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German Pages 144 Year 2012
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Der Babenberger-Stammbaum. Gemälde von Hans Part 1489/1492, Klosterneuburg, Stiftgalerie.
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HELMUT HANKO
Heinrich II. Jasomirgott P FA L Z G R A F B E I R H E I N – H E R Z O G V O N B AY E R N – HERZOG VON ÖSTERREICH
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2012 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Redaktion: Kristine Althöhn, Mainz Umschlagbild: Herzog Heinrich II. Jasomirgott. Glasfenster aus dem Stift Heiligenkreuz, Österreich Foto: akg-images/Erich Lessing Umschlaggestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Satz: Lohse Design, Heppenheim Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-25605-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73354-5 eBook (epub): 978-3-534-73355-2
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Inhalt Vorwort 7
1.
Die Nachrede 10
URTEILE UND VORURTEILE
Kurzer Blick auf ein langes Leben 11 Zeitgenossen 12 Nacherzähler 16 Exkurs: Von Jochsamergot zu Jasomirgott 21 Die quellenkritische Geschichtsschreibung 22 Das „moderne“ Bild Heinrich Jasomirgotts 26
2.
Der weniger geliebte Sohn 33
D I E N A C H F O LG E L E O P O L D S I I I .
Leopold III. und die österreichische Mark 34 Söhne und Erben 37 Verwirrende Genealogie und ein „Markgraf von Mödling“ 40 Das salische Hausgut 42
3.
Der weniger begabte Bruder S TA U F E R U N D B A B E N B E R G E R
46
Konrad III. und die „Brüder des Königs“ 47 Pfalzgraf bei Rhein 48
4.
Babenberger „Narrenstreiche“? H E R Z Ö G E V O N B AY E R N
52
Leopold IV. 53 Wieder eine Kaisertochter 56 Heinrich XI. von Bayern 59
5.
Das Ungeheuer aus dem Westen DIE BYZANTINISCHE EHE
62
Der verunglückte Kreuzzug 63 Theodora Komnena 63 Ostpolitik 66
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I N H A LT
6.
Nichts als kindischer Trotz DIE „GEBURT ÖSTERREICHS“
71
Zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen 72 Honor et Gloria – „Die Ehre und der Ruhm unseres geliebtesten Onkels“ 78 Das „Privilegium minus“ – Nur Sieger 83 Die „unseelige Trennung der Nation“ 86
7.
Ein Bauer auf dem Fürstenstuhl? DAS HERZOGTUM ÖSTERREICH
90
Markherzog 91 Wien als Residenzstadt 96
8.
Hast seit frühen Ahnentagen hoher Sendung Last getragen IN DER REICHSPOLITIK
101
„Magnus imperii princeps“ – ein bedeutender Reichsfürst 102 Im Schisma 104 Heiß umfehdet, wild umstritten 107 Ein ritterliches Ende 109
9.
Stark und kühn, aber ungeduldig VERSUCH EINER ANNÄHERUNG
111
Ritterbilder 112 Die Schlacht an der Leitha und die Ungeduld 116 Mit Besonnenheit und weiser Mäßigung 119 Wenn er auch nicht die große Bedeutung seines Vaters und seines Enkels erreichte … 121 „Gegenprobe“ 123 S TA M M TA F E L KARTE
125
126
Z E I T TA F E L
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R ABBILDUNGSNACHWEIS REGISTER
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Vorwort
Selbst wenn die Geschichte zu nichts anderem zu gebrauchen wäre, müsste man ihr zugute halten: Sie ist unterhaltsam. MA R C B LO C H
Wenn der Wiener Rathausplatz nicht gerade für ein Stadtfest möbliert ist, kann man ihn dort auf seinem Sockel stehen sehen, in Herrscherpose und mittelalterlichem Gewand, in der Hand das „Privilegium minus“: „Herzog Heinrich Jasomirgott“. Auch an der Außenwand der Schottenkirche präsentiert er sich überlebensgroß: Als Stifter mit dem Klostermodell zu Füßen begutachtet er die Baupläne. Und dann gibt es ihn noch, von Kopf bis Fuß gerüstet, als Brunnenfigur im Innenhof des Schottenklosters – aber da trägt er einen Bart und wird deshalb oft mit seinem Vater Leopold dem Heiligen verwechselt. Zu meiner Kinderzeit in Wien Anfang der Fünfzigerjahre haben diese Statuen freilich weniger Eindruck auf mich gemacht als der sonderbare Beiname dieses Heinrich: „Jasomirgott“ nannte man ihn, weil er vor jeder Entscheidung demütig und zuversichtlich zugleich gesagt haben soll: „Ja, so mir Gott helfe!“ (Heute erscheint mir das geradezu als Überhöhung jenes Wiener Heurigenlieds, das da lautet: „Wann der Herrgott net will, nutzt des gar nix!“) Der Beiname hat sich übrigens verselbstständigt: In Wien mündet die „Jasomirgottstraße“ (nicht: „Heinrich-Jasomirgott-Straße“!) direkt vor dem großen Tor des Doms in den Stephansplatz. Überhaupt hatten die Babenberger seinerzeit ihren festen Platz im vorzüglichen Heimatkundeunterricht der Sieveringer Volksschule, wo meine kluge Lehrerin Maria Pöttinger mir den Keim des Geschichtsinteresses einpflanzte. Ich begegnete ihnen in vielen Büchern und in allen Erzählungen über das alte Wien. Da waren die verwirrend vielen Leopolde: Leopold der Heilige mit der Gründung von Klosterneuburg an der Stelle, wo er auf der Jagd den Schleier seiner Frau Agnes wiedergefunden hatte, Leopold V., der den
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VORWORT
Statue Heinrich II. von Franz Melnitzky (1822 –1876) auf dem Rathausplatz in Wien.
englischen König Richard Löwenherz in Dürnstein gefangen hielt, Leopold der Glorreiche, an dessen glanzvollem Hof die Minnesänger aus und ein gingen … und zwischen ihnen Heinrich Jasomirgott, jener erste Herzog von Österreich, der Wien zu seiner Residenz gemacht und das Schottenstift gegründet hatte. Inzwischen weiß ich, dass der Bau von Klosterneuburg nichts mit einem weggewehten Schleier der Agnes zu tun hat, dass es bei den harten Verhandlungen um das Lösegeld für Richard Löwenherz keines Sängers Blondel bedurfte, dass Walther von der Vogelweide im Unfrieden vom glorreichen Leopold schied. Der Beiname aber, den Herzog Heinrich II. von Österreich
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VORWORT
erst lange nach seinem Tode erhielt, geht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf einen frommen Wahlspruch zurück, sondern auf eine verballhornte arabische Bezeichnung. Und auch die insgesamt sechs babenbergischen Leopolde hießen gar nicht so: Die ersten vier werden in den Quellen Liutpald genannt, die beiden letzten Liupold. Als ich Jahrzehnte später Heinrich Jasomirgott in österreichischen Werken über die Babenberger wieder begegnete, war ich einigermaßen erstaunt: Obwohl er fast vierzig Jahre lang das Schicksal des damaligen Österreich bestimmt, seinen Herrschaftsbereich gefestigt und ausgeweitet, ihn energisch gegen die Nachbarn verteidigt und seinen Nachfahren ein starkes Herzogtum hinterlassen hatte, wurde er für weniger bedeutend angesehen als etwa sein Vater und sein Enkel. Das ärgerte mich ein wenig und so begann ich, mich mit der „Nachrede“ über ihn zu beschäftigen. Doch da fand ich weniger Antworten als Fragen: War wirklich mangelnde Vaterliebe der Grund für seine Zurücksetzung bei der Nachfolge Leopolds III., war er wirklich der tapfere, aber ungestüme und unüberlegte Kriegsmann, wirklich weniger begabt als sein jüngerer Bruder Leopold und wirklich nur der Verlierer im Streit um die bayerische Herzogswürde? Eine gewisse Parteinahme für „den“ Babenberger meiner Kindheit will ich nicht ausschließen. Ich glaube aber, dass es ohnehin fast unmöglich ist, sich als Historiker einer Person, die einen nachhaltig interessiert, „sine ira et studio“ zu nähern. Deshalb gebe ich auch unumwunden zu: Wo eine Frage an Heinrich Jasomirgott einander widersprechende Antworten ergab, habe ich meist die für ihn günstigere akzeptiert. Nur mit Heinrich Jasomirgott beschäftigt sich dieses Buch. Wer mehr über die Babenberger und ihre Zeit wissen will, was sich in jedem Falle lohnt, der sei auf Georg Scheibelreiters umfassende Darstellung „Die Babenberger. Reichsfürsten und Landesherren“ verwiesen. Ihm bin ich auch zu großem Dank verpflichtet für die Durchsicht meines Manuskripts, sachkundige Ratschläge und die Ermutigung, mit diesem Opus an die Öffentlichkeit zu gehen. Besonderer Dank aber gebührt meiner lieben Frau für Rat und sorgfältige Korrektur, doch auch für die Geduld, die sie meinen Ausführungen über die verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse der Babenberger stets entgegenbrachte.
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1 Die Nachrede URTEILE UND VORURTEILE
Heinrich Jasomirgott, dem trotz all seinen, mitunter sehr häßlichen Fehlern doch das Verdienst nicht abgesprochen werden kann, Österreichs Flor angelegentlichst besorgt zu haben … JOSEPH FERDINAND DAMBERGER
Dambergers Urteil über Heinrich Jasomirgott ist typisch für eine Vielzahl ähnlicher Wertungen: „Hässliche Fehler“ sind aus der Sicht des bayerischen Kirchenhistorikers sicher der mit brachialen Mitteln geführte Kampf um Bayern gegen die Welfen und die mangelnde Freigebigkeit gegenüber den Klöstern – die Verdienste des Herzogs um das Gedeihen Österreichs können dagegen nicht bestritten werden. Es scheint aber, als hätten viele Geschichtsschreiber – angefangen mit seinem Bruder, Bischof Otto von Freising – nicht so recht etwas mit diesem Heinrich anzufangen gewusst: Er hat sich nicht wie sein Vater durch besondere Frömmigkeit hervorgetan, nicht wie sein Sohn triumphierend seine Fahne auf die höchste Zinne der eroberten Burg Akkon gepflanzt, nicht wie sein Enkel durch feierliche Repräsentation und stolzen Wohlstand eine Gloriole der Lobpreisungen um sich geschaffen. Heinrichs Wirken war eine gewisse Nüchternheit eigen, seine Rechte nahm er ohne Rücksicht auf eine „öffentliche Meinung“ wahr, Rückschläge und schicksalhafte Wendungen glich er eher durch Beharrlichkeit als durch große Taten aus. Das ergibt nun einmal keinen strahlenden Helden. So hat er denn auch schon zu Lebzeiten keine besonders gute Nachrede gehabt, und seither sind viele Historiker abschätzigen Urteilen nicht nur gefolgt, sondern haben sie – bis in die Gegenwart hinein – sogar noch vermehrt und verstärkt. Dem stehen freilich auch etliche Darstellungen gegenüber, in denen durchaus gewürdigt wird, wie gut Heinrich mit den komplizierten Bedingungen seiner Herrschaft zurechtgekommen ist und welch wichtige Rolle er für Österreich gespielt hat.
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KURZER BLICK AUF EIN LANGES LEBEN
Kurzer Blick auf ein langes Leben Heinrich Jasomirgott wurde 1107 als ältester Sohn des Markgrafen Leopold III. von Österreich und der Agnes, Schwester des letzten Salierkaisers Heinrichs V., geboren. Als der Vater 1136 überraschend starb, folgte ihm der jüngere Sohn, ebenfalls ein Leopold, nach. König Konrad III., ein Halbbruder der Babenberger aus der ersten Ehe Agnes’ mit dem Staufer Friedrich, belehnte Leopold IV. 1139 nach der Absetzung des Welfen Herzog Heinrichs des Stolzen mit Bayern. Konrad machte Heinrich Jasomirgott 1140 zum Pfalzgrafen bei Rhein (wahrscheinlich hatte dieser schon zuvor das salische Erbe seiner Mutter im Rheinland verwaltet). Doch als Leopold IV. 1141 starb, folgte ihm Heinrich als letzter erbfähiger Babenberger zunächst als österreichischer Markgraf und 1143 (nach der Heirat mit der Witwe Heinrichs des Stolzen, Gertrud) auch als Herzog von Bayern. Aber Gertrud starb noch im gleichen Jahr; Bruder und Sohn des früheren Welfenherzogs, Welf VI. und Heinrich der Löwe, machten sogleich Ansprüche auf Bayern geltend. Es kam zu Auseinandersetzungen, bei denen Teile Bayerns verwüstet wurden. Außerdem erlitt Heinrich Jasomirgott, der sich in ungarische Thronstreitigkeiten eingemischt hatte, 1146 gegen König Géze II. an der Leitha eine schwere Niederlage. Den wenig erfolgreichen Zweiten Kreuzzug (1147–1149) machte Heinrich Jasomirgott an der Seite Konrads III. mit; 1148 (oder 1149) heiratete er Theodora, die Nichte des byzantinischen Kaisers Manuel Komnenos. Sogleich nach ihrer Rückkehr hatten sich der König und der bayerische Herzog wieder mit den Ansprüchen Heinrichs des Löwen auseinanderzusetzen, konnten sie aber zunächst abwehren. Doch Konrads Nachfolger Friedrich Barbarossa hatte dem Welfen als Gegenleistung für die Königswahl 1152 wohl die Rückgabe Bayerns versprochen. Nach einem vier Jahre dauernden Verfahren, in dem Heinrich Jasomirgott hinhaltenden Widerstand leistete, verzichtete er 1156 auf den bayerischen Dukat; dafür wurde die bisherige Mark Österreich zum selbstständigen Herzogtum erhoben und dem Herzogspaar wurden im sogenannten „Privilegium minus“ besondere Rechte eingeräumt. In seinem neuen Herzogtum festigte und verdichtete Heinrich Jasomirgott seine Herrschaft durch Zugewinn von Gütern und Rechten. Dabei ging er auch gegen kirchliche Rechtsträger rigoros vor, was ihm wenig Freunde eintrug. Insgesamt war er dabei jedoch recht erfolgreich. Schon vor 1156 macht er Wien zur babenbergischen Residenzstadt (1155 stiftete er dort das Schottenkloster). Als Reichsfürst stand Heinrich Jasomirgott fest zu Friedrich Barbarossa. Probleme bereitete dem Babenberger allerdings das seit 1159 bestehende
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DIE NACHREDE
Schisma, da fast alle bayerischen Bischöfe (auch sein Bruder Konrad, ab 1164 Erzbischof von Salzburg) auf der Seite des vom Kaiser nicht anerkannten Papstes standen. 1175 und 1176 musste sich Heinrich Jasomirgott wiederholter Einfälle seiner ungarischen, böhmischen und steirischen Nachbarn erwehren, bei denen weite Landstriche verwüstet wurden. Er tat dies durchaus wirkungsvoll – aber auf einem Feldzug Ende 1176 gegen die Böhmen, den er hoch zu Ross anführte, erlitt er einen Reitunfall, an dessen Folgen er am 13. Januar 1177 starb. Seinem Sohn und Nachfolger Leopold V., der den Krieg erfolgreich zu Ende führte, hinterließ er ein gefestigtes, reiches Herzogtum Österreich.
Zeitgenossen Die frühesten Berichte und Urteile über Heinrich Jasomirgott verdanken wir seinem Bruder Otto, Zisterzienser und seit 1138 Bischof von Freising. Otto war ein streitbarer Kirchenfürst, der wegen seiner Rechtsansprüche auch mit dem herzoglichen Bruder in heftigen Konflikt geriet. Vor allem aber war er einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber seiner Zeit: Die 1146 vollendete „Historia de duabus civitatibus“ („Die Geschichte der zwei Staaten“, heute meist „Chronik“ genannt) erörterte die Entwicklung der Welt von der Schöpfung bis hin zum Sieg des Gottesstaates über den Weltstaat. Otto gibt darin einen Hinweis auf die mögliche Abstammung seiner Familie von einem fränkischen Grafen Adalbert, der 906 in den Kämpfen um die Herrschaft im ostfränkischen Reich hingerichtet wurde, und erzählt von dessen Nachkommen (den sogenannten Älteren Babenbergern). Außerdem berichtet er über den Kampf seiner Brüder Leopold und Heinrich um die Herrschaft in Bayern, wobei er besonders die der Kirche entstandenen Schäden beklagt. Recht deutlich wird Ottos kritische Haltung dem Bruder gegenüber in seinem Vorwort zum Zweiten Buch der „Chronik“: Da zwischen Welf VI. und Heinrich Jasomirgott, „beides erlesene Jünglinge von hitzigster Leidenschaft, Streit um das Herzogtum [Bayern] herrscht, was kann da von beiden anderes erwartet werden als Ruinierung der Armen und Ausplünderung der Kirchen.“1 Dass der zum Zeitpunkt der Niederschrift etwa dreißigjährige Otto seinen mindestens um fünf Jahre älteren Bruder und dessen auch schon etwa dreißig Jahre alten Gegner als „hitzige Jünglinge“ bezeichnet, sollte wohl ihr „unvernünftiges“ Handeln unterstreichen – im Sinne des von Otto hierzu zitierten Wortes von Horaz: „Jeden Wahnwitz der Fürsten muß büßen das Volk der Achäer.“ 1 Otto Chronik, II, Vorwort
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ZEITGENOSSEN
1157/58 schrieb Otto von Freising dann die ersten beiden Bücher der „Gesta Frederici seu rectius Cronica“ („Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica“), eine Friedrich Barbarossa gewidmete Geschichte der Zeit seit Kaiser Heinrich IV. Diese „Gesta“ sind, wie der Autor an Friedrich Barbarossa gerichtet schreibt, dafür gedacht, „den Tugenden der früheren [Kaiser] die deinen voranzustellen wie den Edelstein dem Golde.“2 Sie sind angesichts des Ranges, den Otto als Geschichtsschreiber einnimmt, zumal für die Heinrich Jasomirgott betreffenden Geschehnisse um das Herzogtum Bayern nicht nur eine der wertvollsten Quellen, sondern oft auch die einzige verfügbare. Was aber das Bild Heinrich Jasomirgotts in den „Gesta“ und die Objektivität ihm gegenüber angeht, ist doch zu berücksichtigen: Otto ist, so sein Herausgeber Franz-Josef Schmale, mehr „Geschichtsdeuter“ als „empirischer Historiker“.3 Horst Fuhrmann nennt das Werk sogar „tendenziöse Hofhistoriographie“.4 Neben Friedrich Barbarossa, dem ersehnten Friedensherrscher, treten alle anderen handelnden Personen in den Hintergrund. Und: Das Verhältnis zu seinem herzoglichen Bruder ist keineswegs ungetrübt gewesen. Die „Gesta“ berichten erstaunlich detailliert über dessen Kampf gegen Ungarn im Jahre 1146, der mit einer schweren Niederlage endete. Deren Ursache sieht Otto darin, dass Heinrich „stark und kühn, aber ungeduldig“ sei („manu fortis, mente audax, sed more impatiens“) und deshalb überhastet angegriffen habe.5 Die Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum und die langwierige Vorgeschichte dieses von Friedrich Barbarossa zustande gebrachten Ausgleichs zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen beschreibt Otto ganz aus der Sicht des Kaisers. Er bekundet deshalb auch nur bedingtes Verständnis für den Widerstand des Bruders und stellt den Langmut Barbarossas gegenüber dessen widerspenstigem babenbergischen Onkel besonders heraus. Die „Gesta“ enthalten auch den – allerdings unvollständigen – Text jener Urkunde vom 17. September 1156, mit der Österreich zum Herzogtum erhoben wurde und dem neuen Herzog sowie seiner Gattin besondere Rechte eingeräumt wurden, des „Privilegium minus“. Diesen Namen hat ihm die Wissenschaft zur Unterscheidung vom sogenannten „Privilegium maius“ gegeben: einer Fälschung, die der Habsburger Herzog Rudolf IV. 1359 unter Verwendung des Siegels von 1156 herstellen ließ, um damit Kaiser Karl IV. gegenüber besondere Rechte des österreichischen „Erzherzogtums“ zu belegen. Das Original der Kaiserurkunde Friedrich Barbarossas wurde dabei zerstört.6 Der Historikerstreit um die Echtheit dieses Machwerks 2 Otto Gesta, Proemium 3 Otto Gesta, S. 11, Anm. 42 4 Fuhrmann 2003, S. 153
5 Otto Gesta, I, 34 6 Schlotheuber, S. 146f.
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wurde im 18. und 19. Jahrhundert erbittert geführt; zum Missvergnügen etlicher österreichischer Forscher wies Wilhelm Wattenbach die Fälschung dann 1852 endgültig nach. Die Darstellungen Ottos haben die Bewertung Heinrich Jasomirgotts bis in die Gegenwart hinein maßgeblich beeinflusst. Dass er „ungestüm“ und „störrisch“ gewesen sei, ist fast zu einem Stereotyp in der Geschichtsschreibung geworden. Dahinter treten andere Sichtweisen weit zurück, die ebenfalls in den „Gesta“ enthalten sind: Ottos Sekretär und Notar Rahewin, der nach dem Tod des Bischofs dessen Werk fortsetzte, beschreibt im Dritten Buch geradezu enthusiastisch eine Aktion Heinrich Jasomirgotts bei der Belagerung Mailands durch Friedrich Barbarossa im Jahre 1158: Der Herzog, „dessen Heldenmut sich … wieder wunderbar bewährte“, habe handstreichartig einen Ausfall der Mailänder provoziert und zurückgeschlagen.7 In die Literatur und die Bewertung der militärichen Fähigkeiten Heinrichs hat dieser Sieg, dem letztlich die gleiche „Ungeduld“ des Anführers wie 1146 zugrunde lag, nur am Rande Eingang gefunden. Vom literarischen und vom historischen Wert nicht mit den „Gesta“ vergleichbar, aber für die Geschichte der Babenberger nicht minder wichtig ist das „Chronicon pii marchionis“ (CPM)8, eine in ihrer ersten Fassung vielleicht noch zu Lebzeiten Heinrichs, eher aber kurz nach seinem Tode in Klosterneuburg verfasste Stifterchronik zum Lobe Leopolds III.9 Sie enthält (was für den Fortgang der Geschichtsschreibung wichtig ist) eine genealogisch inzwischen weitgehend anerkannte Reihung der Söhne des „frommen“ Markgrafen. Sie bringt aber auch eine Erklärung dafür, warum Heinrich Jasomirgott nach dessen Tod 1136 nicht Nachfolger in der Markgrafschaft wurde: Er sei „a patre minus diligebatur“,10 also vom Vater weniger geliebt worden. Auch wenn diese Erklärung in ihrer Stichhaltigkeit bald angezweifelt wurde, hat die Klosterneuburger Chronik als Quelle offenkundig ihre ganz besondere Bedeutung behalten: „Ihre wesentlichsten Feststellungen wurden immer wieder erzählt, gleichlautend, zum Kanon erstarrt, … auch noch in unserer Zeit“.11 Das „Chronicon pii marchionis“ wurde in verschiedenen Fassungen fortgeschrieben. Eine ihm um 1350 beigefügte „Cronica pii marchionis fundatoris nostri“ enthält eine kursorische Lebensgeschichte Heinrich Jasomirgotts und greift dazu wohl auf die „Gesta“ zurück.12 Zur Zeit Heinrich Jasomirgotts, spätestens 1177, entstand auch das „Breve Chronicon Austriacum Mellicense“ als eine Art Herkunftsgeschichte
7 Otto Gesta, III, 43 8 CPM, S. 607 f.; auch: Dienst 1990, Anhang 1 9 Haider 1991, S. 23
10 Dienst 1990, Anhang 1, S. 229 11 Dienst 1990, S. 23 12 Dienst 1990, S. 72
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ZEITGENOSSEN
der Markgrafen.13 Es berichtet – wohl in Anlehnung an Otto von Freising – über das Wirken Heinrichs bis zur Herzogserhebung.14 Die in den Klosterannalen – insbesondere von Admont, Klosterneuburg, Kremsmünster, Lambach, Melk, St. Peter in Salzburg und Zwettl15 – enthaltenen Informationen über Heinrich Jasomirgott sind eher dürftig. Dies mag damit zusammenhängen, dass er im Gegensatz zu seinem Vater nicht eben ein eifriger Förderer der Klöster war.16 Offensichtlich fanden aber auch Geschehnisse, die außerhalb des lokalen Interessenbereichs lagen, nur begrenzt Aufnahme in die klösterlichen Aufzeichnungen. Die Datierungen sind zudem häufig ungenau. Immerhin wird die Nachfolge Heinrichs auf Leopold IV. in der Mark in allen Annalen verzeichnet und richtig datiert. Seine Heirat mit Gertrud ist in Klosterneuburg, Melk und Zwettl vermerkt, seine Teilnahme am Zweiten Kreuzzug und seine Heirat mit Theodora dagegen nur in Zwettl. Der Verzicht Heinrich Jasomirgotts auf Bayern und die Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum hat offenbar nur begrenztes Interesse gefunden. Die Aufzeichnungen dazu sind auch besonders ungenau. Die Admonter Annalen berichten für das Jahr 1155, dass Friedrich Barbarossa Heinrich den Löwen zum Herzog von Bayern eingesetzt habe, erwähnen aber in diesem Zusammenhang den neuen österreichischen Dukat nicht. Die Klosterneuburger Annalen datieren die Umwandlung der Markgrafschaft in ein Herzogtum auf 1154. Die Zwettler Annalen berichten vollständig, setzen dafür aber das Jahr 1157 an. Die Annalen von Kremsmünster und Melk vermerken dieses wichtige Ereignis überhaupt nicht. In einem im 14. Jahrhundert in Kremsmünster entstandenen Nachtrag wird Heinrich Jasomirgott im Jahre 1142 „erster Herzog von Österreich“.17 Nähergegangen sind den Klöstern die kriegerischen Auseinandersetzungen Heinrich Jasomirgotts, wohl, weil von ihnen konkrete Bedrohungen für sie ausgingen. Die Annalen von Kremsmünster verzeichnen 1146 die verlustreiche Schlacht an der Leitha, die von Zwettl vermerken (allerdings für 1147), dass Pressburg besetzt worden sei und die Ungarn „terram nostram“ verwüstet hätten. In den Klosterneuburger Annalen ist der Krieg gegen Ungarn ohne weitere Angaben auf 1145 datiert. Noch mehr Aufmerksamkeit haben die Kämpfe der Jahre 1175 und 1176 gefunden: Die Salzburger Annalen nennen den Einfall der Böhmen in Österreich ohne Kommentierung, 13 Fichtenau, S. 5 14 Breve Chronicon, S. 70 15 Annales Austriae, insbesondere: Annales Admuntensis, Continuatio Claustroneoburgensis I und II, Continuatio Cremifacensis, Auctarium
Cremifacense, Auctarium Lambacense, Annales Mellicenses, Annales Sancti Rudberti Salisburgensis, Continuatio Zwetlensis prima und altera 16 Scheibelreiter 2010, S. 218 17 Auctarium Cremifacense, S. 550
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DIE NACHREDE
die von Admont, Klosterneuburg und Kremsmünster verzeichnen einen großen Krieg, dessen Verwüstungen bis hin zur Donau gegangen seien. Die Auseinandersetzung mit der Steiermark wird dagegen nur in Admont und Laibach notiert. Je näher die Klöster dem Kampfgebiet lagen, desto detaillierter werden die Aufzeichnungen: In Zwettl, das den böhmischen Einfall unmittelbar zu spüren bekam, wird für 1175 und 1176 von Kriegshandlungen und Zerstörungen der Böhmen, Ungarn, Polen und Sachsen berichtet. Den Tod Heinrich Jasomirgotts infolge eines Reitunfalls während dieser Kämpfe verzeichnen fast alle Chroniken richtig datiert. Spärlich sind in den klösterlichen Aufzeichnungen Urteile über Heinrich Jasomirgott: Die Melker Annalen nennen ihn im Zusammenhang mit dem Zweiten Kreuzzug „vir bonus et militari virtute“, einen tüchtigen und in Kriegsdingen erfahrenen Mann.18 Das „Breve Chronicon Austriacum Mellicense“, auf Wunsch Heinrichs oder seines Sohnes Leopold aus diesen Annalen irgendwann zwischen 1157 und 1177 entstanden, berichtet, er habe „Namen und Würde, den er durch seine Tätigkeit erreicht hat, nach Österreich gebracht, so daß es fortan nicht Mark, sondern Herzogtum genannt wird“.19 Ein Zeitgenosse Heinrich Jasomirgotts, Gunther der Dichter, berichtet über ihn recht ausführlich in seinem „Ligurinus“. Dieses wohl um 1186/87 entstandene, aber erst durch eine von Konrad Celtis besorgte Druckfassung aus dem Jahre 1507 bekannter gewordene Werk leitet seinen Titel von den „Ligurern“, den Mailändern ab, mit denen Friedrich Barbarossa im Streit lag. Kurz erwähnt wird Heinrich Jasomirgotts Beteiligung an der Belagerung von Mailand. Größeren Raum nimmt die Darstellung des Streits um Bayern zwischen den beiden Heinrichen ein. Auch die Auseinandersetzungen des österreichischen Herzogs mit seinem Bruder Otto von Freising wegen der Entfremdung von Kirchengut werden genannt. Gunther, der lange Zeit dem Kaiserhof angehörte, schöpfte sein Wissen aus persönlichen Eindrücken, vor allem aber aus der „Gesta“.20
Nacherzähler Auf die Salzburger, Melker und Admonter Annalen, aber auch auf Otto von Freisings „Weltchronik“ griff Mitte des 13. Jahrhunderts Abt Hermann von Niederalteich für sein Annalenwerk zurück, das zum „Vorbild der bayerischen Landesgeschichtsschreibung des Spätmittelalters“ wurde.21 18 Annales Mellicenses, S. 504 19 Dienst 1990, S. 90
20 Ligurinus, S. 2f. 21 Glaser, S. 843f.
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NACHERZÄHLER
Hermann, als Historiograf von „großer Unparteilichkeit“,22 schrieb, der Herzog von Österreich (gemeint ist Heinrich) sei „nach zahlreichen Beweisen seiner Tatkraft und Tüchtigkeit“ gestorben.23 Die ebenfalls etwa um diese Zeit entstandene „Sächsische Weltchronik“ berichtet von Heinrich Jasomirgotts Eheschließungen mit Gertrud, der Witwe Heinrichs des Stolzen, und Theodora, der Nichte des byzantinischen Kaisers. Durch die Verheiratung Gertruds mit dem Babenberger habe König Konrad III. „der Sassen [Sachsen] guten willen“ gewonnen.24 Die weltliche Geschichtsschreibung zu Heinrich Jasomirgott in Österreich beginnt mit dem „Fürstenbuch von Österreich und Steier“, das der Wiener Bürger Jans, genannt Enikel oder Enenkel, um 1280 verfasste. Es sollte vor allem ein „geschichtlicher Unterhaltungsstoff für seine bürgerlichen Standesgenossen“ sein.25 Quellen für seine gereimte Chronik waren hauptsächlich das „Chronicon pii marchionis“ und die „Gesta“. So wusste er, dass Heinrich den Vater nicht sogleich beerbt hatte, dafür aber „an gewalt … nimant fur sich liez“ und „die Marchgrafschaft in Osterreich zu einem werden herczogtum pracht“.26 In Ottokars „Österreichischen Reimchroniken“, entstanden Anfang des 14. Jahrhunderts, ist Heinrich Jasomirgott nur erwähnt: „waz man êren und frumikeit/hât hie vor geseit / von herzog Heinrichen dem alten“ – was man also an Ehre und Frömmigkeit von ihm berichtet habe.27 Für einen kurzen Bericht über Heinrich Jasomirgott als Herzog von Bayern griff der Regensburger Chorherr Andreas in seiner 1425 verfassten „Chronica de principibus terrae Bavarorum“ vor allem auf Otto von Freising zurück. Die „Chronica“ und ihre vom Autor wenig später als „Chronik der Fürsten zu Bayern“ vorgelegte deutsche Übersetzung enthalten keine Urteile oder detaillierten Ausführungen zu Heinrichs Person und Tätigkeit in Bayern; dafür wird der Text der kaiserlichen Urkunde zur Erhebung Österreichs zum Herzogtum wiedergegeben.28 Für Andreas von Regensburg, der seine Darstellung ähnlich wie Otto von Freising nicht nur aus den verfügbaren Quellen kompilierte, sondern „den Verlauf der Geschichte und den Zusammenhang irdischer Geschehnisse mit dem göttlichen Heilswirken“ betrachtete,29 war das babenbergische Zwischenspiel in Bayern aber offenkundig nur eine Episode.
22 Franz-Josef Schmale, „Hermann“, in: NDB 8, 1969, S. 648 23 zit. nach: Lindner, S. 258 24 Sächsische Weltchronik, S. 217ff. 25 Peter Csendes, „Enikel, Jans“, in, Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, Sp. 2012
26 27 28 29
Enikel, S. 616 Ottokar, S. 933 Andreas, S. 540ff. und S. 629ff. Glaser, S. 851
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Von ähnlich hoher Qualität ist Thomas Ebendorfers um 1450 verfasste „Cronica Austriae“: Ebendorfer, Wiener Domherr, mehrmaliger Rektor der Wiener Universität und Diplomat im Dienste Kaiser Friedrichs III., schrieb sein Geschichtswerk in dessen Auftrag. Er verfügte über vielfältige Quellen, darunter die „Gesta“, das „Chronicon pii marchionis“ und verschiedene Klosterannalen. Ob er auch auf Jans Enikel zurückgriff, ist ungewiss. Die Babenberger, für die er freilich noch keinen Geschlechternamen kennt, sind im „liber secundum“ abgehandelt, der ungenauen Quellenlage wegen mit etlichen Fehlern. Aber Ebendorfer weiß, dass Heinrich Jasomirgott der zweite Sohn Leopolds III. gewesen sei, dem Vater weniger teuer, und dass er Pfalzgraf bei Rhein gewesen sei. Heinrich, der Letzte aus der Familie der frommen Markgrafen, sei „ein nahezu keinem Sterblichen an Adel nachstehender Fürst“ gewesen.30 Die erste auf Quellenstudium aufgebaute vollständige Geschichte der Babenberger schrieb Ladislaus Sunthaym, Bakkalaureus der Universität Wien, Kanoniker und später Hofkaplan Maximilians I. Im Jahr der Heiligsprechung Leopolds III., 1485, beauftragte ihn der Propst von Klosterneuburg, eine solche Familiengeschichte zu erstellen. Um 1491 legte Sunthaym „Der loeblichen fuorsten und des lands oesterrich altharkommen und regierung“ vor, die in Basel gedruckt wurde. Darin heißt es, Heinrich, genannt Jochsamergot, sei „von seinem Vater minder liebgehabt“ worden „dan ander sein brüeder“. Doch habe er sie alle überlebt „und ward höher in weltlichen eren dann ir jeder“.31 Von Heinrichs Regierung weiß Sunthaym nur Gutes zu berichten – freilich hätten die Böhmen und Ungarn zu seinen Zeiten „viel übels in österreich begangen mit raub und prand“. Am Ende steht der Tod Heinrichs nach einem Sturz vom Pferd. Sunthaym war es auch, der den meisten Babenbergern mehr oder minder passende Beinamen gab, die bis heute gebräuchlich sind. Die Gesamtdarstellung korrespondiert mit dem großen Babenberger-Stammbaum, den Hans Part um 1490 für Klosterneuburg gemalt hat. Auch in ihm finden sich Namen und Beinamen der von Sunthaym Genannten. Etwa zur gleichen Zeit, um 1495, erschienen die zwei Chroniken des Freisinger Klerikers Veit Arnpeck: die „Chronica Baioariorum“ und das „Chronicon Austriacum“. Letzteres fällt freilich gegenüber der vorzüglichen „Bayerischen Chronik“ stark ab. Arnpeck, „welcher unter den bairischen und österreichischen Historikern seiner Zeit unbedingt einer der vorzüglichsten genannt zu werden verdient“,32 hatte in Wien studiert. Er kannte und verwendete die österreichische Literatur von Jans Enikel über Thomas Ebendorfer bis 30 Wacha, S. 618 31 Sunthaym, o. S. auch für das Folgende
32 Meiller 1869, S. 35
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Ladislaus Sunthaym. Eine wichtige und hochgeschätzte Quelle war für ihn Otto von Freising. Fast wörtlich übernahm er den Bericht von Heinrich Jasomirgotts Kampf um Bayern (und folgerichtig auch von der Zerstörung geistlicher Güter, die Otto beklagt) sowie von der Erhebung Österreichs zum Herzogtum. Einer Kommentierung dieser Teilung Bayerns enthielt er sich.33 Ebenfalls ohne Kommentierung aus bayerischer Sicht berichtete der große Geschichtsschreiber Johannes Aventinus in seiner „Bayerischen Chronik“ über die babenbergischen Herzöge Leopold und Heinrich. Der studierte Humanist Aventinus war 1517 zum bayerischen Hofhistoriografen berufen und beauftragt worden, eine Geschichte der bayerischen Herzöge zu schreiben: 1522 vollendete er die „Annales ducum Boiariae“, 1533 darauf fußend die volkstümlich gewordene deutsche Bearbeitung. Den beiden Babenbergern widmete er im 6. Buch dieser „Chronik“ in Relation zum Gesamtwerk nur verhältnismäßig wenig Raum. Er beschrieb kurz und nüchtern die Kämpfe um Bayern, zumal mit Welf VI., der auch im „ungerischen Krieg“ 1146 seine Hand im Spiel gehabt habe. Zur Niederlage an der Leitha (hier dienten ihm die „Gesta“ als Quelle) merkte er an, Heinrich habe, „als er ein jeher frischer fürst was“,34 die Ungarn schon in die Flucht geschlagen, sei dann aber der Übermacht unterlegen. Die Auseinandersetzung um Bayern zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen und die Abtrennung Österreichs als neues Herzogtum beschrieb er, ohne (wie spätere bayerische Historiker) diese Schwächung Bayerns zu beklagen. Schließlich berichtete Aventinus, dass Heinrich Jasomirgott die Stadt Wien habe „wider aufpauen“ lassen, Burg und Schottenkloster gebaut habe und durch einen Sturz vom Pferd ums Leben gekommen sei. Aventinus verwendete zur Unterscheidung der vielen bayerischen Heinriche eine zuvor noch nicht übliche Zählweise: „Wie zween umb das Hertzogtum Bairn kriegten / Heinrich der eindelft / und Heinrich der zwelft“, lautet die entsprechende Kapitelüberschrift.35 Aventinus’ Zeitgenosse, der Schaffhausener Stadtarzt und Humanist Johannes Adelphus (Muling), hatte in seiner Lebensbeschreibung Friedrich Barbarossas im Zusammenhang mit Heinrich Jasomirgott (der bei ihm der dritte Sohn Leopolds III. ist) auf Irrtümer in der bisherigen Literatur hingewiesen; sie kämen „von den vil manigfalten Heinrichen beider seits da sich die nammen under einander vermischen und niemand wol darauß kommen mag.“36 Keinerlei humanistische Sachlichkeit, sondern barocker Überschwang prägte neunzig Jahre später die Geschichte der österreichischen „Marg-Graffen von Leopold den Durchleuchtigen und Ersten biß auff Heinrich / letzten 33 Arnpeck, S. XXXf. 34 Aventinus, S. 331
35 Aventinus, S. 367 36 Adelphus, S. 25f.
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Marggraffen und I. Hertzogen zu Oesterreich“ des Klosterneuburger Chorherrn und Dechanten Adam Scharrer. Er schrieb sie unter besonderer Hervorhebung des „heiligen“ Leopold und widmete sie dessen Namensvetter, dem habsburgischen Kaiser Leopold I. Der Text ist getragen von überströmender Frömmigkeit: So betont Scharrer, dass Leopold der Heilige seine Frau Agnes nicht aus „fleischlichen Wollüsten“ geheiratet habe und die große Schar der aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder (es ist von insgesamt achtzehn die Rede) der „keuschen ehelichen Beiwohnung“ entsprang. Auch Scharrer bediente sich vor allem der Sunthaym’schen Darstellung: Heinrich hat „diß ur-alte Marggräfliche Geschlecht erhalten / in der weltlichen Dignität alle überstiegen / und das gantze Marggraffenthumb Oesterreich nicht allein glückseelig gantzer fünf und dreysig Jahr (nemlich vierzehen Jahr als Marggraff / und zwantzig Jahr als Hertzog) regirt, sondern in vielem mercklich verbessert und vermehret.“37 Der Autor geht ausführlich auf die Heinrich Jasomirgott 1156 gewährten Rechte im „Privilegium minus“ ein, die ihn über alle anderen Fürsten des Reiches erhoben hätten. Und er berichtet auch von dessen Taten als „streitbarer beherzter Kriegs-Fürst“ bei der Belagerung Mailands. Dass freilich Heinrich Jasomirgott „zum öfftern Parfüssig Walfahrten gangen / von der Geistlichkeit sehr geliebt / und gemeiniglich Heinricus pius der Gottseelige genennet worden“, dürfte eine reine Erfindung des Autors sein.38 Noch ganz unter die barocken Geschichtsschreiber gehört, auch wenn das Werk erst 1763 erschienen ist, Johann Heinrich von Falckenstein mit seiner „Historia Boiorum pragmatica“. Er beruft sich vor allem auf Otto von Freising und auf Aventinus und weiß, dass Heinrich Jasomirgott der ältere, aber vom Vater weniger geliebte Sohn Leopolds III. gewesen sei. Zur Schlacht an der Leitha schreibt er: „Da die Ungarn einen Hinterhalt an einem Vortheilhaften Ort gesetzet hatten; so ward die bayerische Armee in der Nachfolge dahin gelocket, allda geschlagen, und deren 7000 in die Pfanne gehauen.“39 Heinrich Jasomirgott habe im Übrigen ebenso wie sein Bruder Leopold nicht das geringste Recht auf Bayern gehabt. „Um aber der Sache eine Farb anzustreichen“, habe er sich mit Gertrud vermählt; der „einfältige Handel“ habe freilich „großes Unheil und Schaden“ verursacht.40 Diese kritische Sicht der babenbergischen Herrschaft in Bayern zieht sich durch die Darstellung der Ereignisse (mit Einschluss des Kreuzzugs) bis 1156 und endet mit der Feststellung, dass durch die Erhebung Österreichs zum Herzogtum „ein ansehnliches Stück Landes … von Bayern abgerissen.“41 Auch wenn Falckenstein 37 Scharrer, S. 89 38 Scharrer, S. 98f. 39 Falckenstein, S. 389
40 Falckenstein, S. 387 41 Falckenstein, S. 398
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EXKURS: VON JOCHSAMERGOT ZU JASOMIRGOT T
„solide Fachkenntnisse und die Unbefangenheit des Urtheils gefehlt“ haben mögen,42 ist seine Darstellung doch für die bayerische Sicht charakteristisch, die von nun an den Babenbergern sehr kritisch gegenüberstand.
Exkurs: Von Jochsamergot zu Jasomirgott Heinrichs seltsamer Beiname soll sich aus seiner Gewohnheit ergeben haben, bei Entscheidungen bestärkend zu sagen: „joch samer got“ – „so wahr mir Gott helfe“.43 Bis in unsere Zeit hinein wurde dieses „Jasomirgott“ als Zeichen von Frömmigkeit verstanden: Heinrich, der sich dessen bewusst war und dies auch aussprach, dass alles weltliche Handeln von Gottes Hilfe abhänge. Erstmals erscheint dieser Beiname in einem kurzen, im 13. Jahrhundert vermutlich aus den Melker Annalen entstandenen Annalentext, dem „Auctarium vindobonense“. Es verzeichnet für das Jahr 1155 Herzog Heinrich von Österreich, „genannt Ioch so mir got“.44 In seinem „Fürstenbuch“ erzählt Jans Enikel eine frei erfundene Anekdote: Heinrich sendet nach Wien um kostbare Felle für einen prächtigen Pelz, mit dem er vor dem Kaiser auftreten will. Der Bote jedoch missversteht den Auftrag und bringt ein Ochsenfell mit. Als Friedrich Barbarossa davon erfährt, fordert er Heinrich Jasomirgott auf, in diesem öchsernen Gewand vor ihm zu erscheinen. Da sagt Heinrich zum Kaiser: Herre wer ez nicht ewr spot ich tet ez ioch sammir got …45 Wahrscheinlich unabhängig davon taucht der Beiname dann auch in der um 1350 entstandenen Fassung der Klosterneuburger „Cronica pii marchionis fundatores nostri“ auf.46 Thomas Ebendorfer berichtet in der „Chronica Austriae“, Heinrich sei wegen seines Ausspruchs „Joch so mir got“ Jochsamergot genannt worden. Ladislaus Sunthaym führte den Heinrich „Jochsamergot“ endgültig in die Literatur ein, wobei sich die Schreibweise häufig verändert: Bei Falckenstein heißt er „Jasemergot“. Im 19. Jahrhundert setzte sich dann die Form „Jasomirgott“ durch. Möglicherweise (sogar wahrscheinlich, glaubt man der neueren Forschung) geht „Jochsamergot“ aber auf eine verballhornte arabische Bezeichnung Heinrichs aus dem Kreuzzug zurück;47 der arabische Chronist Ibn el
42 Wegele, S. 555 43 Lechner 1992, S. 170 44 Annales Austriae (Auctarium vindobonense), S. 723
45 Megiser, S. 66 46 Dienst 1990, S. 72 47 Vocelka 2001, S. 129
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Furât erwähnt einen „Jâsan elkund Harrî“ (Graf Heinrich mit dem Beinamen Jasân).48 Wie und wann sich dieser Beiname dann aber in Österreich verbreitet hat, weiß niemand so recht zu sagen. Man muss freilich nicht so weit gehen wie Theodor Fontane, der in einem langen Gedicht über Herrschernamen vermerkt, es gebe dazwischen, blasphemisch und wie zum Spott, sogar einen Heinrich Jasomirgott.49
Die quellenkritische Geschichtsschreibung Waren bislang einige wenige Schriften und tradierte Überlieferungen Grundlage für die Darstellung Heinrich Jasomirgotts gewesen, so förderte die nach 1700 einsetzende klösterliche Geschichtsforschung manche Quelle zutage, die nicht nur über die Klöster und Stifte selbst, sondern auch über ihre Stifter und Vögte Aufschluss gab – also auch und gerade über die Babenberger. Besonders wichtig waren die zwischen 1721 und 1745 von Hieronymus Pez, einem Melker Benediktiner, herausgegebenen dreibändigen „Scriptores rerum Austriacarum“ und die 1750/51 erschienenen „Annales Austriae“ des Wiener Jesuiten und Historikers Sigismund Calles, eine wissenschaftliche Darstellung der Geschichte Österreichs in der Zeit der Babenberger. Interessant ist diese in Bezug auf Heinrich Jasomirgott vor allem, weil sie berichtet, er habe schon vor und dann während der Regierungszeit seines Bruders eine eigene Herrschaft in Mödling innegehabt. Fast zur gleichen Zeit, 1774, tauchte in Georg Christian Crollius’ „Vierter Fortsetzung der erläuterten Reihe der Pfalzgraven zu Aachen und bey Rhein“ eine Nachricht von „Heinrich Jochsamer von Oesterreich“ auf. Die „Göttingischen Anzeigen von Gelehrten Sachen“ schreiben, es sei „ein neuer Pfalzgraf aus der Dunkelheit hervorgezogen und gezeiget [worden], daß … K. Conrads III. Bruder die Pfalz in den Jahren 1140 und 1141 besessen habe“.50 Eine Novität war das freilich nicht: Sowohl die aus dem 14. Jahrhundert stammende „Continuatio Claustroburgensis tertia“ als auch Thomas Ebendorfer berichten, dass Heinrich Jasomirgott Pfalzgraf bei Rhein gewesen sei. Dennoch dauerte es lange, bis dies von der Geschichtsschreibung allgemein aufgenommen wurde: Meiller schrieb noch 1850, die Pfalzgrafschaft Heinrich Jasomirgotts sei „weniger bekannt“.51 Auf diesen Grundlagen setzte die quellenkritische Geschichtsschreibung ein, die freilich nicht frei von Problemen war. Denn ganz so unrecht 48 Zeißberg 1880, S. 557 49 Fontane, Bd. 20, S. 77
50 Göttingische Anzeigen, S. 326 51 Meiller Regesten, S. 220, Anm. 177
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hatte der – als Josephiner und Bonapartist verschriene52 – österreichische Historiker Julius Franz Schneller vielleicht doch nicht, als er 1828 in seiner „Geschichte von Oesterreich und Steiermark“ über die klösterlichen Chroniken schrieb: „Selten trifft man bei Mönchen einen schärferen Blick in das Getriebe der Staatsereignisse und des Volkslebens. Nichts verzeichnen sie lieber als die Schenkungen an Kirchen, die Veränderungen ihrer Vorsteher, die Blutscenen naher Fehden und Abenteuer bei den Kreuzzügen. Überall zeigen sie Partei und berichten selten treu von dem Kampfe der weltlichen und der geistlichen Gewalt, denn in ihren Erzählungen hat der Priesterfeind keine Tugend und der Priesterfreund kein Laster.“53 Für Heinrich Jasomirgott, den wenig Freigiebigen, war da eben auch wenig Platz. Immerhin: In den von Abt Johann Bernhard Linck bearbeiteten, 1723 gedruckten Zwettler Annalen wird Heinrich Jasomirgott „divini cultus et cultorum amator“ (besonderer Verehrer von Religion und Liturgie) genannt;54 wohl eine höfliche Übertreibung, aber Zwettl war immerhin eines der Klöster, denen der österreichische Herzog größere Aufmerksamkeit widmete. Doch auch die schlichte Fälschung von Quellen bereitete den Boden für Irrtümer. So könnten die Babenberger Familiengeschichte und die Klostergeschichte des Lilienfelder Zisterziensers Chrysostomus Hanthaler (1747) als bloße Kuriositäten abgetan werden, deren Quellen (Scriptores des 13. und 14. Jahrhunderts, Urkunden, Chartulare und Totenbücher) teilweise frei erfunden waren. Aber sie haben rechtes Unheil angerichtet, weil sie bis zur endgültigen Aufdeckung des Schwindels durch den österreichischen Historiker und Diplomatiker Michael Tangl Ende des 19. Jahrhunderts (und auch noch darüber hinaus) Grundlage für so manche falsche Darstellung (z.B. bei der Reihenfolge der Söhne Leopolds III.) wurden. Dass bei Hanthaler Heinrich Jasomirgott der vierte Sohn Leopolds III. war, erklärte die Nachfolge in der Mark 1136 ja auch auf bequeme Weise. Die historische Forschung und Literatur begann im 18. Jahrhundert weg von der rein dynastisch-persönlichen Darstellung größere Zusammenhänge in den Mittelpunkt zu stellen: Im Falle Heinrich Jasomirgotts traten also Überlieferungen zu seiner Person zurück gegenüber der Beschäftigung mit seiner Rolle in der Reichs- und Landesentwicklung, bei der Teilung Bayerns und beim „Privilegium minus“. Mit diesem Privilegium und seinen rechtlichen Folgen befasste sich Franz Ferdinand Schrötter 1771 in seinem „Versuch einer Oesterreichischen Staats-Geschichte von dem Ursprunge Oesterreichs bis nach Dessen Erhöhung zum Herzogtum“, einem ersten verfassungsgeschichtlichen Werk. Auch in seiner zusammen mit Adrian Rauch verfassten 52 Pfaff, S. 165 53 Schneller, S. 124f.
