frati suo germano, Dn. Bernhardo, Seniori, Duci Saxoniae; Ecloga Beatissimis manibus: „Nutantem Patriam, nutantem Religionem/ Defendit Saxo Bernhardus, & alter ut Atlas/ Sustinui Patriam Sacrosanctaq [sic]“. 46 Strauch: Lessus. 47 Musaeus: Lauro Sempre Viridi. 48 Lugubria/ Cum â Serenissimis … Dn. Wilhelmo, & Dn. Ernesto, Senioribus, Ducibus Saxoniae … frati suo germano, Dn. Bernhardo, Seniori, Duci Saxoniae; vgl. Patriae Celebratissimum, Totique Orbi Sempiternum Heroica Virtute Incomparabili … Domino Bernhardo … Per … Dn. Eberhardi Weigelii … Commensales. 49 Vgl. Schmidt: Vaterlandsliebe. 50 Dem Weiland Durchläuchtigen … Fürsten und Herrn … Bernhard … der beyden Cronen/ Franckreich und Schweden/ wie auch der vereinigten Evangelischen Stände Generalissimo … Stifftet dieses wenige Denckmahl; die Tischgesellschaft erwähnt auch: Marwinski: Jenaer Tischgesellschaften, S. 104. 51 Dem Weiland Durchläuchtigen … Fürsten und Herrn … Bernhard … der beyden Cronen/ Franckreich und Schweden/ wie auch der vereinigten Evangelischen Stände Generalissimo … Stifftet dieses wenige Denckmahl. 52 Vgl. Gloner: Klagschrift, S. 6. 53 Vgl. Prater: Person, S. 195 zum 16. u. 17. Jh. 54 Vgl. Freinsheim: Tugendspiegel, o.S.; vgl. eine ungewöhnliche Sternenkonstellation im Fall von Bernhards Neffen Johann Ernst II.: Das Leben nach dem Tode/ in Beschreibung des Christ-Fürstlich geführen Lebens-Lauffes/ Des … Herrn Johann Ernstens/ des II./ Hertzog zu Sachsen, S. 6.
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Bernhard der Große Wie wenig originell diese verschiedenen Bezeichnungen auch waren, sie wurden für Bernhard zeitgenössisch durch ihre Verwendung in den zumeist lateinischen Schriften aus dem universitären Kreis sowie den deutschsprachigen Publikationen popularisiert. Freinsheim machte seinen Text durch einen umfangreichen Anmerkungsapparat verständlicher, in dem er auf mythologische Figuren einging und erklärte, wie bestimmte Metaphern zu verstehen seien. Welchen Stellenwert aber konnten Attribute haben, die in ihrer Mehrzahl geradezu inflationär als Herrscherlob verwendet wurden? Schließlich war es üblich, prominente Lebende⁵⁵ und Verstorbene mit einer Vielzahl „hochrangiger“ Attribute und ehrender Vergleiche zu belegen.⁵⁶ Die klassischen Überbietungstopoi⁵⁷ sollten sichern, dass der Ruhm des Betreffenden allenthalben im „erdenkreiß“ bekannt und bestehen werde, „so lang die sonne scheint im auff vnd nidergehn“.⁵⁸ Ein ernsthafter Würdigungsversuch musste damit ein entsprechendes Aufgebot bringen. Nicht ganz so gängig, jedoch längerfristig wirkungsvoll war der Beiname „der Große“⁵⁹ bzw. „Magnus“.⁶⁰ Für Bernhard taucht er bereits kurz nach der Breisacher Beisetzung auf,⁶¹ spätestens 1648.⁶² In den Texten eines von den Ernestinern in den 1660er Jahren für ihn geplanten Funeralwerks hat er einen hervorgehobenen Stellenwert.⁶³ Was und wer als historisch „groß“ bezeichnet wurde, war wechselnden Kriterien unterworfen und immer ein Versuch der Vereinnahmung für bestimmte Ziele, oft Ergebnis einer Selbstinszenierung.⁶⁴ Dieser Beiname trug jedenfalls dazu bei, den Weimarer
55 Besonders ausgeprägt bei König Ludwig XIV., der verschiedenste Vergleiche heranziehen ließ, um sich als „Louis le Grand“ feiern zu lassen, vgl. bsp. Vertron: Panthéon; Burke: Ludwig XIV. 56 Vgl. bsp. Harms: Gustav Adolf. 57 Vgl. Curtius: Literatur, S. 171 – 174. 58 Gloner: Klagschrift, S. 5. 59 Vgl. LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus, A 584, Bl. 1r. – 24r., hier Bl. 1r. [Rückblick auf die Geschehnisse rund um den Tod Bernhards, vermutlich um 1555 entstanden]. 60 Bsp. Müller: Annales, S. 399; allerding erhielt, von der Jenaer Universität, auch Bernhard v. Sachsen-Jena den Beinamen Magnus. 61 Vgl. Christliche kurtze Trawer=Klage, Bl. 137v.: Der Text spricht vom „Grosse[n] Bernhard“ (Entstehungszeitraum: Juli 1639 bis vermutlich vor 1655); die Wendung vom „Grossen BERNHARD“ ebenfalls in: Freinsheim: Tugendspiegel. 62 Vgl. Engelsüß: Feld=Zug, S. 124; Adorea, Qua Incomparabilem Heroica Virtute … Dominum Bernhardum. 63 Vgl. Hertzog Bernhards zu Sachsen fürstl. Durchl. Leich=Predigt betr. und was sonst darbey in druck gebracht werden solle. 1660, LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 13 (unfol.); vgl. die Sammlung weiterer Schriften zum Gedenken an Bernhard in: ebd. sowie LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 14. 64 Vgl. am Beispiel Friedrichs II. v. Preußen: Kaiser: Friedrichs Beiname, S. 246 – 261, v. a. S. 258 ff.; allgemeiner: Huizinga: Größe, S. 61 – 72.
Autoren
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Herzog zur bleibenden Referenzgestalt zu stilisieren. Die Zugehörigkeit zum Kreis „der Großen“ suggerierte schließlich an sich herausragende persönliche Leistungen.
Autoren Die Arbeiten für das Funeralwerk wurden durch Georg Neumark, den Nachfolger Schwechhausens als Sekretär der Fruchtbringenden Gesellschaft, mit koordiniert, so dass auch ein Einfluss der Gesellschaft anzunehmen ist.⁶⁵ Die Autoren der Texte waren größtenteils im Herrschaftsbereich der Dynastie zu verorten, sie hatten als Geheime Räte, Gymnasiallehrer oder Rektoren ein persönliches Interesse am Lobpreis der Ernestiner, weil sie von ihnen abhängig, ihnen unterstellt waren. Das Werk hätte, wäre es abgeschlossen worden, an das für Bernhards Vater erstellte Funeralwerk anschließen können.⁶⁶ Auch bei Arbeiten von „Berufspanegyrikern“⁶⁷ wie Caspar Barlaeus⁶⁸ sind Karriere- und mögliche finanzielle Interessen in Betracht zu ziehen; persönliche Dankbarkeit kann – wie im Falle der „Forschungsförderung“ durch den Herzog – ein weiteres Motiv sein. Politische Hoffnungen konnten sich mit persönlichen Erwägungen verbinden. Für Freinsheim und andere Autoren aus der Straßburger Gegend, wie etwa Samuel Gloner, versprachen der König und der Herzog von Weimar eine Befriedung dieser im höchsten Maße durch den Krieg belasteten Region. Der in Stuttgart geborene Georg Rodolf Weckherlin, Unterstaatssekretär in England, der in seinen Schriften vielfach auf Bernhard Bezug nahm, gehörte zur Tannengesellschaft mit ihrem Beziehungsgeflecht von Literaten und Wissenschaftlern⁶⁹ und schrieb für ein Publikum protestantischer Diplomaten und Politiker deutscher, niederländischer, dänischer und schwedischer Herkunft, die teils selbst literarisch oder wissenschaftlich tätig waren. Dieses Publikum, das sich 1620/ 21 „zu konstituieren und (…) bewußt zu werden“ begonnen hatte, war nicht zuletzt dem Pfälzer Hof und der schwedischen Politik verbunden.⁷⁰ 65 Neumark machte Vorschläge für eine mögliche Konzeption: Georg Neumark an Emmanuel Fendt, fürstl. Sächs. Geheimer Sekretär, 10. Februar 1663, LATh-StA Gotha, GA II. E VI 5) 13, Bl. 1 (unfol.); er verweist u. a. auf Gloner (ebd., 1. Bl. Rücks.); zu Neumark Ludscheidt: Georg Neumark. 66 Vgl. Threnologiae Et Epicedia; Bepler: Trauerzeremoniell. 67 Berger: Herkules, S. 89. 68 Vgl. Barlaeus: Brisacvm. 69 So gehörten Moscherosch und Seckendorff sowohl der Tannengesellschaft als auch den Fruchtbringern an. 70 Vgl. Forster: Virtutis, S. 179 f., Zitat S. 180; zu den Beziehungen zur Pfalz vgl. Weckherlins Oden an Karl Ludwig von der Pfalz und seine Schwester Elisabeth sowie auf die Landgräfin von HessenKassel, in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 2, Kap. Oden und Gesänge. Das Vierte Buch.
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Ernestininische Hausinteressen Für die Ernestiner war in erster Linie wichtig, dass das Gesamthaus, dessen herrscherliche Vergangenheit, gegenwärtige Herrschaft und Ansprüche, so auf die Kur, im Gedenken an Bernhard dargestellt wurden.⁷¹ Dazu diente auch die bildende Kunst. Der Festsaal der Weimarer Wilhelmsburg wurde mit Schlachtendarstellungen und einem Reiterbildnis Bernhards gestaltet.⁷² Und zu den 28 Porträts von Vertretern des Hauses, mit denen Herzog Ernst den großen Saal im Gothaer Schloss Friedenstein schmücken ließ, gehörte ein Bildnis Bernhards des Weimarer Hofmalers Christian Richter. Richter zeigt Bernhard vor der Schlacht von Lützen in einer Ganzkörperdarstellung, in Rüstung und bewaffnet. Damit war auch Ernst indirekt eingebunden, war er doch an dieser Schlacht beteiligt gewesen.⁷³
Lutheraner Der Bezug zum Luthertum war für die ernestinische Landes- und Reichspolitik bis ins späte 18. Jahrhundert entscheidend. Die Ernestiner hatten in Texten, einer entsprechenden Bild- und Dingpolitik und Architekturen konsequent an ihrer öffentlichen Wahrnehmung als Schutzherrn des Luthertums und lutherische Helden gearbeitet.⁷⁴ Diese Deutung wurde in Texten wie in einer entsprechenden Bildpolitik befördert. Kurfürst Friedrich III. der Weise, der, ungeachtet seiner uneindeutigen Haltung zur Reformation,⁷⁵ zu einer „Ikone der Reformation“ wurde,⁷⁶ fand sich am Anfang dieser Linie wieder; sie führte über Johann den Beständigen und Johann Friedrich den Großmütigen fort. Bereits als Kaiser Karl V. Johann Friedrich dem Großmütigen die Belehnung verweigerte,⁷⁷ reagierte das Haus mit einer Art Imagekampagne.⁷⁸ Nach dem verlorenen Schmalkaldischen Krieg, dem Verlust der
71 Vgl. Klinger: Fürstenstaat, S. 137, 319 – 325; zu Gedenkfeiern und der Historiographie als ideellen Grundlagen des frühneuzeitlichen Staatsbildungsprozesses Fuchs: Traditionsstiftung, S. 10 f. 72 Vgl. Bothe: Dichter, S. 25, 31. 73 Vgl. Rohrmüller: Schloss Friedenstein, S. 18, das Bild sei 1648 entstanden, die Porträts mehrheitlich 1646/47; eine Datierung der Porträts in die 1630er Jahre: Schuttwolf: Bild; um 1650 entstand, mutmaßlich in Eger, eine Reliefintarsie Bernhards von Weimar, die im Besitz der Weimarer Herzöge war, eine Abb. in: Klassik Stiftung Weimar/SFB 482: Ereignis, S. 55 (Abb. 013). 74 Zur Heroisierung Luthers selbst vgl. Kaufmann: Anfang, S. 266 – 332; Scribner: Sake, v. a. S. 14 – 36; Aurnhammer/Pfister: Vorwort; Warnke: Cranachs Luther; vgl. Jesus als „Held“ im Kirchenlied. 75 Vgl. Syndram: Kurfürst; Kohnle: Frömmigkeit. 76 Hinz: Bildnisse, S. 210; maßgeblich war dabei sein Hofmaler Lucas Cranach d.Ä. 77 Die Belehnung erfolgte nicht 1532 zum Regierungsantritt, sondern erst drei Jahre später. 78 Vgl. Hinz: Bildnisse, S. 214; Müller: Bildwerdung, S. 32.
Lutheraner
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Kurwürde und großer Teile des Territoriums an die Albertiner, darunter der Residenzstadt Wittenberg, war das Luthertum zu einer zentralen Legitimationsinstanz der Ernestiner geworden. Das zeigte sich nicht zuletzt am Umgang mit der Grabplatte Luthers,⁷⁹ an der Universität Jena und ihrem Selbstbild als „Hort des wahren Luthertums“⁸⁰ und an der Jenaer Lutherausgabe.⁸¹ Bernhard wurde in dieses Bild eingefügt, er schien es zu bestätigen, neu zu beleben und konnte selbst zum Referenzpunkt werden. Die Weimarer Kurfürstenbibel führte im Bild die Reihe elf ernestinischer Kurfürsten und Herzöge vor, einschließlich Bernhards, und betonte damit eine scheinbar untrennbare Beziehung zwischen Luthertum und Dynastie.⁸² Allerdings wurde das Gedächtnis des Herzogs auch andernorts aufrechterhalten, wie ein Kaufbeurer Bekenntnisbild aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigt. Bernhards Beisetzung wurde zudem mit der Hundertjahrfeier des Augsburger Religionsfriedens und der Erinnerung an den Westfälischen Frieden gekoppelt. Das Jahr 1555 war in den ernestinischen Gebieten zwar schon im September 1655 gefeiert worden,⁸³ doch Gedächtnismünzen⁸⁴ und die Druckgraphik⁸⁵ verknüpften die
79 Sie war 1546 von Kurfürst Johann Friedrich für das Grab des Reformators in Wittenberg in Auftrag gegeben, aber in der Jenaer Stadtpfarrkirche St. Michael aufgestellt und damit für den ernestinischen Herrschaftsbereich gesichert worden. Anstelle der vorreformatorischen Reliquiensammlung leistete sie eine „sakrale Herrschaftslegitimierung“ des Hauses: Slenczka: Bronze, S. 11; der Verkauf an die Albertiner konnte verhindert werden. 80 Vgl. Bauer: Universitätsgeschichte; Bauer: Kampf; Bauer/Klinger/Schmidt/Schmidt: Universität. 81 Das Titelbild des ersten, 1555 erschienenen Bandes präsentiert Luther und Johann Friedrich, beide betend und ein Kreuz mit einer Christusfigur einrahmend; der Herzog ist mit seinem Wappen, das auf die Ansprüche auf die Kur hinweist, sogar noch etwas dominanter in der Darstellung als der Reformator, und erscheint größer, vgl. Abb. Jenaer Lutherausgabe: Der Erste Teil aller Bücher und Schriften des thewren/ Seligen … Luther … gedruckt durch Rödinger 1555, in: Wefers, Universitätsgeschichte(n), S. 19; Michel: Martin Luther. 82 Gedruckt in Nürnberg bei Wolfgang Endter d.Ä. erschien die Weimarer Bibel seit 1641 in verschiedenen Ausgaben bis ins 18. Jh. hinein, vgl. Art. Die Kurfürstenbibel; Steiger/May: Herzog Ernst der Fromme; Oertel: Frankfurter Feyerabend-Bibeln; Fleischmann: Norenberc, S. 226 f. 83 Vgl. Klinger: Fürstenstaat, S. 330; ebd., S. 330 – 332 zur Säkularfeier des Religionsfriedens 1655 v. a. in Gotha. 84 Vgl. Tentzel: Saxonia Numismatica, Tl. 3, S. 551 – 556, Abb. S. 551, weitere Elemente sind die Krönung des Herzogs durch Engel, eine ihm die Hand reichende Christusfigur, eine militärischen Aufstellung im Hintergrund; bei den in Koppe: Münzen, S. 261 – 264, abgebildeten Münzen wird ebenfalls der Religionsfrieden angesprochen, die Bildseiten zeigen aber nur den Herzog im Porträt, ein Wappen oder das Kürzel „BHS“ im Lorbeerkranz; zu Münzen zur Beisetzung Bernhards auch Keller: Begräbnismünzen, S. 45 – 49; [Scheidig/Marchand:] Bernhard von Weimar, S. 28; es hatte in Weimar ebenso Taler auf den Tod der Eltern und der Brüder gegeben, vgl. ebd., S. 27 f. 85 Vgl. Kupferstichporträt Bernhards von Weimar von Johann Dürr, 1655, 23,9x17,6 cm, virtuelleskupferstichkabinett.de; zu Dürr vgl. Boblenz: Kupferstich.
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Person des Herzogs mit dem Frieden. Bernhard erscheint damit als derjenige, der den Zustand von 1555 wieder hergestellt oder entscheidend zu seiner Wiederherstellung beigetragen habe. Der Bernhard‘sche Lebenslauf, den die Pfarrer verlasen, verband ihn mit dem Friedensschluss von 1648. Bernhard sei es allein „um die Erhaltung eines billichmässigen Friedens“, „das Teutsche Vaterland und dessen Wolfahrt“ gegangen. Davon zeuge auch seine testamentarische Verfügung, die eroberten Plätze sollten beim Reich bleiben, die damit allgemein bekannt gemacht wurde. Verschiedene „Hindernisse“, der plötzliche Tod des Herzogs und der göttliche Ratschluss hätten dazu geführt, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung ging. Mit dem Frieden zum Wohle des Vaterlandes hätten sich Bernhards Ziele bestätigt. In Friedenszeiten hätte er allerdings noch wesentlich mehr und Gutes in den im Krieg erworbenen Provinzen erreichen können.⁸⁶ In der proernestinischen Lobdichtung waren die Ernestiner insgesamt, wahlweise oder in Kombination, Heroen im Glauben, im Militärischen, in der politischen Herrschaft. Es kam auf Kontinuitäten an. Freilich unterlag das, was an den einzelnen Vertretern als herausragend galt, kontextabhängigen, situationsbedingten und individuellen Veränderungen.⁸⁷ Die Basis bildete die Beschwörung einer uralten Abstammung, auf die die Ernestiner ebenso wenig wie andere Dynastien verzichten wollten; das genealogische Konstrukt diente der Legitimation und Abgrenzung von anderen fürstlichen Häusern.⁸⁸ Dabei dominiert Widukind als Stammherr und erster in der Reihe einer mehrhundertjährigen ununterbrochenen Herrschaft.⁸⁹ In späteren Zeitaltern hatte das Haus fraglos stets „Helden“ hervorgebracht, die neben der „reinen“ evangelischen Lehre auch das Reich förderten. Die Schrift „Purpur gegen Purpur“⁹⁰ geht einzelne Vorfahren durch, wobei die Wertungen des Autors, eines Weimarer Regierungsbeamten und Juristen, keine Überraschungen bieten und die Klimax zeittypisch ist: Während Johann der Beständige beim Augsburger Reichstag 1530 das evangelische Glaubensbekenntnis verteidigt, bei der Königswahl im Folgejahr „die Teutsche Freyheit zu behaupten getrachtet“ und den Schmalkaldischen Bund mit errichtet habe und Johann Friedrich der 86 Vgl. Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, o.S. 87 Zu typischerweise als heroisch geltenden Eigenschaften und Leistungen vgl. Neuhaus/Wallenborn: Held; Art. Held (in: Zedler: Universallexikon); solcherlei Bilder präsentieren Leitvorstellungen, ein ideales Handeln, sie mögen, steht der Rezipient auf der gleichen Seite, der Selbstvergewisserung dienen und ein Identifikationsangebot sein, ein Schrecken der Gegenseite. 88 Vgl. Bauer: Wurzel, S. 15; Oexle: Memoria; Melville: Vorfahren; Bizzocchi: Genealogie. 89 Vgl. bsp. Cotta: Glückwünschender Zuruf; auf dem Titelblatt von Freinsheim: Tugendspiegel, finden sich Arminius und Widukind, ebenso Thusnelda; manchmal bilden auch die Römer die Ahnherrn; zur postulierten Abstammung der Wettiner von Widukind im 16. Jh. auch Heinemann: Herkommen. 90 Zech: Purpur, S. 1.
