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German Pages 110 [112] Year 1988
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Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680-1820
Herausgegeben von Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt in Verbindung mit Gerd van den Heuvel und Anette Höfer Heft 10
Féodalité, Féodal Gerd van den Heuvel Parlements Michael Wagner
R. Oldenbourg Verlag München 1988
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Das Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680-1820 erscheint als Band 10 der Reihe Ancien Régime, Aufklärung und Revolution (hrsg. von Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt).
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich : 1680-1820 / hrsg. von Rolf Reichardt u. Eberhard Schmitt in Verbindung mit Gerd van den Heuvel u. Anette Höfer. München : Oldenbourg (Ancien régime, Aufklärung und Revolution ; Bd. 10) Literaturangaben NE: Reichardt, Rolf [Hrsg.]; GT H. 10. Féodalité / Gerd van den Heuvel. Parlements / Michael Wagner. 1988 ISBN 3-486-54461-6 NE: Heuvel, Gerd van den [Mitverf.] © 1988 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Hofmann-Druck KG Augsburg Druck und Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-54461-6
Inhalt Féodalité, Féodal / Gerd van den Heuvel Parlements / Michael Wagner Artikelliste
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Féodalité, Féodal GERD VAN DEN HEUVEL Einleitung I. Die Begrifflichkeit der Feudalität II. ,Fief und,droits seigneuriaux' in der Theorie der Juristen des Ancien Régime (16.-18. Jh.)
2 2 4
III. , Fief und , Gouvernement féodal' in der Historiographie des 18. Jahrhunderts 10 IV. Die Kritik der Aufklärung an der, barbarie féodale' V. ,Féodalité' in der vorrevolutionären Pamphletliteratur (17871789) VI. Die Feudalitätskritik in den cahiers de doléances
13 19 22
VII.
„L'Assemblée nationale détruit entièrement le régime féodal" (4. August 1789-17. Juli 1793)
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VIII.
,Féodalité' als überwundene Epoche und Synonym zu ¡Ancien Régime' (1789-1794)
35
IX. Ambivalenz von ,Féodalité' zwischen juristischem Fachterminus und politischem Kampfbegriff (1795-1820)
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X. , Féodalité' als Grundbegriff der Geschichtsphilosophie und Gegenstand der Historiographie im frühen 19. Jahrhundert . . . .
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Einleitung Der Begriff der Feudalität steht bis heute im Zentrum der geschichtswissenschaftlichen Diskussion um Ancien Régime und Revolution, wobei vornehmlich darüber gestritten wird, ob er in adäquater Weise zur Charakterisierung der französischen Wirtschaft und Gesellschaft im 17. und 18. Jh. dienen kann. Seine grundsätzliche Problematik als Terminus der Wissenschaft erhält der Feudalitätsbegriff dadurch, daß er neben der Beschreibung konkreter materieller und rechtlicher Verhältnisse stets auch als negativ akzentuierter politischer Kampfbegriff diente. Letzteres gilt nicht nur für die Revolution, die eine wesentliche Legitimation aus der Überwindung der féodalité bezog und den Begriff für die gesamte Lebenswirklichkeit des Ancien Régime in Anspruch nahm, sondern gleichermaßen für den Absolutismus in seinem Kampf gegen Parlamente und Adelsopposition. Juristische Konzeption, materielle Realität und politisch-soziale Polemik müssen daher zusammen als wissenssoziologische Elemente des Feudalitätsbegriffs Berücksichtigung finden, um seinen Stellenwert im historischen kollektiven Bewußtsein zu bestimmen und seine historische Vorbelastung' als Terminus der Geschichtswissenschaft aufzuzeigen.
I. Die Begrifflichkeit der Feudalität Féodalité, im ursprünglichen, juristischen Sprachgebrauch seit dem 16. Jh. der Fachterminus für den Gesamtkomplex lehnsrechtlicher Verhältnisse, bildet den Oberbegriff für ein weites Feld feudalrechtlicher Termini, die erst in ihrer Gesamtheit eine adäquate begriffsgeschichtliche Behandlung der Feudalität erlauben1). Deshalb sollen hier die wesentlichen Begriffe in einem Grundmuster der Lehnsverfassung und der Grunduntertänigkeit vorangestellt werden. In der Terminologie der mit dem Feudalrecht befaßten Juristen des 18. Jh. bezeichnete//e/(Lehen) ein durch eine juristische Abhängigkeitsbeziehung gekennzeichnetes, ursprünglich dem Adel vorbehaltenes, seit dem 14. Jh. aber auch Bürgerlichen zugängliches Eigentum. Fief bezog sich sowohl auf das Obereigentum (dominium di') Zur Problematik der semantischen Felder dieser Begriffe s. et Seigneurie.
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ROBIN:
Fief
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rectum) des Lehnsherrn {seigneur), als auch auf das Untereigentum (dominium utile) des Vasallen. Der Vasall hatte dieses Eigentum unter der Bedingung der Leistung von foi et hommage (Treueid und Mannschaft) inne. Der Teil des Lehens, der in der Hand des seigneur verblieb, hieß fief dominant, der abgetrennte Teil fief servant. Konstitutiv für die Lehnsabhängigkeit waren rechtliche Beziehungen zwischen seigneur und Vasall, so z. B. das Recht des Oberherrn zur zeitweisen Lehnseinziehung bei Nichterfüllung der lehnsrechtlichen Verpflichtungen durch den Vasallen (saisie féodale) oder der quint et requint (Besitzwechselabgabe bei Lehnsverkauf). Der Begriff der seigneurie überschnitt sich mit dem des fief (seigneurie utile, directe) und bezeichnete ein mit Herrschaftsattributen (z.B. Jurisdiktion) versehenes Obereigentum, das sich sowohl auf andere adlige Güter, als auch auf die nichtadligen, zinspflichtigen Güter der tenanciers (Hintersassen) beziehen konnte (seigneurie féodale = ,LehnsherrschaîV', seigneurie foncière ou censuelle = ,Grundoder Zinsherrschaft')- Ausdruck der Zinsabhängigkeit waren bestimmte vom Hintersassen zu leistende Abgaben: neben dem cens vor allem jährlich zu entrichtende, örtlich unterschiedlich bemessene Naturalabgaben (champart, terrage), Fronden (corvées), Besitzwechselabgaben im Falle des Verkaufs (lods et ventes)-, darüber hinaus besaß der seigneur das Bannrecht oder Monopol für Mühle und Kelter (banalités), Ehrenvorrechte in der Gemeinde und das exklusive Jagdrecht im gesamten Bereich seiner Grundherrschaft. Hinzu kam noch der Kirchenzehnt (dîme), der de jure zwar nicht zu den grundherrlichen Gefällen zählte, aber dennoch in die Feudalrechtsdiskussion des 18. Jahrhunderts mit einbezogen wurde. Die Lexeme féodal, féodalité waren im Sprachgebrauch der Juristen des 17./18. Jh. 2 ) relativ selten; die allgemeinsprachigen Lexika 2
) ROBIN: Fief et Seigneurie, auf deren Ausführungen die folgende Zusammenfassung basiert, legte 16 Abhandlungen und Wörterbücher des 18. Jahrhunderts, die sich speziell mit dem Feudalrecht befassen, zugrunde: SALVAING: De l'usage des fiefs ( 1 7 3 1 ) ; HÉVIN: Questions féodales ( 1 7 3 6 ) ; BILLECOQ Traité des fiefs ( 1 7 4 9 ) ; P . DELIVONNIÉRE: Traité des fiefs ( 1 7 5 6 ) ; E. DELÀ Poix DE FRÉMINVILLE: La pratique universelle pour la rénovation des terriers et des droits seigneuriaux ( 1 7 4 6 - 1 7 8 7 ) ; L A PLACE: Dictionnaire des fiefs ( 1 7 5 9 ) ; JACQUET: Traité des fiefs ( 1 7 6 4 ) ; Cl. J . DE FERRIÉRE: Dictionnaire de droit ( 1 7 7 1 ) ; H . DE PENSEY: Traité des fiefs ( 1 7 7 3 ) ; BOUTARIC: Traité des droits ( 1 7 7 5 ) ; POTHIER: Traité des fiefs ( 1 7 7 6 ) ; PREUDHOMME: Traité des droits appartenants aux seigneurs sur leurs biens possédés en roture ( 1 7 8 1 ) ; GUYOT/MERLIN: Répertoire universel et raisonné de jurispru-
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verwiesen allesamt auf den Terminus fief. „Féodal. Terme de Palais, qui regarde le fief. Qui est le fief (saisie féodale)" (1680); „Féodal: qui appartient au fief" (1690); „Féodalité (Jurisprudence). C'est la qualité de fief, la tenure d'un héritage à titre de fief. Quelquefois le terme de féodalité se prend pour la foi et hommage, laquelle constitue l'essence du fief" (1756); „Féodal, qui concerne le fief. Droit féodal, seigneur féodal... Féodalité, est, 1° Qualité de fief. 2° La foi et hommage dûs au Seigneur du fief" (1787)3). II. ,Fief' und ,droits seigneuriaux' in der Theorie der Juristen des Ancien Régime (16.-18. Jh.) Bedingt durch die Konsolidierung der zentralstaatlichen Königsmacht, dem damit einhergehenden Aufbau eines stehenden Heeres und dem Ausbau einer der Krone unterstehenden Verwaltung, kurz: der (freilich begrenzten) Durchsetzung der französischen dynastischen Monarchie gegen partikulare Herrschaftsansprüche einzelner adliger Magnaten - traten zunehmend die im Lehnsrecht verankerten personalen vasallitischen Bindungen hinter den dinglichen Charakter der Lehnsverpflichtungen zurück. Es mußte im Interesse der Krone liegen, den aus dem Lehnsrecht ableitbaren Ansprüchen partikularer Herrschaftsausübung (z.B. die jurisdiktionelle Gewalt über Teile der Untertanen) die Legitimität zu entziehen, wollte sie nicht Gefahr laufen, schließlich doch den immer wieder unternommenen Versuchen zur Durchbrechung ihres Machtmonopols zu unterliegen. Wesentlich hierfür war, daß die Krone die Egalisierung des Untertanenverbandes insoweit durchsetzen mußte, daß bestehende Privilegien, z.B. grundherrliche und feudale Rechte, zwar nicht aufgehoben wurden, ihre Ausübung durch den Adel das Herrschaftsmonopol aber nicht in Frage stellte. Die juristischen Grundlagen hierfür schuf der Staatsanwalt und Legist Charles D U M O U L I N (1500-1566) mit seinem maßgebenden, noch 1773 und 1793 neu aufgelegten Traité des fiefs, in dem er die dence civile et criminelle canonique et bénéficiai (1784); HERVÉ: Théorie des matières féodales (1785-1788); RENAULDON: Dictionnaire des fiefs (1765/1788); RAVAUT: Mémorial alphabétique des droits (1790). 3
) Vgl. nacheinander RICHELET (1680), I 328; FURETIÈRE (1690); Enc.,
VI,
(1756), S. 493; FÉRAUD, II (1787), 232. - S.a. Dict. Acad. ( 4 1762, ed. 1777), 1478; Enc. méthod. : Jurisprudence, (1786) IV, S. 488f.
