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German Pages 437 Year 2008
Seibt/Conradi Handbuch REIT-Aktiengesellschaft
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Handbuch REIT-
Aktiengesellschaft Aktien- und Kapitalmarktrecht, Immobilienwirtschaftsrecht, Steuerrecht herausgegeben von
Professor Dr. Christoph H. Seibt Dr. Johannes Conradi bearbeitet von
Dipl.-Fw. Dr. Ulrich Blaas Rechtsanwalt/Steuerberater
Dr. Johannes Conradi Rechtsanwalt Solicitor (England und Wales)
Dipl.-Kfm. Klaus Elmendorff Managing Director
Dipl.-Kfm. Hartmut Fründ ManagingPartner
Dr. Christian Ruoff, LL.M. (Duke) Rechtsanwalt/Fachanwalt fiir Steuerrecht/Steuerberater Attomey at Law (New York)
Dr. Martin Schiessl, LL.M. (Exeter) Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht
Prof. Dr. Christoph H. Seiht, LL.M. (Yale) Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, Attomey at Law (New York) Honorarprofessor der Bucerius Law School, Hamburg
Dipl.-K:fin. Ewald Völker Partner, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater
Dr. Hans-Christoph Voigt Rechtsanwalt
2008
oUs
Verlag
DtOttoSchmidt Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verz:eiclmet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schmidt.de www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-31718-8 ©2008 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Ühersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche-rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständjg und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Hain-Team, Bad Zwischenahn Druck und Verarbeitung: K.ösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Das Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz – REITG) vom 28. Mai 2007 (BGBl. I, 914) ist rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Damit ist eine mehrjährige Initiative insbesondere aus Kreisen der Finanzbranche für die Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland zum Erfolg gelangt. Inzwischen ist das REIT-Gesetz nahezu ein Jahr alt, und es gibt zwei als REIT-AG im Handelsregister eingetragene REIT-Unternehmen sowie elf Vor-REITs, die beim Bundeszentralamt für Steuern registriert sind. Diese Entwicklung bleibt zwar deutlich hinter den Erwartungen zurück, die sich an das Inkrafttreten des REIT-Gesetzes geknüpft haben, ist aber insbesondere wegen der seither entstandenen Finanzkrise („Subprime“) und ihrer Auswirkungen auf den Immobilien- und Kapitalmarkt nachvollziehbar. Gelegentlich wird als Grund für die bisher eher verhaltene Entwicklung der Gründung von REIT-Unternehmen in Deutschland auch die Komplexität der REIT-Gesetzgebung genannt. Dem wollen die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchs begegnen. Es ist daher das Primärziel dieses Werks, die deutschen REIT-Unternehmen mit ihren wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen auf umfassende und zugleich verständliche Weise zu erläutern und die Materie nicht nur wissenschaftlich anspruchsvoll darzustellen, sondern vor allem auch praktisch anwendbare Lösungen für die Geschäftstätigkeit von und mit REIT-Unternehmen zu entwickeln. Hierzu dienen auch die aus der konkreten Beratungspraxis entwickelten vielfältigen Schaubilder, Checklisten und Mustervorlagen. Gleichzeitig ist das REIT-Gesetz auch als Blaupause für eine weitere sektorspezifische Auffächerung des Aktien- und Kapitalmarktrechts in den Blick genommen, und dieses Handbuch will die wissenschaftliche Diskussion hierzu kritisch mitgestalten. Das Handbuch ist in sieben Kapitel gegliedert. Die Themenbereiche erstrecken sich dabei von dem eher wirtschaftlich ausgerichteten Eingangskapitel zu „REITs am Markt für Immobilienanlagen“ (Elmendorff) über die gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Beiträge zu „Gesellschaftsrecht und Corporate Governance der REIT-AG“ (Seibt) und „Kapitalmarktrechtliche Anforderungen an die REIT-AG“ (Voigt) sowie den vom Immobilienwirtschaftsrecht ausgehenden Abschnitt zur „Unternehmenstätigkeit der REIT-AG“ (Conradi) zu der aus dem Steuerrecht entwickelten Darstellung der „Besteuerung der REIT-AG und ihrer Aktionäre“ (Blaas/Ruoff/ Schiessl) bis zu dem aus der Sicht der Wirtschaftsprüfung verfassten Kapitel über „Bilanzierungs- und Bewertungsfragen sowie zusätzliche Pflichten des Abschlussprüfers bei der REIT-AG“ (Fründ). Das Handbuch wird abgeschlossen mit einer umfangreichen Mustersammlung für Satzungen, Geschäftsordnungen und andere Dokumente, die als Arbeitshilfe für die praktische Anwendung gedacht ist (Seibt), sowie dem Abdruck der REIT-Rechtsgrundlagen mit einer englischsprachigen Übersetzung für einen ersten Zugriff ausländischer REIT-Interessenten (Seibt/Conradi). Das Handbuch befindet sich in allen Teilen auf dem Bearbeitungsstand 15. April 2008. Keinen Eingang mehr konnte der am 28. April 2008 veröffentlichte Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium für ein Jahressteuergesetz 2009 fi nden, in dem sich auch Änderungen zum REIT-Gesetz finden. Neben redaktionellen Anpassungen an die Abgeltungsteuer und Neufassungen bei den Anwendungsregeln V
Vorwort
sieht dieser Entwurf insbesondere vor, dass zum einen das Halbeinkünfteverfahren (zukünftig Teileinkünfteverfahren) zumindest insoweit auf Ausschüttungen einer REIT-AG an ihre inländischen Aktionäre anwendbar sein soll, als die ausgeschütteten Erträge mit Körperschaftsteuer vorbelastet sind, und zum anderen in allen Fällen das Anrechnungsverfahren (und nicht mehr das Freistellungsverfahren) auf Ausschüttungen von ausländischen REIT-Unternehmen an inländische Aktionäre zur Anwendung kommen soll. Die teilweise Zulassung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens soll eine unter bestimmten Umständen mögliche Mehrfachbesteuerung mildern. Durch die generelle Anwendung des Anrechnungsverfahrens kann für deutsche Anleger mit ausländischen REIT-Aktien die Steuerbelastung der erhaltenen Dividenden in den Fällen steigen, in denen ansonsten auf Grund der Freistellungsmethode diese Dividenden im Inland komplett von der Besteuerung befreit werden müssten und im Ausland die Dividende nur mit einer sehr niedrigen (oder ggf. keiner) Kapitalertragsteuer belastet wären. Es ist derzeit allerdings unklar, ob, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt diese Änderungen Gesetz werden. Als Autoren dieses Handbuchs wurden durchweg auch wissenschaftlich interessierte Praktiker gewonnen, die in ihrer täglichen Arbeit als Investmentbanker, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer viel mit der Materie – insbesondere mit der Konzeption, Gründung und Beratung von REIT-Unternehmen – zu tun haben. Die Herausgeber hoffen, mit diesem Handbuch zum Verständnis der REITs und zur Begründung und Fortentwicklung des „REIT-Rechts“ als einer neuen, modernen und sektorspezifischen Rechtsmaterie beigetragen sowie zugleich für eine Reihe bislang noch offener Fragen überzeugende Antworten gegeben zu haben. Für weitere Anregungen, Hinweise und Kritik sind wir sehr dankbar; bitte benutzen Sie dafür die Antwortkarte hinten im Buch oder wenden Sie sich direkt an die Herausgeber unter der Adresse Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Alsterarkaden 27, 20354 Hamburg oder an reit-handbuch@freshfields.com. Der Dank der Autoren gilt im besonderen Maße Herrn Rechtsanwalt Dr. Gunnar Isenberg (Teil B), Herrn Rechtsanwalt und Steuerberater Martin Mues (Teil E) und Herrn Rechtsanwalt Dr. Christoph Börskens (Teil E), alle Associates unserer Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, für wertvolle Vorarbeiten, sowie Herrn ass. iur. Philipp Ludewig und Herrn cand. iur. Benjamin Fritz - beide wissenschaftliche Mitarbeiter unserer Sozietät - für die gründliche Erstellung des Sachverzeichnisses. Hamburg, im Mai 2008
VI
Prof. Dr. Christoph H. Seibt
Dr. Johannes Conradi
Inhaltsübersicht
Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIII
A. REITs am Markt für Immobilienanlagen (Elmendorff) . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Gesellschaftsrecht und Corporate Governance der REIT-AG (Seibt) . . . . .
23
C. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen an die REIT-AG (Voigt) . . . . . . . .
109
D. Unternehmenstätigkeit der REIT-AG (Conradi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
E. Besteuerung der REIT-AG und ihrer Aktionäre (Blaas/Ruoff/Schiessl) . . .
241
F. Bilanzierungs- und Bewertungsfragen sowie zusätzliche Pflichten des Abschlussprüfers bei der REIT-AG (Fründ/Völker) . . . . . . . . . . . . . . .
305
G. Muster (Seibt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
325
Anhang: Gesetzestext (deutsch-/englischsprachig) (Seibt/Conradi) . . . . . . . .
377
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
403
VII
VIII
|
Autorenverzeichnis Dr. Ulrich Blaas ist als Rechtsanwalt, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Partner im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Sein Beratungsschwerpunkt liegt im Bereich der steuerlichen Strukturierung von grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen, Börsengängen und Konzernumstrukturierungen, insbesondere auch im Bereich Real Estate. Er ist Autor verschiedener steuerlicher Publikationen und referiert regelmäßig über steuerliche Themen aus dem Bereich M&A und Real Estate. Dr. Johannes Conradi, Rechtsanwalt und Solicitor (England & Wales), ist Partner im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP und Leiter der weltweiten „Real Estate Sector Group“. Er berät Investoren, Projektentwickler und Finanzinstitute aus dem In- und Ausland sowie die öffentliche Hand in allen Fragen des gewerblichen Immobilienrechts, insbesondere bei größeren Immobilientransaktionen, Projektentwicklungen und Immobilienfi nanzierungen. Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt in der Rechtsberatung und Vertragsgestaltung für den Erwerb und die Veräußerung, die gesellschaftsrechtliche und steuerliche Strukturierung sowie die Finanzierung, Planung und Projektentwicklung von Gewerbeimmobilien. Als Mitglied der 2005 eingesetzten „REITs Steering Group“ der Initiative Finanzplatz Deutschland (IFD) hat er an dem IFD-Vorschlag zur gesetzlichen Einführung von REITs in Deutschland mitgewirkt. Klaus Elmendorff, Dipl.-Kfm., ist als Managing Director im Real Estate Investment Banking der Deutschen Bank AG mit Sitz in Frankfurt am Main tätig. Seit 2002 hat er sich auf den deutschen Immobilienmarkt spezialisiert. Seit September 2004 ist er Mitglied der Arbeitsgruppe REITs im Rahmen der Initiative Finanzplatz Deutschland. Er verfügt über umfangreiche Beratungserfahrung, insbesondere im Immobilienbereich. Hartmut Fründ, Dipl.-Kfm., Frankfurt, ist Managing Partner und Geschäftsführer der Ernst & Young Real Estate GmbH und weltweit bei Ernst & Young für den Bereich Transaction Real Estate verantwortlich. Nach Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer in Hamburg arbeitete er von 1982 bis 1989 in Dallas, Texas, USA, zunächst als Wirtschaftsprüfer, später als Executive Vice President für eine internationale Immobiliengesellschaft. Seit 1990 baute er das Immobiliengeschäft zunächst für Arthur Andersen, später für Ernst & Young in Deutschland, Europa und weltweit auf. Der Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit liegt im Kauf, Verkauf und der Finanzierung von Immobilienportfolien- und gesellschaften und der Strukturierung großer, komplexer Immobilienportfolio-Transaktionen in Deutschland und Europa. Seit 2006 ist er zusätzlich auch Lehrbeauftragter für den Bereich „Immobilienmanagement“ im Studiengang Finanz- und Anlagemanagement der International School of Management in Dortmund. Dr. Christian Ruoff, LL.M. (Duke), ist Partner im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Er ist als Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und Attorney-at-Law (New York) qualifi ziert. Seine Beratungstätigkeit umfasst die steuerrechtliche Beratung von Unternehmen, insbesondere die steuerliche Begleitung von Restrukturierungen, UnternehmensIX
Autorenverzeichnis
käufen, Private Equity- sowie immobilienbezogenen Transaktionen. Zu diesen Gebieten hat er auch vielfach veröffentlicht und Vorträge gehalten. Dr. Martin Schiessl, LL.M. (Exeter), ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Partner im Frankfurter Büro der internationalen Sozietät von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet des nationalen und internationalen Unternehmenssteuerrecht, insbesondere der steuerlichen Strukturierung von grenzüberschreitenden Akquisitionen und Finanzierungsstrukturen sowie der Betreuung von Auskunfts- und Betriebsprüfungsverfahren mit internationalen Bezügen. Er ist Autor verschiedener steuerlicher Publikationen und referiert regelmäßig über steuerliche Themen aus dem Bereich M&A und Real Estate. Prof. Dr. Christoph H. Seibt, LL.M. (Yale), Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Attorney at Law (New York), ist Partner im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP und Leiter der weltweiten Skills Group „Core Corporate/Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Beratung von Unternehmen und Finanzinvestoren in den Gebieten des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts, bei nationalen und grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen, Um- und Restrukturierungen sowie im Unternehmenssteuerrecht. Er ist Honorarprofessor an der Bucerius Law School in Hamburg, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des dortigen Instituts für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht sowie Vorstand der dieses Institut unterstützenden Stiftung; zudem ist er Vorstand des Finanzplatz Hamburg eV, einer Initiative der Handelskammer Hamburg und der Finanzwirtschaft der Metropolregion Hamburg. Ferner ist er Herausgeber und Autor vielfältiger Standardkommentare und Handbücher zum Gesellschafts- und Unternehmensmitbestimmungsrecht sowie von Fachaufsätzen. Ewald Völker, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist seit September 2002 Partner bei Ernst & Young in Frankfurt. Zuvor war er von 1983 bis August 2002 bei Arthur Andersen in Frankfurt beschäftigt. Dort wurde er 1993 in die Partnerschaft aufgenommen. Seine Schwerpunkte sind die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen von Immobiliengesellschaften nach deutschen Grundsätzen und nach IFRS, die Beratung bei der Umstellung handelsrechtlicher Abschlüsse auf IFRS, Due Diligence-Beratung beim Kauf und Verkauf von Immobiliengesellschaften, die Berartung bei Börsengängen sowie die Beratung zu Sonderthemen im Bereich der Konzernrechnungslegung. Herr Völker ist Mitglied der Ernst & Young internen G-REIT Arbeitsgruppe und dort federführend für Bilanzierungsfragen zuständig. Dr. Hans-Christoph Voigt ist Rechtsanwalt und Principal Associate im Hamburger Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, insbesondere Börsengänge und Kapitalerhöhungen, M&A-Transaktionen sowie die laufende Beratung börsennotierter Unternehmen. Er war vor seiner anwaltlichen Tätigkeit langjährig als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent am Hamburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht sowie als Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg tätig. Er ist Mitherausgeber und Autor mehrerer Veröffentlichungen auf dem Gebiet des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts.
X
Literaturverzeichnis Assmann/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 4. Aufl. 2006 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. 2008 Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl. 1997 Beckmann/Scholtz/Vollmer (Hrsg.), Investment, Loseblatt Beck’sches Handbuch der AG, herausgegeben von Müller/Rödder, 2004 Brinkhaus/Scherer (Hrsg.), Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, Auslandsinvestment-Gesetz, 2003 Claussen, Bank- und Börsenrecht, 4. Aufl. 2008 Deloitte Real Estate Deutschland (Hrsg.), Der deutsche REIT – Eine Einführung für die Praxis, 2007 Erman, BGB, Handkommentar, 12. Aufl. 2008 Frank/Wachter, Handbuch Immobilienrecht in Europa, 2004 Groß, Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2006 Großkommentar zum Aktiengesetz, herausgegeben von Hopt/Wiedemann, 4. Aufl. 1922 ff. Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007 Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2. Aufl. 2008 Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, herausgegeben von Erle/ Sauter, 2. Aufl. 2006 Helios/Wewel/Wiesbrock, REIT-Gesetz, 2008 Hellner/Steuer (Hrsg.), Bankrecht und Bankpraxis, Loseblatt Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005 Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, Loseblatt Hüffer, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008 Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, herausgegeben von Hirte/Möllers, 2007 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004 Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005 Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), SE-Kommentar, 2008 Marsch-Barner/F. Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 2005 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrecht, Band 4, Aktiengesellschaft, herausgegeben von Hoffmann-Becking, 3. Aufl. 2007 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, herausgegeben von Kropff/Semler, 2. Aufl. 2000 ff., 3. Aufl. 2008 ff. XI
Literaturverzeichnis
Pahlke/Koenig (Hrsg.), Abgabenordnung, 2004 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006 F. Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, Loseblatt J. Schäfer (Hrsg.), REITS Real Estate Investment Trusts – Praxisleitfaden, 2007 J. Schäfer/Conzen (Hrsg.), Praxishandbuch der Immobilien-Investitionen, 2005 J. Schäfer/Conzen (Hrsg.), Praxishandbuch der Immobilien-Projektentwicklung, 2. Aufl. 2007 Schanz, Börseneinführung, 3. Aufl. 2007 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002 K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 2008 L. Schmidt, EStG, 26. Aufl. 2007 Schreiber (Hrsg.), Immobilienrecht Handbuch, 2. Aufl. 2005 Schulte/Achleitner/Schäfers/Knobloch, Handbuch Immobilien-Banking, 2002 Schulte/Bone-Winkel (Hrsg.), Handbuch Immobilien-Projektentwicklung, 2. Aufl. 2002 Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2004 Striegel (Hrsg.), REITG, 2007 Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005 Weber/Baumunk (Hrsg.), IFRS Immobilien, 2005 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I: Grundlagen, 1980, Band II: Recht der Personengesellschaften, 2004 Wimmer, Die Besteuerung der G-REIT, 2006
XII
Abkürzungsverzeichnis a. A. a. E. a. F. ABl. EG ABl. EU Abs. AG AktG Alt. Anh. Anm. AO Art. AStG Aufl.
anderer Ansicht am Ende alte Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz Alternative Anhang Anmerkung Abgabenordnung Artikel Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen Auflage
BaFin BAG BB BBergG Bd. Begr. BeurkG BewG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ Bio. BKR BMF BMJ BörsG BörsZulV BRAO BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BuB BVerfG BVI bzw.
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater Bundesberggesetz Band Begründung Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Billion Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Börsengesetz Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt einer Wertpapierbörse Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis Bundesverfassungsgericht Bundesverband Investment und Asset Management e. V. beziehungsweise
CEO CESR
Chief Executive Officer Committee of European Securities Regulators
XIII
Abkürzungsverzeichnis
DAI DAX DB DBA DCGK d. h. DiskE Diss. DNotZ DrittelbG DStR DStZ DSW DVO
Deutsches Aktieninstitut Deutscher Aktienindex Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen Deutscher Corporate Governance Kodex das heißt Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Notar-Zeitschrift Drittelbeteiligungsgesetz Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Durchführungsverordnung
E EBITDA Eds. EFG EFTA EG EGAktG ErbbauRG ErbStB EStG EU EuGH EWG EWiR EWR EWS
Entwurf Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization Editors Entscheidungen der Finanzgerichte European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Aktiengesetz Gesetz über das Erbbaurecht Der Erbschaft-Steuer-Berater Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
f., ff. FAD FAZ FFO FGG Fn. FR FS FTSE FWB
folgende, fortfolgende Funds Available for Distribution Frankfurter Allgemeine Zeitung Funds From Operations Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift Aktienindex der Financial Times Frankfurter Wertpapierbörse
GAAP GAV GbR GE GesR GewStG GewStR GG
Generally Accepted Accounting Principles Gross Asset Value Gesellschaft bürgerlichen Rechts Geldeinheiten Gesellschaftsrecht Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuerrichtlinien Grundgesetz
XIV
Abkürzungsverzeichnis
ggf. GmbH GmbHG GmbHR GoB GrEStG Großkomm. GS GuV GVG
gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Grundsätze ordnungmäßiger Buchführung Grunderwerbsteuergesetz Großkommentar Gedächtnisschrift Gewinn- und Verlustrechnung Gerichtsverfassungsgesetz
Hdb. HGB h. L. h. M. HR Hrsg. HRegV
Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Handelsregister Herausgeber Handelsregisterverordnung
i. d. F. i. d. R. i. E. i. e. S. i. S. d. i. V. m. IAS IASB IFRS InsO InvG IPO ISIN IStR
in der Fassung in der Regel im Ergebnis im engeren Sinne im Sinne des in Verbindung mit International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Financial Reporting Standards Insolvenzordnung Investmentgesetz Initial Public Offering International Security Identification Number Internationales Steuerrecht
JR Jura JuS JZ
Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung
KAGG KapErhG KG KGaA KMU Komm. KoR KostO KStG
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalerhöhungsgesetz Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien kleine und mittlere Unternehmen Kommentar Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Kostenordnung Körperschaftsteuergesetz
LG lit.
Landgericht litera XV
Abkürzungsverzeichnis
LPT Ltd. m. w. N. MA MiFID Mio. MittBayNotZ
MünchKomm.
Listed Property Trust Limited Company mit weiteren Nachweisen Musterabkommen Markets in Financial Instruments Directive Million Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Mitbestimmungsergänzungsgesetz Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Kommentar
n. F. NAREIT NASDAQ NAV NJW NJW-RR Nr. NWB NYSE NZA NZG NZM
neue Fassung National Association of Real Estate Investment Trusts National Association of Securities Dealers Automated Quotation Net Asset Value Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Nummer Neue Wirtschaftsbriefe New York Stock Exchange Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht
OECD OFD OHG OLG OWiG
Organization for Economic Cooperation and Development Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PLC ProspVO
Public Limited Company Prospektverordnung
RdA RefE RegE REIT REITG RG RIW RL Rs. Rspr. Rz.
Recht der Arbeit Referentenentwurf Regierungsentwurf Real Estate Investment Trust Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen Reichsgericht Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Rechtssache Rechtsprechung Randzahl
S.
Seite
MitbestErgG MitbestG MittRhNotK MoMiG
XVI
Abkürzungsverzeichnis
S. A. R. L. SE SEAG SEC SEEG SEStEG
SIIC sog. Stb. StGB StuB StuW
Société à Responsabilité Limitée Societas Europaea SE-Ausführungsgesetz Securities and Exchange Commission Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft Sociétés d’Investissements Immobiliers Cotées sogenannt Steuerberater Strafgesetzbuch Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft
TUG
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
u. a. u. U. UmwBerG UmwG UmwStG UStG UWG
unter anderem unter Umständen Umwandlungsbereinigungsgesetz Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Umsatzsteuergesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Var. VerkProspG VersR vgl. VGR VO VZ
Variante Verkaufsprospektgesetz Versicherungsrecht vergleiche Gesellschaftsrechtliche Vereinigung Verordnung Veranlagungszeitraum
WEG WG WiB wistra WKN WM WPg WpHG WpPG WpÜG WuB WuW
Wohnungseigentumsgesetz Wechselgesetz Wirtschaftsrechtliche Beratung Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer und Strafrecht Wertpapier-Kennnummer Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb
ZBB ZfA ZfB
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Betriebswirtschaft
SE-VO
XVII
Abkürzungsverzeichnis
ZfIR ZGR ZHR Ziff. ZIP zit. ZPO ZZP
XVIII
Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Zivilprozess
A. REITs am Markt für Immobilienanlagen Klaus Elmendorff Übersicht Rz. I. Indirekte Immobilienanlagen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbriefung von Immobilien: Die indirekte Immobilienanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tradierte Formen der indirekten Immobilienanlage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . b) Offene Fonds . . . . . . . . . . . . c) Spezialfonds . . . . . . . . . . . . . d) Geschlossene Fonds . . . . . . . e) Immobilienaktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die deutsche REIT-AG: Das Beste aus zwei Welten . . . . 4. Exit Tax als Wettbewerbsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. REIT als internationales Erfolgsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 1. REIT als international etablierter Standard . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbreitung . . . . . . . . . . . . .
1
1
2 2 4 6 7 8 10
Rz. 2. Erfahrungen in anderen Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Australien . . . . . . . . . . . . . . c) Frankreich . . . . . . . . . . . . . d) Großbritannien . . . . . . . . . .
15 15 18 19 22
III. Bewertungsansätze für REITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
1. Net Asset Value . . . . . . . . . . . 2. Funds From Operations (FFO) und Funds Available for Distribution (FAD) . . . . . . . . . . . . . . 3. Multiplikatorbasierte Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassender Überblick zu Bewertungsmethoden . . . . .
11
IV. Attraktive Geschäftsmodelle aus Kapitalmarktsicht . . . . . . . . .
13
1. Kernelemente der Equity Story für Immobiliengesellschaften . 2. Der REIT als unternehmerische Investition . . . . . . . . . . . .
13 13 14
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . .
25
26 27 28 29 29 31 29
Literatur: Achleitner, Handbuch Investment Banking, 2000; Association of Independent Financial Advisors (Hrsg.), An introduction for IFAs to Real Estate Investment Trusts-REITs, 2007; Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, New York 2000; Copeland/Koller/Murrin, Valuation – Measuring and Managing the Value of Companies, New York 2000; Deutsche Bank AG (Hrsg.), Introduction of REITs in Germany, 2005; Deutsche Bank AG (Hrsg.), Weekly REIT Trader – Industry strategy, 2007; EPRA (Hrsg.), Progress on REIT – Regimes in Europe, 2006; HSBC (Hrsg.), German Real Estate IPOs, 2006; KPMG (Hrsg.), Einführung des Real Estate Investment Trusts in Deutschland, 2005; Loipfi nger, Marktanalyse der Beteiligungsmodelle, 2007; M. M. Warburg & CO (Hrsg.), REITs in Germany – Update, 2006; National Association of Real Estate Investment Trusts (Hrsg.), Chart Book, 2007; National Association of Real Estate Investment Trusts: www.nareit.com (Homepage/Database), 2007; Roland Berger (Hrsg.), REITs – Chancen für den deutschen Immobilien und Finanzmarkt, 2006; Schulte/Achleitner/Schäfers/Knoblauch, Handbuch Immobilien-Banking, 2002; Schulte/BoneWinkel/Thomas, Handbuch Immobilien-Investition, 2005; Schulte, Immobilienökonomie, 2005; White/Sondhi/Fried, The analysis and use of Financial Statements, New York 2003.
Elmendorff
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REITs am Markt für Immobilienanlagen
I. Indirekte Immobilienanlagen im Überblick 1. Verbriefung von Immobilien: Die indirekte Immobilienanlage 1
Nach einer Studie von Roland Berger Research befi ndet sich der Immobilienbestand in Deutschland, der einen Wert von ca. 7,11 Bio. Euro repräsentiert, zum größten Teil im direkten Eigentum von Unternehmen und Privatpersonen. Lediglich ein vergleichsweise geringer Teil des Immobilienvermögens von ca. 410 Mrd. Euro wird indirekt über Kapitalmarktprodukte gehalten1. Dabei ergeben sich im Vergleich zur Direktinvestition bei indirekten Immobilienanlagen für Investoren neben der grundsätzlich hohen Flexibilität eine Reihe von Vorteilen. Als Ausgangspunkt ist hier der vergleichsweise hohe Grad der Diversifikation dieser Anlagen zu nennen, der durch private Direktinvestitionen oft nur schwer zur erreichen ist und sich durch die Größe des Assetportfolios ergibt. Hier knüpfen zwei weitere Vorteile an. Zum einen haben Investoren durch indirekte Investitionen Zugang zu bestimmten Märkten und spezifischen Immobilientypen. Zum anderen bekommen sie durch die indirekte Investition Zugang zu einem spezialisierten Immobilienmanagement und dessen Expertise. Indirekte Immobilienanlagen stellen dadurch für Investoren den Schlüssel zu Engagements in Bereichen dar für die die internen Ressourcen nicht vorhanden sind. Nur im Wege der indirekten Immobilienanlage ist es möglich, sich über ein vorhandenes Immobilienportfolio hinaus an der unternehmerischen Vision eines Management-Teams zu beteiligen. Demzufolge kann man zwischen unternehmerisch geprägten und rein vermögensverwaltenden Formen der indirekten Immobilienanlage unterscheiden. Gerade für unternehmerisch geprägte Anlageziele bietet sich, neben den traditionellen Immobilienaktiengesellschaften, auch die durch das REITG2 geschaffene Rechtsform der REIT-AG an. Klassisch vermögensverwaltende, auf einen festen Bestand ausgerichtete Anlageziele werden dahingehend typischerweise in der Form des Spezialfonds für institutionelle Anleger oder im Privatkundenbereich als geschlossener Immobilienfonds konzipiert. Allerdings sind die steuerlichen Rahmenbedingungen für direkte Immobilienanlagen deutlich günstiger als für indirekte Anleger. Während ein Direktinvestor Abschreibungen auf die Immobilien im vollen Umfang zur Reduktion seiner Steuerlast aus anderen Einkünften nutzen kann, ist diese Verrechnungsmöglichkeit bei allen Formen der indirekten Immobilienanlage im Laufe der Zeit weitgehend eingeschränkt worden. Bei Investition in Kapitalgesellschaften wie börsennotierten Aktiengesellschaften oder auch REITs steht die Möglichkeit einer Verlustverrechnung bereits im Ansatz nicht zur Verfügung.
1 Siehe unten Abb. 1. 2 Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen v. 28.5.2007, BGBl. I, S. 914.
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2. Tradierte Formen der indirekten Immobilienanlage in Deutschland a) Überblick Mit stabilen und vorhersehbaren Erträgen sowie hohen Ausschüttungen an die Anteilseigner auf der einen Seite und visiblen Wachstumsmöglichkeiten auf der anderen Seite besitzen Immobiliengesellschaften Charakteristika, die sie von Unternehmen anderer Industrie- und Dienstleistungssektoren unterscheiden. Damit Investoren von diesen Eigenschaften uneingeschränkt profitieren können, sind steuereffi ziente Strukturen erforderlich. Folgerichtig betreiben internationale Investoren, aber auch steuerbefreite Vermögensverwalter wie Pensionsfonds, ihre Immobilieninvestitionen in Deutschland fast ausschließlich über steuertransparente FondsStrukturen (wie offene oder Spezial-Fonds) oder als direkte Investitionen. Geschlossene Fonds bieten Privatinvestoren zudem die Möglichkeit, in Immobilien zu investieren, die aufgrund ihrer Größe sonst als Investment nicht für sie in Frage gekommen wären. Üblicherweise sind geschlossene Fonds auf einen längeren Investitionszeitraum ausgelegt und beinhalten zumeist auch eine höhere Fremdkapitalfinanzierung der Immobilien als dies bei offenen Fonds der Fall ist. Außerdem wird vorwiegend nur eine geringe Anzahl an Immobilien in einen geschlossenen Fonds eingebracht, wodurch der Diversifikationseffekt in Relation zu anderen indirekten Anlageformen stark eingeschränkt wird.
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Der Großteil der indirekt gehaltenen Immobilien in Deutschland wird über Fondsoder Leasingstrukturen verwaltet. Insbesondere die Immobilienfonds haben sich in
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1HHGPG(QPFU C EC/TF ca. 410 Mrd. € (a) Publikums- und Spezialfonds Quelle: BVI, Datastream, Deutsche Bank Research 2005 Abb. 1: Indirekt gehaltene Immobilienanlagen in Deutschland
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den letzten Jahrzehnten als die führenden Immobilieninvestoren herausgebildet. Über offene und geschlossene Fonds verwalten sie ca. 265 Mrd. Euro an Immobilien-Anlagen. Im Gegensatz dazu spielen börsennotierte Immobiliengesellschaften eine eher untergeordnete Rolle. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern mit REIT-Gesetzgebung wie den USA und Frankreich. Die Herausforderung in Deutschland besteht deshalb darin, zusätzlich zum Fondssektor starke REIT-Gesellschaften zu etablieren. Die relativ geringe Bedeutung des börsennotierten Immobiliensektors ist im Wesentlichen das Ergebnis spezifischer Regelungen, die in der Vergangenheit zu einer Begünstigung konkurrierender Vehikel (wie zum Beispiel Immobilienfonds) geführt haben. Seit den sechziger Jahren spielen Fonds in Deutschland als Kapitalsammelstellen für Immobilieninvestoren eine bedeutende Rolle. Der Erfolg von geschlossenen Fonds beruhte vor allem auf der Attraktivität von immobilien-spezifischen Steuervorteilen, insbesondere speziellen Abschreibungsregelungen, die Investoren zeitnahe Rückflüsse ihres investierten Eigenkapitals ermöglichten. Ende 2006 waren in Deutschland insgesamt noch ca. 190 Mrd. Euro in geschlossene Fonds investiert, obwohl viele der Steuervorteile zwischenzeitlich aufgehoben wurden. b) Offene Fonds 4
Offene Immobilienfonds sind extern gemanagte Anlageinstrumente, bei denen den Anlegern das Recht eingeräumt wird, ihre Anteile grundsätzlich jederzeit gegen Bargeld zurückgeben. Das Management derartiger Fonds bedarf der Genehmigung durch die BaFin und ist Kapitalanlagegesellschaften vorbehalten. Offene Immobilienfonds werden ganz überwiegend an risiko-averse Privatanleger als Baustein der langfristigen Vermögensanlage vertrieben und sind demnach auf eine breite Risikostreuung ausgerichtet. Insbesondere aufgrund der steuerlichen Transparenz weisen offene Fonds jedoch auch Ähnlichkeiten mit REIT-Strukturen auf. Offene Fonds erlebten in Deutschland eine beeindruckende Entwicklung. Eingeführt im Jahre 1959, repräsentierte diese Anlagekategorie per Ende 2006 ein Gesamtvermögen von ungefähr 78 Mrd. Euro. Nach dem Ende der letzten Boom-Phase des Aktienmarktes im Jahre 2001 schichteten Anleger in erheblichen Umfang Gelder in offene Immobilienfonds um. So stieg das Anlagevolumen von Dezember 2000 bis Februar 2008 von 48 Mrd. Euro auf 86 Mrd. Euro.
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Anm.: Stichtag jeweils Jahresultimo Quelle: BVI, Deutsche Bank Research Abb. 2: Fondsvermögen der offenen Immobilienfonds
Die Attraktivität offener Immobilienfonds für Privatanleger wird auch wesentlich durch die günstige steuerliche Behandlung dieses Instrumentes unterstützt. Offene Immobilienfonds sind steuertransparent und unterliegen damit selbst nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Die Besteuerung des Anteilsinhabers unterliegt den Spezialregelungen des Investmentsteuergesetzes und orientiert sich an der Besteuerung einer Direktanlage, wobei jedoch die Geltendmachung von Verlusten ausgeschlossen ist. Offene Immobilienfonds sind verpflichtet, eigene Anteile grundsätzlich jederzeit vom Anleger zurück zu kaufen. Nur in Ausnahmefällen kann das Fondsmanagement die Rücknahme von Anteilsscheinen aussetzen. Demgegenüber ist es deutlich einfacher, einen Fonds für die Aufnahme neuer Gelder zu sperren. Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass ein offener Immobilienfonds, anders als eine Kapitalgesellschaft, nur eine begrenzte Kontrolle über die eigene Kapitalbasis ausübt.
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Da der Verkauf von Immobilien in der Regel einige Zeit in Anspruch nimmt, impliziert die Rücknahmeverpflichtung, dass der Fonds eine Mindestliquidität vorhalten muss, um potentielle Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllen zu können. Die hohe erforderliche Liquidität schmälert die Ertragskraft des Fonds in Niedrigzinsperioden. In einem schwierigen Marktumfeld, in dem fallende Mieten und hohe Leerstände die Immobilienrenditen beeinträchtigen, kann eine niedrige Fondsperformance zu umfangreichen Mittelrückflüssen führen. Im Ergebnis können diese Ineffi zienzen, die auf künstlichen, nicht marktbasierten Liquiditätsmechanismen beruhen, zu einem erheblichen Liquiditätsdruck bei offenen Fonds führen. c) Spezialfonds Neben den offenen Immobilien-Publikumsfonds gibt es offene Immobilien-Spezialfonds. In Übereinstimmung mit § 2 Abs. 3 des Investmentmodernisierungsgesetzes1
1 Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen v. 15.12.2003, BGBl. I, S. 2676.
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werden sie folgendermaßen definiert: „Spezial-Sondervermögen sind Sondervermögen, deren Anteile auf Grund schriftlicher Vereinbarungen mit der Kapitalanlagegesellschaft jeweils von nicht mehr als 30 Anlegern, die nicht natürliche Personen sind, gehalten werden. Alle übrigen Sondervermögen sind Publikums-Sondervermögen.“. Werden die Mittel des Sondervermögens nicht in Wertpapieren oder Beteiligungen, sondern in Grundstücken angelegt, so spricht man von einem ImmobilienSpezialfonds. Auch hier wird damit ein offener Immobilienfonds bezeichnet, da für die Beteiligung am Sondervermögen jederzeit neue Anteilsscheine ausgegeben und zurückgenommen werden können. Hauptinvestoren in einen Immobilien-Spezialfonds sind Versicherungen, Pensionskassen sowie Kirchen und Stiftungen. Aufgrund einer stark wachsenden Nachfrage seitens dieser Marktteilnehmer existierten im Dezember 2007 bereits 118 Spezialfonds am Markt im Gegensatz zu 36 Fonds im Jahre 2000. d) Geschlossene Fonds 7
Im Gegensatz zu offenen Immobilienfonds ist bei geschlossenen Fonds eine Rückgabe von Anteilen grundsätzlich nicht möglich. Anteile werden nur einmal bei Auflegung des Fonds ausgegeben. Geschlossene Fonds sind typischerweise nur in einzelnen Objekten oder einer begrenzten Gruppe ähnlicher Objekte investiert. Eine Risikodiversifi zierung findet nicht statt. Zum Ausgleich sind in geschlossene Immobilienfonds eingebrachte Objekte typischerweise von hoher Qualität und bei Auflegung des Fonds langfristig vermietet. Geschlossene Fonds waren bei deutschen Privatanlegern insbesondere im Rahmen von Steuersparmodellen beliebt, um steuerabzugsfähige Abschreibungen während der ersten Jahre der Laufzeit nutzen zu können. Anders als bei anderen Formen der indirekten Immobilienanlage leiden Anteilseigner geschlossener Fonds, insbesondere soweit sie ihren Anteil geerbt haben und daher aus steuerlichen Gründen zum Verkauf neigen, unter illiquiden Sekundärmärkten. Jüngere Fonds weisen aufgrund der hohen Abschreibungen der ersten Jahre substantielle stille Reserven auf, die beim Verkauf innerhalb von 10 Jahren der vollen Besteuerung unterlägen. Da die meisten Fonds passiv verwaltet werden und häufig nur aus einem einzigen Immobilien-Objekt bestehen, bietet die Konsolidierung einzelner Fonds in größere Einheiten erhebliche Wertschöpfungspotenziale für die Zukunft des deutschen Immobilienmarktes.
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Zeitrahmen 1993 bis 2006 Quelle: Loipfi nger; 2007 geschätzt Abb. 3: Platzierungsergebnisse und Gesamtvolumen bei geschlossenen Immobilienfonds in Deutschland
e) Immobilienaktiengesellschaften Immobilien AG sind in Deutschland zum Teil aus börsennotierten Industrieunternehmen hervorgegangen, deren Geschäftstätigkeit sich zunächst auf die Verwaltung und Verwertung der eigenen Immobilien fokussiert hat. Immobilien AG halten ihren Bestand erfahrungsgemäß sowohl als Direktanlagen als auch in Form von Beteiligungen an Grundstücksgesellschaften wie z. B. an GmbH & Co. KG. Nur wenige dieser Gesellschaften verfügen aber über eine internationale Kapitalanleger ansprechende Marktkapitalisierung und weisen daher eine relativ breit gefächerte Anlegerstruktur sowie eine gute Liquidität der Aktie auf. Immobilien AG verfügen über große unternehmerische Spielräume. Zum einen ist hier die Fremdkapitalbeschaffung zu nennen. Neben den klassischen Hypothekendarlehen können Unternehmensanleihen und hybride Finanzierungsinstrumente genutzt werden. Zum anderen haben Immobilien AG keine Ausschüttungsvorschriften, wodurch das in der Praxis zu beobachtende relativ niedrige Dividendenniveau erklärt werden kann. Das Tätigkeitsspektrum reicht vom eher passiven Bestandsmanagement über vergleichsweise risikoreicher Projektentwicklung bis hin zu Service- und Dienstleistungsgesellschaften. Aus dieser Bandbreite ergibt sich ein weites Spektrum von Rendite-Risiko-Profi len, in dem die Einzelwerte oft schwer miteinander vergleichbar sind. Auf steuerrechtlicher Ebene unterliegen Immobilien AG ebenso wie andere AG der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. In der Praxis haben Immobiliengesellschaften jedoch die Möglichkeit, den Anteil ihrer Gewinne, der durch den Verkauf von Objekten entsteht, durch Rücklagen nach § 6b EStG aufzuschieben. Darüber hinaus besteht für grundstücksverwaltende Gesellschaften die Möglichkeit, von der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages für die Bemessung der Gewerbesteuer Gebrauch zu machen. Elmendorff
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Im internationalen Kontext sind deutsche Immobilienaktiengesellschaften deutlich unterrepräsentiert. Während Deutschland das Land mit dem größten Immobilienvermögen in der Euro-Zone ist, repräsentierten deutsche Immobilienunternehmen per aktuell lediglich 8 % des FTSE Epra/Nareit Europe. Dies schließt bereits die im Verlauf des Jahres 2006 auch auf Grund zunehmender REIT-Spekulationen stark angestiegene Neuemissionstätigkeit mit ein.
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Quelle: Darstellung nach Roland Berger Research 2005 Abb. 4: Kapitalmarktpotential des deutschen Immobilienmarktes
3. Die deutsche REIT-AG: Das Beste aus zwei Welten 10
REIT-Strukturen können als Synthese zwischen den steuereffi zienten Charakteristika der Fondswelt und der Kapitalmarkt- und Effi zienzorientierung klassischer Immobilienaktiengesellschaften verstanden werden. In den folgenden Kapiteln wird auf die entsprechenden Gestaltungselemente noch im Detail eingegangen.
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Corporate Governance
Immobilienaktiengesellschaften
REIT
Fonds (offen/ geschlossen)
✔ Eigenes Management
✔ Eigenes Management
x
Kein eigenes Management
✔ Geschäftstätigkeit unbeschränkt
(x) Beschränkungen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit
x
Streng reguliert
✔ Rechnungslegung nach IFRS
✔ Rechnungslegung nach IFRS
x
Begrenzte Offenlegungspflichten
✔ Börsennotierung
✔ Börsennotierung
(✔) Rückgabe-Recht (offene Fonds)
x
In Deutschland häufig limitierter Streubesitz
✔ MindestStreubesitz erforderlich
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Begrenzte Liquidität (geschlossene Fonds)
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Besteuerung der Gesellschaft
✔ Besteuerung nur der Anteilseigner
✔
Besteuerung nur der Anteilseigner
x
Liquidität
Steuereffizienz
In Deutschland häufig Dominanz eines einzelnen Anteilseigners
Quelle: Deutsche Bank Research Abb. 5: REIT: Das Beste aus zwei Welten
4. Exit Tax als Wettbewerbsfaktor Die so genannte Exit Tax-Regelung des REITG besagt, dass bei der Veräußerung von Immobilien an das Anlagevermögen einer REIT-AG oder eines Vor-REIT der daraus resultierende Gewinn nur zur Hälfte besteuert wird. Die Regelung kommt dann zur Anwendung, wenn die betroffenen Immobilien
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1. seit mehr als 5 Jahren zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens gehören und 2. auf Grund eines nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2010 geschlossenen Kaufvertrags veräußert werden und 3. der Erwerber die Immobilie mehr als 4 Jahre hält sowie 4. ggf. der Vor-REIT innerhalb von 4 Jahren als REIT-AG in das Handelsregister eingetragen wird. Aus dieser Regelung ergibt sich ein genereller Wettbewerbsvorteil für REIT gegenüber Immobiliengesellschaften, die keinen REIT-Status haben. Aufgrund der Wachstumsstrategie vieler Bestandshalter ist abhängig von der Entwicklung des Kapitalmarktumfeldes eine aktive Nutzung dieses Vorteils zu erwarten. Dabei besitzen deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich noch deutlich mehr selbst genutzte Immobilien als beispielsweise Unternehmen in Großbritannien oder den USA. Gemäß einer Analyse von M. M. Warburg betrug das Immobilienvermögen der DAX30 Unternehmen im September 2006 ca. 167 Mrd. Euro. Die damit verbundenen stillen Reserven wurden mit 10 % der Marktkapitalisierung dieser UnternehElmendorff
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men quantifi ziert. Aus Sicht eines Unternehmens, das die Veräußerung von Immobilien beabsichtigt, ist in dieser Wettbewerbssituation der Verkauf an einen (Vor-) REIT prinzipiell vorteilhaft, da es dann den beschriebenen Steuervorteil in Anspruch nehmen kann, der, wie obige Analyse belegt, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein kann. Eine Immobiliengesellschaft, die keinen REIT-Status hat, kann deshalb in einem sich etablierenden REIT-Markt deutliche Wettbewerbsnachteile haben, sofern sie eine Wachstumsstrategie hat und auf Akquisitionen angewiesen ist. Mit Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 und der Reduzierung der Körperschaftsteuersatzes auf 29,83 % wurde die verbleibende Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven weiter reduziert, so dass seit Beginn des Jahres 2008 Sale-and-lease-back-Transaktionen steuerlich weiter an Attraktivität gewonnen haben.
II. REIT als internationales Erfolgsmodell 1. REIT als international etablierter Standard a) Ursprung 13
Die erste REIT-Verordnung wurde in den USA in den 60er Jahren eingeführt und erlebte den Durchbruch nach der Immobilienkrise Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Seitdem hat sich der lange Zeit ineffi ziente Immobiliensektor radikal gewandelt. Die Marktkapitalisierung von US-REITs ist in den letzten 35 Jahren von 1,5 Mrd. US-Dollar in 1971 auf ca. 430 Mrd. US-Dollar per Ende 2006 dramatisch gestiegen. Allerdings wird trotz des signifikanten Wachstums des REITMarktes die überwiegende Zahl der Gewerbeimmobilien unverändert von Nicht-REITs gehalten. Die Erfolgsgeschichte der US-REITs ist beeindruckend. Der von der National Association of Real Estate Investment Trusts (NAREIT) aufgelegte NAREIT REIT-Aktienindex, der alle wichtigen US-REITs umfasst, hat kontinuierlich bessere Renditen erzielt als alternative Anlagemöglichkeiten. Folgerichtig haben sich REITs zu einem weithin akzeptierten Anlageinstrument für institutionelle Investoren entwickelt. b) Verbreitung
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Nach dem Erfolg in den USA haben REIT-Strukturen weltweit große Aufmerksamkeit erfahren und haben sich in vielen Ländern etabliert. Während in Europa erst in den letzten Jahren über die REIT-Einführung vor allem in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland diskutiert wurde, dominieren REIT- und REITähnliche Strukturen in anderen Teilen der Welt bereits seit Jahren den Markt für indirekte Immobilienanlagen. Als Beispiel sei hier nur der australische LPT-Markt genannt. Das folgende Schaubild gibt einen Überblick, in welchen Ländern derzeit bereits REIT- oder REIT-ähnliche Strukturen etabliert wurden.
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Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Deutsche Bank Research Abb. 6: Internationalisierung der REIT-Märkte
2. Erfahrungen in anderen Ländern a) USA Der US-Kongress schuf die rechtlichen Grundlagen für die ersten Real Estate Investment Trusts im Jahre 1960. In der Folge des deutlichen Nachfrageanstiegs nach Immobilienfonds nach dem Zweiten Weltkrieg qualifi zierte das neue Gesetz REITs als steuerlich transparente Unternehmen und beseitigte die bis dahin bestehende Doppelbesteuerung von Gesellschaftsgewinnen und Dividendenzahlungen. Zwar ist ein US-REIT grundsätzlich steuerpflichtig, kann aber Gewinnausschüttungen von der eigenen Steuerbasis absetzen. Bei Vollausschüttung der Gewinne ist der REIT damit im Ergebnis steuerfrei. Die REIT-Struktur bot größere Diversifikationsvorteile (Investition in ein ImmobilienPortfolio statt in einzelne Objekte) und einen stärker ertragsorientierten Anlagefokus (professionelles Management) im Vergleich zu konkurrierenden Immobilienanlageformen, insbesondere den damals weit verbreiteten geschlossenen Fonds. Trotz dieser Veränderungen spielten REITs für mehr als drei Jahrzehnte bei Immobilieninvestitionen nur eine untergeordnete Rolle. Erst in den 80er Jahren führte die Abschaffung verschiedener Steuerschlupflöcher zu steigenden Investitionen in REITs. Die Gesetzesreform von 1986, die es REITs erlaubte, ihre eigenen Objekte direkt zu verwalten, und die Beseitigung von Investitionshürden für Pensionsfonds in 1993 gaben der Entwicklung des Sektors weiteren Schub. Mit der so genannten UPREIT-Struktur wurde es möglich, geschlossene Fonds steuereffi zient in REITs umzuwandeln. In den letzten Jahren ist der REIT-Sektor dank sinkender Zinsen und steigender Immobilienpreise im Vergleich zum allgemeinen Wirtschaftswachstum weiterhin signifi kant gewachsen. Mit dem Platzen der Technologieblase Mitte des Elmendorff
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Jahres 2000 erlebten REITs einen zweiten Boom, als Investoren Teile ihrer Aktienportfolios in stabilere und dividendenorientierte Anlagen umschichteten. Der REIT-Sektor hat sich über die Jahre signifi kant verändert. Im Jahre 1991 betrug die durchschnittliche Marktkapitalisierung eines REITs ungefähr 94 Mio. US-Dollar und die Marktkapitalisierung der gesamten US-REIT-Industrie ungefähr 13 Mrd. US-Dollar. Während 1991 nur ein REIT eine Marktkapitalisierung von über 1 Mrd. US-Dollar hatte, gibt es heute in den USA mehr als 60 REITs, die diese Grenze überschreiten. Nach einer kurzen Gründungsphase Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, in der viele neue Gesellschaften an den Markt drängten, nimmt die Anzahl der REIT-Gesellschaften tendenziell wieder ab. Die Konsolidierung des Sektors ging jedoch mit einem weiteren starken Anstieg der aggregierten Marktkapitalisierung des Sektors einher.
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Quelle: NAREIT, STB Research Institute, Datastream Abb. 7: Entwicklung des US-REIT-Marktes
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Am US-Markt haben sich drei Formen von REITs etabliert. Equity-REITs mit einer Marktkapitalisierung von ca. 430 Mrd. US-Dollar dominieren die REIT-Industrie in den USA deutlich. Equity-REITs besitzen und betreiben Immobilien und haben die Bandbreite ihrer Immobilienaktivitäten kontinuierlich erweitert (Vermietung, Immobilienentwicklung sowie weitere Dienstleistungen für Mieter). Mortgage-REITs verleihen Geld an Immobilienbesitzer und -verwalter und erwerben Darlehen oder hypothekarisch gesicherte Anleihen („mortgage backed securities“). Sie gewähren Hypotheken-Kredite generell nur auf bestehende Immobilien und verwalten ihr Zinsrisiko über Hypothekenpfandbriefe oder andere Hedging-Techniken. Hybrid-REITs sind in beiden Geschäftsbereichen tätig.
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Innerhalb des US-Marktes hat sich über die Jahre eine starke Sektorfokussierung herausgebildet; insbesondere bei Equity-REITs. Aus Sicht des Kapitalmarktes verfügen spezialisierte REITs über zwei entscheidende Vorteile. Zum einen erwerben fokussierte REITs spezifisches Know-how und profitieren von Spezialisierungsvorteilen, etwa beim überregionalen Management von Shoppingcentern, der Verwaltung von Büroimmobilien für bestimmte Nutzergruppen oder der Vermietung von Wohnimmobilien in bestimmten Regionen oder für bestimmte Nutzergruppen wie etwa Studenten. Bei der Beurteilung von REITs aus Investoren12
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sicht muss daher neben die Einschätzung der Immobilienqualität die Analyse der operativen Leistungsfähigkeit des Unternehmens treten. Diese äußert sich etwa in der Qualität der Mieterauswahl und des Mietermanagements bei Shoppingcentern oder der Vertriebstärke und Kosteneffi zienz eines Vermietungsmanagements bei Wohnimmobilien. Zum anderen haben Investoren die Möglichkeit, ihr Portfolio durch eine Kombination verschiedener spezialisierter REITs effizient zu diversifizieren. Der Differenzierungsvorteil eines breit gestreuten Fondsproduktes schlägt insofern hier nicht durch. Vielmehr können Investoren am REIT-Markt die Gewichtung der einzelnen Sub-Sektoren gemäß ihrer individuellen Präferenzen und Markterwartungen adjustieren. &KXGTUKHK\KGTV #PFGTG .CIGT *GCNVJ%CTG+OOQDKNKGP
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Abb. 8: Marktkapitalisierung von US-Equity-REITs nach Immobilienfokus.
b) Australien Das REIT-Äquivalent in Australien sind Listed Property Trusts (LPT); sie wurden bereits im Jahr 1985 eingeführt. Vergleichbar mit der Entwicklung in den USA setzte ein signifi kantes Wachstum dieses Sektors erst Mitte der 90er Jahre ein. Bedingt durch niedrige Zinsen und ein stabiles ökonomisches Wachstum kann man seit dieser Zeit starke Zuflussraten beobachten. Im Gegensatz zu den meisten anderen REIT-Gesetzgebungen können LPTs ihren Sitz auch im Ausland haben und dennoch den LPT bedingten Steuerstatus erhalten, sofern sie der australischen Besteuerung unterliegen. Ein weiteres besonderes Charakteristikum von LPTs ist, dass der Einsatz von Fremdkapital uneingeschränkt möglich ist. Zwar sieht das LPT-Gesetz die Möglichkeit eines externen Managements für das LPT-Vermögen vor, allerdings hat sich in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend zu intern gemanagten Strukturen herausgebildet.
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c) Frankreich 19
Mit der Einführung von REITs im Jahre 2003 in Form der Steuerkategorie SIIC (Sociétés d’Investissements Immobiliers Cotées) hat Frankreich eine Vorreiterrolle in Europa übernommen. Wenngleich REIT-ähnliche Strukturen bereits seit längerem, etwa in den Benelux-Ländern existierten, hat die erste Einführung dieses Instrumentes in Frankreich eine pan-europäische Signalwirkung entfaltet. Wesentliche Regelungen des deutschen, aber auch des UK-REIT-Gesetzes basieren entweder auf den in Frankreich umgesetzten Ideen oder jedenfalls auf den Erfahrungen mit dem französischen Gesetz. Basis der SIIC ist das Prinzip der französischen Körperschaftsteuer. Hier sind einige Bestandteile der Erträge von der Steuer ausgenommen, sofern diese bestimmten Anforderungen genügen. Dies betrifft Erträge aus Vermietung, Buchgewinne aus dem Verkauf von zu Vermietungszwecken gehaltenen Immobilien sowie vereinnahmte Dividenden von Tochtergesellschaften mit SIIC-Status. Auf Dividendenausschüttungen der SIIC wird eine Kapitalertragsteuer von 25 % erhoben, die auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen für ausländische Investoren weiter reduziert werden kann. In verschiedenen Konstellationen, etwa im Verhältnis zu spanischen Muttergesellschaften, kann sich diese Steuer sogar auf Null reduzieren. In der Folge wurden verschiedene französische REITs durch ausländische Käufer übernommen, und dem französischen Staat entgehen insoweit dauerhaft Steuereinnahmen. Die Sicherstellung der inländischen Besteuerung von ins Ausland abfließenden Dividenden war aus dieser Erfahrung heraus einer der wesentlichen Gestaltungsziele der deutschen und britischen REIT-Gesetze. In Frankreich wurde auch die Idee einer so genannten Exit Tax bei der Umwandlung bestehender steuerpflichtiger Gesellschaften in einen REIT entwickelt. Zum Ende der Steuerpflicht sind bestehende stille Reserven grundsätzlich steuerpflichtig aufzulösen; diese sind dann jedoch nur zur Hälfte steuerpflichtig. Später wurde diese Regelung auch auf Käufe von Immobilien durch REITs, dann zu Gunsten des Verkäufers, ausgedehnt. Beide Regelungen, wenn auch mit vergleichsweise einschränkenden Nebenbedingungen, finden sich auch im deutschen REITG.
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Bis heute haben alle wichtigen französischen börsennotierten Immobiliengesellschaften in den SIIC-Status gewechselt (u. a. Unibail, Gecina, Klepierre, Silic, Foncière des Régions und Bail Investissement). Ausländische Gesellschaften mit Immobilien-Holdings in Frankreich wie z. B. Hammerson haben ebenfalls damit begonnen, SIIC-Tochtergesellschaften an die Börse zu bringen. Auch deutsche Gesellschaften haben diese Möglichkeit genutzt. So hat beispielsweise die Commerzbank einen Teil der Immobilien des Offenen Immobilienfonds hausInvest als SIIC an der Pariser Börse gelistet. In den ersten 12 Monaten nach der SIIC-Einführung hat der französische Markt der börsennotierten Immobiliengesellschaften einen kräftigen Aufschwung erfahren.
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Das Spektrum der zulässigen Aktivitäten ist regulatorisch begrenzt. So müssen französische REITs überwiegend im vermögensverwaltenden Immobilienbereich tätig sein. Die SIIC darf auch Nebentätigkeiten verfolgen, solange diese gegenüber dem Hauptgeschäft von untergeordneter Bedeutung bleiben. Dies schließt das Finanzleasing ein, solange es 50 % des Bruttovermögens nicht überschreitet. Andere Aktivitäten wie Projektentwicklung oder Maklertätigkeiten dürfen 20 % des Bruttovermögens nicht überschreiten. Diese Sonderaktivitäten der SIIC unterliegen der Besteuerung. 14
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Gesellschaften mit SIIC-Status sind verpflichtet, mindestens 85 % der Gewinne aus der Vermietung von Immobilien und 100 % der Dividenden von Tochtergesellschaften mit SIIC-Status auszuschütten. Außerdem müssen 50 % der Buchgewinne an die Aktionäre ausgeschüttet werden, die aus dem Verkauf von Immobilien, Aktien in Immobiliengesellschaften oder Aktien einer Tochtergesellschaft stammen, die nicht den SIIC-Status besitzt. Die voll zu versteuernden (Buch-)Gewinne aus sonstigen Aktivitäten unterliegen keiner Ausschüttungsverpflichtung. d) Großbritannien Die Diskussion über die Einführung einer REIT-Gesetzgebung in Großbritannien verlief im Wesentlichen parallel zu den deutschen Überlegungen. Nach umfassender Diskussion mit den relevanten Industrieverbänden wurde das Gesetz zum 1.1.2007 eingeführt. Zu diesem Datum haben 19 Unternehmen die Wandlung in den UKREIT-Status gewählt: Big Yellow, British Land, Brixton, Derwent London, Great Portland Estates, Hammerson, Land Securities, Liberty International, Local Shopping REIT, McKay Securities, Mucklow (A & J) Group, Primary Health Properties, Rugby Estates Investment Trust plc, SEGRO – Slough Estates Group, Shaftesbury, Town Centre Securities, Warner Estate Holdings, Workspace Group und Highcroft Investments.
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Die Wandlung in einen UK-REIT ist allerdings auch mit Kosten für die Gesellschaft verbunden. Die Konvertierung in einen UK-REIT löst eine Steuer in Höhe von 2 % des Werts des gesamten Immobilienportfolios aus, die durch die Gesellschaft zu tragen ist. Anders als in Frankreich und Deutschland bemisst sich die Exit Tax damit nicht nach der Höhe eventuell vorhandener stiller Reserven, sondern abstrakt nach der Größe des in den REIT-Status wechselnden Unternehmens. In der Folge ist die Umwandlung in einen REIT vor allem für Unternehmen mit hohen latenten Steuern auf das Immobilienvermögen attraktiv, eine für viele betroffene Unternehmen angesichts der in den letzten Jahren vor allem im Großraum London stark angezogenen Immobilienpreise typische Situation. Auch in Großbritannien ist das Spektrum der zulässigen Aktivitäten regulatorisch begrenzt. So müssen britische REITs überwiegend im vermögensverwaltenden Immobilienbereich tätig sein. Auch der UK-REIT darf Nebentätigkeiten nur verfolgen, wenn diese gegenüber dem Hauptgeschäft von untergeordneter Bedeutung bleiben. Andere Aktivitäten wie Projektentwicklung oder Maklertätigkeiten sind zulässig, solange diese 25 % des Bruttovermögens und des Rohertrages nicht überschreiten. Allerdings unterliegen diese Sonderaktivitäten des UK-REIT der Besteuerung. UKREITs sind verpflichtet, mindestens 90 % der Gewinne aus der Vermietung von Immobilien auszuschütten. Anders als in den USA oder in Frankreich sehen die britischen REIT-Bestimmungen eine indirekte Verschuldungsgrenze vor. Der durch den UK-REIT zu leistende Zins auf Verbindlichkeiten muss mindestens zu 125 % durch die Gewinne aus Mieteinnahmen vor Zins und Abschreibung abgedeckt sein. Hierdurch ergibt sich eine implizite Verschuldungsobergrenze für den REIT. Allerdings wird der REIT Status nicht durch einen Bruch dieser Grenze aufgehoben. Stattdessen wird der über diese Grenze hinausgehende Zinsaufwand von der Steuerfreiheit ausgenommen.
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III. Bewertungsansätze für REITs 24
Zur Bewertung von Immobiliengesellschaften verwendet der Markt verschiedene Ansätze, die zumeist auf einem Vergleich verschiedener Kenngrößen mit entsprechenden Relationen für Vergleichsunternehmen basieren. Hierbei ist die Vergleichbarkeit in der Größe, dem Anlageschwerpunkt (regional und sektoral) sowie den finanziellen Rahmenbedingungen des REITs von Bedeutung. Traditional herrschte auf dem Europäischen Markt eine Bewertung auf Basis des Net Asset Value (NAV) vor. Im Zusammenhang mit der Verbreitung von REITs werden auch zwei andere, eher Cash Flow-basierte Bewertungsansätze verwendet. Es handelt sich dabei um Funds From Operations (FFO) oder Funds Available for Distribution (FAD).
1. Net Asset Value 25
Der Net Asset Value (NAV) einer Immobiliengesellschaft errechnet sich auf Basis der Marktwerte der Immobilien. Zu diesem Wert wird der Marktwert der anderen Aktiva addiert, um den Gross Asset Value (GAV) zu erhalten. Ist der Marktwert der anderen Aktiva nicht verfügbar, so kann ersatzweise auch der Buchwert für deren Bewertung herangezogen werden. Anschließend werden Finanzverbindlichkeiten, Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten vom GAV subtrahiert um den NAV zu erhalten. Somit entspricht der NAV aus theoretischer Sicht dem impliziten Marktwert des Eigenkapitals. In entwickelten Märkten wie Großbritannien werden neben dem NAV noch in zwei verfeinerte auf dem NAV aufbauende Wertmaßstäbe betrachtet. Es handelt sich dabei um den Double NAV (NNAV) und den Triple NAV (NNNAV). Der NNAV wird berechnet, indem die latenten Steuern, die sich auf die Bewertungsgewinne und Verkaufsgewinne beziehen, vom NAV abgezogen werden. Beim NNNAV wird der NNAV um latente Steuern und Wertanpassungen für Finanzverbindlichkeiten adjustiert. In der Vergangenheit und insbesondere in den Jahren 1999 – 2000 wurden viele Immobilien-Aktien zu einem substanziellen Abschlag auf den NAV gehandelt, was auch durch die starken Aktienrückkäufe der REITs unterstrichen wurde. Dies hatte sich in den letzten Jahren fundamental geändert. Seit Mitte 2007 sind nun wieder, teilweise deutliche, Abschläge auf den NAV zu beobachten.
2. Funds From Operations (FFO) und Funds Available for Distribution (FAD) 26
In den letzten Jahren verlegten viele Marktteilnehmer den Fokus ihrer Anlageentscheidungen auf Cash Flow-basierte Bewertungsmethoden. Die FFO basierte Bewertung zählt hierbei zu den wichtigsten Bewertungsansätzen. Auch die FFO-basierte Bewertung ergibt einen Wert für das Eigenkapital, der mit der Marktkapitalisierung verglichen wird.
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Bewertungsansätze für REITs
Unter FFO werden im allgemeinen die laufenden wiederkehrenden Cash-Erträge des Unternehmens verstanden, die wie folgt ermittelt werden können: EBITDA (bereinigt um Bewertungsgewinne und Veräußerungsgewinne) – Nettozinszahlungen – Steueraufwand – Minderheitenanteile +/– Latente Steuern (kein tatsächlicher Geldabfluss) = Funds From Operations Dem gegenüber geben die Funds Available for Distribution (FAD) die normalisierte Ausschüttung eines REIT-Unternehmens an. FAD berücksichtigen die Ausgaben für notwendige Investitionsaufwendungen für das bestehende Portfolio. Diese Auszahlungen beinhalten meist auch die Kosten für die Vermietung und grundlegende Reparaturen an den Immobilien. Üblicherweise betragen diese Investitionsaufwendungen ca. 15 % des FFO und werden von diesem subtrahiert, um die FAD berechnen zu können.
3. Multiplikatorbasierte Bewertung Die multiplikatorbasierte Bewertung von Unternehmen geht auf den Ansatz zurück, die bessere Vergleichbarkeit von Unternehmen durch quantitative Kennziffern herbeizuführen, die von einzelnen unternehmensindividuellen quantitativen Größen weitgehend unabhängig sind. Die Multiplikatoren lassen sich in zwei wesentliche Dimensionen einteilen: Zum einen existieren Multiplikatoren, die sich auf den gesamten Unternehmenswert (Enterprise Value) beziehen. Diese Multiplikatoren zeichnen sich dadurch aus, dass der Multiplikator von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens unabhängig ist. Beim Vergleich zweier Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell und relativ unterschiedlichen Finanzstrukturen kann dies von großer Bedeutung sein. Der in der Praxis am weitesten verbreitete Multiplikator ist der EV/EBITDA-Multiple. Zum anderen existieren die Equity-Multiples, die sich nur auf das Eigenkapital der Gesellschaft beziehen. Um vom Enterprise Value auf den Equity Value und somit auch zum Equity-Multiple zu kommen, muss man den Enterprise Value um das Fremdkapital und die Minderheitsbeteiligungen reduzieren. Beispiele für EquityMultiples sind FFO-Multiples, Price-Earnings-Ratios und NAV Prämien/Discounts.
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4. Zusammenfassender Überblick zu Bewertungsmethoden 28
Die folgende Übersicht fasst die hier beschriebenen Bewertungsansätze zusammen: Basis der Bewertung Beschreibung
FFO Multiplikator
Kommentar
– Hauptsächlich genutzt zur EBITDA Bewertung von Immobili– Netto-Zinszahlungen enunternehmen mit – Steueraufwand starkem Fokus auf die Ge– Minderheitsanteile Eigenkapital +/– Latente Steuern nerierung von Cash Flows FFO wie z. B. REITs (kein tatsächlicher Geldabfluss – EBITDA bereinigt um Bewertungsgewinne und Ver= Funds from äußerungsgewinne operations (FFO) = Funds from operations (FFO) – Investitionsaufwendungen
FAD Multiplikator
EBITDA Multiplikator
– Nutzung zur Bestimmung der Fähigkeit liquide Mittel zu generieren sowie zur Bestimmung der AusschütEigenkapital tungsfähigkeit = Ausschüttungsfähige FAD – Investitionsaufwendungen Mittel (FAD) beinhalten auch Leasingzahlungen und bedeutende Modernisierungen
Unternehmenswert (EV) EBITDA
+ Marktwert der Immobilien Markt (oder Buch-) wert anderer Aktiva = GAV – Finanzverbindlichkeiten, Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten Prämie zum NAV/NNAV/ NNNAV
= NAV – Nettoposition latente Steuern = NNAV – Anpassungen für Neubewertung der Verbindlichkeiten = NNAV
Dividendenrendite
Abb. 10: Bewertungsmethoden
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DPS Aktienkurs
– Bedeutend in der Bewertung von Immobilienunternehmen insbesondere in den USA – EBITDA Multiplikatoren für Vermietungsgeschäft meist höher als für das EBITDA des Immobilienhandels – Historisch wichtigster Wertindikator für europäische Immobilienaktiengesellschaften – Mit ein paar Ausnahmen (z. B. UK) existiert keine einheitliche Definition von NAV in Europa – NNNAV ist aus theoretischer Sicht der adäquate Term, allerdings reicht die extern verfügbare Informationsbasis zur genaueren Bestimmung üblicherweise nicht aus. – Durch die hohe Ausschüttung der REITs besonderes relevant für die Bewertung dieser Firmen
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Attraktive Geschäftsmodelle aus Kapitalmarktsicht
IV. Attraktive Geschäftsmodelle aus Kapitalmarktsicht 1. Kernelemente der Equity Story für Immobiliengesellschaften Eine Voraussetzung für die Positionierung eines Immobilienunternehmens am Kapitalmarkt ist die „passende“ Equity Story, die auf der Kombination aus einem fokussierten Ausgangsportfolio mit der mittel- bis langfristigem strategischen Ausrichtung basiert. Ziel der Equity Story ist es damit, den Investoren den zukünftigen Wert des Unternehmens und damit letztlich das vorhandene Kurssteigerungspotenzial darlegen zu können.
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Anders als bei einem diversifi zierten Fonds bieten REITs ein fokussiertes Exposure auf bestimmte Immobilieninvestments und Anlagestrategien. Daher muss das Management klarstellen, dass das Unternehmen besser als jeder andere Marktteilnehmer in der Lage ist, die gewählte Anlagestrategie umzusetzen. Die folgende Liste zeigt eine Auswahl von Kernelementen einer Equity Story für Immobiliengesellschaften: – Ein attraktives Marktumfeld ermöglicht es den Unternehmen auch in Zukunft, in einem prosperierenden Markt zu agieren und von dieser Dynamik durch Wachstum zu profitieren. – Mit dem anfänglichen Immobilienportfolios kann das Management nachweisen, dass es in der Lage ist die Zielobjekte am Markt zu erwerAttraktives ben. Immobilienportfolio – Dieses Portfolio bildet somit die Ausgangsbasis für das zukünftige Wachstum der Gesellschaft. – Sektorfokussierung (Nutzungsarten, Mieterschaft) Klarer Portfoliofokus – Fokussierung der Risikoklasse (Core/Value Added/Opportunistic) – Geographischer Fokus (festgelegte Standortauswahl) Marktumfeld
– Die Erfahrung und das unternehmerische Handeln des Managements ermöglichen der Firma, Glaubwürdigkeit für zukünftiges profitables Wachstum zu erzielen. Erfahrenes Management – Ohne ein erfahrenes Management ist es meist schwierig, dem Investor nachzuweisen, dass die notwendigen Kenntnisse in der Gesellschaft vorhanden sind oder aufgebaut werden können. – Um die Wahrnehmung durch den Kapitalmarkt zu verstärken, ist es notwendig, eine kritische Größe des Portfolios aufzubauen. – Hierdurch können unter Umständen „economies of scale“ in der VerWachstumspotential waltung der Objekte genutzt und somit die Kosten reduziert werden. des inneren Wertes – Die Neuerwerbe sollten dem von der Firma geforderten Cash FlowProfil entsprechen, um die notwendigen operativen und finanziellen Schlüsselparameter erfüllen zu können. – Durch Zukäufe wird es der Firma ermöglicht, auf externem Wege zu wachsen und Potenzial für inneres Wachstum zu erzielen. Zukäufe – Nach vorhergehender Analyse zeigt ein genauer Aktionsplan für die neu erworbenen Immobilien das Potenzial, welches durch ein ausgeprägtes Immobilien-Know-how gehoben werden kann. – Effizienz der einzelnen Bestandsobjekte und auch des Gesamtportfolios können durch eine Optimierung der Kostenstrukturen getrieben werden. Operative Effizienz – Weiteres Potenzial kann dadurch gehoben werden, dass Mieteinnahmen im vertraglich vereinbarten Rahmen angehoben werden. – Leerstandsreduktion durch Neuvermietung bietet ggfs. eine weitere Möglichkeit, die Effizienz und die Cash Flow-Basis zu steigern.
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2. Der REIT als unternehmerische Investition 31
Durch die regulatorischen Beschränkungen der Geschäftstätigkeit, wie z. B. die Restriktionen im Immobilienhandel und den Servicetätigkeiten, ist die Equity Story eines REITs oft stark auf das quantitative und qualitative Wachstum des zu Grunde liegenden Assetportfolios ausgerichtet. Die Attraktivität eines Investments aus Sicht der Investoren ergibt sich somit aus einer Reihe von Faktoren, die direkt oder indirekt diese Art des Wachstums unterstützen. Um sich hinreichend von Konkurrenten zu differenzieren und den Wachstumserwartungen gerecht zu werden, wird es in REIT-Märkten für den einzelnen REIT zunehmend wichtig, sich unternehmerisch klar zu positionieren. Die unternehmerische Positionierung zeichnet sich dadurch aus, dass das Upside-Potential in den einzelnen Immobilien in den Vordergrund rückt und die defensive Strategie des klassischen „Yield-Play“ zunehmend an Bedeutung verliert.
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Die folgende Tabelle zeigt vier klassische Beispiele für unternehmerische Investitionen eines REIT, die den Ausbau bzw. die Wertausdehnung des eigenen Assetportfolios fokussieren. Investitionscharakteristikum
Managementleistung
1
Investition in vermietbare Objekt mit Leer- Professionelle Leerstandsreduktion durch stand Neuvermietung
2
Investition in nicht oder nur teilweise vermietete Objekte mit Renovierungs- und/ oder Entwicklungsbedarf
Marktgerechte Entwicklung/Renovierung der leer stehenden Flächen und anschließende Neuvermietung
3
Investition in vermietete Objekte mit Entwicklungsgrundstücken
Neuentwicklung der Freiflächen
4
Investition in Grundstücke
Initiation und Durchführung von Projektentwicklung und anschließende Vermietung
Neben der Optimierung des eigenen Bestandsportfolios des REITs durch die in der Tabelle aufgeführten Aktionen umfassen diese unternehmerischen Investitionen auch gezielte Portfoliokäufe mit entsprechendem Potential. 33
Durch diese von Investoren geforderte strategische und operative Ausrichtung spielt die Qualifikation und der Track Record des Managements zunehmend eine elementare Rolle in der Equity Story. Ein hohes Ausbildungs- und Erfahrungsniveau des Managements kann in Deutschland als knappe Ressource betrachtet werden. Dieser Zustand ist einerseits auf ein geringes universitäres Angebot von kaufmännischen Studiengängen mit Immobilienfokus in den 80er und 90er Jahren und andererseits auf den relativ späten Beginn der Professionalisierung der Branche in Deutschland zurückzuführen. Ist bei einem REIT diese Expertise nicht oder nicht in hinreichender Form vorhanden, empfiehlt es sich oft auf ein externes Management zurückzugreifen.
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Zusamenfassung
V. Zusammenfassung Der deutsche Kapitalmarkt wird durch die Einführung von REITs um eine Form der indirekten Anlage in Immobilien erweitert. REIT-AG stellen eine wichtige Ergänzung zu herkömmlichen Immobilienaktiengesellschaften auf der einen Seite und Fonds auf der anderen Seite dar. Hierbei werden die Vorteile des Kapitalmarktes hinsichtlich Liquidität und Transparenz mit einer steuerlichen Effi zienz, die bislang Fondsprodukten vorbehalten war, verbunden und somit die Vorteile dieser beiden Anlageformen wirkungsvoll kombiniert.
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Die internationale Erfahrung zeigt, dass REITs als attraktive Anlageklasse mit hoher Transparenz und Liquidität sich seit den 90er Jahren sehr erfolgreich in ihren Märkten etabliert haben. Die Ausgestaltung der deutschen REIT-Gesetzgebung baut zudem auf den Erfahrungen mit bestehenden internationalen REIT-Formen auf. Wir sehen daher erhebliches Marktpotential für den deutschen REIT. Dies wird durch die langfristig steigende Nachfrage nach indirekten Immobilienanlagen und den anhaltenden Trend sowohl von Unternehmen wie auch von der öffentlichen Hand, selbst genutzte Immobilien zu veräußern und dann zu mieten, noch maßgeblich verstärkt. Hierbei kommt der Exit Tax, die es bisherigen Besitzern ermöglicht, ihre Immobilien mit gewissen steuerlichen Vorteilen in REITs umzuwandeln bzw. an REITs zu veräußern, eine besondere Bedeutung zu. Aktuelle Marktverwerfungen auf Grund der derzeitigen Situation an den internationalen Kreditmärkten (Sub-Prime-Krise) können diesen langfristigen Trend aus unserer Sicht nur mittelfristig überlagern. Um sich im Markt der neu entstehenden deutschen REIT-AG positiv zu differenzieren und in der Folge entsprechend hohes Investoreninteresse wecken zu können, ist eine klare Positionierung von besonderer Bedeutung. Eine solche Equity Story sollte ein fokussiertes Ausgangsportfolio mit einer mittel- bis langfristig klar definierten Wachstumsstrategie verbinden, die Investoren überzeugt, dass genau dieses Management-Team mit dieser Strategie den Wert des Unternehmens und damit letztendlich den Wert des entsprechenden Aktieninvestments steigern wird. Ein REIT ist somit mehr als die Kombination eines Immobilienportfolios und eines steuerlich transparenten rechtlichen Rahmens. In der Gestaltung fokussierter REITs, die nachhaltiges Investoreninteresse auf sich ziehen können, wird daher eine der zentralen Aufgaben zur erfolgreichen Einführung des deutschen REIT liegen. Einstweilen frei.