Der Fürst als Kriegsherr
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Großmütige dem väterlichen Beispiel „unverbrüchlich“ gefolgt sei, habe Bernhard „die gantze Welt mit seinen Heldenthaten erfüllet“.⁹¹ Zumindest in der Zusammenschau sind ernestinische Politik und Religion miteinander verwoben. Auch Johann Georg I. von Sachsen-Eisenach, der durch seine militärischen Einsätze in kaiserlichen Diensten sein Territorium als „Landes-Held“ davor beschützt habe, wie das Elsass der angeblichen französischen Tyrannei ausgeliefert zu werden, erschien als Kämpfer für das „reine und unveränderliche Evangelio“.⁹² Sie alle waren „Sachsen-Helden“, als die allerdings auch die Albertiner gefeiert wurden.⁹³
Der Fürst als Kriegsherr Im 17. Jahrhundert bildete der kriegerische Fürst, der militärische Held ein attraktives Schema. Dies ist überzeugend auf die Kriegsdichte des 17. Jahrhunderts zurückgeführt worden.⁹⁴ Fürsten konnten aber auch auf aktive eigene kriegerische Aktivitäten verzichten, ohne einen Ehrverlust fürchten zu müssen.⁹⁵ Bernhard deckte die überkommene militärische Schiene des Heldentums ab.⁹⁶ Probleme be-
91 Vgl. Zech: Purpur, S. 7; positiv hervorgehoben werden auch Ernst I. und Wilhelm IV., obwohl sie und Bernhard keine direkten Vorfahren des Bräutigams waren. 92 Eine fröliche wunder=schön klingende Neu=Jahrs= Posaune; vgl. auch Luttringer von Hordeck: Feld=Zuge; vgl. die Predigt des Weimarer Oberpfarrer Bertram bei der Trauerfeier für Wilhelm IV., in der er dessen Einsatz für die Kirche hervorhob: Wilhelm habe „zur Verfolgungszeit (…) hertzhafftig/ und mit Heroischen Eifer und Heldenmuthe gefochten“ und sei „ein rechter Nutricius Ecclesiae“ gewesen: Bertram: Begängnus-Predigt, o.S. 93 So die Kurfürsten Moritz oder Johann Georg III., vgl. [Anonym:] Trauer-Cypressen, Kap. II.; Sturm: Gott; die Komponente „Beschützer des wahren Glaubens“ spielte bei ihnen eine geringere Rolle, aber auch Johann Georg I. wurde als Kämpfer für die reine Lehre angesprochen, vgl.: Koch: Raute. 94 Vgl. Skalweit: Herrscherbild, S. 256. Weniger plausibel ist die Begründung mit dem entstehenden Absolutismus (vgl. Skalweit: Herrscherbild, S. 256; Burke: Roi, 268), schließlich verlor die Figur des kriegerischen Fürsten zum Ende des Jh.s an Bedeutung (vgl. Kapp: Beurteilung, S. 175) und traten schon zur Jahrhundertmitte die Fürsten vielfach hinter den professionellen Militärs in die zweite Reihe zurück; vgl. aus Sicht der Kunst Warnke: Bühne, v. a. S. 161. 95 Sie konnten adäquat als weiser Herrscher und gerechter Richter idealisiert werden, vgl. Menzel: Kaiser Maximilian I., S. 407, 422; Menzel: Fürst; vgl. Neumark: Vorstellung, o.S.: Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar sei „Pater Patriae optimo“, weil er das Militärische zum Schutz des Landes und die weise Herrschaft verbunden habe; vgl. auch bereits Warnungsschryben Hz. Bernhards z. Weimar Gedächtnus, Mai 1640, BBB, Mss.h.h.VII.93 (16), S. 304 – 311, hier S. 304. 96 Auch eine nach der Hochzeit von Prinz Frederick Lewis mit Augusta von Sachsen-Gotha-Altenburg (1736) erschienene Schrift des britischen Hofhistorikers Jenkin Thomas Philipps setzte u. a. auf die Militärs Bernhard v. Weimar und Johann Wilhelm v. Sachsen-Gotha-Altenburg: [Philipps:] History.
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reitete seinen Historiographen aber teilweise sein politisches Agieren, insbesondere sein Frankreich-Bündnis und gerade dann, wenn das deutsch-französische Verhältnis aktuell als schwierig erlebt wurde.⁹⁷ Diese Motivik zeigt sich auch ex negativo: Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde beispielsweise Kurfürst Johann Georg von Sachsen zu einem „teutsch-gesinnte[n]“, stets treu zu Reich und Kaiser stehenden Helden, weil er sich nicht auf die Avancen des „arglisten Feindes“, der Franzosen, eingelassen habe.⁹⁸ Schon Kurfürst Anselm Casimir wurde als Inbegriff deutscher „Trew und Redlichkeit“ gelobt, da er Kaiser und Reich eine unverbrüchliche Stütze gewesen sei und Frankreich widerstanden habe, obwohl ein politischer Kurswechsel für ihn vorteilhaft gewesen wäre.⁹⁹ Die protestantischen Stände hatten demnach mit ihrer Hinwendung zu Schweden bzw. Frankreich „Verrat am Reich“ begangen und deutsche Tugendwerte verletzt.¹⁰⁰ Angesichts der schon zu Lebzeiten Bernhards artikulierten Bedenken an seinem FrankreichBündnis und den Folgen für das Reich lag es im Interesse der Ernestiner, solcherlei Zweifel vergessen zu machen und die Reichstreue Bernhards hervorzuheben. Teilweise kam der Kriegsheld Bernhard aus diesen Gründen ohne einen Bezug auf seine Bündnisse aus, soldatische Tugenden standen dann im Zentrum. Als vormoderner Militär kämpfte er in den Darstellungen den Kampf des Einzelnen, er durchlebte zugespitzte, gefahrenvolle Situationen. Wie noch über Friedrich II. von Preußen wurde von ihm berichtet, es seien ihm die Pferde unter dem Körper weggeschossen worden.¹⁰¹ Samuel Gloner bedauerte allerdings, dass Bernhards Tod, wenn er schon zu beklagen war, nicht im Kriegseinsatz stattgefunden hatte, was das Heldentum erhöht hätte. Immerhin konnte zur Rechtfertigung des Herzogs angeführt werden, dass er seiner „schwehre[n] arbeit“, der „große[n] kriegslast“, erlag.¹⁰² Nicht jeder Heerführer wurde zum Helden. Eine schlechte Presse hatten wiederholt Johan Banér und Matthias Gallas, dessen Alkoholproblem bekannt war, er galt auch als verschwendungssüchtig und den angenehmen Seiten des Lebens zu-
97 Vgl. Ackermann: Erfolgsgeschichte. 98 [Anonym:] Trauer-Cypressen, Kap. I. 99 Fuchs: Leich= und Lobkrantz, S. 12, 14 f.; die „deutsche Treue“ ist ein wiederkehrendes Motiv der Barockdichtung, vgl. bsp. Jesaias Rompler von Löwenhalt: Ach/ elend-Teutsches land (1646); Johann Christian Günther: Lob des Winters (1717). 100 Vgl. Brendle: Erzkanzler, S. 494. 101 Zu Bernhard Gloner: Klagschrift, S. 15; Christ= und Fürstlicher Lebens=Lauff, o.S.; zu den Geschichten um den preußischen König Burgdorf: Friedrich der Grosse, S. 166; vgl. auch die Episode der von einer Tabakdose aufgefangenen Kugel: Füssel: Wert, S. 113. 102 Gloner: Klagschrift, S. 6; vgl. Gloner: Lessus. Das Sterben war schließlich eine letzte Bewährungsprobe, die Licht auf das Leben insgesamt warf.
Bernhard und Deutschland
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gewandt.¹⁰³ Gleichfalls nicht gut weg kam der Herzog von Savelli, dem Pflichtverletzungen und Überforderung attestiert wurden.¹⁰⁴ Die Fragilität des Heldischen zeigt sich nicht zuletzt an Graf Tilly, dessen zeitgenössisches Ansehen und Nachruhm unter der Zerstörung Magdeburgs erheblich litten.¹⁰⁵ Bernhard wurde also in die Tradition der Vorfahren gestellt und zum Vorbild für die Nachkommen stilisiert. Als 1684 Friedrich August von Sachsen-Eisenach infolge einer Kriegsverletzung verstarb, betonten die Gedächtnisschriften, dass Bernhard sein Vorbild im heldenhaften Kampf für das deutsche Reich gewesen sei,¹⁰⁶ zudem habe er wie Bernhard Frankreich beeindruckt. Er war ein neuer Bernhard.¹⁰⁷ Das Problem des Frankreich-Bündnisses wurde damit über die Schiene „Heldenmut“ gelöst und Bernhard als Kriegsheld vorgestellt; ein konfessioneller Bezug wäre hier nicht sinnvoll. Das galt auch für die französische Publizistik, die den militärischen Helden Bernhard präsentierte und auf das Element Religion aufgrund der konfessionellen Differenz verzichtete.
Bernhard und Deutschland Die Verbindung zwischen dem Herzog und dem Reich stellte vor allem Georg Rodolf Weckherlin frühzeitig her. Bernhard habe „keine müh/ Gespahret, des Reichs Recht und Freyheit hand zu haben“. Mit ihm, „des Teutschlands Held“, sei „die Teutsche Redlichkeit und Dapferkeit begraben“.¹⁰⁸ Weckherlin beschwor damit die persönliche Integrität Bernhards. In politischer Hinsicht maßgeblich ist die Verbindung 103 Auch die „Gazette“ berichtet über ihn, anders als über andere Heerführer, negativ: In Speyer habe er alle Musiker der Stadt kommen lassen, um sich die Zeit zu vertreiben: Gazette, Nr. 62 (1636), S. 260; Rebitsch: Matthias Gallas. 104 Vgl. Apologia Deß Hertzogen von Savello, S. 24, 27; vgl. Extract Schreiben/ vom Zustand des Kriegs am Rheinstrom, Textteil „General-Quartier-Meister/ und General Auditor“; selbst postum erfuhr Savelli keine größere Wertschätzung, vgl. Klopp: Tilly, S. 154; Schormann: Krieg, S. 53. 105 Vgl. Kaiser: Tilly; Eickmeyer: Blutsäufer. 106 Als der Weiland Durchlauchtigste Prinz … Friedrich August/ Hertzog zu Sachsen … In der Belagerung von Ofen durch einen Canon=Schuß gefährlich verwundet/ und … verschieden … Zu Eysenach mit Fürstlichen Ceremonien beygesetzet wurde. 107 Als Der Weiland Durchlauchtigste Fürst und Herr … Friedrich Augustus/ Herzog zu Sachsen …. Vor der Ungarischen Festung Ofen von einer feindlichen Kugel gefährlich verletzet/ den 19. Sept. 1684. zu Preßburg … verschieden/ Den 16. Oct. in der Residentz=Stadt Eisenach Christlich-Fürstlichem Gebrauch nach beygesetz wurde; ähnlich: Stockmann: Ofen. 108 Georg Rodolf Weckherlin: Grabinschrift Des Unvergleichlichen Fürstens und Heldens, H. Bernharden, Herzogen zu Sachsen, etc., in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 298. „Du bist die blum, der ruhm der Teutschen Nation“, hieß es noch früher: Georg Rudolf Weckherlin: An Höchst ermelten Helden, etc. Herren Bernhard Hertzogen zu Sachxsen etc., in: ebd., S. 429.
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der Schlüsselbegriffe „Recht“, „Freiheit“ und „Deutschland“ mit ihm. In zu Lebzeiten des Herzogs entstandenen Sonetten, die Weckherlin 1641 aus dem englischen Exil veröffentlichte, rühmte er neben Bernhards militärischen Tugenden seine Klugheit, den „gaist“, der die feindlichen Pläne rasch durchschaue, und seine Begabung zur Rede, mit der er „der schnöden auffruhr brunst“ beende, also das Heer im Griff habe. Er sei „weyß, khün, unnd starck“.¹⁰⁹ Er bot ein Arsenal an Kategorien, die Bernhards Anschlussfähigkeit an literarische und diplomatische Kreise herstellten. Und es waren Kategorien, die für einen Herrscher bemüht wurden. Weckherlin krönte Bernhard selbst: Dem Herzog fehle „nichts Kayserliches mehr (…) dan der Nam“, selbst Cäsar würde ihn „Caesar grüssen“.¹¹⁰ Die Einnahme Breisachs brachte Weckherlin mit „des Reichs und TeutschLands-Cron“ in Verbindung.¹¹¹ Auch wenn damit keine Option beschrieben wurde, die in der historischen Wirklichkeit gegeben gewesen wäre: Es ging um eine Alternative zum habsburgischen Kaisertum. Das wird bereits in Weckherlins Aufforderung an den deutschen Adel deutlich, „in unser Teutschen Tracht“ zu erscheinen – nicht in der spanischen hieß das – und mit „Teutsch-redlichem muht“ zu agieren;¹¹² noch mehr in der Zusammenschau jener Sonette, die er Gustav Adolf, Oxenstierna, Richelieu oder Herzog Johann Ernst von Sachsen widmete.¹¹³ Sie können als Werben um ein antihabsburgisches europäisches Bündnis verstanden werden.¹¹⁴ Hierfür sollte Bernhard den Weg bahnen bzw. konnte er noch als Verstorbener zu einem politischen Argument werden. Entsprechend wandte sich Weckherlin gegen „die (Stiefsöhn des Teutschlands) [, die] träg, forchtsam und unklug/ Durch seinen [Bernhards] rath und hilff gefreyet/ nicht frey bleiben“.¹¹⁵ 109 Georg Rudolf Weckherlin: Von Hochermelten Seinen Fürstl. Gn. etc. Hertzog Bernharden etc., in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 428 f.; vgl. Ders.: An Höchst ermelten Helden, etc. Herren Bernhard Hertzogen zu Sachxsen etc., in: ebd., S. 429; weitere Sonette Weckherlins zu Bernhard in: ebd., Abschnitt: Georg Rodolf Weckherlin: Weltliche Poesyen, S. 427– 431; die Ausgabe von 1641: Weckherlin: Gaistliche und Weltliche Gedichte, hier S. 162 – 165. 110 Weckherlin: An Höchst ermelten Helden, in: Fischer: Georg Rudolf Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 429. 111 Georg Rodolf Weckherlin: Von Höchst ermeltem Helden, Hertzog Bernhard etc. An Brissach und Landscron: in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 430 f.; auf einer Abb. bei Gloner: Lessus, Abb. hinter dem Titelblatt, wird Bernhard von einem aus dem Himmel kommenden Arm mit einer Krone gekrönt. 112 Verkleidet in ein Lob: Georg Rodolf Weckherlin, in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 25. 113 Vgl. Fischer: Weckherlins Gedichte, Bd. 1, Abschnitt: Georg Rodolf Weckherlin: Weltliche Poesyen, S. 424 ff., 431 f. 114 Kaminski: Ex bello ars, S. 185. 115 Georg Rodolf Weckherlin: Von Höchst ermeltem Helden, Hertzog Bernhard etc. An Brissach und Landscron: in: Fischer, Weckherlins Gedichte, Bd. 1, S. 430 f.; vgl. Weckherlin: An das Teutschland: in: ebd., S. 423: Deutschland solle jenen Fürsten nachfolgen, die den rechten Glauben verträten.
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Weckherlins Position entsprach den politischen Konzeptionen der Fruchtbringer. Sie hatten mit Bernhard aber den letzten Exponenten der militärischen Auseinandersetzung mit dem Kaiser aus dem engeren Kreis der Gründerhäuser verloren. Mit politischen Bekenntnissen hielten sie sich bei seinem Tod auffallend zurück;¹¹⁶ ihr Engagement verlief nun in den Bahnen der politischen Mission und der Dichtung.¹¹⁷ Die Erinnerung an die mit Bernhard verbundenen Tugenden sollte in die Formen der Literatur überführt werden, so in die „teutsche Heldensprach“ des „Teutschen Palmbaums“ Carl Gustav von Hilles (FG 302).¹¹⁸ Indem sie aber an Bernhard erinnerten und ihn in Verbindung mit der Gesellschaft brachten, suchten die Fruchtbringer ihn für ihre Anliegen zu aktivieren. Eine zu seinem Tod gefertigte Gedenkmünze zeigt ihn betend mit einem Lorbeerkranz und dem Palmbaum,¹¹⁹ als Zeichen für die Überwindung des Todes ein beliebter Hinweis auf die Beständigkeit von Dynastien,¹²⁰ der hier aber in erster Linie als Symbol der Fruchtbringer erscheint. Zudem konnte Bernhard indirekt dazu dienen, die Verteidigung der ständischen Positionen gegen den Kaiser fortzusetzen. Bei den Planungen für das Bernhard‘sche Funeralwerk, für das Ernst und Wilhelm den wiederholt für die Fruchtbringer tätigen Kupferstecher Johann Dürr engagierten, mögen solche Überlegungen eine Rolle gespielt haben.¹²¹
Um 1800 Bernhard blieb im historischen Gedächtnis, nicht nur in den ernestinischen Ländern. Friedrich II. von Preußen nannte ihn mit Turenne und dem Großen Condé als Exempel für herausragende Militärs.¹²² Mit dem zunehmenden generationellen Abstand zum Dreißigjährigen Krieg nahm die Präsenz des Herzogs seit dem Ende des 17. Jahrhunderts aber zunächst ab, auch wenn in Weimar und Gotha das
116 Vgl. Conermann: Briefe, Bd. 5, S. 181 – 186. 117 Vgl. Schmidt: Anfänge. 118 Hille: Palmbaum, o.S.; vgl. Kaminski: Ex bello ars; Sigmund von Birken (FG 681) versammelte im Bild einer „Heldenhöle“ Heerführer verschiedenster Kriegsparteien, u. a. Bernhard v. Weimar, vgl. Birken: Fortsetzung. 119 Vgl. Tentzel: Saxonia Numismatica, Bd. 3, S. 551 – 556. 120 Vgl. Bauer: Wurzel, S. 168. 121 Vgl. Boblenz: Kupferstich, S. 253 f.; immerhin ist das in der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek verfügbare Exemplar der Übersetzung von Torquato Tassos „La Gerusalemme liberata“ durch Dietrich von dem Werder (1626) im 17. Jh. mit zwei Gedenkschriften Samuel Gloners zusammen eingebunden worden. 122 Vgl. Freyer: Hof, S. 77.
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Bernhard-Gedächtnis weiter gepflegt wurde.¹²³ Um 1800 aber lebte die Erinnerung an Bernhard wieder auf, maßgeblich gefördert durch Herzog Carl August. Mit den neuen Erwartungen an einen aufgeklärten Fürsten und dessen Handeln zum gemeinen Besten des Staats und der Gesellschaft veränderte sich jedoch das Herrscherlob.¹²⁴ Die traditionelle höfische Panegyrik, in der Bernhards gedacht worden war, passte dazu nicht mehr. Zudem konnte die Rückschau auf die großen Ahnen jetzt ohne religiös-konfessionelle Bezüge auskommen.¹²⁵ Das Motiv des militärischen Helden lebte aber fort: Als 1783 der erste Sohn des Herzogspaars Carl August und Luise, Carl Friedrich, zur Welt kam, feierte eine Schrift den Säugling als zukünftigen Feldherrn, der einst „sein Panier/ Wie Bernhard als ein Held/ Muthvoll“ auf der Suche nach Ruhm erheben werde;¹²⁶ auch Wieland verhieß dem Kind militärischen Ruhm: Die Göttin des Sieges erwähle sich die sächsischen Sprösslinge seit Bernhard „zum Lieblinge (…) schon an der Wiegen“.¹²⁷ Carl August wurde im Rahmen der Fürstenbundprojekte selbst als neuer Bernhard tituliert. Seine Förderung des Bernhardgedenkens war auch eine Wiederbelebung und Aktualisierung des Vorfahren für die eigene Reichspolitik. Carl August setzte dabei auf die literarisch-wissenschaftliche Bearbeitung und die Inszenierung Bernhards mit Gegenständen aus dessen persönlichem Besitz. Das Interesse an den Dingen Bernhards setzte sich hier fort: Nicht nur waren zur Bestattung persönliche Objekte Bernhards öffentlich gezeigt worden, Freinsheim hatte auch angedeutet, der Herzog führe das Schwert Moritz’ von Sachsen, mit dem dieser gegen Kaiser Karl V. gezogen sei,¹²⁸ und die Überführungsgesandtschaft von 1655 hatte zwei schwere Kanonen aus Breisach mitgebracht, die mit einer Abbildung der Belagerung verziert waren. Mit Bernhard schien die Rückgewinnung der Kurwürde möglich gewesen – unter Carl August wurde sie aus dynastischen Gründen erneut greifbar.¹²⁹ Das war handlungsleitend. An zentraler Stelle des Weimarer Schlosses
123 In Gotha entstanden mindestens bis ins 19. Jh. hinein deutsche wie lateinische Schriften, vgl. LATh-StA Gotha, GA E VI 5) Nr. 13. 124 Vgl. zu Goethes Gelegenheitsdichtungen für den Weimarer Hof Stockhorst: Fürstenpreis, v. a. S. 268. 125 Auch hier wirkte sich die Distanz vom Religiösen unter Carl August aus, vgl. auch den Schlossneubau, der zunächst ohne Kirche auskam: Dolgner/Jericke: Klassizismus, S. 122; das Bildprogramm weist kaum religiöse Elemente auf, vgl. bsp. Bothe: Dichter, S. 53. 126 Ehrerbietigste Theilnehmung an der allgemeinen Freude über die Geburth des Durchlauchtigsten Erbprinzen Herrn Carl Friedrich, o.S. 127 Hier Villoison übersetzend: Idillion, S. 113 f. 128 Vgl. Freinsheim: Tugendspiegel, o.S.: „Wan IHR das Schwerdt erschwingt/ das schon vor vielen Zeiten/ In eines Sachsen faust ein Kayser förchten mußt.“ 129 Vgl. Schedewie: Bühne Europas, S. 95 – 106; Langen: Ernestiner.
