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German Pages 20 [21] Year 2014
Impulse für die Praxis
Musik und Bibel in religionspädagogischen Praxisfeldern Heike Lindner Der folgende Beitrag geht von Praxisfeldern in schulischen und gemeindepädagogischen Kontexten aus. Musik in Verbindung mit Bibel und Theologie stellt ein großes Potenzial in Bezug auf die Traditionsvermittlung im Sinne einer Traditionsaneignung bereit. Dabei gehe ich von den Lehrenden und Lernenden als interessierte Musiklaien ohne Vorkenntnisse aus. Die Musikbeispiele sind alle unter der Voraussetzung biblischer Bezüge ausgewählt. Der Mehrwert, den Musik für die Arbeit mit der Bibel haben kann, lässt sich auf vier Ebenen darstellen, die ich mit Musik hören – Musik machen – mit Musik gestalten und Musik verstehen bezeichne.1 Musikkenntnisse entwickeln sich am besten dadurch, indem man Musik praktisch erfährt, daher nimmt der zweite Teil den größten Raum ein. Fides ex auditu, diesen Grundsatz vertritt Martin Luther in seiner Musiktheologie, die im WortTon-Verhältnis den Ton dem Wort unterordnet. Die Funktion der Musik in der Vermittlungsarbeit des Evangeliums hat Luther vor allem in fünf Funktionen zusammengefasst2: 1. Der Glaube kommt aus dem Gehörten: „Die Wunder, die sich unseren Augen darbieten, sind viel geringer als die Wunder, die wir mit den Ohren wahrnehmen“.3 2. Die Musik ist Geschöpf Gottes. Sie ist von Anfang an mitgeschaffen und allen Kreaturen eingepflanzt.4 3. „Kreatur ist immer auch ‚äußere‘, ‚leibliche‘ Kreatur, daher bejaht Luther auch die Klangsinnlichkeit der Musik“.5 1
2 3 4
Diese vier Ebenen habe ich umfangreich in meinem Buch entfaltet: Heike Lindner, Musik für den Religionsunterricht. Praxis- und kompetenzorientierte Entfaltungen, Göttingen 2014. Oskar Söhngen, Theologie der Musik, Kassel 1967, 82 ff. O. Söhngen, 82. Ebd.
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DOI 10.2364/3846999714
4. Musik hat von Gott eine Schöpfungsbestimmung, die Luther so beschreibt: „Ich liebe die Musik (…), weil sie − ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen ist, − weil sie die Seelen fröhlich macht, − weil sie den Teufel verjagt, − weil sie unschuldige Freude weckt (…), − weil sie in der Zeit des Friedens herrscht.“6 5. Die Musik tritt in den Dienst des Evangeliums.7 Vieles von dem, was Luther hier beschreibt, ist uns auch heute bekannt, so vor allem die emotionale und die psychohygienische Wirkung von Musik für den Menschen. Auch wenn wir heute theologisch – spätestens seit den Erkenntnissen rund um die semiotische Funktion von Symbolen und Metaphern in der Sprache – den Gedanken des sola scriptura nicht mehr so absolut setzen, verweist uns das reformatorische Erbe immer wieder zurecht auf das Woraufhin der musikalischen Sprache, wenn es um biblische Vertonungen geht. Wird der Vermittlungskontext im kompetenzorientierten Bildungsbegriff zu einer Ermöglichungsdidaktik ausgestaltet, dann können sich Lernende Musik selbsttätig aneignen; denn „jeder Mensch ist religiösmusikalisch, es kommt nur auf den Kontext an, in dem sich Musik religiös ereignet“.8
1.
Musik hören
Musik hört der Mensch ganz unterschiedlich und situationsabhängig, das kann auf meditative, assoziative, analytische Weise geschehen, aber auch ganz nebenbei, wenn Musik im Hintergrund läuft. Die Allverfügbarkeit digital aufgenommener Musik hat das Hören verändert, oft erscheint uns die eigene Singstimme fremd und unbekannt zu sein, vor allem, wenn man sie 5 6 7
8
A.a.O., 86. A.a.O., 87. A.a.O., 91. Mehr zur Musikauffassung Martin Luthers bei Heike Lindner, Musik im Religionsunterricht. Mit didaktischen Entfaltungen und Beispielen für die Schulpraxis (Symbol – Mythos – Medien 9), 2. Aufl., Berlin 2009, 125 ff. Heike Lindner, Musik für den Religionsunterricht, 7. Hier spiele ich auf die Äußerung von Jürgen Habermas an, die er zum Gedanken der Ebenbildlichkeit des Menschen so formulierte: „Diese Geschöpflichkeit des Ebenbildes drückt eine Intuition aus, die in unserem Zusammenhang auch dem religiös Unmusikalischen etwas sagen kann, in: Jürgen Habermas, Glauben und Wissen. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001, Frankfurt a.M. 2001, 30.