54 Scheibelreiter 2010, S. 224
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„Österreichischen Geschichte“ (1779) gibt er der Vorgeschichte und dem Zustandekommen des Vergleichs zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen 1156 breiten Raum, handelt aber die Lebensgeschichte des ersten österreichischen Herzogs im Übrigen eher kursorisch ab. Die Werke Schrötters leiteten – wenn auch mit einiger Verzögerung – die staats- und verfassungsgeschichtliche Befassung mit dem „Privilegium minus“ ein, das gelegentlich sogar als „Magna Charta“ des deutschen Territorialstaats bezeichnet wurde. Hinter diese bis heute geführten Diskussionen und Untersuchungen traten die Personen, deren Ansprüchen und Befindlichkeiten ein guter Teil der Bestimmungen des Privilegium Rechnung trug, häufig sehr weit zurück. Man könnte sagen: Heinrich Jasomirgott und Theodora stehen im Schatten einer (nicht mehr existierenden) Urkunde. Von den wenigen Hinweisen auf Heinrich Jasomirgott außerhalb der deutschsprachigen Literatur sei hier nur Voltaire zitiert. In seinen Annalen findet sich: „1153 – Le marquisat d’Autriche est érigé en duché faveur de Henri Jasamergot, qu’on ne connait guère, et dont la postérité s’étaignit environ un siècle après.“ (Die Grafschaft Österreich ist zugunsten Heinrich Jasamergots zum Herzogtum erhoben worden, der kaum bekannt war, und dessen Nachkommenschaft etwa ein Jahrhundert später erlosch.)55 1819 erschien über Heinrich Jasomirgott eine kleine Monografie. Alois Groppenberger von Bergenstamm war als Registrator der niederösterreichischen Stände mit der Beschreibung der Topografie des Wiener Linienwalls beauftragt. Wohl bei der Beschäftigung mit Mödling stieß er auf Heinrich Jasomirgott, der nach Sigismund Calles dort begütert gewesen sein soll. Diese „Grafschaft Medelich“ habe Heinrich wie „ein freier Herr“ regiert und hier bis zum Tode seines Bruders seine Tage verlebt.56 Über die Regierung Heinrichs als Herzog von Bayern und von Österreich ist Groppenberger voll des Lobes: „Die Geistlichkeit nannte ihn ihren Beschützer, und er entwarf in seiner Person das Bild eines musterhaften Fürsten.“57 Die Darstellung orientierte sich an klösterlichen Überlieferungen und griff bis auf Jans Enikel zurück, bei eher bescheidener Quellenlage. Darum wohl nannte Groppenberger sein Werk ebenso zurückhaltend einen „Versuch“. Bei der Bewertung des Vergleichs von 1156 und seiner Folgen – und der Beurteilung der Rolle Heinrich Jasomirgotts dabei – gingen im 19. Jahrhundert die Auffassungen der österreichischen und der bayerischen (und später der deutschen) Historiker immer mehr auseinander – auch, was die Belehnung und die Leistungen von Leopold und Heinrich als bayerische Herzöge betraf. 55 Voltaire, S. 169 56 Groppenberger, S. 9
57 Groppenberger, S. 30
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In den österreichischen Geschichtswerken entwickelte sich ein gewisses Stereotyp: Meist war Heinrich Jasomirgott der „vierte“ Sohn Leopolds III., der erst in der Nachfolge von Leopold IV. als Markgraf in Erscheinung trat, dann aber Bayern und Österreich weise regierte. Der durch sein Ungestüm verursachten Niederlage gegen die Ungarn an der Leitha 1146 wurde (dank der Überlieferung durch die „Gesta“) stets gedacht. Die Ehen mit Gertrud und Theodora wurden nur gestreift, das Hauptaugenmerk galt dem Verlust der bayerischen und dem Gewinn der österreichischen Herzogswürde. Da nun wurden Großmut und Geduld Heinrichs gewürdigt, mit denen er um des lieben Friedens willen nachgegeben habe. „In der fehdevollen und rachsüchtigen Zeit“, schrieb Julius Franz Schneller, „gehörte Heinrich Jochsamergot zu den seltenen Menschen, welche Opfer zu bringen und mit Adel ein Unrecht zu ertragen verstehen.“58 Geradezu überschwänglich lobte der Wiener Schriftsteller Hermann Meynert „Besonnenheit“, „weise Mäßigung“ und „Entsagung“ des Herzogs. „Wie im Sprüchworte und im gleichlautenden Beinamen, so trug er den Gott im Busen, und blieb seinem edlen Selbst getreu in allen Brandungen der Zeit, in allen Lockungen der Verhältnisse.“59 Der Grazer Geschichtsprofessor Leopold Haßler befand, Heinrich sei „seinen Unterthanen zu jeder Zeit ein guter und gerechter Regent [gewesen], der die Religion ehrte, streng auf seine Gerechtsame hielt, und dem Kaiser und Reiche mit unerschütterlicher Treue anhing.“60 Den Bayern dagegen missfiel fast alles, was Heinrich Jasomirgott getan hatte. „Für Baiern hatte Heinrich Jasomirgott wenig Gutes gestiftet.“ – so urteilte der königliche Elementarlehrer Wolfgang Mauerer in seinen „Historischen Unterhaltungen aus der baierischen Geschichte für die vaterländische Jugend“, erschienen 1822 in Passau.61 Ein arg kursorisches Urteil, gewiss, aber vermutlich bei den jungen Lesern ebenso meinungsbildend wie Joseph Heinrich Wolfs Verdikt in der „Bajerischen Geschichte für alle Stände des Vaterlandes ohne Unterschied von den frühesten Zeiten bis zum Jahre 1832“: „Heinrich Jasomirgott war ein Mann raschen Gemüthes, aber wenig hohen Geistes; für Bajern … mehr zum Verderben, als zum Wohle; ein hoher Herr, aber wie sein Bruder nicht ausgerüstet mit den jener Zeit höchst nothwendigen Herrschertalenten, zum Herzoge unseres Vaterlandes, wie schon viele vor ihm, wohl berufen, aber nicht auserwählt.“62 Diese negative Beurteilung durch bayerische Historiker blieb gute Übung, wobei Otto von Freising willkommener Zeuge war: „Heinrich Jasomirgott“, schrieb der 58 Schneller, S. 86 59 Meynert, S. 55 60 Haßler, S. 35
61 Mauerer, S. 113f. 62 Wolf, S. 240
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Kirchenhistoriker Joseph Ferdinand Damberger 1855, „benahm sich auf eine Weise, dass ihm selbst der leibliche Bruder Bischof Otto kein gutes Wort reden kann.“63
Das „moderne“ Bild Heinrich Jasomirgotts Was die wissenschaftliche Qualität all dieser Werke angeht, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, hatte der Wiener Hofarchivar Andreas von Meiller sicher recht, als er 1850 im Vorwort seiner „Regesten zur Geschichte der Markgrafen und Herzoge Oesterreichs aus dem Hause Babenberg aus Urkunden und Saalbüchern“ konstatierte, die Geschichte befinde sich immer noch „so ziemlich auf dem Standpuncte …, den Schrötter und Rauch vor 70 Jahren einnahmen“.64 Mit eben diesen Regesten, dem ersten Werk dieser Art für die Babenbergerzeit, leistete Meiller selbst einen unverzichtbaren Beitrag für den weiteren wissenschaftlichen Fortschritt. Er setzte sich auch erstmals fundiert und kritisch mit den Annalen und Chroniken auseinander, die bislang als Grundlage der Geschichtsschreibung über die Babenberger dienten, und verwarf einige von ihnen. Allerdings: Auch für ihn war Leopold IV. der ältere und Heinrich Jasomirgott der jüngere Bruder;65 dies bestimmte seine zeitliche Zuordnung nicht datierter Urkunden – und ersparte ihm, der Frage „Erbfolge“ nachzugehen. Meillers Forschungen flossen zumindest teilweise in die Darstellungen zur österreichischen Geschichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein; sie verhinderten wenigstens, dass noch einmal ein in fast allen Daten ähnlich falsches Elaborat erschien wie der Artikel zu Heinrich Jasomirgott in „Wigands’ Conversations-Lexikon Für alle Stände, Von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten bearbeitet“ (Abtretung Bayern 1154, Sturz vom Pferd 1172).66 1880 verfasste Heinrich von Zeißberg, Lehrstuhlinhaber für österreichische Geschichte an der Universität Wien, für die „Allgemeine Deutsche Biographie“ den Artikel über Heinrich Jasomirgott.67 Von ihm stammen übrigens auch alle anderen Artikel in der ADB über Babenberger Markgrafen und Herzöge. Bei ihm ist Heinrich der zweite Sohn Leopolds III. mit Agnes (wobei nicht klar ist, ob er auch Adalbert unter Agnes’ Söhne zählt), „vom Vater wohl weniger geliebt und deshalb in den Urkunden desselben
63 Damberger, S. 356 64 Meiller Regesten, Vorbemerkung (o. S.) 65 Meiller Regesten, S. 212, Anm. 114 und Anm. 133
66 Wigand, Bd. 10, S. 3 67 Zeißberg 1880, S. 554f.
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seltener erwähnt“. Drei Jahre später, 1883, schrieb Zeißberg in der ADB über Leopold IV., dieser sei der „drittgeborene“ Sohn des Markgrafen Leopold III., der vermutlich als Liebling seines Vaters in der Nachfolge Heinrich Jasomirgott vorgezogen wurde.68 Die politische Bedeutung der Regierungszeit Heinrich Jasomirgotts sah Zeißberg – darin mit seinen Zeitgenossen weitgehend in Übereinstimmung – in der Trennung Österreichs von Bayern und der Begründung eines neuen reichsfürstlichen Territoriums. 1894 erschien dann die erste moderne wissenschaftlich fundierte Gesamtdarstellung der Babenbergerzeit: Georg Juritsch, Gymnasialdirektor in Böhmen und angesehener Historiker, schrieb eine materialreiche, wenn in ihren Schlüssen auch nicht immer zutreffende „Geschichte der Babenberger und ihrer Länder“. Für die Söhne Leopolds III. hielt sich Juritsch an die durch das „Chronicon pii marchionis“ vorgegebene Reihung: Heinrich ist der zweite, vom Vater weniger geliebte Sohn. Aus einer durchaus kritischen Darstellung der Tätigkeit Heinrich Jasomirgotts vom Pfalzgrafen bei Rhein bis zum Herzog von Österreich kommt Juritsch zu einer insgesamt positiven Wertung: „Heinrichs Persönlichkeit war anders geartet als jene seines Vaters … [Er] zeigte wenig Lust, die ohnehin schon bedeutenden Reichtümer der österreichischen Klöster weiter zu vergrößern … An dem einmal erlangten Herzogtitel hielt er in langem Kampfe fest und setzte es durch, dass die Ostmark von dem bisherigen Abhängigkeitsverhältnisse zu Baiern getrennt und zu einem selbständigen Herzogtume erhoben wurde. Seit jener großen Niederlage im Kampfe gegen die Ungarn versuchte er niemals später das Waffenglück in entscheidenden Schlachten zu erproben, und wenn wir ihn auch einige Male bei den Kriegszügen in Italien beschäftigt finden, so lag sein Ruhm weniger in der Beteiligung am Kampfe, als in dem richtigen Verständnisse seiner Stellung zum Gesamtreiche und einer absichtlichen Nichtbeachtung des ihm durch das Privilegium eingeräumten Rechtes …“69 Diesem Privilegium minus freilich maß Juritsch keine „allzu große“ Bedeutung bei: Von einer „exceptionellen Stellung des österreichischen Herzogs“ könne man nicht sprechen. Ähnlich urteilte Max Vancsa, Direktor des niederösterreichischen Landesarchivs, in seiner „Geschichte Nieder- und Oberösterreichs“ (1905). Wenn auch die Entscheidung Leopolds III. in der Nachfolgefrage und die zögerliche Haltung König Konrads III. bei der Übertragung des Herzogtums Bayern den Schluss nahelegten, Persönlichkeit und die Fähigkeiten Heinrichs hätten allgemein wenig Vertrauen eingeflößt, so sei dieser doch offenbar an seinen Aufgaben gewachsen. Jedenfalls habe er seine Aufgabe „mit sicherem Blick und 68 Zeißberg 1883, S. 384 69 Juritsch, S. 278ff.
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fester Hand“ erfasst70 und „durch seine kluge und maßvolle Politik mitten unter den schwierigsten Verhältnissen seinem Lande den Frieden erhalten und so dessen gedeihliche Entwickelung gefördert“.71 Für bayerische Historiker wie Sigmund von Riezler war die Erhebung Österreichs zum Herzogtum nach wie vor „ein für die Zukunft schädlicher Präzedenzfall“. Bayern sei von seiner Aufgabe der Verteidigung der Ostgrenze des Deutschtums abgelenkt worden, wodurch ihm seine Hauptaufgabe entzogen worden sei.72 Deshalb konnte die „großdeutsche“ Geschichtsschreibung mit den Babenbergern im Allgemeinen und Heinrich Jasomirgott im Besonderen nur wenig anfangen. Ganz allgemein wurde Heinrichs Beurteilung auch durch die negative Wertung der Persönlichkeit und Leistungen König Konrads III., des „Pfaffenkönigs“, beeinflusst.73 Das schon durch Otto von Freisings pessimistische Sicht geprägte „mehr oder weniger negative Gesamturteil über den ersten König aus staufischem Haus“74 färbte auf den Halbbruder ab, der dem König stets politisch eng verbunden war. Schließlich verschwand Heinrich fast im Schatten von Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen. Selbst als „Verursacher“ des „Privilegium minus“ wirkte er eher wie eine Schachfigur im kaiserlichen Spiel. Der Ausbau der markgräflichen Macht durch Leopold III. und die Ausweitung des Herzogtums Österreich unter Leopold V. und Leopold VI. schienen wichtiger als das zähe Ringen Heinrichs um Erhalt und Stellung des Babenberger Landes im Kräftefeld zwischen Staufern und Welfen. Für den österreichischen Geschichtsunterricht war er allerdings als erster Herzog interessant: 1858 schrieb Pater Columban Welleba, Subprior und Professor am Wiener Schottenkloster, einen ersten entsprechenden Beitrag.75 Anderenfalls figurierte er eher als eine vom Namen her amüsante Randfigur der Geschichte, und bestenfalls in Wien erfreute er sich weiterhin eines gewissen Ansehens. Dramatiker und Romanciers hat er nicht sonderlich angeregt. Da stand er nicht nur im Schatten seines Vaters – auch Leopolds V. Affäre um Richard Löwenherz oder Friedrichs II. stolzes und tragisches Ende waren eindeutig bessere Stoffe: Sogar Franz Grillparzer wollte ein historisches Schauspiel über Friedrich den Streitbaren schreiben.76 In der im 19. Jahrhundert einsetzenden und im 20. Jahrhundert mit Vehemenz fortgesetzten wissenschaftlichen Diskussion über Struktur und Rechtsverhältnisse des Herzogtums Österreich traten Person und Wirken Heinrich Jasomirgotts ganz hinter methodologische, diplomatische und verfassungsrechtliche Fragen zurück.77 Die Entlarvung des „Privilegium maius“
70 71 72 73
Vancsa, S. 339 Vancsa, S. 349 Riezler 1927, S. 47 Ziegler 2007, S. 15
74 75 76 77
RI IV, 1, 2 n. 789 (Kommentar) Engelbrecht, S. 656f. Heger 2, S. 636 Hierzu: Fichtenau, S. 22ff.
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als Fälschung legte nahe, auch das „Privilegium minus“ oder zumindest Teile davon auf ihre Authentizität hin zu hinterfragen. Parallel dazu verlief die Auseinandersetzung um das gerichtliche Exemtionsrecht der Babenberger: War es Teil des Privilegiums, in welcher Ausprägung wurde es praktiziert, bedeutete es wirklich eine umfassende landesherrliche Stellung des österreichischen Herzogs, die sich von der anderer vergleichbarer Reichsfürsten unterschied? Angesichts der politischen Entwicklung, die Österreich endgültig aus dem Deutschen Reich drängte, des anwachsenden Nationalismus und schließlich, nach 1918, der Reduzierung auf „Deutsch-Österreich“ bekamen solche Fragen politisches Gewicht, was sich zwangsläufig auf die Forschung und die Darstellung ihrer Ergebnisse auswirkte. Ein historischer Autodidakt, Hanns Sassmann, Schüler Egon Friedells, Theaterkritiker und Drehbuchautor, leider nach 1938 von den Nazis vereinnahmt, hat in seiner weitgehend unbekannt gebliebenen Kulturgeschichte Österreichs „Das Reich der Träumer“ die Babenberger „Bauern auf dem Fürstenstuhl“ genannt, „nüchtern, schlau und bedächtig“.78 Genau diese Eigenschaften habe auch Heinrich Jasomirgott gezeigt, als er 1156 das ihm verliehene Bayern dem Kaiser zurückgeben sollte, und insgesamt gesehen in seinen fünfunddreißig Jahren als Markgraf und Herzog. Dass der Freiheitsbrief Friedrich Barbarossas, das „Privilegium minus“, „ein nationalpolitisches Unglück“ gewesen sei, weist in die Richtung der deutschnationalen Geschichtsauffassung. Trotz einer solchen „Bodenhaftung“ vermochte die nationalsozialistische Geschichtsklitterung Heinrich Jasomirgott nichts abzugewinnen, da doch gerade dessen „Ostmark“ just „heim ins Reich“ geführt wurde. Dass auch ernst zu nehmende österreichische Historiker, allen voran Otto Brunner, mit dem Regime und seiner Ideologie paktierten, blieb an ihren Forschungen zum österreichischen Mittelalter haften: Brunners „Land und Herrschaft“ als Modell mittelalterlicher Territorialentwicklung ist zwar wesentliche Grundlage neuerer Forschungen geworden,79 in seiner Tendenz aber nach wie vor umstritten.80 Karl Lechner hat 1947 in einer kleinen Schrift über „Die Babenberger in Österreich“ subsumiert, „dass seit fast 100 Jahren die geschichtliche Betrachtungsweise dieses Österreich immer wieder vermengt wird mit jeweiligen politischen Wunschbildern und Zielen, ja, dass die wissenschaftliche Forschung selbst immer wieder … sich leiten ließ von den vermeintlichen Erfordernissen der jeweiligen Gegenwart“.81
78 Sassmann, S. 60 79 Weltin, S. 7
80 Schoettler, S. 181f. 81 Lechner 1947, S. 2
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Weitgehend befreit von solchen Zwängen, wenn natürlich auch nicht ganz ohne staatsideologischen Hintergrund, wandte sich nach 1945 die nun wieder „österreichische“ Geschichtsschreibung verstärkt den an den Anfängen eigenständiger Landesentwicklung stehenden Babenbergern zu. Wichtigstes Forschungsmittel wurde das seit 1950 in vier Bänden herausgegebene „Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich“. Es stieß zahlreiche Einzeluntersuchungen an, die freilich das Wirken Heinrich Jasomirgotts als Herzog von Österreich eher kursorisch behandelten. Es dauerte bis 1976, ehe eine niederösterreichische Jubiläumsausstellung im (von Leopold VI. gegründeten) Stift Lilienfeld mit umfangreichem Katalog der „1000 Jahre Babenberger in Österreich“ seit 976 im großen Überblick gedachte. Im gleichen Jahr erschien auch Karl Lechners umfassendes Werk über die Babenberger. Auf seinen „Babenberger-Stammbaum“ (mit Heinrich Jasomirgott als ältestem Sohn von Leopold III. und Agnes, aber nach Adalbert, dem Sohn Leopolds III. aus erster Ehe), beruft sich seither die österreichische Geschichtswissenschaft. Warum Heinrich dem Vater in der Markgrafschaft nicht nachfolgte, weiß Lechner allerdings nicht zu sagen. Das „Privilegium minus“ sei nicht etwas „unvergleichlich Neues“ gewesen, sondern ein „Anfang, eine Tendenz“.82 Insgesamt billigt Lechner Heinrich Jasomirgott „entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung Österreichs“ zu, „wenn er auch nicht die große Bedeutung seines Vaters und seines Enkels erreichte“.83 Die vom Wiener Schottenstift 1977 zum 800. Todestag Heinrich Jasomirgotts herausgegebene „Gedächtnisschrift“ enthält eine kurze und kenntnisreiche Beschreibung des Lebens und der Leistungen des „Herzogs von Österreich“. P. Heinrich Ferenzcy nennt ihn zu Recht „eine Herrscherpersönlichkeit des Übergangs“ und hält es – angesichts der „Misserfolge und tragischen politischen Ereignisse“, die seine Herrschaft überschatteten – für geboten, seine tatsächlichen Leistungen entsprechend zu würdigen.84 Dies tut er nicht unkritisch, aber insgesamt recht positiv. Der mit Anmerkungen fünfzehn Druckseiten umfassende Aufsatz ist bislang der umfangreichste Beitrag und die einzige moderne Monografie über Heinrich Jasomirgott geblieben. Seltsamerweise finden sich auch in der neuesten Forschung wenig positive Urteile über Heinrich Jasomirgott – sofern sie überhaupt näher auf ihn eingeht. So schreibt Erich Zöllner, einer der bedeutendsten Wiener Historiker, in seiner 1980 erschienenen Geschichte Österreichs, Leopold IV. sei „sein wie es scheint weniger begabter Bruder Heinrich II. Jasomirgott“ nachgefolgt – ohne freilich diese Minderbegabung näher zu belegen.85 81 Lechner 1947, S. 2 82 Lechner 1992, S. 156 83 Lechner 1992, S. 170
84 Rapf, S. 27ff. 85 Zöllner 1990, S. 69
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Ähnlich abfällig bewerten deutsche Historiker Heinrichs Zeit als Pfalzgraf bei Rhein. Sie war in der Tat ein „kurzes Intermezzo“,86 da für ihn und wohl auch für Konrad III. 1141 die Übernahme der österreichischen Markgrafschaft zwangsläufig wichtiger war. Ob aber schon in dieser kurzen Zeit wirklich „offenbar wurde, daß sich Heinrich Jasomirgott in der Pfalzgrafschaft nicht durchsetzen würde“,87 muss wohl dahingestellt bleiben, weil es dafür weder positive noch negative Belege gibt. Häufig wird Heinrich Jasomirgott in der geschichtlichen Darstellung auch ganz einfach „übersprungen“. Typisch dafür ist der Beitrag über die Babenberger im „Historischen Lexikon der deutschen Länder“: „1156 erhielten die Babenberger als Ausgleich für den Verlust des Leopold IV. … anvertrauten Herzogtums Bayern … die Erhebung der Mark … zum territorialen Herzogtum.“88 Kein Wort über Heinrich Jasomirgott – ebenso wenig wie zum Beispiel in einem Beitrag Erich Zöllners über Wien in der Babenbergerzeit im Ausstellungskatalog „1000 Jahre Babenberger in Österreich“.89 In der neueren bayerischen Geschichtsschreibung erscheint Heinrich Jasomirgott eher als Randfigur des „welfischen Jahrhunderts“: Kurt Reindel (im Handbuch der Bayerischen Geschichte) und Andreas Kraus in seiner „Geschichte Bayerns“ gehen zwar näher auf die Auseinandersetzungen zwischen 1139 und 1156 sowie das „Privilegium minus“ ein, nicht jedoch auf die Frage, ob und in welchem Umfang die beiden Babenberger Leopold und Heinrich als bayerische Herzöge die weitere Entwicklung Bayerns geprägt haben. Kraus sieht die Abtrennung Österreichs und seine Erhebung zum Herzogtum als Ausgangspunkt des „schicksalsschweren Dualismus im Süden Deutschlands“.90 Auch Friedrich Prinz macht in seiner „Geschichte Bayerns“ negative Folgen dieser Trennung für Bayern geltend. In noch viel stärkerem Maße gilt diese Verweisung Heinrich Jasomirgotts in eine historische „Nebenrolle“ für die umfangreiche Literatur zur staufisch-welfischen Zeit und ihren Protagonisten. Die neuesten deutschen Arbeiten über Friedrich Barbarossa und Heinrich den Löwen beschränken sich, was Heinrich Jasomirgott angeht, im Wesentlichen auf die Auseinandersetzungen um das Herzogtum Bayern. Ferdinand Opll (Friedrich Barbarossa, 1990), Joachim Ehlers (Heinrich der Löwe, 2008) und Knut Görich (Friedrich Barbarossa, 2011) folgen dabei im Großen und Ganzen der Darstellung Ottos von Freising und heben die Geduld Friedrich Barbarossas mit seinem babenbergischen Onkel hervor. Johannes Laudage (Friedrich Barbarossa, 2009) allerdings nennt die letztlich 86 Ziegler 2007, S. 713 87 ebd., S. 547 88 Köbler, S. 30
89 Zöllner 1976/2, S. 296f. 90 Kraus, S. 85ff.
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erfolgreiche Vermittlung zwischen Heinrich dem Löwen und Heinrich Jasomirgott einen „Pyrrhussieg“ des Kaisers.91 In dem von Peter Schmid und Heinrich Wanderwitz 2007 als Ergebnis eines Symposiums österreichischer und deutscher Historiker herausgegebenen Sammelwerk „Die Geburt Österreichs. 850 Jahre Privilegium minus“ wird Heinrich Jasomirgott zwar eine entscheidende Rolle zugebilligt, aber insgesamt wird er doch eher abhängig von der zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen entstandenen Machtkonstellation gesehen. Immerhin blieb es der Publizistik überlassen, Schauergeschichten über Heinrich Jasomirgott zu erfinden: Der österreichische Schriftsteller Stephan Vajda spekulierte 1986 in einem insgesamt recht kenntnisreichen Buch über die Babenberger, ob Heinrich nicht, „wenn auch unabsichtlich, auf der Jagd am 15. November 1136 den tödlichen Speer ins Gesicht des … Markgrafen geworfen“ habe. Vielleicht sei er deshalb von seiner Mutter Agnes geächtet und „standesgemäß abgeschoben“ worden, nämlich in die Pfalzgrafschaft.92 Derlei darf wohl unkommentiert bleiben. In der jüngsten Zeit ergeht es Heinrich Jasomirgott in der österreichischen Geschichtsschreibung erkennbar besser: Karl Brunner relativierte in seinem Buch über den Heiligen Leopold (2009) die Rolle Heinrichs in positivem Sinne: Ihm sei eine „ehrenvolle, aber heikle und umstrittene Aufgabe an Rhein und Mosel“ zugewiesen worden, und nur der „etwas provinzielle Horizont eines damaligen Klosterneuburger Chorherrn“ habe dies als Benachteiligung auslegen können.93 Georg Scheibelreiter (für den 1989 Heinrich noch „keine überragende Persönlichkeit“ gewesen war)94 zeichnete in seinem 2010 erschienenen Buch „Die Babenberger“ ein ausgewogenes Lebensbild des ersten österreichischen Herzogs, das „große Momente und zweifellos große Erfolge … bestimmen“, wenn auch „Fehler, Irrtümer und Schwächen im Einzelnen nicht zu leugnen“ seien.95 (Denn Otto von Freisings Diktum der Unbesonnenheit ist zählebig.) Stellen wir an den Schluss der „Nachreden“ ein positives Urteil, das – wie könnte es anders sein? – aus Wien kommt, der Stadt, die Heinrich Jasomirgott ja in der Tat ihren Aufstieg zur Residenzstadt verdankt: Dieser, so schreibt Reinhard Pohanka, Kurator am Historischen Museum der Stadt Wien, „muß als außerordentlich weitblickender Herzog gewürdigt werden, der wie kein anderer seiner Vorgänger die Möglichkeiten, die ihm dieses von seinen Vorvätern eroberte Land bot, erkannte.“96
91 Laudage, S. 96 92 Vajda, S. 79f. 93 Brunner Karl 2009, S. 196
94 Scheibelreiter 1989, Sp. 2975 95 Scheibelreiter 2010, S. 377 96 Pohanka, S. 48
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Der weniger geliebte Sohn
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D I E N A C H F O LG E L E O P O L D S I I I .
Hainrich, der vonn dem Vater minner lieb wardt gehabt K LO S T E R N E U B U R G E R „ C H R O N I CO N P I I M A R C H I O N I S “, D E U T S C H E V I TA 1 4 1 6
Die Klosterneuburger Chronik über den frommen Markgrafen Leopold berichtet zu dessen Söhnen recht Unterschiedliches: Adalbert, der älteste, sei Vogt aller Klöster in der Markgrafschaft gewesen, Leopold, der drittgeborene, Herzog von Bayern; vom vierten, Ernst, heißt es nur, er sei in Heiligenkreuz bestattet. Die geistliche Laufbahn der beiden jüngsten, Otto und Konrad, wird ausführlich dargestellt. Von Heinrich aber, dem zweitgeborenen, weiß die Chronik zu sagen, dass er sie alle überlebt habe und vom Vater weniger geliebt worden sei. Allgemein wurde dies als Erklärung des Chronisten dafür gesehen, dass anstelle des älteren Heinrich der jüngere Leopold dem Vater als Markgraf nachfolgte (dass es nicht der noch ältere Adalbert war, hat andere Gründe). Hat sich der unbekannte Klosterneuburger Domherr hier nur einen eigenen Reim auf die „Zurücksetzung“ gemacht? Oder referierte er Gerüchte und Meinungen anderer dazu? Und wie wahrscheinlich ist es eigentlich nach Lehens- und Erbrecht, dass die Aboder Zuneigung des Markgrafen den Ausschlag für seine Nachfolge gegeben haben könnte? Die mangelnde Vaterliebe wurde zwar bis in die Gegenwart immer wieder zitiert, aber zunehmend nicht mehr so recht geglaubt. Was also war der Grund dafür, dass Heinrich Jasomirgott 1137 nicht Markgraf von Österreich wurde? Und warum hat er, der sonst durchaus auf Recht und Vorteil bedacht war, dagegen nicht aufbegehrt?
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DER WENIGER GELIEBTE SOHN
Leopold III. und die österreichische Mark Leopold III. starb am 15. November 1136 wohl an den Folgen eines Jagdunfalls. Die Annalen des Erfurter St. Peter-Klosters berichten, er sei auf der Jagd „erschlagen“ worden.1 Aber es scheint doch etwas weit hergeholt, daraus auf ein gewaltsames Ende, vielleicht gar einen Mord zu schließen. Jedenfalls ist in keiner anderen Quelle auch nur eine entsprechende Andeutung zu finden, obwohl eine solche Tat sicher weitreichendes Interesse geweckt hätte. Er hinterließ sechs erwachsene Söhne und die österreichische Mark, ein äußerst wertvolles Erbe. Seine babenbergischen Vorfahren waren seit 976 Markgrafen im östlichen Grenzraum des Reiches an Donau und Leitha, beauftragt mit der Sicherung vornehmlich gegen Ungarn. Diese Mark war Teil des Herzogtums Bayern und der Markgraf folglich herzoglicher Lehensträger, aber er hatte zugleich als Stellvertreter des Königs (und von diesem belehnt) besondere Rechte inne, um in seinem Wirkungsbereich ein mehr oder weniger stabiles Wehrsystem aufrechterhalten zu können: Im Verteidigungsfall befehligte er das Heeresaufgebot der Mark. Hierfür musste ihm Zuzug geleistet werden, er konnte Dienste für den Befestigungsbau, das „Burgwerk“, einfordern und hatte Anspruch auf das für die Pferde benötigte „Marchfutter“, das später freilich meist in Geld abgelöst wurde. In rund 120 Jahren ununterbrochener Herrschaft hatten fünf babenbergische Markgrafen – Leopold I., Heinrich I., Adalbert, Ernst und Leopold II. – ihr Amt mit großem Erfolg wahrgenommen und dabei ihre Hausmacht gehörig vergrößert. Sie hatten „Schritt für Schritt ein eigenes starkes Territorium aufgebaut … Durch planmäßigen, mit Burgen und Ministerialen gesicherten Landesausbau hatte sich die Ostmark bis an die Grenze Ungarns erweitert.“2 Sie gehörten dem führenden bayerischen Adel an, ja waren über diesen hinausgewachsen. Leopold III., um 1075 geboren, wurde 1095 in der Nachfolge seines Vaters Markgraf und hatte dieses Amt einundvierzig Jahre inne. Unter ihm bildete sich ein Land mit einem eigenständigen Landrecht und einer Landgemeinde heraus; am Ende seines Lebens verfügte er über den „principatus terre“, die fürstliche Vorrangstellung gegenüber den „principes totus provincie“, den Großen seines Herrschaftsbereichs.3 Durch das Aussterben alteingesessener Grafengeschlechter fielen Leopold Besitzungen zu, die das babenbergische Familiengut stark erweiterten. Zudem entstanden vor allem im nördlichen Bereich der Mark, dem heutigen Waldviertel, nach dem Grund1 Lechner 1992, S. 138 2 Prinz 1997, S. 95
3 Gutkas 1976/2 , S. 33
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LEOPOLD III. UND DIE ÖSTERREICHISCHE MARK
satz „Rodung erzeugt Herrschaft“ neue adelige Besitzungen, die unter die Hoheit des Markgrafen fielen. Träger dieses Landesausbaus waren bayerische Adelsgeschlechter ebenso wie königliche, später meist babenbergische Ministerialen, allen voran die Kuenringer. Wo Lehensleute der Babenberger rodeten, besaßen die Markgrafen die „Gewere“, das heißt die Verfügungsgewalt, an dem so erschlossenen Land.4 Der von Leopold III. betriebene Landesausbau gründete aber auch auf der Gewinnung von Vogteirechten der Klöster und Kirchenlehen, die in den Herrschaftsverband eingegliedert wurden. Hinzu kamen die Klostergründungen des „frommen“ Markgrafen (Klosterneuburg, Heiligenkreuz, Kleinmariazell), die ihm ebenso wie die freigiebige Dotierung anderer Klöster in seinem Herrschaftsbereich hoch angerechnet wurden, obwohl auch sie durchaus der Machterweiterung dienten. Und schließlich gewann Leopold III. auch noch durch eine geschickte Heiratspolitik Macht und Ansehen hinzu. Seine fünf Töchter wurden auf hochadeliger Ebene verheiratet. Wichtig für Heinrich Jasomirgott wurde vor allem die Ehe seiner Schwester Gertrud mit Herzog Vladislav II. von Böhmen: Der Schwager, 1158 von Friedrich Barbarossa zum König gemacht, und der Neffe Adalbert, seit 1168 Erzbischof von Salzburg, spielten in Heinrichs politischem Leben eine wichtige Rolle. Seine Söhne hat Leopold III. übrigens in diese Heiratspolitik, aus welchen Gründen auch immer, nicht mit einbezogen. Zu seinen Lebzeiten war nur der älteste, Adalbert, verheiratet: seit 1131 mit Sophie, der Schwester Königs Bélas II. von Ungarn. Leopold hat erst 1138, als Markgraf, geheiratet, Heinrich gar erst 1142, ebenfalls als Markgraf. Leopold III. selbst hatte sich am 7. August 1106 mit Agnes vermählt, der Tochter Kaiser Heinrichs IV. und Schwester des letzten Salierkaisers Heinrichs V. Diese war – sehr vereinfacht gesagt – die Entlohnung dafür, dass Leopold im Jahr zuvor (gemeinsam mit seinem Schwager, Herzog Bořiwoj von Böhmen) in der Auseinandersetzung zwischen Heinrich IV. und dessen Sohn plötzlich die Fronten gewechselt und sich vom Kaiser abgewandt hatte. Heinrich V. hatte ihm dafür, wie Otto von Freising durchaus kritisch berichtet, die Hand seiner Schwester versprochen.5 Heinrich IV., zur Abdankung gezwungen, starb 1106; der ihm sogleich nachfolgende Heinrich V. hielt sein Versprechen und machte Leopold zu seinem Schwager. Agnes’ erster Mann, der staufische Herzog Friedrich von Schwaben, war im Jahr zuvor gestorben. Die Witwe, gut über dreißig Jahre alt, hätte sich wie viele ihrer Schicksalsgenossinnen in ein Kloster zurückziehen können. Doch hat sie offenbar weiterhin eine aktive Rolle spielen wollen; dafür war der österreichische Markgraf ein durchaus angemessener Partner. 4 Wolfram, S. 9
5 Otto Chronik, VII, 9
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Ihm trug diese Hochzeit nicht nur Ehre ein, sondern auch einigen materiellen Gewinn. Für die der Ehe entspringenden Söhne aber bedeutete die Abkunft von einer Kaisertochter eine bedeutende Erhöhung von Rang und Ansehen. Außerdem begründete sie eine nahe Verwandtschaft der Babenberger mit den Staufern. Denn auch aus der ersten Ehe der Agnes waren zwei Söhne hervorgegangen: Friedrich II. „der Einäugige“, als des Vaters Nachfolger Herzog von Schwaben, und der spätere König Konrad III. Mochte der Altersunterschied nicht unbeträchtlich sein (Friedrich wurde 1090, Konrad 1093 geboren) – Agnes’ Söhne aus zweiter Ehe, Leopold und vor allem Heinrich, sind als „Brüder des Königs“ später eine wichtige Stütze der Staufer geworden. Die Verbindung zwischen Heinrich V. und Leopold III. scheint dagegen nicht sehr eng gewesen zu sein. Der Markgraf ist zwar wiederholt am Kaiserhof gewesen, hat sich aber um die Reichspolitik offenbar nur wenig gekümmert. Dass die staufisch-babenbergische Verwandtschaft einmal eine entscheidende Rolle in der Geschichte des Reiches spielen würde, ist zunächst wohl niemandem bewusst gewesen. Dass die Stellung Leopolds im Reich über den Rang eines „gewöhnlichen“ Markgrafen weit hinausging, zeigte sich, als ihn die bayerischen Wahlmänner bei der Königswahl nach dem Tod Heinrichs V. im Jahre 1125 als ihren Kandidaten präsentierten – sicher nicht ohne Einverständnis des bayerischen Herzogs Heinrichs des Schwarzen, der zwar nicht selbst kandidierte, aber im Hintergrund die Fäden zog: Zunächst trat er für seinen Schwiegersohn Friedrich von Schwaben ein, der sich schon als designierter Nachfolger Heinrichs V. sah. Dann aber unterstützte er nachhaltig die Wahl Lothars von Süpplingenburg zum König. Eine Gegenleistung Lothars, die wohl schon im Vorfeld der Königswahl vereinbart wurde, war die 1127 geschlossene Ehe seiner einzigen Tochter und Erbin Gertrud mit dem Sohn und Nachfolger des Welfen, Heinrich dem Stolzen. Leopold III. lehnte die Kandidatur ab: Er sei mit fünfzig Jahren schon zu alt für einen König. Der eigentliche Grund war aber, dass ihn bereits diese Kandidatur, erst recht aber eine Wahl zum deutschen König, in eine prekäre Situation gebracht hätte: nicht nur wegen der Ambitionen seines staufischen Stiefsohns Friedrich, sondern auch wegen der Präferenzen seines bayerischen Lehensherrn für Lothar. Die babenbergische Hausmacht hätte für einen Erfolg in den zu erwartenden Auseinandersetzungen entweder mit den Welfen oder mit den Staufern (oder schlimmstenfalls mit beiden) nicht ausgereicht – ein in diesem Kräftefeld gebeutelter schwacher König aber wollte der selbstbewusste Markgraf gewiss nicht werden. Dieser Erkenntnis wegen versuchte er auch, sich und die österreichische Mark aus den nun folgenden Auseinandersetzungen zwischen dem von den
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SÖHNE UND ERBEN
Welfen unterstützten Lothar und den Staufern Friedrich und Konrad herauszuhalten. Deren Weigerung, das mit dem salischen Hausgut fast untrennbar vermengte Reichsgut herauszugeben,6 führte zum offenen Krieg; 1127 erhob eine staufische Partei Konrad sogar zum Gegenkönig. Die Auseinandersetzungen dauerten bis 1135 an, ehe sich zuerst Friedrich und dann auch Konrad dem 1133 zum Kaiser gekrönten Lothar unterwarfen. Das Verhältnis zwischen ihm und Leopold III. war wohl von Anfang an eher distanziert: So warf Lothar 1126 dem Babenberger vor, er habe den Herzog von Böhmen gegen ihn aufgewiegelt.7 Leopolds „weitestgehende Abstinenz vom Königshof “ – er erschien nur am ersten Hoftag Lothars in Regensburg im November 11258 – mag zwar auch Indiz seiner wohlwollenden Neutralität zugunsten der Staufer sein. Der Rückzug in die Mark aber sicherte ihm vor allem die Ruhe für den weiteren Ausbau seiner dortigen Macht. Den welfischen Bayernherzögen – Heinrich der Schwarze (1120–1126) und Heinrich der Stolze (1126–1138) – hatte der österreichische Markgraf keinen Anlass gegeben, sich in seine Belange einzumischen. Als Heinrich der Stolze 1132 im Streit um die Regensburger Vogtei Heinrich von Wolfratshausen angriff und dessen Burg belagerte, befand sich zwar bei dem Entsatzheer auch der Babenberger. Aber damals kam es zum Ausgleich, der die bestehenden Machtverhältnisse nicht antastete.
Söhne und Erben Der zeitgenössische englische Chronist Simon von Durham überliefert ein weiteres Argument Leopolds für die Ablehnung seiner Kandidatur bei der Königswahl 1125, das zunächst eher merkwürdig klingt: Die große Zahl seiner Söhne berge die stete Gefahr von Auseinandersetzungen in sich; es könne gar eine Teilung des Reiches drohen.9 Nach dem zumindest unter österreichischen Historikern inzwischen unumstrittenen Babenberger-Stammbaum Karl Lechners, ausgehend vom „Chronicon pii marchionis“, sind die sechs Söhne in folgender Reihung geboren, (wobei die Geburtsjahre nur geschätzt sind, weil in dieser Zeit niemandes Geburt kalendarisch aufgezeichnet wurde):10 Adalbert (spätestens 1104/05) Ernst (1111?) Heinrich (1107) Otto (1112 oder 1114?) Leopold (1109?) Konrad (1114 oder später). 6 Köhne, S. 29ff. 7 RI IV, 1, 1 n. +119 8 Ziegler 2012, S. 82f.
