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German Pages 342 [344] Year 2015
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 334 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Kristin Boosfeld
Gewinnausgleich Vergleichende und systematisierende Gegenüberstellung der französischen, niederländischen und englischen Tradition
Mohr Siebeck
Kristin Boosfeld, geboren 1987; Studium der Rechtswissenschaften in Münster; seit 2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Rechtsgeschichte Münster; 2013–2014 Magister-Juris-Studium in Oxford; seit 2014 Referendarin am Landgericht Münster.
e-ISBN PDF 978-3-16-153915-2 ISBN 978-3-16-153910-7 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2015 Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Meinen Eltern
Vorwort Diese Arbeit wurde im Januar 2015 von der juristischen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommen. Mein herzlicher Dank gilt zuallererst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Nils Jansen. Er hat mich nicht nur bei der Erstellung dieser Arbeit unterstützt und sich immer, wenn es nötig war, Zeit für Gespräche genommen, sondern mich auch über sieben lehrreiche Jahre hinweg als studentische Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl gefördert. Der Zweitgutachterin, Frau Prof. Dr. Frauke Wedemann, danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dank gebührt der rheinisch-westfälischen Graduiertenschule für konstruktive Hinweise und ertragreiche Gespräche mit Professoren und Teilnehmern. Rechtsanwalt Dr. J.G.A. Linssen danke ich für seine Hinweise zum niederländischen Recht und für das inspirierende Gespräch zu Beginn meiner Untersuchung, das mich in der Wahl meines Themas bestärkt hat. Auch danke ich Professor Dr. Sebastian Lohsse und den Teilnehmern der Digestenexegese im Sommersemster 2012 für die Anregungen zur römischen Quellenlage. Dr. Sandy Steel gebührt Dank für wertvolle Hinweise zum englischen Recht. Für Einblicke in die patentrechtliche Praxis danke ich Dr. Ulrich Harst und Wolrad Prinz zu Waldeck. Saskia Rolfes danke ich für die vielen guten Gespräche bei einem Glas Wein, teilweise bis spät in die Nacht, in denen wir die Probleme des Gewinnausgleichs besprochen haben. Für anregende Gespräche über die philosophisch-theoretischen Grundlagen der Arbeit während meines Jahrs in Oxford 2013/2014 danke ich herzlich Dr. Anna Coninx und Prof. Joshua Getzler. Danken für ihre Unterstützung möchte ich auch Dr. David Julius Kästle, Viviana Kutz, Farina Clemens und Anja Schlichting. Für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe des Max-PlanckInstituts, die Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht, möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Zimmermann bedanken. Der Studienstiftung ius vivum danke ich für den großzügigen Zuschuss zu den Druckkosten und dem Verlag Mohr Siebeck für die angenehme Zusammenarbeit. Till Schürmann danke ich dafür, dass er in dieser manchmal auch anstrengenden Zeit Ruhe und Kraft spendend an meiner Seite gestanden hat.
VIII
Vorwort
Schließlich möchte ich mich bei meinem Großvater, Dr. Elmar Boosfeld, und meinen Eltern, Dirkje-Janny Boosfeld-Siebring und Dr. Walter Boosfeld, bedanken. Während meines gesamten Studiums und der Erstellung dieser Arbeit konnte ich stets auf ihren Rückhalt und ihre Unterstützung bauen. Münster, im Februar 2015
Kristin Boosfeld
Inhalt Vorwort ................................................................................................... VII! Graphische Darstellungen ..................................................................... XIV! Abkürzungen ........................................................................................... XV!
Einleitung: Ziel und Gegenstand der Untersuchung ................... 1! I. Terminologische Fragen .................................................................... 6! II.! Gang der Darstellung ......................................................................... 8! III.! Meinungsstand in Deutschland – ein Abriss ...................................... 9!
1. Teil: Länderberichte ...................................................................... 13! § 1!! Frankreich ..................................................................................... 15! I.! Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe ...................................... 16! 1.! Eigentumsverletzungen .............................................................. 16! a)! Veräußerung fremder Sachen................................................ 17! b)! Art. 1380 C. civ. als Sondertatbestand des Gewinnausgleichs? ............................................................... 20! c)! Fruchtziehung ....................................................................... 24! 2.! Immaterialgüterrechtsverletzungen ............................................ 27! a)! Geschichte ............................................................................ 27! b)! Aktuelle Rechtslage .............................................................. 33! II.! Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“? .............................. 37! III.! Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung? ............................... 42! IV.! Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem ....................... 44!
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Inhalt
1.! Gewinnabschöpfung nach der deliktischen Generalklausel, Art. 1382 C. civ. ......................................................................... 44! 2.! Exkurs: Haftung bei Verletzungen der Persönlichkeit ................ 48! 3.! Sonderhaftung für faute lucrative ............................................... 50! V.! Ergebnisse Frankreich ..................................................................... 55!
§ 2!! Niederlande ................................................................................... 58! I.! Rechtshistorischer Überblick .......................................................... 59! II.! Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe ...................................... 61! 1.! Eigentumsverletzungen .............................................................. 61! a)! Fruchtziehung ....................................................................... 61! b)! Veräußerung fremder Sachen................................................ 65! c)! Veräußerung rechtsgrundlos geleisteter Sachen .................... 68! 2.! Immaterialgüterrechtsverletzungen ............................................ 70! a)! Urheberrecht ......................................................................... 71! (1)! Historische Einordnung .................................................. 71! (2)! Art. 27a I Urheberrechtsgesetz (Auteurswet) .................. 76! b)! Patentrecht ............................................................................ 83! (1)! Geschichtliche Einordnung ............................................ 83! (2)! Art. 70 V Patentgesetz (Rijksoctrooiwet) ....................... 85! c)! Besonderheiten bei anderen Immaterialgüterrechten ............ 88! III.! Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung ................................ 89! 1.! Tradition der allgemeinen Bereicherungsklage im 18. und 19. Jahrhundert ........................................................................... 90! 2.! Entwicklungen im 20. Jahrhundert ............................................. 92! IV.! Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“? .............................. 94! V.! Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem ....................... 97! 1.! Niederländische Haftungstradition ............................................. 97! 2.! Schadensrechtliche Gewinnabschöpfung – Art. 6:104 BW ........ 99! 3.! Art. 6:104 BW und die Entscheidung Waeyen-Scheers/Naus ... 102! 4.! Aktuelle Rechtsprechung zu Art. 6:104 BW ............................ 104! 5.! Begrenzungen des Ermessensspielraums ................................. 105! 6.! Ermittlung der Gewinnhöhe ..................................................... 107! 7.! Anwendungsfälle des Art. 6:104 BW ....................................... 109! a)! Mietrecht ............................................................................ 110! b)! Irreführende Werbung......................................................... 111! c)! Verletzungen der Persönlichkeit ......................................... 112! VI.! Ergebnisse Niederlande ................................................................. 113!
Inhalt
XI
§ 3!! England ........................................................................................ 117! I.! Instrumente der Gewinnherausgabe .............................................. 119! 1.! Persönliche Rechtsbehelfe im common law.............................. 119! 2.! Persönliche Rechtsbehelfe in equity ......................................... 123! 3.! Dingliche Rechtsbehelfe .......................................................... 125! a)! Substitution und tracing ...................................................... 126! b)! Constructive trust ............................................................... 128! (1)! Entstehungsvoraussetzungen ........................................ 129! (2)! Subsidiarität ................................................................. 132! (3)! Abgrenzung zum resulting trust ................................... 133! 4.! Restitutiver Schadensersatz (restitutionary damages) .............. 134! 5.! Entwicklung eines einheitlichen Gewinnherausgabetatbestandes? .............................................. 135 II.! Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe .................................... 138! 1.! Eigentumsverletzungen ............................................................ 138! a)! Veräußerung fremder Sachen.............................................. 138! b)! Nutzung fremder Sachen .................................................... 139! 2.! Patentverletzungen ................................................................... 141! a)! Geschichte .......................................................................... 142! b)! Aktuelle Rechtslage ............................................................ 146! 3.! Urheberrechtsverletzungen ....................................................... 151! a)! Geschichte .......................................................................... 151! b)! Aktuelle Rechtslage ............................................................ 154! 4.! Persönlichkeitsverletzungen ..................................................... 157! III.! Gründe für die Gewinnherausgabe ................................................ 159! 1.! Abschreckung ........................................................................... 160! 2.! Schadensberechnung ................................................................ 166! 3.! Schutz absoluter Rechtspositionen ........................................... 167! IV.! Grundwertungen des Gewinnausgleichs in England ..................... 169! 1.! Höhe des herauszugebenden Gewinns ...................................... 170! a)! Kausalitätsbeziehung und remoteness................................. 170! b)! Eigenaufwand des Verletzers .............................................. 172! 2.! Anspruchsberechtigung des Verletzten .................................... 175! 3.! Herausgabeverpflichtung des Verletzers .................................. 177! V.! Ergebnisse England ....................................................................... 181!
2. Teil: Analyse ................................................................................. 183! § 4! Gewinnbegriff ............................................................................. 185! I.! Arten vorteilsorientierter Haftung ................................................. 185!
XII
Inhalt
II.! Aktuell vertretene Gewinnbegriffe ................................................ 186! III.! Berücksichtigung des Verletzeraufwands ..................................... 187!
§ 5! Begründungen für den Gewinnausgleich ................................ 190! I.! Abschreckung und Verhaltenssteuerung ....................................... 190! 1.! Abgrenzung zur strafrechtlichen Prävention ............................ 192! 2.! Maß der Abschreckung ............................................................ 195! 3.! Anspruchsberechtigung? .......................................................... 198! II.! Beweiserleichterung bei der Schadensermittlung .......................... 200! 1.! Widerlegliche Vermutung ........................................................ 201! 2.! Unwiderlegliche Vermutung .................................................... 202! 3.! Art. 13 I Richtlinie 2004/48/EG ............................................... 204! 4.! Dogmatisches Fundament? ....................................................... 208! III.! Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente ..................... 210! 1.! Fruchtziehung........................................................................... 210! 2.! Proprietary approach und Lehre vom Zuweisungsgehalt ........ 213! 3.! Rechtsfortwirkung .................................................................... 218! a)! Surrogation bei Eigentumsverletzungen im geltenden Recht ................................................................................... 219! b)! Wurzeln der Surrogation bei Eigentumsverletzungen ......... 221! c)! Anteilige Surrogation .......................................................... 223! 4.! Hanoch Dagans Kriterium der control ..................................... 229! IV.! Fiktion der Gewinnerzielung für einen Dritten ............................. 231! 1.! Negotiorum gestio .................................................................... 231! 2.! Constructive trust und account of profits ................................. 232! V.! Zwischenergebnis .......................................................................... 240!
§ 6! Struktur des Gewinnausgleichs ................................................ 243! I.! Ausgangspunkt selbstbestimmter Gewinnerzielung ...................... 243! II.! Formen rechtmäßiger Gewinnerzielung ........................................ 244! III.! Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung ..................... 247! 1.! Verletzung einer Rechtsposition .............................................. 249! 2.! Subjektive Voraussetzungen .................................................... 251! 3.! Hypothetischer Vertrag ............................................................ 256! a)! Dispositionsbefugnis des Rechtsinhabers ........................... 258! b)! Mutmaßliche und ausdrückliche Ablehnung einer Disposition .......................................................................... 261! c)! Inhalt der Dispositionsbefugnis im konkreten Fall ............. 262!
Inhalt
XIII
(1)! Rückwirkende Lizenzierung ......................................... 262! (2)! Anteilige und vollständige Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber ............................................................... 267! 4.! Abgrenzung zu eigentumsrechtlichen Argumenten, zum Gewinnausgleich nach der Schutzrichtung des Rechts und zum Ansatz Ripsteins ............................................................... 269! IV.! Gegenanspruch des Rechtsverletzers ............................................ 273! V.! Hypothetischer mehrseitiger Vertrag? ........................................... 275!
Gesamtergebnis ................................................................................. 278! Literatur .................................................................................................. 283! Entscheidungen ...................................................................................... 309! Rechtsquellen ......................................................................................... 315! Sachregister ............................................................................................ 319!
Graphische Darstellungen Graphik 1: Rechtsfortwirkung ................................................................ 224! Graphik 2: Rechtsfortwirkung bei Eigenaufwand I ................................ 225! Graphik 3: Rechtsfortwirkung bei Eigenaufwand II ............................... 226! Graphik 4: Gewinnerzielung für sich selbst ........................................... 244! Graphik 5: Gewinnerzielung für einen Dritten ....................................... 245! Graphik 6: Anteilige Gewinnerzielung für einen Dritten ....................... 246! Graphik 7: Gewinnerzielung für sich selbst, fremde Rechte nutzend ..... 247! Graphik 8: Struktur des Gewinnausgleichs............................................. 281!
Abkürzungen Bezüglich der verwendeten Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner, Hildebert Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache (7. Auflage, Berlin 2012) Ergänzend werden folgende Abkürzungen verwendet: AC Law Reports, Appeal Cases, House of Lords and Privy Council Ad. & El. Adolphus & Ellis’ Queen’s Bench Reports All ER All England Law Reports All ER (D) All England Law Reports Digest AMI Tijdschrift voor auteurs-, media- en informatierecht Ann. Annales de propriété industrielle, artistique et litteraire Aw Auteurswet B. & Ad. Barnewell and Adolphus’ Reports B. & C. Barnewell and Cresswell’s Reports BCLC Butterworth’s Company Law Cases BenGH Benelux Gerechtshof BGB Bürgerliches Gesetzbuch BIE Bijblad bij de Industriële Eigendom BMW Benelux Merkenwet BTMW Benelux Tekeningen en Modellenwet Bull. Bulletin B. U. L. Rev. Boston University Law Review Burr. Burrow’s King’s Bench Reports BVIE Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom BW Burgerlijk Wetboek 1992 CA Cour d’Appel Cass. Cour de Cassation Cass. civ. Cour de Cassation chambre civile Cass. com. Cour de Cassation chambre commerciale Cass. req. Cour de Cassation chambre des requêtes C. civ. Code civil (Frankreich) Ch Law Reports, Chancery Division ChD High Court, Chancery Division Cl. & F. Clark and Finnelly’s House of Lords Cases CLP Current Legal Problems
XVI CLR Co. Rep. com. Cowp. CPI Curt. D. D. P. De G. J. & S. DLR EGMR EGLR El. & Bl. EG EU EWHC EWCA Civ EWCA Ch F FSR Gaz. Pal. Hare HKK HL HR IEPT JCP JCP éd E Kay & J. KG Ld. Raym. LE LJN Lloyd’s Rep. LR M. & G. M. & S. M. & W. My. & K. MünchKomm NJ NSWSC NSWCA
Abkürzungen Cambridge Law Review Coke’s King’s Bench Reports chambre commerciale Cowper’s Reports Code de la propriété intellectuelle Curteis’ Ecclesiastical Reports Recueil Dalloz Dalloz Périodique De Gex, Jones & Smith Dominion Law Reports Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Estates Gazette Law Reports Ellis’ and Blackburn’s Law Reports Europäische Gemeinschaft Europäische Union High Court of England and Wales Court of Appeal of England and Wales (Civil Division) Court of Appeal of England and Wales (Chancery Division) Federal Reporter Fleet Street Reports Gazette du Palais Hare Law Reports Historisch-kritischer Kommentar House of Lords Hoge Raad Rechtspraak, Intellectuele Eigendom en Marketingrecht La semaine juridique La semaine juridique entreprise et affaires Kay and Johnson’s Chancery Reports Kort geding Lord Raymond’s King’s Bench and Common Pleas Reports Belinfante, Letterkundig Eigendomsrecht in Nederland (1865) Landelijk Jurisprudentie Nummer Lloyd’s Law Reports Law Reports Manning & Grainger’s Reports Maule & Selwyn’s King’s Bench Reports Meeson & Welsby’s Reports Mylnes and Keen’s Chancery Reports Münchener Kommentar Nederlandse Jurisprudentie New South Wales Supreme Court New South Wales Court of Appeal
Abkürzungen OR PatG P. Wms. QB Rb. req. ROW RPC S. sec. Show. K. B. Swans. Taunt. TGI Trib. civ. Trib. corr. TRIPS UKSC UrhG Ves. Jun. W. WLR WR
Obligationenrecht (Schweiz) Patentgesetz Peere Williams’ Chancery Report Court of Queen’s Bench; Queen’s Bench Reports Rechtbank chambre des requêtes Rijksoctrooiwet Reports of Patent, Design and Trademark Cases Recueil Sirey section Shower’s King’s Bench Reports Swanston’s Chancery Reports Taunton’s Common Pleas Reports Tribunal de grande instance Tribunal civil Tribunal correctionnel Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights United Kingdom Supreme Court Urheberrechtsgesetz Vesey Junior’s Chancery Reports Weekblad van het Regt Weekly Law Reports Tijdschrift van woon- en bedrijfsruimterecht
XVII
Einleitung
Ziel und Gegenstand der Untersuchung Durch rechtswidriges Verhalten können Menschen einerseits Schäden zufügen und andererseits Gewinne erzielen. Verkauft A das Fahrrad des B, das einen Wert von 100 ! hat, ohne dessen Einverständnis zu einem Preis von 150 !, so verursacht er bei B einen Schaden in Höhe von 100 !, während er selbst einen Gewinn von 150 ! erzielt. Ebenso kann C durch eine Patentverletzung einen Gewinn erwirtschaften, wenn er ein Medikament entwickelt, das gegen ein Patent von D verstößt. Gleichzeitig fügt er dadurch D einen Schaden zu, wenn dessen Nutzungsmöglichkeit durch die Verletzung beeinträchtigt ist oder aber er für die Nutzung seines Patents die Zahlung einer Lizenzgebühr hätte verlangen können. Während Schadensersatzhaftung bedeutet, dass ein rechtswidrig zugefügter Schaden zu ersetzen ist, bezeichnet der Begriff Gewinnhaftung die Verpflichtung zur Herausgabe eines rechtswidrig erzielten Gewinns. Aufgrund dieser scheinbaren Gegensätzlichkeit ist oft irrtümlicherweise angenommen worden, dass Gewinnherausgabe und Schadensersatz Antonyme sind1. Jedoch unterscheiden sich Schadensersatz und Gewinnherausgabe in struktureller Hinsicht grundlegend2. Jeder Schadenszufügung haftet ein (moralischer) Unwert an. Hat jemand einem anderen einen Schaden zugefügt, liegt die Frage nach einem Schadensersatzanspruch auf der Hand. Soweit sich der Schädiger rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, wird er den Schaden ersetzen müssen3. Dagegen haftet der Gewinnerzielung kein prinzipieller Unwert an. Im Gegenteil, die Erzielung von Gewinnen ist gesellschaftlich und wirtschaftlich erwünscht4. Anders als bei der 1
So etwa Weinrib, Restitutionary damages, S. 9: „The phenomenon of compensatory damages for wrongful loss is the counterpart to restitutionary damages for wrongful gain“; ebenso Amrein, Gewinnherausgabe, S. 3. 2 Levmore, Explaining restitution, S. 67: „The law of benefits is apparently not the counterpart of the law of harms“. Zu soziologischen Hintergründen siehe Zamir, Loss aversion and the law, S. 852–860: Das gesellschaftliche Denken sei schadensorientiert, während Gewinne nur begrenzt wahrgenommen würden. 3 Dagan, Just and unjust, S. 5; Jaffey, Nature and scope, S. 17; Levmore, Explaining restitution, S. 67. 4 Barker, Responsibility for gain, S. 56: „[W]e must be free to set about enhancing our wealth through legitimate economic competition with others. The protection of this personal liberty may also, incidentally, have beneficial economic consequences for society as a whole“; Dagan, Just and unjust, S. 8: „[T]hree core humanistic values – autonomy,
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Einleitung
Schadenszufügung bedarf es deswegen, wenn jemand Gewinne erwirtschaftet hat, zunächst einmal weder einer moralischen noch einer rechtlichen Begründung dafür, dass er sie behalten darf5. Ein solch positives Verständnis der Gewinnerzielung hat freilich Grenzen. Ist die Gewinnerzielung rechtswidrig erfolgt, so erscheint es fragwürdig, ob dem Gewinnerzielenden sein Gewinn belassen werden sollte. Erlaubt man es demjenigen, der in rechtswidriger Weise einen Gewinn erzielt, diesen zu behalten, so gibt man einen Anreiz zu dieser Form der Gewinnerzielung. Sofern der Gewinn einen etwaigen (nachweislich) zugefügten Schaden übersteigt, ist das rechtswidrige Verhalten für den Handelnden nämlich lukrativ. Ein solcher Anreiz kann durch die Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne vermieden werden. Bei der Frage, ob und inwiefern eine solche Abschöpfung angemessen ist, muss allerdings Berücksichtigung finden, dass die Abschöpfung von Gewinnen die Gefahr birgt, wirtschaftliche Aktivität zu schwächen. Schließlich ist der Anreiz zur wirtschaftlichen Betätigung gering, wenn die Gefahr besteht, schon bei der unverschuldeten Missachtung unbedeutender Verhaltensregeln zur Herausgabe des Gewinns verpflichtet zu werden6. Gewinnabschöpfung kann in öffentlich-rechtlicher Form (zu Gunsten des Staats) sowie in privatrechtlicher Form (zu Gunsten eines Klägers) erfolgen. Gegenstand dieser Untersuchung ist die privatrechtliche Gewinnabschöpfung. Anders als bei der öffentlich-rechtlichen Abschöpfung geht es im Privatrecht dabei nicht allein um die Frage, ob der Gewinnerzielende den Gewinn abgeben muss. Darüber hinaus muss ein Kläger glaubhaft machen können, dass gerade ihm – und nicht dem Gewinnerzielenden – der Gewinn zusteht. Beispiele hierfür finden sich in verschiedenen Bereichen. Bringt etwa ein Automobilhersteller ein Fahrzeug auf den Markt, das er mit besonderen patentierten Schrauben zusammengebaut hat, ohne sich um eine Lizenz zu bemühen, so ist zu klären, wem der mit dem Verkauf der Fahrzeuge erzielte Gewinn zusteht. Der Automobilhersteller hat den Gewinn unter anderem durch die unerlaubte Nutzung des Schraubenpatents erlangt. Dies könnte dafür sprechen, ihm den Gewinn abzusprechen und dem Patentinhaber zuzuschreiben. Dieser hätte den Gewinn jedoch selbst nicht erzielen können, utility, and community – explain law’s a priori approval of enrichments“. Die Europäische Union hat sich jüngst ausdrücklich zur Notwendigkeit einer wettbewerbsfähigen Marktwirtschaft bekannt, siehe Art. 3 III EUV, kritisch aber Vogt, Soziale Marktwirtschaft, S. 77–102 m.w.N. 5 Barker, Responsibility for gain, S. 56. 6 Cane, Exceptional measures, S. 321–322; Birks, Civil wrongs, S. 97; Gordon, Harms and benefits, S. 468. Auch die französische Rechtswissenschaft hat die Gewinnherausgabe über Jahre unter Verweis auf das – andernfalls gestörte – „développement économique“ abgelehnt, siehe sogleich § 1.