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aufgezeichnet abhört. Das tiefe Hineinhören in ein Stück muss wieder geübt werden, um sich Hörwirkungen und eigene Höreinstellungen bewusst zu machen. Letztlich dient das auch der Schulung der Wahrnehmungskompetenz als erster Stufe für ein selbstständiges Aneignen von Musik. Mit dem Lied Vater unser, Vater im Himmel (EG 188)9 unter Anwendung einer bestimmten Methode kann aktives Hören eingeübt werden. Zunächst ist es lieddidaktisch sinnvoll, die Melodiezeilen im Call-Response-Verfahren einzuüben: Eine Gruppe singt die durchlaufenden Textzeilen, die andere antwortet mit der wiederholten Zeile „Geheiligt werde dein Name“. Diese Singform hat auch den Vorteil, dass die Gruppe, die den Response-Teil hat (hier lediglich eine leichte Drei-Ton-Folge aufwärts und wieder abwärts), sich auf die Melodie des Vorsängers konzentrieren kann. Um sich bewusst zu machen, wie das Lied klingt, wird mit der Methode des Polaritätsprofils10 eine Hörkurve für jeden einzelnen Teilnehmer im ersten Hördurchgang angelegt, dazu kreuzt man auf einer siebenstufigen Skala den Grad des Höreindrucks zwischen zwei gegensätzlichen Eigenschaften an11:
Abb. 1: Beispiel einer siebenstufigen Skalierung im Polaritätsprofil
Legt man mehrere Gegensatzpaare untereinander, so ergibt sich eine individuelle Hörkurve für die verschiedenen Ausdrucksbereiche dieses Liedes (durchgezogene Linie), die so aussehen könnte:
9
Alle Liedbeispiele sind dem Evangelischen Gesangbuch entnommen: Evangelisches Gesangbuch für die Evangelische Landeskirche in Baden, 3. Aufl., Karlsruhe 1999. 10 Zum Polaritätsprofil in der Musik vgl. Helmuth Hopf, Walter Heise, Siegmund Helms, Lexikon der Musikpädagogik, Regensburg 1984. 11 H. Lindner, Musik für den Religionsunterricht, 34.
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Abb. 2: Beispiel für eine Hörkurve der Ausdrucksbereiche zum Lied Vater Unser, Vater im Himmel (EG 188) im Polaritätsprofil (durchgezogene Linie) und für eine zweite Hörkurve der Fassung von E Nomine (gepunktete Linie).
Dasselbe Verfahren angewandt auf die Vater-Unser-Vertonung der Gruppe von E Nomine12 zeigt einen ganz anderen Kurvenverlauf, der hier mit der gepunkteten Linie dargestellt ist: Im unmittelbaren Vergleich beider Fassungen verschiebt sich der eher positive Gesamteindruck des Kirchenliedes bei der Techno-Version im Polaritätsprofil mehr nach links. Ein anderes Verfahren zur Hörschulung bietet die Hörskizze. Gehörtes kann zeichnerisch festgehalten werden, um die Struktur der Musik zu erfassen und Auffälligkeiten im Stück zu memorieren. Dazu wähle ich ein Instrumentalstück des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt Cantus in memoriam Benjamin Britten, das anlässlich des Todes seines Freundes geschrieben wurde. Das Stück ist sehr meditativ angelegt. Über einem zehnstimmigen Streichersatz, der in lang angehaltenen proportional zueinander liegenden Notenwerten abwärts schreitet, erklingt in langen Abständen ein 12 E Nomine, Vater Unser, Album: Das Testament 1999.
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Glockenton. Hört man dieses Stück zum ersten Mal, werden Themen assoziiert, die mit Trauer, Tod, Ewigkeit in Verbindung gebracht werden können.13 Eine Hörskizze hält spontan den gesamten Höreindruck in einer Zeichnung fest, die hilft, die Musik anschließend zu beschreiben:
Abb. 3: Hörskizze zu Cantus in memoriam von Arvo Pärt mit den Glockenschlägen und den abwärts steigenden Streicherstimmen
Eine solche Schreibmethode kann helfen, das Stück meditativ und verinnerlicht zu erleben. Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein passendes Bild zu dieser Musik auszuwählen, das beim Hören angeschaut werden kann. Paul Klee hat 1936 Das Tor zur Tiefe gemalt, das der Betrachter in seiner interessanten Farbgebung und räumlichen Aufteilung mit Hilfe der Musik von Pärt erwandern kann. Dieses Verfahren ist angesichts heutiger visueller Reizüberflutung in vielen pädagogischen Kontexten angesagt; denn gutes Zuhören muss wieder geübt werden und da helfen bildnerische Ebenen, um die auditive Wahrnehmung durchzuhalten.14 Ein modernes Vergleichsbeispiel aus der Popmusik ist das Lied Tears in Heaven von Eric Clapton, das sich hier ebenfalls anbieten würde. Der Liedvergleich stellt eine Methode dar, unter einem gleich bleibenden Thema unterschiedliche musikalische Umsetzungen miteinander in Beziehung zu setzen, was sich auch auf das differenzierte Hören auswirkt. Bei den beiden Beispielen von Britten und von Clapton ist der Entstehensanlass ihrer Musik der Tod eines nahestehenden Menschen.
13 Der Musikproduzent Manfred Eicher hat dies so beschrieben: „Was mich an dieser Musik berührte, war die Klarheit, der ganz direkte Weg aufs Ohr und auf den Kopf zu. Eine Dramatik des Leisen, die für mich wieder einen Zusammenhang ergeben hat mit dem Satz (…): ‚The most beautiful sound next to silence.‘“ (Cover-Booklet zur CD ECM New Series ECM 1405, 17.) 14 Ein solches Verfahren macht sich auch die Methode der Fantasiereise zunutze, welche Bild, gesprochenes Wort und leise Hintergrundmusik miteinander verbindet. Vgl. zu diesem Thema: Elke Hirsch, Meditieren und Stille erfahren, in: Ulrike Baumann (Hg.), Religionsmethodik. Handbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2007, 102–117.
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2.