9 Brunner Karl 2009, S. 27 10 Lechner 1992, nach S. 478
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Die Sorge, es könne zwischen ihnen zu Zwistigkeiten kommen, dürfte 1125 noch kaum auf tatsächlichen Erfahrungen beruht haben: Ernsthafte Rivalitäten hätte es höchstens zwischen dem damals etwa einundzwanzigjährigen Adalbert und dem siebzehnjährigen Heinrich geben können, die anderen Söhne waren dafür wohl noch zu jung. Und von solchen Rivalitäten ist nirgends berichtet worden. Wenn diese Sorge Leopold aber schon damals umtrieb, um wie viel wichtiger wäre es dann gewesen, rechtzeitig Festlegungen für eine Nachfolge in der Mark zu treffen? Denn elf Jahre später, bei seinem Tod, gab es, obwohl er da schon über sechzig Jahre alt war, offenbar keine derartige Regelung, dafür aber waren inzwischen alle Söhne erwachsen. Und nun kam es in der Tat zu den befürchteten Auseinandersetzungen um Erbe und Nachfolge! Zwar gehörten die beiden Jüngsten, Otto und Konrad, dem geistlichen Stand an und zeigten auch keinerlei Ambitionen auf eine weltliche Nachfolge in der Mark. Ernst kam zu dieser Zeit hierfür wahrscheinlich wegen einer schweren Verwundung schon gar nicht mehr in Betracht (er ist 1137 oder 1138 gestorben). Doch es verblieben die drei Ältesten – Adalbert, Heinrich und Leopold – als Anwärter auf das Amt des Markgrafen mit offenbar sehr unterschiedlichen Erwartungen. Bei den Babenbergern gab es keine Primogenitur oder ähnliche Regelungen. Generationen hindurch waren den Vätern die einzigen (oder einzig überlebenden) Söhne im Amt gefolgt. Obwohl nach Lehensrecht der König den Markgrafen ernannte, wäre Kaiser Lothar III. hier sicher einem Vorschlag Leopolds III. gefolgt. Aber den gab es nicht und schon gar nicht ein „väterliches Testament“, kraft dessen Leopold IV. die Nachfolge angetreten habe (wie Adam Scharrer glaubte).11 Meiller knüpft zwar an eine Zeugennennung vor 1126 – „Leupoldus iuuenis marchio. Adalberto aduocatus“ (also Leopold in der Zeugenreihung als „junger Markgraf “ vor Adalbert als „Vogt“) – die Frage, ob dies bereits auf eine Bevorzugung des jüngeren Sohnes durch den Vater hindeute.12 Aber in den folgenden Urkunden bis 1135 zeugen die beiden Söhne regelmäßig gleichgestellt und in dieser Reihenfolge als „Adalbertus et Liupoldus filii marchionis“.13 Aus der anderslautenden Zeugenreihung in der Stiftungsurkunde für Kleinmariazell im Februar 1136 – „filiis suis Leupoldo, Adelberto, Ernesto“14 – schließt Karl Brunner, dass „Leopold III. sein Haus durchaus bestellt hatte“, und zwar zugunsten des gleichnamigen Sohnes.15 11 Scharrer, S. 85 12 Meiller Regesten, S. 213, Anm. 133 (zur Urkunde Leopold III. Nr. 36)
13 BUB 1 und 4,1 passim 14 Meiller Regesten, S. 22, Nr. 36 15 Brunner Karl 1994, S. 373
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SÖHNE UND ERBEN
Es gibt allerdings auch Anzeichen dafür, dass Leopold III. zunächst seinen ältesten Sohn Adalbert (aus einer ersten Ehe, vielleicht mit einer Tochter des Grafen von Perg) als Nachfolger ausersehen haben könnte. Dieser war als Vogt des Hochstifts Passau und möglicherweise Vogt aller Klöster der Babenberger selbst schon in den frühen Dreißigerjahren eine bedeutende Persönlichkeit. Seit 1119 trat er regelmäßig gemeinsam mit dem Vater oder als dessen Zeuge in Rechtsgeschäften des Markgrafen auf. 1125 erhielt er durch Kaiser Heinrich V. die Schwertleite – das kann darauf hinweisen, dass der Vater ihn damals als seinen Nachfolger ansah. Auch die Ehe mit einer ungarischen Königsschwester spricht für seinen Rang und mögliche väterliche Zukunftsplanungen. In einem päpstlichen Schreiben 1135 an Leopold III. wird Adalbert als Einziger von dessen Söhnen namentlich angeführt und „Markgraf “ genannt.16 Es scheint, dass auch die Großen der Mark zunächst für ihn als Nachfolger des Markgrafen waren, zumal wenn er mütterlicherseits aus einer ihrer Familien kam. Adalbert machte denn auch seinen Anspruch auf das väterliche Erbe sehr deutlich geltend. Doch er war eben kein Sohn der Kaisertochter Agnes. Das ist allerdings nicht unumstritten: Unter Berufung auf das „Chronicon pii marchionis“ (das eine solche Unterscheidung nicht macht) und urkundliche Nennungen wird in der neueren deutschen Forschung angenommen, auch Adalbert sei ein Sohn des Leopold und der Agnes gewesen (und eine frühere Ehe des Markgrafen habe es gar nicht gegeben). Tatsächlich wird ja in den Urkunden Adalbert als Sohn (filius) Leopolds und der Agnes bezeichnet. Im Babenberger Urkundenbuch wird dazu allerdings angemerkt, ein etwaiger Gebrauch des Wortes „filius“ auch für einen Stiefsohn sei bisher nicht untersucht worden.17 Da zudem die Eheschließung zwischen Leopold und Agnes nicht vor 1106 gelegen haben kann, könnte Adalbert dann frühestens 1107 geboren sein. Das würde nicht nur mit dem wahrscheinlichen Geburtsjahr Heinrich Jasomirgotts kollidieren, sondern auch mit Adalberts Lebensdaten: Er ist spätestens 1121, vielleicht sogar schon 1119, als Vogt des Bischofs von Passau nachweisbar,18 müsste dieses Amt also bereits mit dreizehn Jahren angetreten haben, was eher unwahrscheinlich ist. Man wird also doch annehmen dürfen, dass Adalbert nicht der Sohn von Agnes war. Das macht es auch plausibel, dass sich die politisch aktive Kaisertochter gegen ihn stellte (vielleicht schon zu Lebzeiten Leopolds III.) und sich für einen ihrer eigenen Söhne einsetzte. Sie hatte offenkundig genügend Einfluss, um schließlich die Auseinandersetzungen zwischen Adalbert und Leopold zu dessen Gunsten zu entscheiden. Im Frühjahr 1137 kamen die füh16 Lechner 1992, S. 138 17 BUB 4,1, Anm. zu Nr. 589
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renden österreichischen Adeligen unter Vorsitz der Markgräfin in Tulln zusammen, um eine Aussöhnung zu bewirken; Leopold setzte sich durch – gewiss nicht ohne Zutun seiner Mutter. Er wurde Markgraf von Österreich. Auf die Erbfolge hatten offenbar weder Kaiser Lothar III. noch der bayerische Herzog Heinrich der Stolze direkten Einfluss genommen, zumal sich beide zu dieser Zeit in Italien aufhielten. Sie wurde akzeptiert und durch entsprechende Belehnung umgesetzt. Leopold IV. konnte sein Amt als Markgraf ungehindert antreten. Adalbert fügte sich. Er starb wohl schon 1138; einige Historiker wollten sogar wissen, er sei bereits 1137 an einer „unheilbaren Krankheit darniedergelegen“ und deshalb für die Nachfolge ohnehin ungeeignet gewesen.19
Verwirrende Genealogie und ein „Markgraf von Mödling“ Aber was war mit Heinrich? Sein Name taucht in den Quellen zur Nachfolgeregelung überhaupt nicht auf. Er scheint weder bei des Vaters Tod noch bei den Verhandlungen in Tulln zugegen gewesen zu sein. Und es gibt kein Anzeichen dafür, dass er der Belehnung des jüngeren Bruders mit der Markgrafenwürde widersprochen hätte. Hier konnte die im „Chronicon pii marchionis“ unterstellte mangelnde Liebe des Vaters erst einmal als bequeme Erklärung dienen und wurde in die frühe Literatur meist unkommentiert übernommen. Allmählich aber wuchsen die Zweifel daran, dass eine Nachfolge in der Mark tatsächlich nur von der Zuneigung des Vaters bestimmt gewesen sein sollte. Da kam Chrysostomus Hanthaler wie gerufen, der aus Heinrich den jüngeren Bruder Leopolds machte. Daran richtete sich nun bis ins 19. Jahrhundert die Geschichtsschreibung vornehmlich aus. Auch Andreas von Meiller nennt in seinen Regesten 1850 Leopold den zweitgeborenen und Heinrich den drittgeborenen Sohn Leopolds III.20 Selbst die Entlarvung Hanthalers durch Michael Tangl Ende des 19. Jahrhunderts bereitete der falschen Genealogie kein rasches Ende. (Dass auch noch 2004 in einer Linzer Vorlesung zur Österreichischen Geschichte Leopold IV. als „ältester“ Sohn von Leopold III. und Heinrich Jasomirgott als „jüngerer Bruder“ firmierte, sei nur am Rande erwähnt.)21 19 Genersich, S. 12; ebenso: Schweickhardt, S. 5 20 Meiller Regesten, S. 212, Anm. 115 und 133 21 Christian Rohr, Österreichische Geschichte, Teil I: Österreich von der
Römerzeit bis zum Spätmittelalter, Vorlesung PHDL Linz, WS 2004/05 (www.sbg.ac.at/ges/people/rohr/vloe 1_04.pdf / 20.03.2012)
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Zusätzliche Verwirrung könnte die von Heide Dienst in einer Anmerkung ihrer Regionalgeschichte Österreichs versteckte Andeutung stiften, auch Heinrich Jasomirgott stamme vielleicht aus jener ersten Ehe Leopolds III., womit er nicht der Halbbruder König Konrads III. gewesen wäre.22 Dem stehen freilich die zahlreichen Nennungen Heinrichs als „Bruder des Königs“ in Konrads Urkunden entgegen. Man wird also doch als ziemlich sicher annehmen dürfen: Heinrich Jasomirgott war der älteste Sohn Leopolds III. mit Agnes, geboren wohl im Jahre 1107. Und damit ist die Frage erst recht wieder offen: Warum ist Heinrich Jasomirgott, der doch erkennbar zeit seines Lebens seine Interessen mit großem Geschick und großer Zähigkeit verfolgt hat, beim österreichischen Erbe so sang- und klanglos hinter seinen Bruder zurückgetreten? Und was hat er in den Jahren bis 1141 (als er dieses Erbe nach dem Tod Leopolds IV. dann doch antrat) eigentlich getan? Auch hier hat die ältere Forschung eine Erklärung zu finden versucht: Heinrich Jasomirgott habe zu Lebzeiten Leopold IV. „als seinen standesmäßigen Unterhalt wahrscheinlicher Weise den Markt Medling und herumliegenden Distrikt genossen.“23 Tatsächlich war das Gebiet um Mödling (zwischen Liesing und Triesting) „erstes und vorzügliches Erbgut“ der Babenberger.24 Die Verbindung Heinrichs mit dieser Herrschaft geht auf die „Annales Austriae“ von Sigismund Calles zurück, der als Quelle einen päpstlichen Beschwerdebrief über den Eingriff von Ministerialen Heinrichs in die Zehentgerechtigkeit von Melk anführt.25 Groppenberger schreibt, Heinrich Jasomirgott habe „diese wichtige Grafschaft … wie ein freyer Herr“ regiert und sich „eigene Marschälle, Ministerialen, … Offizialen, Kastellane, Richter und Pfleger“ gehalten. 26 Dafür nennt er allerdings keine Belege – möglicherweise steckte dahinter denn auch eher eine Verwechslung mit Heinrich Jasomirgotts gleichnamigem Sohn, der dann tatsächlich „Herzog von Mödling“ wurde. Zu der Vorstellung einer eigenen Mödlinger Grafschaft – oder sogar „Markgrafschaft“ – mag beigetragen haben, dass Heinrich Jasomirgott schon zu Lebzeiten seines Bruders Leopold in einigen Urkunden als „Markgraf “ firmiert. Schrötter hielt die Angaben von Calles für „wahrscheinlich“, freilich nicht mit dem Titel eines Markgrafen verbunden. Die Darstellung Heinrichs als Graf von Mödling wurde bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts in den österreichischen Geschichtswerken aufrechterhalten. Nun ist es durchaus möglich, dass Heinrich Jasomirgott Rechte an babenbergischem Besitz in Mödling innehatte, die seinem standesgemäßen 22 Dienst 1990, S. 56 (Anm. 156) 23 Rauch, S. 398 24 Meiller Regesten, S. 193 (Anm. 14)
25 Calles, S. 510 26 Groppenberger, S. 9f.
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Unterhalt dienten. Aber hätte er eine „Grafschaft Mödling“ wirklich als Kompensation dafür akzeptiert, dass ihm die Markgrafschaft vorenthalten wurde? Wir sind, was seine Ambitionen in dieser Zeit angeht, auf Vermutungen und Rückschlüsse aus seinem späteren Verhalten (vor allem als bayerischer Herzog) angewiesen. Diese lassen es nicht recht glaubhaft erscheinen, dass er sich mit der Regentschaft eines „Zwergstaates“ im Staate zufriedengegeben hätte.
Das salische Hausgut Die richtige Spur zu Heinrich Jasomirgott führt ins Rheinland. Moderne Historiker vermuten, dass er sich um 1136 (und in den Folgejahren) gar nicht in der Mark aufgehalten habe, sondern am Rhein, um dort das seiner Mutter zustehende Salier-Erbe zu sichern und zu verwalten. Sie berufen sich dabei auf eine der wenigen eindeutig datierten Babenberger-Urkunden: Die Stiftungsurkunde für das Kloster Kleinmariazell am 2. Februar 1136 nennt neben Agnes zwar Adalbert, Leopold und Ernst, nicht aber Heinrich.27 Hier ist nun nochmals der Blick weit zurück vonnöten: bis in das Jahr 1125 (zum Tod des letzten salischen Kaisers Heinrich V. und zur Wahl Lothars von Süpplingenburg), ja sogar bis ins Jahr 1106, als Leopold III. die Salierin Agnes heiratete. Agnes brachte in diese Ehe nicht nur Besitzungen in der Mark Österreich mit, sondern hatte wohl auch Ansprüche auf Teile des salischen Hausgutes, das zwischen Nahe und nördlichem Elsass und am rechten Rheinufer südlich des Neckar lag, sich aber in hundert Jahren salischer Herrschaft stark mit dem königlichen Reichsgut vermischt hatte.28 Eine kartografische Darstellung der Pfalzgrafschaft bei Rhein, des staufischen Gutes und der Besitzungen sonstiger Herrschaften im Stauferkatalog 2010 ähnelt eher einem komplizierten Beispiel aus der Mengenlehre denn einer Landkarte.29 Leopold III. hat zunächst offenbar „keinen sichtbaren Gebrauch“ von diesen Ansprüchen gemacht. Es scheint überhaupt, als habe er sich wenig um salische Traditionen gekümmert, weshalb ihm Heinrich V. denn auch die Staufer vorzog und diese als Erben des salischen Hausguts einsetzte. Die Babenberger wurden an dem Erbe nur wenig beteiligt.30 Doch hat Heinrichs Schwester Agnes als letzte Salierin offenbar Teile des Erbes beanspruchen können – in welchem Umfang, lässt sich nicht feststellen. Es scheint, dass sie nicht unbedeutende Erbanteile am Rhein besaß. Ob diese nun schon seit 1125 in ihrer Hand waren oder ob ihre Ansprüche wieder auflebten, als 27 BUB 1, Nr. 9 28 Salier, S. 4
29 Schneidmüller, S. 222 30 Boshof 1992, S. 303
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Kaiser Lothar ihren staufischen Söhnen nach deren Unterwerfung 1135 den größten Teil der strittigen Güter restituierte, ist ungewiss. In Bezug auf ihren Eigenbesitz war Agnes auch nach ihrer Eheschließung voll handlungsfähig geblieben. Angesichts der räumlichen Entfernung ihrer „salischen“ Güter am Rhein – es könnte sich dabei um die salische Grafschaft Virneburg und die Wild- und Raugrafschaft gehandelt haben31 – bedurfte sie freilich einer Vertrauensperson, die dort nach dem Rechten sah. War diese Aufgabe im Jahre 1135 Heinrich Jasomirgott übertragen worden? Hatte er vielleicht sogar nicht erst „kurz vor“ 1136 die Mark verlassen, um solche Aufgaben im Westen des Reiches zu übernehmen, sondern schon irgendwann zu Beginn der Dreißigerjahre des 12. Jahrhunderts? Leopold III. wollte und musste, auch wenn er bewusst nicht in die Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und den Staufern eingriff, in der Reichspolitik mithalten; nicht durch einzelne Aktionen, sondern durch dauernde Präsenz. Die Randlage der österreichischen Mark machte das nicht einfach, doch bot Agnes’ rheinischer Besitz dafür eine günstige Gelegenheit. Georg Scheibelreiter „wagt“ die These, die Markgräfin habe „in Übereinstimmung mit ihrem Gemahl den ältesten Sohn mit der wichtigsten Aufgabe betraut, mit einer Art Nachfolge im salischen Kernland, was den Babenbergern die Weite der Reichspolitik eröffnete … und ihnen nach den Staufern Vorteil aus ihrer kognatischen Verwandtschaft bringen musste.“ Und er fragt, ob für die Kaisertochter die Sicherung der Basis „in der wohl wichtigsten Gegend des Reiches … möglicherweise wichtiger“ gewesen sei als die Nachfolge in der bayerischen Mark.32 Für eine solche Bindung spräche auch die Namensgebung, die eine Art Programm gewesen sein könnte: Der erste Sohn Leopolds mit Agnes bekam den Leitnamen des salischen Hauses und war für die Präsenz und die Vertretung mütterlicher Rechte am Rhein vorgesehen, der zweite bekam den babenbergischen Traditionsnamen Leopold und folglich die Mark. Allerdings ist hier große Vorsicht geboten: Niemand konnte 1107 oder 1109 auch nur annähernd vorhersehen, wie sich die Namensträger und die Welt um sie in den folgenden Jahrzehnten entwickeln würden. Eine Spur in das Rheinland ergibt sich aus der Zeugenschaft Heinrichs in einer Schenkungsurkunde Erzbischof Adalberts I. von Mainz, die im „Codex diplomaticus Nassoicus“ „1132, vor September 13“ datiert ist.33 Hier rangiert Heinrich Jasomirgott als „Heinricus marchionis Luibaldi filius“ in der Reihe der weltlichen Zeugen gleich nach Pfalzgraf Wilhelm (von Ballenstedt) und noch vor den Grafen von Mainz und Thüringen. Das sieht nicht 31 Mittelalter, S. 17 32 Scheibelreiter 2010, S. 183
33 Menzel, S. 128
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aus wie die Einreihung eines vielleicht nur zufällig am erzbischöflichen Hofe Anwesenden, sondern es spricht einiges für einen engeren Kontakt Heinrichs zum Mainzer Episkopat und die Wertschätzung, die er dort erfuhr. Was immer seine Funktion im Rheinland war: Eines eigenen Titels bedurfte er offensichtlich nicht – es genügte die Legitimation als Sohn und Emissär des österreichischen Markgrafen. Der mächtige Mainzer Bischof Adalbert, der 1125 die Wahl Lothars durchgesetzt hatte und auf diesen weiterhin großen Einfluss ausübte, war einer der großen Gegner der Staufer. Es gibt zwar keinen weiteren urkundlichen Hinweis darauf, dass deren babenbergischer Halbbruder Heinrich zumindest vorübergehend an seinem Hofe weilte, doch lässt sich aus dieser Konstellation schließen, dass der junge Markgrafensohn am Rhein seine eher schwierige diplomatische Mission gut bewältigte. Im Übrigen erscheint er – im Gegensatz zu den Brüdern Adalbert und Leopold – zwischen 1125 und 1136 lediglich zwei Mal als Zeuge in undatierten babenbergischen Urkunden: einmal gemeinsam mit Leopold („Heinricus und Liupoldus filii eius“) „um 1132“ oder „wohl 1136“ (Meiller und das Babenberger Urkundenbuch sind sich da nicht einig) und allein „vor 1136“ als „Heinricus filius marchionis“.34 Diese Datierungen basieren letztlich nur auf dem Todestag Leopolds III. und vagen Vermutungen. Auch das könnte bedeuten: Heinrich Jasomirgott war tatsächlich schon lange vor jenem 2. Februar 1136 nicht mehr in der Mark. Heide Dienst schreibt sogar, Heinrich Jasomirgott habe „seine jungen Jahre fern vom babenbergischen Hof am Rhein“ verbracht, allerdings ohne dies näher zu erläutern oder zu belegen.35 Könnte „fern vom babenbergischen“ nicht sogar bedeuten „nahe dem“ oder gar „am“ staufischen Hof? Der Stiefbruder Friedrich, seit 1105 Herzog von Schwaben, war alt und angesehen genug, um den jungen Heinrich aufzunehmen, ihn ritterlich zu erziehen und ihm einen angemessenen Platz im staufischen Machtbereich einzuräumen. Es war bis in hochadelige Kreise durchaus nicht unüblich, mit Söhnen so zu verfahren. Dies wäre dann die „Basis“ für eine Rechtsstellung am Rhein gewesen. Und die Anmerkung des Klosterneuburger Chorherrn zum „weniger geliebten Sohn“ könnte aus mangelndem Verständnis dafür herrühren, dass der Vater ihn in jungen Jahren aus dem Hause gegeben habe. Hier allerdings ist nur ein ganz kurzer Schritt von der Vermutung zur reinen Spekulation. Es hat sich bei näherem Hinsehen kein konkreter Hinweis auf einen solchen Aufenthalt des Heinrich Jasomirgott ergeben (was freilich 34 Meiller Regesten, S. 19 (Nr. 42); BUB 1, Nr. 6; BUB 4,1, Nr. 685
35 Dienst 1985, S. 50
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noch nicht besagt, dass sich bei intensiver Suche vielleicht doch solche Spuren am Hofe Herzog Friedrichs II. und Konrads oder im Rheinland zeigen würden!). So lassen sich also nur ein paar Indizien zusammenfügen: Es gab von Agnes herrührende babenbergische Interessen im Rheinland, die notwendigerweise eng verknüpft mit den Gebietsansprüchen der Staufer waren. Es gab eine enge familiäre Bindung zwischen den Stiefbrüdern, die sich später im Verhältnis Konrads zu Heinrich und Leopold ausdrückte. Heinrich selbst war vor 1136 wahrscheinlich nur sporadisch in der Mark. Wenn – was durchaus wahrscheinlich ist – zunächst der ältere Bruder Adalbert als Nachfolger Leopolds III. gesehen wurde, war für den zweitgeborenen Heinrich die Betrauung mit der rheinischen Präsenz der Babenberger keine Zurücksetzung. Und 1136 war seine Position am Rhein dann wohl schon so wichtig und gefestigt, dass sie ihn – der gewiss kein Altruist war – aus dem Streit um die Nachfolge in der Mark herausgehalten hat. Zwar wird die Erklärung des „Chronicon pii marchionis“ vom „weniger geliebten Sohn“ auch in modernen Geschichtsdarstellungen noch immer zitiert und vom Quellenwert her durchaus ernst genommen. Aber allgemein wird inzwischen die Nachfolge in der Mark 1137 im Zusammenhang mit Heinrich Jasomirgotts Tätigkeit am Rhein (und dessen späterer Pfalzgrafenwürde) gesehen.
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Der weniger begabte Bruder S TA U F E R U N D B A B E N B E R G E R
Nach tatkräftiger, aber kurzer Regierung starb Leopold IV. … es folgte ihm sein wie es scheint weniger begabter Bruder Heinrich II. Jasomirgott. ERICH ZÖLLNER
Worauf stützt Erich Zöllner, immerhin einer der bedeutendsten österreichischen Historiker, sein Verdikt, Heinrich habe es im Vergleich zu seinem Bruder an Begabung gefehlt? Er bezieht sich auf das Scheitern des babenbergisch-welfischen Heiratspaktes und führt zudem – natürlich, möchte man sagen – die Niederlage an der Leitha, erfolglose Fehden mit Salzburg und Regensburg und Heinrichs Verwicklung „in die allgemeine Katastrophe“ des Zweiten Kreuzzugs an. Nun hat aber doch nicht Heinrich Jasomirgotts Ungeschick, sondern nur der frühe Tod seiner Frau Gertrud den zwischen ihr und ihrem Sohn Heinrich (dem Löwen) einerseits und dem Babenberger andererseits fein eingefädelten Ausgleich obsolet gemacht. Am Scheitern des Kreuzzugs hat er, wenn überhaupt, nur sehr bescheidenen Anteil. Es bleibt sein Kampf um Bayern, der sich in Verlauf und Ergebnissen allerdings von dem seines Bruders nur graduell unterscheidet. Vielleicht greift Zöllner aber auch das Urteil Max Vancsas auf, der aus den Vorgängen um die Belehnung Heinrichs mit Bayern schloss, dessen Fähigkeiten hätten „allgemein wenig Vertrauen eingeflößt“.1 Dass der jüngere an dem älteren Bruder in der Karriere zwei Mal vorbeizog – 1137 als Markgraf, zwei Jahre später gar als Herzog – mag diesen Anschein durchaus gefördert haben. Betrachtet man aber das Wirken Leopolds IV. und Heinrich Jasomirgotts dort genauer, wo Vergleiche überhaupt möglich sind (also in der Ausübung ihrer Ämter als Markgraf und bayerischer Herzog), so sind qualitative Unterschiede eigentlich nicht so recht auszumachen. Wie ging es mit Bayern zu? Und wie stand es wirklich um Heinrichs Begabung und seinen Aufstieg? 1 Vancsa, S. 304
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KONRAD III. UND DIE „BRÜDER DES KÖNIGS“
Konrad III. und die „Brüder des Königs“ Kaiser Lothar III. starb Ende 1137 auf dem Rückweg von seinem zweiten Italienfeldzug in Tirol. Er sah in seinem Schwiegersohn, Heinrich dem Stolzen, den designierten Nachfolger und übergab ihm die Reichsinsignien. Der Welfenherzog war des Kaisers wichtigster Verbündeter gegen die Staufer gewesen. Als Herzog von Bayern und von Sachsen sowie Markgraf von Tuszien war er ohne Zweifel der mächtigste der deutschen Fürsten und folglich auch erster Anwärter auf den Königsthron. Doch seine Machtfülle und wohl auch sein hochfahrendes Wesen machten ihn vielen der Reichsfürsten suspekt. Erzbischof Albero von Trier, päpstlicher Legat für Deutschland, nutzte die Vakanz des Mainzer und des Kölner Bischofsstuhls, um den Staufer Konrad am 7. März 1138 in Koblenz von einer Minderheit der deutschen Fürsten zum König ausrufen zu lassen. Obwohl an dieser Wahl „alles irregulär war“,2 wurde Konrad III. rasch allgemein anerkannt. Die päpstliche und bischöfliche Unterstützung allerdings trug ihm den Schmähtitel „Pfaffenkönig“ ein. Die ältere deutsche Geschichtsschreibung fällte über ihn und sein Wirken ein eher negatives Urteil; heute werden seine Erfolge in der Gestaltung und Verwaltung des Reiches durchaus gewürdigt.3 Heinrich der Stolze, durch eine Auseinandersetzung mit Markgraf Albrecht dem Bären in Sachsen gebunden, konnte die Thronbesteigung Konrads nicht verhindern. Er überließ ihm zwar die Reichsinsignien, lehnte aber die Forderung ab, die sächsische Herzogswürde abzulegen und sich mit der bayerischen zu begnügen. Daraufhin wurde die Acht über ihn verhängt; Konrad entzog ihm zunächst im Juli 1138 das Herzogtum Sachsen und belehnte damit den Markgrafen von Brandenburg Albrecht den Bären. Im Frühjahr 1139 erkannte der König dem Welfen dann auch Bayern ab und übertrug es Markgraf Leopold IV. von Österreich. Dass sowohl mit Albrecht als auch mit Leopold Markgrafen gegen einen Herzog gesetzt wurden, ist kein Zufall: „Begünstigt durch die militärische Geschlossenheit und durch den zunehmenden Landesausbau [hatten] die Marken an Bedeutung ungemein zugenommen.“4 Es sollte sich allerdings bald erweisen, dass die Kräfte der Markgrafen Albrecht und Leopold allein eben doch nicht ausreichten, um sich jeweils allein gegen die Welfen und ihren Anhang durchzusetzen. Ergab sich die Belehnung Leopolds IV. vielleicht schon daraus, dass die Babenberger das bedeutendste unter den bayerischen Adelsgeschlechtern waren? Hätten sie es im Jahre 1139 ohne Weiteres akzeptiert, wenn ein anderer Hochadeliger – welcher Herkunft auch immer, am Ende sogar ein Wittels2 Ehlers, 42f. 3 RI IV, 1, 2 n. 789 (Kommentar)
4 Appelt, S. 32
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bacher – anstelle des Welfen Herzog und damit ihr Lehensherr geworden wäre? Trat Agnes auch hier wieder für ihren Lieblingssohn ein? Den Ausschlag dafür, dass Konrad III. Leopold (und auch Heinrich) so stark in sein Netzwerk der Macht einbezog, gab offenbar tatsächlich die gemeinsame Herkunft. Die kognatische Bindung scheint bei den Söhnen der Kaisertochter Agnes stark ausgeprägt gewesen zu sein, und die babenbergischen Halbbrüder standen Konrad fast so nahe wie sein staufischer Bruder Friedrich von Schwaben. Es gibt keine Zeugnisse über das persönliche Verhältnis der Halbbrüder zueinander, doch ist es wohl sehr vertrauensvoll gewesen. Und hier mag die bis ins hohe Alter aktive Agnes (sie wird 1139 und 1142 in Königsurkunden als Intervenientin genannt)5 durchaus eine verbindende Rolle gespielt haben. So wurden die Babenberger Konrads III. wichtigste Verbündete und profitierten ihrerseits davon. Der König war bemüht, „seinen Halbbrüdern neue Hilfsquellen auch auf die Gefahr hin zu verschaffen, dass die ganz exceptionelle Begünstigung bei den anderen Fürsten Anstoss erregen könne“.6 Bereits 1138 wurde Otto, eben erst zum Abt des Klosters Morimond gewählt, Bischof von Freising. 1139 wurde Markgraf Leopold Herzog von Bayern und schließlich, 1140, Heinrich Jasomirgott Pfalzgraf bei Rhein. Den jüngsten der Brüder, Konrad, nahm der König 1139 in seine Hofkapelle auf (und eröffnete diesem damit eine geistliche Karriere, die ihn schließlich auf den Stuhl des Erzbischofs von Salzburg führte). Damit waren die Babenberger aber auch endgültig Partei in dem staufisch-welfischen Konflikt.
Pfalzgraf bei Rhein An Heinrich Jasomirgott gingen die Standeserhöhungen seiner jüngeren Brüder zunächst vorüber. Er hatte bis 1140 – inzwischen über dreißig Jahre alt – immer noch kein eigenes Amt inne, auch wenn er seit des Vaters Tod wiederholt den Titel „Markgraf “ führte; in einigen königlichen Urkunden wird er als Zeuge „Markgraf Heinrich, Sohn Markgraf Leopolds“ genannt.7 Eine auf den 19. Juli 1139 datierte gefälschte Urkunde nennt ihn sogar „Konrads Bruder Markgraf Heinrich von Hauseborch [Habsburg!?]“.8 Man darf da freilich nicht zu kritisch sein: 1141, als er längst Pfalzgraf war, taucht er in einer Urkunde Konrads III. unter den Zeugen ohne Amtstitel nur als „Bruder des Königs“ auf.9 5 Opll 2007, S. 47 6 Juritsch, S. 163 7 RI IV, 1, 2 n. 112 und n. 148
8 RI IV, 1, 2 n. +150 9 RI IV, 1, 2 n. 212
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In den ersten Regierungsjahren Konrads III. scheint Heinrich Jasomirgott nicht oft in dessen Gesellschaft gewesen zu sein. Die beiden trafen, soweit hier die Königsurkunden Aussagekraft haben, nur zweimal zusammen: im August 1138 und im Juli 1139.10 Dennoch muss es intensive Kontakte gegeben haben. Denn im April 1140 belehnte der königliche Bruder auf einem Hoftag zu Frankfurt Heinrich mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein.11 Diese einzige Herrschaft eines Babenbergers im Westen des Reiches blieb zwar in der Tat ein „kurzes Intermezzo“ (Wolfram Ziegler),12 da er schon im Jahr darauf die Nachfolge seines Bruders in der Mark antrat. Dass sie aber – wie Odilo Engels urteilt – „bewusst den Charakter eines Provisoriums“ besessen haben soll,13 ist zumindest fraglich. Denn weder Konrad noch Heinrich konnten 1140 auch nur ahnen, dass Leopold IV. so bald sterben würde. Außerdem machte die Ernennung Heinrich Jasomirgotts nur Sinn, wenn sie langfristig angelegt war. Das Rheinland war eine Zentralregion; in ihr lag – so Otto von Freising in der „Gesta“ – „die größte Kraft des Reichs“.14 Die aus der lothringischen Pfalzgrafschaft entstandene Pfalzgrafschaft bei Rhein erstreckte sich nicht klar abgegrenzt an beiden Seiten des mittleren Rheins vom Hunsrück bis zum Odenwald und umfasste auch den südlichen Kraichgau mit dem Kloster Maulbronn. Ihr räumlicher Umgriff verdichtete sich erst um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Die Herrschaftsverhältnisse waren etwas verworren: Nach dem Tod des lothringischen Pfalzgrafen Siegfried von Ballenstedt 1113 hatte Kaiser Heinrich V. seinen Vertrauten Gottfried von Calw in dieses Amt eingesetzt, der die Belange des Reiches nachhaltiger vertreten sollte.15 Lothar von Süpplingenburg wiederum erkannte 1126 die Erbansprüche Wilhelm von Ballenstedts an; allerdings setzte er Gottfried nicht ab und Wilhelm musste sich mit ihm die Pfalzgrafenwürde teilen. Als Gottfried 1131 starb, beerbte ihn Otto von Salm, der Stiefvater Wilhelms, und trat als Pfalzgraf an die Seite seines Stiefsohns. Beide waren Anhänger Lothars, schlossen sich aber 1138 sogleich Konrad III. an; Otto scheint noch im gleichen Jahr freiwillig auf die pfalzgräfliche Würde verzichtet zu haben.16 Offenbar mochte Konrad III. zunächst nicht eingreifen, wohl, weil Wilhelm von Ballenstedt dem mit ihm verbündeten Geschlecht der Askanier entstammte. Doch als dieser 1140 starb, suchte er sogleich die rheinischen Gebiete neu zu strukturieren und ordnete bei der Einsetzung von Heinrich Jasomirgott dem Pfalzgrafen bei Rhein erstmals ein festes Territorium zu.17
10 11 12 13
Ziegler 2007,S. 393ff. RI IV, 1, 2 n. 174 Ziegler 2007, S. 713 Engels, S. 79ff.
14 15 16 17
Otto Gesta, I 12 Fuchs, S. 665 Meyer, S. 170f. Schaab, S. 31f.
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Dieser übernahm sämtliche pfälzischen Besitzungen mit Ausnahme des schmalen Witwenguts der Pfalzgräfin Gertrud (Witwe nach Siegfried von Ballenstedt). Ob er auch die Obervogtei des Erzstifts Trier innehatte, ist ungewiss. Erzbischof Albero von Trier, der Königsmacher Konrads III., hat (wie Wolfram Ziegler vermutet) die Ernennung Heinrichs begrüßt, da sie den Amtscharakter der Pfalzgrafschaft hervorhob und der neue Pfalzgraf im rheinischen Raum kaum verankert gewesen sei. Dem steht freilich gegenüber, dass Heinrich Jasomirgott dort doch offenbar schon vor 1140 eine nicht unwichtige Position bekleidete. Die Belehnung Heinrich Jasomirgotts mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein war sicher nicht nur „Beweis der Gunst seines Halbbruders“.18 Sie zeugte von viel beiderseitigem Vertrauen und war wohl von langer Hand vorbereitet worden. Konrad III. war das Pfalzgrafenamt offensichtlich wichtig genug, um es mit einer ihm nahestehenden Person zu besetzen. Es war aber entschieden zu wichtig, um dies ins Blaue hinein zu tun, nur weil der Begünstigte ein Halbbruder war. Dem König musste es darum gehen, dieses sowohl vom Rang als auch von seiner territorialen Verknüpfung her so bedeutende Amt in zuverlässige Hände zu geben und so seine zwei Jahre nach seiner umstrittenen Wahl zum deutschen König noch keineswegs gefestigte Stellung zu sichern. Es hat also wohl zuvor schon enge Verbindungen der beiden aus Heinrichs bisheriger Mission und Tätigkeit am Rhein gegeben und Konrad muss Heinrich zugetraut haben, dieses schwierige Amt auszufüllen. Für Heinrich mag die Belehnung aber durchaus auch ein angemessener Ausgleich dafür gewesen sein, dass er in Bayern bisher zu kurz gekommen war: Das Pfalzgrafenamt mit seinem hohen Rang – wie etwa dem Recht zur Ernennung von Grafen – bedeutete beinahe eine Gleichstellung mit Herzögen, und so brauchte sich der ältere auch jetzt dem jüngeren Bruder gegenüber nicht mehr zurückgesetzt zu fühlen. Doch dies allein macht die Bedeutung des königlichen Belehnungsaktes nicht aus: Nach mehr als eineinhalb Jahrhunderten griff ein Babenberger über die Herrschaft in der Ostmark hinaus in das Kerngebiet des Reiches. Was der Vater, Leopold III., nicht oder jedenfalls nicht offen getan hatte, lag nun bei dem Sohn: in Anknüpfung an salische Traditionen in die Reichspolitik einzusteigen. Spuren von Heinrichs Wirken als Pfalzgraf finden sich kaum. Bekannt ist nur eine Urkunde, die eine Amtshandlung dokumentiert.19 Dass er nun in vielen Königsurkunden als Zeuge genannt wird, bestätigt seine stärkere Nähe zum königlichen Hof. Gelegentlich erscheint er als Beteiligter oder Begünstigter: Im September 1141 stimmt er als Pfalzgraf einer Bestätigung alter 18 Meiller Regesten, S. 220, Anm. 177 19 Gerstner, S. 73
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Rechte des Klosters Brauweiler durch den König zu;20 im gleichen Monat bestätigt Konrad III. dem „frater nostri palatini comitis“ die Gerechtsame eines Hofes.21 Dies ist allerdings auch schon das letzte Königsdiplom für Heinrich Jasomirgott als Pfalzgraf. Im Oktober 1141 starb Leopold IV. – zum Jahresende war Heinrich wohl schon Markgraf von Österreich.22 Nun hat nicht nur der bedeutende Aufklärer Friedrich Nicolai gefragt, „… ob es nothwendig war, daß um der österreichischen Succession willen die Pfälzische muste aufgeopfert werden …“23 Hätte Heinrich Jasomirgott nicht Pfalzgraf bei Rhein bleiben und zugleich das österreichische Erbe antreten können, erst recht, da Konrad ihn ohnehin nicht sogleich als Nachfolger Leopolds im Herzogtum Bayern installierte? Die Behauptung, Heinrich habe sich in der Pfalz nicht durchsetzen können, ist nicht belegt.24 Dass er „einen nennenswerten Einfluß“ im Moselraum nicht ausübte, mag zutreffen,25 ist aber wohl der kurzen Amtsdauer geschuldet. Unfähigkeit, dieses wichtige Amt auszuüben, kann also sicher nicht der Grund dafür sein, dass Heinrich es 1141 (oder 1142, so genau weiß man das nicht) wieder aufgab. Es war die prekäre Situation in Bayern, die Konrad III. zwang, schnellstens wieder einen starken Markgrafen als Gegengewicht gegen Welfen und Wittelsbacher zu installieren. Dieser musste dort auch anwesend sein. Die Pfalzgrafschaft war in ihrer Struktur aber noch nicht so gefestigt, dass sie aus der Ferne hätte regiert werden können. Abwechselnde Anwesenheit am Rhein und an der Donau hätte die Mobilität selbst eines robusten mittelalterlichen Fürsten überfordert. Heinrichs Nachfolger in der Pfalz wurde Hermann von Stahleck, ein Schwager Konrads. Es ist nicht ganz klar, wann er mit der Pfalz belehnt wurde – im Juni 1143 wird er „Herimannus palatinus“ genannt26 und im August 1143 zeugt er in einer Königsurkunde als „Pfalzgraf Hermann“.27 Dass Heinrich Jasomirgott noch im Frühjahr 1143 als „dei gracia dux Bauarie, comes palatinus Reni“ beurkundet haben soll, ist wohl ein Irrtum in einem Homburger Kopialbuch aus dem 15. Jahrhundert.28 Alles, was über diese Erkenntnisse hinausgeht, ist wiederum bloße Spekulation. Nur eines ist gewiss: Im Vergleich zu seinem jüngeren Bruder Leopold war Heinrich Jasomirgott wohl doch nicht „minder begabt“.
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RI IV, 1, 2 n. 219 Ziegler 2007, S. 60 BUB 4,1, Nr. 730 Nicolai, S. 232 Ziegler 2007, S. 547
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Engels, S. 79f. Ziegler 2007, S. 462 RI IV, 1, 2 n. 281 BUB 4,1, Nr. 749
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Babenberger „Narrenstreiche“? H E R Z Ö G E V O N B AY E R N
Trotz seines Sieges zu Weinsberg im Jahr 1140 blieb [Konrad III.] weiter von der Feindschaft der Welfen-Anhänger bedroht, während die Narrenstreiche seiner Babenbergischen Halbbrüder … ihm überall entlang seiner östlichen Flanke Mißhelligkeiten bereiteten. STEVEN RUNCIMAN
Man muss diese abschätzige Wertung des bedeutenden englischen Historikers nicht allzu ernst nehmen: Die englische Geschichtsschreibung hat dem Babenberger Leopold V. die seinerzeitige Gefangennahme ihres Königs Richard Löwenherz nie ganz verziehen und findet deshalb insgesamt wenig freundliche Worte für die hochmittelalterlichen Österreicher. Runciman ist da keine Ausnahme. Dem Professor für Byzantinistik zu Cambridge mögen im Übrigen vor dem grandiosen Prospekt der Kreuzzüge und der damit verbundenen europäisch-asiatischen Weltpolitik die Kämpfe um Bayern höchst unbedeutend, ja lächerlich erschienen sein; so unwichtig, dass ihn in seinem epochalen Werk die Details nicht sonderlich interessierten und er in der Beschreibung des Zweiten Kreuzzugs (1147–1149) den damaligen Bayernherzog Heinrich Jasomirgott stets fälschlicherweise „Herzog von Österreich“ nennt.1 Was Runciman „Narrenstreiche“ nennt, sind die Anstrengungen der Babenberger Leopold und Heinrich, die ihnen von ihrem staufischen Halbbruder Konrad verliehene Herrschaft im Herzogtum Bayern dauerhaft zu sichern. Moderne bayerische Historiker beurteilen die Chancen dafür durchaus positiv: „Zwar war die Machtbasis der Babenberger exzentrisch, weit im Osten, aber es war durchaus denkbar, daß es ihnen gelang, auf Grund ihrer Herzogswürde auch im Westen ein neues Herzogsland aufzubauen. Damit wäre das alte Stammesgebiet noch einmal zusammengeschlossen, die Teile 1 Runciman, S. 574, 585 und 589
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wären noch einmal verklammert worden.“2 Hätten sie Erfolg gehabt, so „wäre eine Eindämmung der Verselbständigungstendenzen im Osten möglich geworden, Bayern wäre also vom Südosten her zusammengehalten worden.“3 Doch Konrad und seine Halbbrüder hatten die Kräfteverhältnisse wohl falsch eingeschätzt: Die Welfen waren und blieben in diesen Auseinandersetzungen mit den Babenbergern auf lange Sicht die Stärkeren und diese auf die Hilfe des Königs angewiesen. Hatten nun Leopold IV. und Heinrich Jasomirgott ihre Möglichkeiten überbewertet, die letztlich doch nur auf einer stabilen Machtposition in der Mark beruhten? Oder war schon die Belehnung durch Konrad III. ein „Narrenstreich“ gewesen, weil dieser sich selbst übernommen hatte, als er die Welfen mit einem großen Kraftakt ein für allemal auszuhebeln versuchte?
Leopold IV. Leopold IV. „erwies sich als ein sehr befähigter Politiker, der nicht zu Unrecht an die Spitze der Mark gekommen war“.4 Er setzte deren von seinem Vater eingeleitete Umwandlung vom Herrschaftsverband zum fürstlichen Territorium konsequent und erfolgreich fort. Klöstern und Kirchen gegenüber verhielt er sich allerdings weit weniger freigiebig: „Der reiche Born von Vergabungen … versiegte unter dem jetzigen Markgrafen und Herzog fast völlig.“5 Dennoch heißt er bei dem österreichischen Kirchenhistoriker Johann Genersich „der Freigiebige“.6 Für die Entwicklung Österreichs besonders wichtig, freilich auch durchaus konfliktträchtig, war die intensivierte Erschließung der silva Nortica, des Waldlandes nach Böhmen hin. Hier sollte bewährte babenbergische Heiratspolitik Konflikte vermeiden helfen: Im September 1138 heiratete Leopold IV. Maria, die Tochter Herzog Sobˇeslavs von Böhmen. 1139 stiftete der Ministeriale Hadmar von Kuenring mit Zustimmung des Markgrafen im Waldviertel das Zisterzienserkloster Zwettl. Dass hier ein unfreier Dienstmann als Stifter auftrat, zeigt, welches Selbstbewusstsein solche in der faktischen Macht emporgestiegenen Ministerialienfamilien inzwischen gewonnen hatten, aber auch, dass sie zu den wichtigsten Kräften des Landesherrn geworden waren. Gleich zu Beginn seiner Herrschaft trat der Markgraf auch als Stadtherr und Eigenkirchenherr von Wien auf: Er überließ dem Hochstift Passau die bisherige Stadtpfarrkirche St. Peter; dafür entstand auf 2 Kraus, S. 85 3 Kramer, S. 77 4 Scheibelreiter 2010, S. 185
5 Juritsch, S. 166 6 Genersich, S. 12
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Passauer Grund St. Stephan. Für den Bischof von Passau handelte übrigens dessen Vogt Adalbert, der Halbbruder des Markgrafen.7 Konrad III. durfte durchaus große Erwartungen in diesen jungen, gerade einmal dreißigjährigen Babenberger setzen, als er ihm das Herzogtum Bayern verlieh und ihn so auf die höchste Ebene der Reichsfürsten erhob. Der bayerische Herzog konnte unter diesen eine herausragende Stellung beanspruchen, auch wenn im 12. Jahrhundert vom Machtgefüge des alten bayerischen „Stammesherzogtums“ der karolingisch-ottonischen Zeit nicht mehr allzu viel übrig geblieben war.8 Das Herzogtum war vom König verliehenes Amt und Lehen; der Herzogstitel Ausdruck der Herrschaftsrechte und Würde. Die Stellung des Herzogs wurde durch konkrete Rechte wie z. B. die Verfügung über Königs- und Herzogsgut, die freilich noch rudimentäre Gerichtsbarkeit und die Einberufung von Landtagen, mehr aber noch durch die anerkannte Vorrangstellung gegenüber dem Adel bestimmt. Seine faktische Macht aber hing vor allem davon ab, wie viel Eigengut er in seinem Herzogtum innehatte und wie gut er mit den Mächtigen vernetzt war. Unter den vier Welfen, die seit 1070 den bayerischen Dukat innehatten, entwickelte sich Bayern langsam zum „institutionellen Flächenstaat“, der zunächst freilich eine „Interessengemeinschaft einer Anzahl adeliger lokaler Machthaber mit der von ihnen als übergeordnet anerkannten Instanz des Landesherrn“ war.9 Dem ersten, Welf IV., hatte zwar Kaiser Heinrich IV. im Investiturstreit Bayern vorübergehend entzogen, doch nach Versöhnung und Wiedereinsetzung ging der bayerische Herzog gestärkt aus dem Konflikt hervor. Sein Sohn Welf V. hat, offenbar eher unspektakulär, weshalb über seine Tätigkeit in Bayern „kaum etwas bekannt ist“,10 die welfische Stellung gefestigt. Ihm folgte sein jüngerer Bruder Heinrich der Schwarze nach. In Bayern zeichnete sich die Entwicklung zum Erbherzogtum ab.11 Heinrich erwarb durch Heirat aber auch umfangreiches Eigengut in Sachsen. Sein Sohn Heinrich der Stolze, der ihn 1126 beerbte, heiratete im Jahr darauf Gertrud, die Tochter Lothars, und wurde von seinem Schwiegervater mit dem Herzogtum Sachsen belehnt. Das bayerisch-sächsische Doppelherzogtum aber war dann auch Grund für die Absetzung durch Konrad III. Leopold IV. sollte, gestützt auf das Wort des Königs, die Stelle des entmachteten Welfen in Bayern einnehmen. Dabei konnte er sich zwar auf seine Hausmacht in der Ostmark verlassen. Als „bayrischer Fürst“ aber konnte er nicht gelten und hatte in Bayern außerhalb der Mark bisher wohl auch kaum maßgebliche Gefolgsleute.12 Seine Aufgabe erforderte, wie Juritsch formuliert, 7 Lechner 1992, S. 143 8 Prinz 1981, S. 388 9 Weltin, S. 406
10 Störmer, Sp. 2146 11 Weitlauff, S. 19 12 Brunner Karl 2007, S. 202
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„einen Mann mit voller Energie und grosser Umsicht. Nun musste es sich erproben, ob Leopold an Feldherrntalent seinem mächtigen Gegner gewachsen war. Und Leopold besaß zum Glücke all’ die Eigenschaften in besonderem Masse. Keinen Augenblick zauderte er, sich in den faktischen Besitz des Landes zu setzen. Wir treffen ihn zu Regensburg, wie er die Huldigung aller baierischen Herrn entgegennimmt, und nicht viel später an der Westgrenze des Herzogtums, am Lechfelde, um hier drei Tage öffentliches Gericht zu halten.“13 Heinrich der Stolze und sein jüngerer Bruder Welf VI. waren jedoch keineswegs gewillt, Bayern kampflos aufzugeben. Doch mochte Heinrich auch einer der mächtigsten Fürsten des Reiches sein – in Bayern war er nicht ganz unangefochten. Zum einen war der Besitz der Welfen, hauptsächlich im westlichen Bayern, anders als in Sachsen eher bescheiden. Zum anderen gab es eine nicht unbedeutende Adelsopposition. Otto von Freising berichtet, die bayerischen Großen seien dem Leopold IV. aus Neigung oder Furcht zugeströmt.14 Tatsächlich schloss sich ihm neben dem Episkopat auch der Großteil des bayerischen Adels an, vor allem im Nordgau und im Donauraum. Dazu gehörten die Grafen von Sulzbach und von Cham-Vohburg ebenso wie die Grafen von Bogen und von Wolfratshausen, die seit Langem im Streit mit Heinrich dem Stolzen gelegen hatten. Es gab jedoch – vor allem im südlichen und westlichen Bayern – auch mächtige Adelsgeschlechter, die auf der Seite der Welfen standen, so die Grafen von Valley und von Dachau (sowie letztlich auch die Wittelsbacher, selbst wenn diese wenig offenen Widerstand gegen Leopold IV. leisteten). Und möglicherweise war es auch mit der Gefolgschaft jener, die sich zu Leopold IV. bekannt hatten, nicht so weit her. Die Regensburger Kaiserchronik berichtet, dass „Liupolt … ein helt guot“ gewesen sei; jene aber, die ihm Treue versprachen, hätten ihn verlassen, und so habe er keine Ehre gewinnen können.15 Zunächst war Heinrich der Stolze damit beschäftigt, Sachsen zurückzuerobern. Nachdem ihm dies fast mühelos gelungen war, wandte er sich Bayern zu, als er am 20. Oktober 1139 überraschend starb. Für seinen zehnjährigen Sohn Heinrich (den Löwen) beanspruchte dessen Onkel Welf VI. die Vormundschaft, machte zugleich aber auch einen eigenen Erbanspruch auf Bayern geltend.16 Obwohl er vom König nie zum Herzog gemacht worden war, trug er diesen Titel unwidersprochen und führte Fehde gegen Konrad III., der ihm sein vermeintliches Recht vorenthielt.17 Leopold wurde in die Defensive gedrängt und erlitt im August 1140 eine empfindliche Niederlage bei Valley. Erst als ihm der König zu Hilfe kam und im Dezember des glei13 Juritsch, S. 161 14 Reindel, S. 339 15 Kaiserchronik, S. 391
16 Prinz 1981, S. 397 (Anm. 48); Ehlers, S. 55 17 Görich 2009, S. 102
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chen Jahres die welfische Festung Weinsberg zur Übergabe zwang, wendete sich das Blatt. Einen Aufstand der Regensburger Bürger Ende 1140 warf Leopold mit dem Schwert in der Hand nieder. Im Sommer 1141 führte ihn eine „Strafexpedition“ gegen die Welfen bis an den Lech. Von den dabei angerichteten Verwüstungen berichtet anschaulich Ladislaus Sunthaym: „… und prach da selbs ettlich besetzung seiner veind und wüstet das land da selbs weit und prait und an dem haimzug zoch er über des pistumbs von Freysingen güeter die auch von seinem volck beschediget warden …“18 Dass Sunthaym Leopold dennoch den Beinamen „der Milde“ zuordnete, zeigt, wie wenig solche Epitheta auf historischer Wirklichkeit beruhen. Leopold IV. schien in Bayern die Oberhand zu behalten. Da starb er, ebenso überraschend wie Heinrich der Stolze zwei Jahre zuvor, am 18. Oktober 1141 in Niederalteich. Es gibt für ihn keine Nachrufe und in den Quellen finden sich keine lobenden Erinnerungen an ihn. Nachträgliche Urteile – wie das oben zitierte von Juritsch – sind doch recht spekulativ. Welche weitere Entwicklung Bayern und Österreich unter Leopold IV. genommen hätten, ist kaum abzuschätzen.