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ließ er das Bernhard-Zimmer anlegen,¹³⁰ in dem sich zunächst das Geheime Consilium traf. Solche Gedenkräume waren ein zeitgenössischer Trend.¹³¹ Präsentiert wurden hier verschiedene Objekte Bernhards: Geschenke des französischen Königs, eine Prunkrüstung König Heinrichs II. von Frankreich und einen Degen, sowie Bernhard gehörende Gegenstände Gustav Adolfs von Schweden, die seine internationale Bedeutung manifestierten.¹³² Das Schwert bezeugte, trotz der zeitgenössischen Dekonstruktion,¹³³ den Einsatz gegen einen zu mächtigen Kaiser. Die Memorabilien versprachen einen unmittelbaren Zugang, eine spezifische Aura. Mittels des weit verbreiteten „Journals des Luxus und der Moden“ konnten sich auch private Haushalte mit einem Element des Bernhards-Zimmers ausstatten, dem Hirschgeweih-Kronleuchter mit Löwenkopf- und Eichenlaubverzierungen.¹³⁴ Die Ernestiner hüteten zudem mit dem Bernhard‘schen Finger eine Art Reliquie;¹³⁵ sie war später im herzoglichen Naturalienkabinett in Jena insbesondere für Studenten, Professoren und gebildete Laien zugänglich.¹³⁶ Als Stellvertreter des Helden eröffneten diese Gegenstände Identifikationsangebote mit einem protestantischen bis deutschen Heroen, zumal sie durch Druckmedien für eine breitere Öffentlichkeit popularisiert wurden.¹³⁷ Fast 50 Wappen im Bernhardzimmer verwiesen auf seine Eroberungen wie die Herrschaftsansprüche Sachsen-Weimars: Hier wie durch Büsten Bernhards und Wilhelms IV. war das Haus präsent.¹³⁸ Auch die Anhalter Fürsten erhielten ein Objekt Bernhards.¹³⁹ Darüber hinaus wurden jetzt wieder vermehrt Porträts des Herzogs produziert, so vom Dresdner Kupferstecher Moritz Steinla,¹⁴⁰ dem Göttinger Ernst Ludwig Riepenhausen¹⁴¹ oder dem Berliner Wilhelm Devrient.¹⁴²
130 Zum folgenden vgl. Salge: Bernhardzimmer; Valk: Goethes Gotik, S. 257– 259; Ulferts: Formen. 131 Vgl. Salge: Bernhardzimmer, S. 272 f. 132 Ein Degen Bernhards soll auch in der Kapelle der Wartburg gezeigt worden sein, vgl. Rösner: Weimar, S. 59 f. 133 Vgl. Böttiger: Herzog Bernhard. 134 Vgl. Bertuch: Kronleuchter. 135 Den Finger soll der Herzog bei einem Angriff bei Elsass-Zabern 1636 verloren haben, vgl. Enterlein: Neugotik, S. 175; eine Abb. in: Freitag/Kolb: Ernestiner, S. 117. 136 Vgl. Röse: Herzog, Bd. 2, S. 377 f. 137 Vgl. Böttiger: Herzog Bernhard. 138 Vgl. Salge: Bernhardzimmer, S. 269, 266; Enterlein: Neugotik, S. 175; eine Abb. der um 1795 von Friedrich Wilhelm Doell geschaffenen Büste in: Freitag/Kolb: Ernestiner, S. 90. 139 Seit Ende des 18. Jh.s befanden sich im Gotischen Haus in Wörlitz eine Rüstung Bernhards, die Carl August Fürst Leopold III. Friedrich Franz geschenkt hatte, sowie ein Bildnis des Herzogs: Rode: Gotische Haus, S. 10; Büttner Pfänner zu Thal: Harnisch. 140 Vgl. Moritz Steinla: Bernhard von Weimar, Kupferstich nach dem Bild von Christian Richter, undat., 19,7x15,5 cm; zu weiteren Abb. vgl. Digitaler Porträtindex.
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13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard
Sächsische Bernhards Das ernestinische Gedenken an Bernhard zeigt sich auch in der Namensgebung. Den aus der anhaltinischen Linie der Mutter stammenden Namen trugen Ernestiner bis ins 20. Jahrhundert. Bernhard von Sachsen-Jena, der Neffe Bernhards von Weimar, war zeitnah zur für die Weimarische Armee siegreichen Schlacht von Rheinfelden geboren worden. Seine Namensgebung bezeugt den Stellenwert Bernhards für die Ernestiner zum damaligen Zeitpunkt und wird sich, wie in der Folgezeit, mit der Hoffnung auf ein ähnliches Agieren und militärische Erfolge verbunden haben. Sein Sohn erhielt den gleichen Namen. Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha ließ einen seiner Söhne Bernhard taufen, den späteren ersten Herzog von Sachsen-Meiningen, unter seinen Nachfahren gab es weitere Bernhards.¹⁴³ Ebenso nannte Herzog Carl August einen Sohn Bernhard. Sachsen-Weimar kannte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch eine Vertreterin des Namens: Bernhardine Christiane Sophie, die zudem einen Bruder Bernhard hatte.¹⁴⁴ Glaubenstreue wurde auch für die weiblichen Vertreter der Dynastie postuliert und von ihnen in Anspruch genommen; verbunden mit einer angeblich idealen Lebensführung, machte sie dies lange zur Vorbildgestalt.¹⁴⁵ Entsprechend wurden Ernestinerinnen der Frühen Neuzeit, wenn überhaupt, für die Kategorie „Glauben“ in die Überblicke großer Ahnen aufgenommen.¹⁴⁶ Das änderte sich mit Anna Amalia, die als aufgeklärte Fürstin gepriesen wurde. Eine Möglichkeit, sich mit dem Vorfahren Bernhard in Beziehung zu setzen, zeigt aber ein Porträt Prinzessin Carolines von
141 Ernst Ludwig Riepenhausen: Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich/ Radierung, Bildmaße ca. 63x70 mm, HAB Wolfenbüttel, Porträtsammlung, Inv.-Nr. I 11441a, Online-Datenbank Nr. A 18330. 142 Vgl. Wilhelm Devrient: Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, Kupferstich, Bildmaße 90x70 mm, HAB Wolfenbüttel, Porträtsammlung, Inv.-Nr. II 4673, Online-Datenbank Nr. A 1832 (Quelle: Bildnisse der berühmtesten Menschen aller Völker und Zeiten, Zwickau [1832]); [Anonym:] Herzog Bernhard v. Sachsen-Weimar, Punktierstich, [um 1800], Bildmaße 49x49 mm (obere Hälfte eines Doppelportr.), ebd., Inv.-Nr. I 11442, Online-Datenbank Nr. A 18328; ebenfalls 19. Jh.: [Anonym:] Herzog Bernhard v. Weimar, Lithographie nach Radierung, Bildmaße ca. 77x75 mm, Drucker: Pietzsch, Eduard, & Co., ebd., Inv.-Nr. I 11443, Online-Datenbank Nr. A 18331. 143 Einer der Söhne Bernhards I. von Sachsen-Meiningen hieß gleichfalls Bernhard, es folgten später Bernhard II. Ehrich „Freund“ Herzog von Sachsen-Meiningen und der letzte regierende Meininger Herzog, Bernhard III.; in Sachsen-Altenburg findet sich Ernst II. Bernhard Georg. 144 Emmanuel Friedrich Wilhelm Bernhard; die Namenswahl mag durch das besondere Interesse des Vaters am Militär bedingt sein. 145 Dies gilt für geborene Ernestinerinnen wie für Ehefrauen; vgl. im 19. Jh. Preller: Weimar, S. 3 f. 146 Sie wurden als v. a. stark im Erdulden dargestellt, vgl. auch Kroll: Heerführerin, S. 57; bsp. Bamberg: Kurtze Beschreibung, S. 1v.; allgemein Baumgärtel: Tugendheldin; Westphal: Frauenzimmerlexika; Schabert: Weiblicher Held.
Die Zukunft der frühen Erinnerung
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Sachsen-Weimar und Eisenach, die sich in altdeutscher Tracht malen ließ, im Vordergrund „der Helm Bernhards“, um den sie „Heldenlorbeer (…) gewunden“ habe. Der Maler Ferdinand Jagemann, so kommentierte das „Journal des Luxus und der Moden“, „versetzt uns (…) in eine Gothisch=verzierte Kapelle, dem Andenken des erhabenen Helden geweiht, der nach dem unglücklichen Falle Gustav Adolphs bei Lützen, mit kühnem Heldenmuthe Teutschlands Freiheit vertheidigte, und die nachfolgende Periode des Lichts und der Aufklärung vorbereitete“.¹⁴⁷
Die Zukunft der frühen Erinnerung Verschiedene Medien hielten die Erinnerung an die Kriegsgeschehnisse und die Namen von Protagonisten wie Bernhard wach: die Memorial- und die geistliche Literatur, die Geschichtsschreibung, Geschichts- und Schreibkalender,¹⁴⁸ Bildnisse,¹⁴⁹ Schulbücher, zudem der Schulunterricht. Freinsheim soll in den Schulen gelesen worden sein.¹⁵⁰ Diese Medien beeinflussten sich wechselseitig, und die frühneuzeitlichen Bilder, Motive und Topoi wurden zu einem guten Teil von der populären Dichtung und Geschichtswerken des 19. Jahrhunderts fortgeführt. Im 20. Jahrhundert wurde Bernhard aber schließlich funktionslos. Den vorübergehenden Einflussverlust des Konfessionell-Religiösen hatte seine Figur zunächst verkraftet, auch den Attraktivitätsverlust des mit ihm verbundenen Motivs der „deutschen Libertät“ 1806. Den Aufschwung des nationalen Denkens im 19. Jahrhundert konnte er erfolgreich mitmachen. Mit dem Ende der dynastischen Herrschaft endete aber Bernhards legitimierende Rolle. Schließlich war auch er in der frühen Historiographie in erster Linie als Funktionsträger, Vertreter seines Standes und der Dynastie (die die Ernestiner wie das wettinische Gesamthaus sein konnten) sowie von politischen Interessen und nicht in dem Maße als ein privates Indivi-
147 Portrait der Durchlaucht. Prinzessin Carolina von Sachsen Weimar. Gemalt von Hrn. F[erdinand] Jagemann, in: Journal des Luxus und der Moden 20 (1805), S. 12 f.; Zitat S. 13, als Modell für den Helm habe die „reichvergoldete Rüstung“ gedient, die Bernhard von Ludwig XIII. von Frankreich erhalten habe und die „jetzt in den Zimmern des regierenden Herrn Herzogs im Schlosse aufgestellt“ sei; das Bild ist verschollen, vgl. Werche: Kräuters Skizze, S. 249, Fußn. 17. 148 Vgl. Schröder: Sachsen-Weimarischer Calender, 1764 ff., hier 1793, Titelbild; Titelkupfer aus: Johann Gottfried Grosse: Neu=angelegter Geschicht=und Helden-Calender, Weimar [o.J.], eingeklebt im Exemplar von: Grosse: Nach Alter und Neuer Zeit Wohl=eingerichteter/ anmuthiger Weimarischer Siegs= und historien=Calender [1694/1695]. 149 Vgl. bsp. Abbildungen Herzogs Bernhards auf dem Totenbett, in: Christliche kurtze Trawer=Klag; Frontispiz der Predigt von Rücker: Christliche Trawr-Predigt. 150 Vgl. Böttiger: Herzog Bernhard, S. 8.
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13 Fürsten und Helden. Die Ernestiner und Bernhard
duum fassbar, wie dies die populäre Verarbeitung seines Lebens und Wirkens seit dem 19. Jahrhundert, aber auch die sich entwickelnde Geschichtswissenschaft anstrebten. Dass der Protagonist Bernhard zu denjenigen gehörte, die über ungleich größere Handlungsspielräume und potentielle Wirkungsmacht verfügten als die Mehrheit der Zeitgenossen, war Voraussetzung dafür, dass er überhaupt zum Sujet des frühen Gedenkens wurde, und indem sein eigenständiger Weg zumindest angedeutet und er als entscheidender Feldherr präsentiert wurde, schien er als überragende Persönlichkeit fassbar. Der Wandel des Krieges und seine Anonymisierung aber lenkten den Blick weg vom vermeintlich großen Einzelnen. Bernhard fehlen zudem das Geheimnis und eine solche Geschichte von Aufstieg und Fall, die einen Akteur wie Wallenstein umgeben.¹⁵¹
151 Zur Konjunktur von Helden in der jüngsten Vergangenheit vgl. u. a. LWL – Industriemuseum: Helden-Maschine; Bohrer/Scheel: Heldengedenken; zur wissenschaftlichen Beschäftigung vgl. bsp. den Freiburger SFB 948 Helden – Heroisierungen – Heroismen.
14 Fazit – der Krieg als Spiel? Bernhard wie andere Zeitgenossen fassten die Politik und den Krieg vielfach in Termini des Spiels. General Banér befürchtete im September 1639, die Franzosen hätten „ihr Spiel zum ende geführet“ und die Weimarische Armee gewonnen,¹ der vorderösterreichische Kanzler Volmar sprach über Breisach als politisches „Brettspiel“,² Flugschriften griffen die Idee des politischen Spiels auf,³ der Feind versuche „den Meister zu spielen“, schrieb Bernhards Sekretär John.⁴ Es ist ein „ernste[s] Spiel“, in dem die politischen und militärischen Machthaber die Züge bestimmen und über die Geschicke wie über Schachfiguren verfügen.⁵ Gerade Schach, das auch zur politischen Ikonographie der Ernestiner gehörte, galt als Sinnbild und Ideal der Schlacht.⁶ Die Metapher des Spiels bot Raum für die Wechselfälle des Schicksals und des Glücks. Der Krieg war nur begrenzt planbar. Das galt auch für den eigenen Erfolg, wenngleich auf göttlichen Beistand zu hoffen war. Aus einer Position der Sicherheit konnte an die Stelle des sonst üblichen Tons der Distanz der Spott treten. General Götz habe Berichten zufolge Lauffenburg angegriffen, schrieb Bernhards Kanzler 1638, „vermuthlich [um] sich alldort zu seinem selbst Schaden zu amüsiren“.⁷ Bernhard gehörte zu den Akteuren, die dieses Spiel mit zu steuern vermochten und es mit großem Ernst betrieben.
1 Johan Banér an Axel Oxenstierna, 21. September 1639, in: Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling, Senare afdelningen, Bd. 6, S. 662; vgl. Axel Oxenstierna an Bernhard v. Weimar, Stockholm, 13. Februar 1637, in: Backhaus, Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter (1636 – 1642), S. 60 – 62, hier S. 61: Banér und Leslie würden „in Meißen und Düringen den Meister spielen“; Wedgwood: Krieg, S. 388. 2 Zit. n. Haselier, Geschichte, S. 328; vgl. Johann Friedrich Breithaupt an Detlef von Reventlow, Wien, [Jan.] 1634, in: Irmer, Verhandlungen, Tl. 3, S. 101 – 105, hier S. 105. 3 Allamodisch Pickedt-Spiel. 4 Vgl. Michael John (i.A. Bernhards v. Weimar) an Hans Ludwig v. Erlach, Neu[en]burg, 22. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 112 f., hier S. 112. 5 Andreas Gryphius: Ebenbild unsers Lebens. Auf das gewöhnliche Königsspiel, in: Becher, Tränen, S. 161 f.; zum Schachspiel als Ausdruck der ständischen Gesellschaft vgl. Spielmetaphern in der Dichtung von Logaus, Calderóns oder Shakespeares. 6 Vgl. [Flämischer Künstler:] Herzog Johann Friedrich der Großmütige und ein spanischer Hauptmann beim Schachspiel, 1548, Stiftung Schloss Friedenstein, abgebildet in: Freitag/Kolb, Ernestiner, S. 87. 7 Hans Ulrich Rehlinger von Leder an von Erlach, Hüninger Schanze, 11. November 1638, in: Gonzenbach, General, Bd. 1, Quellenteil, S. 103. https://doi.org/10.1515/9783110701913-015
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Das eigene militärische Tun war zielgerichtete „Arbeit“.⁸ So wie im Bild des Spiels regelt auch hier keine alles ordnende göttliche Gewalt die Dinge. Die Idee der „Arbeit“, die der Soldatenstand verrichte, war konfessionsübergreifender Konsens. Sie baute auf der positiven Wertung des „Kriegshandwerks“ und ihrer göttlichen Legitimation auf. Der „Soldaten standt“ sei „von Gott eingesetzt“ und „wohl unter allen Ständen in diesem leben der löblichste“, schrieb der anhaltische Politiker und Offizier Diederich von dem Werder, der gleichwohl mit deutlichen Worten das Elend des Krieges beklagte: „Wir [sind] von dem Kriege gleichsam als mit schnee bedeckt/ von Wassergössen überschwemmet/vnd von fewersgluten eingeäschert“.⁹ Es gibt keine Indizien dafür, dass Bernhard seine Verantwortung in diesem Geschehen kritisch reflektiert hätte; er fühlte sich für das Andauern dieses Krieges, die Zerstörungen und das Leid nicht verantwortlich.¹⁰ Er sprach zwar viel von dem Frieden, der den Krieg beenden möge, und konnte das für das „Land verderbliche Kriegswesen“ bedauern.¹¹ Gemeint war aber ein für ihn vorteilhafter Frieden, der Erreichtes sichern oder Kompensationen bringen sollte. Auch der Tod von Soldaten seiner Armee wurde nur insofern zu einem Thema, als er Ersatz und neue Mittel benötigte.¹² Eine andere Haltung wäre für fürstliche Zeitgenossen freilich untypisch. „Wenn die großen Herren mit einander streiten, müssen ihre Unterthanen die Haare lassen“, hatte er den Würzburgern 1634 erklärt,¹³ obschon die Untertanen im Rahmen der wechselseitigen Loyalitäten vom Fürsten nach Möglichkeit zu schützen waren. Allerdings verfügte Bernhard zumindest längerfristig nicht über ein Herrschaftsterritorium, auf dessen Schonung er hätte bedacht gewesen sein müssen. Während seiner Herrschaft im Herzogtum Franken und in Breisach und 8 Bernhard spricht entsprechend von „arbeiten“, bsp. Bernhard v. Weimar an Richelieu, Delsberg, 31. Oktober 1637, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 192r.; ebenso: LATh-HStA Weimar, Fürstenhaus A 346c, Bl. 2r.; Ders. an Axel Oxenstierna, Zwickau, 21. Dezember 1632, in: Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, S. 13 f.; zur Verwendung des französischen „travailler“ im Hinblick auf den Feldherrn und die Armee bsp. Ludwig XIII. an Bernhard v. Weimar, St. Germain en Laye, 9. Dezember 1637, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 267r. – 268v., hier Bl. 267v.; Kardinal Richelieu an Graf de Guiche, o.O., 21. Mai 1636, in: Avenel, Lettres, Bd. 5, S. 469 f., hier S. 469; Joachim v. Wicquefort an Bernhard v. Weimar, Amsterdam, 23. November 1637, LATh-HStAWeimar, Fürstenhaus, A 342, Bl. 247r. – 247v., hier Bl. 252r.; die Rede von Bernhards „Arbeit“ in: Gloner: Klagschrift, S. 6; vgl. den Begriff des „Kriegshandwerks“. 9 Werder: Krieg, Aiiif., Aii; vgl. Luther: Kriegsleutte; vgl. Iserloh: Luther. 10 Auch wenn er wiederholt gegen Exzesse vorzugehen versuchte, das heißt gegen das, was dies nach zeitgenössischer Auffassung darstellte. 11 Vgl. Bernhard v. Weimar an Johann Casimir v. Anhalt-Dessau, Regensburg, 2. Januar 1634, LASA, Z 44, A 10 Nr. 60, Bl. 4. 12 Vgl. bsp. Bernhard v. Weimar an de Noyers, Colmar, 15. September 1638, Paris, BnF, Manuscrits français, Nr. 3833, Bl. 177r. – 178r., hier Bl. 177v. 13 Scharold: Zwischenregierung, Tl. 2, S. 434.
Der Herzog und das Reich
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den eroberten elsässischen Territorien sind jedoch Politikansätze erkennbar, die auf einen Schutz und (Wieder‐)Aufbau des Landes zielten.
Bernhard als Gescheiterter? Der Herzog strebte eine territoriale Herrschaft an und in der Größe, dem Stellenwert des angestrebten Besitzes und dem intendierten Grad seiner Selbständigkeit unterscheidet sich Bernhards Konzeption von denen der meisten anderen Heerführer und Kriegsunternehmer. Wie sie begriff er den Krieg aber als eine für sich adäquate Lebensform und verband mit ihm weitere Ziele. Er wollte als wichtiger Mitspieler auf der Reichs- und der europäischen Ebene berücksichtigt werden. Nicht zuletzt ging es ihm um materiellen und finanziellen Gewinn. Wie sieht eine Bilanz aus? In finanzieller und ökonomischer Hinsicht war Bernhard höchst erfolgreich. Kapitalanlagen, Investitionen in Unternehmen und Wertgegenstände zeugen davon. Die Weimarer Brüder haben nach seinem Tod zum Teil davon profitiert. Seine Armee und seine Eroberungen konnten sie nicht halten; zudem gingen offenbar große Teile des Bernhard‘schen Vermögens für das Haus verloren. Dies lag nicht zuletzt an den Umständen seines Todes fern von Weimar, den mangelhaften Informationen der Brüder über seine Vertrags- und Besitzverhältnisse, an dem entschiedenen Handeln Frankreichs sowie von Mitgliedern der Armee. Bernhard galt aber vor seinem Tod als wichtige Kriegsmacht, und er war eine für politische Projekte relevante Kraft. Das zeigen nicht zuletzt die politischen und militärischen Kooperationen mit Schweden und Dänemark, die Bündnis- und Eheprojekte mit den Rohans, den Wittelsbacher Pfälzern, England und HessenKassel. Auch Einschätzungen seiner Person durch den Kriegsgegner mussten in der Regel zu seiner Zufriedenheit ausfallen, galt er doch als maßgeblicher Akteur des Krieges. Die Landesherrschaft aber war im einen Fall verloren (Franken), im anderen nicht gesichert (Elsass).