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Vergabe des Lehens durch den König als dingliche Übertragung gegen Leistung von Diensten definierte und damit die dem römischen Recht entspringende vertragliche Bindung über die Rechtsnormen der lokalen Gewohnheitsrechte (coutumes) stellte. Die Übertragung des Lehens, so Dumoulin, beinhaltet bestimmte Rechte über Grund und Boden, nicht jedoch über die Personen, die ihn bewirtschaften4). Dumoulin schuf damit die theoretischen Voraussetzungen, auf denen aufbauend die Juristen der folgenden Generationen versuchten, die coutumes unter weitgehender Anlehnung an das römische Recht neu zu kodifizieren. Wenn dies auch nicht vollständig gelang, ja selbst im südlichen Teil Frankreichs, wo das römische Recht in fast ungebrochener Tradition fortbestanden hatte, örtliche Gewohnheitsrechte noch in Kraft blieben, so ist doch mittelbar die Rezeption des römischen Rechts in neu überarbeiteten coutumes, denen - wie z. B. der coutume von Paris (1580) - Modellcharakter zukam, unverkennbar. Auch der dingliche Charakter der bäuerlichen Grunduntertänigkeit - sieht man von Resten der Leibeigenschaft (mainmorte) in der Bourgogne, im Jura und in der Franche-Comté ab - erhielt sowohl im Gebiet des geschriebenen Rechts, wo der Grundsatz nul seigneur sans titre galt, als auch in der Region des nordfranzösischen Gewohnheitsrechts (nulle terre sans seigneur) allgemeine Gültigkeit. Zwar blieben einige Herrschaftsrechte, wie die im 17. und 18. Jh. heftig angegriffene grundherrliche Gerichtsbarkeit5), dem Adel erhalten, das wesentliche Anliegen der Krone aber, der direkte Zugriff auf den steuerzahlenden Untertanen, wurde im 16./17. Jh. im größten Teil des Königreichs endgültig durchgesetzt. Diese gesellschaftliche Erfahrung kam zum Ausdruck in neuen Definitionen von fief, féodalité und seigneurie seit dem frühen 17. 4
5
)
MACKRELL, S . 5 3 f .
) Die Kritik an der grundherrlichen Gerichtsbarkeit rekurrierte im 18. Jh. stark auf Charles LOYSEAU: Discours de l'Abus des Justices de Village. Paris 1603, der seine Kritik folgendermaßen zusammenfaßte: „Concluons donc de tout ce discours, que les iustices de village ont esté, ou mal côcedées, ou usurpées: que leur tolerance est plaine d'absurdité, et contre toute raison: que leur exercice est plain d'abus et malversations et partant qu'il est très-expedient, très-iuste et très facile de les reünir en un seul degré de iurisdiction [...]". (S.71).-Zur Kritik an der grundherrlichen Gerichtsbarkeit s.a. B A R B I E R , I I I 83 (Juni 1749); zusf. MACKRELL, S. 55f und DERS.: Criticism of Seigneurial Justice in Eighteenth Century France, in J. F. BOSHER (ed.): French Gouvernment and Society 15001800. Essays in Memory of A. Cobban. London 1973, S. 123-44. 11
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Jh., die in immer stärkerem Maße den von Souveränitätsansprüchen losgelösten Eigentumscharakter der adligen Güter hervorhoben. Die vereinzelt von Juristen vorgetragene Kritik an Usurpationen königlicher Lehnsträger wurde erstmals von dem Advokaten Charles LOYSEAU (1565-1627) in mehreren Abhandlungen systematisch zusammengefaßt. Loyseau unterschied zwei Formen der Oberherrschaft: Die allein dem Staat als Ausdruck seiner Souveränität in Form der Besteuerung, Soldatenaushebung und Rechtsprechung über Untertanen zustehende seigneurie publique und eine sich nur auf die Oberherrschaft über Sachen erstreckende seigneurie privée der Grundherren 6 ). Die faktisch bestehende, von ihm aber für unrechtmäßig erklärte Durchbrechung dieses Prinzips durch den Fortbestand partikularer Herrschaftsrechte in Form der justice seigneuriale nannte er suzeraineté, „mot qui est aussi étrange, comme cette espèce de Seigneurie est absurde".7) Trotz dieser Usurpationen und Bindungen des Königs an seine Vasallen durch die Lehnsverfassung („feudalité") - so Loyseau - sei die Souveränität des Staates aber gewahrt: Il est bien vrai que la protection, le tribut et la feudalité rabaissent et diminuent le lustre de l'Etat souverain, qui sans doute n'est pas si pur, si souverain, et si maiestatif (s'il faut ainsi dire) quand il est subiect à ces charges: mais le Prince qui les possede ne laisse pourtant d'être souverain en effet, puisque pour sa persoñe il n'est iusticiable d'aucun, et que la puissance absolue luy demeure sur ses subiects. 8 )
Die Schriften Loyseaus wurden im 17. und 18. Jh. mehrfach neu aufgelegt und von nahezu allen mit dem Feudalrecht befaßten Juristen rezipiert, so daß seine Ausführungen zum Grundwissensbestand in der weiteren Feudalrechtsdiskussion zählten. In Anknüpfung an Loyseau unterschied die Encyclopédie erstens zwischen den seigneuries publiques mit Souveränitätsrechten und verwies bezeichnenderweise zur Definition dieser Art von Oberherrschaft auf die Begriffe Etat, Monarchie, Roi, Royaume, Souverain. Jede Art von Souveränitätsansprüchen war damit allein dem an der obersten Spitze der Lehnspyramide stehenden Monarchen zuerkannt. Zweitens führte sie die seigneuries publiques an, „qui sont seulement suzeraines ou subalternes, sont des seigneuries non souveraines, ayant 6
) Ch. L O Y S E A U : Traité des Seigneuries, Paris 1608, S. 6f. 7) Ebd. S. 19. s) Ebd. S. 34.