Wieder eine Kaisertochter Heinrich Jasomirgott folgte Leopold IV. sogleich als Markgraf von Österreich nach,19 nicht jedoch als Herzog von Bayern. Der Grund dafür, dass König Konrad III. dieses Herzogtum erst einmal in der eigenen Hand behielt, lag aber nicht in der Person oder gar einer minderen Begabung Heinrichs. Leopold IV. starb ohne leiblichen Erben; für die Nachfolge durch den Bruder in der Mark mochte dies ohne Belang sein, einen wie immer gearteten Erbanspruch auf Bayern aber hatte Heinrich Jasomirgott sicher nicht. Das gab den welfischen Forderungen zusätzliches Gewicht. Die Belehnung Leopolds mit Bayern hatte trotz dessen energischer Tüchtigkeit ganz offenkundig nicht die von Konrad III. erhoffte Stabilisierung der dortigen Machtverhältnisse erbracht. Sollten sich die fatalen Auseinandersetzungen mit den Welfen und ihrem Anhang nicht fortsetzen, so musste es eine andere Lösung geben, einen Weg des Ausgleichs zwischen den Interessen: „War bis jetzt das Übergewicht der Staufer und Babenberger einzig auf das Glück der Waffen begründet, so suchte man nun, vielleicht durch die Eigenart Heinrichs bewogen, auf dem Boden diplomatischer Verhandlungen statt des Kampfes eine Verständigung mit den Gegnern zu erzielen.“20 18 Sunthaym, o.S. 19 BUB 4,1, Nr. 730
20 Juritsch, S. 168
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WIEDER EINE KAISERTOCHTER
Diese Verständigung sollte durch eine komplizierte Verschränkung von Personen, Ämtern und Rechten bewirkt werden: Heinrich der Löwe sollte (wahrscheinlich gemeinsam mit seiner Mutter Gertrud, der Witwe Heinrichs des Stolzen) als Erbe seines Vaters den sächsischen Dukat erhalten, aber im Gegenzug auf seinen Erbanspruch auf Bayern verzichten. Heinrich Jasomirgott sollte Gertrud heiraten und mit Bayern belehnt werden.21 Wir wissen nicht, wie groß der aktive Anteil Heinrich Jasomirgotts an der Entwicklung dieses Planes war. Manches spricht dafür, dass seine Eigenart – der Realitätssinn, die Fähigkeit des Zuwartens und das geschickte Abwägen von Vorteilen – dazu einen maßgeblichen Beitrag geleistet hat. Zudem konnte er nur gewinnen: Waren Heinrich der Löwe, dessen Mutter und die ihn beratenden und unterstützenden sächsischen Großen erst einmal befriedet, so war seine Stellung in Bayern gesichert, selbst wenn Welf VI. noch weiteren Widerstand versuchen würde. Dass ihm diese Befriedung auch noch die Ehe mit einer Kaisertochter eintrug, einer jungen Frau zumal, war ein weiterer Gewinn. Denn es ist kaum anzunehmen, dass sich Heinrich als bloße Schachfigur des Königs hätte verheiraten „lassen“ und dass er die junge Witwe nur des Erbes wegen attraktiv fand. Gertrud, die einzige Tochter Kaiser Lothars, war die Hauptperson. Sie hatte bisher gemeinsam mit ihrer Mutter Richenza, der Kaiserinwitwe, die Rechte ihres Sohnes energisch vertreten.22 Nun sollte sie Heinrich und seine mächtigen Berater davon überzeugen, dass der Verzicht auf einen Teil seiner Ansprüche (Bayern) den anderen Teil (Sachsen) umso sicherer erfüllen würde. Das war auch in ihrem eigenen Interesse. Wahrscheinlich ist nicht unrichtig, was in einer im 19. Jahrhundert geschriebenen Geschichte Heinrichs des Löwen zu lesen ist: „Sie war als Kaiserstochter mit den glänzendsten Aussichten in die Zukunft gezogen und mochte jetzt als sechsundzwanzigjährige junge Frau den Gedanken, ihr ganzes Leben als Witwe zu vertrauern, nicht ertragen; die Vermählung mit dem jungen, ritterlichen, mächtigen Heinrich Jasomirgott lockte sie an.“23 Sie würde an seiner Seite Herzogin von Bayern sein (oder eigentlich bleiben) und zugleich in Angelegenheiten ihres Sohnes in Sachsen tätig werden können. Heinrich der Löwe, inzwischen etwa zwölf Jahre alt, also noch unmündig, folgte dem Rat seiner Mutter. Seine Großmutter Richenza wäre möglicherweise anderer Meinung gewesen, war aber im Juni 1141 gestorben. Die sächsischen Adeligen und Ministerialen aufseiten Heinrichs, die kein eigenes Interesse an Bayern band, standen vielleicht immer noch der Süpplingenburgerin Gertrud näher als den Welfen und sahen in ihr die Nachfolgerin Richenzas.24 21 Ehlers, S. 56f. – auch zum Folgenden 22 Jordan 1979, S. 29; Ehlers, S. 54f.
23 Philippson, S. 77 24 Ehlers, S. 58
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Es gab freilich noch einen unmittelbar Betroffenen: Albrecht den Bären, an den Konrad III. 1139 das Herzogtum Sachsen verliehen hatte. Aber Albrecht hatte sich gegen Heinrich den Stolzen und dann auch gegen Richenza, Gertrud und die überwiegende Mehrheit der sächsischen Großen nicht durchsetzen können und war aus Sachsen vertrieben worden. Er hatte nichts entgegenzusetzen, als ihm Konrad das Herzogtum Sachsen wieder aberkannte und ihn als Grafen von Ballenstedt und Markgrafen der Nordmark bestätigte. So konnte der Plan Zug um Zug verwirklicht werden: Auf dem Hoftag in Frankfurt im Mai 1142 wurde Heinrich der Löwe (vermutlich zusammen mit seiner Mutter) als Herzog von Sachsen anerkannt. Im gleichen Monat heirateten Heinrich Jasomirgott und Gertrud. Konrad III. richtete für sie ein großes Hochzeitsfest aus, mit dem auch der Ausgleich zwischen Staufern, Welfen und Babenbergern gefeiert werden sollte. Mit der Heirat, so die „Sächsische Weltchronik“, habe der König die Sachsen auf seine Seite gebracht.25 Auf dem Reichstag in Goslar Anfang 1143 verzichtete Heinrich der Löwe nochmals „auf den Rat seiner Mutter“ hin auf Bayern, und Heinrich Jasomirgott wurde mit dem Herzogtum belehnt.26 Wieder hatte ein Babenberger eine Kaisertochter geheiratet, und wieder hatte diese aus erster Ehe männliche Nachkommen. Hätte Gertrud Heinrich Jasomirgott Söhne geboren, so wären diese Halbbrüder Heinrichs des Löwen gewesen – auf die staufisch-babenbergische Verwandschaftsspange wäre eine welfisch-babenbergische gefolgt. Was dies in der machtpolitischen Gemengelage des 12. Jahrhunderts gebracht hätte, ob die Babenberger den staufisch-welfischen Konflikt hätten beheben können oder ob sie in ihm zerrieben worden wären, ist nicht zu sagen. Ex post betrachtet ist die Frage auch bedeutungslos, weil es des frühen Todes der Gertrud wegen zu keiner derartigen Konstellation gekommen ist. Die Zeitgenossen aber mögen diese Heirat und die damit verbundene Rangerhöhung Heinrich Jasomirgotts durchaus als eindrucksvoll angesehen haben. Dass dieser als Gertruds Ehemann auch in sächsischen Angelegenheiten mitwirkte, zeigt die Absicht, seine Machtposition dort auszufüllen und staufisch-babenbergische Präsenz zu zeigen.27 Doch Ehe und Aussöhnung standen unter keinem guten Stern: Schon am 18. April 1143 starb Gertrud bei der Geburt ihres ersten Kindes mit Heinrich, der Tochter Richardis. Als Herzogin von Bayern und Markgräfin von Österreich ließ sie ihr Mann in Klosterneuburg beisetzen. Auch Heinrich Jasomirgotts Mutter Agnes, die im September des gleichen Jahres starb, fand dort ihre Ruhestätte. 25 Sächsische Weltchronik, S. 217 26 BUB 4,1, Nr. 734
27 Ehlers, S. 57f.
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Heinrich XI. von Bayern Da Welf VI. seine Ansprüche auf Bayern nie aufgegeben hatte und weiterhin bereit war, um sie zu kämpfen (und sich auch Heinrich der Löwe nicht mehr an seinen Verzicht gebunden fühlte, wie sich bald zeigen sollte), stand der Babenberger – in der viel später eingeführten Zählung der bayerischen Herzöge „Heinrich XI.“ – 1143 im Grunde dort, wo sein Bruder vier Jahre zuvor gestanden hatte. Er hatte die gleichen Probleme bei der Durchsetzung als bayerischer Herzog (und hat diese nicht besser, aber auch nicht schlechter als der Bruder bewältigt). Der permanente Kampf zwischen Welfen und Babenbergern bot dem Herzog zwar Gelegenheit, durch Siege seine Rechte zu verstärken – freilich konnten Niederlagen auch empfindlichen Machtverlust mit sich bringen. Heinrich Jasomirgott ist (so wie sein Bruder) nach seiner Belehnung mit dem Herzogtum Bayern Markgraf von Österreich geblieben und hat diesen Titel auch weiter geführt.28 So verband er den äußeren Rang des Herzogs mit der viel strafferen Gewalt des Markgrafen im Innern.29 Mochte er die Herrschaft im Herzogtum nie ganz und vor allem nie ganz ungefährdet innehaben – die Mark bot ihm einen sicheren und beeindruckenden Rückhalt. Deshalb setzte er auch die Politik des Vaters und des Bruders fort, wo sie auf den Ausbau dieser Mark gerichtet war. Die (man könnte modern sagen) „Verdichtung“ markgräflicher Herrschaft ist ein hochkomplexer Vorgang, der unter dem Diktum des bedeutenden österreichischen Historikers Otto Brunner „Mark ist werdendes Land“ zumal von völkischer und nationalsozialistischer Seite auch heftiger weltanschaulicher Kritik unterworfen wurde.30 Von ideologischen Verkrampfungen befreit bestätigen die Zeugnisse, die wir von Heinrich Jasomirgotts Herrschaftsausübung in der Mark finden, dass er bestrebt war, seine Macht mit allen Mitteln zu erweitern. Unstreitig ist „die planmäßige Akkumulation von Vogteirechten und Kirchenlehen“.31 Das Babenberger Urkundenbuch (mit seinen zwangsläufig weitestgehend auf Klöster bezogenen Dokumenten) gibt darüber ebenso Aufschluss wie über das Maß der Zuwendung, das Heinrich Jasomirgott einzelnen Klöstern zukommen ließ. Ebenso eindeutig ist die planvolle Förderung des Landesausbaus vor allem durch Ministeriale, die zunehmend teilweise aus anderen Abhängigkeitsverhältnissen (und gelegentlich sogar aus der Edelfreiheit) in den Dienst der Babenberger traten. Zur Ausdehnung des Herrschaftsbereichs in Richtung Böhmen und Mähren gehörte auch die Gründung von Klöstern, denen für Österreich, das ja über keinen eigenen Bischofssitz verfügte, eine 28 z. B. BUB 4,1, Nrn. 749, 754 und 756 29 Brunner Heinrich, S. 6
30 Weltin, S. 297f. 31 Prinz 1981, S. 435
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herausragende strukturelle Bedeutung zukam. Neben das zu Lebzeiten Leopolds IV. errichtete Zisterzienserstift Zwettl traten 1141, wohl auch noch zu Lebzeiten Leopolds IV., die Zisterze Baumgartenberg, dann 1144 Altenburg, gegründet durch die Grafen von Poigen-Rebgau, und 1150 Geras, gegründet durch die Grafen von Pernegg, jeweils mit Unterstützung durch den Markgrafen.32 Und schließlich förderte eine „bewusst städtefreundliche Politik“ der Babenberger33 die Entwicklung der Wirtschaftsplätze, zumal an der Donau. Der Reichsbesitz in den großen Burgsiedlungen Melk, Krems, Tulln, Klosterneuburg, Wien und Hainburg ging schrittweise auf den Markgrafen über. Neben die bischöflichen Kirchen traten markgräfliche; so gab es zum Beispiel in Krems neben der passauischen Stefanskirche die markgräfliche St. Veitskirche in der Stadt.34 Über die Auswirkungen der Herrschaft Heinrich Jasomirgotts auf Bayern über den Bereich der Mark hinaus wissen wir wenig. Konrad III. hatte sich zwar bei der Belehnung Heinrichs mit Bayern den Einfluss auf das dortige Reichsgut vorbehalten. Da aber hiervon nur noch Reste vorhanden waren, weil es während des Investiturstreits zu großen Besitzumschichtungen gekommen war, und es folglich auch nur wenige Burgen von Reichsministerialen gab, blieb dieser Einfluss überschaubar. Dagegen engte die „kraftvolle Entwicklung großer bayerischer Adelsfamilien im 12. Jahrhundert, die ihrerseits Klientelverbände organisierten“,35 die Gestaltungsmöglichkeiten des neuen Herzogs doch ein. Offenbar verstand Heinrich Jasomirgott aber, sich den Hochadel gewogen zu machen: „Um sich gegen die vielen Widersacher im Herzogthum behaupten zu können“, klagt ein österreichischer Kirchenhistoriker, „sah [Heinrich Jasomirgott] den Herren, welche seine Partei hielten, alles nach, gegen sie wurde keine Klage angenommen, und manches Kloster oder Klostergut fiel ihrer Habgier zur Beute.“36 Es gelang Welf VI. nicht, die Stellung Heinrich Jasomirgotts in Bayern nachhaltig zu gefährden. Dieser konnte sich – wenn auch, wie zuvor schon sein Bruder, nur mit Unterstützung des Königs – mehr und mehr durchsetzen. Konrad III. kam fast in jedem Jahr nach Regensburg; Herzogs- und Königshof in der bayerischen Residenzstadt waren eng miteinander verflochten. Der König belagerte im Mai 1143 „mit seinem Bruder Herzog Heinrich“ die Burg Dachau, deren Besitzer schon 1140 Partei für Welf ergriffen hatte, und zerstörte sie.37 Die Fronten gingen quer durch das Land: Babenbergische Ministerialen waren an den Kämpfen zwischen Welfen und Staufern in Bayern beteiligt, bayerische Grafen leisteten Zuzug für den Herzog. 1145 entstand 32 BUB 4,1, Nr. 762 33 Prinz 1981, S. 507 34 Lechner 1992, S. 144
35 Kramer, S. 87 36 Damberger, S. 566f. 37 RI IV, 1, 2 n. 272
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(vermutlich aus einem Streit um die Stadtherrschaft) eine Fehde zwischen Bischof Heinrich von Regensburg und dem bayerischen Herzog. An die Seite des Bischofs trat Markgraf Otakar von Steyr, an die des Babenbergers Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, der Regensburger Vogt Graf Friedrich von Bogen und Herzog Vladislav II. von Böhmen. Beide Seiten überboten sich, wie dies in der Kriegsführung üblich war, in Verwüstungen des gegnerischen Territoriums. Darauf beziehen sich die beredten Klagen Ottos von Freising. Heinrich Jasomirgott wurde seines rigorosen Vorgehens wegen in der Regensburger Fehde sogar durch Bischof Heinrich und den Salzburger Erzbischof exkommuniziert; Papst Eugen III. sprach den Bann über den bayerischen Herzog aus. Auf einem Hoftag in Regensburg im Juli 1146 vermittelte Konrad III. schließlich einen Ausgleich. Ohne Hilfe des Königs stand Heinrich Jasomirgott in diesem Jahre den Ungarn gegenüber. Dort war, unterstützt von Byzanz, nach der Thronbesteigung Gézas II. der mithilfe der Babenberger bereits einmal abgewiesene Thronprätendent Borics wieder aufgetaucht. Konrad III. hatte diesem Unterstützung zugesagt und Heinrich in die Auseinandersetzungen mit hineingezogen. Als aber Géza im September 1146 mit überlegenen Kräften gegen die Mark aufmarschierte, war Konrad anderweitig gebunden und Heinrich erlitt an der Leitha eine empfindliche Niederlage.
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Das Ungeheuer aus dem Westen DIE BYZANTINISCHE EHE
Bestürzte Byzantiner brachen in Tränen darüber aus, dass die liebreizende Prinzessin [Theodora] … „dem Ungeheuer aus dem Westen als Opfer dargebracht“ wurde, wie ein Hofdichter voller Mitgefühl für die Mutter schrieb. STEVEN RUNCIMAN
Diese Schmähung Heinrich Jasomirgotts ist – man möchte fast sagen: ausnahmsweise – nicht weiter in die Geschichte eingegangen. Man mag am glanzvollen Hofe des Kaisers Manuel Komnenos die Nase gerümpft haben über König Konrad III. und Herzog Heinrich von Bayern, die der Zweite Kreuzzug nach Konstantinopel führte. Nach den Gesetzen der byzantinischen Hofrhetorik mochte Manuel die Sonne sein, von der Heinrich sein Licht empfing – politisch lohnte sich die Ehe der etwa fünfzehnjährigen Theodora mit dem vierzigjährigen Heinrich für den kaiserlichen Onkel mindestens ebenso wie für den Bräutigam. Denn Byzanz stand unter größtem Druck durch die Eroberungen Rogers II. von Sizilien auf dem Balkan, durch die Ausdehnung des kleinasiatischen Reichs der muslimischen Seldschuken und durch Ungarn, das als westlicher Nachbar (unterstützt durch wechselnde Bündnisse) eine expansive Politik betrieb. Zumindest gegen Ungarn gewann Manuel durch das dargebrachte „Opfer“ seiner Nichte einen wertvollen Bundesgenossen. Für Ansehen und Rang des Babenbergers aber war eine eheliche Verbindung mit der kaiserlich-byzantinischen Familie zweifellos von großem Nutzen. Nun sind es manchmal semantische Kleinigkeiten, die einen stutzig werden lassen: Fast wortwörtlich übereinstimmend schreiben Karl Jordan1 und Georg Scheibelreiter2, Heinrich Jasomirgott sei mit Theodora verheira1 Jordan 1979, S. 107 2 Scheibelreiter 2010, S. 199
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tet „worden“ – so, als sei der immerhin vierzigjährige Herzog in dieser Sache nicht viel mehr gewesen als ein Stein auf dem Schachbrett der Mächtigen. Die Quellen schweigen sich über die Motive und Überlegungen Heinrichs aus, sowohl, was die Eheschließung, als auch, was Kreuzzug und Ostpolitik insgesamt angeht. Die Fragen lauten also: Welchen aktiven Anteil hatte er an der Ostpolitik des Reiches? Welchen Stellenwert maß er der Ehe mit Theodora bei?
Der verunglückte Kreuzzug Ausgelöst wurde der Zweite Kreuzzug durch den Fall Edessas im Dezember 1144. Der Verlust bedrohte die Existenz der Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land. Auf dringende Hilferufe hin forderte Papst Eugen III. vom französischen König Ludwig VII. eine Kreuzfahrt. Den deutschen König rief der Papst zunächst nicht zum Kreuzzug auf, denn der sollte ihm gegen die aufsässigen Römer helfen, die ihn gezwungen hatten, seine Residenz nach Viterbo zu verlegen. Alle rationalen Überlegungen und Planungen gingen jedoch in den Kreuzzugspredigten Bernhards von Clairvaux unter. Er löste eine gewaltige Bewegung aus, die am Ende auch Konrad III. mitriss: Am 27. Dezember 1146 nahm er spontan das Kreuz aus der Hand Bernhards: „Er sei plötzlich vom Finger des Heiligen Geistes berührt worden“, schrieb er später an den Papst.3 Wenn Konrad auch im wahren Glauben gehandelt haben mag, so bot ihm dieser Kreuzzug doch zugleich eine willkommene Möglichkeit, den die Staufer und Babenberger langsam überfordernden Druck der welfischen Partei in Bayern erst einmal abzumildern. Denn auch Welf VI. nahm das Kreuz, und Heinrich der Löwe erklärte sich bereit, seine im März 1147 erhobene Klage auf Herausgabe Bayerns bis zum Ende des Kreuzzugs zurückzustellen.4 Sogar der gefährlichste Verbündete der Welfen, König Roger II. von Sizilien, zeigte sich geneigt, die Kreuzfahrer zu unterstützen. Heinrich Jasomirgott lieh sich bei verschiedenen Klöstern Geld zur Finanzierung seiner Kreuzzugsteilnahme, was keineswegs unüblich war. So erhielt er vom Kloster Heiligenkreuz 90 Mark Silber als Darlehen, das nie zurückverlangt worden ist.5 Es wird berichtet, dass er seinen jüngeren Bruder Konrad für die Zeit seiner Abwesenheit zum „Landesverweser“ bestellt habe.6 Dann schloss er sich dem Zug König Konrads an, der im Mai 1147 von Regensburg aus die Donau entlang in die Gegend von Wien und dann weiter nach Ungarn führte. Eine Million Soldaten soll das deutsche Aufgebot nach 3 Dinzelbacher, S. 293 4 BUB 4,1, Nr. 758
5 BUB 4,1, Nr. 755 6 Fontes VIII, S. 194f.
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DAS UNGEHEUER AUS DEM WESTEN
Heinrich II. Jasomirgott zieht in das Heilige Land. Ausschnitt aus dem BabenbergerStammbaum in Klosterneuburg (s. S. 2).
zeitgenössischen Berichten umfasst haben – Runciman schätzt die Gesamtzahl auf etwa zwanzigtausend (so viel zur Genauigkeit mittelalterlicher Zahlenangaben).7 Über besondere Taten Heinrich Jasomirgotts, der immer in der Gesellschaft Konrads III. blieb, wird nichts berichtet. Das ganze Unternehmen stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Schon auf dem Weg durch Bulgarien kam es zu Reibereien mit den Byzantinern, die das Kreuzfahrerheer vergeblich von Konstantinopel fernzuhalten suchten und zum raschen Übersetzen nach Kleinasien drängten. Auf dem Marsch ins Landesinnere rieb sich das Heer in ständigen Kämpfen mit den beweglichen Reitertruppen der Türken langsam auf, dazu kam ein eklatanter Mangel an Lebensmitteln. Auch der Rückzug nach Nicäa und die Vereinigung mit dem französischen Heer verbesserte die Lage nicht. Den Winter 1147/48 verbrachte der schwer erkrankte deutsche König mit seinem Gefolge in Konstantinopel als Gast des byzantinischen Kaisers Manuel, mit dem er verschwägert war: Kaiserin Irene (geboren als Bertha von Sulzbach) war die Schwester von Konrads Frau; Konrad hatte sie außerdem, um sie für Byzanz „standesgemäß“ zu machen, adoptiert. Wahrscheinlich war sie auch an der Anbahnung der Ehe Heinrichs mit Theodora beteiligt. 7 Runciman, S. 563
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THEODORA KOMNENA
Im Frühjahr 1148 trafen sich die Anführer des Kreuzzugs in Jerusalem und versammelten anschließend ihre Kräfte in Akkon. In einem großen Kriegsrat am 4. Juni 1148, an dem auch Heinrich Jasomirgott und Otto von Freising teilnahmen, wurde der Angriff auf Damaskus und Askalon beschlossen –„ein unsagbar törichter Beschluß“, weil sich dieser Angriff gegen das einzige islamische Reich richtete, das mit den Kreuzfahrern paktieren konnte.8 Der Vorstoß scheiterte und Konrad III., wieder in Begleitung von Heinrich Jasomirgott, kehrte endgültig nach Konstantinopel zurück. Hier wurde – wohl im Herbst 1148, vielleicht aber auch erst um die Jahreswende 1148/499 – mit großem finanziellem und rhetorischem Aufwand die Hochzeit Heinrichs mit Theodora gefeiert. Kurz danach verließen Heinrich und Konrad Byzanz. Ludwig VII. von Frankreich blieb bis Sommer 1149, ohne freilich mehr zu erreichen als eine Verwicklung in die zwischen Byzanz und Sizilien ausgebrochenen Feindseligkeiten.
Theodora Komnena Theodora Komnena war die Tochter des verstorbenen „Sebastokrators“ Andronikos, der als älterer Bruder von Manuel Komnenos zu Lebzeiten im Range gleich nach seinem Vater, Kaiser Johannes II., gestanden hatte.10 Sie gehörte also dem engsten Zirkel der kaiserlichen Familie an. Wenn auch weder die lyrischen Überhöhungen der byzantinischen Hofdichtung noch das Bildnis Theodoras im Klosterneuburger Babenberger-Stammbaum ganz der Wirklichkeit entsprechen dürften, war sie als Angehörige der byzantinischen Hocharistokratie doch wohl eine ebenso reizvolle wie gebildete Person. Ob sie zunächst das Entsetzen der byzantinischen Hofdichter über das „Ungeheuer“ Heinrich Jasomirgott geteilt hat und widerwillig in die Ehe ging, wissen wir nicht. Der Besuch in Konstantinopel bei ihrer Mutter, der Sebastokratissa Eirene, einige Zeit später war aber sicher keine Flucht aus einer unerträglichen Ehe – auch wenn in einem dazu verfassten Hofgedicht steht, sie sei „an einem schrecklichen Tag, dem Hochzeitstag, von einem Raubtier aus dem Westen verschleppt worden und jetzt unerwarteterweise aus dem Hades zurückgekehrt“.11 Die ritterliche Welt des Westens ist ihr wohl nicht fremd gewesen, denn ihr kaiserlicher Onkel war in seinem Lebensstil westlich orientiert, huldigte dem Ritterideal und nahm sogar selbst an Turnieren teil.12 8 Runciman, S. 585 9 RI IV, 1, Nr. 575 10 Weller, S. 357
11 Weller, S. 360 12 Ehlers, S. 203
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Die Verbindung mit dem über fünfundzwanzig Jahre älteren Heinrich Jasomirgott dürfte kaum eine „Liebesheirat“ gewesen sein. Aber es scheint doch, dass die beiden trotz des großen Altersunterschieds und der Herkunft aus unterschiedlichen Lebenswelten eine gute Ehe geführt haben (was sich allerdings nur daraus schließen lässt, dass es keinerlei Hinweise auf das Gegenteil gibt). Dass Heinrich Jasomirgott seiner Frau einen hohen Rang zubilligte, lässt sich nicht nur an den Rechten ablesen, die ihr das „Privilegium minus“ für das Herzogtum Österreich zuweist. In den wenigen erhaltenen Siegelurkunden des Herzogs ist wiederholt das „Einverständnis“ Theodoras ausdrücklich vermerkt.13 Welchen Einfluss Theodora und ihr Gefolge auf die babenbergische Hofhaltung hatten, ist nicht dokumentiert. Man darf aber als wahrscheinlich annehmen, dass Heinrich und „vielleicht auch weiteren Kreisen wertvolle byzantinische Kulturelemente vermittelt“ worden sind.14 Auch die Verlegung der babenbergischen Residenz von Klosterneuburg nach Wien könnte von Theodora mitbestimmt worden sein. Heinrich Jasomirgott trug aus dieser Verbindung dauerhaften Gewinn davon: Denn neben politischen Vorteilen (die sich allerdings als nicht sehr stabil erweisen sollten) brachte ihm die Ehe mit der Nichte des byzantinischen Kaisers eine Erhöhung seines Ansehens, die wohl mit der seines Vaters durch die Ehe mit Agnes vergleichbar ist. Dies wurde dann auch im „Privilegium minus“ deutlich. Vermutlich wurde die junge Frau außerdem auch mit einem reichlichen Brautschatz ausgestattet, doch wird darüber nichts Genaues berichtet. Die Klosterneuburger Chronik rühmt neben ihrer edlen Abstammung auch ihr großes Vermögen und preist die durch Gottes Ratschluss zustande gekommene Verbindung als größten Ruhm. Auch die Melker Annalen registrierten die Eheschließung begeistert. Und schließlich: Theodora gebar Heinrich Jasomirgott neben einer Tochter auch zwei gesunde Söhne und sicherte so den Fortbestand der Babenberger.
Ostpolitik Die Ehe Heinrichs mit Theodora sollte Zeichen einer „vollständigen“ Aussöhnung zwischen dem deutschen und dem byzantinischen Hof sein. Flankiert wurde sie durch einen Bündnisvertrag, den Konrad und Manuel gegen Roger II. von Sizilien abschlossen; Byzanz sollte Teile des Normannenreichs in Italien erhalten. So mochte der deutsche König, als er im Frühjahr 13 BUB 1, Nrn. 17, 28, 36 und 38 14 Zöllner 1990, S. 69
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OSTPOLITIK
1149 „in Begleitung … seines Bruders Herzog Heinrich von Bayern“ die dalmatinische Küste entlang heimfuhr und in Pola wieder den Boden des römisch-deutschen Reichs betrat,15 zumindest an einen kleinen politischen Erfolg geglaubt haben; zu Unrecht, wie sich bald zeigen sollte. Roger II. hatte den Kreuzzug zu einem allerdings fehlgeschlagenen Angriff auf das byzantinische Griechenland genutzt. Nun verbündete er sich mit Ludwig VII. von Frankreich, Géza II. von Ungarn und Welf VI., der sogleich Bayern bedrohte. Die byzantinischen Gebietsansprüche in Italien riefen den Papst auf den Plan: Vertreter der römischen Kirche bis hin zu Bernhard von Clairvaux setzten sich schon 1150 bei Konrad III. für eine Verständigung mit Roger ein.16 Der König versicherte zwar in einem Brief an Kaiserin Irene seine Bündnistreue gegenüber Byzanz,17 zeigte aber immer weniger Neigung, sich den byzantinischen Vorstellungen über die Herrschaft in Italien anzuschließen. Schon zu seinen Lebzeiten verfiel so das Bündnis, das sein Nachfolger dann ganz auflösen sollte. Heinrich Jasomirgott, der mit seiner Gemahlin Theodora diese Verbindung gewissermaßen personifizierte, geriet dadurch ein wenig zwischen die Fronten. Seine eigene Ostpolitik freilich, deren schwierigstes Element das Verhältnis zu Ungarn war, bekam durch die byzantinische Verwandtschaft eine neue Qualität. Bei künftigen Konflikten Ungarns mit der Ostmark oder Bayern musste es mit Byzanz in seinem Rücken rechnen. Solche Konflikte gab es immer wieder, obwohl die Leitha als Grenze zwischen der bayerischen Ostmark und Ungarn seit Langem feststand. Sie hingen meist mit der instabilen ungarischen Thronfolge zusammen. Die weit ins 11. Jahrhundert zurückreichende „unerfreuliche Tradition der Einmischung in innerungarische Auseinandersetzungen“18 wurde durch wiederholte eheliche Verbindungen zwischen den Babenbergern und den Arpaden nicht behoben, sondern noch gefördert: Leopolds III. Sohn Adalbert, Schwiegersohn König Bélas II. von Ungarn, half diesem 1133 erfolgreich im Kampf gegen den eher dubiosen Thronanspruch des Borics,19 eines Sohnes König Kolomans von Ungarn und Enkels des Großfürsten Vladimir Monomach von Kiew.20 Nach seiner Niederlage ging Borics ins byzantinische Exil. Die Beziehungen zwischen dem Reich und Ungarn gestalteten sich in den folgenden Jahren so positiv, dass König Konrad III. 1139 eine spätere Ehe seines Sohnes Heinrich mit Sophia, der Tochter Königs Bélas II., vereinbarte. Doch dieses Heiratsprojekt zerschlug sich nach dem Tod Bélas: 1145 sah Sophia, in der Obhut des Regensburger Burggrafen, keine Aussichten auf eine Eheschlie15 RI IV, 1, 2 n. 582 16 RI IV, 1, 2 n. 659 und 669 17 RI IV, 1, 2 n. 670
18 Brunner Karl 2009, S. 195 19 Otto Chronik, S. 537 20 Font, S. 1ff.
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ßung mit dem Königssohn mehr und trat gegen den Willen ihres inzwischen König gewordenen Bruders Géza II. in das Kloster Admont ein.21 Zu dieser Zeit tauchte auch Borics wieder auf und machte Géza den Thron streitig. Seine Ambitionen wurden von Byzanz unterstützt, das ein befreundetes oder schwaches Ungarn an seiner Westgrenze wünschte. Auch Herzog Vladislav II. von Böhmen stand auf Borics’ Seite; er brachte König Konrad III. dazu, dessen Ansprüche zumindest verbal zu unterstützen (und hatte dafür auch gute Gründe, weil Géza seinerseits Vladislavs böhmischen Gegnern half). Konkrete Schritte unternahm Konrad allerdings nicht; ob und inwieweit er Heinrich Jasomirgott zu solchen animierte, ist nicht erkennbar. Dieser griff gleichfalls nicht aktiv in den Thronstreit ein, ließ es aber (im Konsens mit Konrad oder gar von diesem aufgefordert) zu, dass Borics in Bayern Söldner gegen Ungarn warb. Möglicherweise konnte er dies auch nur nicht verhindern, weil er just in die Fehde mit Bischof Heinrich von Regensburg verwickelt war. Die bayerischen Grafen Hermann von Poigen und Liutold von Plain-Hardegg besetzten jedenfalls im Frühjahr 1146 von Borics angestachelt handstreichartig Preßburg, „auf eigene Faust, während ihr Herzog in der Ferne weilte“.22 Die Folge war eine eindrucksvolle militärische Unternehmung Gézas: Unter der Führung des Königs und seines kriegserfahrenen Onkels, des kroatischen Palatin Belus, marschierte ein großes Heer an der Leitha auf. Dass dies eher als Demonstration der Macht gedacht war denn als Versuch einer Invasion Österreichs, zeigte auch die symbolische Überhöhung der Aktion durch die feierliche Schwertleite des sechzehnjährigen Königs vor versammelter Mannschaft. Heinrich Jasomirgott suchte trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit sein Heil im Angriff, musste sich aber am Ende geschlagen auf Wien zurückziehen. Die Ungarn verfolgten ihn nicht energisch, sondern begnügten sich damit, die Landstriche entlang der Donau zu verwüsten. Ob er eine „vernichtende Niederlage“ erlitten hatte23 oder ob die Schlacht letztlich „unentschieden“ blieb,24 hängt vom Blickwinkel ab. Otto von Freising schreibt, es sei „ein großer Teil der edlen und erlauchten Männer“ gefallen.25 Das könnte bedeuten, dass der Babenberger einen Teil seines bayerischen Anhangs verlor. Von den üblichen Zerstörungen und Plünderungen abgesehen nahm die Mark keinen dauernden Schaden. Allerdings bestätigte die damit zusammenhängende Rückgabe von Preßburg an Ungarn die Unverrückbarkeit bestehender Grenzen nach Osten. Borics floh nach Byzanz. Dem Ansehen des Herzogs in Bayern war die Niederlage zwar nicht förderlich, aber der 21 RI IV, 1, 2 n. 362 22 Vancsa, S. 306 23 Weller, S. 51
24 Engels, S. 44 25 Otto Gesta, I, 34
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im darauffolgenden Jahr beginnende Kreuzzug verhinderte zunächst alle Weiterungen. Im Verlauf des 1149 zwischen Byzanz und Ungarn ausgebrochenen Krieges wurde ein Gesandter Konrads III. nach Konstantinopel von den Ungarn gefangen genommen, auf einen Protest des deutschen Königs hin aber „königlich beschenkt“ wieder entlassen.26 Friedrich Barbarossa plante gleich zu Beginn seiner Herrschaft einen Feldzug gegen Ungarn, wohl um die althergebrachte Lehenshoheit des Reiches geltend zu machen. Doch er stieß auf dem Reichstag zu Regensburg im Juni 1152 auf den Widerstand insbesondere der bayerischen Fürsten. Es scheint, dass zumal Heinrich Jasomirgott nach den Erfahrungen des Jahres 1146 keinerlei Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem östlichen Nachbarn hatte, bei der für ihn nichts zu gewinnen war. So war also die in den „Gesta“ ausgedrückte Erwartung Ottos von Freising, für die „so schmachvolle Niederlage“ an der Leitha werde die Rache „von der siegreichen Rechten des jetzigen Kaisers vollzogen werden“, durchaus unzeitgemäß.27 Denn Friedrich Barbarossa setzte die von seinem Vorgänger eingeleitete Bündnispolitik mit Manuel Komnenos nicht fort, weil er keinerlei territoriale Zugeständnisse in Italien machen wollte. 1153 schloss er den „Konstanzer Vertrag“ mit Papst Eugen III., der diesem die kaiserliche Unterstützung gegen eine byzantinische Expansion in Italien zusicherte. Die Entfremdung zwischen den beiden Kaiserreichen führte dazu, dass 1156 Verhandlungen über eine Ehe Friedrichs mit der Nichte Manuels, Maria, abgebrochen wurden. Heinrich Jasomirgotts byzantinischer Rückhalt verlor an Wert. Dafür kam es zur Annäherung an Ungarn; König Géza II. stand der staufischen Italienpolitik zunächst positiv gegenüber, weil Friedrich Barbarossa ihn in den Thronstreitigkeiten mit seinem Bruder Stephan unterstützt hatte. Aber dann zeigte das Schisma auch hier Wirkung: 1161 schloss Géza ein Konkordat mit Papst Alexander III., das freilich zunächst eher bedeutungslos blieb, da der ungarische König schon im Mai 1162 starb. In die prompt wieder folgenden Thronwirren griffen sowohl Byzanz als auch das Reich ein: Gézas fünfzehnjähriger Sohn Stephan musste sich erst einmal der von Manuel Komnenos unterstützten Brüder seines Vaters erwehren. Sie bestiegen nacheinander als Ladislaus II. und Stephan IV. den Thron, konnten sich aber gegen den Widerstand von Adel und Kirche nicht halten. Friedrich Barbarossa beauftragte Heinrich Jasomirgott und Markgraf Otakar von Steier, die Interessen des Reiches zu wahren. Mit ihrer Hilfe setzte sich Gézas Sohn zwar am Ende als Stephan III. durch; der Konflikt mit Byzanz blieb aber bestehen. 26 RI IV, 1, 2 n. 639 und 640
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Heinrich Jasomirgott zählte zwar nicht zu den ständigen Ratgebern Friedrich Barbarossas, war aber für den Kaiser doch ein „Ostexperte“.28 Er verfügte über direkte Kontakte nach Konstantinopel und war mit den ungarischen Verhältnissen bestens vertraut. Auch wenn von der deutsch-byzantinischen Bündnispolitik fünfzehn Jahre nach dem Kreuzzug nichts mehr übrig geblieben war, zwangen doch Interessenüberschneidungen auf dem Balkan und im Mittelmeerraum immer wieder zu Gesprächen und Abgleichen. So entsandte der Kaiser Heinrich Jasomirgott und Otto von Wittelsbach im Frühjahr 1166 nach Sofia zu Verhandlungen mit Manuel Komnenos über einen Friedensvertrag der beiden Reiche und einen Waffenstillstand in Ungarn. Begleitet wurde der österreichische Herzog von seiner Frau Theodora, was der Gesandtschaft noch größeres Gewicht verlieh. Die Verhandlungen erzielten zwar nur einen auf Ungarn bezogenen Teilerfolg, aber Heinrich Jasomirgott vermählte 1166 seine Tochter Agnes mit dem jungen ungarischen König und unterstützte diesen im Jahr darauf gegen die „Griechen“. Diese Ehe vermochte das Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn zu stabilisieren, aber die Ruhe währte nur knappe sechs Jahre. Denn Stephan starb, wohl durch Gift, im März 1172, just als sein Schwiegervater Heinrich den Löwen auf dessen Fahrt ins Heilige Land nach Ungarn begleitete. Der Babenberger kehrte mit seiner schwangeren Tochter sofort nach Österreich zurück (und verheiratete sie im Jahr darauf mit Herzog Hermann von Kärnten). Stephans Bruder bestieg 1173 mithilfe von Byzanz und zunächst gegen den Widerstand von Teilen des ungarischen Adels als Bela III. den Thron. Er hatte zuvor in Byzanz gelebt, war dort mit Manuels Tochter Maria verlobt und zeitweilig sogar byzantinischer Thronfolger gewesen (ehe Manuel ein eigener Sohn geboren wurde). Seine Schwester Helene heiratete 1174 Heinrich Jasomirgotts ältesten Sohn Leopold; die Verlobung ging möglicherweise schon auf Géza II. zurück. Aber dann machte Belas jüngerer Bruder Géza ebenfalls Thronansprüche geltend und floh schließlich nach Österreich, wo ihm Heinrich Jasomirgott Schutz gewährte. Damit geriet dieser wieder einmal mitten in ungarische Thronstreitigkeiten hinein – die zur Sicherung des Friedens gedachten Heiraten hatten offenkundig das genaue Gegenteil bewirkt. Bela III. reagierte auf den Affront Heinrichs mit dem üblichen Mittel: Ungarische Truppen fielen 1176 in Österreich ein und verwüsteten Dörfer und Fluren. Auf Hilfe durch Byzanz durfte der Schwiegersohn Kaiser Manuels diesmal nicht hoffen. Es kam aber nicht zu größeren Kampfhandlungen; die ungarischen Aktivitäten waren auch nicht mit den gleichzeitigen, viel gefährlicheren Angriffen aus Böhmen koordiniert und konnten deshalb abgeschlagen werden. 28 Scheibelreiter 2010, S. 221
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Nichts als kindischer Trotz
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DIE „GEBURT ÖSTERREICHS“
Heinrich hatte sich das Herzogtum [Bayern] entwinden lassen, denn es fehlte ihm die Gabe, die unzufriedenen Elemente fest zu halten, und wohl auch der Muth, das Schlachtenglück zu versuchen. Da war es nun nichts als kindischer Trotz, wenn er auf einer Versammlung in Wien, etwa gegen das Ende des Jahres, Kräfte zweiten und dritten Ranges um sich scharte und in einer nichtssagenden Schenkungsurkunde sich noch immer „Herzog von Baiern“ nannte. GEORG JURITSCH
Von allem, was man gemeinhin über Heinrich Jasomirgott weiß, ist die Geschichte der „Geburt Österreichs“ am besten bekannt: Wie Friedrich Barbarossa vor seiner Wahl zum deutschen König 1152 Heinrich dem Löwen das Herzogtum Bayern verspricht; wie er dann vier Jahre lang versucht, den Babenberger mit steigendem Druck und viel Überredungskunst zum Verzicht auf dieses Bayern zu bewegen; wie Heinrich Jasomirgott zuerst eigensinnigen Widerstand leistet, aber schließlich doch nachgeben muss – und wie er dafür die zum Herzogtum erhobene Mark Österreich behält, ausgestattet mit Sonderrechten, die im „Privilegium minus“ festgeschrieben sind. Wieder sind wir bei Otto von Freising: Seiner Darstellung verdanken wir fast alle Kenntnisse über den Ablauf der Verhandlungen (wobei er sich auch etwas darauf zugutehält, als Vermittler zwischen dem Kaiser und seinem Bruder tätig gewesen zu sein). Er bewundert und preist Friedrich Barbarossa für seine Langmut und Großzügigkeit dem babenbergischen Onkel gegenüber und kritisiert leise dessen Sturheit. Hat der „störrische Vaterbruder“1 des Kaisers bis zum Beweis des Gegenteils wirklich geglaubt, Bayern behalten zu können? Hat er schließlich 1 Scheibelreiter 2010, S. 203
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„hochherzig … den dringenden Wünschen des Kaisers, den Bitten seines Bruders, Bischof Otto’s von Freisingen, und der Ruhe von Deutschland seine Rechte auf das Herzogthum Baiern zum Opfer“ gebracht?2 Oder war Heinrich Jasomirgott eher ein kühler Rechner, der aus einem Prozess, dessen Ausgang von vorneherein feststand, noch möglichst viel für sich heraus-zuschlagen versuchte? Ist das „Privilegium minus“ ein Ausgleich für den Machtverlust gewesen? Und schließlich: Hätte Bayern Bestand gehabt, wenn es entweder Heinrich der Löwe oder Heinrich Jasomirgott ungeteilt regiert hätten?
Zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen In der Ruhmeshalle des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien zeigt ein Bild des österreichischen Malers Carl von Blaas (1815–1894) die berühmte Szene auf den Barbinger Wiesen: „Friedrich I. Barbarossa belehnt Heinrich II.“. In der Mitte thront mit herrscherlicher Geste Friedrich Barbarossa. Ihm zur Linken steht martialisch Heinrich der Löwe, eine Hand am Schwertgriff, in der anderen die fünf Fahnen Bayerns. Zur Rechten des Kaisers empfängt Heinrich Jasomirgott, fast demütig unter dem Szepter kniend, die beiden Fahnen Österreichs und das „Privilegium minus“. Mag diese typische Historienmalerei auch in manchen Details eher der Fantasie als geschichtlichem Wissen entsprungen sein – die Komposition der drei Hauptfiguren entspricht nicht nur dem Geschichtsverständnis des 19. Jahrhunderts, sondern auch den Machtverhältnissen des Jahres 1156: Die Herrschergestalten Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe überragen eindrucksvoll Heinrich Jasomirgott. Friedrich, seines roten Bartes wegen zuerst von den Italienern und dann von aller Welt „Barbarossa“ genannt, wurde wahrscheinlich 1122 geboren. Sein Vater Herzog Friedrich II. von Schwaben (der „Einäugige“) war der ältere Bruder König Konrads III., seine Mutter Judith die Schwester des bayerischen Welfenherzogs Heinrichs des Stolzen. 1147, mit fünfundzwanzig Jahren, folgte er als Herzog von Schwaben dem Vater nach. Noch zu dessen Lebzeiten – und sicher nicht gegen dessen Willen – näherte sich Friedrich Barbarossa seinem Onkel mütterlicherseits, Welf VI., an und unterstützte diesen in seinem Kampf um Bayern. Offenbar war er mit Konrads Entscheidung zugunsten Heinrich Jasomirgotts nicht einverstanden. Dann aber begleitete er seinen königlichen Onkel auf dem Kreuzzug und wurde zunehmend dessen engster Berater. Mit Welf VI. blieb er während des Kreuzzugs und danach verbunden und vermittelte schließlich einen Ausgleich zwischen 2 Haßler, S. 33
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diesem und dem König. Als Konrads bereits zum deutschen König gewählter Sohn Heinrich 1150 starb, wurde Friedrich Barbarossa staufischer Kronprätendent (obwohl es da noch Konrads jüngeren Sohn Friedrich gab). Er zeichnete sich, so Abt Wibald von Stablo, „durch einen scharfen Verstand, rasche Entschlußkraft in Beratungen, großes Kriegsglück, Streben nach Ruhm, Abscheu gegen Ungerechtigkeit, Zugänglichkeit und Freigiebigkeit und eine deutliche rhetorische Begabung“ aus.3 Heinrich der Löwe, vermutlich um 1130 geboren, war der Sohn Herzog Heinrichs des Stolzen von Bayern (und Sachsen) und der Kaisertochter Gertrud von Süpplingenburg. Durch die Heirat seiner Mutter mit Heinrich Jasomirgott wurde er 1142 dessen Stiefsohn, doch dürfte sich zwischen den beiden Heinrichen in der kurzen Zeit dieser Ehe keine persönliche Beziehung aufgebaut haben. Denn Heinrich der Löwe war wohl durchgehend in Sachsen, wo Großmutter und Mutter seine Angelegenheiten erfolgreich vertraten. Nach dem frühen Tod Gertruds regierte er Sachsen mithilfe von Beratern, die schon seinem Vater und seinem Großvater gedient hatten. Da diese seine „tutores“ gewiss nicht gegen seinen Willen handelten – etwa 1144 in der mit Brachialgewalt zu seinen Gunsten entschiedenen Auseinandersetzung um das Erbe der Grafen von Stade –, darf man dem Urteil von Gerd Althoff folgen, dass „schon der Beginn der selbständigen Regierung Heinrichs des Löwen alle die Züge und Eigenheiten einer konsequenten und auch skrupellosen Territorialpolitik [zeigt], die die gesamte Herrschaft des Welfen charakterisieren“.4 Seine Berater waren es wohl auch, die in ihm den Anspruch auf die Rückgabe des Herzogtums Bayern aufrechterhielten; die Rückforderung trug der etwa Siebzehnjährige aber auf dem Frankfurter Hoftag Konrads III. am 15. März 1147 bereits in eigener Person vor. Heinrichs des Löwen herausragende Eigenschaften waren „seine körperliche Tüchtigkeit, sein persönlicher Mut, seine Freude am Waffenhandwerk und sein scharfer Verstand“, besonders aber ausgeprägtes Machtbewusstsein (beinahe „Machtbesessenheit“ meint Jordan) und größte Rücksichtslosigkeit in der Durchsetzung von Rechten und Interessen.5 „Heinrich der Löwe“, schreibt sein Biograf Joachim Ehlers, „ hat in dem Bewusstsein gelebt, einer der ältesten Adelsfamilien der Christenheit anzugehören, durch Abkunft von … mächtigen Vorfahren hochlegitimiert zur Herrschaft.“6 Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe standen einander als rücksichtslose Machtpolitiker in nichts nach (und eignen sich offenkundig auch besser zur Heldenverehrung als Heinrich Jasomirgott). Folglich tritt dessen Gestalt fast zwangsläufig zurück hinter die des „Rotbarts“ und des „Löwen“, 3 Opll 2009, S. 30 4 Althoff, S. 151
5 Jordan 1979, S. 255 6 Ehlers, S. 398
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die je nach Standpunkt des Schreibers und der gerade vorherrschenden Ideologie abwechselnd oder zugleich als „Lichtgestalten“ der deutschen Geschichte hervorgehoben oder gar idealisiert worden sind. Ende der Vierzigerjahre des 12. Jahrhunderts aber nahmen die drei als Herzöge von Schwaben, Sachsen und Bayern erst einmal die gleiche Rangstufe unter den höchsten Reichsfürsten ein. Ihre kognatischen Abstammungen ähnelten einander, nicht jedoch ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander. Außerdem gehörten Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe einer anderen Generation an als Heinrich Jasomirgott. Und noch etwas unterscheidet sie: Im Gegensatz zu dem Babenberger, der erst als Mittdreißiger eine größere Rolle als Pfalzgraf und Markgraf zu spielen begann, griffen der Staufer und der Welfe schon in jugendlichem Alter in die Geschehnisse des Reiches ein und übten das ihnen in frühen Lebensjahren zugefallene Herzogsamt sogleich selbstständig aus. In den komplizierten Beziehungen spielten die unterschiedlichen Grade verwandtschaftlicher Nähe zueinander und zum König eine wichtige Rolle: Heinrich Jasomirgott war als Halbbruder der Staufer Friedrich und Konrad nicht nur „Bruder des Königs“, sondern auch Friedrich Barbarossas Onkel zweiten Grades (dass dieser ihn dann im „Privilegium minus“ seinen „geliebtesten Onkel“ nennt, muss noch auf keine besondere persönliche Nähe schließen lassen). Friedrich Barbarossa war Neffe ersten Grades von Konrad III. und zugleich über seine Mutter Judith (eine Schwester Heinrichs des Stolzen) Vetter ersten Grades von Heinrich dem Löwen. Dieser wiederum war weder mit König Konrad noch mit Heinrich Jasomirgott verwandt, und die etwa einjährige Stiefvaterschaft des Babenbergers hat keinerlei Spuren im Verhältnis der beiden hinterlassen. So standen sich Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe verwandtschaftlich eindeutig näher als einer von beiden Heinrich Jasomirgott, der dafür die größte Nähe zu Konrad III. hatte. Die Interessen der drei Herzöge waren ineinander verwoben, zugleich aber einander diametral entgegengesetzt: Heinrich der Löwe wollte in sein bayerisches Erbe eingesetzt werden, Heinrich Jasomirgott wollte Bayern behalten. Friedrich Barbarossa sah sich ganz klar in der Nachfolge Konrads III. und baute dazu ein Netzwerk von Beziehungen auf, zu dem die Welfen an vorderster Stelle gehörten, Heinrich Jasomirgott aber offenbar nicht. Man darf folglich annehmen, dass er dem Wunsch des Löwen aufgeschlossen gegenüberstand. Heinrich Jasomirgott hatte also auf Dauer von beiden nichts Gutes zu erwarten. Wie sicher war nach der trügerischen Atempause des Zweiten Kreuzzugs seine Stellung in Bayern? Während Friedrich die Nähe Konrads III. suchte, verweilte der Babenberger ausweislich der urkundlichen Nennungen
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immer seltener am Hofe des Königs.7 Ferdinand Opll stellt angesichts dessen die Frage, ob er sich der Unterstützung des königlichen Halbbruders wirklich so sicher sein konnte, dass er die Welfen nicht als Gefahr ansehen musste.8 Nun hieße es sicher Heinrich Jasomirgotts Fähigkeiten zur nüchternen Einschätzung der Lage verkennen, würde man ihm unterstellen, er habe den wachsenden Einfluss Friedrich Barbarossas und das zunehmende Aggressionspotenzial Heinrichs des Löwen unterschätzt. Vielleicht aber hat er die Kräfte des Königs überschätzt, der krank aus Byzanz zurückgekehrt war und seine Anstrengungen mehr und mehr auf einen geplanten Romzug zur Kaiserkrönung und die Sicherung seiner Nachfolge durch seine Söhne Heinrich (und nach dessen Tod Friedrich) richtete. Noch aber gewährte Konrad dem „Bruder des Königs“ seine volle Unterstützung. Welf VI. nahm zwar schon vor der Rückkehr Konrads aus dem Heiligen Land den alten Kampf um Bayern wieder auf. Aber als er im Februar 1150 die Burg Flochberg (nahe Nördlingen) angriff, wurde er von einem staufischen Heer besiegt. Angeführt hatte es Konrads Sohn Heinrich, der darüber auch an Manuel Komnenos berichtete.9 Der König beabsichtigte, zur völligen Niederwerfung Welfs einen Reichskrieg zu führen, wurde aber – vor allem durch Friedrich Barbarossa – zu einem Ausgleich bewogen, der den Welfen schließlich veranlasste, seine Feindseligkeiten endgültig einzustellen. Da es auch keinen offenen Konflikt mit Géza II. von Ungarn gab, schien Heinrich Jasomirgotts Herrschaft in Bayern stabil, zumal hier inzwischen drei Babenberger führende Stellungen innehatten: 1148 war Heinrichs jüngster Bruder Konrad Bischof von Passau geworden. Der zeitweilige Streit des Herzogs mit seinen beiden bischöflichen Brüdern um weltliche und kirchliche Rechte dürfte den grundsätzlichen Konsens der babenbergischen Familie zur Herrschaftserhaltung nicht gefährdet haben. Heinrich Appelt meint zwar, letztlich seien die Babenberger nicht in der Lage gewesen, „die Herrschaft über das alte Stammesherzogtum [Bayern] fest in die Hand zu nehmen“.10 Aber nach Flochberg gab es in Bayern keinen nennenswerten Widerstand mehr gegen Herzog Heinrich Jasomirgott. Eine Erhebung des Wittelsbacher Pfalzgrafen Otto IV. im Jahre 1151, die Konrad III. mit einer Belagerung der Burg Kelheim niederschlug, hatte sich nicht gegen den bayerischen Herzog gerichtet: Der Pfalzgraf lag als Vogt im Streit mit Otto von Freising,11 der die Rechte seines Bistums recht aggressiv wahrnahm. Zumindest der ostbayerische Adel einschließlich desjenigen der österreichischen
7 Konkordanz der Nennungen bei Hofe bei Opll 2007, S. 61ff; dazu auch: Ziegler 2007, S. 393ff. 8 Opll 2007, S. 50
9 RI IV, 1, 2 n. 651 10 Appelt, S. 34 11 RI IV, 1, 2 n. 747
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Mark stand aufseiten seines Herzogs, auch in der Ablehnung einer welfischen Herrschaft. Doch Heinrich der Löwe machte sogleich nach dem Kreuzzug seine Forderung auf Rückgabe Bayerns nachdrücklich geltend. Konrad III., bemüht, einen offenen Konflikt zu vermeiden, wählte für die Entscheidung in dieser Frage den Weg eines förmlichen Rechtsverfahrens: Vermutlich lud er Heinrich den Löwen deshalb schon im Juli 1150 zu einem Reichstag in Würzburg, wo dieser jedoch nicht erschien. Stattdessen brach er mit starken Kräften nach Bayern auf. Konrad erklärte es wie schon 1138 für nicht rechtens, dass ein Fürst zwei Herzogtümer innehaben solle, und sagte Heinrich Jasomirgott Unterstützung zu. Zu Kampfhandlungen ist es aber offenbar nicht gekommen. Als Heinrich der Löwe auch den Ladungen zu Hoftagen im Januar, im Juli und im September 1151 nicht Folge leistete, wollte der König nach Sachsen ziehen und Braunschweig belagern, brach den Feldzug aber ab, als der Sachsenherzog Widerstand leistete. Wieder war Friedrich Barbarossa an diversen Vermittlungen beteiligt. Konrad III. wollte seinen babenbergischen Halbbruder gewiss nicht fallen lassen; aber er hatte, von schwerer Krankheit gezeichnet, keine Fortüne mehr, zumal im Herbst 1150 sein dreizehnjähriger schon zum König gewählter Sohn Heinrich gestorben war. Nun wurde Friedrich Barbarossa endgültig der hervorragendste Repräsentant des staufischen Hauses nach dem König und aussichtsreichster Kandidat für dessen Nachfolge. Zudem wuchs auf staufischer wie auf welfischer Seite die Einsicht, dass eine Befriedung des Reiches und eine Stabilisierung des staufischen Königstums sowie die Wiedererlangung der Herzogtümer durch die Welfen letztlich nur mithilfe eines Ausgleichs möglich sein würde. Der König starb am 15. Februar 1152, ohne dass er die Nachfolge seines achtjährigen Sohnes Friedrich noch hätte absichern können. Friedrich Barbarossa schob den Knaben, für den offenbar schon die Krönung vorbereitet war, ohne große Skrupel und Probleme zur Seite.12 Die entscheidenden Wähler gewann er mit großen Versprechungen für sich. Ob Heinrich der Löwe ebenfalls die Königswürde anstrebte, ist nicht belegt, aber er war zweifellos ein ernst zu nehmender Kandidat. Deshalb schloss der Staufer mit den Welfen ein Bündnis, zu dessen Konditionen ziemlich sicher die Verleihung des Herzogtums Bayern an Heinrich den Löwen gehörte. Schon drei Wochen nach Konrads Tod, am 4. März 1152, wurde Friedrich Barbarossa zum deutschen König gewählt. Heinrich Jasomirgott hatte sich – vielleicht auch aus besonderer persönlicher Verbundenheit – bis zum Ende an Konrad III. gehalten. Er hat offen-
12 Görich 2011, S. 97ff.
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bar auch nicht versucht, sich Friedrich Barbarossa anzudienen. Für 1151 ist die gleichzeitige Anwesenheit beider am königlichen Hof bezeugt, ohne dass wir einen Hinweis darauf haben, ob es zwischen ihnen zu Gesprächen über die Zukunft kam, was angesichts der Hinfälligkeit Konrads sicher sinnvoll gewesen wäre. Die Beweggründe beider für ihr Verhältnis zueinander kennen wir nicht. An Bedeutung wäre der Babenberger als Verbündeter Heinrich dem Löwen vielleicht nur wenig nachgestanden, als Exponent der Reichspolitik aber reichte er an den Welfen sicher nicht heran. Möglicherweise hat sich Heinrich Jasomirgott dem Beispiel seines Vaters folgend aus der Reichspolitik auch bewusst herausgehalten, darauf vertrauend, dass seine Machtposition an der Peripherie des Reiches dafür stark genug war. Odilo Engels meint sogar, Heinrich Jasomirgott habe zu den Fürsten gehört, „die 1152 auf Grund ihres Machtpotentials mit einer Königsnachfolge rechnen konnten.“13 Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass er jemals derartige Ambitionen gehabt hätte. Immerhin deutet eine solche Überlegung aber an, dass Friedrich Barbarossa ihn bei seinen künftigen Plänen ernst nehmen musste. Die Babenberger bildeten an der Donau „eine selbständige politische Macht … Ein Versuch, sie niederzukämpfen, wäre von vorneherein vollkommen unrealistisch gewesen.“14 Das gilt umso mehr, als Heinrich Jasomirgott zu dieser Zeit auf Rückendeckung durch Vladislav von Böhmen, Géza von Ungarn und Kaiser Manuel Komnenos hoffen durfte. Dennoch zeichnete sich ein Bedeutungsverlust Heinrich Jasomirgotts allein schon darin ab, dass er nicht zu jenem „ausgewählten Kreis geistlicher und weltlicher Herren“ zählte, die Erzbischof Heinrich von Mainz im Februar 1152 zur Vorbereitung der Königswahl eingeladen hatte.15 Hier handelten Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe wohl auch jene Bedingungen aus, unter denen Heinrich der Wahl Friedrichs zustimmen sollte. Heinrich Jasomirgott blieb auch der Königswahl fern und ebenso der Krönung Friedrich Barbarossas in Aachen. Und er gehörte auch nicht zu den Fürsten, die mit Friedrich Barbarossa sogleich wichtige Angelegenheiten des Reiches berieten – darunter Welf VI., Heinrich der Löwe, aber auch Otto von Wittelsbach und Otto von Freising.16 Gleichwohl huldigte Heinrich Jasomirgott dem neuen König, denn eine Verweigerung hätte den Entzug seiner Reichslehen zur Folge gehabt und ihn in eine ähnliche Situation gebracht wie Heinrich den Stolzen vierzehn Jahre zuvor. Es hatte Heinrich Jasomirgott nicht verborgen bleiben können, wie sehr sich unter Friedrich Barbarossa die Waagschale der Reichspolitik zu seinen 13 Engels, S. 85; ebenso: Laudage, S. 36 14 Appelt, S. 34
15 Ehlers, S. 12 16 Görich 2011, S. 123ff.
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Ungunsten neigte. „Für den Babenberger standen die Zeichen der Zeit schlecht, sowohl das Interesse des Herrschers als auch das der überwiegenden Mehrzahl der Fürsten war auf die Beendigung der Auseinandersetzung gerichtet.“17 Wieder ist es schwierig, die Denkweise eines mittelalterlichen Fürsten mit modernen oder gar mit machiavellistischen Kategorien zu erfassen. Dennoch: Heinrich Jasomirgott war ein kühler Rechner und wusste wohl längst, dass er gegen den Willen des Königs Bayern nicht würde halten können, dass dafür weder seine Rechtsposition noch seine Machtmittel ausreichten. Aber aus seiner Rechtsposition heraus, gestützt auf seine Macht, konnte er zuwarten, wie Friedrich Barbarossa vorgehen würde. Als dieser ihn Ende Juni 1152 in der bayerischen Hauptstadt Regensburg aufsuchte, hat er den Herzog sicher nicht im Unklaren über seine bayerischen Absichten gelassen. Umgekehrt hat Heinrich Jasomirgott ebenso sicher deutlich gemacht, dass er seinen bayerischen Dukat nicht ohne entsprechende Kompensation aufgeben würde. Entstand hier bereits ein Grundkonsens beider, keinesfalls zu gewaltsamen Mitteln zu greifen, sondern alle Möglichkeiten eines Ausgleichs durchzuspielen?
Honor et Gloria – „Die Ehre und der Ruhm unseres geliebtesten Onkels“ Was blieb Heinrich Jasomirgott, wenn er Bayern nicht halten konnte? Die Mark Österreich als geschlossener Herrschaftsbereich – freilich auch als bayerisches Lehen. Die Hergabe Bayerns ohne Kompensation, verbunden mit dem Verlust der Herzogswürde, hätte aber nicht nur die faktische Macht Heinrich Jasomirgotts empfindlich gemindert – sie hätte auch „honor et gloria“, Ehre und Ruhm also, nachhaltig beschädigt. Denn es ging nicht nur um den konkreten Herrschaftsanspruch, sondern auch – und das war mindestens ebenso wichtig – um seine Stellung in der Hierarchie der Reichsfürsten. Verlor er sein Herzogtum, so war er auf die niedrigere Ebene des Markgrafen zurückgeworfen, und zudem würde sein Stiefsohn sein Lehensherr werden. „Wo der Babenberger bis jetzt geboten hatte, da konnte er jetzt nicht gehorchen, mittelalterlich gesehen also die lehensrechtliche Position wechseln.“18 Ehre, das war die „Summe aus Vornehmheit, Ämtern, Besitz, persönlichen Fähigkeiten und Verbindungen“, und ihre Wahrung war nach zeitgenössischem Verständnis sicher wichtig genug, „um ihretwillen viel zu tun, was nach modernen Vorstellungen von Staatsräson unvernünftig gewesen ist.“19 Doch 17 Opll 2009, S. 434 18 Scheibelreiter 2010, S. 201
19 Görich 2007, S. 24
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auch wenn man sich die Frage stellt, „inwieweit man hochmittelalterlichen Herrschern rationale Planung und konsequente Umsetzung politischer Pläne unterstellen kann“,20 darf man sowohl bei Friedrich Barbarossa als auch bei Heinrich Jasomirgott in dieser Frage klare Ziele annehmen und zumindest ungefähre Vorstellungen, wie sie zu erreichen seien. Welche Kompensation Friedrich Barbarossa auch immer zunächst angeboten haben mag, ist unbekannt, aber offenbar reichte sie nicht aus, um aus der Sicht Heinrichs dessen Ehre und Ruhm ungemindert zu lassen. Deshalb leistete er so lange hinhaltenden Widerstand, bis eine für ihn gangbare Lösung gefunden war, auch wenn es längst nicht mehr darum ging, Herzog von Bayern zu bleiben. Zugleich half dieser Widerstand dem Kaiser aber auch dabei, Heinrich den Löwen nicht zu mächtig werden zu lassen: Immerhin verkleinerte sich das Herzogtum Bayern durch die Abtrennung der österreichischen Mark um ein wertvolles Territorium. Und wenn auch die babenbergischen Markgrafen längst „an der Schwelle zur Selbständigkeit innerhalb des Reichsverbandes“ standen und herzogsgleiche Rechte innehatten,21 gehörten sie doch immer noch dem Lehensverband des bayerischen Herzogs an. Gerade ein so machtbewusster Fürst wie Heinrich der Löwe hätte diese Schmälerung des von ihm beanspruchten und ihm versprochenen Herrschaftsbereichs mit Sicherheit nicht ohne Weiteres und freiwillig hingenommen. Eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielte in dem nun folgenden Procedere der durch Otto von Freising bezeugte Wunsch Friedrich Barbarossas, ein „Friedenskaiser“ zu sein, der den Streit um Bayern „ohne Blutvergießen“ beendete.22 So hat möglicherweise Lorenz von Westenrieder recht, der ein heimliches Einverständnis zwischen Heinrich Jasomirgott und dem Kaiser vermutete,23 ausgerichtet auf einen Kompromiss, der alle einigermaßen zufriedenstellen sollte. Unter diesen Auspizien erinnert das Verfahren zwischen 1152 und 1156 ein wenig an ein sorgfältig ausgearbeitetes Drehbuch. Friedrich Barbarossa lotete nach beiden Seiten hin aus, wie weit die Verständigungsbereitschaft ging: Heinrich der Löwe sollte als verlässlicher Bundesgenosse erhalten bleiben, Heinrich Jasomirgott nicht in den bewaffneten Widerstand getrieben werden. Otto von Freising schreibt, dass Mitte September 1156 der Beschluss zur Erhebung Österreichs zum Herzogtum verkündet worden sei, „der schon lange im geheimen bestanden hatte.“24 Dies wird in der Literatur allgemein auf das letzte vorhergehende Treffen Friedrich Barbarossas mit Heinrich Jasomirgott im Juni 1156 bezogen, aber „schon lange“ könnte sich doch durchaus auch auf einen längeren Zeitraum beziehen. 20 Hechberger 2007, S. 93 21 Prinz 1997, S. 95 22 Otto Gesta, II 7, 292f.
23 Westenrieder 1822, S. 248 24 Otto Gesta, II, 57
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Was zwischen dem Regensburger Hoftag Friedrich Barbarossas im Juni 1152 und der Fahnenleihe auf den Barbinger Wiesen im September 1156 ablief, wissen wir nur aus den „Gesta“. Freilich war deren Autor ein Bewunderer Friedrich Barbarossas und seinem Bruder Heinrich Jasomirgott aus verschiedenen Gründen eher weniger zugetan. Außerdem nahm er – durchaus nicht frei von Eitelkeit – für sich in Anspruch, eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den beiden gespielt zu haben. Friedrich Barbarossa hatte sich zu einem Verfahren entschlossen, das gewissermaßen auf mehreren Ebenen ablief: „iudicio vel consilio“ nennt das Otto von Freising. Durch Urteil oder Ratschlag, also zwischen einem öffentlichen Verfahren vor dem Königsgericht und Einigungsgesprächen abwechselnd, steuerten die Beteiligten auf ein Ziel zu, das sie möglichst unbeschädigt erreichen wollten.25 Zunächst hielt Friedrich Barbarossa den Konflikt in der Schwebe: Heinrich Jasomirgott nahm nicht nur am Hoftag im Juni 1152 in Regensburg teil und huldigte dem neuen König, sondern erschien in einer dort ausgestellten königlichen Urkunde auch als „dux Bavariae“. Heinrich der Löwe aber hatte sich bereits in einer auf dem Merseburger Hoftag im Mai 1152 in Anwesenheit Friedrich Barbarossas ausgestellten Urkunde ausdrücklich als „dux Bawariae et Saxoniae“ bezeichnet (und wenn ihm dieser Titel bis 1155 in kaiserlichen Urkunden auch nicht ausdrücklich zuerkannt wurde, war dies doch ein deutliches Signal). Auf einem Reichstag in Würzburg im Oktober 1152 leitete der Kaiser dann das förmliche Rechtsverfahren um Bayern ein. Dazu erschien Heinrich Jasomirgott erst einmal gar nicht. Einer zweimaligen Ladung zu einem Hoftag in Worms Pfingsten 1153 kam er zwar ebenso wie Heinrich der Löwe nach, erklärte jedoch, nicht rechtmäßig geladen zu sein, weshalb die Angelegenheit nicht verhandelt werden konnte. Auch an dem Reichstag in Speyer im Dezember 1153 nahm Heinrich Jasomirgott teil, bestritt jedoch abermals die Rechtmäßigkeit der Ladung. Damit gewann er erst einmal Zeit. Als er jedoch dem Hoftag in Goslar im Juni 1154 fernblieb, kam es zu einer Art Versäumnisurteil: Durch Fürstenspruch der Anwesenden wurde der Anspruch Heinrichs des Löwen auf Bayern anerkannt – freilich bedeutete dies erst einmal nur die „Anleite“ (einen Rechtsanspruch) auf das Herzogtum, das zunächst noch in der „Gewere“ (dem faktischen Besitz) Heinrich Jasomirgotts verblieb.26 Der Krönungszug Friedrich Barbarossas nach Italien im Oktober 1154 unterbrach das Verfahren. Heinrich der Löwe begleitete ihn. An sich hätte
25 Görich 2007, S. 26 – auch zum Folgenden
26 Jordan 1979, S. 52
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auch Heinrich Jasomirgott dem Aufgebot Folge leisten müssen – wer ohne Erlaubnis seines Herrn zuhause blieb, dem konnte sein Lehen entzogen werden. Der Konflikt um Bayern hätte sich also angesichts des Herzogs Nichterscheinen im Feldlager von Roncaglia „schnell und einfach lösen lassen“.27 Da dies nicht geschah, ja nicht einmal erwogen wurde, ist Heinrich Jasomirgott sicher im Einverständnis mit dem Kaiser in Bayern zurückgeblieben. Das mag auf eine gewisse Rechtsunsicherheit zurückzuführen sein: Heinrich Jasomirgott hätte wohl als „Herzog von Bayern“ aufgeboten werden müssen, was seine Position in dem anhängigen Lehensverfahren gestärkt hätte. Dass Welf VI. und Erzbischof Arnold von Mainz am Italienzug gleichfalls nicht teilnahmen, diente auch der Sicherung gegen eventuelle Aktivitäten des Babenbergers. Möglicherweise gab es aber zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich Jasomirgott ohnehin einen Konsens darüber, keinesfalls zu gewaltsamen Mitteln zu greifen. Ob dieser im Winter 1154 wirklich an der Versammlung einiger mit dem Kaiser und Heinrich dem Löwen unzufriedener bayerischer und sächsischer Fürsten im Böhmerwald teilnahm,28 erscheint deshalb ungewiss. Immerhin mochte allein das Gerücht einer solchen Verbindung als Warnung geeignet sein, Heinrich Jasomirgott nicht zum Äußersten zu treiben. Zudem spielte er nebenher wohl auch noch ein wenig auf Zeit: Der Italienzug war weder für Friedrich Barbarossa noch für Heinrich den Löwen ohne Risiken, wie sich etwa bei dem Anschlag an der Veroneser Klause erwies. Die Rückkehr des Kaisers machte alle derartigen Spekulationen (wenn sie denn überhaupt bestanden hatten) zunichte. Doch hatte Friedrich Barbarossa die Warnung, die von dem Fürstentreffen im Böhmerwald ausging, sehr wohl begriffen: Als eine neuerliche Begegnung mit Heinrich Jasomirgott wieder ergebnislos blieb, berief er Anfang Oktober 1155 einen Hoftag nahe der böhmischen Grenze ein. Auf ihm erschienen jene Großen des Reichs, die Parteigänger Konrads III. gewesen waren: Vladislav von Böhmen, Albrecht der Bär und Pfalzgraf Hermann bei Rhein. Sie brachten ihre Beschwerden und Vorbehalte gegen Friedrichs Politik ein und verhandelten für den abwesenden Heinrich Jasomirgott mit dem Kaiser in der bayerischen Frage. Allerdings ohne Ergebnis: Otto von Freising, der als Vermittler zu wirken versucht hatte, berichtet, die Gesprächsteilnehmer seien zuletzt „grußlos“ voneinandergegangen (was nach damaligem Rechtsempfinden eine schwere Störung der Kommunikation darstellte).29 Man kann sich allerdings fragen, ob nicht auch derlei zum „Drehbuch“ gehörte, denn Friedrich Barbarossa musste daran gelegen sein, Heinrich dem Löwen gegenüber 27 Ehlers, S. 92 28 Reindel, S. 341
29 Opll 2007, S. 57 (auch Anm. 96)
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die Schwierigkeiten des Ausgleichs mit dem Babenberger deutlich herauszustellen. So belehnte Friedrich Barbarossa auf dem Reichstag in Regensburg im Oktober 1155 Heinrich den Löwen zwar mit Bayern und die bayerischen Großen mussten diesem den Lehnseid leisten, aber die „Gewere“ verblieb immer noch bei dem Babenberger.30 Denn nun wurden wohl die Bedingungen des Verzichts auf Bayern in ihren Feinheiten ausgehandelt und in einer persönlichen Begegnung des Kaisers mit Heinrich Jasomirgott Anfang Juni 1156 bestätigt. Und es ging darum, sie für alle Betroffenen akzeptabel zu platzieren – also auch den dem Kaiser just besonders nahestehenden Heinrich den Löwen davon zu überzeugen, dass sein bayerischer Anspruch erheblich geschmälert werden müsse. Dabei spielten Gesten und Inszenierungen eine große Rolle. So kommt die hübsche Formulierung, die Johannes Adelphus für die Einigung der beiden Heinriche gefunden hat, wohl der Wahrheit recht nahe: „Jetz aber erst/ seint sie dem keiser gehorsam gewesen / wan sie hetten genug mit einander geschimpffet.“31 Es folgte der symbolträchtige Akt auf den Barbinger Wiesen am 8. September 1156, den Otto von Freising beschrieben hat: „Heinrich der Ältere [Jasomirgott] gab die Herzogsgewalt in Bayern durch sieben Fahnen zurück. Sie wurden dem jüngeren Heinrich [dem Löwen] übergeben, und dieser gab durch zwei Fahnen die Ostmark mit den seit alters dazugehörigen Grafschaften zurück. Dann bildete er [Friedrich Barbarossa] aus dieser Mark und den Grafschaften, die man drei nennt, auf Grund eines Beschlusses der Fürsten ein Herzogtum und übertrug es mit zwei Fahnen nicht nur ihm [also Heinrich Jasomirgott] persönlich, sondern auch seiner Gemahlin und bestätigte ihm durch Privileg, daß das in Zukunft von keinem seiner Nachfolger geändert oder aufgehoben werden könne.“32 Dass dieser Akt des Ausgleichs zwischen den beiden Heinrichen nicht auf dem Hoftag in der bayerischen Hauptstadt Regensburg inszeniert wurde, sondern in Heinrich Jasomirgotts Lager auf einer Wiese außerhalb, war der Rücksichtnahme auf dessen Ehre geschuldet, so wie der ganze Ablauf selbst: Heinrich leistete dem Kaiser gegenüber Zug um Zug Verzicht auf die Belehnung mit Bayern, dieser belehnte damit Heinrich den Löwen, der aber seinerseits auf die Mark Österreich verzichtete, die wiederum – „nach Fürstenspruch“ zum Herzogtum erhoben – als erbliches Reichslehen an Heinrich Jasomirgott ging.
30 Appelt, S. 37 31 Adelphus, S. 27
32 Otto Gesta, II, 57
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Das „Privilegium minus“ – Nur Sieger „Der Kaiser“, schreibt Otto von Freising bewundernd, „schätzte es höher ein als alle seine übrigen Erfolge, daß er diese beiden großen, mit ihm verwandten Fürsten seines Reiches ohne Blutvergießen wieder aussöhnen konnte.“33 Dem Loblied auf Friedrich Barbarossas Verhandlungsgeschick haben sich bis heute sehr viele Historiker angeschlossen: Nur aus seinem Bestreben, den Frieden im Reich zu sichern, seien die Geduld und Nachsicht zu erklären, die der Staufer dem „störrischen Vaterbruder“34 gegenüber an den Tag legte. Verwandtschaftliche Rücksichtnahme und der allgemeine Wunsch nach einem friedlichen Ausgleich habe den König daran gehindert, gegen den uneinsichtigen Babenberger hart vorzugehen. Der Kaiser konnte sich also am Ende in seinem Bestreben, als Friedensstifter aufzutreten, glänzend bestätigt finden. Und Heinrich Jasomirgott? Karl Lechner hebt dessen „hartnäckige Haltung“ hervor, die Friedrich Barbarossa zu einer endgültigen Lösung gedrängt habe.35 Manche österreichischen Historiker des 19. Jahrhunderts loben dagegen geradezu euphorisch Heinrichs Friedensliebe, mit der er „seinem wohlerworbenen Rechte“ entsagt habe.36 Er habe zu den seltenen Menschen gehört, „welche Opfer zu bringen und mit Adel ein Unrecht zu ertragen verstehen.“37 Darum habe er „hochherzig … den dringenden Wünschen des Kaisers, den Bitten seines Bruders, Bischof Otto’s von Freisingen, und der Ruhe von Deutschland seine Rechte auf das Herzogthum Baiern zum Opfer“ gebracht.38 Johannes Laudage meint allerdings, wie bereits erwähnt, Friedrich Barbarossa habe einen „Pyrrhussieg“ errungen. Er habe bereits gefallene Entscheidungen zugunsten Heinrichs des Löwen revidieren und Heinrich Jasomirgott weitgehende Zugeständnisse machen müssen und so nur mit Mühe sein Gesicht wahren können.39 In der Tat konterkarierte ja der symbolische Akt auf der Barbinger Wiese die Belehnung des Welfen mit ganz Bayern auf dem Regensburger Hoftag 1155 – und damit den ihr zugrunde liegenden Fürstenspruch des Goslarer Hoftags ein Jahr zuvor. Doch hat Friedrich Barbarossa gerade mit dem von ihm bewerkstelligten Kompromiss verdeutlicht, dass in dem Verfahren des „iudicio vel consilio“ am Ende der Wille und die Fähigkeiten des Kaisers weit über dem Spruch der Fürsten standen. 33 34 35 36
Otto Gesta, II, 49 Scheibelreiter 2010, S. 203 Lechner 1992, S. 151 Genersich, S. 15
37 Schneller, S. 86 38 Haßler, S. 33 39 Laudage, S. 96
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Auch wenn man mittelalterliche Menschen nicht mit modernen Maßstäben messen darf, waren doch weder bei Friedrich Barbarossa noch bei Heinrich Jasomirgott nur „großherzige“ Motive im Spiel: Es wurde hart abgerechnet und dabei das Optimum dessen erreicht, was beide gewinnen konnten. Dass Friedrich Barbarossa in sein Kalkül nun neben einem bayerischen auch noch einen österreichischen Herzog einbeziehen musste, dem er gewisse Sonderrechte eingeräumt hatte, kann er kaum als Nachteil empfunden haben (zumal Heinrich Jasomirgott diese Sonderrechte dann ohnehin nicht in Anspruch nahm). Das bayrische Machtpotenzial insgesamt hatte sich ja nicht vergrößert. Im Gegenteil: Heinrich der Löwe war nicht ganz so stark geworden, wie er das wohl gewollt hatte. Aber auch wenn er nur ein deutlich beschnittenes Bayern zurückerhalten hatte, so hatte er doch erreicht, was ihm wohl am wichtigsten war: Als Doppelherzog von Sachsen und Bayern nahm er einen höheren Rang ein als seine herzoglichen Standesgenossen und war, fast königsgleich, der bedeutendste unter den weltlichen Reichsfürsten. Seine Machtbasis war und blieb freilich das Herzogtum Sachsen; die Schmälerung des bayerischen Dukats scheint ihn nicht besonders betroffen gemacht zu haben. Ohnehin verwandte er auf Bayern nur begrenzte Aufmerksamkeit. Dass ausgerechnet einer seiner frühen herrschaftlichen Akte hier – die wohl gewaltsame Verlegung einer Zollbrücke von bischöflich-freisingischem auf herzogliches Gebiet – tief ins bayerische Geschichtsbewusstsein gedrungen ist, liegt nicht an der damaligen Bedeutung. Aber der notwendig gewordene kaiserliche Schiedsspruch am 14. Juni 1158 markiert immerhin den „Stadtgründungstag“ Münchens. Ob Heinrich Jasomirgott mit dem Ergebnis ganz zufrieden war, hat schon Juritsch bezweifelt und gemeint, dass dieser „nur mit schwerem Herzen für den grossen Besitz Baierns eine kaiserliche Pergamenturkunde eintauschte“.40 Immerhin hatte er drei Viertel seines bisherigen Herrschaftsbereichs verloren – Gebiete freilich, derer er sich nie hatte ganz sicher sein können. Wenn er zurückgeworfen war auf das väterliche Erbe, so war dies doch verbunden mit einer bedeutenden Rangerhöhung und der Sicherheit, hier eine unumstrittene Basis seiner fürstlichen Macht innezuhaben. Denn er behielt weiterhin die markgräflichen Rechte, vor allem gegenüber kirchlichem Gut (die er als „bloßer“ Herzog des Königsschutzes der Reichskirchen wegen so nicht hätte ausüben können). Die ihm und seiner Gemahlin Theodora zugebilligten Rechte wurden in einem Kaiserdiplom vom 17. September 1156 festgehalten. Dieses „Privi40 Juritsch, S. 211
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DAS „PRIVILEGIUM MINUS“ – NUR SIEGER
legium minus“ ist eine nachträgliche Festschreibung dessen, was zwischen den Beteiligten ausgehandelt und auch öffentlich dargeboten worden war – und steht für die „Verschriftlichung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Reichsoberhaupt und den Fürsten“.41 Die wesentlichsten Bestimmungen fasst Heinrich Appelt so zusammen: „Die Erblichkeit des Lehens auch in weiblicher Deszendenz, das Recht des fürstlichen Paares, im Falle kinderlosen Todes einen Nachfolger zu bestimmen, die Bindung der Ausübung der Gerichtsgewalt innerhalb des Sprengels des Herzogtums an die herzogliche Zustimmung, die Beschränkung der Vasallenpflichten auf den Besuch der Hoftage in Bayern und auf die Heeresfolge gegen die Österreich benachbarten Königreiche und Länder.“42 Dies alles geschah (so die Urkunde), damit „die Ehre und der Ruhm unseres geliebtesten Onkels in keiner Weise gemindert erscheinen“.43 Die Bedeutung des „Privilegium minus“ insgesamt wird recht unterschiedlich gewertet. Die Literatur darüber ist entschieden umfangreicher als die über Heinrich Jasomirgott selbst und erst recht die über Theodora, obwohl die Bestimmungen doch großenteils auf deren besondere Verhältnisse und Bedürfnisse zugeschnitten waren. Mindestens ebenso viele Fachdiskussionen hat bis heute der Bericht in den „Gesta“ ausgelöst, Heinrich der Löwe habe die Ostmark „mit den seit alters zu ihr gehörigen Grafschaften“ an Friedrich Barbarossa übergeben, der sie, „welche die drei genannt werden“, an Heinrich Jasomirgott weitergab.44 Sie sind zu keinem wirklich überzeugenden Ergebnis gekommen. Immer wieder wurde versucht, sie innerhalb oder auch außerhalb der Mark zu verifizieren; da aber 1156 von einer Gebietserweiterung des neuen Herzogtums über die bisherigen Grenzen der Mark nirgends die Rede ist, neigt die Forschung eher dazu, in ihnen inzwischen integrierte Herrschaftsrechte innerhalb der Mark zu vermuten. Besonders wichtig waren für das Herzogspaar die Erbfolgebestimmungen. Heinrich war knapp fünfzig Jahre alt, Theodora wahrscheinlich erst um die dreiundzwanzig. Nach menschlichem Ermessen war also durchaus denkbar, dass die Herzogin ihren Mann überleben würde. Die beiden hatten bisher aus der immerhin schon über sieben Jahre bestehenden Ehe nur eine etwa fünfjährige Tochter, Agnes. Ob sie noch erbfähige Söhne bekommen würden, war ungewiss. Die Absicherung der byzantinischen Kaisernichte für den Fall ihrer Witwenschaft geschah durch ihre Mitbelehnung, die Absicherung der Erbansprüche von Tochter Agnes durch die Umwandlung in ein „Weiberlehen“ – und sollte das Herzogspaar sterben, ohne Nachkommen zu hinterlassen, durfte es eine ihm geeignet scheinende Nachfolge 41 Maleczek, S. 141 42 Appelt, S. 9
43 Görich 2007, S. 24 44 Appelt, S. 45
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aussuchen. Freilich: Vergabe des Reichslehens Österreich war weiterhin Sache des Königs und dem Herzogspaar stand nur „eine Art Designationsrecht“ zu.45 Ausgerechnet diese komplizierten Bestimmungen über die Erbfolge wurden aber sehr bald obsolet, da dem herzoglichen Paar bereits 1157 und 1158 die Söhne Leopold und Heinrich geboren wurden, von denen der ältere dann dem Vater nachfolgte. So beschränkte sich der praktische Wert des „Privilegium minus“ für Heinrich Jasomirgott im Wesentlichen auf die Standeserhöhung und teilweise auf die Gerichtsgewalt. Denn das Recht, nur auf Hoftagen in Bayern zu erscheinen, nahm er ebenso wenig in Anspruch wie die Einschränkung seiner Heerfolgepflicht. Dennoch hat das „Privilegium minus“ für Heinrich Jasomirgott größte Bedeutung gehabt, da es – neben dem symbolischen Akt der Fahnenübergabe – seinen Rang und seine Rechte als Reichsfürst auf Dauer bestätigte. Außerdem definierte es Heinrichs Verzicht auf Bayern als einen freiwilligen Akt, dessen Folgen durch die Gewährung besonderer Rechte ausgeglichen wurden. Die kaiserliche Urkunde bestätigte, dass Ehre und Ruhm des Babenbergers voll und ganz gewahrt worden waren.
Die „unseelige Trennung der Nation“ Aus bayerischer Sicht war die Abtrennung der Mark ein herber Verlust. Schon Abt Hermann von Niederalteich konstatierte in seinen Annalen, es seien dadurch Ehre und Macht des Herzogtums Bayern vermindert worden.46 Diese Klage zieht sich durch die frühe bayerische Geschichtsschreibung; immerhin wird ihr aber die Leistung des Ausgleichs gegenübergestellt, durch die – so Veit Arnpeck – Bayern zu einem guten Frieden gekommen sei.47 Johannes Aventinus beklagt mit beredten Worten, wie, verursacht durch das selbstherrliche Auftreten Heinrichs des Löwen 1156 und 1180, „alt Baiern in vil herzogtumb tail worden“ sei.48 Auf Heinrich Jasomirgott fiel kein Vorwurf, dass er seine Rechte nicht hatte aufgeben wollen. Einen sehr konkreten politischen Hintergrund gewannen die bayerischen Klagen, als die Gegensätze zwischen Bayern und Österreich im europäischen Kräftespiel sich verstärkten und in der Kaiserwahl Kurfürst Karl Albrechts ihren Höhepunkt fanden. Johann Heinrich von Falckenstein (der in seiner „Historia Boiorum pragmatica“ durchaus die bayerische Stimmung wiedergibt) bestreitet jegliches Recht der Babenberger Leopold und Heinrich 45 Scheibelreiter 2010, S. 212 46 Hermann, S. 383
47 Schmid Alois 2007, S. 217 48 Aventinus, S. 224
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auf Bayern. Sie seien vielmehr verpflichtet gewesen, ihrem Herrn und Herzog (also den Welfen) allen Gehorsam zu leisten.49 Johann Georg Lori, bayerischer Historiker und Gründer der Akademie der Wissenschaften, urteilte 1782, der von Konrad III. „aus Neid und Rachsucht gegen das Welfische Haus … angezettelte baierische Erbfolgestreit“ sei 1156 „durch unseelige Trennung der Nation geendet worden“.50 Und Lorenz von Westenrieder schrieb zwei Jahre später, die Abtrennung der Ostmark von Bayern sei „das Uebertriebendste, was ein Kaiser, von uneinigen Reichsständen unterstützt, je wagen, … das Feindseligste, was die Missgunst eifersüchtiger Nachbarn jemals veranlassen“ könne.51 Forderungen, Österreich müsse wieder zu Bayern kommen, scheiterten freilich an den tatsächlichen Kräfteverhältnissen. Aber der „schicksalsschwere Dualismus im Süden Deutschlands, der Bayern und Österreich bis zum Ende des Alten Reiches fast stets als Todfeinde sah“,52 ist in der Tat cum grano salis eine Spätfolge der Entscheidung von 1156. Für die deutsche Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts war die Erhebung der Ostmark zum Herzogtum der erste Schritt zur „kleindeutschen“ Lösung. „Die Trennung Oesterreichs von Baiern … war ein Schritt zu größerer Zerstückelung des Reiches“, schrieb der Jenaer Geschichtsprofessor Heinrich Luden 1835; es „entstand eine neue deutsche Nation“.53 Siegmund von Riezler, erster Ordentlicher Professor der bayerischen Landesgeschichte in München, sagte in seiner Antrittsvorlesung 1898: „Nie dürfen wir bei der Territorialgeschichte den Zusammenhang mit der deutschen Geschichte außer Acht lassen“.54 Kein Wunder also, dass für ihn die Erhebung Österreichs zum Herzogtum „ein für die Zukunft schädlicher Präzedenzfall“ war: „Nicht ohne Berechtigung hat man geurteilt, dass eben damit das Reich in seine landesherrlichen Territorien zu zerfallen begann. Am schlimmsten ward der bairische Stamm betroffen, der die Folgen des Regensburger Abkommens noch heute schmerzlich empfindet.“55 Bayern sei – so Riezler – von seiner herkömmlichen Aufgabe der Verteidigung der Ostgrenze des Deutschtums abgelenkt worden, wodurch ihm seine Hauptaufgabe entzogen worden sei.56 Die österreichische Geschichtsschreibung sieht in der Erhebung der Ostmark zum Herzogtum und im „Privilegium minus“ so etwas wie die „Geburt Österreichs“ – so auch der Titel eines Buches, das die Ergebnisse eines Symposiums in Regensburg zum 850. Jahrestag des Barbinger Aktes zusammenfasst. Dass dieses Privilegium gelegentlich als „Magna Charta“ des deut-
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Falckenstein, S. 387 Lori, S. 576 Westenrieder 1785, S. 378 Kraus, S. 87
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Luden, S. 404 Riezler 1898, S. 173 Riezler 1927, S. 492 Schmid Alois 2007, S. 225
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schen Territorialstaates bezeichnet wird,57 ist natürlich eine heftige Übertreibung. Doch schon der Schöpfer der österreichischen Staatsrechtslehre, Franz Ferdinand Schrötter, widmete in seinem 1771 erschienenen „Versuch einer Oesterreichischen Staats-Geschichte“ dem Privilegium minus seine ganze Aufmerksamkeit. Nach dem Auseinanderbrechen der Donaumonarchie 1918 spielte der Gedanke einer „Wiedervereinigung“ des verbliebenen „Deutsch-Österreich“ mit dem Deutschen Reich eine immer größere Rolle – der sozialdemokratische Bundeskanzler Karl Renner hatte vergeblich versucht, in die Friedensverträge und in die österreichische Verfassung einzubringen, dass Österreich ein Teil Deutschlands sei. Aber nicht so sehr das Jahr 1156, sondern vielmehr das Jahr 1806 mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation markierte nun für die Historiker die nationale Katastrophe. Insoweit war dann auch die Berufung auf die „Ostmark“ und ihre Heimkehr ins Reich ein Etikettenschwindel, da das Österreich von 1938 weite Gebiete umfasste, die nie zur babenbergischen Ostmark und zum frühen Herzogtum Österreich gehört hatten (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärnten und das Burgenland). Als die Nationalsozialisten sich der Geschichtsschreibung bemächtigten und in Österreich Otto Brunner mit seinem Buch „Land und Herrschaft“ am Beispiel der Landwerdung in der Ostmark das Bild einer „radikal-totalitären Gemeinschaftsbildung“ zeichnete, verloren die Babenberger zwangsläufig ihre Individualität. Bis heute bedauern zumal die bayerischen Historiker immer wieder einmal, dass durch die Verselbstständigung Österreichs als Herzogtum die Zukunft eines starken süddeutschen Staates vertan worden sei. Bayern, so Friedrich Prinz, war „die Expansion nach Osten verwehrt, es sollte daher nie über den Rang eines deutschen Mittelstaates hinauskommen“.58 Dabei wird freilich nicht verkannt, dass „die Entfremdung der Ostmark vom Herzogtum Bayern schon seit dem späten 10. Jahrhundert immer spürbarer wurde und daß die definitive Trennung ein notwendiges Ergebnis dieses Prozesses war“.59 Ob Heinrich der Löwe oder dann die Wittelsbacher in der Lage gewesen wären, den süddeutschen Großraum effektiv zu beherrschen, muss dahingestellt bleiben. Es stellt sich also die Frage, ob das Herzogtum Bayern in seinem Umgriff vor 1156 überhaupt auf Dauer hätte Bestand haben können. Sie muss zunächst einmal in engem Zusammenhang mit der Verselbstständigung der Steiermark vierundzwanzig Jahre später, 1180, gesehen werden. Ähnlich wie die Babenberger hatten auch die steirischen Otakare um die Mitte des 57 Lechner 1992, S. 95 58 Prinz 1997 , S. 95
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12. Jahrhunderts ein hohes Maß an Eigenständigkeit innerhalb des Herzogtums Bayern gewonnen. Otakar III., von Friedrich Barbarossa 1158 als „princeps“ tituliert,60 erweiterte seinen Herrschaftsbereich durch Erbanfälle (vor allem von den Grafen von Formbach, deren Erbe Heinrich Jasomirgott vergeblich angestrebt hatte) und festigte ihn zugleich, wo nötig, auch im Streit mit dem östlichen Nachbarn Österreich. Heinrich der Löwe hatte dieser Machtentwicklung seines Lehensträgers nicht erkennbar entgegengewirkt. Auch als Otakar 1164 starb und für den knapp einjährigen Sohn seine Mutter Kunigunde (aus dem hohen bayerischen Adel der Diepoldinger) mithilfe steirischer Großer vormundschaftlich regierte, änderte sich dies nicht. So war die Abtrennung der Steiermark nach dem Sturz des Löwen 1180 und die Erhebung zum Herzogtum eigentlich nur eine logische Fortsetzung dieser Entwicklung. Freilich konnte damals wohl niemand vorhersehen, dass der erst siebzehnjährige „dux Styrie“ Otakar IV. ohne Erben bleiben und über den 1186 zwischen ihm und Leopold V. von Österreich geschlossenen Georgenberger Vertrag die Steiermark schon 1192 an die Babenberger fallen würde. Babenberger und Otakare, aber auch die Welfen saßen, was ihre Hausmacht betraf, an den Grenzen des Herzogtums und orientierten sich zwangsläufig exzentrisch über diese hinaus. Im Inneren Bayerns gab es etliche bedeutende Grafengeschlechter, die miteinander konkurrierten, ohne jedoch nach Höherem als begrenztem Zugewinn zu streben. Lediglich die Wittelsbacher Pfalzgrafen entwickelten fast im Zentrum des Herzogtums – von Scheyern aus – eine mächtige Stellung, lange ehe sie 1180 den bayerischen Dukat erhielten. Doch die kleinräumige Herrschaftspolitik der Wittelsbacher nach Ludwig dem Bayern und die wittelsbachischen Landesteilungen lassen auch da eine gewisse Skepsis zu, was die dauerhafte Beherrschung eines großräumigen süddeutschen Staatsgebildes angeht.