Bernhard und das Reich Für die Erfüllung dieses Ziels war Bernhard auf die Absicherung durch einen Friedensschluss angewiesen. Dazu benötigte er die Rückendeckung durch die Großmächte seiner Zeit. Er hat sich stets am Reich orientiert: Hier konzipierte er, wie vage und mit welchen Schwankungen auch immer, seine politische Zukunft. Ein Reichsbewusstsein im Sinne einer Treue zu Kaiser und Reich verband sich damit nicht, da er den Kaiser als den genuinen Rechten und Interessen der Reichsstände feindlich gegenüberstehend verstand. Die historische Erfahrung seiner Familie
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schien ihm darin Recht zu geben. Es war eine Legitimationsstrategie, die im Reich und im Ausland anschlussfähig war. Ungeachtet ihrer schon in der böhmischen Krise vorgetragenen Bedrohungsperzeption waren die Ernestiner allerdings lange Zeit höchstens mittelbar Gefährdungen ausgesetzt; das war Bernhard bewusst. Er projizierte sich selbst als im Widerstand gegen den Kaiser stehend und nahm für sich in Anspruch, für die protestantischen Reichsstände, dann für die Reichsstände insgesamt zu kämpfen, schließlich fast als einziger. Wie seine Brüder 1618 trug er zur Eskalation des Krieges bei. Gleichwohl ging es darum, die eigenen Pläne in diesem politischen System des Reichs zu verwirklichen. Den Westfälischen Frieden hat Bernhard nicht mehr miterlebt. Insofern bleibt spekulativ, ob und inwiefern es hierin ein Territorium „Sachsen-Weimar bernhardinischer Linie“ hätte geben können. Dies gilt auch für die Frage seiner Absicherung durch eine Ehe und legitime Nachkommen. Ein früherer Ausstieg aus dem Krieg wäre für Bernhard durch ein Zusammengehen mit dem Kaiser möglich gewesen. Dies hätte den Friedensprozess insgesamt vorantreiben können. Bernhard hat die Vermittlungsangebote Wiens jedoch abgelehnt. Er war in seinen Zielen weit entfernt von einem Protagonisten wie dem Reichserzkanzler Anselm Casimir, dessen oberstes Ziel in den Jahren seit 1629 der Frieden darstellte.¹⁴ Bernhard war immer wieder unsicher, ob er sich auf die habsburgischen Vorschläge einlassen konnte, er stellte ihre Verlässlichkeit in Frage. Hier war ein konfessionelles Misstrauen entscheidend. Wie bei der eher floskelhaften Begründung seines Kriegseinsatzes mit der Bedrohung des Protestantismus durch Habsburg wird hier die religiös-konfessionelle Ebene sichtbar. Eine entscheidende Rolle spielte sie aber nicht. Insbesondere die Betonung seines Einsatzes für die deutsche Libertät ermöglichte einen scheinbar nahtlosen Anschluss an die Außendarstellung der schwedischen wie französischen Politik. Diese Argumentation wurde freilich auch in Weimar seit dem Prager Frieden nicht mehr akzeptiert, sondern erst im Zuge der Reintegration Bernhards in die ernestinische Dynastie und deren Geschichtserzählung nach dem Westfälischen Frieden reaktiviert. Jetzt konnte er ungefährdet an die mit Johann Friedrich begründete Interpretationslinie der Ernestiner als Glaubenskämpfer angeschlossen werden. Bernhard war damit auf der Seite derer, die sich erfolgreich für die 1648 erreichten konfessionellen Sicherheits- und Paritätsregeln eingesetzt hatten. Die Zusammenarbeit mit Habsburg lehnte Bernhard aber auch ab, weil er fürchtete, seine anderen (möglichen) Bündnispartner zu verlieren und letztlich allein da zu stehen. Das waren auch situative Reaktionen. Vor allem aber schien er
14 Vgl. Brendle: Erzkanzler.
Der Herzog und das Reich
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mit Schweden und Frankreich an der Seite höher greifen, mehr erreichen zu können, mit Eroberungen die eigene Position bei Friedensverhandlungen stärken zu können und Kompensationsgüter in der Hand zu haben. Das betraf das Herzogtum Franken wie die Eroberungen am Rhein, im Elsass und in Burgund. Auch deshalb setzte Bernhard so viel daran, selbst Verhandlungspartner bei Friedensverhandlungen zu werden. Gleichzeitig aber und damit verbunden bemühte er sich in Franken wie in Breisach und dem Elsass um die Etablierung und Sicherung seiner Landesherrschaft. Auf einer solchen Basis waren sowohl ein Behalt der Territorien wie ihr fundierterer Einsatz bei Verhandlungen denkbar. Zugleich sollte es so möglich werden, verstärkt Einnahmen zu generieren, die zum Landesunterhalt benötigt wurden und für die Kriegsführung eingesetzt werden konnten. Eine wiedergewonnene Herrschaft in Franken hätte aber allein gegen die Interessen vor allem der Bischöfe, mithin entscheidender Reichsstände und Verbündeter des Kaisers, möglich werden können. Im Falle des Elsass war in erster Linie das Haus Habsburg selbst betroffen. Eine weimarische Herrschaft hier hätte einer starken anderweitigen Absicherung bedurft, vorrangig durch Frankreich, günstigenfalls auch Schweden. Zugleich wurden von Bernhard und in seinem Umfeld Konzeptionen entwickelt, die auf alternative Bündniskonstellationen zielten und andere Machtbereiche ergeben hätten. So hätte eine Anlehnung an England einen Block protestantisch ausgerichteter Territorien am Rhein möglich machen können – positioniert zwischen Habsburg und Frankreich. Dies hätte zumindest auch einen stärkeren Schutz vor den französischen (Macht‐)Ansprüchen bedeutet. Eine solche Konstellation wäre durch eine dynastische Verbindung Bernhards mit den Pfälzern zu stützen gewesen, wenngleich auch den Zeitgenossen bewusst sein musste, dass solche Ehen oftmals nicht die erhofften politischen Sicherheiten boten. Im politischen Klima dieser Jahre und Jahrzehnte erschienen im Reich wie auf europäischer Ebene auch weitreichende Pläne als realistisch. Das betrifft nicht nur die Hoffnungen kleinerer Condottieri. Der Herzog von Rohan, mit dem Bernhard ein engeres Verhältnis verband, steht dafür ebenso wie die Pfälzer und die englische Krone, die bisweilen phantastisch erscheinende Pläne entwickelte, wie die Verwandten wieder zu ihrem reichsständischen Besitz und zur Kurwürde kommen könnten. Zur politischen Welt, in der Bernhard lebte und in der viele Adlige eine selbständige Herrschaft anstrebten, gehörten auch der Herzog von Guise und sein Einsatz um Neapel wie der Herzog von Bouillon, der um die Bewahrung der Souveränität seines Kleinstterritoriums kämpfte.¹⁵ In Paris gab es Anfang 1637 Spekulationen, Ferdinand II. werde Friedrich Heinrich von Oranien „ein Herzogtum im
15 Vgl. Dewald: Status, S. 83.
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Reich“ und den Titel eines „prince de l’Empire“ anbieten¹⁶. Maximilian von Bayern baute seine Position durch den Gewinn der Kurwürde und der Oberpfalz entscheidend und dauerhaft aus. Kurbrandenburg und Pfalz-Neuburg profitierten vom Streit um Jülich-Kleve-Berg. Wallensteins Aufstieg blieb freilich vorübergehend. Es gab zwar ein starkes „Beharrungsvermögen“ der „altüberkommenen legitimen Gewalten“ im Reich, das auf der Kontinuität des Rechts, der Tradition und der durch das „Gottesgnadentum geheiligte[n] Gewalt“ basierte. Gleichwohl wurde das Verfassungssystem des Reichs von Zeitgenossen als nicht abgeschlossen wahrgenommen. Die Regelungen von 1648 mit ihren vielfachen Bestätigungen des Status quo mögen darauf den Blick verbauen. Bernhard jedenfalls war zudem kein homo novus, sondern entstammte einer ehemaligen Kurdynastie mit ambitionierten Ansprüchen, er strebte die Herrschaft über zumindest teilweise „durch die Geschichte sanktionierte politische Gebilde“ an und dies, wie gerade Franken zeigt, auf eine „mit dem gültigen Rechtsbrauch übereinstimmende Weise“.¹⁷
Der überschätzte Feldherr? Der Herzog von Weimar fiel immer wieder durch besonderes Selbstbewusstsein auf. Das gilt für sein Wirken als Heerführer wie ebenso für die von ihm eingeforderte Position als Reichsfürst. Dieses Bewusstsein seiner fürstlichen Würde und die Hochschätzung der eigenen Person und Fähigkeiten zeigen sich im Heer, in Rangkonflikten, in die er sich verwickelt sah, bei seinen Eheplänen, bei seinem Auftreten sowohl gegenüber Gustav II. Adolf von Schweden und Ludwig XIII. von Frankreich. Dabei mag er als Heerführer überschätzt worden sein, auch von der Nachwelt: Zahlreichen militärischen Erfolgen stehen zahllose Niederlagen und Verluste gegenüber. Allerdings sind die nur eingeschränkte strategische Planbarkeit dieses Krieges und die Schwierigkeiten der Beherrschung des Raums zu berücksichtigen. Lützen markiert mit dem Tod des schwedischen Königs und dem folgenden entscheidenden Aufstieg Bernhards im schwedischen Militär exemplarisch die Bedeutung des Zufalls. Nördlingen wie Breisach, als größtes Debakel wie als entscheidender Triumph Bernhards, zeigen hingegen, dass militärisch-strategischen Entscheidungen wie der Logistik und Heeresversorgung eine entscheidende Rolle zukommen konnte. Bernhard vermochte Breisach einzunehmen, weil er – mit für die Gegenseite katastrophalen Folgen – Ausdauer bewies und hier nicht der auf eine
16 Hugo Grotius an Nicolaes van Reigersberch, Paris, 27. Februar 1637, in: Meulenbroek, Briefwisseling, Tl. 8, 119 ff., hier S. 121; der Tod Ferdinands II. war in Paris noch nicht bekannt. 17 Schubert: Wallenstein, S. 603 – 605.
Eine europäische Karriere
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direkte Konfrontation drängende Militär war, als der er vielfach charakterisiert worden ist, und weil er die Versorgung des Gegners zu unterbinden und die eigene unter schwierigen Bedingungen zu sichern vermochte. Er bemühte sich dabei um eine Verstetigung der Handelskontakte, in erster Linie in die Schweiz, die zum vorrangigen Versorgungsraum wurde. Hier gab es allerdings deutliche politische Widerstände, von eidgenössischer wie habsburgischer Seite. Eine mögliche stärkere Rationalisierung der Militärversorgung ist daneben daran gescheitert, dass Bernhard als Akteur weitgehend außerhalb staatlicher Strukturen auf stark personenorientierte Lösungsstrategien setzte.
Personenorientierte Systeme Das System des Geldtransfers und der Materiallieferungen basierte auf ausgewählten Vertrauens- und Verbindungsleuten, Kaufleuten, Bankiers, Militärs, Diplomaten (dies durchaus in Personalunionen) – auf ihren Erfahrungen, Beziehungen, ihrer Loyalität und ihrem persönlichen Einsatz. Eine solche Personenorientierung bestimmte auch den Hofstaat Bernhards und die Führungsebene seiner Armee. Davon zeugt nicht zuletzt sein Bemühen um bestimmte Verbindungsleute und Offiziere, mit denen er langjährige gemeinsame Erfahrungen, Kontakte und biographisch-politische Querverbindungen teilte. Dies gilt in gewisser Weise zugleich für die Beziehung zu den Brüdern. Während aber die Zusammenarbeit mit Ernst funktionierte, der Bernhard als Statthalter in Franken untergeordnet war, erwies sich jene mit dem ihm formal übergeordneten Wilhelm in der schwedischen Armee als stark konfliktträchtig. Die Konkurrenz dominierte letztlich über eine familiär-dynastische Solidarität. Dies begründete auch Bernhards Entfremdung von Weimar, wo Wilhelm als Landesherr regierte. Sie erstreckte sich schließlich auch auf die anderen noch lebenden Brüder. Maßgeblich wurden hier aber die unterschiedlichen politischen Wege, die sie und Bernhard beim Prager Frieden 1635 einschlugen.
Eine europäische Karriere Bernhard hat sich in seiner Laufbahn auf europäische Mächte gestützt – insbesondere auf Dänemark, Schweden und Frankreich. Er konzipierte seine Zukunft aber stets im Hinblick auf das Reich und er war am Krieg in Deutschland, auf deutschen Territorien, interessiert. Für diesen Krieg und seine Karriere versuchte er die auswärtigen Kriegsparteien zu nutzen so wie sie ihn. Das hat, gerade nach Prag, durchaus zu Legitimationsproblemen auch bei Bernhard geführt. In erster Linie aber war er hier pragmatisch-machtorientiert. Als er verstarb, schienen die
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Zukunft seiner Armee und seiner Eroberungen eine kurze Zeit lang offen. Der letztliche Übergang der Truppen und eines Großteils der Gebiete an Frankreich zeigen jedoch, dass die von Bernhard intendierte Rückbindung an das Reich zumindest in der Situation im Juli 1639 nicht zu halten war. Bernhard hat diese Karriere im Kern auf Gewalt aufgebaut und das Militärische als seinen „Beruf“ im umfassenden Sinne begriffen. Sichtbar werden aber auch andere Facetten seiner Persönlichkeit: als Mitglied der „Académie des Parfaits Amants“ mit ihren Spielereien und der Freiheit, andere Rollen anzunehmen, in der Fruchtbringenden Gesellschaft, bei der sportlichen Betätigung, bei seinen Aufenthalten am Pariser Hof. Weimar und die Erfahrungen der folgenden Jahre haben ihn offensichtlich auch hierauf vorbereitet. Ebenso zeigt sich ein Bernhard, der Kunstgegenstände und Pretiosen sammelte, durch Raub, aber auch Käufe auf dem europäischen Kunstmarkt.
Bernhard und der Krieg Auch dieses Leben war wenig planbar. Und auch im Falle der Person Bernhards erwiesen sich die politischen Umbrüche und grundlegenden Unsicherheiten der Zeit als für seinen Lebenslauf ebenso maßgeblich wie Zufälle. Entsprechend ist zu fragen, inwieweit Bernhard rückwirkend stringente Entscheidungen und Wege sowie Kontinuitäten seiner Wahrnehmung und Ziele zugeschrieben werden. Die Spezifika der Quellenüberlieferung wie die generelle Fremdheit historischer Epochen verstärken dieses Problem. Mit dem gezielten Blick auf Bernhards eigene Legitimationsstrategien, den historischen Kontext und die politisch-militärischen Umbrüche, die seine Lebensoptionen zwangsläufig tangierten, wie auf verschiedene Rollen, in denen er agierte, sollte dem bewusst begegnet werden. Als Adliger, der es im Bewusstsein der eigenen Herkunft und Standesehre für sein Recht erachtete, seine politische Eigenständigkeit und die angestrebte Position der Reichsstände auch gewaltsam durchzusetzen, erscheint Bernhard exemplarisch für seine Zeit. Die Welt der Nachkriegszeit hat er nicht mitgestalten können. Für die Entwicklung dieses Krieges und dafür, dass er nicht früher beendet werden konnte, trägt er entscheidende Verantwortung.
Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Bernhard von Weimar. Museum für Franken – Staatliches Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Würzburg, Inv.-Nr. H. 33506. Abb. 2: Eigendliche Abbildung vnd Warhafftige Beschreibung Der grossen vnd blutigen Schlacht/ so zwischen Königl. Maj. Zu Schweden vnd dem Keyserl. General von Wallenstein/ den 6. Novembris, Anno 1632. Bey dem Städtlein Lützen/ 2. Meil von Leipzig vorgangen [o.O., ca. 1632], Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Inv.-Nr. IH 561. Abb. 3: Willem Jacobz. Delft (nach Michiel Jansz. van Mierevelt): Portret van Hugo de Groot op 49-jarige leeftijd, 1632, Druck, Rijksmuseum Amsterdam, Objektnr.: RP-P1885-A-8715. Abb. 4: Marguerite Duchesse de Rohan (1617 – 1684), Grafik, Österreichische Nationalbibliothek, Porträtsammlung, Sign. PORT_00064616_01. Abb. 5: Eigentlicher Abris der belegerung des vesten pas brysachs vnd sampt dem auszug, welcher geschehen den 8. 19. Decembris 1638. Jahrs, o.O. 1638, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Einbl. YA 7485 m Abb. 6.1 und 6.2: Dukat Bernhards von Weimar auf die Eroberung von Breisach, Goldmünze, hergestellt Breisach 1638, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Inv.-Nr. MK 22464. Abb. 7: Sarg Herzog Bernhards von Weimar, 1655, Zeichnung, LATh-StA Gotha, Geheimes Archiv Nr. 4746, Bl. 58.
https://doi.org/10.1515/9783110701913-016
Quellen und Literatur Ungedruckte Quellen Burgerbibliothek Bern Mss.h.h.VII.93 (16) Mss.h.h. XV. 29 Mss.h.h. XV. 43 Mss.h.h.XXVII.53 Mss.h.h.XXVII 88
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar (LATh – HStA Weimar) Ernestinisches Gesamtarchiv (EGA), Urkunden 541 Ernestinisches Gesamtarchiv (EGA), Reg. Bb 5959; EGA, Reg. Bb 5960; EGA, Reg. Bb 5962 Fürstenhaus A 3c; Fürstenhaus A 52a; Fürstenhaus A 53; Fürstenhaus, A 53e; Fürstenhaus A 53 h; Fürstenhaus A 55e; Fürstenhaus A 205; Fürstenhaus, A 286; Fürstenhaus, A 328; Fürstenhaus, A 342; Fürstenhaus A 343; Fürstenhaus, A 344; Fürstenhaus, A 346; Fürstenhaus, A 346b; Fürstenhaus, A 346c; Fürstenhaus, A 346d; Fürstenhaus, A 555; Fürstenhaus, A 572; Fürstenhaus A 573a; Fürstenhaus, A 580; Fürstenhaus, A 581a; Fürstenhaus, A 584 Krieg und Frieden H 23; Krieg und Frieden H 71; Krieg und Frieden H 123; Krieg und Frieden, H 127; H Krieg und Frieden Nr. 193; Krieg und Frieden H 212; Krieg und Frieden, H 230; Krieg und Frieden, H 278; Krieg und Frieden H 300a; Krieg und Frieden 334b; Krieg und Frieden H 338a; Krieg und Frieden H 340; Krieg und Frieden H 340a; Krieg und Frieden, H 377; Krieg und Frieden H 474; Krieg und Frieden H 524 Hausarchiv A VIII 3 Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 400 Dienersachen, Sign. B 24802 8. Militärsachen, B 36042 B 2627 Sammlungen F 42; Sammlungen F 43; Sammlungen F 47; Sammlungen F 48; Sammlungen F 53; Sammlungen F 984
Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha (LATh – StA Gotha) C III M. R. n.r.; C III 1 Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 5; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 6; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 6b; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 7; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 8; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 9; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 11; Geheimes Archiv E VI 5) Nr. 13 Geheimes Archiv NNN II Nr. 6; Geheimes Archiv NNN II Nr. 7; Geheimes Archiv NNN II Nr. 8
https://doi.org/10.1515/9783110701913-017
374
Quellen und Literatur
Geheimes Archiv QQ KK Nr. III; Geheimes Archiv QQ KK Nr. VII; Geheimes Archiv QQ KK Nr. VIII a; Geheimes Archiv QQ KK Nr. VIII b; Geheimes Archiv QQ KK Nr. IX; Geheimes Archiv QQ KK Nr. XI. Geheimes Archiv Nr. 4746; Geheimes Archiv Nr. 4794; Geheimes Archiv Nr. 5033
Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt Chart A 392; Chart A 462; Chart A 542; Chart A 543; Chart A 713; Chart A 721 - 734a; Chart A 1174; Chart A 1177 − 1184 Chart B 67 Biogr. Gr. 2° 593/2 Theol 20 00370/01
Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar (GSA) GSA 25/W 3595 GSA 94/80 GSA 94/81 GSA 97/753 GSA 97/1420 GSA 147/12,1a
Bibliothèque nationale de France, Paris (BnF): Manuscrits français, Nr. 2757; Manuscrits français, Nr. 2881; Manuscrits français, Nr. 3703; Manuscrits français, Nr. 3737; Manuscrits français, Nr. 3767; Manuscrits français, Nr. 3768; Manuscrits français, Nr. 3833; Manuscrits français, Nr. 3844; Manuscrits français, Nr. 7605 Collection Baluze, Nr. 183 (Mikrofilm 10670) BnF, Francois Mitterand, M 3756
Archives diplomatiques du ministère des Affaires étrangères, Paris Série Correspondance politique Allemagne, Bde. 9, 10, 12 Mémoirs et documents, Saxe 1
Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden (HStA Dresden) 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Nr. Loc. 02552/02 (1823); Nr. Loc. 04394/11; Nr. Loc. 08703/10; Nr. Loc. 08982/15; Nr. Loc. 09251/08 10707 Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Nr. 131
Ungedruckte Quellen
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Österreichisches Staatsarchiv, Abt. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (HHStA Wien) Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA), Militaria (Mil) 11 Hausarchiv A Familienkorrespondenz A 11 – 1 – 9 Hausarchiv A Familienkorrespondenz A 10 – 2 – 21 Hausarchiv A Familienkorrespondenz A 6 – 36 Miscell. Gratial salvaguardia, lateinische Expedition 72 FHKA SUS RA 81.1.4 Fiskalarchiv 1 A-Ba OMeA ÄZA 2 – 19
Österreichisches Staatsarchiv (OeStA) AFA 1639, Karton 102; Karton 103
Staatsarchiv Würzburg (StA Würzburg) G-Akten 13403 Gericht Würzburg Stadt 377 Hist. Verein: M. S. f. 63 Historischer Saal VII 44 Militärsachen 3422a Miscellanea 1363; Miscellanea 3362; Miscellanea 6808
Herzog August Bibliothek (HAB Wolfenbüttel) Cod. Guelf. 61.11 Aug. 8° (Heinemann-Nr. 3671)
Landesarchiv Baden-Württemberg / Generallandesarchiv Karlsruhe 69 Baden, Sammlung 1995 G Nr. 538; 69 Baden, Sammlung 1995 G Nr. 539
Staatsarchiv Sigmaringen (STAS) Dep. 38 T 1 Nr. 457
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Quellen und Literatur
Universitätsarchiv Jena Jena, Universitätsarchiv, 2 Hist. lit. VI, 23 (8)
Landesarchiv Sachsen-Anhalt (LASA) Z 44, A 10 Nr. 60 Kö. A 14 Nr. 11
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart Cod.theol.et.phil.oct.212
Gedruckte Quellen [Anonym:] Achilles Germanorum. Retter der deutschen Freiheit. Darinnen der jetzige ganze deutsche Krieg von Anfang bis zu der jetzigen Zeit kürzlich beschreiben und fast in allem mit dem alten trojanischen Krieg verglichen wird, 1632, in: Julius Opel/Adolf Cohn (Hrsg.), Der Dreißigjährige Krieg. Eine Sammlung von historischen Gedichten und Prosadarstellungen, Halle 1862, S. 302 – 304. [Anonym:] Der in Trauer-Cypressen verkleidete Chur-Sächsische Rautenkranz. Oder des Churfürsten Johann Georg III. Geburt, Leben, Kriegsthaten und hoher Todes-Fall, o. O. 1691. [Anonym:] Harangve faite av dvc de Vveymar, sur l’heureux succez de ses victoires en Allemagne, o. O., o. J. [Anonym:] Militärische Biographien berühmter Helden neuerer Zeit. Vorzüglich für junge Officiere, und für die Söhne des Adels, die zum Militär=Dienste bestimmt sind, Bd. 4: Catinar, Villars, Bernhard von Weimar, Leipzig u. a. 1821. [Fassmann, David:] Gespräche in dem Reiche der Todten. 44. Entrevue, Leipzig 1722. [Friesen, Heinrich von:] Panegyricus Serenißimo Principi Bernhardo Saxoniae …, Frankfurt 1634, VD17 23:294203S. [Naubert, Benedikte:] Geschichte der Gräfin Thekla von Thurn. Oder Scenen aus dem dreyssigjährigen Kriege, 2 Tle., Frankfurt u. a. 1789. [Philipps, Jenkin Thomas:] The history of the two illustrious brothers, princes of Saxony … Ernestus the Pious, first duke of Sax-Gotha, and Bernard the Great, duke of Sax-Weimar …, London 1740. [Seyffert, Johan:] Teutsche Brutus. Das ist: Ein abgeworffenes Schreiben/ woraus zusehen was die Schwedisch-affectionirten anietzo von den Schwedischen Kriegswesen halten/ und ein gewisse anzeigung/ wo es endlich hinaus werde, o. O. 1636, VD17 3:626756U u. a. (2. Ausg. 1637). [Stammbuch Felix Kaplíř von Sulevic], o. O. [1620 – 1661], Bl. 41, Online-Ressource// Digitale Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/ !toc/1257449079/122/-/ 48 Mitglieder der Académie der Parfaits Amants an Honoré d’Urfé, „Carfour de Mercure“ [evt. Köthen], 1. März 1624: http://diglib.hab.de/edoc/ed000213/briefe/240301.xml [30. 06. 2023].