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B. Gesellschaftsrecht und Corporate Governance der REIT-AG Christoph H. Seibt Übersicht Rz. I. REIT-AG: Rechtsform, Sonderstatus und Normengefüge . . . . . 1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . a) Aktiengesellschaft . . . . . . b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) . . . . . . . . . . . . . c) Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . . . . . . . . . . 2. Normengefüge . . . . . . . . . . . . 3. Prinzip der Satzungsstrenge . II. Eingang in die REIT-AG . . . . . . 1. Überblick über die Errichtungsformen . . . . . . . . . . . . . 2. REIT-Statuserlangung bei bestehender AG/SE . . . . . . . . 3. Neugründung einer AG . . . . . 4. Formwechsel in die Rechtsform der AG/SE . . . . . . . . . . . 5. Verschmelzung und Spaltung auf/zur AG/SE . . . . . . . . . . . . III. Rechtsnatur und Statusanforderungen der Vor-REIT . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . 2. Statusanforderungen . . . . . . . a) Rechtsform der Aktiengesellschaft und Sitz . . . . . . b) Unternehmensgegenstand c) Finanzverfassung . . . . . . . d) Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern e) Firma . . . . . . . . . . . . . . . . f) Börsenzulassung an einem organisierten EU/EWRMarkt . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Empirische Daten zu Unternehmen mit Vor-REIT-Status IV. Statusanforderungen der REIT-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. REIT-Statusanforderungen und Satzungsverankerung . . .
40 40 40
42 45 46 52 54 54 63 67 72 74 77 77 81 82 84 85 86 88
90 93 94 94
Rz. 2. Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 3. Unternehmensgegenstand . . . . 4. Firma und Bezeichnungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aktienform . . . . . . . . . . . . . . . 6. Börsenzulassung an einem organisierten EU/EWR-Markt . 7. Mindestgrundkapital . . . . . . . . 8. Anlegerstruktur: Streubesitzerfordernisse und Anteilshöchstbeteiligung . . . . . . . . . . a) Streubesitzerfordernisse . . b) Anteilshöchstbeteiligung . . 9. Ausschüttungsverpfl ichtung . . 10. Vermögens- und Ertragsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . b) Anforderungen an die Vermögensstruktur . . . . . . . . . c) Anforderungen an die Ertragsstruktur . . . . . . . . . . . 11. Mindesteigenkapital . . . . . . . . 12. Beschränkungen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . a) Verbot des Immobilienhandels . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbot entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . 13. REIT-Statusanforderungen: Überwachung und Sanktionen bei Verletzung . . . . . . . . . . . . . V. Corporate Governance-Strukturen bei der REIT-AG/REIT-SE und Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .
97 99 104 110 114 119
121 121 134 145 154 154 156 159 160 162 162
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1. Grundmodell 1: Dualistisches Leitungssystem bei der REIT-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Grundmodell 2: Monistisches Leitungssystem bei der REIT-SE . 192 3. Besonderheiten bei der Haftung der Unternehmensorgane . . . . . 197
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
4. Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . a) REIT-AG im Vertragskonzern . . . . . . . . . VI. Finanzierung der REIT-AG . . . .
Rz. 202 202 211 213
VII. Beendigung des REIT-Status . . . 223
Rz. 1. Verlust der Steuerprivilegierung (mit Entschädigung der Streubesitzaktionäre) . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Beendigungsgründe . . . . 224 3. Verzicht der Gesellschaft auf den REIT-Status . . . . . . . . . . . . . . . 225
I. REIT-AG: Rechtsform, Sonderstatus und Normengefüge 1. Rechtsform a) Aktiengesellschaft 40
Die REIT-AG ist - vom „Wesen“ (so die amtliche Überschrift von § 1 REITG) her eine Aktiengesellschaft, (1) deren Unternehmensgegenstand auf bestimmte Immobilienaktivitäten beschränkt ist und (2) deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 1 Abs. 1 REITG); zur Qualifi kation als REIT-AG muss sie überdies bestimmte rechtliche und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen (vgl. §§ 4 bis 6, 8 bis 15 REITG). Die in der Gesetzessystematik scheinbar angelegte Unterscheidung zwischen (1) dem „Wesen der REIT-Aktiengesellschaft“ (amtliche Überschrift von § 1 REITG), (2) sonstigen allgemeinen Vorschriften zur REIT-AG (amtliche Überschrift für Abschnitt 1 [§§ 1 bis 7 REITG]: „Allgemeine Vorschriften“) und (3) Anforderungsnormen für die „Qualifi kation als REIT-Aktiengesellschaft“ (so die amtliche Überschrift für Abschnitt 2 [§§ 8 bis 15 REITG]) wird im REITG nicht trennscharf mit unterschiedlichen Qualitäten und Rechtsfolgegehalten aufgegriffen, aber lässt immerhin folgende Differenzierung erkennen: Die allgemeinen Anforderungen an die REIT-AG aus dem Abschnitt 1 (§§ 1, 4 bis 6 REITG) sind die gesellschaftsrechtlich geprägten Charakteristika der REIT-AG, während die im Abschnitt 2 des REITG (§§ 8 bis 15 REITG) geregelten Anforderungen Zusatzerfordernisse für die steuerrechtliche Qualifi kation bzw. Status-Anerkennung der Aktiengesellschaft als REIT-AG sind. So regelt § 18 REITG die Beendigung der Steuerbefreiung der REIT-AG – ausdrücklich nur – bei Verletzung der im zweiten Abschnitt geregelten Zusatz-Anforderungen (sowie bei Verletzung des in § 1 Abs. 2 REITG geregelten Verbotes der unmittelbaren Erbringung entgeltlicher Nebentätigkeiten durch die REIT-AG). Insoweit unsystematisch (oder perplex?) ist es allerdings, wenn der in § 7 REITG geregelte Bezeichnungsschutz für „REIT“, „REIT-Aktiengesellschaft“ und „Real Estate Investment Trust“ nur (?) einer Gesellschaft zukommt, die „eine REIT-Aktiengesellschaft im Sinne [des REITGes] ist und die Voraussetzungen der §§ 8 bis 15 erfüllt“. Denn entweder ist die Beschreibung „REIT-Aktiengesellschaft im Sinne [des REITG]“ eine Kurzbezeichnung für eine Aktiengesellschaft, welche die rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen in §§ 1, 4, 5, 6, 8 bis 15 REITG erfüllt (dann ist der zweite Anforderungsteil „und die Voraussetzungen der §§ 8 bis 15 erfüllt“ überflüssig) oder für den Bezeichnungsschutz kommt es nicht auf Einhaltung der §§ 4 bis 6 REITG an (warum nicht?) oder eine „REIT-Aktiengesellschaft im Sinne [des REITG]“ ist eine Kurzbezeichnung für eine Aktiengesellschaft, welche die eher gesellschaftsrechtlichen Anforderungen im Abschnitt 1 (insbesondere die §§ 1, 4 bis 6 REITG) erfüllt. 24
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Rechtsform, Sonderstatus und Normengefüge
Die Eingangsvorschrift des § 1 Abs. 1 sieht für die REIT-AG die Rechtsform der Aktiengesellschaft vor, und zwar – wie sich aus § 10 Abs. 1 REITG ergibt – in der „Sonderrechtsform“ der börsennotierten Aktiengesellschaft1. In diesem Rahmen der Sonderrechtsmaterie für börsennotierte Aktiengesellschaften schafft das REITG einen „Sonderstatus“2 , der durch die verbands- und kapitalmarktrechtlichen Statusanforderungen gekennzeichnet sind, die wiederum ihre Rechtfertigung in dem steuerlichen Sonderregime finden. Das REITG begründet also keine neue, eigenständige Gesellschaftsform (was auch in der Gesetzesbegründung zum REITG ausdrücklich klargestellt wird3), sondern schafft mit der REIT-AG unter Einhaltung des Numerus Clausus der Rechtsformen einen bloßen Sonderstatus der Aktiengesellschaft, für den einige vorrangige Sondervorschriften des Verbands- und Kapitalmarktrechts gelten. Die Gesetzeskurzbezeichnung „REITG“ und der Bezugnahme auf die international gebräuchliche Bezeichnung dieser Kapitalanlageform als „Real Estate Investment Trust“ oder in (Fach-)Publikationen als „G-REIT“ (= German REIT) führt natürlich nicht dazu, dass es sich bei der REIT-AG um eine neue Rechtsform des „Trusts“ handelt. Phänomenologisch lässt sich der Sonderstatus der REITAG durchaus auch als „Immobiliengesellschaft sui generis“4 oder – unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Sonderregelung – als „Mischform aus Immobilienfonds und börsennotierter Immobilienaktiengesellschaft“5 beschreiben, ohne dass diese Typisierung für die Rechtsanwendung aber von Bedeutung wäre.
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b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) Die „Wesensbeschreibung“ (vgl. die amtliche Überschrift von § 1 REITG) von REITUnternehmen als „Aktiengesellschaften“ ist nach richtigem Verständnis nicht ein Ausschlussmerkmal für die Europäische Aktiengesellschaft, sondern vielmehr eine Art Kurzbezeichnung für die Rechtsformen der Aktiengesellschaft sowie der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea). Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 REITG spricht nicht zwingend gegen die Einbeziehung der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) als taugliche Rechtsform, sondern passt sich vielmehr in die herkömmlichen Normenwortlaute deutscher Wirtschaftsgesetze (mit Ausnahme der Unternehmensmitbestimmungsgesetze, für die bei der Societas Europaea Sonderbestimmungen bestehen) ein, die bereits aus historischen Gründen lediglich auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft verweisen, ohne hierdurch nach heutiger Lesart die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) auszuschließen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts für den Exklusivitätscharakter der Rechtsform der Aktiengesellschaft; vielmehr wurde bereits während des Gesetzgebungsverfahrens auf die Zulässigkeit von REIT-Unternehmen in der Rechtsform des Societas Europaea hingewiesen, ohne dass der Gesetzgeber eine abweichende Auffassung hierzu in den Gesetzesmaterialien festgehalten hätte. Schließlich streitet vor allem aber eine europarechtskonforme Auslegung von § 1 Abs. 1 REITG für die zulässige Wahl der Rechtsform der Societas Europaea. Denn Art. 10 SE-VO bestimmt im Wortlaut: 1 Zu der Unterscheidung der Sonderrechtsmaterie der börsennotierten Aktiengesellschaft von derjenigen der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft unter dem Dach des Aktienrechts grundlegend Seibt in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, 2001, S. 38 ff.; vgl. auch Hommelhoff, ZGR 2000, 748 (769 ff.); Lutter in FS Zöllner I, 1998, S. 363 ff. 2 Ähnlich Spoerr/Hollands/Jacob, DStR 2007, 49 (50) („Sondertypus“). 3 So Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. 4 So Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. 5 So Franck, MittBayNot 2007, 173 (174); Kiethe, ZfIR 2005, 745.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
„Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung wird eine SE in jedem Mitgliedstaat wie eine Aktiengesellschaft behandelt, die nach dem Recht des Sitzstaates der SE gegründet wurde.“
Dieses Diskriminierungsverbot1 der Europäischen Aktiengesellschaft gegenüber der Aktiengesellschaft nationalen Rechts findet sich überdies in Erwägungsgrund 5 zur SE-VO und ist ein anerkannter Auslegungsmaßstab für das nationale Recht2 . Die Einbeziehung der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea) als taugliche Rechtsform ist inzwischen auch einheitliche Auffassung des REIT-Spezialschrifttums3. 43
Die Eröffnung der Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea) ermöglicht zum einen, in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten in dortigen Aktiengesellschaften belegendes Immobilieneigentum auf eine REIT-SE deutschen Rechts zu verschmelzen und erleichtert damit den Aufbau europaweiten REIT-Gesellschaften4; zum anderen eröffnet die Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) eine ansonsten nicht gegebene Flexibilität bei der Corporate Governance (hierzu ausführlich sub V., Rz. 178 ff.).
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Die REIT-SE ist – entsprechend den Ausführungen zur REIT-AG im Verhältnis zur Grundform der Aktiengesellschaft – ein Sonderstatus der börsennotierten Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea). Zur Erlangung des REIT-Status muss die entsprechende Europäische Aktiengesellschaft die im REITG vorgegebenen Statusanforderungen erfüllen, insbesondere auch § 9 REITG, demzufolge der Sitz und die Geschäftsleitung des Unternehmens im Inland sein muss. Die firmenrechtlichen Sondervorschriften mit dem Bezeichnungsschutz in §§ 6 und 7 REITG gelten auch für die Societas Europaea, und zwar in der Weise, dass die Firma dann die Bezeichnung „REIT-SE“ (vgl. Art. 11 SE-VO) enthalten muss und diese Bezeichnung für solche Gesellschaften ausschließlich geschützt ist, die die Statusanforderungen der §§ 8 bis 15 REITG erfüllen. c) Kommanditgesellschaft auf Aktien
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Demgegenüber ist die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) keine nach § 1 Abs. 1 REITG taugliche Rechtsform für die REIT-Unternehmen5. Zwar können die Kommanditaktien der KGaA auch zum Börsenhandel zugelassen werden (zur Erfüllung der Statusanforderung in § 10 Abs. 1 REITG), § 278 Abs. 3 AktG verweist grundsätzlich für die KGaA auf das Aktienrecht und nach § 78 Satz 4 UmwG gelten bei Verschmelzungen AG und KGaA nicht als Rechtsträger anderer Rechtsform. Trotzdem ist aber die KGaA eine eigenständige und in der Binnenstruktur von der Aktiengesellschaft erheblich unterschiedene Rechtsform; sie ist historisch aus der Kommanditgesellschaft hervorgegangen und nun als eine juristische Person anerkannt, insgesamt aber eine Mischform zwischen KG und AG6 . Sie unter1 Seibt in Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft, S. 67 (69 f.). 2 Vgl. Hommelhoff/Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Art. 10 SE-VO Rz. 6. 3 Dettmeyer/Gemmler/Kaiser, RIW 2006, 832; Bron, BB 2007 Special Nr. 7, 3; Hahn, ZGR 2006, 805 (837); Weger in Striegel, § 1 REITG Rz. 6; Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1346 Fn. 16); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 1 REITG Rz. 5a und 63. 4 Vgl. Hahn, ZGR 2006, 805 (837). 5 Im Ergebnis (aber ohne Begründung) ebenso Dettmeyer/Gemmler/Kaiser, RIW 2006, 832. 6 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 811; Semler/Perlitt in MünchKomm. AktG, vor § 278 AktG Rz. 29; Assmann/Sethe in Großkomm. AktG, § 278 AktG Rz. 3; Herfs in MünchHdb. GesR, Bd. 4: AG, § 75 Rz. 7.
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Rechtsform, Sonderstatus und Normengefüge
liegt vor allem auch anderen steuerrechtlichen Vorschriften als die Aktiengesellschaft, so dass auch teleologische Gründe gegen eine Rechtsformerweiterung auf die KGaA sprechen. Schließlich streiten auch die europarechtlichen Richtlinien zum Gesellschaftsrecht, die in ihren Anwendungsbereichen sehr wohl zwischen der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien unterscheiden1, gegen eine erweiterte Auslegung von § 1 Abs. 1 REITG auf KGaA.
2. Normengefüge Als zwingend börsennotierte Aktiengesellschaft unterliegt die REIT-AG zunächst den für alle Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen des allgemeinen Aktien- und Unternehmensrechts, also insbesondere den Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG), des Handelsgesetzbuches (HGB), des Umwandlungsgesetzes (UmwG)2 oder der Handelsregisterverordnung (HRegV). Auf einer zweiten Stufe finden auf die REIT-AG die Sondervorschriften für börsennotierte Unternehmen i. S. v. § 3 Abs. 2 AktG Anwendung, da die §§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG vorschreiben, dass die Aktien der REIT-AG zum Handel an einem organisierten Markt i. S. v. § 2 Abs. 5 WpHG zu notieren sind. Damit gelten einerseits die aktienrechtlichen Sondervorschriften, nämlich – Satzungsfestigkeit des Auskunftsrechts des Aktionärs bei Namensaktien (§ 67 Abs. 6 AktG); – Mindestfrequenz von zwei Aufsichtsratssitzungen im Kalenderhalbjahr (§ 110 Abs. 3 AktG); – erleichterter Nachweis des Anteilsbesitzes zur Teilnahme an Hauptversammlungen (§ 123 Abs. 3 Sätze 2 und 3 AktG); – erweiterte Angabepflichten zu Vorschlägen zur Aufsichtsratswahl (§ 125 Abs. 1 Satz 3 AktG); – Beurkundungspflicht von Beschlüssen der Hauptversammlung (§ 130 Abs. 1 AktG); – Satzungsfestigkeit von Stimmrechtsgewichten (§ 134 Abs. 1 Satz 2 AktG); – Veröffentlichungspflichten bei Haftungsklagen (§ 149 Abs. 1 AktG); – Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechens-Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex (§ 161 AktG); – erweiterte Berichtspflichten des Aufsichtsrats gegenüber der Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 Satz 2 AktG); – Veröffentlichungspflicht bei Verfahrensbeendigung einer Anfechtungsklage (§ 248a AktG); – Stimmrechtsbeschränkung für Aufsichtsratswahlen bei wechselseitig beteiligten Unternehmen (§ 328 Abs. 3 AktG)
1 Vgl. z. B. Art. 4 Abs. 1 der Siebten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 (Konzernrechnungslegungsrichtlinie), ABl. Nr. L 193 v. 18/07/1983, S. 1. 2 Sowohl die REIT-AG als auch der Vor-REIT können als Aktiengesellschaften an Umwandlungen (Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel) teilnehmen, und zwar bei übertragenden Umwandlungen sowohl als übertragender als auch als übernehmender Rechtsträger.
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sowie die Sonderauslegung bestimmter aktienrechtlicher Vorschriften für kapitalmarktnahe Unternehmen1. Andererseits gelten die erweiterten Transparenz- und Publizitätsvorschriften des Handelsgesetzbuches, insbesondere – im Anhang betreffend (1) Organvergütungen, (2) Mitgliedschaften von Aufsichtsräten in anderen Kontrollgremien und (3) die Entsprechungs-Erklärung nach § 161 AktG (§ 285 Nr. 9 lit. A Sätze 5–7, Nr. 10 Satz 1 und Nr. 1b HGB); – im Konzernanhang betreffend (1) Organvergütungen und (2) die Entsprechens-Erklärung nach § 161 AktG (§ 314 Abs. 1 HGB). 47
Schließlich finden die Kapitalmarktvorschriften insbesondere des Börsengesetzes (BörsG), des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) sowie des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) auf die REITAG Anwendung 2 .
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Erfüllt die REIT-AG im Einzelfall auch die Vorschriften zur Anwendung des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) (also vor allem die Voraussetzung der Beschäftigung von regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmern in Deutschland) oder des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) (also vor allem die Voraussetzung der Beschäftigung von regelmäßig mehr als 2000 Arbeitnehmern in Deutschland), so finden zusätzlich die entsprechenden Sondervorschriften des Unternehmensmitbestimmungsrechts Anwendung. Allerdings ist zu beachten, dass eine REIT-AG, die ihr Unternehmen bereits vor dem 10. August 1994 in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt hat (und damals keine Familiengesellschaft i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 DrittelbG war) unabhängig von der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer einen drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrat zu bilden hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG). Auf den Statuswechsel von der Grundform der Aktiengesellschaft zur REITAG kommt es nicht an, insbesondere fällt die zuvor bestehenden Unternehmensmitbestimmung durch die Erlangung des Sonderstatus der REIT-AG nicht weg. Allerdings kann bei entsprechend mittelfristiger Planung die bestehende Unternehmensmitbestimmung bei der Aktiengesellschaft durch einen Formwechsel in die Rechtsform der GmbH beseitigt werden; der später erfolgende Rück-Formwechsel in die Rechtsform der Aktiengesellschaft mit nachfolgender Statuserlangung der REITAG führt nicht zum automatischen Wiederaufleben der Unternehmensmitbestimmung (Ausnahme: Rechtsmissbrauch)3.
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Auf einer dritten Stufe finden dann auf die REIT-AG die Spezialvorschriften des REITG (sowie in den durch das REITG geänderten Steuergesetzen) Anwendung. Diese Sondernormen zu gesellschafts-, kapitalmarkt- oder steuerrechtlichen Fragen ergänzen die Bestimmungen des allgemeinen Aktien- und Unternehmensrechts sowie die Sondervorschriften für börsennotierte Unternehmen und verdrängen diese im Konfliktfall als legis specialis (§ 1 Abs. 3 REITG).
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Diese Stufentrias der auf die REIT-AG anwendbaren Gesetzesbestimmungen und deren Spezialitätsverhältnis wird in der nachfolgenden Grafi k veranschaulicht:
1 Hierzu Seibt in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, 2001, S. 37 ff. 2 Hierzu ausführlich Voigt, Rz. 310–349; vgl. auch Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748). 3 Hierzu Seibt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Übertragung und Umstrukturierung von Unternehmen, 3. Aufl. 2008, F Rz. 68a; ders. in Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg.), Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 1 DrittelbG Rz. 13; Henssler, ZfA 2000, 241 (259); strenger Kleinsorge in Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 1 DrittelBG Rz. 4 aE.
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4GEJVUCPYGPFWPIURTKP\KRFGT5RG\KCNKVkV
Rechtsform, Sonderstatus und Normengefüge
– Allgemeines Aktien- und Unternehmensrecht (z. B. AktG, HGB, UmwG, HandelsRegVO)
#MVKGPIGUGNNUEJCHV
D{TUGPPQVKGTVG#) D{TUGP PQVKGTV PKEJVOKV DGUVKOOV
D{TUGPPQ VKGTVOKV DGUVKOOV
– Sondervorschriften für börsennotierte Unternehmen (AktG, HGB, WpPG, WpHG, WpÜG, DCGK)
PKEJVD{TUGPPQVKGTVG#) PKEJVD{T UGPPQVKGTV OKVDG UVKOOV
PKEJVD{T UGPPQVKGTV PKEJVOKV DGUVKOOV
– Sondervorschriften für mitbestimmte Unternehmen (DrittelbG, MitbestG) 4'+6#)
– REITG
Die durch das REITG angeordneten Unterschiede zwischen der Grundform einer börsennotierten Aktiengesellschaft und der REIT-AG sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst: Sachgegenstand
REITG-Inhalt
REITG-Norm
Abweichung zur Grundnorm
Firma
Firma muss Zusatz „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „REIT-AG“ enthalten
§6
§ 4 AktG
Bezeichnungsschutz
Nicht-REIT-Gesellschaften dür- § 7 fen Bezeichnung „REIT“ nicht in ihrer Firma führen
§ 18 Abs. 2 Satz 1 HGB
Unternehmensgegenstand
Unternehmensgegenstand ist § 1 Abs. 1 grundsätzlich beschränkt auf immobiliennahe Tätigkeiten für den eigenen Anlagebestand
§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG
Sitz und Geschäftsleitung
Satzungssitz und tatsächlicher Verwaltungssitz müssen in Deutschland sein
§9
§ 5 AktG i. d. F. des MoMiG-RegE
Börsenzulassung
Voraussetzung der Börsenzulassung an einem organisierten Markt
§ 10
Börsenzulassung nach AktG nicht vorausgesetzt
Aktienausstattung
(1) Zwang zur Stimmrechtsausstattung (2) Verbot unterschiedlicher Aktiengattungen (3) Verbriefungsausschluss
§ 5 Abs. 1 Satz 1 § 5 Abs. 1 Satz 1 § 5 Abs. 2
§ 12 Abs. 1 Satz 2 AktG § 11 Satz 1 AktG
Volleinzahlungsge- Pflicht zur Volleinzahlung bot
§ 5 Abs. 1 Satz 2
§ 10 Abs. 2 Satz 1 AktG
Grundkapital
§4
§ 7 AktG; § 2 Abs. 1 BörsZulVO
Mindestnennbetrag des Grundkapitals von 15 Mio. Euro
§ 10 Abs. 5 AktG
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Sachgegenstand
REITG-Inhalt
REITG-Norm
Vermögens- und Ertragsstruktur
(1) mindestens 75 % der Aktiva § 12 Abs. 2 gehören zum unbeweglichen Vermögen und höchstens 20 % der Aktiva entfallen auf REIT-Dienstleistungsgesellschaften (2) mindestens 75 % der Um§ 12 Abs. 3 satzerlöse stammen aus Vermietung, Leasing, Verpachtung oder der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen und höchstens 20 % der Umsatzerlöse stammen von REIT-Dienstleistungsgesellschaften
keine Vorgaben zur Vermögens- und Ertragsstruktur nach AktG
Mindesteigenkapitalquote
Eigenkapital darf 45 % des unbeweglichen Vermögens nicht unterschreiten
§ 15
keine Vorgabe zur Mindesteigenkapitalquote nach AktG
Aktionärsstruktur
(1) Mindeststreubesitz von 25 % zum Zeitpunkt der Börsenzulassung (2) dauerhafter Mindeststreubesitz von 15 % (3) Verbot der direkten Innehabung von 10 % oder mehr der Aktien der REIT-AG (4) Meldepflichten auch bei Erreichen von 80 und 85 % der Stimmrechte (5) Entschädigungspflicht zugunsten von Aktionären bei Beendigung der Steuerbefreiung
§ 11 Abs. 1 Satz 2
§ 9 BörsZulV
§ 11 Abs. 1 Satz 1 § 11 Abs. 4
Abweichung zur Grundnorm
keine Vorgabe nach AktG
§ 11 Abs. 5
§ 21 Abs. 1 WpHG
§ 18 Abs. 3
§ 57 AktG (bei Zahlungen durch REIT-AG)
Rechnungslegung
Pflicht zur Aufstellung eines § 12 Abs. 1 Konzern- bzw. Einzelabschlusses nach IFRS
§ 315a HGB, § 325 Abs. 2a HGB
Ausschüttungsverpflichtung
Pflicht zur Ausschüttung von § 13 Abs. 1 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses der REIT-AG ohne Dotierungspflicht der Pflichtrücklage und Ausschüttungssperre für Veräußerungsgewinn-Rücklage i. S. v. § 150 AktG
§§ 150, 174 Abs. 1 i. V. m. § 158 AktG
Maßnahmen der Geschäftsführung
(1) Verbot des Immobilienhandels (2) Verbot entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen
keine Vorgaben zur Geschäftsführung nach AktG
§ 14 Abs. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Ausgestaltung der Corporate Governance bei REIT-Unternehmen siehe unten Rz. 178 ff. 30
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Eingang in die REIT-AG
3. Prinzip der Satzungsstrenge Die REIT-AG unterliegt wie jede Aktiengesellschaft dem in § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG statuierten Prinzip der Satzungsstrenge. Danach kann die Satzung von Vorschriften des Aktiengesetzes nur abweichen, wenn dies dort ausdrücklich zugelassen ist1. Daher ist es auch bei der REIT-AG (beispielsweise) nicht zulässig, wenn die Satzung
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(1) anstelle des dualistischen Leitungssystems mit Vorstand und Aufsichtsrat ein monistisches Leitungssystem mit Verwaltungsrat regelt, (2) die zwingende Kompetenzverteilung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung ändert, z. B. der Hauptversammlung die Beschlusszuständigkeit über Geschäftsführungsmaßnahmen über § 119 Abs. 2 AktG hinaus, zur Bestellung des Vorstandes oder zur Regelung der Vorstandsvergütung einräumt, (3) die Kapitalerhaltungsvorschriften (z. B. §§ 57, 71 ff. AktG) lockert oder (4) den Umfang der Sorgfaltspflichten von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern und deren Haftung (§§ 93, 116 AktG) im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben des REITG abschwächt2 . Auch für die REIT-SE gilt das Prinzip der Satzungsstrenge, wenngleich die Rechtsform der Societas Europaea im Vergleich zur Rechtsform der Aktiengesellschaft mehr Flexibilität bei Ausgestaltung des Corporate Governance-Systems erlaubt (vgl. unten V., Rz. 178 ff.)3. Mustersatzungen für REIT-Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft sowie in der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (monistisches Leitungssystem) sind in Teil G. dieses Buches (Rz. 1009 und 1012)4 abgedruckt. Als weitere Vorlagen zur Satzungsgestaltung können auch die Satzungen der Alstria Office REIT-AG5 und der Fair Value REIT-AG6 dienen.
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II. Eingang in die REIT-AG 1. Überblick über die Errichtungsformen Das REITG enthält keine Sondervorschriften zur Errichtung einer REIT-AG, sondern beschränkt sich vielmehr darauf, die Voraussetzungen für die Erlangung des mit der Firma REIT-AG verbundenen Sonderstatus vorzuschreiben, nämlich (1) die Rechtsform der Aktiengesellschaft (der Societas Europaea), (2) die Börsenzulassung der Aktien, (3) die bestimmten Anforderungen an die Satzung und
1 Zum Prinzip der Satzungsstrenge z. B. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 23 AktG Rz. 53 ff. m. w. N. 2 Vgl. Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1178). 3 Zum Prinzip der Satzungsstrenge bei der Societas Europaea Seibt in Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft, S. 72 ff.; ders. in Lutter/Hommelhoff, Art. 6 SE-VO Rz. 12 f. 4 Eine kommentierte Mustersatzung für eine REIT-AG fi ndet sich auch bei Kollmorgen/ Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1346). 5 Abrufbar unter http://www.alstria.com. 6 Abrufbar unter http://reit.kemweb.de.
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(4) die Finanzverfassung der REIT-AG. Der Eingang in die REIT-AG, d. h. eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit dem REIT-Sonderstatus, richtet sich daher ausschließlich nach den allgemeinen gesellschafts- bzw. umwandlungsrechtlichen Bestimmungen. In Abhängigkeit davon, welche Anforderungen der als zukünftige REIT-AG genutzte Unternehmensträger bereits aufweist, kann man als typische Errichtungsformen (1) den bloßen Statuswechsel einer bereits bestehenden (börsennotierten) Aktiengesellschaft in die REIT-AG einerseits von den Errichtungsformen andererseits unterscheiden, die noch die erstmalige Erlangung der Rechtsform der Aktiengesellschaft einschließen, nämlich (2) die Neuerrichtung des REIT-Unternehmensträgers in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, (3) den Formwechsel des Unternehmensträgers in die Rechtsform der Aktiengesellschaft oder (4) die Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmensträgers auf eine Aktiengesellschaft. In jedem Fall ist vorausgesetzt, dass der Unternehmensträger vor der Statuserkennung als REIT-AG zunächst als „normale“ Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen ist. Von diesem Ausgangspunkt – und insoweit für alle Errichtungsformen verbindlich vorausgesetzt – vollzieht sich die Statuserlangung der REIT-AG im idealtypischen Ablauf in fünf Schritten1: 55
(1) Da die REIT-Aktien zwingend an der Börse zugelassen sein müssen (vgl. §§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG), wird die zukünftige REIT-AG nach der Konzeption des REITG zunächst als „normale“ Aktiengesellschaft gegründet und als solche in das Handelsregister eingetragen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Gesellschaft durch Neugründung oder durch Umwandlung (Formwechsel, Verschmelzung, Spaltung) einer bestehenden Personen- oder Kapitalgesellschaft entsteht.
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(2) Sodann wird der Vorstand der Aktiengesellschaft diese als sog. Vor-REIT beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren (vgl. § 2 REITG)2 . Während die Rechtsform der Aktiengesellschaft zwingend für die Vor-REIT Registrierung erforderlich ist, muss der Unternehmensgegenstand des Vor-REIT – anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen – nicht schon im Zeitpunkt der Registrierung dem Unternehmensgegenstand einer REIT-AG (vgl. § 1 Abs. 1 REITG) entsprechen. Vielmehr genügt, dass der Vor-REIT zum Ende des auf die Registrierung folgenden Geschäftsjahres gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern nachweist, dass sein Unternehmensgegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 Halbs. 1 REITG beschränkt ist (§ 2 Satz 2 REITG). Auch die Vermögens- und Ertragsanforderungen, die das REITG an die REIT-AG stellt, müssen von dem Vor-REIT erst zum Ende des dem Jahr der Anmeldung folgenden Geschäftsjahrs erstmalig erfüllt werden (§ 2 Satz 3 REITG). Bereits mit der Registrierung des Vor-REITs beim Bundeszentralamt für Steuern kann die steuerlich privilegierte Übertragung von Immobilen auf den Vor-REIT nach § 3 EStG (Exit Tax) erfolgen 3.
1 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 29. 2 Zur Vor-REIT ausführlich unter Rz. 77 ff. 3 Siehe dazu Schiessl, Rz. 836 ff.
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Eingang in die REIT-AG
(3) Die Börsenzulassung der Aktien des Vor-REITs ist grundsätzlich innerhalb von drei Jahren nach der Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern zu beantragen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 REITG). Diese Frist kann einmalig um ein Jahr verlängert werden, sofern „Umstände außerhalb des Verantwortungsbereichs des Vor-REITs“ diese Verlängerung rechtfertigen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 REITG)1. Erfolgt die rechtzeitige Börsenzulassung der Aktien nicht, so verliert die Gesellschaft ihren Vor-REIT-Status (§ 10 Abs. 3 Satz 1 REITG), der indes wieder auflebt, wenn die Zulassung erneut beantragt wird (§ 10 Abs. 3 Satz 2 REITG).
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(4) Nach Börsenzulassung der Aktien ist die Firma der REIT-AG beim zuständigen Gericht (d. i. das Amtsgericht, an welchem die REIT-AG ihren Satzungsmäßigen Sitz hat, §§ 14, 5 AktG) zum Handelsregister anzumelden (§ 8 REITG, § 181 Abs. 1 und Abs. 2 AktG). Da es sich bei einer REIT-AG registerrechtlich um eine „normale“ Aktiengesellschaft handelt, geht es hierbei letztlich (nur) um die (notwendige2) Eintragung der Firmenbestandteilsänderung von „AG“ zu – den Sonderstatus ausdrückenden Firmenzusatz – „REIT-AG“3. Das REITG enthält zu der Frage keine ausdrücklichen Bestimmung, welche Prüfungspflichten das Registergericht bei Eintragung der Firmenänderung hat 4 . Bei der Konturierung von Prüfungsrechten und -pflichten des Registergerichts ist zu berücksichtigen, dass die beantragte Firmenänderung nicht nur eine bloße Satzungsänderung, sondern eben auch Voraussetzung und Kurzzeichen für die Erlangung des Sonderstatuts der REIT-AG ist. Daher hat sich die Prüfung nicht nur auf die Zulässigkeit der Firma nach § 6 REITG zu erstrecken, sondern auch auf die sonstigen statutarischen Statusanforderungen wie Unternehmensgegenstand (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 REITG), Sitz der Gesellschaft (§ 9 REITG) sowie Entschädigungsregeln bei Beendigung der Steuerbefreiung (§ 18 Abs. 3 REITG). Als Prüfungsunterlage dient hierzu die Satzung, die der Anmeldung im vollständigen Wortlaut und mit einer Notarbescheinigung i. S. v. § 181 Abs. 1 Satz 2 AktG beizufügen ist5. Ferner hat sich die Prüfung des Registergerichts auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung (zu prüfen anhand einer entsprechenden Versicherung des Vorstandes) sowie auf die Börsenzulassung nach § 10 Abs. 1 REITG6 zu erstreben (zu prüfen anhand des Zulassungsbescheids). Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Aktionärszusammensetzung (Mindeststreubesitz nach § 11 Abs. 1 REITG und Aktienhöchstbeteiligung nach § 11 Abs. 4 REITG) gehören ebenso wenig zum Prüfungskanon wie die Einhaltung der Verhaltenspflichten (Mindestausschüttungspflicht nach § 13 REITG), Ausschluss des Immobilienhandels sowie bestimmter Dienstleistungserbringungen nach § 14) und der Vermögens- und Ertragsanforderungen (§§ 12, 15 REITG); die Einhaltung dieser Status-Anforderungen kann vom Registergericht auch praktisch nicht überprüft werden7. Bei be-
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1 Dazu Rz. 90–92. 2 Die Verwendung des Firmenzusatzes „REIT“ ist zwingend (§ 6 REITG); hierzu auch Rz. 104 ff. 3 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 29; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 54. 4 Vgl. auch Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 779/06, S. 8 f.; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (333): „Eine Klarstellung des Gesetzgebers hinsichtlich dieses Prüfungsumfanges wäre wünschenswert gewesen.“ 5 Zu in der Handelsregisteranmeldung beizufügenden Urkunden Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 13 ff. 6 Quass/Becker, AG 2007, 421 (434). Weitergehend Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (333); Sieker/Göckeler/Köster, DB 2007, 933 (934). 7 RegE BR-Drucks. 779/06, S. 7 f.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
gründeten Zweifeln kann das Registergericht nach § 12 FGG von Amts wegen eigene Ermittlungen anstellen und Beweise erheben. 59
Eine tabellarische Übersicht über das Prüfungsprogramm des Registergerichts bei Eintragung der Firma der REIT-AG ist nachfolgend abgedruckt: Prüfungsrecht des Registergerichts bei Eintragung der Firma der REIT-AG Möglicher Prüfungsgegenstand
Prüfungsrecht des Registergerichts
Nachweisunterlage
Unternehmensgegenstand (§ 1 Abs. 1 und 2 REITG)
✔
Satzung
Mindestnennbetrag des Grundkapitals (§ 4 REITG)
✔
Satzung
Aktienform (§ 5 Abs. 1 REITG)
✔
Satzung
Firma (§ 6 REITG)
✔
Satzung
Sitz und Geschäftsleitung (§ 9 REITG)
✔
Satzung/Versicherung des Vorstands
Börsenzulassung (§ 10 Abs. 1 REITG)
✔
Zulassungsbeschluss
Mindeststreubesitz (§ 11 Abs. 1 REITG)
٪
٪
Aktienhöchstbeteiligung (§ 11 Abs. 4 REITG)
٪
٪
Vermögens- und Ertragsanforderungen (§ 12 REITG) und Mindesteigenkapital (§ 15 REITG)
٪
٪
Mindestausschüttungspflicht (§ 13 REITG)
٪ ٪
٪ ٪
٪
Satzung
Ausschluss des Immobilienhandels (§ 14 REITG) und keine Durchführung entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 REITG) Entschädigungsregelung bei Beendigung der Steuerbefreiung (§ 18 Abs. 3 REITG)
Zum hiervon unabhängigen Prüfungsrecht des für die REIT-AG zuständigen Finanzamtes für steuerliche Zwecke Blaas/Ruoff, Rz. 648. 60
Die Handelsregisteranmeldung ist von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl (vgl. § 78 AktG) zu unterzeichnen1. Hierbei ist § 12 HGB anwendbar, d. h., die Handelsregisteranmeldung hat elektronisch in öffentlich beglaubigter Form (§ 129 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 39, 40 BeurkG) zu erfolgen. Bis zur Eintragung der angemeldeten Firmenänderung (= Satzungsänderung) können die anmeldeberech1 Beschl. FinanzA zu § 8 REITG, S. 54; Quass/Becker, AG 2007, 421 (434); Francke, MittBayNot 2007, 173 (178); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 8 REITG Rz. 3. Zur Zulässigkeit der Mitwirkung von Prokuristen und Bevollmächtigten vgl. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 6 f.
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Eingang in die REIT-AG
tigten Personen die Anmeldung ohne Angabe von Gründen zurücknehmen1. Im Hinblick auf die organschaftliche Verpflichtung zur Anmeldung der Satzungsänderung (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AktG i. V. m. § 83 Abs. 2 AktG)2 wird eine solche Rücknahme aber nur pflichtgemäß sein, wenn der Vorstand nachträglich einen Beschluss fasst, der Satzungsänderungsbeschluss aufgehoben wird oder sich der Satzungsänderungsbeschluss infolge Zeitablaufs erledigt hat 3. (5) Mit der Eintragung der Firmenänderung mit dem Bestandteil „REIT-AG“ in das Handelsregister wird (a) diese Satzungsänderung wirksam (§ 181 Abs. 3 AktG)4 und (b) die Aktiengesellschaft erlangt ihren Sonderstatus einer REIT-AG, oder verknappt ausgedrückt: Sie wird damit zur REIT-AG. Für den Wirksamkeitszeitpunkt von Satzungsänderung und Sonderstatuserlangung ist der Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich, deren Datum nach § 130 Abs. 1 FGG im Handelsregister zu vermerken ist5. Mit der Handelsregistereintragung beginnt auch die Steuerbefreiung des REITUnternehmens nach § 16 Abs. 1 REITG, die allerdings auf den Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem die REIT-AG unter ihrer Firma in das Handelsregister eingetragen wurde, zurückbezogen wird (§ 17 Abs. 1 REITG)6 . Bei REIT-Statuserlangung (und sogar Unternehmensgründung) im Jahr 2007 konnte ein Eintritt der Steuerprivilegierung daher noch zum 1.1.2007 erreicht werden. Aufgrund der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Registerrichters ist es somit möglich, dass auch eine solche REIT-AG die Steuerbefreiung erlangt, die in dem betreffenden Geschäftsjahr die Anforderungen etwa an die Streuung der Aktien, die Höchstbeteiligung, die Vermögenszusammensetzung oder die Eigenkapitalkriterien (noch) nicht erfüllt. In diesem Fall greifen allerdings die üblichen Sanktionstatbestände des REITG (dazu Rz. 168 ff.) ein7.
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Die fünf Schritte zur Erlangung des Sonderstatus einer REIT-AG sind in dem nachfolgenden Zeitstrahl beispielhaft aufgetragen. Dabei geht der Zeitstrahl für den ersten Schritt von der Erlangung der Rechtsform der Aktiengesellschaft durch Formwechsel einer immobilientragenden GmbH aus (Wirksamkeit des Formwechsels mit Eintragung im Handelsregister, vgl. § 202 Abs. 1 UmwG).
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1 Vgl. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 20; vgl. auch OLG Hamburg v. 19.9.1994 – 11 U 62/4, AG 1994, 566 f. 2 Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 9 m. w. N. 3 Vgl. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 Rz. 20; vgl. auch OLG Hamburg v. 19.9.1994 – 11 U 62/4, AG 1994, 566. 4 Zur konstitutiven Wirkung der Handelsregistereintragung im Innen- und Außenverhältnis z. B. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 34; Hüffer, § 181 AktG Rz. 23; Stein in MünchKomm. AktG, § 181 AktG Rz. 70. 5 Vgl. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 181 AktG Rz. 35; Hüffer, § 181 AktG Rz. 24; Stein in MünchKomm. AktG, § 181 AktG Rz. 70. 6 Hierzu Blaas/Ruoff, Rz. 645–657. 7 Zum Ganzen s. auch Quass/Becker, AG 2007, 421 (435).
Seibt
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Vom Vor-REIT zur REIT-AG: Zeitablauf
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2. REIT-Statuserlangung bei bestehender AG/SE 63
Eine bereits eingetragene Aktiengesellschaft (oder Societas Europaea), insbesondere eine Immobilienaktiengesellschaft, erlangt dadurch den Sonderstatus der REIT-AG, dass sie die Status-Anforderungen des REITG erfüllt1. Da zu den Status-Anforderungen stets eine Änderung der Firma (vgl. § 6 REITG) sowie regelmäßig Anpassungen des Unternehmensgegenstandes und die Einführung einer Entschädigungsregel bei Beendigung der Steuerbefreiung (§ 18 Abs. 3 REITG) erforderlich sind, besteht insoweit die Notwendigkeit einer Satzungsänderung und damit eines Hauptversammlungsbeschlusses2 . Dieser Hauptversammlungsbeschluss ist grundsätzlich mit mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals sowie der einfachen Mehrheit zu fassen (§ 179 Abs. 2 AktG); die Wahl des REIT-Status ist keine Änderung des Gesellschaftszwecks, so dass eine einstimmige Beschlussfassung (§ 33 Abs. 1 BGB analog) nicht erforderlich ist 3. Ist die Aktiengesellschaft bislang noch nicht börsennotiert i. S. v. 3 Abs. 2 AktG, so ist hierfür nach zutreffender Auffassung ein sog. Börseneintrittsbeschluss der Hauptversammlung erforderlich, der allerdings im Zweifel im regelmäßig mit der Börseneinführung verbundenen Kapitalerhöhungsbeschluss impliziert ist 4 .
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Die Gesellschaft hat des weiteren zu beachten, dass sie den Vorgaben des § 12 REITG entsprechen muss. Eine ggf. erforderliche Anpassung kann in tatsächlicher Hinsicht entweder durch den Erwerb oder die Einbringung von Immobilien oder durch die
1 Vgl. hierzu Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1178). – Bei einem Wechsel von einer steuerpfl ichtigen Immobilien-Aktiengesellschaft zu einem steuerbefreiten REIT sind die stillen Reserven aufzudecken (§ 13 Abs. 1 und 3 KStG); hierbei gilt für die stillen Reserven in Grund und Boden und Gebäuden die gleiche Begünstigung wie bei der Veräußerung an eine REIT-AG (Exit Tax; vgl. § 17 Abs. 2 REITG i. V. m. § 3 Nr. 70 und 3c Abs. 3 EStG). Hierzu Schiessl, Rz. 836 ff. 2 Vgl. auch Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1178). 3 So auch Hahn, ZGR 2006, 805 (823 f.). 4 Hierzu Seibt in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, 2001, S. 37 (61).
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Eingang in die REIT-AG
Veräußerung von Vermögensbestandteilen erfolgen, die nicht zum unbeweglichen Vermögen gehören. Beträgt das Grundkapital der bestehenden Aktiengesellschaft weniger als 15 Mio. Euro (§ 4 REITG) so ist die Durchführung einer Kapitalerhöhung nach den §§ 182 ff. AktG (u. a. Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses) notwendig.
65
Die Statuserlangung als REIT-AG löst keine neue zweijährige Frist für Nachgründungsvorgänge (§ 52 AktG) oder für das Spaltungsverbot (§ 141 UmwG) aus. Für beide Fälle kommt es alleine auf die erstmalige Eintragung des Unternehmens als Aktiengesellschaft (oder Societas Europaea) im Handelsregister an.
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3. Neugründung einer AG Die Neugründung einer REIT-AG richtet sich im Grundsatz nach denselben Bestimmungen wie die Gründung einer „normalen“ Aktiengesellschaft. Allerdings müssen mit Eintragung des Unternehmens als REIT-AG (also nach einem Börsengang, da erst mit der Börsenzulassung der Aktien die Voraussetzungen für den Firmenzusatz „REIT-AG“ vorliegen) die statutarischen Status-Anforderungen vorliegen, also beispielsweise müssen das Grundkapital EUR 15 Mio. betragen (§ 4 REITG) und nur stimmberechtigte Aktien gleicher Gattung ausgegeben sein. Die Gründung der REIT-AG kann im Wege einer Bar- oder einer Sachgründung erfolgen. Bei der Bargründung wird das erforderliche Grundkapital in Geld aufgebracht, wobei eine Pflicht zur Volleinzahlung besteht und demnach die Aktien nur gegen die volle Leistung des Ausgabebetrages ausgegeben werden. Nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister muss diese dann das zur Erfüllung der Vermögensanforderung i. S. v. § 12 Abs. 2 REITG erforderliche Immobilienvermögen erwerben. Dabei sind insbesondere drei Aspekte zu beachten:
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(1) Erwirbt die Gesellschaft von den Gründern der Aktiengesellschaft oder von mit mehr als 10 % des Grundkapitals an der Gesellschaft beteiligten Aktionären Vermögensgegenstände für eine Vergütung, die den Betrag von 10 % des Grundkapitals innerhalb der ersten zwei Jahre seit der Handelsregistereintragung der Gesellschaft übersteigt, so finden im Grundsatz die Nachgründungsvorschriften gemäß § 52 AktG Anwendung. Dies hat zur Folge, dass der Vertrag u. a. der Prüfung durch den Aufsichtsrat (§ 52 Abs. 3 AktG), durch einen Nachgründungsprüfer (§ 52 Abs. 4 AktG) sowie eines Hauptversammlungsbeschlusses mit qualifi zierten Mehrheitserfordernissen bedarf (§ 52 Abs. 5 AktG). Von diesen besonderen Nachgründungsvorschriften des § 52 Abs. 1 bis Abs. 8 AktG dispensiert § 52 Abs. 9 1. Var. AktG den „Erwerb [von] Vermögensgegenstände[n] im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft“. Die Auslegung dieser Ausnahmevorschrift ist umstritten: Nach einem weiteren Begriffsverständnis handelt es sich bei „laufenden Geschäften“ um solche „gewöhnlicher Art“, die mit einem bestimmten Unternehmenstyp verbunden sind (vgl. § 116 Abs. 1 HGB)1; ein engeres Normverständnis hält nur solche alltäglichen Geschäfte für von der Ausnahmevorschrift erfasst, bei welchen keine besonderen Risiken für die Interessen von Gesellschaftsgläubigern und Aktionären in Bezug auf die Kapitalausstattung der Aktiengesellschaft zu besorgen sind2 . Allerdings ist un-
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1 Für eine Auslegung in Anlehnung an § 116 Abs. 1 HGB zur Vorgängervorschrift (bis 2001) z. B. Dohrmann/Fromholzer, AG 2001, 246; Hartmann/Barcaba, AG 2001, 437 (441); Pentz, NZG 2001, 346 (352). 2 So insbes. Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 52 AktG Rz. 4; ähnlich Hüffer, § 52 AktG Rz. 18.
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abhängig von diesem Auslegungsstreit anerkannt, dass der Erwerb von Immobilien durch eine Grundstücksgesellschaft nachgründungsfrei ist, soweit dies der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG vorsieht1. Damit sollte im Regelfall die Einhaltung der besonderen Nachgründungsvorschriften entbehrlich sein. 69
(2) Unabhängig hiervon ist allerdings bei der Bargründung das Rechtsinstitut der verdeckten Sacheinlage zu beachten. Danach liegt eine Umgehung der Sachgründungsvorschriften vor, wenn in objektiver Hinsicht diese Bestimmungen dadurch umgangen werden, dass eine Bareinlage vereinbart ist, die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung aber eine Sacheinlage erhält, und in subjektiver Hinsicht eine entsprechende Abrede hierüber besteht (ausreichend ist allerdings eine stillschweigende Billigung hierüber)2 . Das Vorliegen eines sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs (die Praxis orientiert sich an einem Zeitraum von etwa 6 Monaten 3) zwischen Zahlung des Einlagebetrages und der Vornahme des Gegengeschäftes begründet nach zutreffender h. M. die Vermutung für das Vorliegen einer auf die Umgehung der Sachgründungsvorschriften gerichteten Abrede zwischen den Beteiligten4 . Um diese Regelvermutung zu widerlegen, muss der beweispflichtige Gründer/ Inferent nachweisen, dass es sich bei dem vorgenommenen Gegengeschäft eindeutig um ein Verkehrsgeschäft handelte5. Die Rechtsfolgen einer solchen verdeckten Sacheinlage sind das Fortbestehen der Bareinlagepflicht und die Nichtigkeit von Sacheinlagevereinbarung und Vollzugsgeschäft; dem Gründer/Inferenten steht hinsichtlich der Bareinlagepflicht weder ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB gegenüber der Aktiengesellschaft zu, noch kann er hiergegen gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG aufrechnen6 . Für die Rückabwicklung der hingegebenen Sachen gelten neben § 812 BGB auch §§ 985, 987 ff. BGB, nicht aber § 62 AktG7. Gegenüber diesen Rückabwicklungsansprüchen steht der Aktiengesellschaft angesichts der fortbestehenden Bareinlageschuld ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB zu; im übrigen gelten die Grundsätze der Saldotheorie.
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(3) Schließlich ist das Spaltungsverbot nach § 142 UmwG zu berücksichtigen, demzufolge eine Aktiengesellschaft (oder Societas Europaea), die noch nicht zwei Jahre im Handelsregister eingetragen ist, nicht gespalten werden kann. Demnach kann Immobilienvermögen aus der neu gegründeten Aktiengesellschaft auf Tochtergesellschaften in diesem Zweijahreszeitraum nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf Schwester- oder Tochtergesellschaften übertragen werden.
1 So Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 52 AktG Rz. 44; Hüffer, § 52 AktG Rz. 18; Pentz in MünchKomm. AktG, § 52 AktG Rz. 55; zum früheren Recht auch RG v. 24.6.1910 – 692/09 II, JW 1910, 800. 2 Hierzu z. B. Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 27 AktG Rz. 51 f. 3 Vgl. OLG Köln v. 2.2.1999 – 22 U 116/98, ZIP 1999, 399 (400); Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 27 AktG Rz. 52; Pentz in MünchKomm. AktG, § 27 AktG Rz. 96. 4 BGH v. 21.2.1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 (143 f.); BGH v. 4.3.1996 – II ZR 89/95, BGHZ 132, 133 (139); BGH v. 2.12.2002 – II – ZR 101/02, BGHZ 153, 107 (109); BGH v. 16.1.2006 – II ZR 76/04, GmbHR 2006, 477 Rz. 13; Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 27 AktG Rz. 52; Hüffer, § 27 AktG Rz. 14; Pentz in MünchKomm. AktG, § 27 AktG Rz. 96. 5 Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 27 AktG Rz. 52. 6 Hierzu ausführlich Pentz in MünchKomm. AktG, § 27 AktG Rz. 99; Röhricht in Großkomm. AktG, § 27 AktG Rz. 193. 7 BGH v. 9.7.2007 – II ZR 62/06, ZIP 2007, 1751 (1753); Bayer in K. Schmidt/Lutter, § 27 AktG Rz. 56.
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Eingang in die REIT-AG
Bei der Sachgründung wird das erforderliche Grundkapital hingegen durch die Einbringung von Vermögensgegenständen erbracht, bei einer REIT-AG also typischerweise durch die Einlage von Immobilien bzw. Anteilen an Immobiliengesellschaften1. In Bezug auf diese Einlagegegenstände muss eine vollständige Leistung erfolgen. Die Einbringung von Immobilien gegen Gewährung von Aktien einer REIT-AG fällt unter die Exit Tax-Regelung des § 3 Nr. 7 EStG und ist demgemäß steuerlich insoweit privilegiert, als die infolge der Einbringung aufgedeckten stillen Reserven zur Hälfte von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer befreit sind2 . Auch bei der Sachgründung sind im Einzelfall die Nachgründungsvorschriften des § 52 AktG und in jedem Fall das Spaltungsverbot des § 141 UmwG zu beachten.
71
4. Formwechsel in die Rechtsform der AG/SE Die REIT-AG kann auch durch eine formwechselnde Umwandlung (Formwechsel i. S. v. § 190 UmwG) entstehen 3. Der Statuswechsel von der „normalen“ Aktiengesellschaft zur REIT-AG oder umgekehrt ist kein Formwechsel i. S. v. § 190 UmwG und auch kein dem Formwechsel entsprechender Vorgang, da die Rechtsform der Aktiengesellschaft von dem Statuswechsel unberührt bleibt und die Status-Anforderungen auch nicht von einer solchen Qualität sind, dass diese als eine Art umfassende Sonderrechtsmaterie (wie dies beispielsweise beim Recht der börsennotierten/ kapitalmarktnahen Aktiengesellschaften der Fall ist)4 . Für die Inanspruchnahme der Exit Tax ist im Fall des Formwechsels in eine REIT-AG lediglich eine Vorbesitzzeit von zwei Jahren – und nicht von fünf Jahren wie bei der Veräußerung von Grundstücken an einen (Vor-)REIT erforderlich (vgl. § 3 Nr. 70 Satz 1b) EStG).
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Bei einem Formwechsel einer Personen- oder Kapitalgesellschaft in eine Aktiengesellschaft wird diese zur REIT-AG, wenn und sobald sie die Status-Anforderungen des REITG erfüllt. Geschlossene Immobilienfonds, die in der Regel in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Kommanditgesellschaft organisiert sind5, haben mit dem Rechtsinstitut des Formwechsels eine juristisch-technisch einfache Struktur eine, sich in steuerprivilegierte REIT-AG umzuwandeln6 . Ein wesentlicher Vorteil eines Formwechsels im Gegensatz etwa zur Verschmelzung oder Spaltung einer bestehenden Immobiliengesellschaft auf eine REIT-AG liegt in dem Umstand begründet, dass dieser keine Grunderwerbsteuer auslöst7. Ist die Zivilrechtsform eine Societas Euopaea (REIT-SE), dann ist ein doppelter Formwechsel mit den Schritten (1) Formwechsel in die Rechtsform der AG und (2) Formwechsel in die Rechtsform der SE erforderlich, es sei denn, die Ausgangsrechtsform ist bereits die AG (vgl. Art. 37 SE-VO)8 .
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1 Hierzu auch Münchow/Götz in Striegel, § 4 REITG Rz. 5 ff.; vgl. auch Kiethe, ZfIR 2005, 745 (750): Der G-REIT als „Exit-Lösung“ für offene Immobilienfonds. 2 Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 (840); siehe auch Schiessl, Rz. 836 ff. 3 Vgl. auch Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 (840 f.); Haritz/Asmus, AG 2007, 76 (77 ff.); Schacht/Gänsler, DStR 2006, 1518 (1520, 1522 f.). 4 I. E. ebenso Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1178). 5 Franck, MittBayNot 2007, 173. 6 Hierzu z. B. Reichel in Handelsblatt v. 30.4.2007, S. 26 („Immobilien neu verpackt“). 7 Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 (840 f.) – Zur Grunderwerbsteuerfreiheit des Formwechsels klarstellend BFH v. 4.12.1996, BStBl. II 1997, 662. 8 Hierzu Seibt in Lutter/Hommelhoff, Art. 37 SE-VO Rz. 8.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
5. Verschmelzung und Spaltung auf/zur AG/SE 74
Eine weitere Gründungsmöglichkeit liegt in der Verschmelzung einer bestehenden Gesellschaft auf eine Aktiengesellschaft mit nachfolgendem Statuswechsel in die REIT-AG1 sowie auf eine bereits bestehende REIT-AG (beides im Wege der Aufnahme gemäß § 2 Nr. 1 UmwG durch Übertragung des Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die (REIT-)Aktiengesellschaft). Bei der Verschmelzung ist zu beachten, dass der übertragende Rechtsträger (z. B. eine Immobilien-GmbH) ein immobilienhaltendes Unternehmen mit einer geeigneten Anteilseignerstruktur sein muss, damit die Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger (REIT-AG) nicht zu einer Verletzung der REIT-Statusanforderung im Hinblick auf die Vermögensund Ertragsanforderungen sowie die Beteiligungsstruktur führt2 . Allerdings kann mit der Verschmelzung auch eine weitere (Bar-)Kapitalerhöhung gekoppelt werden, um die Anteilseignerstruktur im Rahmen der REIT-Anforderung zu halten. Sind im Vermögen des übertragenden Rechtsträgers stille Reserven vorhanden, löst die Verschmelzung eine begünstigte Besteuerung nach § 3 Nr. 70 EStG beim umwandelnden Rechtsträger aus3. Neben der Verschmelzung zur Aufnahme besteht – in der Praxis insbesondere für kleinere Immobilienunternehmen – auch die Möglichkeit, sich zu verschmelzen und hierbei zugleich eine neue (REIT-)Aktiengesellschaft zu gründen (Verschmelzung im Wege der Neugründung, § 2 Nr. 2 UmwG). Dieser Strukturierungsweg wird dann in Betracht kommen, wenn ein Immobilienunternehmen für sich genommen, beispielsweise aufgrund mangelnder Unternehmens(wert)größe den Anforderungen des REITG (z. B. Mindestgrundkapital) oder des Kapitalmarktes (Unternehmenswert und Handelsliquidität) nicht gerecht wird, so dass zunächst eine Kombination mit einem weiteren Unternehmensträger für den Betrieb einer REIT-AG notwendig ist 4 . Bei der Verschmelzung im Wege der Neugründung gilt im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften (§ 52 AktG) und des Spaltungsverbots nach § 141 UmwG das Gleiche wie bei der Sachgründung einer Aktiengesellschaft (Rz. 71).
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Eine (REIT-)Aktiengesellschaft kann schließlich auch durch Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) von Immobilienvermögen auf eine bereits bestehende Aktiengesellschaft oder eine hierdurch gegründete Aktiengesellschaft (die jeweils nachfolgend den REIT-Status erlangen) entstehen. Das Immobilienvermögen geht hierbei wie bei der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über und die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers werden qua Gesetzes auch die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers. Es gelten damit im Grundsatz die Aussagen zur Verschmelzung auf eine Aktiengesellschaft entsprechend5. In der Praxis wird eine Abspaltung etwa bei immobilienhaltenden Unternehmen in Frage kommen, die ihren Immobilienstand in eine REIT-AG bündeln (und ggf. mittelbar teilweise zu veräußern), um das in den stillen Reserven gebundene Immobilien-Eigenkapital zu mobilisieren und das durch die Abspaltung freigewordene Kapital in das Kerngeschäft des Unternehmens zu investieren6 . Eine Ausgliederung von Immobilienvermögen in eine Tochtergesellschaft mit der Rechtsform der Aktiengesellschaft (§ 123 Abs. 3 UmwG) kann ebenso in Betracht kommen, 1 2 3 4 5 6
Hierzu Haritz/Asmus, AG 2007, 76 (77 ff.). Vgl. Haritz/Asmus, AG 2007, 76 (77). Kiethe, ZfIR 2005, 745 (750); Schultz/Thießen, DB 2006, 2144 (2146 f.). Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. Vgl. Haritz/Asmus, AG 2007, 76 (79). Vgl. Kiethe, ZfIR 2005, 745 (750).
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Rechtsnatur und Statusanforderungen der Vor-REIT
allerdings muss es hierfür zwingend zur Erlangung des REIT-Status zu einer nachfolgenden Aktienübertragung oder Kapitalerhöhung kommen, um die Streubesitzanforderungen erfüllen zu können. Aktiengesellschaften, die noch nicht 2 Jahre im Handelsregister eingetragen sind, können nicht gespalten werden (Spaltungsverbot; § 141 UmwG). Dies ist insbesondere bei mehrstufigen Transaktionsstrukturen zu berücksichtigen.
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III. Rechtsnatur und Statusanforderungen der Vor-REIT 1. Rechtsnatur Eine Innovation des REITG ist die Regelung eines Vor-REIT. Nach der Legaldefinition in § 2 Satz 1 REITG ist ein Vor-REIT „eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Geltungsbereich [des REITG], die beim Bundeszentralamt für Steuern als Vor-REIT registriert ist“1. Es handelt sich also um eine besondere Form der (Immobilien)Aktiengesellschaft, die im Regelfall – aber rechtlich nicht zwingend2 – eine Vorstufe zur (eigentlichen) REITAG darstellt und die bereits die Möglichkeit zur steuerbegünstigten Aufdeckung stiller Reserven bzw. zur steuerlich privilegierten Übertragung von Immobilien bietet 3. Der Vor-REIT ist keine Vor-AG im gesellschaftsrechtlichen Sinn, also keine Gesellschaft (juristische Person) in der Zeit zwischen der Errichtung einer Aktiengesellschaft und ihrer Eintragung in das Handelsregister, sondern eine bereits im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft. Die Regelung eines Sonderstatus eines Vor-REITs war nach Ansicht des Gesetzgebers notwendig, um auch solche Aktiengesellschaften bei der Aufdeckung stiller Reserven steuerlich zu privilegieren, die zwar an einer Fortentwicklung in einer REIT-AG arbeiten, aber noch nicht alle hierfür erforderlichen Statusvoraussetzungen erfüllen4 . Diese gesetzgeberische Intention der möglichst kurzfristigen Mobilisierung von Immobilienvermögen mit Schaffung einer neuen Anlageklasse von Immobilienaktiengesellschaften mit hoher Aktienfungibilität ist unterstützenswert und rechtstechnisch zweckmäßig umgesetzt.
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Zur Erlangung des Sonderstatus eines Vor-REIT bedarf es in einer ersten Phase lediglich der Erfüllung zweier Voraussetzungen, nämlich (1) die Unternehmensführung in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder – in verständiger Auslegung (Rz. 42) – der Societas Europaea und (2) die Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern. Erst in einer zweiten Phase müssen der Unternehmensgegenstand sowie die Vermögens- und Ertragsanforderungen der REIT-AG auch von dem Vor-REIT erfüllt sein, nämlich bis zum Ende des dem Jahr der Registrierung als Vor-REIT nachfolgenden Geschäftsjahres. In einer dritten Phase (die regelmäßig 3 Jahre nach Registrierung als Vor-REIT endet) werden ihre Aktien zum Börsenhandel zugelassen. Die weiteren REIT-Statusanforderungen muss der Vor-REIT nicht erfüllen. Hierfür gelten weder Vorgaben zur Anteilseignerstruktur, noch zum Mindestgrundkapital (§ 4 REITG), noch zur Aktienform (§ 5 Abs. 1 REITG), noch die Mindestei-
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1 Hierzu auch Weinand-Härer, Börsen-Zeitung v. 21.2.2007, S. 2 sowie Franck, MittBayNot 2007, 173 (178): „Der Vor-REIT ist ein Novum in der internationalen REIT-Landschaft.“ 2 Ein REIT kann auch ohne das Durchgangsstadium Vor-REIT-AG entstehen; so auch Striegel in Striegel, § 17 REITG Rz. 36. 3 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. S. auch Schiessl, Rz. 865–867. 4 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19; zustimmend Lamberti, FAZ v. 29.3.2007, S. 22 („attraktive Innovation“).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
genkapitalquote (§ 15 REITG), noch die Mindestausschüttungsquote (§ 13 REITG), noch die Beschränkung der Geschäftsführung bei Immobilienhandel und der Erbringung entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen (§ 14, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 REITG). Dieses austarierte System der drei Phasen – (1) zu erfüllende Anforderungen ab initio, (2) bis zum Ende des dem Jahr der Registrierung als VorREIT nachfolgenden Geschäftsjahres zu erfüllende Anforderungen und (3) bis spätestens 3 Jahre nach Registrierung als Vor-REIT zu erfüllende Anforderungen – erreicht das gesetzgeberische Ziel und ermöglicht es Immobilienaktiengesellschaften, die Struktur ihres Immobilienbestandes innerhalb eines im Grundsatz dreijährigen Übergangszeitraums an die Statusanforderungen des REITG anzupassen und in dieser Zeit insbesondere die steuerliche Privilegierung der Exit Tax (§ 3 Nr. 70 EstG)1 wahrzunehmen. 79
Der Vor-REIT ist unbeschränkt körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Die Exit Tax findet allerdings auf die Gewinne aus Immobilienveräußerungen an Vor-REITs gleichermaßen Anwendung, wie bei Veräußerungen an eine REIT-AG (§ 3 Nr. 70 EStG). Der Vor-REIT wird so in die Lage versetzt, in Immobilien liegende stille Reserven steuerbegünstigt aufzudecken 2 . Aufgrund der Steuerersparnis ist es für potenzielle Verkäufer von Immobilien zudem günstiger, an einen Vor-REIT (oder einen REIT) zu veräußern, als an eine klassische Immobilien-AG3. Vor-REITs haben danach insbesondere als Erwerbsvehikel Bedeutung. Sollte der Vor-REIT-Status nachträglich verloren gehen oder 4 Jahre nach Kauf der Immobilien keine REIT-AG gegründet worden sein, so muss die Exit Tax nachgezahlt werden4 . Der Käufer haftet hierbei gesetzlich für die Nachzahlung (§ 3 Nr. 70 EStG).
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Die unterschiedlichen Statusanforderungen an Vor-REIT und REIT-AG sowie das gesetzgeberische Drei-Phasen-Modell werden aus der nachfolgenden Übersicht deutlich: Sachgegenstand
Vor-REIT
REIT-AG
✔
✔
[✔]
✔
Mindest-Grundkapital (§ 4 REITG)
o
✔
Aktienform (§ 5 Abs. 1 REITG)
o
✔
Firma: Zusatz REIT (§ 6 REITG)
o
✔
Sitz- und Geschäftsleitung (§ 9 REITG)
o
✔
[✔✔]
✔
o
✔
[✔]
✔
o
✔
Rechtsform: Aktiengesellschaft Unternehmensgegenstand (§ 1 Abs. 1 und 2 REITG)
Börsenzulassung der Aktien (§ 10 Abs. 1 REITG) Mindestaktienstreuung (§ 11 REITG) Vermögens- und Ertragsanforderungen (§ 12 REITG) Mindesteigenkapitalquote (§ 15 REITG)
1 Hierzu Schiessl, Rz. 836 ff. 2 Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (102); vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 67; Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 (840); Schultz/Thießen, DB 2006, 2144 (2146); Schiessl, Rz. 867. 3 Weinand-Härer, Börsen-Zeitung v. 21.2.2007, S. 2; kritisch Schick, Börsen-Zeitung v. 2.11.2006, S. 2. 4 Hierzu Schiessl, Rz. 858.
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Rechtsnatur und Statusanforderungen der Vor-REIT
Sachgegenstand
Vor-REIT
REIT-AG
Mindestausschüttungsquote (§ 13 REITG)
o
✔
Beschränkungen der Geschäftsführung (Verbot des Immobilienhandels, § 14 REITG; Verbot entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 REITG)
o
✔
✔ = Voraussetzung zu erfüllen
[✔] =Voraussetzung ist zum Ende des dem Jahr der Registrierung als Vor-REIT nachfolgenden Geschäftsjahres zu erfüllen
[✔✔] = Voraussetzung ist innerhalb von drei Jahren nach Anmeldung [= Registrierung] als Vor-REIT zu erfüllen
o = Voraussetzung nicht zu erfüllen
2. Statusanforderungen Die in § 2 Satz 1 REITG für den Vor-REIT in den jeweiligen Phasen vorausgesetzten Statusanforderungen werden nachfolgend im einzelnen erläutert (Rz. 82–92).
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a) Rechtsform der Aktiengesellschaft und Sitz Nach § 2 Satz 1 REITG ist der Vor-REIT „eine Aktiengesellschaft“ mit Sitz in Deutschland. Auch die Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) mit Sitz in Deutschland ist – genauso wie bei der REIT-AG (Rz. 42 ff.) – eine taugliche Rechtsform. Problematisch ist hingegen, ob es auch bereits eine VorAG, also eine Gesellschaft, bei der die Gründer den Errichtungsvertrag mit Feststellung der Satzung vereinbart und alle Aktien übernommen haben (§ 29 AktG) allerdings die Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister (§ 39 AktG) noch aussteht, beim Bundeszentralamt für Steuern als Vor-REIT registriert werden kann. Dagegen spricht, dass die Vor-AG zwar nach zutreffender Auffassung eine juristische Person ist1, aber dennoch keine Aktiengesellschaft ist (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG). Allerdings spricht vor allem die teleologische Erwägung für eine Registrierungsfähigkeit von Vor-Aktiengesellschaften als Vor-REIT, das auch die Vor-AG bereits Körperschaftsteuersubjekt ist und die gesetzgeberische Intention einer möglichst frühzeitigen Mobilisierung von Immobilienvermögen dadurch sogar unterstützt wird. In der Praxis wird die Relevanz der Registrierung einer Vor-AG als Vor-REIT allerdings wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter sowie der Organhaftung (sog. Handelndenhaftung, § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG) bei der Vor-AG gering sein.
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In Abweichung von § 9 REITG („Die REIT-Aktiengesellschaft muss ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Inland haben“) bestimmt § 2 Satz 1 REITG für den VorREIT nur einen „Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes“, ohne zwischen Satzungssitz und Sitz der tatsächlichen Geschäftsleitung zu unterscheiden. Dies erklärt sich bis zum Inkrafttreten des MoMiG2 vor dem Hintergrund des § 5 AktG, der einen ausländischen Sitz der tatsächlichen Geschäftsleitung bislang verhindert. Da der Vor-REIT anders als die REIT-AG nicht von der Körperschaft- und Gewerbesteuer
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1 Drygala in K. Schmidt/Lutter, § 41 AktG Rz. 5; K. Schmidt in Großkomm. AktG, § 41 AktG Rz. 42. 2 RegE eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23.5.2007, BT-Drucks. 16/6140 (vgl. dazu unten Rz. 98).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
befreit ist, gibt es kein Bedürfnis, § 2 Satz 1 REITG im Lichte von § 9 REITG auszulegen1; es ist hier alleine der Satzungssitz in Deutschland vorausgesetzt. b) Unternehmensgegenstand 84
Der Unternehmensgegenstand des Vor-REIT entspricht im Grundsatz dem der REIT-AG. Allerdings bleibt dem Vor-REIT bis zum Ende des auf die Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern folgenden Geschäftsjahres Zeit, seinen Unternehmensgegenstand entsprechend § 1 Abs. 1 REITG auszugestalten (§ 2 Satz 2 REITG). So ist es einer Immobilienaktiengesellschaft als Vor-REIT z. B. möglich, inländische Bestandsmietwohnimmobilien, die sich noch in ihrem Immobilienportfolio befinden, in dieser ein- bis zweijährigen Übergangsphase zu veräußern und damit die Vermögensstruktur an die Vorgaben des REITG anzupassen. Auch das unterstützt das gesetzgeberische Ziel einer möglichst kurzfristigen Mobilisierung von Immobilienvermögen 2 . c) Finanzverfassung
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Die in § 12 REITG geregelten Anforderungen an die Vermögens- und Ertragsstruktur einer REIT-AG müssen von einem Vor-REIT ebenfalls erst zum Ende des dem Jahr der Registrierung als Vor-REIT folgenden Geschäftsjahres und danach jeweils zum Ende eines jeden weiteren Geschäftsjahres erfüllt sein (§ 2 Satz 3 REITG). Dies ermöglicht insbesondere neu gegründeten Aktiengesellschaften, die noch nicht über den erforderlichen Immobilienstand verfügen, sondern diesen erst mit dem steuerprivilegierten Status einer Vor-REIT erwerben wollen, ihre Vermögens- und Ertragsstruktur innerhalb des ein- bis zweijährigen Übergangszeitraums an die Anforderungen des § 12 REITG anzupassen. Beim Verständnis der Vermögens- und Ertragsanforderung nach § 12 REITG gibt es keine Abweichung zwischen Vor-REIT und REIT-AG. d) Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern
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Für die Erlangung des Sonderstatus einer Aktiengesellschaft als Vor-REIT ist die Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern „als Vor-REIT“ erforderlich (§ 2 Satz 1 REITG). Ein Musterantrag auf Registrierung ist in Teil II, Formular 5 (Rz. 1013) enthalten. Der Antrag muss nur zu erkennen geben, dass der Antragsteller eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland ist, wobei zum Nachweis dieses Erfordernisses die Übermittlung eines aktuellen Handelsregisterauszuges zweckmäßig ist. Der Antrag ist von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl zu unterschreiben; bei Gesamtvertretung ist eine Vertretung durch Prokuristen möglich, in jedem Fall ist auch eine Bevollmächtigung Dritter zulässig. Der Vor-REIT hat bis zum Ende des auf die Registrierung folgenden Geschäftsjahres nachzuweisen, dass sein Unternehmensgegenstand i. S. d. § 1 REITG beschränkt ist (§ 2 Satz 2 REITG). Im Hinblick auf die Vermögens- und Ertragsstruktur i. S. d. § 12 REITG ist ein solcher Nachweis nur dann erforderlich, wenn eine diesbezügliche Aufforderung des Bundeszentralamtes für Steuern an den Vor-REIT ergeht (§ 2 Satz 3 REITG).
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Die Registrierung eines Unternehmens als Vor-REIT beim Bundeszentralamt für Steuern (oder deren Versagung) ist ein Verwaltungsakt i. S. v. § 118 Satz 1 AO3, der 1 Ebenso Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 2 REITG Rz. 3. 2 van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787 (788). 3 Ebenso Weger in Striegel, § 2 REITG Rz. 12.
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Rechtsnatur und Statusanforderungen der Vor-REIT
mit einem Einspruch i.S.v. § 347 AO angefochten werden kann. Bei einer Versagung des Status als Vor-REIT wird das betroffene Unternehmen in der Praxis die Klärung im einstweiligen Rechtschutz (§ 114 Abs. 1 Satz 1 VGO) suchen. Für die Rücknahme und den Widerruf der Registrierung als Vor-REIT gelten die Vorschriften der §§ 130 und 131 AO. e) Firma Die Bezeichnungen „REIT“, „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „Real Estate Investment Trust“ genießen Bezeichnungsschutz und dürfen nach § 7 REITG von einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland nur dann in ihrer Firma oder als Zusatz zu dieser geführt werden, „wenn sie eine REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des [REITG] ist und die Voraussetzungen der §§ 8 bis 15 [REITG] erfüllt“. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung wäre es dem Vor-REIT untersagt, sich in seiner Firma als solcher zu bezeichnen1; erst mit Erlangung des REIT-Status durch Eintragung der Firma der REIT-AG nach § 8 REITG dürfte (und müsste) die hierdurch ihren Sonderstatus als Vor-REIT verlierende Aktiengesellschaft als REIT-AG firmieren. Allerdings wird man § 7 REITG teleologisch in der Weise zu reduzieren haben, dass diese Bestimmung keine Firmierung eines Vor-REIT mit dem Firmenbestandteil „Vor-REIT“ ausschließt. Denn durch die Bezeichnung „Vor-REIT“ wird gerade nicht der Eindruck im Rechtsverkehr erweckt, bei dem Unternehmen handele es sich um eine „fertige“ REIT-AG2 .
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Der in § 7 REITG geregelte Bezeichnungsschutz schließt es weiter nicht aus, dass ein Unternehmen auf seine Pläne zur Erlangung des Status einer REIT-AG im Geschäftsverkehr hinweist. Das ergibt sich vor allem aus einem Vergleich mit § 3 InvG und der Gesetzgebungsgenese von § 7 REITG, da der an § 3 InvG angelehnte3 Vorentwurf zu § 7 REITG über die jetzige Wortlautfassung hinausging und vorsah, dass die Bezeichnung „REIT“ auch zu Geschäfts- und Werbezwecken nur von REIT-AG geführt werden dürfte 4 . Ein umfassendes Verbot, die Bezeichnung „REIT“ zu Geschäfts- oder Werbezwecken zu führen, führte zu erheblichen Marktverwerfungen für Vor-REIT und andere Immobilien-Aktiengesellschaften, die die Erlangung des Status einer REIT-AG anstreben. Denn die REIT-AG kann frühestens eine juristische Sekunde nach der Börsenzulassung der Immobilien-Aktiengesellschaft und damit nach Billigung des erforderlichen Wertpapierprospekts entstehen, so dass bei formalem Verständnis von § 7 REITG-RegE die Ankündigung und Werbung von Plänen zur Erlangung des Status der REIT-AG unzulässig gewesen wäre. Zudem ist auch ein Marktinteresse jedenfalls bei potentiellen Immobilienverkäufern dafür gegeben, ob ein Unternehmen den Sonderstatus eines Vor-REIT besitzt oder den Status der REIT-AG anstrebt, da der Verkäufer einer Immobilien bei Veräußerung an einen Vor-REIT oder eine REIT-AG von der Exit Tax-Privilegierung nach § 3 Nr. 70 EStG profitiert und diese Information daher für seine eigenen Planungen wichtig sind. In Missbrauchsfällen ergeben sich Ansprüche Dritter gegen die Bezeichnungsführung „REIT“, weil es aus dem Verbot irreführender Werbung (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UWG) sowie aus § 37a HGB und § 80 AktG5.