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fief [ . . . ] avec justice". Drittens unterschied sie davon die seigneurie privée als einfaches Eigentum, „abstraction faite de toute seigneurie prise en tant que puissance et supériorité". 9 ) Aus dieser Eliminierung von Souveränitätsansprüchen einzelner Lehnsträger ergab sich das Problem, wie das nach allgemeiner Auffassung ebenso in die Lehnskette integrierte Abhängigkeitsverhältnis der Grundholden zu ihrem jeweiligen Oberherrn zu bewerten, vor allem aber die bäuerlichen Dienst- und Abgabenverpflichtungen zu legitimieren seien. Die Juristen des 17. und 18. Jh., die in Abhandlungen, Wörterbüchern, gerichtlichen Entscheidungssammlungen und Prozeßkommentaren eine gewisse Systematisierung und Durchsichtigkeit des Feudalrechts anstrebten, bezogen insgesamt gesehen hinsichtlich der grundherrlichen Rechte weder vorbehaltlos Partei für die seigneurs, noch unterstützten sie die Bestrebungen der Bauern, die Rechtmäßigkeit möglichst vieler droits seigneuriaux in Frage zu stellen10). Zu den von ihren Inhabern eifersüchtig als Mittel der sozialen Distinktion wahrgenommenen grundherrlichen Ehrenrechten (droits honorifiques), wie z. B. eine separate Kirchenbank für den seigneur und seine Familie in der Dorfkirche, Exklusivrechte der Jagd und Taubenhaltung etc., überwogen Abhandlungen und Handbücher, welche die Rechte auflisteten, systematisierten und die Ansprüche der Grundherren untermauerten 11 ). Kritische Bemerkungen fand hingegen die Mehrzahl der Juristen zu den Rechten, die nach ihrer Auffassung aus persönlicher Knechtschaft, Gewaltanwendung und Tyrannei resultierten, ohne vertragliche Grundlage oder Fixierung in den coutumes willkürlich erhoben wurden oder den Maximen des Naturrechts auf persönliche Freiheit widersprachen. Dazu zählten sie insbesondere Fronen (corvées) und ') Enc., XIV (1765), S. 897 (Verf.: Boucher d'Argis). S.a. Enc. méthod.: Jurisprudence, VII (1787), S. 690f. 10 ) Zu den wesentlichen Schriften des 18. Jh. s. Anm. 2. n ) Besonders erfolgreich war hier M . MARÉSCHAL: Traité des droits honorifiques. Paris 1615.1616 neu aufgelegt, erschien das Buch 1655 bereits in 9. Auflage, erlebte 1697, 1700, 1705, 1714, 1724, 1762, 1772 neue Editionen und wurde 1772 unter identischem Titel zusammen mit Abhandlungen zum gleichen Thema von E. C L U G N Y (Conseiller am Parlement von Dijon, geb. 1664, gest. 1741) und D A N T Y (Veröffentlichungen am Ende des 17. Jh.) von M. J. A. SÉRIEUX (Avocat au Parlement) und D. SIMON (Conseiller au Présidial de Beauvais), die auch selbst noch Beiträge zum Thema lieferten, erneut herausgegeben. 13
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Bannrechte (banalités), die, im 17. Jh. bereits in Frage gestellt 12 ), in der zweiten Hälfte des 18. Jh. zum Gegenstand aufklärerischer Kritik wurden: Quoi qu'il en soit de notre ancienne jurisprudence, il est certain qu'aujourd'hui, la corvée n'est pas due sans titre [ . . . ] L'humanité regagne peu à peu ses droits, et la philosophie répand sensiblement sa lumière [...], cette philosophie bienfaisante qui éclaire les hommes, et les porte au soulagement des malheureux. Le plus grand soulagement qu'elle puisse leur procurer, est la diminution des redevances tyranniques, triste suite du gouvernement féodal.13) D a diese Stellungnahmen keineswegs nur bloße Theorie waren, sondern durchaus konkrete gerichtliche Entscheidungen hinsichtlich der droits personnels reflektierten, andererseits aber auch auf die Rechtsprechungspraxis der oberen Gerichtsinstanzen zurückwirkten 14 ), die nicht selten den bäuerlichen Klagen gegen einzelne Rechte entsprachen, fand die Kritik an den „droits exorbitants et extraordinaires" (RENAULDON15) über Juristen und eine aufgeklärte Öffentlichkeit hinaus auch starke Resonanz bei den betroffenen Bauern; konnten sie doch nicht mehr nur mit dem Hinweis auf den Verstoß gegen positives Recht auf die Willkür der Grundherren verweisen, sondern darüber hinaus sich auch auf den menschenunwürdigen Charakter des Feudalsystems berufen. Die Juristen selbst, obwohl sie keineswegs eine grundsätzlich kritische Haltung zu allen droits seigneuriaux einnahmen, lieferten so den Bauern Argumente gegen die tyrannie féodale, die letztere in nahezu identischem Tenor in den cahiers de doléances des Jahres 1789 vorbrachten 16 ).
12
) Z. B. J. CHENU: Cent notables et singuliers questions de droit, décidées par arrests mémorables des cours souveraines de France, Paris 1602, in J. PAPON: Recueil d'arrests notables, bearb. von J. CHENU, Paris 1610, S. 819. S. dazu und zu weiterer Literatur W. SCHMALE: Bäuerlicher Widerstand, Gerichte und Rechtsentwicklung in Frankreich ... (16.-18. Jh.), Frankfurt a.M. 1986. - Zur verbreiteten Kritik an corvées und banalités in Kreisen der Juristen s. a. J. BASTIER: La Féodalité au siècle des lumières dans la région de Toulouse (1730-1790), Paris 1975, S. 138f. 13 ) De SALVIAT: La Jurisprudence du Parlement de Bordeaux, Paris 1787, S. 115. 14 ) SALVIAT [Anm. 13] erwähnt z. B. mehrere Fälle, in denen die Bauern mit ihren Protesten gegen die corvées Recht bekamen. S. a. RENAULDON I, S. 2 7 3 - 2 8 0 ; Z u bäuerlicher Prozeßtätigkeit S. Ph. GOUJARD: L'Abolition
la Féodalité dans le Pays de Bray (1789-1793), Paris 1979, S. 51-69. 15
) RENAULDON ( 1 7 6 5 ) , I 348 u. 358.
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) S. dazu unten Kap. VI.
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Die dritte Kategorie der droits seigneuriaux hingegen, die dinglichen Rechte (droits utiles) wie Ernte- und Besitzwechselabgaben, wurden von den Juristen nicht in Frage gestellt, mußten von ihnen aber angesichts einer wachsenden Legitimationsbedürftigkeit und wachsender Kritik am gesamten Feudalsystem neu definiert werden. „J'entends dire tous les jours", so begann Renauldon seinen Traité historique et pratique des droits seigneuriaux, „que les droits seigneuriaux sont odieux; et moi je dis que ce langage est celui du préjugé, de l'ignorance"17). In gleicher Weise gab H E R V É am Vorabend der Revolution indirekt die öffentliche Meinung über den Widersinn des Feudalwesens wieder, behauptete aber, es auf seine anzuerkennenden Rechtstitel zurückführen und rationalisieren zu können: Je vis que les fiefs, les justices, les cens, la servitude, etc., avaient d'autres causes que la puissance et la tyrannie des seigneurs; je vis que les gens de l'Eglise n'avaient usurpé ni leurs droits, ni leurs justices; je vis que les uns et les autres avaient des titres respectables-, je vis que les contrats de fiefs et de cens n'étaient point encore définis et qu'ils pouvaient l'être; je vis enfin qu'on pouvait faire un développement satisfaisant et raisonnable de toute la féodalité et tirer de ce développement des principes généraux qui servissent de base à toute doctrine féodale.18)
Diese .vernunftgemäße' Begründung dinglicher grundherrlicher Rechte tendierte nun dahin, das Lehen zu romanisieren, seinen Eigentumscharakter hervorzuheben und unter Berufung auf die Autorität Dumoulins die außerökonomisch begründete Abhängigkeit der tenanciers dem bürgerlichen, nichtfeudalen und auf freiem Vertrag beruhenden Pachtzins gleichzustellen. Damit wurde gleichsam die Fiktion des Konsensus zwischen einem Erbpächter und einem Verpächter aufgebaut19). Ce n'est pas à cette espèce de droits [extraordinaires: corvées, banalités etc.] qu'il faut appliquer la façon de penser de Dumoulin qui regarde les droits seigneuriaux comme méritant toute la faveur d'une créance légitime [...]; ce sont des droits qui dérivent de contrats purement synallagmatiques, où le sei-
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) Paris 1765.
T. I , Préface. Zitat nach ROBIN [1]. ) ROBIN, S. 482-507. - S. zu dieser Auffassung auch eine anonyme Stellungnahme: „Les cens et rentes furent dans l'origine ce que sont aujourd'hui les loiers de nos fermes." /. encyclopéd. N° VIII/3 (15.XII.1766), S. 119.
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) HERVÉ [ 2 ] ,
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gneur a donné pour recevoir à des conditions justes, acceptées librement et qu'il était libre à celui qui contractait de refuser.20)
Die damit von den f ü h r e n d e n K e n n e r n des Feudalrechts im 18. Jh. v o r g e n o m m e n e Ü b e r f ü h r u n g seigneurialer dinglicher Abhängigkeitsverhältnisse in allseits anerkannte, am römischen Recht orientierte Eigentumstitel bildete mit Beginn der Revolution die theoretische Grundlage, auf der die A u f h e b u n g der Feudalität 1 7 8 9 - 9 0 dekretiert wurde 2 1 ).