Einleitung
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schließlich ist er kein Automobilhersteller. Außerdem hat der Automobilhersteller eigene Rechte eingebracht und besondere Anstrengungen unternommen, um den Gewinn zu erwirtschaften. Gerade wenn er darüber hinaus die Verletzung in nicht vorwerfbarer Weise begangen hat und darauf vertraute, den Gewinn für sich selbst zu erzielen, spricht vieles dafür, ihm den Gewinn zu belassen, um so die Beeinträchtigung von Anreizen zu wirtschaftlichem Tätigwerden zu vermeiden. Dies lässt die Frage unberührt, ob er dem Inhaber des Schraubenpatents möglicherweise nachträglich eine Lizenzgebühr zahlen muss. Ein anderer, aber doch strukturell vergleichbarer Fall ist die bereits erwähnte Veräußerung eines fremden Fahrrads ohne das Einverständnis des Eigentümers. Wenn der Veräußerungserlös höher ist als der Wert des Fahrrads, erzielt der Veräußerer auch hier einen Gewinn, indem er ein fremdes Recht (Eigentum) verletzt. In diesem Fall liegt ein Gewinnausgleich schon näher. Der Eigentümer des Fahrrads hätte den Gewinn ebenso erzielen können. Freilich hat er dazu keine Anstalten gemacht. In der Regel wird er eine Veräußerung wohl auch nicht gewollt haben. Dennoch stammt der Gewinn primär aus der Rechtssphäre des Rechtsverletzers, weil der Verkäufer ihn unmittelbar durch die Verwertung des Eigentums erzielt hat. Während der Automobilhersteller auch andere Schrauben hätte benutzen können, die die Autoteile mit einer anderen Technik zusammenhalten, setzt die Erzielung eines Erlöses zwingend die Eigentumsverletzung in Form der Veräußerung des Fahrrads voraus. Damit sprechen hier gewichtigere Gründe für eine Gewinnherausgabe als im Schraubenfall. Die komplexe Interessenlage in den Beispielen zeigt, dass ein Anspruch auf Gewinnherausgabe keinesfalls die selbstverständliche Folge rechtswidriger Gewinnerzielungen sein kann. Vielmehr muss ein solcher Anspruch immer erst positiv begründet werden. Wenn ein Gewinn in rechtswidriger Weise erzielt wurde, ist zu klären, ob eine Gewinnherausgabe angemessen ist und ob im Gegenzug möglicherweise ein Gegenanspruch des Rechtsverletzers auf Aufwendungsersatz besteht. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, so etwa die Vorwerfbarkeit des Verletzerverhaltens, die Schwere der Verletzung sowie die Kausalität zwischen Verletzung und Gewinnerzielung. Das heutige wohlwollende Verständnis von Gewinnerzielung als Grundlage einer funktionierenden Wirtschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Eine kritische Haltung bereits gegenüber der rechtmäßigen Erzielung von Gewinnen dürfte auch die Zuordnung von rechtswidrig erzielten Gewinnen nachhaltig beeinflussen. Das vorklassische römische Naturrecht bewertete die Erzielung eines Gewinns (lucrum) als anstößig. Verträge, wie der Kauf- oder Tauschvertrag, sollten gerecht und deswegen nur dann wirksam sein, wenn ein Leistungsgleichgewicht zwischen den Parteien bestand. Wenn also eine Partei einen für sich vorteilhaften gegenseitigen Vertrag abschloss, ging man davon aus, dass der Vertrag unwirksam sei, weil die Partei auf Kosten einer
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Einleitung
anderen Partei einen Gewinn erzielt habe7. Dies ging so weit, dass der vorklassische römische Jurist Quintus Mucius Scaevola8 bei einem für ihn günstigen Grundstückskauf freiwillig einen zusätzlichen Betrag zahlen wollte, damit die ausgetauschten Leistungen gleichwertig seien und der Vertrag Wirksamkeit entfalte9. Diese skeptische Grundhaltung gegenüber der Gewinnerzielung hatte bereits im klassischen römischen Recht an Kraft verloren. Marcus Tullius Cicero bezeichnete die Absicht des Quintus Mucius ein knappes Jahrhundert später als „rechtschaffen, aber nicht weise“10. Eine negative Konnotation des Begriffs Gewinn ist freilich noch bei einigen klassischen römischen Juristen festzustellen; so etwa bei Gaius11, der eine bewusste Ersitzung auf Kosten eines anderen als „lukrative“ Ersitzung und den daraus erlangten Vorteil als herauszugebenden ungerechtfertigten Vermögensvorteil verstanden hat12. Ebenso hat Paulus13 Gewinnerzielungen in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Diebstahl gestellt. Diebstahl sei letztlich nichts anderes als ein arglistiges Verhalten mit Gewinnerzielungsabsicht14. Nach über 1.500 Jahren Wirtschafts- und Rechtsentwicklung hatte dieses römische kritische Gewinnverständnis keinen Einfluss auf den ebenfalls naturrechtlichen und am Institutionensystem des Gaius orientierten Code civil. Gewinnherausgabetatbestände haben jedenfalls im französischen Recht des 19. Jahrhunderts keine große Bedeutung erlangt. Gewinne zu erzielen, war zulässig, soweit dies keine unmittelbare Schädigung Dritter verursachte. Die Bestrebungen, in bestimmten Fällen einen Gewinnausgleich vorzunehmen, auch wenn kein oder nur ein geringer Schaden feststellbar ist, stammen im französischen sowie im ursprünglich eng daran angelehnten niederländischen Recht weitgehend erst aus den vergangenen Jahrzehnten. Überraschenderweise weist dagegen gerade das englische Recht – bei dem es sich um ein besonders wirtschaftliches und damit vermeintlich gewinnfreundliches Recht handelt – eine ausgeprägte Tradition der Gewinnherausgabe auf. 7
Dazu Behrends, Institut und Prinzip, Bd. II, S. 632. Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S. 138–139. 9 Cicero, De officiis 3,15,62. Dies erinnert an die englische consideration-Doktrin. Nach dieser Lehre sollen Verträge nur durchsetzbar (enforceable) sein, wenn jeder Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 384. 10 Cicero, De officiis 3,15,62. 11 Hochklassischer römischer Rechtslehrer, vgl. Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S. 159–160. 12 Gaius Inst. 2,56: „Haec autem species possessionis et usucapionis etiam lucrativa vocatur: nam sciens quisque rem alienam lucrifacit“; dazu Avenarius, Liber singularis regularum, S. 375, Fn. 78 und S. 126. 13 Hochklassischer römischer Jurist, vgl. Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S. 148–149. 14 Paulus D. 47,2,1,3: „Furtum est contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia [...]“. 8
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Ziel der Abhandlung ist es, auf Grundlage einer rechtsvergleichenden Analyse, die die Entwicklung des Verständnisses der Gewinnherausgabe in verschiedenen Rechtsordnungen untersucht, verallgemeinerbare Wertungen für die Zuordnung und den Ausgleich von Gewinnen zu ermitteln. Die Systematisierung dieser Frage ist schon seit einiger Zeit Gegenstand des rechts15 wissenschaftlichen Diskurses . Verschiedene Rechtswissenschaftler haben jeweils ausgewählte Erscheinungsformen der Gewinnherausgabe rechtsver16 gleichend untersucht . Vor diesem Hintergrund soll die Arbeit nicht jeden Aspekt der Gewinnherausgabe in den verschiedenen Rechtsordnungen herausarbeiten und damit ein abschließendes Bild schaffen. Vielmehr sollen zunächst Wertungen für die Verteilung rechtswidrig erzielter Gewinne in unterschiedlichen Rechtsbereichen der jeweiligen Länder herausgearbeitet werden. In einem zweiten Schritt sollen dann Schlüsse auf eine gemeinsame Rechtstradition gezogen werden, um auf dieser Basis verallgemeinerbare Strukturen des Gewinnausgleichs offenzulegen17. In der Arbeit werden die französische, die niederländische sowie die englische Rechtstradition einander gegenübergestellt und vergleichend analysiert. Die Gründe für die Wahl dieser Rechtsordnungen sind vielfältig, bieten sie doch jeweils Besonderheiten bei der Zuordnung von Gewinnen. Im französischen Code civil, dem Prototyp der kontinentaleuropäischen Kodifikation, ist eine ausdrückliche Gewinnausgleichsregelung nicht angelegt. Dies hat dazu geführt, dass sich französische Juristen lange Zeit nur am Rande mit Fragen des Gewinnausgleichs beschäftigt haben. Gerade in den vergangenen Jahren hat sich nun aber ein verstärktes Bedürfnis nach einem Ausgleich von Gewinnen gezeigt, und in den aktuellen Entwürfen zu einer französischen Schuldrechtsreform hat sich diese Erkenntnis in Form des Vorschlags einer Haftung für sogenannte faute lucrative niedergeschlagen. Eine genauere Auseinandersetzung mit dem niederländischen Recht bietet sich an, weil es sich in den vergangenen Jahren bewusst vom ursprünglich starken französischen Einfluss gelöst hat. Das 1992 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch (Burgerlijk Wetboek) basiert auf rechtsvergleichenden Erkenntnissen. Im Rahmen des Schadensrechts ermöglicht der neu eingefügte Art. 6:104 BW einen Gewinnausgleich als Alternative zum Schadensersatz. 15
Um besonders umfangreiche Darstellungen handelt es sich bei Helms, Gewinnherausgabe (2007); Linssen, Voordeelsafgifte (2000); Edelman, Gain-based damages (2002); Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung (erscheint 2015). 16 So etwa zu Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts Amelung, Schutz der Privatheit (2002); zu Verletzungen von Treuhandverhältnissen Rusch, Gewinnhaftung (2003); Böger, System der vorteilsorientierten Haftung (2009) und Soeffky, Gewinnhaftung (2004) und zum Kartellrecht Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung (2010), S. 437– 604. 17 Zur Legitimität solcher rechtsvergleichender Argumente siehe Stoll, Relevanz rechtvergleichender Argumente, S. 429–456.
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Einleitung
Die Gewinnausgleichsmechanismen im englischen Recht weisen große Unterschiede zum kontinentaleuropäischen Recht auf und bieten sich deswegen ebenfalls für eine rechtsvergleichende Untersuchung an. So ist das Prinzip, dass in rechtswidriger Weise erzielte Gewinne herausgegeben werden 18 müssen, tief im englischen Recht verwurzelt (tort does not pay). Allerdings sind die Formen, in denen im englischen Recht Gewinne ausgeglichen werden, keineswegs einheitlich. In den vergangenen Jahren haben englische Rechtswissenschaftler deswegen versucht, die Masse der Fälle zu systemati19 sieren und mögliche einheitliche Wertungen aufzudecken . Ein inhaltlicher Konsens konnte bislang freilich nicht gefunden werden. Neben diesen Entwicklungen hat im vergangenen Jahrzehnt die Europäische Union den Gewinnausgleich der untersuchten Rechtsordnungen nachhaltig geprägt. In Art. 13 I lit. a der Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004 hat sie für Immaterialgüterrechtsverletzungen angeordnet, dass die Mitgliedstaaten dem Richter die Möglichkeit einer Schadensberechnung anhand des Gewinns einräumen sollen. In der Arbeit soll auch untersucht werden, inwiefern sich diese Regelung in das geltende Recht der Mitgliedstaaten einfügen lässt und ob sie in den untersuchten Rechtsordnungen ein kohärentes Gewinnausgleichsrecht ermöglichen konnte.
I. Terminologische Fragen Angesichts der verschiedenen Sprachen in den zu untersuchenden Rechtsordnungen ist eine exakte Terminologie unerlässlich, um zu klaren Ergebnissen zu kommen. Die Erörterung der französischen, niederländischen und englischen Terminologie erfolgt in den jeweiligen Abschnitten. Darüber hinaus ist jedoch bereits an dieser Stelle eine Präzisierung der deutschen Begrifflichkeiten nötig, da die vergleichende Gegenüberstellung und Analyse in deutscher Sprache erfolgt. In der deutschen Rechtssprache haben sich im vergangenen Jahrhundert verschiedene Begrifflichkeiten herausgebildet, die bei der Umverteilung von Gewinnen verwendet werden. Die Gewinnherausgabe bezeichnet dabei einen konkreten Anspruch, mit dem Gewinne herausverlangt werden können. Der
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Broome v. Cassell & Co. [1972] AC 1027 (HL) 1073; Jegon v. Vivian [1871] LR 6 ChA 742, 762; Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268, 278: „[A] wrongdoer should not be allowed to profit from his wrong“; Attorney General v. Guardian Newspaper Ltd. (No. 2) [1996] Ch 217, 229. 19 So etwa Burrows, Restitution, S. 622–705; Virgo, Restitution, S. 425–537; Birks, Civil wrongs, S. 55–112.
I. Terminologische Fragen
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Begriff der Gewinnhaftung20 wird zumeist synonym verwendet, ist aber vielfach irreführend, weil unter einer Haftung nach allgemeinem Verständnis ein Ausgleich für eine rechtswidrige Schadenszufügung verstanden wird. Ein weiterer häufig verwendeter Begriff ist die Gewinnabschöpfung21. Auch diese Bezeichnung verursacht Schwierigkeiten. Denn im Gegensatz zur Gewinnherausgabe wird sie zumeist nicht im Zusammenhang mit einem Anspruch verwendet. Vielmehr bezieht sich die Abschöpfung primär auf den Gewinnerzielenden. Seine Gewinne sollen ihm aus bestimmten Gründen nicht zugutekommen. Dabei spielt ein möglicher Anspruchsberechtigter keine Rolle, sodass der Begriff der Gewinnabschöpfung auch im öffentlichrechtlichen Kontext Anwendung findet22. Soweit es lediglich um die Person des Gewinnerzielenden geht, Gewinne also ausschließlich aus Abschreckungserwägungen abgeschöpft werden, mag sich der Begriff Gewinnabschöpfung zwar durchaus eignen. Diskussionsbedarf besteht aber auch bei der Frage, weshalb und in welchem Umfang einer anderen Person der Gewinn zustehen soll. Diese Frage lässt sich im Rahmen einer bloßen Gewinnabschöpfung nicht angemessen beantworten. Im Rahmen des Privatrechts muss ein geeigneter Begriff die bipolare Struktur der Gewinnverteilung zwischen zwei Parteien angemessen berücksichtigen23. Hat ein Rechtsverletzer Gewinne erzielt, so ist einerseits zu klären, ob er diese herausgeben muss und andererseits, ob dem Rechtsinhaber der durch den Rechtsverletzer erzielte Gewinn zusteht. Besteht ein solcher Anspruch auf Gewinnherausgabe, so ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Rechtsverletzer möglicherweise einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Gewinnerzielung oder sonstige Gegenrechte hat. Erst durch diese Prüfung finden die Interessen beider Parteien jeweils hinreichend Berücksichtigung. Dieses Zusammenspiel wird im Folgenden mit dem Begriff Gewinnausgleich bezeichnet.
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Dieser Begriff wurde von Christoph Kellmann und Detlev König geprägt: Kellmann, Gewinnhaftung (1969), König, Gewinnhaftung (1978); so auch noch Rusch, Gewinnhaftung (2003) und Soeffky, Gewinnhaftung (2004). Tobias Helms hat sich hingegen von dem Begriff distanziert: Helms, Gewinnherausgabe (2007). 21 So etwa Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung (erscheint 2015). 22 Vgl. Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren (2006). Ähnlich ist es beim französischen Begriff des prélèvement du bénéfice, der allerdings nur im öffentlich-rechtlichen Bereich Verwendung findet. Ein vergleichbarer Begriff für das Zivilrecht besteht nicht, vgl. dazu sogleich § 1. 23 Zur Bipolarität siehe Weinrib, Corrective justice, S. 3.