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So Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.2.4.2. und 3.6.2.2.2. So zutreffend Pflug/Münchow in Striegel, § 7 REITG Rz. 10. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. Siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/4026. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 54.
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f) Börsenzulassung an einem organisierten EU/EWR-Markt 90
Damit der Vor-REIT seinen steuerprivilegierten Sonderstatus nicht verliert, muss dieser den Antrag auf Zulassung seiner Aktien zum Handel an einem organisierten Markt i. S. v. § 2 Abs. 5 WpHG „innerhalb von drei Jahren nach Anmeldung der Aktiengesellschaft als Vor-REIT beantragt werden“ (§ 10 Abs. 2 Satz 1 REITG). Die 3-Jahres-Frist wird nach dem Gesetzeswortlaut durch die „Anmeldung der Aktiengesellschaft als Vor-REIT“ ausgelöst, anders als die Fristen zur Einhaltung der Statusanforderungen beim Vor-REIT in § 2 Sätze 2 und 3 REITG, wo auf die „Registrierung“ durch das Bundeszentralamt für Steuern abgestellt wird. Aufgrund dieser 3-Jahresfrist sollte im Regelfall der Antrag auf Registrierung als Vor-REIT nicht zu frühzeitig vor Eintritt steuerprivilegierter Sachverhalte gestellt werden. Dabei kann mit einer derzeitigen Bearbeitungsdauer von Anträgen auf Registrierung als VorREIT beim Bundeszentralamt für Steuern von etwa 3 Tagen (Vorausfax-Bestätigung möglich) gerechnet werden. Das Ende der 3-Jahres-Frist wird durch den Zugang des Antrags auf Börsenzulassung nach § 48 BörsZulV bei der Geschäftsführung der Börse bestimmt1, nicht durch den Zulassungsbescheid der Börse oder gar erst die Handelsaufnahme.
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Bei Vorliegen von Umständen „außerhalb des Verantwortungsbereichs des VorREIT“ kann die 3-Jahres-Frist von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht um ein Jahr verlängert werden (§ 10 Abs. 2 Satz 2 REITG). Solche Umstände liegen vor, wenn die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder das aktuelle Kapitalmarktumfeld einen Börsengang erschweren oder faktisch unmöglich machen 2 . Im Einzelfall wird die Abgrenzung schwierig sein, ob die Nichtdurchführung eines Börsengangs durch das Unternehmen zu verantworten ist (z. B. mangelnde Börsenreife) oder schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschuldet ist 3. Zu „Umstände[n] außerhalb des Verantwortungsbereichs des Vor-REIT“ gehören erhebliche, nicht nur kurzzeitige Absenkungen von Leit-Indices in Deutschland oder anderer wesentlicher Kapitalmärkte (z. B. USA, Vereinigtes Königreich, Japan oder China); als ein Beispiel aus den letzten 10 Jahren kann der Zeitraum 2001–2003 (ausgelöst durch die Terroranschläge am 11.9.2001) gelten. Daneben können erhebliche Störungen des Immobilienmarktes den Verlängerungsantrag rechtfertigen.
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Kommt es zu einer Fristversäumnis (gleich aus welchem Grund), so verliert das Unternehmen seinen Sonderstatus als Vor-REIT; dieser kann jedoch wieder aufleben, wenn die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel erneut beantragt wird (§ 10 Abs. 3 Satz 2 REITG)4 . Zum Zulassungsverfahren und zum Rechtsschutz Voigt, Rz. 250–257.
3. Empirische Daten zu Unternehmen mit Vor-REIT-Status 93
Zum 1.4.2008 hatten 11 Aktiengesellschaften bei der Bundeszentrale für Steuern den Status als Vor-REIT beantragt und erhalten. Bei etwa 80 % dieser Unternehmen enthält deren Satzung bereits Elemente, die für die Stausanerkennung als REIT-AG notwendig sind, insbesondere einen Unternehmensgegenstand nach Maßgabe von
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Ebenso Voigt, Rz. 254; Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 14. Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21. S. auch Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 14. Voigt, Rz. 254; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 28.
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Statusanforderungen der REIT-AG
§ 1 REITG. Eine tabellarische Übersicht über die derzeit bekanntermaßen registrierten Vor-REIT unter Anlegung bestimmter Kriterien ist nachfolgend abgedruckt: Firma
Satzung mit REITSpezifika
Segment
NAV (31.12.2007) in Mio. Euro
Boetzelen Real Estate AG (AG Düsseldorf HRB 55895)
./.
Einzelhandel
500
DR Commercial 1 AG (AG Köln HRB 60441)
✔
Gemischt
KI
GIG Grundbesitz Immobilien AG (AG München HRB 167652)
✔
Gemischt
200
IVG Immobilien-Management Holding AG (AG Bonn HRB 15654)
✔
Büro
3500
Prime Office AG (AG München HRB 133535)
✔
Büro
1300
TAG Tegernsee Immobilien- und Beteiligungs-Aktiengesellschaft (AG München HRB 41651)
./.
Gemischt
300
VIVICO Real Estate AG (AG Frankfurt HRB 53505)
✔
Büro
2000
Windsor Real Estate AG (AG Charlottenburg/Berlin HRB 107637)
✔
Büro
KI
ZIAG Immobilien AG (AG Düsseldorf HRB 57639)
✔
Gemischt
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IV. Statusanforderungen der REIT-AG 1. REIT-Statusanforderungen und Satzungsverankerung Die Abschnitte 1 und 2 des REITG enthalten eine Reihe rechtlicher und wirtschaftlicher Anforderungen, deren Erfüllung Voraussetzung für die Erlangung des Status einer REIT-Aktiengesellschaft ist. Wenngleich sich aus der gesetzlichen Systematik des REITG keine gesonderten Aufzählungen oder Beschreibungen dieser Statusanforderungen ergibt (siehe auch Rz. 1), zählen hierzu (1) die Rechtsform als Aktiengesellschaft oder Societas Europaea (§ 1 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. REITG, sub I.1., Rz. 40–44), (2) der Sitz und tatsächliche Geschäftsleitung in Deutschland (§ 9, sub IV.2., Rz. 97 ff.), (3) der beschränkte Unternehmensgegenstand (§ 1 Abs. 1 REITG, sub IV.3., Rz. 99 ff.), (4) die Firma mit dem Zusatz „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „REIT-AG“ (§ 6 REITG, sub IV.4., Rz. 104 f.), (5) der Zwang zu stimmberechtigten Aktien gleicher Gattung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 REITG, sub IV.5., Rz. 110 ff.), (6) die Börsenzulassung der Aktien an einen organisierten EU/EWR-Markt (§§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG, sub IV.6., Rz. 114 ff.), Seibt
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(7) ein Mindestgrundkapital von EUR 15 Mio. (§ 4 REITG, sub IV.7., Rz. 119 f.), (8) ein Streubesitzerfordernis sowie (9) eine Anteilshöchstbeteiligungsquote (§ 11 Abs. 1 und Abs. 4 REITG, sub IV.8., Rz. 121 ff.), (10) die Ausschüttungsverpflichtung (§ 13 Abs. 1 REITG, sub IV.9., Rz. 145 ff.), (11) bestimmte Anforderungen an die Vermögensstruktur sowie (12) die Ertragsstruktur (sub IV.10., Rz. 154 ff.), (13) ein bestimmtes Mindesteigenkapital im Verhältnis zum bilanzierten Immobilienvermögen (§ 15 REITG, sub IV.11., Rz. 160 f.) sowie (14) bestimmte Beschränkungen der Geschäftsführung, nämlich das Verbot des Immobilienhandels sowie der Erbringung entgeltlicher nicht immobiliennaher Dienstleistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 2 REITG, sub IV.12., Rz. 162 ff.). Die solchermaßen definierten Statusanforderungen werden nachfolgend erläutert. 95
Für die Unternehmenspraxis stellt sich die Frage, ob die gesetzlich geregelten Statusanforderungen auch in der Satzung des REIT-Unternehmens geregelt werden sollten, und bejahendenfalls ob durch statische Gesetzeswidergabe oder durch dynamische Verweisung. Die Entscheidung hierüber wird sich an bestimmten Leitlinien orientieren können, wobei im materiellen Kern die Entscheidung zu treffen ist, welchem Grad der Bindung die Unternehmensorgane sowie die Aktionäre an die Unternehmensführung der Immobiliengesellschaft im Sonderstatus einer REIT-AG ausgesetzt sein sollen. Je umfangreicher und verbindlicher die REIT-Statusanforderungen in der Satzung formuliert werden, desto höher ist der Bindungsgrad für die Unternehmensorgane und die Aktionäre/Anleger. Im Einzelnen sprechen für eine statutarische Absicherung des REIT-Status und der einzelnen Statusanforderungen folgende Erwägungen: (1) Die vom Registergericht im Zuge der Eintragung des Firmenzusatzes „REIT-AG“ bzw. „REIT-SE“ (§ 8 REITG) zu prüfenden Statusanforderungen an (a) den Unternehmensgegenstand, (b) den Mindestnennbetrag des Grundkapitals, (c) die Aktienform, (d) die Firma, (e) den Sitz der Gesellschaft sowie (f) die Entschädigungsregelung bei Beendigung der Steuerbefreiung sind sowieso durch materielle Satzungsregelung1 zu belegen. Die statutarische Vorgabe der Einhaltung weiterer REIT-Statusanforderungen dient der Anlegertransparenz, da der Kapitalmarkt dann die Gesamtheit der wesentlichen, die Unternehmensführung begrenzenden Vorschriften aus der Satzung entnehmen kann, ohne dass die zusätzliche Heranziehung des REITG notwendig wäre. (2) Die Inkorporation der gesetzlichen REIT-Statusanforderungen in die Satzung führt zu einer verstärkten Bindung der Verwaltungsorgane Vorstand und Aufsichtsrat, das Unternehmen als Immobilien-Aktiengesellschaft mit dem Sonderstatus einer REIT-AG zu führen. Die statutarische Ausrichtung der Unternehmensführung auf den Betrieb einer REIT-AG führt dazu, dass aus dem Angebot (Steuerprivilegierungen gegen Aktivitätsbeschränkungen) eine statutarische Verhaltenspflicht wird,
1 Zur Kategorisierung von Satzungsbestandteilen und zu Begriffsinhalt der materiellen Satzungsbestandteile (= alle Regelungen, die entweder als Satzungsbestandteile vorgeschrieben oder nur als Organisationsregeln möglich sind) z. B. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 23 AktG Rz. 4 ff.
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deren Verletzung Rechtsfolgen wie Abberufung aus dem Organamt und Kündigung des Dienstverhältnisses sowie Schadenersatz auslösen können. (3) Durch entsprechende Satzungsbestimmungen können aber zusätzlich auch die mitgliedschaftlichen Treuepflichten der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft und ihren Mitaktionären1 verstärkt werden, damit der Sonderstatus des Unternehmens als REITAG nicht durch Aktionärsverhalten gefährdet oder gar beendet wird. Hierzu kann eine allgemeine Loyalitäts- und Bemühensklausel in die Satzung aufgenommen werden2; daneben kann zur weiteren Absicherung auch eine Zwangseinziehung ohne Zustimmung des Betroffenen bei Verletzung bestimmter Satzungsregelungen (insbesondere Einhaltung der Höchstbeteiligungsquote i. S. v. § 11 Abs. 4 REITG) geregelt werden3. (4) Die erhöhte Bindung der Unternehmensorgane und der Aktionäre an die Aufrechterhaltung des Sonderstatus einer REIT-AG gekoppelt mit der einheitlichen Dokumentation der REIT-Statusanforderungen in der Satzungsurkunde führt zu einer erhöhten Kapitalmarktransparenz und Berechenbarkeit, die sich positiv auf das Anlegerverhalten und die Börsenliquidität der Aktien aufwirken sollte. Demgegenüber streiten gegen eine Verankerung nicht notwendiger REIT- Satzungsbestimmungen in der Satzungsurkunde die ansonsten bestehende erhöhte Bindung der Unternehmensorgane und der Aktionäre an die Unternehmensführung und den Betrieb der Gesellschaft als REIT-AG und die damit verbundene Flexibilität, auf neue tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umfeldbedingungen reagieren zu können. Die Starrheit von Satzungsbestimmungen und die hohen tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen an ihre Änderung (vgl. § 179 AktG) führt zu einer Verlangsamung der Reaktionsmöglichkeit der Unternehmensorgane auf sich ändernde Rahmenbedingungen. Eine gewisse Erleichterung können dynamische Verweisungen auf den jeweiligen Gesetzesstand bringen. Im Einzelfall ist unabhängig von einer Generalentscheidung für oder gegen eine umfassende Satzungsabsicherung des REIT-Status zu prüfen, ob die Aufnahme einer gesetzliche Statusanforderung in die Satzung für andere Fragen negative Implikationen hat, so wird beispielsweise diskutiert, ob die statutarische Verankerung der Ausschüttungsverpflichtung nach § 13 REITG dazu führen kann, dass der Jahresüberschuss in diesem Fall nach IAS 32 nicht als Eigenkapital qualifiziert werden kann, sondern als Fremdkapital gewertet wird4 .
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2. Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland Die REIT-AG muss sowohl ihren durch die Satzung bestimmten rechtlichen Sitz, als auch ihren durch die Ansässigkeit der (zentralen) Geschäftsleitung bestimmten tatsächlichen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 9 REITG)5. Diese Doppelanforderung beruht auf dem Umstand, dass die Regelungen der Doppelbesteuerungsabkommen zur Quellensteuerpflicht nach internationalem Vorbild an die Ansässigkeit des Unternehmens in Deutschland anknüpfen6 . Die Vereinbarkeit des
1 Hierzu z. B. Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 53a AktG Rz. 42 ff. m. w. N. 2 Siehe § 1.1 Satz 2 der Mustersatzung einer REIT-AG (Teil G., Formular 1, Rz. 1009) bzw. einer REIT-SE (Teil G., Formular 4, Rz. 1012). 3 Siehe § 4.4 Satz 2 der Mustersatzung einer REIT-AG (Teil G., Formular 1, Rz. 1009) bzw. einer REIT-SE (Teil G., Formular 4, Rz. 1012). 4 So Kraft, ZGR 2008, Heft 3 [im Erscheinen]. 5 Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 9 REITG Rz 5 f. 6 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20 f.
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§ 9 REITG (inländischer Geschäftssitz) mit den europarechtlichen Vorgaben zur EUNiederlassungsfreiheit (Art. 43 EG i. V. m. Art. 48 EG) wird in der Literatur vereinzelt angezweifelt1. Zu beachten ist insoweit jedoch, dass die Geschäftsansässigkeit in Deutschland lediglich Voraussetzung für die steuerliche Privilegierung der REITAG (in Deutschland) ist. Jeder Gesellschaft bleibt es unbenommen, ihre Geschäftstätigkeit ins Ausland zu verlagern und damit auf die Steuerbefreiung in Deutschland zu verzichten. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit besteht daher nicht2 . 98
Eine identitätswahrende Sitzverlegung über die Grenze ist nur bei der REIT-SE möglich3. Bei einer REIT-Aktiengesellschaft wird der Beschluss der Hauptversammlung, den Satzungssitz ins Ausland zu verlegen, als Auflösungsbeschluss i. S. v. § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG gewertet 4 . Die Verlegung der tatsächlichen Sitzes der zentralen Geschäftsleitung (ohne Änderung des Satzungssitzes) wird nach Inkrafttreten der Änderung von § 5 AktG durch das MoMiG5 zulässig sein, da zukünftig – zur Erhöhung des „Spielraum[s] deutscher Gesellschaften“ – keine zwingende Bindung mehr von Satzungssitz und Verwaltungssitz mehr besteht. Die Folgen einer Verlegung des Satzungssitzes oder des Sitzes der tatsächlichen Geschäftsleitung auf den (steuerlichen) REIT-Status sind im REITG nicht ausdrücklich geregelt. Da die durch das Artikelgesetz v. 28.5.2007 geregelten Steuerprivilegien für REIT-Unternehmen an den Bestand einer „REIT-Aktiengesellschaft“ oder eines „Vor-REIT“ anknüpfen und diese durch einen Sitz und eine zentrale Geschäftsleitung in Deutschland charakterisiert ist (§ 9 REITG) ist davon auszugehen, dass die steuerlichen Regeln (insbesondere die Steuerbefreiung nach § 16 REITG) mit Beginn desjenigen Wirtschaftsjahres endet, in dem der Satzungssitz oder der Sitz der zentralen Geschäftsleitung tatsächlich verlegt worden ist6 .
3. Unternehmensgegenstand 99
Der zulässige Unternehmensgegenstand einer REIT-AG wird durch § 1 Abs. 1 REITG definiert und ist danach grundsätzlich darauf beschränkt, Eigentums- oder dingliche Nutzungsrechte (also – subjektiv-persönliche oder subjektiv-dingliche – Dienstbarkeiten oder Erbbaurechte, Nießbrauchsrechte und Dauernutzungsrechte nicht aber Vorkaufsrechte, Reallasten oder Grundpfandrechte7) an in- und ausländischem unbeweglichem Vermögen sowie den weiteren in § 3 Abs. 7 REITG aufgeführten Vermögensgegenständen8 zu erwerben, zu halten, im Rahmen der Vermietung, der Verpach-
1 Vgl. Franck, MittBayNot 2007, 173 (175); Kraft/Bron, IStR 2007, 377 f. 2 So auch Münchow in Striegel, § 9 REITG Rz. 9 ff. 3 Nach Art. 8 Abs. 1 SE-VO ist die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes innerhalb der Europäischen Union zulässig. 4 Vgl. BGHZ 25, 134 (144); OLG Hamm, ZIP 1997, 1696 f.; Franck, MittBayNot 2007, 173 (180); abw. etwa Hüffer, § 5 AktG Rz. 12 (Verlegungsbeschluss ist nichtig nach § 241 Nr. 3 AktG). 5 RegE eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23.5.2007, BT-Drucks. 16/6140 (insbes. Begr. zur Änderung von § 4a GmbHG, Art. I Ziff.4); dazu Drygala, NZG 2007, 561 ff. 6 Zur Verlegung des Sitzes der Geschäftsleitung ebenso Franck, MittBayNot 2007, 173 (180). 7 Hierzu Conradi, Rz. 441 ff.; vgl. auch Franck, MittBayNot 2007, 173 (174). 8 Sonstige Vermögensgegenstände nach § 3 Abs. 7 REITG sind: Gegenstände, die zur Bewirtschaftung des unbeweglichen Vermögens erforderlich sind, Bankguthaben, Geldmarktinstrumente, Forderungen und Verbindlichkeiten, die aus der Nutzung oder Veräußerung des unbeweglichen Vermögens stammen oder zum Zwecke der Wertsicherung, Bewirtschaftung oder Bestandsveränderungen dieser Vermögensgegenstände bereit gehalten, eingegangen oder begründet werden, sowie Beteiligungen an Immobilienpersonengesellschaften.
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tung und des Leasings einschließlich notwendiger immobiliennaher Hilfstätigkeiten1 zu verwalten sowie zu veräußern (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 REITG). Ausdrücklich ausgenommen vom zulässigen Unternehmensgegenstand sind allerdings inländische Bestandsmietwohnimmobilien (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1a REITG)2 . Dabei handelt es sich um solche Immobilien, die überwiegend (d. h. zu mehr als 50 %3) Wohnzwecken dienen, und die vor dem 1.1.20074 erbaut worden sind (§ 3 Abs. 9 REITG). Zu Wohnzwecken dient – entsprechend den für die zivilrechtliche Abgrenzung des Mietvertrages geltenden Kriterien – jeder Raum, der zum Wohnen, d. h. insbesondere zum Schlafen, Essen, Kochen und dauernder privater Benutzung, bestimmt ist5. Da es weder das Ziel noch die Aufgabe des deutschen Gesetzgebers ist, den Mieterschutz oder die Stadtentwicklung anderer Staaten zu fördern6, ist dem REIT-Unternehmen eine Beteiligung an ausländischen Bestandsmietwohnimmobilien möglich7. Im Hinblick auf ausländisches unbewegliches Vermögen ist jedoch zu beachten, dass die REIT-AG die im Belegenheitsstaat für REIT-Gesellschaften geltenden Beschränkungen einzuhalten hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1b REITG). Ist nach ausländischem Recht etwa der Erwerb von Wohnimmobilien durch einen REIT verboten, so darf auch die deutsche REIT-AG in dem betreffenden Staat keine solchen Immobilien erwerben8 .
100
Daneben kann der Unternehmensgegenstand einer REIT-AG auch in dem Erwerben, Halten, Verwalten und Veräußern von Anteilen an Immobilienpersonengesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 REITG), an REIT-Dienstleistungsgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 REITG), an Auslandsobjektgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 REITG) sowie an Kapitalgesellschaften, die als Komplementär einer Immobilienpersonengesellschaft, an der sie vermögensmäßig nicht beteiligt sind, fungieren (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 REITG), bestehen9. Auch die Errichtung von Zweigniederlassungen gemäß §§ 13, 13d HGB im In- und Ausland ist dem REIT ohne Einschränkungen möglich10.
101
Für Einzelheiten zum tauglichen Unternehmensgegenstand siehe Conradi, Rz. 423–606. Nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG ist zwingender Inhalt der Satzung die Bestimmung des Unternehmensgegenstands. Damit verfolgt der Gesetzgeber im Wesentlichen drei Zwecke11:
1 Nach § 3 Abs. 4 REITG sind unter „Hilfstätigkeiten“ solche Tätigkeiten zu verstehen, die der Haupttätigkeit – also dem eigenen Immobilienbestand des REITs – dienen. 2 Hierzu Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 18; Conradi, Rz. 450–458. – Zu Recht kritisch z. B. Lamberti, FAZ v. 29.3.2007, S. 22; Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (105 f.). 3 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. 4 Bei Neubauten kommt den Mietern einerseits kein besonderer Vertrauensschutz zu, andererseits wird den REIT-Unternehmen durch die Begrenzung auf „Alt“-Bauten ermöglicht, den Bau neuer Wohnimmobilien zu fi nanzieren und so einen wichtigen Beitrag für die Stadtentwicklung zu leisten (Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20). 5 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. 6 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 48. 7 Anders aber noch der Regierungsentwurf, vgl. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. 8 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 48. 9 Siehe hierzu unten Rz. 202 ff. 10 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.2.2.2. 11 Hierzu Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 23 AktG Rz. 32; vgl. auch Tieves, Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft, 1998, S. 45 ff.
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(1) Die Öffentlichkeit soll über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft informiert werden. (2) Die Angabe des Unternehmensgegenstands ermöglicht dem Registergericht die Prüfung einer etwaigen Genehmigungspflicht (§ 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG) und der Fragen, ob die Gesellschaft verbotene oder sittenwidrige Zwecke verfolgt und ob sie den Firmenzusatz „REIT-AG“ als Kurzbezeichnung zur Erfüllung des Sonderstatus einer REIT-AG erfüllt. (3) Schließlich ist die statutarische Festlegung des Unternehmensgegenstands für die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands (§ 82 Abs. 2 AktG) von Bedeutung: Indem der statutarische Unternehmensgegenstand den konkreten Tätigkeitsbereich abdeckt, innerhalb dessen die Gesellschaft nach Absicht ihrer Kapitalgeber zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks tätig werden soll, begrenzt er zugleich den Kreis der Geschäfte, die der Vorstand in Wahrnehmung seiner Unternehmerfunktion für die Gesellschaft abschließen darf. Andererseits ist der Vorstand auch aufgefordert, den statutarischen Unternehmensgegenstand durch wirtschaftliche Betätigung auszufüllen. 103
Danach ist in der Satzung des REIT-Unternehmens der Unternehmensgegenstand möglichst konkret zu bezeichnen. Er muss sich zur Erlangung und Aufrechterhaltung des REIT-Status im Rahmen von § 1 REITG halten, die Satzung kann den Unternehmensgegenstand aber auch enger fassen als § 1 REITG dies vorsieht1. Da der Vorstand zur Ausfüllung des statutarischen Unternehmensgegenstandes durch tatsächliche wirtschaftliche Betätigung verpflichtet ist, ist bei einer Festlegung des Unternehmensgegenstandes außerhalb der Vorgaben von § 1 REITG der REIT-Status zu versagen. Bei einer nicht nur singulären und kurzfristigen faktischen Überschreitung des Unternehmensgegenstands kann der REIT-Status ebenfalls versagt werden; der Registerrichter ist in diesem Fall nach § 142 FGG auch zur Amtslöschung des Firmenzusatzes „REIT“ berechtigt2 .
4. Firma und Bezeichnungsschutz 104
Nach dem Vorbild berufsrechtlicher Reglungsmuster (§§ 31 WPO, 53 StBerG, 59k BRAO)3 muss die REIT-AG in ihrer Firma (= Name der AG, § 17 Abs. 1 HGB) den Zusatz „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „REIT-AG“ enthalten (§ 6 REITG). Dies gilt auch, wenn die Firma nach § 22 HGB oder anderen Vorschriften weitergeführt wird. Die Bildung der weiteren Firma richtet sich nach den in §§ 18 Abs. 2, 30 HGB niedergelegten Grundsätzen des Verbots der Irreführung und der Ausschließlichkeit der Firma. Für ein REIT-Unternehmen in der Rechtsform der Societas Europaea gilt dies entsprechend mit dem Firmenzusatz „REIT-SE“ (vgl. auch Rz. 44)4 .
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Erst mit der Eintragung des Firmenzusatzes „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „REITAG“ bzw. „REIT-SE“ werden nach § 17 Abs. 1 REITG die Steuerbefreiung und der 1 So auch Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1179); Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1347). 2 Ähnlich Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 1 REITG Rz. 37 (allerdings ohne Einschränkung bei singulären und kurzfristigen faktischen Überschreitungen des Unternehmensgegenstands). 3 Vgl. Ziemons, BB 2007, 449 (450) (Hinweis auf § 31 WPO); Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892 Fn. 41). 4 So auch Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 6 REITG Rz. 1.
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Statusanforderungen der REIT-AG
REIT-Status begründet. Dem Geschäftsverkehr soll damit ermöglicht werden, bereits an der Firma zu erkennen, dass es sich bei einem Unternehmen um eine REITAG oder REIT-SE handelt, die spezielle Voraussetzungen erfüllt, und für die deshalb besondere, vom Aktiengesetz und von den üblichen Steuervorschriften zum Teil abweichende Regelungen gelten1. Flankierend hierzu genießt eine REIT-AG über § 7 REITG (beschränkten) Bezeichnungsschutz. Gesellschaften, die keine REIT-AG i. S. d. REITG sind, dürfen – sofern sie ihren Sitz in Deutschland haben – die Bezeichnung „REIT-Aktiengesellschaft“ oder eine Bezeichnung, in der der Begriff „Real Estate Investment Trust“ oder die Abkürzung „REIT“ allein oder im Zusammenhang mit anderen Worten vorkommt, in der Firma oder als Zusatz zu dieser nicht verwenden („Monopolisierung der Firma“)2 . Danach muss auch eine REIT-AG, die ihrem Sonderstatus und ihre steuerliche Privilegierung verliert, ihre Firma ändern 3, denn mit dem Verlust der Steuerbefreiung geht auch der Statusverlust als solcher einher (vgl. unten Rz. 223). Verstößt die REITAG nur vorübergehend gegen die Anforderungen des REITG, so dass die Steuerbefreiung gemäß § 18 Abs. 3 bis 5 REITG fortbesteht, so entfällt die Berechtigung der Gesellschaft, die Bezeichnung „REIT“ in ihrer Firma zu führen, hingegen nicht, da die Gesellschaft in diesem Fall ja ein REIT-Unternehmen bleibt 4 . Telos der Vorschrift des § 7 REITG ist zum einen der Schutz der Anleger, des Kapitalmarktes und des Rechtsverkehrs in seiner Gesamtheit durch die Schaffung von Rechtsklarheit. So soll es etwa einem Grundstücksverkäufer aufgrund der Regelungen zur Exit Tax (§ 3 Nr. 70 EStG) ersichtlich sein, ob er mit einer REIT-AG oder einer „normalen“ Aktiengesellschaft kontrahiert5. Zum anderen schützt die Vorschrift aber auch das REIT-Unternehmen selbst vor unlauterem Wettbewerb. Die Pflicht einer Gesellschaft, die keine REIT-AG i. S. d. REITG, die Firmierung oder Werbung mit der Bezeichnung „REIT“ zu unterlassen, kann sich daneben auch (1) aus dem Verbot der Führung einer irreführenden Firma (§ 18 Abs. 2 Satz 1 HGB), (2) aus dem allgemeinen Verbot irreführender Werbung (§ 3, § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UWG) oder (3) aus den Angabepflichten auf Geschäftsbriefen (§ 37a HGB, § 80 AktG) ergeben. Verstöße gegen § 7 REITG können nach den Regeln des Lauterkeitsrechts zivilrechtlich verfolgt werden6 . – Zur teleologischen Reduktion des Bezeichnungsschutzes aus § 7 REITG beim Vor-REIT siehe Rz. 88 f.
106
Einen temporären, objektiv auszulegenden Ausnahmetatbestand vom Bezeichnungsschutz in § 7 REITG (und nach zutreffender Ansicht unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte7 auch von den allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbsrechts) sieht § 22 REITG in Konkretisierung von Art. 14 GG (Eigentumsschutz) bis zum 31.12.2007 für Alt-Gesellschaften vor, die einen Firmenbestand „REIT“ u. ä. zum 31.3.2007 führten (Beispiel: Deutsche REIT AG, Köln [AG Köln, HRB 1175]). Ob zeitlich hierüber hinaus ein verfassungsrechtlich gebotener Bestandsschutz für Alt-Gesellschaften bestehen kann, ist zweifelhaft und von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
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1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20; vgl. auch Ziemons, BB 2007, 449. 2 Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892). 3 Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1347); Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 11; vgl. auch Ziemons, BB 2007, 449. 4 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (333); Pflug/Münchow in Striegel, § 7 REITG Rz. 3. 5 So auch Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892). 6 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. Zur Durchsetzung des Bezeichnungsschutzes s. auch Pflug/Münchow in Striegel, § 7 REITG Rz. 13 ff. 7 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 35 f.
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Eine Eintragung der Firmenbezeichnung „REIT-Aktiengesellschaft“, „Real Estate Investment Trust“ oder „REIT“ im Handelsregister ist für Gesellschaften unzulässig, welche die REIT-Statusanforderungen nicht erfüllen; eine dennoch erfolgte Eintragung kann nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG von Amts wegen gelöscht werden (arg. e § 22 Satz 2 REITG). Gebraucht eine Gesellschaft, die zunächst aufgrund ihres REIT-Status zu Recht mit dem Firmenzusatz „REIT-AG“ eingetragen war, später den REIT-Status aber verloren hat, die Bezeichnung „REIT“ in ihrer Firma weiter, so hat das zuständige Registergericht dagegen einzuschreiten und ein Ordnungsgeld unter Fristsetzung anzudrohen und (ggf. auch wiederholt) festzusetzen (§ 37 Abs. 1 HGB)1; das Verfahren hierfür bestimmt sich nach den §§ 132 bis 140 FGG. Ob daneben auch eine (isolierte) Löschung des Zusatzes „REIT“ von Amts wegen nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG2 in Betracht kommt, ist in der Literatur zwar umstritten, im Ergebnis aber aus mehreren Gründen zu bejahen: Zunächst gibt es einen Wertungseinklang mit dem vom Gesetzgeber in § 22 Satz 2 REITG ausdrücklich geregelten Fall einer von Anfang an unzulässigen Firmeneintragung. Es ist ferner nicht einsichtig, dass das Registergericht die Täuschung des Rechtsverkehrs durch einen als REIT auftretenden Nicht-REIT nicht nach eigenem Ermessen durch Löschung des Firmenzusatzes wirksam beenden können soll3. Eine Löschung der gesamten Firma der REITAG von Amts wegen scheidet hingegen aus. Denn der REIT bleibt auch bei einem Verstoß gegen das REITG – und eines damit einhergehenden Statusverlustes – grundsätzlich Aktiengesellschaft und muss als solche den Rechtsformzusatz „Aktiengesellschaft“ oder „AG“ in seiner Firma führen (§ 4 AktG)4 .
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Ausländischen Gesellschaften kann der deutsche Gesetzgeber die Firmierung als „REIT“ nicht verbieten. Auch insoweit kann sich aber aus den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen – etwa dem wettbewerbsrechtlichen Irreführungsverbot (§§ 3, 5 UWG) – jedoch ergeben, dass es einer Auslandsgesellschaft untersagt ist, im deutschen Geschäftsverkehr als „REIT“ aufzutreten5.
5. Aktienform 110
Sämtliche Aktien der REIT-AG müssen als stimmberechtigte Aktien gleicher Gattung ausgestaltet sein (§ 5 Abs. 1 Satz 1 REITG), wobei ein Zwang zur Ausgabe von Stückaktien – wie im Regierungsentwurf zum REITG noch vorgesehen6 – nicht besteht. Der REIT-AG ist es also möglich, auch auf einen Nennwert lautende Aktien auszugeben. Ein Grund dafür, diese sowohl in Deutschland (vgl. § 8 Abs. 1 AktG) als auch dem europäischen Ausland bekannte Aktienform7 auszuschließen, besteht auch nicht8 .
1 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (333); Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 12. 2 Ein Einschreiten des Registergerichts nach § 144 a FGG scheidet bei nachträglich eingetretener Unzulässigkeit der Firma hingegen aus; BayObLG, MittRhNotK 1989, 139 (141); Hopt in Baumbach/Hopt, § 18 HGB Rz. 18 f. 3 Ohne Begr. auch Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 22 REITG Rz. 5; vgl. auch Hopt in Baumbach/Hopt, § 18 HGB Rz. 8 und 18 m. w. N.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, 44. A. M. Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 13; Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 142 FGG Rz. 14. 4 Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 13. 5 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 53. 6 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026. 7 Vgl. van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787 (788). 8 BR-Drucks. 779/06, S. 7.
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Statusanforderungen der REIT-AG
Durch das Erfordernis der Stimmberechtigung ist die Schaffung stimmrechtsloser Vorzugsaktien hingegen unzulässig. Der (temporäre) Verlust der Stimmberechtigung aus individuellen Gründen (z. B. wegen Verletzung von Rechtsvorschriften; § 59 WpÜG, § 28 WpHG) ist kein Verstoß gegen § 5 REITG.
111
Während das allgemeine Aktienrecht es zulässt, dass die Aktiengesellschaft Aktien unterschiedlicher Gattung ausgibt, müssen die Aktien der REIT-AG (und auch der REIT-SE) zwingend Aktien gleicher Gattung sein. Gattungsbegründend sind neben den in § 11 Satz 1 AktG ausdrücklich genannten Parameter der Gewinn- und Liquidationserlösverteilung etwa Stimmrecht und Nebenleistungen i. S. v. § 55 AktG1. Demgegenüber sind nicht gattungsbegründend (und damit trotz § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG zulässig) Vinkulierung, Nennbetrag 2 , Verbriefung (siehe Rz. 113) oder Entsenderechte in den Aufsichtsrat. Gibt eine Aktiengesellschaft im Rahmen von Kapitalerhöhungen neue Aktien aus und weicht der Beginn der Gewinnbezugsberechtigung von den Gewinnbezugsrechten der bereits ausgegebenen Aktien ab, so bilden die neuen Aktien an sich eine andere Gattung, bis die Hauptversammlung einen Gewinnverwendungsbeschluss gefasst hat (bzw. bei Verlust: Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung) und so das Gewinnbezugsrecht vereinheitlicht wird3. Nach Sinn und Zweck von § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG ist eine solche temporäre Gattungsbildung allerdings zulässig4 . Aus kapitalmarktrechtlichen Gründen wird die Schaffung einer neuen (temporären) Gattung mit eigener ISIN/WKN aber sowieso vermieden werden, damit es nicht zu einer Aufspaltung der Börsenliquidität in den Aktien der betreffenden REIT-AG kommt. Im Gegensatz zu unqualifi zierten Aktiengesellschaften (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 AktG) dürfen REIT-Unternehmen ihre Aktien stets nur gegen volle Leistung des Ausgabebetrages ausgegeben (Pflicht zur Volleinzahlung, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 REITG). Der Gesetzgeber bezweckt hiermit, eine ausreichende Kapitalausstattung der REIT-AG sicherzustellen5. § 5 Abs. 1 Satz 2 REITG modifi ziert insoweit § 36a AktG, der nur im Hinblick auf Sacheinlagen (grundsätzlich6) eine volle Leistung vorsieht (§ 36a Abs. 2 Satz 1 AktG), für Bareinlagen hingegen bereits die Zahlung eines Viertels des geringsten Ausgabebetrages genügen lässt (§ 36a Abs. 1 AktG).
112
Ein Anspruch der REIT-Aktionäre auf Verbriefung ihrer Anteile besteht nach § 5 Abs. 2 REITG nicht, so dass die Aufnahme einer entsprechenden (expliziten) Satzungsbestimmung (vgl. § 10 Abs. 5 AktG) an sich nicht erforderlich ist7. Es ist allerdings unschädlich und kann die Prüfung des Registergerichts unter und der Finanzverwaltung für die Einhaltung der REIT-Statusanforderungen erleichtern, wenn der gesetzliche Verbriefungsausschluss nach § 5 Abs. 2 REITG deklaratorisch auch in der Satzung geregelt wird8 . Die REIT-AG muss folglich nur eine Globalurkunde aus-
113
1 Vgl. Ziemons in K. Schmidt/Lutter, § 11 AktG Rz. 5; Heider in MünchKomm. AktG, § 11 AktG Rz. 27 ff.; Brändel in Großkomm. AktG, § 11 AktG Rz. 6; Kraft in KölnKomm. AktG, § 11 AktG Rz. 24 ff. 2 Zur Zulässigkeit verschiedener Aktiennennbeträge auch Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 5 REITG Rz. 9. 3 Vgl. z. B. Ziemons in K. Schmidt/Lutter, § 11 AktG Rz. 5; vgl. zum problematischen Konfl iktfall mit § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG auch Ziemons, BB 2007, 449 (458). 4 So auch Franck, MittBayNot 2007, 173 (175); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 5 REITG Rz. 9. 5 Vgl. Franck, MittBayNot 2007, 173 (175). 6 Siehe aber § 36a Abs. 2 Satz 2 AktG. 7 Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182) m. w. N. 8 Ähnlich Ziemons in K. Schmidt/Lutter, § 10 AktG Rz. 35.
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stellen, was nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Interesse der kapitalmäßigen Handelbarkeit ihrer Anteile entspricht, „da mit der Übertragung des REIT-Anteils zugleich auch die entsprechenden Aktien übergehen“1. Der Wortlaut der Norm schließt es indes nicht aus, dass die REIT-AG von sich aus dazu übergeht, Anteile auch zu verbriefen 2 . Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn ausländische Börsenordnungen eine Verbriefung der Anteile voraussetzen und dem REIT die Zweitzulassung an den entsprechenden Börsen andernfalls verwehrt wäre3. Es gilt ferner das Verbot der Teilbarkeit von Aktien (§ 8 Abs. 5 AktG).
6. Börsenzulassung an einem organisierten EU/EWR-Markt 114
Die Aktien der REIT-AG müssen zwingend zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG in Deutschland, einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zugelassen werden (§§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG). „Private REITs“, also REIT-Unternehmen mit wenigen institutionellen Anteilseignern und ohne Börsennotierung, die etwa in den USA zulässig sind und u. a. von der Versicherungswirtschaft gefordert wurden4, sind mithin - wie in anderen Jurisdiktionen, die REITs erst kürzlich geregelt haben5 - ausgeschlossen; im Hinblick auf die Zulässigkeit offener Immobilienspezialfonds nach dem InvG ist die Regelung solcher Private REITs nicht erforderlich6 . Die Zulassungsverpflichtung bezieht sich auf „die Aktien der REIT-Aktiengesellschaft“, also im Grundsatz sämtliche Aktien der Gesellschaft (sog. Vollzulassungsgebot)7. Das Vollzulassungsgebot betrifft auch Aktien, die z. B. im Rahmen einer nachfolgenden Kapitalerhöhung ausgegeben werden8 . Unschädlich ist indes das Ausschöpfen der Jahresfrist des § 69 Abs. 2 BörsZulV für die Zulassung von im Rahmen einer Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Aktien. Das ergibt sich aus einer die gesamte Rechtsordnung in den Blick nehmenden Auslegung von § 10 Abs. 1 REITG und wird auch durch einen wertenden Blick auf die Rechtsfolgenseite gestützt: Da es sich hierbei nur um einen gesetzlich zugelassenen (!), zeitlichen Aufschub der Börsenzulassung für einen Teil der Aktien der REIT-AG handelt, wäre das nachträgliche Entfallen des REIT-Status in diesem Fall eine unangemessene Sanktion9.
1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. Kritisch Münchow/Götz in Striegel, § 4 REITG Rz. 24, die zurecht darauf hinweisen, dass die REIT-Aktie dem REIT-Anteil entspricht und am Kapitalmarkt grundsätzlich ebenso gut gehandelt werden kann, wenn sie einzeln verbrieft ist. 2 So auch Münchow/Götz in Striegel, § 5 REITG Rz. 24. 3 Vgl. Ziemons, BB 2007, 449 (450). 4 Vgl. van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); kritisch zum Börsenzulassungserfordernis auch Bron, BB-Special 7 2007, 2 (4 f.). 5 Fabry/Riha, RIW 2006, 528 (529). 6 Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1181); Simon, NJW-Spezial 2006, 459 (460); Wienbracke, NJW 2007, 2721 (2722); vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 15 sowie Schultz/Thießen, DB 2006, 2144 (2145): „Art Konkurrenzschutzklausel für offene Immobilienfonds.“ 7 So auch Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182) m. w. N.; Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 23. 8 Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 23. 9 Quass/Becker, AG 2007, 421 (431).
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Statusanforderungen der REIT-AG
Möglich ist eine Notierung am regulierten Markt1, wobei das REIT-Unternehmen in der Regel aber vor der Zulassung der Aktien grundsätzlich mindestens 3 Jahre als Unternehmen bestanden und seine Jahresabschlüsse für die dem Antrag vorangegangenen Geschäftsjahre entsprechend den hierfür geltenden Vorschriften offengelegt haben muss (§ 3 Abs. 1 BörsZulV)2 . Eine alleinige Notierung im Freiverkehr, der gerade kein organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG ist 3, oder in Teilsegmenten des Freiverkehrs (z. B. im Entry Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse) ist nicht ausreichend4; eine Zweitnotiz demgegenüber ist zulässig. Nachdem REITs zunächst nur Zugang zu dem neu gegründeten REIT-Index RX bekommen sollten, gewährt die Deutsche Börse ihnen nunmehr (parallel) auch Zugang zu den klassischen Börsen-Indizes wie Dax, MDax und SDax 5.
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Durch den Zwang zur Börsennotierung stellt der Gesetzgeber eine hohe Schwelle – etwa im Hinblick auf die Kosten des Börsengangs und der Notierung im regulierten Markt oder hinsichtlich der gesetzlichen Berichts- und Offenbarungspflichten – für die Installation einer REIT-AG auf6 . Grund für das Erfordernis der Börsenzulassung der REIT-Aktien an einem organisierten Markt ist zum einen der Umstand, dass nur hier die Stimmrechts-Meldepflichten bestehen, auf denen die Kontrolle der Einhaltung der Streubesitz- und Anlegerstrukturvorgaben beruht. Zum anderen soll durch die kapitalmarktorientierte Ausgestaltung der REIT-AG eine Steigerung der Attraktivität des deutschen Immobilienmarktes für ausländische Investoren erreicht werden7, bei denen die als Vehikel für indirekte Immobilienanlagen in Deutschland bislang zur Verfügung stehenden offenen oder geschlossenen Immobilienfonds sowie Immobilienaktiengesellschaften aufgrund ihrer fehlenden Vergleichbarkeit, der hohen Regelungsdichte sowie der geringen Marktkapitalisierung kaum Akzeptanz gefunden haben8 . Durch die Börsennotierung soll ferner die Handelbarkeit der Aktien erhöht9 und der Wert von börsennotierten REIT-AG für die Aktionäre nachvollzieh-
116
1 Nach Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes am 1.11.2007 (BGBl. I, Nr. 31) gibt es als gesetzlichen Markt lediglich den regulierten Markt (§ 32 BörsenG n. F.); die frühere Zweiteilung der Marktsegmentierung in amtlicher und geregelter Markt ist abgeschafft. – Ausführlich Voigt, Rz. 244 ff. 2 Siehe hierzu ausführlich Voigt, Rz. 261 f.; vgl. auch Quass/Becker, AG 2007, 421 (432); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. 3 Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892); Weger in Striegel, § 1 REITG Rz. 24. 4 Siehe zum Ganzen Voigt, Rz. 247; van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107) m. w. N.; Quass/Becker, AG 2007, 421 (431). 5 Hierzu Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Wienbracke, NJW 2007, 2721 (2722); Benders, Handelsblatt v. 18.4.2007, S. 24 („Reits dürfen in den Dax“). – Die alstria office REITAG ist im SDAX gelistet. 6 Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748); Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); vgl. auch Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 7; Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21: „Als Nebeneffekt werden schon die Kosten des Börsenganges Unternehmen davon abhalten, allein aufgrund der mit dem REIT-Status verbundenen Steuervorteile einen REIT aufzulegen, obwohl die dazu notwendige Expertise und ein hinreichend großes und spezialisiertes Portfolio fehlen“. 7 Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; zustimmend Kiethe, ZfIR 2005, 745 (751); kritisch aber Kofner, WuW 2006, 548 f. 8 Franck, MittBayNot 2007, 173 (181); Kiethe, ZfIR 2005, 745 f., 750 f.: REITs spielen hingegen gerade in der Anlagestrategie ausländischer Investoren eine große Rolle und bilden für diese „ein unverzichtbares Grundelement eines diversifi zierten Portfolios“. 9 Vgl. auch Börsen-Zeitung v. 30.12.2006, S. 24 („Reits bringen Immobilienmarkt in Schwung“) sowie Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (101): Es ist davon auszugehen, „dass REITs auf Grund der hohen internationalen Akzeptanz besser handelbar sein werden als offene Immobilienfonds und reguläre Immobilien-AGs“.
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bar gestaltet werden. Der Gesetzgeber möchte auch Kleinaktionären so den Zugang zu einem fungiblen Immobilienanlageprodukt eröffnen1. Die mit der Börsennotierung verbundenen Berichts- und Mitteilungspflichten bewirken zudem eine höhere Transparenz und dienen insoweit auch dem effektiven Anlegerschutz insgesamt2 , zumal die REIT-AG den strengeren kapitalmarktorientierten Sondervorschriften des Aktiengesetzes unterworfen und den Regeln des Kapitalmarktes unterstellt wird3. 117
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übt (nur) ihre allgemeine Wertpapierüberwachung über die REIT-AG als „normale“ Emittentin aus. Eine direkte Produkt- oder Managementaufsicht über die REIT-Aktiengesellschaften durch die BaFin besteht hingegen grundsätzlich4 eben so wenig5, wie eine weitergehende spezielle Marktaufsicht, wie sie etwa bei Banken oder Versicherungen erfolgt 6 . Der Gesetzentwurf setzt insoweit auf eine Selbstregulierung der Kapitalmärkte7.
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Ein Verlust der Börsenzulassung wird mit dem Verlust der Steuerbefreiung – und also mit dem Verlust des REIT-Status – sanktioniert (§ 18 Abs. 1 REITG)8 .
7. Mindestgrundkapital 119
Nach den gesetzlichen Vorbildern der § 11 Abs. 1 Nr. 1 InvG (Kapitalanlagegesellschaften), § 97 Abs. 1 Nr. 1 InvG (Investmentaktiengesellschaften), § 2 Abs. 4 BGG (Unternehmensbeteiligungsgesellschaften) und § 33 Abs. 1 Nr. 1 KWG9 sowie in Erweiterung von § 2 Abs. 1 BörsZulVO (Mindestgrundkapital von 1 250 000 Euro) besteht für die REIT-AG ein Mindestgrundkapitalerfordernis von 15 Mio. Euro (§ 4 REITG). Dies steht im Gegensatz zum Mindestgrundkapital von 50 000 Euro der unqualifizierten Aktiengesellschaft (§ 7 AktG), entspricht aber im Grundsatz auch der Rechtslage bei ausländischen REIT-Unternehmen (z. B. Frankreich10). Dieses erhöhte Mindestgrundkapitalerfordernis ist nach der Gesetzesbegründung zum REITG dem Umstand geschuldet, dass die REIT-AG stets ein börsennotiertes Unternehmen ist (§§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG); schon hieraus ergebe sich das Erfordernis einer bestimmte Größe und Mindestkapitalisierung der Gesellschaft11. Die gesteigerten Anforderungen an den Mindestnennbetrag des Grundkapitals sind aber auch als Eintrittshürde für REIT-Unternehmen gedacht12 . Trotz des Erfordernisses eines erhöhten Mindestgrundkapitals bleibt es nach § 2 BörsZulV dabei, dass nur Aktien in einem erwarteten Kurswert von 1,25 Mio. Euro zugelassen werden müssen. 1 Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; vgl. auch Hahn, ZGR 2006, 805 (822). 2 Zum Ganzen siehe Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21. Zustimmend Voigt, Rz. 248; Hahn, ZGR 2006, 805 (822, 839); Franck, MittBayNot 2007, 173 (178). Zu den Vorteilen von REITs für Anleger siehe auch Zimmermann, BKR 2006, 299 (302). 3 Siehe bereits o. Rz. 46 ff. sowie Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748). 4 Siehe aber § 11 Abs. 2 REITG. 5 Kiethe, ZfIR 2005, 745 (747); Kofner, WuW 2006, 548 (549); Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892); Wagner, NZG 2006, 848. 6 Simon, NJW-Spezial 2006, 459 (460). 7 Kofner, WuW 2006, 548 (549). 8 Dazu siehe unten Rz. 173. 9 Vgl. Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892). 10 Die französische REIT-Variante (die Société d’investissement immobilers cotée – SIIC) sieht ein erhöhtes Grundkapital vor (Art. 208 C I Code General des Impots); vgl. auch Hahn, ZGR 2006, 805 (827). 11 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 20. 12 Hahn, ZGR 2006, 805 (827); Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 (255).
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Statusanforderungen der REIT-AG
Die REIT-AG erfüllt die Anforderungen des § 4 REITG, sobald das Grundkapital in Höhe von 15 Mio. Euro in das Handelsregister eingetragen ist. Die bloße Übernahme von Aktien durch Unterzeichnung des Zeichnungsscheines oder ein bloßer Kapitalerhöhungsbeschluss genügen hingegen nicht1. Wird zu einem späteren Zeitpunkt das Grundkapital der Gesellschaft unter den Mindestnennbetrag von 15 Mio. Euro herabgesetzt, so fällt der REIT-Status weg, und das Registergericht kann – wenn dem entgegen § 4 REITG bestehende Zustand nicht kurzfristig abgeholfen wird – eine Amtslöschung nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG vornehmen. Demgegenüber ist ein kurzfristiges Unterschreiten des Mindestnennbetrags des Grundkapitals bei einem kombinierten Kapitalherabsetzungs- und Kapitalerhöhungsmodell (vereinfachte Kapitalherabsetzung i. S. v. §§ 229 ff. AktG) oder bei nur kurzfristigem Unterschreiten des Mindestnennbetrags des Grundkapitals durch Einziehung von Aktien mit nachfolgender Kapitalerhöhung unschädlich.
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8. Anlegerstruktur: Streubesitzerfordernisse und Anteilshöchstbeteiligung a) Streubesitzerfordernisse Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 REITG enthält zwei Regelungen zum Mindeststreubesitz: (1) „Im Zeitpunkt der Börsenzulassung“ müssen sich wenigstens 25 % der Aktien einer REIT-AG im Streubesitz befinden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 REITG). Dabei kommt es nach zutreffender Ansicht nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Zulassungsbeschlusses an, sondern auf die Aktionärsstruktur nach Zuteilung der Aktien2 . Dies entspricht der Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV und lässt den typischen Ablauf eines Börsengangprozesses unberührt 3. (2) Auch nach der Börsenzulassung muss die REIT-AG dauerhaft (d. h. also während des gesamten Kalenderjahres4) eine Mindeststreubesitzquote in Höhe von 15 % haben (§ 11 Abs. 1 Satz 1 REITG). Bei Kapitalerhöhungen im Nachgang der erstmaligen Börsenzulassung (sog. Secondary Offerings) ist nur die allgemeine Mindeststreubesitzquote von 15 % zu beachten; § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG findet keine (entsprechende) Anwendung5. Die Einhaltung der IPO-Streubesitzquote nach § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG wird durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überwacht 6 . Das Erfordernis einer hinreichenden Streuung der zuzulassenden Aktien ergab sich bislang schon aus § 9 BörsZulVO, wobei die Einhaltung dieser Vorschrift in der Verwaltungspraxis der Zulassungsstellen regelmäßig vermutet wurde7.
1 Münchow/Götz in Striegel, § 4 REITG Rz. 3. 2 So auch Voigt, Rz. 269 f.; Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); Götz/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965). 3 Ausführlich Voigt, Rz. 270. 4 Götz in Striegel, § 11 REITG Rz. 17. Die Steuerbefreiung entfällt nach § 18 Abs. 3 REITG aber nur, wenn die REIT-AG während dreier aufeinanderfolgender Wirtschaftsjahre gegen das 15 %-Streubesitzerfordernis verstößt (siehe dazu unten Rz. 174). 5 So auch Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 18; a. A. wohl Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 6 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 16. 7 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Zukünftig stehen die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BörsZulVO mit dem (strengeren) § 11 Abs. 1 REITG selbständig nebeneinander1. 122
Zum „Streubesitz“ zählen nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 1 Satz 3 REITG „die Aktien derjenigen Aktionäre, denen jeweils weniger als 3 % der Stimmrechte an der REIT-Aktiengesellschaft zustehen“. Für bereits bestehende Immobilien-Aktiengesellschaften, die ihre Aktien schon vor der Statusqualifi kation zur REIT-AG zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen haben, gilt das initiale Streubesitzerfordernis des § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG bei teleologischer Auslegung nicht. Es wäre wenig plausibel, wenn solche Gesellschaften mit einer Streubesitzquote zwischen 15 % und 25 % zunächst das Delisting betreiben müssten, um dann eine erneute Zulassung ihrer Aktien (unter Beachtung des anfänglichen Streubesitzerfordernisses) zu beantragen, später aber die Streubesitzquote auf den Status quo ante des Delisting herabsenken zu können 2 .
123
Bei der Berechnung der Streubesitzquote finden die §§ 22 und 23 WpHG entsprechende Anwendung (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 4 REITG). Auch mittelbar gehaltene Anteile sind bei der Ermittlung des Streubesitzes daher grundsätzlich zu berücksichtigen 3. Stimmrechte von Tochtergesellschaften werden demnach der Muttergesellschaft, Stimmrechte eines Treuhänders dem Treugeber und Stimmrechte von im Rahmen eines Sicherungseigentums übertragenen Aktien prinzipiell dem Sicherungsgeber zugerechnet.
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Die Einhaltung der dauerhaften Streubesitzquote (§ 11 Abs. 1 Satz 1 REITG) wird unter Nutzung der regulären Mitteilungspflichten des Meldepflichtigen gegenüber der REIT-AG und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 21 Abs. 1 WpHG sowie § 11 Abs. 5 REITG durch die BaFin überwacht. Meldepflichten bestehen bei Erreichen, Über- oder Unterschreiten einer Beteiligung an der REIT-AG von 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % und 75 % (§ 21 Abs. 1 WpHG) sowie von 80 % bzw. 85 % (§ 11 Abs. 5 REITG). Durch die Sonderregelung in § 11 Abs. 5 REITG soll es der Gesellschaft und ihren Aktionären ermöglicht werden, den drohenden Verlust der Steuerbefreiung aufgrund einer Unterschreitung der Mindeststreubesitzquote frühzeitig zu erkennen4 . Die REIT-AG hat der BaFin zusätzlich ihre Streubesitzquote jährlich zum 31.12. bekannt zu geben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 REITG); dabei kann sie sich im Grundsatz auf die ihr zugegangenen Mitteilungen von Meldepflichtigen nach § 21 Abs. 1 WpHG verlassen, es sei denn, sie hat ausnahmsweise sichere Kenntnis von einer Stimmrechtszurechnung, die von Meldung nach § 21 Abs. 1 WpHG abweicht. Bei Zweifeln über die Zurechnung von Stimmrechten kann die REIT-AG einen Nachweis über das Bestehen der mitgeteilten Beteiligung vom Meldepflichtigen verlangen (§ 27 WpHG). Wird die Mindeststreubesitzquote unterschritten, so erfolgt eine entsprechende Mitteilung der BaFin an das Bundeszentralamt für Steuern (§ 11 Abs. 2 Satz 2 REITG). Wertpapierhandelsrechtlich ist zudem die Vorschrift des § 28 WpHG zu beachten, derzufolge Verstöße gegen die Meldepflichten dadurch sanktioniert sind, dass für die Zeit des Verstoßes keine Rechte aus den Anteilen geltend gemacht werden können. 1 Begr. RegE zu § 11 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21 f.; vgl. auch Voigt, Rz. 267; Götze/ Hütte, NZG 2007, 332 (336); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432). 2 I. E. ebenso Götz in Striegel, § 11 REITG Rz. 16; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336 f.) („Ein solches Vorgehen ist offensichtlich unsinnig“); Ziemons, BB 2007, 449 (450). 3 Vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22; Wengenroth, ErbStB 2007, 152 (153). 4 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22; kritisch aber Ziemons, BB 2007, 449 (451).
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Statusanforderungen der REIT-AG
Die durch § 11 Abs. 1 REITG statuierten Streubesitzanforderungen sollen nach der gesetzgeberischen Intention dazu dienen, Kleinanlegern dauerhaft eine Investition in REIT-Aktiengesellschaften zu ermöglichen1. Da diese Anforderungen die freie Handelbarkeit der REIT-Anteile aber auch gleichzeitig beschränken, ist nicht auszuschließen, dass die Kapitalmarktfähigkeit der REIT-AG in Einzelfällen sogar negativ beeinträchtigt wird2 . In seltenen Fällen kann die Streubesitzquote zudem ein Hindernis für bereits zum Börsenhandel zugelassene Immobilienaktiengesellschaften sein, die zwar zur REIT-AG werden möchten, die Anforderungen an den Mindeststreubesitz aber nicht erfüllen 3.
125
Die gesetzlichen Anforderungen an die Mindeststreubesitzquote sind – vor dem Hintergrund der drakonischen Rechtsfolge bei ihrer Verletzung (Rz. 174) – mit erheblichen Schwierigkeiten für die REIT-AG und ihre Verwaltungsorgane gebunden:
126
(1) Zum einen ist es in der Praxis rechtssicher unmöglich festzustellen, ob und wann (d. h. durch welchen Vorgang) die Mindeststreubesitzquote unterschritten wurde. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass der REIT-AG bereits durch die Meldepflichten des § 21 WpHG ermöglicht wird, die Einhaltung der Streubesitzquote zu kontrollieren4 . Diese Überlegung greift allerdings zu kurz, da die Mindeststreubesitzquote auch dadurch unterschritten werden kann, dass Anteilsverschiebungen eintreten, die zwar die gesetzlich normierten Schwellenwerte nicht tangieren, aber gleichwohl zu einer Reduzierung des Streubesitzes führen5. Beispiel: 10 Fonds haben nach § 21 Abs. 1 WpHG einen zurechenbaren Stimmrechtsbesitz von jeweils 5,01 % gemeldet; es gibt keine weiteren Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 WpHG oder § 11 Abs. 5 REITG. Hiernach erhöhen diese 10 Fonds ihre zurechenbaren Stimmrechtsanteil von jeweils 5,01 % auf jeweils 9,0 %. Dies löst keine gesetzliche Mitteilungspfl icht aus, da der nächste Schwellenwert von 10 % in keinem Fall erreicht wird. Der Freefloat hat sich indes von 49,9 % auf 10 % verringert. Die Anforderung einer Mindeststreubesitzquote von 15 % nach § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG wird damit unterschritten, ohne dass die REIT-AG hiervon Kenntnis durch Meldung nach § 21 Abs. 1 WpHG oder § 11 Abs. 5 REITG erhielte.
(2) Zudem ist für die REIT-AG im Regelfall nicht feststellbar, durch welchen konkreten Vorgang die Mindeststreubesitzquote unterschritten wird, jedenfalls dann, wenn diese durch mehrere unabhängig voneinander agierenden Aktionäre gefährdet ist 6 . Dies gilt in gleicher Weise auch für die handelnden Aktionäre, die ebenfalls (und in gleicher Weise) eine eingeschränkte Transparenz über den Stimmrechtsbesitz der Aktionärsgesamtheit haben, einerseits durch das Schwellenwertprinzip des Wertpapierhandelsrechts, andererseits durch die Fristenregelung (und damit die zeitliche Verzögerung) bei der Stimmrechtsmeldung. Dies alles führt dazu, dass bei der Beurteilung der Einhaltung der Mindeststreubesitzquote nur die der Gesellschaft vorliegenden Mitteilung nach § 21 Abs. 1 WpHG bzw. § 11 Abs. 5 REITG maßgeblich sein können, es sei denn, der Gesellschaft liegen vergleichbar sichere Erkenntnisse für ei1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 21; siehe aber auch Kraft/Bron, IStR 2007, 377 (378 f.), nach denen die Streubesitzanforderungen nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit in Einklang stehen. 2 Ähnlich Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748); Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (101). 3 Vgl. Ziemons, BB 2007, 449 (450). 4 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 15 und 22. 5 Vgl. Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1183). 6 Ebenso Ziemons, BB 2007, 449 (451); kritisch auch Klühs/Schmidtbleicher, IStR 2007, 16 (19 f., 21).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
ne von diesen Meldungen abweichende Stimmrechtsbesitz vor. Eine Verpflichtung des Vorstands der REIT-AG zu besonderen Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung der Streubesitzquote besteht nicht, insbesondere ist der Vorstand nicht verpflichtet, sogenannte Shareholder Identification Searches (kurz: Shareholder ID) zur Identifi kation von Aktionären und ihres Aktienbesitzes zu veranlassen, zumal auch hierdurch keine hinreichende Gewissheit erlangt werden kann, wie viele Stimmrechte welchen Aktionär tatsächlich zuzurechnen sind (Stichwort: Keine Ermittlungsmöglichkeit zu Stimmrechtszurechnungstatbeständen). 128
(3) Des Weiteren ist bedenklich, dass einzelne Aktionäre (etwa Hedge Fonds mit Sonderinteressen) durch die Ankündigung weiterer Aktienerwerbe oder bloßer Absprachen mit anderen Aktionären wegen einer drohenden Verletzung der Aktionärsstrukturanforderungen Druck auf die Unternehmensorgane ausüben können1. Der Verweis auf die Loyalitäts- und Treuepflichten der Aktionäre ist keine sichere Abwehrmaßnahme (vgl. Rz. 140).
129
(4) Schließlich ist es für die Unternehmensorgane der REIT-AG schwierig, bei Verletzung der Mindeststreubesitzquote den gesetzeskonformen Zustand mit hinreichender Sicherheit und angemessener Frist zu erreichen. Das REITG hat hierzu keine besonderen rechtlichen Gestaltungsmittel geregelt2 . Es verbleibt vielmehr bei dem allgemeinen aktienrechtlichen Instrumentarium3, nämlich insbesondere – der Erwerb eigener Aktien von Aktionären, die Aktienpakete von über 3 % am Grundkapital halten (§ 71 AktG); – die Durchführung einer Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG), insbesondere aus Kosten- und Zeiteffi zienzgesichtspunkten aus dem genehmigten Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre bis zu 10 % des Grundkapitals und mit einem Ausgabebetrag nahe am Börsenkurs (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) (mit Vermeidung der Erstellung eines Wertpapierprospektes nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG) oder – die Zwangseinziehung von Aktien bei Verletzung statutarischer Pflichten (§§ 237 ff. AktG).
130
Die in Teil G. abgedruckten Mustersatzungen (Formulare 1 und 4, Rz. 1009 und 1012) sehen dieses aktienrechtliche Instrumentarium vor. Allerdings ist dieses Instrumentarium in der Praxis nur eingeschränkt nutzbar: (1) Beim Erwerb eigener Aktien kann die Regel-Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht angewendet werden, da hier das Gleichbehandlungsprinzip des § 53a AktG auch auf den Erwerb anzuwenden ist, also der diskriminierende „Sonder-Erwerb“ von einzelnen Paketaktionären nicht möglich ist. Es bleibt allerdings im Einzelfall der Erlaubnistatbestand der Schadensabwendung nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG, demzufolge der Erwerb eigener Aktien zulässig ist, „wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren, unmittelbaren bevorstehenden Schaden der Gesellschaft abzuwenden“. Der Aktienrückerwerb muss dann zur Schadensabwendung (= Verlust des REIT-Status und der Steuerprivilegierung nach § 16 AktG) taugen und es dürfen keine besseren und die Interessen der übrigen Aktionären weniger beeinträchtigende 1 Vgl. Eusani, NZM 2007, 66 (69); Quass/Becker, AG 2007, 421 (429); Schultz/Thießen, DB 2006, 2144 (2145); Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 (776 ff.). 2 Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 (775). 3 Siehe zum Ganzen auch Schroeder, AG 2007, 531 (535 ff.); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.3.3; Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 (776 ff.).
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Statusanforderungen der REIT-AG
Mittel zur Hand sein1. Selbst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, hängt der Erfolg jedoch weiter davon ab, dass überhaupt Paketaktionäre bereit sind, ihre Aktien zu einem angemessenen Preis zu veräußern. (2) Die Durchführung einer regulären Kapitalerhöhung zur Vergrößerung des Freefloat steht regelmäßig zum einen der erhebliche zeitliche Aufwand (Durchführung einer Hauptversammlung; Billigung eines Wertpapierprospekts bei einem öffentlichen Angebot oder Zulassung neuer Aktien von mehr als 10 % des Grundkapitals) sowie zum anderen hohe Anfechtungsrisiken (insbesondere durch professionelle Aktionäre) bei Kapitalerhöhungsbeschlüssen unter Ausschluss des Bezugsrechts2 entgegen, die ja nur die Gewähr dafür bieten, dass sich die Streubesitzquote wesentlich erhöht. In der Praxis wird daher nur eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts bis zu 10 % des Grundkapitals mit einem Bezugspreis nahe dem Börsenkurs (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) anbieten3. Der Erfolg dieser Maßnahme hängt allerdings davon ab, dass (1) eine Ermächtigung zur Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapitals gegen Bareinlagen überhaupt (noch) besteht und (2) neue Investoren gefunden werden können, die sich verpflichten, jedenfalls mittelfristig nur Beteiligungen von 3 % (auch unter der Berücksichtigung der Zurechnungstatbestände) zu halten. (3) Die Zwangseinziehung von Aktien wird in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, da sie den Nachweis einer eindeutigen Satzungsverletzung voraussetzt, was aufgrund der tatsächlichen Umstände selten gelingen wird (Rz. 127). Entgegen einer verbreiteten Ansicht ist die Vornahme solcher Maßnahmen durch den Vorstand aber nicht deshalb aktienrechtlich bedenklich, weil der Vorstand hierdurch auf die Aktionärsstruktur Einfluss nimmt 4 . Vielmehr ist es anerkannt, dass dieser Grundsatz, der im Regelfall auch den Corporate Governance Best Practices entspricht, im Einzelfall nicht gilt, wenn diese Maßnahmen im wohlverstandenen Interesse des Unternehmens liegen5. In dem hier in Frage stehenden Konstellationen wird der notwendige sachliche Grund in der Abwendung des Verlustes des REIT-Status liegen.
131
Aus dieser Gesamtlage folgt keine Pflicht zur Ausgabe vinkulierter Namensaktien. Eine solche wurde zwar im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschiedentlich vorgeschlagen6, ist im REITG richtiger Weise aber nicht verankert worden7. Denn auch bei Ausgabe vinkulierter Namensaktien wäre weder die Transparenz der Stimmrechtsverteilung rechtssicher vergrößert, was an dem wertpapierhandlesrechtlichen Schwellenwertkonzept und den Zurechnungsvorschriften liegt, noch wäre hierdurch das aktienrechtliche Instrumentarium, mit Ausnahme der Zustimmungsverweigerung bei weiteren Aktienübertragungen (vgl. § 68 Abs. 2 AktG), erweitert.
132
1 Ähnlich T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, § 71 AktG Rz. 56; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 31; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 100. 2 Vgl. auch Franck, MittBayNot 2007, 173 (181); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337). 3 Hierzu ausführlich Voigt, Rz. 393 ff. 4 Vgl. Bron, BB-Special Nr. 7 2007, 2 (7); Ziemons, BB 2007, 449 (451): Verstoß gegen das Neutralitätsgebot. 5 Hierzu Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 76 AktG Rz. 15. 6 Vgl. Münchow/Götz in Striegel, § 5 REITG Rz. 4 ff. 7 Vgl. auch Eusani, NZM 2007, 66 (69); Klühs/Schmidtbleicher, ZIP 2006, 1805 (1808 f.); Quass/Becker, AG 2007, 421 (430); Schroeder, AG 2007, 531 (532, 534 f.); Ziemons, BB 2007, 449 (452).
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B 133
Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Die Einhaltung der Statusanforderung des Mindeststreubesitzes nach § 11 Abs. 1 REITG wird vom Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung festgestellt und das Ergebnis seiner Feststellung in einem besonderen Vermerk zusammengefasst (§ 1 Abs. 4 Sätze 1 und 4 REITG)1. b) Anteilshöchstbeteiligung
134
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 REITG darf „kein Anleger … direkt 10 % oder mehr der Aktien oder Aktien in einem Umfang halten, das er über 10 % oder mehr der Stimmrechte verfügt“. Im Unterschied zu den Regelungen zur Mindeststreubesitzquote (§ 11 Abs. 1 Satz 4 REITG) kommt es für die Anwendung der Anteilshöchstbeteiligungsklausel zunächst nur auf die direkt gehaltenen Aktien und die von diesen vermittelten Stimmrechte an; eine Erweiterung findet nur insoweit statt, als „Aktien, die für Rechnung eines Dritten gehalten werden, als direkt durch den Dritten gehalten [gelten]“ (§ 11 Abs. 4 Satz 2 REITG). Mit dieser Erweiterungsklausel soll verhindert werden, dass die Anteilshöchstbeteiligungsquote durch Einschaltung von Treuhändern umgangen werden kann. Eine umfassende Stimmrechtszurechnung nach den §§ 22, 23 WpHG fi ndet – anders als bei der Berechnung der Streubesitzquote – nicht statt2 . Die Bestimmung unterschiedlicher Stimmrechtszurechnungskonzepte bei der Mindeststreubesitzquote und bei der Anteilshöchstbesitzquote führt zu aufwendigen Überwachungsmethoden auf Seiten der REIT-AG (siehe auch Rz. 136 f.). Sie hat aber ihren Zweck darin, dass der Gesetzgeber eine wirtschaftliche Großbeteiligung und mittelbare unternehmerische Führung durch einen Investor oder eine Investorengruppe nicht absolut verhindern wollte3.
135
Mit der Verankerung der Anteilshöchstbeteiligungsquote verfolgt der Gesetzgeber zwei Ziele: (1) Unter Corporate Governance-Gesichtspunkten soll die Vorgabe zum Anteilshöchstbesitz eine weite Streuung der Aktien der REIT-AG fördern und einflussreiche Mehrheitsaktionäre ausschließen4 . Allerdings wird dieses Ziel nicht absolut gesetzt, sondern dadurch relativiert, dass es mit Ausnahme von Treuhandkonstruktionen alleine auf unmittelbar gehaltene Aktien ankommt. So verbleibt durch die Gestaltung einer Doppel- oder mehrstöckigen Beteiligungsstruktur die Möglichkeit, eine wirtschaftliche Groß- oder Mehrheitsbeteiligung an einer REIT-AG zu halten (hierzu Rz. 142)5. Überdies ist hierzu kritisch anzumerken, dass gesetzliche Vorgaben für eine bestimmte Anteilseignerstruktur die freie Handelbarkeit von Aktien einschränkt, so dass entgegen der eigentlichen Intention des Gesetzgebers die Vorgaben in § 11 REITG die Kapitalmarktfungibilität von Aktien der REIT-AG nachteilig gegenüber anderen Kapitalmarktteilnehmern begrenzt 6 .
1 Für ein Muster zum Vermerk des Abschlussprüfers siehe Formular 7, Rz. 1015. 2 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337). 3 Unzutreffend Schmidt, Börsen-Zeitung v. 28.3.2007, S. 2 („Unternehmerische Kontrolle im Regelfall nicht erreichbar“). 4 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22. Zweifel hinsichtlich der europarechtlichen Zulässigkeit einer solchen Bestimmung (Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit) haben Franck, MittBayNot 2007, 173 (177) sowie Simon, NJW-Spezial 2006, 459; vgl. insoweit auch Hahn, ZGR 2006, 805 (830 ff.). 5 Bei der alstria office REIT-AG ist CCT Corporate Nominees Limited (beraten von Natixis Capital Partner Ltd.) mittelbar zu 48,90 % beteiligt (Quelle: www.comdirect.de) . 6 Ähnlich Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748).
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Statusanforderungen der REIT-AG
(2) Im Vordergrund steht dann auch das steuerliche Ziel des Gesetzgebers, das deutsche Steueraufkommen aus Vermietungs- und Verpachtungseinkünften sowie Grundstücksveräußerungen im Verhältnis zu ausländischen Anteilsinhabern zu sichern (Versagung des DBA-Schachtelprivilegs)1. In der Literatur werden europarechtliche Zweifel wegen der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit an der Anteilshöchstbeteiligungsquote geäußert2 . Die im Zusammenhang mit der Mindeststreubesitzquote auftretenden Probleme für die REIT-AG (Rz. 126 f.) bestehen in konzeptionell gleicher Weise auch im Bezug auf die Anteilshöchstbeteiligungsquote: Es ist in der Praxis für die REIT-AG sehr schwer, an Hand der wertpapierhandelsrechtlichen Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 WpHG die relevanten Aktienbeteiligungen i. S. v. § 11 Abs. 4 REITG von irrelevanten Stimmrechtszurechnungen abzugrenzen, da das Zurechnungskonzept des § 11 Abs. 4 REITG eben nicht mit demjenigen der §§ 22 und 23 WpHG übereinstimmt 3. Der Vorstand ist gesetzlich nicht verpflichtet, über die Analyse der Aktionärsmitteilungen nach § 21 Abs. 1 WpHG weitere Nachforschungen anzustellen und insbesondere Auskunftsverlangen an Aktionäre oder Dritte zu richten, um ihrer sich aus § 11 Abs. 4 REITG ergebenen Überwachungspflicht der Anteilshöchstbeteiligungsquote nachzukommen.
136
Die unterschiedliche Ausgestaltung der Stimmrechtszurechnungsklauseln bei § 11 Abs. 1 REITG und § 11 Abs. 4 REITG im Verhältnis zu den wertpapierrechtlichen Meldepflichten nach §§ 21 ff. WpHG sind in der nachfolgenden Tabelle veranschaulicht:
137
Zurechnungstatbestand
Bestimmung des Bestimmung der AktiMindeststreubesitzes enhöchstbeteiligung (§ 11 Abs. 1 REITG) (§ 11 Abs. 4 REITG)
WpHG-Meldung (§§ 21 ff. WpHG)
✔
✔
✔
Tochterunternehmen des MPfl.
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG)
Halten für Rechnung des MPfl. (z. B. Treuhand)
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)
✔
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)
Sicherungsübertragung an Dritte durch MPfl.
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)
Nießbrauch zugunsten des MPfl.
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 4 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 WpHG)
Erwerbsrecht (z. B. Option) zugunsten des MPfl.
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 5 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 5 WpHG)
Innehabung von Aktien durch Meldepflichtigen (MPfl.)
1 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 15; Simon, NJW-Spezial 2006, 459. Siehe hierzu auch Busching/Trompeter, IStR 2005, 510 ff.; Lieber/Schönfeld, IStR 2006, 126 ff. 2 Franck, MittBayNot 2007, 172 (176); Simon, NJW-Spezial 2006, 459; vgl. auch Hahn, ZGR 2006, 805 (830 ff.). 3 Vgl. Hahn, ZGR 2006, 805 (832); Klühs/Schmidtbleicher, IStR 2007, 16 (19 f.); Kollmorgen/ Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1349).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Zurechnungstatbestand
Stimmrechtsbevollmächtigung zugunsten des MPfl. Acting in Concert
Fälle der Nichtberücksichtigung (z. B. zugunsten von Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen erbringen)
138
Bestimmung des Bestimmung der AktiMindeststreubesitzes enhöchstbeteiligung (§ 11 Abs. 1 REITG) (§ 11 Abs. 4 REITG)
WpHG-Meldung (§§ 21 ff. WpHG)
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG)
✔ (i. V. m. § 22 Abs. 2 WpHG)
٪
✔ (§ 22 Abs. 2 WpHG)
✔ (i. V. m. § 23 WpHG)
٪
✔ (§ 23 WpHG)
Die aktienrechtlichen Handlungsoptionen der REIT-AG zur Vermeidung einer Verletzung der Anteilshöchstbesitzquote bzw. zur Wiederherstellung einer gesetzeskonformen Aktionärsstruktur sind begrenzt und umfassen – wie in Bezug auf Bewahrung der Mindeststreubesitzquote – insbesondere – den Erwerb eigener Aktien von Aktionären, die Aktienpakete von über 3 % am Grundkapital halten (§ 71 AktG); – die Durchführung einer Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG), insbesondere aus Kosten- und Zeiteffi zienzgesichtspunkten aus dem genehmigten Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre bis zu 10 % des Grundkapitals und mit einem Ausgabebetrag nahe am Börsenkurs (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) (mit Vermeidung der Erstellung eines Wertpapierprospektes nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG) oder – die Zwangseinziehung von Aktien bei Verletzung statutarischer Pflichten (§§ 237 ff. AktG)1.