Gedruckte Quellen
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A Trve and Brief Relation of The Bloudy Battell fought foure dayres, and foure nights together: Beweene Duke Bernard van VVimeren, Victour: and Iohn de Weerdt, With the Duke of Savelli, both Imperiall Generalls, Who were utterly overthrown and beaten. Translated out of Authentick Letters, aswell out of the Duke of Wimeren his owne Letter, as another written to a great Lord from Basill, London 1636. Abkündigung/ Ds auff den 12. instehenden Monats dieses 1655. Jahres angestelten Fürstlichen Begräbnis/ Des … Fürsten und Herrn … Bernhardus/ Hertzogens zu Sachsen … Hochseligen Andenckens und deswegen verordneter Land=Trauer/ abzulesen auff allen Cantzeln den 1. Advent-Sonntag/ wird seyn der 2. December, [Gotha] 1655. Abtruck Schreibens/ Von einem fünehmen Officier unter der von Hertzog Bernhardt von Sachsen Weinmar hinterlassenen Armee/ wegen Einnehmung Frantzösischer Guarnison in Breysach/ an seinen vertrawten Bruder abgangen: Darauß zu ersehen was für Wetter an dem Himmel … Zu jedermänniglichs Nachricht in Truck gegeben, o. O. 1639. Accord der Stadt Regenburg: Sie solcher Ihre Fürstliche Gnaden Bernhard von Weimar den 4. Novembris getroffen worden, o. O. 1633, VD17 35:713724 V. Accord Welcher Zwischen der Röm. Kays. Mayest. Und des heiligen Röm. Reichs Generalissimo … Wegen Vbergebung der Stadt Magdeburg … getroffen, o. O. 1636, VD17 14:005885N. Accord, Zwischen der Königlichen Majest. Vnd Cron Schweden/sc. Wie auch der confoederirten respective ReichsRath/ General vnd Feldmarschalln in Teutschland … Hern Linnardt Torstensohn/ sc. An einem/ vnd Ihrer Churf. Durchl. Zu Sachsen bestalten Ober=General Kriegs Commissario … Herrn Joachim von Schleinitzen/ andern Theils/ wegen übergebung der Stadt Leipzig … getroffen worden (Anhang in der Flugschrift: Gründliche vnd Eygentliche Relation von der harten und strengen Belägerung der vornehmen Kauff= vnd Handels=Stadt Leipzig … von der Königl. Maj. Vnd Cron Schweden General Feld Marschalln Herrn Linnarth Torstensohn vom 14. Octobr. 1642. hart belagert … auch eingenommen worden, o. O. 1643. Accords-Puncten/ zwischen Ihr. Fürstlichen Gnaden Herrn Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen … Und dem Herrn General Feldzeugmeistern/ Freyherrn von Reinach/ als Gouverneur zu Brysach/ wegen Ubergab derselben Stadt und Vestung/ [et]c., o. O. [ca. 1639], VD17 23:293521B. Accordt vnd Vergleichnuß Puncten/ Welcher Gestalt I. Fürstl. Gn. Herrn Bernhardten/ Hertzogen zu Sachsen … Die weitberühmbte Alte Reichs=Statt vnd Paß an der Thonaw/Regenspurg/ Vbergeben worden, o. O. 1633, VD17 14:005416C. Acta Pacis Westphalicae, hg. von der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 1969 ff., vgl. auch APW-digital: http://apw.digitale-sammlungen.de [30. 06. 2023]. Adorea, Qua Incomparabilem Heroica Virtute … Dominum Bernhardum, Ducem Saxoniae … Cum Post Tot Ac Tanta Heroica Facta Neuburgi Ad Rhenum VIII. Iulii M. DC. XXXIX. Placide Denatus … Pridie Idus Decembres MDCLV. Vinariae Busto Reponeretur, In Inclytissima, Quae Propter Salam, Prosequi debuerunt Viduae Weidnerianae Convictores, Jena 1655, VD17 547:631909B. Aitzema, Lieuwe van: Saken van Staet en Oorlogh, In, ende omtrent de vereenigde Nederlanden, 6 Tle., ’s Gravenhage 1669 – 1671. Akkerman, Nadine: The Correspondence of Elizabeth Stuart, Queen of Bohemia, 2 Tle., Oxford u. a. 2011 und 2015. Allamodisch Pickedt-Spiel: Auß dem Italiänischen ins Teutzsche Vertirt, o. O. [ca. 1636], VD17 14:005859Y. Allgemeine Schau=Bühne der Welt. Oder: Beschreibung der vornehmsten Welt=Geschichte des Siebzehnten Jahr=Hunderts, Tl. 2: 1631 – 1650, Frankfurt a. M. 1701.
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Quellen und Literatur
Als der Durchlauchtigste Fürst … Johann Wilhelm, Hertzog zu Sachsen … Nebst dero Hoch=Fürstl. Frau Gemahlin … Christina Juliana …. … Ihren längst erwünschten Einzug in die Hoch=Fürstl. Residenz= und Universitäts=Stadt Jena … Martii 1697 … unterthänigst=gehorsamst überreichen lassen Sämtliche bey Tischen und Exercitien sich daselbst befindliche Studierende, Jena 1697. Als der Durchlauchtigste Fürst und Herr Carl August, Hz. zu Sachsen … und die Durchlauchtigste Fürstin … Louise … mit dem ersten Prinzen aus Höchstderoselben … Ehe erfreuet wurden bezeigten… ire devoteste Unterthanen=Freude der Stadtrath und sämmtliche Bürgerschaft zu Apolda, Jena 1783. Als Der Weiland Durchlauchtigste Fürst und Herr … Friedrich Augustus/ Herzog zu Sachsen …. Chr. Chur-Fürstl. Durchl. zu Beyern über ein Dragoner-Regiment gewesener Hochbestellter Obrister/ Vor der Ungarischen Festung Ofen von einer feindlichen Kugel gefährlich verletzet/ den 19. Sept. 1684. zu Preßburg … verschieden/ Den 16. Oct. in der Residentz=Stadt Eisenach ChristlichFürstlichem Gebrauch nach beygesetz wurde/ Wollten durch gegenwärtig aufgerichtetes Grabmahl Ihr unterthänigst=herzliches Beyleid an den Tag legen/ Die ietzo auf der Universität Jena Studirende Stadt=Kinder, Jena 1684, VD17 32:656156W. Als der Weiland Durchlauchtigste Prinz … Friedrich August/ Hertzog zu Sachsen … In der Belagerung von Ofen durch einen Canon=Schuß gefährlich verwundet/ und hierauf den 19. September in der Ungarischen Hauptstadt Preßburg Christseelichst verschieden/ in dem 16. October aber/ itztlauffenden 1684. Jahres Zu Eysenach mit Fürstlichen Ceremonien beygesetzet wurde … von Des Herrn Prof. Posneri sämtlichen Tisch=Genossen, Jena 1684. Andreas, Willy (Hrsg.): Politischer Briefwechsel des Herzogs und Großherzogs Carl August von Weimar, bearb. v. Hans Tümmler, Bd. 1, Stuttgart 1954. Apologia Deß Hertzogen von Savello Oder Wahrhaffte Abbildung und Unpartheyischer Verlauff des/ den 9. Augusti nechst Wittenweyer/ zwischen den Kayserisch: und Schwedischen vorüber gegangenen Treffens, o. O. 1639. Arckenholtz, Johan (Hrsg.): Memoires Concernant Christine Reine De Suede, Pour Servir D’Eclaircissement A L’Histoire De Son Regne Et Principalement De Sa Vie Privée, Et Aux Evenemens De L’Histoire De Son Tems Civile Et Litéraire, übersetzt von Johann Friedrich Reifstein (= Historische Merkwürdigkeiten, die Königinn Christina von Schweden betreffend; 3), Leipzig/ Amsterdam 1760. Art. Held, Lat. Heros, in: Johann Heinrich Zedler, Grosses Vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 12, Halle 1735, Sp. 1214 – 1215. Art. Leibesstärke, in: Jacob Grimm/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm: der digitale Grimm, Frankfurt a. M. 2004. Art. Major ( Johan), in: Johann Heinrich Zedler (Hrsg.), Grosses Vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 19, Halle u. a. 1739, Sp. 607 – 609. Art. Mandatum avocatorium, in: Johann Heinrich Zedler (Hrsg.), Grosses vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 19, Halle u. a. 1739, Sp. 891. Art. Verbum Domini manet in Aeternum, in: Johann Georg Krünitz, Oekonomische Encyclopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft, Bd. 205 (1851), S. 224. Articoli, & alte circonstanze, e particolarità della presa di Brisac, fattasi dal Sig. Duca di Vaimar, Frankfurt [1639]. Arumäus, Dominicus: Discursus academici de jure publico, Jena 1616 ff. Aubery, Antoine: L’Histoire du Cardinal Duc de Richelieu, Paris 1660. Aubery, Antonie: Mémoires pour l’histoire du cardinal duc de Richelieu, Tl. 3, Köln 1667.
Gedruckte Quellen
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Auctentijcke ende grondige verclaringe van de Schermutselingen ende veldt-slagh den 28. Februarij ende derden Meert 1638 voor Rhijnfelden, tusschen Barent van Wymeren, ende den … Iohann de Weerdt, Amsterdam 1638 (Dutch Pamphlets online). Auszug eines Tagebuchs von den Feldzügen des Herzogs Bernhard von Weimar von der Schlacht bey Lützen bis an seinen Tod, in: Johann Georg Meusel, Historisch-litterarisches Magazin, Tl. 2 (1785), S. 57 ff. und Tl. 4 (1786), S. 127 ff. Avenel, Denis (Hrsg.): Lettres instructions diplomatiques et papiers d’état du Cardinal de Richelieu, 8 Bde., Paris 1853 – 1877. Backhaus, Helmut (Hrsg.): Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling, Avd. 1, Brev. 1636 – 1654, D. 1: 1636 – 1642, Stockholm 2009. Balde, Jacob: Opera Poetica Omnia, Bd. 1 (1729), hg. u. eingel. v. Wilhelm Kühlmann/Hermann Wiegand, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1990. Bamberg, Daniel: Kurtze Beschreibung/ Des Höchstbetrübten doch seeligsten Abschieds … Leich=Geprängs/ und Beysetzung/ Der … Durchläuchtigsten … Frauen Eleonoren Dorotheeen Hertzogin zu Sachsen … Gebohrner Fürstin zu Anhalt … Welches gehalten in Weymar/ Von den 26sten Christmonats-Tage des 1664sten Jahrs an Biß auf den 26sten Hornungs-Tag des 1665sten Jahrs, Weimar 1665. Barlaeus, Caspar: Antverpiani poemata, edition IV, Altera plus parte auctior, Tl. 1: Heroicorum, Amsterdam 1645. Barlaeus, Caspar: Brisacvm capta, sive Panegyris dicta Serenissimo … Principi Bernhardo, Saxoniae … Duci, Amsterdam 1639. Becher, Johannes R. (Hrsg.): Tränen des Vaterlandes. Deutsche Dichtung aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Eine Auswahl, Berlin 1963. Beck, Jakob Christoph u. a.: Neu-vermehrtes Historisch- und Geographisches Allgemeines Lexicon, Basel 1742 – 1744. Becker, Julius: Uber [sic] historische Lieder und Flugschriften aus der Zeit des Dreissigjährigen Krieges, Rostock 1904. Becker, Rotraud (Hrsg.): Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken. 4. Abt., 17. Jahrhundert, Bd. 7. Nuntiaturen des Malatesta Bagl. ioni, des Ciriaco Rocci und des Mario Filonardi, Sendung des P. Alessandro d’Aales (1634 – 1635), Tübingen 2004. Becker, Rotraud (Hrsg.): Nuntiaturberichte aus Deutschland. Siebzehntes Jahrhundert nebst ergänzenden Aktenstücken, Bd. 5: Nuntiatur des Ciriaco Rocci. Ausserordentliche Nuntiatur des Girolamo Grimaldi (1631 – 1633), Berlin u. a. 2013. Beer, Johann: Das Narrenspital sowie Jucundi Jucundissimi wunderliche Lebens-Beschreibung. Mit e. Essay „Zum Verständnis der Werke“ u. e. Bibliographie hg. v. Richard Alewyn, Hamburg 1957. Belägerung und Eroberung der Statt Regenspurg an der Donaw, durch Ihr Fürstl. G. Hertz. Bernhardten von Weym. Zu Anfang der Winther monts 1633 Verrichtet, o. O. [ab 1633]. Benger, Elizabeth Ogilvy: Memoirs of Elizabeth Stuart, Queen of Bohemia, Daughter of King James I., London 1825. Bernegger, Matthias: Panegyricus Christianissimo Galliarum Et Navarrae Regi Ludovico XIII. Ob susceptam ab Ipso Maioribusque libertatis Germanicae curam, Straßburg 1632, VD17 1:011571 V. Bertram, Caspar: Christliche Begängnus-Predigt/ Im Tage der Fürstlichen Beysetzung Des Weiland Durchlauchtigsten … Fürsten … Herrn Wilhelmen/ Hertzogen zu Sachsen … Als seine Fürstl. Durchlauchtigkeit/ am 24 Jun. des 1662. Jahrs/ zu Weimar/ in Dero Fürstl. Hof-Capelle/ genand zur Himmelsburg/ … beygesetzet wurde, Hall in Sachsen 1662.
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Quellen und Literatur
Bertuch, Friedrich Justin: Geschmackvoller Kronleuchter für den Salon eines Jagdschlosses, in: Journal des Luxus und der Moden 1817, August, S. 563 u. Taf. 25. Béthune, Maximilian de: Mémoirs de Maximilien de Béthune, duc de Sully, principal ministre de Henrile-Grand, Bd. 4, überarb. Ausg. London 1778. Biblia, Das ist die gantze heilige Schrift … Martin Luthers: Auf gnädige Verordnung deß … Fürsten … Ernsts, Herzog zu Sachsen … Von etlichen reinen Theologen erkläret, Nürnberg 1641/1649. Bie, Jacques de: Les vrais portraits des rois de France. Tirez de ce qui nous reste de leurs Monumens, Sceaux, Medailles, ou autres effigies, conservées dans les plus rares & plus curieux Cabinets du Royaume. Au tres-chrestien Roy de France et de Navarre Lovis XIII., Paris 1636². Bierther, Kathrin (Bearb.): Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., Bd. 6: 1631, 2 Teilbde., Berlin u. a. 2018. Bierther, Kathrin (Bearb.): Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., 10. Bd.: Der Prager Frieden von 1635, 4. Teilbd. (Vertragstexte), Wien 1997. Bierther, Kathrin: Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., 10. Bd., 1. Teilbd. (Erschließungsbd.), Wien 1997. Bierther, Kathrin: Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, 2. Tl., 10. Bd.: Der Prager Frieden von 1635, 2. Teilbd. (Korrespondenzen), Wien 1997. Billing, Sigmund: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner, von den ältesten bis in die neuesten Zeiten, Basel 1782. Birken, Sigmund von: Fortsetzung der Pegnitz-Schäferei [1644], in: Ders./Georg Philipp Harsdörffer/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht 1644 – 1645, hg. v. Klaus Garber, Tübingen 1966, S. 53. Bitterli, Daniel (Hrsg.): Franz Peter König. Ein Schweizer im Dreißigjährigen Krieg. Quellen, Fribourg 2006. Böttiger, Carl August: Herzog Bernhard von Weimar. Zur Erläuterung einer aufgefundenen gleichzeitigen geschnitzten Kunsttafel von seinem Bilde. Aus dem neuen teutschen Merkur I. Stück 1806 besonders abgedruckt, Weimar 1806. (auch abgedruckt als: Herzog Bernhard von Weimar (Zur Erläuterung des Titelkupfers), in: Der neue Teutsche Merkur, 1806, Bd. 1, S. 3 – 37.) Breisachischer Accordts Puncten Extract So zwischen Röm: Kais: Majest. Herrn General FeldZeugmeistern Freyherrn von Reinach/ vnd Hertzog Bernhardts von Weimar Fürstl. Gn. den 18 (28) Decembr. 1638. Vorgangen vnd beschlossen worden/ darauff folgenden Tage der Außzug geschehen. [Mit einer Karte:] eigentlicher Abris der belegerung des vesten pas brysachs vnd sambt dem aufzug, welcher ist geschen, den 9. 19. decembris 1638. Jahrs, o. O. 1638, VD17 1:092274G. Breysachische Accords=Puncten zwischen dem … Herren Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen … Und … Herren General Feldtzeugmeister/ Freyherren von Rheinach/ als Gubernatorn der Statt und Festung Breysach. Den 9./19. December 1638, o. O. [1638], VD17 14:005908P; VD17 14:005791H. Breysachische Hungers-noth/ Und umbständtliche Verzeichnuß aller denckwürdigen Sachen/ so sich in wärender 18. Wochentlicher Belägerung diser weit berühmten und starcken Vestung/ etliche Wochen vor übergebung deroselbigen … zugetragen/ und auß beygewesener Glaubwürdiger Personen erbärmlicher Relation, zu einer erschrocklichen/ und in der Christenheit vnerhörten Thewrungs Gedächtnuß/ fleissigest auffgeschrieben worden, o. O. 1639, VD17 14:005793Y. Briefe des Herzogs Bernhard von Weimar und des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen an den Reichskanzler Axel Oxenstjerna. Die Briefe der Landgräfin Amalie Elisabeth, Gemahlin des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen, an den Reichskanzler, Stockholm 1895 (Rikskansleren Axel Oxenstjernas Skrifter och brefvexling; Afd. 2, Bd. 7).
Gedruckte Quellen
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Quellen und Literatur
Conermann, Klaus (Hrsg.): Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617 – 1650, Bd. 1: 1617 – 1626. Conermann, Klaus, unter Mitarbeit v. Gabriele Ball/Dieter Merzbacher: Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617 – 1650, Bd. 2: 1627 – 1629, Tübingen 1998. Conermann, Klaus: Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617 – 1650. 527 Biographien. Transkription aller handschriftlichen Eintragungen und Kommentare zu den Abbildungen und Texten im Köthener Gesellschaftsbuch, Weinheim 1985. Confirmation novvelle de la grande Victoire de Nordlingen, et des circonstances et particularitez d’icelle, tant par les lettres du Roy de Hongrie à l’Archiduchesse de Tirol, vesue de l’Archiduc Leopolde, que par celles d’un Aumosnier du Duc de Lorraine, tesmoin oculaire de ce qui s’y est passé …, Lille u. a. 1634. (Paris, BnF) Consilium Der Churfürstlichen Wittembergischen Universitet, Ob dem Käyser in jetzigem Kriege zu assistiren/ oder nich ….,Johann Ernst, o. O. 1620, VD17 14:006998B. Continuatio durch Pommern/ Wie der Feind … von den Stargardischen auß Piritz wieder verjaget; Auch wie Hertzog Bernhard in Böhmen gefallen, o. O. [1633]. Continuatio Relationis, Was sich im Elsaß und am Rheinstrom/ im Monat Januario und Februario Anno 1636. Zwischen den Kriegenden Theilen ferner verlauffen und zugetragen, o. O. 1636. Continuatio/ Der herrlichen Victori So der Durchleuchtige/ Hochgeborne Fürst und Herr … Bernhardt Herzog zu Sachsen … wieder dero Römischen Kayserlichen Mayestät Generalen Duc di Savelli und Herrn Jean de VVerth bey Rheinfelden erhalten. Welche auß Ihrer Fürstl. Gnad eigenen und anderer vornehmer Leute HandSchreiben confirmiret und bestättigt wird, o. O. [1638]. Copia Schreibens/ an Ihr Churfürstl. Gn. Zu Mayntz/ wegen Deß glücklichen und herzlichen Sigs/ so Ihr Excel. Herr Johann Freyherr von Wörth/ im Obern Elsaß/ wider Hertzog Bernhardts Armee erhalten: in deme er den 31. Octobr. 1. 2. unnd 3. Novemb. Alle Schantzen Erobert … und also den Edlen Rhein=strom/ wider … Frey gemacht, o. O. 1637, VD17 12:200692T9. Cotta, Christian Friedrich: Glückwünschender Zuruf Dem … Prinzen … Friderich (sic) Augusten/ Hertzogen zu Sachsen … Durch Gottes Gnade/ der tapfferer Fürst … 1683. nicht allein aus dem Türcken=Zug und Haupt=Schlacht vor der Keyserlichen Residentz=Stadt Wien den 2. September gehalten/ frisch und gesund zurück kommen/ sondern auch wegen verspürter Tapfferkeit/ Von Ihrer Chur=Fürstl. Durchl. von Bayern als Obrister über Dero Tragoner [sic]=Regiment höchst verordnet worden/ Und zum andernmal wider die Türcken und Tartarn zu Feld gangen, Meiningen 1684. Cuhn, E. G. (Red.), Memoires et Negotiations secretes de Mr. de Rysdorf, Tl. 1, Leipzig 1789. Curieuser Geschichts-Kalender. Darinnen Die vornehmsten Thaten und Geschichte der Hoch=würdigsten Chur-Fürsten zu Bayern nach den Tagen und Monaten vom Jahr 1601 bis 1698 in beliebter Kürze vorgestellt werden, Leipzig 1698. Curieuser Geschichts-Kalender. Der Allerdurchl. Röm. Kayser und Erz-Herzogen/ so aus dem Hause Oesterreich entsprossen/ Darinnen die vornehmsten Thaten und Begebenheiten Deroselben von Rudolpho Habspurgico an/ biß auff Kaysers Ferdinandi III. Tod und jetzt-Regierender Kayserl. Majestät Leopoldi Wahl 1658 … vorgestellt werden, Tübingen 1699. Cyprianus, Ernestus Salomon: Advesaria Historica Quibvs Bernhardvs Magni Dvcis Saxoniae Vinariensis Vita …, Gotha 1729. Danckbarkeit Des Churfürsten zu Sachsen gegen Schweden. Darinnen Vier Fragen erlediget werden: I. Ob der Churfürst Undanck begangen/ daß er seinem Vater=Lande Teutscher Nation Friede zu wegen bringen helffen/ in abwesen des Schwedischen ReichsCantzlers Herrn Axel Oxenstirns?