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Einleitung
II. Gang der Darstellung Nach einer knappen Darstellung der Rechtslage in Deutschland folgen im ersten Teil der Arbeit die ausführlichen rechtsvergleichenden Länderberichte zur Tradition des Gewinnausgleichs im französischen, niederländischen und englischen Recht. Im Rahmen des jeweiligen Länderberichts sollen einerseits ausgewählte Fälle des Gewinnausgleichs untersucht werden, um so Stimmigkeiten sowie Wertungswidersprüche innerhalb der jeweiligen Rechtsordnung feststellen zu können. Andererseits werden die Begründungsansätze, die von der Literatur des jeweiligen Landes in verschiedenen Konstellationen rechtswidriger Gewinnerzielung für den Gewinnausgleich verwendet werden, kritisch analysiert. Hierauf aufbauend widmet sich der zweite Teil der Arbeit der Entwicklung einer einheitlichen Konzeption des Gewinnausgleichs. Dazu werden zunächst der Begriff des Gewinns sowie die vertretenen Begründungen für den Gewinnausgleich analysiert. Auf dieser Basis soll sodann in einem zweiten Schritt die dem Gewinnausgleich zugrundeliegende Struktur offengelegt werden. Aus den rechtsvergleichenden und rechtshistorischen Erkenntnissen soll ein normatives Kriterium abgeleitet werden, anhand dessen sich beantworten lässt, in welchen Fällen und in welchem Maß Gewinne ausgeglichen werden müssen. Dieses Kriterium muss verschiedenen Ansprüchen gerecht werden. Es muss nicht nur begründen, weshalb der Gewinnerzielende den Gewinn herausgeben muss, sondern es muss darüber hinaus eine Basis für die Frage bieten, weshalb jemand anderes einen Anspruch auf diesen Gewinn haben soll. Außerdem muss gewährleistet sein, dass auch die Interessen des Gewinnerzielenden hinreichend berücksichtigt sind. Wenn er bei der Gewinnerzielung davon ausging, den Gewinn für sich zu erzielen und ihm eine etwaige Rechtsverletzung dabei weder bewusst noch vorwerfbar war, so birgt ein Gewinnausgleich die Gefahr, wirtschaftliche Aktivität zu beeinträchtigen. In Anbetracht der gegensätzlichen Interessen der Parteien liegt die Notwendigkeit eines flexiblen Ansatzes auf der Hand, anhand dessen ermittelt werden kann, ob und in welcher Form ein Gewinnausgleich erfolgen muss. Ein solcher wird im zweiten Teil der Arbeit auf der Grundlage eines hypothetischen Vertragsschlusses entwickelt und hinsichtlich seiner Eignung überprüft.
III. Meinungsstand in Deutschland – ein Abriss
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III. Meinungsstand in Deutschland – ein Abriss Im deutschen Rechtsdiskurs ist der Gewinnausgleich seit der grundlegenden Abhandlung von Fritz Schulz24 immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen gewesen25. Insbesondere in Anbetracht der Habilitationsschriften von Tobias Helms und André Janssen zur Verankerung der Gewinnherausgabe im deutschen Recht26 wird im Folgenden auf eine ausführliche Darstellung der deutschen Rechtslage verzichtet. Eine kurze, zusammenfassende Darstellung, ob und inwiefern der Gewinnausgleich im deutschen Recht verankert ist, soll dennoch erfolgen. Die deutsche Rechtswissenschaft hat die Frage nach dem Gewinnausgleich in unterschiedlichen Rechtsgebieten angesiedelt. Fritz Schulz27, dessen Lehren das deutsche Bereicherungsrecht nachhaltig geprägt haben 28, ist davon ausgegangen, dass alle rechtswidrigen Verhaltensweisen eine Gewinnherausgabe zur Folge haben müssen, soweit der rechtswidrig Handelnde einen Gewinn erzielt hat. Diese Rechtswidrigkeitslehre der Eingriffshaftung hat sich als zu weit erwiesen, weil sogar minimale und leicht fahrlässige Rechtsverletzungen eine Gewinnherausgabe nach sich zogen. Im deutschen Recht konnte sie sich dementsprechend nicht durchsetzen. Die wenig später von Walter Wilburg entwickelte Lehre vom Zuweisungsgehalt bildet den Grundstein für das geltende deutsche Bereicherungsrecht. Danach sollte der Eingreifer in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts alles, was er durch den Eingriff erlangt hatte, an den Inhaber des Rechts herausgeben29, also auch die dabei erzielten Gewinne. Ernst von Caemmerer hat Wilburgs Theorie schon wenige Jahre später dahingehend eingegrenzt, dass sich der Herausgabeanspruch nur auf den Wert des Erlangten beziehen könne, nicht aber auf den durch den Eingriff erzielten Gewinn30. Diesen könne der Rechtsinhaber im Sinne des § 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB nur bei vorsätzlichen Rechtsverletzungen verlangen, weil es in diesen Fällen unangemessen sei, wenn bei einem schwieri24
Schulz, System der Rechte auf den Eingriffserwerb (1909). Davor bereits von Monroy, Die vollmachtlose Ausübung fremder Vermögensrechte (1878). 25 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung (1934); Kellmann, Gewinnhaftung (1969); König, Gewinnhaftung (1978); Roth, Gewinnhaftung (1991); Jakobs, Kondiktionsrechtliche Gewinnhaftung (1993); Köndgen, Gewinnabschöpfung als Sanktion (2000). 26 Helms, Gewinnherausgabe (2007); Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung (erscheint 2015). 27 Schulz, System der Rechte auf den Eingriffserwerb, S. 1–488. 28 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 26–27; Haines, Bereicherungsansprüche, S. 49–53. 29 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 106–108, 114. Diese Auffassung ist in den vergangenen Jahren vermehrt hinterfragt und abgelehnt worden, dazu ausführlich Jansen, in: HKK § 687 II, Rn. 45–55. 30 von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 356–359, 376–377.
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Einleitung
gen Schadensnachweis überhaupt kein Anspruch bestünde31. Mit dieser Auffassung konnte er sich in der deutschen Rechtsliteratur weitgehend durchsetzen, und auch die Rechtsprechung folgt ihr bis heute32. Ein allgemeines Prinzip einer bereicherungsrechtlichen Gewinnherausgabe besteht im deutschen Recht deswegen nicht. Auch Tobias Helms hat sich in seiner 2007 erschienenen Habilitationsschrift gegen eine bereicherungsrechtliche und für eine haftungsrechtliche Gewinnherausgabe ausgesprochen. Dabei wies er darauf hin, dass eine verschuldensunabhängige Gewinnherausgabe nicht in Betracht kommen könne, weil Investitionsentscheidungen, die im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Gewinnerzielung getätigt werden, zur Verwirklichung einer erfolgreichen freien Wirtschaft nicht frustriert werden dürften33. Obwohl der wissenschaftliche Diskurs über die Gewinnherausgabe hauptsächlich im Bereicherungsrecht und im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag verwurzelt ist, wählt die Rechtsprechung in Fällen der Verletzung von Immaterialgüterrechten und des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Anspruchsgrundlage für die Gewinnherausgabe den deliktischen Anspruch aus § 823 I BGB. Dies verwundert, handelt es sich doch um eine Norm, die nach ihrem Wortlaut einen Schadensersatzanspruch gewährt, also der Kompensation von Schäden dient, nicht aber den Ausgleich von Gewinnen bezweckt. Gleichwohl haben deutsche Gerichte seit dem frühen 20. Jahrhundert anhand des § 823 I BGB in Verbindung mit der sogenannten „dreifachen Schadensberechnungsmethode“ Gewinne abgeschöpft34. Bei Verletzungen von Immaterialgüterrechten und des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts besteht ein Schaden häufig nur in Form eines entgangenen Gewinns. Dieser ist in der Regel schwer nachweisbar, weil der Kläger beweisen muss, dass er den Gewinn hypothetisch auch selbst erzielt hätte. Deswegen sollten nach dem Reichsgericht Richter im Rahmen des § 823 I BGB die Möglichkeit haben, anstelle des Ersatzes für den nachweislich zugefügten Schaden einen Anspruch auf eine angemessene Lizenzgebühr oder aber auf den sogenannten Verletzergewinn zu gewähren. Zur Begründung dieser dritten „Schadensberechnungsmethode“ auf den Verletzergewinn hat die Rechtsprechung zwar vereinzelt auf die Geschäftsanmaßung nach § 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB verwiesen. Ausdrückliche und einzige Grundlage für die Haftung war jedoch stets § 823 I BGB35. 31
von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 359–360. Zu alldem ausführlich § 5 III 2. Siehe auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 34 m.w.N. Anders insbesondere Jakobs, Eingriffserwerb, S. 26–27. 33 Helms, Gewinnherausgabe, S. 67. 34 Lange/Herrmann, Schadensersatz, S. 355–361; Oetker, in: MünchKomm § 252, Rn. 53–56. 35 Dem ist nun auch Tobias Helms gefolgt, der eine deliktische Gewinnherausgabe mit der Erwägung befürwortet, dass sie der Gewährleistung einer vollständigen Schadenskompensation dient, Helms, Gewinnherausgabe, S. 493: „Auslöser dieser Rechtsinstitute sind 32
III. Meinungsstand in Deutschland – ein Abriss
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Trotz der richterrechtlichen Verfestigung der dreifachen Schadensberechnungsmethode bestand über viele Jahre hinweg dennoch nur die theoretische Möglichkeit, einen Gewinnausgleich zu erreichen. Kläger verlangten nur selten Gewinnherausgabe, weil jede Eigenbeteiligung des Rechtsverletzers an der Gewinnerzielung berücksichtigt und der Rechtsverletzer insoweit in der Regel am erzielten Gewinn beteiligt wurde36. Durch das GemeinkostenUrteil37 im Jahr 2000 ist es in dieser Hinsicht zu einem Wandel gekommen. Zwar soll der Kläger weiterhin nur dasjenige herausverlangen können, was der Verletzer gerade durch die Rechtsverletzung erlangt hat. Jedoch sollen hierbei die Kosten für die Gewinnerzielung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rechtsverletzung stehen38. Dies hat zu erhöhten Erfolgsaussichten und einer Verkürzung der Dauer der Verfahren geführt sowie dazu, dass Kläger vermehrt eine Schadensermittlung anhand des Gewinns beantragen39. Damit fügt sich Art. 13 I lit. a der Immaterialgüterrechtsrichtlinie40 ohne Weiteres in das deutsche Recht ein41. Die hier angeordnete Schadensberechnung anhand des Gewinns hatte in Deutschland bereits Tradition.
bekanntermaßen die Schwierigkeiten, die mit einer konkreten Schadensberechnung verbunden sind [...]. Soll der Rechtsbehelf des Schadensersatzes seine Ausgleichs- und Präventionsfunktion nicht vollkommen verfehlen, müssen diese alternativen Formen des Nachteilsausgleichs anerkannt werden, wobei die Erzielung eines rechtswidrigen Gewinns eine besondere Legitimation dafür liefert, von den allgemeinen Ausgleichsmaßstäben abzuweichen“. 36 Meier-Beck, Herausgabe des Verletzergewinns, S. 617. 37 BGHZ 144, 366. 38 Hiermit ist der Bundesgerichtshof dem Vorschlag von Lehmann, Juristischökonomische Kriterien, S. 1684, gefolgt: Es sei ökonomisch nicht gerechtfertigt, die Kosten des Rechtsverletzers vom konkret durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinn abzuziehen. Der Rechtsverletzer solle seine Gemeinkosten nur dann abziehen können, wenn sie ausschließlich der Produktion der schutzrechtsverletzenden Gegenstände zugerechnet werden können. 39 Kritisch zu dieser Entwicklung Meier-Beck, Herausgabe des Verletzergewinns, S. 619–622. 40 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 41 Zum Einfluss dieser Norm ausführlich unter § 5 II 3.
1. Teil
Länderberichte
§ 1 Frankreich Ein allgemeiner Anspruch auf Gewinnherausgabe ist im französischen Code civil nicht vorgesehen und auch im rechtswissenschaftlichen Diskurs erfolgt keine systematische Auseinandersetzung mit der Problematik des Gewinnausgleichs. Da weder die Rechtsprechung Gewinne nach einheitlichen Kriterien ausgleicht noch weite Teile der Literatur überhaupt festgestellt haben, dass es ein Problem darstellen kann, wenn in rechtswidriger Weise Gewinne erzielt werden, besteht im französischen Recht bereits keine einheitliche Begrifflichkeit für Gewinnherausgabe bzw. Gewinnausgleich. Auch die einschlägigen Rechtswörterbücher sind in dieser Hinsicht nicht weiterführend: Der hier genannte Begriff des prélèvement du bénéfice1 entspricht der Gewinnabschöpfung, ist aber ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Die französische Rechtsprechung hat einen allgemeinen Bereicherungsanspruch, anhand dessen Gewinne möglicherweise ausgeglichen werden könnten, bis ins 19. Jahrhundert vollständig abgelehnt und erstmals 1896 im arrêt Boudier2 ausdrücklich erwähnt. In den Code civil hat ein solcher Anspruch bislang keinen Eingang gefunden. Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (gestion d’affaires) zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch sie wird restriktiv gehandhabt3, und die Gewinnherausgabe anhand einer Geschäftsführungskonstruktion kommt in der Regel nicht in Betracht. Dies hat auf deutscher Seite vielfach zu dem Schluss geführt, dass in Frankreich keine Tradition des Gewinnausgleichs bestehe4. Ein solches Urteil erweist sich jedoch als zu pauschal. Fragestellungen, die im deutschen Recht als Probleme der negotiorum gestio oder auch der culpa in contrahendo verstanden werden, ordnet das französische Recht in das Deliktsrecht ein. Aufgrund dieser umfangreichen deliktischen Tradition hat sich die französische Rechtswissenschaft umfassend mit Haftungsfragen 1
Doucet/Fleck, Wörterbuch, Bd. II, S. 412, Stichwort: „Gewinnabschöpfung“. Cass. req. 15.6.1892, D. P. 1892.1.596. 3 Vgl. dazu Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S. 1792–1799. 4 von Bar/Clive, DCFR, Bd. IV, Anm. zu Art. VI.–6:101, Nr. 15: „In principle, ‚profiterasing‘ is not recognised by French […] liability law“; auch Astrid Marx spricht in ihrer Dissertation von der „völlige[n] Ablehnung der Gewinnhaftung im französischen Recht, [welche] im Gegensatz zum deutschen Recht steht“, Marx, Abschöpfung der Bereicherung, S. 292. 2
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§ 1 Frankreich
beschäftigt. So widmet der Verlag Dalloz dem Deliktsrecht in seiner kommentierten Ausgabe des Code civil etwa neun Mal so viele Seiten wie den übrigen gesetzlichen Schuldverhältnissen zusammen5. Deswegen liegt es nahe, gerade im Deliktsrecht nach Wertungsgesichtspunkten für den Gewinnausgleich zu suchen und es zeigt sich, dass die Rechtswissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt eine Sonderhaftung für „lukratives Verschulden“ (faute lucrative) diskutiert, nach der Gewinne herausgegeben werden müssen, die in vorwerfbarer Weise auf Kosten anderer erzielt worden sind.
I. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe Im Rahmen einer Analyse ausgewählter Bereiche des französischen Privatrechts soll im Folgenden untersucht werden, inwiefern es Grundsätze und Wertungen für die Verteilung in rechtswidriger Weise erzielter Gewinne bereithält. Bevor aber festgestellt werden kann, ob im französischen Recht einheitliche Wertungen für den Gewinnausgleich bestehen, sollen zunächst einzelne Rechtspositionen untersucht werden, bei deren Verletzung eine Gewinnherausgabe in Betracht kommt. Wenn nämlich Zusammenhänge zwischen einzelnen Rechtspositionen und der Zuordnung von daraus erlangten Gewinnen bestehen, können daraus möglicherweise allgemeine Wertungen für den Gewinnausgleich abgeleitet werden. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Rechtspositionen ginge es zu weit, sie alle umfassend zu untersuchen. Im Folgenden wird deswegen beispielhaft die Gewinnverteilung nach Verletzungen des Eigentums und der Immaterialgüterrechte dargestellt 6. 1. Eigentumsverletzungen „La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue“ heißt es in Art. 544 C. civ.: Im französischen Recht ist das Eigentum das Recht, das die umfassendste Verfügungsgewalt sowie das umfassendste Genussrecht einräumt7. Was geschieht aber, wenn ein Dritter mit diesem Eigentum Gewinne erzielt? Umfasst das Verfügungs- und Genussrecht auch das Recht, alle Vorteile, die ein anderer damit erzielt hat, für sich zu verlangen? Um diese Fragen zu beantworten, muss differenziert werden, auf welche Weisen mit fremdem Eigentum Gewinne erzielt werden können. Einerseits kann eine fremde Sache veräußert, also als solche verwertet werden. Hierdurch erlangt der Veräußerer in der Regel einen Erlös. Soweit die5
Code civil, Édition Dalloz, 113. Auflage (2014). Eine Erörterung der Gewinnverteilung bei Verletzungen der Persönlichkeit findet im Rahmen des Deliktsrechts statt, siehe § 1 IV 2. 7 Zur Entstehung dieser Formulierung siehe Arnaud, Origines doctrinales, S. 189. 6
I. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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ser den Wert der Sache übersteigt – den Wert muss der unbefugt Verfügende im Rahmen des Schadensersatzes ohnehin ersetzen – hat der Verkäufer einen Gewinn erzielt, den er gegebenenfalls herausgeben muss. Andererseits kann ein Nichteigentümer durch die Nutzung der Sache einen Vorteil erlangen und gegebenenfalls Früchte ziehen. Hierbei handelt es sich ebenso um Gewinne für den Nichteigentümer, bei denen zu klären ist, wem sie zustehen. a) Veräußerung fremder Sachen Wer fremde Sachen veräußert, haftet dem Eigentümer primär nach Art. 1382 C. civ. auf Schadensersatz. Ein Schaden liegt dann vor, wenn der Eigentümer die Sache vom Erwerber nicht mehr herausverlangen kann. Zwar besteht im französischen Recht prinzipiell die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs gem. Art. 2276 I C. civ. 8. Jedoch kann der ursprüngliche Eigentümer die Sache noch innerhalb von drei Jahren vom Käufer herausverlangen, wenn er die Sache verloren hatte oder sie ihm gestohlen worden war, Art. 2276 II C. civ.9, sodass in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch des Eigentümers gegen den unberechtigten Verkäufer insoweit ausscheidet. Hat der Eigentümer die Sache vom Käufer herausverlangt, hat der Käufer das Recht, aufgrund der fehlgeschlagenen Eigentumsverschaffung vom Vertrag zurückzutreten und den gezahlten Kaufpreis vom Verkäufer zurückzuverlangen. In diesem Fall hat der Veräußerer durch die Verletzungshandlung keinen Erlös erlangt. Ein Anspruch auf Herausgabe desselben scheidet von vornherein aus. Die Frage nach einer möglichen Gewinnherausgabe bei der gutgläubigen Veräußerung fremder Sachen stellt sich also typischerweise erst, wenn die Frist des Art. 2276 II C. civ. abgelaufen ist oder der Erwerber aus sonstigen Gründen nicht in Anspruch genommen werden kann. Nur dann ist zu klären, ob der (ursprüngliche) Eigentümer vom Veräußerer den gesamten Erlös verlangen kann oder er nach dem Wortlaut des Art. 1382 C. civ. auf eine Schadenskompensation beschränkt ist. Die Cour de Cassation10 hat 1931 in dieser Frage entschieden, dass der unbefugte Veräußerer seinen Erlös nicht an den Eigentümer herausgeben muss. Vielmehr könne der Eigentümer von ihm nur Schadenskompensation verlangen, soweit sein Verhalten in vorwerfbarer Weise erfolgt sei11. Denn 8 Zur römischen Tradition dieser Norm Pothier, Traité de la prescription, part. II, art. III, no. 203–205. Die prägnante Formulierung des Art. 2276 I C. civ. („la possession vaut titre“) stammt hingegen aus dem droit commun; Bourjon, Droit commun, Bd. II, S. 408– 412. Zur Bedeutung Bourjons für das Sachenrecht des Code Civil vgl. Arnaud, Origines doctrinales, S. 159–163. 9 Aubry/Rau, Droit civil, Bd. II, S. 100. 10 Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129. 11 Anders noch Aubry/Rau, Droit civil, Bd. II, S. 99–100, die sich für einen Regress des Eigentümers auch beim gutgläubigen Verkäufer ausgesprochen haben.