III. ,Fief' und gouvernement féodal' in der Historiographie des 18. Jh. Eine zentrale Stellung in der französischen Historiographie des 17./ 18. Jh. n a h m die D e b a t t e über den Ursprung des Lehens ( f i e f ) ein. Deutliche politische Implikationen hatte die Diskussion insofern, als einerseits der Hochadel die historische Legitimität seiner Rechte und Privilegien gegen die sich durchsetzende absolute Monarchie zu beweisen suchte, andererseits die K r o n e bestrebt war, die aus dem Lehen h e r r ü h r e n d e n Souveränitätsansprüche zu widerlegen. N e b e n m e h r e r e n A u t o r e n des 17. J h . , welche die Herrschaftsansprüche des Adels entweder aus der ursprünglichen Landaufteilung nach der E r o b e r u n g Galliens durch die Franken oder aus einem Vertretungsanspruch der freien F r a n k e n auf d e m Marsfeld herleiteten 2 2 ), war es B O U L A I N V I L L I E R S , der der Adelsopposition während der Régence und zu Beginn der Regierungszeit Ludwig X V . neue Argum e n t e gegen die Zentralgewalt der K r o n e lieferte. E r befürwortete
R E N AULDON (1765/1788), hier Zitat nach 1788 I , S. 348 (Art. Banalités). S.a. H E R V É [Anm. 2 ] : „L'obligation de remplir certains devoirs [ . . . ] n'est point incompatible avec l'idée d'une véritable propriété qui réside sur la tête du censitaire. Dire que le seigneur a une seigneurie droite sur l'héritage qu'il a baillé à cens [ . . . ] c'est exprimer qui'il y a un rapport conventionnel entre le bailleur et le preneur et non pas que le premier est le vrai propriétaire de l'objet concédé." (1785, T. 5, S. 78. Zitat nach ROBIN, S. 483f). 21 ) S. dazu u. Kap. VII. 22 ) Dazu zählte LE LABOUREUR: Histoire de la Pairie, ca. 1 6 6 4 geschrieben, aber erst 1740 veröffentlicht, da man Vergeltungsmaßnahmen der Krone fürchten mußte. Vgl. MACKRELL, S. 20. 20
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)
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ein gouvernement féodal, d. h. ein Regierungssystem mit dezentralisierter Gewalt, das durch die Partikularherrschaft lokaler Herren gekennzeichnet und durch eine seiner Meinung nach noch in Kraft befindliche ursprüngliche ,Verfassung' der Franken legitimiert war23). Dem hielt der Abbé D U B O S in seiner 1734 erschienenen und von MONTESQUIEU24), einem Befürworter der pouvoirs intermédiaires, heftig angegriffenen Histoire critique de l'établissement de la monarchie françoise dans les Gaules15) im Interesse der absoluten Monarchie entgegen, daß seit der Eroberung Galliens durch die Franken immer ein starker König an der Spitze des Reiches gestanden habe und gerade die Zuweisung der Lehen durch den König die Abhängigkeit des Adels von diesem dokumentiere. Die von Dubos intendierte Stärkung der Königsherrschaft implizierte eine scharfe Kritik an der Herrschaftszersplitterung des Mittelalters, eine Kritik, die weite Kreise zog. So beschrieb der Advokat und Notar BÉGUILLET26) den mittelalterlichen Adel als Raubritter, der seine ,Herrenrechte' ausübte, indem er Frauen entführte und friedliche Kaufleute überfiel; und D A R G E N S O N fügte diesem weitverbreiteten Klischee nur einen aktuellen Gegenwartsbezug hinzu, wenn er die Kronvasallen als diejenigen darstellte, „[qui] violoient les femmes et prenoient les héritages impunément, et de ces rigueurs inhumaines sont venus des Droits H. BOULAINVILLIERS (comte de): Etat de France I, Mémoires historiques. London 1727, S. 15 - 4 7 ; DERSI : Essais sur la noblesse de France contenant une dissertation sur son origine et abaissement, Amsterdam 1732, S. 14f u. 41; DERS.: Histoire de l'ancient gouvernement de France. Den Haag 1727. S. dazu auch O. BRUNNER: Feudalismus, in: Gesch. Grundbegriffe, II, S. 337-50, hier S. 340. 24 ) MONTESQUIEU: Esprit des Lois (1748), XXVIII/3 und XXX/23-25. Montesquieu ergriff nicht Partei zu Gunsten BOULAINVILLIERS und bewahrte damit Distanz in der öffentlichen Debatte: „M. le comte de Boulainvilliers et M. l'abbé Dubos ont fait chacun un système, dont l'un semble être une conjuration contre le tiers état, et l'autre une conjuration contre la noblesse." (Ebd. XXX/10). « ) Amsterdam 1734. 26 ) M . BEGUILLET/M. COURTÉPÉE: Description générale et particulière du Duché de Bourgogne, 3 Bde., Dijon 1774-78, hier Bd. 1,S. 1 3 7 . - D e r gleiche Topos findet sich wieder bei [Abbé CLERGET]: Le Cri de la Raison [ . . . ] Besançon 1789, S. 34 Anm.l; s. a. J. encyclopéd. Vol 8/3 (1756), S. 88. - Zur negativen Akzentuierung des Féodalité-Begriffs in historischer Perspektive s.a.: Réflexions politiques sur le vasselage et la féodalité par M. le Chev. de B. Besprechung in: J. encyclopéd. VI/1, S. 86-102 (15.VIII.1766) u. ebd. VIII/2, S. 128-32 (1.XII.1766). 17
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d e fiefs si bizarres et qui admirent nos studieux feudistes" 2 7 ). Für und L I N G U E T war erwiesen, daß das gouvernement féodal auf Gewalt und Usurpation beruhte 2 8 ). Linguet polemisierte darüber hinaus gegen die angeblich edle Ritterschaft, wie sie in R o m a n e n dargestellt wurde: VOLTAIRE
Le fait est cependant qu'ils n'étoient d'autre que des Raphias couverts d'acier, des Mandrins montés sur de gros chevaux, qui mettoient impitoyablement à contribution quiconque avoit le malheur de se trouver voisin de ces tanneries crénelées qu'ils appelloient châteaux. 29 ) Aktualität besaßt die Kritik am gouvernement féodal, an der barbarie féodale und am désordre féodal30) insofern, als die aufgeklärte Öffentlichkeit damit die intermediären Gewalten der Parlamente als historisch nicht legitimierte Fremdkörper zwischen König und Volk in Frage stellte: „Le gouvernement féodal ne nous montre que des souverains sans force, et des peuples écrasés et avilis par une aristocratie, armée également contre le monarque et la nation." 3 1 ) D i e
Considérations sur le Gouvernement ancien et présent de la France, Amsterdam 1764, S. 127 (laut Vorwort des Verlegers kursierte die Schrift schon Jahre zuvor als Manuskript). S.a. seine Forderung nach Abschaffung der féodalité: ARGENSON, IV 108f (5.VIII.1744). „La force a tout fait dans ce monde [ . . . ] On a longtemps cherché l'origine de ce gouvernement féodal. Il est à croire qu'il n'en a point d'autre que l'ancienne coutume de toutes les nations d'imposer un hommage et un tribut au plus faible [ . . . ] Il est sur que ce ne sont pas les peuples qui ont, de leur gré, choisi cette forme de gouvernement." (VOLTAIRE: Essai sur les moeurs et l'esprit des nations, Zitat nach J . BASTIER [12], S. 23); [LINGUET]: Théorie des Loix civiles ou Principes fondamentaux de la Société, T. I - I I , London 1767, hier bes. II, S. 497-508; Im gleichen Sinne auch L E TRÔNE: De l'Administration Provinciale, et de la Réforme de l'Impôt. (1779), Bd. I - I I , Basel 1788, bes. Bd. II, S. 438-94.
27
) D'ARGENSON:
29
) LINGUET
3°)
31
18
)
[28], S. 497. L. fährt fort: „On sent quelle devoit être la situation des moutons desarmés qui passoient en tremblant dans les campagnes, et dont les oreilles étoient sans cesse frappées des hurlemens de ces bêtes sanguinaires." (S. 500). - S. zu Linguets Haltung GRIMM, XI453 (März 1777). GRIMM, VII465 (1.XI.1767); ebd. X 4 8 9 - 9 1 (Okt. 1774); encyclopéd. IL (1780), T. II, S. 3 (15.III.1780). - Im gleichen Sinne zur féodalité gothique Frankreichs im Mittelalter auch J . L . De LOLME: Constitution d'Angleterre (1771), nouv. éd. 1774, S. 24f. HOLBACH im £nc.-Artikel „Représentans" (Enc., XIV, 1765, S. 144).
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Thematik des gouvernement féodal und der anarchie féodale32) fand in der historischen Literatur, aber auch in der Sprache allgemein33) eine derartige Verbreitung, daß MIRABEAU d.Ä., selbst ein Befürworter der féodalité des Mittelalters („la plus admirable police d'Etat, je veux dire la féodalité"34), bereits in den 1770er Jahren spottete: „On a pris à tâche dans ces derniers temps de livrer à l'anathème le gouvernement féodal; il n'est écrivailleur qui à peine en traite l'histoire sur des tables chronlogiques, qui ne lui donne son lardon."35)
IV. Die Kritik der Aufklärung an der ,barbarie féodale' Thematisierte die Polemik gegen die anarchie féodale zunächst einmal das politische Verhältnis zwischen Krone, Adel, Parlamenten und Tiers Etat in einem mit historischen Argumenten geführten Ständekampf, so traten seit den 1760er Jahren weitere Aspekte der Feudalherrschaft, die Bedrückung der Bauern durch die barbarie féodale und die ökonomische Unsinnigkeit der droits seigneuriaux hinzu. Im Mittelpunkt der Diskussion stand dabei zunächst die letzte noch im 18. Jh. fortbestehende Form bäuerlicher Unfreiheit, die mainmorte, der in einigen östlichen Provinzen Frankreichs noch ca. 150.000 Menschen unterlagen. Obwohl die Kritik an der mainmorte bereits zu Beginn des 18. Jh. von einigen Juristen vorgetragen worden war36), rückte das Problem erst in den 1770er Jahren, nachdem Voltaire 1772 zwei Schriften über die Leibeigenen des Mont-Jura veröffentlicht hatte, ins Bewußtsein einer breiteren Öffentlich32
) Discours de M. Chabanon, prononcé le 20 janvier 1780, jour de sa réception à l'académie françoise. Das Journal encyclopédique berichtete darüber: „M. de Chabanon, en citant quelques époques de notre histoire, arrête ses regards sur celle où l'anarchie féodale avoit confondu tous les droits." (IL, T. II, 1 vom 15.11.1780); s. a. J.-N. MOREAU: Discours
sur
l'histoire de France, I-XXI, Paris 1777-89, hier XV (um 1785). ») Enc. méthod.: Écon. polit., I (1784), 443. V. DE RIQUETTI, Marquis DE MIRABEAU: L'Ami des Hommes ou traité de la population. 2 Vol. Hamburg 1758, T. I, chap. III, S. 52. 3S ) Discours de rentrée des assemblées économiques pour l'hiver 1776-1777. In: Manuscrits économiques de F. Quesnay et du Marquis de Mirabeau, X
ed. G. WEULERSSE, Paris 1910, S. 137.