Musik machen
Das Hören wird am besten gefördert, indem man selbst Musik macht. Das erste körpereigene Instrument ist die menschliche Stimme. Der beste Einstieg für ungeübte Sänger ist der Sprechrhythmus, der sich gerade auch für pubertierende Klassen als Rap anbietet. Wird dazu noch ein aussagekräftiger Bibeltext in der Lutherübersetzung gewählt, ergibt sich der Sprechrhythmus – in einer individuellen Rap-Übertragung – von ganz allein (die betonten Silben tragen einen Akzent):
Abb. 4: Rap nach Gen 41, 1–4 Josef deutet die Träume des Pharao
Dieser gerappte Text kann mit folgendem Rhythmus für jeweils zwei Sprechstimmen, die ein Schlagzeug imitieren, unterlegt werden:
Abb. 5: Rap mit zwei Sprechrhythmen zu Gen 41, 1–4
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Körpereigene Instrumente werden auch über das Verfahren der Bodypercussion15 zum Klingen gebracht. Dazu wird zunächst rhythmisch auf die Unterschenkel, die Knie, die Oberschenkel, den Bauch, die Brustoberseite, die Oberarme und die Wangen und das Ganze wieder umgekehrt geschlagen. Mit diesem Warming Up wird nicht nur der Kreislauf angeregt, sondern es entstehen vor allem in der Gruppe interessante Klänge im Raum. Das Schöpfungslied Laudato Si (EG 515) kann mit Hilfe der Bodypercussion wunderbar begleitet werden, indem die lateinamerikanischen Rhythmen imitiert werden.16 Die Schritte zum Einüben erfolgen über 1. laut vorzählen 1 – 2 – 3 – 4 (Metrum) 2. der Text von laudato si wird zunächst rhythmisch in diesem Metrum gesprochen, das Metrum kann dabei unterstützend durchgeklopft werden 3. nun kommen die Melodietöne dazu 4. für den Maracas-Rhythmus beginnt man mit der rechten Hand auf dem rechten Oberschenkel (mit Akzent auf die Zählzeit 1) im Wechsel mit der linken Hand auf den linken Oberschenkel (gleichmäßig schlagen!) 5. Die Conga wird imitiert, indem mit der rechten Hand beginnend (mit Akzent auf der Zählzeit 1) abwechselnd mit der linken auf den rechten Oberschenkel die Zählzeiten 1-3 durchgeschlagen werden, der Wechsel auf den linken Oberschenkel erfolgt mit der rechten Hand (mit Akzent auf Zählzeit 4) 6. Für die Guiro reibt man mit der rechten Hand den linken Arm entlang und fügt zwei Klatscher hinzu (jeweils auf der Zählzeit 1 und 2 und 3 und 4) 7. Die Claves übt man am besten zunächst sprachlich ein, indem man die Silben der folgenden Worte gleichmäßig, aber betont spricht: > > > > > > Pa-na-ma Pa-na-ma Cu-ba Pa-na-ma Pa-na-ma Cu-ba Dieser Sprechrhythmus kann beibehalten und/oder ergänzt werden durch das Schnipsen auf den jeweiligen gedachten Akzent-Silben. Zusammengesetzt sieht das Ganze in einer grafischen Partitur so aus: 15 Die Bodypercussion kann auch durch Schnipsen, Klopfen, Reiben mit ausgestreckter oder gefausteter Hand durchgeführt werden, sie ahmt Schlaginstrumente mit dem unterschiedlichen Klang der Gliedmaßen nach. Dabei lassen sich die Resonanzräume des Körpers erproben. 16 Einen sehr guten Überblick über die hier erwähnten Instrumente und ihre Spielweise findet man im Schulbuch von Walther Engel (Hg.), Soundcheck, Bd. 1, Braunschweig 2012, 30 ff.
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Abb. 6: Vierstimmige Bodypercussion für die Takte 1 und 2 zum Lied Laudato Si (EG 515)
Für das Einüben von Liedern a capella (d.h. ohne jegliche Begleitinstrumente) und ohne Notentext empfiehlt sich auf jeden Fall das learning by heart (das Auswendiglernen); denn für Laien lenken Noten vom Eigentlichen der Musik eher ab, als dass sie für das Erlernen zuträglich sind. Dazu kann man mit Mimik und Gestik Wörter des Textes darstellen, sodass der Text körperlich erfahrbar wird:
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Danke für diesen guten Morgen,
„Danke“ Händeschütteln – „Morgen“ aufgehende Sonne darstellen, beide Hände mit Handteller nach oben nebeneinander halten, langsam nach oben und auseinander bewegen
danke für jeden neuen Tag.
„Danke“ Händeschütteln – „Tag“ Kreisbewegung für die Mittagssonne
Danke, dass ich all meine Sorgen
„Danke“ Händeschütteln – „Sorgen“ Stirnrunzeln
auf dich werfen mag.