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Ein Bauer auf dem Fürstenstuhl? DAS HERZOGTUM ÖSTERREICH
Die Babenberger … waren Bauern auf dem Fürstenstuhl, nüchtern, schlau und bedächtig. HANNS SASSMANN
Zur Untermauerung dieser Charakteristik beruft sich Hanns Sassmann auf den berühmten Wiener Dichter und Journalisten Hermann Bahr: Jeder Babenberger, schreibt dieser, habe sein Land wie einen Meierhof verwaltet, immer darauf bedacht, nur das Nächste zu tun, immer nur wenig nehmend, aber das fest und sicher und nach dem Grundsatz: Morgen ist auch noch ein Tag. „Mit den Mächtigen verträgt er sich, schweigt, hält sie sich vom Leibe, … mit den Schwachen ist er nicht sentimental, nützt sie aus, wenn nur im Lande alles gut geht.“1 Zwar würdigen auch die österreichischen Historiker – weniger literarisch, aber durchaus auf einem ähnlichen Nenner – Heinrich Jasomirgotts Wirken als Herzog von Österreich, aber seinen zwanzig Regierungsjahren geben sie in ihren Büchern meist nur erstaunlich wenig Raum (fast so, als wären sie von den vielschichtigen Untersuchungen und Deutungen des „Privilegium minus“ gänzlich erschöpft). Karl Lechner etwa schreibt, dass Heinrich „entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung Österreichs genommen“ habe.2 In seinem Werk über die Babenberger sind der Zeit von 1156 bis 1176 aber gerade einmal sechs von den über 300 Seiten Text seines Buches gewidmet (und diese hauptsächlich dem Schisma und den kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre Heinrichs). Georg Juritsch beschreibt in immerhin zwei Kapiteln seiner „Geschichte der Babenberger“ (auf 69 von insgesamt 689 Seiten) die Zeit von der „Erhebung Österreichs zum Herzogtum“ bis zum „Tode des Herzogs“ – allerdings geht es dabei kaum um die innere Entwicklung Österreichs, umso mehr aber um die Reichspolitik, das Schisma 1 Bahr, S. 14f. 2 Lechner 1992, S. 170
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und die Kämpfe ab 1174.3 Karl Brunner zitiert in einem kurzen Beitrag zum „werdenden Land“ sogar Chrétien de Troyes zum „sprichwörtlich gewordenen Wohlstand der Babenberger“ – aber ob und in welcher Weise Heinrich Jasomirgott diesen Wohlstand gemehrt habe, schreibt auch er nicht.4 Liegt das an der eher bescheidenen Quellenlage? Das Babenberger Urkundenbuch verzeichnet für diese zwei Jahrzehnte knapp 80 Einträge, von denen die meisten mit der Ausübung von Vogteirechten zu tun haben. Oder ist Heinrich Jasomirgotts beharrliche Erweiterung der herzoglichen Rechte – mit Ausnahme seiner Auseinandersetzungen mit den bischöflichen Brüdern – insgesamt so unspektakulär gewesen, dass sie tatsächlich wie die „Verwaltung eines Meierhofes“ mit wenigen Worten beschrieben werden kann? Wenn er aber die Konsolidierung seines Herrschaftsgebietes in der Art weiter fortsetzte, die er von Anfang an gepflogen hatte (ähnlich wie der Vater und der Bruder, aber wohl mit weniger Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der geistlichen und der weltlichen Herrschaften), war sie dann weniger bedeutend als die seiner Vorgänger?
Markherzog „Man kann in der Erhebung Österreichs zum Herzogtum kaum das Signal für den Beginn einer neuen Epoche sehen; es handelt sich vielmehr um eine sinnvolle Fortsetzung der vorangegangenen Entwicklung.“5 Doch es ist eine Entwicklung, in der „die entscheidenden Schritte zur Landeshoheit getan wurden“.6 Denn Heinrich Jasomirgott verband die äußere herzogliche Machtstellung mit der Gewalt des Markgrafen im Innern; der österreichische Historiker Heinrich Brunner hat dafür den Begriff des „Markherzogs“ geprägt.7 Die „klassischen“ Rechte – Heerführung, Gerichtsbarkeit, Wahrung des Landfriedens, Einberufung von Landtagen (Taiding) und in begrenztem Umfang kirchenhoheitliche Kompetenzen – gingen für den bisherigen Bereich der Mark auf den neuen Herzog über. Die neuere Forschung sieht zwar in der Verfügung des „Privilegium minus“, jede Gerichtsbarkeit im Lande dürfe nur mit Zustimmung des Herzogs ausgeübt werden, noch keine vollständige Übertragung dieses Rechtes auf ihn. Die bestehenden Gerichtsrechte des Adels blieben zunächst unberührt; wo sie aber neu begründet oder durch das Aussterben adeliger Familien neu erteilt werden mussten, oblag dies dem Herzog allein. Auch das Münzregal, im „Privilegium minus“ nicht 3 Juritsch, S. 211-280 4 Brunner Karl 2007, S. 203 5 Zöllner 1976/1, S. 17
6 Scheibelreiter 1989, S. 2074f. 7 Brunner Heinrich, S. 6
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genannt, beanspruchte der österreichische Herzog so, wie er es von Bayern her gewohnt war. Andererseits behielt er aber auch die besonderen markgräflichen Rechte – Grafschaftsrechte, Vogteien, Gerichtsrechte, Ministerialen sowie Marchfutter und Burgwerk – weiter in seiner Hand. Typisch für Heinrich Jasomirgott war wohl, dass ihm Großes wie Kleines gleich wichtig schien: Die gleiche Konsequenz, mit der er um den österreichischen Herzogshut gerungen hatte, zeigte er bei der Durchsetzung bescheidener Rechte und der Erlangung kleiner Vorteile: Als Beweis dafür dient in der Literatur wiederholt eine Urkunde für Admont: Für die nachträgliche Erlaubnis zum Verkauf einer Mühle durch einen herzoglichen Ministerialen an das Kloster ließ er sich von diesem ein Pferd und drei Mark geben.8 Vergünstigungen erhielt, wer dem Herzog dienlich war: Marchfutter und Burgwerk verwandte Heinrich Jasomirgott häufig zur Verdichtung seiner Herrschaft, indem er sie wohldosiert Grafen, Hochfreien und Ministerialen überließ, die neben ihren eigenen Interessen die des Landesherrn vertraten, besonders in der Gerichtsbarkeit. Da er außerhalb seines Hofstaats über keine Verwaltung verfügte, war er auf diese Dienste angewiesen. Dabei kam ihm zugute, dass zunehmend babenbergische Ministerialen über Herrschaften zu freiem Eigen verfügten und so auch die Hochgerichtsbarkeit innehatten.9 Freilich gab es auch in Österreich noch im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts Hoheitsträger, die für die Ausübung richterlicher Gewalt nicht herzoglicher Erlaubnis bedurften. Denn wenn sich das neue Herzogtum auch sukzessive vom Personenverband in einen territorialen Herrschaftsbereich umwandelte, so bestand doch eine weiterhin recht komplizierte Gemengelage der Herrschaftsverhältnisse: Das Bistum Passau und besonders die Grafen von Klamm-Velburg (Erben der Herren von Machland) und von Poigen-Rebgau hatten umfangreiche Besitzrechte in Österreich. Ministerialen der Grafen von Plain saßen in Hardegg. Dafür waren nach und nach bayerische Herren wie die Schaunberger oder die Wilhering-Waxenberger im Gefolge des österreichischen Herzogs zu finden. Als nach 1150 etliche der gräflichen Linien nacheinander ausstarben, machte Heinrich Jasomirgott, keineswegs immer erfolgreich, Ansprüche auf herrenloses Gut und Erbrechte geltend; die Ministerialen aber gingen großenteils in der babenbergischen Ministerialität auf. Der herzogliche Herrschaftsbereich wurde durch neue Rodungsgebiete im Norden erweitert. Zur Mitte des 12. Jahrhunderts waren Rappottenstein, Gerungs und Schweiggers erreicht, zwischen 1160 und 1170 die Lainsitz und das Gebiet um Weitra. Um 1170 war die Siedlungstätigkeit schon weit nach Südböhmen eingedrungen.10 Dem stand zunächst keine von Mähren aus8 BUB 4,1, Nr. 789 9 Zu dieser Entwicklung: Weltin, S. 332
10 Posch, S. 406f.
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gehende Landnahme entgegen; das mährische Gebiet südlich der Thaya war noch weitgehend unbesiedelt.11 Wichtigste Träger dieses Landesausbaus wurden die Kuenringer, die im Waldviertel und an der Donau begütert waren – ursprüngliche königliche, zu Zeiten Heinrich Jasomirgotts aber längst babenbergische Ministerialen. Die Grafen von Poigen-Rebgau bauten sich durch Rodung im Waldviertel ein geschlossenes Herrschaftsgebiet auf, das „Poigenreich“ (und wurden 1188 von den Babenbergern beerbt). Ministerialität und Adel saßen in „Festen Häusern“ und in Burgen. Das Feste Haus war und blieb bis in die Gotik häufiger Typus der Ministerialenburg; vornehmere Herrschaften errichteten nach dem Vorbild staufischer Reichsburgen ihre Sitze mit Bergfried, Palas und Kapelle. Heinrich Jasomirgott griff aber nicht nur nach weltlichem Besitz, wo sich dieser ihm anbot, sondern auch nach kirchlichen Rechten. Dazu gehörten vor allem die Vogteien: Da Kirchen und Klöster sich in weltlichen Angelegenheiten nicht selbst vertreten und auch die grundherrliche Gerichtsbarkeit nicht selbst ausüben durften, bedienten sie sich dazu eines Laien als Vogt (advocatus). Diese Aufgabe erwies sich zumal bei reichen geistlichen Herrschaften nicht nur als sehr lukrativ, sondern bedeutete auch konkreten Machtzuwachs. Denn durch die Wahrnehmung umfassender Kompetenzen entwickelten sich eigentumsgleiche Rechte. Es war also für den Herzog naheliegend, solche Vogteien auf sich zu versammeln. Nun hatte Heinrich Jasomirgott 1156 wohl nur vier bis fünf Klostervogteien in Österreich inne, darunter vor allem Klosterneuburg und Göttweig. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts suchten sich zumal die Klöster von den Belastungen durch adelige Vögte zu befreien und übertrugen die Vogteien dem Landesherrn, was sowohl dessen Finanzen verbesserte als auch zu einer effizienteren Kontrolle führte. Und wo er selbst keine Vogteirechte innehatte, sorgte der Herzog dafür, dass ihm ergebene Vögte bestellt wurden: Zum Vogt über dem Stift Seitenstetten geschenkte Güter setzte er beispielweise seinen Gefolgsmann, den Grafen Konrad von Peilstein ein – gegen den Stiftsvogt Egino von Url, der seine Unabhängigkeit von den Babenbergern zu wahren suchte.12 Gegen 1200 waren dann wohl alle wichtigen Vogteien österreichischer Klöster in der Hand des Landesfürsten. Doch Vogteirechte bedeutender Klöster und Stifte gewann Heinrich Jasomirgott auch außerhalb des Herzogtums: Von 1147 bis 1161 nennen ihn mehrere Urkunden Vogt des Bistums Passau („Advocati ducis Heinrici et marchionis“).13 Auch die 1149 erstmals für ihn urkundlich belegte Vogtei des Regensburger Klosters St. Emmeram14 behielt er als österreichischer Herzog bei. 1167 ist er als Vogt des Passauer Hochstifts für dessen 11 Unger, S. 124ff. 12 Wagner, S. 280
13 BUB 4,1, Nrn. 754, 811 und 817 14 BUB 4,1, Nr. 764
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Besitz um Eferding und Linz bezeugt.15 1169 übernahm er die Vogtei des Klosters Admont und versprach, sie in gleicher Weise ausüben zu wollen wie sein Vorgänger, Graf Eberhard von Burghausen.16 Das babenbergische Eigenkloster Metten (nahe Deggendorf, also in Bayern) behielt er auch als österreichischer Herzog in der Hand und besetzte es 1157 mit Benediktinern anstelle der bisherigen Regularkanoniker. Dieser Herrschaftsakt erschien dem Chronisten Andreas von Regensburg so wichtig, dass er ihn als einzigen in seinem Bericht über Heinrich Jasomirgott erwähnte.17 Unter Berufung auf die ihm im „Privilegium minus“ zugesprochene Gerichtsgewalt suchte Heinrich Jasomirgott auch auf die in seinem Herzogtum gelegenen Besitzungen und Rechte der Bistümer Freising und Passau zuzugreifen. Das trug ihm heftige Konflikte mit seinen bischöflichen Brüdern ein: Es scheint, dass er die unabhängige Rechtsprechung auf Gütern des Bistums Freising in Österreich abstellen und Steuern bei den bischöflichen Hintersassen erheben wollte. Otto von Freising, der ein stolzer und machtbewusster Herr war, reagierte scharf. Rahewin berichtet in den „Gesta“, Heinrich Jasomirgott habe „sich widerrechtlich die Eigengüter der Kirche aneignen“ wollen und Otto habe „heftigen Widerstand“ geleistet.18 Es bedurfte der Vermittlung des dritten Bruders Konrad, seit 1148 Bischof von Passau, und schließlich kaiserlichen Zuspruchs auf dem Reichstag zu Regensburg im Januar 1158, um zwischen den Brüdern Frieden und Eintracht herzustellen.19 Im Jahr darauf gerieten aber just Konrad von Passau und Heinrich Jasomirgott aneinander, weil dieser daranging, seine Gerichtshoheit auf Passauer Lehen in Österreich anzuwenden. Der Streit dauerte bis 1164 und nahm offenbar so bedrohliche Dimensionen an, dass der Kaiser schließlich den Erzbischof von Salzburg sowie die Bischöfe von Brixen und Gurk als Schlichter bestellte und sein Eingreifen androhte.20 Das „Chronicon pii marchionis“ berichtet nichts über diese harte Politik Heinrichs. Auch Hermann von Niederalteich erwähnt sie in seinen Annalen nicht. Die Kritik an des Herzogs Verhalten scheint eher durch Verschweigen geschehen zu sein: Nur Klöster, die sich seiner Zuwendung erfreuten, haben – wie Zwettl – dies auch vermerkt. Die Quellen, zumal die erhaltenen Urkunden Heinrich Jasomirgotts, ergeben zwar kein ganz klares Bild einer gezielten Förderung von Stiften und Klöstern durch den Markgrafen und Herzog. Sie weisen Schenkungen und Dotierungen auf, die freilich vor allem jenen Klöstern zugute kamen, für die er die Vogtei innehatte; häufiger allerdings beurkundet der Landes15 Haider 1987, S. 89 16 BUB 1, Nr. 37 17 Andreas, S. 631
18 Otto Gesta, III, 16 19 BUB 4,1, Nr. 809 20 RI IV, 2 n. 1374
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fürst Schenkungen Dritter. Von den 21 im Babenberger Urkundenbuch für Klosterneuburg verzeichneten Quellen beziehen sich nur vier auf Schenkungen Heinrich Jasomirgotts selbst; davon nur eine in seiner Zeit als Herzog von Österreich. Juritsch moniert deshalb „Fehler in der Kirchen- und Klosterpolitik“: Heinrich Jasomirgott sei „zu karg in Verleihung neuen Grundbesitzes oder anderer Privilegien“ gewesen, „an die sich Bistümer und Klöster nur zu sehr gewöhnt hatten.“ Und er habe an den landesherrlichen Rechten auch zu einer Zeit festgehalten, wo es besser gewesen wäre, die Zügel weniger straff zu halten. Dabei habe er kaum in Übereinstimmung mit der öffentlichen Meinung seiner Zeit gehandelt, als die Hinneigung des Volkes und der Edlen zu klösterlichen Instituten noch ungeschwächt bestanden habe.21 „Öffentliche Meinung“, jedenfalls die überlieferte, ist hier freilich die der Betroffenen gewesen, da sie allein in den Klöstern aufgezeichnet wurde. Bildeten die Burgen des Adels und der Ministerialität das Netz politischer und militärischer Herrschaft, so wurden die Märkte und Städte Zentren der sich zunehmend wandelnden Wirtschaft. Stadt- und Marktgründungen waren zwar ebenso wie der Burgenbau „von keinerlei landesherrlicher Erlaubnis abhängig“,22 aber bei der Gründung und Weiterentwicklung hatte der Landesherr meist seine Hand im Spiel. Denn in den Städten war der Herzog häufig begütert und seine Ministerialen vertraten seine Interessen neben und im Einklang mit ihren eigenen. In den entlang der Donau aufgereihten Städten Melk, Krems, Tulln, Klosterneuburg, Wien und Hainburg ging der Reichsbesitz sukzessive an den Markgrafen über. Hinzu kamen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts vornehmlich im Norden planmäßig angelegte „Burgstädte“ – Siedlungen mit Burg und Marktrecht, die auch Gerichtssitz wurden: Gmünd, Waidhofen/Thaya, Drosendorf, Laa/Thaya, Horn, Zwettl, Eggenburg, Zistersdorf, aber auch Bruck/Leitha. Und St. Pölten, die einzige größere Siedlung im Süden, erhielt 1159 durch ihren Stadtherrn, Bischof Konrad von Passau, eine Reihe städtischer Rechte (die freilich noch kein „klassisches“ Stadtrecht waren).23 Die Frage, welchen besonderen Einfluss die Erhebung Österreichs zum Herzogtum und die Regierung des ersten Herzogs auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Landes in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hatten, ist bisher nicht umfassend beantwortet worden. Dass diese Zeit von tief greifenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen geprägt war, kann hier nur angedeutet werden: Die starke Bevölkerungszunahme erzwang effizientere Methoden der Landgewinnung und Landbebauung. Das dörfliche und auch das städtische Siedlungsnetz verdich21 Juritsch, S. 207 22 Weltin, S. 529
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tete sich. Geldwirtschaft verdrängte die Naturalwirtschaft. Wirtschaftlich wurden aus Einheiten der Selbstversorgung solche der Marktversorgung. Durch die Spezialisierung und Differenzierung des (vornehmlich handwerklichen) Leistungsangebots und die verstärkte Nachfrage nach solchen Leistungen bildete sich das dörfliche und städtische Handwerk heraus. Die Ausprägung der bäuerlichen Leib- und Zinsherrschaft brachte eine verstärkte Wanderungsbewegung bäuerlicher und nichtagrarischer Unterschichten mit sich: in die Rodungsgebiete, die mehr persönliche Gestaltungsfreiheit verhießen, und in die Städte. Diese Städte stellten der Verfügungsgewalt der Stadtherren die eigene Wirtschaftskraft und das „bürgerliche“ Selbstverständnis entgegen. Aus risikobereiten Fernkaufleuten entstand mit und neben der Ministerialität ein neues Stadtpatriziat. All dies gilt für das Herzogtum Österreich der Jahre 1156 bis 1176 ganz allgemein. Zudem aber gab es spezifische äußere und innere Bedingungen: Als Binnenland partizipierte Österreich nicht an der Dynamisierung des Seeverkehrs, wenn auch die West-Ost-Verbindung durch die Donau und – freilich nachrangige – Nord-Süd-Transportwege das Land an die europäische Wirtschaft anbanden. Das Fehlen von Bodenschätzen legte den Schwerpunkt auf agrarische Strukturen. „Die Mark bzw. das Herzogtum [waren] bis ins späte 12. Jahrhundert ökonomisch vom Primärsektor dominiert.“24 Von großer Bedeutung war der Weinbau; entlang der Donau traten neben dem Landesfürsten vor allem bayerische und österreichische Klöster als Produzenten auf; die Wachauer Weinhöfe legen davon heute noch Zeugnis ab. „Der Wein war im Fernhandel der Städte des babenbergischen Österreich das einzige wichtige, aus dem Land selbst stammende Gut.“25 Mit seinem hohen Arbeitskräftebedarf förderte der Weinbau aber auch die Agglomeration von Siedlungen.
Wien als Residenzstadt Eine solche Siedlung – und bis heute die einzige Großstadt, in der Weinbau ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist – war Wien. Einhellig hervorgehoben und gelobt wird in der österreichischen Geschichtsschreibung das Verdienst Heinrich Jasomirgotts um die Entwicklung dieser Stadt: Wenn er „als ein allgemeiner Wohlthäter von ganz Österreich verehrt werden muß, ist ihm aber die Haupt- und Residenzstadt Wien zu ewigem Danke noch insbesondere verpflichtet.“26 Lassen sich insgesamt nur eher undeutliche Spuren 24 Knittler, S. 61f. 25 Mitterauer, S. 81
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Der Wiener Pfennig Herzog Heinrichs II.
einer gezielten Landesentwicklung durch den ersten österreichischen Herzog erkennen, so ist seine Entscheidung für Wien als Residenzstadt offenbar ein Akt bewusster Strukturpolitik gewesen. In den Resten eines römischen Legionärslagers und einer dazugehörigen Zivilstadt hatte sich durch die Völkerwanderungszeit nur eine kleine Siedlung erhalten. In karolingischer Zeit wurde am rechten Donauhochufer eine dem heiligen Ruprecht geweihte Kirche errichtet; das Patrozinium deutet auf Handelsbeziehungen zu Salzburg hin. Zugleich entstand ein Markt, der bei den Ungarneinfällen auch als Fluchtplatz dienen konnte. Im 11. Jahrhundert nahm der Handelsplatz erste städtische Formen an. Im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts ging dann die Grundherrschaft von den Grafen von Formbach und den Sieghartingern sukzessive an die Babenberger über: 1137 beurkundete Leopold IV. die Übergabe der bisherigen Wiener Pfarrkirche St. Peter in Wien an das Hochstift Passau27 – die erste bezeugte Amtshandlung eines Babenbergers in dieser Stadt.Außerhalb der Mauern sollte eine dem Passauer Patron Stephanus geweihte Kirche entstehen. Wien wurde bereits ausdrücklich civitas genannt (was zumindest mehr als nur Pfalz oder Burgplatz meint). Wenn Leopold IV. beabsichtigte, einen neuen Herrschaftsmittelpunkt in der Mark zu schaffen, so verfolgte er dies offensichtlich nicht weiter, als er 1139 Herzog von Bayern wurde. Heinrich Jasomirgott aber griff diese Idee nicht nur auf – er verlagerte angesichts der unsicheren Verhältnisse in Bayern und der zunehmenden Gewissheit, die bayerische Herzogswürde auf Dauer doch nicht halten zu können, den Schwerpunkt seiner Herrschaft nach und
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nach in die Mark und nach Wien. Der entscheidende Wendepunkt war die Gründung des Schottenstifts im Jahre 1155 (ob die Absicht bereits früher bestand, wie in einer Schrift zum 700. Todestag Heinrich Jasomirgotts angedeutet wird, ist ungewiss).28 Wien war 1147 ein Sammelplatz für die Kreuzfahrer gewesen, und die Idee, hier ein Kloster mit Hospiz zu errichten, lag seitdem vielleicht nicht fern. Sicher hatten die Babenberger um 1155 bereits seit Längerem umfangreichen Grundbesitz im Raum Wien, vor allem aber saßen dort babenbergische Ministerialen in größerer Zahl. Der Ort bot sich auch deshalb als Residenzstadt an, weil er zwar nicht im geografischen Mittelpunkt der Mark lag (da wären Tulln oder Krems geeigneter gewesen), aber in unmittelbarer Nähe der bisherigen Residenz Klosterneuburg und nahe an den „Krisengebieten“ im Osten Österreichs. Der Rückzug auf Wien nach der verlorenen Schlacht an der Leitha 1146 mag keinem konkreten Plan gefolgt sein, könnte Heinrich Jasomirgott jedoch schon gezeigt haben, dass dies ein befestigter Platz von großer strategischer Qualität war. Auch die wirtschaftliche Bedeutung Wiens als Weinbauort (mit den zahlreichen Weindörfern in den Tälern des Wienerwalds) und als Handelsplatz hat die Entscheidung sicher beeinflusst. Und schließlich bot der Ort räumliche Entwicklungsmöglichkeiten zunächst im Umgriff des alten Römerlagers und dann über diesen hinaus. Sowohl das Schottenstift als auch die herzogliche Residenz Heinrich Jasomirgotts lagen außerhalb einer römischen Stadtmauer im Westen der damals bebauten Fläche, aber noch innerhalb des alten römischen Mauerrings. Ob schon damals mit dem Bau einer neuen Stadtmauer begonnen wurde, ist aber ungewiss.29 1155 berief Heinrich Jasomirgott „schottische“ Benediktiner aus dem Regensburger Kloster St. Jakob nach Wien und stiftete eine Abtei zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria und des heiligen Gregor. (Genau genommen waren es irische Mönche, denn Irland war damals das Scotia maior, während das eigentliche Schottland als Scotia minor firmierte.) Der Stiftungsbrief vom 22. April 1161, mit dem der Herzog seine Stiftung erneuerte und zugleich auf eigenkirchliche Rechte verzichtete,30 gibt auch Auskunft über den Grund dieser Wahl: Heinrich Jasomirgott habe die „Schotten“ selbst als Mönche von lobenswerter Schlichtheit kennengelernt und deshalb ausschließlich sie berufen.31 Eine ganze Anzahl ab 1155 datierender Urkunden (darunter auch etliche Fälschungen) bekunden das große Interesse des Herzogs an seinem neuen Hauskloster und die für den Bestand gedachten Schenkungen. 1161 28 Rapf, S. 6 29 Pohanka, S. 48
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wurde der Bau der Schottenkirche begonnen: ein „gewaltiger Bau, der eine stilistische Weiterentwicklung von Heiligenkreuz darstellte“ und wohl auch als Gegengewicht zur Passauischen Kirche St. Stephan gedacht war.32 Gewiss trug das Schottenkloster als städtische Variante des Benediktinerordens auch zum Rang der Residenzstadt Wien bei. Denn ob nun diese Stiftung den Zeitpunkt markiert, an dem Heinrich Jasomirgott die Hoffnung endgültig aufgegeben hatte, Bayern behalten zu können, oder ob sie Teil einer bereits früher eingeleiteten Verlagerung der Herrschaft in die Mark ist – sie stand mit der Erhebung Wiens zur Babenbergerresidenz in unmittelbarem Zusammenhang und war einer der Ausgangspunkte der Stadtentwicklung. Was für das neue Herzogtum ungünstig war – dass nämlich die Versuche der Babenberger scheiterten, ihre Mark oder ihr Herzogtum zu einem eigenen Bistum zu machen –, erwies sich für seine Residenzstadt auf Dauer als günstig: Es gab in deutschen Landen keine andere Stadt von vergleichbarer Bevölkerungszahl und handelspolitischer Bedeutung, die zugleich die Funktion einer Fürstenresidenz hatte und ausschließlich der Gewalt eines weltlichen Landesherrn unterstand. Die herzogliche Pfalz, die nach Regensburger Muster aus einem Palast und zwei Kapellen bestand und keinen Burgcharakter hatte, stand an einem Platz, der heute noch „Am Hof “ heißt. Denn hier hielt Heinrich Jasomirgott mit seiner Gattin Theodora tatsächlich Hof: Wenn auch die regelmäßige Präsenz des Herzogs in allen Teilen seines Herrschaftsbereichs weiterhin notwendig war, so entstand doch in Wien eine feste Residenz. Hier wirkten Landesministerialen, die zwar den Kämmerertitel führen, mit der eigentlichen Kammergutverwaltung aber nicht wirklich zu tun hatten, sondern schon als Repräsentanten eines der vier klassischen Hofämter anzusehen sind.33 Hier war auch der Landesadel in der zur Regierungstätigkeit erforderlichen Permanenz und Anzahl vorhanden, womit zugleich ein geordnetes Taidingswesen am Herzogshof seinen Anfang genommen haben könnte. Dem Hoftaiding, inhaltlich und kompetenzmäßig vom Landtaiding nicht mehr unterscheidbar, gehörte die Zukunft. Theodora und ihr Hofstaat brachten verfeinerte byzantinische Sitten nach Wien. Von den ritterlichen Dichtern und den frühen Minnesängern des 12. Jahrhunderts – Heinrich von Melk, der Kürenberger und Dietmar von Aist – ist zumindest Letzterer durch die Zeugennennung in einer Urkunde Heinrich Jasomirgotts in dessen Umgebung zu vermuten.34 Der herzogliche Hof zu Wien war wohl ein erster Sammelpunkt höfischer Lyrik in Deutschland.35 Dass er – mit Vorsicht formuliert –„glanzvoller Mittelpunkt einer 32 Wagner-Rieger, S. 149 33 Niederösterreich, S. 373f.
34 Lechner 1992, S. 263 35 Weber, S. 35
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EIN BAUER AUF DEM FÜRSTENSTUHL?
Das Schottenkloster aus der „Topographia archiducatus Austriae Inferioris modernae“ 1672 des Georg Matthäus Vischer.
vielbewunderten Hochkultur“36 genannt werden kann, ist zumindest in seinen Anfängen auf die Hofhaltung des ersten österreichischen Herzogspaars zurückzuführen. Mochte auch Wien keinem Vergleich mit dem kaiserlichen Byzanz standhalten, so scheint es doch den Ansprüchen der Herzogin entsprochen zu haben. Die Tochter Agnes und die Söhne Leopold und Heinrich wuchsen zweifellos in vornehmer Umgebung auf.
36 Heger 1, S. 136
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Hast seit frühen Ahnentagen hoher Sendung Last getragen
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IN DER REICHSPOLITIK
Heiß umfehdet, wild umstritten, Liegst dem Erdteil du inmitten, Einem starken Herzen gleich. Hast seit frühen Ahnentagen Hoher Sendung Last getragen, Vielgeprüftes Österreich. ÖSTERREICHISCHE BUNDESHYMNE, PA U L A P R E R A D O V I C 1 9 4 6
Befreit man die zweite Strophe der heutigen österreichischen Bundeshymne von jenem Pathos, das solche Nationalgesänge zwangsläufig auszeichnet, so trifft die darin enthaltene Zustandsbeschreibung des Landes in „frühen Ahnentagen“ durchaus auch auf die ersten zwei Jahrzehnte des neuen Herzogtums Österreich zu: Die gewichtige Rolle Heinrich Jasomirgotts in der staufischen Reichspolitik verschaffte ihm zwar hohes Ansehen, war aber auch mit schweren Lasten verbunden: aus der kaiserlichen Kriegsführung in Italien ebenso wie aus der Selbstbehauptung gegenüber den rivalisierenden Nachbarn, noch verschärft durch das Schisma. Hätte Heinrich Jasomirgott es sich und seinem Land leichter machen können? Warum zog er mit Friedrich Barbarossa zweimal gegen Mailand, obwohl ihm doch das „Privilegium minus“ ausdrücklich die verminderte Heerfahrtspflicht zubilligte? Warum griff er in die ungarischen Thronstreitigkeiten ein, obwohl schon die Konflikte mit Böhmen und den steirischen Otakaren bedrohlich genug waren? Und schließlich: Was bewog ihn, im 1159 ausgebrochenen Schisma sich der Loyalitätsforderung des Kaisers nur zögernd zu unterwerfen?
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„Magnus imperii princeps“ – ein bedeutender Reichsfürst Als Herzog von Österreich gehörte Heinrich Jasomirgott der obersten Führungselite des Reiches an; die „Gesta“ nennen ihn „magnus imperii princeps“, einen bedeutenden Reichsfürsten.1 Er war fest in die staufische Reichspolitik eingebunden und machte dabei keinen Gebrauch von den Reservatrechten, die ihm das „Privilegium minus“ ausdrücklich zubilligte: die Befreiung von der Teilnahme an Hoftagen außerhalb Bayerns und von kaiserlichen Heerfahrten in Länder, die Österreich nicht benachbart waren. Der Babenberger war auf den Hoftagen Friedrich Barbarossas ebenso zu finden wie in dem Heere, mit dem der Kaiser 1158 nach Italien zog. „Mit fast 600 ausgewählten ungarischen Bogenschützen“ marschierte er über Tarvis nach Süden.2 Bei der Belagerung Mailands befehligte Heinrich Jasomirgott einen Teil des Heeres. Als die Mailänder mehrfach Ausfälle machten, hielt er es „für seiner nicht würdig, dieses Treiben ungeahndet zu lassen.“ Er setzte zum Sturm auf das Ausfalltor an. „Der Herzog selbst, dessen Heldenmut sich dort wieder wunderbar bewährte, trieb sie, unzweifelhaft Sieger, hinter die Mauern zurück und vertrieb ihnen für die Zukunft die Lust an den gewohnten Ausfällen“ (so Rahewin in den „Gesta“).3 Er muss auf den Gegner nicht nur kriegerisch, sondern auch diplomatisch Eindruck gemacht haben: Friedrich Barbarossas Berater Graf Guido von Biandrate, selbst Mailänder, empfahl seinen Mitbürgern schließlich angesichts ihrer Versorgungsprobleme und ausgebrochener Seuchen Verhandlungen insbesondere mit König Vladislav von Böhmen und Herzog Heinrich Jasomirgott. Nach der Übergabe Mailands am 8. September 1158 entließ der Kaiser „Herzog Heinrich von Österreich mit den ungarischen Truppen“ in großen Ehren.4 Schon im folgenden Jahr, 1159, war Heinrich Jasomirgott wieder in Italien und nahm an der langwierigen Belagerung und schließlichen Eroberung der mit Mailand verbündeten lombardischen Stadt Crema teil. 1162 begleitete er Friedrich Barbarossa auf dessen erneut gegen Mailand und die aufständischen lombardischen Städte gerichteten Feldzug; er ist als Zeuge in mehreren kaiserlichen Urkunden genannt und war bei der Unterwerfung Bolognas zugegen. Freilich blieb Heinrich Jasomirgott in den Jahren 1158 bis 1162 nicht die ganze Zeit beim Heer des Kaisers; er wurde im Kommando durch den bedeutenden Landesministerialen Konrad von Prato vertreten, dem Friedrich 1 Otto Gesta, II, 12 2 RI IV, 2 n. 556
3 Otto Gesta, III, 43 – auch für das Folgende 4 RI IV, 2 n. 587
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„MAGNUS IMPERII PRINCEPS“ – EIN BEDEUTENDER REICHSFÜRST
Barbarossa 1162 beträchtliches Königsgut bei Schwechat schenkte.5 Doch die häufige Anwesenheit des Babenbergers in Italien und die Größe des österreichischen Aufgebots (vielleicht 300 bis 500 Ritter) bedeuteten immerhin einen erheblichen Kraftaufwand für Herzog und Land. An den weiteren kriegerischen Unternehmungen Friedrich Barbarossas in Italien, die auf eine Zerschlagung des Normannenreiches in Sizilien ebenso wie auf die Unterwerfung der Papst Alexander III. anhängenden Städte zielten, hat Heinrich Jasomirgott offenkundig nicht mehr teilgenommen. So entging er der durch die Sommermalaria verursachten Katastrophe des kaiserlichen Heeres vor Rom, der unter anderen die Herzöge Friedrich von Schwaben, Welf VII. und Theobald von Böhmen zum Opfer fielen. Und auch die schwere Niederlage des kaiserlichen Heeres in der Schlacht von Legnano 1176 blieb ihm erspart – er musste sich allerdings zu dieser Zeit der Angriffe aus Böhmen, Ungarn und der karantanischen Mark erwehren. Auf die Loyalität Heinrich Jasomirgotts konnte Friedrich Barbarossa auch zählen, was die Ostpolitik anging. Sowohl in den 1162 wieder einmal ausgebrochenen ungarischen Thronwirren als auch in Verhandlungen mit Byzanz stand er voll auf der Seite des Kaisers. Die Verheiratung seiner Tochter Agnes mit König Stephan III. von Ungarn zeigt beispielhaft, wie Heinrich Jasomirgott seine genuinen österreichischen Interessen mit der Reichspolitik zu verflechten suchte. Dass Heinrich Jasomirgott auch bei inneren Konflikten aufseiten des Kaisers stand, lässt sich an zwei überlieferten Gerüchten zeigen: Als Albrecht der Bär und etliche sächsische Große eine Verschwörung gegen Heinrich den Löwen anzettelten, soll Friedrich Barbarossa auf einem Hoftag in Nürnberg im August 1163 Vladislav von Böhmen, Welf VI. und – „wie es heißt“ – Heinrich Jasomirgott davon abgebracht haben, sich ihr anzuschließen.6 Dieses Gerücht, von Bischof Albert von Freising kolportiert, erscheint allerdings kaum glaubwürdig, was den Babenberger angeht. Der war sicher zu klug, um zu glauben, er könne sich auf diese Weise dauerhafte Vorteile verschaffen. Aber es scheint, dass man ihm die Bereitschaft zu solchen Akten des Widerstands für den Fall eines Falles durchaus zutraute (wie schon seinerzeit im Winter 1154). Ende 1165 ging dann das Gerücht um, die Erzbischöfe von Trier, Magdeburg und Salzburg (also der Babenberger Konrad) hätten sich mit Heinrich Jasomirgott, Friedrich von Schwaben, Berthold von Zähringen und Welf VI. verschworen, einen neuen Kaiser zu wählen, falls Friedrich Barbarossa im Schisma nicht einlenke.7 Auch hier ist eine Mitwirkung Heinrichs 5 Niederösterreich, S. 29 (Urkunde 6 / 1.7.1162) 6 RI IV, 2 n. 1226
7 RI IV, 2 n. 1533
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wenig wahrscheinlich, obwohl er im Schisma der harten Haltung des Kaisers doch offenbar etwas skeptisch gegenüberstand. Heinrich Jasomirgotts Verhältnis zu Friedrich Barbarossa war wohl weder von verwandtschaftlichen Bindungen noch von besonderer Sympathie bestimmt worden, und erst recht nicht von Dankbarkeit: „Honor et gloria“ des Onkels zu wahren, war im Interesse des kaiserlichen Neffen ebenso gewesen wie in dem des Betroffenen. Doch der Bestand und die Weiterentwicklung des neuen Herzogtums und seiner babenbergischen Herrscherdynastie waren weder durch den Verleihungsakt noch durch die besonderen Bestimmungen des „Privilegium minus“ dauerhaft gesichert. Für den Landesausbau „im Übergang vom aristokratischen Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächen- und Gebietsherrschaftsstaat“8 und die Positionierung Österreichs im Kräftefeld zwischen Ungarn, Böhmen und Bayern brauchte Heinrich Jasomirgott den Rückhalt des Kaisers. Dass er später vorübergehend ohne diesen Rückhalt auskommen musste (und dabei am Ende erfolgreich war), steht dem nicht entgegen. Wenn im reichsgläubigen 19. Jahrhundert „Treue und Eifer für den Freund und Kaiser“9 gewürdigt wurden, wenn beteuert wurde, dass der Babenberger „dem Kaiser und Reiche mit unerschütterlicher Treue anhing“,10 so hat dies Georg Juritsch zu Beginn des 20. Jahrhunderts nüchterner (und richtiger) gesehen: Der Ruhm Heinrich Jasomirgotts liege „in dem richtigen Verständnisse seiner Stellung zum Gesammtreiche und einer absichtlichen Nichtbeachtung des ihm durch das Privilegium eingeräumten Rechtes.“11
Im Schisma Arg verkompliziert wurde die Haltung Heinrich Jasomirgotts gegenüber Kaiser und Kirche durch das seit 1159 bestehende Schisma. Es hatte seinen Ursprung in Auseinandersetzungen zwischen Papst Hadrian IV. und Friedrich Barbarossa, der beiderseitigen Machtansprüche wegen. Als Hadrian starb, wählte eine Minderheit staufisch gesinnter Kardinäle Viktor IV. als kaiserfreundlichen Nachfolger. Die der kaiserlichen Herrschaft in Italien ablehnend gegenüberstehende Mehrheit aber wählte den Kanzler des Verstorbenen als Alexander III. zum Papst. Halbherzige Versuche des Kaisers, das Problem 1160 durch ein Konzil in Pavia zu lösen, schlugen fehl – zu eindeutig war die Präferenz Friedrich Barbarossas. Sein Gegner Alexander aber war einer der bedeutendsten mittelalterlichen Päpste; er saß bis 1181 auf dem Heiligen 8 Lechner 1992, S. 157 9 Meynert, S. 55
10 Haßler, S. 35 11 Juritsch, S. 278f.
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IM SCHISMA
Stuhl, überlebte nicht nur Viktor, sondern drei weitere Gegenpäpste, und brachte nach und nach die meisten europäischen Staaten auf seine Seite. Der Kaiser konnte sich am Ende nicht gegen ihn durchsetzen: 1176 schlossen Friedrich Barbarossa und Alexander einen geheimen Vorvertrag, 1177 söhnten sie sich endgültig aus. Bis dahin spaltete das Schisma den deutschen Episkopat. Die Mehrheit der Reichsbischöfe stand aufseiten Papst Viktors und damit des Kaisers. Die Salzburger Kirchenprovinz unter Führung des Erzbischofs mit den Bistümern Passau und Freising bekannte sich dagegen zu Alexander. Dass gerade jene Bischöfe „alexandrinisch“ wurden, zu deren Diözese das Herzogtum Österreich gehörte, sollte Heinrich Jasomirgott in eine schwierige Lage bringen; vor allem, als sein Bruder Konrad 1164 zum Erzbischof von Salzburg gewählt wurde (und zwar unter der Bedingung, Papst Alexander III. anzuerkennen). Denn zu dieser Zeit verschärfte sich der Konflikt weiter: Auf einem großen Reichstag 1165 in Würzburg setzte Friedrich Barbarossa gegen erheblichen Widerstand die Verpflichtung aller geistlichen und weltlichen Reichsfürsten durch, Alexander III. oder einen etwaigen Nachfolger niemals als Papst anzuerkennen. Wer diesen Eid verweigere, solle seiner Ämter, Lehen und Eigengüter verloren gehen. Eine so weitgehende Repression brachte die meisten bisher „alexandrinischen“ Bischöfe dazu, Alexander abzuschwören. Friedrich Barbarossa reiste nach Bayern, um sie zu überzeugen, und besuchte auch Wien, wo er sich zwei Wochen aufhielt, um Heinrich Jasomirgott (der in Würzburg gefehlt hatte) auf seine Linie einzuschwören. Heinrich leistete den Schwur und stand damit in einem Gegensatz zu seinem Bruder Konrad von Salzburg, der die Eidesleistung abgelehnt hatte. In dem daraufhin gegen Konrad angestrengten Prozess nach Lehensrecht (zunächst in Nürnberg im Februar 1166 mit Heinrich dem Löwen als Fürsprecher Konrads) ging es um die Frage, ob dieser überhaupt rechtmäßiger Bischof sei, da er die Regalien nicht erhalten und den kaisertreuen Papst (inzwischen Paschalis III.) nicht anerkannt habe. Auf einem Reichstag in Laufen an der Salzach, also im Gebiet des Erzstifts, im März 1166 wurde die Sache letztmals verhandelt: Als Fürsprecher (prolocutor) des abwesenden Erzbischofs vertrat Heinrich Jasomirgott dessen Sache, konnte aber nicht verhindern, dass Konrad der Reichsacht verfiel und die Eigengüter und Lehen der Salzburger Kirche eingezogen wurden. Mit welcher Festigkeit und Überzeugung Heinrich argumentiert hatte, ist nicht überliefert. An der Exekution der Reichsacht an seinem Bruder beteiligte er sich nicht. Konrad war in das Kloster Admont geflohen (dessen Vogt Heinrich Jasomirgott war) und blieb dort unbehelligt bis zu seinem Tod 1168.
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Es gab offenbar Versuche, den Bischof und den Kaiser zu versöhnen. In einem „wohl gegen Ende 1167“ ergangenen Schreiben des Salzburger Dompropstes an Konrad wird berichtet, Friedrich Barbarossa habe sich einem Boten der Salzburger Geistlichkeit gegenüber „nicht ungnädig“ über diesen geäußert; einer angeblich von den lombardischen Städten im Konflikt mit dem Kaiser gewünschten Vermittlung durch Erzbischof Konrad und seinen Bruder, den Herzog, scheine Friedrich Barbarossa „durchaus geneigt zu sein“.12 Ganz von der Hand zu weisen ist zumindest für Heinrich Jasomirgott ein solcher Vermittlungswunsch nicht. 1168 wurde Adalbert, Sohn König Vladislavs II. von Böhmen, als Nachfolger Konrads zum Erzbischof von Salzburg gewählte. Da er sich gleichfalls zu Alexander III. bekannte, wurde er 1174 vom Kaiser wieder abgesetzt. Zuvor schon sollte Heinrich Jasomirgott seinen Neffen (Heinrichs Schwester Gertrud war dessen Mutter) zur Abdankung bewegen. Der österreichische Herzog nahm – sicher mit Rücksicht auf die Beziehungen zu seinem Schwager Vladislav – abermals eine eher ambivalente Haltung ein. Er folgte zwar der dringenden Aufforderung Papst Alexanders nicht, Adalbert zu schützen,13 beteiligte sich aber auch nicht an den Maßnahmen gegen ihn und die Klöster, die seine Partei ergriffen. Der Absetzung Adalberts auf dem Reichstag zu Regensburg im Juni 1174 stimmte Heinrich Jasomirgott als einziger der anwesenden Reichsfürsten nicht zu.14 Doch als der päpstliche Legat Kardinal Walter von Albano nach der Absetzung Adalberts zu dessen Unterstützung einen Konvent einberief, an dem sich auch die Stifte Klosterneuburg, Heiligenkreuz, Zwettl, Göttweig und Garsten beteiligten, musste er dies in Ungarn tun, weil ihm Heinrich Jasomirgott das freie Geleit verweigerte. Was hat diese Haltung Heinrich Jasomirgotts zum Schisma bestimmt? Man hat nicht den Eindruck, als hätten ihn Glaubensfragen besonders bewegt, um die es im Schisma ja recht eigentlich auch nicht ging. Ob ihn wirklich „die Tradition seines Hauses und wohl auch innere Neigung auf die Seite der römisch-kirchlichen Partei“ führten, wie Vancsa vermutet, ist ungewiss.15 Auch die im „Chronicon pii marchionis“ berichtete Standhaftigkeit des Herzogs gegenüber kaiserlichen Drohungen und seine vorbehaltlose Unterstützung Alexanders III. sind keineswegs ganz so eindeutig.16 Die Auseinandersetzungen mit Konrad von Passau gingen um konkrete Rechte und Besitzansprüche und hatten mit dem Schisma erst einmal nichts zu tun. Die Rücksichtnahme auf Adalbert war verwandtschaftlich bedingt und im Sinne guter Nachbarschaft zu Böhmen. Solange er in keinen offenen 12 RI IV, 2 n. 1764 13 BUB 4,1, Nr. 841 14 RI IV, 2 n. 2081
15 Vancsa, S. 346 16 Dienst 1990, S. 84
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Konflikt geriet, der ihn und sein Herzogtum unmittelbar betraf, scheint der Babenberger seine bewährte Politik des Abwartens angewandt zu haben. Friedrich Barbarossa hat dieses Lavieren lange akzeptiert: Auf dem gleichen Regensburger Reichstag 1174, auf dem Heinrich Jasomirgott als Einziger nicht für die Absetzung des Salzburger Erzbischofs gestimmt hatte, belehnte der Kaiser auf die Bitte des Babenbergers hin dessen siebzehnjährigen Sohn Leopold als künftigen Nachfolger mit dem Herzogtum Österreich.17
Heiß umfehdet, wild umstritten Allerdings entzog der Kaiser dem österreichischen Herzog seine Unterstützung, als sich nach 1174 das Verhältnis zu Böhmen verschlechterte. Es war nun keineswegs so, wie der scharfzüngige Journalist Fritz Molden formulierte, dass sich nämlich Heinrich Jasomirgott die Zeit „fortwährend mit Kriegen“ vertrieben habe, „vor allem gegen seine böhmischen Nachbarn“.18 Zwar hatte es angesichts des Landesausbaus nach Norden und der noch recht unbestimmten Grenzziehung gegen Böhmen und Mähren gelegentlich Auseinandersetzungen gegeben, die aber nie zum Krieg geführt hatten. Als zum Beispiel 1157 österreichische Ministerialen die mährische landesfürstliche Burg Podiwin brandschatzten, störte dies das gute Verhältnis zwischen Heinrich Jasomirgott und seinem Schwager Vladislav nicht weiter. Dies sei, meint Beda Franziskus Dudik in seiner Geschichte Mährens, „ein Vorfall [gewesen], welcher in dem tiefen Mittelalter und auch später nicht den Landesregenten zur Last gelegt werden darf; er gehört unter die Rubrik der Privatfehden“.19 Aber als 1172 König Vladislav zugunsten seines Sohnes Friedrich abdankte (ebenfalls ein Neffe Heinrich Jasomirgotts), unterstützte Friedrich Barbarossa den Přemysliden Soběslaw, der so Herzog von Böhmen wurde. Dieser, durch seine Ehe mit der Tochter Herzog Mieczyslavs von Polen weiterer Unterstützung sicher, war nicht bereit, die Expansion österreichischer Landherren in den Waldgebieten gegen Böhmen hin weiter zu dulden. Dabei spielte wohl auch Heinrich Jasomirgotts Rücksicht auf den abgesetzten Salzburger Erzbischof Adalbert eine Rolle. Franz Publitschka schreibt in seiner 1778 erschienenen „Chronologischen Geschichte Böhmens“, dadurch habe sich der Babenberger „den Kaiser so verfeindet, daß dieser Sobieslawen den Herzog von Böhmen wider ihn aufhetzte. Sobieslaw nahm den Antrag an, und weil er keine gründliche Ursache zu Feindseligkeiten hatte, so erfand er eine. Er schickte Gesandte an Heinrichen, die … von ihm einen gewissen Strich 17 Scheibelreiter 2010, S. 230 18 Molden, S. 28
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Lands abfordern sollten, der an dem Walde gelegen, welcher Österreich von Böhmen scheidet, und nach dem Vorwande Sobieslaws zu Böhmen sonst gehört haben soll.“20 Wahrscheinlich aber lösten erneute Übergriffe babenbergischer Ministerialen nun einen richtigen Krieg aus. Sicher ist, dass der Kaiser dem österreichischen Herzog dabei nicht zu Hilfe kam. Die Kämpfe selbst liefen in den „üblichen“ Formen ab: Soběslaw, verstärkt durch polnische und sächsische Kräfte, fiel 1175/76 im Waldviertel ein und verwüstete das Land nördlich der Donau ausgerechnet zu der Zeit, in der auch Bela III. Österreich mit Krieg überzog. Als dritter Gegner kam auch noch die karantanische Mark hinzu. Die steirischen Otakare waren seit Langem Gegner der Babenberger, denen sie wohl auch ihren Aufstieg neideten. Otakar III. fehlte in der Zeugenliste des „Privilegium minus“, was „als Distanz, wenn nicht sogar als politische Gegnerschaft zum Babenberger zu werten“ war.21 Dessen Begehrlichkeiten – vergeblich, was die Grafschaft Pitten, erfolgreich, was die Vogtei von Admont anging – verbesserten das Verhältnis nicht. Als Markgrafen waren die Otakare zwar Lehensträger des bayerischen Herzogs, in ihrer Außenpolitik aber offenkundig weitgehend autonom. Jedenfalls verbündete sich der junge Markgraf Otakar IV., angeleitet von seinen mächtigen Ministerialen, mit Böhmen und Ungarn. Heinrich Jasomirgott konnte, mit eher bescheidener Unterstützung durch seinen Schwiegersohn Herzog Hermann von Kärnten, 1175 steirische Angriffe an allen Grenzen zurückweisen. Auch dieser Krieg erschöpfte sich in gegenseitigen Brandschatzungen: Der im Norden Steiers gelegene Markt Fischau, markgräfliche Münzstätte, wurde niedergebrannt, der Traungau mit der Stadt Enns gebrandschatzt. 1176 beendete der Friede von Enns die Streitigkeiten. Hier mag das gute Verhältnis Heinrich Jasomirgotts zum bayerischen Herzog Heinrich dem Löwen eine Rolle gespielt haben, auf dessen Gerichtstag an der Enns sich die beiden 1176 trafen; mehr an Hilfe war aber nicht zu bekommen, da der Welfe, dessen Konflikt mit dem Kaiser just zu dieser Zeit eskalierte, militärisch im Norden beschäftigt war. Allgemein wird Heinrich Jasomirgotts Lage angesichts einer „antibabenbergischen Koalition“ 1175/76 als sehr bedrohlich dargestellt – und sie wäre es sicher gewesen, wenn diese tatsächlich zu einem unter seinen Gegnern abgestimmten Mehrfrontenkrieg geführt hätte. Offenbar gab es aber keinen derartigen Kriegsplan: Die Ungarn unterstützten den steirischen Angriff im Süden nur mit schwachen Kräften und auch der zeitgleiche erste Vorstoß Soběslaws im Norden band die österreichischen Kräfte nur bedingt. Wirklich 20 Publitschka, S. 427f. 21 Scheibelreiter 2010, S. 215
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EIN RITTERLICHES ENDE
gefährlich wurde es allerdings, als die Böhmen, verstärkt durch polnische und sächsische Truppen, ihre Einfälle trotz österreichischer Gegenstöße fortsetzten. Man verwüstete sich wieder gegenseitig das Land: Die Böhmen verheerten das nördliche Niederösterreich, die Österreicher die mährischen Gebiete um Znaim, die Böhmen wiederum das Umland von Zwettl. Eine Festschrift des Ober-St.-Veiter Männergesangvereins aus dem Jahre 1930 berichtet sogar, „durch den Krieg des Herzogs Heinrich Jasomirgott gegen Böhmen, Mähren und Kärnten (1174 bis 1177) [sei] das alte St. Veit samt der unterirdischen Kirche vollständig zerstört worden“22 Sie nennt dafür keine Quelle, bezieht sich aber möglicherweise auf Groppenberger, der – allerdings auch ohne Quellenangabe – schreibt, es seien damals „300 Menschen [verbrannt], welche sich in die Kirche St. Veit am Wienflusse geflüchtet hatten“.23 Dies zeigt zumindest, wie nachhaltig die Erinnerung an diesen Krieg bis in die Gegend von Wien gewirkt haben muss.