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grundsätzlich sei der Erlös auch gegenüber dem Eigentümer kondiktionsfest erlangt12. Bis heute hält die Cour de Cassation an dieser Rechtsprechung fest13 und verweist als Grund für das restriktive Haftungsmodell auf die Wertung des Art. 2277 I C. civ.14. Nach dieser Regelung muss der Eigentümer dem gutgläubigen Erwerber eine Ablöse zahlen, um Zug um Zug seine Sache zurückzuerhalten, wenn dieser die Sache an einem öffentlichen Ort oder von einem gewerblichen Verkäufer erworben hat15. Aus der ausdrücklich festgelegten Verpflichtung des Eigentümers zur Zahlung einer Ablöse an denjenigen, der gutgläubig in den Besitz der Sache gekommen ist, hat die Cour de Cassation die gesetzliche Wertung abgeleitet, dass das Risiko des Verlusts der Sache beim Eigentümer liegt. Dieser soll seine Rechte an der Sache verlieren, wenn jemand sie gutgläubig von einem Dritten gekauft hat. Als ordnungsgemäßer Kaufmann sei der unbefugt Verfügende nämlich schutzwürdiger als der Eigentümer. Aus dieser privilegierten Stellung des Verkäufers hat die Cour de Cassation geschlossen, dass eine Regressforderung des ursprünglichen Eigentümers gegen einen schuldlos handelnden Verkäufer ausscheiden muss16. Damit ermöglicht sie es demjenigen, der fremdes Eigentum veräußert, den dadurch erzielten Erlös zu behalten. Hiergegen haben Stimmen in der Literatur Einwände erhoben. René Savatier hat in seiner Besprechung der Entscheidung der Cour de Cassation17 die fehlende Schutzwürdigkeit des Veräußerers der fremden Sache bemängelt. Er habe kein Recht an der Sache, da sie ursprünglich von ihm vindiziert werden konnte (Art. 2276 II C. civ.). Dies sei nur ausnahmsweise dann nicht der Fall, wenn er sie seinerseits gutgläubig gem. Art. 2277 I C. civ. von einem anerkannten Händler erworben habe18. Sachgerecht sei deswegen ein Rechtsfortwirkungsanspruch des Eigentümers am Erlös, sodass der Eigentümer diesen herausverlangen könne19. Damit hat Savatier Gewinne jeweils dem Inhaber der Rechtsposition zugeordnet, durch deren Verletzung sie erzielt wurden. Während die Rechtsposition des Eigentümers ihn dazu berechtigt, die Sache zu besitzen und zu nutzen, hat der Veräußerer keine rechtlich geschützte 12
„La vente est une juste titre d’enrichissement. Le marchand a agi régulièrement dans l’exercice normale de sa profession“, Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129. 13 Vgl. Code civil, Édition Dalloz 2014113, Anm. zu Art. 2277, Nr. 6. 14 Art. 2277 C. civ.: „Si le possesseur actuel de la chose volée ou perdue l’a achetée dans une foire ou dans un marché, ou dans une vente publique ou d’un marchand vendant des choses pareilles, le propriétaire originaire ne peut se faire rendre qu’en remboursant au possesseur le prix qu’elle lui a coûté“. 15 „[L]a chose […] achetée dans une foire ou dans un marché, ou dans une vente publique, ou d’un marchand vendant des choses pareilles […]“, Art. 2280 C. civ. 16 Laurent, Droit français, Bd. XXXII, S. 605. 17 Savatier, Anmerkung zu Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129. 18 So auch Aubry/Rau, Droit civil français, Bd. II, S. 100. 19 Savatier, Anmerkung zu Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129.
I. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Position. Savatiers Bewertung lässt eine mögliche Eigenleistung des Veräußerers völlig außer Acht, welche nach der Cour de Cassation jedoch zwingend mit in die Erwägungen einzubeziehen ist20. Sie konnte sich dementsprechend nicht durchsetzen. Auch der einflussreiche Jurist Henri Capitant hat sich 1919 in seinem Essai sur la subrogation réelle mit der Pflicht zur Surrogatherausgabe auseinandergesetzt und sie in Fällen der Veräußerung fremder Sachen befürwortet. Es entspreche dem Grundgedanken der Billigkeit, dass der durch die Veräußerung der fremden Sache erlangte Erlös herauszugeben sei, weil er an die Stelle der Sache trete, die nicht mehr herausgegeben werden könne21. Dem ist 1952 Marc Lauriol in seiner zweibändigen Dissertation gefolgt, in der er ein französisches Grundprinzip der Surrogation herleiten wollte 22. Dafür hat er sich unter anderem mit der Veräußerung fremder Sachen auseinandergesetzt und sich insoweit von der Rechtsprechung der Cour de Cassation distanziert23. Die von Capitant und Lauriol geforderte Gesetzesänderung im Sinne einer Verpflichtung zur Herausgabe des Erlöses bei Veräußerung fremder Sachen ist jedoch bis heute nicht erfolgt. Zu einem Gewinnausgleich kommt es nach geltendem französischem Recht nach Veräußerungen fremder Sachen – zumindest effektiv – aber immer dann, wenn abhandengekommene Sachen bösgläubig veräußert werden. Weiß der Händler, dass die Sache fremd ist, so handelt er nämlich deliktisch und haftet auf Schadensersatz gem. Art. 1382 C. civ. Ist die Sache abhandengekommen, kann der Eigentümer die Sache – wie bereits erläutert – vom Erwerber gem. Art. 2277 I C. civ. herausverlangen, wenn er ihm eine Ablöse zahlt. Der Schaden des Eigentümers besteht dann in der Höhe der Ablöse, die er dem Käufer zahlen musste und die dem von dem Käufer gezahlten Kaufpreis entspricht. Dementsprechend findet hier eine Gewinnabschöpfung statt. Dieses Ergebnis wird aber letztlich anhand einer Kompensation gem.
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Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113, mit Anmerkung Billiau, Jurisclasseur Périodique 1992 I, 3608, S. 37: Wenn ein Nichtberechtigter eine Sache mit Gewinn verkauft, so soll er einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe einer angemessenen Entlohnung haben, nicht jedoch prozentual am Erlös beteiligt werden. 21 Capitant, Subrogation réelle, S. 411: „Ainsi que nous l’avons dit déjà, la raison d’équité qui justifie la subrogation du prix à la chose grevée d’un privilège [...], milite, avec plus de force encore, en faveur de celui qui avait sur la chose aliénée un droit de propriété dont il a été privée par le fait de cette aliénation“. 22 Dabei beginnt er seine Einleitung mit folgender Beschreibung der französischen Rechtslage: „[...] la subrogation réelle ne forme pas encore en droit français une théorie générale sanctionnée par la raison et par les faits. Fort bien vue dans certains de ses détails, la question ne fait pas l’objet d’une construction d’ensemble qui s’impose à tous. On a même pu écrire qu’elle a longtemps vécu à l’état ‘subconscient’“, Lauriol, Subrogation réelle, Bd. I, S. 7. 23 Lauriol, Subrogation réelle, Bd. I, S. 93–97.
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§ 1 Frankreich
Art. 1382 C. civ. erreicht. Ein normativer Wertungsgesichtspunkt für oder gegen eine Gewinnherausgabe kann dem nicht abgewonnen werden. b) Art. 1380 C. civ. als Sondertatbestand des Gewinnausgleichs? Nach Art. 1380 C. civ. muss derjenige, dem rechtsgrundlos eine Sache geleistet wurde, „nur den Kaufpreis“ („que le prix de la chose“) herausgeben, wenn er die Sache gutgläubig veräußert hat. Bei dieser Norm handelt es sich letztlich um die Regelung eines speziellen Falls der gutgläubigen Veräußerung fremder Sachen. Denn gem. Art. 1583 C. civ. setzt die Übereignung im französischen Recht einen wirksamen (schuldrechtlichen) Vertrag voraus. Hat jemand also eine Sache aufgrund eines nichtigen Vertrages erlangt, wird er nicht Eigentümer24. Damit ist der weiterverkaufende Bereicherungsschuldner ein spezieller verfügender Nichteigentümer. Es ist unklar, ob Art. 1380 C. civ. auch diejenigen Fälle der Veräußerung bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen regelt, in denen der Veräußerungserlös den Wert der Sache übersteigt, der Verfügende also einen Gewinn erzielt hat. Als problematisch hat sich insoweit das Wort nur erwiesen, scheint es doch auf einen Kaufpreis hinzudeuten, der niedriger ist als der Wert der Sache. Die Kommentare und Lehrbücher zum Code civil behandeln typischerweise nur die Konstellation, dass der Wert höher ist als der Verkaufserlös. Dies spricht dafür, dass Sinn und Zweck des Art. 1380 C. civ. ist, den gutgläubigen Veräußerer zu privilegieren, indem er nur dasjenige herausgeben muss, was er nach der Veräußerung noch hat. Französische Juristen sind freilich nur selten auf den Fall eingegangen, dass der Erlös den Wert übersteigt. Vielmehr scheinen sie, von der Formulierung nur geleitet, einen den Wert übersteigenden Gewinn erst gar nicht in Betracht zu ziehen25. Diejenigen, die die Problematik erkennen, kommen zu dem Schluss, dass der Erlös auch dann herauszugeben sei, wenn er den Wert der Sache übersteigt26. Als Grund dafür verweisen sie auf das Argument der Risikoverteilung. Da der Anspruchsinhaber das Risiko trage, anstelle des Werts einen geringeren Kaufpreis zu erhalten, stehe ihm auch die Gewinnchance zu27. 24
Toullier, Droit civil, Bd. XI, S. 120. So etwa in Marcadé, Explication, Bd. V, S. 272 ff.; Toullier, Droit civil, Bd. XI, S. 119 ff.; Planiol, Droit civil, Bd. II, S. 295 ff. 26 So etwa Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113. Vgl. auch Demolombe, Contrats ou obligations conventionnelles, Bd. VIII, S. 338 ff.; Demogue, Obligations, Bd. III, S. 182; Petersen, Bereicherungshaftung, S. 109. 27 Für das spanische Recht (Art. 1149 Código Civil) hat ebenso argumentiert: Giorgi, Obligaciones, Bd. V, S. 179: „Si este precio es superior al valor de la cosa, el exceso representa el lucro, que por esto va a provecho del solvens. Por lo demás, no se podía en buena justicia sujetar al solvens a los peligros de la pérdida, y no compensarle eventualmente con los beneficios del lucro, que quedarían en poder del accipiens sin causa alguna que justificase en enriquecimiento indebido“. 25
I. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Die Formulierung nur kann bereits auf die französische Rechtswissenschaft vor Entstehung des Code civil zurückgeführt werden. In seinen Loix civiles dans leur ordre naturel hat Jean Domat erläutert, dass derjenige, der eine fremde Sache in dem Glauben veräußert, dass sie ihm gehöre, nur dasjenige herausgeben müsse, das er dadurch erlangt hat28. Als Begründung verwies er auf Ulpian D. 12,6,26,1229. Auch Robert-Philippe Pothier hat sich ohne weitere Erläuterungen auf diese Digestenstelle berufen 30. Der gutgläubige Bereicherungsschuldner solle nicht für die Schäden haften, die durch das Unmöglichwerden des Bereicherungsanspruchs entstanden seien. Er solle aber stattdessen das, was er im Zuge des Unmöglichwerdens – also durch die Veräußerung – erlangt habe, herausgeben: den Erlös. Ulpian hatte in D. 12,6,26,12 erläutert, dass die Herausgabe des Kaufpreises sogar genüge, wenn dieser niedriger sei als der Wert. Die Ausführungen Pothiers, der sich intensiv mit der Digestenstelle auseinandergesetzt hat, lassen sich deswegen nicht anders verstehen, als dass auch ein höherer Erlös herauszugeben sein soll. Der Grund dafür liegt dabei nicht darin, dass Pothier sich wertungsmäßig für eine Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne aussprechen wollte, sondern dass er davon ausging, dass der Erlös als Surrogat an die Stelle der Sache getreten war und deswegen herausverlangt werden könne. Zwar kann prima vista gegen diesen Schluss der von Pothier bezweckte Schutz des gutgläubigen Schuldners eingewendet werden31. Eine Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Vorteile ginge nämlich zu seinen Lasten. Hingegen steht der gutgläubige Veräußerer auch nach Herausgabe des Erlöses nicht schlechter, als er gestanden hätte, wenn er die Sache nie erhalten hätte, sodass ein hinreichender Schutz gewährleistet ist. Die französische Rechtswissenschaft hat das Rechtsverständnis Pothiers nach Erlass des Code civil übernommen. Ziel des Art. 1380 C. civ. sei es, dass das Vermögen des gutgläubigen Schuldners nicht geschmälert werde32. Zu seinem ursprünglichen Vermögen gehöre aber gerade nicht das durch die unbefugte Verfügung Erwirtschaftete. Die volle Kaufpreisherausgabe nach Art. 1380 C. civ. hat die Rechtswissenschaft dementsprechend damit begrün28 „Si celuy qui avoit une chose d’un autre, croyant de bonne foy en être le maître, l’avoit alienée dans cette bonne foy, il ne seroit tenu de rendre que ce qu’il en auroit tiré de profit [Kursivierung K.B.]“, Domat, Loix civiles, tom. II, tit. VII. 29 „[...] nempe hoc solum refundere debes, quod ex pretio habes [...]“, Ulpian D. 12,6,26,12. 30 Pothier, Traité du quasi-contrat, sec. II, art. VII, no. 177. 31 Dieser Zweck ergibt sich daraus, dass ein bösgläubiger Schuldner nach Pothier nicht nur das Erlangte herausgeben, sondern den gesamten Schaden des Gläubigers ersetzen sollte, während sämtliche Ansprüche gegen den gutgläubigen Besitzer – außer der Kaufpreisherausgabe – ausgeschlossen sein sollen, vgl. Pothier, Traité du quasi-contrat, sec. II, art. VII, no. 177. 32 Duranton, Droit français, Bd. XIII, S. 697–705.
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det, dass dem Verkäufer keine Bereicherung aus dem Verkauf bleiben solle. Der Erlös müsse herausgegeben werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er den Wert der Sache übersteige oder nicht 33. Der Güterschutz verwirklicht sich damit letztlich durch Rechtsfortsetzung. An die Stelle der Leistungskondiktion (répétition de l‘indu) gem. Art. 1376 C. civ. tritt nunmehr nach ständiger Rechtsprechung der Anspruch auf den Verfügungserlös, und zwar auch wenn dieser den Wert des ursprünglichen Anspruchs übersteigt34. Damit ist der Bereicherungsschuldner zur Gewinnherausgabe verpflichtet, wenn er den geschuldeten Gegenstand veräußert hat. Hierbei soll jedoch auch die Eigenleistung des Veräußerers berücksichtigt werden. Er soll einen angemessenen Aufwendungsersatz für die Leistungen erhalten, die er erbracht hat, um die Sache gewinnbringend zu veräußern35. Gesetzlich ist dies zwar nicht vorgesehen. Die Cour de Cassation hat jedoch 1992 dem gutgläubigen Veräußerer eines Kunstgemäldes 1,5 Millionen Francs für seine Eigenleistung zugesprochen36. Effektiv wird der durch die unberechtigte Verfügung erzielte Erlös bei Gutgläubigkeit also zwischen Eigentümer und Verfügendem geteilt, und zwar in dem Verhältnis, in dem sie an der Wertschöpfung beteiligt sind. Der Eigentümer erhält das aus der Verwertung der Sache Erlangte (fructus rei), während der Veräußerer das durch sein Handeln Erlangte erhält (fructus industriae). Alle diese Erwägungen beziehen sich auf den gutgläubigen Schuldner37. Bei Bösgläubigkeit des Schuldners greift Art. 1380 C. civ. nach seinem Wortlaut nicht, vielmehr muss der Schuldner nach Art. 1378 C. civ. den Wert der Sache ersetzen und die Früchte herausgeben38. Weil ein Anspruch auf die Herausgabe des Veräußerungserlöses gesetzlich nicht vorgesehen ist, hat Charles Demolombe in einem Erst-recht-Schluss die Wahlmöglichkeit des Gläubigers zwischen Wertersatz und Herausgabe befürwortet39. Wenn näm33 Larombière, Obligations, Bd. III, S. 412; Duranton, Droit français, Bd. XIII, S. 705; dazu auch Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 185 m.w.N.; unzutreffend zum Aussagegehalt des Art. 1380 deswegen Petersen, Bereicherungshaftung, S. 109–110. 34 Vgl. dazu Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113. 35 Dazu Friedmann, Restitution for wrongs, S. 1910. Diese Wertung findet sich auch (allerdings nicht für die Weiterveräußerung, sondern für die Fruchtziehung) in Art. 548 C. civ.: „Les fruits produits par la chose n’appartiennent au propriétaire qu’à la charge de rembourser les frais des labours, travaux et semences faits par des tiers […]“. 36 Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113. 37 Art. 1380 C. civ: „Si celui qui a reçu de bonne foi a vendu la chose, il ne doit restituer que le prix de la vente“. Es handelt sich um eine sogenannte „restitution par équivalent“, vgl. Mestre, Appauvrissement, S. 580; anders Leveneur, Enrichissement sans cause, S. 5, nach dem es sich um einen Wertersatz handelt, dessen Höhe durch den Kaufpreis indiziert wird. 38 Speziell zur Verpflichtung des Besitzers einer Sache zur Herausgabe von Früchten siehe sogleich § 1 I 1 c). 39 Demolombe, Contrats ou obligations conventionnelles, Bd. VIII, S. 339.