„Danke“ Händeschütteln
Abb. 7: Erste Strophe mit Gesten zu Schlüsselwörtern des Melodietextes zu Danke für diesen guten Morgen (EG 334)
Das Lied wird auf diese Weise in jeweils zwei Zeilen wiederholend einstudiert. Als weiteres Liedbeispiel für diese Methode empfiehlt sich das Lied He’s got the whole world in his hands. Auch hier gibt es zahlreiche Schlüsselwörter, die mit Gesten ausgestaltet werden können. Den schöpfungstheologischen Kontext erschließt es inhaltlich genauso gut wie das vorhin vorgestellt Laudato Si. Soll der Übergang in die Mehrstimmigkeit erfolgen, bieten sich natürlich hervorragend Kanons an, wie beispielsweise in der leichten dreistimmigen Version von Vater unser im Himmel (EG 630). Dieser polyphonen Satzweise zu folgen, fällt Laien leichter als in den homophonen Sätzen die eigene Stimme herauszuhören. Für die letzte Gruppe kann man gut Taizé-Lieder auswählen, wie das bekannte Kyrie (EG 178.12) oder das Laudate omnes gentes (EG 181.6). Die Schritte für das Einüben sind: 1. ansummen des ersten Melodietons, 2. einzählen im Metrum, 3. vorsingen der ersten drei (für EG 178.12) bzw. vier Takte (für EG 181.6) auf Text und gleichzeitiges Anzeigen des Tonhöhenverlaufs in Gesten, 4. die Gruppe singt vier Takte nach, 5. evtl. Korrektur und nochmaliges Singen der ersten vier Takte, 6. für die nächsten drei bzw. vier Takte folgen Schritte 3. und 4. 7. je nach Memorierfähigkeit der Gruppe können diese beiden mehrtaktigen Übephrasen nun an einem Stück auf Text gesungen werden. Anschließend folgen diese Schritte jeweils einstimmig nur mit der zweiten Stimme, dann mit der dritten und schließlich mit der Unterstimme. Im Evangelischen Gesangbuch gibt es auch zahlreiche Erzähllieder, die biblische Themen narrativ aufbereitet haben. Hier fällt es nicht schwer den
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Plot pantomimisch im Rollenspiel während des Singens der Strophen darzustellen17: Gesungener Liedtext mit Bezugsstellen
Pantomime in mehreren Kleingruppen (KG mit Kindern) nach der Rollenverteilung
1. Zwischen Jericho und Jerusalem liegt der Weg der Barmherzigkeit.
KG (1) Vor dem Körper beginnend mit flacher Hand einen geschlungenen Weg darstellen. Die Hände anschließend wie beim Segen auf den Kopf des Nachbarn legen. Mit der Hand den steilen Weg nach oben anzeigen – geballte Fäuste vor dem Kör-per und runden Rücken, Hände auflegen. KG (2) Mehrere Kinder umringen ein Kind, deuten Bedrohungsgesten an und ziehen sich wieder zurück. Das Kind fällt hin und bewegt sich nicht mehr. Es nimmt die Hände trichterartig vor den Mund und deutet rufen und schreien an.
Er ist steil und mühsam und unbequem, dieser Weg der Barmherzigkeit.
Da hat eine Räuberbande einen Mann umstellt und bedroht, bald lag er am Straßenrande, geschlagen, beraubt und halbtot. Hört, wie er schreit auf dem Weg der Barmherzigkeit! 2. Da kam ein Priester geschritten auf dem Weg der Barmherzigkeit.
Und dann einer von den Leviten auf dem Weg der Barmherzigkeit.
Sie konnten nicht länger verweilen, der Mann tat ihnen zwar Leid, doch sie mussten zum Tempeldienst eilen, und der Tem-
KG (1) bewegt sich wie in der 1. Strophe, der Priester tritt auf mit gleichmäßigen Schritten, bleibt kurz vor dem Verletzten stehen, dann schaut er auf seine Hände, schüttelt den Kopf. Der Levit tritt auf mit gleichmäßigen Schritten, Bewegung, als ob er beim Gehen liest, bleibt kurz vor dem Verletzten stehen, dann schaut er auf seine Hände, schüttelt den Kopf. Beide schauen nochmals bedauernd auf den Verletzten und eilen davon, jeder in dieselbe Richtung.
17 H. Lindner, a.a.O., 87 f. Ein weiteres schönes Beispiel, das auch mit Instrumenten verklanglicht werden kann, ist das Erzähllied Abraham, Abraham, verlass dein Land und deinen Stamm (EG 311). Hier kann man wie in der Hörspieltechnik Textelemente mit selbst produzierten Geräuschen und Klängen hinterlegen.
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pel, der Tempel war weit. Hat keiner Zeit auf dem Weg der Barmherzigkeit?
KG (1) Die Kinder wenden sich auf die virtuelle Armbanduhr tippend einander fragend (Hände zeigen nach oben) und schulterzuckend zu.
3. Doch die Hilfe war gar nicht ferne auf dem Weg der Barmherzigkeit.
KG (1) Vor dem Körper beginnend mit fla-cher Hand einen geschlungenen Weg dar-stellen und legen die Hände anschliessend wie beim Segen auf den Kopf des Nachbarn. Barmherziger Samariter tritt auf, beugt sich zum Verletzten hinunter, versorgt ihm seine Wunden, zieht den Verletzten vorsichtig hoch, legt den Arm des Verletzten um sich und geht langsam mit ihm fort. Währenddessen: KG (1) deutet das Auslachen pantomimisch an und zeigt auf den Samariter. Der Samariter kümmert sich nicht darum und geht mit dem Verletzten langsam des Weges
Denn einer kam, der half gerne auf dem Weg der Barmherzigkeit.
Ob die anderen ihn auch verlachten, weil er ein Samariter war, ihn kümmerte nicht, was sie dachten, er machte Barmherzigkeit wahr. Er war schon weit auf dem Weg der Barmherzigkeit. 4. Zwischen Lebensanfang und -ende liegt der Weg der Barmherzigkeit.
Und man braucht bereite Hände auf dem Weg der Barmherzigkeit. Sag, willst du vorübergehen? Sag, lässt du den andern allein? Sag, willst du die Not nicht sehen? Wem kannst du der Nächste sein? Komm, sei bereit, geh den Weg der Barmherzigkeit.