139
In der Literatur ist zudem vorgeschlagen worden, eine Veräußerungspflicht von Aktien bei Überschreiten einer Beteiligungsquote von 10 % als statutarische Nebenpflicht i. S. v. § 55 AktG vorzusehen 2 . Die Regelung einer Nebenverpfl ichtung für Aktionäre setzt allerdings neben der zwingenden Ausgabe von vinkulierten Namensaktien i. S. v. § 68 Abs. 2 AktG voraus, dass der Gegenstand der Nebenverpflichtung eine „wiederkehrende, nicht in Geld bestehende Leistung“ ist. Damit sind einerseits einmalige Leistungen (z. B. Pflicht zur Einbringung eines Grundstücks in die REIT-AG oder die Veräußerung eines bestimmten Aktienpakets), andererseits dauernde Leistungen (z. B. Wettbewerbsverbot, Verpflichtung zur Übernahme von Gesellschaftsämtern oder Verpflichtungen, bestimmte Grundstücke oder andere Vermögensgegenstände nicht zu veräußern) ausgeschlossen 3. Selbst bei entsprechender Formulierung der statutarischen Nebenverpflichtung in Form einer wiederkehrenden Leistung („Aktionäre sind immer dann und in dem Umfang zur Veräußerung von Aktien an der Gesellschaft verpfl ichtet, wenn sie direkt oder über Treuhänder 10 % oder mehr der stimmberechtigten Aktien halten“) ist die rechtliche Zulässigkeit (und damit Durchsetzbarkeit gegenüber den Aktionären) zweifelhaft, da es sich im Kern um die Verpflichtung zu einem dauernden Verhalten handelt 1 Siehe etwa das Beispiel bei Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1350). 2 Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 (777 f.). 3 Vgl. Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 55 AktG Rz. 13; Hüffer, § 55 AktG Rz. 4.
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Statusanforderungen der REIT-AG
(„ein Aktionär der REIT-AG darf weder direkt noch über Treuhänder 10 % oder mehr der stimmberechtigten Aktien der Gesellschaft halten“). Aktionäre einer REIT-AG, die bei Einhaltung ihrer wertpapierrechtlichen Meldepfl ichten 10 % oder mehr der stimmberechtigten Aktien an der REIT-AG halten, können die mit der Gesamtheit der Aktien verbundenen Rechte ausüben, also insbesondere die mit den Aktien in ihrer Gesamtheit verbundenen Stimmrechte und den Anspruch auf Dividendenauszahlung. Eine Einschränkung enthält in steuerlicher Hinsicht § 16 Abs. 2 REITG, der bestimmt, dass einem Anteilseigner, dem nach § 20 EStG (direkt oder über Treuhänder) 10 % und mehr der Aktien der REITAG zuzurechnen sind, zwar weder seinen Anspruch auf Dividende noch sein Stimmrecht verliert, aber aus seiner Beteiligung im übrigen (auch in Ansehung der anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen1) jedoch nur diejenigen Rechte geltend machen kann, die ihm aus einer Beteiligung von weniger als 10 % an der REIT-AG zustehen würden 2 . Bestimmte weitere Beschränkungen ergeben sich für Aktionäre aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht gegenüber der REIT-AG und seinen Mitaktionären: Aus der mitgliedschaftlichen Treuepfl icht des einzelnen Aktionärs fl ießt dessen Verpfl ichtung, in allen gesellschaftlichen Belangen auf die Interessen der Aktiengesellschaft und seiner Mitaktionäre angemessen Rücksicht zu nehmen 3. Überschreitet ein Aktionär die in § 11 Abs. 4 REITG geregelte Anteilshöchstbeteiligungsquote von 10 % kann es zum Wegfall der Steuerprivilegierung bei der REIT-AG und damit zu erheblichen fi nanziellen Schäden kommen, nämlich in Form einer steuerlichen Mehrbelastung der REIT-AG, aufgrund von Entschädigungsansprüchen der Minderheitsaktionäre (vgl. § 11 Abs. 3 REITG) sowie aufgrund erhöhter Kapitalaufnahmekosten bei zu erwartenden Verfall des Börsenkurses der Aktien der REIT-AG. Die Überschreitung der Anteilshöchstbeteiligungsquote durch einen Aktionär steht damit im Widerspruch zu den Interessen der REIT-AG und seiner Mitaktionäre, was auch durch eine entsprechende, deklaratorische Satzungsbestimmung augenscheinlich gemacht werden kann. Bei vorsätzlicher der sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepfl icht ergebenen Rücksichtnahmepfl icht ist es durchaus vertretbar anzunehmen, dass dieser gegenüber der Gesellschaft und gegebenenfalls auch seinen Mitaktionären (sofern diese nicht ohnehin eine ausreichende Entschädigung von der Gesellschaft nach § 11 Abs. 3 REITG erhalten) schadenersatzpfl ichtig ist 4 . Aus der mitgliedschaftlichen Treuepfl icht lässt sich hingegen keine aktive Förderpfl icht in dem Sinne herleiten, dass der Aktionär, der die Anteilshöchstbeteiligungsquote des § 11 Abs. 4 REITG überschreitet, Aktien zu veräußern5.
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Eine unbeabsichtigte und kurzfristige Verletzung der Anteilshöchstbeteiligungsquote löst demgegenüber weder beim die Gesetzesvorschrift verletzenden Aktionär noch bei der REIT-AG nachteilige Rechtsfolgen aus. Dies betrifft vor allem den Fall, dass ein Aktionär ohne eigenes Zutun die Beteiligungsquote von 10 % überschreitet, beispielsweise weil die REIT-AG eigene Aktien erwirbt oder weil der Aktionär im
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1 Hierzu Teske/Stock/Küppers, DB 2005, 906 (909 ff.). 2 Die Zulässigkeit einer solchen Regelung (Stichwort: „treaty override“) ist nicht unstreitig; vgl. Busching/Trompeter, IStR 2005, 510 (511 ff.); Klühs/Schmidtbleicher, IStR 2007, 16 (20 f.). 3 Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 53a AktG Rz. 54 f.; Bungeroth in MünchKomm. AktG, Vorbem. Rz. 19; Thaeter/Guski, AG 2007, 301 (303), jeweils m. w. N. 4 So auch Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1350); Quass/Becker, AG 2007, 421 (429); zweifelnd aber Schroeder, AG 2007, 531 (532). 5 So auch Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 (778) m. w. N.
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Wege der Gesamtrechtsnachfolge beim Erbfall (§ 1922 BGB) Aktien an der REIT-AG vom Erblasser erwirbt. Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung in § 36 Nr. 1 und § 37 WpÜG. Demgegenüber ist zweifelhaft, ob entgegen § 71b AktG („Aus eigenen Aktien stehen der Gesellschaft keine Rechte zu“) – wie im Rahmen des § 21 WpHG überwiegend angenommen1 – die Stimmrechte aus eigenen Aktien der REITAG für Zwecke der Stimmrechtsberechnung nach § 11 Abs. 4 REITG der Gesamtzahl der Stimmrechte hinzugezählt werden können. 142
Die für den REIT-Status erforderliche Einhaltung der Anteilshöchstbeteiligungsquote i. S. v. § 11 Abs. 4 REITG hat nicht zur Folge, dass Investoren (einschließlich Unternehmen der öffentlichen Hand) keine wirtschaftliche Groß- oder Mehrheitsbeteiligung halten könnten oder auf die unternehmerische Leitung – im Rahmen der aktienrechtlichen Zulässigkeit – Einfluss nehmen könnten. Dies soll anhand eines Beispielfalls verdeutlicht werden. Beispiel: Ein Lead-Investor beteiligt sich über vier 100 %ige-Tochtergesellschaften (LI 1 bis LI 4) zu je 12,5 % plus eine Stimme an einer nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft mit dem Sonderstatus eines Vor-REIT; er hält somit mittelbar 50 % plus vier Stimmen an diesem Vor-REIT. An dem Vor-REIT sind noch vier weitere Investoren beteiligt, nämlich die Club-Investoren 1 bis 4 (ClI 1 bis ClI 4) mit je 12,5 % minus 1 Stimme. Dieser „Fünfer-Club“ könnte auch wechselseitig an anderen Unternehmen mit dem Sonderstatus eines Vor-REIT in der Weise beteiligt sein, dass ein Club-Investor bei den anderen Vor-REIT Lead-Investor ist. Die Anforderungen an den Mindeststreubesitz (§ 11 Abs. 1 REITG) und Anteilshöchstbeteiligung (§ 11 Abs. 4 REITG) gelten für den Vor-REIT noch nicht. Die Beteiligungsstruktur ist in der nachfolgenden Grafi k dargestellt:
Ausgangstruktur: Fünfer-Club Modell .GCF+PXGUVQT
.+
.+
= 5VKOOGP?
.+
.+
%N+
LI 1–LI 4 je 12,5 % + 1 Stimme
%N+
%N+
%N+
ClI 1–ClI 4 je 12,5 % – 1 Stimme 8QT4'+6
In Erfüllung von § 10 REITG beschließen die Aktionäre des Vor-REIT eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts und breiter Platzierung mit Zulassung sämtlicher Aktien zum regulierten Markt. Aufgrund dieser Kapitalerhöhung verringert sich der jeweilige Aktienbesitz der Lead-Investor Vehikel 1 bis 4 sowie der Club-Investoren 1–4 auf 9,259 %; der Streubesitz beträgt 25,926 % und erfüllt damit die Mindeststreubesitzquote „im Zeitpunkt der Börsenzulassung“ von mindestens 25 % nach § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG. Der Lead-Investor, der 1 So etwa Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, § 21 WpHG Rz. 2 m. w. N. (auch zur Gegenansicht).
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über seine 100 %igen-Tochtergesellschaften LI 1 bis LI 4, mittelbar 37,037 % des Grundkapitals der REIT-AG hält, ist trotz seiner „Kontrollposition“ i. S. v. § 29 Abs. 2 WpÜG nicht verpflichtet, den übrigen Aktionären ein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG zu machen, da dieser von Anfang an diese Kontrollposition inne gehabt hat. Bestehen zwischen dem Lead-Investor (oder seinen zwischengeschalteten Vehikeln LI 1 bis LI 4) und den Club-Investoren eine Vereinbarung über die unternehmerische Ausrichtung der REIT-AG und das Abstimmungsverhalten in deren Hauptversammlung (sog. Acting in Concert, § 30 Abs. 2 WpÜG), wird der Lead-Investor bei der REIT-AG – im Rahmen der aktienrechtlichen Zulässigkeit unter der Berücksichtigung der autonomen Unternehmensleitungsbefugnis des Vorstandes – eine bestimmende Rolle spielen. Die Beteiligungsstruktur nach dem IPO stellt sich grafisch wie folgt dar: Fünfer-Club nach IPO =?
.GCF+PXGUVQT
.+
.+
.+
.+
%N+
%N+
%N+
%N+
(TGG(NQCV
4'+6#)
Erwirbt die REIT-AG später von zwei weiteren 100 %igen-Tochtergesellschaften des Lead-Investors (LI 5 und LI 6) Immobilien gegen Gewährung neuer Aktien an der REIT AG (Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss) so kann der Lead-Investor sein mittelbares Stimmgewicht an der REIT-AG noch deutlich erhöhen, ohne die Mindeststreubesitzquote von 15 % (§ 11 Abs. 1 Satz 1 REITG) zu gefährden; bei Kapitalerhöhungen, die dem Börsengang nachfolgen (sog. Secondary Offerings) gilt die strengere Mindestreubesitzquote von 25 % (§ 11 Abs. 1 Satz 2 REITG) nicht (Rz. 121). Wird das Grundkapital der REIT AG durch diese weitere Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss um 20 % erhöht, beträgt das mittelbare Stimmgewicht des Lead-Investors 47,53 %, während der Streubesitz noch 21,605 % erreicht. Damit wird im praktischen Regelfall der Lead-Investor auch ohne die Club-Investoren (ClI 1 bis ClI 4) die einfache Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung kontrollieren können. Die Aktionärsstruktur nach dieser weiteren Kapitalerhöhung stellt sich grafisch wie folgt dar: Fünfer-Club nach weiterer Sach-Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss um 20 % des Grundkapitals .GCF+PXGUVQT
.+
.+
.+
=?
.+
.+
PGW
.+
PGW
%N+
%N+
%N+
%N+
5VTGW DGUKV\
4'+6#)
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Da die Aktien der REIT-AG zur Erlangung und Beibehaltung des REIT-Status zwingend an einem organisierten EU/EWR-Markt i. S. v. § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sein müssen, sind die Vorschriften des Wertpapiererwerbs und Übernahmegesetzes (WpÜG) von den Kapitalmarktteilnehmern und der REIT-AG zu berücksichtigen (Rz. 47). Dies gilt insbesondere auch für die Sondervorschrift der Stimmrechtszurechnung nach § 30 WpÜG und der öffentlich rechtlichen Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots bei Kontrollerwerb (§ 35 WpÜG), d. h. bei Erwerb von mindestens 30 % der Stimmrechte an der REIT-AG.
144
Die Einhaltung der Statusanforderung der Anteilshöchstbeteiligungsquote nach § 11 Abs. 4 REITG wird vom Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung festgestellt und das Ergebnis seiner Feststellung in einem besonderen Vermerk zusammengefasst (§ 1 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 REITG)1.
9. Ausschüttungsverpflichtung 145
Als börsennotierte Aktiengesellschaft ist die REIT-AG grundsätzlich zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches verpflichtet (§§ 242, 264 HGB), der die Grundlage für die jährliche Gewinnverwendung bildet. Daneben hat die REIT-AG im praktischen Regelfall2 auch einen den Vorgaben des § 315a HGB entsprechenden Konzern-, andernfalls einen Einzelabschluss nach IAS/IFRS aufzustellen (vgl. § 12 Abs. 1 REITG)3. Während dieser IAS/IFRS-Einzeloder Konzernabschluss wegen des durchgängigen „Fair Value“-Ansatzes die Bewertungsbasis für die Zusammensetzung des Vermögens (§ 12 Abs. 2 REITG4) und der Erlöse (§ 12 Abs. 3 REITG5) der REIT-Aktiengesellschaft bildet, ist für die Gewinnverwendung auch bei der REIT-AG der nach den Vorschriften des HGB festgestellte Jahresabschluss heranzuziehen6 .
146
Nach § 13 Abs. 1 muss die REIT-AG „bis zum Ende des folgenden Geschäftsjahres mindestens 90 % ihres handelsrechtlichen Jahresüberschusses [i. S. v. § 275 HGB], gemindert um die Dotierung der Rücklage gemäß [§ 13 Abs. 3 Satz 1 REITG] und erhöht um die Auflösung der Rücklage gemäß [§ 13 Abs. 2 Satz 2 REITG] an die Aktionäre als Dividende ausschütten“7. Diese Mindestausschüttungsverpflichtung impliziert nicht per se einen gesetzlichen Anspruch der Aktionäre auf eine entsprechende Beschlussfassung der Hauptversammlung8 . Ein solcher Aktionärsanspruch und eine erweiterte Pflichtenbindung des Vorstandes und des Aufsichtsrates kann aber durch eine entsprechende Satzungsbestimmung begründet werden. Dies wird
1 Für ein Muster zum Vermerk des Abschlussprüfers siehe Teil G., Formular 7, Rz. 1015. 2 Ebenso Buschhüter in Striegel, § 12 REITG Rz. 11. 3 Vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 54; Buschhüter in Striegel, § 12 REITG Rz. 12. – Zur Rechnungslegung der REIT-AG siehe auch Kühnberger, BB 2007, 1211 ff. 4 Dazu Rz. 154. 5 Dazu Rz. 154. 6 Da nach dem IFRS-Ansatz auch nicht realisierte Gewinne unter Umständen an die Anteilseigner auszuschütten wären, ist der IFRS-Konzern- oder Einzelabschluss als Grundlage der Ausschüttungsbemessung nicht geeignet (Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 16). 7 Fast alle weltweit bestehenden REITGe schreiben jährlich durchzuführende Mindestausschüttungen (in unterschiedlicher Höhe) vor; vgl. Fabry/Riha, RIW 2006, 528 (531); vgl. auch Kofner, WuW 2006, 548 (549). 8 Hierzu Quass/Becker, AG 2007, 421 (430 f.).
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Statusanforderungen der REIT-AG
teilweise ausdrücklich empfohlen1, teilweise im Hinblick auf die Bestimmung des Eigenkapital nach IAS 32 abgelehnt2 . Auch in dieser Frage der Satzungsgestaltung verbietet sich eine vom Einzelfall losgelöste Empfehlung, sondern es wird auf die Umstände des Einzelfalls (Aktionärszusammensetzung, Wettbewerbsumfeld und Kapitalmarkterwartungen, Anforderungen von Ratingagenturen und Banken an die Bestimmung des Eigenkapitals). Für die Berechnung der Mindestausschüttungsverpflichtung enthält § 13 REITG mehrere Sonderregeln: Zur Gewährleistung einer betragsmäßig möglichst hohen Ausschüttung findet bei der Bemessung der Mindestausschüttungsverpflichtung die Bestimmung zur gesetzlichen Rücklage nach § 150 AktG keine Anwendung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 REITG). Allerdings können Gewinne einer REIT-AG aus der Veräußerung von unbeweglichen Vermögen im HGB-Jahresabschluss bis zur Hälfte in eine Rücklage eingestellt werden, sofern sie sich auf die Zeit während der Steuerbefreiung bezieht (§ 13 Abs. 3 Satz 1 REITG). Diese ist allerdings bis zum Ablauf des zweiten auf das Jahr der Einstellung folgenden Geschäftsjahres aufzulösen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 REITG). Planmäßige Abschreibungen sind bei der Ermittlung des Jahresüberschusses der REIT-AG nur in gleichbleibenden Jahresraten zulässig (§ 13 Abs. 2 REITG). Auch mit dieser Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, ein betragsmäßig möglichst hohes Ausschüttungsvolumen zu erreichen3. Außerplanmäßige Abschreibungen bleiben aber erlaubt und mindern den handelsrechtlichen Jahresüberschuss4 . Die im Regierungsentwurf in § 13 Abs. 4 REITG-E noch enthaltene, missverständliche5 Regelung, derzufolge die REITAG über den Gewinn hinaus auch Abschreibungsbeträge ausschütten können sollte, ist im Gesetzgebungsverfahren zurecht gestrichen worden.
147
Die Berechnung der Mindestausschüttungsverpflichtung nach § 13 REITG ist in tabellarischer Form nachfolgend zusammengefasst:
148
Berechnung der Mindestausschüttungsverpflichtung (§ 13 REITG) Handelsrechtlicher Jahresüberschuss (bei zwingendem Ansatz von planmäßigen Abschreibungen in gleich bleibenden Jahresraten und Zulässigkeit außerplanmäßiger Abschreibungen bei dauerhaften Wertminderungen i. S. v. § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB) i. S. v. § 275 Abs. 2 Nr. 20 bzw. Abs. 3 Nr. 19 HGB ./.
Einstellung von 50 % der Veräußerungsgewinn-/Reinvestitionsrücklage nach § 13 Abs. 3 Satz 1 REITG
+
Auflösung der Veräußerungsgewinn-/ Reinvestitionsrücklage nach § 13 Abs. 3 Satz 2 REITG
O
keine Dotierungspflicht in Pflichtrücklage und (nur) Ausschüttungssperre für Veräußerungsgewinn-/Reinvestitionsrücklage i. S. v. § 150 AktG (teleologische Reduktion von § 13 Abs. 1 Satz 2 REITG)
O
keine Berücksichtigung von Gewinnvorträgen Zwischensumme Verrechnung mit Verlustvorträgen i. S. v. § 158 AktG (teleologische Reduktion von § 13 Abs. 1 Satz 1 REITG wegen Vorranges der Kapitalerhaltungsnorm des § 57 AktG)
1 Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); Hahn, ZGR 2006, 805 (834); Fleischer in K. Schmidt/ Lutter, § 58 AktG Rz. 56. 2 Kraft, ZGR 2008, Heft 3 (im Erscheinen). 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 56. 4 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 56. 5 van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787 (789).
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Berechnung der Mindestausschüttungsverpflichtung (§ 13 REITG) ./.
Einstellung von Beträgen zur Bildung einer Rücklage für eigene Anteile i. S. v. § 272 Abs. 4 HGB, soweit notwendig aus Bilanzgewinn zu bilden (teleologische Redaktion von § 13 Abs. 1 Satz 1 REITG wegen Vorranges der Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 71a AktG)
+
Auflösung von Beträgen in der Rücklage für eigene Anteile, soweit aus Bilanzgewinn gebildet
=
Ausschüttungsverpflichtung in Höhe von 90 % der Endsumme
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Bei der technischen Erfüllung der Ausschüttungsverpflichtung ist der Umstand problematisch, dass die Hauptversammlung grundsätzlich auf Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat (vgl. §§ 124 Abs. 3 Satz 1, 170 Abs. 2 AktG) über die Verwendung des Bilanzgewinns entscheidet (§§ 119 Abs. 1 Nr. 2, 174 AktG). Damit steht also die Hauptversammlung und die Gesamtheit der Aktionäre in der Pflicht, die Mindestausschüttungsverpflichtung zu erfüllen. Mittelbaren Mehrheitsaktionären ist damit faktisch die Möglichkeit eröffnet, eine Ausschüttung in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zu blockieren und mit der hierdurch ausgelösten Festsetzung einer Zahlung gegen die REIT-AG nach § 16 Abs. 5 REITG einen Schaden bei der REIT-AG und mittelbar bei den Mitaktionären zu verursachen. Einem solchen Abstimmungsverhalten über die Verwendung des Bilanzgewinns kann im Einzelfall allerdings die mitgliedschaftliche Treuepflicht entgegenstehen1. Diese beruht auf dem Gedanken, dass die Maßnahmen einzelner Aktionäre weder dem Gesellschaftszweck noch den Interessen der Gesellschaft und der Mitaktionäre in unverhältnismäßiger Weise zuwiderlaufen dürfen 2 . Da die egoistischen Ziele eines Aktionärs für sich genommen seine Stimmabgabe jedoch noch nicht unzulässig werden lassen, ist in solchen Fällen stets eine Interessenabwägung im Einzelfall anzustellen. Ergibt diese Abwägung, dass die Ausübung des Stimmrechts im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses eine willkürliche oder unverhältnismäßige Rechtsausübung der Mehrheitsaktionäre darstellt, so ist die betreffende Stimmabgabe gegebenenfalls nichtig3. Die initiale Feststellung der nichtigen Stimmabgabe obliegt dem Versammlungsleiter der Hauptversammlung.
150
Die Mindestausschüttungsverpfl ichtung ist aber auch unter materiellen Finanzierungsgesichtspunkten problematisch, da sie die Durchführung ggf. notwendiger oder wirtschaftlich sinnvoller Investitionen beschränkt (siehe auch Rz. 213 ff., insbes. 215)4 . Denn die Mindestausschüttungsverpfl ichtung beschränkt in erheblichem Maße die Binnenfi nanzierungskraft der REIT-AG, gleichzeitig ist aber auch das Aufnahmepotential von Fremdkapital gegen § 15 REITG (Mindesteigenkapital) beschränkt (siehe auch Rz. 219). Eine gewisse Erleichterung bezweckt der Gesetzgeber mit der Erlaubnis an die REIT-AG, die Hälfte etwaiger Gewinne aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen bis zu zwei Jahre in eine Rücklage zur Anschaffung von (neuem) unbeweglichem Vermögen einzustellen (vgl. § 13 Abs. 3 REITG). Die hierdurch verursachte Absenkung der Ausschüttungsbasis setzt allerdings voraus, dass überhaupt solche Veräußerungsgewinne angefallen sind oder für die notwendigen oder wirtschaftlich sinnvollen Neuinvestitionen 1 Siehe hierzu auch Rz. 140, sowie Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1184); Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 58 AktG Rz. 56 Fn. 192. 2 Thaeter/Guski, AG 2007, 301 (303) m. w. N. 3 Vgl. Hüffer, § 53a AktG Rz. 22. 4 Vgl. Fabry/Riha, RIW 2006, 528 (531); Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 (256); Ziemons, BB 2007, 449 (453 f.).
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ausreichen. Zur Möglichkeit der Thesaurierung von Jahresüberschüssen in nachgelagerten Beteiligungsgesellschaften der REIT-AG siehe Rz. 215. Die Vorab-Thesaurierungsmöglichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 58 Abs. 2 AktG besteht nur in Höhe von maximal 10 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses. Machen Vorstand und Aufsichtsrat mit dieser Maximalhöhe von ihrem Recht zur Einstellung dieses Teils des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen Gebrauch, so ist der restliche Jahresüberschuss von der Hauptversammlung in voller Höhe auszuschütten.
151
Fehlt es an einer Satzungsabsicherung der Mindestausschüttungsverpflichtung ist zwar das Ermessen von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Feststellung des Jahresabschlusses im Hinblick auf § 13 Abs. 1 REITG beschränkt, allerdings bleibt der von ihnen festgestellte Jahresabschluss gleichwohl wirksam, wenn die Unternehmensorgane sich über diese Ermessensgrenzen hinwegsetzen; sie machen sich indes nach §§ 93 Abs. 2, 116 Satz 1 AktG schadenersatzpflichtig1.
152
Die Einhaltung der Mindestausschüttungsquote ist vom Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung festzustellen und das Ergebnis seiner Feststellung ist von diesem in einem besonderen Vermerk zusammenzufassen (§ 1 Abs. 4 Sätze 2 und 4 REITG)2 .
153
10. Vermögens- und Ertragsstruktur a) Überblick Die Vorschrift des § 12 REITG enthält bestimmte Anforderungen an die Vermögensund Ertragsstruktur der REIT-AG, die diese erfüllen muss, um die Steuerbefreiung nach § 16 REITG und den REIT-Status zu erhalten. Für die Feststellung der Einhaltung der Vermögens- und Ertragsstruktur nach § 12 REITG kommt es auf den IAS/ IFRS-Konzernabschluss gemäß § 315a HGB oder subsidiär – wenn ausnahmsweise3 keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses besteht – auf den IAS/IFRS-Einzelabschluss gemäß § 325 Abs. 2 a HGB an4 . In jedem Fall ist das unbewegliche Vermögen bei der Bestimmung der Vermögens- und Ertragsstruktur der REIT-AG mit dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) i. S. v. IAS 40 anzusetzen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 REITG). Beteiligungen an Immobilienpersonengesellschaften gelten für diese Bestimmung als unbewegliches Vermögen und sind ebenfalls mit dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) zu bewerten (§ 12 Abs. 1 Satz 3 REITG).
154
Der Konzernabschlussprüfer hat im Rahmen seiner Konzernabschlussprüfung die Einhaltung der Vermögens- und Ertragsstrukturanforderungen festzustellen und das Ergebnis der Feststellung in einem besonderen Vermerk zusammenzufassen (§ 1 Abs. 4 Satz 5 REITG). Sofern kein Konzernabschluss aufgestellt wird, trifft den Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung diese Verpflichtung (§ 1 Abs. 4 Sätze 3 und 4 REITG).
155
1 Vgl. Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1184); Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 58 AktG Rz. 56. 2 Für einen Muster-Vermerk nach § 1 Abs. 4 REITG siehe Teil G., Formular 7, Rz. 1015. 3 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 54; Buschhüter in Striegel, § 12 REITG Rz. 11. 4 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 5; vgl. auch Dettmeier/Pöschke, BB 2006, 1731 ff.
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Die Anforderungen an die Vermögens- und Ertragsstruktur haben erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierungsfähigkeit der REIT-AG (siehe hierzu Rz. 213 ff.). b) Anforderungen an die Vermögensstruktur 156
Nach § 12 Abs. 2 REITG muss nach Abzug (1) der Ausschüttungsverpflichtung von 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses gemäß § 13 Abs. 1 REITG sowie (2) der im Geschäftsjahr oder im Vorjahr gebildeten Rücklage nach § 13 Abs. 3 REITG mindestens 75 % des Aktivvermögens der REIT-Aktiengesellschaft zum Ende eines jeden Geschäftsjahrs zum unbeweglichen Vermögen gehören (§ 12 Abs. 2 lit. a) REITG)1, und allenfalls 20 % des ausgewiesenen Vermögens des REITs dürfen aus REIT-Dienstleistungsgesellschaften stammen (§ 12 Abs. 2 lit. b) REITG). Die Ausrichtung der REIT-AG auf die Immobilientätigkeit als Kerngeschäft muss sich insoweit auch in der Zusammensetzung ihres Aktivvermögens widerspiegeln.
157
Zum unbeweglichen Vermögen gehören Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, vergleichbare Rechte anderer Staaten (§ 3 Abs. 8 Satz 1 REITG) sowie Beteiligungen an Immobilienpersonengesellschaften (§ 12 Abs. 1 Satz 3 REITG). Erfasst werden danach also insbesondere Grund und Boden, Gebäude, sonstige Bestandteile und Zubehör, nicht aber Bodenschätze oder Betriebsvorrichtungen (selbst wenn letztere wesentliche Bestandteile eines Gebäudes sind)2 . Auch Schiffe und Luftfahrzeuge, die teilweise als Grundstücke behandelt werden 3, gelten nach § 3 Abs. 8 Satz 2 REITG nicht als unbewegliches Vermögen. Grundstücksgleiche Rechte (und also Teil des unbeweglichen Vermögens) sind solche Rechte, die dem Inhaber eine sachenrechtliche Position einräumen (z. B. Erbbaurechte, Rechte in Form von Wohnungseigentum), nicht aber Rechte, die lediglich der Sicherung schuldrechtlicher Ansprüche dienen wie etwa Hypotheken oder Grundschulden4 .
158
Die Vermögensstrukturanordnung birgt für die REIT-AG insbesondere in BaissePhasen des Immobilienmarktes und einer damit einhergehenden „Abwertung“ von Immobilienbeständen das Risiko, ohne eigenes Verschulden einen „Doppelschaden“ durch (1) Wertverlust ihres Immobilienbestandes einerseits und (2) drohender („Straf-“)Zahlung5 i. S. d. § 16 Abs. 3 REITG andererseits zu erleiden6 . Auch in den Phasen nach dem Börsengang oder späteren Barkapitalerhöhung besteht aufgrund der eingeworbenen Geldmittel das erhöhte Risiko, die Vermögensstrukturanordnung des § 12 Abs. 2 REITG zu verletzen7. Zu Fragen der Haftung der Unternehmensorgane in diesen Situationen siehe Rz. 197–201. Bei einem mehrjährigen Verstoß gegen die Vermögensstrukturanordnung der REIT-AG ist auch ein Verlust der Steuerbefreiung nach § 18 Abs. 5 REITG möglich (Rz. 174).
1 Zu vergleichbaren Regelungen in den REITGen anderer Staaten s. Fabry/Riha, RIW 2006, 528 (530). 2 Vgl. den gemeinsamen Ländererlass zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen v. 15.3.2006, BStBl. I 2006, S. 314. 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 53. 4 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.2.2.1.1. 5 Der Begriff „Strafzahlung“, der im ursprünglichen Regierungsentwurf des REITG noch verwendet wurde, ist im überarbeiteten Entwurf durch den Begriff „Zahlung“ ersetzt worden (vgl. insoweit Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 59). 6 Vgl. Ziemons, BB 2007, 449 (451). Für eine Anhebung der beiden Mindestquoten indes Kofner, WuW 2006, 548 (549 f.). 7 Haury in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 12 REITG Rz. 32.
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c) Anforderungen an die Ertragsstruktur Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 REITG stellt Anforderungen an die Ertragsstruktur der REIT-AG und soll nach der gesetzgeberischen Intention ebenfalls die Ausrichtung der REIT-AG auf eine überwiegende Immobilientätigkeit widerspiegeln; Tätigkeitsschwerpunkt der REIT-AG sollen nach der Begründung des Regierungsentwurfs „stets die in ihrem Eigentum stehenden Immobilien sein“1. So müssen mindestens 75 % der Umsatzerlöse zuzüglich der sonstigen Erträge aus unbeweglichem Vermögen 2 eines Geschäftsjahres aus Vermietung, Leasing, Verpachtung einschließlich immobiliennaher Tätigkeiten oder der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen stammen. Höchstens 20 % der Umsatzerlöse dürfen dabei von (nicht steuerprivilegierten 3) REIT-Dienstleistungsgesellschaften (vgl. § 3 Abs. 2 REITG) herrühren, da die von diesen Gesellschaften erbrachten entgeltlichen Nebentätigkeiten für Dritte das Kerngeschäft der REIT-AG lediglich ergänzen, nicht aber überlagern sollen.
159
11. Mindesteigenkapital Eine weitere, die Finanzstruktur der REIT-AG betreffende Anforderung enthält § 15 REITG, demzufolge das am Ende eines Geschäftsjahres im IAS/IFRS-Einzel- bzw. Konzernabschluss ausgewiesene Eigenkapital der REIT-AG 45 % des Betrages, mit dem das unbewegliche Vermögen im IAS/IFRS-Einzel- bzw. Konzernabschluss nach § 12 Abs. 1 REITG angesetzt ist, nicht unterschreiten darf. Vergleichbare Anforderungen an das Mindesteigenkapital sehen auch andere Jurisdiktionen (z. B. Italien, Belgien und die Niederlande) zur Anerkennung eines REIT-Unternehmens vor4 . Nach der gesetzgeberischen Intention ist Zweck der Bestimmung, das Kapital der REIT-AG als Eigentümerin der Immobilienbestände und mithin ihre Finanzkraft in besonderer Weise zu sichern und einen hinreichenden Gläubigerschutz zu gewährleisten5. Die REIT-AG wird damit gezwungen, das Geschäftswachstum mit einem hohen Eigenkapitalanteil zu finanzieren. Diese durch das Mindesteigenkapitalerfordernis verursachte erhebliche Beschränkung der Finanzierungsfreiheit (siehe auch Rz. 213 ff.) der REIT-AG ist indes nicht überzeugend: Bereits das Aktienrecht hält ein ausreichendes Instrumentarium zum Gläubigerschutz bereit, insbesondere die Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sowie funktionsähnliche Vorschriften (z. B. des Erwerbs eigener Aktien), Verhaltenspflichten der Geschäftsleiter und das Rechtsinstitut des existenzgefährdenden Eingriffs6 . Zudem kann die Fremdkapitalaufnahme durchaus im Gläubigerinteresse liegen, etwa wenn mit dem
1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22, vgl. auch Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (101). 2 Zu den sonstigen Erträgen aus unbeweglichem Vermögen gehören Erträge, die nicht regelmäßig wiederkehren, erfolgswirksam erfasste Bewertungsgewinne und -verluste, realisierte Veräußerungsverluste sowie Erträge aus Vermietung, Leasing, Verpachtung und Veräußerung von unbeweglichem Vermögen, soweit sie nicht unter den Umsatzerlösen zu erfassen sind (§ 12 Abs. 4 REITG). 3 REIT-Dienstleistungsgesellschaften unterliegen mit ihren Einkünften der Körperschaftund Gewerbesteuer; vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19; Dettmeier/Gemmel/ Kaiser, RIW 2006, 832 (837). 4 Vgl. Fabry/Riha, RIW 2006, 528 (530). 5 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 17 und 23; zustimmend Schmidt/Behnes, BB 2006, 2329 (2333); kritisch Ziemons, BB 2007, 449 (453); Helios in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 15 REITG Rz. 1. 6 Zum Gläubigerschutz bei Leverage-Transaktionen ausführlich Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (294 ff.).
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
zusätzlichen Fremdkapital die Unternehmensfortführung gesichert wird. Schließlich kann das Mindesteigenkapitalerfordernis auch durch Umstände außerhalb des Verantwortungsbereichs der Unternehmensorgane verletzt werden, und ein hieraus folgender Verlust des REIT-Status mit Verlust der Steuerprivilegierung nach § 16 REITG liegt ebenfalls nicht im Gläubigerinteresse. Immerhin hat der Gesetzgeber zu Recht die zunächst geplante Regelung (§ 15 REITG-RegE1) die einerseits vorschrieb, dass ein Kreditaufnahme in der Satzung ausdrücklich zugelassen sein müsste, zum anderen in unklarer Weise die Höhe der Kreditaufnahme im Verhältnis zum Gesellschaftsvermögen abstellte, nicht umgesetzt2 . 161
Der Konzernabschlussprüfer hat im Rahmen seiner Prüfung des Konzernabschlusses die Einhaltung der Mindesteigenkapitalquote festzustellen und darüber einen besonderen Vermerk anzufertigen (§ 1 Abs. 4 Satz 5 REITG). Wird kein Konzernabschluss erstellt, so trifft den Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung diese Verpflichtung (§ 1 Abs. 4 Satz 3 und 4 REITG).
12. Beschränkungen der Geschäftsführung a) Verbot des Immobilienhandels 162
Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 REITG untersagt es der REIT-AG, Handel mit ihrem unbeweglichen Vermögen zu betreiben. Das Kerngeschäft der REIT-AG ist nach der gesetzgeberischen Intention lediglich das Halten und Bewirtschaften – nicht aber das Veräußern 3 – von unbeweglichem Vermögen4, zumal die steuerliche Privilegierung von REIT-Unternehmen im Falle des Immobilienhandels zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung gegenüber anderen Immobilienanlagevehikeln, Maklern und Grundstückshändlern führen würde5.
163
Nach § 14 Abs. 2 REITG liegt ein (unzulässiger) Handel mit Immobilien immer dann vor, wenn die REIT-AG sowie ihre in den Konzernabschluss einzubeziehenden Tochterunternehmen (also Immobilienpersonengesellschaften oder Auslandsobjektgesellschaften) innerhalb der letzten 5 Geschäftsjahre (bzw. – sofern die REIT-AG noch keine 5 Jahre besteht – innerhalb der bisherigen Geschäftsjahre, § 14 Abs. 2 Satz 3 REITG) Erlöse aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen erzielt haben, die mehr als die Hälfte des Wertes des durchschnittlichen Bestandes an unbeweglichem Vermögen innerhalb desselben Zeitraums ausmachen. Aus der Konzernbetrachtung des Handelsverbots folgt, dass auch die Veräußerung von Immobilienbeteiligungen hierunter fällt 6 . Für die Ermittlung des durchschnittlichen Bestandes ist dabei grundsätzlich auf die im IAS/IFRS-Einzel- bzw. Konzernabschluss ausgewiesenen Bestände abzustellen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 REITG). Ein weitergehender (auch vollständiger) Ausschluss des Immobilienhandels kann daneben – wiewohl selten sinnvoll – durch Satzungsregelung erfolgen7. 1 RegE BT-Drucks. 16/4026. 2 Zur Kritik: van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787 (789); vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 58. 3 Der Erwerb von Immobilien wird von dem Verbot des § 14 Abs. 1 REITG hingegen nicht umfasst. 4 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 23. 5 Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (101). 6 Ebenso Conradi, Rz. 577; Meyer in Striegel, § 14 REITG Rz. 11; Wiesbrock in Helios/Wewel/ Wiesbrock, § 14 REITG Rz. 4. 7 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 23.
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Das (gesetzliche) Verbot des Immobilienhandels gilt demnach nicht absolut: Innerhalb der von § 14 Abs. 2 REITG gezogenen Grenzen kann die REIT-AG ihr unbewegliches Vermögen vielmehr sanktionslos veräußern, wodurch ihr die Möglichkeit eröffnet wird, ihr Immobilienportfolio an die jeweilige Marktsituation anzupassen und auf die Entwicklungen im Immobiliengeschäft angemessen zu reagieren. Zudem wird auch eine Benachteiligung der REIT-AG gegenüber offenen Immobilienfonds1, die ihre Immobilienbestände ohne jegliche Einschränkung veräußern dürfen, sowie gegenüber ausländischen REIT-Konstruktionen verhindert2 . Um „steuerliche Mitnahmeeffekte“ auszuschließen, besteht jedoch eine Haltefrist von 4 Jahren für solche Immobilien, die zu einer begünstigten Besteuerung der stillen Reserven eingebracht worden sind. Kommt es innerhalb der 4-Jahres-Frist zu einer Veräußerung dieser Immobilien, so entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend, und der Grundstückserwerber haftet für die sich daraus ergebenden Steuern (§ 3 Nr. 70 EStG)3.
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An der Regelung des § 14 REITG ist der Umstand problematisch, dass es den Unternehmensorganen der REIT-AG wegen außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegenden Umständen (z. B. erhebliche Wertverluste des Immobilienbestandes nach dem Verkauf von unbeweglichem Vermögen) gegebenenfalls nicht möglich ist, die 50 %-Grenze einzuhalten. Nach § 18 Abs. 2 REITG kann es in solchen Fällen zu einem unverschuldeten und für die REIT-AG nicht vorhersehbaren Verlust des REITStatus kommen. Zur Haftung von Unternehmensorganen in solchen Sachverhalten siehe Rz.198 ff. Zudem kann § 14 REITG dazu führen, dass betriebswirtschaftlich sinnvolle oder gar notwendige Desinvestitionen im Hinblick auf den drohenden Verlust der Steuerbefreiung nicht durchgeführt werden4 . Für REIT-AG, die lediglich ein oder zwei Immobilien halten, kann sich aus § 14 REITG zudem ein faktisches Veräußerungsverbot ergeben5.
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Sofern kein Konzernabschluss aufgestellt wird, hat der Abschlussprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung die Einhaltung des Verbots des Immobilienhandels festzustellen und das Ergebnis seiner Feststellungen in einem besonderen Vermerk zusammenzufassen (§ 1 Abs. 4 Satz 3 und 4 REITG). Andernfalls erfolgen diese Feststellungen im Rahmen der Konzernabschlussprüfung durch den Konzernabschlussprüfer (§ 1 Abs. 4 Satz 5 REITG).
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b) Verbot entgeltlicher, nicht immobiliennaher Dienstleistungen Der REIT-AG ist es ferner untersagt, nicht immobiliennahe Tätigkeiten für Entgelt gegenüber Dritten zu erbringen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 REITG). Solche Tätigkeiten, die der Verwaltung, Pflege und Fortentwicklung von Immobilienbeständen dienen (§ 3 Abs. 6 REITG), darf die REIT-AG vielmehr nur über ihre (voll steuerpflichtigen) 100 %-igen Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (REIT-Dienstleistungsgesellschaften, vgl. § 3 Abs. 2 REITG) vornehmen (§ 1 Abs. 2 REITG), wobei die Aktiva und die Erträge dieser Gesellschaften maximal 1 Hierzu auch Kiethe, ZfIR 2005, 746 f.; Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 f.; Schacht/Gänsler, DStR 2006, 1518 (1520). – Zur Benachteiligung geschlossener Immobilienfonds gegenüber REIT-Aktiengesellschaften siehe Wagner, NZG 2006, 846 (848). 2 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 18 und 23; zustimmend Schacht/Gänsler, IStR 2007, 99 (101). 3 Siehe hierzu Schiessl, Rz. 853, vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 18; Schultz/ Thießen, DB 2006, 2144 (2146). 4 Meyer in Striegel, § 14 REITG Rz. 7. 5 Vgl. auch Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.2.2.5.
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20 % des Vermögens und der Erträge der REIT-AG ausmachen dürfen (§ 12 Abs. 2 und 3 REITG). Gesetzgeberischer Zweck dieses Verbotstatbestandes ist es, insbesondere im Interesse des Mittelstandes auszuschließen, dass REIT-Aktiengesellschaften mit ihren Tätigkeiten in Konkurrenz zu anderen, nicht steuerbefreiten Unternehmen treten (Verhinderung des Eintritts von Wettbewerbsverzerrungen)1.
13. REIT-Statusanforderungen: Überwachung und Sanktionen bei Verletzung 168
Solange der Unternehmensgegenstand einer Aktiengesellschaft darauf ausgerichtet ist, den REIT-Status und die Steuerprivilegierung nach § 16 REITG zu erhalten 2 , sind die Verwaltungsorgane Vorstand und Aufsichtsrat verpflichtet, die hierfür notwendigen Maßnahmen zu treffen, es sei denn, dies führt – wohl eher theoretisch – zur Existenzgefährdung des Unternehmens. Die Überwachung dieser statuserhaltenden Maßnahmen obliegt in erster Linie dem Vorstand als Gesamtorgan (sog. horizontale Selbstkontrolle)3, sekundär dem Aufsichtsrat (sog. vertikale Fremdkontrolle; vgl. § 111 AktG). Bei der REIT-SE ist hierfür der Verwaltungsrat zuständig. Aktionäre können auf die Erhaltung des REIT-Status bezogene Geschäftsführungsmaßnahmen nur mittels ihres Auskunftsrechts auf der Hauptversammlung (§ 131 AktG) und durch Sonderprüfung (§§ 142 ff. AktG) hinwirken. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber dem REITG den Abschlussprüfer zur Überwachung der Einhaltung bestimmter Statusanforderungen eingeschaltet. Über seine Prüfung hat er einen besonderen Vermerk (mit Haftungsbewährung i. S. v. § 323 HGB) zu erstellen und überdies die Richtigkeit einzelner Angaben in der Steuererklärung der REIT-AG gegenüber dem für die REIT-AG zuständigen Finanzamt (auf dessen Anfrage) zu bestätigen (§ 21 Abs. 3 Satz 3 REITG). Schließlich hat er im Rahmen der gewöhnlichen Abschlussprüfung die Statusanforderung des Unternehmensgegenstands (§ 1 REIT), Ort des Satzungssitzes und der Geschäftsleitung (§ 9 REITG) und der Börsenzulassung (§ 10 REITG) zu prüfen. Siehe auch Fründ/Völker, Rz. 980 ff.
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Eine Aufstellung der Überwachungspflichten des Abschlussprüfers ist in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt: Abschlussprüfer als Kontrollinstitution zur Einhaltung von Vorschriften des REITG #
Aufgabe
1
Feststellung der Übereinstimmung (1) der Berechnung der Streu§ 1 Abs. 4 Sätze 1, besitzquote (§ 11 Abs. 1 REITG) und (2) des maximalen Anteilsbe- 4 und 6 REITG sitzes je Aktionärs (§ 11 Abs. 4 REITG) mit den Meldungen gemäß § 11 Abs. 5 REITG in einem besonderen Vermerk (mit Haftungsbewährung i. S. v. § 323 HGB), nicht: objektive Feststellung der Einhaltung der Streubesitzquote und der Höchstbeteiligungsgrenze
Norm
1 Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 779/06, S. 10. 2 So z. B. § 1.1 Satz 2 Muster-Satzung einer REIT-AG (Teil G., Formular 1, Rz. 1009) bzw. einer REIT-SE (Teil G., Formular 4, Rz. 1012). 3 Hierzu Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 77 AktG Rz. 2; Fleischer, NZG 2003, 449 (459); von Werder in Sadowski/Czap/Wächter, Regulierung und Unternehmenspolitik, 1996, S. 257 (274 f.); Bernhardt/Witt, ZfB 69 (1999), 825 (841).
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Statusanforderungen der REIT-AG
Abschlussprüfer als Kontrollinstitution zur Einhaltung von Vorschriften des REITG #
Aufgabe
Norm
2
Feststellung der Einhaltung (1) der Ausschüttungsverpflichtung und (2) der speziellen Bilanzierungsregeln (§ 13 REITG), im Hinblick auf die Ausschüttungsverpflichtung bezogen auf die für das vorangegangene Geschäftsjahr vorgenommene Ausschüttung, in einem besonderen Vermerk (mit Haftungsbewährung i. S. v. § 323 HGB)
§ 1 Abs. 4 Sätze 2, 4 und 6 REITG
3
Feststellung der Einhaltung der Verpflichtungen zum Bilanzstichtag (1) aus § 12 REITG (Vermögens- und Ertragsanforderungen), (2) aus § 14 REITG (Ausschluss des Immobilienhandels) und (3) aus § 15 REITG (Mindesteigenkapital), jeweils anhand des ggf. über eine Nebenrechnung modifizierten IFRS-Abschlusses, in einem besonderen Vermerk (mit Haftungsbewährung i. S. v. § 323 HGB)
§ 1 Abs. 4 Sätze 3, 4 und 6 REITG
4
Bestätigung der Richtigkeit einzelner Angaben in der Steuererklärung der REIT-AG gegenüber dem für die REIT-AG zuständigen Finanzamt (auf Anfrage)
§ 21 Abs. 3 Satz 3 REITG
5
Prüfung von statusbegründenden Anforderungen im Rahmen der gewöhnlichen Abschlussprüfung, z. B. Anforderungen an (1) Unternehmensgegenstand (§ 1 REITG), (2) Ort des Satzungssitzes und der Geschäftsleitung (§ 9 REITG), (3) Börsenzulassung (§ 10 REITG)
§§ 316 f. HGB
Und die Einhaltung der Mindeststreubesitzquote wird primär durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht. Der BaFin kommen weitreichende Ermittlungsbefugnisse zu (vgl. § 4 WpHG). Die REIT-AG hat ihr gegenüber jährlich zum 31.12. die Streubesitzquote ihrer Aktionäre mitzuteilen. Die BaFin teilt dem Bundeszentralamt für Steuern mit, wenn die Mindestquote von 15 % unterschritten wird. Schließlich überwacht das für die jeweilige REIT-AG zuständige Finanzamt die Einhaltung der REIT-Statusanforderungen. Dazu hat die REITAG in ihrer jährlichen Steuererklärung Angaben über die Einhaltung der Vorgaben des REITG zu machen (§ 21 Abs. 2 REITG). Der Steuererklärung ist zudem ein (besonderer) Vermerk des Abschlussprüfers beizufügen, in dem dieser bestätigt, dass die REIT-AG die Anforderungen der §§ 11 bis 15 REITG eingehalten hat (§ 21 Abs. 2 Satz 5, § 1 Abs. 4 REITG)1. Schließlich findet auch eine Überwachung der REIT-Statusanforderungen durch die Markthandlungen der Kapitalmarktteilnehmer (Beispiel: Absinken des Börsenkurses bei Gefährdung oder Verletzung der REIT-Statusanforderungen, da der REIT-Status regelmäßig ein wesentlicher kursbildender Faktor ist2) oder durch Finanzmarktintermediäre wie Finanzanalysten und RatingAgenturen 3.
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Neben dem aktienrechtlichen Instrumentarium der Sanktionierung von Verstößen gegen die REIT-Statusanforderungen (insbesondere Schadensersatzansprüche gegen Unternehmensorgane, Abberufung von Organmitgliedern und Kündigung von
171
1 Für einen Muster-Vermerk siehe Teil G, Formular 7, Rz. 1015. 2 Vgl. auch Schroeder, AG 2007, 531 (532). 3 Zu den Aufgaben von Rating-Agenturen und Finanzanalysten als sog. Reputational Gatekeeper des Kapitalmarkts Seibt, ZGR 2006, 501 (504 ff.) (Finanzanalysten) und Seibt in Bachmann/Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 192 ff. (Rating-Agenturen).
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Dienstverträgen) und der registergerichtlichen Amtslöschung des den REIT-Status verkörpernden Firmenzusatzes „REIT“ erfolgt die Sanktionierung vor allem auf der Ebene des Steuerrechts: Das REITG sieht in einer ersten Stufe vor, dass bestimmte Verstöße gegen REIT-Statusanforderungen mit der von der Finanzbehörde festzulegenden („Straf-“1)Zahlung geahndet werden. Diese Zahlungen stellen keine Steuern dar, so dass die Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie damit ausgeschlossen ist2 . Einen eingriffsintensiveren Sanktionstatbestand stellt die Anordnung der Beendigung der steuerlichen Privilegierung der REIT-AG, also der Verlust des REIT-Status, dar. Die Zahlungsanordnung kann durch die Finanzgerichte überprüft werden (§ 21 Abs. 1 REITG). Die gesetzliche Bestimmung der Sanktionsstufe erfasst zum einen nicht die Verletzung sämtlicher REIT-Statusanforderungen und ist zum anderen nicht immer wertungskonsistent. Soweit das Gesetz über die Nichteinhaltung einer bestimmten REIT-Statusanforderung keine steuerliche Sanktion vorsieht, kann diese auch nicht im Wege einer Analogiebildung zu einer Vorschrift des REITGes gebildet werden. Denn die Anordnung einer Gesetzessanktion ist Ausdruck der Eingriffsverwaltung, für die eine eindeutige Rechtsgrundlage bestehen muss3. Vor dem Hintergrund des gesetzlich ausdifferenzierten Sanktionstableau des REITGes verbietet sich auch ein bloßer Rückgriff auf § 16 Abs. 1 REITG in der Weise, dass jede Nichteinhaltung einer REIT-Statusanforderung zur automatischen Beendigung des REIT-Status führt. 172
Nach der gesetzlichen Regelung kann die Finanzbehörde der REIT-AG Geldzahlungen in folgenden Fällen auferlegen: – Besteht das Vermögen der inländischen REIT-AG zum Ende eines Wirtschaftsjahres zu weniger als 75 % aus unbeweglichem Vermögen (vgl. § 12 Abs. 2 REITG), so setzt die zuständige Finanzbehörde eine Zahlung in Höhe von mindestens 1 % und höchstens 3 % des Betrages, um den der Anteil des unbeweglichen Vermögens hinter dem Anteil von 75 % zurück bleibt, gegen die Aktiengesellschaft fest (§ 16 Abs. 3 REITG). – Eine ähnliche Regelung sieht das REITG auch für die Nichteinhaltung der 75 %-Bruttoertragsgrenze (vgl. § 12 Abs. 3 REITG) vor: Nach § 16 Abs. 4 REITG ordnet die zuständige Finanzbehörde bei Unterschreiten dieser Mindestertragsgrenze eine Zahlung in Höhe von 10 bis 20 % des Differenzbetrages gegen die REIT-AG an, um den die „Bruttoerträge“4 aus der Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von unbeweglichem Vermögen hinter einem Anteil von 75 % der gesamten Bruttoerträge zurückbleiben. – Bei Nichteinhaltung der Mindestausschüttungspflicht in Höhe von 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses (vgl. § 13 Abs. 1 REITG) setzt die Finanzbehörde eine Zahlung in Höhe von mindestens 20 % und höchstens 30 % des Betrages, um den die tatsächliche Ausschüttung hinter der Vorgabe von 90 % zurückbleibt, fest (§ 16 Abs. 5 REITG).
1 Der Begriff „Strafzahlung“, der im ursprünglichen Regierungsentwurf des REITG noch verwendet wurde, ist im überarbeiteten Entwurf durch den Begriff „Zahlung“ ersetzt worden (vgl. insoweit Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 59). 2 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 24. 3 Zum Gesetzesvorbehalt grundlegend BVerfG v. 14.3.1972 – 2 BvR 41/71, BVerfGE 33, 1 ff. 4 Gemeint sind wohl Umsatzerlöse; vgl. § 12 Abs. 3 REITG. So auch Striegel in Striegel, § 16 REITG Rz. 42.
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Statusanforderungen der REIT-AG
– Erbringt die REIT-AG oder eine ihr nachgeordnete Immobilienpersonengesellschaft entgeltliche Nebentätigkeiten für Dritte, so hat sie schließlich eine Zahlung in Höhe von 20–30 % der durch die entgeltliche Nebentätigkeit erzielten Einnahmen zu leisten (§ 16 Abs. 6 REITG). Die eingriffsintensivere, zweite Sanktionsstufe des Steuerrechts ist der Verlust der steuerlichen Privilegierung und des damit verbundenen REIT-Status (vgl. § 18 REITG). Die Vorschrift des § 18 REITG (Ende der Steuerbefreiung) regelt hierbei ein ausdifferenziertes System der Beendigung des REIT-Status, und zwar systematisiert nach der jeweiligen Verletzungsdauer. Es gelten folgende Regelungen:
173
– Beim Verlust der Börsenzulassung (§ 10 REITG) endet die Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 1 REITG und der REIT-Status bereits zum Ende des Wirtschaftsjahres, das dem Verlust der Börsenzulassung vorausgeht (§ 18 Abs. 1 REITG). – Bei Betreiben eines nach § 14 Abs. 1 REITG unzulässigen Immobilienhandels entfällt der REIT-Status erstmals für das Wirtschaftsjahr, in dem die Zulässigkeitsgrenze nach § 14 Abs. 2 REITG überschritten wird. Die Unternehmensorgane der REITG-AG können in diesem Fall jedoch Neuinvestitionen in Immobilien tätigen (der Immobilienerwerb ist nicht untersagt), um damit den REIT-Status nachlaufend, aber mit Rückwirkung zum Jahresanfang wieder herzustellen. In allen übrigen gesetzlichen Fällen führen Verletzungen der REIT-Statusanforderungen erst dann zu einem Verlust des REIT-Status, wenn die Gesetzesverletzung über mehrere Jahre hinweg oder zu mehreren Stichtagen hintereinander erfolgt: – Verletzt die REIT-AG das Mindeststreubesitzerfordernis (§ 11 Abs. 1 REITG)1 oder die Anteilshöchstbeteiligungsquote (§ 11 Abs. 4 REITG) über einen Zeitraum von 3 aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren (§ 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 REITG), so endet grundsätzlich die Steuerbefreiung. Eine Ausnahme sieht § 18 Abs. 3 Satz 3 REITG (anders als noch der ursprüngliche Gesetzentwurf2) jedoch für den Fall vor, dass es der REIT-AG anhand der Meldungen nach dem WpHG nicht möglich war, den Verstoß gegen die Höchstbeteiligungsgrenze oder die Streubesitzklausel festzustellen. Da aufgrund der unzureichenden Kontroll- und Einflussmöglichkeiten der REIT-AG im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben des § 11 Abs. 1 und 4 REITG (Rz. 126 f. und 136) die Konsequenz der Entziehung der Steuerprivilegierung häufig unbillig erscheint 3, reicht es zur Erhaltung der Steuerbefreiung in diesem Fall aus, dass die REIT-AG nach Aufdeckung des Verstoßes bis zum Ende des auf die Aufdeckung folgenden Wirtschaftsjahres die betreffenden Bestimmung des REITG wieder einhält (§ 18 Abs. 3 Satz 4 REITG). Gelingt es der REITAG indes nicht, in dieser Zeitspanne wieder einen gesetzeskonformen Zustand herbeizuführen (etwa weil die betreffenden Aktionäre nicht zur Mitwirkung bereit sind), so endet die Steuerbefreiung rückwirkend zum Ende desjenigen Wirtschaftsjahres, in dem der Verstoß aufgedeckt wurde (§ 18 Abs. 3 Satz 5 REITG). Verliert die REIT-AG ihre steuerliche Privilegierung nach § 18 Abs. 3 REITG, sind Aktionäre, denen weniger als 3 % der Stimmrechte zustehen, zu entschädigen (§ 11 Abs. 3 REITG). Eine anwendbare Entschädigungsregel enthält das REITG nicht, sondern es beschränkt sich vielmehr darauf anzuordnen, dass eine solche 1 Welche Rechtsfolge gilt, wenn ein Emittent beim Börsengang die Mindeststreuung von 25 % verfehlt, ist hingegen unklar, vgl. Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336). 2 § 18 REITG, RegE BT-Drucks. 16/4026. 3 Kritisch auch Hahn, ZGR 2006, 805 (833); Klühs/Schmidtbleicher, IStR 2007, 16 (21); Ziemons, BB 2007, 449 (451).
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in der Satzung der Gesellschaft vorzusehen ist. Ziel der Vorschrift ist es, Minderheitsaktionäre für einen mit dem Ende der Steuerbefreiung einhergehenden Wertverfall ihrer Anteile zu entschädigen1. Zu der Frage, warum eine Entschädigung nur im Fall eines Verstoßes gegen das Streubesitzerfordernis zu leisten ist2 und überdies nur solche Aktionäre in den Schutz der Regelung gelangen, die weniger als 3 % der Stimmrechte halten, schweigt die Begründung des Gesetzentwurfes3. Fraglich ist zudem, wer überhaupt der Entschädigungspflichtige ist, zumal sich ein Verursacher häufig nicht wird ermitteln lassen. Da eine „Entschädigung“ kein Verschulden voraussetzt, wäre zwar grundsätzlich auch eine Verpflichtung der Großaktionäre denkbar, bei unvorsätzlichem Verhalten regelmäßig aber wohl eine nicht verhältnismäßige Konsequenz 4 . Wird die Entschädigung hingegen von der REIT-AG selbst erbracht, trifft die Streubesitzaktionäre selbst die Zahlung der Entschädigung wirtschaftlich. Die Leistung der Entschädigung durch die REITAG wird nicht durch § 57 AktG (Verbot der Einlagenrückgewähr) gesperrt, da § 18 Abs. 3 REITG insoweit Sondervorschrift ist 5. Auch die Höhe der Entschädigung ist im Übrigen unklar. Nach der Gesetzesbegründung soll der Minderheitsaktionär dafür entschädigt werden, dass er nun nur noch Aktionär einer nicht mehr steuerbefreiten Gesellschaft ist, daher weniger Ausschüttungen erhält und seine Aktien nur noch zu einem entsprechend geringeren Preis veräußern kann6 . Diesbezüglich ist jedoch zu bedenken, dass mit dem Verlust der Steuerprivilegierung auf Seiten der Gesellschaft die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf der Ebene der Anteilseigner korrespondiert7. Die genaue Bezifferung eines Schadens der Streubesitzaktionäre, die für die Festlegung einer angemessenen Entschädigung erforderlich ist, wird damit aber schwierig wenn nicht gänzlich unmöglich8 . Dem Satzungsgeber steht insgesamt ein weiter Beurteilungsspielraum für die Ausgestaltung der Entschädigungsklausel zu9. Praxiserwägungen führen dazu, keine bestimmte Methode zur Berechnung der Entschädigung statutarisch festzulegen, sondern vielmehr nur eine Institution zu bestimmen (z. B. Abschlussprüfer) die Bemessung nach dem dann geltenden berufsständischen Regeln ermitteln soll10. – Nach § 18 Abs. 4 REITG entfällt der REIT-Status ferner, wenn die REIT-AG die Anforderungen an das Mindesteigenkapital (vgl. § 15 REITG) in 3 aufeinander 1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22. 2 Bei einem Verlust der Steuerbefreiung aus anderen Gründen (etwa nach § 18 Abs. 1 oder 2 REITG) kommt eine Entschädigung der Anteilseigner durch den REIT in Ausnahmekonstellationen allenfalls nach § 826 BGB in Betracht; vgl. auch Bron, BB-Special Nr. 7 2007, 2 (18); Ziemons, BB 2007, 449 (452). 3 Kritisch insoweit auch Ziemons, BB 2007, 449 (451 f.). 4 Ziemons, BB 2007, 449 (452). Zu Schadensersatzansprüchen gegen die die Beteiligungsbestimmungen verletzenden Aktionäre unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, siehe oben Rz. 140. 5 Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 29; Sieber/Göckeler/Köster, DB 2007, 936; a. A. Ziemons, BB 2007, 449 (452). 6 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 22. 7 Ziemons, BB 2007, 449 (452). 8 Ziemons, BB 2007, 449 (452) („kaum praktikabel“). Vgl. auch Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1353 f.); zum Ganzen Götz in Striegel, § 11 REITG Rz. 18 ff.; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.2.6. 9 Ebenso Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 29. 10 Für einen Regelungsvorschlag siehe § 22 der Mustersatzung der REIT-AG (Teil G., Formular 1, Rz. 1009) bzw. § 19 der Mustersatzung der REIT-SE (Teil G., Formular 4, Rz.1012).
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Statusanforderungen der REIT-AG
folgenden Wirtschaftsjahren nicht beachtet. Hält die REIT-AG in einem solchen Zeitraum die Regelungen hinsichtlich ihrer Vermögens- (§ 12 Abs. 2 REITG) oder Ertragsstruktur (§ 12 Abs. 3 REITG), die Mindestausschüttungsverpflichtung (§ 13 REITG) oder die Grenzen zulässiger entgeltlicher Nebentätigkeiten (§ 1 Abs. 2 REITG) nicht ein, so endet die Steuerbefreiung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 REITG. Verstößt die REIT-AG in 5 aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren gegen jeweils eines der in § 16 Abs. 3 bis 6 REITG genannten Erfordernisse (Vermögens- und Ertragsstruktur, Ausschüttungsverpflichtung, Verbot entgeltlicher Nebentätigkeiten), so entfällt die Steuerbefreiung mit Ablauf des fünften Wirtschaftsjahres (§ 18 Abs. 5 Satz 2 REITG). Die zuständige Finanzbehörde kann in den Fällen des § 18 Abs. 5 REITG durch konstitutiven Akt bestimmen, dass die Steuerbefreiung ausnahmsweise bestehen bleibt, etwa weil nur geringfügige Verstöße vorliegen oder der Wegfall der Steuerbefreiung bewusst herbeigeführt werden sollte1. In diesem Fall muss die Finanzbehörde die höchstmöglichen Zahlungen nach § 16 Abs. 3 bis 6 REITG gegen die REIT-AG festsetzen (§ 18 Abs. 5 Satz 3 REITG). Die Struktur der Sanktionierung (1) der Aktionärsstrukturanforderungen, (2) des Mindesteigenkapitals, (3) der Anforderungen an die Vermögens- oder Ertragsstruktur, (4) die Mindestausschüttungsverpflichtung und (5) die Grenzen zulässiger entgeltlicher Nebentätigkeiten durch Geldzahlungen einerseits und Beendigung der Steuerbefreiung andererseits (nur bei Verletzung in drei aufeinanderfolgenden Jahren!) soll durch die nachfolgenden Grafi k veranschaulicht werden: 2007
2008
2009
Geldzahlung
Geldzahlung
2010
2011
Geldzahlung
Geldzahlung
Gesetzeseinhaltung Gesetzesverletzung
2012
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t
2013
Geldzahlung
Geldzahlung
Geldzahlung
Geldzahlung
Geldzahlung
Geldzahlung
Beendigung Steuerbefreiung zum 31.12.2013
Nach einem Verlust der Steuerprivilegierung kann eine erneute Befreiung 4 Jahre lang nicht erfolgen (§ 17 Abs. 4 REITG). Ein durch gestaltungsmotivierte Gesetzesverstöße vom REIT-Unternehmen provozierter Wechsel zwischen Steuerbefreiung und Steuerpflicht soll so verhindert werden 2 . Verliert die Gesellschaft ihren REITStatus, so ist auch die Firma entsprechend zu ändern, was ggf. durch das Registerge-
1 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 24. Unklar ist allerdings, wann „nur geringfügige Verstöße“ vorliegen (kritisch auch Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 [896]). 2 Bron, BB-Special Nr. 7 2007, 2 (20); vgl. auch Striegel in Striegel, § 17 REITG Rz. 32 ff.
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richt unter Festsetzung eines Ordnungsgeldes durchgesetzt werden kann1. Zudem ist mit dem Ende der Steuerbefreiung § 13 Abs. 2 KStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass in der Anfangsbilanz der steuerpflichtigen „Nach“-REIT-Gesellschaft nicht die Teilwerte, sondern die jeweiligen Werte anzusetzen sind, die sich – ausgehend von der Anfangsbilanz der REIT-Aktiengesellschaft – bei ununterbrochener Steuerpflicht nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung ergeben würden. Damit unterliegen Wertveränderungen, die während der steuerfreien Zeit eingetreten sind, künftig der Besteuerung (§ 18 Abs. 6 REITG). Die während der Zeit der Steuerbefreiung erzielten ausschüttungsfähigen Gewinne, die nicht ausgeschüttet wurden, sind im Jahr der erstmaligen Steuerpflicht zudem nachzuversteuern (§ 18 Abs. 7 REITG). 177
Das Sanktionstableau bei Verletzung der REIT-Statusanforderungen ist nachfolgend noch einmal in Tabellenform aufgeführt: Gesetzesverletzung Geld Beendigung der REITG zahlung Steuerbefreiung zum Ablauf des der Gesetzesverletzung vorangegangenen Wirtschaftsjahres
Beendigung Norm der SteuerREITG befreiung zum Ablauf des letzten (dritten/ fünften) Verletzungsjahres
Amtslöschung des Firmenzusatzes „REIT“ nach § 142 FGG
✔
Nichteinhaltung des Unternehmensgegenstandes (§ 1 Abs. 1) Erbringung entgeltlicher Nebentätigkeiten (§ 1 Abs. 2): einmalig
✔
§ 16 Abs. 6 ✔2
in 3 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren
§ 18 Abs. 5 Satz 1
Unterschreiten des Mindestnennbetrags des Grundkapitals (§ 4)
✔
Nichteinhaltung der Aktienform (§ 5)
✔
Nichteinhaltung der Firmierung (§ 6)
✔
Abmeldung beim Handelsregister (§ 8)
[✔]
1 Verstößt der REIT (nur) vorübergehend gegen einzelne Bestimmungen des REITGes, so dass die steuerliche Privilegierung (und mithin der REIT-Status als solcher) bestehen bleibt, so erfolgt hingegen keine Firmenänderung (Götze/Hütte, NZG 2007, 332 [333]; Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 11).
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Seibt
B
Statusanforderungen der REIT-AG
Gesetzesverletzung Geld Beendigung der REITG zahlung Steuerbefreiung zum Ablauf des der Gesetzesverletzung vorangegangenen Wirtschaftsjahres
Verlegung des Sitzes / der Geschäftsleitung ins Ausland (§ 9)
[✔]
Verlust der Börsenzulassung (§ 10 Abs. 1)
✔
Beendigung Norm der SteuerREITG befreiung zum Ablauf des letzten (dritten/ fünften) Verletzungsjahres
§ 18 Abs. 1
✔1
Unterschreiten der 15 % Streubesitzquote (§ 11 Abs. 1 Satz 1) für mindestens 3 aufeinander folgende Wirtschaftsjahre
Amtslöschung des Firmenzusatzes „REIT“ nach § 142 FGG
§ 18 Abs. 3 Satz 1
Nichtmitteilung der Streubesitzquote (§ 11 Abs. 2)
✔
Nichtvorsehen einer statutarischen Entschädigungsregel (§ 11 Abs. 3)
✔
✔1
Überschreiten der Höchstbeteiligung von 10 % (§ 11 Abs. 4) für mindestens 3 aufeinander folgende Wirtschaftsjahre
§ 18 Abs. 3 Satz 2
Nichteinhaltung der Vorgaben zur Vermögensstruktur (§ 12 Abs. 2): zum Ende eines Wirtschaftsjahres
✔
§ 16 Abs. 3 ✔2
in 3 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren
§ 18 Abs. 5 Satz 1
Nichteinhaltung der Vorgaben zur Ertragsstruktur (§ 12 Abs. 3): in einem Wirtschaftsjahr
✔
§ 16 Abs. 4
Seibt
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Gesetzesverletzung Geld Beendigung der REITG zahlung Steuerbefreiung zum Ablauf des der Gesetzesverletzung vorangegangenen Wirtschaftsjahres
Beendigung Norm der SteuerREITG befreiung zum Ablauf des letzten (dritten/ fünften) Verletzungsjahres ✔2
§ 18 Abs. 5 Satz 1
in 3 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren
✔2
§ 18 Abs. 5 Satz 1
Nichteinhaltung der Vorgaben zur Vermögens- oder Ertragsstruktur (§ 12 Abs. 2 und 3), Unterschreiten der Mindestausschüttungsquote (§ 13 Abs. 1) oder Erbringung entgeltlicher Nebentätigkeiten (§ 1 Abs. 2) in 5 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren
✔3
§ 18 Abs. 5 Satz 2
in 3 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren
Amtslöschung des Firmenzusatzes „REIT“ nach § 142 FGG
Unterschreiten der Mindestausschüttungsquote (§ 13 Abs. 1): einmalig
Betreiben verbotenen Immobilienhandels (§14) Unterschreiten des Mindesteigenkapitals (§ 15) für mindestens 3 aufeinander folgende Wirtschaftsjahre
✔
§ 16 Abs. 5
✔
§ 18 Abs. 2
✔
§ 18 Abs. 4
1 Sofern die REIT-AG den Verstoß aus den Meldungen nach dem WpHG entnehmen konnte. 2 Die zuständige Finanzbehörde kann ausnahmsweise bestimmen, dass die Steuerbefreiung gegen Geldzahlung nicht entfällt (§ 16 Abs. 5 Satz 3 REITG) 3 Die Steuerbefreiung entfällt grundsätzlich, wenn in jedem der fünf Jahre mindestens einer der genannten Verstöße vorgelegen hat. Die zuständige Finanzbehörde kann ausnahmsweise bestimmen, dass die Steuerbefreiung gegen Geldzahlung nicht entfällt (§ 16 Abs. 5 Satz 3 REITG).
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht
V. Corporate Governance-Strukturen bei der REIT-AG/REIT-SE und Konzernrecht Die REIT-AG muss nach § 1 Abs. 1 REITG die Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder – in europarechtskonformer Auslegung – die Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) haben (Rz.42 ff.). Während bei der Rechtsform der Aktiengesellschaft bislang das dualistische Leitungssystem mit Vorstand und Aufsichtsrat zwingend ist1, besteht bei der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) bereits die in der Satzung auszuübende Wahlpflicht zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungssystem mit einem Verwaltungsrat (Art. 38 SE-VO). Dies ermöglicht den Initiatoren bzw. maßgeblichen Anteilseignern einer REIT-AG die Wahl zwischen zwei Corporate Governance-Grundmodellen, nämlich dem herkömmlichen dualistischen Leitungssystem bei der Aktiengesellschaft und dem – vor allem in den angelsächsischen Jurisdiktionen und der Schweiz praktizierten – monistischen Leitungssystem bei der Europäischen Aktiengesellschaft.
178
Die Gemeinsamkeiten einerseits und die Besonderheiten andererseits der Societas Europaea deutschen Rechts gegenüber der Aktiengesellschaft sind die Koordinaten für die Parameter der Entscheidung zwischen den beiden Rechtsformen. Zu den Besonderheiten der Societas Europaea deutschen Rechts gegenüber der Aktiengesellschaft gehören:
179
– Wahlpflicht der Anteilseigner über das Leitungssystem (Art. 38 SE-VO), also die Möglichkeit, neben dem herkömmlichen dualistischen auch das monistische Leitungssystem mit einem Verwaltungsrat zu wählen und in diesem Rahmen z. B. ein CEO- oder Co-CEO-Führungsmodell umzusetzen; – keine durch die deutschen Mitbestimmungsgesetze (insbesondere DrittelbG und MitbestG) ausgestaltete Unternehmensmitbestimmung, sondern Primat der Verhandlungslösung und als sondervertragliche Residuallösung bei Scheitern der Verhandlungen eine Petrifi zierung des bisherigen Mitbestimmungsstatus beim deutschen Unternehmensträger (einschließlich der Petrifi zierung einer bisherigen Mitbestimmungsfreiheit); – Zulässigkeit einer EU-grenzüberschreitenden und identitätswahrenden Sitzverlegung (was allerdings bei der REIT-AG im Regelfall keine Bedeutung besitzt, da diese zur Aufrechterhaltung des REIT-Status ihren Sitz und ihre tatsächliche Geschäftsleitung im Inland haben muss (§ 9 REITG). Demgegenüber gibt es keine Abweichung der Societas Europaea deutschen Rechts gegenüber der Aktiengesellschaft in folgenden Feldern: – REIT-Statusanforderungen; – Gläubigerschutz und Kapitalschutzsystem (Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung); – Anteilseigner- und Kapitalanlegerschutz (Fragen der Zuständigkeit und Durchführung von Hauptversammlungen, Rechtsschutz der Anteilseigner gegenüber Verwaltungshandeln, Informations- und Transparenzpflichten); 1 Zur berechtigten rechtspolitischen Forderung nach einem Wahlrecht bei der Aktiengesellschaft zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungssystem Seibt, AG 2005, 413 (429) m. w. N. in Fn. 99.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
– Rechnungslegung und deren Publizität; – Kapitalmarktrecht und Börsennotierung; – Steuerrecht; – Betriebsverfassungsrecht (Einrichtung von Betriebsräten und deren Kompetenzen)1 sowie Arbeitsrecht; – Gewerberecht. 181
Die Analyse der Besonderheiten der Societas Europaea deutschen Rechts gegenüber der Aktiengesellschaft macht augenscheinlich, dass die Wahl zugunsten der Rechtsform der Societas Europaea im Wesentlichen bei der Verfolgung von drei Zielen sinnvoll ist, nämlich (1) bei der Unternehmensführung durch den Verwaltungsrat als alleinigem Organ (monistisches Leitungssystem), (2) zur Vermeidung der ansonsten mittelfristig zu verankernden Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat (ab regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmern in Deutschland) sowie ggf. zusätzlich über den Arbeitsdirektor im Vorstand (bei regelmäßig mehr als 2000 Arbeitnehmern in Deutschland) sowie (3) zur Flexibilisierung einer schon bestehenden Unternehmensmitbestimmung (Primat der Verhandlungslösung). Dies bedeutet aber auch umgekehrt, dass in den Fällen, in denen mittelfristig nicht mit dem Überschreiten einer Arbeitnehmerzahl in Deutschland von mehr als 500 Personen zu rechnen ist, eine Wahl der Rechtsform des Societas Europaea nur beim Ziel der Unternehmensführung durch den Verwaltungsrat als alleinigem Organ sinnvoll ist. Denn immerhin besteht aufgrund der bisher geringen Unternehmensund Rechts-/Gerichtspraxis eine gegenüber dem Unternehmensbetrieb in der Rechtsform der Aktiengesellschaft erhöhte Rechtsunsicherheit mit tendenziell erhöhten Rechtsberatungskosten; dies gilt auch für die Errichtung der Societas Europaea selbst, insbesondere wegen der mit der Verhandlung der Mitbestimmungsvereinbarung verbundenen Kosten sowie ggf. der Handhabung des SE-Betriebsrats.