Ein ritterliches Ende Um dem böhmischen Vorstoß Einhalt zu gebieten, riskierte Heinrich Jasomirgott Ende 1176 einen Winterfeldzug, den der fast siebzigjährige Herzog hoch zu Ross anführte. Doch am 29. November 1176 glitt sein Pferd auf einer vereisten Brücke aus (oder brach auf einer morschen Brücke ein) und warf seinen Reiter ab. Der Herzog erlitt einen nach dem damaligen Stand der Medizin unheilbaren Oberschenkelbruch. Er wurde nach Wien zurückgebracht, wo er am 13. Januar 1177 starb. Dieses Ende war tragisch, aber eines ritterlichen Menschen, der Heinrich Jasomirgott zweifellos war, würdig. Nach den Maßstäben der Zeit hatte er zudem ein langes erfülltes Leben gehabt: Der spätere Papst Innozenz III. schrieb 1194 „Über das Elend des Menschseins“: „Am Anfang sind die Menschen neunzig Jahre und älter geworden; jetzt aber werden wenige 60 und nur ganz wenige 70.“24 Seine sicher schmerzerfüllten letzten Tage erlaubten Heinrich Jasomirgott, die „Kunst des Sterbens“ (ars moriendi) mit ihrer minuziösen Vorbereitung zu üben, was – ebenfalls nach den Maßstäben der Zeit – äußerst wichtig war. Im Gegensatz zu seinem Vater, der so überraschend gestorben war, dass der Papst seiner Witwe vorsichtshalber schriftlich die Absolution bestätigte,
22 60 Jahre Ober St. Veiter Männergesang-Verein www.1133.at/document/view/id/12 / 20.03.2012
23 Groppenberger, S. 34 24 zit nach: Fuhrmann 2003, S. 191
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konnte er seine weltlichen und geistlichen Dinge regeln, wie es sich für einen Fürsten seines Ranges und einen guten Christen gehörte. Die Erbfolge war bestimmt (und blieb unwidersprochen), der Segen der Kirche war ihm sicher, auch wenn er nicht so „fromm“ wie der Vater gewesen sein mochte. Der große französische Historiker Georges Duby hat den Ablauf eines „prunkvollen Todes“ am Beispiel des englischen Grafen Guillaume le Maréchal ausführlich beschrieben.25 Dieser William Marshal starb zwar vierzig Jahre später (1219) und anglonormannische Sitten mögen nicht ganz auf die des österreichischen Herzogshofs übertragbar sein – aber man darf annehmen, dass Heinrich Jasomirgotts Sterben ebenfalls als eine „langsame, geregelte, geordnete Annäherung, Vorspiel, feierlicher Übertritt von einem Zustand zum anderen, höheren“ zelebriert wurde. Er hinterließ ein bestelltes Haus. Die Nachfolgefrage war zwischen seinen Söhnen geregelt; der ältere, Leopold, schon zu Lebzeiten des Vaters mit Österreich belehnt, erhielt von Friedrich Barbarossa das Herzogtum am 24. Februar 1177 zum zweiten Mal zum Lehen.26 Der jüngere, Heinrich, bekam das alte babenbergische Gebiet um Mödling; er nannte sich gleichfalls Herzog, hielt dort großzügig und kunstsinnig Hof und trat trotz seines hohen Ansehens nie in Konkurrenz zu seinem Bruder. Der junge Herzog Leopold V. drängte im Sommer des gleichen Jahres Soběslaw von Böhmen erfolgreich über die March-Thaya-Linie zurück. Es stand also weder militärisch noch politisch schlecht um die Babenberger, als Friedrich Barbarossa 1178 Soběslaw absetzte und an seiner Stelle nun doch Vladislavs Sohn Friedrich zum böhmischen Herzog erhob. Zwischen diesem und Leopold vermittelte der Kaiser dann 1179 eine verbindliche österreichisch-böhmische Grenze.27 Auch der Konflikt mit der karantanischen Mark löste sich wenige Jahre später auf fast wundersame Weise: Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 wurde sie lehensrechtlich von Bayern (das an Otto von Wittelsbach ging) abgetrennt und zu einem eigenen Herzogtum Steiermark erhoben, benannt nach Steyr, der otakarischen Hauptburg. Den Otakaren selbst brachte das nicht viel Glück. Der kranke und kinderlose Otakar IV. schloss 1186 mit Leopold V. einen Erbvertrag ab („Georgenberger Handfeste“).28 Als Otakar 1192 starb, belehnte Kaiser Heinrich VI. Leopold V. und dessen ältesten Sohn Friedrich mit dem steirischen Herzogtum.
25 Duby, S. 8ff. 26 RI IV, 2 n. 2237
27 Lechner 1992, S. 168f. 28 Lechner 1992, S. 174f.
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Stark und kühn, aber ungeduldig
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VERSUCH EINER ANNÄHERUNG
Ein harter und ehrgeiziger Mann … hochfahrend und widerspenstig … Kein angenehmer Zeitgenosse: er war rechthaberisch und grob, anmaßend und eitel, aber auch hartnäckig, ein überaus fähiger Politiker, ein Meister der Taktik und ein Mann von persönlichem Mut“ S T E P H A N VA J D A
Der Publizist Stephan Vajda (der es ja auch für möglich hält, dass Heinrich Jasomirgott „unabsichtlich“ seinen Vater auf der Jagd getötet habe)1 liefert hier eine hoch spekulative Charakteristik des Babenbergers, die erkennbar auf etlichen Urteilen und auch Vorurteilen in der Literatur aufbaut. Nun werden freilich Tatsachenbehauptungen dort, wo von Anfang an der Nachweis ihrer Richtigkeit fehlt, durch Wiederholung nicht glaubwürdiger. Nur drei Eigenschaften Heinrich Jasomirgotts sind durch einen Zeitgenossen, nämlich Otto von Freising, einigermaßen zuverlässig überliefert: Stärke, Kühnheit und Ungeduld.2 Alle anderen lassen sich bestenfalls aus Heinrich Jasomirgotts Verhalten schließen – je nach dem Standpunkt (und vielleicht auch Erkenntnisinteresse) des Betrachters sind die Ergebnisse subjektiv. Klopfen wir Vajdas Kanon der Eigenschaften Heinrich Jasomirgotts einmal auf seine Stichhaltigkeit hin ab: Härte und Ehrgeiz wurden von einem kriegerischen Fürsten erwartet, hochfahrend und widerspenstig musste zumal den Anhängern Friedrich Barbarossas (allen voran Otto von Freising) Heinrichs Widerstand gegen die Herausgabe Bayerns erscheinen, rechthaberisch und anmaßend sogar den eigenen Brüdern die Art, in der er seine Rechte einforderte und mehrte. Dafür, dass er grob und eitel gewesen sei, gibt es keinen erkennbaren Beleg. Hartnäckigkeit zeichnete ihn gewiss aus, 1 Vajda, S. 79f. 2 Otto Gesta, II, 34
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und ohne politische Befähigung und meisterhafte Taktik hätte er es wohl nicht zum Herzog von Österreich gebracht. Aber sind das nicht zum größten Teil Leerformeln, die sich so auf jeden erfolgreichen Fürsten anwenden lassen? Ist es überhaupt möglich, aus dem, was wir über ihn wissen, ein individuelles Bild Heinrich Jasomirgotts zu formen? Vor allem: Geht es an, aus heutiger Schau einen Menschen des Mittelalters zu charakterisieren? Die Mediävisten warnen mit gutem Grunde: Karl Brunner schreibt, „dass Menschen zu Leopolds [und folglich auch Heinrich Jasomirgotts] Zeiten sich wohl als Akteure sahen, aber nicht als Individuen im modernen Sinn, sondern in der mehr oder weniger gelungenen Erfüllung einer Rolle, die ihnen Gott und die Gesellschaft zumaß. Alles, was ein Mensch tat, wurde im Lichte dieser Rolle beurteilt.“3 Wie weit ist also Heinrich Jasomirgott von heutiger Betrachtungsweise entfernt? Immerhin trifft (insbesondere, was den Akt auf den Barbinger Wiesen angeht) sicher auch auf ihn zu, was Georg Scheibelreiter zu Leopold III. und dessen Abfall von Kaiser Heinrich IV. schreibt: „Schließlich triumphierte der realistische Sinn des mittelalterlichen Adeligen, der bei aller rechtlichen Gebundenheit an ein überliefertes gesellschaftliches Wertesystem doch der normativen Kraft des Faktischen vertraute und meistens damit recht behielt.“4 Und Ermutigung für einen „modernen“ Versuch einer Personenbeschreibung Heinrich Jasomirgotts finde ich bei meinem Lehrer Karl Bosl: „Seit dem 12. Jahrhundert brachen sich Versachlichung und Systematik im Denken der Menschen, in der Ausübung staatlicher Herrschaft und in der Auffassung von der Welt Bahn.“5 So weit sind wir in unseren Vorstellungen vielleicht doch nicht auseinander?
Ritterbilder Ein realistisches Bild im eigentlichen Sinne des Wortes können wir uns von Heinrich Jasomirgott leider nicht machen. Seine erhaltenen Siegel geben zwar gewisse Aufschlüsse über das Aussehen eines Reiterkriegers jener Zeit, weisen aber keinerlei Ähnlichkeit mit lebenden Personen auf.6 Das um 1290 entstandene „Babenbergerfenster“ im Brunnenhaus des Stifts Heiligenkreuz, die früheste bildliche Darstellung Heinrichs (mit der Umschrift HEINRICVS PRIMVS DVX AVSTRIE FUNDATOR SCOTORVM VIENNE FILIVS LEVPOLDI MARCHIONIS II) zeigt ihn als Idealbild eines Ritters: Ein ju3 Brunner Karl 2009, S. 13 4 Scheibelreiter 2010, S. 160
5 Bosl 2005, S. 201 6 Sava 1864, S. 245f.
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gendlicher blondgelockter und bartloser Mann „in tänzerischer Schreitstellung“7 erhebt mit der rechten Hand das von einer Binde umwickelte Vogtschwert und hält mit der linken den Bindenschild. Sehr ähnlich, wohl von Heiligenkreuz inspiriert, aber spiegelverkehrt, ist ein um 1330 entstandenes Glasfenster im Klosterneuburger Kreuzgang: Heinrich (hier: HAINRICVS SCOTORUM FVNDATOR II) hält gleichfalls in der Rechten das Vogtschwert und in der Linken ein Modell des Schottenstifts.8 Natürlich kann Zufall oder Fantasie allein die Künstler geleitet haben (wo der Vater Leopold III. als älterer bärtiger Mann dargestellt ist, müssen die Söhne ja wohl jünger und dann eben bartlos sein). Könnte aber nicht doch auch eine Überlieferung nachgewirkt haben, die Heinrich als jugendlich wirkenden Ritter in Erinnerung behalten hat? Vielleicht war es ja die Beschreibung des „Jünglings von hitzigster Leidenschaftlichkeit“ aus Otto von Freisings Chronik? Und vielleicht beruht diese merkwürdige Charakterisierung des damals immerhin fünfunddreißigjährigen Heinrich darauf, dass dieser sich eine gewisse Jugendlichkeit bewahrt hatte? Auf dem Klosterneuburger Babenberger-Stammbaum von 1490 ist er auf einem Schiff unter vielen Leuten auf dem Weg in den Zweiten Kreuzzug zu sehen, erkennbar nur an seinem Herzogshut. Spätere Darstellungen – oft in voller Rüstung, mit Plattenharnisch, wie es ihn zu seinen Lebzeiten noch gar nicht gab – entbehren auch sonst jeder Ähnlichkeit. Das gilt sowohl für verschiedene barocke Bilder als auch für die Brunnenfigur im Hof des Schottenstifts aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, übrigens mit wallendem Bart. Das romantisierende Geschichtsbewusstsein des 19. Jahrhunderts hat Heinrich Jasomirgott dann so dargestellt, wie ein Babenberger eben auszusehen hatte. Für die Elisabethbrücke über die Wien wurde er in Überlebensgröße modelliert: „Herzog Heinrich Jasomirgott“ mit Rock und Mantel, das Schwert umgegürtet, den Blick in die Ferne gerichtet, bartlos, unter dem Herzogshut langwallendes Haar, in der Hand eine Schriftrolle (wohl das „Privilegium minus“). Die Statue, in ihrem Aussehen offenbar ein wenig von dem Heiligenkreuzer Bild inspiriert, steht heute auf dem Wiener Rathausplatz. Martialischer gibt sich die Stifterfigur an der Außenfassade der Schottenkirche: mit goldenem Herzogshut und Gürtel, das Klostermodell zu Füßen, ein muskulöses Bein vorgestreckt und mit großer Geste einem knienden Mann zugewandt, der ihm die Baupläne präsentiert. Zweifellos verfügte Heinrich Jasomirgott über jene ritterlichen Eigenschaften, welche seine Zeit dem Herrscher abverlangte und welche die Nachwelt an ihm zu finden wünschte. Wenn er seinem Vater nachgeraten ist, war 7 Babenberger-Katalog, S. 264 (Exponatbeschreibung 307)
8 Babenberger-Katalog, S. 266 (Exponatbeschreibung 313)
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er ziemlich groß und kräftig gebaut. Stärke und Kühnheit zeichneten ihn aus. Für seine körperliche Tüchtigkeit spricht auch, dass er noch in weit vorgerücktem Alter seine Truppen hoch zu Ross anführen konnte. Wir wissen zwar nicht, welche ritterliche Ausbildung er genoss (und wer sie ihm vermittelt hat). Doch dass er die Schwertleite erhielt, also in feierlicher Zeremonie mit dem Schwert umgürtet und in den Ritterstand aufgenommen wurde, darf als ziemlich sicher angenommen werden. Denn dies entsprach dem Brauch der Zeit: Klosterneuburger Quellen berichten sowohl von der Schwertleite für den Vater als auch für den Bruder Adalbert. Und wenn es auch für Heinrich und Leopold keine derartigen Berichte gibt, ist nicht denkbar, dass sie als Söhne des hoch angesehenen Markgrafen von solcher Ritterehre ausgeschlossen gewesen sein sollten. Vielleicht ist die Schwertleite der beiden ja deshalb nirgends verzeichnet, weil sie so selbstverständlich war. Groppenberger schreibt ohne Quellenangabe, Heinrich Jasomirgott sei 1131 zum Ritter geschlagen „und für Kämpfe geweiht“ worden.9 Da Groppenberger von der Geburt Heinrichs im Jahre 1114 ausgeht, würde dieser also die Schwertleite mit siebzehn Jahren erhalten haben, was durchaus möglich wäre. Wolfs „Bajerische Geschichte“ gibt an, dass die Schwertleite Heinrichs 1130 gewesen sei – aber auch bei Wolf ist dieser ja erst 1114 geboren.10 Setzt man 1107 als Geburtsjahr an, werden die genannten Daten weniger wahrscheinlich: Der Sohn des Markgrafen dürfte kaum erst mit dreiundzwanzig oder gar vierundzwanzig Jahren zum Ritter gemacht worden sein. Zur Übung der Reiterkämpfer, aber ebenso zur Unterhaltung, kamen im 12. Jahrhundert zunächst bei den Normannen und Franzosen die Turniere auf. Das erste bekannte Turnier in Deutschland wurde 1127 bei Würzburg ausgefochten.11 Es gibt keine Nachrichten darüber, dass Heinrich Jasomirgott solche Turniere ausgerichtet oder an ihnen teilgenommen habe. Es ist aber auch nicht auszuschließen. Über besondere Kriegstaten des jungen Heinrich wird nichts berichtet. Er könnte 1132 dabei gewesen sein, als zum Entsatz des von Heinrich dem Stolzen in seiner Fehde mit dem Grafen von Bogen belagerten Wolfratshausen auch Leopold III. mit einem Kontingent aufmarschierte (dank der Vermittlung des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach kam es dort aber nicht zu kriegerischen Handlungen). Groppenberger schreibt, leider abermals ohne Quellenangabe, Heinrich Jasomirgott habe „seinen Heldenmuth durch die Siege bey Weinsberg“ bewiesen.12 Wenn das stimmte, so wäre er dort im Herbst 1140 im Aufgebot König Konrads III. zu finden gewesen. 9 Groppenberger, S. 7 10 Wolf, S. 239
11 Fuhrmann 2003, S. 55 12 Groppenberger, S. 7
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So tritt Heinrich Jasomirgott erst nach seiner Belehnung mit dem Herzogtum Bayern in den Kämpfen mit der welfischen Partei als Kriegsmann hervor – und diese Kämpfe waren kaum mit größeren Gefechten, dafür aber umso mehr mit Brandschatzungen und Verwüstungen verbunden. 1143, so berichtet die „Historia Welforum“, drang Welf VI. in Bayern ein „und zog erst wieder ab, als er alles weit und breit verwüstet hatte. Darüber ergrimmt, überfiel Heinrich mit seinen ritterlichen Streitkräften die Besitzungen der Anhänger Welfs und zerstörte ihre Vesten und Dörfer. Welf sammelte aufs neue sein Aufgebot und rüstete sich eben, jenem entgegenzuziehen; da hörte er, dass der König im Anmarsch wäre, und wich zurück. Darauf schloß Heinrich zusammen mit dem Könige die Burg Dachau, die dem Grafen Konrad, einem Parteigänger Welfs gehörte, ein, zwang sie nach Verwüstung der ganzen Umgebung mit Hilfe des Königs zur Übergabe und steckte sie in Brand. So litt jenes ganze Land unter größten Kriegsnöten.“13 Die bayerische Geschichtsschreibung sah die Verantwortung für diese Kriegsgräuel vor allem bei dem Babenberger: „Am verheerendsten wälzte sich der Kriegssturm über Bayern hin und selbst über das seit langem durch Ruhe und Ordnung beglückte Österreich, und H. Jasomirgott benahm sich auf eine Weise, daß ihm selbst der leibliche Bruder B. Otto kein gutes Wort reden kann.“14 In der rauen Wirklichkeit war also wenig zu spüren von der ethischen und religiösen Überhöhung des Rittertums, das Minnesänger und höfische Romane priesen. Bei der Belagerung Mailands durch Friedrich Barbarossa im Jahre 1158 zeichnete er sich durch besonderen Wagemut aus – und hatte damit Erfolg, was ihm das Lob Rahewins eintrug.15 Auch die Kämpfe, die Heinrich Jasomirgott in seinen letzten Lebensjahren zu bestehen hatte, zeigen ihn als durchaus umsichtigen Anführer: Er reagierte rasch auf die von drei Seiten erfolgenden Angriffe und scheute auch vor einem Winterfeldzug nicht zurück. Doch die Niederlage an der Leitha 1146 und vermutlich mehr noch die Erfahrungen aus dem Kreuzzug mögen Heinrich Jasomirgott gelehrt haben, die Lösung von Problemen nicht zuerst in kriegerischen Auseinandersetzungen zu suchen. Seine Vorgehensweise im Kampf um die bayerische Herzogswürde und später während des Schismas zeigen dies deutlich, wobei freilich niemand sicher sein durfte, dass der Babenberger im Ernstfall nicht doch zum Schwert greifen würde.
13 Historia Welforum, S. 53 14 Otto Gesta, I, 34; Damberger, S. 356
15 Otto Gesta, III, 43
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Die Schlacht an der Leitha und die Ungeduld „Daher griff der Herzog – er ist nämlich stark und kühn, aber ungeduldig – plötzlich zu den Waffen und wider die Erfordernisse militärischer Zucht und Ordnung rückte er nicht bedächtig vor, sondern stürzte Hals über Kopf vorwärts.“ So beschreibt Otto von Freising in den „Gesta“ den Angriff Heinrich Jasomirgotts in der Schlacht an der Leitha 1146 gegen die Ungarn und sieht in dem überhasteten Angriff den Grund, warum dieser die Schlacht verloren habe.16 Aus diesem Urteil des immerhin selbst kriegserfahrenen Bischofs ist durch die Jahrhunderte ein rechtes Vorurteil geworden: Es gibt kaum eine Abhandlung über Heinrich, die nicht von dessen Ungeduld und fehlender Bedachtsamkeit berichtet. Dass er „voll ungestümer Tapferkeit“ gestürmt sei, „ohne sein Heer erst in bestimmte Schlachtordnung zu stellen“,17 wird immer wieder als „Mangel an Feldherrntalent“ gewertet.18 Und dies mündet dann in das apodiktische Urteil von Hugo Hantsch in seiner großen „Geschichte Österreichs“, Heinrich Jasomirgott sei überhaupt „kein großer Kriegsheld“ gewesen.19 Was hat es nun mit diesem Ungestüm und der daraus resultierenden Niederlage wirklich auf sich? Da wir hier – wie sonst nicht einmal in der berühmten Szene auf der Barbinger Wiese – Heinrich Jasomirgott als Person begegnen und sein Handeln beobachten können, lohnt es sich, dieser Schlacht an der Leitha und den sich aus ihr ergebenden Folgerungen genauer nachzugehen, um wenigstens einige Eigenschaften des Babenbergers (und ihrer Kolportage durch die Jahrhunderte) herauszuarbeiten: Seit dem 11. Jahrhundert bildeten die schwer gerüsteten Reiterkrieger („Ritter“) den Kern jeder Streitmacht. Sie trugen Kettenpanzer mit geschmiedeten Halsbergen (Plattenrüstungen kamen erst viel später auf!), offene Helme, Schwert, Schild und eine lange Lanze. Zum Angriff ritten sie in möglichst geschlossener Formation; Ziel war es, mit eingelegter Lanze einen berittenen Gegner zu töten, zu verletzen oder wenigstens vom Pferd zu stoßen. Reit- und Zaumzeug waren so ausgeformt, dass sie den sicheren Sitz beim Aufprall auf den Feind unterstützten. Das hohe Gewicht des Reiters erforderte ein kräftiges Pferd, das gut ausgebildet werden musste. Sollte der Angriff erfolgreich sein, waren Übung und Disziplin vonnöten. Die Ritter mussten ihre Angriffslust zügeln, ihre Position in der Schlachtreihe einhalten und auf den Nachbarn achten. Denn sie sollten – bei größeren Gefechten in mehreren Treffen hintereinander aufgestellt – 16 Otto Gesta, I, 34 17 Meynert, S. 45
18 Juritsch, S. 200 19 Hantsch, S. 65
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DIE SCHLACHT AN DER LEITHA UND DIE UNGEDULD
in einer Reihe langsam vorrücken und erst kurz vor dem Zusammenprall mit dem Gegner schnell werden. Das gelang in der Praxis nur schwer, weil sich fast immer der eine oder andere besonders hervortun wollte oder weil einfach manche Pferde durchgingen. Nach einem ersten Zusammenstoß waren die Reihen nur sehr schwer wieder zu ordnen und häufig löste sich die Schlacht dann sogleich in Einzelkämpfe auf. Es kam dabei angesichts der „Undiszipliniertheit des kriegs- und beutelustigen Adels“20 sehr viel auf das Beispiel und die Autorität des Anführers an. Denn der adelige Reiterkrieger, dessen Bewaffnung und Ausrüstung immer aufwendiger und teurer wurde, musste eigene Mittel dafür aufwenden oder sich bezahlen lassen und war deshalb nicht nur auf Kampf, sondern auch auf Beute aus. Im September 1146 stand Heinrich Jasomirgott dem anrückenden ungarischen Heer an der Leitha mit einem wohl rasch zusammengeholten bayerisch-österreichischen Aufgebot gegenüber, das in der Taktik des geschlossenen Angriffs nicht gut aufeinander eingespielt gewesen zu sein scheint. Die ungarischen Panzerreiter waren weit disziplinierter. Zudem waren sie zahlenmäßig stark überlegen. Zwar dürfte die Größenangabe der ungarischen Streitmacht bei Otto von Freising – mindestens 70 000 Mann – 21 ebenso wenig stimmen wie fast alle derartigen Zahlenangaben dieser Epoche. Der deutsche Historiker Martin Philippson hat bereits 1867 in einer „Geschichte Heinrichs des Löwen“ die genannten Zahlenangaben als übertrieben bezeichnet; „zu dieser Zeit galten 8000 Mann schon für ein ausserordentlich grosses Heer“.22 Aber das bayerisch-österreichische Aufgebot, mit dem Heinrich Jasomirgott den Ungarn entgegentrat, war sicher weit schwächer. Weltin schätzt das militärische Potenzial Österreichs gegen Ende des 12. Jahrhunderts auf 20 Bannerherren mit insgesamt rund 2100 Reiterkriegern;23 sehr viel mehr an bayerischen Rittern dürfte auch 1147 nicht dazugestoßen sein. Otto von Freising gibt eine recht detaillierte Beschreibung einer Schlacht, die sich, genau besehen, von vielen anderen nur wenig unterscheidet, die in dieser Zeit ausgefochten wurden. Ihn hat sie offenbar sehr beeindruckt, vielleicht, weil er die Einzelheiten unmittelbar von seinem Bruder erfuhr?24 Vorstellbar ist freilich auch, dass Otto seine Informationen von bayerischen Adeligen hatte, die nur allzu gern in Heinrichs unkonventionellem Verhalten die Ursache für die Niederlage gesehen hätten und nicht in der von Otto berichteten Flucht der Deutschen.25 20 Weltin, S. 537 21 Otto Gesta, I, 34 22 Philippson, S. 340
23 Weltin, S. 536f. 24 Otto Gesta, Einführung, S. 20 25 Otto Gesta, I, 34 – auch zum Folgenden
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Als die Ungarn überraschend den Fluss überquerten und Feuer legten, gerieten Heinrichs Ratgeber in Verwirrung, die ausgesandten Kundschafter aber versagten. In der irrigen Meinung, die Ungarn hätten sich zur Flucht gewendet, stürmte der Herzog „wider die Erfordernisse militärischer Zucht und Ordnung … Hals über Kopf “ vorwärts. Tatsächlich gelang es, die ungarischen Bogenschützen fast vollständig aufzureiben. Dann prallte der Angriff auf die ungarische Linie, die zuerst „unbeweglich fest [stand] wie ein Wald“. Als sie dennoch wankte und die Ungarn schon an Rückzug dachten, „begannen die Deutschen, die mit den hinteren Trupps ihrem Herzog folgten, zu fliehen“. Ihr „panischer Schrecken“ mag seine Ursache in der Gefangennahme des bayerischen Anführers Ratbold (vermutlich der Spanheimer Graf Rapoto I. von Ortenburg) gehabt haben.26 Heinrich Jasomirgott fand sich „von seinen Leuten im Stich gelassen“ und schlug sich „mit seiner streitbaren Faust“ nach Wien durch. War nun wirklich Heinrich Jasomirgotts „Ungeduld“, sein rasches Handeln, ursächlich für die Niederlage? Dem Herzog blieben beim Zusammentreffen mit dem offensichtlich viel stärkeren ungarischen Heer wenig Handlungsalternativen: Ein kampfloser Rückzug hätte nicht nur ihn kompromittiert, sondern auch leicht zu einer völligen Auflösung seines Heeres führen können. Das Ausharren in Schlachtordnung in Erwartung des zahlenmäßig überlegenen Feindes war höchst gefährlich, zumal die eigene Streitmacht (wie sich gezeigt hat und von Heinrich wohl erkannt wurde) keineswegs diszipliniert und gefestigt und außerdem von den plänkelnden ungarischen Bogenschützen bedroht war. Das langsame Vorrücken (nach den „Erfordernissen militärischer Zucht und Ordnung“) hätte das österreichisch-bayerische Aufgebot ebenfalls den Bogenschützen ausgesetzt und an den Kräfteverhältnissen nichts geändert. Hans Delbrück hat in seiner „Geschichte der Kriegskunst“ (1923) den raschen Angriff Heinrichs, durch den die gefährlichen ungarischen leichten Reiter zerstreut und teilweise vernichtet wurden, ein Musterbeispiel wagemutigen taktischen Handelns genannt.27 Heinrich Jasomirgott setzte auf Schnelligkeit – und auch Otto von Freising muss eingestehen, dass er damit Erfolg hätte haben können, wenn die „Deutschen“ nicht versagt hätten. Ob Heinrich Jasomirgott intuitiv oder aus kühler Berechnung gehandelt hat, wissen wir nicht. Aber wenn Angriff die beste Verteidigung ist, dann hat er an der Leitha wohl doch nicht ganz unbedacht gehandelt, und das Verdikt „ungeduldig“ ließe sich durch „rasch entschlossen und wagemutig“ ersetzen.
26 Calasanza, S. 37; ebenso: Fessler, S. 69f. 27 Delbrück, S. 305
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MIT BESONNENHEIT UND WEISER MÄSSIGUNG
Mit Besonnenheit und weiser Mäßigung Einen ganz anderen Heinrich Jasomirgott stellt uns der österreichische Historiker Victor Hornyanszky in seiner „Geschichte des österreichischen Kaiserstaates“ vor: „Seine Besonnenheit und weise Mäßigung, sein Scharfsinn, der die Verhältnisse klug berechnete, begründeten die Macht Österreichs.“28 Wortwörtlich findet sich das Lob der „Besonnenheit und weisen Mäßigung“ auch in Hermann Meynerts „Geschichte Österreichs“.29 Da beide Bücher in Pest erschienen sind, hat hier wohl der eine vom anderen abgeschrieben, ohne dass freilich das zitierte Urteil dadurch unrichtiger würde. In der Tat lässt sich, wie ich meine, an den verschiedenen Entwicklungen in Heinrich Jasomirgotts Leben ganz besonders seine Fähigkeit des ruhigen Zuwartens ablesen, bis der rechte Moment zum Handeln gekommen war. Er konnte offenbar seine Chancen nüchtern abwägen und beherzt wahrnehmen. Dazu gehörte auch ein gehöriges Maß an Souveränität, denn er musste Außenstehenden gelegentlich fast zwangsläufig schwach und unentschieden erscheinen. Schon bei der Nachfolge seines Vaters wird dies deutlich: Was immer vor und nach 1136 seine Aufgabe am Rhein gewesen sein mag, sie war ihm wichtig und zukunftsträchtig genug, auch wenn sie ihm offenbar keinen Titel eintrug. Er sah ruhig zu, wie sein jüngerer Bruder Leopold zuerst Markgraf und dann gar Herzog wurde und der noch jüngere Otto Bischof. Gewiss: Königliche Urkunden nennen Heinrich ab 1138 „Markgraf “,30 aber das war er so wenig wie etwa Welf VI. Herzog von Bayern. Dass ihm der königliche Stiefbruder schon damals ein Amt zugesagt haben könnte, vielleicht gar konkret die Pfalzgrafschaft bei Rhein, ist reine Spekulation (wenn auch einige Wahrscheinlichkeit dahintersteckt). Als er dann 1140 Pfalzgraf wurde, war er immerhin schon dreiunddreißig Jahre alt. Auch zwei Jahre später begehrte er nicht auf, als ihn Konrad III. zwar in der Nachfolge Leopolds mit der österreichischen Mark belehnte, nicht aber zugleich mit dem bayerischen Dukat. Das kann aber nur bedeuten, dass die über die Heirat mit der Herzoginwitwe Gertrud angestrebte Friedenslösung für Bayern von Anfang an mit ihm abgesprochen, ja vielleicht sogar von ihm mit entwickelt worden ist. Wir wissen nicht, ob die doch sehr diffizile Konstruktion gehalten hätte, wäre Gertrud nicht schon ein Jahr darauf gestorben; Art und Anspruchsdenken Heinrichs des Löwen sprechen eher dagegen. Aber sicher ist wohl, dass sie mit einem weniger souveränen Charakter wie Heinrich Jasomirgott gar nicht zu machen gewesen wäre. 28 Hornyanszky, S. 72 29 Meynert, S. 55
30 Meiller Regesten, S. 213, Anm. 133; RI IV, 1, 2 n. 148
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Besonders deutlich aber zeigten sich seine Fähigkeiten zuzuwarten, nüchtern abzuwägen und im rechten Moment zuzugreifen, in den vier Jahren seines Rückzugs vom bayerischen Herzogtum (man darf das wohl einen „geordneten Rückzug“ nennen). Dass er „sich in diesen vier Jahren recht geschickt verhalten“ habe, ist eine Untertreibung.31 Wir wissen nicht, zu welchem Zeitpunkt er von Friedrich Barbarossa welche Zusagen bekommen hat – aber aus seinen überlegten Abwehrzügen dürfen wir schließen, dass er nur den Boden aufgab, den er nicht mehr halten konnte, und eine klare Vorstellung von dem hatte, was er dafür bekommen musste. Vorhaltungen wie „Trotz“ oder „Starrköpfigkeit“ gehen an der Wirklichkeit dieses Entscheidungsprozesses vorbei – ebenso aber auch das vor allem im 19. Jahrhundert beifällig gezollte Lob für „Treue und Eifer für den Freund und Kaiser“32 oder für „Edelsinn“ und hochherzige Opferbereitschaft.33 Heinrich Jasomirgott lebte wie seine Zeitgenossen im Glauben an die Gottgewolltheit von Amt und Würde, er war wie sie auf Rang und Ansehen bedacht, auf honor und gloria. Er war gewiss kein „Buchhalter der Macht“ im modernen Sinne, aber er legte strenge Rechnung im Kleinen wie im Großen – ob es um drei Mark und ein Pferd oder um einen Herzogshut ging. War Heinrich Jasomirgott fromm? So lange man seinen Beinamen aus dem Spruch „So wahr mir Gott helfe“ herleitete, konnte er schon deshalb als frommer Mann gelten.34 Das wissen wir heute wohl besser. Im Übrigen hat er jene frommen Werke getan, die von einem Fürsten seines Standes erwartet wurden: Er stiftete sein Hauskloster, förderte – freilich in bescheidenerem Umfang als sein Vater – die religiösen Einrichtungen seines Landes, nahm das Kreuz und führte – soweit sich das vor allem durch das Fehlen gegenteiliger Berichte erkennen lässt – ein gottgefälliges Leben. Die Zwettler Annalen nennen ihn sicher nicht ganz ohne Grund einen „Verehrer von Religion und Liturgie“.35 Dass er sowohl den Klöstern als auch seinen bischöflichen Brüdern gegenüber seine Rechte konsequent wahrte, steht dazu nicht im Widerspruch (auch wenn die Betroffenen es so sehen mochten). Seine Zurückhaltung im Schisma hat mit der Haltung des bayerischen Episkopats zu tun, der aufseiten Papst Alexanders III. stand. Der Bericht des „Chronicon pii marchionis“, er habe diesen vorbehaltlos unterstützt, ist nicht richtig,36 denn schließlich beugte er sich doch der kaiserlichen Forderung und leistete den Eid gegen Alexander – aber vollzogen hat er die gegen die papsttreuen Bischöfe gerichteten Repressalien nicht. Dies könnte freilich weniger 31 Kleindel, S. 16 32 Meynert, S. 55 33 Haßler, S. 33
34 Ehlers, S. 56 35 Scheibelreiter 2010, S. 224 36 Dienst 1990, S. 70
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auf seine Frömmigkeit denn auf seine Weitsicht zurückzuführen sein: Es war ihm nicht vergönnt, das Ende des Schismas zu erleben. Mehr wissen wir nicht über Heinrich Jasomirgott. Ob seine Ehe mit Theodora gut war, lässt sich nicht feststellen; jedenfalls war sie stabil und eine gute Grundlage sowohl für die politische Präsenz wie auch für den höfischen Glanz des Herzogs. Dass er im Umgang mit anderen „grob“ oder „eitel“ war, lässt sich aus keiner seiner überlieferten Handlungen folgern. Wenn das Mäzenatentum der Babenberger bis in Heinrich Jasomirgotts Zeit zurückreicht und der früheste donauländische Minnesang nach Wien weist,37 so spricht dies wohl auch für eine gewisse Weltläufigkeit des Herzogs.
Wenn er auch nicht die große Bedeutung seines Vaters und seines Enkels erreichte … Hat nun Heinrich Jasomirgott, Pfalzgraf bei Rhein, Markgraf von Österreich, Herzog von Bayern und Herzog von Österreich, trotz allem doch „nicht die große Bedeutung seines Vaters und seines Enkels erreicht“?38 Was haben ihm darin Leopold III. und Leopold VI. voraus? Lässt sich überhaupt eine solche wertende Reihung der drei Babenberger aufstellen? An welchen Kriterien soll sie sich orientieren? An dem, was wir von ihnen aus ihrer Lebenszeit wissen – oder an dem, was die Nachwelt aus ihnen gemacht hat? Gemeinsam ist den dreien die lange Dauer ihrer Herrschaft: Leopold III. war einundvierzig Jahre Markgraf, Heinrich Jasomirgott zusammen siebenunddreißig Jahre nacheinander Pfalzgraf, Markgraf und Herzog, Leopold VI. sechsunddreißig Jahre Herzog. Außerdem haben alle drei über ihrem Stand geheiratet: Leopold III. eine salische Kaisertochter, Heinrich Jasomirgott erst eine deutsche Kaisertochter und dann eine byzantinische Kaisernichte und Leopold VI. eine byzantinische Kaiserenkelin. Sie haben bei unterschiedlichen Bedingungen, aber mit der gleichen Zähigkeit und dem gleichen Erfolg ihre Herrschaft ausgebaut und gefestigt. Leopold III. stieg in der Hierarchie der Reichsfürsten hoch hinauf, verweigerte aber die ihm angetragene Königskandidatur und hielt sich der Reichspolitik fern. Darum war er auch kaum in Kriegsereignisse verwickelt. In seiner Regierungszeit wurde aus der Grenzmark ein Land.39 Da er zudem der erste Babenberger war, dessen Wirken sich in urkundlichen Aufzeichnungen umfangreicher dokumentieren lässt, sind seine Verdienste – so 37 Ebenbauer 1995, S. 30 38 Lechner 1992, S. 170
39 Gutkas 1976/1, S. 33
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Maximilian Weltin, ein profunder Kenner der Materie – „ganz unverhältnismäßig hervorgehoben worden.“40 Seiner Klostergründungen und einer durchaus eigennützigen Förderung kirchlicher Belange wegen nannten ihn schon die Zeitgenossen den „frommen“ Leopold. Daran ließ sich vorzüglich anknüpfen, als – nach Gebetserhörungen und Wallfahrten – die Habsburger darangingen, ihn zum Schutzheiligen Österreichs zu machen. Der „glorreiche“ Leopold VI. gewann in den fünfunddreißig Jahren seiner Herrschaft einen Ruf überragender Frömmigkeit durch die Förderung der Kirche (worin er seinen Urgroßvater nachahmte),41 kämpfte ruhmreich im Heiligen Land, mehrte den babenbergischen Besitz durch Erbe und Kauf und förderte Handel und Wandel durch Verkehrswege, Marktplätze und ein einheitliches Münzwesen. Als Reichsfürst suchte er die Nähe des Kaisers und agierte auf höchster Ebene, wegen seiner guten Kontakte zur Kurie wiederholt auch als Vermittler zwischen den beiden Gewalten. Seine Tochter Margarete heiratete den Sohn Kaiser Friedrichs II., Heinrich. Er besaß einen sicheren Sinn für Repräsentation und glanzvolle Festlichkeiten; sein Wiener Hof galt als Zentrum der Kunst (auch wenn Walther von der Vogelweide von dort im Unfrieden schied). Die Berichte über Leopold VI. sind „fast ausschließlich wohlwollend, ja sie heben den Herzog bei allen Gelegenheiten hervor und steigern sich manchmal zu einer wahren Lobpreisung“.42Aber es gibt auch hier eine kritischere Sicht: Man muss ja nicht gleich der Vermutung folgen, dass Leopold, was die Dichtkunst angeht, „eher ein Banause gewesen“ sei.43 Doch Weltin „scheint der sechste Leopold wie schon der dritte ein Nutznießer, der die Früchte der Politik seiner Vorgänger ernten konnte.“44 Zwischen dem „heiligen“ und dem „glorreichen“ Leopold tut sich der Nachruhm Heinrichs, der es zu keinem derart ehrenden Beinamen brachte, schwer. Er war zwar kein großer Förderer der Klöster, aber im erfolgreichen Landesausbau stand er Vater oder Enkel in nichts nach. Klostergründungen überließ er freilich – mit Ausnahme des Wiener Schottenstifts – dem Adel und seinen Ministerialen. Diese besorgten auch Burgenbau und Rodung – Heinrich Jasomirgotts Leistung dabei ist vielleicht auch wegen des nachhaltigen österreichischen Historikerstreits über das „werdende Land“ nicht so recht deutlich geworden. Hinzu kommt, dass Heinrich Jasomirgott in den meisten historischen Darstellungen weniger als Handelnder erscheint: Die österreichische Herzogswürde hat er da nicht eigener Zähigkeit und politischem Geschick zu verdanken, sondern der Großmut des kaiserlichen Neffen Fried40 Weltin, S. 509 41 Röhrig 1991, S. 341 42 Scheibelreiter 2010, S. 378
43 Ebenbauer 1995, S. 30 44 Weltin, S. 548
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„GEGENPROBE“
rich. In der Tat: Die Epitheta „heilig“ oder „glorreich“ passen wirklich nicht zu ihm; wollte man Sunthaym nacheifern, so könnte man ihn am ehesten Heinrich „den Zielstrebigen“ nennen.
„Gegenprobe“ Das von mir gezeichnete Bild des Heinrich Jasomirgott könnte trotz meiner unverkennbaren Sympathie für ihn richtig sein. Allerdings lassen sich viele der über ihn vorliegenden Informationen und die Antworten auf die von mir gestellten Fragen auch anders interpretieren: Heinrich Jasomirgott könnte seinem Vater Leopold III. auf vielfältige Weise Anlass gegeben haben, ihn weniger zu lieben als den tüchtigen Leopold. Heinrich könnte weniger begabt gewesen sein als dieser – das würde auch erklären, warum er so lange ohne Amt und Würden blieb, während sein Bruder zum Markgrafen und Herzog avancierte. Vielleicht war er auch einfach nur träge; dann würde ihm die Herrschaft Mödling vollauf genügt haben, um ein von Sorgen und Verantwortung weitgehend freies Leben zu führen. Dass Heinrich Jasomirgott schließlich Pfalzgraf bei Rhein wurde, mag daran liegen, dass es König Konrad III. langsam peinlich wurde, ihn den Brüdern gegenüber zurückzusetzen. Erkennbares geleistet hat er am Rhein ja offensichtlich nicht. Der frühe Tod Leopolds IV. zwang ihn, aus dynastischen Gründen sein ruhiges Leben aufzugeben. Der staufische Halbbruder traute ihm zwar nicht viel zu und zögerte, ihm auch Bayern zu geben; aber an der Seite einer klugen und energischen Frau schien das Risiko überschaubar. Doch dann starb Gertrud – und Heinrich Jasomirgott kam sofort in jene Kalamitäten, die Steven Runciman zu Recht „Narrenstreiche“ nennt. Der ärgste war sein Verhalten in der Schlacht an der Leitha 1146: Seine Ungeduld obsiegte über die Vernunft. Ähnliches geschah 1158 bei der Belagerung von Mailand, nur dass er diesmal mehr Glück oder die Mailänder weniger Kraft hatten. Gelernt hat er nichts aus diesen Affären: Bis zu seinem Lebensende blieb er angriffslustig und unüberlegt. Für Konrad III. war er eine willfährige Schachfigur im Spiel um die Macht: Mit Theodora Komnena ließ er sich ebenso widerstandslos verheiraten wie seinerzeit mit Gertrud; wahrscheinlich schmeichelten ihm diese Ehen über seinem Stand. Allerdings hat er nicht gehalten, was sich Konrad von ihm versprach. Er konnte sich im Herzogtum Bayern nur mit dauernder Hilfe des Königs gegen die Welfen behaupten und spielte trotz seiner Beziehungen zu Byzanz auch in der Ostpolitik des Reiches keine herausragende Rolle.