Mit beiden Armen parallel einen großen Halbkreis vor dem Körper ausführen – den geschlungenen Weg darstellen – die segnenden Hände auflegen. Den Nachbarn an den Händen fassen, die Hände abrupt loslassen und sich abwenden vom Nachbarn, die Hand vor die Augen nehmen, in einen Halbkreis aufstellen und einem virtuellen Gegenüber die Hand geben und Segensgeste zum Abschluss.
Abb. 8: Regiebuch für Pantomimen und Rollenspiel zum Erzähllied Zwischen Jericho und Jerusalem (EG 658)
3.
Mit Musik gestalten
Die visuelle und die auditive Ebene werden nirgendwo so eng verzahnt wie im Tonfilm. Jesusfilme haben bereits ein unabhängiges Genre geschaffen
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und stellen eine Fundgrube für Musikgestaltung dar.18 Um selbst mit Musik und Film aktiv arbeiten zu können, bietet sich sehr gut der Film Das 1. Evangelium – Matthäus von Pier Paolo Pasolini (schwarzweiß, Italien 1964) an. Pasolini arbeitet ganz zurückhaltend, fast puristisch mit filmischen Mitteln dicht am biblischen Originaltext und lässt vor allem das gesprochene Wort wirken. Die Salbungsszene (Mt 26, 6–13) eignet sich aufgrund der ruhigen Kameraführung und der kaum vorhandenen Hintergrundgeräusche – sowohl im Bildton, als auch im Fremdton19 – für eine selbst durchgeführte Vertonung. Dieselbe Szene kann durch die Wahl der Filmmusik eine ganz unterschiedliche Aussage erhalten; denn Filmmusik kann folgende Funktionen übernehmen: Sie kann … − illustrieren, − zitieren, − imitieren, − kommentieren, − akzentuieren, − verfremden und parodieren, − syntaktisieren, − interpretieren, − emotionalisieren, − dramatisieren, − paraphrasieren − etc. Gut eingeübte Gruppen setzen ihre Vertonung durch selbst gewählte Instrumente um, Anfänger können fertige Musik kompilierend der jeweiligen Szene zuordnen. Dazu fertigt man sich zunächst ein Regiebuch an, das die Inhalte und die Dauer (in Filmminuten und -sekunden) der Szenenfolgen mit den Regieanweisungen, das gesprochene Wort der Darsteller, die Schnitte und die Kameraeinstellungen festhält. Dann überlegt man sich am besten, wie der Ausdruck der Filmmusik analog zur gewählten Funktion
18 Die Internetadresse http://www.ekd.de/medien/film/passionchristi/filme.html (gelesen 01.03.2014) stellt Kurzkommentare bereit zu Ben Hur, Regie Fred Niblo (USA 1924– 1926), König der Könige, Regie Nicholas Ray (USA 1960), Das 1. Evangelium Matthäus, Regie Pier Paolo Pasolini (Italien 1964), Monty Python’s Das Leben des Brian, Regie Terry Jones (Großbritannien 1979), Die letzte Versuchung Christi, Regie Martin Scorsese (USA 1988). 19 Bildton ist der Ton, der in und durch die Szene im Bild erzeugt wird, mit Fremdton wird der von außen kommende Ton, wie z.B. die Filmmusik, bezeichnet.
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(s.o.) sein soll und sucht dazu die passende Musik aus, die entsprechend der Szene zugeschnitten wird.20 Zum Thema Zeit – Umgang mit der Zeit stellt Pred 3, 1–11 den Klassiker unter den Bibeltexten dar. Als Einstieg in ein Projekt zur Verklanglichung dieses Textes in einer Eigenproduktion dient das Lied Weg da von Herman von Veen, das den funktionalen Umgang mit der Zeit vorstellt: Schnell weg da, weg da, weg macht Platz sonst gibt’s nur Streit wir sind spät dran und haben keine Zeit schnell weg da, weg da, weg es tut uns furchtbar Leid wir schaffen’s kaum der Weg ist da noch weit Wir müssen rennen, springen, fliegen, tauchen, hinfallen und gleich wieder aufstehn wir dürfen keine Zeit verlieren können hier nicht stehn, wir müssen gehen … Herman van Veen: Weg da (1977), 1. Teil Als zweites Musikbeispiel dient das Stück Organ2 / ASLSP von John Cage (1987), das in Haberstadt seit dem Jahr 2000 aufgeführt und noch 639 Jahre andauern wird. Diese Komposition stellt die ewige Zeit klanglich dar: „Der Klangwechsel im Geburtstagsjahr von John Cage war ein klanglicher Höhepunkt des Halberstädter Cage-Konzertes: Nur zwei Töne – die beiden bisher tiefsten Töne C und Des – sind seit dem 5. Juli 2012 in der Burchardi-Kirche zu hören. Sie begleiten den ersten Teil der Aufführung über weite Strecken. Das C erklingt insgesamt 36 Jahre lang (bis zum 5.10.2047) und das Des sogar fast 60 Jahre (bis zum 5.3.2071). Die hohen Töne a‘, c‘‘ und fis‘‘ verabschiedeten sich nach sechseinhalb Jahren Tondauer für unterschiedliche Zeitdauern: a‘ wird 20 Es gibt kostenlose Musikbearbeitungsprogramme im Internet zum Download, die wie ein Mischpult funktionieren. Damit lassen sich aufgenommene Stücke entsprechend bearbeiten. Man kann sie wiederholt hintereinander und übereinander schalten, sodass ein interessanter Rhythmus, aber auch theoretisch ein unendliches Klangband entsteht, die Tonhöhe, Klangfarbe, Lautstärke oder die Geschwindigkeit können verändert oder verfremdet werden. Der große Vorteil einer solchen Bearbeitung: Die Audio-Folgen werden einer oszillografierten Aufzeichnung gemäß visualisiert und sind beliebig kombinierbar, Näheres vgl. H. Lindner, a.a.O., 110.