Gedruckte Quellen
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II. Ob er im Pragischen Frieden-Schluß der Cron Schweden zum besten nichts bedinget und also Undancks schuldig? III. Ob er dadurch undanckbar/ daß er den Schwedischen Bedienten und Ihren Volck in Teutschland Widerstand thut? V. Ob er hierinn wider sein Christenthumb handele? Zusammen getragen: Durch Christoph Siegfrieden von Grünenwalde in SiebenBürgen, o. O. 1637. Das Glück der Menschheit zu befördern wünscht ihm: Bey der höchsterwünschten Geburt des Durchlauchtigsten Erbprinzen … Carl Friedrich … unterthänigst überreicht von den sämmtlichen in Jena studierenden Weimar=Eisenach= und Jenaischen Landeskindern, Jena 1783. Das Leben nach dem Tode/ in Beschreibung des Christ-Fürstlich geführen Lebens-Lauffes/ Des … Herrn Johann Ernstens/ des II./ Hertzog zu Sachsen … welcher 1683 … seligst verstorben … Am Tage Dero Fürstl. Beerdigung öffentlich vorgestellt, Weimar 1683, VD17 27:732267U; VD17 27:732267U. Dem Weiland Durchläuchtigen … Fürsten und Herrn … Bernhard … der beyden Cronen/ Franckreich und Schweden/ wie auch der vereinigten Evangelischen Stände Generalissimo … den 12. Christonats dieses lauffenden 1655. Jahrs in … Weymar … beygesetzet war/ Stifftet dieses wenige Denckmahl in tiefster/ Unterthänigkeit/ Der Fr. Hoffmann Tischgesellschaft, Jena [1655]. Der Teutschen Planet/ Das ist: Nothwendige Betrachtung Der frembden Kriegeswaffen in Teutschlandt/ darinnen/ Von derselben Gerechtsame und Befügnüß/ wie auch vermuthlichen Außgang. In Form eines Besprechs/zwischen Ernst German /von Teutschenheimb/ und Wendelin Frantzmännlein …, o. O. 1639, VD17 14:005742H. Deutscher Zuschauer, Bd. 1, H. 3 (1785). Dickmann, Fritz (Bearb.): Geschichte in Quellen. Renaissance, Glaubenskämpfe, Absolutismus, München ³1982. Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts: Fruchtbringende Gesellschaft, http://www.diefruchtbringende-gesellschaft.de [30. 06. 2023]. Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts: Fruchtbringende Gesellschaft. Mitgliederdatenbank, http://www.die-fruchtbringende-gesellschaft.de/index.php?category_id=15&article_id=16 [30. 06. 2023]. Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongress, Bd. 3: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück, Teilbd. 3: Dezember 1645 bis April 1646, bearb. v. Gabriele Greindl/Günther Hebert/Gerhard Immler, München 2018. Die Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, bearb. v. Peter Mortzfeld, Online, http://portraits.hab.de/ [30. 06. 2023]. Dilherr, Johann Michael: Memoriae Serenissimi & Celsissimi Principis ac Domini, Domini Bernhardi, Saxoniae … Ducis … Exercituum Foederatorum Regum, Principum atque Ordinum in Germania … Redditi Coelo, Neoburgi ad Rhenum IIX. Jul. 1639, Jena [1639], VD17 27:716792P. Dilich, Wilhelm: Kriegßbuch/ darin die Alte und Neue Militia eigentlich beschrieben unnd allen Kriegßneulingen/ Bau und Büchsenmeistern/ zu nutze unnd guter anleitung, Kassel 1608. Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia, 7 Bde., Prag 1977 ff. Dögen, Matthias: Heutiges tages übliche Kriges Bau=kunst Mit vilen ausserläsenen so wol alten als neuen geschichten bewähret und mit den vornämsten Fästungen der Christenheit lehr=bilds=weise aussgezieret, Amsterdam 1648. Drach, Laurentius: Gratulatio Votiva. Generoso, Strenuo, & praenobili viro Dno. Tobiae A Ponikau Postquam Ab Illustrissimo Et Celsiss: Saxoniae … Gubernator Ducatus, Franciae Orientalis fuit constitutes, Regensburg 1634, VD17 3:644913D (andere Ausg.: VD17 14:051892 V).
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Quellen und Literatur
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Gedruckte Quellen
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Extract-Schreiben Auß unterschiedlichen Oertern/ Wie es mit dem Treffen zwischen Graff Gallas mit der Kaeyserlichen Armee, Und Cardinalde la Valette un[d] Hertzog Bernhardt/ etc. mit der Frantzösischen Armee, in Burgundien geschehen/ dahergegangen/ worinnen Graff Gallas geschlagen worden, o. O. 1636. Faret, Nicolas: L’Honneste homme, ou l’Art de plaire à la cour, Paris 1630. Faye, Abraham de la: Institutiones Lingvae Gallicae: Oder gründliche Unterweisung der Frantzöischen Sprach/sampt etzlichen schönen Gesprächen, Jena 1613. Faye, Abraham de la: Miroir des actions vertueuses d’un Jeune Prince, representée en forme de Dialogues … Spiegel oder nützliche Gespräch der Tugent- und fürstenmässigen exercitien junger Fürsten und Herrn, [ Jena] [ca. 1620]. Faye, Abraham de la: Prodromus, Oder Angebotener Wegweiser zu einer bißhero offt gewünschten, möglichen Didactica oder Lehrkunst, die bey diesen Zeiten practicabelsten vn gebreuchlichsten Sprachen: Als Teutsch, Frantzösisch, Italienisch vn Spanisch, mit Lust vn Anmut zu begreiffen, Jena 1631. Feuquières, Manassès de Pas de: Lettres et Négociations du Marquis de Feuquières, Ambassadeur extraordinaire du Roi en Allemagne, en 1633. & 1634, Tl. 1, Amsterdam 1753. Fiedler, Joseph (Hrsg.): Die Relationen der Botschafter Venedigs über Deutschland und Österreich im siebzehnten Jahrhundert, Bd. 1: K. Mathias bis K. Ferdinand III., Wien 1866. Fischer, Hermann (Hrsg.): Georg Rudolf Weckherlins Gedichte, 2 Bde., Tübingen 1894 f. Förster, Friedrich: Albrechts von Wallenstein … ungedruckte, eigenhändige vertrauliche Briefe und amtliche Schreiben aus den Jahren 1627 bis 1634, 3 Tle., Berlin 1829. Frauenholz, Eugen von: Die Landesdefension in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, München 1939. Freinsheim, Johann: Teutscher Tugendspiegel Oder Gesang von dem Stamme und Thaten dess alten und newen teutschen Hercules. An den … Fürsten … Bernharden … Hertzogen zu Sachsen, Straßburg 1639, VD17 23:230031Y u. a. Freye, Karl/Sammler, Wolfgang (Hrsg.): Briefe von und an Jakob Michael Reinhold Lenz, Bd. 2, Leipzig 1918. Friesenegger, Maurus: Tagebuch aus dem 30jährigen Krieg. Nach einer Handschrift im Kloster Andechs mit Vorwort, Anmerkungen u. Register hg. v. P. Willibald Mathäser, München ²1996. Fritz, Eberhard: Der Dreißigjährige Krieg in Südwestdeutschland. Quellen aus Oberschwaben, dem westlichen Allgäu, der Bodenseeregion mit dem Hegau und der nördlichen Schweiz, den fürstenbergischen Herrschaften und dem Herzogtum Württemberg. 1618 – 1632, Koblenz 2022. Fuchs, Wolfgang: Leich= und Lobkrantz/ Auß schönen außerlesenen Blumen/ oder hochlöblichen heroischen Thaten und Tugenden. Deß Hochwürdigsten in Gott Fürsten und Herrns/ Herrn Anselmi Casimiri, deß Heyligen Stuels zu Mayntz Ertzbischoffen/ des Heligen Röm: Reichs durch Germanien Erz=Cantzlern und Churfürstens/ … so den 9. Octob. im Jahr 1647. zu Franckfurt … verblichen/ geflochten, Mainz 1647. Furetière, Antoine: Dictionnaire universel, Contenant tous les mots François, tant vieux que modernes, & les Termes de toutes les Sciences et des Arts, 3 Bde., Den Haag u. a. 1702. Gazette (de France), Paris 1631 ff. Genast, Wilhelm: Bernhard von Weimar. Geschichtliches Trauerspiel in fünf Acten, Weimar 1855. Gerhard, Johann: Oratio Funebris, Debito honori Illustrissimi Ac Celissimi Principis ac Domini Dn. Johannis Casimiri, Saconiae … Nati Gothae 12. Junii Ann. 1564. Denati Coburgi 16. Julii Ann.1633. Repositi ibidem 24. Martii Ann. 1634 …, Jena 1634, VD17 23:245476K. Gespräch kgl. May. zu Schweden/ mit Teutschland/ darbey erzelt wirdt/ was ihr May. von anfang bis dato erobert, Würzburg 1631.
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Quellen und Literatur
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Gedruckte Quellen
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Gedruckte Quellen
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Relation, Oder Außführlicher Bericht/ aller der jenigen Ursachen und Motiven, wo durch nicht allein die wolgemeynte Intention, die Statt Nördlingen zu entsetzen/ turbiert, sondern auch auff darauff erfolgtes Treffen dem gantzen Evangelischen Wesen ein grössers Unglück zugezogen worden/ Beschrieben von einem Fürnemmen Cavallier, welcher persönlich mit und darbey gewesen, o. O. 1635, VD17 14:005479Q. Reuss, Rudolf (Hrsg.): Strassburg im dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648). Fragment aus der Strassburgischen Chronik des Malers Johann Jakob Walther nebst Einleitung und biographischer Notiz, in: Protestantisches Gymnasium Straßburg (Hrsg.), Programm auf das Schuljahr 1879 – 1880, Straßburg 1879, S. 3 – 41. Revius, Jakob: Op de verovering van Brisach, in: Over-Ysselsche sangen en dichten. Overige gedichten, hg. u. mit Anm. versehen v. W. A. Smit, Amsterdam 1935, S. 183. Richelieu, Armand Jean du Plessis de: Politisches Testament und Kleinere Schriften, eingeleitet u. ausgewählt v. Wilhelm Mommsen, Berlin 1926. Richelieu, Armand Jean du Plessis de: Testament de Richelieu, hg. v. Françoise Hildesheimer, Paris 1995. Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling. Utgifna af Kongl. Vitterhets- Historie- och Antiqvitets-Akademien, Stockholm 1888 ff. Rode, August von: Das Gotische Haus zu Wörlitz, nebst anderen Ergänzungen der Beschreibung des Herzoglichen Landhauses und Gartens zu Wörlitz, Dessau 1818. Roeck, Bernd (Hrsg.): Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555 – 1648, Stuttgart 1996. Rohan, Henri de: De L’Interest Des Princes Et Des Estats De La Chrestienté, Paris 1643. Deutsche Ausgabe: Interesse der Potentaten und Stände. Oder Unpassionirter Discurs, worinnen der fürnemsten Potentaten und Stände der Christenheit wares Interesse- Wolfahrt und Auffnehmen dieser Zeit bestehe, 1641, VD17 14:005587M. Rohan, Henri de: Déclaration de M. le duc de Rohan, pair de France, etc., contentant la justice des raisons et motifs qui l’ont obligé à implorer l’assistance du Roy de la Grande Bretagne, et prendre les armes pour la défense des Églises réformées de ce royaume, o. O. 1627. Rohan, Henri de: Le parfaict capitaine. Autrement l’abrégé des guerres de Gaule des commentaires de César, ND d. Ausg. 1636 mit e. Einführung von Werner Hahlweg, Osnabrück 1972. Rohan, Henri de: Mémoires de Henri Duc de Rohan, Bd. 2, hg. v. M. Petitot, Bd. 19, Paris 1822. Rohan, Henri de: Voyage Dv Dvc de Rohan, Faict en l’an 1600, En Italie, Allmaigne, Pay-bas Vni, Angleterre, & Ecosse, Amsterdam 1646. Roscio, Giulio u. a.: Ritratti et elogii di capitani illustri che ne‘ secoli moderni hanno gloriosamente guerreggiato, Rom 1646. Rücker, Daniel: Christliche Danck- Vnd Erste Evangelische Predigt/ Jn der vornehmend vnd weitberümbten Vestung Breysach/ alß selbige Dem Durchleuchtigsten … Fürsten … Herrn Bernhardt/ Hertzogen zu Sachsen … vbergeben worden, [¹1638] Colmar 1639, VD17 23:629269K. Rücker, Daniel: Christliche Trawr-Predigt/ Uber den hochbetrawrlichen tödlichen fall Deß … Herrn Bernharden/ Hertzogs zu Sachsen … der vereinigten Cronen/ und Evangelischen Ständen Generalissimi: Welcher den 8. Iulii dises 1639. Jahrs/ in der Stadt Newenburg am Rhein/ … entschlaffen/ Und Den 19. diß Monats zu Breisach im Münster … beygesetzet worden, o. O. [ca. 1639], VD17 3:630893E. Russell, John: The Tvvo Famous Pitcht Battels of LYPSICH, AND LUTZEN; Wherein the ever-renowned Prince GUSTAVUS THE GREAT lived and died an Conquerour: WITH AN ELEGIE UPON his untimely death, Cambridge 1634. Rydberg, Olof S./Hallendorff, Carl (Hrsg.), Sverges traktater med främmande magter jemte andra dit hörande handlingar, Bde. 5,1 (1572 – 1632) u. 5,2 (1632 – 1645), Stockholm 1903 u. 1909.
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Quellen und Literatur
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Gedruckte Quellen
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eingenommen: Darinnen an vorhandenem Schatz: Als paarem Geld/ Gold und Silber/ Kleinodien/ Perlein und andern/ so fast unglaublich und unerhört/ inventiret unnd gefunden worden, o. O. 1639, VD17 14:005806T. Warhafftige vnd gründliche Beschreibung/ Was Ihre Königliche Mayestat auß Schweden/ von Johannis biß auff Jacobi in Preussen verrichtet/ wie er mit einer grossen Armada Volcks/ lauter Schweden/ allda ankommen/ vnd sicher vieler Städte vnd Dörffer bemechtiget/ auch was er sonst außgerichtet/ wird der günstige Leser hierinnen berichtet werden, Königsberg 1626. Warhafftige/ Unparteyische Erzehlung was sich von dem 14/24 Octobr. biß den 23 Octobr.2 Novembr. an. 1638 vor: und umb die Vestung Brysach begeben und zugetragen/ unnd wie es nunmehr mit derselben auffs eusserste kommen, o. O. 1638, VD17 23:293530 A. Warhafftiger Bericht/ Welcher gestalt die Stadt Speyer Ihre Fürstlich Gnaden Herzog Bernhard/ von Weimar/ neben dem Frantzösischen Herrn Generaln den 11/21. Martij erobert und einbekommen, o. O. 1635, VD17 75:705499T. Watts, William: The Continvation of the German History, Tl. 5: Collected out of the truest Intelligences, and digested into places and times of action, briefly brought downe, To the late Treaty in Silesia, and the successe thereof. To the coming of the D. of Feria, and what hee [sic] hath effected since. To the taking of Ratisbon, or Regenspurg by D. Bernard Weymar, with other late memorable actions done by him. Before you come to the Story, you have an exact description of the dolefull Funerall of the ever Renowened, and Victorious King of Sweden, London 1633. Weber, Matthias: Die Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577. Historische Einführung und Edition, Frankfurt a. M. 2002. Weckherlin, Georg Rudolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte, Amsterdam 1641. Welcher gestalt der Königlichen Mayest. und Cron Schwed. Gen. und Feldmarschalls/ Herrn Johann Baniers (et]c. Ritters/ … Darbey auch ein Bericht/ wegen Einnemung Prysach, o. O. 1638. Werder, Diederich von dem: Friedes ens-Rede in gegenwarth Vieler Fürsten/Fürstinnen und Fräwlein Auch Grosser Anzahl Hochadelicher gelehrter und anderer vornehmen Mannes- Frawen und Jungfräwlichen Persohnen …, [Weimar] 1639. Werder, Diederich von dem: Krieg und Sieg Christi: Gesungen in 100. Sonnetten; Da in jedem und jeglichem Verse die beyden wörter/ Krieg und Sieg auffs wenigste einmahl/ befindlich seyn, Wittenberg 1631, VD17 39:121069C. Wette, Gottfried Albin de: Historische Nachrichten von der berühmten Residentz-Stadt Weimar, Bd. 1, Weimar 1737. Wicquefort, Abraham von: L’Ambassadeur et ses fonctions, Bd. 1, Den Haag 1682. Wieland, Christoph Martin: Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland an verschiedene Freunde in den Jahren 1751 bis 1810 geschrieben, und nach der Zeitfolge geordnet, Bd. 3, Zürich 1815. Wienand, Isabelle/Ribordy, Olivier (Hrsg.), Der Briefwechsel mit Elisabeth von der Pfalz: französischdeutsch. René Descartes, Hamburg 2015. Wijnhoven, Joseph (Bearb.): Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken. Die Kölner Nuntiatur, mehrere Bde., Paderborn u. a. 1995. Wildenbruch, Ernst von: Bernhard von Weimar. Trauerspiel, Leipzig 1855. Wilhelm von Sachsen-Weimar: Ein Lied/ Hertzog Wilhelm/ zu Sachsen/ Welches nach der Predig in der SchloßKirchen zu/ Weymar/ Sontag den 4. [14.] Augusti Anno 1639. Von den Musicanten/ daselbsten gesungen/ als der Christlichen Gemein der … Tod/ dessen vielgeliebten Herrn Bruders/ Hertzog Bernharden zu Sachsen/ &c. öffentlich angedeutet worden/ Jm Thon: An Wasserflüssen Babylon, Coburg 1639.
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Quellen und Literatur
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Literatur
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Personenregister Aufgrund seiner durchgängigen Nennung wird Herzog Bernhard von Weimar hier nicht mit aufgeführt.