) F. I. DUNOD DE CHARNAGE: Traité de la mainmorte et des retraits. Dijon 1733, S. 10. S. dazu SCHMALE [12], S. 177-185.
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keit.37) Voltaires Kampagne hatte wesentlichen Einfluß auf das Gesetz von 1779, mit dem die main-morte auf allen königlichen Domänen abgeschafft wurde und das trotz der remontrance des Parlaments der Franche-Comté durchgesetzt werden konnte38). Der Fortbestand der main-morte in den übrigen Grundherrschaften verschärfte und emotionalisierte umso mehr die Debatte um die von wenigen Befürwortern mit paternalistischen Argumenten verteidigte Leibeigenschaft39). Die main-morte, so ihre Kritiker, verstoße nicht nur gegen das Naturrecht auf Freiheit des einzelnen Bauern, sie sei auch Ausdruck der „feudalen Anarchie" und des „finsteren Mittelalters", das mit der Zerstörung der hydre féodale eigentlich überwunden sein sollte40). Die aus einigen Chroniken des Mittelalters interpretierbare Etymologie des Wortes main-morte, wonach der Grundherr die abgeschnittene rechte Hand des verstorbenen Leibeigenen erhielte, wenn dieser nichts hinterlassen habe41), wurde nicht nur von einer Anzahl von Pamphleten aufgegriffen, sondern fand selbst in der Encyclopédie, im Dictionnaire de Trévoux und in der Encyclopédie méthodique Erwähnung und wurde von Voltaire als erwiesene Tatsache
37
) VOLTAIRES Schriften: Dissertation sur l'établissement de l'Abbaye de S. Claude, ses chroniques, ses légendes, ses chartes, ses usurpations et sur les droits des habitons de cette terre (Neufchâtel 1772) ; Collection des mémoires présentés au Conseil du Roi par les habitons du Mont Jura et le Chapitre de Saint Claude, avec l'arrêt rendu par ce tribunal (Neufchâtel 1772); S. d a z u a u c h MACKRELL, S . 1 0 6 - 0 9 .
38
) Der König bedauerte im Vorwort zu diesem Gesetz, das Recht der mainmorte wegen der akuten Finanzknappheit nicht auch den übrigen Grundherren abkaufen zu können, „pour abolir sans distinction ces vestiges d'une féodalité rigoureuse." (BACH., XIV 153, 16.VIII.1779). Auffällig ist, daß der feudaljuristische, bisher relativ selten gebrauchte féodalité-Begriff in diesem Zusammenhang die allseits diskreditierte main-morte umschreibt und damit zur negativ akzentuierten Sammelbezeichnung für feudalrechtliche Verhältnisse wird, („féodalité rigoureuse") . - Das Parlement versuchte die main-morte als normalen Vertrag zwischen einem seigneur und einem Habenichts zu definieren. 39 ) D o m GRAPPIN: Quelle est l'origine des droits de Main-morte dans les Provinces qui ont composé le premier Royaume de Bourgogne? Besançon 1779, bes. S. Illf. 40 ) [Abbé CLERGET] : Coup d'oeil philosophique et politique sur la main-morte. London 1785, S. 34-45; DERS.: Le Cri de la Raison ou Examen approfondi des Loix et des Coutumes qui tiennent dans la servitude mainmortable quinze cent mille sujets du Roi, Besançon 1789, S. 242. 41
20
) MACKRELL, S . 1 1 7 .
Féodalité,
15 verbreitet 42 ). D e r A b b é ben:
CLERGET
Féodal
malte diese esclavage in grellen Far-
La cupide impatience du seigneur s'empare de ses dépouilles, et sa barbarie fait couper la main qui l'enrichit; cette main honorable qui a fertilisé les sillons, qui n'a été levée que vers le ciel pour lui demander sa rosée, ou le prendre à témoin de l'injustice du fort; cette main est indignement séparée de son corps, et n'ira point dans la tombe avec lui. Eh! qu'en veux-tu faire de cette main, homme cruel et vain. Inutile à ton avarice, tu la fais servir à ton orgueil. Il te faut des pieds, des têtes d'animaux, des mains d'homme pour orner ton séjour [...]. L'on me dira sans doute, que ce dernier acte de barbarie, plus digne d'un Cannibale que d'un Européen, est passé de mode parmi nous. J'en conviens; mais le droit de couper le poignet à son serf pour être aujourd'hui sans exercice, en est-il moins vrai? n'a-t-il pas été long-temps en usage? n'est-il pas fondé sur celui de la main-morte? Mais si les cris de la raison ont relégué chez les Illinois la belle coutume de scalper l'homme, de le morceler après sa mort, quel est parmi nous le noble feudataire dont l'orgueil ne seroit pas flatté de retrouver chez ses aieux d'autres sauvages, qui, comme ceux de l'Amérique, auraient mutilés les hommes. 43 ) In ähnlicher Weise wurde ein anderes Feudalrecht, das droit du seigneur, welches dem Grundherrn gestattete, die Hochzeitsnacht mit der Braut seines Hintersassen für sich zu beanspruchen, der barbarie féodale zugewiesen. Obwohl der Versuch einiger Grundherren, dieses Recht tatsächlich einzuklagen, bereits im Spätmittelalter gleichermaßen als Kuriosum und Skandal empfunden worden war, 4 4 ) blieb das Thema ein beliebter Gegenstand der Feudalitätskritik. So führte Voltaire z. B. aus, daß dieses gerade vom hohen Klerus wahrgenommene Recht erst spät in eine Geldabgabe umgewandelt worden sei 45 ). D i e damit auf subtile Weise erreichte, populäre Dis42
) Vgl. nacheinander: C . M . D E VILETTE: Protestation d'un serf de Mont-Jura, o.O. 1789; Enc. IX (1765), S. 878; Dict. Trévoux (51752), S. 742 (1771); Enc. méthod.: Écon. polit. III (1787), S. 207f; VOLTAIRE: Oeuvres, XV 427 (nach MACKRELL, S. 118). « ) CLERGET: Coup d'oeil [40], S. 14-16; S. a. DERS.: Le Cri de la Raison [40]. *>) RENAULDON, I (1765/1788), S. 357. 45
S. 120. - M i t der Feudalitätskritik verband sich auch eine bissige Polemik gegen den Adel insgesamt, besonders aber gegen den zwar .beschränkten, aber eingebildeten' Landadel: „Seigneur. Personnage qui se qualifie de très-haut, quoique souvent il n'ait pas plus de cinq pieds; de très-puissant, quoique souvent il soit sans crédit, et qui affecte de regarder tous les hommes au-dessous de lui comme des bêtes de charge pour le servir, ou comme des singes pour l'amuser, et qui a des châteaux, des dettes et des flatteurs." CARACCIOLI, III (1768), 136f; „Fief. Il y a des Gentilshommes plus jaloux des privilèges de leurs fiefs, que de
) MACKRELL,
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kreditierung der noch fortbestehenden Feudalrechte und Privilegien durch ihre Zuordnung zu einer jeder humanité widersprechenden servitude der temps gothiques war jedoch eher Bestandteil einer gegen Adel und Klerus gerichteten Propaganda der philosophes, als daß sie konkreten Einfluß auf die Lage der Bauern hätte gewinnen oder diese in die Debatte hätte einbeziehen können. Vor allem beschränkten sich die aufgeklärten Kreise in ihrer Feudalitätskritik auf die personalen, die persönliche Freiheit der Hintersassen einschränkenden Rechte der Grundherren wie die main-morte oder die corvée sowie die grundherrliche Gerichtsbarkeit46), verblieben aber im Hinblick auf die dinglichen, die bäuerliche Bevölkerung ebenfalls schwer belastenden Rechte auf dem Standpunkt der Feudaljuristen, die das Recht auf Ernteabgaben als legitime Eigentumstitel definiert hatten. Dies zeigte sich besonders deutlich in der Feudalitätskritik der Physiokraten. Die Lehre der Physiokraten ging davon aus, daß nur der von allen außerökonomischen Zwängen befreite Grundeigentümer mit Hilfe landwirtschaftlicher Unternehmer, d. h. seiner Pächter, in freier Konkurrenz die Prosperität der Volkswirtschaft, des royaume agricole sichern konnte. Da diese Auffassung in krassem Gegensatz zu der im Anden Régime vorherrschenden Agrarverfassung, ihren lokalen Zöllen, Handelshindernissen und Einschränkungen des Eigentums durch grundherrliche Rechte stand, hielten sie u. a. die Aufhebung der feudalen Abhängigkeiten für eine Grundvoraussetzung ihrer angestrebten freien Eigentümergesellschaft. Les restes de nos institutions féodales [ . . . ] ont restreint de toutes parts les droits de propriété, tellement que les possesseurs des terres, ne pouvant jouir complètement de leurs fruits, négligent et doivent naturellement négliger de multiplier ces fruits.47)
Die in dieser Hinsicht schärfste Kritik an den bestehenden Zuständen ging von der 1776 erschienenen Schrift Les Inconvéniens des
l'honneur de leurs femmes." (Ebd. I, S. 190); s. a. VÉRI, II 191f (Februar-März 1779); Art. „Seigneur" von Boucher çl'Argis, in: Enc., IV, 1754, S. 895; BACH, XXII IlOf (22.11.1783); ebd. X X X I V 235f (7.III.1787); ebd. X X X V 4 2 3 (31.VIII.1787).