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im ersten Teil ab August 2026 noch einmal für fast vier Jahre erklingen. Auch c‘‘ wird noch einmal zu hören sein, allerdings erst im Jahr 2061 für nur zwei Monate. fis‘‘ verabschiedet sich für unbestimmte Zeit, da es erst in einem der späteren Teile vorkommt, deren Reihenfolge von nachfolgenden Generationen bestimmt wird.“21 John Cage hat wegen der notwendigen Zeitdimensionen und aller mit der Aufführung verbundenen Umstände selbst nie an eine Verwirklichung seiner Komposition gedacht. Im Vergleich dieser beiden Musikstücke mit ihren unterschiedlichen Entwürfen zum Thema Zeit kann nun eine eigene Verklanglichung zum Prediger-Text durchgeführt werden. Analog zur Version von Herman van Veen wird die funktionale vertaktete Zeit einer ewigen Zeit gegenübergestellt. Dazu kann das bereits erwähnte Musikprogramm helfen, sowohl die aufgenommenen selbst gespielten Rhythmen für die erste Form als auch die Klangbänder für die zweite Form der Zeit passend zum vorgetragenen Text bereit zu stellen. Es ist auch möglich, im Soundscaping-Verfahren eigene Umweltgeräusche, die man z. B. im morgendlichen Berufsverkehr aufgenommen hat, als Klangkulisse dem Text zuzuordnen.22
4.
Musik verstehen
Musik kann eine eigene Symbolsprache ausprägen und Botschaften senden, die in geschichtlichen Kontexten jeweils unterschiedliche Bedeutungszuweisungen hervorrufen. Musikalische Codierungen funktionieren dabei wie Chiffre, die im kollektiven Gedächtnis aktiv bleiben und die eigentliche Aussage transportieren. In Verbindung mit Theologie treten sie auf unterschiedliche Art und Weise in Erscheinung.23 Ein solches Beispiel sind die
21 Das Projekt wird dokumentiert unter http://www.aslsp.org/de/das-projekt.html (gelesen am 01.03.2014). 22 Das können beispielsweise Geräusche auf dem Schulweg sein, das Fahrgeräusch des Busses oder der Bahn, das Trappeln der aussteigenden Fahrgäste etc. Mit Hilfe des Computerprogramms Audacity lassen sich diese Geräusch-Einheiten weiter bearbeiten. 23 Auf einem abstrakten Level in Form einer theologischen Musikästhetik bietet das folgende Buch sehr wichtige Anregungen: Dietrich Korsch, Klaus Röhring, Joachim Herten (Hg.), Das Universum im Ohr. Variationen zu einer theologischen Musikästhetik, Leipzig 2011. Ein weiteres empfehlenswertes Buch ist das folgende: Peter Bubmann, Birgit Weyer (Hg.), Praktische Theologie und Musik. Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie Band 34, Gütersloh 2012.
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Spirituals, die vor dem amerikanischen Bürgerkrieg entstanden sind und bis heute rezipiert werden: Go down, Moses
Spiritual USA
1. When Israel was in Egypts’ Land. Opressed so hard they could not stand.
Let my people go. Let my people go.
Go down, Moses, way down in Egypts’ Land. Tell old Pharaoh. Let my people go. 2. Thus saith the Lord bold Moses said, if not, I’ll smite your firstborn dead.
Let my people go. Let my people go.
Go down, Moses, way down in Egypts’ Land. Tell old Pharaoh. Let my people go. 3. No more shall they in bondage toil. Let them come out with Egypt’s spoil.
Let my people go. Let my people go.