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Natürlich war er auch viel zu schwach, um sich gegen Friedrich Barbarossa und Heinrich den Löwen durchzusetzen – aber es bedurfte der ganzen Geduld und Duldsamkeit des Kaisers und war mühsam genug, Heinrich Jasomirgott zu dieser Einsicht zu bringen. Als Markgraf und Herzog hat er in Bezug auf die Entwicklung Österreichs brav und nicht ohne Erfolg den Weg fortgesetzt, den Vater und Bruder vor ihm eingeschlagen hatten. Da konnte er freilich auch nicht viel falsch machen. Im Interregnum hat er vergeblich versucht, sich aus allem herauszuhalten. Seine Kleinlichkeit und seine Gier nach kirchlichem Vermögen haben ihm einen schlechten Ruf eingetragen. Außerdem hat er seine Nachbarn gegen sich aufgebracht, deren Angriffen er sich am Ende kaum zu erwehren vermochte. Dass er die Residenz der Babenberger nach Wien verlegte, ist dann wohl seine bedeutendste Tat. So gesehen hätte er, wenn auch schlecht und recht, mit Gottes Hilfe immerhin fünfunddreißig Jahre österreichischer Geschichte geprägt. Aber in dieses Bild passen viele der Mosaiksteine einfach nicht hinein, die zu Heinrich Jasomirgott in den Quellen verstreut sind – und so sehe ich ihn eben doch eher mutig als tollkühn, eher bedachtsam als träge, eher klug als ängstlich, als eine Herrscherpersönlichkeit, die einem Vergleich mit Vorgängern und Nachfolgern durchaus standhält.
Mgf 976-994
HEINRICH I.
ADALBERT
Mgf 994–1018
Mgf 1018–1055
LEOPOLD II. Mgf 1075–1095
FRIEDRICH I.
LEOPOLD III.
Hz v Bayern 1126 – 1139
OTTO ERNST
Bf v Freising 1138–1148
GERTRUD ~ (2.)
Hz v Sachsen 1143–1180 Hz v Bayern 1165–1180
RICHARDIS
FRIEDRICH II.
Röm. König 1138–1152
Hz v Schwaben 1105–1147
~ JUDITH
Hz v Schwaben 1147–1152 Kaiser 1152–1190
THEODORA KOMNENA
LEOPOLD V.
HEINRICH DER LÖWE
KONRAD III.
FRIEDRICH BARBAROSSA
Pfalzgraf bei Rhein 1140–1142 Mgf 1141–1143 Hz v Bayern 1143–1156 Hz v Österreich 1156–1177
GERTRUD ~ (1.)
Bf v Passau 1148 – 1164 Ebf v Salzburg 1164–1168
Hz v Österreich 1177–1194 Hz v Steiermark 1192–1194
HEINRICH Hz v Mödling
AGNES
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HEINRICH II. JASOMIRGOTT
Mgf 1137-1141 Hz v Bayern 1139–1141
Hz v Schwaben 1077–1105
KONRAD
LEOPOLD IV. ADALBERT
HEINRICH DER STOLZE
AGNES ~ (1.)
~ (2.) AGNES
Mgf 1095–1136
15:39 Uhr
~ (1.) ? von Perg
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ERNST Mgf 1055–1075
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S TA M M TA F E L
LEOPOLD I.
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KARTE
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Z E I T TA F E L Babenberger/Österreich 1075
Reich
* Leopold III.
1180?
Herzog Friedrich I. von Schwaben ~ Agnes
1190
* Friedrich (II.)
1193
* Konrad (III.)
1095
Markgraf Leopold III.
vor 1105
Leopold III. ~ ? von Perg
1105
+ Herzog Friedrich I. von Schwaben
vor 1106
* Adalbert
1106
Leopold III. ~ Agnes (Witwe Friedrichs I. von Schwaben)
1107
* Heinrich (Jasomirgott)
1109?
* Leopold (IV.)
1111?
* Ernst
1112/14?
* Otto
1114?
* Konrad
+ Kaiser Heinrich IV. Kaiser Heinrich V.
1122?
* Friedrich Barbarossa
1125
+ Kaiser Heinrich V. Kaiser Lothar von Süpplingenburg
1126
Herzog Heinrich der Stolze von Bayern
1127
Heinrich der Stolze ~ Gertrud (Tochter Kaiser Lothars)
1130? 1136
* Heinrich der Löwe + Leopold III.
1137
Markgraf Leopold IV.
1137/38?
+ Adalbert
1138
Otto Bischof von Freising
König Konrad III. Konrad entzieht Heinrich dem Stolzen die Herzogtümer Sachsen und Bayern
1139
Herzog Leopold IV. von Bayern
+ Heinrich der Stolze Welf VI. setzt Kampf um Bayern fort
1140
Heinrich Pfalzgraf bei Rhein
1141
+ Leopold IV. Markgraf Heinrich Jasomirgott
1142
Heinrich Jasomirgott ~ Gertrud (Witwe Heinrichs des Stolzen)
1143
Herzog Heinrich (XI.) Jasomirgott von Bayern * Tochter Richardis + Gertrud
1146
Niederlage Heinrich Jasomirgotts gegen die Ungarn an der Leitha
+ Kaiser Lothar
Heinrich der Löwe erhält das Herzogtum Sachsen und verzichtet auf Bayern
1147
Heinrich der Löwe macht Ansprüche auf Bayern geltend
1147–1149
Zweiter Kreuzzug
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Z E I T TA F F E L
Babenberger/Österreich 1148/49
Heinrich Jasomirgott ~ Theodora (Nichte Kaiser Manuel Komnenos von Byzanz)
1148
Konrad Bischof von Passau
1150 1151
Reich
Niederlage Welfs VI. bei Flochberg * Tochter Agnes
1152
+ Konrad III. Kaiser Friedrich Barbarossa Friedrich Barbarossa verspricht Heinrich dem Löwen Bayern und leitet ein förmliches Rechtsverfahren ein
1154
Anspruch Heinrichs des Löwen auf Bayern wird durch Fürstenspruch anerkannt Italienzug Friedrich Barbarossas
1155
Gründung des Schottenstifts in Wien durch Heinrich Jasomirgott
Friedrich Barbarossa belehnt Heinrich den Löwen mit Bayern
1156
Heinrich Jasomirgott wird Herzog von Österreich – Privilegium minus
Heinrich der Löwe erhält Bayern (ohne Ostmark)
1157
* Sohn Leopold (V.)
1158
* Sohn Heinrich Heinrich Jasomirgott nimmt am Italienzug und der Belagerung teil
Zweiter Italienzug Friedrich Barbarossas, Belagerung Mailands
+ Otto von Freising 1159–1177
Schisma Papst Alexander III. Gegner des Kaisers
1161/62
Heinrich Jasomirgott nimmt zeitweise an der Belagerung Mailands teil
Erneute Belagerung und Unterwerfung Mailands durch Friedrich Barbarossa
1164
Konrad Erzbischof von Salzburg
1165
Heinrich leistet den Schwur gegen Alexander III., beteiligt sich aber nicht an Sanktionen
1166
Erzbischof Konrad von Salzburg in der Reichsacht; Entzug der Salzburger Lehen
1168
+ Konrad
Adalbert von Böhmen Erzbischof von Salzburg
1174
Heinrich stimmt der Absetzung Adalberts nicht zu Leopold (V.) auf Wunsch des Vaters mit Österreich belehnt
Adalbert wegen Verweigerung der Eidesleistung gegen Papst Alexander III. als Erzbischof abgesetzt
1175–1177
Kämpfe mit Böhmen, Ungarn und der Steiermark
1176 29. 11.
Reitunfall Heinrich Jasomirgotts
1177 13. 1.
+ Heinrich Jasomirgott
1177 24. 2.
Leopold V. nochmals mit Österreich belehnt
Friedrich Barbarossa verpflichtet die Reichsfürsten gegen Papst Alexander III.
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R
ADB BUB HbG MGH MIÖG NDB RI ZBLG
Allgemeine Deutsche Biographie Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich Handbuch der bayerischen Geschichte Monumenta Germaniae Historica Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichte Neue Deutsche Biographie Regesta Imperii Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Edierte Quellen Andreas Georg Leidinger (Hg.), Andreas von Regensburg, Sämtliche Werke. Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, Neue Folge, Erster Band. München 1903 Annales Austriae Annales Austriae (ed. Wilhelm Wattenbach, MGH SS 9 IX.), Hannover 1851 Arnpeck Georg Leidinger (Hg.), Veit Arnpeck, Sämtliche Chroniken. Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, Neue Folge, Dritter Band, München 1915 Breve Chronicon Breve Chronicon Austriacum Mellicense (ed. Wilhelm Wattenbach, MGH SS 24 XXII.), Hannover 1879 Bub Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich 1. Die Siegelurkunden der Babenberger bis 1215, bearb. von Heinrich Fichtenau, Wien 1950 2. Die Siegelurkunden der Babenberger und ihrer Nachkommen von 1216–1279, bearb. von Erich Zöllner, Wien 1954 3. Die Siegel der Babenberger, bearb. von Franz Gall, Wien 1954 4.1 Ergänzende Quellen 976–1194, bearb. von Heinrich Fichtenau und Heide Dienst, Wien 1968 4.2 Ergänzende Quellen 1195–1287, bearb. von Heide Dienst und Christian Lackner, Wien 1997 Calles Sigismund Calles, Annales Austriae, Wien 1750/51
Cpm Chronicon pii marchionis = Continuatio Claustroneoburgensis prima (ed. Wilhelm Wattenbach, MGH SS 9 IX.) Hannover 1851 Ebendorfer Thomas Ebendorfer, Chronica Austriae (ed. Alphons Lhotsky, MGH SS rer. germ. N.S.) Berlin/Zürich 1967 Enikel Jansen Enikels Werke (ed. Philipp Strauch, MGH Dt. Chron. 3), Hannover/Leipzig 1900 Fontes Fontes Rerum Austriacarum, 2. Abt. Diplomataria et acta – Band VIII, Codex traditionum monasterii gottwicensis cum diplomatico miscello, (hg. Wilhelm Karlin), Wien 1855 – Band XI, Urkunden des CisterciensterStiftes Heiligenkreuz im Wiener Walde (hg. Johann Nepomuk Weis), Wien 1856 – Band XVIII, Urkunden der BenedictinerAbtei u.l.F. zu den Schotten in Wien vom Jahre 1158 bis 1418 (hg. Ernest Hauswirth), Wien 1859 Hermann Hermanni Altahensis Annales, (ed. Philipp Jaffé , MGH SS 17, XXX.), Hannover 1856 Herrschaften Österreichische Chronik von den 95 Herrschaften (ed. Joseph Seemüller, MGH Dt. Chron. 6), Hannover/Leipzig 1909 Historia Welforum Erich König (Hg.), Historia Welforum, (Schwäbische Chroniken der Stauferzeit, 1. Bd.) Stuttgart/Berlin 1938
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Kaiserchronik Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, (ed. Edward Schröder, MGH, Dt. Chron. 1,1), Hannover 1895 Ligurinus Gunther der Dichter, Ligurinus (ed. Erwin Assmann, MGH SS rer. germ. 63), Hannover 1987 Linck Johann Bernhard Linck, Annales Austrio-Clara-Vallenses, Wien 1723-25 Meiller regesten Andreas von Meiller, Regesten zur Geschichte der Markgrafen und Herzoge Oesterreichs aus dem Hause Babenberg aus Urkunden und Saalbüchern, Wien 1850 Menzel Karl / Wilhelm Sauer, (Hg.), Codex diplomaticus Nassoicus, Band I, Teil 1, Wiesbaden 1885 Niederösterreich Urkunde und Geschichte: Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden des Landesarchivs (Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109 –1314), St. Pölten 2004 Otto Chronik Bischof Otto von Freising, Chronik oder die Geschichte zweier Staaten, hg. Walther Lammers, Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Band XVI, [6.] Darmstadt 2011 Otto Gesta Bischof Otto von Freising und Rahewin, Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica, hg. Franz-Josef Schmale, Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr-vomStein-Gedächtnisausgabe, Band XVII, Darmstadt 1974 Ottokar Ottokars Österreichische Reimchronik (ed. Joseph Seemüller, MGH Dt. Chron. 5,2) , Hannover 1893 Pez Hieronymus Pez, Scriptores rerum Austriacarum veteres ac genuini quotquot ex Austriae vicarumque provinciarum biliothecis et tabulariis, decumano labore pelustratis, aut primum in lucem vindicau, aut ex mss codicibus auctiores et emendatiores edi potuerunt, 1. und 2. Band Leipzig 1721–1725, 3. Band, Regensburg 1745 RI Regesta Imperii J[ohann] F[riedrich] Böhmer, Regesta Imperii, Lothar III. und ältere Staufer 1125– 1197
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Literatur Adelphus Johannes Adelphus, Ausgewählte Schriften I, (hg. Bodo Gotzkowsky), Berlin 1974 Althoff Gerd Althoff, Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter, Darmstadt 2003 Appelt Heinrich Appelt, Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich, Graz 1973 Aventinus Sigmund von Riezler / Matthias Lexer, Johannes Turmairs genannt Aventinus Sämmtliche Werke, auf Veranlassung Sr. Majestät des Königs von Bayern herausgegeben von der K. Akademie der Wissenschaften, München 1884–1886 Babenberger/ Staufer Babenberger und Staufer, Hg.: Gesellschaft für staufische Geschichte Göppingen, Göppingen 1987 Babenberger-Forschungen BabenbergerForschungen, Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien, Wien 1976 Babenberger-Katalog 1000 Jahre Babenberger in Österreich, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF 66, Wien 1976 Bahr Hermann Bahr, Wien, Stuttgart 1907
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Bloch Marc Bloch, Apologie der Geschichtswissenschaft oder Der Beruf des Historikers, Stuttgart [2.] 2008 Bosl 1950 Karl Bosl, Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches (Schriften der MGH 10, 1 und 2), Stuttgart 1950–1951 Bosl 1973 Karl Bosl, Staat, Gesellschaft, Wirtschaft im deutschen Mittelalter (Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 7), München 1973 Bosl 1978 Karl Bosl, Friedrich Barbarossa, Reaktionär oder Staatsmann. Ein Epilog zum Stauferjahr 1977, in: ZBLG 41 (1978), S. 93ff. Bosl 2005 Karl Bosl, Europa im Mittelalter, Darmstadt 2005 (Neuausgabe) Boshof 1992 Egon Boshof, Die Salier, [2] Stuttgart, 1992 Boshof 2007 Egon Boshof, Europa im 12. Jahrhundert: auf dem Weg in die Moderne, Stuttgart 2007 Heinrich Heinrich Brunner, Das gerichtliche Exemtionsrecht der Babenberger, in: Sitzungsbericht der kais. Akademie d. Wiss., phil. hist. Cl., 47, Wien 1864 Brunner Karl 1994 Karl Brunner, Herzogtümer und Marken. Vom Ungarnsturm bis ins 12. Jahrhundert (Österreichische Geschichte 907–1156, hg. Herwig Wolfram), Wien 1994 Brunner Karl 2007 Karl Brunner, Das Privilegium minus und das werdende Land, in: SCHMID 2007, S. 201–210 Brunner Karl 2009 Karl Brunner, Leopold, der Heilige. Ein Portrait aus dem Frühling des Mittelalters, Wien/Köln/Weimar 2009 Brunner Otto Otto Brunner, Land und Herrschaft. Grundfragen zur territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter, [4] Wien 1959 Calasanza Joseph Calasanza von Arneth, Geschichte des Kaiserthumes Österreich, Wien 1827 Crollius Georg Christian Crollius, Vierte Fortsetzung der erläuterten Reihe der Pfalzgraven zu Aachen und bey Rhein in einer Nachricht von Heinrich Jochsamer von Oesterreich, Zweibrücken 1774
Csendes Peter Csendes, Wien und die Babenberger, Ausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Wien 1976 Cuspinian Johannes Cuspinian, Austria, Basel 1553 Damberger Joseph Ferdinand Damberger, Synchronistische Geschichte der Kirche und der Welt im Mittelalter, Regensburg 1855 Delbrück Hans Delbrück, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, Berlin 1900–1920 Dienst 1966 Heide Dienst, BabenbergerStudien. Niederösterreichische Traditionsnotizen als Quellen für die Zeit Markgraf Leopolds III., Wien 1966 Dienst 1985 Heide Dienst, Agnes. Herzogin – Markgräfin, Ehefrau und Mutter, Wien 1985 Dienst 1990 Heide Dienst, Regionalgeschichte und Gesellschaft im Hochmittelalter am Beispiel Österreichs (Bd. 27 der Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung), Wien/Köln 1990 Dinzelbacher Peter Dinzelbacher, Bernhard von Clairvaux, Darmstadt 1998 Dopsch Heinz Dopsch, Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter (Österreichische Geschichte 1122– 1278), Wien 1999 Drabek Österreich im Hochmittelalter (907 bis 1246), hg. von der Kommission für die Geschichte Österreichs der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Redaktion Anna Maria Drabek, Wien 1991 Dudik Beda Franziskus Dudik, Mährens allgemeine Geschichte, III. Band: vom Jahre 1125 bis zum Jahre 1173, Brünn 1864 Duby Georges Duby, Guillaume le Maréchal oder der beste aller Ritter, Frankfurt 1997 Ebenbauer 1977 Alfred Ebenbauer (Hg.), Österreichische Literatur zur Zeit der Babenberger, Wien 1977 Ebenbauer 1995 Alfred Ebenbauer, Dichtung und Raum. Kritische Gedanken zu einer mittelalterlichen ‚Literaturgeographie‘, in: Hartmut Kugler (Hg.), Interregionalität der deutschen Literatur im europäischen Mittelalter, Berlin 1995 Ebner Herwig Ebner, „Otakar III.“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 6, Sp. 1555
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Fuhrmann 2003 Horst Fuhrmann, Deutsche Geschichte im hohen Mittelalter, [4] Göttingen 2003 Futschek Angelika Futschek, Die Leesdorfer Babenberger-Bilder, Baden 2004 Genersich Johann Genersich, Kurzer Abriss der Geschichte von Österreich, Böhmen und Ungarn, Tyrnau 1824 Gerstner Ruth Gerstner, Die Geschichte der lothringischen Pfalzgrafschaft (von den Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz), Rheinisches Archiv 40, Bonn 1941 Glaser Hubert Glaser, Wissenschaft und Bildung im Spätmittelalter, in: HbG 2, S. 806–860 Görich 2007 Knut Görich, „… damit die Ehre unseres Onkels nicht gemindert werde …“. Verfahren und Ausgleich im Streit um das Herzogtum Bayern 1152–1156, in: Schmid 2007, S. 23-36 Görich 2009 Knut Görich, Jäger des Löwen oder Getriebener der Fürsten? Friedrich Barbarossa und die Entmachtung Heinrichs des Löwen, in: Hechberger 2009, S. 98–117 Görich 2011 Knut Görich, Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011 Göttingische Anzeigen Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen unter der Aufsicht der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften / Der erste Band auf das Jahr 1774, Göttingen Grill Heinz Grill, Die Babenberger, Innsbruck 1977 Groppenberger Alois Groppenberger von Bergenstamm, Versuch einer Lebensgeschichte des ersten Herzogs in Österreich Heinrich II. Jasomirgott mit den angehängten Nachrichten von der Burg Medelich (Medling) in Österreich; Aus Urkunden gezogen und mit Benützung der Landesgeschichte bearbeitet, Wien 1819 Grothe Ewald Grothe, Zwischen Geschichte und Recht. Deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung 1900–1970, München 2005 Gsteu Hermann Gsteu, Geschichte Österreichs, Innsbruck 1947 Gutkas 1975 Gutkas Karl, Kuenringer und Babenberger in der Geschichte und in den
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Dramen von Matthäus von Collin, Wien 1975 Gutkas 1976 Karl Gutkas, Die Babenberger in Österreich, Wien 1976 Gutkas 1976/1 Karl Gutkas, Das Land Österreich zur Zeit der Babenberger, in: Babenberger-Katalog, S. 26–37 Gutkas 1976/2 Karl Gutkas, Die Babenberger in der österreichischen Geschichtswissenschaft, in: Babenberger-Katalog, S. 647–652 Haberl Johanna Haberl, Favianis, Vindobona und Wien, Leiden 1976 Haider 1987 Siegfried Haider, Geschichte Oberösterreichs, München 1987 Haider 1991 Siegfried Haider, Nichturkundliche Quellen, in: Drabek, S. 23ff. HbG Handbuch der bayrischen Geschichte HbG 1 Erster Band, Max Spindler (Hg.): Das alte Bayern, das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts, [2.] München 1981 HbG 2 Zweiter Band, Andreas Kraus (Hg.): Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, [2.] München 1988 Hanthaler Chrysostomus Hanthaler, Fastorum Campililiensium, Linz 1754 Hantsch Hugo Hantsch, Die Geschichte Österreichs, [4] Graz/Wien/Köln 1959 Hassler Leopold Haßler, Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates, nach Quellen und den besten vaterländischen Hilfswerken, Wien 1842 Haverkamp Alfred Haverkamp, 12. Jahrhundert. 1125–1198 (Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 5), Stuttgart 2005 Hechberger 2007 Werner Hechberger, Herzog und Herzogtum. Die Welfen in Bayern, in: Schmid 2007, S. 77–102 Hechberger 2009 Werner Hechberger / Florian Schuller (Hg.), Staufer & Welfen. Zwei rivalisierende Dynastien im Hochmittelalter, Regensburg 2009 Heger 1 Hedwig Heger, Deutschsprachige Literatur im babenbergischen Österreich, in: Babenberger-Katalog, S. 134–140 Heger 2 Hedwig Heger, Das Nachleben der Babenberger in der deutschen Literatur, in: Babenberger-Katalog, S. 632–638
Hermann Oliver Hermann, Lothar III. und sein Wirkungsbereich: räumliche Bezüge königlichen Handelns im hochmittelalterlichen Reich (1125–1137), Bochum 2000 Hinterschweiger Hubert Hinterschweiger, Die Babenberger sind an allem schuld, Wien 2006 Hornyanszky Victor Hornyanszky, Geschichte des österreichischen Kaiserstaates, Bd. 1: Die österreichischen Länder von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1526, Pest 1853 Hummel Bernhard Friedrich Hummel, Neue Bibliotheck von seltenen und sehr seltenen Büchern und kleinen Schriften samt beygefügten noch ungedruckten Briefen und andern Aufsätzen gelehrter Männer der vorigen Zeiten, Nürnberg 1775 Jäger Albert Jäger, Beiträge zur österreichischen Geschichte, Wien 1855 Jordan 1973 Karl Jordan, Investiturstreit und frühe Stauferzeit (Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 4), München 1973 Jordan 1979 Karl Jordan, Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 1979 Jung Johannes Jung, Das Schottengymnasium in Wien: Tradition und Verpflichtung, Hg. Alt-Schotten, Vereinigung ehemaliger Schottengymnasiasten, Wien 1997 Juritsch Georg Juritsch, Geschichte der Babenberger und ihrer Länder, Innsbruck 1894 Kastner Richard H. Kastner, Wo Babenberger und Habsburger residierten, Wien/ Graz/Klagenfurt 2010 Kleindel Walter Kleindel, Österreich, ein Herzogtum: Das privilegium minus, Wien 1981 Knittler Herbert Knittler, Die Wirtschaft, in: Babenberger-Katalog, S. 60–71 Köbler Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien und reichsunmittelbaren Geschlechter vom Mittelalter bis zur Gegenwart, [6.] München 1999 Köhne Carl Ernst Köhne, Die Hohenstaufen, in: Die großen Dynastien, Erlangen 1996 Kohnle Armin Kohnle, Kleine Geschichte der Kurpfalz, Karlsruhe 2005
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Krabbo Hermann Krabbo, Die Versuche der Babenberger zur Gründung einer Landeskirche in Österreich, Wien 1903 Kramer Ferdinand Kramer, Die Welfen, in: Alois Schmid und Katharina Weigand (Hg.), Die Herrscher Bayerns, München 2006 Krämer G.C. Krämer, Glänzende Züge aus der bayerischen Geschichte; ein bayerisches Lesebuch, Landau 1826 Kraus Andreas Kraus, Geschichte Bayerns, Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1983 Kuenringer-Katalog Die Kuenringer. Das Werden des Landes Niederösterreich, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF 110, Wien 1981 Laudage Johannes Laudage, Friedrich Barbarossa. Eine Biografie, Regensburg 2009 Lazius Wolfgang Lazius, Typi choreographici provinciae Austriae, Wien 1561 Lechner 1947 Karl Lechner, Die Babenberger in Österreich, Wien 1947 Lechner 1992 Karl Lechner , Die Babenberger, Markgrafen und Herzöge in Österreich 976–1246, Wien/Köln/Weimar [4.] 1992 Lhotsky Alphons Lhotsky, Thomas Ebendorfer. Ein österreichischer Geschichtsschreiber: Theologe und Diplomat des 15. Jahrhunderts, Wien 1957 Leopold Leopold III. und die Babenberger,: Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier (Hg. Hans Gruber, Helene Grünn, Franz Oswald), St. Pölten 1976 Lindner Michael Lindner, Heinrich II. Jasomirgott, Herzog von Österreich, in: Eberhard Holtz/Wolfgang Huschner (Hg.), Deutsche Fürsten des Mittelalters. Fünfundzwanzig Lebensbilder, Leipzig 1995 Lori Johann Georg von Lori, Chronologischer Auszug der Geschichte von Baiern, München 1782 Luden Heinrich Luden, Geschichte des teutschen Volkes, Gotha 1835 Maleczek Werner Maleczek, Das Privilegium minus. Diplomatische Gesichtspunkte, in: Schmid 2007, S. 103–142 Mannert Konrad Mannert, Die Geschichte Bayerns, Leipzig 1826 Mauerer Wolfgang Mauerer, Historische Unterhaltungen aus der baierischen Ge-
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Pohanka Reinhard Pohanka, Eine kurze Geschichte der Stadt Wien, Wien 1998 Pohl Walter Pohl / Brigitte Vacha, Die Welt der Babenberger: Schleier, Kreuz und Schwert. Graz 1995 Pölitz Karl Heinrich Ludwig Pölitz, Oesterreichische Geschichte, neu herausgegeben von Ottokar Lorenz, Wien 1859 Posch Fritz Posch, Siedlung und Bevölkerung, in: DRABEK, S. 406ff. Prinz 1981 Friedrich Prinz, Bayern von Zeitalter der Karolinger bis zum Ende der Welfenherrschaft (788–1180) Bayern als Herzogtum und Kronland bis 1180, II. Die innere Entwicklung: Staat, Gesellschaft, Kirche, Wirtschaft, in: HbG 1, S. 352–518 Prinz 1997 Friedrich Prinz, Die Geschichte Bayerns, München 1997 Publitschka Franz Publitschka, Chronologische Geschichte Böhmens von den ersten Königen bis auf Karl den IVten. Vierther Teil, der königliche genannt, Erster Band von Wratislaws Krönung bis auf Ottokarn den Iten, Prag 1778 Rapf Cölestin Roman Rapf / Heinrich Ferenczy (Hg.), Gedächtnisschrift anlässlich des 800. Todestages Herzog Heinrichs II. Jasomirgott, Wien 1977 Rauch Adrian Rauch / Franz Ferdinand Schrötter, Oesterreichische Geschichte. Erster Band, Wien 1779 Reindel Kurt Reindel, Bayern vom Zeitalter der Karolinger bis zum Ende der Welfenherrschaft (788–1180) I. Die politische Entwicklung, in: HbG 1, S. 324–351 Riezler 1898 Sigmund von Riezler, Antrittsvorlesung am 3. November 1898, zit. nach Katharina Weigand (Hg.), Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, München 2010, S. 171f. Riezler 1927 Siegmund von Riezler, Geschichte Baierns, 2 Bde., [2.] Stuttgart 1927 Röhrig 1975 Floridus Röhrig, Der Babenberger-Stammbaum im Stift Klosterneuburg, Wien 1975 Röhrig 1985 Floridus Röhrig, Leopold III. der Heilige. Markgraf von Österreich, Wien/München 1985 Röhrig 1991 Floridus Röhrig, Die kirchliche Entwicklung, in: DRABEK, S. 340f.
Runciman Steven Runciman, Geschichte der Kreuzzüge, München 1995 Salier Das Reich der Salier 1024–1125. Katalog zur Ausstellung des Landes RheinlandPfalz, Sigmaringen 1992 Sassmann Hanns Sassmann, Das Reich der Träumer, Berlin 1932 Sava 1841 Carl von Sava, Historisch-diplomatische Beträge, die Herzöge von Mödling, in: Joseph Chmel (Hg.), Der österreichische Geschichtsforscher, 2. Band, Wien 1841 Sava 1864 Carl von Sava, Die Siegel der österreichischen Regenten, II. Abt. Die Siegel der österreichischen Fürsten aus dem Hause Babenberg, in: Mitteilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, IX. Jg., Wien 1864 Schaab Meinrad Schaab, Geschichte der Kurpfalz, Band 1: Mittelalter, Stuttgart 1999 Scharrer Adam Scharrer, Oesterreichische Marg-Graffen von Leopold dem Durchleuchtigen und Ersten biß auff Heinrich / letzten Marggraffen und I. Hertzogen zu Oesterreich, Wien 1670 Scheibelreiter 1989 Georg Scheibelreiter, „Heinrich II. Jasomirgott“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, München/Zürich 1989, Sp. 2074–2075 Scheibelreiter 2010 Georg Scheibelreiter, Die Babenberger. Reichsfürsten und Landesherren, Wien 2010 Schlotheuber Eva, „Das Privilegium maius – eine habsburgische Fälschung im Ringen um Rang und Einfluss“, in: Schmid 2007, S. 143–165 Schmid Alois 2006 Alois Schmid, Die Herrscher Bayerns, München 2006 Schmid Alois 2007 Alois Schmid, Das Privilegium minus von 1156 in der bayerischen Geschichtsschreibung, in: Schmid 2007, S. 211–228 Schmid 2007 Peter Schmid / Heinrich Wanderwitz (Hg.), Die Geburt Österreichs. 850 Jahre Privilegium minus, Regensburg 2007 Schmitz Clemens Schmitz, Österreichs Scheyern-Wittelsbacher oder Die Dynastie der Babenberger, München 1880 Schneidmüller Bernd Schneidmüller / Stefan Weinfurter / Alfried Wieczorek
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R (Hg.), Verwandlungen des Stauferreichs. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa, Darmstadt 2010 Schneller Franz Julius Schneller, Geschichte von Oesterreich und Steiermark, Dresden 1828 Schoettler Peter Schoettler (Hg.), Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918–1945, Frankfurt/M. 1997 Schrötter Franz Ferdinand Schrötter, Versuch einer Oesterreichischen StaatsGeschichte von dem Ursprunge Oesterreichs bis nach Dessen Erhöhung zum Herzogtum, Wien 1771 Schwarzmaier Hansmartin Schwarzmaier, Die Frau als Mittelpunkt von Hof und Gesellschaft, in: Jürgen Krüger (Hg.), Das Nibelungenlied und seine Welt, Darmstadt 2003 Schweickhardt Franz Xavier Joseph Schweickhardt (Ritter von Sickingen), Reihenfolge der österreichischen Regenten, von Carl dem Großen bis in die neuesten Zeiten, Wien 1833 Speer Lothar Speer, Kaiser Lothar III. und Erzbischof Adalbert I. von Mainz, eine Untersuchung zur Geschichte des deutschen Reiches im frühen zwölften Jahrhundert, Köln 1983 Sporschil Johann Sporschil, Geschichte des Entstehens, des Wachstums und der Größe der österreichischen Monarchie, Leipzig 1843/1844 Störmer Wilhelm Störmer, „Welf V.“, in Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, Sp. 2146 Sunthaym Ladislaus Sunthaym, Der loeblichen fuorsten vnd des lands oesterrich altharkommen vnd regierung, Basel [nicht vor 1491] Tangl Michael Tangl, Die Fälschungen Chrysostomus Hanthalers, in: MIÖG 19/1898, S. 1ff. Tomek Ernst Tomek, Kirchengeschichte Österreichs, Innsbruck 1935 Uebach Christian Uebach, Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152–1167), Bochum 2007 Unger Josef Unger, Die Besiedelung des Bezirkes Breclaw (Lundenburg) vom 8. bis zum 12. Jahrhundert, in: Unsere Heimat, Zeitschrift für Landeskunde in Niederösterreich, Heft 2/1996, St. Pölten, S. 124ff.
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Q U E L L E N U N D L I T E R AT U R Weltin Maximilian Weltin, Das Land und sein Recht. Ausgewählte Beiträge zur Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter (Hg. Folker Reichert / Winfried Stelzer), MIÖG Erg. Bd. 49, Wien 2006 Wenck Helfrich Bernhard Wencks Hessische Landesgeschichte, Darmstadt und Gießen 1783 Wessely Die Babenberger – und was von ihnen blieb, Redaktion: Christine Wessely, Wien 1975 Westenrieder 1785 Lorenz von Westenrieder, Geschichte von Baiern, für die Jugend und das Volk, hg. von der baierischen Akademie der Wissenschaften, 1. Bd., München 1785 Westenrieder 1822 Lorenz von Westenrieder, Abriß der Baierischen Geschichte, München 1822 Wigand Otto Wigand, Wigand’s Conversations-Lexikon Für alle Stände, Von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten bearbeitet, Bd. 10 (Österreich-Portsmouth), Leipzig 1850 Wolf Joseph Heinrich Wolf, Bajerische Geschichte für alle Stände des Vaterlandes ohne Unterschied von den frühesten Zeiten bis zum Jahre 1832, München 1832 Wolfram Herwig Wolfram, Die Ministerialen und das werdende Land, in: Die Kuenringer. Das Werden des Landes Niederösterreich, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Wien 1981, S. 8ff. Zeissberg 1866 Heinrich [von] Zeißberg, Blüthe der nationalen Dynastien (Baben-
berger – Przemysliden – Arpaden) in den österreichischen, böhmischen und ungarischen Ländern vom J. 1000 bis 1276, Wien 1866 Zeissberg 1880 Heinrich von Zeißberg, „Heinrich II.“, in: ADB 11, (1880), S. 554– 557 Zeissberg 1883 Heinrich von Zeißberg, „Leopold IV.“, in: ADB 18 (1883), S. 384f. Zens Klemens Zens, Die Mark der Babenberger, 1955 Ziegler 2007 Wolfram Ziegler, König Konrad III. (1138–1152). Hof, Urkunden und Politik (Böhmer, Johann F., Regesta Imperii. Beihefte: Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 26), Wien 2007 Ziegler 2012 Wolfram Ziegler , Studien zur staufischen Opposition unter Lothar III. (1125–1137), cma.gbv.de/ dr,cma, 010,2007,a,04.pdf (20.03.2012) Zöllner 1976/1 Erich Zöllner, Die Dynastie der Babenberger, in: Babenberger-Katalog. S. 9–25 Zöllner 1976/2 Erich Zöllner, Wien zur Zeit der Babenberger, in: Babenberger-Katalog, S. 296–300 Zöllner 1978 Erich Zöllner (Hg.), Das Babenbergische Österreich, 976–1246, Wien 1978 Zöllner 1990 Erich Zöllner, Geschichte Österreichs: von den Anfängen bis zur Gegenwart, [8.] München 1990 Zschokke Heinrich Zschokke, Der Baierischen Geschichte Erstes und zweites Buch. 1. Band, Aarau 1813
ABBILDUNGSNACHWEIS akg-images: S.2, 64; Peter Palm, Berlin: S. 126; wbg-Archiv: S. 97; wikipedia/Gryffindor: S. 5
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REGISTER
Das Register enthält die Eigennamen von Personen und Personengruppen sowie politische und topographische Bezeichnungen, nicht jedoch die Namen der Autoren zitierter Werke (mit Ausnahme Ottos von Freising) und Sachbegriffe.
Abkürzungen: Bf. Ebf. dt. Gem. Gf. Hg. Kg. Kl. Ks. Mkgf. Pfgf. röm.
= Bischof, = Erzbischof, = deutsch, = Gemahlin, = Graf, = Herzog, = König, = Kloster, = Kaiser, = Markgraf, = Pfalzgraf, = römisch
Adalbert, Ebf. von Salzburg 35, 106f. Adalbert, Ebf. von Mainz 43f. Adalbert, fränkischer Gf. 12 Adalbert, Mkgf. von Österreich 34 Adalbert, Sohn Leopolds III. 26, 30, 33, 35, 37 – 40, 42, 44f., 54, 67, 114 Admont, Kl. 15f., 68, 92, 94, 105, 108 Agnes, Gem. Friedrichs I. von Schwaben (1) und Leopolds III. von Österreich (2) 11, 20, 26, 30, 32, 35f., 39, 41– 43, 45, 48, 58, 66 Agnes, Gem. Stephans III. von Ungarn (1) und Hermanns von Kärnten (2) 70, 85, 100, 103 Akkon 10, 65 Albero, Ebf. von Trier 47, 50 Albert, Bf. von Freising 103 Albrecht der Bär, Mkgf. von Brandenburg 47, 58, 81, 103 Alexander III., Papst 69, 103 – 106, 120 Altenburg, Kl. 60 Andronikos, Sebastokrator 65
Arnold, Ebf. von Mainz 81 Askalon 65 Baumgartenberg, Kl. 60 Bayern 10 – 13, 15 – 17, 19f., 23 – 29, 31, 33f., 46 – 48, 50 – 60, 62f., 67f., 71 – 76, 78 – 89, 92, 94, 97, 99, 102, 104f., 110f., 115, 119, 121, 123 Béla II., Kg. von Ungarn 35, 67 Béla III., Kg. von Ungarn 70, 108 Belus, Palatin von Kroatien 68 Bernhard von Clairvaux 63, 67 Berthold, Hg. von Zähringen 103 Blaas, Carl von, Maler 72 Böhmen 12, 15f., 18, 53, 59, 70, 92, 101, 103f., 106 – 109 Bogen, Gfen. von 55 Borics, ungarischer Kronprätendent 61, 67 – 69 Bořiwoj, Hg von Böhmen 35 Braunschweig 76 Brauweiler, Kl. 51 Bruck/Leitha 95 Bulgarien 64 Byzanz 61f., 64 – 68, 70, 75, 100, 103, 123 Cham-Voburg, Gfen. von 55 Chrétien de Troyes 91 Crema 102 Dachau, Gfen. von 55 Dachau 60, 115 Damaskus 65 Deggendorf 94 Dietmar von Aist 99 Eberhard, Gf. von Burghausen 94 Edessa 63 Eferding 94 Egino von Url 93 Eggenburg 95 Eirene, Gem. von Andronikos 65 Enns 108 Ernst, Mkgf. von Österreich 34 Ernst, Sohn Leopolds III. 33, 37, 38, 42 Eugen III., Papst 61, 63, 69
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REGISTER Fischau 108 Formbach, Gfen von 89, 97 Freising, Bistum 94, 105 Friedrich Barbarossa, röm. Ks. 11, 13 – 16, 19, 21, 28f., 31f., 35, 69 – 85, 89, 101 – 107, 110f., 115, 120, 124 Friedrich II., röm. Ks. 122 Friedrich III., röm. Ks. 18 Friedrich I., Hg. von Schwaben 11, 35 Friedrich II., Hg. von Schwaben 36f., 44f., 48, 72, 74 Friedrich III., Hg. von Schwaben (s. Friedrich Barbarossa) Friedrich IV. von Rothenburg, Hg. von Schwaben 73, 75f. 103 Friedrich II., Hg. von Österreich 28 Friedrich, Hg. von Böhmen 107, 110 Friedrich, Hg. von Steiermark 110 Friedrich, Gf. von Bogen 61 Garsten, Kl. 106 Geras, Kl. 60 Gertrud, Gem. Heinrichs des Stolzen (1) und Heinrich Jasomirgotts (2) 11, 15, 17, 20, 25, 36, 46, 51, 54, 57f., 73, 119, 123 Gertrud, Gem. Vladislavs II. von Böhmen 35, 106 Gertrud, Gem. Siegfrieds von Ballenstedt 50 Gerungs Kl. 92 Géza II., Kg. von Ungarn 11, 61, 67 – 70, 75, 77 Géza, Sohn Gézas II. 70 Gmünd 95 Göttweig, Kl. 93, 106 Gottfried von Calw, Pfgf. 49 Guido von Biandrate, Gf. 102 Guillaume le Maréchal (d. i. William Marshal) 110 Hadmar von Kuenring 53 Hadrian IV., Papst 104 Hainburg 60, 95 Heiligenkreuz, Kl. 33, 35, 63, 99, 106, 112, 113 Heinrich IV., röm. Ks. 13, 35, 54, 112 Heinrich V., röm. Ks. 11, 35f., 39, 42, 49 Heinrich VI., röm. Ks. 110 Heinrich (VI.), dt. Kg. 67, 73, 75f. Heinrich (VII.), dt. Kg., Kg. von Sizilien 122 Heinrich, Ebf. von Mainz 77
Heinrich, Bf. von Regensburg 61, 68 Heinrich der Schwarze, Hg. von Bayern 36f., 54 Heinrich der Stolze, Hg. von Bayern und Sachsen 11, 17, 36f., 40, 47, 54 – 58, 72 – 74, 77, 114 Heinrich der Löwe, Hg. von Bayern und Sachsen 11, 13, 15, 19, 24, 28, 31f., 46, 55 – 59, 63, 70 – 77, 79 – 86, 88f., 103, 105, 108, 110, 117, 119, 124 Heinrich I., Mkgf. von Österreich 34 Heinrich, Hg. von Mödling 41, 86, 100, 110, 114 Heinrich von Melk 99 Heinrich, Gf. von Wolfratshausen 37 Helene, Gem. Leopolds V. 70 Hermann, Hg von Kärnten 70, 108 Hermann, Gf. von Poigen 68 Hermann von Stahleck, Pfgf. 51, 81 Horn 95 Innozenz III., Papst 109 Irene (Bertha von Sulzbach), Gem. Manuel Komnenos’ 64, 67 Italien 27, 40, 66f., 69, 80, 101 – 104 Johannes II., Ks. von Byzanz 65 Judith, Gem. Friedrichs II. von Schwaben 72, 74 Karl IV, röm. Ks. 13 Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern 86 Klamm-Velburg, Gfen. von 92 Kleinmariazell, Kl. 35, 38, 42 Klosterneuburg, Kl. 14 – 16, 18, 35, 58, 93, 106 Klosterneuburg, Stadt 60, 66, 95, 98 Koloman, Kg. von Ungarn 67 Konrad III., dt.Kg. 11, 17, 27f., 31, 36f., 41, 45, 47 – 56, 58, 60 – 69, 72 – 77, 81, 87, 114, 119, 123 Konrad, Bf. von Passau, Ebf. von Salzburg 12, 33, 37f., 48, 63, 75, 94f., 103, 105f. Konrad, Gf. von Peilstein 93 Konrad von Prato 102 Konrad, Gf. von Dachau 115 Konstantinopel 62, 64f., 69f. Krems 60, 95, 98 Kremsmünster, Kl. 15f. Kuenringer 35, 93 Kürenberger 99 Kunigunde, Gem. Otakars III. 89
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REGISTER Laa/Thaya 95 Ladislaus II. , Kg. von Ungarn 69 Lambach, Kl. 15 Legnano 103 Leitha, Fluss 67 Leitha, Schlacht an der 11, 15, 19f., 25, 34, 46, 61, 68f., 98, 115 – 118, 123 Leopold I., röm.Ks. 20 Leopold I., Mkgf. von Österreich 34 Leopold II., Mkgf. von Österreich 34 Leopold III, Mkgf. von Österreich 11, 14, 18 – 20, 23, 25 – 28, 30, 32 – 45, 48, 50, 67, 112 – 114, 121 – 123 Leopold IV., Mkgf. von Österreich, Hg. von Bayern 11f., 15, 19f., 24 – 27, 30f., 33, 35 – 49, 51 – 56, 60, 86, 97, 114, 119, 123 Leopold V., Hg. von Österreich 12, 16, 28, 52, 70, 86, 89, 100, 107, 110 Leopold VI., Hg. von Österreich 28, 30, 121f. Linz 94 Liutold, Gf. von Plain-Hardegg 68 Lothar von Süpplingenburg, röm.Ks. 36 – 40, 42 – 44, 47, 49, 54, 57 Ludwig IV. der Baier, röm.Ks., 89 Ludwig VII., Kg. von Frankreich 63, 65, 67 Mähren 59, 92, 107, 109 Mailand 14, 16, 20, 101f., 115, 123 Manuel Komnenos, Ks. von Byzanz 11, 62, 64 – 66, 69f., 75, 77 Margarete, Gem. Heinrichs (VII.) 122 Maria von Böhmen, Gem. Leopolds IV. 53 Maria, Nichte Manuel Komnenos’ 69, 70 Melk, Kl. 15, 16, 41 Melk, Stadt 60, 95 Metten, Kl. 94 Mieczyslav, Hg. von Polen 107 Mödling 22, 24, 41, 110, 123 München 84 Nicäa 64 Otakare, Mgfen. von Steier 88, 89, 101, 108, 110 Otakar III., Mkgf. von Steier 61, 69, 89, 108 Otakar IV., Mkgf. und Hg. von Steier 89, 108, 110 Otto, Bf. von Freising 10, 12 – 17, 19, 20, 25f., 28, 31 – 33, 35, 37f., 48f., 55, 61, 65,
68f., 71, 75, 77, 79 – 83, 94, 111, 113, 115 – 119 Otto IV. von Wittelsbach. Pfgf. 61, 75, 77, 114 Otto V. von Wittelsbach, Pfgf. und Hg. von Bayern 70, 110 Otto von Salm, Pfgf. 49 Paschalis III., Papst 105 Passau, Bistum 92 – 94, 105 Passau, Hochstift 39, 53, 93, 97 Perg und Machland, Gfen. von 39, 92 Pitten, Gfschaft. 108 Plain, Gfen. von 92 Podiwin 107 Poigen-Rebgau, Gfen. von 60, 92f. Polen 16 Pressburg 68 Rapoto I., Gf. von Ortenburg 118 Rappottenstein 92 Ratbold s. Rapoto Regensburg 37, 46, 55f., 60f., 63, 68f., 78, 80, 82f., 87, 94, 99, 106f. Renner, Karl 88 Rheinland 11, 42 – 45, 49 Richard Löwenherz, Kg. von England 28, 52 Richardis, Tochter Heinrich Jasomirgotts 58 Richenza, Gem. Lothars von Süpplingenburg 57f. Roger II., Kg von Sizilien 62f., 66f. Rom 103 Roncaglia 81 Rudolf IV., Hg. von Österreich 13 Sachsen 16f., 47, 54f., 57f., 73f., 76, 84, Salzburg 15, 46, 48, 88, 97 Seitenstetten, Kl. 93 Siegfried von Ballenstedt, Pfgf. 49f. Sieghartinger, Gfen. 97 Sizilien 103 Soběslav I., Hg. von Böhmen 53 Soběslav II., Hg. von Böhmen 107 Sophia, Tochter Bélas II. 67 Sophie von Ungarn, Gem. von Adalbert 35 Sulzbach, Gfen. von 55 Schaunberger, Gfen. 92 Schottenstift, 11, 19, 28, 30, 98f., 113, 122 Schwechat 103
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REGISTER Schweiggers 92 St. Emmeram (Regensburg), Kl. 93 St. Jakob (Regensburg), Kl. 98 St. Pölten 95 St. Veit 109 Stade, Gfen. von 73 Steiermark 16, 88f., 108, 110 Stephan III., Kg. von Ungarn 69f., 103 Stephan IV., Kg. von Ungarn 69 Steyr 110 Tarvis 102 Theobald, Hg. von Böhmen 103 Theodora Komnena, Gem. Heinrich Jasomirgotts 11, 15, 17, 24f., 62 – 67, 70, 84f., 99, 121, 123 Traungau 108 Tulln 40, 60, 95, 98 Ungarn 13, 15f., 18 – 20, 25, 27, 34, 61 – 63, 67 – 70, 75, 103f., 106, 108, 116– 118 Valley, Gfen. von 55 Viktor IV., Papst 104f. Viterbo 63
Vladimir Monomach, Großfürst von Kiew 67 Vladislav II., Hg. und Kg. von Böhmen 35, 61, 68, 77, 81, 102f., 106f., 110 Waidhofen/Thaya 95 Walter von Albano 106 Walther von der Vogelweide 122 Welf IV., Hg. von Bayern 54 Welf V., Hg. von Bayern 54 Welf VI. 11, 12, 19, 55, 57, 59f., 63, 67, 72, 75, 77, 81, 103, 115, 119 Welf VII. 103 Wibald von Stablo 73 Wien 11, 19, 21, 28, 31f., 53, 60, 63, 66, 68, 72, 95 – 100, 105, 109, 113, 118, 121, 124 Wilhelm von Ballenstedt, Pfgf. 43, 49 Wilhering-Waxenberger, Gfen. 92 Wittelsbacher, Mgfen. 51, 55, 88f., Wolfratshausen, Gfen. von 55 Zistersdorf 95 Znaim 109 Zwettl, Kl. 15f., 23, 53, 60, 94, 106 Zwettl, Stadt 95, 109
Informationen Zum Buch Anschaulich geschrieben zeichnet Helmut Hanko die Lebensgeschichte Heinrichs II. Jasomirgott (1107-1177) nach, der als Herzog von Bayern und dann als Herzog von Österreich zu den führenden Hochadligen des 12. Jahrhunderts gehörte – ein lebendiges Bild der Reichsgeschichte im Zeitalter der Staufer.
Informationen Zum Autor Helmut Hanko ist Historiker und war lange Jahre in leitender Stellung in der Münchner Kulturverwaltung tätig.