182
Für die Wahl eines monistischen Leitungssystems insbesondere bei einer börsennotierten Immobiliengesellschaft sprechen drei Umstände, nämlich – das regelmäßig von der Personenzahl kleinere Unternehmensgremium (z. B. 3-Personen-Verwaltungsrat mit einem organinternen geschäftsführenden Direktor gegenüber einem mindestens zweiköpfigen Vorstand und dreiköpfigen Aufsichtsrat) bei einer tendenziell erhöhten Einbindung der nicht-geschäftsführenden Direktoren des Verwaltungsrates in die Unternehmensführung im Vergleich zu Aufsichtsratsmitgliedern; – die internationale Kenntnis und Anerkennung des monistischen Leitungssystems, insbesondere bei institutionellen Anlegern aus den USA, dem Vereinigten Königreich oder der Schweiz; – die Attraktivität des monistischen Leitungssystems für (ausländisches) Führungspersonal. 1 Allerdings ist – vorbehaltlich einer abweichenden Mitbestimmungsvereinbarung – bei der Societas Europaea ein SE-Betriebsrat einzurichten.
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht
Die Attraktivität des monistischen Leistungssystems für (ausländische) Führungspersonen beruht im Hinblick auf die Tätigkeit als Executive Director zuweilen auf dem nur im monistischen SE-Leitungssystem umsetzbaren CEO- oder Co-CEOFührungsmodell, im Hinblick auf potentielle nicht-geschäftsführende Direktoren darauf, dass für diese die Aufgabenbeschreibung eines Non-Executive Directors bekannter ist als diejenige eines Aufsichtsratsmitglieds und zudem die Einflussmöglichkeiten eines Non-Executive Directors im Verwaltungsrat als höher eingeschätzt werden als die eines Aufsichtsratsmitglieds im dualistischen Leitungssystem. Es muss andererseits aber konstatiert werden, dass die Haftungsmaßstäbe für nicht-geschäftsführende Direktoren im Verwaltungsrat noch nicht hinreichend konturiert sind, aber entsprechend der erweiterten Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung strenger sein sollten als dies bei Aufsichtsratsmitgliedern der Fall ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die beiden Leitungssysteme konvergieren und Effi zienzvorteile des monistischen Leitungssystems gegenüber dem dualistischen Leistungssystem – insbesondere bei nicht der Unternehmensmitbestimmung unterfallenden Unternehmen – empirisch nicht nachweisbar sind. Deshalb werden auch mittelfristig nicht der Unternehmensmitbestimmung unterfallende Unternehmen, die eine wesentliche Einbindung in den deutschen Immobilienmarkt und deutsche Anlegerkreise haben (was ja weiterhin Auswirkungen auf den Kreis der Organmitglieder hat), aufgrund der Üblichkeit und tendenziell geringeren Rechtsfolgekosten die Rechtsform der Aktiengesellschaft mit ihrem dualistischen Leitungssystem wählen.
183
Neben dem zwingenden Aktienrecht fi ndet auf die REIT-AG bzw. REIT-SE auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) Anwendung. Über die Einhaltung der DCGK-Empfehlungen ist einmal jährlich im Rahmen einer Entsprechungs-Erklärung zu berichten (vgl. § 161 AktG); über die Befolgung der DCGK-Anregungen sollte zudem berichtet werden. Ohne irgendeine gesetzliche Verankerung und daher mit geringerem Verbindlichkeitsanspruch sollten REIT-Unternehmen zudem den auf der Basis der DCGK entworfenen Corporate Governance Kodex der deutschen Immobilienwirtschaft1 (DCGK-I) beachten 2 . Der DCGK-I ergänzt den DCGK um Vorschriften, die speziell auf Aktiengesellschaften zugeschnitten sind, die im Immobiliengeschäft tätig sind, insbesondere
184
– besondere Bestimmungen zum Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat im Rahmen von Immobilienaktivitäten (Nrn. 3.1.i, 3.3.i, 3.9.i DCGK-I); – Anforderungen an und die Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat (Nrn. 4.2.i, 5.1.1.i, 5.3.2.i, 5.4.1.i DCGK-I); – besondere Bestimmungen zu Interessenkonfl ikten (Nrn. 4.3.6.i und 5.5.1.i DCGK-I); – Sonderbestimmungen über Transparenz (Nr. 6.1.i DCGK-I), Rechnungslegung (7.1.1.i DCGK-I) und Abschlussprüfung (Nr. 7.2.2.i DCGK-I). Über die Einhaltung der Empfehlungen und Anregungen des DCGK und des DCGKI sollte zweckmäßiger Weise im Corporate Governance-Bericht berichtet werden, der in der Regel Teil des Geschäftsberichts sein wird.
1 Abrufbar unter http://www.immo-initiative.de. 2 Siehe auch Eusani, NZM 2007, 66 (69 f.); Hahn in Striegel, Anh. Rz. 15 ff.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
1. Grundmodell 1: Dualistisches Leitungssystem bei der REIT-AG 185
Bei der REIT-AG kommt die Geschäftsführung und Unternehmensleitung im Grundsatz zwingend dem Vorstand zu (vgl. § 7b Abs. 1 AktG). Er entscheidet etwa über die Anlage in in- oder ausländische Immobilien bzw. Immobiliengesellschaften, deren Bewirtschaftung und Veräußerung1. Daneben ist er insbesondere für die Einhaltung der zum Erhalt des REIT-Status zu beachtenden (Sonder-)Bestimmungen des REITG verantwortlich 2 und muss also beispielsweise dafür Sorge tragen, dass (1) die Grenzen der Geschäftsführung beachtet, (2) die notwendigen Mindestausschüttungen erfolgen, (3) die gesetzlich vorgegebene Vermögens- und Ertragsstruktur sowie (4) die für eine REIT-AG zulässige Aktionärsstruktur eingehalten wird3. Dieser Pflichtenkreis besteht insbesondere dann, wenn die Erhaltung des REIT-Status Eingang in die Satzung gefunden hat (siehe auch Rz. 95). Eine Delegation der Unternehmensleitung (als Kernbereich der Geschäftsführung) ist nach herkömmlichem Verständnis nur für vorbereitende Maßnahmen oder Hilfsfunktionen möglich (Delegationsverbot)4 . Allerdings ist dieses herkömmliche Delegationsverbot richtigerweise teleologisch insoweit einzuschränken, als auch weitergehende Kernaufgaben auf Dritte vertraglich übertragen werden können, sofern nur ausreichende Informations- und Letztentscheidungsrechte beim Vorstand verbleiben. Entsprechend dieser Auffassung wäre es auch zulässig, dass der Vorstand für die Aufgabe der laufenden Immobilienbewirtschaftung sowie für Fragen von Neuinvestitionen und DeInvestitionen Drittunternehmen beauftragt, solange nur der Vorstand umfassende Informations- und Kontrollrechte gegenüber dem Auftragnehmer hat und ihm das Letztentscheidungsrecht über die betreffende Maßnahme zukommt. Die Pflicht zur Unternehmensleitung kann also nicht nur durch unmittelbares Eigenhandeln des Vorstandes erfolgen, sondern auch durch die sorgfältige Auswahl eines Dritten bei rechtlich abgesicherter Überwachung des Dritten mit Letztentscheidungsrecht und Haftungsverantwortung des Vorstandes. Der Vorstand ist in seiner Gesamtheit dafür verantwortlich, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen (§ 91 Abs. 2 AktG). Er soll also aufgrund geeigneter Maßnahmen solche Entwicklungen erfassen, die für die Gesellschaft bestandsgefährdend sind, d.h. ein Insolvenzrisiko begründen oder wesentlich steigern5. Die vom Vorstand getroffenen Maßnahmen sind dann als geeignet anzusehen, wenn nach der Erfahrung eines ordentlichen und sorgfältigen Geschäftsleiters davon ausgegangen werden kann, dass der Vorstand unter Berücksichtigung der Besonderheiten des betroffenen Unternehmens und seines Branchenfelds die erforderlichen Informationen rechtzeitig erhält 6 . Dazu wird im Regelfall die Untersuchung sämtlicher betrieblicher Prozesse 1 Der REIT wird also „intern“ gemanagt und unterscheidet sich insoweit von offenen Immobilienfonds. – Siehe auch Conradi, Rz. 531, 563 und 583. 2 Vgl. auch Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892). 3 Franck, MittBayNot 2007, 173 (179). 4 Vgl. Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 76 AktG Rz. 8 m. w. N. 5 So Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 91 AktG Rz. 17; Krieger/Sailer in K. Schmidt/Lutter, § 91 AktG Rz. 9; Seibert in FS Bezzenberger, 2000, S. 427 (437). 6 Krieger/Sailer in K. Schmidt/Lutter, § 91 AktG Rz. 12; Hüffer, § 91 AktG Rz. 7; Kort in GroßKomm AktG, § 91 AktG Rz. 46.
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht
und Funktionsbereiche auf Risiken („Risikoinventur“), die Schaffung und Fortentwicklung eines angemessenen Risikobewusstseins aller Mitarbeiter sowie die Einrichtung eines Systems der Berichterstattung über unbewältigte Risiken gehören1. Die in § 91 Abs. 2 AktG als besonderem Beispielsfall einer geeigneten Maßnahme geregelte Einrichtung eines (Risiko-)Überwachungssystems soll sicherstellen, dass eine interne Revision und ein sachgerechtes Controlling eingerichtet sind und dass diese ihre jeweiligen Erkenntnisse zeitnah an den Vorstand weiter vermitteln 2 . Bei der konkreten Ausgestaltung der Risikofrüherkennungsmaßnahmen kommt dem Vorstand ein unternehmerischer Ermessensspielraum zu 3. Schließlich hat der Vorstand als Gesamtorgan für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien im Gesamtunternehmen mit sämtlichen Funktionsbereichen zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin (Compliance)4 . Hierfür ist eine Corporate Compliance-Organisation im Unternehmen zu implementieren5, die sinnvollerweise in das allgemeine Risikomanagement eingebunden wird. Der Vorstand besteht nach der gesetzlichen Grundregelung (§ 76 Abs. 2 Satz 2 AktG) sowie nach der Empfehlung in Ziff. 4.2.1 Satz 1 DCGK aus mindestens zwei Personen und soll überdies einen Sprecher oder Vorsitzenden haben. Die Binnenorganisation und Ressortverteilung wird regelmäßig in einer Geschäftsordnung für den Vorstand geregelt sein6 .
186
Der Aufsichtsrat hat zunächst die Personalkompetenz über den Vorstand inne, d. h. er bestellt die Vorstandsmitglieder und beruft sie ggf. ab, vertritt die Gesellschaft im Zusammenhang mit den Vorstands-Anstellungsverträgen sowie im Hinblick auf sonstige Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu den Vorstandsmitgliedern. Des Weiteren wirkt der Aufsichtsrat an der Entwicklung der Unternehmensstrategie mit (Ziff. 3.2 DCGK) und überwacht die Geschäftsführung durch den Vorstand insbesondere über die Unterstellung bestimmter Rechtsgeschäfte und Maßnahmen (insbesondere [De-]Investitionen in Immobilien, Abschluss von Miet-, Pacht- und Leasingverträgen) unter einen Zustimmungsvorbehalt sowie ggf. durch Wahrnehmung eigener Einsichts- und Untersuchungsrechte (vgl. § 111 AktG) (Beratungs- und Überwachungskompetenz). Die Überwachungsaufgabe erstreckt sich natürlich auch darauf, dass die Geschäftsführung des Vorstands (auch im Hinblick auf den Erhalt des REIT-Status nach Maßgabe des REITG) rechtmäßig, ordnungsmäßig und zweckmäßig ist7. Schließlich kommen dem Aufsichtsrat auch punktuell Mitentscheidungsrechte zu (Feststellung des Jahresabschlusses nach § 172 AktG, allerdings bei der REIT-AG nach weiterer Maßgabe
187
1 Vgl. Rz. 7 ff. IDW PS 340; vgl. auch Krieger/Sailer in K. Schmidt/Lutter, § 91 AktG Rz. 12. 2 Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 91 Rz. 21; Krieger/Sailer in K. Schmidt/Lutter, § 91 AktG Rz. 13; Hüffer, § 91 AktG Rz. 8. 3 Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 91 Rz. 20; Krieger/Sailer in K. Schmidt/Lutter, § 91 AktG Rz. 12; Hüffer, § 91 AktG Rz. 7; Kort in Großkomm AktG, § 91 AktG Rz. 47. 4 So jetzt ausdrücklich Ziff. 4.1.3 DCGK. Zur Gesamtthematik der Compliance z.B. Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, passim; Fleischer, ZIP 2004, 685 ff.; Köhler, BB 2005, 501 ff. 5 Ebenso Rodewald/Unger, BB 2007, 1629 ff.; U.H. Schneider, ZIP 2003, 645 (648 f.). 6 Eine Muster-Geschäftsordnung für den Vorstand einer REIT-AG ist in Teil G., Formular 2, Rz. 1010 enthalten. 7 Vgl. Franck, MittBayNot 2007, 173 (179); Pluskat/Rogall, WM 2006, 889 (892); vgl. auch Hüffer, § 111 AktG Rz. 6.
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
des § 13 Abs. 1 REITG) sowie die Primärzuständigkeit im Verhältnis zum Abschlussprüfer der Gesellschaft (vgl. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG [Erteilung des Prüfungsauftrages durch den Aufsichtsrat], Ziff. 7.2 DCGK) (Mitentscheidungskompetenz). Für die Erfüllung dieser Kompetenztrias aus Personalkompetenz, Beratungs- und Überwachungskompetenz sowie Mitentscheidungskompetenz ist von überragender Wichtigkeit die Einrichtung einer angemessenen Informationsordnung, die einen angemessenen Informationsfluss des Vorstandes zum Aufsichtsrat sicherstellt und die sachgemäße Ausübung der Kompetenzen des Aufsichtsrates erst ermöglicht1. Die Informationsordnung sowie der Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte muss einerseits auf den Unternehmensgegenstand der REIT-AG und zum anderen auf die Überwachung der Erfüllung der REIT-Statusanforderungen (also insbesondere die Anforderungen an die Vermögens- und Ertragsstruktur i. S. v. § 12 Abs. 2, Abs. 3 REITG, die Mindesteigenkapitalquote i. S. v. § 15 REITG, die Anforderungen an die Aktionärsstruktur i. S. v. § 11 Abs. 1 und Abs. 4 REITG, sowie die Verbote bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, sowie § 14 Abs. 1 REITG) abgestellt sein. Sie ist regelmäßig in der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der REIT-AG niedergelegt2 . 188
Die Mindestpersonenzahl im Aufsichtsrat beträgt 3 Personen (§ 95 Satz 1 AktG); die Zahl muss durch 3 teilbar sein (§ 95 Satz 3 AktG). Unterfällt die REIT-AG wegen der Beschäftigung von regelmäßig mehr als 2000 Arbeitnehmern in Deutschland ausnahmsweise dem Mitbestimmungsgesetz, so beträgt die Mindestpersonenzahl 12 (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG). Hat der Aufsichtsrat mehr als 3 Mitglieder, so ist die Einrichtung aufgabenspezifischer Ausschüsse zur Effizienzsteigerung seiner Tätigkeit empfehlenswert (Ziff. 5.3 DCGK), bei einer REIT-AG insbesondere die Einrichtung eines Prüfungsausschusses (Audit Committee), der sich mit Angelegenheiten der Rechnungslegung, des Risikomanagements sowie der Compliance beschäftigt 3, eines Investitionsausschusses (Investment Committee), der sich insbesondere mit den Investitions- und Deinvestitionsentscheidungen der Gesellschaft sowie mit der Vorprüfung des Budgets und des Geschäftsplans der Gesellschaft und bestimmten zustimmungsbedürftigen Geschäftsvorgängen befasst, sowie weiterer Ausschüsse, die nach Auffassung des Aufsichtsrates zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind (z. B. Personal und Vergütungsausschuss4 oder Nominierungsausschuss5). Die Einrichtung, Kompetenzzuordnung und Binnenorganisation der Ausschüsse wird regelmäßig in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates geregelt6 .
1 Hierzu ausführlich Seibt in Lutter/von Hopt/von Werder, Handbuch Corporate Governance, 2. Aufl. 2008; Leyens, Information des Aufsichtsrats, passim. 2 Eine Muster-Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat einer REIT-AG ist in Teil G., Formular 3, Rz. 1011 enthalten. 3 Zu den geplanten Gesetzesänderungen im Hinblick auf den Prüfungsausschuss durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Habersack, AG 2008, 99 ff.; zu den Anforderungen an Prüfungsausschüsse Nonnenmacher/Pohle/Werder, DB 2007, 2412 ff.; Hopt/Roth in Großkomm AktG, § 107 AktG Rz. 379 ff. 4 Hierzu z. B. Siebel in Semler, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl. 2004, § 6 Rz. 142 ff. 5 Hierzu jetzt Ziff. 5.3.3 DCGK; vgl. auch Hopt/Roth in Großkomm AktG, § 107 AktG Rz. 325 ff. 6 Siehe Muster-Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, Teil G., Formular 3, Rz. 1011 (Ziff. 7 und 8).
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht
Zur Veranschaulichung des dualistischen Leitungssystems mit Vorstand und Aufsichtsrat, der seinerseits einen Prüfungs- und einen Investitionsausschuss besitzt, dient die nachfolgende Grafik:
189
Modell 1: Aktiengesellschaft mit dualistischem Leitungssystem
8QTUVCPF
#WHUKEJVUTCV
8QTUVCPFUXQTUKV\GPFGT 2THWPIUUCWUUEJWUU
#WFKV %QOOKVVGG
+PXGUVKVKQPUCWUUEJWUU
+PXGUVOGPV %QOOKVVGG
Dem Abschlussprüfer der Gesellschaft kommt als Reputational Gatekeeper1 erhebliche Bedeutung für die Unterstützung des Aufsichtsrats bei dessen Kompetenzwahrnehmung sowie für die Qualität der durch die Rechnungslegung ermittelten Informationen der Anteilseigner, Kapitalanleger und Gläubiger zu. Das in den letzten Jahren kontinuierlich erweiterte Aufgabenfeld des Abschlussprüfers ist bei der REITAG noch einmal gegenüber sonstigen Aktiengesellschaften erweitert, nämlich im Hinblick auf die Überprüfung der REIT-Statusanforderung und die Abgabe eines entsprechenden Testats i. S. v. § 1 Abs. 4 REITG2 . Die Aufgaben des Abschlussprüfers als Kontrollinstitution zur Einhaltung der Vorschriften des REITG sind in der Tabelle bei Rz. 169 zusammengefasst.
190
Die Aktionäre können ihre Rechte schließlich – wie bei jeder Aktiengesellschaft auch – insbesondere in der Hauptversammlung (§§ 118 ff. AktG) oder in Durchführung einer Sonderprüfung ausüben. Die bereits gesetzlich bestehenden Loyalitätsund Treuepflichten des Aktionärs gegenüber der REIT-AG und seinen Mitaktionären lassen sich durch entsprechende Satzungsbestimmungen konkretisieren. Da im Hinblick auf die Anforderungen zur Aktionärsstruktur (vgl. § 11 Abs. 1 und Abs. 4 REITG) und zur Mindestausschüttung (§ 13 Abs. 1 REITG) den Aktionären selbst eine erhebliche Bedeutung zum Erhalt des REIT-Status zukommt 3, sind solche Satzungsbestimmungen ratsam4 .
191
2. Grundmodell 2: Monistisches Leitungssystem bei der REIT-SE Während sich bei der REIT-SE mit einem dualistischen Leitungssystem keine wesentlichen Änderungen gegenüber einer REIT-AG ergeben (Unterschiede ergeben sich v. a. bei der Höchstdauer der Organamtszeiten bei Vorstand und Aufsichtsrat (Art. 46 Abs.1 SE-VO: maximal 6 Jahre) sowie bei den gesetzlichen Grundregeln zur Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung in den Organen [Art. 50 SE-VO])5, sind die 1 Zu diesem Begriff z. B. Seibt in Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 191 (193 f. und Fn. 8). 2 Für ein Muster-Testat des Abschlussprüfers nach § 1 Abs. 4 REITG siehe Teil G., Formular 7, Rz. 1015. 3 Vgl. auch Eusani, NZM 2007, 66 (69); Schultz/Thießen, DB 2006, 2144 (2145). 4 Siehe § 1.1 Satz 2, §§ 4.3, 4.4 der Mustersatzung einer REIT-AG (Teil G., Formular 1, Rz. 1009) bzw. einer REIT-SE (Teil G., Formular 4, Rz. 1012). 5 Hierzu Seibt in Lutter/Hommelhoff, Europäische Gesellschaft, S. 67 (73 ff.).
Seibt
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Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Abweichungen des Corporate Governance-Modells bei der Societas Europaea mit monistischem Leitungssystem signifikant: Das alleinige Verwaltungsorgan, nämlich der Verwaltungsrat, leitet die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht gleichzeitig deren Umsetzung; er führt aber auch die „laufenden“ (Tages-)Geschäfte der Gesellschaft i. S. v. Art. 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO, soweit diese nicht der Gruppe der geschäftsführenden Direktoren (Executive Directors) übertragen sind. Der Verwaltungsrat besteht aus mindestens drei Personen (vgl. § 23 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SEAG), wovon allerdings die Mehrheit (also zwei Personen) nicht zur Gruppe der geschäftsführenden Direktoren gehören darf (§ 40 Abs. 1 Satz 2 SEAG). Bei der Umsetzung des monistischen Leitungssystems durch den deutschen Gesetzgeber hat dieser die funktional notwendige Trennung zwischen Geschäftsführung und deren Überwachung dadurch umgesetzt, dass er bestimmt hat, dass eine Gruppe der Geschäftsleitung geschäftsführende Direktoren (gleichsam Executive Directors) sind. Vor allem aus Gründen des deutschen Unternehmensmitbestimmungsrechts hat der deutsche Gesetzgeber weiter ermöglicht, dass die geschäftsführenden Direktoren nicht zwingend gleichzeitig Mitglieder des Verwaltungsrates sein müssen (der ja entsprechend deutscher Unternehmensmitbestimmungsgesetze auch mit Arbeitnehmervertretern besetzt wäre), sondern auch die Besetzung mit externen Personen zulässig ist. Während die Mitglieder des Verwaltungsrates von der Hauptversammlung gewählt werden, bestimmt der Verwaltungsrat die geschäftsführenden Direktoren; es ist sogar zulässig, dass die geschäftsführenden Direktoren auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrates ernannt werden1. 193
Im Rahmen des monistischen Leitungssystems kann bei der Societas Europaea auch – anders als bei der Aktiengesellschaft mit ihrem Kollegialitätsprinzip – ein CEOFührungsmodell bzw. ein Co-CEO-Führungsmodell umgesetzt werden 2: Hierzu können die Funktion des Vorsitzenden des Verwaltungsrats und dessen Rechte besonders stark ausgestaltet werden, nämlich durch (1) eine lange Amtszeit, (2) eine erschwerte Abberufungsmöglichkeit, (3) die Zuweisung eines Stichentscheidsrechts im Gesamtgremium und in den Ausschüssen, (4) ein Vorschlagsrecht für weitere geschäftsführende Direktoren und (5) Regelung eines knappen Zustimmungskatalogs zulasten der geschäftsführenden Direktoren. Hat der Verwaltungsrat mehr als 3 Mitglieder, so bietet sich wie beim Aufsichtsrat im dualistischen Leitungssystem an, für bestimme Aufgaben Ausschüsse zu bilden. Dies könne neben dem Prüfungsausschuss (Audit Committee) und dem Investitionsausschuss (Investment Committee) insbesondere auch ein Nominierungs- und Vergütungsausschuss (Nomination and Remuneration Committee) sein, der für die Personalfragen der geschäftsführenden Direktoren zuständig ist und nur aus nichtgeschäftsführenden Direktoren des Verwaltungsrates bestehen muss. Die Binnenorganisation des Verwaltungsausschusses, insbesondere das Verhältnis zwischen den geschäftsführenden Direktoren und dem Verwaltungsrat in seiner Gesamtheit sowie
1 Seibt in Lutter/Hommelhoff, Europäische Gesellschaft, S. 67 (73). 2 Hierzu z. B. Seibt in Lutter/Hommelhoff, Europäische Gesellschaft, S. 67 (86 ff.).
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht
einer mögliche Ausschussbildung, können in der Satzung, im Detail aber besser in einer Geschäftsordnung für den Verwaltungsrat geregelt werden1. Zur Veranschaulichung des monistischen Leitungssystems mit einem Verwaltungsrat, und zwar einerseits mit internen geschäftsführenden Direktoren und andererseits mit externen geschäftsführenden Direktoren, dienen die beiden nachfolgenden Grafi ken:
194
Modell 2: Societas Europaea mit monistischem Leitungssystem (interne geschäftsführende Direktoren) 8QTUKV\GPFGTFGT)GUEJkHVUHJTWPI
)GUEJkHVUHJTGPFG &KTGMVQTGP
8GTYCNVWPIUTCV
+PXGUVKVKQPUCWUUEJWUU
+PXGUVOGPV%QOOKVVGG
2THWPIUWPF8GTIVWPIUCWUUEJWUU
#WFKVCPF4GOWPGTCVKQP%QOOKVVGG
Societas Europaea mit monistischem Leitungssystem (externe geschäftsführende Direktoren) )GUEJkHVUHJTGPFG &KTGMVQTGP
9GKUWPIGP
8GTYCNVWPIUTCV
Die Haftung der Verwaltungsratsmitglieder bestimmt sich nach dem aktienrechtlichen Haftungssystem für Vorstände (§ 39 SEAG i. V. m. § 93 AktG); die konkrete Konturierung des Pflichtenmaßstabs für nicht-geschäftsführende Direktoren des Verwaltungsrates ist in der Literatur erst in den Grundlinien erfolgt2; eine rechtssichere Bestätigung durch die Gerichtspraxis fehlt allerdings bislang noch.
195
Die Funktionen und Kompetenzen von Abschlussprüfer und Aktionären sind bei der REIT-SE die gleichen wie bei der REIT-AG (Rz. 190 f.).
196
1 Für eine Muster-Geschäftsordnung des Verwaltungsrates einer Societas Europaea siehe Lutter/Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 509 ff. Für Muster-Regelungen in der Satzung einer Societas Europaea mit monistischem Leitungssystem siehe Teil G., Formular 4, Rz. 1012 (§§ 7 bis 11). 2 Hierzu z. B. Teichmann in Lutter/Hommelhoff, Art. 43 SE-VO (§ 39 SEAG) Rz. 2 ff., insbes. Rz. 5.
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3. Besonderheiten bei der Haftung der Unternehmensorgane 197
Der Vorstand einer REIT-AG unterliegt im Ausgangspunkt denselben Sorgfaltsanforderungen und Haftungsregimes wie Vorstände sonstiger Aktiengesellschaften und haftet der Gesellschaft gegenüber demnach auf Schadenersatz, wenn er seine Pflichten als ordnungsmäßiger Geschäftsleiter schuldhaft verletzt (§ 93 AktG; Prinzip der Binnenhaftung). Daneben bestehen zudem eine Vielzahl von Sondervorschriften zur Binnenhaftung sowie Einzelregelungen zur Außenhaftung gegenüber Gläubigern1.
198
Allerdings liegt bei unternehmerischen Geschäftsleiterentscheidungen keine Pflichtverletzung vor, wenn der Vorstand vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG; Business Judgement Rule). Damit soll ein haftungsfreier Entscheidungsraum für Geschäftsleiter geschaffen werden, der die Grundlage erforderlicher (und erwünschter!)2 Risikobereitschaft von Vorständen bildet. Die Organhaftung des § 93 AktG ist eben keine Erfolgshaftung, sondern eine Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten des Vorstands3. Diese Business Judgement Rule gilt indes nur für originär-unternehmerische Entscheidungen, die nicht in einer Verletzung des Gesetzes, der Satzung oder von Treupflichten gegenüber der Gesellschaft bestehen4 . Denn dort, wo eine entsprechende Pflicht des Vorstands existiert, muss dieser sie beachten; ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich eines (Nicht-)Handelns besteht in diesen Fällen grundsätzlich nicht.
199
Die Anwendung dieser Grundregeln auf Vorstände von REIT-AG trifft allerdings auf die besondere Ausgestaltung verschiedener REIT-Statusanforderungen, die einerseits auf das stichtagsbezogene Vorliegen bestimmter betriebswirtschaftlicher Finanzdaten abstellen (Vermögens- und Ertragsstruktur i. S. v. § 12 REITG, Verbot des Immobilienhandels im Sinne von § 14 Abs. 1 REITG, Mindesteigenkapital i. S. v. § 15 REITG) und deren Einhaltung andererseits von vielfältigen unternehmerischen Entscheidungen, aber auch von Umständen außerhalb des Verantwortungsbereiches des Vorstandes der REIT-AG, abhängig sind. Die nachfolgenden Sachverhaltsszenarios sollen dies illustrieren: Sachverhalt Szenario 1: Im Hinblick auf das mit Zustimmung des Aufsichtsrats geplante Investitionsprogramm hat die Gesellschaft im Herbst 2008 an mehreren begrenzten Verkaufsverfahren zur Veräußerung von Immobilienportfolios teilgenommen. Damit die Gesellschaft in diesen begrenzten Verkaufsverfahren handlungsfähig ist und bei gleichzeitiger Ausnutzung eines allgemein als positiv verstandenen Kapitalmarktumfelds hat der Vorstand noch während der laufenden Verfahren im Oktober 2008 die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft durch eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen und unter Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG erweitert. Da die Gesellschaft bei den begrenzten Verkaufsverfahren letztlich erfolglos blieb, konnten die neuen Geldmittel nicht in Immobilien investiert werden und zum 31. Dezember 2008 gehören entgegen § 12 Abs. 2 REITG weniger als 75 % der Aktiva zum unbeweglichen Vermögen i. S. v. § 3 Abs. 8 REITG. 1 Hierzu z. B. Buchta, DB 2006, 1939 ff. 2 Ein stets risikoaverses Vorstandshandeln liegt nicht im Interesse der Gesellschaft; vgl. Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 (2066); Paefgen, AG 2004, 245 (247 f.). 3 Unstr., siehe etwa Hopt in Großkomm AktG, § 93 AktG Rz. 81 m. w. N. 4 Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 18; Hüffer, § 93 AktG Rz. 4 f.; Lutter, ZIP 2007, 841 (843). Einschränkend Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 99; Ihrig, WM 2004, 2098 (2104 f.).
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Corporate Governance-Strukturen und Konzernrecht Sachverhalt Szenario 2:
Entgegen der sorgfaltspfl ichtgemäßen Jahresplanung fällt der Gewerbemieter von zwei Großimmobilien der Gesellschaft in Insolvenz und der Insolvenzverwalter macht von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 109 InsO zum 31. Mai 2008 Gebrauch. Die anschließenden Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter über den Neuabschluss der Mietverträge bleiben ebenso erfolglos wie erste parallele Verhandlungen mit potentiellen Neumietern; eine Neuvermietung der Flächen an die A-Handels AG gelingt erst zum 1. April 2009, nachdem ein Letter of Intent mit der A-Handels AG vom August 2008 noch eine Vermietung zum 1. Dezember 2008 vorsah. Während der Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter sowie potentiellen Neumietern hat der Vorstand im September 2008 seine Zustimmung zu einem Geschäftsabschluss der zu seiner Unternehmensgruppe gehörenden REIT-Dienstleistungsgesellschaft gegeben, eine sehr profitable Immobiliendienstleistung für Dritte in den Monaten November und Dezember 2008 auszuführen. Als Folge des Mietenausfalls einerseits und den zusätzlichen Umsatzerlösen aus den Immobilien-Dienstleistungen andererseits stammen zum 31. Dezember 2008 entgegen § 12 Abs. 3 REITG weniger als 75 % der Umsatzerlöse aus Vermietung, Verpachtung etc.; ohne die zusätzlichen Immobilien-Dienstleistungen wären die Statusanforderungen des § 12 Abs. 3 REITG ebenso eingehalten worden, wie dies bei einer Vermietung an die A-Handels AG zum 1. Dezember 2008 anstatt zum 1. April 2009 der Fall gewesen wäre. Sachverhalt Szenario 3: Entsprechend den sorgfaltspfl ichtgemäßen Investitionsplanungen nimmt der Vorstand an mehreren begrenzten Verfahren zur Veräußerung von Immobilienportfolios teil; hierbei wird er von einer Investmentbank als Finanzberater unterstützt, die ihm bestätigt, dass die Finanzierung der von ihm angebotenen Kaufpreise bei dem derzeitigen Kapitalmarktumfeld auch mit erheblichen Anteilen neuen Eigenkapitals (nämlich durch eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen unter Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) möglich sei. Die Gesellschaft setzt sich in einem begrenzten Verkaufsverfahren durch und beurkundet den entsprechenden Immobilien-Kaufvertrag im Juni 2007, mit der Verpfl ichtung den Kaufpreis nach Abwicklung verschiedener Closing-Bedingungen bis zum 1. November 2007 zu zahlen. Aufgrund der plötzlichen Änderung des Kapitalmarktumfeldes für Immobilien-Aktiengesellschaften (Stichwort: Subprime-Krise in den USA) ist es im Jahre 2007 nicht mehr möglich, eine Kapitalerhöhung durchzuführen; die Kaufpreisfi nanzierung muss deshalb über eine Brückenfi nanzierung mit Bankdarlehen bis zum 30. September 2008 erfolgen. Damit wird zum 31. Dezember 2007 das Mindesteigenkapitalerfordernis von § 15 REITG nicht erfüllt. Sachverhalt Szenario 4: Im Mai 2007 entschließt sich der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrates zur Veräußerung sämtlicher von der REIT-AG gehaltener Hotelimmobilien an einen ausländischen Spezial-Immobilieninvestor zu einem Kaufpreis, der deutlich über den Unternehmensbewertungen verschiedener Immobilienberatungsgesellschaften und deutlich über den historischen Anschaffungskosten (einschließlich zwischenzeitlicher Investitionen) liegt. Auf der Grundlage eines zum 31. Mai 2007 angefertigten Bewertungsgutachten über den Gesamtimmobilienbestand der REIT-AG führte diese Hotelportfolioveräußerung nicht zu einer Verletzung des Immobilienhandelsverbots nach § 14 Abs. 1 REITG, und zwar mit einem Bewertungspuffer von 10 %. Infolge verschiedener Ereignisse ab Sommer 2007 musste der Immobilienbestand der REIT-AG zum 31. Dezember 2007 um 30 % wertmäßig abgeschrieben werden, was bei der stichtagsbezogenen Betrachtung zum 31. Dezember 2007 zu einer Verletzung des Immobilienhandelsverbots des § 14 Abs. 1 REITG führt.
In allen Sachverhaltsszenarien führen die Handlungen des Vorstandes zu einer Gesetzesverletzung, ohne dass dies nach richtiger Vorstellung bereits a priori zum Ausschluss der Business Judgement Rule führen kann. Da der (spätere) Eintritt einer Gesetzesverletzung für den Vorstand zum Zeitpunkt seines Handelns nicht erkennbar ist, bestehen (anders als in den „normalen“ Fällen von Gesetzesverletzungen [beispielsweise Bestechung, Korruption oder Kartellrechtsverstöße], bei denen das Gesetz ausdrücklich festschreibt, welches Verhalten verboten ist) HandlungsalternaSeibt
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tiven und damit die Möglichkeit einer zulässigen unternehmerischen Entscheidung. Denn zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung (ex ante) stellt diese keine rechtlich unzulässige Verhaltensalternative dar; die Gesetzwidrigkeit der Maßnahme ergibt sich vielmehr erst aus einer ex post gewonnenen Erkenntnis. Auf diese kommt es bei Beurteilung der in Frage stehenden Managemententscheidung im Rahmen des § 93 AktG aber grundsätzlich nicht an1. 201
Bei den stichtagsbezogenen Gesetzesanforderungen des REITG ist für die Frage der Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG danach entscheidend, ob der Vorstand zum Zeitpunkt seines Handelns – im Sinne der Business Judgement Rule – vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass zum zukünftigen Stichtag eine Gesetzesverletzung nicht besteht.
4. Konzernrecht a) Grundlagen 202
Der REIT-AG ist es in begrenztem Maße möglich, Konzernstrukturen auszubilden. So lässt § 1 Abs. 1 REITG die Beteiligung des REITs an Immobilienpersonengesellschaften (Nr. 2), REIT-Dienstleistungsgesellschaften (Nr. 3), Auslandsobjektgesellschaften (Nr. 4) sowie an solchen Kapitalgesellschaften zu, die als Komplementäre einer Immobilienpersonengesellschaft fungieren, an der sie vermögensmäßig nicht beteiligt sind (Nr. 5). Wie anderen Immobilienanlagevehikeln auch (vgl. § 68 InvG) ist der REIT-AG so die Möglichkeit eröffnet, unbewegliches Vermögen (nur) mittelbar zu erwerben und/oder zu halten.
203
Bei Immobilienpersonengesellschaften handelt es sich um reine Objekt- oder Zweckgesellschaften 2 , deren Unternehmensgegenstand gleichermaßen auf immobiliennahe Tätigkeiten in Bezug auf den eigenen Anlagebestand begrenzt ist, wie bei der REIT-AG selbst. Im Gegensatz zum REIT darf die Immobilienpersonengesellschaft jedoch keine Beteiligungen an Auslandsobjekt- oder REIT-Dienstleistungsgesellschaften halten. Zulässig ist indes die Beteiligung an anderen Immobilienpersonengesellschaften (§ 3 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 REITG), so dass auch die Ausbildung einer mehrstufigen Konzernstruktur erfolgen kann 3. Zudem kann die REIT-AG auch als reine Holdinggesellschaft aufgelegt werden, die die Vorgaben zur Vermögensstruktur durch die bloße Beteiligung an Immobilienpersonengesellschaften erreicht, ohne selbst unbewegliches Vermögen zu halten. Beteiligungen an inländischen und – da das REITG insoweit keine Beschränkungen enthält – auch ausländischen Immobilienpersonengesellschaften4 sind für den REIT uneingeschränkt möglich (§ 3 Abs. 1 REITG)5.
204
Unter REIT-Dienstleistungsgesellschaften sind solche Kapitalgesellschaften zu verstehen, an denen die REIT-AG sämtliche Anteile hält und deren Unternehmensge1 2 3 4 5
Ihrig, WM 2004, 2098 (2099). Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19; ausführlich Conradi, Rz. 475 ff. Conradi, Rz. 485; Quass/Becker, AG 2007, 421 (426). Vgl. Quass/Becker, AG 2007, 421 (426). Durch die gesetzgeberische Entscheidung, indirekt gehaltene Immobilien im Inland nur über Personengesellschaften (und nicht über steuerpflichtige Immobilien-Kapitalgesellschaften) zuzulassen, kommt es letztlich zu einer Einschränkung der Flexibilität für Konzernbildungen und zu einer Erschwerung von Übernahmen und Fusionen von Unternehmen im REIT-Markt (siehe Lamberti, FAZ v. 29.3.2007, S. 22).
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genstand auf die Erbringung entgeltlicher immobiliennaher Nebentätigkeiten im Auftrag der REIT-AG an Dritte beschränkt ist (§ 3 Abs. 2 REITG). Wer als „Dritter“ zu verstehen ist, regelt das REITG allerdings nicht. Zweckmäßigerweise sind jedoch nicht nur konzernfremde Dritte, sondern auch die konzernzugehörigen Immobilienpersonen- und Auslandsobjektgesellschaften als zulässige Empfänger der Dienstleistungen einer REIT-Dienstleistungsgesellschaft anzusehen. Der Gesetzeszweck verbietet eine solche, wirtschaftlich sinnvolle Bündelung der immobiliennahen Nebentätigkeiten nicht1. Der Wortlautteil „im Auftrag der REIT-AG“ ist offenbar angelehnt an § 69 Abs. 2 InvG und weist alleine darauf hin, dass die Erbringung von immobiliennaher Nebentätigkeiten im (wirtschaftlichen) Interesse der REIT-AG liegen muss2 . Über die REIT-Dienstleistungsgesellschaften, die selbst nicht börsennotiert sein müssen, kann die REIT-AG all jene Tätigkeiten abwickeln, die außerhalb ihres Kerngeschäftes liegen. Zwar ist auch der zulässige Tätigkeitsbereich von REIT-Dienstleistungsgesellschaften auf die Erbringung immobiliennaher Tätigkeiten begrenzt. Innerhalb dieses Rahmens können sie jedoch auch außerhalb des für REIT-AG zugelassenen Aktivitätsspektrums tätig werden und sind insoweit insbesondere nicht auf den eigenen Immobilienbestand der REIT-AG beschränkt. REIT-Dienstleistungsgesellschaften sind – wie ein gewöhnlicher Makler, Immobilienentwickler oder Facility Manager auch – in vollem Umfang steuerpflichtig3. Eine Einschränkung hinsichtlich der Wahl des Sitzes im In- oder Ausland enthält das REITG nicht 4 .
205
Auslandsobjektgesellschaften sind Kapitalgesellschaften, an denen der REIT zu 100 % beteiligt ist5, und die lediglich Eigentum an beweglichen sowie an außerhalb des Geltungsbereichs des REITG belegenen unbeweglichen Vermögensgegenständen halten (§ 3 Abs. 3 REITG6). Letztere müssen mindestens 90 % des Gesamtvermögens der Auslandsobjektgesellschaft ausmachen und – nach dem Recht des Belegenheitsstaates – im Eigentum eines entsprechenden ausländischen REITs stehen dürfen7. Bewegliches Vermögen kann hingegen auch im Inland belegen sein. Dies ist bedeutsam, weil eine Auslandsobjektgesellschaft ihren Sitz auch in Deutschland haben darf und in diesem Fall auch über inländisches bewegliches Vermögen (z. B. Büroausstattung) verfügen können muss8 . Die Möglichkeit, Auslandsobjektgesellschaften zu unterhalten, ist für REIT-AG in erster Linie deshalb von Bedeutung, weil sie als deutsche Gesellschaften in bestimmten Staaten keine dort belegenen Grundstücke erwerben dürfen und für den Erwerb ausländischer Immobilien daher unter
206
1 Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1348); weiter Quass/Becker, AG 2007, 421 (427) (Zulässigkeit der Erbringung von Dienstleistungen an den REIT selbst). 2 Ebenso Conradi, Rz. 499; Striegel/Gallenkamp in Striegel, § 3 REITG Rz. 16 und 29; Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 3 REITG Rz. 9. 3 Vgl. hierzu auch Hartrott, DStZ 2007, 247 (251). 4 Vgl. auch Quass/Becker, AG 2007, 421 (426). 5 Eine geringere Beteiligung der REIT-AG ist unzulässig (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 55; Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 [835]). 6 Kraft/Bron, IStR 2007, 377 halten diese Regelung für „evident europarechtswidrig“. 7 Ein Verbot des Erwerbs von im Ausland belegenen Bestandsmietwohnimmobilen besteht danach also nur dann, wenn das Recht des Belegenheitsstaates ein solches vorsieht; vgl. auch Quass/Becker, AG 2007, 421 (426). 8 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 52.
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Umständen auf eine Auslandsobjektgesellschaft angewiesen sind1. Auslandsobjektgesellschaften sind in vollem Umfang steuerpflichtig. 207
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 REITG wird zudem die Beteiligung der REIT-AG an solchen Kapitalgesellschaften zugelassen, die als Komplementäre von Personengesellschaften fungieren, an denen sie vermögensmäßig nicht beteiligt sind. Da es dem REIT nicht erlaubt ist, Immobilien durch inländische immobilienverwaltende Tochterkapitalgesellschaften zu halten, soll die Ausbildung inländischer Konzernstrukturen durch die Schaffung von Tochter-GmbH & Co. KGen (bzw. vergleichbarer Personengesellschaften 2) auf diese Weise ermöglicht werden3.
208
Zur visuellen Veranschaulichung einer möglichen Gruppenstruktur mit einer REITAG als Holdinggesellschaft, 4 Immobilienpersonengesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, 2 Auslandsobjektgesellschaften sowie einer DienstleistungsGmbH dient die nachfolgende Grafik: REIT-Holding mit direkten Immobilien-GmbH & Co. KG
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#WUNCPF IGU
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#WUNCPF IGU
1 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19; Dettmeier/Gemmel/Kaiser, RIW 2006, 832 (835). 2 Vgl. Weger in Striegel, § 1 REITG Rz. 12 Fn. 92. 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 49. Vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 16/4026, S. 19. Zur Problematik der Ausschüttungsverpflichtung (§ 13 REITG) bei Konzernkonstellationen vgl. Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 (257).
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Auch eine doppelstöckige KG-Struktur ist möglich:
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REIT-Holding mit doppelstöckigen Immobilien-GmbH & Co. KG
*QNFKPI 4'+6#)
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Zu Thesaurierungsmodellen in Konzernstrukturen zur Vermeidung der Mindestausschüttungsverpflichtung nach § 13 Abs. 1 REITG siehe Rz. 215.
210
b) REIT-AG im Vertragskonzern Die REIT-AG kann zivilrechtlich sowohl herrschendes Unternehmen gegenüber nachgeordneten (Kapital-)Gesellschaften sein, als auch seinerseits beherrschtes Unternehmen gegenüber einen (mittelbaren) Mehrheitsgesellschafter. Dies veranschaulicht die nachfolgende Grafik:
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REIT-AG und Vertragskonzern .GCF+PXGUVQT#)
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Beim Abschluss eines Beherrschungsvertrags zwischen den mittelbaren Mehrheitsgesellschafter als herrschendem Unternehmen und der REIT-AG als beherrschtem Unternehmen ist alleine problematisch, ob hierin eine Verletzung der Mindestausschüttungsverpflichtung nach § 13 Abs. 1 REITG liegt. Dies ist aber zu verneinen, da formal betrachtet kein Jahresüberschuss während der Laufzeit des Beherrschungsvertrages anfällt und materiell, weil der Beherrschungsvertrag (funktionsähnlich wie bei der Mindestausschüttungsverpflichtung) dazu führt, dass der Jahresüberschuss vollständig auf die Ebene der Gesellschafter transferiert wird. Allerdings wird die Kapitalmarktfähigkeit einer REIT-AG bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages mit der REIT-AG als beherrschtem Unternehmen faktisch eingeschränkt sein (Aktie als Zinspapier).
VI. Finanzierung der REIT-AG 213
Die Unternehmensfinanzierung der REIT-AG unterliegt nicht nur den allgemeinen (aktien)rechtlichen Beschränkungen, sondern auch den Sonderbestimmungen des REITG. Dies betrifft sowohl Maßnahmen der Innenfinanzierung, also die Bereitstellung von Liquidität, das im Unternehmen selbst geschaffen wurde (insbesondere Finanzierung durch laufenden Cash Flow sowie durch Gewinnthesaurierung und Nutzung des Gewinnvortrags; Finanzierung durch Vermögensumschichtung), als auch Maßnahmen der Außenfinanzierung, also die Finanzierung aus unternehmensexternen Quellen mit Zurverfügungstellung von Eigen- oder Fremdkapital. Durch das Aktienrecht wird die Finanzierungsfreiheit von Unternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft vor allem aus Gründen des Gläubiger- und Anteilseignerschutzes (Schutz vor Wert- und Beteiligungsverwässerung) beschränkt. Mit dem REITG hat der Gesetzgeber die Finanzierungsfreiheit des Unternehmens noch weiter deshalb eingeschränkt, um zwei Ziele zu erreichen: (1) Die Steuerfreistellung der REITG-AG korrespondiert mit der Mindestausschüttungsverpflichtung und der Besteuerung der Dividenden auf Ebene der REIT-Aktionäre. Daher sind die Vorschriften des REITG darauf gerichtet, Thesaurierungsmöglichkeiten einzuschränken, den Umfang des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns zu erweitern und gleichzeitig die Fremdkapitalaufnahme zu beschränken. (2) Ferner bezweckt der Gesetzgeber offenbar eine Erweiterung des akti102
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enrechtlichen Gläubigerschutzes durch Beschränkung der möglichen Fremdkapitalaufnahme. Mit den Anforderungen an das Mindesteigenkapital sowie die Vermögensund Ertragsstruktur soll das Insolvenzrisiko von REIT-AG gegenüber unqualifizierten Aktiengesellschaften gesenkt werden1. Zusätzlich zu den gläubigerschützenden Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs und dem aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften (z. B. §§ 57, 71a AktG) schränkt das REITG die Möglichkeiten der Binnenfinanzierung insbesondere durch zwei Normengruppen ein, nämlich (1) die Ausschüttungsverpflichtung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 REITG mit den Sonderbilanzierungsregeln zur Bestimmung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses nach § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und Abs. 3 REITG sowie (2) die Anforderung an eine bestimmte Vermögenszusammensetzung und bestimmte Ertragsquellen nach § 12 Abs. 2 bis Abs. 4 REITG sowie das Verbot des Immobilienhandels nach § 14 Abs. 1 REITG.
214
Die Ausschüttungsverpflichtung von 90 % des nach den REIT-Sonderbilanzierungsregeln zur ermittelnden handelsrechtlichen Jahresüberschusses beschränkt erheblich die wirtschaftliche Durchführbarkeit von Gewinnthesaurierungen. Denn die Verletzung der Ausschüttungsverpflichtung durch eine diese Grenze überschreitende Gewinnthesaurierung durch Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrates nach § 58 Abs. 2 AktG oder der Hauptversammlung nach §§ 150, 174 Abs. 1 i. V. m. § 158 AktG führt zur Verwirkung einer Geldzahlung (einmaliger Verstoß) bzw. zum Verlust der Steuerprivilegierung (Rz. 172, 174 und 177). Allerdings greift die Ausschüttungsverpflichtung und das korrespondierende Gewinnthesaurierungsverbot an den im handelsrechtlichen Einzelabschluss der REIT-AG ausgewiesenen Jahresüberschuss an, so dass die Gewinnthesaurierung auf Ebene von Beteilungsgesellschaften der REIT-AG nicht betroffen ist. Daher kann die Binnenfinanzierung der REIT-AG beispielsweise dadurch gestärkt werden, dass die REIT-AG vorwiegend als Beteiligungsholding ausgestaltet wird und die operative Unternehmenstätigkeit in Beteiligungsgesellschaften erfolgt, deren Jahresüberschüsse auf dieser Ebene thesauriert und eben nicht an die REIT-AG abgeführt oder ausgeschüttet werden 2 .
215
Die Anforderung, dass bei Konzernbetrachtung 75 % des Aktivvermögens zum unbeweglichen Vermögen gehören muss (§ 12 Abs. 2 REITG), schränkt die Möglichkeiten der Binnenfinanzierung insbesondere durch Veräußerung unbeweglichen Vermögens ein. Flankiert wird diese Vermögensanforderung durch das konzernweite Verbot des Immobilienhandels i. S. v. § 14 Abs. 1 REITG. Eine weitere Einschränkung der Binnenfinanzierungskraft ergibt aus der Ertragsanforderung, dass 75 % der konzernweiten Umsatzerlöse zuzüglich sonstiger Erträge von unbeweglichem Vermögen stammen muss. Diese Regelungstrias beschränkt insbesondere die Vermögensumschichtung. Wegen der Konzerndimensionalität dieser Vorschriften ist auch die Geschäftsführung auf Ebene von Beteiligungsgesellschaften der REIT-AG betroffen, und zwar eben auch in dem Sinne, dass die vorgenannten Beschränkungen der Vermögensumschichtung nicht dadurch vermieden werden können, dass die Deinvestition auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaften anstatt in der REIT-AG erfolgen. Ein gewisser Handlungsspielraum bleibt alleine dadurch, dass die Vermögens- und Ertragsanforderungen nach § 12 Abs. 2 bis Abs. 4 REITG und der Ertrags-
216
1 Zu einer rechtspolitischen Betrachtung von Leverage-Transaktionen Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (291 ff.). 2 So auch Quass/Becker, AG 2007, 421 (431); Hahn, ZGR 2006, 805 (834 f.); zweifelnd Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 58 AktG Rz. 56.
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anforderung nach § 12 Abs. 3 und 4 REITG stichtagsbezogen (nämlich auf den Tag des Bilanzstichtages) formuliert sind, so dass in den Grenzen des Verbots des Immobilienhandels i. S. v. § 14 Abs. 1 REITG und der Ertragsanforderung nach § 12 Abs. 3 und Abs. 4 REITG, unterjährige Vermögensumschichtungen möglich sind, sofern die Vermögenszusammensetzung nur zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages wieder den gesetzlichen Anforderungen entspricht (sog. Ballooning-Konzept). 217
Die stichtagsbezogene Anforderung an die Vermögenszusammensetzung (§ 12 Abs. 2 REITG) kollidiert strukturell mit der Vorschrift zur Einhaltung der Mindesteigenkapitalquote von 45 % bezogen auf den IAS-Zeitwert des unbeweglichen Vermögens. Denn jenes Mindesteigenkapitalerfordernis führt im Zusammenwirken mit der Ausschüttungsverpflichtung (§ 13 Abs. 1 REITG) dazu, dass die Wachstumsfinanzierung zum erheblichen Teil durch Aufnahme von Eigenkapital im Wege von Bar- und Sachkapitalerhöhungen erfolgen muss (Rz. 160). Die Finanzierungskosten bei Kapitalerhöhungen sind jedoch signifi kant vom allgemeinen Kapitalmarktumfeld abhängig. Die geringe Prognosegenauigkeit im Hinblick auf zukünftige Kapitalmarktzustände beschränkt einerseits die Möglichkeit einer Brückenfi nanzierung durch Fremdkapitalaufnahme bis zur Durchführung einer Kapitalerhöhung in einem ungünstigen Kapitalmarktumfeld, andererseits aber auch den Umfang von Kapitalerhöhungen im Falle eines günstigen Kapitalmarktumfeldes, da nämlich dann eine Verletzung der Vorschrift zur Vermögenszusammensetzung droht, wenn die eingeworbenen Eigenkapitalmittel nicht rechtzeitig (Stichtagsbezogenheit!) in unbewegliches Vermögen investiert werden können.
218
Für die Finanzierung von REIT-AG kommt der Außenfinanzierung durch weitere Eigenkapitalaufnahme (Kapitalerhöhungen) besondere Bedeutung zu. Zum Ablauf von Kapitalmaßnahmen bei der REIT-AG siehe Voigt, Rz. 362–407. Die Außenfinanzierung durch Eigenkapitalaufnahme wird durch die Vorschriften zur Höchstbeteiligungsquote i. S. v. § 11 Abs. 4 REITG und zur Mindeststreubesitzquote nach § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG beschränkt. Diese Anforderungen an die Aktionärsstruktur beziehen sich allerdings ausschließlich auf die REIT-AG und nicht auf die Ebene ihrer Beteiligungsgesellschaften. Dies ermöglicht eine Außenfinanzierung mit Eigenkapital auf der Ebene der (operativen) Beteiligungsgesellschaften durch Aufnahme von Gesellschaftern im Wege der Bar- oder Sachkapitalerhöhung (z. B. Einbringung von Immobilien gegen Gewährung neuer Anteile an einer Beteiligungsgesellschaft der REIT-AG). Zudem bezieht sowohl die Mindeststreubesitzquote als auch die Höchstbeteiligungsquote ausschließlich unmittelbare Beteiligungen am Grundkapital der REIT-AG ein, so dass eine Beteiligungsbündelung auf höheren Gesellschafterstufen oberhalb der REIT-AG möglich ist. Dies erweitert den Kreis möglicher Investoren in die REIT-AG auf solche, die jedenfalls mittelbar einen kontrollierenden oder sogar beherrschenden Einfluss auf die REIT-AG nehmen wollen.
219
Bei Maßnahmen der Außenfinanzierung durch Mezzanine-Kapital (z. B. Wandelschuld- und Optionsanleihen oder Genussrechte) oder durch Fremdkapitalmittel (z. B. Industrieobligationen i. S. v. §§ 793 BGB oder Darlehen) ist die Geschäftsführung durch das Einhalten der Mindesteigenkapitalquote i. S. v. § 15 REITG beschränkt. Die Mindesteigenkapitalquote ist konzerndimensional ausgestaltet (und kann daher nicht durch eine Verlagerung der Fremdfinanzierung auf die Ebene von Beteiligungsgesellschaften vermieden werden), gleichzeitig aber auch stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt des Bilanzstichtages. In der Gestaltungspraxis wird es daher nicht selten darauf ankommen, Finanzierungsprodukte zu entwickeln und zu nutzen, die nach den anwendbaren IFRS/IAS-Bestimmungen als Eigenkapital (jeden104
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falls zu einem großen Anteil) qualifi zieren. So können beispielsweise (1) langfristig der Gesellschaft zur Verfügung gestelltes Genussrechtskapital mit erfolgsabhängiger Vergütung, Verlustbeteiligung und Nachrang im Falle der Liquidation und Insolvenz des Genussrechtsinhabers oder (2) sog. unendliche Anleihen zur Finanzierung genutzt werden, da diese Strukturen nach IAS 32 jedenfalls zum überwiegenden Teil als Eigenkapital qualifi zieren. Zudem hat das Erfordernis einer Mindesteigenkapitalquote von 45 % erhebliche Auswirkungen auf die Strukturierung der Fremdfinanzierung und der zugrunde liegenden Kreditverträge: So muss z. B. gewährleistet sein, dass auch nach einer Immobilienveräußerung oder einem Immobilienerwerb die zulässige Fremdkapitalquote – die ja nach dem Anteil des Immobilienvermögens an der Bilanzsumme zwischen 59,5 % (Immobilienquote 90 %) und 66,25 % (Immobilienquote 75 %) beträgt – nicht überschritten wird1. Der Erwerb und die Verwertung eigener Aktien z. B. als Gegenleistung bei Immobilienerwerben ist durch die aktienrechtlichen Bestimmung des § 71 AktG beschränkt.
220
Die durch das REITG bestehenden Sonder-Beschränkungen für Maßnahmen der Binnen- und Außenfinanzierung von REIT-Unternehmen sind in der nachfolgenden Übersicht nebst einer stichpunkthaften Beschreibung der möglichen Gestaltungsmaßnahmen aufgeführt:
221
Maßnahmen der Binnenfinanzierung Finanzierungsform
REITG-Beschränkung
Gestaltungsvariante
laufender Cash Flow/ Gewinnthesaurierung und Gewinnvortrag
– Ausschüttungsverpflichtung, § 13 Abs. 1 REITG
– Thesaurierung auf Ebene von Beteiligungsgesellschaften – Nutzung der Sonderbilanzierungsregeln, §13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 REITG
Vermögensumschichtung
– Anforderung an Vermögenszusammensetzung, § 12 Abs. 2 REITG – Anforderung an Ertragsquellen, § 12 Abs. 3 und 4 REITG – Verbot des Immobilien-handels, § 14 Abs. 1 REITG
– sog. Ballooning-Konzept
Maßnahmen der Außenfinanzierung Finanzierungsform
REITG-Beschränkung
Gestaltungsvariante
Kapitalerhöhung
– Höchstbeteiligungsquote, § 11 Abs. 4 REITG – Mindeststreubesitzquote, § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG
– Kapitalerhöhung auf Ebene von Beteiligungsgesellschaften – Aufteilung der Aktienübernahme auf verbundene Unternehmen
Wandelschuld-/ Optionsanleihen
– Mindesteigenkapitalquote, § 15 REITG
– Eigenkapitalstrukturierung nach IFRS/IAS-Regeln (z. B. „unendliche Anleihe“)
1 Ebenso Conradi, Rz. 525
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B
Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
Darlehensaufnahme
– Mindesteigenkapitalquote, § 15 REITG
Erwerb und Verwertung eigener Aktien (z. B. als Akquisitionsgegenleistung)
222
– Eigenkapitalstrukturierung nach IFRS/IAS-Regeln (z. B. „unendliche Anleihe“)
./.
./.
In einer weiteren Übersicht sind die Finanzierungsbeschränkungen danach analysiert, ob sie (1) eine Konzerndimensionalität aufweisen oder ausschließlich auf einen Sachverhalt der REIT-AG abstellen und (2) stichtagsbezogen ausgestaltet sind oder einen zeitlichen Dauerzustand verlangen: Finanzierungs- REITG-Beschränkung mittel Eigenkapital
Konzerndimensionalität
Stichtagsbezogenheit
– Mindestnennbetrag des Grundkapitals von 15 Mio. Euro(§ 4 REITG)
./.
./.
– Höchstbeteiligungsquote, § 11 Abs. 4 REITG
./.
✔
– Mindeststreubesitzquote, § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG
./.
✔
– Ausschüttungsverpflichtung von 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses (§ 13 Abs. 1 Satz 1 REITG)
./.
./.
• Sonderbilanzierungsregeln zur Bestimmung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses (keine Dotierung der Pflichteinlage, Ansatz von linearen Abschreibungen; § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 REITG) • aber: Möglichkeit zur Dotierung von 50 % von Veräußerungsgewinnen in Reinvestitionsrücklage (§ 13 Abs. 3 REITG) Mezzanine-Kapital/Fremdkapital
– Mindesteigenkapitalquote von 45 % bezogen auf den IAS-Zeitwert des unbeweglichen Vermögens (§ 15 REITG)
✔
✔
Cash
– Vermögensanforderung von 75 % des Aktivvermögens muss zum unbeweglichen Vermögen i. S. v. § 3 Abs. 8 REITG gehören (§ 12 Abs. 2 REITG)
✔
✔
– Ertragsanforderung von 75 % der Umsatzerlöse zzgl. sonstigen Erträgen aus unbeweglichem Vermögen muss von unbeweglichem Vermögen i. S. v. § 3 Abs. 8 REITG stammen (§ 12 Abs. 3 und 4 REITG)
✔
✔
– Verbot des Immobilienhandels (§ 14 Abs. 1 REITG)
✔
✔
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B
Beendigung des REIT-Status
VII. Beendigung des REIT-Status 1. Verlust der Steuerprivilegierung (mit Entschädigung der Streubesitzaktionäre) Die Beendigung des REIT-Status tritt mit dem Ende der Steuerprivilegierung der REIT-AG ein1. Hierzu kann es etwa aufgrund des Verlustes der Börsenzulassung (§ 18 Abs. 1 REITG), eines Verstoßes gegen das Verbot des Immobilienhandels (§ 18 Abs. 2 REITG) oder einer fortdauernden Verletzung der Vorschriften über die Aktionärsstruktur, die Vermögens- und Ertragsstruktur oder die Mindesteigenkapitalquote (vgl. § 18 Abs. 3 bis 5 REITG) kommen. Der REIT besteht in diesen Fällen als unqualifi zierte Immobilien-Aktiengesellschaft fort2 .
223
2. Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Beendigungsgründe Daneben kommen auch gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Beendigungsgründe in Betracht. Neben der (aktienrechtlichen) Auflösung der Gesellschaft (§§ 262 ff. AktG) führt auch der Rückzug von der Börse (Going Private/Delisting) – unabhängig von der Bestimmung des § 18 Abs. 1 REITG – zu einem Verlust des REIT-Status (vgl. § 10 REITG); beim Delisting ist allerdings ein Pflichtangebot an die Minderheitsaktionäre abzugeben3. Neben dem regulären Delisting kann die REIT-AG einen Going Private (mit der Folge der Beendigung des REIT-Status) auch auf gesellschafts- bzw. umwandlungsrechtlichem Wege erreichen (sog. „kaltes“ Delisting4). Als Gestaltungsweg kommt einerseits die Verschmelzung der REIT-AG auf eine andere Gesellschaft nach den §§ 2 ff. UmwG in Betracht, wobei den Minderheitsaktionären bei Wechsel der Rechtsform jedoch ein Barabfindungsangebot gemäß § 29 UmwG zu unterbreiten ist, andererseits kann die REIT-AG auch in eine Immobilien-Gesellschaft anderer Rechtsform im Wege des Formwechsels umgewandelt werden5. Die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft endet im Fall des Going Private gemäß § 18 Abs. 1 REITG zum Ende des Wirtschaftsjahres, das dem regulären bzw. kalten Delisting voraus geht. Das Delisting lässt die Exit Tax (§ 3 Nr. 70 EStG) nicht rückwirkend entfallen.
224
3. Verzicht der Gesellschaft auf den REIT-Status Das REITG sieht die Möglichkeit eines Verzichts auf den REIT-Status durch die REIT-AG nicht ausdrücklich vor. Diese kann aber, etwa durch ein Delisting (vgl. § 18 Abs. 1 REITG) oder die Aufnahme unerlaubten Immobilienhandels (§ 18 Abs. 2 REITG), bewirken, dass ihre Steuerbefreiung endet und sie ihren Status als REIT somit verliert. Ob daneben auch die bloße statutarische „Streichung“ des Firmenzusatzes „REIT“ dazu führt, dass der REIT-Status verloren geht, ist zweifelhaft. Denn die differenzierte Regelung des § 18 REITG, die genau bestimmt, in welchen Fällen 1 Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 11. Siehe auch Rz. 173. 2 Zu der Besteuerung steuerfrei angesammelter Rücklagen und der stillen Reserven in einem solchen Fall Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 (258 f.). 3 Vgl. BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, ZIP 2003, 387 ff. – Macrotron; vgl. auch Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 50 ff. 4 Hierzu Schiessl, Rz. 869 ff.; Pluskat, BKR 2007, 54 ff. 5 In diesem Fall besteht aber grundsätzlich (vgl. § 250 UmwG) ebenfalls die Pflicht des REIT, ein Barabfi ndungsgebot zu unterbreiten (§ 207 UmwG).
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B
Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
die Steuerbefreiung des REIT-Unternehmens endet, spricht eher hiergegen. Aber es wird kaum der Absicht des Gesetzgebers entsprechen, eine Gesellschaft gegen ihren Willen an den REIT-Status zu binden, zumal die Möglichkeit eines Delistings oder der Aufnahme verbotenen Immobilienhandels ohnehin besteht1. Richtigerweise muss die Gesellschaft es daher selbst in der Hand haben, ihren REIT-Status auch wieder aufzugeben, indem sie den Zusatz „REIT“ aus ihrer Firma durch Satzungsänderung streicht2 . Beschließt die Hauptversammlung der REIT-AG, die Firma zu ändern, und wird die Firmenänderung nach Anmeldung durch den Vorstand im Handelsregister eingetragen, so verliert die Gesellschaft demnach ihren Sonderstatus als REIT-Unternehmen und kehrt zur normalen Besteuerung zurück 3.
226–229
Einstweilen frei.
1 Münchow in Striegel, § 6 REITG Rz. 8. 2 Nach Bron, BB-Special Nr. 7 2007, 2 (20) soll es für den Verlust des REIT-Status ferner genügen, wenn die REIT-AG eine Änderung ihres Unternehmensgegenstandes entgegen § 1 Abs. 1 REITG vornimmt oder ihres Grundkapitals unter die erforderlichen 15 Mio. Euro absenkt. Zweifelnd aber Münchow/Götz in Striegel, § 4 REITG Rz. 24, die davon ausgehen, dass die REIT-AG verpfl ichtet ist, alle Voraussetzungen für den REIT-Status einzuhalten, solange sie den Zusatz „REIT“ in ihrer Firma führt. Der Beschluss, den Unternehmensgegenstand zu ändern oder das Grundkapital herabzusetzen, soll danach nichtig sein, wenn nicht zugleich der Zusatz „REIT“ aus der Firma gestrichen wird. 3 Münchow in Striegel, § 8 REITG Rz. 32.
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C. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen an die REIT-AG Hans-Christoph Voigt Übersicht Rz. I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Ablauf der Börsenzulassung . . . . 232 1. Vorbereitung des Börseneinführungsverfahrens (Pre IPO-Phase) . . . . . . . . . . . . a) IPO-Beteiligte und Aufgabenverteilung . . . . . . b) Rechtliche Börsenreife . . . . c) Wirtschaftliche Börsenreife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Technische Börsenreife . . . . 2. IPO-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Post IPO-Phase . . . . . . . . . . . . 4. Zeitplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Voraussetzungen für die Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässige Marktsegmente . . . . a) Organisierter Markt . . . . . . b) Börsensegmentierung . . . . . c) Keine ausschließliche Einbeziehung in den Freiverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine und besondere Zulassungsvoraussetzungen . . a) Börsenzulassungsantrag . . . aa) Antragstellung . . . . . . . bb) Fristen für die Antragstellung . . . . . . . . . . . . b) Zulassung und Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsgrundlage des Emittenten . . . . . . . . . . . . . d) Kurswert bzw. Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Dreijährige Bilanzpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsgrundlage der Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . g) Freie Handelbarkeit . . . . . . h) Mindeststückelung der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Erreichen der initialen Streubesitzquote von 25 % . aa) Defi nition des Streubesitzes . . . . . . . . . . . .
233 234 235 236 238 239 242 243 244 244 245 246
247 249 250 250 253 256 258 259 261 263 264 266 267
Rz. bb) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . 269 j) Erhalt der Streubesitzquote von 15 % nach Börsenzulassung . . . . . . . . . 272 IV. Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Grundlagen . . . . b) Prospektaufbau und -inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prospekt aus einem oder mehreren Einzeldokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zuständigkeit der BaFin, Prüfungsumfang . . . . . . . . . e) Gültigkeitsdauer und Sprachenregelung . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten des Wertpapierprospekts . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalisierung und Verschuldung . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Marktwerte des Immobilienportfolios . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschreibung der Ausschüttungspfl icht . . . . . . . . d) Beschreibung der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Risikofaktoren . . . . . . . . . . aa) Risiken der Wachstumsfi nanzierung . . . . bb) Risiken des Cash Management . . . . . . . . cc) Verwässerungsrisiko . . dd) Branchen- und unternehmensspezifische Risiken . . . . . . . . . . . . ee) Spezifische Risiken im Zusammenhang mit dem REIT-Status . . . . . f) Immobilienbewertungsgutachten . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtliche Grundlage . .
273 275 276
278 279 281 283 284
286 288 290 291 292 293 294
295
296 298 298
268
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen Rz. bb) Inhalt und Form des Gutachtens . . . . . . . . . . cc) Person und Bestellung des Gutachters . . . . . . . . g) Pro-forma-Finanzinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Emittenten mit komplexer fi nanztechnischer Vorgeschichte bzw. bedeutenden fi nanziellen Verpfl ichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Start up-Gesellschaften . . . .
300 303 305
308 309
V. Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . 310 1. Verbot von Insidergeschäften . . a) Erwerbs- und Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weitergabeverbot . . . . . . . . . c) Empfehlungsverbot . . . . . . . d) Ausnahmen vom Insiderhandelsverbot . . . . . . . . . . . . 3. Ad-hoc-Mitteilungspfl ichten . . . a) Allgemeine Veröffentlichungspfl icht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG) . . aa) Gegenstand der Veröffentlichungspfl icht . . . . bb) Mitteilungspfl ichten, Art und Weise der Veröffentlichung . . . . . . . . . cc) Vorübergehende Befreiung von der Veröffentlichungspfl icht . . . . . . . . . b) Veröffentlichungspfl icht aufgrund Weitergabe von Insiderinformationen . . . . . . c) Pfl icht zur Veröffentlichung einer Korrekturmeldung . . . . 4. Directors’ Dealings . . . . . . . . . . 5. Führung von Insiderverzeichnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Mitteilung von wesentlichen Beteiligungsveränderungen . . . . 7. Sonstige Zulassungsfolgepfl ichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anwendbarkeit des WpÜG . . . . VI. Aktientransaktionen . . . . . . . . . . 1. Öffentliche Umplatzierung . . . . a) Prospekterfordernis . . . . . . . b) Prospektinhalt . . . . . . . . . . . c) Prospektbilligung . . . . . . . . . d) Informationsmemorandum . . . . . . . . . . . . . . . . .
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311 312 315 317 319 320
322 322
324
326
334 337 338 342 344 347 349 350 352 352 353 354 355
2. Block Trades . . . . . . . . . . . . . . a) Best Efforts Underwriting . . b) Back Stop-Transaktionen . . c) Bought Deal-Transaktionen . 3. Rechtsgeschäftliche Übertragung von Aktien . . . . . . . . . VII. Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . 1. Bezugsrechtsemissionen . . . . . a) Bezugsrecht und Bezugsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Formen von Bezugsrechtsemissionen . . . . . . . . . . . . . aa) Ordentliche Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital . . . . . . . bb) Direkte Platzierung oder mittelbare Platzierung . . . . . . . . . . cc) Festpreisemission oder Bookbuilding . . . . . . . . c) Bezugsberechtigte und Bezugsverhältnis . . . . . . . . . d) Ablauf einer Bezugsrechtsemission (Überblick) . . . . . . e) Kapitalerhöhungsbeschluss . aa) Beschlussmehrheit . . . . bb) Beschlussinhalt . . . . . . (1) Erhöhungsbetrag . . . (2) Form, Art und Gattung der auszugebenden Aktien . . . . . . . . . . (3) Bezugsverhältnis . . (4) Ausgabebetrag und Bezugspreis . . . . . . . (5) Fristen und Gewinnberechtigung . (6) Änderung des Satzungswortlauts . . . . f) Übernahmevertrag . . . . . . . g) Prospekterfordernis . . . . . . . h) Bezugsangebot . . . . . . . . . . i) Bezugsrechtshandel . . . . . . . j) Zeichnung der neuen Aktien und Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags . . . k) Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . l) Zulassung . . . . . . . . . . . . . . 2. Bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 356 358 359 360 361 362 363 363 364
364
365 366 367 369 370 370 371 372
375 378 379 381 382 383 385 386 388
390
391 392 393
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Einleitung Rz. a) Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschränkung auf 10 % des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ermittlung des Bezugspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgabebetrag und Bezugspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein wesentliches Unterschreiten des Börsenkurses . . .
394 395 396 397 401 402
Rz. cc) Maßgebliche Börse und relevanter Kurs . . 404 f) Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . 407 VIII. Zweitnotierungen im Ausland . . 408 1. Zweitnotierung in EU/EWRRaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 2. Zweitnotierung in Drittstaat . 410
403
I. Einleitung Nach dem gesetzlichen Leitbild1 ist die REIT-AG eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von mindestens 15 Mio. Euro sowie Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland, deren Unternehmensgegenstand sich auf das Halten, Erwerben, Verwalten und Veräußern von in- und ausländischen Immobilien beschränkt (dazu Seibt, Rz. 99 ff.). Eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Erlangung des Steuerprivilegs des § 16 REITG ist die Zulassung der Aktien der (künftigen) REIT-AG zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Ist diese Zulassung – regelmäßig auf der Grundlage eines Wertpapierprospekts i. S. d. § 1 Abs. 1 WpPG – erfolgt, finden nicht nur gemäß § 3 Abs. 2 AktG die strengeren Vorschriften des AktG für börsennotierte Gesellschaften Anwendung auf die REIT-AG, sondern neben dem WpHG auch die Vorschriften des BörsG und des WpÜG (dazu unten Rz. 310 ff.) sowie sonstige Vorschriften z. B. des HGB2 , die an die Börsenzulassung der Aktien des Emittenten anknüpfen3.
230
Ungeachtet der gesellschafts-, kapitalmarkt- sowie steuerrechtlichen Besonderheiten der REIT-AG unterscheidet sich der Prozess eines REIT-Börsengangs nicht wesentlich von sonstigen Börsengängen. Das überrascht nicht, stellt doch § 1 Abs. 3 REITG ausdrücklich klar, dass es sich bei der REIT-AG nicht um eine eigenständige Rechtsform, sondern im Grundsatz um eine „ganz normale“ Aktiengesellschaft handelt, auf die die allgemeinen für Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften Anwendung finden, soweit nicht das REITG etwas Anderes bestimmt 4 .
231
1 Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen v. 28.5.2007, BGBl. I, S. 914 ff. 2 §§ 285 Nr. 9a Satz 5 bis 9, 314 Abs. 1 Nr. 6a Satz 5 bis 9 HGB. 3 Ausführlich Seibt, Rz. 46; Franck, MittBayNot 2007, 173 (178). 4 Ausführlich Seibt, Rz. 46; Quass/Becker, AG 2007, 421 (422).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
II. Ablauf der Börsenzulassung 232
Der Gesamtprozess „Börseneinführung“ lässt sich grob in drei Phasen unterteilen, nämlich die Vorbereitungsphase (Pre IPO-Phase), die Phase des eigentlichen Börsengangs (IPO-Phase) und die Phase nach erfolgter Börsenzulassung der Aktien (Post IPO-Phase). Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die Schaffung der geeigneten gesellschaftsrechtlichen Strukturen1 im Einzelfall erhebliche Anpassungen in der Ablaufplanung erfordern kann. Die nachfolgende Darstellung beruht auf der Annahme, dass eine bereits bestehende Aktiengesellschaft durch Anpassung ihrer Satzung an die Vorgaben des REITG zur REIT-AG „umgewandelt“ wird2 .