Go down, Moses, way down in Egypts’ Land. Tell old Pharaoh. Let my people go. Dieses Spiritual, dessen Text hier zugunsten des Call-Response-Verfahrens entsprechend in Raum gesetzt wurde, beinhaltet die Exodusgeschichte Ex 5– 12, in der es um die Befreiung der Israeliten aus der Knechtschaft in Ägypten zur Zeit der Pharaonen geht. Der Text handelt von der Aufforderung Gottes an Moses, den Pharao aufzufordern, das Volk ziehen zu lassen. Die Androhungen der Plagen werden ebenfalls hier in einer sehr plastischen Sprache herausgestellt. Rezipiert wurde dieser Exodusstoff von den Sklaven in den Südstaaten der USA, die daraus ein Lied machten, das ihnen Hoffnung auf Befreiung und ein besseres Leben geben sollte. Zeitlich befinden wir uns vor den Sezessionskriegen 1861. In einer nächsten Rezeptionsstufe wurden solche Spirituals vor allem von der Bürgerrechtsbewegung in den USA seit Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre aufgegriffen. Das Lied Get on Board, little Children handelt von dem sogenannten Gospeltrain und wurde in der Sklavenzeit der Südstaaten als eine Chiffre verstanden, die für die Underground Railway steht, die die Sklaven in die Nordstaaten und damit in die Freiheit brachte. Dieses Freiheitssymbol hatte auch Bestand im kollektiven Gedächtnis der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Weitere Spirituals mit Codierungen sind Somebody’s knocking at your Door (mit Bezug
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zur Bergpredigt, „Klopfet an, so wird euch aufgetan“ Mt 7,7), Swing low, sweet chariot (Chariot: erinnert an den feurigen Wagen des Elia in 2. Kön 2, 11–12), Wade in the Water (in diesem Lied heißt es: „See that band“ – gemeint sind die Israeliten, die Moses aus Ägypten geführt hat), Good News (der Chariot, der Streitwagen für die Freiheit wird kommen, s.o.), Rock my Soul (Anspielung auf Abrahams Schoß, vgl. Lk 16, 23), He’s got the whole World (der Text drückt die Sehnsucht nach Geborgenheit in Gottes Schöpfung aus).24 Am Beispiel dieser Rezeptionsebenen, die von den Codierungen der Spirituals mit biblischen Bezügen ausgehen, kann gelernt werden, welche Hoffnung Menschen in unterschiedlichen Zeiten der Unterdrückung und Unfreiheit aus diesen Liedern gezogen haben. Der Glaube an die von Gott bewirkte Freiheit als Auszug aus der Gefangenschaft hat diese Menschen in und durch diese Musik beflügelt – so eben auch die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, in der Spirituals eine große Rolle gespielt haben. Martin Luther King hat in seiner berühmten Rede I have a dream auf ein Spiritual Bezug genommen, das Free at last. In seinem Traum von der Überwindung jeglicher Trennung von Menschen aufgrund ihrer Rasse, ihres Glaubens, ihrer Weltanschauung ist geprägt von einem schöpfungstheologischen Bezug zu Gen 1,27: „Den entwürdigenden Lebensbedingungen der Schwarzen und der rassistischen Ideologie der Segregationalisten setzte King eine Theologie entgegen, die das Personsein Gottes und ein entsprechendes Personsein des Menschen postulierte.“25 Am Ende des Protestmarsches nach Washington D.C., wo diese Rede gehalten wurde, sangen die Menschen das Spiritual We shall overcome. Musik verstehen heißt also, sich vor allem mit der musikalischen Symbolsprache auseinanderzusetzen, die ein ganz eigenes ästhetisches Ausdruckspotenzial erhält. In den Beispielen erhält diese Sprache vor allem politische Bedeutung. Literarische und damit synästhetische Funktion erhält Musik, wenn sie beispielsweise in Romanen der Gegenwartsliteratur auftaucht. Hanns-Josef Ortheil hat in seinem autobiografischen Buch Die Erfindung des Lebens der Musik eine wichtige Rolle in Hinblick auf die Entwicklung des Protagonisten gegeben, der im eigenen Klavierspiel eine ganz wesentliche Ausdrucks24 Ein gutes Hintergrundwissen zu den Spirituals findet man in den folgenden Schulbüchern: Walther Engel (Hg.), Soundcheck 1, Braunschweig 2012, 250 ff. und in Markus Sauter, Klaus Weber (Hg.), Musik um uns 2/3, Zwickau 2013,101 ff. u. 246 ff. 25 Michael Haspel, Gottesebenbildlichkeit und Menschenwürde. Implikationen für Bildung und öffentlichen Diskurs in Martin Luther King Jr.’s Konzeption „Öffentlicher Theologie“, ZPT 64, 2012, 254.
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form für seine Gedanken und Gefühle findet, das ihm hilft, seine Sprachlosigkeit zu überwinden. Dieser wunderbare Roman nimmt Bezug auf die folgenden Musikstücke26: − Johann Sebastian Bach: Italienisches Konzert, 1. Satz (89, 264 ff., 301, 308 ff.) − Johann Sebastian Bach: Choral Jesu bleibet meine Freude (181, 465) – Frédéric Chopin: Walzer für Klavier (230 ff., 249) − Claude Debussy: Arabeske (314) − Joseph Haydn: Klaviersonaten (315) − Wolfgang Amadeus Mozart: Klaviersonaten (316) − Johann Sebastian Bach: D-Dur Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier (317) − Johann Sebastian Bach: C-Dur-Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier (321) − Robert Schumann: C-Dur Fantasie für Klavier (329 ff., 478, 523, 589) − Gregorianischer Gesang: Deus in adjutorium meum intende / Domine, ad adjuvandum me festina (O Gott, komm mir zu Hilfe / Herr, eile mir zu helfen, 344, 457) − Modest Mussorgskij: Bilder einer Ausstellung (479) − Franz Liszt: Années de pelèrinage (480) − Sergeij Prokofieff: Sonate Nr. 3 für Klavier, 3. Satz (524) Die Seitenangaben zeigen, dass vor allem die Klavierfantasie von Robert Schumann eine wichtige Rolle spielt. Der Protagonist wird auch in seiner Glaubensentwicklung beschrieben, die in Verbindung mit der Spiritualität von Kirchenräumen, liturgischen Gesängen und Gebeten und seinem Orgelspiel ebenfalls ein wichtiges Romanthema wird, jedoch im Unterschied zur Musik nicht die Kraft entfaltet, seine Sprachlosigkeit zu überwinden. Als er schließlich erfährt, dass seiner Pianistenlaufbahn gesundheitliche Grenzen gesetzt sind, wendet er sich der Schriftstellerei zu. In der Symbiose von Wort, Musik, Glaube und der tiefen Erschließung seiner räumlichen Umgebung erfährt er seine Bestimmung. Synästhetische Entfaltungen bergen zahlreiche Möglichkeiten für eine interdisziplinäre Erschließung von Themen, wie an diesem Beispiel deutlich wird. Hier bietet es sich an, Romanauszüge unter der Einspielung der entsprechenden Musikstücke gemeinsam