MACKRELL: Criticism [5] ; BASTIER [12] ; S. zur Diskussion der corvées auch BACH., X 123f (5.V.1777); ebd. XXIX 330 (5.1.1775); ebd. XXX 209f (24.XI.1786). 47 ) Éphémérides 1770, Zitat nach BASTIER [12], S. 207.
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droits féodaux aus, verfaßt von B O N C E R F , einem Anhänger der Physiokraten um Quesnay und hohem Ministerialbeamten {premier commis) unter Turgot. Hinsichtlich der Ursprünge dieser Rechte schloß sich Boncerf den Tiraden gegen die barbarie- und anarchie féodale48) an: das droit féodal beruhe auf Usurpation, und was schwerer wiege, es nütze weder dem seigneur noch dem Vasallen49). Aber, so Boncerf, die Befreiung des Bodens ist nicht durch eine einfache Abschaffung der grundherrlichen Rechte zu erreichen, da sie durch Kauf und Verkauf in den Wirtschaftskreislauf eingegangen und deshalb als entschädigungswürdige Eigentumstitel zu betrachten seien. Deshalb solle die Freiheit des Bodens (neben der Handelsund persönlichen Freiheit die dritte Basis einer prosperienden Volkswirtschaft) durch die Ablösung aller aus dem Feudalrecht herrührenden Dienste und Abgaben vom Kronvasallen bis zum letzten Bauern auf der Basis der 30 bis 60fachen Jahresbelastung erreicht werden. Die Frage ob diese Art der Abschaffung der tyrannie féodale für die Masse der Bauern tragbar war, interessierte Boncerf nicht; ja die Bauern sollten die Ablösesummen in Form von Land bezahlen: vermehrte sich doch so die Klasse der Großgrundbesitzer, deren Pächter (wie die Physiokraten an ihrem englischen Vorbild sahen) frei und rationell für den Markt produzierten. Die féodalité, von den Physiokraten begriffen als die Gesamtheit aller den Marktchancen frei produzierender propriétaires hinderlicher Privilegien und Abhängigkeiten50), war also abschaffungswürdig aus Gründen ökonomischer Nützlichkeitserwägungen, nicht aber - wie die moralisierende Evokation von barbarie und tyrannie glauben machen könnte - aus Gründen der Menschlichkeit. L'utilité commune des seigneurs et des vassaux doit donc les rapprocher, et déterminer l'affranchissement [ . . . ] Ainsi tomberoit la miriade des loix féodales, labyrinthe multiplié, comme les coutumes et leurs droits, et finiroient les millions de procès de la tyrannie féodale, qui plaide sans terme et sans mesure pour un cens d'une obole, et se réveille en fureur après un siècle de repos et de silence.51)
« ) BONCERF, S . 2 2 f . 49
) „II est né dans les camps, il s'est développé dans l'anarchie, il s'est affermi par la tyrannie, et il a fait taire les loix et l'autorité légitime qu'il avoit usurpé." (Ebd. S. 21). 5°) BONCERF wollte den Grundherren die ökonomisch nicht relevanten EhrenVorrechte belassen (ebd. S. 44). 51 ) Ebd. S. 44-46.
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Zwar verurteilte das Parlament von Paris am 23. Februar 1776 die Broschüre Boncerfs als Angriff auf das Eigentum aller seigneurs und des Königs („car les droits féodaux, les corvées, les bannalités, les cens et autres de cette nature, sont une portion intégrante de la propriété"52) und ordnete ihre offizielle Verbrennung an; doch konnte es damit nicht verhindern, daß die Ideen Boncerfs in der öffentlichen Meinung virulent blieben und auf vielfältige Weise Verbreitung fanden. Die Schrift wurde mehrmals neu aufgelegt, in erweiterter Form veröffentlicht, in den Mémoires-journaux besprochen, und einige ihrer Thesen kursierten in Form von Plakaten auf dem platten Lande, so daß die Behörden einige Bauernaufstände und Abgabenverweigerungen dem Einfluß dieses Pamphlets zuschrieben. Selbst die meist zurückhaltende Encyclopédie méthodique übernahm in ihrem Artikel Féodal nahezu wörtlich die Hauptargumente Boncerfs, und der Masse der vorrevolutionären Pamphletliteratur lieferte die Schrift weitere Argumente gegen die Privilegienanmaßungen des Adels53). Diese um konkrete Reformvorschläge bemühte Feudalitätskritik der Physiokraten stand nicht allein, sondern verdichtete sich zusammen mit anderen publikumswirksamen Schriften in den 1770er Jahren zu einem Meinungsbild über die féodalité, das in seiner polemischen Schärfe dem der Pré-révolution durchaus entsprach. Neben der Pamphletistik gegen das mittelalterliche Feudalsystem (s.o.), dem 52
) Die Verurteilung der Schrift durch das Parlement ist abgedruckt in der zweiten Auflage der Inconvéniens des droits féodaux (1776), S. 69. « ) BACH. IX, S . 56f (2.III.1776); ebd., X lOf (16.1.1777); Zu den Unruhens. MACKRELL, S . 164-66; Weitere wörtliche Ubernahmen in: Enc. méthod. : Finances II (1786), 110-17; CLERGET [40]; De la Féodalité et de l'aristocratie française, Paris 1789; „Droits seigneuriaux [ . . . ] Ces droits sont des restes du gouvernement féodal, dont l'origine est au moins très obscure. [ . . . ] Cette matière est délicate, et nous ne nous permettrons pas de la traiter en ce moment." (Enc. méthod.: Écon. polit. IV (1788), S. 798. Der Argumentation und Konzeption BONCERFS hinsichtlich der Ablösung folgte auch [ S . CLICQUOTDE BLERVACHE]: Essai sur les moyens d'améliorer en France la condition des Laboureurs, des Journaliers, des hommes de peine vivant dans les campagnes, et celle de leurs femmes et de leurs enfants. Par un Savoyard. Ouvrage posthume. Chambéry 1789. Nach einer Philippika gegen tyrannie, barbarie und Unmenschlichkeit der féodalité kommt auch er zu dem Schluß: „Je crois avoir prouvé que c'est aux droits féodaux [ . . . ] que l'on doit attribuer le peu de progrès de l'agriculture [...]; mais ces possessions [les droits féodaux] sont consacrées par une jouissance de plusieurs siècles. " Er schlägt deshalb eine Ablösung der Rechte vor (S. 105f). 24
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sich der aus einer Kaufmannsfamilie stammende Advokat am Parlament von Bordeaux, G.-J. Saige in seinem 1775 erstmals veröffentlichten, 1787 und 1788 neu aufgelegten Catéchisme du Citoyen François anschloß, erschienen jetzt auch Schriften, welche die Rezeption und Popularisierung der philosophes erkennen lassen. Rouillé d'Orfeuil beispielsweise, ein Eklektiker der Aufklärungsphilosophie, der Gedanken von Rousseau, Voltaire, Montesquieu u.a. gleichermaßen in Kompendien paraphrasierte und sich Reformvorschläge Turgots zu eigen machte, brachte die vielschichtige Feudalitätskritik auf einen lapidaren, für die Meinung der an einer Reform des Ancien Régime interessierten Öffentlichkeit aber gerade bezeichnenden Nenner: Je vois, en ruminant tout ce que j'ai lu, entendu, et tout ce que j'observe, que la féodalité a toujours été la cause première de tous les desordres qui ont régné en France, et que tant qu'elle existera, rien n'ira bien.53")
Die Feudalität wurde nun nicht mehr nur in ihren politischen Auswirkungen als gouvernement féodal und in ihren der humanité widersprechenden Folgen als barbarie féodale zur Zielscheibe der Kritik. Argumentativ ebenso schwer wog noch, daß sie den Aufklärungsidealen der .persönlichen Freiheit' und des allgemeinen Nutzens' (iutilité publique) im Wege stand und allen Grundsätzen der Vernunft' (raison) Hohn sprach.
V. ,Féodalité' in der vorrevolutionären Pamphletliteratur (1787-1789) All diese Elemente der Feudalitätskritik des 18. Jh. wurden in der Flut der Flugschriften der Jahre 1787-1789 verdichtet und gesteigert. Denn mit den Regierungskrisen des Jahres 1787, vor allem aber seit der Parlamentsforderung vom September 1788, die Generalstände nach dem Muster von 1614 einzuberufen, wurde der Begriff der féodalité endgültig zur allgemeinsprachlichen Sammelbezeichnung für alle aus den temps gothiques überkommenen Mißstände. Ordneten doch die Reformbroschüren die Form der Generalstände von 1614 dem gouvernement féodal zu, einer Zeit der Unwissenheit (ignorance), in der sich die Erziehung auf das Waffenhandwerk be53a
) A.
R O U I L L É D ORFEUIL:
L'Alambic des Loix, Paris 1773, S. 300.