1. Vorbereitung des Börseneinführungsverfahrens (Pre IPO-Phase) 233
Während der Pre IPO-Phase ist es Aufgabe des aus Mitgliedern des Managements des Emittenten und externen Beratern bestehenden Börseneinführungsteams, die rechtliche, wirtschaftliche und technische Börsenreife der künftigen REIT-AG herzustellen. Dabei wird die Gesamtverantwortung für das Projekt „Börseneinführung“ wegen seiner besonderen Bedeutung für die Gesellschaft regelmäßig beim derzeitigen oder künftigen Vorstand liegen, der die Gesellschaft in Präsentationen und Verhandlungen mit Beratern und Banken vertritt sowie intern die Führung und Koordination des Teams sowie die erforderliche Kommunikation mit den Altgesellschaftern übernimmt. Eine weitgehende Delegation von Aufgaben an Mitarbeiter und externe Berater ist möglich und – bei einer klaren Aufgabenverteilung – ratsam. a) IPO-Beteiligte und Aufgabenverteilung
234
Ein Börsengang erfordert mit Rücksicht auf die hohe Komplexität und die zahlreichen Teilschritte, die zwischen den ersten Überlegungen zu einem möglichen Börsengang und seiner tatsächlichen Umsetzung liegen, die Mitwirkung und Zusammenarbeit einer Vielzahl von Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen3. Zu den klassischen Mitgliedern des Börseneinführungsteams gehören zunächst die Banken. Sie zeichnen für die Prüfung der Börsenreife des Emittenten, die Beratung bei Emissionskonzept und Unternehmensbewertung, die Durchführung von Marktund Wettbewerbsanalysen, die Analyse der Finanzsituation des Emittenten, die Organisation des Pre-Marketing und der Roadshow, die Begleitung des Börsenzulassungsverfahrens, die Beratung bei der Festlegung des Platzierungspreises und der Zuteilungsgrundsätze, den Abschluss des Übernahme-, Platzierungs- und Börseneinführungsvertrags sowie gegebenenfalls die Betreuung nach dem Börsengang verantwortlich. Aufgabe der Rechtsanwälte ist es, den Emittenten im Zusammenhang mit Gründung, Umwandlung und Fortbestand des Emittenten gesellschaftsrechtlich zu beraten, eine Legal Due Diligence-Prüfung4 durchzuführen und darauf auf1 Dazu ausführlich Seibt, Rz. 54 ff. 2 Zur Börseneinführung Borsche in J. Schäfer, REITs, S. 5; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 8; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, §§ 6, 7; Harrer in Beck’sches Hdb. der AG, §§ 20, 23; Schanz, Börseneinführung; Singhof/ Weber in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 3. 3 Überblick bei Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 20 Rz. 170 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 6 Rz. 1–23. 4 Dazu Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 130 ff.; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9; Nägele in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 27; Schanz, Börseneinführung, § 8.
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Ablauf der Börsenzulassung
bauend den Wertpapierprospekt des Emittenten mitzugestalten und zu prüfen sowie mögliche Haftungsrisiken des Emittenten zu identifi zieren. Ebenfalls zum Börseneinführungsteam gehören regelmäßig Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die die Tax, Financial und Business Due Diligence durchführen sowie im Rahmen der Erstellung von Unternehmensbewertungen, der Erstellung und Prüfung der Jahresund Konzernabschlüsse, der Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen der Börseneinführung sowie deren Optimierung für den Emittenten und die Altgesellschafter tätig werden. Zusätzlich kann sich die Einschaltung einer auf Finanzmarketing spezialisierten Public Relations-Agentur empfehlen, die die mit dem kapitalmarktund börsenrechtlichen Umfeld sowie den daraus resultierenden Besonderheiten vertraut ist. Ihre Aufgabe besteht darin, die Produkt- oder Dienstleistungspalette des Emittenten zu analysieren, mögliche Konkurrenzprodukte und Branchentrends zu sichten (Benchmarking) und eine börseneinführungsbegleitende Image- und Marketing-Kampagne des Emittenten zu entwickeln. b) Rechtliche Börsenreife Die Herstellung der rechtlichen Börsenreife beginnt mit einer ausführlichen Analyse der optimalen steuerrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Struktur der künftigen REIT-AG unter Berücksichtigung der Vorgaben des REITG. Hierunter fallen die Schaffung des Börsenvehikels (AG oder SE)1 und die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat mit geeigneten Kandidaten, ggf. die Abschaffung vorhandener unterschiedlicher Aktiengattungen unter Beschränkung auf die Ausgabe stimmberechtigter Nennbetrags- oder Stückaktien (§ 5 Abs. 1 REITG), die Schaffung des erforderlichen Mindestgrundkapitals von 15 Mio. Euro durch geeignete Kapitalmaßnahmen (§ 4 REITG) nebst Vorbereitung einer hierfür gegebenenfalls erforderlichen Hauptversammlung, die Beachtung der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, die Implementierung eines effi zienten Risikofrüherkennungssystems (§ 91 Abs. 2 AktG) sowie die Auf- bzw. Feststellung von Jahres- und Zwischenabschlüssen für den nach Anhang I Ziff. 20.1 ProspektVO2 erforderlichen Zeitraum von 3 Geschäftsjahren.
235
c) Wirtschaftliche Börsenreife In wirtschaftlicher Hinsicht gilt es, eine überzeugende Strategie und einen detaillierten Business Plan für die nächsten 3 bis 5 Geschäftsjahre zu entwickeln und fortzuschreiben, etwa erforderliche Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen sowie durch gezielte Investitionen und nötigenfalls Akquisition zusätzlichen Knowhows die notwendige kritische Masse für eine erfolgreiche Platzierung der Aktien des Emittenten zu schaffen. Durch rechtzeitige Einschaltung einer Investmentbank sollte darüber hinaus die eigene Position innerhalb der Peer Group lokalisiert und der eigene Innovationsgrad bestimmt werden. Ziel dieser Maßnahmen sollten eine positive Ertragsentwicklung und ein positives Ertragspotential, eine starke Marktpositionierung sowie ein rentables Bestands- und Handelsgeschäft sein.
1 Ausführlich Seibt, Rz. 54 ff. 2 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission v. 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung, ABl. Nr. L 149 v. 30.4.2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 186/3 v. 18.7.2005.
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C 237
Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
Die Datenbasis zur Prüfung der wirtschaftlichen Börsenreife des IPO-Kandidaten wird häufig im Rahmen eines so genannten Fact Book zusammengestellt, welches der Emittent zusammen mit seinen jeweiligen Emissionsberatern im Vorfeld des Börsengangs erstellt. Es dient als Grundlage für die Erstellung der Bankenexposés zur Ansprache potentieller Konsortialbanken, des für die Platzierung erforderlichen Wertpapierprospekts und der nachfolgenden Roadshow-Präsentationen. Inhaltlich umfasst das Fact Book eine Valuation Summary, eine ausführliche Darstellung von Markt und Unternehmen sowie in Form eines Anhangs das Financial Databook: Valuation Summary
Fact Book Hauptteil
Appendix
Teil 1: Valuation Summary Kurzprofi l REIT-AG Unternehmensstrategie Immobilienwirtschaftliche Stärken Key Financials und Key Performance Indicators Vermögens-, Finanz- und Ertragslage Teil 2: Markt und Unternehmen Kap. 1 Geschäftsmodell und Track Record Kap. 2 Markt und Wettbewerber der REIT-AG Kap. 3 SWOT-Analyse Kap. 4 Unternehmens-/Organisationsstruktur und Risikomanagementsystem Kap. 5 Management Kap. 6 Vergangenheitsanalyse 2004–2006 a) Ertragslage b) Vermögens- und Finanzlage Kap. 7 Businessplan 2007–2009 Kap. 8 Verwendung Emissionserlös Kap. 9 IPO-Roadmap REIT-AG (To do-Liste für rechtliche, wirtschaftliche und technische Börsenreife) Appendix Financials (historisch)
d) Technische Börsenreife 238
Unter technischer Börsenreife ist der Aufbau eines kapitalmarktfähigen Rechnungswesens und eines funktionsfähigen internen Kontrollwesens einschließlich der dafür erforderlichen IT-Infrastruktur, die Erstellung von Geschäftsberichten sowie die Umstellung der Rechnungslegung auf International Financial Reporting Standards (IFRS) zu verstehen, um das Vorliegen der nach § 12 REITG erforderlichen Vermögens- und Ertragsanforderungen der REIT-AG zu ermitteln1.
1 Vgl. Begr. RegE REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 17; Buschhüter in Striegel, § 12 REITG Rz. 9 ff.; zu den Vermögens- und Ertragsanforderungen vgl. Haury in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 12 REITG Rz. 27 ff.
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Ablauf der Börsenzulassung
2. IPO-Phase Nach Auswahl der geeigneten Konsortialbank(en) und der Mandatierung der übrigen Berater und Dienstleister beginnt die eigentliche IPO-Phase mit der Einleitung und Durchführung der Legal, Tax, Financial und Business Due Diligence durch die Berater der Konsortialbanken und des Emittenten, die Erstellung des Wertpapierprospekts (häufig parallel zur Durchführung der Due Diligence) sowie die Vorbereitung des Prospektbilligungs- und Börsenzulassungsverfahrens. In diese Phase fällt auch die Kommunikation der Equity Story an den Kapitalmarkt, wobei die Einschränkungen des § 15 WpPG im Hinblick auf die Werbung für das öffentliche Angebot bzw. die Börsenzulassung und ggf. zusätzlich die Einschränkungen ausländischer Jurisdiktionen (insbesondere USA, Kanada, Japan und Australien) im Hinblick auf die Werbung für die Emission zu berücksichtigen sind.
239
Nach öffentlicher Ankündigung des Zulassungsantrags sind bereits die Insiderhandelsverbote des § 14 Abs. 1 WpHG (§ 12 Satz 2 WpHG), die Verpflichtung zur Mitteilung und Veröffentlichung von Geschäften von Führungspersonen (so genannte Directors’ Dealings) nach § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG (§ 15a Abs. 1 Satz 4 WpHG) sowie das Verbot der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 WpHG (§ 20a Abs. 1 Satz 3 WpHG) zu beachten1.
240
In die eigentliche IPO-Phase fallen auch die Billigung des Wertpapierprospekts durch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Prospektveröffentlichung, die Durchführung des Bookbuilding-Verfahrens, Preisfestsetzung und Zuteilung durch den Emittenten im Einvernehmen mit den Konsortialbanken und gegebenenfalls abgebenden Aktionären, die Zulassung der Aktien des Emittenten zum gewählten Marktsegment durch die Geschäftsführung der Börse(n), die Aufnahme der Notierung der Aktien der REIT-AG und die Lieferung der Aktien an die Investoren gegen Zahlung des entsprechenden Erwerbspreises (Settlement).
241
3. Post IPO-Phase Sind die Aktien der REIT-AG zum Börsenhandel zugelassen, unterliegt die Gesellschaft den für alle börsennotierten Gesellschaften geltenden Zulassungsfolgepflichten2 . Die Zulassung der Aktien der REIT-AG löst die erstmalige Mitteilungspflicht über wesentliche Stimmrechtsanteile nach § 21 Abs. 1a WpHG aus (so genannte Bestandsmeldung) sowie fortlaufend das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten von Meldeschwellen, wobei die in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG genannten Meldeschwellen für die REIT-AG durch die zusätzlichen Meldeschwellen von 80 % und 85 % ergänzt werden (§ 11 Abs. 5 REITG)3. Die ebenfalls in § 11 Abs. 5 REITG genannte zusätzliche Schwelle von 3 % der Stimmrechte an der REIT-AG gilt bereits aufgrund
1 Demgegenüber gilt die Verpfl ichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG und zur Führung von Insiderverzeichnissen nach § 15b Abs. Satz 1 WpHG erst mit Stellung des Zulassungsantrags (§§ 15 Abs. 1 Satz 2 bzw. 15b Abs. 1 Satz 1 WpHG). Die Verpflichtung zur Führung von Insiderverzeichnissen beginnt gem. §§ 15b Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG demgegenüber erst mit Stellung des Zulassungsantrags. 2 Dazu näher unten Rz. 310 ff. 3 Götze, NZG 2007, 332 (337); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 33 f.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
von § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG in der Fassung des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes1. Gleichwohl ist die Erwähnung in § 11 Abs. 5 REITG nicht entbehrlich 2 , da hierdurch die in § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG geregelte Ausnahme für Optionsrechte auf die REIT-AG für unanwendbar erklärt wird, mit anderen Worten also bei der REIT-AG zusätzlich das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von 3 % der Stimmrechte der Gesellschaft aufgrund von Optionsvereinbarungen mitzuteilen und von dieser zu veröffentlichen sind. Als Grund hierfür lässt sich anführen, dass die Aktionäre und die REIT-AG selbst möglichst frühzeitig den drohenden Verlust des Steuerprivilegs auf Grund der Unterschreitung der Streubesitzanforderungen erkennen können sollen 3. Allerdings handelt es sich bei den Stimmrechtsmeldungen ohnehin nur um ein unzureichendes Informationsmedium, da bei Aktionären, die bereits einen Schwellenwert überschritten hatten, durch einen weiteren Hinzuerwerb aber keine neue Schwelle erreichen oder überschreiten, die genaue Beteiligungshöhe unbekannt bleibt 4 .
4. Zeitplan 243
Zeitplan für IPO (in Wochen, stark vereinfacht)
Vorbereitung des Immobilienbewertungsgutachtens durch unabhängigen Sachverständigen
x
+1
Kick-off meeting IPO
Erste Prospekteinreichung bei der BaFin
Erstes Treffen mit der BaFin
+2 Beginn der Arbeiten am Wertpapierprospekt
+4
+6 Verfügbarkeit geprüfter Finanzinformationen
+8
Analystenpräsentation
+9
+ 11
Verfügbarkeit des fi nalen Bewertungsgutachtens
BaFin = Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
– Unterzeichnung Übernahmevertrag – Billigung des Wertpapierprospekts durch die BaFin – Start Roadshow/Bookbuilding/Festsetzung Preisspanne
+ 15
Investorengespräche
+ 16
Settlement/ Closing
+ 17
+ 18
– Zulassung der Aktien zum Börsenhandel – Preisfestsetzung und Zuteilung – Notierungsaufnahme
1 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG), BGBl. I 2007, S. 10; dazu Beiersdorf/Buchheim, BB 2006, 1674 ff.; Beiersdorf/Rahe, BB 2007, 99 ff.; Bosse, DB 2007, 39 ff.; Fleischer, ZIP 2007, 97 ff.; Heldt/Ziemann, NZG 2006, 652 ff.; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 550 ff.; Nießen, NZG 2007, 41 ff.; Pirner/Lebherz, AG 2007, 19 ff.; Rodewald/Unger, BB 2006, 1917 ff. 2 So aber Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787 (788); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 34. 3 Begr. RegE zu § 11 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 22; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2108). 4 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); Ziemons, BB 2007, 449 (451).
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Voraussetzungen für die Börsenzulassung
III. Voraussetzungen für die Börsenzulassung 1. Zulässige Marktsegmente Nach § 10 Abs. 1 REITG müssen die Aktien der REIT-AG zwingend zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sein1. Damit stellt das Gesetz klar, dass sog. „Private REITs“ nach US-amerikanischem Vorbild, die nur von wenigen institutionellen Anlegern gehalten werden und nicht börsennotiert sind, in Deutschland unzulässig und im Hinblick auf den offenen Immobilienspezialfonds nach dem Investmentgesetz auch nicht erforderlich sind2 .
244
a) Organisierter Markt § 2 Abs. 5 WpHG definiert den organisierten Markt seit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes3 als ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Wiese zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt. Der Begriff des „organisierten Marktes“ entspricht dem des „regulierten Marktes“ (regulated market) in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Finanzmarktrichtlinie4, die über Art. 2 Abs. 1 lit. j) der Prospektrichtlinie5 in Verbindung mit Art. 69 der Finanzmarktrichtlinie6 auch der Definition des organisierten Marktes i. S. d. Wertpapierprospektgesetzes (vgl. § 2 Nr. 16 WpPG) zu Grunde liegt7. Gegenüber der bisherigen Rechtslage, nach der auch Märkte in Drittstaaten unter den 1 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 5 2 Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1181); Wienbracke, NJW 2007, 2721 (2722). 3 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 16.7.2007, BGBl. I 2007, S. 1330 ff. 4 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1 ff.; vgl. Begr. RegE zu Art. 1 Nr. 2 lit. h) Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/4028, S. 8. 5 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. Nr. L 245 v. 31.12.2003, S. 64 ff. 6 Art. 69 der Richtlinie 2004/39/EG erklärt Bezugnahmen auf Begriffsbestimmungen der Richtlinie 93/22/EWG des Rates v. 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 37 ff., als Bezugnahmen auf die Finanzmarktrichtlinie. 7 Vgl. Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. Der Begriff „organisierter“ Markt wurde im deutschen Recht gewählt, um mögliche Verwechslungen mit dem Begriff des „geregelten Marktes“ auszuschließen, der bereits zur Bezeichnung des ehemaligen zweiten Segments der öffentlichrechtlich strukturierten börslichen Marktsegmente i. S. d. §§ 49 ff. BörsG verwendet wurde, siehe Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 2 WpHG Rz. 95. Mit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes wurde der amtliche Handel als Börsensegment abgeschafft. Künftig gibt es statt geregeltem und amtlichem Markt lediglich ein gesetzliches Marktsegment, den Regulierten Markt.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
ehemals1 rein materiell ausgestalteten Begriff der organisierten Märkte fallen konnten, wird die Definition nun beschränkt auf Märkte im Geltungsbereich der Finanzmarktrichtlinie2 . Obwohl die neue Definition des § 2 Abs. 5 WpHG nicht in den Wortlaut des § 2 Nr. 16 WpPG übernommen wurde, ändert sich materiell für die Zwecke des WpPG nichts, da § 3 Abs. 3 WpPG auf die Zulassung im Inland abstellt und damit den erforderlichen Bezug zum Geltungsbereich der Finanzmarktrichtlinie herstellt. b) Börsensegmentierung 246
Auch die Segmentierung der Börsen3 hat durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz eine Neuregelung erfahren. Während bei einer Börsennotierung in Deutschland bislang eine Zulassung zum amtlichen Markt (§§ 30 ff. BörsG a. F.) oder geregelten Markt (§§ 49 ff. BörsG a. F.) erforderlich war, die beide als organisierte Märkte i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG qualifizierten4, werden künftig beide Märkte in einem Segment, dem regulierten Markt, zusammengefasst (§ 32 Abs. 1 BörsG), der seinerseits ein organisierter Markt nach § 2 Abs. 5 WpHG ist5. Für bereits börsennotierte Gesellschaften ist damit keine Verpflichtung zur Neuzulassung ihrer Aktien verbunden, da Aktien, die vor dem 1.11.2007 zum amtlichen oder geregelten Markt zugelassen wurden, aufgrund einer Übergangsbestimmung automatisch als zum regulierten Markt zugelassen gelten (§ 52 Abs. 7 BörsG)6 . Die an der Frankfurter Wertpapierbörse bestehenden Teilbereiche Prime Standard und General Standard können als Teilbereiche des regulierten Marktes erhalten bleiben7, da § 42 Abs. 1 BörsG den Börsen weiterhin gestattet, für Teilbereiche des regulierten Marktes weitergehende Voraussetzungen für die Einführung und zusätzliche Unterrichtungspflichten auf Grund der Einführung zu schaffen8 . Auch der Freiverkehr wird grundsätzlich fortbestehen9. Nach neuem Recht ist es den Börsenbetreibern weiterhin erlaubt, einen privat organisierten Markt zu betreiben (§ 48 BörsG), so dass die Deutsche Börse AG auch den Entry Standard als Teilbereich des Freiverkehrs (Open Market) an der Frankfurter Wertpapierbörse bzw. die Börse München den Teilbereich M:access aufrecht erhalten können10. c) Keine ausschließliche Einbeziehung in den Freiverkehr
247
Anders als ausländische REITs kann allerdings eine deutsche REIT-AG nicht ausschließlich, d. h. ohne Zulassung an zumindest einem organisierten Markt im Inoder Ausland (EWR), in den Freiverkehr einer deutschen Börse und damit auch nicht
1 Vgl. jetzt noch Art. 3 Abs. 2 AktG sowie § 2 Nr. 16 WpPG. 2 Begr. RegE zu Art. 1 Nr. 2 lit. h) Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/4028, S. 8. 3 Zum Börsenbegriff des § 2 Abs. 1 BörsG n. F. Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. 4 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 2 WpHG Rz. 96; Franck, MittBayNot 2007, 173 (177); Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rz. 35; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); Quass/Becker, AG 2007, 421 (431); Beck in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 WpHG Rz. 46. 5 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. 6 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. 7 Zur Aufteilung in Prime Standard und General Standard Schlitt, AG 2003, 57 m. w. N.; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 40 ff. 8 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. 9 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227. 10 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227 (228). Zum Freiverkehr, insbesondere dem gesonderten Transparenzpfl ichten unterworfenen Entry Standard siehe Schlitt/S. Schäfer, AG 2006, 147 ff.; Schwichtenberg, AG 2005, 911; Harrer/R. Müller, WM 2006, 653.
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Voraussetzungen für die Börsenzulassung
in Teilbereiche des Freiverkehrs wie Entry Standard oder M:access einbezogen werden1. Eine Zweitnotiz im Entry Standard ist jedoch möglich. Die Deutsche Börse AG hat mittlerweile ein gesondertes Segment für REITs als eigenständige Assetklasse mit spezifischen Indizes (RX REIT Index, RX REIT All Share) gebildet2 . Der Börsengang einer REIT-AG wird hierdurch – durchaus im Sinne des Gesetzgebers – zeit- und kostenintensiver. Durch die Kosten des Börsengangs sollen Unternehmen davon abgehalten werden, allein auf Grund der Steuervorteile einen REIT aufzulegen, ohne über die dazu notwendige Expertise und ein hinreichend großes und spezialisiertes Portfolio zu verfügen 3. Daneben führen die mit der Börsenzulassung zum regulierten Markt verbundenen Berichts- und Mitteilungspflichten zu höherer Anlegertransparenz und damit verbessertem Anlegerschutz 4 .
248
2. Allgemeine und besondere Zulassungsvoraussetzungen Grundsätzlich gelten für die REIT-AG die gleichen rechtlichen Voraussetzungen für eine Börsenzulassung wie für jede Aktiengesellschaft. Die Voraussetzungen für die Zulassung von Aktien zum Handel am regulierten Markt werden durch die §§ 32 ff. BörsG und die Vorschriften der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) geregelt5. Zuständig für die Zulassung von Aktien sind seit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes die Geschäftsführungen der Börsen (§ 32 Abs. 1 BörsG); die bislang noch zuständigen Zulassungsstellen wurden abgeschafft 6 .
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a) Börsenzulassungsantrag aa) Antragstellung Das Börsenzulassungsverfahren im engeren Sinne beginnt mit der Stellung des Zulassungsantrags bei der Geschäftsführung der Börse, an welcher eine Notierung angestrebt wird7. Der Zulassungsantrag muss vom Emittenten zusammen mit einem Emissionsbegleiter (Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder Unternehmen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder § 53b Abs. 1 Satz 1 KWG) schriftlich und – auch bei einem anderssprachigen Prospekt – in deutscher Sprache gestellt werden8 .
250
Dem Antrag sind ein Entwurf des Prospekts oder ein gebilligter Prospekt und die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Nachweise beizufügen 9.
251
1 Van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); Quass/Becker, AG 2007, 421 (431). 2 http://deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/s/5E11F925E1E3997BBA9364A06469E066/de/ kir/ gdb_navigation/listing/0010_REITs; siehe Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Wienbracke, NJW 2007, 2721 (2722). 3 Begr. RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); Kiethe, ZfIR 2005, 745 (748); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107). 4 Begr.RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Franck, MittBayNot 2007, 173 (178); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107). 5 Die Regelungen werden ergänzt durch Art. 35 MiFIDVO. Zum Börsenzulassungsverfahren nach bisherigem Recht Beck/H.-J. Schäfer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2005, § 23; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 8; Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 25 ff. 6 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227 (228). 7 Download des Antragsformulars unter www.deutsche-boerse.com. 8 Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 28 ff.; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.3.2. 9 § 30 Abs. 2 Satz 1 BörsG, § 48 Abs. 1 Satz 1 BörsZulV; näher Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 28 ff., §§ 48–52 BörsZulV Rz. 4; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.3.2.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
Welche Unterlagen hierfür verlangt werden können, wird in § 48 Abs. 2 Satz 2 BörsZulV beispielhaft aufgeführt1. Die Geschäftsführung der Börse kann ggf. die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen, allerdings nicht solcher, die für eine Prüfung der Prospektangaben erforderlich wären, da seit Inkrafttreten des WpPG nicht mehr die Geschäftsführung der Börse, sondern allein die BaFin für die Prüfung des Prospektes zuständig ist und die Geschäftsführung der Börse als Zulassungsvoraussetzung allein prüft, ob ein gebilligter Prospekt veröffentlicht wurde2 . Zulässig und ratsam ist bei entsprechend enger zeitlicher Taktung, parallel zur Einreichung des Wertpapierprospekts bei der BaFin zur Billigung den Zulassungsantrag bei der Geschäftsführung der Börse zu stellen 3. Eine Veröffentlichung des Zulassungsantrags durch die Geschäftsführung der Börse ist seit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes nicht mehr erforderlich; § 49 BörsZulV wurde aufgehoben4 . 252
Wie bislang am amtlichen Markt, muss sich der Zulassungsantrag am regulierten Markt auf alle Aktien derselben Gattung erstrecken (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BörsZulV)5. Auch die Regierungsbegründung ist dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Aktien der Gesellschaft zum Börsenhandel zuzulassen sind (Vollzulassungsgebot)6 . Erhöht die REIT-AG ihr Grundkapital unter Ausgabe gattungsgleicher7 neuer Aktien, so sind diese innerhalb eines Jahres ebenfalls zum regulierten Markt zuzulassen (§ 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BörsZulV). Das Ausnutzen der Jahresfrist des § 69 Abs. 2 Satz 1 BörsZulV führt indes nicht zu einem (zwischenzeitlichen) Verlust der Eigenschaft als REIT-AG, da der zeitliche Aufschub die Börsenzulassung selbst nicht in Frage stellt8 . bb) Fristen für die Antragstellung
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Der Börsenzulassungsantrag muss innerhalb von 3 Jahren nach Anmeldung der Aktiengesellschaft als Vor-REIT gestellt werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 REITG)9, anderenfalls die Gesellschaft ihren Status als Vor-REIT im Sinne von § 2 REITG mit der Folge verliert, dass die Exit Tax hinsichtlich eines Immobilienerwerbs durch den Vor-REIT von einem Veräußerer nicht in Anspruch genommen werden kann10. Da
1 Im Regelfall sind dies die aktuelle Satzung des Emittenten, ein öffentlich beglaubigter aktueller Handelsregisterauszug, die der Aktienausgabe zu Grunde liegenden Hauptversammlungs-, vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse, eine Kopie der Globalurkunde sowie die Jahresabschlüsse und Lageberichte der letzten drei dem Antrag vorausgehenden Geschäftsjahres des Emittenten einschließlich der Bestätigungsvermerke des Abschlussprüfers. 2 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 48–52 BörsZulV Rz. 7. 3 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 48–52 BörsZulV Rz. 3, 8; Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 11. 4 Zum alten Recht Gericke, Hdb. für die Börsenzulassung von Wertpapieren, 1992, S. 147; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 48–52 BörsZulV Rz. 10; Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 11. 5 Schlitt/S. Schäfer, AG 2007, 227 (228); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2; Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); offenlassend Ziemons, BB 2007, 449 (450); Götze/Hütte, NZG 2007, 332. 6 Begr.RegE zu § 10 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 8, 11 und 23. 7 Zwingend nach § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG. 8 Quass/Becker, AG 2007, 421 (431); siehe auch Ziemons, BB 2007, 449 f. 9 Seibt, Rz. 90; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964). 10 Begr. RegE zu § 10 Abs. 3 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Quass/Becker, AG 2007, 421 (431); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.3.3; Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 27
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Voraussetzungen für die Börsenzulassung
Voraussetzung für die Erlangung des REIT-Status die Börsenzulassung der Aktien der Gesellschaft ist, wird die Börsenzulassung noch durch eine „gewöhnliche“ Aktiengesellschaft beantragt. Die Eintragung der Satzungsänderung hinsichtlich des Firmenzusatzes „REIT Aktiengesellschaft“ oder „REIT-AG“ nach §§ 6, 8 REITG kann erst anschließend erfolgen1. In welchem Umfang das Handelsregister bei der Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen auch die typisierenden Merkmale der REITAG zu prüfen hat, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt2 . Maßgeblich für den Beginn der 3-Jahres-Frist nach § 10 Abs. 2 Satz 1 REITG ist der Tag des Zugangs der Anmeldung beim Bundeszentralamt für Steuern 3. Für die Rechtzeitigkeit der Stellung des Zulassungsantrags ist auf den Tag des Zugangs des Antrags nach § 48 BörsZulV bei der Geschäftsführung der Börse abzustellen, bei der die Notierung beabsichtigt wird4 . Die Frist kann auf schriftlichen Antrag der Gesellschaft von der BaFin um ein weiteres Jahr verlängert werden, wenn außergewöhnliche, außerhalb des Verantwortungsbereichs des Vor-REIT liegende Umstände dies rechtfertigen (§ 10 Abs. 2 REITG)5. In dem Antrag ist also typischerweise darzulegen, dass die Fristverlängerung z. B. aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, insbesondere eines instabilen Kapitalmarktumfelds, gerechtfertigt ist und nicht auf grundsätzlich von der Gesellschaft zu verantwortende interne Umstände wie mangelnde Börsenreife zurückzuführen ist 6 . Wird der Antrag nicht fristgemäß gestellt oder wird er bestandskräftig abgelehnt, verliert die betreffende Gesellschaft ihren Status als Vor-REIT und die damit verbundenen steuerlichen Vergünstigungen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 REITG)7. Der Status als Vor-REIT lebt jedoch wieder auf, wenn die Zulassung erneut beantragt wird (§ 10 Abs. 3 Satz 2 REITG)8 .
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Angesichts des Wortlauts des § 10 Abs. 2 Satz 1 REITG stellt sich die Frage, ob die Geschäftsführung der betreffenden Wertpapierbörse verpflichtet ist, einen verspätet, d. h. nach Ablauf der 3-Jahres-Frist gestellten Zulassungsantrag abzulehnen. Hiergegen spricht, dass § 10 Abs. 3 Satz 1 REITG die Rechtsfolge des Überschreitens der Frist offenbar abschließend regelt, so dass § 10 Abs. 2 Satz 1 REITG nicht als Zulassungsvoraussetzung zu verstehen ist. Damit kann die Börsenzulassung auch noch nach Überschreiten der 3-Jahres-Frist erteilt werden9.
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b) Zulassung und Veröffentlichung Die Zulassung der Wertpapiere darf frühestens an dem auf das Datum der Einreichung des Zulassungsantrags bei der Geschäftsführung folgenden Handelstag erfolgen (§ 50 BörsZulV). Damit wurde die früher geltende 3-Tages-Frist des § 50 BörsZulV a. F. erheblich verkürzt. Der Zulassungsbeschluss ist von der Geschäftsführung
1 Seibt, Rz. 58; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 f.; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964 f.). 2 Dazu Seibt, Rz. 95; Ziemons, DB 2007, 449 ff.; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (333); Marker, STuB 2005, 971 ff. 3 Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 14. 4 Seibt, Rz. 90; Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 14. 5 Seibt, Rz. 91; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 27. 6 Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 14. 7 Seibt, Rz. 92; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 28. 8 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1964); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 10 REITG Rz. 28. 9 Quass/Becker, AG 2007, 421 (432).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
auf Kosten der Antragsteller im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen, die bisherige Bekanntmachung durch Börsenaushang entfiel aufgrund fehlenden praktischen Bedürfnisses1. Auf eine parallele Veröffentlichung in einem Börsenpflichtblatt wurde aus Kosten- und Konvergenzgründen zu den im WpHG geregelten Veröffentlichungspflichten für börsennotierte Emittenten verzichtet2 . 257
Die Ablehnung des Zulassungsantrags durch die Börsengeschäftsführung stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, der vom Antragsteller im Börsenzulassungsverfahren nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO) im Wege der Verpflichtungsgegenklage (§ 42 Abs. 1, 2. Fall VwGO) rechtlich nachgeprüft werden kann 3. Aktivlegitimiert ist der Emittent, passivlegitimiert ist, soweit das entsprechende Landesrecht Behörden für parteifähig erklärt (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), die Geschäftsführung der Börse, sonst die Börse selbst 4 . c) Rechtsgrundlage des Emittenten
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Die Gründung und die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag der REIT-AG müssen mit den deutschen Gesetzen übereinstimmen (§ 1 BörsZulV)5. d) Kurswert bzw. Eigenkapital
259
Um eine hinreichende Marktliquidität als Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Kursfeststellung zu gewährleisten, verlangt § 2 Abs. 1 BörsZulV für die Aktien der REIT-AG eine voraussichtliche Mindestmarktkapitalisierung von 1,25 Mio. Euro bei der Erstzulassung6 . Lässt sich der Kurswert nicht schätzen, tritt an seine Stelle das Eigenkapital der Gesellschaft gemäß § 266 Abs. 3 lit. A HGB. Letzteres wäre bei der REIT-AG grundsätzlich erfüllt, da gemäß § 4 REITG der Mindestnennbetrag des Grundkapitals 15 Mio. Euro beträgt7.
260
Die BörsZulV enthält keine Regelung für eine spätere Unterschreitung der anfänglich geforderten Marktliquidität8 . Sinkt die Marktliquidität unter das gesetzlich vorgeschriebene Niveau, kann jedoch die Geschäftsführung gemäß § 39 Abs. 1 BörsG einschreiten und die Zulassung zum regulierten Markt widerrufen, wenn ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und die Geschäftsführung die Notierung im amtlichen Markt eingestellt hat9.
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Bericht des Finanzausschusses v. 29.3.2007, BT-Drucks. 16/4899, S. 43. Empfehlung des Finanzausschusses v. 12.12.2006, BR-Drucks. 833/1/06. Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 15. Zum alten Recht Groß., Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 44; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 42. Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. Dazu Seibt, Rz. 119, sowie Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 3, Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsZulV Rz. 1; die Vorschrift geht zurück auf Art. 43 (Aktien) und 58 (Schuldverschreibungen) der Koordinierungsrichtlinie 2001/34/EG vom 28.5.2001, ABl. Nr. L 184/1 v. 6.7.2001, berichtigt durch ABl. Nr. L 217/18 v. 11.8.2001. Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsZulV Rz. 1. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 3; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsZulV Rz. 1; vgl. ferner §§ 57 Abs. 1, 73 BörsenO FWB.
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Voraussetzungen für die Börsenzulassung
e) Dreijährige Bilanzpublizität § 3 Abs. 1 BörsZulV bestimmt als weitere Zulassungsvoraussetzung, dass der Emittent zuzulassender Aktien mindestens 3 Jahre als Unternehmen bestanden und seine Jahresabschlüsse für die 3 dem Antrag vorangegangenen Geschäftsjahre entsprechend den hierfür geltenden Vorschriften offengelegt hat1. Die Vorschrift geht zurück auf Art. 44 der Koordinierungs-Richtlinie2 , die allein auf die Bilanzpublizität abstellt. Nicht entscheidend ist daher, dass das Unternehmen bereits 3 Jahre in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder KGaA existiert hat, sondern dass es seine Jahresabschlüsse entsprechend den für die existierende Unternehmensform jeweils geltenden Rechnungslegungsvorschriften offengelegt hat 3. Diese können auch geringere Anforderungen an die Rechnungslegung vorsehen als die §§ 264 ff. HGB4 . Eine Notwendigkeit, aus diesem Grund auf sog. Als-Ob-Abschlüsse zurückzugreifen, in denen so bilanziert wird, als ob die strengeren Rechnungslegungsvorschriften bereits früher gegolten hätten, besteht weder nach der BörsZulV noch nach der BörsenO der FWB5.
261
Auch § 3 Abs. 2 BörsZulV lässt Ausnahmen von den Vorgaben des Abs. 1 zu. Eine solche Ausnahme kommt in Betracht, wenn (1) der Emittent insgesamt weniger als 3 Jahre existiert oder (2) weniger als 3 Jahre Jahresabschlüsse veröffentlicht oder hinterlegt hat6 . Die Geschäftsführung hat dann nach pflichtgemäßem Ermessen die Interessen der Gesellschaft einerseits und den Schutz des Publikums andererseits abzuwägen7. Bei der Abspaltung neu geschaffener Unternehmen dürften dabei die Interessen des Publikums eher zurücktreten, wohingegen bei jungen Unternehmen eine sorgfältige Einzelfallabwägung vorzunehmen ist8 . § 3 BörsZulV gilt nach Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes einheitlich für den regulierten Markt, so dass jungen Gesellschaften ein Ausweichen auf das ehemalige Marktsegment geregelter Markt, wo die dreijährige Bilanzpublizität nicht galt9, künftig verwehrt ist. Im Hinblick
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1 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. 2 Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.5.2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. Nr. L 184/1 v. 6.7.2001, berichtigt durch ABl. Nr. 21//18 v. 11.8.2001. 3 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 3 BörsZulV Rz. 2; Gericke, Hdb. für die Börsenzulassung von Wertpapieren, 1992, S. 69; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 4; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 2. 4 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 5; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 2. 5 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 3 BörsZulV Rz. 4; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 5; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 2. 6 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 3. 7 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 6; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, 2005, § 8 Rz. 21; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 3; a. A. (Interesse des Emittenten genügt) Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 3 BörsZulV Rz. 6; Quass/Becker, AG 2007, 421, 432: Interesse des Emittenten genügt. 8 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 6; strenger Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 1: Die Aufnahme von Venture Capital über den amtlichen Markt durch neu gegründete Unternehmen ohne entsprechende Bilanzpublizität ist grundsätzlich ausgeschlossen. 9 § 69 Abs. 3 Nr. 1 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) a. F. enthielt lediglich eine Soll-Vorschrift.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
auf die damit verbundenen Unsicherheiten empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit der Geschäftsführung der Börse.1 f) Rechtsgrundlage der Wertpapiere 263
Die Aktien müssen in Übereinstimmung mit deutschem Recht ausgegeben werden und den Vorschriften entsprechen, die für die Aktien gelten (§ 4 BörsZulV). g) Freie Handelbarkeit
264
Weiter verlangt § 5 BörsZulV, dass die Aktien der REIT-AG frei handelbar sein müssen, um die Fungibilität der Wertpapiere und damit das Funktionieren des Sekundärmarktes zu sichern. Die freie Handelbarkeit der Aktien ist erschwert, wenn es sich bei den Aktien um vinkulierte Namensaktien handelt, die nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden können (§ 68 Abs. 2 Satz 1 AktG)2 . Sie dürfen nur dann zum Börsenhandel zugelassen werden, wenn das gesellschaftsrechtliche Zustimmungserfordernis nicht zu einer Störung des Börsenhandels führt. Eine solche Störung ist zwischenzeitlich durch die Möglichkeit zur Einbeziehung vinkulierter Namensaktien in die Girosammelverwahrung und die Abwicklung des Handels über computergestützte Handelssysteme in der Regel nicht mehr gegeben, so dass die Vinkulierung der (Namens-)Aktien der REIT-AG der freien Handelbarkeit und damit einer Zulassung zum Börsenhandel nicht entgegensteht 3.
265
Die freie Handelbarkeit der Aktien ist auch dann erschwert, wenn die Aktien noch nicht voll eingezahlt sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 AktG i. V. m. §§ 67, 68 AktG)4 . Diese Situation ist indes bei der REIT-AG ausgeschlossen, da § 5 Abs. 1 Satz 2 REITG bestimmt, dass die Stück- oder Nennbetragsaktien nur gegen volle Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden dürfen, wodurch eine ausreichende Kapitalausstattung der REIT-AG gefördert werden soll5. h) Mindeststückelung der Aktien
266
Eine Mindeststückelung der Aktien des Vor-REIT ist weder im REITG noch in der BörsZulV vorgesehen, gleich ob die Aktien des Vor-REIT als Nennbetrags- oder Stückaktien begründet werden6 . Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 BörsZulV ist auf die Zulassung nennbetragsloser Stückaktien nicht anzuwenden, da insoweit die Spezialvorschrift des § 2 Abs. 1 BörsZulV vorgeht und eine unterschiedliche Behandlung von Nennbetrags- und Stückaktien nicht überzeugt7. Eine ausreichende Streuung der 1 Quass/Becker, AG 2007, 421 (432). 2 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 10; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 5 BörsZulV Rz. 3. 3 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 10; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 5 BörsZulV Rz. 3; vgl. ferner Jütten, Die Bank 1997, 112; Schlitt, AG 2003, 57 (61); Heißel/Kienle, WM 1993, 1909 ff. 4 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 9; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 5 BörsZulV Rz. 1. 5 Franck, MittBayNot 2007, 173 (175); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. 6 A. A. für Stückaktien Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. 7 BegrRegE BörsZulV, BR-Drucks. 72/87, S. 71; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 3; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 BörsZulV Rz. 2; a. A. Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 64; Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 39; Schlitt, AG 2003, 57 (61); Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshdb. für Unternehmensübernahmen, 2001, § 23 Rz. 22.
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Voraussetzungen für die Börsenzulassung
Aktien wird über die Vorschrift des § 6 BörsZulV erreicht, wonach die Stückelung der Wertpapiere den Bedürfnissen des Börsenhandels und des Publikums Rechnung tragen müssen. i) Erreichen der initialen Streubesitzquote von 25 % Um die Aktien der REIT-AG einem breiten Anlegerkreis verfügbar zu machen und die Bildung eines „Quasi“-Private REIT zu verhindern1, schreibt § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG vor, dass sich im Zeitpunkt der Börsenzulassung mindestens 25 % der Aktien im Streubesitz befi nden müssen 2 . Die Vorschrift gilt parallel zu § 9 Abs. 1 BörsZulV, stellt jedoch für die REIT-AG strengere Anforderungen im Hinblick auf die Defi nition des Streubesitzes sowie die Ausnahme des § 9 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BörsZulV auf3. Sie ist – ebenso wie § 9 BörsZulV – eine echte Zulassungsvoraussetzung, die von der Geschäftsführung der Börse von Amts wegen zu prüfen ist. Daneben soll die Überwachung bereits im Vorfeld durch die BaFin bei der Billigung des eingereichten Wertpapierprospekts durch Überprüfung der Angaben zum Streubesitz erfolgen4 .
267
aa) Definition des Streubesitzes Welcher Aktienbesitz als Streubesitz qualifi ziert, wird von § 11 Abs. 1 Satz 3 REITG erstmals gesetzlich definiert. Als Streubesitz gelten danach alle Aktien derjenigen Aktionäre, denen jeweils weniger als 3 % der Stimmrechte an der REIT-AG zustehen5. Die Berechnung des Stimmrechtsanteils richtet sich nach den §§ 22, 23 WpHG (§ 11 Abs. 1 Satz 4 REITG)6 . Demgegenüber zählt die privatrechtliche Definition des Streubesitzes in Ziff. 1.8 des Leitfadens zu den Aktienindizes der Deutschen Börse7 Aktien von Aktionären, die weniger als 5 % der Stimmrechte auf sich vereinigen, zum Streubesitz. Damit kann die Anforderung des Mindeststreubesitzes gemäß § 11 Abs. 1 REITG im Einzelfall über die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen gemäß BörsZulV hinausgehen8 .
268
bb) Maßgeblicher Zeitpunkt Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Streuung ist nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG der Zeitpunkt des Erlasses des Zulassungsbeschlusses9.
1 BegrRegE, BR-Drucks. 779/06, S. 33; vgl. Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182). 2 Franck, MittBayNot 2007, 173 (176); Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.1; Wienbracke, NJW 2007, 2721 (2722); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 1. 3 Begr. RegE zu § 11 REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Seibt, Rz. 121; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432). 4 Quass/Becker, AG 2007, 421 (432); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.1. 5 Ausführlich Seibt, Rz. 122; vgl. auch Franck, MittBayNot 2007, 173 (176); Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.1; Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 1a. 6 Ausführlich Seibt, Rz. 123; vgl. auch Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.1. 7 Abrufbar unter www.deutsche-boerse.de. 8 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.1. 9 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift nicht von § 9 Abs. 1 BörsZulV1. Allerdings wurde die Erfüllung des § 9 Abs. 1 BörsZulV in der Verwaltungspraxis der Zulassungsstellen 2 regelmäßig vermutet und nur im Zweifelsfall war die Streubesitzquote vor Einführung der Wertpapiere in den Handel zu erfüllen und nachzuweisen3. Zudem genügt es nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV, wenn eine ausreichende Streuung durch die Einführung der Aktien an der Börse erreicht werden soll und sich die Geschäftsführung aufgrund der Offenlegung des Platzierungskonzepts durch den Konsortialführer davon überzeugen kann, dass die Streuung innerhalb kurzer Frist nach der Einführung erreicht sein wird4 . Auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV hat sich daher die Praxis herausgebildet, den Zulassungsbeschluss der Wertpapierbörse bereits vor Ablauf des Angebotszeitraums und damit zu einem Zeitpunkt ergehen zu lassen, zu dem die Aktionäre, denen im Rahmen des Börsengangs Aktien zugeteilt werden sollen, diese noch nicht erworben haben5. 270
Da § 11 Abs. 1 REITG nach dem Willen des Gesetzgebers bewusst „eigenständig und unabhängig“ von § 9 BörsZulV gelten und strenger ausgestaltet sein soll als diese Vorschrift6, stellt sich die Frage, ob die Streubesitzquote i. S. d. REITG abweichend von der bisherigen Praxis bereits im Zeitpunkt der Börsenzulassung erfüllt sein muss. Dies würde zu einer Anpassung des „typischen“ IPO-Ablaufs zwingen und bedeuten, dass den Anlegern im Rahmen des IPO nicht-börsenzugelassene Aktien über ihre Depotbanken zugebucht würden. Dies hätte mit Rücksicht auf die dann vorübergehend fehlende Möglichkeit zum jederzeitigen Verkauf der REIT-Aktien über die Börse erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Platzierbarkeit der Aktien beim Anlegerpublikum und liefe den mit der Schaffung der REIT-AG vom Gesetzgeber verfolgten Zielen zuwider7. Auch wird der Zweck der Sicherung der Mindeststreubesitzquote im Ergebnis nicht beeinträchtigt, wenn die Quote gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV nach Zuteilung der Aktien im Rahmen des IPO erreicht wird. Da im übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber den bisherigen „typischen“ IPO-Zeitplan unterbinden wollte, ist davon auszugehen, dass es ausreicht, wenn die Aktien (unmittelbar) nach der Börsenzulassung zu 25 % im Streubesitz liegen; § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV ist daher im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG entsprechend anzuwenden8 .
271
Für Gesellschaften, deren Aktien bereits an einem organisierten Markt notiert sind und die durch Änderung ihres Unternehmensgegenstand und Eintragung in das Handelsregister den REIT-Status erlangen wollen, ist das Erfordernis der initialen Streubesitzquote hingegen unmaßgeblich9. Dies gilt auch für die Zulassung von spä1 Vgl. Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 9 BörsZulV Rz. 9. 2 Jetzt: Geschäftsführungen. 3 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 9 BörsZulV, Rz. 5; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsZulV Rz. 1; Groß, Kapitalmarktrecht, § 1–12 BörsZulV Rz. 18. 4 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetzes, § 9 BörsZulV Rz. 12; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsZulV Rz. 3; Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 5 Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); Quass/Becker, AG 2007, 421 (432). 6 Begr. RegE zu § 11 REITG, BT-Drucks. 16/4026 S. 21 f.; van Kann/Just/Krämer, DStR 2006, 2105 (2107); Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 11 REITG Rz. 18. 7 Vgl. auch Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965). 8 Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); i. E. ebenso Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1182); Götze/ Hütte, NZG 2007, 332 (336); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.2. 9 Seibt, Rz. 121; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Ziemons, DB 2007, 449 (450).
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Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts
ter ausgegebenen Aktien, etwa aus einer Kapitalerhöhung, da § 11 Abs. 1 Satz 2 REITG nur die erstmalige Börsenzulassung von Aktien des Emittenten meint1. j) Erhalt der Streubesitzquote von 15 % nach Börsenzulassung Nach erfolgter Börsenzulassung der Aktien der REIT-AG ist ein Absinken der Streubesitzquote auf mindestens 15 % unschädlich (§ 11 Abs. 1 Satz 1 REITG). Die REITAG hat jährlich zum 31.12. gegenüber der BaFin die Streubesitzquote ihrer Aktionäre mitzuteilen, die wiederum dem Bundeszentralamt für Steuern mitteilt, wenn die Quote von 15 % unterschritten wird (§ 11 Abs. 2 Satz 4 REITG)2 . Die REIT-AG hat in ihrer Satzung für den Fall der Beendigung der Steuerbefreiung nach § 18 Abs. 3 REITG eine Entschädigung aller Aktionäre, denen weniger als 3 % der Stimmrechte zustehen, vorzusehen (§ 11 Abs. 3 REITG)3. Unterschreitet die REIT-AG in 3 aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG erforderliche Mindeststreubesitzquote von 15 %, verliert sie ihre Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 1 REITG (§ 18 Abs. 3 Satz 1 REITG).
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IV. Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts 1. Allgemeines Sowohl das öffentliche Angebot von Aktien des Vor-REIT als auch die Börsenzulassung der Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Inland erfordern nach § 3 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 WpPG grundsätzlich die Veröffentlichung eines von der BaFin gebilligten Wertpapierprospekts4 . Die in § 3 Abs. 2 bzw. § 4 Abs. 2 WpPG im Hinblick auf die Art des Angebots bzw. im Hinblick auf bestimmte Wertpapiere geregelten Ausnahmen von der angebotsbezogenen Prospektpflicht sind mit Blick auf die zwingend vorgeschriebene Börsenzulassung der Aktien (§ 10 Abs. 1 Satz 1 REITG) und die daran anknüpfende Prospektpflicht in der Praxis irrelevant5.
273
Der Börsengang der REIT-AG vollzieht sich zweigleisig mit jeweils unterschiedlichen Zuständigkeiten von BaFin und Geschäftsführung der Börse(n), an der die Zulassung der Aktien des Vor-REIT zum Handel angestrebt wird. DieBaFin ist zuständig für die Prüfung und Billigung des Wertpapierprospekts und ist über Prospektveröffentlichung sowie nachfolgendes öffentliches Angebot in der im WpPG vorgesehenen Art und Weise zu informieren. Die Geschäftsführung der Börse, die seit dem 1.11.2007 für die Zulassung zum Handel zuständig ist, entscheidet über Zulassungsantrag, Zulassungsbeschluss, Veröffentlichung der Zulassung sowie Notierungsaufnahme.
274
1 Seibt, Rz. 121; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (337); a. A. wohl Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 2 Ausführlich Seibt, Rz. 121; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965). 3 Ausführlich Seibt, Rz. 174. Siehe auch Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Kollmorgen/ Hoppe/Feldhaus, BB 2007, 1345 (1353); Quass/Becker, AG 2007, 421 (429); Sieker/Göckeler/ Köster, DB 2007, 933 (936); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.3. 4 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 10. 5 Anders Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 10.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
a) Rechtliche Grundlagen 275
Rechtliche Grundlagen für die Erstellung des Wertpapierprospekts sind die Rahmenregelungen enthaltende Prospektrichtlinie1, die zu ihrer Umsetzung erlassene, unmittelbar geltende Prospektverordnung (ProspVO)2 , das Wertpapierprospektgesetz3 und die Empfehlungen des Committee of European Securities Regulators (CESR), insbesondere CESR/05-054b4 . b) Prospektaufbau und -inhalt
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Prospektaufbau und -inhalt richten sich nach den §§ 5, 7 WpPG i. V. m. der ProspVO5. Dabei stellt § 7 WpPG klar, dass es sich bei den gemäß der ProspVO in den Wertpapierprospekt aufzunehmenden Angaben lediglich um Mindestangaben handelt. Weitergehende Anforderungen an den Inhalt des Wertpapierprospekts können sich aus der Generalklausel des § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG ergeben, wonach der Wertpapierprospekt sämtliche Angaben enthalten muss, die im Hinblick auf den Emittenten und die öffentlich angebotenen oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten sowie über die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte zu ermöglichen6 . Dementsprechend bestimmt § 21 Abs. 1 WpPG, dass die BaFin vom Anbieter oder Zulassungsantragsteller die Aufnahme zusätzlicher Angaben in den Wertpapierprospekt verlangen kann, wenn dies zum Schutz des Publikums geboten erscheint. Umgekehrt sieht § 8 Abs. 2 WpPG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Befreiung von der Verpflichtung zur Aufnahme von Mindestangaben vor.
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Es besteht keine Notwendigkeit, bei der Erstellung des Prospekts die Gliederung der Anhänge der ProspVO einzuhalten, sofern nur alle nach der ProspVO erforderlichen Angaben in dem Dokument enthalten sind. Entscheidet sich der Emittent zu einer abweichenden Darstellung, kann jedoch die für die Billigung zuständige Aufsichtsbehörde die Vorlage einer Querverweisliste verlangen, um eine Vollständigkeitsprüfung zu ermöglichen7. Hiervon wird in der BaFin-Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht.
1 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64 ff. 2 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission v. 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung. 3 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz – WpPG) v. 22.6.2005, BGBl. I, S. 1698, zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.7.2007, BGBl. I, S. 1330. 4 CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses n° 809/2004. 5 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965). 6 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965 f.). 7 Art. 25 Abs. (4) der ProspVO.
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Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts
c) Prospekt aus einem oder mehreren Einzeldokumenten Der Wertpapierprospekt kann als ein einziges Dokument oder in mehreren Einzeldokumenten erstellt werden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Besteht er aus mehreren Einzeldokumenten, so sind die nach der ProspVO erforderlichen Angaben auf ein Registrierungsformular, eine Wertpapierbeschreibung und eine Zusammenfassung aufzuteilen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 WpPG). Das Registrierungsformular enthält die Angaben zum Emittenten, die Wertpapierbeschreibung diejenigen zu den angebotenen bzw. zum Börsenhandel zuzulassenden Wertpapiere (§ 12 Abs. 1 Sätze 3, 4 WpPG). Der Umfang der Angaben wird bei Aktien durch die Anhänge I und III der ProspVO näher geregelt. Angaben in Form eines Verweises auf ein oder mehrere andere Dokumente sind, bei Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen zusätzlich durch Anhang II der ProspVO unter den Voraussetzungen des § 11 WpPG grundsätzlich zulässig (incorporation by reference).
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d) Zuständigkeit der BaFin, Prüfungsumfang Zuständig für die Prüfung und Billigung des Wertpapierprospekts ist die BaFin als zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG)1. Eine Notifi zierung von im EU- bzw. EWR-Ausland gebilligten Prospekten nach Deutschland hinein (inbound) im Verfahren nach Art. 18 Abs. (1) der Prospektrichtlinie scheidet aus, da Deutschland aufgrund des zwingenden Inlandssitzes des VorREIT (§ 9 REITG) stets Herkunftsmitgliedstaat ist2 .
279
Die Prüfung des Prospekts durch die BaFin erstreckt sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG auf die Vollständigkeit der Angaben i. S. d. ProspVO einschließlich einer Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen 3. Eine wie auch immer geartete Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Prospekts erfolgt nicht 4 . Sie liegt in der ausschließlichen Verantwortung des Emittenten, der für unvollständige oder unrichtige Angaben gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG den Anlegern neben den Konsortialbanken5 gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz haftet, sofern das Wesentlichkeitskriterium erfüllt ist 6 . Im Innenverhältnis zwischen Emittent und Konsortialbanken lassen sich letztere regelmäßig im Aktienübernahmevertrag von ihrer gesetzlichen Prospekthaftung im Außenverhältnis freistellen7.
280
Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965). Vgl. auch Art. 13 Abs. (1) der Prospektrichtlinie. Zur Defi nition vgl. Art. 2 Abs. (1) lit. m) Ziffer i) der Prospektrichtlinie. Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1965); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. So ausdrücklich Begr. RegE zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 25, 34; a. A. wohl Schlitt/S. Schäfer, AG 2005, 498 (506 f.); Crüwell, AG 2003, 243 (250 f.); Kunold/Schlitt, BB 2004, 501 (509). 5 Zur Rechtsstellung der Emissionsbank bei der Aktienemission allgemein Schnorbus, AG 2004, 113 ff.; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7; Haag in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 23; Schanz, Börseneinführung, § 9. Speziell zur Prospekthaftung der Konsortialbanken Ehricke in Hopt/ Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 187 (227); Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 32 ff.; Schwark in: ders., Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 10. 6 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. Zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung ausführlich Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 187 ff. 7 Groß , Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 17; Muster bei Groß in BuB Rz. 10/324 Art. 8, Rz. 325 Ziff. II.; allgemein zum Aktienübernahmevertrag Haag in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 23; A. Meyer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 94 ff.; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 8; Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 33 ff.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
e) Gültigkeitsdauer und Sprachenregelung 281
Nach der Billigung und Veröffentlichung des Wertapierprospekts ist dieser 12 Monate lang für öffentliche Angebote oder Zulassungen zum Handel an einem organisierten Markt gültig, sofern er um die nach § 16 WpPG erforderlichen Nachträge ergänzt wird (§ 9 Abs. 1 WpPG). Nach Ablauf dieser Zeitspanne dürfen diejenigen Aktien, die Gegenstand des Prospekts für die Zwecke des öffentlichen Angebots oder der Börsenzulassung sind, nicht mehr auf Grund dieses Prospekts öffentlich angeboten oder zum Börsenhandel zugelassen werden (§ 9 Abs. 5 WpPG)1.
282
Beschränken sich Angebot und Börsenzulassung auf das Inland, kann der Wertpapierprospekt nach § 19 Abs. 1 WpPG nur mit Gestattung der BaFin in einer anderen Sprache als Deutsch erstellt werden, sofern es sich bei der anderen Sprache um eine in internationalen Finanzkreisen gebräuchliche Sprache handelt. Wird eine solche Genehmigung erteilt, ist dem Prospekt immer auch eine deutschsprachige Zusammenfassung beizufügen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 WpPG).
2. Besonderheiten des Wertpapierprospekts 283
Bei der Erstellung von Wertpapierprospekten für REIT-AGs sind eine Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird: a) Kapitalisierung und Verschuldung
284
Anhang III Ziff. 3.2 der ProspVO verlangt Angaben zur Kapitalbildung und Verschuldung der Gesellschaft. In den Prospekt aufzunehmen ist nach dieser Vorschrift eine Übersicht der Kapitalbildung und Verschuldung (zu der auch indirekte Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten zählen), wobei zwischen garantierten, nicht garantierten, besicherten und unbesicherten Verbindlichkeiten zu unterscheiden ist. Die Übersicht darf zudem nicht älter als 90 Tage vor dem Datum des Prospekts sein und sollte aus den letzten von des Emittenten veröffentlichten Finanzinformationen abgeleitet sein.
285
Gerade bei Immobiliengesellschaften existieren häufig besicherte und garantierte Verbindlichkeiten, deren Ausweis sich nach den CESR Recommendations nicht in der einfachen Wiedergabe der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung des Emittenten erschöpfen soll2 . Verlangt wird eine Aufschlüsselung nach dem Muster der nachfolgenden Darstellung:
1 Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 10; näher zur Gültigkeitsdauer Groß, Kapitalmarktrecht, § 9 WpPG Rz. 1 ff. 2 CESR/05-054b n° 127.
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Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts Total Current debt – Guaranteed* – Secured** – Unguaranteed/Unsecured Total Non-Current debt (excluding current potion of long-term debt) – Guaranteed* – Secured** – Unguaranteed/Unsecured Shareholders’ equity a) Share capital b) Legal Reserve c) Other Reserves Total * Description of the types of guarantees ** Description of the assets secured
Ferner ist die Aufschlüsselung der kurz- und mittelfristigen Netto-Verschuldung des Emittenten nach dem Vorbild der nachfolgenden Darstellung geboten: A. B. C.
Cash Cash equivalent (Detail) Trading securities
D.
Liquidity (A) + (B) + (C)
E.
Current Financial Receivables
F. G. H.
Current Bank debt Current portion of non current debt Other current financial debt
I.
Current Financial Debt (F) + (G) + (H)
J.
Net Current Financial Indebtedness (I) – (E) – (D)
K. L. M.
Non current Bank loans Bonds Issued Other non current loans
N.
Non current Financial Indebtedness (K) + (L) + (M)
O.
Net Financial Indebtedness (J) + (N)
b) Beschreibung der Marktwerte des Immobilienportfolios § 12 Abs. 2a REITG bestimmt, dass zum Ende jedes Geschäftsjahres mindestens 75 % der Aktiva der REIT-AG nach Abzug der Ausschüttungsverpfl ichtung und der Rücklagen gemäß § 13 Abs. 1 und 5 REITG zum unbeweglichen Vermögen gehören müssen1. Ergänzend bestimmt § 12 Abs. 2b REITG, dass die Aktiva der in den Konzernabschluss einzubeziehenden REIT-Dienstleistungsgesellschaften zum Ende jedes Geschäftsjahres höchstens 20 % aller Aktiva nach Abzug der
1 Quass/Becker, AG 2007, 421 (425); Haury in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 12 REITG Rz. 28.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
Ausschüttungsverpfl ichtung und der Rücklagen gemäß § 13 Abs. 1 und 5 REITG ausmachen dürfen1. Weitere strenge Vorgaben ergeben sich aus § 12 Abs. 3 REITG hinsichtlich der Erträge der REIT-AG. Auch der Immobilienhandel unterliegt gemäß § 14 REITG engen Grenzen, und § 15 REITG enthält Vorgaben für die Eigenkapitalbasis der REIT-AG. Ist diese zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpfl ichtet, sind die Schwellenwerte gemäß § 12 Abs. 1 REITG auf der Grundlage des IFRS-Konzernabschlusses zu ermitteln, anderenfalls auf der Grundlage des IFRS-Einzelabschlusses. Maßgeblich ist somit der Bestand zum Abschlussstichtag; eine unterjährige Unterschreitung kann keinen Verstoß begründen 2 . Für die Berechnung sind gemäß § 12 Abs. 1 REITG zwingend die Zeitwerte (fair value) der im Eigentum der REIT-AG und ihrer voll zu konsolidierenden Tochtergesellschaften stehenden Gegenstände des Immobilienvermögens anzusetzen 3. Für die Frage, welche Gegenstände dem „unbeweglichen Vermögen“ zuzuordnen sind, wird es auf ie in § 3 Abs. 8 REITG enthaltene Defi nition sowie ergänzend auf die bilanzielle Behandlung im Rahmen des IFRS-Abschlusses, nicht auf steuerliche Abgrenzungskriterien ankommen4 . 287
Für die Investoren einer REIT-AG hat die Einhaltung der vorgenannten Schwellenwerte gemäß §§ 12 bis 15 REITG und die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass die Schwellenwerte der §§ 12 bis 15 REITG den Emittenten in seiner Geschäftstätigkeit einschränken, wesentliche Bedeutung. Die entsprechenden Zeitwerte und die in §§ 12 bis 15 REITG angegebenen Wertverhältnisse werden daher regelmäßig gemäß § 5 Abs. 1 WpPG und Anhang I Ziff. 9 ProspVO in den Wertpapierprospekt aufzunehmen sein. Systematisch passen die Erläuterungen zu den Zeitwerten und Schwellenwerten in den Abschnitt „Darstellung und Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“, der sog. MD&A (Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations)5. Eine Darstellung der gemäß §§ 12 bis 15 REITG relevanten Werte und Wertverhältnisse für den gesamten von den historischen Finanzinformationen abgedeckten 3-Jahreszeitraum zuzüglich etwaiger Zwischenabschlüsse (Anhang I Ziff. 9, 20.1 und 20.6 der ProspVO) einschließlich etwaiger Pro-Forma-Betrachtungen ist indes insoweit nicht erforderlich, da der Emittent vor Erlangung des REIT-Status den Pflichten der §§ 12 bis 15 REITG noch nicht unterliegt und diese daher regelmäßig auch (noch) nicht erfüllen wird6 . Eine auf den Zeitpunkt des jüngsten IFRS-Konzern- oder Einzelabschlusses bezogene Stichtagsbetrachtung genügt. Eine zusammenfassende narrative Beschreibung, welche Auswirkungen die Grenzwerte des REITG auf die Finanzlage und die geschäftliche Entwicklung den Emittenten in der Vergangenheit gehabt hätten, wenn sie angewendet worden wären, kann sich empfehlen7. c) Beschreibung der Ausschüttungspflicht
288
Der durch § 13 Abs. 1 REITG begründete Zwang, mindestens 90 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses i. S. v. § 275 HGB auszuschütten, wobei Dotierungen und Auflösungen von im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immo-
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Quass/Becker, AG 2007, 421 (425). Quass/Becker, AG 2007, 421 (425). Quass/Becker, AG 2007, 421 (425); Haury in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 12 REITG Rz. 1. Quass/Becker, AG 2007, 421 (425). Dazu ausführlich Kopp, RIW 2002, 661 ff. Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334). Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334).
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Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts
bilien gebildeten Rücklagen nach Abs. 3 zu berücksichtigen sind, stellt das Gegenstück zur Steuerbefreiung der REIT-AG dar und soll sicherstellen, dass ein Großteil des Gewinns der Besteuerung auf der Ebene der Aktionäre zugeführt wird1. Ein etwa vorhandener Verlustvortrag aus dem Vorjahr wird bei der Ermittlung der Ausschüttungsverpflichtung zu berücksichtigen sein, da anderenfalls die Rücklagenbildung übermäßig eingeschränkt würde bzw. unter Umständen kein ausreichender Bilanzgewinn zur Ausschüttung zur Verfügung stünde2 . § 150 AktG findet nach § 13 Abs. 1 Satz 2 REITG keine Anwendung. Zur Sicherung eines hohen Ausschüttungsvolumens sind zudem nach § 13 Abs. 2 REITG planmäßige Abschreibungen ausschließlich auf linearer Basis vorzunehmen 3. Die Höhe der Ausschüttungsverpflichtung und die Pflicht, gemäß § 13 Abs. 2 REITG bei der Ermittlung des Jahresüberschusses planmäßige Abschreibungen nur linear vorzunehmen, sind ebenso wie die Besonderheiten der Behandlung von Veräußerungsgewinnen nach § 13 Abs. 3 REITG für die Anleger von besonderer Bedeutung. Sie sind daher im Rahmen der Dividendenpolitik gemäß Anhang I Ziff. 20.7 ProspVO im Wertpapierprospekt offenzulegen4 .
289
d) Beschreibung der Besteuerung Bei der nach Anhang I Ziff. 9.2.3 und Anhang III Ziff. 4.11 der ProspVO erforderlichen Beschreibung der Besteuerung in Deutschland muss der Wertpapierprospekt auch auf die Besonderheiten der REIT-AG eingehen5. Hierzu gehören insbesondere die Befreiung der REIT-AG von der Körperschaft- und der Gewerbesteuer gemäß § 16 Abs. 1 REITG sowie die Nichtanwendung des Halbeinkünfteverfahrens und des § 8b Abs. 1 KStG auf Ebene der Anteilseigner6 . In diesem Zusammenhang ist auch auf die Umstände näher einzugehen, die zu einem Verlust der Steuerprivilegierung führen können7.
290
e) Risikofaktoren Wesentlicher Bestandteil eines jeden Wertpapierprospekts und mit besonderer Sorgfalt zu entwerfen sind die Risikofaktoren (Anhang I Ziff. 4, Anhang III Ziff. 2). Neben dem Risiko der noch ausstehenden Steuerbefreiung und ihres möglichen Verlusts bei Nichteinhaltung der Anforderungen der §§ 11 bis 15 REITG sind weitere REIT-spezifische Risikofaktoren in den Wertpapierprospekt aufzunehmen:
1 Ausführlich Seibt, Rz. 145–153. 2 Seibt, Rz. 148; Quass/Becker, AG 2007, 421 (430); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334): Gemeint ist der ausschüttungsfähige Bilanzgewinn gemäß § 57 Abs. 3 AktG. 3 Seibt, Rz. 147; Quass/Becker, AG 2007, 421 (430); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334). 4 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334). 5 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); ausführlich Dettmeier/Gemmel/Kaiser, BB 2007, 1191 ff.; Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177 (1184 ff.); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.5. 6 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334); Klühs/Schmidtbleicher, ZIP 2006, 1805 (1806); Schultz/ Harrer, DB 2005, 574 (577); Lieber/Schönfeld, IStR 2006, 126; Spoerr/Hollands/Jacobs, DStR 2007, 49; Schmidt/Behnes, BB 2006, 2329 (2331); Helios in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 16 REITG Rz. 10 ff. 7 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334).
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aa) Risiken der Wachstumsfinanzierung 292
Der Zwang zur Ausschüttung von mindestens 90 % des Jahresüberschusses gemäß § 13 Abs. 1 REITG stellt ein Risiko für die Innenfi nanzierung der REIT-AG dar. Anders nämlich als „gewöhnliche“ Aktiengesellschaften kann die REIT-AG erwirtschaftete Gewinne nur zu einem kleinen Teil reinvestieren mit der Folge, dass das geplante Wachstum der Geschäftstätigkeit der REIT-AG gebremst oder sogar verhindert wird1. Der Gesetzgeber sieht sich hier in Übereinstimmung mit dem internationalen REIT-System, wonach neue Investitionen nicht primär durch eine Innenfi nanzierung aus thesaurierten Gewinnen, sondern durch Kapitalerhöhungen fi nanziert werden sollen 2 . Auch die Vorgaben zur Eigenkapitalbasis der REIT-AG gemäß § 15 REITG können sich nachteilig auf die Wachstumschancen den Emittenten auswirken, da sich die REIT-AG dringend benötigte Finanzmittel nicht ohne weiteres durch Bankkredite beschaffen kann 3. Damit bleibt im Ergebnis bei höherem Kapitalbedarf nur der Weg über Kapitalerhöhungen offen, die jedoch ihrerseits stark von der Verfassung des Kapitalmarkts abhängen und zudem zeit- und kostenintensiv sind. Diese Risiken für das Wachstum der REIT-AG sollten in einem eigenen Risikofaktor offengelegt werden4 . – Zum Finanzsystem der REIT-AG Seibt, Rz. 213–222. bb) Risiken des Cash Management
293
Die hohe Ausschüttungsverpflichtung des § 13 Abs. 1 REITG birgt zudem ein Risiko für die Liquidität der REIT-AG, da die Berechnung des Jahresüberschusses von der Liquiditätslage der REIT-AG unabhängig ist5. Liquiditätsengpässe werden daher bei einer REIT-AG wahrscheinlicher als bei einer „gewöhnlichen“ AG6 . Auch zu diesem Risiko sollte in den Wertpapierprospekt ein eigener Risikofaktor aufgenommen werden. cc) Verwässerungsrisiko
294
Wie bereits dargelegt7, wird die REIT-AG in maßgeblichem Umfang auch auf die Refinanzierung ihres Wachstums durch Eigenkapitalmaßnahmen angewiesen sein. Kapitalerhöhungen bergen für die Altaktionäre, die an etwaigen Kapitalerhöhungen nicht teilnehmen können oder wollen, das Risiko der Verwässerung ihrer Beteiligung. Dies gilt umso mehr, als die ausgeschütteten Gewinne bei den Aktionären nach deutschem Recht voll versteuert werden und die Teilnahme an einer späteren Kapitalerhöhung zur Wiedereinwerbung der ausgeschütteten Gewinne für den Aktionär steuerlich nicht abzugsfähig ist8 . dd) Branchen- und unternehmensspezifische Risiken
295
Das Erwerben, Halten, Verwalten und Veräußern von Immobilien einschließlich der Erbringung von immobiliennahen Hilfstätigkeiten ist regelmäßig mit zahlreichen 1 2 3 4 5 6 7 8
Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334); Ziemons, BB 2007, 449 (453 f.). Begr. RegE zum REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 17. Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334); Ziemons, BB 2007, 449 (453 f.). Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335). Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Pluskat/Rogall, RIW 2005, 253 (256). Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Ziemons, BB 2007, 449 (453 f.). Oben Rz. 292. Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335).
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branchen- und unternehmensspezifischen Risiken verbunden, die im Rahmen der Risikofaktoren darzustellen sind1. Zu den branchenspezifischen Risikofaktoren zählen beispielsweise die lokale und übergreifende Zyklizität des Immobilienmarktes, die Abhängigkeit von Finanzierungsmöglichkeiten und Zinssätzen sowie etwaige Altlasten oder sonstige Umweltverantwortlichkeiten. Zu den unternehmensspezifischen Risiken gehört beispielsweise das Halten eines Immobilienportfolios mit geringer Diversifi zierung, so dass ein Hinweis auf die mit dem sog. „Klumpenrisiko“ verbundenen Risiken angezeigt ist2 . ee) Spezifische Risiken im Zusammenhang mit dem REIT-Status Mit der Erlangung des REIT-Status sind darüber hinaus verschiedene Risiken verbunden, die im Abschnitt über die Risikofaktoren erläutert werden sollten 3. Hierzu zählen namentlich Risiken im Hinblick auf die Erlangung des REIT-Status (z. B. Durchführung von erforderlichen Restrukturierungsmaßnahmen auf Anteilseignerebene, um die Anforderungen des REITG zu erfüllen) sowie mögliche Sanktionen bei künftigen Verstößen gegen die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf den REIT-Status, so etwa bei fortlaufender Unterschreitung der erforderlichen Mindeststreubesitzquote von 15 % (§ 11 Abs. 1 REITG) oder bei Überschreitung der gesetzlichen Höchstbeteiligungsgrenze für direkten Aktienbesitz von weniger als 10 % der Aktien oder Stimmrechte (§ 11 Abs. 4 REITG), die in beiden Fällen den Verlust der Steuerbefreiung mit Ablauf des dritten Wirtschaftsjahres zur Folge haben (§ 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 REITG) sowie eine Entschädigung der Minderheitsaktionäre mit jeweils weniger als 3 % der Stimmrechte nach näherer Maßgabe der Satzung der REIT-AG auslösen4 .
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Ein weiteres REIT-spezifisches Risiko kann sich aus dem engen Rahmen ergeben, den § 14 Abs. 2 REITG dem Handel mit unbeweglichem Vermögen zieht5. Dieser kann es der REIT-AG erschweren oder gar unmöglich machen, auf veränderte Marktbedingungen oder sonstige Umstände mit Veräußerungen ihres Immobilienbestands zu reagieren. Hieraus resultiert das Risiko, dass die REIT-AG nicht schnell genug oder nur unter Inkaufnahme des Verlusts der Steuerbefreiung auf erkannte Trends reagieren kann6 .
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f) Immobilienbewertungsgutachten aa) Rechtliche Grundlage Gemäß Art. 23 Abs. 1 i. V. m. Anhang XIX ProspVO kann die zuständige Behörde des Herkunftsstaates bei Immobiliengesellschaften (Property Companies) zusätzlich zu den für alle Emittenten erforderlichen Informationsbestandteilen die Aufnahme besonderer Angaben in den Wertpapierprospekt verlangen, sowie gegebenenfalls ei1 Quass/Becker, AG 2007, 421 (434); vgl. etwa den Wertpapierprospekt der Alstria Office AG v. 20.3.2007 – “Risks Related to the Real Estate Industry”, “Risks Associated with alstria’s Business”. 2 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335). 3 Siehe etwa den Wertpapierprospekt der Alstria Office AG v. 20.3.2007 – „Risks Related to the Company’s Intention to Become a G-REIT“. 4 Cadmus, Finanz Betrieb 2007, 618 (620 ff.); Quass/Becker, AG 2007, 421 (434); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.2, 3.4.3.2. 5 Dazu Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 14 REITG Rz. 5 ff. 6 Quass/Becker, AG 2007, 421 (434).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
ne Bewertung der Vermögenswerte des Emittenten oder einen diesbezüglichen Bericht eines anderen Sachverständigen (sog. Immobilienbewertungsgutachten oder Valuation Report) vorschreiben1. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich bei dem Emittenten um eine Property Company i. S. d. CESR-Empfehlungen handelt. Diese definieren Immobiliengesellschaften als Emittenten, deren Haupttätigkeit in der (direkten oder indirekten) Beteiligung an Immobilien, dem Erwerb und der Entwicklung von Immobilien als Anlageobjekt oder zur Vermietung liegt2 . Unter den Begriff der Immobilien fallen für die Zwecke der Definition der zeitlich unbeschränkte Grundbesitz (d. h. Immobilien, die im Volleigentum der Gesellschaft stehen, sog. freehold), das Erbbaurecht (heritable property), zeitlich beschränkter Grundbesitz (d. h. Immobilien, die die Gesellschaft von Dritten langfristig gemietet hat, sog. leasehold) sowie entsprechende Äquivalente3. 299
Die REIT-AG wird regelmäßig unter die Kategorie der Immobiliengesellschaften im vorgenannten Sinne fallen, so dass die BaFin gestützt auf die Generalklausel des § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG als Voraussetzung für die Billigung des Wertpapierprospekts stets die Aufnahme eines Immobilienbewertungsgutachtens verlangen wird4 . Die Aufnahme eines Immobilienbewertungsgutachtens ist nach den CESR-Empfehlungen sowohl bei Aktienemissionen als auch bei öffentlichem Angebot und Börsenzulassung von mit Immobilien besicherten Schuldtiteln (debt securities) einschließlich Wandelanleihen (convertible debt securities) und Hinterlegungsscheinen für Aktien (depository receipts) erforderlich, sofern deren Mindeststückelung (denomination) jeweils weniger als 50 000 Euro beträgt5. bb) Inhalt und Form des Gutachtens
300
Für die Zwecke des Wertpapierprospekts ist die Aufnahme einer Zusammenfassung des Immobilienbewertungsgutachtens (condensed report) ausreichend6 . Das Bewertungsgutachten selbst muss alle für die Bewertung der wesentlichen Grundstücke relevanten Details enthalten und außerdem das Datum der Besichtigung der Immobilien angeben7. Das Bewertungsgutachten ist zu datieren und muss den Bewertungsstichtag der Immobilien angeben, der nicht länger als ein Jahr vor dem Tag der Veröffentlichung des Wertpapierprospekts liegen darf8 . Ferner hat der Emittent im Wertpapierprospekt ausdrücklich zu versichern, dass sich seit diesem Bewertungsstichtag keine wesentlichen Veränderungen ergeben haben9, widrigenfalls ein neues Bewertungsgutachten zu erstellen ist. Dieser Versicherung kommt insbesondere vor 1 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 17; Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 2 CESR/05-054b, n°129; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335). 3 CESR/05-054b, n°129. 4 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 17; Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 5 CESR/05-054b n° 128. 6 CESR/05-054b n° 128; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 7 CESR/05-054b n° 130 (ii), (iii); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 8 CESR/05-054b n° 130 (iv); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 17; Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 9 CESR/05-054b n° 130 (iv); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 17; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1.