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lich sogar der gutgläubige Veräußerer zur Herausgabe des Erlöses verpflichtet werden könne, müsse erst recht dem bösgläubigen Veräußerer diese Pflicht auferlegt werden. Auf einen eventuellen Gegenanspruch des Rechtsverletzers auf Aufwendungsersatz ist Demolombe nicht eingegangen. Damit hat er bei der Veräußerung bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen den gesamten Erlös dem Bereicherungsgläubiger zugeschrieben. Weder die übrige Literatur noch die Rechtsprechung haben dieser Auffassung bislang widersprochen. Während also der Eigentümer den durch die Veräußerung seiner Sache erzielten Erlös nach geltendem französischen Recht nicht herausverlangen kann, kann der Gläubiger einer Leistungskondiktion (répétition de l’indu) den Erlös, gegebenenfalls gemindert um einen Aufwendungsersatzanspruch des Veräußerers, herausverlangen. Was diese Unterscheidung rechtfertigt, lässt die französische Rechtsliteratur offen: Der Gegensatz kommt erst gar nicht zur Sprache, da die Rechtswissenschaft den Widerspruch als solchen nicht identifiziert. Inwiefern unterscheidet sich aber die Rechtsposition des Kondiktionsgläubigers von der des Eigentümers, sodass die Zuerkennung eines höheren Schutzniveaus für den Kondiktionsgläubiger gerechtfertigt erscheint? Der Grund für die unterschiedliche Qualifizierung liegt in der zwischen den Parteien schon vor der Verletzungshandlung bestehenden Rechtsbeziehung. So leitet auch das französische Vertragsrecht die Pflicht zur Gewinnherausgabe – soweit sie bejaht wird – aus dem besonderen Vertrauensband zwischen den Parteien her40. Da sie sich auf einen Vertrag miteinander eingelassen haben, besteht zwischen ihnen ein spezielles Näheverhältnis, das eines besonderen Schutzes bedarf. Gerade die Gewinnerzielung durch Verletzung der vertraglichen Vertrauensstellung des Gegenübers kann dementsprechend nicht geduldet werden, sodass Gewinne abgeschöpft werden müssen41. Die unterschiedliche Handhabung der Gewinnherausgabe nach Veräußerung fremder Sachen und nach Veräußerung bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen lässt sich in diesem Sinne dadurch begründen, dass nur in letzterem Fall ein vergleichbares Vertrauensband besteht. Während die Parteien bei einer einfachen Eigentumsverletzung erstmals miteinander in Berührung kommen, haben sie sich im Falle der Veräußerung einer durch Leistungskondiktion geschuldeten Sache zunächst aufeinander eingelassen. Der zwischen ihnen angestrebte Vertrag mag zwar gescheitert sein. Dennoch hat er ein Vertrauensband begründet, welches in einem ähnlichen Maß schutzwürdig ist
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CA Toulouse 31.7.1911, S. 1911.2.288; Cass. civ. 1.12.1925, Gaz. Pal. 1926.1.225. Kritisch Demogue, Anmerkung zu Cass. civ. 1.12.1925, S. 173–174. 41 Cass. civ. 1.12.1925, Gaz. Pal. 1926.1.225.
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wie eine vertragliche Beziehung 42. Die Verletzung dieses Vertrauensbandes und das Bewusstsein, im fremden Rechtskreis zu handeln, rechtfertigen insoweit die besondere Sanktionierung des Verfügenden durch die Verpflichtung zur Gewinnherausgabe. c) Fruchtziehung Eine weitere Form der Gewinnerzielung mit fremdem Eigentum ist die Fruchtziehung. Bei Früchten handelt es sich um Vorteile, die unmittelbar aus einer Sache gezogen werden, ohne die Sache selbst zu verwerten. Befindet sich eine Sache nicht beim Eigentümer, sondern bei einem Besitzer, bestehen widerstreitende Interessen an den Früchten. Einerseits hat der Eigentümer ein Interesse daran, die Früchte zu erhalten, schließlich stammen sie aus seiner Sache. Andererseits kann der Besitzer darauf vertraut haben, dass ihm die Früchte gehören, und deswegen möglicherweise Aufwendungen getätigt haben, sodass auch er schutzwürdig ist. Nach Art. 549 C. civ. muss im französischen Recht nur der bösgläubige Besitzer Früchte herausgeben. Der gutgläubige Besitzer muss die Sache zwar herausgeben, darf die Früchte aber behalten43. Gleiches gilt für die Benutzung fremder Sachen. Nur wenn der Besitzer bösgläubig ist, muss er dem Eigentümer, der nach Art. 544 C. civ. ein privilegiertes Genussrecht an der Sache hat, den durch die Nutzung erlangten Vorteil herausgeben. Fotografiert etwa jemand bewusst ein fremdes Gebäude und verkauft die mit der Fotografie erstellten Postkarten, hat die Cour de Cassation44 argumentiert, dass die Postkarten aufgrund des exklusiven Rechts am Gebäude aus Art. 544 C. civ. beschlagnahmt werden können 45. Zu der Frage, ob auch eventuelle durch den Verkauf erlangte Vorteile herauszugeben seien, hat sich die Cour de Cassation an dieser Stelle nicht geäußert – und bislang auch nicht in späteren Entscheidungen. Eine solche Pflicht dürfte aber wohl die einzige schlüssige Folge ihrer Argumentation sein46. Die Schutzwürdigkeit des Besitzers ergibt sich aus seinem Vertrauen darauf, die Sache ordnungsgemäß erlangt zu haben und deswegen etwaigen Aufwand bei der Fruchtziehung für sich selbst zu betreiben. Ist der Besitzer bösgläubig, ist er nicht schutzwürdig und der Eigentümer kann gem. Art. 549
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Dementsprechend stuft das französische Recht die répétition de l‘indu als QuasiVertrag ein, siehe Buch III, Titel IV, Kapitel I des Code civil. 43 Gem. Art. 1378 C. civ. gilt dies auch für den Bereicherungsschuldner, siehe dazu Demolombe, Code Napoléon, Bd. VIII, S. 286–311. 44 Cass. civ. 10.3.1999, JCP 1999 éd E, 819. 45 Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 154. 46 So auch Serna, Anmerkung zu Cass. civ. 10.3.1999, S. 821.
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C. civ. die gezogenen Früchte herausverlangen47. Ist er hingegen gutgläubig, so schränkt seine Schutzwürdigkeit die Rechtsposition des Eigentümers ein und der Besitzer kann gezogene Nutzungen behalten. Diese Wertung findet sich auch bei Jean Domat, der den Begriff der fruits weit als „toute sorte de revenues ou ce qu’on tire par l’industrie“48 ausgelegt hat. Nur der gutgläubige Besitzer dürfe Früchte, die er mit Eigeneinsatz erzielt habe, behalten49. Der Eigentümer könne jedoch auch die durch den bösgläubigen Besitzer gezogenen Früchte nur Zug um Zug gegen Erstattung der Kosten des Besitzers herausverlangen. Diese Regel wurzelt im naturrechtlichen Bereicherungsverbot. Entweder der Eigentümer verliert seine Früchte ganz, oder aber er erhält sie, muss den Besitzer für die Fruchtziehung hingegen ordnungsgemäß entlohnen. Unerwartete Vorteile sollte der Eigentümer also jedenfalls nicht erhalten. Eine Begründung für die Differenzierung zwischen gut- und bösgläubigem Besitzer findet sich in Robert-Philippe Pothiers „Traité de propriété“, in dem er sich ebenfalls dafür ausgesprochen hat, dass der gutgläubige Besitzer die Früchte behalten darf, während der bösgläubige Besitzer alle Vorteile herausgeben soll. Der bösgläubige Besitzer müsse dem Eigentümer nämlich Schadensersatz zahlen, wenn die Herausgabe der Sache unmöglich werde. Ein solcher Schadensersatz umfasse auch den entgangenen Gewinn. Die Früchte, die der Besitzer gezogen hat, hätte sonst der Eigentümer gezogen, sodass es sich dabei letztlich um einen zu ersetzenden entgangenen Gewinn handle. Es sei deswegen angemessen, dem Eigentümer auch ein Recht auf die Früchte zuzugestehen, wenn die Rückgabe der Sache noch nicht unmöglich sei50. Anderes sollte laut Pothier bei Früchten aus einer Erbschaft gelten. Der Erbschaftsbesitzer – gutgläubig oder bösgläubig – solle alle aus der Erbschaft erlangten Vorteile herausgeben, und zwar auch wenn feststehe, dass der Erbe sie selbst nicht hätte ziehen können51. Sogar der gutgläubige Verkäufer der Sache, der die Sache günstig zurückgekauft habe, solle nicht die Wahl zwischen Rückgabe der Sache und Herausgabe des Erlöses haben, sondern neben der Sache die Differenz von Kauf- und Rückkaufpreis erstatten müssen52. Damit hat Pothier dem Erben alle Vorteile – also auch Gewinne – aus der
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Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. I: „Il suffit que le demandeur eût pu retirer de la chose quelque utilité appréciable à prix d’argent, dont le possesseur l’a privé en la retenant injustement“. 48 Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. III, para. III. 49 Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V. 50 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 335–336. 51 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. II, sec. IV, no. 416–417. 52 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. II, sec. IV, no. 418–420.
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Erbschaft zugeordnet53 und ihm damit eine stärkere Rechtsposition als einem Eigentümer zuerkannt. Dabei nennt Pothier verschiedene Gründe für die Abschöpfung von Vorteilen beim gutgläubigen und beim bösgläubigen Erbschaftsbesitzer. Während der Bösgläubige haften soll, weil nach Naturrecht fremde Sachen nicht an sich genommen und verwertet werden dürfen54, soll der Gutgläubige laut Pothier lediglich aufgrund des allgemeinen Bereicherungsverbots (règle d’équité) zur Herausgabe verpflichtet sein55. Im Gegensatz zum Bösgläubigen könne er sich deswegen auf Entreicherung berufen56. Trotz des starken Einflusses Pothiers auf den Code civil57 ist diese Regel jedoch nicht in das Gesetz übernommen worden58. Der Gesetzgeber des Code civil hat eine einheitliche Lösung für Eigentum und Erbschaft bevorzugt. Nach Art. 549 C. civ. haftet heute deswegen nur der bösgläubige Erbschaftsbesitzer auf Herausgabe der Früchte. Die französische Rechtswissenschaft hat weder die Wertungen bei der Fruchtziehung aus fremdem Eigentum noch die Zuordnung der Vorteile aus der Verwertung fremden Eigentums allgemein auf das Ziehen von Vorteilen aus fremden Rechten übertragen. Vielmehr handelt es sich jeweils um Regelungen zur Zuordnung von Vorteilen im Einzelfall. Zusammenfassend lässt sich aber festhalten, dass Eigentumsverletzungen im französischen Recht durchaus eine Gewinnherausgabe nach sich ziehen können.
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„C’est une règle générale qui ne souffre point d’exception, que le possesseur ne peut retenir aucun profit qu’il a retiré des biens de la succession, quel qu’il soit“, Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 421. 54 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 422: „La connaissance qu’a le possesseur de mauvaise foi, lorsqu’il se met en possession des biens d’une succession, qu’elle ne lui appartient pas, lui fais dès lors contracter l’obligation de les rendre; et cette obligation naît de ce précepte de la loi naturelle: Bien d’autrui tu ne prendras, ni retiendras à ton escient“. 55 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 422: „Au contraire le possesseur de bonne foi, qui croit de bonne foi que la succession lui appartient, qui use et dispose des biens qui en dépendent, comme de choses qu’il croit de bonne foi lui appartenir, ne contracte point cette obligation; l’unique cause de celle qu’il contracte, est la règle d’équité qui ne permet pas que nous nous enrichissions aux dépens d’autrui, ni par conséquent que nous retenions le profit que nous avons retiré des choses qui appartiennent à autrui, lorsque nous venons à apprendre qu’elles appartiennent à autrui“. 56 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 423. Insoweit ist eine Parallele zu Donellus feststellbar. Auch dieser befürwortete die Möglichkeit der Entreicherung in Bezug auf die erlangten Früchte, Donellus, Opera omnia I, liber IV, caput XXV, §§ 2, 7. 57 Toullier, Droit civil, Bd. XI, S. 119: „[…] ce grand jurisconsulte […] a eu la gloire d’être le guide principal des rédacteurs du Code […]“. 58 Pothier, Traité de propriété, part. II, chap. I, art. V, para. II, no. 422, Fn. 1.
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Immaterialgüterrechtsverletzungen
Im französischen Immaterialgüterrecht hat die Frage, inwiefern Gewinne, die durch Rechtsverletzungen erzielt werden, ausgeglichen werden müssen, im vergangenen Jahrhundert stetig an Bedeutung gewonnen. Erzielt jemand Gewinne, indem er das geistige Eigentum eines anderen verletzt, stellt sich die Frage, wem sie zustehen: dem Verletzer oder aber dem Rechtsinhaber. Verschiedenste Immaterialgüterrechte können auf lukrative Weise verletzt werden: Patente, Urheberrechte, Gebrauchsmusterrechte, Markenrechte und weitere spezielle Rechte. Aufgrund vieler Parallelen bei der Frage der Gewinnabschöpfung in diesen Rechtsgebieten soll im Folgenden hauptsächlich das Patentrecht dargestellt und nur bei Abweichungen und Besonderheiten auf die anderen Immaterialgüterrechte verwiesen werden. a) Geschichte Der gewerbliche Rechtsschutz ist nicht im Code civil geregelt. Kurze Zeit bevor dieser in Kraft trat, war 1791 das erste französische Patentgesetz verabschiedet worden59. Dieses galt als revolutionäre Innovation 60. Der durch die Revolution neu etablierte umfassende Eigentumsschutz sollte nun auch das geistige Eigentum sichern. Es bestehe ein natürliches Recht (droit naturel) auf den Schutz geistiger Erzeugnisse, insbesondere Erfindungen. Vernachlässige man dieses, würden „Menschenrechte in ihrem Kern verletzt“61. Das Patentgesetz von Januar 1791 legte – noch eher allgemein – fest, dass das Patent überhaupt eine absolute Rechtsposition begründen sollte. Gem. Art. 12 PatG (1791) sollten Nutzung und Früchte (fruits) der Erfindung ausschließlich dem Patentinhaber zustehen. Ein eigener Anspruch auf Herausgabe der Früchte, also des mit dem Patent erzielten Gewinns, gegen den Patentverletzer war hingegen nicht vorgesehen. Vielmehr bestand lediglich ein Anspruch des Rechtsinhabers auf Schadensersatz gem. Art. 12 PatG (1791). Die Ermittlung der Schadenshöhe orientierte sich maßgeblich an der Erheblichkeit der Verletzung. Zusätzlich sollte der Verletzer ein Viertel der Schadensersatzsumme in die Armenkasse geben. Ein darüber hinausgehender Ausgleich fand nicht statt. Hohe Gewinne blieben demnach häufig beim Verletzer.
59 Loi portant établissement des brevets d’invention, de perfectionnement et d’importation, 7.1.1791, abgedruckt in: Costaz, Lois et instructions ministérielles, S. 321– 339. Allgemein zur Geschichte des französischen Patentrechts: Vianès, Das neue französische Patentgesetz, S. 1–8. Das erste Urheberrechtsgesetz wurde 1793 erlassen. Zur Geschichte des französischen Urheberrechts vgl. Schriks, Het kopijrecht, S. 181–201. 60 Ministère de l’industrie et du commerce, Brevets d’invention français 1791–1902, S. 19. 61 Ministère de l’industrie et du commerce, Brevets d’invention français 1791–1902, S. 18–19.
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Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts haben dementsprechend Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass eine Gewinnherausgabe nach Patentverletzungen ausgeschlossen sein müsse62. Zur Begründung bezog man sich auf das allgemeine Deliktsrecht und den 1804 erlassenen Code civil. Nach dessen Art. 1382 C. civ. sei die Rechtsfolge eines Delikts der Schadensersatz. Dieser diene dem Ausgleich von Schäden und nicht von Vorteilen, die der Verletzer aus dem Delikt erlangt habe. Deswegen müsse jede Gewinnabschöpfung abgelehnt werden. Am 25. Mai 1791 trat zwar bereits ein weiteres Patentgesetz in Kraft, das die Ausführung des Patentgesetzes vom 7. Januar 1791 präzisieren sollte63. Änderungen in Bezug auf eine mögliche Abschöpfung von Gewinnen erfolgten jedoch nicht. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte dann aber ein Wandel ein, der bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts anhielt. Autoren und Gerichte befürworteten nunmehr einen Anspruch des Patentinhabers auf Gewinnherausgabe64. 1851 hat das Tribunal Correctionnel de Paris erstmals einen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns bejaht65. Diesen Anspruch bezeichnete es – bemerkenswerterweise – als Grundprinzip (principe général) des Rechts. Ein Argument für diese Kehrtwende findet sich erst 1855 bei Étienne Blanc, der in seinem Traité de la contrefaçon die neue Rechtsprechung zu begründen versucht hat66. Primär hat er sich dabei auf den gerade eingeführten Art. 1 PatG (1844)67 gestützt, der dem Patentinhaber den Erlös (profit) aus dem Patent zuschrieb. Inhaltlich wich die Regelung zwar nicht maßgeblich von Art. 12 PatG (1791) ab, dennoch kam die Rechtspraxis zu einem diametral entgegengesetzten Ergebnis, nämlich zur Bejahung des Gewinnausgleichs. Ein Grund für diesen Wandel war nach Auffassung Blancs die prominente Stellung der Norm am Anfang des Patentgesetzes und die explizite Benennung des Begriffs profit – anstelle der vormaligen abstrakteren fruits. Her-
62
CA Nancy 20.3.1827, avec Cass. 20.7.1830, D.P. 30.1.312. Renouard, Brevets d’invention, Rn. 261; Nouguier, Brevets d’invention et de la contrefaçon, Rn. 1037; Rendu/Delorme, Traité pratique de droit industriel, Rn. 564. 63 Abgedruckt in: Blanc, Contrefaçon, S. 401–403. 64 Trib. civ. Nérac 1.5.1884, Ann. 86.31; CA Paris 4.8.1887, Ann. 88.272; CA Douai 11.4.1893, Ann. 96.355; Blanc, Contrefaçon, S. 682; Pouillet, Brevets d’invention, Rn. 995; Roubier, Propriété industrielle, S. 456–462; Thirion, Legislation française sur les brevets d’invention, Rn. 279. Dies beeinflusste auch das Gebrauchsmusterrecht und das Markenrecht, vgl. dazu Casalonga/Greffe, Traité des dessins et modèles, S. 195–197 und CA Chambéry 6.2.1950, D. 1950.270. 1881 entschied die Cour de Cassation allerdings noch einmal ablehnend, Cass. 10.11.1881, Ann. 82.204. 65 Trib. corr. Paris 8.8.1851, abgedruckt in: Blanc, Contrefaçon, S. 683–686. 66 Blanc, Contrefaçon, S. 682–687. 67 Abgedruckt in: Blanc, L’inventeur breveté, S. 224–244.