26 Hanns-Josef Ortheil, Die Erfindung des Lebens, 12. Aufl., München 2011.
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zu lesen, um die Wechselwirkung von Musik, Sprache und Glauben ganzheitlich zu erfahren.27
Schlussgedanken Dieser Beitrag konnte nur einen kleinen Ausschnitt der zahlreichen Möglichkeiten bieten, die sich in der Praxis für das Zusammenspiel von Musik und Bibel ergeben. Natürlich bietet das Musikhören allein schon Entfaltungsräume für eine Förderung der Wahrnehmungskompetenz, welche letztlich Voraussetzung jeglichen Umgangs mit Musik ist. Wichtig bei diesem Thema ist, dass man auf die eigenen Möglichkeiten des SelberMusizierens vertraut und sich nicht von den perfekten digitalisierten Aufnahmen beeindrucken lässt. Von Joseph Beuys stammt der Gedanke, dass jeder Mensch ein Künstler ist.28 Er zeigt uns mit diesen Worten einen Umgang mit Tradition, der auch für biblische Kontexte gilt: Tradition wird mit ihrer Sprache in den unterschiedlichen Gebrauchskontexten von unterschiedlichen Menschen ganz unterschiedlich rezipiert. Daher wird ein Exodus aus einem Musik- und Bibelverständnis benötigt, das Tradition als etwas Unantastbares absolut setzt. Didaktisch ausgedrückt geht es um einen Perspektivenwechsel von einer Vermittlungsdidaktik zu einer Aneignungsdidaktik, die respektiert, dass Musik und Bibel in der Lebensgeschichte des Menschen eine Bedeutung bekommen, wenn sie verfügbar werden. Das hat nichts mit Respektlosigkeit zu tun, sondern im Gegenteil: Verfügbar werden meint Musik und Bibel erlebbar zu machen und ihre Ausdruckskraft zu ermöglichen. Musik trägt dazu bei, biblische Traditionen vor allem in emotional-ästhetischer Weise aufzuschließen. Dies kann ein wichtiges Bildungsziel sein.
27 In meinem Buch Musik für den Religionsunterricht, a.a.O., habe ich alle Textstellen mit diesen Bezügen tabellarisch zusammengestellt, um synästhetische Zugänge zu diesem Roman zu ermöglichen. Dort findet sich auch eine entsprechende Ausarbeitung zum Roman von Maarten `t Hart, Das Wüten der ganzen Welt, 7. Aufl., Zürich / Hamburg 1998, das ebenfalls zahlreiche Glaubens- und Musikbezüge enthält. 28 Das vollständige Zitat lautet: „Jeder Mensch ist ein Träger von Fähigkeiten, ein sich selbst bestimmendes Wesen, der Souverän schlechthin in unserer Zeit. Er ist ein Künstler, ob er nun bei der Müllabfuhr ist, Krankenpfleger, Arzt, Ingenieur oder Landwirt. Da, wo er seine Fähigkeiten entfaltet, ist er Künstler. Ich sage nicht, daß dies bei der Malerei eher zur Kunst führt als beim Maschinenbau (…)“, aus: Der Spiegel, Interview mit Peter Brügge „Die Mysterien finden im Hauptbahnhof statt“ vom 04.06.1984.
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Internetadressen http://www.ekd.de/medien/film/passionchristi/filme.html [Zugriff 01.03.2014] http://www.aslsp.org/de/das-projekt.html [Zugriff: 01.03.2014]
Bibelstellen Gen 1,27 Gen 41,1-4 Ex 5 – 12 2. Kön 2,11-12 Pred 3, 1-11 Mt 7,7 Mt 26, 6-13 Lk 16, 23
Lieder Abraham, Abraham, verlass dein Land und deinen Stamm (EG 311) Danke für diesen guten Morgen (EG 334) Get on Board, little Children (Spiritual, USA) Go down, Moses (Spiritual, USA) Good News (Spiritual, USA) He’s got the whole World (Spiritual, USA) Kyrie (EG 178.12) Laudate omnes gentes (EG 181.6) Laudato Si (EG 515) Rock my Soul in the bosom of Abraham (Spiritual, USA) Somebody’s knocking at your Door (Spiritual, USA) Swing low, sweet chariot (Spiritual, USA) Vater unser im Himmel (EG 630) Vater unser, Vater im Himmel (EG 188) Wade in the Water (Spiritual, USA) Zwischen Jericho und Jerusalem (EG 658)
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Musikstücke Cage, John Organ2/ASLSP (1987) Clapton, John, Tears in Heaven E Nomine, Vater Unser, Album: Das Testament (1999) Pärt, Arvo, Cantus in memoriam Benjamin Britten (1977) Abstract Music can be very helpful in religious education to support targets in teaching and learning contexts. This contribution will present four possibilities for, how music can be used in RE. The first is to hear music included by way of listening to different styles of music, and from this it follows that perception can be promoted in religious education. The second is to make music in the form of singing and playing music with different instruments in order to promote interactivity between the participants in RE, the students, the teacher and the subjects. The third is to create certain ideas and projects in RE in combination with music, for example in the film. This is a great possibility for realizing interdisciplinary contexts in RE. The fourth is to understand the connection between music and religion in a deeper way than in everyday life. Here music can be used as a key competence to support distinguishing ability. In this contribution religious education and music education will come together in a theoretical, methodical and practical way.
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