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dem Hintergrund einer möglichen gesetzlichen Prospekthaftung bei unzutreffenden, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben besondere Bedeutung zu1. Das Bewertungsgutachten muss auch Angaben (in Form einer Zusammenfassung) zu der Anzahl der als freehold und leasehold gehaltenen Immobilien einschließlich der jeweiligen Gesamtwerte enthalten, wobei negative Bewertungen gesondert auszuweisen sind2 . Sofern Bewertungsunterschiede zwischen dem Bewertungsgutachten und dem letzten veröffentlichten Jahres- bzw. Konzernabschluss der Gesellschaft bestehen, sind auch diese zu erläutern.3. Hierzu kommt es insbesondere dann, wenn der Emittent in seinen Jahres- bzw. Konzernabschlüssen die als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien in Ausübung seines Wahlrechts nach IAS 404 mit Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, wohingegen nach dem Willen des Gesetzgebers Bewertungsbasis für die Zusammensetzung des Vermögens und der Erlöse einer REIT-AG die Bewertung nach dem sog. fair value-Ansatz ist5. Hier sind erläuterungsbedürftige Abweichungen der Wertansätze im Bewertungsgutachten und in den Abschlüssen der Gesellschaft vorgezeichnet. Sind zwischen dem letzten veröffentlichen Jahres- bzw. Konzernabschluss der Gesellschaft keine wesentlichen Veränderungen in der Bewertung der Immobilien eingetreten, empfiehlt es sich, den Bewertungsstichtag möglichst auf den Stichtag des letzten veröffentlichten Jahres- bzw. Konzernabschlusses zu legen6 . Wurde nach Fertigstellung des Bewertungsgutachtens ein neuer Jahres- bzw. Konzernabschluss veröffentlicht, so ist ebenfalls ein neues Bewertungsgutachten zu erstellen, da sich das vorhandene Bewertungsgutachten nicht mehr – wie in CESR/05-054b (vi) vorausgesetzt – auf den letzten Jahres- bzw. Konzernabschluss bezieht, der im Prospekt enthalten ist.
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Probleme bei der Erstellung des Bewertungsgutachtens können sich schließlich bei größeren Immobilienportfolios ergeben, wenn unterschiedliche Bewertungszeitpunkte (Stichtage) oder Bewertungsverfahren angewendet wurden. Hieraus können sich erhebliche Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung ergeben, da Anpassungen im aktuellen Gutachten erforderlich werden können. Diese möglichen Verzögerungen sind bei der Festlegung des IPO-Zeitplans zu berücksichtigen.
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cc) Person und Bestellung des Gutachters Person und Bestellung des Sachverständigen sind gesetzlich nicht geregelt. Die CESR-Empfehlungen verlangen insoweit lediglich, dass der Sachverständige unab-
1 Meissner in Striegel, § 10 REITG Rz. 17; zu Tatbestand und Rechtsfolgen der gesetzlichen Prospekthaftung ausführlich Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 187 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 23 ff.; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 310 ff.; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 15 ff. 2 CESR/05-054b n° 130 (v); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); unklar Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 3 CESR/05-054b n° 130 (vi); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.1.1.1. 4 Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission v. 29.9.2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 261 v. 13.10.2003, S. 1. 5 Begr. RegE zum REITG, BT-Drucks. 16/4026, S. 17. 6 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433).
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hängig sein muss1. Allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Offenlegungsgrundsätzen folgend wird daher auch die Offenlegung von solchen Umständen oder Beziehungen in Bewertungsgutachten und Wertpapierprospekt erforderlich sein, die bei dem für die Erstellung des Bewertungsgutachtens verantwortlichen Sachverständigen Interessenkonflikte begründen können. Im Übrigen dürften im Hinblick auf die persönliche Qualifi kation des Sachverständigen die Anforderungen entsprechend gelten, die § 77 Abs. 2 InvG an die Qualifi kation von Sachverständigen zur Bewertung von Vermögensgegenständen bei Immobilien-Sondervermögen stellt, insbesondere eine besondere Erfahrung auf dem Gebiet der Bewertung von Immobilien sowie Zuverlässigkeit und fachliche Eignung des Sachverständigen 2 . 304
Im Übrigen wird die Tätigkeit des Sachverständigen durch den mit dem Emittenten abzuschließenden Gutachtervertrag geregelt. Eine gesetzliche Prospekthaftung des Sachverständigen für eine fehlerhafte Erstellung des Bewertungsgutachtens nach § 44 BörsG scheidet aus, da dieser weder als Prospekterlasser noch als -veranlasser angesehen werden kann 3. In Betracht kommt daher allenfalls eine Haftung des Sachverständigen nach den Grundsätzen der richterrechtlich ausgeprägten allgemein-zivilrechtlichen Prospekthaftung, sofern diese neben der Prospekthaftung nach § 44 BörsG für anwendbar gehalten wird4, oder auf der Grundlage eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter5. g) Pro-forma-Finanzinformationen
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Bei Aktienemissionen muss der Wertpapierprospekt grundsätzlich die geprüften Jahres- bzw. Konzernabschlüsse für die letzten 3 Jahre vor Prospektveröffentlichung enthalten (Anhang I Ziff. 20.1 ProspVO)6 . Darüber hinaus ist bei bedeutenden Brutto-Veränderungen infolge von Transaktionen (z. B. Erwerb von Immobilienportfolios) eine Beschreibung der Art und Weise, wie die Transaktion gegebenenfalls die Aktiva und Passiva sowie die Erträge des Emittenten beeinflusst hätte, wäre die Transaktion zu Beginn des Berichtszeitraums oder zum Berichtszeitpunkt durchgeführt worden, aufzunehmen (Anhang I Ziff. 20.2 ProspVO)7. Diese Beschreibung erfolgt in der Regel durch die Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen in den Wertpapierprospekt, die die Angaben nach Anhang II ProspVO enthalten müssen und lediglich zu illustrativen Zwecken erfolgen dürfen8 . Bei den Pro-forma-Finanzinformationen handelt es sich um eine Darstellung der wesentlichen Auswirkungen einer Unternehmenstransaktion auf die historischen Abschlüsse, wenn das Unternehmen während des gesamten Berichtszeitraums (z. B. 1.1 bis 31.12. oder 1.1. bis 1 CESR/05-054b n° 130 (i); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (335 f.). 2 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336). 3 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); allgemein Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 187 (228); Fleischer in Ständige Deputation des Deutschen Juristentags, Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln ? – Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, 2002, F 67. 4 Bejahend Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 29 f.; Paskert, Informations- und Prüfungspfl ichten, 1991, S. 120; Sittmann, NZG 1998, 490 (493); sympathisierend Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 37; ausführlich zur Prospekthaftung berufl icher Sachkenner de lege lata und de lege ferenda Assmann, AG 2004, 435 ff. 5 Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336). 6 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966). 7 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966). 8 Quass/Becker, AG 2007, 421 (433).
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Aufbau und Inhalt des Wertpapierprospekts
30.6. eines Jahres) in der durch die Transaktion geschaffenen Struktur bestanden hätte. Eine wesentliche Brutto-Veränderung liegt vor, wenn der zu- oder abgehende Vermögensgegenstand in Bezug auf mindestens einen von mehreren Indikatoren, die den Umfang der Geschäftstätigkeit des Emittenten bestimmen, mehr als 25 % der jeweiligen Bezugsgröße ausmacht1. Als (nicht abschließende) Indikatoren benennen die CESR-Empfehlungen Bilanzsumme, Umsatzerlöse oder Jahresergebnis des Emittenten vor Durchführung der Transaktion 2 . Andere Bezugsgrößen können zur Beurteilung einer wesentlichen Brutto-Veränderung herangezogen werden, wenn die vorgenannten Indikatoren mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Emittenten oder dessen spezifischer Geschäftstätigkeit unangemessen sind 3.
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Die aus Pro-forma-Bilanz, Pro-forma-GuV und Pro-forma-Erläuterungen bestehenden Pro-forma-Finanzinformationen sind gemäß § 7 WpPG i. V. m. Anhang II ProspVO in den Wertpapierprospekt aufzunehmen4 . Aufzunehmen ist auch eine Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers, durch die die ordnungsgemäße Erstellung sowie die Übereinstimmung der Pro-forma-Finanzinformationen mit den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden der REIT-AG bescheinigt wird (Anhang II Ziff. 7 ProspVO )5. Noch nicht durchgeführte Unternehmenstransaktionen dürfen in den Pro-forma-Finanzinformationen nur abgebildet werden, wenn diese konkret bevorstehen, also beispielsweise bei bereits abgeschlossenen, aber noch nicht durchgeführten Unternehmenskaufverträgen, wobei ein Kartellvorbehalt unschädlich ist 6 . Die Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen ist nur zulässig in Bezug auf den derzeitigen Berichtszeitraum, den letzten abgeschlossenen Berichtszeitraum und/oder den letzten Zwischenberichtszeitraum (Anhang II Ziff. 5 ProspVO)7.
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h) Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte bzw. bedeutenden finanziellen Verpflichtungen Unabhängig von der Verpflichtung des Emittenten, bei bedeutenden Brutto-Veränderungen gemäß § 7 WpPG i. V. m. Anhang II ProspVO geprüfte Pro-forma-Finanzinformationen in den Wertpapierprospekt aufzunehmen, kann bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte (complex fi nancial history) oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen (significant fi nancial commitments) die Aufnahme von bestimmten Finanzinformationen einer anderen Gesellschaft als dem Emittenten erforderlich sein, um den in Artikel 5 Abs. 1 der Prospektrichtlinie normierten Pflichten zu genügen (Art. 4a Abs. 1 ProspVO)8 . Hiervon werden Konstella-
1 Erwägungsgrund (9) ProspVO; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966). 2 CESR 05/054b n° 91–94; Quass/Becker, AG 2007, 421 (433); Schlitt/S. Schäfer, BKR 2005, 251 (254). 3 CESR 05/054b n° 93. 4 Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 5 Siehe IDW PH 9.960.1 – Prüfung von Pro-Forma-Finanzinformationen, WPg. 2006, 133 ff. 6 In solchen Fällen liegt eine bedeutende fi nanzielle Verpfl ichtung i. S. d. Art. 4a ProspVO vor, so dass die Auswirkungen der Transaktion in den Pro-forma-Finanzinformationen zu antizipieren sind (Art. 4a Abs. 1 Satz 4 ProspVO). 7 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966). 8 Vgl. hierzu die Arbeitsdokumente der Europäischen Kommission (DG Internal Market) ESC/16/2006 und ESC/17/2006 sowie die CESR-Stellungnahme „CESR’s advice to the European Commission on a possible amendment to Regulation (EC) 809/2004 regarding the historical fi nancial information which must be included in a prospectus (CESR/05-582).
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tionen erfasst, in denen die nach Anhang I Ziff. 20.1 ProspVO in den Wertpapierprospekt aufzunehmenden historischen Finanzinformationen nicht die gesamte operative Geschäftstätigkeit des Emittenten abdecken, weil Teile hiervon in den Finanzinformationen einer anderen Gesellschaft abgebildet sind. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Emittent einen bedeutenden Erwerb getätigt hat, der noch nicht in seinem Abschluss ausgewiesen ist, wenn der Emittent eine neu gegründete Holdinggesellschaft ist, die oberhalb der operativen Gesellschaften installiert wird, oder wenn der Emittent als selbständige juristische Person aus einer umwandlungsrechtlichen Maßnahme hervorgegangen ist1. Entsprechendes gilt bei Emittenten, die eine verbindliche Vereinbarung über den Erwerb oder die Veräußerung einer bedeutenden Gesellschaft oder eines bedeutenden Geschäftsbereichs eingegangen sind, diese Transaktion aber im Zeitpunkt der Prospektbilligung noch nicht abgeschlossen ist und im Falle ihres Abschlusses voraussichtlich eine bedeutende Bruttoveränderung bewirken wird2 . In all diesen Fällen ist die Aufnahme dieser Finanzinformationen in den Wertpapierprospekt erforderlich, damit sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste und die Zukunftsaussichten des Emittenten bilden kann (Art. 5 Abs. 1 der Prospektrichtlinie). Die zuständige Behörde des Herkunftsstaates wird daher die Aufnahme dieser Finanzinformationen in den Wertpapierprospekt gemäß Art. 4a Abs. 1 ProspVO verlangen. Solche zusätzlichen Finanzinformationen können, neben der Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen, z. B. die letzten 3 (oder weniger) Jahresabschlüsse von wesentlichen Tochtergesellschaften umfassen, die unmittelbar vor Prospektbilligung erworben wurden, oder die Jahresabschlüsse solcher Gesellschaften, die wesentliche Teile oder die vollständige Geschäftstätigkeit des Emittenten ausführen. i) Start up-Gesellschaften 309
Besteht der Emittent mit seiner konkreten Geschäftstätigkeit weniger als 3 Jahre (start up company), ist nach CESR 05/054b n° 135–139 der Geschäftsplan (business plan) des Emittenten betreffend die folgenden 2 Geschäftsjahre einschließlich einer Beschreibung der Strategie sowie die zu Grunde liegenden Annahmen im Wertpapierprospekt wiederzugeben 3.
V. Zulassungsfolgepflichten 310
Als Gesellschaft, deren Aktien zwingend (§ 10 Abs. 1 REITG) zum Handel an einem organisierten Markt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, unterliegt die REIT-AG grundsätzlich denselben Zulassungsfolgepflichten wie jede andere börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland4 . Im wertpapierhandelsrechtlichen Sinne qualifi ziert die REIT-AG aufgrund des 1 Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission v. 27.2.2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer fi nanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden fi nanziellen Verpfl ichtungen im Prospekt enthalten sein müssen, ABl. Nr. L 61 v. 28.2.2007, S. 24 ff. 2 Erwägungsgrund 7 der Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission v. 27.2.2007. 3 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1966); Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (336); Quass/Becker, AG 2007, 421 (433). 4 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.
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Zulassungsfolgepfl ichten
zwingenden Inlandssitzes (§ 9 REITG) stets als Emittent, dessen Herkunftsstaat die Bundesrepublik Deutschland ist (§ 2 Abs. 6 WpHG)1. Darüber hinaus qualifi ziert die REIT-AG regelmäßig auch als Inlandsemittent i. S. d. § 2 Abs. 7 WpHG, es sei denn, ihre Aktien sind ausschließlich in einem2 anderen Staat der EU oder des EWR (außer in Deutschland) zum Börsenhandel zugelassen 3. Im Folgenden werden die wesentlichen Zulassungsfolgepflichten, die hauptsächlich im WpHG, teilweise aber auch im AktG, im HGB und in den Börsenordnungen der verschiedenen Börsen geregelt sind, dargestellt.
1. Verbot von Insidergeschäften Die Aktien der REIT-AG stellen aufgrund ihrer zwingenden Börsenzulassung Insiderpapiere i. S. d. § 12 Satz 1 Nr. 1 oder 2 WpHG dar, für die die Insiderhandelsverbote des § 14 Abs. 1 WpHG gelten4 . Erfasst werden indes nicht nur börsliche, sondern auch außerbörsliche Geschäfte in Insiderpapieren (sog. Face to Face-Geschäfte)5. Ziel der Vorschriften des Insiderrechts ist es, das reibungslose Funktionieren des organisierten Kapitalmarkts zu gewährleisten und das Vertrauen der Anleger auf Gleichbehandlung und Schutz vor dem Ausnutzen von kursrelevantem Sonderwissen durch einzelne Marktteilnehmer zu stärken6 . Als mögliche Sanktionen sieht das Gesetz in § 38 WpHG Geld- oder Freiheitsstrafe sowie in § 39 WpHG die Verhängung eines Bußgeldes vor.
311
a) Erwerbs- und Veräußerungsverbot Im Einzelnen verbieten die Insiderhandelsverbote zunächst den Erwerb und die Veräußerung von Insiderpapieren, wenn dies unter Verwendung einer Insiderinformation geschieht, wobei irrelevant ist, ob das Geschäft für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen getätigt wird (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG). Erfasst werden also neben sämtlichen Eigengeschäften des Insiders (handelnd im eigenen Namen und für eigene Rechnung) auch sämtliche Transaktionen, die der Insider in unmittelbarer offener (handelnd im fremden Namen und für fremde Rechnung) oder mittelbarer verdeckter (handelnd im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung) Stellvertretung tätigt, einschließlich solcher, die er als Mitglied des Organs einer Kapitalgesellschaft für das Unternehmen vornimmt7.
312
Zentraler Begriff des Insiderrechts ist derjenige der Insiderinformation. Sie wird in § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG definiert als eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle
313
1 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4. 2 Nicht: mehreren Staaten der EU oder des EWR, denn dann ist die REIT-AG wieder als Inlandsemittent zu qualifzieren. 3 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4. 4 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.1; zur Bedeutung der Defi nition F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 13 Rz. 9 ff. 5 F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 13 Rz. 11; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktecht, S. 279. 6 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 6 ff. 7 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 21; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 9.
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ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen1. Die erforderliche Konkretisierung der Information ist gegeben, wenn sich die Information auf Umstände oder Ereignisse bezieht, die bereits existieren bzw. eingetreten sind oder bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszugehen ist, dass sie in Zukunft existieren bzw. eintreten werden (§ 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG)2 . Damit stellt das Gesetz klar, dass grundsätzlich auch zukünftige Umstände und Ereignisse als Insiderinformation qualifi zieren können 3. Dies kann namentlich bei Gerüchten4 und mehrstufigen Entscheidungsprozessen5 zum Tragen kommen. 314
Das Tatbestandsmerkmal des „Verwendens“ der Insiderinformation setzt zumindest eine Mitursächlichkeit der Kenntnis von der Insiderinformation für die vorgenommene Transaktion voraus; die bloße Kenntnis des Insiders von der Information zum Zeitpunkt der Vornahme der Transaktion, ohne dass diese in sein Handeln einfließt, genügt nicht 6 . In zeitlicher Hinsicht gilt das Insiderhandelsverbot nach § 12 Satz 2 WpHG bereits mit der Stellung des Zulassungsantrags für die Aktien der REIT-AG nach § 12 Satz 1 Nr. 1 oder 2 WpHG oder dessen öffentliche Ankündigung. b) Weitergabeverbot
315
Ebenfalls verboten ist die unbefugte Weitergabe von Insiderinformation im Wege der Mitteilung oder des Zugänglichmachens (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Damit soll bereits in einem frühen Stadium das Risiko eines Missbrauchs von Insiderinformationen eingeschränkt werden, indem der Kreis der Insider, also derjenigen Personen, die über die Insiderinformation verfügen, möglichst klein gehalten wird7. Während die Mitteilung einer Insiderinformation gegeben ist, wenn der Handelnde dem anderen willentlich oder unter grober Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis von der Insiderinformation verschafft, wobei die Art und Weise unerheblich ist8, 1 Zum Begriff der Insiderinformation Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 13 WpHG Rz. 4 ff.; BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.1; Brandi/Süßmann, AG 2004, 642 ff.; Bürgers, BKR 2004, 424 ff.; Koch, DB 2005, 267 ff.; Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929 ff.; Kuthe, ZIP 2004, 883 ff.; Merkner/Sustmann, NZG 2005, 729 ff.; Pawlik in KölnKomm. WpHG, 2007, § 13 WpHG Rz. 11 ff.; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 275; Simon, Der Konzern 2005, 13 ff.; Tollkühn, ZIP 2004, 2215 ff.; Ziemons, NZG 2004, 537 ff. 2 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 33 f. 3 Ausführlich Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 13 WpHG Rz. 23 ff.; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 13 WpHG Rz. 92 ff. 4 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 13 WpHG Rz. 18; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 13 WpHG Rz. 17 ff.; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 277 f. 5 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 13 WpHG Rz. 28 ff.; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 13 WpHG Rz. 14 ff.; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 276 f. 6 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 25; Bafi n, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.1.2; Brandi/Süßmann, AG 2004, 642 (643); Bürgers, BKR 2004, 424 (425); Cahn, Der Konzern 2005, 5 (8); Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929 (931); Fromm-Russenschuck/Banerjea, BB 2004, 2425 (2426 f.); Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (354); Spindler, NJW 2004, 3349 (3451); Ziemons, NZG 2004, 537 (539). 7 Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 Rz. 46; S. Schäfer in Schlitt/Grunewald, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 280 f. 8 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 66; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 27.
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Zulassungsfolgepfl ichten
liegt ein Zugänglichmachen dann vor, wenn der Insider lediglich die Voraussetzungen schafft, die einem anderen die Kenntnisnahme der Insiderinformation ermöglicht1. Die Weitergabe von Insiderinformationen unterfällt nur dann dem Verbotstatbestand des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn die Weitergabe „unbefugt“ erfolgt. Das ist der Fall, wenn die Weitergabe nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder Obliegenheit2 oder außerhalb des „normalen Rahmens der Berufs- und Geschäftsausübung“ erfolgt 3. Ob letzteres der Fall ist, ist im Wege einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu prüfen, bei der das Interesse, im Vorfeld verbotener Insidergeschäfte den Kreis potentieller Insider möglichst klein zu halten4 mit den Funktionserfordernissen rechtlicher und wirtschaftlicher Institutionen abzuwägen ist5. Danach ist jedenfalls eine aus betrieblichen Gründen notwendige interne Weitergabe der Insiderinformation zulässig6 . Nach zutreffender Ansicht nicht erforderlich ist, dass der Informationsempfänger einer zusätzlichen gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt7. Auch bei der Weitergabe an unternehmensexterne Berater wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Ratingagenturen ist stets zu prüfen, ob der Empfänger die Information zur Erfüllung seiner jeweiligen beruflichen Aufgabe benötigt, was wiederum aus allgemeiner betriebsorganisatorischer Sicht zu beurteilen ist8 .
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c) Empfehlungsverbot § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG verbietet schließlich sowohl die Empfehlung als auch das Verleiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Insiderpapieren auf der Grundlage von Insiderinformationen und sanktioniert damit auch das mittelbare Ausnutzen von kursrelevantem Sonderwissen, ohne dass es auf die Kenntnis des Verleiteten von der Insiderinformation ankommt oder darauf, ob er selbst ein verbotenes Insiderge-
1 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 66; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 28. 2 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 80 ff.; Kappes, NJW 1995, 2832 (2833); Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 44, 48 ff.; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 39 ff.; Süßmann, AG 1999, 162 (164). 3 Begr. RegE zu § 14 Abs. 1, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; EuGH, NJW 2006, 133 (134); Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 73; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 46; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 32. 4 Assmann, AG 1994, 237 (247); Caspari, ZGR 1994, 530 (545); Claussen/Florian, AG 2005, 745 (752); von Falkenhausen/Widder, BB 2005, 225 (227); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.190; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 46; Singhof, ZGR 2001, 146 (153). 5 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 73, 79; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 46; Schneider in FS Wiedemann, 2002, S. 1257 (1261 ff.); Schneider/ Singhof in FS Kraft, 1998, S. 588 (590 f.); Sethe, ZBB 2006, 243 (250); Singhof, ZGR 2001, 146 (153); Stoffels, ZHR 165 (2001), 362 (380). 6 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 89; F. Schäfer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 13 Rz. 49; Schwark in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 14 WpHG Rz. 32 f. 7 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.2.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 75; Assmann, AG 1997, 50 (55); von Falkenhausen/Widder, BB 2005, 215 (226); Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810); Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 32; a. A. Götz, DB 1995, 1949 (1950). 8 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.2.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 74, 96 ff., Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 46.
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schäft begeht oder nicht1. Irrelevant für die Verwirklichung des Tatbestands ist auch, ob der Adressat der Empfehlung Folge leistet. Der tatsächliche Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren aufgrund der Empfehlung ist nicht erforderlich2 . 318
Der Gesetzeswortlaut stellt klar, dass die Empfehlung lediglich einen speziellen Unterfall des Verleitens als Oberbegriff darstellt 3. Verleiten im Sine dieser Vorschrift ist die Beeinflussung des Willens eines anderen durch beliebige Mittel4 . Unter Empfehlung ist jede einseitige, rechtlich unverbindliche Erklärung zu verstehen, durch die der Insider in der Absicht, den Willen des Adressaten zu beeinflussen, den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren für den Adressaten als vorteilhaft bezeichnet und ihm die Vornahme des entsprechenden Geschäfts anrät5. Empfehlung oder sonstiges Verleiten müssen ferner auf der Insiderinformation beruhen, was zumindest eine Mitursächlichkeit der Insiderinformation für die Empfehlung oder das sonstige Verleiten voraussetzt 6 . d) Ausnahmen vom Insiderhandelsverbot
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§ 14 Abs. 2 WpHG begründet gesetzliche Ausnahmetatbestände zu den Insiderhandelsverboten, bei deren Vorliegen Erwerb und Veräußerung von Insiderpapieren nicht als Verstoß gegen die Insiderhandelsverbotes des § 14 Abs. 1 WpHG qualifi zieren7. Privilegiert werden indes ausschließlich der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufprogrammen oder Maßnahmen zur Stabilisierung des Preises von Finanzinstrumenten8, wenn die Vorschriften der Verordnung zu Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen eingehalten werden9.
3. Ad-hoc-Mitteilungspflichten 320
Als Inlandsemittent i. S. d. § 2 Abs. 7 WpHG unterliegt die REIT-AG mit Stellung des Zulassungsantrags (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG) auch der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen (§ 15 Abs. 1 Satz 1, 3 WpHG)10. Di1 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III. 2.2.2.2; Assmann in Assmann/Uwe h. Schneider, § 14 WpHG Rz. 117; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 62; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 282. 2 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 120; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 63. 3 Begr. RegE zu § 14 Abs. 1, BT-Drucks. 15/3174, S. 34; BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.2.2; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 126. 4 Begr. RegE zu § 14 Abs. 1, BT-Drucks. 15/3174, S. 34; BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.2.2; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 126; Koch, DB 2005, 267 (268); Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 67. 5 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 119; Cahn, Der Konzern 2005, 5 (12); Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 63. 6 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 120; Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 65, 67. 7 Ziemons, NZG 2004, 537 (539 f.). 8 Ausfühlich A. Meyer, AG 2004, 289 ff. 9 Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission v. 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen, ABl. Nr. L 336 v. 23.12.2003, S. 33. Ausführlich zu Abs. 2 Satz 1 Pawlik in KölnKomm. WpHG, § 14 WpHG Rz. 69 ff. 10 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.2. Zum Begriff der Insiderinformation siehe oben Rz. 313.
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Zulassungsfolgepfl ichten
ese allgemeine Veröffentlichungspflicht wird flankiert von einer Veröffentlichungspflicht aufgrund der Weitergabe von Insiderinformationen (§ 15 Abs. 1 S. 4, 5 WpHG)1 und einer Verpflichtung zur Korrektur bereits veröffentlichter fehlerhafter Ad-hocMeldungen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG). Wie die Insiderhandelsverbote des § 14 Abs. 1 WpHG dient auch die Ad-hoc-Publizität der Verhinderung des Insiderhandels2 . Durch eine frühzeitige Veröffentlichung kursrelevanter Umstände werden bestehende Informationsasymmetrien abgebaut und der Kreis der Insider und die Zeit, in der verbotener Insiderhandel möglich ist, begrenzt 3. Darüber hinaus soll die kapitalmarktrechtliche Publizitätspflicht die Marktteilnehmer über sämtliche bewertungsrelevanten Umstände unabhängig von periodischen Berichtspflichten informieren und damit den Markt insgesamt in die Lage versetzen, den „wahren“ oder „richtigen“ Preis des Finanzinstruments zu bilden und möglichen Fehlallokationen des Kapitals aufgrund unzureichender oder unzutreffender Informationen zu verhindern4 .
321
a) Allgemeine Veröffentlichungspflicht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG) aa) Gegenstand der Veröffentlichungspflicht Die Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen i. S. d. § 13 Abs. 1 WpHG beschränkt sich auf solche kursrelevanten Umstände, die die REIT-AG unmittelbar betreffen (§ 15 Abs. 1 Satz 1, 3 WpHG). Insoweit besteht eine Einschränkung gegenüber dem bloßen Tatbestand der Insiderinformation, für deren Vorliegen ein mittelbarer – wenn auch spezifischer – Bezug zur REIT-AG ausreicht5. Die Interpretation des Merkmals der unmittelbaren Betroffenheit bereitet erhebliche Schwierigkeiten6 . Nach Auffassung der BaFin wird mit diesem Merkmal klargestellt, dass die Information den Emittenten selbst und nicht etwa nur das von ihm emittierte Finanzinstrument betreffen muss7. Das Gesetz selbst stellt in § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG ein Regelbeispiel bereit, wonach eine Insiderinformation den Emittenten insbesondere dann unmittelbar betrifft, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätig-
1 Dazu Leuering, NZG 2005, 12 ff. 2 Begr. RegE 2.FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 7, 32 ff.; Assmann, ZGR 1994, 494 (527 f.); Hopt, ZGR 1991, 17 (50); Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (147); Tollkühn, ZIP 2004, 2215 (2215); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 10; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15 WpHG Rz. 10. 3 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 32 f.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 10; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15 WpHG Rz. 10. 4 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 29; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (147); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 8; Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspfl ichtige Tatsache, 2002, S. 24 ff.; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15 WpHG Rz. 9. 5 Simon, Der Konzern 2005, 13 (14); Schanz, Börseneinführung, § 17 Rz. 8; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 79. 6 Ausführlich Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 80 ff. 7 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.2.2.2; S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 273 (290); a. A. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 56; Simon, Der Konzern 2005, 13 (15); Ziemons, NZG 2004, 537 (541) (Insiderpapierbezug genügt aufgrund Defi nition des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG); kritisch auch Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 84.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
keitsbereich eingetreten sind1. Die BaFin hat hierzu in ihrem Emittentenleitfaden einen Katalog von potentiell veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen aufgestellt2 , der im Wesentlichen auf den CESR-Empfehlungen vom Dezember 2002 beruht 3. Hierzu zählen unter anderem: Kontrollwechsel und die Kontrolle betreffende Vereinbarungen; Veränderungen im Vorstand und im Aufsichtsrat, Veränderungen bei den Wirtschaftsprüfern und sonstige Umstände betreffend die Aktivitäten der Wirtschaftsprüfer; Kapitalmaßnahmen oder die Ausgabe von Schuldverschreibungen oder Bezugsrechten auf Finanzinstrumente; Entscheidungen über Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen; Verschmelzungen; Ausgliederungen und Spaltungen; Erwerb oder Veräußerung von Beteiligungen oder anderen maßgeblichen Vermögenswerten oder Betätigungsfeldern; Umstrukturierungen mit Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanzoder Ertragslage; Entscheidungen über Rückkaufprogramme oder Transaktionen in sonstigen börsennotierten Wertpapieren; Veränderungen in den mit den börsennotierten Aktien der REIT-AG verbundenen Rechten; Insolvenzanträge oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens; wesentliche Rechtsstreitigkeiten; Kündigung von Kreditlinien durch eine oder mehrere Banken; Auflösung oder Aufkommen eines Auflösungsgrundes; wesentliche Änderungen in der Bewertung von Vermögensgegenständen; Insolvenz bedeutender Schuldner; Wertverlust von Grundstücken; Untergang von unversicherten Gegenständen; Ab- oder Zunahme des Werts von im Bestand gehaltenen Finanzinstrumenten; Erwerbsangebote für wesentliche Vermögensgegenstände; bedeutende Fälle von Umwelthaftung; Veränderungen bei den Gewinn- oder Verlusterwartungen; Rückzug von oder Eintritt in neue Kerngeschäftsfelder; wichtige Veränderungen in der Investitionspolitik der REIT-AG; Veränderungen in der Dividendenpolitik der REIT-AG. Die Veröffentlichungspflicht des § 15 Abs. 1 Satz 1, 3 WpHG kann sich ferner auch auf Umstände beziehen, die bei einem Konzernunternehmen eingetreten sind4 . 323
Die Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG tritt unabhängig von der Kenntnis oder einem Kennenmüssen der REIT-AG von dem veröffentlichungspflichtigen Umstand ein5. Das Gesetz geht damit über die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung hinaus, auf die es für die Zwecke der Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG nicht ankommt 6 . bb) Mitteilungspflichten, Art und Weise der Veröffentlichung
324
Die REIT-AG hat die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG zu veröffentlichende Insiderinformation vor ihrer Veröffentlichung der Geschäftsführung der inländischen organisierten Märkte, an denen die Aktien der REIT-AG zum Handel zugelassen sind, 1 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 55, 58 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 101 ff.; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15 WpHG Rz. 45 ff. 2 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.2.2.4. 3 CESR’s Advice on Level 2 Implementing Measures for the proposed Market Abuse Directive, CESR/02-089d. 4 Dazu Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 72; Spindler/Speier, BB 2005, 2031 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 96 f. 5 Braun in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003, § 8 Rz. 47; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 110; F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 14 Rz. 28; Spindler/Speier, BB 2005, 2031 (2032). 6 Braun in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003, § 8 Rz. 47; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 110.
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Zulassungsfolgepfl ichten
und der BaFin mitzuteilen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 3 WpHG). Die Einzelheiten dieser Vorabmitteilung sind in § 15 Abs. 7 Nr. 2 WpHG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV)1 geregelt2 . Die REIT-AG kann bei den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten auf das Angebot eines Ad-hoc-Dienstleisters zurückgreifen, der zugleich sicherstellt, dass der erforderliche zeitliche Abstand zwischen Vorabmitteilung und Veröffentlichung (BaFin: 30 Minuten)3 eingehalten wird4 . Erst im Anschluss an die Vorabmitteilung darf die eigentliche Veröffentlichung erfolgen, die zum einen über ein bei Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen weit verbreitetes elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssytem (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 WpAIV) und zum anderen im Internet unter der Adresse des Emittenten zu erfolgen hat, sofern er über eine solche verfügt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WpAIV). Die Insiderinformation ist zusätzlich unverzüglich dem Unternehmensregister i. S. d. § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Die zu veröffentlichenden Informationen sind solchen Medien zuzuleiten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie die Information rasch und möglichst zeitgleich in der gesamten EU und dem übrigen Gebiet des EWR verbreiten (§ 3a Abs. 1, 2 WpAIV). Dies hat nach § 3a Abs. 1 WpAIV über einen Mix aus verschiedenen Medien (z. B. Printmedien, Nachrichtenagenturen) zu erfolgen5. Die erfolgte Veröffentlichung ist wiederum den Geschäftsführungen der betroffenen Börsen und der BaFin zu übersenden (§ 15 Abs. 5 Satz 2 WpHG)6 .
325
cc) Vorübergehende Befreiung von der Veröffentlichungspflicht Von der Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen kann sich die REIT-AG unter bestimmten Voraussetzungen eigenverantwortlich vorübergehend befreien (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG). Anders als nach früherem Recht bedarf es hierzu keines dahingehenden Verwaltungsakts der BaFin mehr7. Über das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen entscheidet vielmehr der Vorstand der REIT-AG mit der von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter verlangten Sorgfalt (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG)8 .
326
Die Befreiungsmöglichkeit trägt dem Umstand Rechnung, dass die Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz9 inhaltlich ausgedehnt und insbesondere zeitlich vorverlagert wurde (z. B. bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen), was im Einzelfall
327
1 Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspfl ichten sowie der Pfl icht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung – WpAIV) v. 13.12.2004, BGBl. I, S. 3376, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 5.1.2007 (BGBl. I, S. 10). 2 Zu den Einzelheiten Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 195 ff. 3 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.5.1. 4 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.2. 5 Riegger/Rieg, NZG 2007, 1148 (1150). 6 Näher Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 211 ff. 7 Schanz, Börseneinführung, § 17 Rz. 38. 8 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 129; Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 928 (935). 9 Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz), BGBl. I 2004, S. 2630 ff.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
berechtigte Interessen des Emittenten verletzen kann1. Die Befreiungsmöglichkeit greift indes nur für die Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1, also nicht gegenüber den Veröffentlichungspflichten nach Abs. 1 Satz 4 (Veröffentlichungspflicht aufgrund Mitteilung oder Zugänglichmachung von Insiderinformationen) und auch nicht gegenüber derjenigen nach Abs. 2 Satz 2 (Verpflichtung zur Berichtigung unwahrer Informationen)2 . 328
Ein Aufschub der Veröffentlichungspflicht ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG nur zulässig, wenn drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen 3: (1) Der Aufschub der Veröffentlichung ist zum Schutz der berechtigten Interessen der REIT-AG erforderlich; (2) es ist nicht zu befürchten, dass der Aufschub zu einer Irreführung der Öffentlichkeit führt, und (3) REIT-AG kann die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten.
329
Ein berechtigtes Interesse der REIT-AG am Aufschub einer Ad-hoc-Veröffentlichung besteht nach § 6 Satz 1 WpAIV immer dann, wenn die Interessen der REIT-AG an der Geheimhaltung der Information die Interessen des Kapitalmarkts an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegen4 . Als Regelbeispiele nennen § 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 WpAIV die Gefährdung des Ergebnisses oder des Ganges laufender, kursrelevanter Verhandlungen, deren Veröffentlichung die Interessen der Anleger ernsthaft gefährden würde5 oder wenn der Vorstand der REIT-AG einen Vertragsabschluss oder eine Entscheidung bekannt geben müsste, deren Wirksamkeit von der Zustimmung eines anderen Organs der REIT-AG abhängt und dies die sachgerechte Bewertung der Information durch das Anlegerpublikum gefährden würde6 . Außerhalb dieser Regelbeispiele kann ein überwiegendes Interesse der REIT-AG auch dann bestehen, wenn die Veröffentlichung zu erheblichen Kosten- oder Wettbewerbsnachteilen führen würde7.
330
Eine Irreführung der Öffentlichkeit kommt insbesondere dann in Betracht, wenn durch den Aufschub der Veröffentlichung die öffentliche Wahrnehmung der Situation der REIT-AG mit der Insiderinformation, deren Veröffentlichung aufgeschoben wird, in Widerspruch steht oder der Emittent durch sein sonstiges Verhalten, einschließlich seines anderweitigen Informationsverhaltens, Vorstellungen weckt, die im Lichte der Insiderinformation unzutreffend sind8 . Das setzt indes voraus, 1 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.3.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 134, 149; Merkner/Sustmann, NZG 2005, 729 (737); Möllers, WM 2005, 1393 (1395 ff.); Sven H. Schneider, BB 2005, 897; kritisch zu dieser Argumentation Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 146. 2 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 130; Simon, Der Konzern 2005, 13 (19); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 144. 3 Zu den Befreiungsvoraussetzungen im Einzelnen Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 133 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 148 ff. und § 15 WpHG Anh. – § 6 WpAIV Rz. 16 ff. 4 Ziemons, NZG 2004, 537 (542); kritisch hierzu Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Anh. – § 6 WpAIV Rz. 16 f. 5 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 137 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Anh. – § 6 WpAIV Rz. 31 ff. 6 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Anh. – § 6 WpAIV Rz. 38 ff. 7 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 151; Tollkühn, ZIP 2004, 2215 (2218). 8 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 160; i. E. ebenso BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, IV.3.2; Simon, Der Konzern 2005, 13 (20); Tollkühn, ZIP 2004, 2215 (2218 f.); Veith, NZG 2005, 254 (257 f.).
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dass sich am Markt bereits eine konkrete Meinung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Umstandes, auf den sich die Insiderinformation bezieht, gebildet hat1. Außerdem verpfl ichten §§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG, 7 Nr. 1 WpAIV die REIT-AG, die Vertraulichkeit der Insiderinformation während der Dauer der Befreiung von der Veröffentlichungspfl icht zu gewährleisten und wirksame Vorkehrungen zu treffen, um den Kreis der Insider möglichst klein zu halten. Für den Fall, dass die Vertraulichkeit der Insiderinformation nicht länger gewährleistet ist, muss der Emittent jederzeit vorbereitet sein, die Insiderinformation unverzüglich bekannt zu geben (§ 7 Nr. 2 WpAIV)2 .
331
Entfällt eine der Voraussetzungen für einen Aufschub der Veröffentlichungspflicht, hat der Emittent die Veröffentlichung unverzüglich nachzuholen, es sei denn, dass die Information zwischenzeitlich ihren Charakter als Insiderinformation verloren hat, etwa weil die Vertragsverhandlungen, über die zu berichten aufgeschoben wurde, zwischenzeitlich eingestellt wurden 3. Der Emittent unterliegt damit der Verpflichtung, die Voraussetzungen für die Befreiung von der Veröffentlichungspflicht laufend zu überprüfen4 .
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Die nach § 15 Abs. 3 Satz 2 nachzuholende Veröffentlichung muss nach Inhalt und Art der Veröffentlichung den Anforderungen genügen, die an eine Ad-hocVeröffentlichung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG zu stellen sind5. Zusätzlich muss die Vorabmitteilung an die BaFin – und nur an diese – die Gründe für die Befreiung unter Angabe des Zeitpunkts der Entscheidung über den Aufschub der Veröffentlichung sowie weitere ergänzende Angaben enthalten (§ 15 Abs. 3 Satz 4 WpHG, § 8 Abs. 5 WpAIV). Die Veröffentlichung ist unverzüglich den in § 15 Abs. 4 Satz 1 aufgeführten Stellen sowie dem Unternehmensregister i. S. d. § 8b HGB zur Speicherung zu übersenden.
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b) Veröffentlichungspflicht aufgrund Weitergabe von Insiderinformationen Eine Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung und Übermittlung an das Unternehmensregister i. S. d. § 8 HGB besteht auch dann, wenn die REIT-AG selbst oder eine Person, die in ihrem Auftrag oder auf ihre Rechnung handelt, die Insiderinformation einem anderen im Rahmen seiner bzw. ihrer Befugnis mitteilt oder sonst zugänglich macht, es sei denn, der Informationsempfänger ist rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet (§ 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG)6 . Erfolgte die Mitteilung oder Zugänglichmachung unwissentlich, sind Veröffentlichung und Übermittlung an das Unternehmensregister unverzüglich nachzuholen (§ 15 Abs. 1 Satz 5 WpHG)7. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Dritte von Insiderinformationen nicht früher
1 S. Schäfer in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 288 (292). 2 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 164. 3 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 173 f.; Tollkühn, ZIP 2004, 2215 (2220); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 186 f. 4 Tollkühn, ZIP 2004, 2215 (2219). 5 Siehe oben Rz. 322 ff. 6 Dazu Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 109 ff.; Leuering, NZG 2005, 12 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 214 ff. 7 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 230 ff.
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als die Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt werden1. Außerdem wird die Publizitätspflicht auf Dritte ausgedehnt2 . 335
§ 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG erfasst nur die befugte, weil nicht gegen § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verstoßende Weitergabe von Insiderinformationen; ein Erst-recht-Schluss des Inhalts, dass die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen erst recht die Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG auslöse, ist unzulässig3. Die Veröffentlichungspflicht besteht ferner nur dann, wenn der Informationsempfänger keiner gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegt, wobei die jedermann obliegende, aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Vertraulichkeitsverpflichtung nicht genügt, weil anderenfalls die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 4 und 5 WpHG gegenstandslos wäre 4 . Erforderlich ist vielmehr eine gesetzliche oder vertragliche Vertraulichkeitsverpflichtung außerhalb der Regelungen des WpHG5. Ausreichend ist, wenn sich die Verpflichtung zur Vertraulichkeit aus dem betreffenden Schuldverhältnis im Sinne einer Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ergibt 6 . Die Weitergabe von Insiderinformationen an vom Emittenten beauftragte Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer oder eine mit dem Druck von Finanzberichten beauftragte Druckerei lösen daher keine sofortige Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG aus.
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Im Falle einer Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 4 oder 5 WpHG sind in der Vorabmitteilung der Veröffentlichung an die BaFin – und nur an diese – gemäß § 8 Abs. 3 WpAIV die Person des Informationsempfängers nebst Anschrift, der Zeitpunkt der Informationspreisgabe bzw. im Falle der unwissentlichen Weitergabe die Umstände der unwissentlichen Informationspreisgabe anzugeben. Die Veröffentlichung selbst ist auch hier wiederum den Börsengeschäftsführungen und der BaFin zeitgleich mitzuteilen (§ 15 Abs. 5 Satz 2 WpHG). c) Pflicht zur Veröffentlichung einer Korrekturmeldung
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Selbstverständlich ist, dass die REIT-AG unwahre Informationen, die im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG veröffentlicht wurden, unverzüglich durch eine Korrekturmeldung, die ebenfalls als Ad-hoc-Mitteilung zu erfolgen hat, berichtigen muss (§ 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG)7. In der Vorabmitteilung an die BaFin – und nur an diese – sind gemäß § 8 Abs. 2 WpAIV zusätzlich die Gründe für die Veröffentlichung der unwahren Information darzulegen. Unwahr ist eine Information, wenn die in der Veröffentlichung gemacht Aussage ganz oder in einzelnen Hinsichten nicht zutrifft8 . Da nur Tatsachen der Überprüfung auf ihre Wahrheit zugänglich sind, bezieht sich die Berichtigungspflicht nur auf solche9. Bei Werturteilen oder Prognosen kann aber der Tatsachenkern der Information einer Berichtigungs1 Begr. RegE zu § 15 Abs. 1 WpHG, BT-Drucks. 15/3174, S. 35; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 110. 2 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 219 ff. 3 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 116; Leuering, NZG 2005, 12 (15); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 224. 4 Leuering, NZG 2005, 12 (15); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 225. 5 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 226. 6 Simon, Der Konzern 2005, 13 (19); Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 227. 7 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 186 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 233 ff. 8 Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpHG Rz. 244. 9 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15 WpHG Rz. 189.
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pflicht unterliegen. Die Veröffentlichung der Korrekturmeldung selbst ist den Börsengeschäftsführungen und der BaFin mitzuteilen (§ 15 Abs. 5 Satz 2 WpHG).
4. Directors’ Dealings Personen, die bei einer REIT-AG Führungsaufgaben wahrnehmen, verfügen in der Regel über einen erheblichen Informationsvorsprung gegenüber anderen Marktteilnehmern. Ihre Geschäfte in Aktien des Emittenten oder darauf bezogenen Finanzinstrumenten erlauben daher häufig Rückschlüsse auf die gegenwärtige oder künftige Unternehmensentwicklung und entfalten daher eine Indikatorwirkung für das breite Publikum1. Vor diesem Hintergrund haben sich der europäische2 und der deutsche3 Gesetzgeber entschlossen, Geschäfte von Personen mit Führungsaufgaben und mit ihnen eng verbundenen natürlichen oder juristischen Personen einer Offenlegungspflicht zu unterwerfen (sog. Directors’ Dealings)4 . In zeitlicher Hinsicht greift die Mitteilungspflicht bereits mit der öffentlichen Ankündigung eines Antrags auf Zulassung zum Börsenhandel (§ 15a Abs. 4 Satz 2 WpHG).
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Mitteilungspflichtig sind nach § 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG zunächst Personen, die bei einem Emittenten von Aktien Führungsaufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen neben persönlich haftenden Gesellschaftern und Mitgliedern des Leitungs- und Aufsichtsorgans des Emittenten alle Personen, die regelmäßig Zuggang zu Insiderinformationen haben und zu wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen ermächtigt sind (§ 15a Abs. 2 WpHG)5. Erfasst werden damit insbesondere die „Top Executives“ der Gesellschaft 6 . Aus Gründen des Umgehungsschutzes sind ferner alle Personen mitteilungspflichtig, die mit einer Person mit Führungsaufgaben in einer engen Beziehung stehen (§ 15a Abs. 1 Satz 2 WpHG)7. Hierunter fallen nicht nur Privatpersonen wie Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, unterhaltsberechtigte Kinder und andere Verwandte, die mit der Führungskraft seit mindestens einem Jahr im selben Haushalt leben (§ 15a Abs. 3 Satz 1 WpHG), sondern auch juristische Per-
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1 Begr. RegE zu § 15a WpHG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87; Assmann in Assmann/Uwe H, Schneider, § 15a WpHG Rz. 7; F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 2; Uwe H. Schneider, BB 2002, 1817 (1818); Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 3. 2 Siehe Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 16 ff.; Richtlinie 2004/72/EG der Kommission v. 29.4.2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Zulässige Marktpraktiken, Defi nition von Insiderinformationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von InsiderVerzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtigter Transaktionen […], ABl. Nr. L 162 v. 30.4.2004, S. 70 ff. 3 Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSvG) v. 28.10.2004, BGBl. I, S. 2630 ff.; dazu Bednarz, AG 2005, 835 ff.; Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929 (936 f.); Erkens, Der Konzern 2005, 29 ff.; Holzborn/Israel, WM 2004, 1948 ff.; Pluskat, BKR 2004, 467 ff. 4 Zu den damit weiter verfolgten Zwecken F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 2. 5 Dazu BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, V.1.2; Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 36 ff.; F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 5 ff.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15a WpHG Rz. 27 ff. 6 F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 5; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15a WpHG Rz. 27; vgl. auch Klawitter in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 32 Rz. 121. 7 Begr.RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
sonen, Gesellschaften und Einrichtungen (insbesondere Stiftungen), bei denen die Führungskraft oder eine ihr nahestehende natürliche Person i. S. d. § 15a Abs. 3 Satz 1 WpHG Führungsaufgaben wahrnehmen, die direkt oder indirekt von einer Person mit Führungsaufgaben oder einer ihr nahestehenden natürlichen Person kontrolliert werden, zu Gunsten einer solchen Peson gegründet wurden oder deren wirtschaftliche Interessen weitgehend denen einer solchen Person entsprechen (§ 15a Abs. 3 Satz 2 uns 3 WpHG)1. Einschränkend ist allerdings bei Geschäften von juristischen Personen, Gesellschaften oder Einrichtungen zu verlangen, dass für die Person mit Führungsaufgaben oder die ihr nahestehende natürliche Person die Möglichkeit besteht, sich einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu sichern 2 . 340
Erfasst werden alle Geschäfte der mitteilungspflichtigen Person mit Aktien des Emittenten oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten (§ 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG)3. Dabei ist der Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts ausreichend; der nachfolgende dingliche Vollzug löst keine erneute Mitteilungspflicht aus4 . Geschäfte ohne Indikatorwirkung wie Schenkungen, Verpfändungen oder der Erwerb von Todes wegen lösen ebenfalls keine Mitteilungspflicht aus5. Ferner besteht keine Mitteilungspflicht, wenn die Gesamtsumme der Geschäfte der Person mit Führungsaufgaben oder der ihr nahestehenden Person die Bagatellgrenze von 5000 Euro pro Kalenderjahr nicht erreicht (§ 15a Abs. 1 Satz 5 WpHG)6 . Wird allerdings die Bagatellgrenze nicht bereits durch die erste Transaktion, sondern erst durch eine nachfolgende Transaktion überschritten, werden auch die vorangehenden Transaktionen mitteilungspflichtig7. Die Mitteilung muss sowohl dem Emittenten als auch der BaFin innerhalb von 5 Werktagen mitgeteilt werden (§ 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG). Die Mitteilung ist vom Emittenten unverzüglich zu veröffentlichen8, die Veröffentlichung ist der BaFin mitzuteilen und dem Unternehmensregister i. S. d. § 8b HGB zur Speicherung zu übermitteln (§ 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG). Auch hier kann der Emittent auf das Angebot von Ad-hoc-Dienstleistern zurückgreifen9.
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Der Mindestinhalt der Mitteilung bestimmt sich nach § 10 WpAIV. Die BaFin hat für Mitteilungen ein entsprechendes Formular auf ihrer Internetseite bereitgestellt, das sowohl für die Mitteilung an den Emittenten als auch an die BaFin verwendet werden kann10.
1 Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 42 ff.; F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 7 f.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15a WpHG Rz. 38 ff. 2 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, V.1.2.3. 3 Näher BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, V.2.1; Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967); Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 27 ff.; F. Schäfer in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 3 f.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15a WpHG Rz. 51 ff. 4 Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 51 f.; F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 11; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15a WpHG Rz. 58 f. 5 F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 11. 6 F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 14 f.; Sethe in KölnKomm. WpHG, § 15a WpHG Rz. 80 ff. 7 F. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 15 Rz. 16; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15a WpHG Rz. 30. 8 Zum Inhalt der Veröffentlichung siehe § 12 WpAIV. 9 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.3. 10 www.bafi n.de > Unternehmen > Börsennotierte Unternehmen > Directors’ Dealings > Mitteilungsformular.
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Zulassungsfolgepfl ichten
5. Führung von Insiderverzeichnissen Die REIT-AG muss ab dem Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrags Verzeichnisse über solche Personen führen und unverzüglich aktualisieren, die für sie tätig sind und bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG haben (§ 15b Abs. 1 Satz 1 WpHG)1. Dieselbe Verpflichtung erfasst Personen, die in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handeln. Hierzu zählen namentlich Rechtsanwälte und Steuerberater2 , Investor Relations-Agenturen, Übersetzungsbüros, Ratingagenturen und Kreditinstitute, nicht aber staatliche Stellen3, Lieferanten sowie Mutter- oder Tochtergesellschaften der REIT-AG4 . Sinn und Zweck der Erstellung und laufenden Aktualisierung von Insiderverzeichnissen bestehen darin, der BaFin die Überwachung von Insidergeschäften zu erleichtern, weil sich die BaFin auf diese Weise im Bedarfsfall schnell einen Überblick über die potentiellen Insider verschaffen kann5. Dementsprechend kann die BaFin jederzeit die Übermittlung der Insiderverzeichnisse verlangen (§ 15b Abs. 1 Satz 2 WpHG)6 .
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Welche Angaben in das Insiderverzeichnis aufzunehmen sind, ergibt sich aus § 14 WpAIV7. Was den Aufbau des Insiderverzeichnisses anbelangt, enthält das Gesetz keine näheren Vorgaben8 . Empfehlenswert ist regelmäßig die Führung eines funktionsbezogenen sowie bei Bedarf eines projektbezogenen Insiderverzeichnisses9. Die Verpflichtung zur Führung von Insiderverzeichnissen kann dabei nicht einfach durch die Aufnahme sämtlicher Personen, die für die REIT-AG bzw. für die in ihrem Auftrag oder ihre Rechnung handelnden Person tätig sind, erfüllt werden10. Zudem müssen die in das Insiderverzeichnis aufzunehmenden Personen umfassend über ihre Verpflichtungen im Zusammenhang mit Insiderinformationen und die Konsequenzen bei Verstößen aufgeklärt werden, um die erforderliche Sensibilität im Umgang mit Insiderinformationen zu schaffen (§ 15b Abs. 1 Satz 3 WpHG)11. Eine Verletzung der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen und ihrer Übermittlung an die BaFin stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Abs. 2 Nr. 8 bzw. 9 WpHG dar, die mit Geldbuße geahndet werden können.
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1 Zu den Einzelheiten Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929 (932 f.); Holzborn/Israel, WM 2004, 1948 (1952 f.); Kirschhöfer, Der Konzern 2005, 22 ff.; Uwe H. Schneider/von Buttlar, ZIP 2004, 1621 ff.; Ziemons, NZG 2004, 537 (540). 2 Kirschhöfer, Der Konzern 2005, 22 (26). 3 A.A. Kirschhöfer, Der Konzern 2005, 22 (26). 4 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, VII.2.3.1.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15b WpHG Rz. 18 ff.; Volckerns in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.4. 5 Begr. RegE zu § 15b Abs. 1 WpHG, BT-Drucks. 15/3174, S. 36. 6 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15b WpHG Rz. 61. 7 Näher BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, VII.4.2; Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15b WpHG Rz. 38 ff.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, § 15b WpHG Rz. 47 ff. 8 Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15b WpHG Rz. 34. 9 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, VII.4.1.1; Heinrich in KölnKomm. WpHG, § 15b WpHG Rz. 34. 10 Koch, DB 2005, 267 (270). 11 BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, VII.1.; Uwe H. Schneider/von Buttlar, ZIP 2004, 1621 (1623).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
6. Mitteilung von wesentlichen Beteiligungsveränderungen 344
Für die Aktionäre der REIT-AG besteht nach §§ 21 ff. WpHG ab dem Zeitpunkt der Zulassung der Aktien der REIT-AG zum Börsenhandel die Verpflichtung zur Mitteilung von wesentlichen Beteiligungsveränderungen1. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG sind Anleger, die durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % der Stimmrechte an der REIT-AG erreichen, überschreiten oder unterschreiten, verpflichtet, dies unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 4 Handelstagen der REIT-AG und der BaFin mitzuteilen 2 . Dieselbe Mitteilungspflicht besteht im Hinblick auf Finanzinstrumente, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, einseitig im Rahmen einer rechtlich bindenden Vereinbarung mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien der REIT-AG zu erwerben (§ 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG). § 11 Abs. 5 REITG erstreckt darüber hinaus die Mitteilungspflicht des § 21 Abs. 1 WpHG auf die zusätzlichen Schwellen von 80 % und 85 % sowie diejenige des § 25 Abs. 1 WpHG zusätzlich auf die Schwelle von 3 %3. Basis für die Berechnung des Stimmrechtsanteils ist die letzte Veröffentlichung nach § 26a WpHG (§ 17 Abs. 4 WpAIV). Die Mitteilung muss u. a. die Höhe des nunmehr gehaltenen Stimmrechtsanteils in Bezug auf die Gesamtmenge der Stimmrechte des Emittenten und in Bezug auf alle mit Stimmrechten versehenen Aktien ein und derselben Gattung enthalten (§ 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV). Bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils sind ferner die Vorschriften über die Zurechnung von Stimmrechten nach § 22 WpHG zu beachten, wonach dem Mitteilungspflichtigen zum Beispiel Stimmrechte, die seinem Tochterunternehmen (Abs. 1 Nr. 1) oder einem Dritten gehören, der die Aktien für Rechnung des Meldepflichtigen hält (Abs. 1 Nr. 2), zugerechnet werden.
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Qualifi ziert die REIT-AG als Inlandsemittent i. S. d. § 2 Abs. 7 WpHG, hat sie die Mitteilungen spätestens 3 Handelstage nach ihrem Zugang zu veröffentlichen und sodann unverzüglich dem Unternehmensregister zur Speicherung zu übermitteln (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Die erfolgte Veröffentlichung ist außerdem zeitgleich der BaFin mitzuteilen (§ 26 Abs. 2 WpHG). Erwirbt die REIT-AG eigene Aktien und erreicht, überschreitet oder unterschreitet ihr eigener Aktienbestand die Schwellen von 3 %, 5 % oder 10 %, muss sie dies ebenfalls innerhalb einer Frist von 4 Handelstagen veröffentlichen (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG).
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Die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sollen Transparenz über die Zusammensetzung des Aktionärskreises und über bedeutende Beteiligungsveränderungen schaffen, weil diese Informationen Einfluss auf die Investitionsentscheidungen der Anleger haben können4 . Speziell im Fall der REIT-AG sollen die Aktionäre durch die Aufnahme der zusätzlichen Meldeschwellen von 80 % und 85 % rechtzeitig über eine möglicherweise drohende Unterschreitung der Mindeststreubesitzquote durch einen Mehrheitsaktionär in Kenntnis setzen, um ihnen rechtzeitig vor einem drohenden Verlust der Steuerbefreiung gemäß § 18 Abs. 3 REITG einen Ausstieg zu ermöglichen5.
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Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967). Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.5. Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.5. Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33. Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.5.
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Zulassungsfolgepfl ichten
7. Sonstige Zulassungsfolgepflichten Zusätzlich zu den vorstehend beschriebenen Zulassungsfolgepfl ichten können die REIT-AG mit Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem regulierten Markt im Einzelfall eine ganze Reihe weiterer Pflichten treffen, die hier nicht näher erläutert, wohl aber kurz erwähnt werden sollen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Pflichten bzw. Restriktionen1: – Pflicht zur Börsenzulassung später ausgegebener Aktien derselben Gattung (§ 40 Abs. 1 und 2 BörsG i. V. m. § 69 BörsZulV); – Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber der Börsengeschäftsführung und zur Veröffentlichung bestimmter Auskünfte (§ 41 BörsG); – Pflicht zur Mitteilung von beabsichtigten Satzungsänderungen und Änderungen sonstiger Rechtsgrundlagen, sofern diese die Rechte der Wertpapierinhaber berühren (§ 30c WpHG); – Pflicht zur Gleichbehandlung aller Wertpapierinhaber unter gleichen Voraussetzungen (§ 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG); – Pflicht, den Inhabern der zugelassenen Wertpapiere im Inland alle Einrichtungen und Informationen öffentlich zur Verfügung zu stellen, die sie zur Ausübung ihrer Rechte benötigen (§ 30a Abs. 1 Nr. 2 WpHG); – Pflicht, die Daten der Wertpapierinhaber vor einer Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen (§ 30a Abs. 1 Nr. 3 WpHG); – Pflicht, für die Dauer der Zulassung der Wertpapiere eine Zahlstelle im Inland zu benennen (§ 30a Abs. 1 Nr. 4 WpHG); – Pflicht zur Übermittlung eines Vollmachtsformulars zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung in Textform (§ 30a Abs. 1 Nr. 5 WpHG); – Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung (1) der Einberufung der Hauptversammlung mit Tagesordnung, (2) der Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung und (3) der Rechte der Aktionäre bezüglich der Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 30b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG); – Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von (1) Mitteilungen zu Dividendenausschüttungen und -auszahlungen, (2) zur Ausgabe neuer Aktien und (3) zur Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, Bezugs-, Einziehungs- und Zeichnungsrechten (§ 30b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG); – Pflicht, (1) jede Änderung der mit den zugelassenen Wertpapieren verbundenen Rechte sowie bestimmter, sich hierauf beziehender Rechte, (2) die Aufnahme von Anleihen und (3) Informationen, die die REIT-AG gegebenenfalls in Drittstaaten veröffentlicht und die für die Öffentlichkeit in der EU oder dem EWR Bedeutung haben können, unverzüglich zu veröffentlichen, der BaFin mitzuteilen und dem Unternehmensregister i. S. d. § 8b HGB zur Speicherung zu übersenden (§ 30e Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–3 WpHG); – Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG)2;
1 Näher La Corte in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 303 ff.; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.6 – 3.4.4.8. 2 Harrer/Leppert, WM 2007, 1962 (1967).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
– Pflicht, einen etwaigen Konzernabschluss nach IAS/IFRS aufzustellen (§ 315a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 HGB i. V. m. Art 4 EG-Verordnung Nr. 1606/2002)1; – Pflicht zur Offenlegung der Abschlussunterlagen nach § 325 Abs. 1 und 2 HGB; – Pflicht der gesetzlichen Vertreter, bei Unterzeichnung des Jahresabschlusses schriftlich zu versichern, dass nach bestem Wissen dieser ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt oder der Anhang, sollte dies nicht der Fall sein, zusätzliche Angaben enthält (§§ 264 Abs. 3 Satz 3 HGB, 37v Abs. 2 Nr. 3 WpHG); – Pflicht der gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft, bei Unterzeichnung des Jahresabschlusses schriftlich zu versichern, dass nach bestem Wissen die Darstellung der Lage der Kapitalgesellschaft und des Geschäftsverlaufs einschließlich des Geschäftsergebnisses im Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergibt und die wesentlichen Chancen und Risiken der voraussichtlichen Entwicklung beschrieben sind (§§ 289 Abs. 1 Satz 5 HGB, 37v Abs. 2 Nr. 3 WpHG)2; – Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Jahresfinanzberichts (§ 37v WpHG)3; – Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten (§ 37w WpHG)4; – Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung (§ 37x WpHG)5; – Pflicht zur Veröffentlichung des jährlichen Dokuments (§ 10 WpPG); – Pflicht zur Abgabe einer Entsprechenserklärung (§ 161 AktG). 348
Außerdem hat die REIT-AG die privatrechtlichen Zulassungsfolgepflichten zu beachten, die sich aus der Zulassung der Aktien der REIT-AG zu Teilbereichen des regulierten Marktes mit weiteren Zulassungsfolgepflichten der jeweiligen Wertpapierbörse ergeben und die in der jeweiligen Börsenordnung der Wertpapierbörse geregelt sind.
8. Anwendbarkeit des WpÜG 349
Die REIT-AG hat ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung zwingend im Inland und ihre Aktien sind darüber hinaus zwingend zum Handel an einem organisierten Markt in einem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Bör-
1 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. Nr. L 243 v. 11.9.2002, S. 1. 2 Entsprechendes gilt für Konzernlageberichte, Konzernabschlüsse nach HGB und IAS/IFRS (§§ 297 Abs. 2 Satz 4, 315 Abs. 1 Satz 6, 315a Abs. 1 HGB) sowie für Abschlüsse und Zwischenlageberichte in Halbjahresfi nanzberichten (§ 37w Abs. 2 Nr. 3 WpHG). 3 Diese Pfl icht erübrigt sich, wenn der nach nationalem Recht des Sitzstaates aufgestellte und geprüfte Jahres- (und Konzern-)abschluss, der (Konzern-/)Lagebericht und der Bilanzeid als obligatorische Bestandteile des Jahresfinanzberichts bereits nach handelsrechtlichen Normen offen zu legen siind (§§ 37v Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2, 37y Nr. 1 WpHG), siehe La Corte in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 303 (314). 4 La Corte in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 303 (314 f.). 5 La Corte in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 303 (315 f.).
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Aktientransaktionen
senhandel zugelassen (§§ 9, 10 Abs. 1 REITG). Aus diesem Grund findet das WpÜG1 auf öffentliche Angebote zum Erwerb von Aktien der REIT-AG grundsätzlich Anwendung 2 . Lediglich wenn die Aktien der REIT-AG nicht im Inland, sondern nur in einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Börsenhandel zugelassen sind, ist das WpÜG auf Übernahme- und Pflichtangebote für Aktien der REIT-AG nur eingeschränkt anwendbar (§ 1 Abs. 2 WpÜG).
VI. Aktientransaktionen Die Umplatzierung der (bereits börsenzugelassenen) Aktien der REIT-AG folgt allgemeinen Regeln3. Insbesondere besteht infolge der Börsenzulassung der Aktien der REIT-AG für jeden Aktionär die Möglichkeit, sich jederzeit wieder über die Börse von seinen Aktien zu trennen oder durch Zukäufe seine Beteiligung aufzustocken. Handelt es sich jedoch um größere Aktienpakete, scheidet der Weg über die Börse häufig aus, da angesichts der Größe der zum Verkauf stehenden Beteiligung und des damit gegebenenfalls entstehenden Angebotsüberhangs der Aktienkurs der REIT-AG stark unter Druck geraten würde 4 .
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In Betracht kommen in solchen Fällen die Umplatzierung im Wege eines öffentlichen Angebots an eine Vielzahl von Privatanlegern und institutionellen Investoren unter Einschaltung einer die Transaktion strukturierenden Investmentbank bzw. eines Bankenkonsortiums (so genanntes secondary public offering)5 oder im Wege eines so genannten Block Trades, bei dem das zum Verkauf stehende Aktienpaket (typischerweise eine Beteiligung zwischen 2 % und 10 % an der Zielgesellschaft) ebenfalls unter Einschaltung einer Investmentbank ausschließlich bei diversen institutionellen Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung platziert wird6 . Hiervon zu unterscheiden ist der so genannte Paketverkauf, bei dem das gesamte Aktienpaket im Unterschied zur öffentlichen Umplatzierung und zum Block Trade nicht bei einer Vielzahl von Investoren, sondern bei einem oder einzelnen Erwerbern platziert wird7. Hierbei handelt es sich um eine außerbörsliche M&A-Transaktion, die gleichwohl aufgrund der Börsenzulassung der Aktien der Zielgesellschaft enge Bezüge zum Kapitalmarktrecht aufweist. So sind etwa die Insiderhandelsverbote des § 14
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1 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v. 20.12.2001, BGBl. I, S. 3822. 2 Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.4.9. 3 Allgemein zur Umplatzierung A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, §§ 6, 7; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 ff.; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6. 4 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 246 (347); Wastl, NZG 2000, 506 (510). Teilweise wird daher eine Pfl icht des verkaufenden Aktionärs zum kursschonenden, und damit i. d. R. außerbörslichen Verkauf einer größeren Beteiligung aus seiner mitgliedschaftlichen Treuepfl icht abgeleitet, siehe Ziemons/Jaeger, AG 1996, 358 (361); kritisch hierzu Wastl, NZG 2000, 505 (507). 5 Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 66; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 3. 6 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 2. 7 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (347); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 4.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
Abs. 1 WpHG1 und die Mitteilungspflichten der §§ 21 ff. WpHG von Veräußerer und Erwerber gleichermaßen zu beachten.
1. Öffentliche Umplatzierung a) Prospekterfordernis 352
Erfolgt die Umplatzierung der Aktien an der REIT-AG im Wege eines öffentlichen Angebots, ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WpPG regelmäßig kein Prospekt für das Angebot erforderlich, da die Aktien, die Gegenstand des Angebots sind, bereits Gegenstand des Prospekts für die Zwecke des öffentlichen Angebots und der Börsenzulassung der Aktien der REIT-AG waren und mithin die erforderliche Markteintrittspublizität gewährleistet ist2 . Anders verhält es sich lediglich, wenn es sich bei der REIT-AG um eine börsennotierte Altgesellschaft handelt, deren ursprünglicher Prospekt noch nicht unter Geltung des Prospektregimes des WpPG gebilligt wurde. Hier ist – trotz vorliegender Börsenzulassung und den damit verbundenen intensiven Transparenz- und Publizitätsvorschriften – die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 WpPG erforderlich 3. Die damit verbundene erhebliche zeitliche Verzögerung der Transaktion wird daher häufig für die Durchführung eines Block Trade sprechen, bei dem kein Wertpapierprospekt zu veröffentlichen ist, wenn die Aktien der REIT-AG ausschließlich bei qualifi zierten Anlegern i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpPG platziert werden oder sich das Angebot an weniger als 100 nicht qualifi zierte Anleger richtet (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpPG). b) Prospektinhalt
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Für Inhalt und Aufbau des Prospekts gelten die allgemeinen Vorschriften, insbesondere also § 7 WpPG in Verbindung mit Anhang I und III ProspVO zu den Mindestangaben, die im Prospekt enthalten sein müssen. Im Hinblick auf diese Mindestangaben und die mit der Prospektveröffentlichung einhergehende Prospekthaftung (§ 13 VerkProspG in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG analog)4 ist die Unterstützung der Gesellschaft bei der Prospekterstellung nicht nur wünschenswert, sondern häufig mit Rücksicht auf die fehlende detaillierte Kenntnis des abgebenden Aktionärs von den Verhältnissen der REIT-AG unabdingbar5. Auch wenn die Umplatzierung primär im Interesse des abgebenden Aktionärs erfolgt, stehen die Vermögens- und Vertraulichkeitsinteressen der REIT-AG einer aktiven Teilnahme an der Prospekterstellung und der Weitergabe von Informationen im Rahmen einer Due Diligence-Prüfung dann nicht entgegen, wenn die Zielgesellschaft ein eigenes Interesse an der Umplatzierung hat und die Informationsweitergabe auf diejenigen Personen beschränkt wird, die die Information für die Durchführung der Transaktion unbedingt benötigen und diese Personen zusätzlich einer gesetzlichen oder ver-
1 Dazu Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (353 ff.); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 36 ff. 2 Siehe Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rz. 2; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 Prospektrichtlinie. 3 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rz. 2; A. Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 30 Rz. 4. 4 Dazu Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rz. 3 f. 5 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 19.
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Aktientransaktionen
traglichen Vertraulichkeitsverpflichtung unterliegen1. Mögliche eigene Interessen der REIT-AG an einer Umplatzierung können die Steigerung der Streubesitzquote, die größere Unabhängigkeit von einem Großaktionär, die Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades und die Verbesserung ihrer Investor Relations sein 2 . Liegt die Umplatzierung hiernach jedenfalls auch im Interesse der REIT-AG, erfolgt auch die Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen der Prospekterstellung bzw. Due Diligence-Prüfung nicht „unbefugt“ i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG3. Anderenfalls würde dem abgebenden Aktionär die Erstellung eines gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtdokuments unmöglich gemacht bzw. wäre er gezwungen, zur Vermeidung einer Prospektpflicht, die er nicht erfüllen kann, auf den Block Trade auszuweichen, der gegebenenfalls nicht im Interesse der REIT-AG liegt. c) Prospektbilligung Der Prospekt muss gemäß § 13 Abs. 1 WpPG von der BaFin gebilligt und anschließend nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpPG spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots veröffentlicht werden. Da die Aktien der REIT-AG bereits börsennotiert sind, verkürzt sich die Billigungsfrist der BaFin gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 WpPG von 20 auf 10 Werktage (Samstage eingeschlossen).
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d) Informationsmemorandum Besteht kein gesetzlicher Prospektzwang, weil die Aktien der REIT-AG auf der Grundlage eines Wertpapierprospekts i. S. d. § 1 Abs. 1 WpPG öffentlich angeboten und zum Börsenhandel zugelassen wurden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WpPG), kann sich gleichwohl zu Vermarktungszwecken die Erstellung eines prospektähnlichen Informationsmemorandums empfehlen, sollen die Aktien der REIT-AG im Wege eines öffentlichen Angebots bei privaten und institutionellen Anlegern platziert werden4 . Ein solches Dokument, das an eine Vielzahl von Personen gerichtet ist und den Eindruck erweckt, für die Beurteilung der Kapitalanlage wesentliche Angaben zu enthalten, unterliegt der richterrechtlich entwickelten allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung und ist daher ebenfalls haftungsbewehrt5.
1 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 21; ähnlich Hüffer, § 93 AktG Rz. 8; Hopt in Großkomm. AktG, § 93 Rz. 213. 2 Mertens, AG 1997, 541; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 20; Schnorbus, AG 2004, 113 (124); Stoffels, ZHR 165 (2001), 352; Wolf in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 22. 3 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 22; Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 66 (71); a. A. (nur bei Erwerb einer unternehmerischen Beteiligung) BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 15. Juli 2005, III.2.2.2.1; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, § 14 WpHG Rz. 167 f.; Brandi/Süßmann, AG 2004, 642 (647 f.); Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1088 ff.); Ziemons, AG 1999, 492 (498 f.). Zur Ad-hoc-Publizität infolge der Weitergabe von Insiderinformationen nach § 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG von Falkenhausen/Widder, BB 2005, 225 ff.; Leuering, NZG 2005, 12 ff.; Widder/Gallert, NZG 2006, 451 ff. 4 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 246; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 3. 5 BGHZ 111, 314 (317 ff.); BGHZ 123, 106; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 51.
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2. Block Trades 356
Der Block Trade zeichnet sich gegenüber der öffentlichen Umplatzierung insbesondere durch die regelmäßig niedrigeren Transaktionskosten und die beschleunigte Abwicklung aus, da weder die Erstellung eines Prospekts oder Informationsmemorandums noch eine unter Umständen mehrere Tage dauernde Angebotsphase erforderlich sind1. Die Aktien werden den Investoren bei diesem Verfahren in der Regel im Wege des beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens (so genanntes accelerated bookbuilding), das häufig innerhalb eines Tages oder sogar weniger Stunden abgeschlossen ist, auf der Grundlage eines Übernahmevertrags zwischen abgebendem Aktionär und begleitender Bank angeboten 2 . Zudem sind die Haftungsrisiken der Konsortialbanken und des abgebenden Aktionärs wesentlich geringer als bei einer öffentlichen Umplatzierung. Block Trades werden daher zunehmend als attraktiver Weg angesehen, größere Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften ohne erheblichen Vorbereitungsaufwand und nachteilige Beeinflussung des Börsenkurses veräußern zu können 3. Allerdings wird der abgebende Aktionär zur Beschleunigung der Transaktion häufig einen Abschlag auf den aktuellen Marktpreis hinnehmen müssen4 .
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Block Trade-Transaktionen können sehr unterschiedlich strukturiert werden. Abhängig von der gewählten Struktur variieren dann auch die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen abgebendem Aktionär und Bank sowie der zeitliche Ablauf der Transaktion5. a) Best Efforts Underwriting
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Beim Best Efforts Underwriting verpflichten sich die Konsortialbanken, die umzuplatzierenden Aktien als Verkaufskommissionäre an interessierte Investoren zu vermitteln6 . Die Konsortialbanken trifft daher kein eigenes Markt- und Platzierungsrisiko. Der Übernahmevertrag zwischen abgebendem Aktionär und Konsortialbanken sieht lediglich vor, dass bis zu einem festgelegten Zeitpunkt eine bestimmte maximale Anzahl von Aktien der Zielgesellschaft zu einem im Wege des beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens noch festzusetzenden Preis an Investoren veräußert werden soll. Die endgültige Anzahl der umzuplatzierenden Aktien und deren Preis wird nach Beendigung des Bookbuilding-Verfahrens abhängig vom Platzierungserfolg der Konsortialbanken in einem gesonderten Preisfestsetzungsvertrag (Pricing Agreement) festgesetzt, auf dessen Abschluss weder der abgebende Aktionär noch die Kon-
1 Vgl. Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 6. 2 Zum Inhalt des Übernahmevertrags im Einzelnen Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (349); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 21 ff. 3 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (347). 4 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346. 5 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (347 f.); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz 12 ff. 6 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rz. 24, 36; A. Meyer in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 180; Schäcker/Brehm in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 2 Rz. 32; Singhof, Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1998, S. 455 ff.; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 13.
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sortialbanken einen Anspruch haben1. Das Risiko eines Fehlschlagens der Transaktion liegt bei dieser Struktur naturgemäß ausschließlich beim abgebenden Aktionär, der dafür im Gegenzug die vollen Früchte eines erfolgreichen Bookbuildings erntet, da er keinen Abschlag für das Platzierungsrisiko der Konsortialbanken in Kauf nehmen muss2 . b) Back Stop-Transaktionen Will der abgebende Aktionär nicht das volle Markt- und Platzierungsrisiko tragen, kann im Übernahmevertrag mit den Konsortialbanken vorgesehen werden, dass diese zumindest einen Teil der umzuplatzierenden Aktien zu einem (streng vertraulich gehaltenen) Mindestpreis (back stop price), der stets unter dem aktuellen Börsenkurs für die Aktien der Zielgesellschaft vor Ankündigung der Umplatzierung liegt, erwerben, wenn sich am Markt kein Käufer für die Aktien der Gesellschaft fi ndet 3. Gelingt es den Konsortialbanken, die Aktien zu einem über dem Mindestpreis liegenden Betrag an Investoren zu veräußern, wird die Differenz nach dem Übernahmevertrag zwischen dem abgebenden Aktionär und den Konsortialbanken aufgeteilt. Gelingt ihnen dies nicht, müssen sie die Aktien zu dem im Übernahmevertrag vereinbarten Mindestpreis erwerben, können die Aktien aber später selbstverständlich weiterveräußern und einen dabei gegebenenfalls erzielten Veräußerungsgewinn (aber auch einen entsprechenden Verlust) regelmäßig für sich allein beanspruchen. Als Ausgleich für das im Vergleich zum Best Efforts Underwriting erhöhte Markt- und Platzierungsrisiko erhalten die Konsortialbanken eine höhere Provision4 .