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auszugeben waren nur rechtswidrig erlangte Gewinne68. Die Rechtswidrigkeit wurde vermutet, konnte aber durch den Beweis der Gutgläubigkeit (bonne foi) widerlegt werden69. Als Begründung für die Pflicht zur Gewinnherausgabe hat die Literatur zumeist auf die Abschreckungswirkung sowie auf allgemeine Billigkeitserwägungen verwiesen. Es sei unmoralisch (immoral), dem Verletzer seinen Gewinn zu belassen, denn so habe er die Möglichkeit, risikofrei Gewinne zu erschleichen 70. Da keine patentrechtliche Schadensersatznorm bestand, haben französische Juristen die Haftung unter Rückgriff auf die deliktische Generalklausel Art. 1382 C. civ.71 begründet und den dort bestehenden Schadensbegriff weit ausgelegt72, obwohl im allgemeinen Zivilrecht die Gewinnherausgabe bei rechtswidrigen Eingriffen in fremde Rechtspositionen immer klar abgelehnt worden war73. Bei Immaterialgüterrechtsverletzungen sollte der Schaden nicht lediglich das Vermögensminus des Rechtsinhabers sein, sondern auch der Vorteil, den der Rechtsverletzer erlangt habe. Deswegen seien in rechtswidriger Weise erzielte Gewinne herauszugeben74. Allerdings sollte der Verletzer seine Kosten vom Reingewinn abziehen dür-
68 Die Begriffe illégitime sowie illicite wurden hierbei synonym verwendet, vgl. Trib. corr. Paris 8.8.1851, abgedruckt in: Blanc, Contrefaçon, S. 683–686. 69 Blanc, Contrefaçon, S. 682, 670–672. Dagegen Thirion, Legislation française sur les brevets d’invention, Rn. 204–205: Nur der Verkäufer des patentierten Gegenstandes könne den Gegenbeweis antreten; Hersteller und Verwender patentverletzender Gegenstände sollten hingegen auch ohne Kenntnis des Patents haften. Diese Auffassung wurde später in Art. 51 II PatG (1968) sowie Art. L615-1 CPI (2007) kodifiziert, vgl. Mousseron, L’élément intentionnel dans la contrefaçon de brevet, S. 101. 70 Pouillet/Taillefer/Claro, Brevets, Rn. 995; Blanc, Contrefaçon, S. 683; CA Amiens 22.10.1930, Ann. 1931.109. Auch das Gebrauchsmusterrecht verwies auf die immoralité, vgl. Casalonga/Greffe, Dessins et des modèles, Rn. 229. 71 Casalonga/Greffe, Dessins et des modèles, Rn. 228. Zu dieser Vorgehensweise allerdings kritisch Pataille, Anmerkung zu Cass. 10.11.1881, Ann. 1882.204: „Sans doute il n’est pas très moral que le contrefacteur conserve une partie de ses bénéfices illégitimes, mais on ne saurait invoquer aucune raison sérieuse et surtout aucun principe juridique pour attribuer au breveté tous ces bénéfices qui constitueraient à son profit un véritable lucre“. 72 Die französische Rechtswissenschaft hat die deliktische Generalklausel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht auf diese weite Weise ausgelegt. Hier ging es immer um einen Schadensausgleich im engeren Sinne, siehe dazu sogleich § 1 IV 1. 73 L. Ripert, Réparation du préjudice, S. 111. Die Patentrechtswissenschaftler beriefen sich demnach zwar auf das Schuldrecht, folgten aber nicht dem dortigen Rechtsverständnis. 74 Pouillet/Taillefer/Claro, Brevets, Rn. 995. Die zeitgleiche deutsche Patentrechtswissenschaft ging bereits einen Schritt weiter und löste die Gewinnherausgabe aus dem schadensrechtlichen Kontext. Zwar wurde die Gewinnabschöpfung zumeist im Rahmen der Haftung erörtert. Es sollte sich aber um einen Anspruch mit dem eigenständigen Rechtsgrund der rechtswidrigen Gewinnerzielungsabsicht handeln, vgl. Kisch, Handbuch des deutschen Patentrechts, S. 458.
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fen75. Was genau unter diesem „Reingewinn“ zu verstehen sein sollte, blieb jedoch umstritten 76. Warum der Gewinn gerade dem Patentinhaber zustehen sollte und nicht – wie die Strafzahlung aus Art. 12 PatG (1791) – in die Armenkasse zu zahlen war, ist zunächst nicht erörtert worden. Im Urheberrecht hat die Cour de Cassation 1927 einen Anspruch des Erben eines Komponisten auf den Gewinn, den ein Musikverlag mit einem Werk des Verstorbenen unerlaubt erzielt hatte, unter Rückgriff auf die ungerechtfertigte Bereicherung (enrichissement sans cause) bejaht77. Der Fall ist aufgrund der sonst geltenden Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs allerdings einzigartig geblieben. Diese hatte nur ausnahmsweise dadurch umgangen werden können, dass deliktische Schadensersatzansprüche bereits verjährt waren. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hat die französische Rechtsprechung vereinzelt vorausgesetzt, dass ein besonderer Zusammenhang zwischen Erfinder und Gewinn bestehen müsse. Der Erfinder musste beweisen, dass er auch selbst den Gewinn erzielt hätte 78. Damit handelte es sich letztlich um einen Anspruch auf den entgangenen Gewinn, also um einen Schadensersatzanspruch, und nicht mehr um eine bloße – von etwaigen Schäden unabhängige – Abschöpfung rechtswidriger Gewinne. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Patentrechtswissenschaftler dann die darüber hinausgehende Frage diskutiert, weshalb dem Patentinhaber auch ein Gewinn zustehen sollte, den er selbst nicht erzielt hätte. Ein Argument war hierbei, dass der Patentinhaber ein Monopol in Bezug auf Produktion und Verkauf der patentierten Sache habe: Der gesamte Gewinn des Verletzers sei somit sein entgangener Gewinn und – als Schaden – zu ersetzen79. Diese Auffassung wurzelt in dem Verständnis, dass dem Berechtigten nicht nur die Sache selbst, sondern auch alles aus ihr Erlangte zustehe. Alle Vorteile aus einem fremden Recht seien herauszugeben, um die Rechtsposition wieder umfassend einzuräumen und normatives Unrecht auszugleichen 80. Eine Begründung dafür, dass dem Patentinhaber der Gewinn zustehen sollte, bestand damit letztlich nur in den Fällen, in denen der Verletzergewinn 75
Trib. civ. Seine 18.5.1933, Ann. 1934.93. So hat etwa CA Amiens 22.10.1930, Ann. 1931.109 den Mittelwert von Netto- und Bruttoerlös als herauszugebenden Gewinn bezeichnet. 77 Cass. civ. 6.7.1927, S. 1928.1.19. Dazu Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 246–247. Auch im französischen Urheberrecht war damit ein Gewinnausgleich in der Regel nur durch die weite appréciation souveraine du juge möglich, siehe dazu sogleich Fn. 178. 78 CA Douai 11.4.1893, Ann. 93.354; CA Paris 4.8.1887, Ann. 87.272. 79 Stenger, La contrefaçon, Rn. 316; Roubier, Propriété industrielle, S. 460–461; Dessemontet, Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 272–274. 80 Treichel, Sanktionen der Patentverletzung, S. 260. Die Auffassung, dass die vollständige Wiedereinräumung der Rechtsposition über den bloßen Ersatz des Schadens hinausgeht, findet sich auch bei Foyer/Vivant, Droit des brevets, S. 351–355. 76
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gleichzeitig als entgangener Gewinn des Berechtigten qualifiziert werden konnte81. Dabei handelte es sich stets um eine Vermutung. Dem Verletzer blieb das Recht, den Gegenbeweis zu führen, dass der Patentinhaber einen niedrigeren Gewinn als er selbst erzielt hätte, um so den Anspruch zu mindern. Dagegen hatte der Patentinhaber auch die Möglichkeit, nachzuweisen, dass er einen höheren Gewinn erzielt hätte als der Verletzer, sodass die Schadenshöhe auf diesen Betrag festgesetzt werden konnte82. Schon bald entstanden jedoch Zweifel, ob das Argument der Monopolstellung für eine allgemeine Begründung des Gewinnausgleichs tauglich ist. Schwierigkeiten zeigten sich etwa im Markenrecht. Hier kann von der Verletzung eines Monopols keine Rede sein, bedeutet die missbräuchliche Verwendung einer fremden Marke doch nicht, dass die Käufer alternativ jedenfalls die Originalmarke gekauft hätten83. Während es einerseits durchaus angemessen erschien, dass Gewinne, die durch die Verwendung einer fremden Marke erlangt worden waren, nicht behalten werden durften, war es andererseits schwierig, diese Gewinne einer bestimmten Person zuzuordnen. Der Monopolgedanke führte an dieser Stelle jedenfalls nicht weiter. Auch in Bezug auf das Patent hat Jean-Pierre Stenger die Frage aufgeworfen, ob ein Rückgriff auf den entgangenen Gewinn sachdienlich ist. Gerade bei einem großen Aufwand des Verletzers und einer Patentverletzung, die nur einen minimalen Beitrag zur Gewinnerzielung leistet, erschien es ihm unangemessen, dem Patentinhaber den gesamten Verletzergewinn zuzusprechen84. Als Begründung für den Gewinnausgleich konnte sich der Monopolgedanke dementsprechend nicht durchsetzen. Bei der Zuordnung eines Gewinns hat die Rechtsprechung vielmehr primär den Einsatz des Verletzers berücksichtigt. Wer den Gewinn durch Eigenleistung gesteigert hatte, durfte ihn vollständig behalten85. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne in der Patentrechtsprechung erneut ganz grundsätzliche Ablehnung erfahren86. Dem sind auch weite Teile der Rechtswissen81
Besonders deutlich wird dies bei Mainié, Brevets d’invention, Bd. II, Rn. 3274, nach dem dem Rechtsinhaber der Gewinn zustehe, der ihm entgangen sei. Einen Anspruch auf den Gewinn, den der Verletzer darüber hinaus gemacht hatte, sollte er zwar auch haben. Die Begründung ist jedoch wenig substantiiert: Es sei ungerecht, wenn durch Rechtsverletzung erlangte Gewinne beim Verletzer verblieben. 82 Stenger, La contrefaçon, Rn. 317. 83 CA Amiens 22.10.1930, Ann. 1931.109, Fn. 1; Roubier, Propriété industrielle, S. 461. Die Rechtsprechung hat die Gewinnabschöpfung im Markenrecht nicht mit der schadensrechtlichen Figur des „entgangenen Gewinns“ begründet. Einziges Argument war stets die Abschreckungswirkung, siehe CA Chambéry 6.2.1950, D. 1950.270. 84 Stenger, La contrefaçon, Rn. 319. 85 Trib. civ. Beauvais 18.6.1919, Ann. 1922.259; Stenger, La contrefaçon, Rn. 319. 86 Grundsatzentscheidung CA Paris 22.2.1963, Ann. 1963.284; ferner auch Cass. com. 13.1.1971, D. 1971.147. Vgl. dazu Karnell, Bemessung von Schadensersatzansprüchen bei
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schaft gefolgt87. Hierbei handelte es sich nicht um eine unerwartete Kehrtwende, sondern um die logische Konsequenz des Diskurses der vorangegangenen Jahrzehnte. Die Differenzierung zwischen dem entgangenen Gewinn des Berechtigten und dem tatsächlichen Gewinn des Verletzers wurde nunmehr zu Ende gedacht. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer umfassenden Gewinnherausgabepflicht hat die Literatur zunächst mit dem Wortlaut des Art. 1382 C. civ. begründet88, den die Rechtsprechung weiterhin als allgemeine und einzige Anspruchsgrundlage für die Gewinnherausgabe verwendet hatte89. Nach Art. 1382 C. civ. sollen nämlich Schäden ersetzt und eben keine Gewinne abgeschöpft werden90. Die Vermutung, dass der Verletzergewinn dem entgangenen Gewinn des Berechtigten entspreche, hat die Rechtsprechung als systematisch verfehlt erkannt, weil es durchaus möglich sei, dass der Verletzer mit dem fremden Patent einen höheren Gewinn erziele als der Patentinhaber91. Dem Verletzer sollte deswegen vielmehr der (gesamte) Gewinn als Lohn für seine Leistung zustehen92. Der Patentrechtler Paul Mathély ist sogar noch einen Schritt weitergegangen, indem er der Frage der Gewinnabschöpfung jeglichen rechtlichen Charakter abgesprochen hat, weil es im Privatrecht ausschließlich um den Ausgleich von Verlusten gehe93.
Patentverletzungen, S. 339. Auffällig ist, dass im Gegensatz dazu das französische Urheberrechtsgesetz von 1957 in seinem Art. 74 vorschrieb, dass der Urheber die Einkünfte aus der Urheberrechtsverletzung erhalten sollte: „[D]ans les cas prévus par les articles 425/428, le matériel ou les exemplaire contrefaits, ainsi qui les recettes ou parts de recettes ayant donné lieu à confiscation, seront remis à l’auteur ou à son ayant droit pour les indemniser d’autant du préjudice qu’ils auront souffert“. Durch die Maximalgrenze des Schadens des Rechtsinhabers kam es aber effektiv nicht zu einer großen inhaltlichen Abweichung, siehe Herrmann, Afgifte van winst, S. 14–15. 87 Vereinzelt haben Juristen den Gewinnausgleich aber weiterhin als unentbehrlich angesehen, um eine ungerechtfertigte Bereicherung des Verletzers zu vermeiden und sein Monopol zu schützen, siehe Rodhain, Contrefaçon, réparation et indemnisation, S. 470– 471. 88 Valabrègue, Anmerkung zu CA Paris 22.2.1963, Ann. 1963.284. 89 Bruchhausen, Ausgleichsansprüche, S. 710. 90 In diesem Sinne CA Paris 5.5.1971, Ann. 1971.263. 91 Nach Cass. com. 8.6.1964, Ann. 1964.230 konnte der Verletzer den Gegenbeweis antreten; vgl. auch Valabrègue, Anmerkung zu CA Paris 22.2.1963, Ann. 1963.284. 92 Mathély, Droit français des brevets d’invention, S. 751. 93 „En effet, en droit, il ne s’agit pas de savoir ce qui a été gagné par le contrefacteur, mais ce qui a été perdu par le breveté“, Mathély, Droit français des brevets d’invention, S. 752. Diese Auffassung hat Mathély noch bis in die neunziger Jahre vertreten, siehe Mathély, Nouveau droit français des brevets d’invention, S. 523. Seine Abneigung gegenüber dem Ausgleich von Gewinnen reichte bis auf eine fast persönliche Ebene: „[Gewinnhaftung] ist primitiv, weil sie nur sieht, dass der Verletzungsgewinn widerrechtlich erzielt wurde, ohne sich darum zu kümmern, die Elemente zu analysieren, auf denen dieser Gewinn beruht. Sie kommt nach meiner Ansicht aus einem gefühlsbetonten Reflex, der davon
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Im 1968 erlassenen dritten Patentgesetz findet sich dementsprechend keine Regelung zum Ausgleich von Gewinnen. In der Reform des Patentgesetzes von 1978 war zwar eine zivilrechtliche Haftung für Patentverstöße ausdrücklich vorgesehen94, diese Haftung betraf aber den Schadensersatz und nicht die Gewinnherausgabe. Folge des ausdrücklichen Verweises auf das Deliktsrecht des Code civil war, dass die Möglichkeit einer Gewinnabschöpfung im Patentrecht noch weiter in die Ferne rückte95, da der Code civil expressis verbis jedenfalls nur den Schadensausgleich regelt. b) Aktuelle Rechtslage Der 1992 erlassene Code de la Propriété Intellectuelle (CPI) kannte in seiner ursprünglichen Fassung noch keinen Anspruch auf Gewinnherausgabe. Zwar bestand in Art. L335-6 CPI eine Regelung, nach der die Einnahmen des Patentverletzers konfisziert werden konnten. Mit diesen Einnahmen wurde dann jedoch nur der Schaden des Rechtsinhabers ersetzt. Den Rest sollte der Verletzer zurückerhalten96. Durch die Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG97 im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber nun jedoch erstmals die Bedeutung des Verletzergewinns für die Haftung nach Patent- und Urheberrechtsverletzungen in den Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI festgelegt. Der Richter soll den Schadensersatz nach freiem Ermessen nach den Kriterien des nachweislichen Schadens des Rechtsinhabers, einer angemessenen Lizenzgebühr sowie des Verletzergewinns bemessen. Dabei haftet der Verletzer zwar prinzipiell verschuldensunabhängig98. Der Richter kann sich aber bei der Schadensberechnung vom Grad der Vorwerfbarkeit des Verletzerverhaltens leiten lassen. Auch gibt es Ausnahmen von der verschuldensunabhängigen Haftung für bestimmte Verletzertypen. Art. L615-1 CPI setzt für die Haftung des Nutzers und des Verkäufers patentwidriger Gegenstände deren Kenntnis von der Patentverletzung voraus. Eine verschuldensunabhängige Gewinnherausgabe kann mithin nur für Hersteller und Importeure patentwidriger Gegenstände sowie für Nutzer patentierter Prozesse angeordnet werden99.
ausgeht, dass alles, was der Verletzer getan hat, schlecht ist“, Mathély, Vorschlag für eine Gemeinschaftsregelung, S. 245. 94 Vgl. Mousseron/Sonnier, Droit français nouveau des brevets d’invention, S. 164–166. 95 Vgl. dazu Dreier, Kompensation und Prävention, S. 172–173. 96 Vivant, Prendre la contrefaçon au sérieux, S. 1840; Kamina, Dommages et intérêts punitifs, S. 38. 97 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 98 Eine umfangreiche Analyse des subjektiven Elements der Rechtsverletzung vor Umsetzung der RL 2004/48/EG findet sich bei Passa, La définition de l’acte de contrefaçon, S. 519–523. 99 Pollaud-Dulian, Propriété industrielle, S. 285–286.
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Doch der Grund für die Einführung des Gewinns als ausdrückliches Kriterium für die Schadensberechnung liegt nicht lediglich in europäischen Vereinheitlichungsbestrebungen. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich ein wachsendes praktisches Bedürfnis nach einer strengeren Haftung bei Verletzungen geistigen Eigentums gezeigt100. Auf politischer Ebene wurde während des Entstehungsprozesses der loi de lutte contre la contrefaçon101 von 2007 eine umfassende Debatte geführt, ob die Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne zur effektiven Verhinderung von Verletzungen geistigen Eigentums notwendig ist. Dabei hat das Argument der Abschreckung stets im Mittelpunkt der Diskussion gestanden102. Wenn man nämlich dem Rechtsverletzer Gewinne aus der Verletzung belasse, die über den Schaden hinausgehen, sei es für ihn – trotz möglicher Schadensersatzforderungen – reizvoll, weitere Rechtsverletzungen vorzunehmen103. Ohne eine Berücksichtigung des Gewinns beim Haftungsumfang käme es insbesondere dann zu unangemessenen Ergebnissen, wenn der Schaden nicht oder nur zum Teil nachweisbar sei. Dem Verletzer blieben dann nämlich Vorteile aus seinem rechtswidrigen Verhalten, während die Kompensation des Schadens nicht erreicht werde. Die 2007 in den Code de la Propriété Intellectuelle eingefügten neuen Regelungen waren reichlich unbestimmt104. Letztlich entscheidet der Richter im Rahmen der Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI nach seinem Ermessen, ob der Gewinn herausgegeben werden muss – und auch wenn es dazu kommt, kann von einem Gewinnabschöpfungstatbestand im engeren Sinne keine Rede sein105. Es handelt sich um einen deliktischen Schadensersatz im Sinne des 100
Ancel, Contrefaçon internationale, S. 51; Béhar-Touchais, Comment indemniser la victime?, S. 107. 101 Loi du 29.10.2007 de lutte contre la contrefaçon; eine umfangreiche Darstellung der Neuerungen dieses Gesetzes findet sich bei Azzi, La loi du 29 octobre 2007, S. 700–710. 102 Die besondere Relevanz dieses Zwecks ergab sich zunächst auch daraus, dass die Verletzung geistigen Eigentums vom Erlass des Patentgesetzes vom 13. Juli 1978 bis zur Einführung des Code de la propriété intellectuelle am 1. Juli 1992 nicht strafbar war; vgl. dazu Azéma, Commentaire de la loi n° 90-1052, S. 42. 103 Goutal, L’évaluation du préjudice, S. 27. Für eine Haftung nach wirtschaftlich rationalen Kriterien Frison-Roche, Droit de la concurrence déloyale et du parasitisme, S. 485. Martine Béhar-Touchais hat vorgeschlagen neben Schadensersatz und strafrechtlicher Verfolgung als neue Sanktion eine amende civile einzuführen, Béhar-Touchais, Comment indemniser la victime?, S. 107–114. Im Gegensatz zum Strafschadensersatz soll die amende civile nicht dem Verletzten, sondern der Staatskasse zustehen. Aufgrund der schwierigen Grenzziehung zwischen strafrechtlicher Sanktion und amende civile konnte sich dieser Vorschlag jedoch nicht durchsetzen. 104 Vgl. dazu Caron, La loi dite „de lutte contre la contrefaçon“, S. 24–30. 105 Anders noch im Richtlinien-Entwurf KOM (2003) 46, abgedruckt in: Institut de recherche en propriété intellectuelle Henri Desbois (Hg.), La Contrefaçon, S. 157–174. Nach Art. 17 II sollten zusätzlich zum Schadensersatz alle durch die Verletzungshandlung erlangten Gewinne herausgegeben werden, soweit sie über den Schaden hinausgingen.