Adami, Tobias 37 f. Adolf Friedrich I., Herzog von MecklenburgSchwerin 60 Agnes, Fürstin von Anhalt-Dessau, geb. von Hessen-Kassel 51 Aitzema, Lieuw van 338 Albrecht Alcibiades, Markgraf von BrandenburgKulmbach 101 Albrecht, Herzog von Sachsen-Eisenach 30, 37, 46, 58 f., 63, 64 f., 71, 142, 216, 329 f., 344 Alexander der Große 53, 346 Alkibiades 187 Amalie Elisabeth, Landgräfin von HessenKassel 14, 135, 166, 194 f., 201, 206, 329, 349 Amoena Amalia, Fürstin von Anhalt-Köthen 51 − 53 Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-WeimarEisenach 38, 360 Anna Augusta, Herzogin von BraunschweigWolfenbüttel 54 Anna Sabina, Herzogin von WürttembergWeiltingen 236 Anna Sophia, Fürstin von Anhalt-Bernburg 51 Anna von Österreich, Königin von Frankreich 27, 157, 169 ff., 176, 239 f., 261 Anna von Sachsen, Herzogin von SachsenCoburg 49 Anna, Herzogin von Croy 236 Anna, Herzogin von Württemberg 236 Anne Marie Louise d’Orléans, Herzogin von Montpensier 171 Aristandros 53 Arnim, Hans Georg von 206, 332, 334 Arumäus, Dominicus 40, 47 Aschhausen, Johann Gottfried von, Bischof 91 Aubery, Antoine 218 August d. J., Herzog von BraunschweigLüneburg-Wolfenbüttel 22, 90, 345 August, Fürst von Anhalt-Plötzkau 335 https://doi.org/10.1515/9783110701913-018
Augusta, Herzogin von Sachsen-GothaAltenburg 353 Augustus (Octavian) 346 Avaux, Comte d‘ s. Mesmes, Claude de Ayala, Baltasar de 96 Ayrmann, Erasmus 278 Ayrmann, Georg 276 − 279 Balde, Jacob 240 Banér, Johan 72, 79, 132, 153, 175, 250, 312, 321, 332 ff., 346, 354, 363 Barberini, Francesco 137 Barlaeus, Caspar (van Baerle) 237, 262, 349 Batilly [Leutnant] 136 Beer, Johann 248 Bellièvre, Pompone de 203 Benger, Elizabeth 76 Berlize 168 f., 176 Bernegger, Johann Caspar 246 f. Bernegger, Matthias 167, 181, 246 f., 345 Bernhard I., Herzog von Sachsen-Meiningen 335, 360 Bernhard II. Ehrich Freund, Herzog von SachsenMeiningen-Hildburghausen 360 Bernhard III., Herzog von Sachsen-Meiningen und Hildburghausen 360 Bernhard, Herzog von Sachsen-Jena (Bernhard II., d. J.) 48, 168, 197, 335, 348, 360 Bernhard, Herzog von Sachsen-Jena [Sohn Herzog Bernhards II. d. J.] 360 Bernhard, Herzog von Sachsen-Meiningen [Sohn Herzog Bernhards I. von Sachsen-Meiningen] 360 (Karl) Bernhard, Prinz von Sachsen-WeimarEisenach 360 Bernhardine Christiane Sophie, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Fürstin von Schwarzburg-Rudolstadt 360 Bernhold, Philipp Jacob 56, 328 Bertram, Caspar 353
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Personenregister
Betz, Friedrich 22, 167, 179 f., 304 Birken, Sigmund von 243, 357 Blaeu, Joan 78 Blandinus [Arzt] 24 Böttiger, Karl August 5 Botzheim, Hans Bernd von 37 f. Boudan, Alexandre 239 Bouthillier, Léon, comte de Chavigny 157, 172, 222, 238, 261, 265, 317, 321 Brandenstein, Christoph Carl von 94 f., 98, 104, 106 f. Brandenstein, Georg Friedrich von 53 Breithaupt, Johann Friedrich 88, 146 Brendel, Zacharias, d. Ä. 46 Brennus 240 Brincken, Wilhelm von 132 Brütt, Ferdinand 6 Bulach, Claus Conrad Zorn von 86 Bullion, Claude de 157, 226, 228, 261, 303 Burkhard, Heiliger, Bischof 100 Cäcilia Renata, Erzherzogin von Österreich, Königin von Polen 196 Calderón de la Barca, Pedro 363 Calixt, Georg 113 Camerarius, Ludwig 75, 167, 263, 291 Carafa, Pier Luigi 80, 91 Carl August, Großherzog von Sachsen-WeimarEisenach 2 − 6, 18, 358 ff. Carl Friedrich, Großherzog von Sachsen-WeimarEisenach 3, 358 Carlo Emanuele, Herzog von Savoyen (Karl Emanuel II.) 193 Carlyle, Thomas 205 Caroline Louise, Prinzessin von Sachsen-WeimarEisenach 360 f. Carpzow, August 334 Cäsar 187, 346, 356 Chabot, Henri de 205 Chapelain, Jean 325 Charlotte Brabentina von Oranien-Nassau, verh. La Trémouïlle 168 Chavigny s. Bouthillier Chemnitz, Bogislav Philipp von 123 Chemnitz, Martin (d. J.) 123 ff. Christian I., Fürst von Anhalt-Bernburg 48, 54, 57, 143, 185, 294
Christian II., Fürst von Anhalt-Bernburg 54, 127, 172, 185, 196, 294, 344 Christian II., Kurfürst von Sachsen 41 Christian IV., König von Dänemark 27, 43, 59 f., 76, 166, 196, 198 Christian Wilhelm, Markgraf von Brandenburg 50 Christian, Herzog von BraunschweigWolfenbüttel 57, 61, 126, 214, 335 Christian, Pfalzgraf (Birkenfeld-Bischweiler) 72 Christina, Königin von Schweden 130, 153, 163, 165 f., 179, 194, 245 Christine de France, Herzogin von Savoyen 179, 193 Claudia de‘ Medici, Erzherzogin von Österreich, Landesfürstin von Tirol 214, 257, 328 f. Claudius, Hl. 251 Coke, Sir John 198, 208 Corber, Anzolo 192, 205 Cramer, Laurentius 133 Cratz von Scharffenstein, Anna Elisabeth 279 Cratz von Scharffenstein, Johann Philipp 129 Craven, William Baron Craven 202, 318 Daetrius, Brandanus 113 Degenfeld, Christoph Martin von 259 f., 321 Deinert, Christa 11 Descartes, René 205 Desjardins, Marie-Cathérine, gen. Mme de Villedieu 184 Devrient, Wilhelm 359 Dilherr, Johann Michael 346 Dögen, Matthias 89 Dorothea Maria, geb. Fürstin von Anhalt, verh. Herzogin von Sachsen-Weimar 29, 34, 36 f., 40 f., 43, 188, 197, 360 Dorothea Maria, Herzogin von Sachsen-Weimar, verh. Herzogin von Sachsen-Zeitz 343 Dorothea Maria, Pfalzgräfin (Pfalz-Sulzbach) 236 Dorothea Susanne von der Pfalz, verh. Herzogin von Sachsen-Weimar 43 Dorothea von Sachsen-Altenburg, verh. Herzogin v. Sachsen-Eisenach 344 Dorothea, Markgräfin von Brandenburg 50, 54 Droysen, Gustav 6 f. Droysen, Johann Gustav 6 Dürr, Johann 357
Personenregister
Eberhard III., Herzog von Württemberg 23, 216 f. Echter von Mespelbrunn, Julius, Bischof 92, 108 Effern, Agnes von, verh. Melander 136 Ehm, Johann Bernhard von 289, 311 Eleonora Dorothea, Herzogin von SachsenWeimar, geb. von Anhalt-Dessau 34, 43, 50 Eleonora Sophia, Fürstin von Anhalt-Bernburg, geb. von Schleswig-Holstein-Sonderburg 344 Eleonora, Herzogin von Württemberg, verh. Fürstin von Anhalt, verh. Landgräfin von Hessen-Darmstadt 36 f. Elisabeth I., Königin von England 199 Elisabeth Stuart, Kurfürstin von der Pfalz, Königin von Böhmen 14, 51, 149, 196 − 200, 202 − 205, 208 f., 237, 263, 266, 319 Elisabeth von der Pfalz, Äbtissin von Herford 196 f., 205, 349 Emmanuel Friedrich Wilhelm Bernhard von Sachsen-Weimar-Eisenach 360 Endter, Wolfgang 98, 351 Engelsüß, Georg 232 Erlach, Hans Ludwig von 7, 167, 191 ff., 205, 216 f., 224 − 227, 229, 252 ff., 256, 259, 260 f., 264 f., 285, 290, 292 − 295, 298, 300, 303, 306 f., 311 f., 314, 323 − 329, 335 Ernst Casimir, Nassau-Dietz Graf 56 Ernst I., der Fromme, Herzog von SachsenGotha 11, 21, 26, 30, 46, 63 ff., 71, 89 f., 92, 94, 98, 102 f., 105, 109 ff., 113 − 117, 120 f., 132, 138, 142, 216, 277 f., 329 f., 336 f., 344, 350, 353, 357, 360, 369 Ernst II. von Sachsen-Gotha 4 Ernst II., Herzog von Sachsen-Altenburg 360 Ernst, Markgraf von Brandenburg-Jägerndorf 24 Eva Christiana, Markgräfin von Brandenburg, Herzogin von Jägerndorf 236 Evenius, Sigismund 113, 123 Fabricius, Friedrich 94 f., 993 Falkenberg, Dietrich von 58 f., 69 Farnese, Odoardo I., Herzog von Parma und Piacenza 173 ff.
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Ferdinand II., Kaiser 14, 41 f., 44, 48, 54, 57, 66, 68, 70 f., 90, 102 f., 126, 136 f., 140 − 143, 145 ff., 153, 162, 199 f., 203, 239, 270, 367 f. Ferdinand III., Kaiser 14, 43, 90, 102, 128, 130, 136 f., 158, 161, 163 f., 165 f., 177, 179 f., 196, 201, 204, 216 f., 223 f., 237, 246, 248, 267 f., 278, 284, 313 f., 328 f., 330, 332 ff., 337 f. Ferdinand von Spanien, Kardinalinfant von Toledo 43, 128, 130 Ferenz, Otto von 154, 195, 202 Feret, Sekretär 24 Feuquières, Manassès de Pas, Marquis de 81, 148, 157, 164 Fischbach, Matthäus 134 Fleming, Sir Oliver 205, 315, 318 Flersheim, Hans Philipp von 324 Forstner, Christoph von 289 Francesco Giacinto, Herzog von Savoyen 193 Frantzke, Georg 330 Franz Albrecht, Herzog von Sachsen-Lauenburg 279 Franz Karl, Herzog von Sachsen-Lauenburg 58 Franz, Günther 11 Frederick Lewis (Friedrich), Kurprinz von Hannover, Prince of Wales 353 Freinsheim, Johann 195 f., 211, 246 f., 345 − 349, 358, 361 Frenk, J., Oberst 143 Friedrich August I. (August der Starke), Kurfürst von Sachsen, König von Polen 174 Friedrich August, Herzog von Sachsen-Eisenach 355 Friedrich Ferdinand Constantin, Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach 190 Friedrich Heinrich, Fürst von Oranien 58 f., 217, 262, 337, 367 f. Friedrich I., Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg 190, 344 Friedrich II., Herzog von Sachsen-Altenburg 44, 57 Friedrich II., König von Preußen 75, 277, 348, 354, 357 Friedrich III., der Weise, Kurfürst von Sachsen 352 Friedrich Ulrich, Herzog von BraunschweigWolfenbüttel 113
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Personenregister
Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, König von Böhmen 32, 41 − 44, 51, 53, 58, 71, 76, 131, 143, 184, 197, 199, 214, 291 Friedrich V., Markgraf von Baden-Durlach 23, 188, 214 f., 258 Friedrich Wilhelm II., Herzog von SachsenAltenburg 46, 188, 344 Friedrich Wilhelm, Herzog von Sachsen-Weimar 30, 36, 39, 44 − 48 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 196 Friedrich, Herzog von Sachsen-Weimar 30, 44, 48, 55 Friedrich, Herzog von WürttembergNeuenstadt 23 Friesenegger, Maurus, Abt 309 Fürstenheuer, Hieronymus 24 Gallas, Matthias Graf 14, 128, 136, 143, 154, 158, 354 f. Ganzhorn, Joachim 93, 111 Gaston d’Orléans 170 f., 176 Geer, Louis de 271 Geizkofler, Zacharias 290 Geleen, Gottfried Huyn Graf 329 Gentili, Alberico 96 Georg Aribert, Fürst von Anhalt-Dessau 51 Georg Friedrich, Markgraf von Baden-Durlach 57, 60 Georg I. Rákóczi, Fürst von Siebenbürgen 251 Georg II., Landgraf von Hessen-Darmstadt 107 f. Georg Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 206 Georg, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 72, 148, 195, 206 Gerhard, Johann 47, 142 Gersdorf, Peter von 46 Giustinian, Giovanni 204, 207 Gloner, Samuel 48, 76, 196, 243, 246, 349, 354, 357 Goethe, Johann Wolfgang (von) 2 − 6, 358 Goltz, Christoph Heinrich von der 235 Gonzenbach, August von 7 Götz, Johann Graf 134, 218 f., 222 f., 227, 287, 306, 363 Gramont, Antoine III., Herzog von, Graf von Guiche 168, 170
Graves, Monsieur 225 Greflinger, Georg 51, 76 Grenaille, François de 326 Griesheim, Heinrich Christoph von 102, 137 Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von 233 Groot, Cornelis de 24 f., 181 Groot, Diederik de 24, 180, 311 f., 316 f., 322 Grosse, Johann Gottfried 211 Grote, Thomas 37, 44 ff., 50, 59 f. Grotius, Hugo 24 f., 27, 41, 96, 118, 148 f., 156, 167, 177 − 182, 186, 190, 202, 224, 237, 239, 245, 247, 250, 256, 262 ff., 283, 301 ff., 306, 309, 316 f., 319 f., 324, 337 Grün, Johann Christoph von der 129, 230, 234, 256, 306, 337 Gualdo Priorato, Galeazzo 21 f. Guébriant, Jean-Baptiste von 19, 194, 218, 229, 261, 265, 313 Guiche s. Gramont Guise s. Henri II. de Lorraine Günderrode, Hans Heinrich (Henrich) von 195 Gustav II. Adolf, König von Schweden 14, 26, 43, 56, 58 f., 67 ff., 71 − 80, 82, 85, 87, 89 f., 93, 98 f., 100, 106, 113, 117, 120, 122, 163, 178, 186, 196, 213, 244, 291, 356, 359, 368 Hainhofer, Philipp 59 f., 88 f., 113, 241, 345 Hallier, François de l’Hôpital, Seigneur du 215 Hammerstein, Notker 31 Harrach, Ernst Adalbert von, Kardinal 119, 328, 338 Hatzfeld, Franz Graf, Bischof 90, 105 f., 108, 133 f., 135, 138 Heher, Georg Achaz 123, 137 Heider, Wolfgang 45, 47 Heinrich der Löwe 8 Heinrich II., König von Frankreich 52, 145, 247, 337, 359 Heinrich IV., König von Frankreich 31, 169, 184 f., 187 Heinrich VIII., König von England 199 Heinrich, Prinz von Preußen 4 Henri II. de Bourbon, prince de Condé 171 Henri II. de Lorraine, Herzog von Guise 367 Henriquez, Don Federigo 328 Herder, Johann Gottfried 3
Personenregister
Hersbach, Bertram von 253 Herwart, Bartholomäus 304 Herwart, Hans Heinrich 258, 290, 304 Heusner von Wandersleben, Sigismund 85, 267, 328 Hille, Carl Gustav von 357 Hoë von Hoënegg, Matthias 70 Hoeufft, Jan 167, 224 f., 261 f., 264, 302 ff., 317 Hofmann, Johann 60, 162 Hofmann, Samuel 20 f. Hohendorf, Gisbert von 168 Hohenlohe, Georg Friedrich Graf (HohenloheWeikersheim) 84, 143 Hohenlohe, Kraft Graf (Hohenlohe-Neuenstein) 73, 84, 86 Holtzappel gen. Melander, Peter Graf von 135 f. Hooft, Cornelis Pieterszoon 262 Horn, Gustav Karlsson Graf 79, 81 f., 103, 121, 124, 128 ff., 186, 291, 321 f. Hortleder, Friedrich 6, 40, 42, 47, 100 ff., 148, 217, 330, 333 Hübner, Margaretha 51 Hübner, Tobias 51 Huygens, Constantijn 60, 339 Jagemann, Ferdinand 361 Jagow, Andreas von 59 f. Jakob I., König von England 59 Jendre, Ariane 11 Jenisch [Familie] 292 Jettebrock, Ernst von 59 f. Joachim Ernst, Fürst von Anhalt 37 Johann Casimir, Fürst von Anhalt-Dessau 51 Johann Casimir, Herzog von Sachsen-Coburg 36, 41, 48 f., 51, 63, 66 Johann Casimir, Pfalzgraf bei Rhein (ZweibrückenKleeburg) 24, 139, 187, 195 Johann der Beständige, Kurfürst von Sachsen 352 Johann Ernst I. (d. J.), Herzog von SachsenWeimar 19, 30, 33, 37, 41 f., 44 f., 47 ff., 55, 57 − 61, 63, 66, 143, 172, 184, 186, 198, 335, 343, 356 Johann Ernst II., Herzog von Sachsen-Weimar 347 Johann Ernst, Herzog von Sachsen-Eisenach 48, 63, 66
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Johann Ernst, Herzog von Sachsen-Saalfeld 342, 344 Johann Friedrich I., der Großmütige, Kurfürst von Sachsen 3, 6, 31 f., 41, 89, 350 f., 352 f., 3663 Johann Friedrich II., der Mittlere, Herzog von Sachsen 32, 49 Johann Friedrich, Herzog von Sachsen-Weimar 30, 37, 50, 57, 59 ff., 63, 63, 65 Johann Georg I., Herzog von Sachsen-Eisenach 353 Johann Georg I., Kurfürst von Sachsen 41, 44, 66, 70, 72, 78, 80, 82, 118, 142, 162 f., 215 f., 277, 279, 309, 332, 343, 354, 354 Johann Georg III., Kurfürst von Sachsen 353 Johann Georg, Markgraf von BrandenburgJägerndorf 294 Johann II. Kasimir, König von Polen 172, 196, 202, 319 Johann II., Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Zweibrücken 187 Johann III., Herzog von Sachsen-Weimar 29 f., 32, 40 f., 43, 63, 197 Johann Philipp, Rheingraf (Salmp-KyrburgMörchingen) 149, 298 Johann Wilhelm I., Herzog von SachsenWeimar 33, 98, 145, 188, 199 Johann Wilhelm, Herzog von Sachsen-Altenburg 46 Johann Wilhelm, Herzog von Sachsen-GothaAltenburg 353 Johann Wilhelm, Herzog von Sachsen-Weimar 30 Johann, Herzog von Sachsen-Weimar 30 Johanna, Herzogin von Sachsen-Weimar 29, 36 John, Michael 24, 303, 363 Joseph, Père s. Le Clerc Juliana, Landgräfin von Hessen-Kassel 50 Junius, Maria Anna 109 Kagge, Lars 124 Kaiser, Michael 10 Kalcheim, Wilhelm von (gen. Lohausen) 86, 145 f. Kanoffsky, Friedrich Ludwig, von Langendorf 328 Karl Amadeus, Herzog von Savoyen, Herzog von Nemours 188, 191 f.