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schränkt, Kunst und Wissenschaft darniedergelegen hätten. Diese Zustände der .Barbarei' seien zumindest mit der Durchsetzung der Staatssouveränität seit Richelieu, Mazarin und Ludwig XIV. überwunden, an die Stelle der anarchie féodale und des despotisme seigneurial - so formulierte der pro-absolutistische Parlamentsadvokat Chapsal - sei nur dank königlicher Autorität Rechtssicherheit durch allgemeinverbindliche Gesetze getreten 54 ). In deutlicher Anknüpfung an aufklärerische Einstellungen, wie sie z. B. in der Encyclopédie durch Holbach Ausdruck gefunden hatten 55 ), blieb die ,Feudalität' („le plus monstrueux des gouvernemens" 56 ) eine „ungeheuerliche Regierungsform", die dafür verantwortlich sei, daß zwischen dem König und dem mit d e m , Volk' identischen Tiers Etat Zwischengewalten getreten seien, welche die Einheit der Nation verhinderten 57 ). In diesem Sinne verbinden sich mit dem féodalité-Begrifi in den Jahren 1788/89 die gleichen Assoziationen der .unpatriotischen Abspaltung', die während der jakobinischen Republik mit fédéralisme umschrieben wurden.
54
) Chevalier D' A R C Q : De la convocation des Etats Généraux et de la nécessité deformer un quatrième ordre de l'état, o. O. 1789, S. 10-15 u. 20; J. encyclopéd. II/l, S. 62ff (15.11.1789); L'opinion publique à l'Assemblée des Communes, I, S. 6 (29.V. 1789); CHAPSAL: Discours historiques sur la Féodalité et l'Allodialité, Paris 1789. 55 ) S. o. Kap. III. 56 ) [ M U R Â T DE MONTFERRAND]: Qu' est-ce que la Noblesse, que sont ses privilèges? Amsterdam 1789, S. 17. 57 ) So machte der anonyme Autor der Réflexions patriotiques sur l'arrêté de quelques nobles de Bretagne du 25 Octobre 1788 die féodalité für die Absonderung des Adels verantwortlich; sie habe allein den gegenwärtigen Zustand verursacht. - Etwa gleichzeitig tauchte im Zusammenhang der féodalité-Kritik im Anschluß an die Polemik gegen die seigneurs (s. Anm. 45) immer häufiger der Begriff des aristocrate auf, der sich vom pejorativ akzentuierten Terminus für den Adligen im Laufe des Jahres 1789 zum Sammelbegriff für alle Revolutionsgegner entwickelte. Waren féodalité und aristocrate auch eng aufeinander bezogen, so überwog in den revolutionären Pamphletwörterbüchern der ganz und gar polemische, direkt auf den politischen Gegner bezogene Begriff des aristocrate, der die féodalité verkörperte. „Aristocrate. Il n'existe pas maintenant un seul homme qui ose défendre l'aristocratie et la féodalité, ces coutumes injustes et dénaturées." Dictionnaire politique, in: Le Modérateur, XX (20.1.1790), S. 78f. S. a. Qu'est-ce que la Noblesse, S. 19f (1.VII.1789); [CHAS/MONTIGNOT]: Réflexions sur les immunités ecclésiastiques, Paris 1788, S. 138; FERRIÈRES: Corresp., S. 346 (Mai 1791); De la Féodalité et de l'Aristocratie françoise, Paris 1789. 26
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Zusätzliche Emotionalisierung erfuhr der Begriff noch dadurch, daß er in der polemisch-pathetischen Sprache der Pamphletliteratur aufgegriffen und als wesentliches Attribut einer an ihre Vorrechte sich klammernden ,Klasse von Privilegierten' aus Adel und Klerus stigmatisiert wurde 58 ). So galt es für den Abbé S I E Y È S nicht allein die féodalité abzuschaffen, nein man mußte Frankreich vom „Schutt der Feudalität", von der „abscheulichen Feudalität", von der „gräßlichen feudalen Wirklichkeit", schließlich von „den verhaßten Resten dieses barbarischen Regimes" befreien, das der Souveränität der Nation im Wege stehe 59 ). Die Feudalität stempelte die Adligen nicht nur zu .Tyrannen' 60 ), deren Privilegienansprüche waren nicht nur „feudale Ideen" 61 ), die Adligen waren die „Feudalen" (les féodaux62) schlechthin und damit per se Repräsentanten einer mit dem Feudalitätsbegriff evozierten ,Barbarei' 63 ). Gebündelt und auf die wesentlichen Kernpunkte zentriert erschien die Feudalitätskritik des 18. Jh. noch einmal in Sieyès Schrift 58
) „Le premier de ces préjugés, qui fut une suite de la féodalité, persuada à la noblesse française que l'impôt [...] est fait pour la roture et non pour les nobles, ou pour ceux qui vivent noblement." Le Despotisme détruit, S. 47. - Besonders deutlich kam diese Auffassung auch in den Antworten auf den Mémoire des Princes vom Dezember 1788 zum Ausdruck: Die Modestes Observations sur le Mémoire des Princes sprachen von der „barbarie féodale" (S. 13), 22.XII.1788, und die Broschüre Lettre sur le Mémoire des Princes schrieb in Hinsicht auf die Feudalität von einem „Système d'oppression, reste de barbarie" (S. 14-21). 59 ) Abbé SIEYÈS: Qu'est-ce que le Tiers Etat? In der Übersetzung von E. SCHMITT/R. REICHARDT: Emmanuel Joseph Sieyès. Politische Schriften 1788-1790, München/Wien 1981, hier nacheinander S. 149, 178, 144, 137. 0°) Le Fanal du Tiers Etat (1789), S. 15. m) J. Paris N° 292 (18.X.1788), S. 1246. 62 ) La Nobilimanie, S. 21 (25.11.1789). ®) [Abbé MORELLET]: Projet de Réponse à un Mémoire répandu sous le titre de,Mémoire des Princes', S . 46f (21.XII.1788); M U R A T D E MONTFERRAND [56], S . 22f; A R C Q [54], S . 37; Qu'est-ce que la Noblesse, S . 53 (1789); S . a. die Literatur in Anm. 58. - Zu diesem Zeitpunkt vereinigt der FéodalitéBegriff explizit die politische Kritik am gouvernement féodal und die humanitäre Kritik der Aufklärung an sozialen und ökonomischen Bedrükkungen durch die barbarie féodale: „Qui ne voit pas [ . . ] que la féodalité est un démembrement du pouvoir souverain, une véritable usurpation des droits régaliens? [ . . . ] En effet, que résulte-t-il des impôts arbitraires du fisc et de la féodalité dont les cultivateurs sont écrasés?" (De la Féodalité et de l'Aristocratie Française, Paris 1789, S. 58 u. 65). 27
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Qu'est-ce que le Tiers Etat vom Januar 1789. Es sind die Juristen, so Sieyès, die die ,Feudalanarchie' wieder aufgerichtet haben, indem sie die Usurpation am gemeinschaftlichen Eigentum, das einzig und allein dem Souverän untersteht, zum rechtmäßigen Eigentum erklärten. Sieyès hatte in erster Linie die Patrimonialgerichtsbarkeit und die „metaphysischen Beziehungen zwischen Seigneur und Vasall"64) im Blick. In der Tradition der Feudaljuristen des 18. Jh., die im Interesse einer breiten, keineswegs nur auf Adel und Klerus beschränkten Schicht von Investoren in Renteneigentum, zu dem auch die grundherrlichen Gerechtsame als zwar nicht immer lukrative, aber doch prestigeträchtige und sichere Einnahmen zählten65), beharrte Sieyès auf dem Eigentumscharakter der dinglichen, die persönliche Freiheit nicht einschränkenden Seigneurialrechte und erklärte sie für schädlich, aber entschädigungswürdig66). Für die Sprecher des Tiers Etat bedeutete féodalité alle der Freiheit und Gleichheit entgegenstehenden Privilegien und Abhängigkeitsverhältnisse der im Prinzip gleichberechtigten Staatsbürger. Zu diesen Vorrechten zählten auch die grundherrlichen Rechte, „la faculté de lever des impositions les uns sur les autres".67) Letztere jedoch wurden als wohlerworbenes, seines feudalen Charakters entkleidbares Eigentum begriffen. VI. Die Feudalitätskritik in den cahiers de doléances Die Beschwerdehefte des Frühjahrs 1789 thematisierten die féodalité auf unterschiedliche Weise. Während die von den lokalen und regionalen Notabein redigierten cahiers der Städte und Wahlbezirke den «) 65
SIEYÉS [ 5 9 ] , S . 1 3 7 .
) Trotz der zunehmenden Kritik an den droits seigneuriaux erlebten die feudistes, Spezialisten, die mit der Überarbeitung der terriers (seigneuriale Grundbücher', die alle Rechte verzeichneten) befaßt waren, eine Art Hochkonjunktur'. In den Zeitungen wurden laufend neue Handbücher zu Fragen der grundherrlichen Rechte angepriesen. S. z. B. J. Paris N° 73 (14.III. 1777) u. N° 75 (16.111.1777), jeweils unter .Annonces'.; encyclopéd. LXII, T. VI/III (15.IX.1786), S. 512f. Siehe dazu A. SoBOUL: D e la pratique des terriers, In Ders. : Problèmes paysans de la révolution 1789-1848, Paris 1976, S. 25-47.
) THIERS, I . S . 1 5 .