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c) Bought Deal-Transaktionen Das volle Markt- und Platzierungsrisiko trifft die Konsortialbanken bei einer so genannten Bought Deal-Transaktion. Hier gehen die Konsortialbanken selbst „ins Buch“, erwerben also die umzuplatzierenden Aktien von dem abgebenden Aktionär zu einem festen Preis und versuchen in der Folge, diese an interessierte Investoren weiterzuverkaufen5. Es werden also (mindestens) zwei Kaufverträge hintereinander geschaltet 6 Das Platzierungsrisiko geht unmittelbar auf die Konsortialbanken über, die dafür im Gegenzug voll an einem Mehrerlös partizipieren, den sie gegebenenfalls bei einer anschließenden Weiterveräußerung der
1 Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 13. 2 Die Konsortialbanken erhalten für ihre Dienstleistung als Gebühr einen Prozentsatz des Transaktionsvolumens; eine Incentivierung durch Staffelung der Kommission ist möglich und üblich, siehe A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 181; Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 13. 3 Schäcker/Brehm in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 2 Rz. 30 f.; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348); Wolf in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 14. 4 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 182 f.; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 14. 5 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 178; Schäcker/Brehm in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 2 Rz. 29; Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 15. 6 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348).
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umzuplatzierenden Aktien im Wege des Bookbuilding-Verfahrens erzielen1. In den anschließenden Prozess der Weiterveräußerung der Aktien ist der abgebende Aktionär, anders als bei den vorgenannten Transaktionsformen, nicht mehr eingebunden 2 .
3. Rechtsgeschäftliche Übertragung von Aktien 361
Da die Aktien der REIT-AG zwingend dauerhaft globalverbrieft sind3, ist der Verwahrer nach § 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG verpflichtet, die Globalurkunde einer Wertpapiersammelbank, also der Clearstream Banking AG, zu übergeben4 . Mit Eingang der Globalurkunde beim Sammelverwahrer erwerben die jeweiligen Aktionäre gemäß §§ 9a Abs. 2, 6 Abs. 1 Satz 1 DepotG entsprechend ihrer Beteiligung an der REIT-AG Bruchteilseigentum an der Globalurkunde und bilden damit eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff, 1008 ff. BGB5. Die Übertragung der girosammelverwahrten Aktien, d. h. des Bruchteilseigentums an den verwahrten Papieren, erfolgt sodann nach (wohl noch) herrschender Auffassung innerhalb des Effektengiroverkehrs gemäß § 929 Satz 1 BGB durch Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses durch die Wertpapiersammelbank und außerhalb des Effektengiroverkehrs im Wege der Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen die Wertpapiersammelbank und Anzeige dieser Abtretung (über die Depotbank) an die Wertpapiersammelbank 6 .
VII. Kapitalmaßnahmen 362
Aufgrund der restriktiven Vorgaben des REITG zur Fremdfinanzierung der Gesellschaft (§ 15 REITG)7 kommt Kapitalerhöhungen bei der REIT-AG eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Finanzierung des weiteren Wachstums der Gesellschaft zu. Auch hier gilt, dass auf Kapitalmaßnahmen der REIT-AG die für alle Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften Anwendung finden8 . Dabei lassen sich im Grundsatz Bezugsrechtsemissionen und bezugsrechtsfreie Emissionen unterschei-
1 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348); Wolf in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 6 Rz. 14. 2 Schlitt/S. Schäfer, AG 2004, 346 (348). 3 Der Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils ist nach § 5 Abs. 2 REITG ausgeschlossen. 4 Habersack/Mayer, WM 2000, 1678. 5 Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1679). 6 Decker in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rz. 8/100a; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (210); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 11.347 ff. und 11.358 f.; a. A. (Übertragung gem. §§ 413, 398 BGB ohne Möglichkeit des Gutglaubenserwerbs) Habersack/ Mayer, WM 2000, 1678 (1682) aufgrund des Ausschlusses des Herausgabeanspruchs gemäß § 9a Abs. 3 Satz 2 DepotG; vgl. ferner Canaris in Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rz. 2124 ff.; Einsele, WM 2001, 7 ff. 7 Dazu Seibt, Rz. 213 ff.; Götze/Hütte, NZG 2007, 332 (334); Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.3.4; Helios in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 15 REITG Rz. 1 ff.; Ziemons, BB 2007, 449 (453 f.). 8 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, §§ 38–42; Gotthardt in Beck’sches Hdb. AG, § 9; Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 ff.; Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5; Marsch-Barner, AG 1994, 532 ff.; Schlitt/S. Schäfer, AG 2005, 67 ff.; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 ff.; Trapp, AG 1997, 115 ff.
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den. Letztere eignen sich in besonderem Maße, um den drohenden Verlust der Steuerbefreiung bei dauerhaftem Unterschreiten der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 REITG erforderlichen Mindeststreubesitzquote von 15 % oder ein dauerhaftes Überschreiten der nach § 11 Abs. 4 REITG zulässigen Höchstbeteiligungsquote von 10 % abzuwenden oder zu beseitigen1.
1. Bezugsrechtsemissionen a) Bezugsrecht und Bezugsanspruch Wird das Grundkapital der REIT-AG zur Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals gegen Bareinlagen durch Ausgabe neuer Aktien erhöht, steht den Aktionären zum Schutz ihrer Beteiligungs- und Stimmrechtsquoten sowie des wirtschaftlichen Werts ihrer Beteiligung grundsätzlich ein ihrer bisherigen Beteiligungsquote entsprechendes anteiliges Bezugsrecht auf die neuen Aktien zu (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG)2 . Es handelt sich um ein satzungsfestes3 Stamm- oder Grundrecht4, das als untrennbarer Bestandteil der Mitgliedschaft nur gemeinsam mit dieser, nicht aber von der Aktie losgelöst übertragen, verpfändet, gepfändet oder vererbt werden kann5. Hiervon zu unterscheiden ist der konkrete schuldrechtliche Bezugsanspruch, der mit Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses6 bzw. beim genehmigten Kapital mit dem Beschluss der Verwaltung über die Ausübung des genehmigten Kapitals7 entsteht und als unabhängiges Gläubigerrecht selbständig übertragen (§§ 413, 398 BGB), vererbt, gepfändet und verpfändet werden kann8 . Dieser konkrete Bezugsanspruch, der sich vorbehaltlich der Durchführung der Kapitalerhöhung 9 auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages mit der Gesellschaft zu den im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzten Bedingungen richtet10, kann durch einseitige, empfangsbedürf-
1 Begr.RegE, BT-Drucks. 16/4026, S. 16; Seibt, Rz. 130; Volckens in Schäfer, REITs, Rz. 3.4.2.4 und 3.4.3.3.2. 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 39; Herfs in Habersack/ Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 24 f.; Hüffer, § 186 AktG Rz. 1 f.; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 1. 3 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 62; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 4; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 18; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 60. 4 Hüffer, § 186 AktG Rz. 6; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 10; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 18; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 60. 5 Hüffer, § 186 AktG Rz. 6; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 10; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 19; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 60. 6 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 44; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 35; Hüffer, § 186 AktG Rz. 6; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 20; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 15; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 61; a. A. Hueck in Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl. 1968, § 186 AktG Anm. 3: Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 184 AktG). 7 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 44. 8 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 37; Hüffer, § 186 AktG Rz. 7; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 10 f.; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 21 und 23; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 61 9 Hüffer, § 186 AktG Rz. 6; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 20; ebenso für das mittelbare Bezugsrecht Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 112. 10 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 24; Hüffer, § 186 AktG Rz. 4; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 61.
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tige, grundsätzlich formlose Bezugserklärung ausgeübt werden1. Dies bedeutet zugleich, dass der bezugsberechtigte Aktionär seinen konkreten Bezugsanspruch geltend machen muss, wenn er an der Kapitalerhöhung teilnehmen möchte, d. h. der Aktionär wird – anders als bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 212 Satz 1 AktG)2 – nicht automatisch an der Verteilung der neuen Aktien beteiligt 3. Der Aktionär kann aber auch von einer Ausübung seines Bezugsrechts absehen und stattdessen sein Bezugsrecht veräußern, um damit seinen Wert zu realisieren4 . Schließlich besteht auch kein Anspruch der Gesellschaft gegen den Aktionär auf Teilnahme an der Kapitalerhöhung5. b) Formen von Bezugsrechtsemissionen aa) Ordentliche Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital 364
Die den Aktionären zum Bezug anzubietenden neuen Aktien können entweder aus einer von der Hauptversammlung beschlossenen ordentlichen Kapitalerhöhung gemäß §§ 182 ff. AktG stammen oder aus einer vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossenen Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital gemäß §§ 202 ff. AktG, sofern die Hauptversammlung dem Vorstand der REITAG eine entsprechende – maximal auf die Dauer von 5 Jahren befristete (§ 202 Abs. 1 AktG)6 – Ermächtigung erteilt hat7. Die Entscheidung hierüber hängt maßgeblich vom beabsichtigten Umfang der Kapitalerhöhung ab, da das genehmigte Kapital gemäß § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG auf 50 % des zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ermächtigung8 vorhandenen Grundkapitals der REIT-AG beschränkt ist9. Bewegt sich die beabsichtigte Kapitalerhöhung innerhalb dieses Rahmens, empfiehlt es sich, die Kapitalerhöhung für die Bezugsrechtsemission auf der Grundlage des genehmigten Kapitals von Vorstand und Aufsichtsrat beschließen zu lassen, da die Durchführung einer kosten- und zeitintensiven sowie mit Anfechtungsrisiken behafteten Hauptversammlung entfällt und größere zeitliche Flexibilität im Hinblick auf die Wahl des Emissionszeitpunkts in Abhängigkeit von der Marktsituation besteht10.
1 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 54; Hüffer, § 186 AktG Rz. 14; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2177). 2 Dazu Hirte in Großkomm. AktG, § 212 AktG Rz. 8 ; Hüffer, § 212 AktG Rz. 2. 3 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 24. 4 Näher zum Bezugsrechtshandel Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 64 ff.; Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 93 f.; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 25. 5 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 24. 6 Näher Bayer in MünchKomm. AktG, § 202 AktG Rz. 58 ff.; Hirte in Großkomm. AktG, § 202 AktG Rz. 142 ff. 7 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 7. 8 Das ist, wenn die Ermächtigung im Wege der Satzungsänderung (§§ 179 bis 181 AktG) geschaffen wird, der Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister, siehe Bayer in MünchKomm. AktG, § 202 AktG Rz. 66. 9 Hirte in Großkomm. AktG, § 202 AktG Rz. 148 ff.; Hüffer, § 202 AktG Rz. 13 f.; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (658 f.). 10 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 8.
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bb) Direkte Platzierung oder mittelbare Platzierung Grundsätzlich richtet sich der Bezugsanspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags unmittelbar gegen die ihr Grundkapital erhöhende Gesellschaft1. Im Falle der börsennotierten REIT-AG würde dies bedeuten, dass die Gesellschaft mit jedem einzelnen bezugsberechtigten und -willigen Aktionär einen entsprechenden Zeichnungsvertrag abschließen und die entsprechenden Zeichnungsscheine (§ 185 Abs. 1 Satz 1 AktG) und Einzahlungsbestätigungen (§§ 188 Abs. 2 Satz 1, 37 Abs. 1 Satz 3 AktG) sammeln müsste. Dies ist nicht praktikabel. Regelmäßig werden daher Bezugsrechtsemissionen unter Einschaltung von Emissionsbanken abgewickelt, die die Aktien aus der Kapitalerhöhung mit der Verpflichtung übernehmen und zeichnen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten (§ 186 Abs. 5 Satz 1 AktG)2 . Bei dieser Abwicklungsform erwerben die Aktionäre zwar keinen Bezugsanspruch unmittelbar gegen die Gesellschaft, wohl aber einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Emissionsbank auf Abschluss eines Aktienkaufvertrags, dessen Inhalt durch die Vorgaben des Kapitalerhöhungsbeschlusses bestimmt wird und der jedem Aktionär den Erwerb neuer Aktien entsprechend seinem gesetzlichen Bezugsrecht (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG) ermöglicht 3. Der Anspruch auf Abgabe des Vertragsangebots durch das Emissionsunternehmen muss sich aus dem zwischen der REIT-AG und dem Emissionsunternehmen geschlossenen Übernahmevertrag ergeben, der insoweit als echter Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) ausgestaltet sein muss4 . Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist das mittelbare Bezugsrecht dem unmittelbaren gesetzlichen Bezugsrecht gleichwertig und gilt kraft der Fiktion des § 186 Abs. 5 Satz 1 AktG nicht als Ausschluss des Bezugsrechts5, obwohl die neuen Aktien von dem Emissionsunternehmen und nicht von den Aktionären der REIT-AG gezeichnet werden6 . Die Gewährung eines mittelbaren Bezugsrechts ist dabei bereits im Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung bzw. bei Ausnutzung eines genehmigtem Kapitals im Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat festzusetzen7.
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cc) Festpreisemission oder Bookbuilding In der Praxis werden die meisten Bezugsrechtsemissionen unverändert als Festpreisemission durchgeführt8, regelmäßig mit einem nicht unerheblichen Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs der Aktien der Gesellschaft, um möglichst viele Altaktionäre zur Zeichnung der neuen Aktien zu bewegen. Der Festpreis wird vom Emittenten regelmäßig gemeinsam mit dem begleitenden Emissionsunternehmen auf der Grundlage von aktuellen Marktanalysen festgesetzt. Alternativ kommt als Preisfestsetzungsverfahren insbesondere die Durchführung eines sog. Bookbuilding-Verfah-
1 Oben Rz. 363. 2 Hüffer, § 186 AktG Rz. 44. 3 Herfs in Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 9, 82. 4 BGHZ 114, 203 (208); 118, 83 (96); 122, 180 (186); OLG Düsseldorf, ZIP 2000, 2025 (2027); Hüffer, § 186 AktG Rz. 47. 5 Näher unten Rz. 393 ff. 6 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 55; Hüffer, § 186 AktG Rz. 47; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 105. 7 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2178). 8 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 15.
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rens in Betracht1. Beim Bookbuilding werden die neuen Aktien den Aktionären sowie nicht bezogene Aktien interessierten Investoren nicht zu einem festen Preis, sondern unter Angabe einer Preisspanne zum Kauf angeboten, die auf der Grundlage der vorherigen Bewertung, den Preisindikationen von zuvor unverbindlich im Rahmen des sog Pre-Marketing angesprochenen Investoren 2 sowie der Börsenkurse der letzten Zeit bestimmt 3. Aktionäre und interessierte Investoren geben dann an, zu welchem Preis innerhalb der Preisspanne sie bereit sind, eine bestimmte Anzahl von Aktien des Emittenten zu erwerben (limits). Diese werden in dem von dem Emissionsunternehmen elektronisch geführten Orderbuch erfasst. Nach Ablauf der Angebotsfrist wird das Orderbuch vom Emissionsunternehmen ausgewertete und der Emissionspreis gemeinsam mit der Gesellschaft festgesetzt 4 . Dabei muss die Zuteilung an interessierte Nichtaktionäre bis zur Abwicklung des Bezugsangebots unter dem Vorbehalt von Rücktrittsrechten des Emissionsunternehmens stehen, da dieses vorrangig den beziehenden Altaktionären Aktien liefern muss5. Trotz der Tatsache, dass die Altaktionäre mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung einen Anspruch auf Erwerb der neuen Aktien erlangen6, kann bei diesem Verfahren ein aus Sicht der REIT-AG sinnvoller Preiswettbewerb entstehen, der zur Preisermittlung genutzt werden kann, weil der Bezugspreis erst gegen Ende der Bezugsfrist festgesetzt wird7 und es daher möglich ist, dass Aktionären, die eine zu niedriges Preisgrenze angegeben haben, leer ausgehen8 . c) Bezugsberechtigte und Bezugsverhältnis 367
Bezugsberechtigt ist nach § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG, wer zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kapitalerhöhungsbeschlusses bzw. bei Ausnutzung eines bestehenden genehmigten Kapitals Aktionär der REIT-AG ist9. Beim mittelbaren Bezugsrecht entsteht das Bezugsrecht weder mit dem Hauptversammlungsbeschluss noch mit dem Ausnutzungsbeschluss der Verwaltung, sondern erst beim Abschluss der Vereinbarung, die das Emissionsunternehmen zur Übernahme und zum Bezugsangebot der neuen Aktien verpflichtet10. Technisch werden die Bezugsrechte bei girosammelverwahrten Aktien den Depotbanken über die Clearstream Banking AG nach dem Stand am Abend vor Beginn des Bezugsrechtshandels zugebucht. Ab dem
1 Näher Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 14; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 30 ff.; Schäcker/Brehm in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 2 Rz. 39; Singhof/Weber in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 3 Rz. 75; Seibert, NZG 2002, 608 (612); Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254 (261); Singhof/Weber in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 3 Rz. 75. 2 Bei bereits börsennotierten Gesellschaften eher selten. 3 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 30. 4 Vgl. A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 30. 5 Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (52). 6 Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 186 Rz. 51. 7 Nach zutreffender Ansicht reicht die Veröffentlichung des endgültigen Bezugspreises nach § 186 Abs. 2 Satz 2 AktG drei Kalendertage vor Ablauf der Bezugsfrist aus, siehe Schlitt/ Seiler, WM 2003, 2175 (2181). 8 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 14. 9 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 44. 10 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 44; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 109, 11.
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Kapitalmaßnahmen
ersten Tag der Bezugsfrist werden dann die Altaktien der Gesellschaft „ex Bezugsrecht“ gehandelt1. Das Bezugsverhältnis ergibt sich aus dem Verhältnis des bestehenden Grundkapitals bzw. der Zahl der existierenden Aktien zum Kapitalerhöhungsbetrag bzw. der Zahl der neu auszugebenden Aktien 2 . Ist das Grundkapital nicht durch den Faktor teilbar, um den es erhöht werden soll, ergeben sich freie Spitzen, hinsichtlich derer zur Erleichterung der Durchführung der Kapitalerhöhung das Bezugsrecht ausgeschlossen werden kann 3.
368
d) Ablauf einer Bezugsrechtsemission (Überblick) In zeitlicher Hinsicht stellt sich der Ablauf einer Bezugsrechtsemission vereinfacht wie folgt dar4:
369
– Kapitalerhöhungsbeschluss durch Hauptversammlung oder durch Vorstand und Aufsichtsrat aufgrund genehmigten Kapitals; – Unterzeichnung des Übernahmevertrags mit den Emissionsbanken; – Gegegebenenfalls Billigung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts; – Veröffentlichung des Bezugsangebots; – Bezugsrechtshandel; – Ende der Bezugsfrist und Zahlung des Bezugspreises durch Altaktionäre; – Zeichnung der neuen Aktien durch Emissionsunternehmen und Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags; – Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung; – Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel; – Lieferung der Aktien im Girosammelverkehr und Einbeziehung in die Notierung. e) Kapitalerhöhungsbeschluss aa) Beschlussmehrheit Der Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung bedarf, da es sich um eine Satzungsänderung i. S. d. § 179 Abs. 1 Satz 1 AktG handelt, zusätzlich zur einfachen Stimmenmehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG) grundsätzlich einer qualifizierten Kapitalmehrheit von 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 179 Abs. 2 Satz 1 AktG), es sei denn, die Satzung lässt eine einfache Kapitalmehrheit genügen (§ 182 Abs. 1 Satz 2 AktG)5. Soll das Bezugsrecht der Aktionäre zur Darstellung eines glatten Bezugsverhältnisses im Hinblick auf Spitzenbeträge ausgeschlos-
1 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 42. 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 42. Zur Festlegung des Bezugsverhältnisses bei Kapitalerhöhung Schlitt/Seiler, WM 2003, 3175 (3177). 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 79; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 52. 4 Siehe Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 17. 5 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 63.
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sen werden1, so bedarf der Beschluss zwingend einer qualifi zierten Kapitalmehrheit von 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 186 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG)2 . Wird das Grundkapital unter Ausnutzung einer Ermächtigung nach § 202 Abs. 1 AktG (genehmigtes Kapital) durch Beschluss des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats erhöht, handelt es sich um Geschäftsführungsmaßnahmen, für die die allgemeinen Regeln der Satzung oder der Geschäftsordnungen von Vorstand und Aufsichtsrat gelten3. bb) Beschlussinhalt 371
Bei einer von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalerhöhung muss der wesentliche Inhalt der Kapitalerhöhung bereits im Hauptversammlungsbeschluss festgelegt werden, wohingegen der fakultative Inhalt wie Ausgabebetrag, Beginn der Gewinnberechtigung und die Festlegung der Durchführungs- bzw. Bezugsfristen dem Vorstand, gegebenenfalls mit Zustimmung des Aufsichtsrats, überlassen werden können4 . Bei einem Beschluss der Hauptversammlung über die Ermächtigung des Vorstands zur Erhöhung des Grundkapitals aus genehmigtem Kapital genügen als Mindestangaben die Festsetzung der maximal fünfjährigen Ermächtigungsfrist nach § 202 Abs. 1 AktG durch Angabe eines konkreten Datums sowie die Bezifferung des Nennbetrags, bis zu dem der Vorstand das Grundkapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats erhöhen darf5. Der weitere Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe können wiederum vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats unter Berücksichtigung etwaiger Vorgaben des Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung festgesetzt werden (§ 204 Abs. 1 Satz 2 AktG)6 . (1) Erhöhungsbetrag
372
Zwingender Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses ist zunächst der Erhöhungsbetrag, der sowohl konkret bestimmt, aber auch als Höchstbetrag oder einer Kombination aus Mindest- und Höchstbetrag ausgestaltet sein kann7. Die Festsetzung eines bestimmten Erhöhungsbetrags hat den Nachteil, dass dieser Betrag bei der Übernahme der Aktien erreicht werden muss, anderenfalls die Kapitalerhöhung undurchführbar und damit gescheitert ist8, so dass sich regelmäßig die Angabe zumindest eines Höchstbetrags empfiehlt (so genannte „Bis zu“-Kapitalerhöhung). Werden in diesem Fall nicht alle Aktien gezeichnet, wird die Kapitalerhöhung dann nur insoweit durchgeführt, wie Zeichnungen vorliegen9.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Oben Rz. 368. Hüffer, § 186 AktG Rz. 21; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 60 f. und 62 f. Bayer in MünchKomm. AktG, § 202 AktG Rz. 86 und 88. Hüffer, § 182 AktG Rz. 11; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 22; Lutter in KölnKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 16; Peifer in MünchKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 35. Hüffer, § 202 AktG Rz. 11 f. Hüffer, § 202 AktG Rz. 16. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 11; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 45 ff.; Hüffer, § 182 AktG Rz. 12; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 AktG Rz. 55. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 11; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 46; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 AktG Rz. 56. Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, 2005, § 4 Rz. 47.
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Kapitalmaßnahmen
Eine „Bis zu“-Kapitalerhöhung ist entgegen teilweise vertretener Auffassung1 auch in Kombination mit einer Platzierung der Aktien im Wege des mittelbaren Bezugsrechts nach § 186 Abs. 5 Satz 1 AktG möglich und zulässig 2 . Da sich der Bezugsanspruch der Altaktionäre unabhängig von der Existenz der jungen Aktien aus dem zwischen der REIT-AG und dem Emissionsunternehmen geschlossenen Übernahmevertrag in Verbindung mit dem veröffentlichten Bezugsangebot ergibt und sowohl beim gesetzlichen wie auch beim mittelbaren Bezugsrecht das Bezugsrecht unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung steht, ist die Durchführung des mittelbaren Bezugsrechts auch ohne Zeichnung der jungen, Aktien, Einzahlung des geringsten Ausgabebetrags, Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung vor Veröffentlichung des Bezugsangebots ohne Benachteiligung der Aktionäre möglich3. Alternativ bietet sich die Durchführung der „Bis zu“-Kapitalerhöhung im Wege des unmittelbaren Bezugsrechts unter Einschaltung eines Emissionsunternehmens an, dass bei der Abwicklung des Bezugsangebots nicht als Abwicklungsstelle der Gesellschaft, sondern der einzelnen Aktionäre auftritt 4 .
373
Enthält der Kapitalerhöhungsbeschluss keinen festen Erhöhungsbetrag, muss festgelegt werden, innerhalb welchen Zeitraums die Kapitalerhöhung durchzuführen ist, um eine Vermischung mit dem Institut des genehmigten Kapitals zu vermeiden5. Die Durchführungsfrist sollte 6 bis max. 8 Monate nicht überschreiten6 .
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(2) Form, Art und Gattung der auszugebenden Aktien Sieht die Satzung der REIT-AG Nennbetragsaktien vor (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG), so sind auch die neu auszugebenden Aktien aus einer Kapitalerhöhung aufgrund der Alternativität von Nennbetrags- oder Stückaktien (§ 8 Abs. 1 AktG) zwingend als Nennbetragsaktien bzw. umgekehrt als Stückaktien auszugeben. Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss insoweit keine ausdrückliche Festsetzung enthalten7. Erforderlich ist indes bei Nennbetragsaktien die Angabe des Nennbetrags der neuen Aktien (arg. § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG), sofern die Satzung nicht auch bereits den Nennbetrag von künftig auszugebenden jungen Aktien mitregelt8; zwingend erforderlich ist die Angabe ferner, wenn die Satzung Aktien mit verschiedenen Nennbe1 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 10, 60 mit dem Argument, das mittelbare Bezugsrecht sehe seiner Systematik nach vor, das eine feste Anzahl von Aktien von dem Kreditinstitut übernommen werde, die dann den Aktionären zum Bezug angeboten würden; vgl. auch Heinsius in FS Fleck, 1998, S. 89 (93). 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 59; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2184). 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 59; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2184). 4 Siehe die Bezugsangebote der Escada AG, Evotec AG und Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer Aktiengesellschaft, jeweils veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger (www. ebanz.de). 5 OLG Hamburg, AG 2000, 326 (328) – „Triton Belco“; Hüffer, § 182 AktG Rz. 12; Krieger in MünchHdb.AG, § 56 Rz. 23; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 AktG Rz. 55 f. 6 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 11; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 49; Lutter in FS Schilling, 1973, S. 207 (214); Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 23; Schüppen, AG 2001, 125. 7 Hüffer, § 182 AktG Rz. 13. 8 Hüffer, § 182 AktG Rz. 13; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 24; Lutter in KölnKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 18; Peifer in MünchKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 39.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
trägen vorsieht1. Handelt es sich bei den Aktien der REIT-AG um Stückaktien, so ist die Angabe des rechnerischen Betrags am Grundkapital ebenfalls nicht erforderlich, da er sich von selbst ergibt; anzugeben ist aber im Hinblick auf die Regelung des § 182 Abs. 1 Satz 5 AktG die Zahl der auszugebenden jungen Aktien 2 . 376
Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss ferner festlegen, ob die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung auf den Inhaber oder auf den Namen lauten (arg. § 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG), es sei denn, die Satzung der REIT-AG enthält bereits diesbezügliche Regelungen auch für neue Aktien 3.
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Ist das Grundkapital der REIT-AG in verschiedene Aktiengattungen eingeteilt, z. B. aufgrund unterschiedlicher Gewinnbezugsrechte (§ 11 Satz 1 AktG)4, so muss der Kapitalerhöhungsbeschluss die neuen Aktien auch den jeweiligen Gattungen zuordnen, und zwar unter Angabe von Zahl und ggf. Nennbetrag5. (3) Bezugsverhältnis
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Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss ferner zwingend das Bezugsverhältnis festsetzen, d. h. festlegen, wie viele alte Aktien bzw. Bezugsrechte6 zum Bezug einer neuen Aktie berechtigen7. Wird das Bezugsverhältnis zum Beispiel auf 5:1 festgesetzt, berechtigen 5 Bezugsrechte zum Erwerb einer neuen Aktie. (4) Ausgabebetrag und Bezugspreis
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Ferner muss der Kapitalerhöhungsbeschluss den Ausgabebetrag bzw. den Bezugspreis für die neuen Aktien festsetzen8 . Ausreichend ist es aber, wenn die Hauptversammlung selbst keinen festen Ausgabebetrag festsetzt, sondern dies dem Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats überlässt9. Der Ausgabebetrag darf den Nennwert bzw. den auf die einzelnen Stückaktien entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals nicht unterschreiten (§ 9 Abs. 1 AktG).
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Ausgabebetrag und Bezugspreis sind im übrigen zu unterscheiden: Der Ausgabebetrag ist derjenige Betrag, der bei der Zeichnung zu zahlen ist, der Bezugspreis ist der 1 Hüffer, § 182 AktG Rz. 13; Peifer in MünchKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 39. 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 13; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 50. 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 13; Hüffer, § 182 AktG Rz. 13; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 24; Peifer in MünchKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 42. 4 Die Unterteilung in Stamm- und Vorzugsaktien scheidet gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG bei der REIT-AG aus; vgl. Seibt, Rz. 111. 5 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 13; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 51; Hüffer, § 182 AktG Rz. 13. 6 Jede alte Aktie vermittelt ein Bezugsrecht, siehe Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsenotierte AG, § 39 Rz. 42. 7 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 52. 8 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 16; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 53. 9 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 16; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 54; Hüffer, § 182 AktG Rz. 24; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 25; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 AktG Rz. 64.
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Kapitalmaßnahmen
Preis, den die Aktionäre bei der Ausübung ihres Bezugsrechts zu bezahlen haben1. Bei der börsennotierten AG entspricht der Ausgabebetrag regelmäßig dem Nennbetrag bzw. dem geringsten Ausgabebetrag, da die Zeichnung durch ein Emissionskonsortium erfolgt, das sich verpflichtet, die Differenz zwischen geringstem Ausgabebetrag und dem erzielten höheren Bezugspreis abzüglich der vereinbarten Kosten und Provisionen an die Gesellschaft abzuführen 2 . Der erzielte Mehrerlös ist in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen. (5) Fristen und Gewinnberechtigung Der Hauptversammlungsbeschluss bzw. der Ausnutzungsbeschluss von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital sollten ferner den Beginn der Gewinnberechtigung der jungen Aktien, die Fälligkeit von Einlageleistungen, die Bezugsfrist für die Durchführung des Bezugsangebots, eine Verfallfrist, nach deren Ablauf die Zeichnungen unverbindlich werden, sowie gegebenenfalls eine Nachfrist enthalten, innerhalb derer von den Altaktionären nicht gezeichnete neue Aktien Dritten zum Bezug angeboten werden können 3.
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(6) Änderung des Satzungswortlauts Da es sich bei der Kapitalerhöhung um eine Satzungsänderung im materiellen Sinne handelt, ist auch der Satzungswortlaut entsprechend anzupassen. Handelt es sich um eine Kapitalerhöhung mit Mindest- und/oder Höchstbetrag, so wird regelmäßig der Aufsichtsrat zur Anpassung des Satzungswortlauts entsprechend der Durchführung der Kapitalerhöhung ermächtigt, sofern nicht bereits eine allgemeine Ermächtigung des Aufsichtsrats zu Fassungsänderungen nach § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG in der Satzung enthalten ist 4 . Der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister ist eine bescheinigte Satzungsneufassung nach § 181 Abs. 1 Satz 2 AktG beizufügen5.
382
f) Übernahmevertrag Der Übernahmevertrag regelt als zentrales und häufig komplexes Dokument umfassend die Rechte und Pflichten der an einer Aktienemission Beteiligten im Hinblick auf die Übernahme und Platzierung der Aktien durch die begleitenden Emissionsunternehmen. Es handelt sich um einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB mit dienstvertraglichen Elementen6, ergänzt um Regelungen über die Prospektverantwortung (§§ 44, 45 BörsG) im Innenverhältnis. Seine wesentliche Funktion liegt in der Beschreibung und Festlegung der Transaktionsstruktur, der Verpflichtung der begleitenden Emissionsunternehmen zur Zeichnung und Übernahme der zu plat1 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 17; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 53; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25 (30). 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 17; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 53 f. und 68. 3 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 56 f. 4 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 18; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 58. 5 Hüffer, § 181 AktG Rz. 7 f. 6 A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 94; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182 (190); Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 207.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
zierenden Aktien und zur Durchführung des Bezugsangebots, der Verwertung nicht bezogener neuer Aktien, der Vereinbarung von Garantien und Verpflichtungen des Emittenten im Hinblick auf den Emittenten selbst und die neu zu schaffenden Aktien, der Verpflichtung des Emittenten zur Erstellung eines Wertpapierprospekts und dessen Richtigkeit und Vollständigkeit, der Risikoverteilung im Hinblick auf mögliche Prospekthaftungsansprüche im Innenverhältnis einschließlich von Freistellungsansprüchen, Regelungen zum Preisfindungsverfahren, der Begründung von aufschiebenden Bedingungen und Rücktrittsgründen für den Fall einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten oder für den Fall politischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen, die den Erfolg der angestrebten Emission in Frage stellen, die Regelung von Provisionen, Kosten und Auslagen usw.1. 384
Der Übernahmevertrag ist spätestens vor der Zeichnung der neuen Aktien abzuschließen2 . Werden die neuen Aktien den Aktionären der Gesellschaft im Wege des mittelbaren Bezugsrechts nach § 186 Abs. 5 Satz 1 AktG angeboten werden sollen, muss der Übernahmevertrag spätestens vor der Veröffentlichung des Bezugsangebots abgeschlossen werden 3, da sich erst aus dem Übernahmevertrag in Verbindung mit der Veröffentlichung des Bezugsangebots der Bezugsanspruch der Altaktionäre ergibt, dessen Existenz die Fiktion des § 186 Abs. 5 Satz 1 AktG rechtfertigt 4 . g) Prospekterfordernis
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Werden die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung ausschließlich Altaktionären der REIT-AG zum Bezug angeboten, liegt im Grundsatz kein an die Öffentlichkeit gerichtetes und damit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG prospektpflichtiges Angebot vor5. Die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts kann hier aber für die im Anschluss an das Bezugsangebot erfolgende Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel an einem organisierten Markt erforderlich werden (§ 3 Abs. 3 WpPG), wenn keiner der Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 2 WpPG zur Anwendung gelangt. Ein prospektpflichtiges öffentliches Angebot liegt ferner vor, wenn im Rahmen des Bezugsangebots ein börslicher Bezugsrechtshandel eröffnet wird6 oder nicht bezogene neue Aktien öffentlich angeboten werden. Im übrigen gelten im Hinblick auf die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Wertpapierprospekts die allgemeinen Regeln7. h) Bezugsangebot
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Werden die neuen Aktien – was praktisch selten ist – den Altaktionären zum direkten Bezug angeboten, hat der Vorstand der REIT-AG durch eine Bekanntma1 Überblick bei Haag in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 23 Rz. 12 ff.; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 94 ff.; Schäfer, Börseneinführung, § 9 Rz. 45 ff. 2 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 20; A. Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 98. 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 59; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 111; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 208. 4 Vgl. auch Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2184). 5 Ponick in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S 220 (224); Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (53). 6 Unten Rz. 388 f. 7 Oben Rz. 273 f.
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Kapitalmaßnahmen
chung in den Gesellschaftsblättern (§ 25 AktG1) den Ausgabebetrag oder die Grundlagen seiner Festlegung und eine mindestens zweiwöchige Bezugsfrist (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG) bekannt zu geben 2 . Soweit daneben eine Mitteilung über die Kapitalerhöhung nach § 30b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen hat 3, genügt eine einmalige Veröffentlichung (§ 30b Abs. 1 Satz 2 WpHG). Erforderlich ist aber bis zum 31.12.2008 eine zusätzliche Veröffentlichung auch in einem Börsenpflichtblatt (§ 46 Abs. 4 WpHG). Im praktisch wichtigeren Fall des mittelbaren Bezugsrechts hat der Vorstand der REIT-AG das Bezugsangebot des begleitenden Emissionsunternehmens nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG ebenfalls im elektronischen Bundesanzeiger (§§ 25 AktG, 30b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG) sowie bis zum 31.12.2008 zusätzlich in einem Börsenpflichtblatt (§ 46 Abs. 4 WpHG) bekannt zu machen4 . Das Bezugsangebot enthält die Bedingungen, unter denen die Aktionäre ihr Bezugsrecht auf die neuen Aktien gegenüber dem begleitenden Emissionsunternehmen geltend machen können5. Das Bezugsangebot stellt ein Vertragsangebot im Sinne von § 145 BGB dar, das spätestens mit seiner Bekanntgabe nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG wirksam wird6 und so ausgestaltet sein muss, dass durch bloße Annahmeerklärung gegenüber dem Emissionsunternehmen ein Kaufvertrag über die neuen Aktien zustande kommt7. Enthalten sein müssen daher zumindest die Festsetzung des Erhöhungsbetrags (der auch ein Mindest- und/oder Höchstbetrag sein kann)8, das Bezugsverhältnis und der Bezugspreis bzw. die Grundlagen seiner Festlegung (§ 186 Abs. 2 Satz 1 AktG) sowie die mindestens zweiwöchige Bezugsfrist (§ 186 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 AktG)9. Weitere Festsetzungen wie schriftliche Ausübungserklärungen, Nachweis der Aktionärsstellung etc. werden in der Praxis regelmäßig aufgenommen10. Enthält das Bezugsangebot keinen endgültigen Bezugspreis, ist dieser nach § 186 Abs. 2 Satz 2 AktG spätestens 3 Kalendertage11 vor Ablauf der Bezugsfrist in den Gesellschaftsblättern und zusätzlich über ein elektronisches In1 Elektronischer Bundesanzeiger und ggf. gemäß Satzung weitere Blätter. 2 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 82. 3 Das ist regelmäßig der Fall, da die REIT-AG aufgrund ihres zwingenden Inlandssitzes (§ 9 REITG) als Emittent von zugelassenen Aktien qualifziert, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist (§ 2 Abs. 6 Nr. 1a WpHG). 4 OLG Düsseldorf, ZIP 2000, 2025 (2027); OLG Karlsruhe, AG 2002, 91 (92); Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 58; Herfs in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 82. 5 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 58; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 83. 6 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 83; Hüffer, § 186 AktG Rz. 51. 7 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 83; Hüffer, § 186 AktG Rz. 51. 8 Oben Rz. 372. 9 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 83; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 (2179). 10 Zum Beispiel Angaben zu (1) Eröffnung eines Bezugsrechtshandels und die Möglichkeit der Veräußerung von Bezugsrechten, (2) Art und Zeitpunkt der Lieferung der neuen Aktien, (3) Beginn des Börsenhandels mit den neuen Aktien, (4) Beginn des Handels „Ex-Bezugsrecht“ für die alten Aktien, (5) Depotbankenprovisionen, (6) Verwertung nicht bezogener Aktien; (7) Verkaufsbeschränkungen im Hinblick auf ausländische Rechtsordnungen; siehe Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 84. 11 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 90.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
formationsmedium im Wege der Ad-hoc-Mitteilung bekannt zu machen. Bis zum 31.12.2008 verlangt § 46 Abs. 4 WpHG zusätzlich die Veröffentlichung des endgültigen Bezugspreises in einem Börsenpflichtblatt. i) Bezugsrechtshandel 388
Der Bezugsanspruch der Altaktionäre ist ein selbstständig veräußerliches und übertragbares Recht1. Regelmäßig findet daher insbesondere bei börsennotierten Publikumsgesellschaften parallel zur Bezugsfrist ein börsenmäßiger Bezugsrechtshandel statt, der es den Aktionären ermöglicht, durch Veräußerung ihrer Bezugsrechte oder Bruchteilen hiervon eine wirtschaftliche Verwässerung ihrer Beteiligung zu verhindern oder durch eine Teilveräußerung die Ausübung der restlichen Bezugsrechte zu finanzieren 2 . Auch besteht so die Möglichkeit, durch Hinzuerwerb von Bezugsrechten oder Bruchteilen hiervon den Erwerb von neuen Aktien über das festgesetzte Bezugsverhältnis hinaus zu ermöglichen. Da die auf die alten Aktien entfallenden Bezugsrechte als Annex zum Stammrecht automatisch zum Börsenhandel zugelassen sind, ist eine gesonderte Zulassung der Bezugsrechte zum Handel nicht erforderlich3. Erforderlich ist jedoch ein Antrag auf Aufnahme der Notierung im regulierten Markt (§ 38 BörsG). Erfolgt eine Notierung des Bezugsrechts, erstreckt sich diese unter einer separaten ISIN vom ersten bis zum drittletzten Tag der Bezugsfrist 4 .
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Grundsätzlich haben die Altaktionären keinen aktienrechtlichen Anspruch auf Einrichtung eines börsenmäßigen Bezugsrechtshandels durch die REIT-AG5. Ausnahmen hierzu sind jedoch unter den konkreten Bedingungen des Kapitalerhöhungsbeschlusses denkbar6 . j) Zeichnung der neuen Aktien und Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags
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Die Zeichnung der neuen Aktien durch das Emissionsunternehmen erfolgt regelmäßig zum geringsten Ausgabebetrag, also dem Nennbetrag der neuen Aktien oder dem anteiligen Betrag des Grundkapitals (§ 9 Abs. 1 AktG). Der Übernahmevertrag enthält dann die Verpflichtung des Emissionsunternehmens, die Differenz zwischen dem von den Aktionären zu entrichtenden Bezugspreis und diesem geringsten Ausgabebetrag an die REIT-AG abzuführen7. Dieses so genannte zweistufige Verfahren hat den Vorteil, dass im Zeitpunkt der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister nach §§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2, 36a Abs. 1 AktG lediglich ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags von dem Emis-
1 Oben Rz. 363. 2 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 93. 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz 66; Herfs in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 93. 4 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 66. 5 LG Hamburg, AG 1999, 382; OLG Hamburg AG 1999, 519 (520); Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 94; Hüffer, § 186 AktG Rz. 7; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 113; Martens, ZIP 1992, 1677 (1694); Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254 (262 mit Fn. 106); a. A. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 176, der dies als Fall des faktischen Bezugsrechtsausschlusses ansieht. 6 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 65. 7 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 17, 60.
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Kapitalmaßnahmen
sionsunternehmen einzuzahlen ist1. Die Einzahlung hat gemäß §§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG durch Gutschrift auf ein Konto der Gesellschaft zur freien Verfügung des Vorstands zu erfolgen, worüber das kontoführende Kreditinstitut nach § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG eine entsprechende Einzahlungsbestätigung zu erteilen hat, die Teil der Anmeldungsunterlagen ist2 . k) Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung Nach Zeichnung, Zahlung des geringsten Ausgabebetrags (bzw. eines Viertels hiervon, § 36a Abs. 1 AktG9 und Ausstellung der Einzahlungsbestätigung kann die Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Regelmäßig werden in der Praxis der Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 184 AktG) und die Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) miteinander verbunden, um Kosten zu sparen (§ 188 Abs. 4 AktG)3. In der Praxis kann es sich zur Beschleunigung des Eintragungsverfahrens empfehlen, den Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals vorab anzumelden, weil das Registergericht bei der nachfolgenden Anmeldung der Durchführung den Kapitalerhöhungsbeschluss bereits geprüft hat und nur noch das Vorliegen des ordnungsgemäßen Zeichnungsscheins und der Einzahlungsbestätigung prüfen muss4 . Mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung entstehen die neuen Aktien und ist das Grundkapital erhöht (§ 189 AktG).
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l) Zulassung Für die Zulassung der mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister entstandenen neuen Aktien zum Börsenhandel ist die Geschäftsführung der Börse zuständig, die über einen entsprechenden Zulassungsantrag und Antrag auf Notierungsaufnahme des Emittenten zusammen mit dem begleitenden Emissionsunternehmen durch Beschluss entscheidet. Der Zulassungsbeschluss ist nach § 51 BörsZulV zu veröffentlichen; das Verfahren entspricht demjenigen beim Börsengang5.
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2. Bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen Kapitalerhöhungen können nach § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG auch unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre durchgeführt werden. Dies ist etwa der Fall bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen, da der Einlagegegenstand hier nur vom jeweiligen Rechtsinhaber in die Gesellschaft gegen Ausgabe von neuen Aktien eingebracht werden kann6 . An einen Ausschluss des Bezugsrechts sind nach § 186 Abs. 3 und 4 AktG hohe formelle und materielle Anforderungen zu stellen, insbesondere bedarf der Bezugsrechtsausschluss nach ständiger höchstrichterlicher Rechtspre1 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 68; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25 (31 ff.). 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 61 ff.; Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 69 ff. 3 Hüffer, § 188 AktG Rz. 18. 4 Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 4 Rz. 74. 5 Oben Rz. 249 ff. 6 Hüffer, § 183 AktG Rz. 8 und § 186 AktG Rz. 34; Peifer in MünchKomm. AktG, § 183 AktG Rz. 32; Seibert/Köster/Kiem, Die kleine AG, 3. Aufl. 1996, Rz. 226.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
chung als Eingriff in ein mitgliedschaftliches Grundrecht der sachlichen Rechtfertigung1. Wegen dieser hohen Anforderungen und der damit verbundenen Anfechtungsrisiken sind großvolumige Kapitalerhöhungen gegen Bareinlagen unter Ausschluss des Bezugsrechts in der Praxis relativ selten 2 . Anders stellt sich dies für kleinvolumige Kapitalerhöhungen bis zu 10 % des Grundkapitals dar, da hier bei Einhaltung der Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG das Vorliegen der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses vom Gesetz unwiderleglich vermutet wird und infolgedessen das Anfechtungsrisiko gering ist 3. Die Voraussetzungen eines erleichterten Bezugsrechtsauschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG sind die Folgenden4: a) Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen 394
Der Anwendungsbereich des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ist ausdrücklich auf Barkapitalerhöhungen beschränkt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut, sondern auch aus dem Zweck, Kapitalerhöhungen zu Finanzierungszwecken zu erleichtern5. Das schließt die parallele Durchführung einer Sachkapitalerhöhung unter Beachtung der allgemeinen Regeln nicht aus6 . Unerheblich ist dabei, ob die Barkapitalerhöhung als von der Hauptversammlung beschlossene ordentliche Kapitalerhöhung oder aus genehmigtem Kapital durchgeführt wird, da § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG auch im Rahmen eines genehmigten Kapitals anwendbar ist7. b) Börsenhandel
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Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss ist nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nur unter der Voraussetzung zulässig, dass „der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet“. Um über die erforderliche Bemessungsgrundlage für diesen Vergleich zu verfügen8, müssen Aktien derselben Gattung, die im Rahmen der Kapitalerhöhung emittiert werden sollen, bereits zum Handel im regulierten Markt zugelassen sein 9. Dies ist im Hinblick auf die Regelung der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 REITG bei der REIT-AG regelmäßig unproblematisch. Sind die Aktien der REIT-AG ausschließlich an einem ausländischen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG bzw. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Finanzmarktrichtlinie10 zum Börsenhandel zugelassen, so steht dies der Anwendung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nach der Wertung des § 6
1 BGHZ 71, 40 (46); 83, 319 (321); 120, 141 (145 f.); 125, 239 (241); Hüffer, § 186 AktG Rz. 25 ff.; Hüffer in MünchKomm. AktG, § 243 AktG Rz. 57; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 61 ff.; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 137 f. 2 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67. 3 Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1 (9); Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (114 f.); Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (659); Marsch-Barner, AG 1994, 532 f. 4 Ausführlich zum erleichterten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG Groß, DB 1994, 2431 ff.; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 ff.; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 ff.; Schwark in FS Claussen, 1997, S. 357 ff.; Trapp, AG 1997, 115 ff. 5 Groß, DB 1994, 2431 (2432); Hirte, ZIP 1994, 356 (358); Lutter, AG 1994, 429 ff.; Seibert/ Köster/Kiem, Die kleine AG, 3. Aufl. 1996, Rz. 226. 6 Groß, DB 1994, 2431 (2432). 7 Hüffer, § 203 AktG Rz. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (659); Krieger in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 20; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67. 8 Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (533); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (68). 9 Hüffer, § 186 AktG Rz. 39c; Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (117). 10 Oben Rz. 245 Fn. 2.
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Kapitalmaßnahmen
WpÜG-Angebotsverordnung nicht entgegen1. Anderenfalls wären kleinvolumige Kapitalerhöhungen nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bei inländischen REIT-AGs mit ausschließlicher Börsenzulassung im EU/EWR-Ausland nicht möglich, was der Gesetzgeber offenbar nicht gewollt hat. c) Adressatenkreis Der Leitvorstellung des Gesetzgebers entspricht eine breite Streuung der unter Ausschluss des Bezugsrechts begebenen neuen Aktien im Anlegerpublikum2 . Zwingend notwendig ist dies jedoch nicht, vielmehr wird auch eine Platzierung bei einem ausgewählten Kreis von Investoren oder gar einem einzelnen Investor für zulässig erachtet 3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Platzierung nicht zum Aus- oder Aufbau einer Beteiligung führt, die Einfluss auf die Herrschaftsstruktur in der Gesellschaft haben kann4 . Vor diesem Hintergrund ist eine Zuteilung, die zu einer Beteiligung des Erwerbers in Höhe von 5–10 % des Grundkapitals führt, in der Regel unbedenklich, wobei im Falle der REIT-AG die Höchstgrenze des § 11 Abs. 4 REITG zu beachten ist5.
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d) Beschränkung auf 10 % des Grundkapitals § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG beschränkt den höchstzulässigen Umfang des Bezugsrechtsausschlusses auf 10 % des Grundkapitals, ohne jedoch den Zeitpunkt zu bestimmen, auf den es bei der Berechnung der 10 %-Grenze ankommt 6 . Hier ist zu unterscheiden:
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Beschließt die Hauptversammlung die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss selbst, kommt es auf das am Tag der Beschlussfassung vorhandene (nicht: im Handelsregister eingetragene) Grundkapital der Gesellschaft an7, wobei die zwischenzeitliche Ausgabe von Bezugsaktien aus bedingten Kapitalia basiserhöhend zu berücksichtigen ist (§ 200 AktG)8 .
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1 Hirte, ZIP 1994, 356 (359); Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (117); Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 31; Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (57); Schlitt/ Schäfer, AG 2005, 67; Seibert/Köster/Kiem, Die kleine AG, 3. Aufl. 1996, Rz. 227; großzügiger (jede Auslandsbörse genügt) Groß, DB 1994, 2431 (2434); Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 77; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (533); a. A. (keine Berücksichtigung ausländischer Börsenpreise) Hüffer, § 186 AktG Rz. 39c; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 153. 2 Seibert/Köster/Kiem, Die kleine AG, 3. Aufl. 1996, Rz. 222a; Trapp, AG 1997, 115. 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 88; Groß, DB 1994, 2431 (2439); Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 91; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (538) (Zuweisung an einen Erwerber in „besonderen Fällen“ zulässig); Trapp, AG 1997, 115; kritischer Bungert, WM 1995, 1 (16); Hirte, ZIP 1994, 356 (158); Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 150. 4 Bungert, WM 1995, 1 (16); Groß, DB 1993, 2431 (2439); Marsch-Barner, AG 1994, 532 (538 und 540); Martens, ZIP 1994, 669 (677); Trapp, AG 1997, 115 (116). 5 Trapp, AG 1997, 115 (116). 6 Groß, DB 1994, 2431 (2432); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (69). 7 Groß, DB 1994, 2431 (2432 f.); Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (660); Krause in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 28; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 76; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (69); Trapp, AG 1997, 115 (116); wohl auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 85; a. A. (eingetragenes Grundkapital) Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 86. 8 Hüffer, § 186 AktG Rz. 39c; Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 28; Trapp, AG 1997, 115 (116).
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
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Wird der Vorstand im Rahmen der Schaffung eines genehmigten Kapitals zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), was der Regelfall ist1, kommt der Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung jedenfalls nicht in Betracht, da gemäß § 203 Abs. 1 Satz 2 AktG an die Stelle des Beschlusses über die Erhöhung des Grundkapitals die Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals tritt, die als Satzungsänderung erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister wirksam wird (§ 181 Abs. 3 AktG)2 . Verbreitet wird daher für die Berechnung der 10 %-Grenze auf den Zeitpunkt der Eintragung des genehmigten Kapitals in das Handelsregister abgestellt 3. Da der Vorstand das Vorliegen der Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bei Ausübung der Ermächtigung nochmals überprüfen müsse, seien zwischenzeitliche Verringerungen der Grundkapitalziffer bis zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu berücksichtigen, nicht aber Erhöhungen derselben4 . In der Praxis wird daher häufig zur Vermeidung von Unsicherheiten bereits im Ermächtigungsbeschluss als Höchstgrenze auf das Grundkapital zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung und – kumulativ – zum Zeitpunkt der Ausübung der Ermächtigung abgestellt5. Zwar wird im Schrifttum ein alleiniges Abstellen auf den Zeitpunkt der Ausnutzung des genehmigten Kapitals jedenfalls dann für zulässig erachtet, wenn dies in dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung ausdrücklich vorgesehen ist, da schutzwürdige Interessen der Altaktionäre in einem solchen Fall nicht ersichtlich seien6 . Dies hätte zur Folge, dass zwischenzeitliche Erhöhungen des Grundkapitals basiserhöhend wirkten. Wenngleich die Argumentation überzeugt und im Interesse einer größeren Flexibilität der Gesellschaft bei der kurzfristigen Kapitalaufnahme erhebliche praktische Vorteile bietet, birgt sie doch erhebliche Anfechtungsrisiken und empfiehlt sich daher nicht zur Umsetzung in der Praxis.
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Auch eine sog. Vorrats- oder Stufenermächtigung, bei der der Vorstand ermächtigt wird, das Grundkapital der Gesellschaft in mehreren Tranchen ohne Bezugsrecht um jeweils bis zu 10 % zu erhöhen, wird von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung7 und einer weit verbreiteten Meinung in der Literatur8 mit dem Argument für unzulässig gehalten, dass sich die 10 %-Grenze auf die Ermächtigung selbst beziehe, so dass eine Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nur für maximal 10 % des Grundkapitals erteilt werden könne. Damit scheidet eine Stufen- oder Vorratsermächtigung, bei der der Vorstand ermächtigt wird, das 1 Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (110). 2 Groß, DB 1994, 2431 (2432); Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (660); Ries in Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (57). 3 Groß, DB 1994, 2431 (2432); Hüffer, § 203 AktG Rz. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (660); Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 53; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (534); Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441 (1443). 4 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 40 Rz. 22; Hüffer, § 203 AktG Rz. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (660); Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 53. 5 Siehe z. B. § 4 Abs. 4 der Satzung der Deutsche Börse AG; § 5 Abs. 5 der Satzung der ThyssenKrupp AG. 6 Groß, DB 1994, 2431 (2439); Marsch-Barner, AG 1994, 532 (534); Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (58); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (69); a. A. Hüffer, § 203 AktG Rz. 10a. 7 OLG München, AG 1996, 518; LG München I, AG 1996, 138 (139 f.) (Vorinstanz). 8 Bayer in MünchKomm. AktG, § 203 AktG Rz. 167 f.; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 40 Rz. 22; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25 (26); Hüffer, § 186 Rz. 39c, § 203 AktG Rz. 10a; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 (660 f.); Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 86; Veil in K. Schmidt/Lutter, § 186 AktG Rz. 41.
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Kapitalmaßnahmen
Grundkapital der Gesellschaft in mehreren Tranchen ohne Bezugsrecht um jeweils bis zu 10 % zu erhöhen, aus. Gegen diese Auffassung spricht allerdings der Wortlaut des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, der im Zusammenhang mit der 10 %-Grenze auf die konkrete, durch Vorstand und Aufsichtsrat zu beschließende Kapitalerhöhung Bezug nimmt, nicht jedoch die Ermächtigungskompetenz der Hauptversammlung beschränken will1. Allerdings verfährt die Beratungspraxis zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken auch hier in der Regel restriktiv und beschränkt das höchstzulässige Volumen der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss auf 10 % des im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ermächtigung bestehenden Grundkapitals. e) Ermittlung des Bezugspreises Als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eines vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bestimmt das Gesetz, dass der Ausgabebetrag der neuen Aktien den Börsenpreis der bereits börsenzugelassenen Aktien der Gesellschaft nicht wesentlich unterschreitet. Sind und Zweck dieser Bestimmung liegen darin, die wirtschaftliche Verwässerung der Altaktionäre auf ein zumutbares Maß zu beschränken 2 . Außerdem haben die Altaktionäre aufgrund der Börsennotierung der Aktien der REIT-AG die jederzeitige Chance, ihre relative Beteiligung durch Nachkauf über die Börse zu erhalten 3. Die Altaktionäre stehen daher im Wesentlichen so, als hätten sie ein Bezugsrecht 4 .
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aa) Ausgabebetrag und Bezugspreis Soweit das Gesetz in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG auf den „Ausgabebetrag“ Bezug nimmt, ist damit nicht der aktienrechtliche Ausgabebetrag im Sinne des § 9 AktG, sondern das vom Publikum für die Aktien zu leistende Entgelt i. S. d. § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG a. F. gemeint5, so dass im Falle einer Umplatzierung der neuen Aktien aus der bezugsrechtsfreien Barkapitalerhöhung, etwa im Wege eines sog. Accelerated Bookbuildings6, die Zeichnung durch das umplatzierende Kreditinstitut zum geringsten Ausgabebetrag i. S. d. § 9 Abs. 1 AktG zulässig ist, sofern sich das Kreditinstitut im Rahmen des Übernahmevertrags gegenüber der Gesellschaft zur Abführung des den geringsten Ausgabebetrag übersteigenden Mehrerlöses verpfl ichtet7. Die Anknüpfung an die Börsennotierung führt ferner dazu, dass die neuen Aktien auch der
1 Groß, DB 1994, 2431 (2439); Hirte in Großkomm. AktG, § 203 AktG Rz. 115; Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (59); Trapp, AG 1997, 115 (116 f.) Zu den dann zu beachtenden zeitlichen Grenzen Hirte in Großkomm. AktG, § 203 AktG Rz. 116 m. w. N. 2 Krause in Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 27. 3 Begr.RegE, BT-Drucks. 12/6721, S. 10 f. 4 Vgl. auch Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267 (278): „faktisch bestehendes Bezugsrecht“. 5 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 17; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25 (30); Marsch-Barner, AG 994, 532 (535). Die Neufassung des § 186 Abs. 5 AktG durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz wollte wegen einer gan anderen Zielsetzung an dieser Unterscheidung ersichtlich nichts ändern, vgl. Groß, DB 1994, 2431 (2433); Krause in Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 30. 6 Dazu Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (72). 7 Hierzu Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 60. Zur Rechtsstellung der Emissionsbank bei der Aktienemission Schnorbus, AG 2004, 113 ff.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
gleichen Gattung angehören müssen wie die bereits börsennotierten Wertpapiere1. Dies ist bei der REIT-AG mit Rücksicht auf § 5 Abs. 1 Satz 1 REITG regelmäßig gegeben 2 . bb) Kein wesentliches Unterschreiten des Börsenkurses 403
Der zulässige Abschlag auf den maßgeblichen Börsenkurs soll nach überwiegender Auffassung in der Regel bei 3 %, höchstens jedoch bei 5 % liegen 3. Allerdings kann die Angabe von Prozentsätzen mit Rücksicht auf die Volatilität der Aktie und die jeweilige Marktsituation lediglich als Faustregel verstanden werden, so dass im Einzelfall auch niedrigere (z. B. bei sehr großer Nachfrage nach den neuen Aktien) oder höhere Abschläge (z. B. bei abweichender Dividendenberechtigung der neuen Aktien) möglich sind4 . cc) Maßgebliche Börse und relevanter Kurs
404
§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG enthält keine Regelung zu der Frage, auf welche Börse und welchen Kurs bei der Ermittlung des zulässigen Abschlags abzustellen ist. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass überhaupt ein Börsenpreis vorhanden sein muss, also die Aktien des Emittenten zum regulierten Markt zugelassen bzw. dort einbezogen (§§ 32, 33 BörsG) oder oder zumindest in den Freiverkehr einbezogen sein müssen (§ 48 BörsG) und dort jeweils auch tatsächlich gehandelt werden5. Darüber hinaus muss es sich bei den bereits börsengehandelten Aktien um Aktien der gleichen Gattung handeln wie die, um deren Ausgabe es geht 6 .
405
Werden die Aktien des Emittenten an mehreren Börsen gehandelt, so ist mit Rücksicht auf die höhere Preisqualität auf den Börsenplatz mit den meisten Um-
1 Groß, DB 1994, 2431 (2434); Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 87; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (68). 2 Dazu Wiesbrock in Helios/Wewel/Wiesbrock, § 5 REITG Rz. 7 f. 3 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7848, S. 9; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 87; Claussen, WM 1996, 609 (612); Hüffer, § 186 AktG Rz. 39d; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.282; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (537); Martens, ZIP 1992, 1677 (1687); Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 87; Raiser in Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 20 Rz. 21; Schwark in FS Claussen, 1997, S. 357 (372 f.); Veil in K. Schmidt/Lutter, § 186 AktG Rz. 42; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 152; strenger Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 AktG Rz. 15, der 3 % als maximalen Abschlag ansieht. 4 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (70); vgl. auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 87; Deilmann in Hölters/Deilmann/Buchta, Die kleine AG, 5. Aufl. 2002, S. 122 f.; Hüffer, § 186 AktG Rz. 39d; Krause in Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 30; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (537). 5 Bungert, WM 1995, 1 (16); Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 86; Groß, DB 1994, 2431 (2433); Hüffer, § 186 AktG Rz. 39c; Krause in Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 31; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90; Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 AktG Rz. 11; MarschBarner, AG 1994, 532 (533); Servatius in Spindler/Stiltz, § 186 AktG Rz. 58; a. A. (Freiverkehr ungenügend) Deilmann in Hölters/Deilmann/Buchta, Die kleine AG, 5. Aufl. 2002, S. 116; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 153. 6 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 84; Hüffer, § 186 AktG Rz. 39c; Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 AktG Rz. 12; Lutter, AG 1994, 429 (441 f.).
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Kapitalmaßnahmen
sätzen abzustellen1. Entsprechendes gilt für die Frage, auf welches börsliche Handelssystem bei der Ermittlung des Referenzpreises zurückzugreifen ist. Auch insoweit ist auf das börsliche Handelssystem mit der größten Liquidität und auf den in diesem System ermittelten Schlusskurs oder volumengewichteten Durchschnittskurs am Stichtag der Preisfestsetzung abzustellen 2 , wobei die Preisfestsetzung bei einer Zeichnung zu pari auch noch nach Zeichnung der jungen Aktien und auch noch nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung erfolgen kann 3. Insbesondere bei sehr volatilen Aktienkursen bietet sich eine Stichtagsbetrachtung für die Festsetzung des Referenzkurses an, da die in der Vergangenheit gezahlten Preise am Tag der Preisfestsetzung irrelevant sind4 . Außerdem besteht bei Zugrundelegung einer mehrtägigen Referenzperiode und fallenden Kursen das Risiko, dass der Ausgabepreis der neuen Aktien den bei Preisfestsetzung aktuellen Börsenpreis überschreitet, was zu einem wirtschaftlichen Scheitern der Kapitalmaßnahme führt 5. Nach richtiger Ansicht ist daher dem Emittenten ein Wahlrecht einzuräumen, entweder auf eine Referenzperiode oder den Schluss- oder volumengewichteter Durchschnittskurs eines einzigen Börsentages abzustellen6 . Wird auf eine Referenzperiode abgestellt, so soll auf eine Periode von 37 bzw. 58 Börsenhandelstagen unmittelbar vor Festsetzung des Ausgabepreises abzustellen sein.
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f) Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel Die REIT-AG ist aufgrund der Zulassung ihrer Aktien zum regulierten Markt verpflichtet, für die später ausgegebenen Aktien die Zulassung zum regulierten Markt zu beantragen (§ 40 Abs. 1 BörsG). Der Zulassungsantrag ist spätestens ein Jahr nach der Ausgabe der zuzulassenden Aktien zu stellen (§ 69 Abs. 2 Satz 1 BörsZulV). Machen die zuzulassenden neuen Aktien über einen Zeitraum von 12 Monaten weni-
1 Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 47 (62); Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (121); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (71); Marsch-Barner, AG 1994, 532 (536); a. A. wohl Hüffer, § 186 AktG Rz. 39d; Groß, ZHR 162 (1998), 318 (338) (Durchschnittskurs aller Börsenplätze). 2 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 86; Groß, DB 1994, 2431 (2434); Groß, ZHR 162 (1998), 318 (337 und 338); Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90; Marsch-Barner, AG 1994, 532 (536 f.); Trapp, AG 1997, 115 (120); a. A. Hüffer, § 186 AktG Rz. 39d; Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 30; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 87; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 153 (Referenzperiode zwingend). 3 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 86; a. A. Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 AktG Rz. 14. 4 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 86; Groß, ZHG 162 (1998), 318 (337 und 338); Trapp, AG 1997, 115 (120); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (71). 5 Groß, ZHR 162 (1998), 318 (337 f.); Ihrig in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109 (121); Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67 (71); Trapp, AG 1997, 115 (118 und 120). 6 Aubel, Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss, 1998, S. 75 f.; Rebmann in Heidel, Anwaltskommentar Aktienrecht, 2003, § 186 AktG Rz. 63; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90. 7 Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 87. 8 Hüffer, § 186 AktG Rz. 39d; Krause in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 5 Rz. 30; siehe aber auch Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 AktG Rz. 153.
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Kapitalmarktrechtliche Anforderungen
ger1 als 10 % der bereits an demselben organisieten Markt2 zum Handel zugelassenen Aktien derselben Gattung aus, die bereits zum Handel zugelassen sind, entfällt der sonst für die Börsenzulassung erforderliche Wertpapierprospekt (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG)3. Maßgeblich für die Berechnung der 10 %-Grenze ist die zum Zeitpunkt der (erstmaligen) Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung vorhandene Zahl börsenzugelassener Aktien, d. h. die unterjährige prospektfreie Zulassung neuer Aktien erhöht nicht sukzessive die Berechnungsgrundlage. Übersteigt das Volumen einer Kapitalerhöhung die Grenze des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG, so können die jungen Aktien innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 69 Abs. 2 Satz 1 BörsZulV in mehrere Tranchen aufgeteilt und bei entsprechender zeitlicher Taktung jeweils prospektfrei zum Börsenhandel zugelassen werden. Eine vollständig prospektfreie Platzierung und Börsenzulassung der jungen Aktien ist indes nur möglich, wenn die jungen Aktien nicht im Inland öffentlich angeboten werden (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG).
VIII. Zweitnotierungen im Ausland 408
Nach oder parallel zu einer Börsenzulassung der Aktien der REIT-AG in der Bundesrepublik Deutschland kann es sich anbieten, zusätzlich ein Auslandslisting in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragstaat oder einem Drittstaat (sog. Dual Listing) anzustreben. Auch letzteres ist unproblematisch möglich, da weder § 1 Abs. 1 REITG noch § 10 Abs. 1 REITG insoweit eine Einschränkung zu entnehmen ist. Insbesondere lässt sich dem Wortlaut dieser Vorschriften keine Verpflichtung zu einer (alleinigen) Börsenzulassung der REIT-AG in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in einem EUR-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragstaat entnehmen4 .
1. Zweitnotierung in EU/EWR-Raum 409
Sollen die Aktien der REIT-AG parallel in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWRVertragstaat zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden, so ist die BaFin für die Prüfung und Billigung des Wertpapierprospekts zuständig, da Herkunftsstaat der REIT-AG aufgrund des zwingenden Satzungs- und Verwaltungssitzes im Inland (§ 9 REITG) die Bundesrepublik Deutschland ist (Art. 13 Abs. 1 Prospektrichtlinie). Die Zweitnotierung im EU- oder EWR-Drittstaat wird in der Regel nach den erleichterten Zulassungsvoraussetzungen aufgrund des Prinzips der gegensetigen Anerkennung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erfolgen (§§ 17, 18 WpPG, sog. Europäischer Pass). Es ist also nicht erforderlich, für die Durchführung eines öffentlichen Angebots oder die Zulassung der Aktien zum Börsenhan-
1 Demgegenüber beträgt das Volumen eines Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG volle 10 % des Grundkapitals, so dass bei Kapitalerhöhungen, die das 10 %-Volumen vollständig ausschöpfen, die jungen Aktien nicht vollständig prospektfrei zum Börsenhandel zugelassen werden können. 2 Entgegen dem Wortlaut bezieht sich die 10 %-Quote auf die Zahl aller bereits im Inland an den Börsenn notierter Aktien gleicher Gattung, da die Zulassung bei verschiedenen inländischen Börsen jeweils allel Aktien gleicher Gattung zu umfassen hat (§ 7 BörsZulV), siehe Groß, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rz. 10. 3 Groß, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rz. 10. 4 Dazu Weger in Striegel, § 1 REITG Rz. 25. Soweit die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EU-Vertrag auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar ist, stellt sich vielmehr die Frage, ob der durch §§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG begründete Zwang zu einer Börsenzulassung im Inland bzw. im EU/EWR-Ausland europarechtskonform ist.
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Zweitnotierungen im Ausland
del in dem Aufnahmestaat ein (weiteres) Prospektbilligungsverfahren zu durchlaufen1. Die Sprachenregelung des § 19 WpPG ist zu beachten 2 . Die Norm unterscheidet danach, ob (1) die Aktien ausschließlich im Inland öffentlich angeboten oder zum Börsenhandel zugelassen werden sollen (Prospektsprache: grundsätzlich deutsch, § 19 Abs. 1 Satz 1 WpPG), oder (2) die Aktien ausschließlich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland im EU/EWR-Ausland öffentlich angeboten oder zum Börsenhandel zugelassen werden sollen (Prospektsprache: nach Wahl des Antragstellers eine von der zuständigen Behörde des Aufnahmestaates anerkannte oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchliche Sprache, § 19 Abs. 2 Satz 1 WpPG), oder (3) die Aktien sowohl im In- als auch im EU/EWR-Ausland öffentlich angeboten oder zum Börsenhandel zugelassen werden sollen (Sprache: nach Wahl des Antragstellers deutsch oder eine in internationalen Finanzkreisen anerkannten Sprache, § 19 Abs. 3 Satz 1 WpPG). Wird der Prospekt im letztgenannten Fall nicht in deutsch erstellt, muss er eine Übersetzung der Zusammenfassung des Wertpapierprospekts in deutscher Sprache enthalten (§ 19 Abs. 3 Satz 2 WpPG).
2. Zweitnotierung in Drittstaat Soll die Zweitnotierung in einem Drittstaat außerhalb der EU/EWR erfolgen, so folgt das dortige Angebots- und Börsenzulassungsverfahren ausländischen Rechtsvorschriften 3. Insbesondere in den USA kommt eine Zweitnotiz im Rahmen eines American Depositary Receipts (ADR) Programms in Betracht 4 . Die mit einer solchen Zweitnotierung verbundenen zusätzlichen Kosten (im Falle einer US-Notierung z. B. Bilanzierungspflicht bei einem Level II oder Level III ADR-Programm nach United States Generally Accepted Accounting Principles – US-GAAP) sowie verschärfte Berichts- und Offfenlegungspflichten (z. B. durch den Sarbanes-Oxley Act) sind bei der Entscheidung für eine Zweitnotierung zu berücksichtigen. Einstweilen frei.
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1 Näher Sandberger, EWS 2004, 297 ff.; Wagner, Die Bank 2003, 681 ff.; von Kopp-Colomb/ Lenz, AG 2002, 24 ff. 2 Zu den Einzelheiten Groß, Kapitalmarktrecht, § 19 WpPG Rz. 3 ff. 3 Ausführlich Strauch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 10 (USA, Frankreich, Italien, Spanien, UK); Kremer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 36 (Luxemburg); Werlen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfi nanzierung am Kapitalmarkt, § 37 (USA). 4 Näher zu Strukturen und rechtlichen Aspekten von ADR-Programmen Assmann, RIW 1982, 69 ff.; Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781 ff. (Teil I), 1825 ff. (Teil II); Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221 ff.; Zachert, ZIP 1993, 1426 ff.
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D. Unternehmenstätigkeit der REIT-AG Johannes Conradi Übersicht Rz. I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 II. Zulässiger Anlagebestand . . . . . . . 423 1. Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unbewegliches Vermögen . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundstücke . . . . . . (2) Grundstücksgleiche Rechte . . . . . . . . . . . bb) Rechtsposition . . . . . . . . (1) Eigentum . . . . . . . . . (2) Dingliche Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahmen . . . . . . . . . . (1) Bestandsmietwohnimmobilien . . . . . . . (2) Bewegliche Sachen . . (3) Sonstige Rechte . . . . b) Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unbewegliches Vermögen . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsposition . . . . . . . . cc) Ausnahmen . . . . . . . . . . (1) Ausländische REITBeschränkungen . . . (2) Keine sonstigen Gegenstände . . . . . . 2. Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Immobilienpersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personengesellschaften . bb) Beschränkungen . . . . . . (1) Unternehmensgegenstand . . . . . . . . . (2) Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstiges . . . . . . . . . (4) Zeitpunkt . . . . . . . . cc) Exkurs: Interims-Erwerb von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . b) REIT-Dienstleistungsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . aa) Kapitalgesellschaften . . bb) Beteiligungsstruktur . . .
424 425 426 427 431 435 436 441 449 450 459 461 463 464 466 469 470 473 474 475 477 483 484 486 488 491
492 495 496 497
cc) Beschränkungen . . . . . c) Auslandsobjektgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kapitalgesellschaften . . bb) Beteiligungsstruktur . . cc) Beschränkungen . . . . . d) Komplementärgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . 3. Andere Vermögensgegenstände a) Bewirtschaftungsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Vermögenswerte . . III. Zulässige Unternehmenstätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerben . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeitsbereiche . . . . . . . c) Beschränkungen . . . . . . . . . aa) Vermögens- und Ertragsanforderungen . . . bb) Mindesteigenkapital . . d) Anlageentscheidungen . . . . aa) Zuständigkeit . . . . . . . bb) Sorgfaltspfl ichten . . . . . cc) Haftungsrisiken . . . . . e) Kapitalmarktbezogene Verhaltenspfl ichten . . . . . . 2. Bewirtschaften . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeitsbereiche . . . . . . . aa) Vermietung, Verpachtung, Leasing . . . . . . . . bb) Technische und kaufmännische Bestandsverwaltung . . . . . . . . . . cc) Vermittlungstätigkeiten dd) Projektsteuerung . . . . . ee) Projektentwicklung . . . ff) Sonstige immobiliennahe Hilfstätigkeiten . . c) Beschränkungen . . . . . . . . . aa) Ertragsanforderungen . bb) Mindesteigenkapital . . cc) Keine Dienstleistungen für Dritte . . . . . . . . . . .
Conradi
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Rz. 498 500 502 503 504 505 506 507 509 511 514 515 516 522 523 524 530 531 534 538 539 542 543 546 548
551 553 554 555 556 557 558 560 561
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Unternehmenstätigkeit der REIT-AG Rz.
d) Bewirtschaftungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kapitalmarktbezogene Verhaltenspfl ichten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veräußern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeitsbereiche . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschluss des Immobilienhandels . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vermögens- und Ertragsanforderungen . . . . . . . . . . . . . cc) Mindesteigenkapital . . . . . . dd) Exit Tax . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entscheidungen zur Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kapitalmarktbezogene Verhaltenspfl ichten . . . . . . . . . . . . . 4. Dienstleistungen für Dritte . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
563 566 568 569 570 574 575 579 581 582 583 587 589 590
b) Tätigkeitsbereiche . . . . . . . . . . aa) Technische und kaufmännische Bestandsverwaltung . . . . . . . . . . . . bb) Vermittlungstätigkeiten . . . cc) Projektsteuerung . . . . . . . . dd) Projektentwicklung . . . . . . ee) Sonstige immobiliennahe Nebentätigkeiten . . . . . c) Beschränkungen . . . . . . . . . . . IV. Verstöße und ihre Folgen . . . . . . . 1. Feststellung des Abschlussprüfers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verantwortlichkeit des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirksamkeit des Geschäfts . . . 4. Strafzahlungen . . . . . . . . . . . . . 5. Verlust der Steuerbefreiung . . . 6. Verlust der REIT-Bezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 591
592 593 596 601 605 606 607 607 608 611 612 614 616
I. Einleitung 420
Die Unternehmenstätigkeit der REIT-AG ist durch ein strenges Regelungswerk beschränkt. Diese Beschränkungen bilden gewissermaßen die Kehrseite der steuerlichen Privilegierung. Erfüllt eine REIT-AG die Voraussetzungen ihrer Qualifikation1, dann ist sie grundsätzlich von der Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer befreit2 und kann zudem bei einem Kauf von Unternehmensimmobilien bis zum Ende des Jahres 2009 die Steuerbefreiung der „Exit Tax“ herbeiführen3. Die besondere Behandlung der REIT-AG ist nach dem Willen des Gesetzgebers aber nur dann gerechtfertigt, wenn sie ihren Unternehmensgegenstand auf immobiliennahe Tätigkeiten für den eigenen Anlagebestand beschränkt 4 . Auf diese Weise wird eine Sonderform der Aktiengesellschaft geschaffen, die einerseits das Privileg der Steuerbefreiung genießt, wenn sie andererseits dem für die REIT-AG geltenden Regelungswerk folgt.
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Das operative Geschäft der REIT-AG ist im Wesentlichen geprägt durch die Akquisition und das Management von Immobilien und Immobilienbeteiligungen. Die Regelungen zur Unternehmenstätigkeit der REIT-AG lassen sich unter zwei leitenden Gesichtspunkten darstellen: – Zum einen geht es um die Vermögensgegenstände, die die REIT-AG als ihren Anlagebestand erwerben, bewirtschaften und veräußern darf. – Zum anderen sind es die operativen Unternehmenstätigkeiten, denen die REITAG im Hinblick auf ihren Anlagebestand nachgehen darf.
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§§ 8 bis 15 REITG. § 16 Abs. 1 REITG. § 3 Nr. 70 EStG. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 3.11.2006, BR-Drucks. 779/06, S. 27.
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Zulässiger Anlagebestand
Diese beiden Gesichtspunkte – zulässiger Anlagebestand und zulässige Unternehmenstätigkeiten – bilden daher das Ordnungsprinzip der nachfolgenden Darstellung.
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