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Personenregister
Karl Emanuel I. (Carlo Emanuele I), Herzog von Savoyen-Piemont und Mantua 54, 294 Karl I. Ludwig, Kurfürst von der Pfalz 171, 199 − 204, 207 f., 314 f., 317 − 322, 349 Karl I., König von England, Schottland und Irland 59, 191 f., 198 − 203, 205, 207 f., 315, 317 f., 320, 323 Karl IV., Herzog von Lothringen 14, 159, 185, 190, 209, 215, 218 f., 221, 227, 243, 297, 317 Karl V., Kaiser 3, 32, 42, 80, 146, 326, 350, 358o40 Katharina Wasa von Schweden 187 Keiser, Otto 9 Kessel, Nicephor 98, 109 Kilian, Heiliger 100 Knyphausen zu Innhausen, Dodo Freiherr von 79 Königsmarck, Hans Christoph Graf 17, 316, 344 Kospoth, Friedrich von 37 ff., 46 Kötschau, Margarethe von 54 Krafft, Johann Friedrich 4 Kromayer, Johannes 39 Krosigk, Christof von 55 Krosigk, Heinrich Philibert von 55 f., 330 f., 333 Kunigunde Juliana, Fürstin von Anhalt-Dessau 51 Kuster, Hans Caspar 24 La Faye, Abraham de 39 La Force, Jacques Nompar de Caumont Marquis de 171 La Tour d’Auvergne, Henri de, vicomte de Turenne 155, 226 f., 229, 279, 335, 357 La Trémouïlle, Henri de, Herzog von Thouars 168 f., 175 La Trémouïlle, Marie Charlotte de 168, 197, 335 La Valette, Louis de Nogaret, Kardinal de 148, 157 f., 161, 168, 170, 279 Lange, Abraham 37 Lauckner, Rolf 8 Le Clerc du Tremblay, Joseph 157, 172, 181, 225, 241, 302 f. Leibniz, Gottfried Wilhelm 159 Leicester, Earl of s. Sidney, Robert Lenz, Jakob Michael Reinhold 3 Lenz, Salomon 123 Leopold I., Kaiser 272
Leopold III. Friedrich Franz, Fürst/Herzog von Anhalt-Dessau 359 Leopold V., Erzherzog 195 Leopold Wilhelm, Erzherzog, Bischof 246, 332 f. Leret [Familie] 296 Leuber, Johannes 100 Leutsch, Hans August von 340 Leyen, Helene Eleonore von 237 Lieu, Antoine du 304 Löffler, Jacob 140 f. Logau, Friedrich von 363 Lohausen s. Kalcheim Longueval, Achille de, seigneur de Manicamp 155 Longueville, Henri II. d‘Orléans, Herzog von 155, 190, 226 f., 303, 312, 315, 317, 326 Louis II. de Bourbon, prince de Condé (der Große Condé) 171, 187, 357 Luden, Heinrich 6 Ludwig d. Jüngere, Fürst von Anhalt-Köthen 45 f. Ludwig I., Fürst von Anhalt-Köthen 79, 332 f. Ludwig I., König von Bayern 7 Ludwig Philipp, Pfalzgraf von Simmern 50, 53, 131, 203 Ludwig V., Landgraf von Hessen-Darmstadt 107 Ludwig XIII., König von Frankreich 14, 27, 43, 141, 144, 146, 150 − 153, 155 − 159, 161, 163 ff., 168 − 171, 173 − 175, 180, 185, 187, 190, 192 f., 204, 208, 224, 227 ff., 236, 240 f., 247, 251, 261, 263 − 267, 280, 285, 287, 292, 301 f., 302, 318, 320, 322, 324 − 327, 332, 334, 361, 368 Ludwig XIV., König von Frankreich 54, 224, 239, 249, 261, 335, 348 Luise Hollandine von der Pfalz 194 Luise, Großherzogin von Sachsen-WeimarEisenach, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt 358 Lumaga [Familie] 292, 304 Luther, Martin 3, 35, 37, 115, 249, 350 f. Magdalena, Landgräfin von Hessen-Kassel 50 Major, Johannes 47 Manicamp s. Longueval Mansfeld, (Peter) Ernst II. Graf 56, 102, 126, 143, 153, 198, 214 f., 294
Personenregister
Maria [Gottesmutter] 159 Maria von Medici, Königin von Frankreich 194 Marie MadeleineS de Vignerot, Herzogin von Aiguillon 193 ff. Marin, Charles 186, 219, 245, 281, 288, 302 f., 320 Maximilian I., Herzog und Kurfürst von Bayern 31, 46, 89 f., 121 f., 139, 152, 180, 199, 217, 257, 291, 320, 368 Melanchthon, Philipp 37 Melander s. Holtzappel Méliand, Blaise 285, 289 Mesmes, Claude de, Comte d’Avaux 164 Meyer, Bernhard 333 Meyer, Conrad Ferdinand 184 Michiel, Francesco 198 Miltitz, Heinrich von 340 Mitzlaff, Joachim von 88 Mockel, Friedrich Richard 219, 245, 254, 260, 289, 321, 323 Möller, Melchior Josef 24 Moncornet, Balthasar 240 Monro, Robert 60 Montdory (Guillaume des Gilberts) 171 Montmorency, Henri II., Herzog von 187 Moritz von der Pfalz 203, 319 Moritz von Sachsen-Zeitz 343, 344 Moritz, Fürst von Oranien 56, 58, 294 Moritz, Herzog von Sachsen, Kurfürst 353, 358 Moritz, Herzog von Savoyen, Kardinal 193 Moritz, Landgraf von Hessen-Kassel 46 Moscherosch, Johann Michael 349 Müller, Georg 24, 153, 167, 177, 180 f., 247, 263, 289, 299, 316 Müller, Johann Sebastian 343 f. Musaeus, Johannes 346 Nassau-Idstein, Johann Graf 154, 236, 339 Nassau-Siegen, Wilhelm Otto Graf 311 f. Nemours, Herzog s. Karl Amadeus von Savoyen Neumair von Ramsla, Johann Wilhelm 47, 59, 186 Neumark, Georg 349 Nihusius, Barthold 45 f., 50 Noyers s. Sublet de Noyers
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Olivares, Gaspar de Guzmán Graf, Herzog von Sanlúcar 126 Opitz, Martin 104, 122 Ottheinrich, Pfalzgraf (Pfalz-Sulzbach) 236 Otto Ludwig, Rheingraf (Salm-KyrburgMörchingen) 214 Oxenstierna, Axel 14, 24, 47, 67, 73, 78 − 88, 103, 106 f., 117 f., 130, 132, 140 f., 149, 153 f., 179 f., 245, 247, 275 f., 319, 321, 323, 332, 356 Oysonville, Baron d‘ 326 Paler, Magdalena 290 Pappenheim, Gottfried Heinrich Graf 72 f., 82, 90 Paul III., Papst 175 Pawel-Rammingen, Andreas von 314 f. Peblis, Georg Hans von 314 f. Peblis, Juliane Ursula von 51 Philipp III., König von Spanien 14 Philipps, Jenkin Thomas 353 Piccolomini, Octavio 237 Pier Luigi, Herzog von Parma und Piacenza 175 Plessis, Françoise du 194 Ponickau, Tobias von 16, 24, 58, 105, 117 ff., 135 ff., 148, 150 f., 167 f., 174, 176 f., 198 − 201 Pufendorf, Samuel 192 Ramsay, James 288 Ratke, Wolfgang 39 Redlich, Fritz 17 Rehlingen, Ferdinand von 291 Rehlingen, Konrad von 291 Rehlingen, Marx Conrad (von) 24, 142, 255, 263, 267, 290 − 293, 299 ff., 306 Rehlingen, Marx von 291 Rehlinger von Leder, Hans Ulrich 16, 24, 308, 323, 325, 363 Reigersberch, Nicolaes van 262, 316 Reinach, Hans Heinrich von 214, 223, 230 − 234, 240, 250 Reinkingk, Dietrich 47 Remchingen, Ernst Friedrich von 24, 330 Renaudot, Théophraste 160 Revius, Jakob 237 Richelieu, Kardinal Armand Jean du Plessis Herzog von 14, 27, 141, 146 f., 151, 153, 156 − 160, 168 ff., 175 ff., 179, 181, 188, 190,
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Personenregister
192 ff., 208 f., 214 f., 218, 224 f., 227 f., 234, 238 − 241, 261, 264 f., 270, 274, 308, 317 f., 327, 338, 356 Richter, Christian 30, 59, 342, 350 Riemer, Valentin 47 Riepenhausen, Ernst Ludwig 359 Ringler, Christoph 296 Roddelstedt, Peter 34 Roderich, Herzog von Württemberg-Weiltingen 23, 168, 236 Roe, Thomas 196 f., 199 − 202, 204, 207 f., 314 Rohan, Anne de, Herzogin von 191 Rohan, Cathérine de, Herzogin von 187 Rohan, Henri II. de, Herzog von 16, 43, 158, 168, 184 − 187, 190 ff., 214, 240, 247, 274, 367 Rohan, Marguerite de, Herzogin von 184, 187 ff., 191 ff., 205 Rohan, Marguerite de, Herzogin von, geb. de Béthune-Sully 184, 188, 190 f., 192 Rohan, Tancred de 184 Rompler von Löwenhalt, Jesaias 246 Röse, Bernhard 6 Rosen, Johann von 258 Rosen, Reinhold von 258, 311 ff., 321, 323, 327 Rotenhan, Adam Hermann von 138 Rotenhan, Hans Georg von 24, 167 Rücker, Daniel 24, 235, 242, 331, 338, 345 Rudolf II., Kaiser 31, 89, 291 Rudolf, Fürst von Anhalt-Zerbst 50 Rupert (Ruprecht) von der Pfalz 184, 188, 192, 202 ff. Rusdorf, Joachim von 59, 198 Saavedra Fajardo, Diego de 267, 328 Salvius, Johann Adler 76, 260, 320 Sandrart, Joachim von 20 f. Sauckel, Fritz 8 f. Savelli, Federico, Herzog von 215 f., 218, 220, 223, 227, 306, 355 Schaffalitzky von Muckendell, Bernhard 224, 286, 290, 296 Scharffenstein, Stalanus Friedrich von 340 Scheidig, Walter 9 Schiller, Friedrich 5 f., 9, 194, 250 Schleupner, Christoph 94 f., 110 Schmit, Ludovig 24, 340 Schneuber, Johannes 224
Schnitzer, Lucas 21 Schönbeck, Wolfgang von 323, 327 Schönborn, Lothar Franz von, Erzbischof, Kurfürst 206, 208 Schrei, Jeremias 24 Schulze-Trenzinger, Walter 8 f. Schurman, Anna Maria van 205 Schwalenberg, Heinrich 79 Schwechhausen, Heinrich von 340, 349 Scudamore, John, 1st Viscount Scudamore 177 Seckendorff, Veit Ludwig von 349 Seguier, Pierre 261 Servien, Abel 164 Shakespeare, William 363 Sibylle von Jülich-Kleve-Berg, verh. Kurfürstin von Sachsen 31 Sidney, Robert, 2nd Earl of Leicester 177, 192, 207, 209, 214 Sigismund III. Wasa, König von Polen 43 Silvercrona, Petter Spiring 303 Socin, Abel 296 Spinola, Ambrosio 275 Starschedel, Dietrich von 24, 56 Steffan von Cronstetten, Hieronymus 177 Steffan von Cronstetten, Johann Hieronymus 176 Steinla, Moritz 359 Steinmeier, Frank-Walter 12 Stieler, Kaspar 74 Streiff von Lauenstein, Philipp 140, 237 Suárez, Francisco 96 Šubić Zrínyi, Nikolaus Graf 244 Sublet de Noyers, François 157, 180, 227, 302 f., 324 Sulevic, Kaplíř von 58 Sully, Maximilien de Béthune, Herzog von 169, 184 Tacitus 247 Tasso, Torquato 357 Taube zu Neukirchen, Dietrich Freiherr von 118 Taupadel, Georg Christoph von 312 Teuffenbach, Johann Friedrich von 259 f. Thomas Franz, Herzog von Savoyen-Carignan 193 Thumbshirn, Wolfgang Conrad von 334 Thurn, Johann Jacob Graf 133 ff. Tieck, Christian Friedrich 7
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Personenregister
Tilly, Johann Tserclaes Graf 14 f., 21, 30, 57, 61, 65, 67, 123, 126, 132, 152, 196, 243, 337, 346, 355 Toerring-Stein, Albert von, Bischof 134 Torstensson, Lennart 79 Trauttmansdorff, Maximilian Graf 215 f., 267 Truchseß, Wolf Dietrich 24, 167, 181 Tümmler, Hans 16 Turenne s. La Tour d‘Auvergne Uetterodt, Hans Andreas von Urban VIII., Papst 164 Urfé, Honoré d’ 50 ff., 54, 170
340
Vauban, Sébastien Le Prestre, de 307 Venier, Sebastian 79 Victor Amadeus I., Herzog von Savoyen 193 Viktor I. Amadeus, Fürst von Anhalt-Bernburg 344 Villoison, Jean-Baptiste Gaspard d’Ansse de 358 Vitoria, Francisco de 96 Vitzenhagen, Thilo von 51 Voigt, Christian Gottlob (von) 5 f. Volmar, Isaak 230, 232, 363 Vulpius, Christian August 2 Vultejus 304 Wächtler, Fritz 8 Waldau, Rüdiger von 88 Waldner von Freundstein, Adelaide 2 Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland und Mecklenburg 9, 14, 21, 28, 67, 72 ff., 78, 81 f., 91, 101 f., 126, 271, 274, 277, 296, 305, 307, 313, 332, 362, 368 Walther, Balthasar (Gualtherus) 113 Walther, Johann Jakob 246, 337 Wambolt von Umstadt, Anselm Casimir, Erzbischof, Kurfürst 346, 354, 366 Watzdorf, Georg Volrath von 37 Weckherlin, Georg Rodolf (Rudolf ) 119, 254, 349, 355 ff.
Weidenbach, Wolf Albrecht von 340, 343 Weigel, Erhard 346 Werder, Diederich von dem 51, 54 f., 315, 332 ff., 357, 364 Werth, Jan von 87, 153, 158 ff., 220 Westphal, Siegrid 10 Wicquefort, Caspar de 262 Wicquefort, Joachim von 78, 118, 167, 193 ff., 204, 237, 244, 256, 261 − 264, 268, 290, 293, 304 f. Widerholt (Wiederholdt), Konrad 216 f., 281, 296, 328 Widukind 100, 352 Wieland, Christoph Martin 358 Wildenstein, Georg Wulf von 120 Wilhelm (I.), Fürst von Oranien 337 Wilhelm Ernst, Großherzog von Sachsen-WeimarEisenach 6 Wilhelm II., Fürst von Oranien 337 Wilhelm IV., Herzog von Sachsen-Weimar 3, 26, 30, 32 ff., 39, 43 f., 48, 50, 53, 55 − 61, 63 − 71, 73, 79 f., 85 − 88, 87 − 90, 130, 132, 138, 142, 202, 206, 216, 249, 260, 278, 316, 320, 322 f., 328 − 336, 340 − 343, 353, 357, 359, 369 Wilhelm V., Landgraf von Hessen-Kassel 50, 59, 69 f., 79, 81, 94, 97, 103, 126, 141, 148, 198 f., 204 Wilson, Peter 10, 271 Witte, Hans de 271 Władysław IV. Wasa, König von Polen 196 Wölcker 302 Wolframsdorf, Rudolf Georg von 87 Wölker, Georg 253, 260 Woltmann, Karl Ludwig von 5 Wurmbrand, Melchior von 119 Zeisold, Johannes 346 Ziegler, Alexander 295 f., 306 f. Zimmermann [Kaufmann] 298 Zöllner von Hallburg, Georg Michael
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bibliothek altes Reich – baR herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs setzt sich die „bibliothek altes Reich – baR“ folgende Ziele: ‒ ‒ ‒ ‒
Anregung zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs Bündelung der Forschungsdiskussion Popularisierung von Fachwissen Institutionelle Unabhängigkeit
Inhaltliche und methodische Neuausrichtung An erster Stelle ist die Gründung der Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als Impuls für die interdisziplinäre Behandlung der Reichsgeschichte und deren Verknüpfung mit neuen methodischen Ansätzen konzipiert. Innovative methodische Ansätze, etwa aus der Anthropologie, der Geschlechtergeschichte, den Kulturwissenschaften oder der Kommunikationsforschung, wurden in den letzten Jahren zwar mit Gewinn für die Untersuchung verschiedenster Teilaspekte der Geschichte des Alten Reichs genutzt, aber vergleichsweise selten auf das Alte Reich als einen einheitlichen Herrschafts-, Rechts-, Sozial- und Kulturraum bezogen. Die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ ist daher als Forum für Veröffentlichungen gedacht, deren Gegenstand bei unterschiedlichsten methodischen Zugängen und thematischen Schwerpunktsetzungen das Alte Reich als Gesamtzusammenhang ist bzw. auf dieses bezogen bleibt.
Bündelung der Forschung Durch die ausschließlich auf die Geschichte des Alten Reichs ausgerichtete Reihe soll das Gewicht des Alten Reichs in der historischen Forschung gestärkt werden. Ein zentrales Anliegen ist die Zusammenführung von Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen historischen Sub- und Nachbardisziplinen wie zum Beispiel der Kunstgeschichte, der Kirchengeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, der Geschichte der Juden, der Landes- und der Rechtsgeschichte sowie den Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaften.
Popularisierung von Fachwissen Die „bibliothek altes Reich – baR“ sieht es auch als ihre Aufgabe an, einen Beitrag zur Wissenspopularisierung zu leisten. Ziel ist es, kurze Wege zwischen wissenschaftlicher Innovation und deren Vermittlung herzustellen. Neben primär an das engere Fachpublikum adressierten Monographien, Sammelbänden und Quelleneditionen publiziert die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als zweites Standbein auch Bände, die in Anlehnung an das angelsächsische textbook der Systematisierung und Popularisierung vorhandener Wissensbestände dienen. Den Studierenden soll ein möglichst rascher und unmittelbarer Zugang zu Forschungsstand und Forschungskontroversen ermöglicht werden.
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bibliothek altes Reich – baR
Institutionelle Unabhängigkeit Zur wissenschaftsorganisatorischen Positionierung der Reihe: Die „bibliothek altes Reich – baR“ versteht sich als ein grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen. Unabhängigkeit strebt die „bibliothek altes Reich – baR“ auch in personeller Hinsicht an. Über die Annahme von Manuskripten entscheiden die Herausgeber nicht alleine, sondern auf der Grundlage eines transparenten, nachvollziehbaren peer-review Verfahrens, das in der deutschen Wissenschaft vielfach eingefordert wird. Band 1: Lesebuch Altes Reich Herausgegeben von Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal 2006. VIII, 283 S. 19 Abb. mit einem ausführlichen Glossar. ISBN 978-3-486-57909-3
Band 6: Siegrid Westphal, Inken Schmidt-Voges, Anette Baumann Venus und Vulcanus Ehen und ihre Konflikte in der Frühen Neuzeit 2011. 276 S. ISBN 978-3-486-57912-3
Band 2: Wolfgang Burgdorf Ein Weltbild verliert seine Welt Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 2. Aufl. 2008. VIII, 390 S. ISBN 978-3-486-58747-0
Band 7: Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte Herausgegeben von Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann und Stephan Wendehorst 2013. 321 S. ISBN 978-3-486-70251-4
Band 3: Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich. Herausgegeben von Anja Amend, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2007. 303 S. ISBN 978-3-486-57910-9 Band 4: Ralf-Peter Fuchs Ein ,Medium zum Frieden‘ Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 2010. X. 427 S. ISBN 978-3-486-58789-0 Band 5: Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation Herausgegeben von Stephan Wendehorst 2015. 492 S. ISBN 978-3-486-57911-6
Band 8: Pax perpetua Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Inken Schmidt-Voges, Siegrid Westphal, Volker Arnke und Tobias Bartke 2010. 392 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-59820-9 Band 9: Alexander Jendorff Der Tod des Tyrannen Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode 2012. VIII. 287 S. ISBN 978-3-486-70709-0 Band 10: Thomas Lau Unruhige Städte Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt (1648 – 1806) 2012. 156 S. ISBN 978-3-486-70757-1
bibliothek altes Reich – baR
Band 11: Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis Herausgegeben von Anja Amend-Traut, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2012. 231 S. ISBN 978-3-486-71025-0 Band 12: Hendrikje Carius Recht durch Eigentum Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (1648 – 1806) 2012. 353 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-71618-4 Band 13: Stefanie Freyer Der Weimarer Hof um 1800 Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos 2013. 575 S., 10 Abb., ISBN 978-3-486-72502-5 Band 14: Dagmar Freist Glaube – Liebe – Zwietracht Konfessionell gemischte Ehen in Deutschland in der Frühen Neuzeit 2015. ISBN 978-3-486-74969-4 Band 15: Anette Baumann, Alexander Jendorff (Hrsg.) Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa 2014. 432 S. ISBN 978-3-486-77840-3 Band 16: André Griemert Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz I. Stephan 2014. 517 S. ISBN 978-3-11-035267-2 Band 17: Alexander Denzler, Ellen Franke, Britta Schneider (Hrsg.) Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas
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vom 15. bis 19. Jahrhundert 2015. ISBN 978-3-11-035981-7 Band 18: Inken Schmidt-Voges Mikropolitiken des Friedens Semantiken und Praktiken des Hausfriedens im 18. Jahrhundert 2015. 365 S. ISBN 978-3-11-040216-2 Band 19: Frank Kleinehagenbrock Das Reich der Konfessionsparteien Konfession als Argument in politischen und gesellschaftlichen Konflikten nach dem Westfälischen Frieden 2017. ISBN 978-3-11-045043-9 Band 20: Anette Baumann, Joachim Kemper (Hrsg.) Speyer als Hauptstadt des Reiches Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert 2016. 260 S. ISBN 978-3-11-049981-0 Band 21: Marina Stalljohann-Schemme Stadt und Stadtbild in der Frühen Neuzeit Frankfurt am Main als kulturelles Zentrum im publizistischen Diskurs 2016. 508 S. ISBN 978-3-11-050145-2 Band 22: Annette C. Cremer, Anette Baumann, Eva Bender (Hrsg.) Prinzessinnen unterwegs Reisen fürstlicher Frauen in der Frühen Neuzeit 2017. 310 S. ISBN 978-3-11-047371-1 Band 23: Fabian Schulze Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation 2018. 632 S. ISBN 978-3-11-055619-3
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Band 24: Anette Baumann Visitationen am Reichskammergericht. Speyer als politischer und juristischer Aktionsraum des Reiches (1529 – 1588) 2018. 278 S. ISBN 978-3-11-057116-5 Band 25: Volker Arnke „Vom Frieden“ im Dreißigjährigen Krieg. Nicolaus Schaffshausens „De Pace“ und der positive Frieden in der Politiktheorie 2018. 308 S. ISBN 978-3-11-058062-4 Band 26: Berndt Strobach Der Hofjude Berend Lehmann (1661 – 1730). Eine Biografie 2018. 478 S. ISBN 978-3-11-060448-1 Band 27: Stefanie Freyer, Siegrid Westphal (Hrsg.) Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. 2020. 262 S. ISBN 978-3-11-062186-0 Band 28: Jürgen Brand Clemens Wilhelm Adolph Hardung (1768 – 1821). Ein letzter Verteidiger des Reiches. Mit einem Faksimile seiner „Staatsrechtlichen Untersuchungen“ aus dem Jahre 1805 2019. 698 S. ISBN 978-3-11-062200-3 Band 29: Anette Baumann, Sabine Schmolinsky, Evelien Timpener (Hrsg.) Raum und Recht. Visualisierung von Rechtsansprüchen in der Vormoderne. 2020. 188 S. ISBN 978-3-11-068329-5
Band 31: Stefan Seitschek, Sandra Hertel (Hrsg.) Herrschaft und Repräsentation in der Habsburgermonarchie (1700 – 1740). Die kaiserliche Familie, die habsburgischen Länder und das Reich. 2021. 478 S. ISBN 978-3-11-066673-1 Band 32: Anna Lingnau Lektürekanon eines Fürstendieners. Die Privatbibliothek des Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699). 2021. 514 S. ISBN 978-3-11-068516-9 Band 33: Astrid Ackermann, Markus Meumann, Julia Schmidt-Funke, Siegrid Westphal (Hrsg.) Mitten in Deutschland, mitten im Krieg. Bewältigungspraktiken und Handlungsoptionen im Dreißigjährigen Krieg. 2023. Ca. 500 S. ISBN 978-3-11-069132-0 Band 34: Astrid Ackermann Herzog Bernhard von Weimar. Ein Militärunternehmer und politischer Stratege im Dreißigjährigen Krieg. 2023. 486 S. ISBN 978-3-11-070184-5 Band 35: Volker Arnke, Siegrid Westphal (Hrsg.) Der schwierige Weg zum Westfälischen Frieden. Wendepunkte, Friedensversuche und die Rolle der „Dritten Partei“. 2021. 306 S. ISBN 978-3-11-070359-7 Band 36: Avraham Siluk Die Juden im politischen System des Alten Reichs. Jüdische Politik und ihre Organisation im Zeitalter der Reichsreform. 2021. 462 S. ISBN 978-3-11-072347-2
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Band 38: Evelien Timpener In Augenschein genommen Hessische Lokal- und Regionalkartographie in Text und Bild (1500 – 1575) 2022. 198 S. ISBN 978-3-11-077755-0 Band 39: Joseph Bongartz, Alexander Denzler, Carolin Katzer, Stefan A. Stodolkowitz (Hrsg.) Feder und Recht. Schriftlichkeit und Gerichtswesen in der Vormoderne 2023. 426 S. ISBN 978-3-11-107730-7 Band 40: Anette Baumann (Hrsg.) Juristen als Experten? Wissensbestände und Diskurse von Juristen im 16. und 17. Jahrhundert 2023. 308 S. ISBN 978-3-11-107012-4 Band 41: Florian Zwießler Geistliche Fürsten und der Reichstag Die Hochstifte Bamberg und Würzburg als Akteure der Reichspolitik Mitte des 18. Jahrhunderts 2023. 415 S. ISBN 978-3-11-124091-6
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