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Parlements
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den Niedergang des französischen Absolutismus von der französischen Revolutionsgeschichtsschreibung bis weit ins 20. Jahrhundert verkannt wurde. Gleiches galt und gilt in verstärktem Maße für das allgemeine Geschichtsbewußtsein inner- und außerhalb Frankreichs247). Bis zu den Forschungen Jean Égrets waren die Parlements im 19. und 20. Jahrhundert vor allem ein Gegenstand der fachhistorischen Spezialforschung und der Regionalgeschichte. Im Lager der Ultras wurden die Parlements nach 1815 in der verklärenden Rückschau zwar weiterhin als Wesenselemente und Stabilisatoren der „antique constitution" Frankreichs gefeiert 248 ). Zugleich fanden sich aber auch hier Stimmen, die wie der Comte der Montlosier in der Tradition Saint-Simons den Machtanstieg der dem Dritten Stand entstammenden Magistrate als Untergrabung der sozialen und politischen Stellung des alten Adels verurteilten 249 ). Bei aller Nostalgie dachte auch im Lager der ,Ultras' niemand ernsthaft an die Restauration der alten Magistratur. Um 1830 waren die Parlements sowohl als Institution wie als politischer Begriff für Gegner wie Anhänger der Revolution eine Erscheinung der Vergangenheit. Literatur Montesquieu et le problème de la constitution française au XVIII siècle, Paris 1927. H. C A R R É : La fin des Parlements 1788-1790, Paris 1911. D . E C H E V E R R I A : The Maupeou Revolution. A Study in the History of Libertarianism. France 1770-1774, Bâton Rouge/London 1985. J. E G R E T : Louis XV et l'opposition parlementaire 1715-1774, Paris 1970. D E R S . : la Pré-Révolution française 1787-1788, Paris 1962. J . F L A M M E R M O N T : Le Chancelier Maupeou et les Parlements, Paris 1883. E . CARCASSONNE: e
247
) Vgl. u. a. die Darstellung der Ursachen und des Ausbruchs der Revolution bei A . AULARD: Histoire politique de la Révolution française, 2 Bde. Paris 1901; u. A. MATHIEZ: La Révolution, française, 3 Bde. Paris 19221927. 248 ) Vgl. etwa Comte de BONALD: Notice historique sur Louis XVI (Oeuvres, III, S. 892f.). 249 ) Vgl. Comte de MONTLOSIER: La monarchie française depuis son établissement jusqu'à nos jours... 7 Bde. Paris 1814ff., bes. I, S. 231ff., 265, II, S. 130f. Zum Hintergrund siehe J . J . OECHSLIN: Le mouvement ultraroyaliste sous la Restauration. Son idéologie et son action politique (18141830), Paris 1960, bes. S. 9-51. 106
Artikelliste Numerische Zusätze bezeichnen den Ort des Erscheinens des jeweiligen Artikels (z.B. 3/36 = Heft 3, Seite 36ff. Abus Administration. Bureaucratie Agiotage, Agioteur Amérique - Angleterre Anarchie, Anarchiste Analyse, Expérience 6/7 Ancien Régime - Nouveau Regime Antiquité Aristocratie, Aristocrate Art, Arts et Sciences Artisan, Artiste Athéisme, Athée Autorité, Pouvoir, Puissance Avocat Barbarie, Civilisation, Vandalisme 8/7 Bastille 9/7 Bien commun, Esprit public Bon Sauvage Bonheur, Félicité publique Bourgeois, Bourgeoisie Canaille, Populace Capitaliste, Banquier, Financier 5/27 Caste, Classe Censure, Liberté de la presse Charité, Bienfaisance Citoyen - Sujet, Civisme 9/75 Civilité Ail
Clergé Club, Cercle, Sociabilité Commune(s) Complot, Saint-Barthélémy Concorde, Division, Fraternité, Union, Unité Condition, Etat, Naissance, Qualité, Rang Conservateur Constitution, Constituionnel Convention Conversation, Démagogue, Orateur Corps, Etats, Ordres Corruption, Décadence Cosmopolitisme, Cosmopolite 6/41 Cour, Courtisan Crime Crise Critique 5/7 Curé, Prêtre Débauche, Libertinage, Libertin Déisme Démocratie, Démocrates, Démocratique 6/57 Despotisme, Tyrannie Dévotion, Dévots Doctrine, Principes Domestique, Maître, Valet Droit Droite - Gauche Economie politique 8/51 Egalité, Egalitaire Elite, Les meilleurs 107
Artikelliste Emeute, Emotion, Désordres, Troubles Enthousiasme Esclavage, Noirs Etat, Chose publique Etre suprême Faction, Parti (Girondins, Jacobins, usw.) Famille, Maison Fanatisme, Fanatique 4/51 Féodalité, Féodal 10/7 Femme Fermier, Gabelle, Maltôtier, Traitant Fermentation Financier, Banquier, Capitaliste 5/27 France, Français Gens de lettres, Auteur Gouvernement Guerre civile Guillotine, Supplice Histoire Honnête homme, Honnêteté, Honnêtes gens 111 Honneur, Mérite Humanité Idéologie, Idéologues Idiomes, Dialectes, Langue Individu, Individualisme Industrie Instruction, Education Insurrection, Révolte, Sédition Intérêt, Intérêt public 108
Jansénisme, Jésuitisme Justice Libéral, Libéralité Liberté Liberté - Egalité - Fraternité Libre pensée, Libre penseur Loi, Législateur Lumières - Ténèbres Luxe Magistrat, Magistrature Majorité - Minorité Manufacture, Fabrique Marchand, Commerçant, Négociant Matérialisme, Matérialiste 5/61 Modération, Modéré Moderne, Anciens et Modernes Mœurs Monopoleur, Accaparement Morale Moyen-âge Nation 7/75 Nature, Naturel Noblesse, Nobles Notables Office, Officiers, Vénalité Opinion publique Ordre - Désordre Ouvrier, Prolétaire Parlements 10/55 Patrie, Patriotisme, Patriote Pauvres, Pauvreté Paysan, Laboureur Petits-maîtres, Muscadins, Incroyables, Merveilleuses
Artikelliste Peuple, Sans-culottes Philosophe, Philosophie 3/7 Police Politique, Machiavélisme Préjugés Privé - Public Privilège, Privilégiés Progrès, Perfectibilité Propriétaire Propriété Province Public, Publicité Raison, Vérité Réaction, Réactionnaire Réforme, Réformateur Religion Rente, Rentier Représentation politique République, Républicain, Républicanisme Révolution, Révolutionnaire Riches - Pauvres, Patriciens Plébéiens
Robe, Robin Royauté Sens, Sensibilité, Sentiment Siècle Société, Social, Art social Souverain, Souveraineté Subsistances, Pain Superstition Système Terreur, Terrorisme, Terroriste 3/89 Tiers Etat Tolérance, Tolérantisme Travail, Travailleur Tribun, Orateur Utilité Utopie Vertu Ville Volonté générale
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Mitarbeiter und Autoren von Artikeln: Sylvain AuROux/Paris, Keith M. BAKER/Chicago, Georges BENREKASSA/PBris, Nicole und Yves CASTAN/TOUIOUSC, R o g e r CHARTIER/Paris, Albert CREMER/Göttingen, O t t o DANN/Köln, Michel DELON/Paris, Claude DESIRAT/ Tours, Horst DIPPEL/Hamburg, Christof DippER/Düsseldorf, Henri DURANTON/Saint-Etienne, Arlette FARGE/Paris, R o b e r t FAVRE/Lyon, Elisabeth FEHRENBACH/Saarbrücken, Martin FoNTius/Berlin-Ost, H a n s - G ü n t e r FUNKE/Regensburg, Rolf GEissLER/Berlin-Ost, Dieter GEMBicKi/Genf, Maurice GRESSET/Besan^on, Bernard GROSPERRIN/Chambéry, Jacques GUILHAUMOU/Paris, H a n s Ulrich GUMBRECHT/Siegen, R a n HALEVI/Paris, Friederike J. HASSAUERRoos/Siegen, G e r d van den HEUVEL/Hannover, Patrice HIGONNET/Cambridge (Mass.), A n e t t e HÖFER/Essen, Jochen HoocK/Bielefeld, G e r n o d JUNGCURT/Heidelberg, B a r b a r a KALrz/Lyon, Steven KAPLAN/NCW Y o r k , Peter-Eckard KNABE/Köln, G ü n t h e r LoTTEs/Erlangen, Hans-Jürgen LÜSEBRINK/Bayreuth, Klaus MALETTKE/Marburg, Jean MEYER/Paris, Pierre MicHEL/Lyon, Michel MoRiNEAu/Clermont-Ferrand, Ulrich Christian PALLACH/Erlangen, Erich PELZER/Freiburg, Jean-Claude PERROT/Paris, Claude PETiTFRERE/Tours, H e l m u t PFEiFFER/Konstanz, Rolf REICHARDT/Mainz, Pierre RETAT/Lyon, Ulrich RICKEN/Halle, Jänos RiEsz/Bayreuth, T h o m a s ScHLEicH/Oldenburg, Brigitte ScHLiEBEN-LANGE/Frankfurt, Wolfgang ScHMALE/Bochum, E b e r h a r d ScHMirr/Bamberg, Winfried ScHULZE/Bochum, Michael S c o m - R o s i N / M a i n z , Peter ScHöTTLER/Bremen, William SEWELL/ Tucson (Ariz.), Martine SoNNET/Paris, Peter M . SPANGENBERG/Siegen, Burkhard STEINWACHS/Konstanz, Karlheinz SnERLE/Bochum, Christoph STROSETZKI/Düsseldorf, Hans-Ulrich THAMER/Münster, A n n e VIGUIER/Toulouse, Jürgen Voss/Paris, Michael WAGNER/Mainz, Eric WALTER/Amiens, Denis WORONOFF/Paris.
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