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Art. 1382 C. civ.106, der anhand des Gewinns berechnet wird, sodass die Beweislast des geschädigten Rechtsinhabers hinsichtlich seines entgangenen Gewinns erleichtert wird107. Teile der Literatur haben vorgeschlagen, dass der nachweisbare Schaden als Obergrenze für den Anspruch des Verletzten dienen könne108. Folgt man diesem Vorschlag, so verliert der Verletzergewinn an eigenständiger Bedeutung. Eine über die Schadenskompensation hinausgehende Abschöpfung von Gewinnen wäre damit ausgeschlossen. Ob eine solche Auslegung der Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI überhaupt vertretbar ist, erscheint angesichts ihres Wortlauts durchaus fraglich. Alternativ zur Schadenskompensation kann der Richter dem Verletzten eine Pauschale, die mindestens der Lizenzgebühr entspricht, zusprechen109. Richtlinien für das Ermessen des Richters bestehen dabei nicht. Dementsprechend hat die ausdrückliche Normierung im Oktober 2007 den Streit um die Rolle des Verletzergewinns für die Haftung des Immaterialgüterrechtsverletzers nicht abschließend geklärt, sondern vielmehr gerade entfacht. Eine vielfach vertretene Gegenposition ist die Einführung eines Strafschadensersatzes (dommages-intérêts punitifs) in das französische Immaterialgüterrecht und damit die strikte Trennung zwischen der Schadenskompensation und einer möglichen Haftung auf den Verletzergewinn. Damit sind Parallelen zum allgemeinen zivilrechtlichen Diskurs in Frankreich erkennbar110. Auch im Immaterialgüterrecht hat die faute lucrative („lukratives Verschulden“) im vergangenen Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen111. Diskutiert werden Fälle, in denen der Gewinnerzielende den Gewinn schuldhaft in rechtswidriger Weise erzielt hat. Die Rechtsfolge soll ein pauschal zu bemessender Strafschadensersatz sein, bei dem nicht abschließend geklärt ist, inwieweit er anhand des Verletzergewinns zu berechnen ist. Erstmals wird damit im franzö106
Schmidt-Szalewski/Pierre, Propriété industrielle, S. 95. Azéma/Galloux, Propriété industrielle, S. 1068–1069. Der Erwägungsgrund 26 der Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004 erläutert, dass es sich bei der Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht um einen Strafschadensersatz, sondern um eine Haftung sui generis handelt. Diese Einordnung ist in der französischen Literatur auf Widerspruch gestoßen: „Que l’on nomme ces dommages-intérêts punitifs ou pas, force est de constater que c’est bien une peine privée qui est ici consacrée“, Caron, La loi dite „de lutte contre la contrefaçon“, S. 24–30. 108 Schmidt-Szalewski, La détermination des conséquences civiles de la contrefaçon, Nr. 22; Bismuth, L’évaluation du prejudice, S. 44: „[I]l faut rechercher un préjudice équitable qui obéirait à des conditions permettant aux contrefacteurs et au contrefait de ne tirer aucun profit de la contrefaçon, à condition que ce dernier soit justement indemnisé“. 109 Gautier, Fonction normative de la responsabilité, S. 727–729. 110 Dazu ausführlich sogleich § 1 IV 3. 111 So etwa bei Grynbaum, Faute lucrative, S. 655–660. Eine Übertragung der Rechtsfigur wird auch für das Wettbewerbsrecht in Betracht gezogen. Vgl. dazu Chagny, Dommages et intérêts punitifs, S. 1223–1227. Zur faute lucrative sogleich ausführlich § 1 IV 3. 107
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sischen Immaterialgüterrecht eine ausdrückliche Gewinnausgleichsregelung befürwortet, ermöglichen die Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI doch bloß eine vereinfachte Schadensberechnung. Dabei soll auf subjektiver Ebene differenziert werden. Nicht jede Verletzung geistigen Eigentums soll einen Gewinnausgleich nach sich ziehen können, sondern nur eine Verletzung mit faute lucrative112. Michel Vivant hat für das Urheberrecht ein weiteres Begründungsmodell für die Gewinnherausgabe entwickelt. Er will rechtswidrige Gewinne weder bei der Schadensberechnung noch im Rahmen eines Strafschadensersatzes berücksichtigen. Vielmehr setzt er sich für einen neuen, weiteren Schadensbegriff im Urheberrecht ein, der sich vom einfachen Schadensbegriff im allgemeinen Zivilrecht unterscheidet113. Im Urheberrecht müsse zwischen zwei Aspekten der réparation differenziert werden114. Für diese Differenzierung greift Vivant auf Ansätze von Paul Roubier115 aus den fünfziger Jahren zurück. Nicht nur die Vermögensdifferenz vor und nach der Verletzungshandlung soll ersetzt werden, sondern darüber hinaus soll dem Berechtigten auch seine absolute Rechtsposition vollständig wiedereingeräumt werden. Damit erweitert Vivant den Schadensbegriff des Art. 1382 C. civ., indem er unter Schaden (préjudice) im Sinne des geistigen Eigentumsrechts nicht allein das Vermögensminus des Opfers verstehen will, sondern bereits die Entziehung der vollständigen Nutzungsmöglichkeit der Rechtsposition, die nur dadurch wieder eingeräumt werden könne, dass der Gewinn herausgegeben werde116. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die französische Rechtswissenschaft einen strukturierten Lösungsansatz für den Gewinnausgleich im Immaterialgüterrecht im Laufe der vergangenen 250 Jahre nur in Ansätzen entwickelt hat. Mit nur graduell unterschiedlichen Argumentationsstrukturen ist sie in verschiedenen Epochen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Französische Juristen haben immer wieder auf den Grund für diese
112
Kamina, Dommages et intérêts punitifs, S. 35. Ebenfalls kritisch Girardet, Entre deux mondes, S. 30: „Ainsi, petit à petit, quittonsnous les rives tranquilles et bien bornés de l’article 1382 du Code civil, pour nous aventurer vers des terres inconnues où, sans le dire nettement, l’indemnité accordée aux titulaires de droits de propriété intellectuelle poursuit un double fin: réparer, certes, mais aussi dissuader. Ce faisant, elle s’affranchit progressivement du carcan de l’évaluation classique“. 114 Vivant/Bruguière, Droit d’auteur, S. 835–850. 115 Roubier, Propriété industrielle, S. 460–462. 116 Anders Schmidt-Szalewski/Pierre, Propriété industrielle, S. 95: „En application de ce texte [Art. 1382 C. civ.], l’indemnité de contrefaçon doit réparer tout le préjudice, mais seulement le préjudice certain et directement imputable à la contrefaçon. Elle ne peut donc ni dépasser le prejudice […] ni couvrir celui imputable à d’autres causes“. 113
II. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“?
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Probleme bei der Rechtsfindung hingewiesen117: Zwar bestehe – gerade im Patentrecht – ein Bedürfnis nach der Abschöpfung von Gewinnen, die auf Kosten anderer erlangt werden. Das französische Zivilrecht biete jedoch keinen konstruktiven Rahmen für einen solchen Ausgleich118. Seit die Frage der Gewinnherausgabe im geistigen Eigentumsrecht an Bedeutung gewonnen hat, hat die französische Rechtsprechung sie als Problem des Deliktsrechts behandelt. Das französische Deliktsrecht sieht aber nur eine Haftung für Schäden vor. Daraus hat ein Teil der französischen Rechtswissenschaft geschlossen, dass jeder Ausgleich, der über den Schaden hinausgeht, ein prinzipiell abzulehnender Strafschadensersatz sei119. Die neue Diskussion über die Rolle der Gewinnherausgabe im allgemeinen Deliktsrecht sowie im Immaterialgüterrecht120 hat dazu geführt, dass die Forschungsergebnisse zur faute lucrative im Rahmen der französischen Schuldrechtsreform (Avant-projet Catala121 und Avant-projet Terré122) verallgemeinert und auf den Bereich des Immaterialgüterrechts übertragen worden sind. Dies hatte zwar nicht zwingend verbesserte Lösungsansätze zur Folge, aber eine – jedenfalls ansatzweise – Verknüpfung von politischer Notwendigkeit und normativer Begründung eines Gewinnausgleichs 123. Der Begriff der faute lucrative, der möglicherweise im Rahmen einer Schuldrechtsreform Einzug in den Code civil halten wird124, ist immerhin ein erster Ansatz, nach dem auch im Immaterialgüterrecht rechtswidrig erlangte Gewinne abgeschöpft werden könnten und der dabei über eine bloße Ermessensregelung für die Schadensberechnung hinausgeht.
II. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“? Das letzte Kapitel hat gezeigt, dass das französische Zivilrecht keine einheitliche Gewinnausgleichskonzeption bereithält. Verletzt jemand eine fremde Rechtsposition und erwirtschaftet auf diese Weise einen Gewinn, so ist er primär nur zur Kompensation des zugefügten Schadens verpflichtet. Gewinne kann er also behalten, soweit er durch die Gewinnerzielung nicht vorwerfbar einen Schaden zugefügt hat. Durch die in den vergangenen Jahren stetig 117
So etwa bereits bei Mainié, Brevets d’invention, Bd. II, Rn. 3273 ff.; ebenso Vivant, Prendre la contrefaçon au sérieux, S. 1839; für das Wettbewerbsrecht Frison-Roche, Droit de la concurrence déloyale et du parasitisme, S. 486. 118 Girardet, Entre deux mondes?, S. 30. 119 Ancel, Contrefaçon internationale, S. 51–56. 120 So etwa bei Azéma/Galloux, Propriété industrielle, S. 1068–1069. 121 Siehe dazu sogleich ausführlich Fn. 209. 122 Siehe dazu sogleich ausführlich Fn. 217. 123 Vgl. Grynbaum, Une illustration de la faute lucrative, S. 656. 124 Siehe dazu sogleich § 1 IV 3.
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wachsende Diskussion um die faute lucrative haben sich französische Juristen nun aber vermehrt gefragt, ob und wie Gewinne, die in rechtswidriger Weise erzielt werden, abgeschöpft werden können. Christian Filios hat jüngst in seiner Dissertation einen bereicherungsrechtlichen Gewinnausgleich befürwortet125. Geschäftsführungsrechtliche Lösungsansätze werden im französischen Recht hingegen kaum vertreten. Die Wurzeln für dieses Rechtsverständnis liegen bei den Rechtswissenschaftlern, die den Code civil inhaltlich maßgeblich geprägt haben. So finden sich in den Loix civiles dans leur ordre naturel von Jean Domat, die eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung des Code civil gespielt haben, im Rahmen des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag keine Ausführungen zu der Konstellation, dass jemand bewusst fremde Geschäfte als eigene führt und dabei Gewinne erzielt126. Dahingegen hat Robert-Philippe Pothier, dessen Schriften bei der Erstellung des Code civil in besonderem Maße herangezogen wurden127, in seinem Traité du quasi-contrat negotiorum gestorum den Fall besprochen, dass jemand ein fremdes Geschäft führt, der dabei Ausplünderungsabsicht (animus depraedandi) hat, also durch die Geschäftsführung Vorteile für sich selbst erzielen will128. Dabei hat Pothier aber lediglich die Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn untersucht, um dessen ungerechtfertigte Bereicherung zu vermeiden. Der Geschäftsführer habe insoweit – trotz seiner Ausplünderungsabsicht – einen Billigkeitsanspruch gegen den Geschäftsherrn (action d’équité). Ob im Gegenzug auch dem Geschäftsherrn ein Anspruch aus Geschäftsführung gewährt wird, ob also Gewinne des Geschäftsführers mit animus depraedandi abgeschöpft werden müssen, hat Pothier nicht erörtert. Denn er hat einen solchen „Geschäftsführer“ gerade nicht als negotiorum gestor verstanden, sondern als deliktisch Handelnden, der freilich aufgrund des Bereicherungsverbots einen Billigkeitsanspruch gegen den „Geschäftsherrn“ habe. Damit sollte im Sinne Pothiers gerade keine schuldrechtliche Nähebeziehung im Sinne eines Quasi-Vertrags entstehen. Es ist deswegen nur schlüssig, dass Pothier an dieser Stelle nicht auf (geschäftsführungsrechtliche) Ansprüche des Handelnden zu sprechen gekommen ist129. Erstaunlicherweise hat die Rechtswissenschaft des frühen 19. Jahrhunderts diese enge Auslegung der Geschäftsführung ohne Auftrag als unsachgemäß 125
Siehe dazu § 1 III. Domat, Loix civiles, tom. II, tit. IV. 127 Dies ging so weit, dass er „fast wie der Gesetzgeber selbst gewertet wird“, vgl. Koschaker, Europa und das römische Recht, S. 101. 128 Pothier, Du quasi-contrat negotiorum gestorum, sec. I, art. III, no. 185–193. 129 Zwar bespricht Pothier vorwerfbares Verhalten im Rahmen einer negotiorum gestio, nicht aber vorwerfbares Verhalten, das zu einer negotiorum gestio führt, Pothier, Appendice au Traité des obligations; ders., Essai sur la prestation des fautes, para. XII–XIII. Zur deliktischen Schadensersatzhaftung ders., Traité des obligations, part. I, sec. II, para. II. 126
II. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“?
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abgelehnt. Es sei formalistisch, aufgrund subjektiver Merkmale zunächst eine Geschäftsführung ohne Auftrag abzulehnen, um sodann gleichwohl einen Billigkeitsanspruch des „Geschäftsführers“ zu bejahen. Diese „unnütze Spitzfindigkeit“ müsse aufgegeben werden und in Fällen, in denen fremde Geschäfte bewusst als eigene geführt würden, sei eine Geschäftsführung ohne Auftrag zu bejahen130. Ins Zentrum der Diskussion rückte die Frage, inwieweit ein Fremdgeschäftsführungswille für die Annahme einer negotiorum gestio überhaupt erforderlich sei131. Léobon Larombière vertrat die Auffassung, dass es für die Geschäftsführung ohne Auftrag unerheblich sei, ob der Geschäftsführer im Fremdinteresse, im Eigeninteresse oder gar mit betrügerischer Gewinnerzielungsabsicht (intention frauduleuse de lucre) handle132. In allen Fällen sollten die allgemeinen Regeln der negotiorum gestio anwendbar sein133. Nach Art. 1372 II i.V.m. Art. 1993 C. civ. habe der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn deswegen das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben. Daneben sollten weiterhin eventuelle deliktische Ansprüche bestehen134. Für die Herleitung dieser gestion d’affaires anormale135 verwies die französische Rechtswissenschaft auf das römische Recht. Auch nach Julian entstehe bei einer Geschäftsanmaßung ein quasi-vertragliches Schuldverhältnis, um so ungerechtfertigte Bereicherungen – auf beiden Seiten – zu vermeiden136. 130
Larombière, Code Napoléon, Bd. VII, S. 418–419: „vaine subtilité“. Art. 1372 C. civ. lautet: „Lorsque volontairement on gère l’affaire d’autrui, soit que le propriétaire connaisse la gestion, soit qu’il l’ignore, celui qui gère contracte l’engagement tacite de continuer la gestion qu’il a commencée, et de l’achever jusqu’à ce que le propriétaire soit en état d’y pouvoir lui-même; il doit se charger également de toutes les dépendances de cette même affaire. Il se soumet à toutes les obligations qui résulteraient d’un mandat exprès que lui aurait donné le propriétaire“. Der französische Gesetzgeber ist insoweit Pothier gefolgt und hat die Geschäftsanmaßung nicht ausdrücklich geregelt. Die rechtswissenschaftliche Diskussion nach Einführung des Code civil betraf die Auslegung des Adverbs volontairement. Es wurde angeführt, dass dieser Begriff nicht den Willen bezeichne, ein fremdes Geschäft zu führen, sondern nur von der unfreiwilligen Geschäftsführung bei gesetzlicher Verpflichtung abgrenzen sollte, vgl. Toullier, Droit civil, Bd. XI, S. 38. 132 Larombière, Code Napoléon, Bd. VII, S. 420–421. 133 „[…] soit que le gérant ait géré par pur esprit de bienveillance, avec l’intention de gérer l’affaire de celui qu’elle concernait, […] soit qu’il l’ait gérée de mauvaise foi, depraedendi animo, dans le dessein de s’en approprier les profits, il n’en est pas moins soumis, dans tous ces cas, à toutes les obligations qui résulteraient d’un mandat exprès que lui aurait donné le propriétaire. L’art. 1372 ne distingue point“, Toullier, Droit civil, Bd. XI, S. 39. 134 Larombière, Code Napoléon, Bd. VII, S. 421. 135 Zum Begriff der gestion d’affaires anormale vgl. Stoljar, Negotiorum gestio, S. 171–173; Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 81–83. 136 Duranton, Droit français, Bd. XIII, S. 667–668 verweist auf „Julian loi 6, § 3 de negotiorum gestio“ und zitiert den Wortlaut von Ulpian/Labeo D. 3.5.5.5. Eine Einordnung 131
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Die besonders weite Auslegung des Fremdgeschäftsführungswillens im französischen Recht des 19. Jahrhunderts ist darauf zurückzuführen, dass auf die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen wurde, um die Lücke zu schließen, die durch das Fehlen einer Ausgleichsregelung für ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen entstanden war137. Dabei ging es ursprünglich um die durch die Geschäftsführung erlangte Bereicherung desjenigen, dessen Rechtssphäre verletzt worden war und nicht etwa um die Bereicherung des Verletzers. Die Entwicklung eines Abschöpfungsmechanismus für Fälle, in denen auf Kosten eines anderen Gewinne erzielt worden waren, war nicht bezweckt, sondern lediglich Folge der Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag, auch wenn der Gewinnerzielende nicht mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hatte. Im arrêt Boudier vom 15. Juni 1892 138 hat die Cour de Cassation einen allgemeinen Bereicherungsanspruch anerkannt. Bereicherungen auf Kosten eines anderen können nunmehr unmittelbar herausverlangt werden und müssen nicht mehr den Umweg über die Geschäftsführung nehmen. Die gestion d’affaires anormale ist dementsprechend in den Hintergrund getreten139. von D. 3.5.5.5 als Julian-Text erfolgt auch bei Godefroy, Corpus juris civilis, Pandectis ad Florentinum archetypum expressis, Institutionibus (Amsterdam 1663), übersetzt von Scott, The Civil Law, Bd. III (Cincinnati 1932); Kriegel/Osenbrüggen, Corpus iuris civilis (Leipzig 1872). Dieses Verständnis der gestion d’affaires anormale als quasi-vertragliches Schuldverhältnis geht über den Aussagegehalt der deutschen Geschäftsanmaßung (§ 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB) hinaus. Bei der Geschäftsanmaßung soll gerade keine besondere Vertrauens- und Nähebeziehung – wie sie bei der echten Geschäftsführung ohne Auftrag besteht – zwischen den Parteien bestehen. Aus Billigkeitserwägungen sollen lediglich einzelne Forderungen zwischen den Parteien entstehen (Staudinger/Wittmann, § 687, Rn. 5: Bei § 687 II BGB handle es sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf geschäftsführungsrechtliche Ansprüche mit dem Ziel der Ergänzung und Verschärfung der deliktischen Haftung). Der Standort der Geschäftsanmaßung im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag ist deswegen umstritten, siehe Jansen, in: HKK § 687 II, Rn. 51. Schließlich dient § 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB nicht dem finanziellen Ausgleich nach altruistischem Handeln, sondern – neben dem Ausgleich von Vermögensverschiebungen zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr – auch dem Schutz des Geschäftsherrn vor Eingriffen in seine Rechtssphäre, vgl. Reichard, Negotium alienum, S. 585. 137 Siehe Jansen, in: HKK § 687 II, Rn. 11–12. Bereits Cujas hat Ulpian/Labeo D. 3.5.5.5 in diesem Sinne ausgelegt: Cujas, In liber III Digestorum Salvii Juliani, Ad L. VI de negotiorum gestio, ad § Si etsi quis. Siehe auch Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 82. Zum Verhältnis der Eingriffskondiktion zur Geschäftsführung ohne Auftrag im französischen Recht vgl. Schlechtriem, Unjust enrichment. 138 Cass. req. 15.6.1892, D. P. 1892.1.596. 139 Insoweit etwas irreführend Stoljar, Negotiorum gestio, S. 171: „French law […] does not exhibit a doctrine of impure gestio; however, it knowns [sic] an abnormal management (gestion anormale)“. Die Rechtsfigur der gestion anormale ist kein Bestandteil des heutigen französischen Rechts.
II. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“?
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Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag – gegen Geschäftsführer sowie Geschäftsherrn – setzen seitdem wieder das Bewusstsein voraus, für einen anderen zu handeln 140. Damit scheidet der Anspruch auf Gewinnherausgabe gegen denjenigen aus, der bewusst ein fremdes Geschäft als eigenes führte141. Es handelt sich wieder – wie bereits bei Pothier – um ein ausschließlich deliktisches Handeln, dessen Rechtsfolge die Schadenskompensation ist142. Zwischenzeitlich hat Charles Demolombe zwar zu Beginn des 20. Jahrhunderts die vermittelnde Auffassung vertreten, dass die Absicht, ein fremdes Geschäft zu führen, nur für Ansprüche des Geschäftsführers erforderlich sei. Ein Anspruch des Geschäftsherrn auf Herausgabe des durch den Geschäftsführer Erlangten sollte also dann bestehen, wenn der Geschäftsführer das Geschäft bewusst als sein eigenes führte143. Diese Lehre konnte sich jedoch aufgrund der wenig überzeugenden Differenzierung zwischen den Anforderungen an Ansprüche des Rechtsinhabers (Geschäftsherr) und des Verletzers (Geschäftsführer) nicht durchsetzen144. Jean-Luc Aubert hat nun eine Entscheidung der Cour de Cassation zum Anlass genommen, die Pflicht zur Herausgabe des Veräußerungserlöses mit der Geschäftsführung ohne Auftrag zu begründen145. Die Cour de Cassation hatte argumentiert, dass derjenige, der eine Sache rechtsgrundlos erlangt, ihren Wert gesteigert und sie mit Gewinn verkauft habe, den Erlös anstelle der Sache herausgeben müsse146. Aubert hat nun darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Veräußerers durch den fehlenden Rechtsgrund per se altruistisch werde, sodass eine negotiorum gestio anzunehmen sei und der Veräußerer das Erlangte herausgeben müsse. Im Gegenzug soll dem Veräußerer freilich ein Lohn in Höhe der Differenz von Wert und Erlös zustehen. Damit handelt es sich letztlich nicht um einen Anspruch auf Gewinnherausgabe, sondern vielmehr um einen Anspruch auf Wertersatz, sodass sich aus Auberts 140 Dazu Helms, Gewinnhaftung, S. 755. Anders noch 1921 Picard, La gestion d’affaires, S. 24: „[…] il faut et il suffit que le gérant ait conscience du service qu’il rend ou de l’utilité qu’il crée. Peu importe qu’il ait en même temps poursuivi son intérêt personnel, […] son acte n’est pas entièrement égoïste, cela est suffisant pour que celui qui en profite soit tenu de l’indemniser“. 141 Erstmals so entschieden in Cass. civ. 25.6.1919, D. P. 1923.1.223. Vgl. Stoljar, Negotiorum gestio, S. 171. 142 Siehe Marx, Abschöpfung der Bereicherung, S. 88–89, die den Fall einer Urheberrechtsverletzung beschreibt (Cass. civ. 25.6.1919, D. P. 1923.1.223): Handle der Verletzer mit intention purement égoïste, scheide die Anwendung der Regeln der gestion d’affaires aus. Gleichwohl seien Schäden zu ersetzen. 143 Demolombe, Code Napoléon, Bd. XXXI, S. 71–73. 144 Dazu Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag m.w.N. 145 Aubert, Obligations et protection des consommateurs, S. 313. Die Herleitung des Ergebnisses anhand der gestion d’affaires ist nicht zwingend. So begründet Filios den Anspruch mit dem Bereicherungsverbot: Filios, Enrichissement sans cause, S. 325–327. 146 Cass. civ. 25.5.1992, D. 1993.580.
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Argument keine Anhaltspunkte für einen französischen Gewinnausgleich nach Geschäftsanmaßungserwägungen ableiten lassen.
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung? Im französischen Zivilrecht hat der Bereicherungsausgleich lange Zeit eine nur untergeordnete Rolle gespielt. Dementsprechend ist eine Gewinnherausgabe anhand bereicherungsrechtlicher Wertungen nur selten in Betracht gezogen worden. Während die Leistungskondiktion in Fällen der Nichtigkeit des zugrundeliegenden Vertrages (répétition de l’indu) allgemein anerkannt und ausdrücklich in den Artt. 1376–1381 C. civ. geregelt ist, ist ein Anspruch auf Herausgabe anderweitiger Bereicherungen im Code civil nicht vorgesehen. Um eine solche Konstellation handelt es sich aber, wenn eine fremde Rechtsposition verletzt und dadurch etwas erlangt wird. Die Cour de Cassation hat im arrêt Boudier 1892 erstmals in einer solchen Konstellation einen Anspruch aus enrichissement sans cause angedeutet147 und schließlich 1919 als actio de in rem verso anerkannt148. Bis dahin hatten Rechtsprechung und Literatur ein allgemeines Bereicherungsverbot als zivilrechtliches Grundprinzip abgelehnt. Der Grund hierfür liegt im organischen Wachstum von Rechtsordnungen. Weil sich die alte französische Rechtswissenschaft149, an der sich die Verfasser des Code civil maßgeblich orientierten, in ihren Werken primär mit römischen Rechtsquellen auseinandergesetzt hatte und dementsprechend nicht auf Bereicherungsansprüche außerhalb von vertraglichen Leistungsbeziehungen eingegangen war, hat eine der deutschen Eingriffskondiktion vergleichbare Anspruchsgrundlage keinen Eingang in den Code civil gefunden. Dessen ungeachtet hat es Fälle gegeben, in denen die Rechtsprechung vergleichbare Fragestellungen erörtert hat. Diese Fragestellungen wurden jedoch nicht im Bereicherungsrecht, sondern im Rahmen anderer Rechtsinstitute diskutiert. So hat die Rechtswissenschaft des frühen 19. Jahrhunderts versucht, durch die Ausweitung der gestion d’affaires einen billigen Vermögensausgleich zu schaffen150. Auch wenn ein Anspruch auf Herausgabe der durch die Verletzung fremder Rechtspositionen erzielten Bereicherung im heute geltenden französischen Recht anerkannt ist, eignet sich dieser Anspruch nicht für die flächendeckende Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne. Dafür gibt es zwei 147
Cass. req. 15.6.1892, D. P. 1892.1.596. Cass. civ. 25.6.1919, S. 1921.1.12 = D. P. 1923.1.223. 149 Insbesondere Domat, Loix civiles, tom. II, tit. VII; Pothier, Traité du contrat de prêt, part. III. 150 Siehe oben § 1 II. 148
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung?
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Gründe: Erstens ist die allgemeine Bereicherungsklage im französischen Recht subsidiär151. Besteht ein Schaden des Klägers und damit ein deliktischer Schadensersatzanspruch, so verdrängt dieser den Bereicherungsanspruch152. Soweit der Verletzer den Schaden zu vertreten hat, scheidet eine bereicherungsrechtliche Haftung also aus. Zweitens besteht im französischen Bereicherungsrecht die Regel des double plafond. Die Verpflichtung des Schuldners ist doppelt beschränkt, indem die Ausgleichspflicht weder über die Bereicherung des Beklagten (enrichissement) noch über den Vermögensverlust des Klägers (appauvrissement) hinausgehen darf153. Bereicherungen werden dementsprechend nur bis zur Höhe des Schadens abgeschöpft. Dieser kann jedoch meist ebenso durch einen einfachen Schadensersatzanspruch ausgeglichen werden, sodass der Bereicherungsanspruch in diesen Fällen eines eigenen Anwendungsbereichs entbehrt154. Indem der Bereicherungsanspruch auf das appauvrissement des Klägers begrenzt ist, scheidet eine bereicherungsrechtliche Gewinnherausgabe aus. Französische Juristen haben nur selten erörtert, ob und in welcher Form rechtswidrig erzielte Gewinne ausgeglichen werden müssen. In den wenigen Fällen, in denen die Problematik wahrgenommen wird, überwiegt die Auffassung, dass demjenigen die Gewinne zustehen, der sie durch sein Handeln erzielt hat, und nicht demjenigen, mit dessen Rechtsposition sie erzielt wurden155. Als Begründung verweist man auf die gerechte Risikoverteilung: Wer 151
Dazu Drakidis, La subsidiarité, S. 577–615. L. Ripert, Réparation du préjudice, S. 111. Eine genaue Auseinandersetzung mit dem subsidiären Charakter der actio de in rem verso findet sich bei Rouast, Enrichissement sans cause, S. 82–91. 153 Planiol, Droit civil, Bd. II, S. 360; Mazeaud/Tunc, Responsabilité civile, Bd. III, S. 535; Marx, Abschöpfung der Bereicherung, S. 280–281 m.w.N. 154 Die Regel des double plafond war nicht immer unumstritten. So haben etwa G. Ripert/Tesseire, Enrichissement sans cause, S. 756–762, 1904 vertreten, dass Vorteil und Schaden unabhängig voneinander beurteilt werden müssen. Mit dieser Auffassung konnten sie sich freilich nicht durchsetzen, sodass G. Ripert sich bereits 1926 – mit der herrschenden Auffassung – für eine Begrenzung der Bereicherungshaftung auf das appauvrissement aussprach (G. Ripert, La règle morale, Nr. 141). Zwischen 1926 und 1933 bestand eine ausdrückliche Ausnahme von der Regel: Nach Art. 8 der loi du 30.6.1926 hatte der ursprüngliche Mieter, der in der Mietsache ein Geschäft betrieb, einen Anspruch auf die Einkünfte (enrichissement) des Nachmieters, soweit dieser innerhalb der darauffolgenden fünf Jahre ein vergleichbares Geschäft in den Räumen betrieb. Zu einer Verallgemeinerung dieser Regel kam es nicht. 1933 hob der Gesetzgeber sie auf; dazu Mazeaud/Tunc, Responsabilité civile, Bd. III, S. 535–536. 155 So etwa G. Ripert/Tesseire, Enrichissement sans cause, S. 756: „Qui a créé le profit, doit en profiter“. Dabei ist zu beachten, dass die Autoren die Figur des enrichissement sans cause auf Fälle beschränken, in denen der Bereicherungsgläubiger durch seinen Einsatz das Vermögen des Bereicherungsschuldners gemehrt hat. Dass dem Bereicherungsschuldner der Gewinn zustehen könnte, weil er in seiner Rechtssphäre erwirtschaftet wurde, ziehen die Verfasser nicht in Erwägung. 152
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das Verlustrisiko trägt, soll auch die Gewinne seines Handelns erhalten156. Christian Filios hat das Verhältnis von Gewinnabschöpfung und Bereicherungsausgleich in seiner 1999 erschienenen Dissertation erstmals mit einem neuen, rechtsvergleichenden Ansatz untersucht157. Nach Filios ist für die Frage, ob Gewinne abgeschöpft werden sollen, die jeweils betroffene Rechtsposition ausschlaggebend158. Er differenziert nach Eingriffen in Sacheigentum, geistiges Eigentum, die Persönlichkeit und Forderungen. Soweit eine Rechtsposition verletzt wird, müssen nach seiner Auffassung Gewinne, die auf dem Eingriff beruhen, abgeschöpft werden. Inwieweit ein solcher Zusammenhang besteht, soll von der betroffenen (objektiven) Rechtsposition159 und nicht von der (subjektiven) Vorwerfbarkeit des Verhaltens abhängen. Dieses Rechtsverständnis konnte sich im französischen Recht bislang nicht durchsetzen und dies ist wohl auch nicht zu erwarten. Die Debatte über die Gewinnausgleichsproblematik findet im französischen Recht weiterhin primär im Deliktsrecht statt. Eine Notwendigkeit, die gefestigten bereicherungsrechtlichen Strukturen zu Gunsten einer Gewinnherausgabe aufzubrechen, haben bislang weder Rechtsprechung noch Literatur gesehen.
IV. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem 1. Gewinnabschöpfung nach der deliktischen Generalklausel, Art. 1382 C. civ. Der Code civil hält in seinem Art. 1382 eine deliktische Generalklausel bereit160. Sie ist unter Einfluss naturrechtlichen Gedankenguts entstanden und begründet nach dem Gebot des neminem laedere bei jeglicher Schadenszufügung eine Schadensersatzhaftung161. Aus dieser Norm einen Anspruch auf Gewinnherausgabe oder gar ein Prinzip des Gewinnausgleichs abzuleiten, erscheint paradox. Denn Normzweck ist es, den Schaden des Verletzten zu
156
G. Ripert/Tesseire, Enrichissement sans cause, S. 756: „Qui a les mauvaises chances, doit avoir les bonnes“. 157 Filios, Enrichissement sans cause, S. 292–327. Die Dissertation stellt an vielen Stellen Verbindungen zum englischen, italienischen und deutschen Recht her. 158 Hierfür setzt sich bereits von Caemmerer, Enrichissement sans cause, S. 580–582 ein. 159 „[…] on doit vérifier minutieusement le contenu du ‘droit usurpé’, afin de dégager avec exactitude s’il réserve ou non à son titulaire une exploitation exclusive des bénéfices indûment constitués“, Filios, Enrichissement sans cause, S. 317. 160 Art. 1382 C. civ.: „Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé, à le réparer“. 161 Gazzaniga, Histoire de la faute, S. 17–21; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 625; Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S. 1419–1421.
IV. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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ersetzen und nicht den Vorteil des Verletzers abzuschöpfen162. Gleichwohl verortet die französische Rechtswissenschaft die Frage, ob auf Kosten anderer erlangte Gewinne herauszugeben sind, primär im Deliktsrecht. Dabei erörtert sie einerseits, ob Gewinne als Schäden im Sinne des Art. 1382 C. civ. verstanden werden können, und andererseits, ob bestimmte Gewinne durch einen zur Schadenskompensation zusätzlichen Strafschadensersatz (dommages-intérêts punitifs) abgeschöpft werden können, wenn der Schädiger schuldhaft in rechtswidriger Weise einen Gewinn erzielt hat (faute lucrative). Während sich die Diskussion um die Einführung eines Strafschadensersatzes zur Gewinnabschöpfung erst in den vergangenen Jahren herauskristallisiert hat, gehen die Ursprünge einer Gewinnabschöpfung nach Art. 1382 C. civ. weiter zurück. Die Rechtswissenschaft des 18. Jahrhunderts163 kannte noch keinen allgemeinen deliktischen Anspruch, dessen Rechtsfolgen sie auf eine Gewinnabschöpfung hätte ausweiten können. Sie untersuchte vielmehr gezielt, ob und wie welche Schäden ersetzt werden sollten164. Da nicht die Verletzungshandlung die Haftung auslöste, sondern der Eintritt des Schadens bei Vorliegen von faute, kam als Rechtsfolge des Delikts nur der Schadensersatz in Betracht. Dabei konnte von einer bloßen (objektiven) Kompensation von Schäden freilich nicht die Rede sein. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs sollte von besonderen subjektiven Komponenten abhängen. Handelte der schuldhafte165 Schädiger etwa mit Arglist (dol) oder war er bösgläubig (mauvaise foi), so sollte er umfassender haften als bei Gutgläubigkeit (bonne foi)166. Durch die Einführung der deliktischen Generalklausel des Art. 1382 C. civ. zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderte sich das französische Deliktsrecht in Bezug auf eine eventuelle Gewinnherausgabe zunächst nicht. Jedoch wuchs seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts das Bewusstsein, dass es Fälle geben kann, in denen der Schädiger Gewinne erzielt, die über den 162
„Réparation égale au préjudice, c’est pour la doctrine qui se prétend fidèle aux principes, l’axiome fondamental en matière de responsabilité délictuelle“, Hugueney, Peine privée, S. 231. 163 Eigentlich galt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im französischen Süden das droit coutumier, ein traditionelles lokales Gewohnheitsrecht. Das hier behandelte droit écrit galt nur im Norden Frankreichs. Da das droit coutumier allerdings keine Regelungen für das Obligationenrecht bereithielt, griff man insoweit auch im Süden auf das droit écrit zurück, siehe Halpérin, L’impossible Code civil, S. 23–24, 27–28. 164 „Les dommages et intérêts sont tout ce qu’une personne a perdu, ou manqué de gagner, par le fait ou la faute de l’autre partie“, Pothier, Traité de la procédure civile, part. IV, art. II, no. 427. Ferner Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. II. 165 Dabei differenzierte man zwischen einfachem und qualifiziertem Verschulden, wobei an letzteres zusätzliche subjektive Anforderungen gestellt wurden. Zu den verschiedenen Verschuldensgraden und ihren Rechtsfolgen Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. II, para. IX–XI und Pothier, Essai sur la prestation des fautes, para. I–II. 166 Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. II, para. VIII.
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Schaden des Opfers hinausgehen167. Anders als etwa noch Domat und Pothier168 und auch die Juristen des 19. Jahrhunderts169, stellte man sich erstmals die Frage, wie mit solchen Gewinnen zu verfahren sei. René Demogue hat 1923 in seinem Traité des obligations unter dem Titel conséquences de l’acte illicite erörtert, ob in deliktischer Weise erzielte Gewinne, die über den zu ersetzenden Schaden hinausgehen, abgeschöpft werden müssen170. Grund für dieses neu erwachte Bewusstsein mag eine neue Herangehensweise an den Haftungsfall sein. Während zunächst der Schaden und dessen Ausgleich im Vordergrund gestanden hatten, hat sich Demogue allgemein mit den Folgen rechtswidriger Verhaltensweisen (actes illicites) beschäftigt, die nach seiner Auffassung eben nicht nur die Verpflichtung zum Schadensausgleich, sondern auch eine Verpflichtung zum Ausgleich von Gewinnen auslösen konnten171. Dabei ging es ihm primär um die Abschreckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen und nicht um die gerechte Vermögenszuordnung. Denn der acte illicite bezeichnete nicht zwingend den Verstoß gegen eine subjektive Rechtsposition, sondern lediglich ein einfaches rechtswidriges Verhalten. Auch wenn also einzelne Rechtswissenschaftler die Problematik des Gewinnausgleichs erkannt haben, konnte sich ein allgemeiner Ausgleich deliktisch erzielter Gewinne im Ergebnis nicht durchsetzen172. Dies mag verwundern, war doch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bei Verletzungen geistigen Eigentums allgemein anerkannt, dass Gewinne, die durch die Rechtsverletzung erzielt worden waren und die nicht bereits durch eine 167
Planiol/Ripert/Esmein, Traité pratique, S. 922; Demogue, Obligations, Bd. IV, S. 131–132. 168 Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. II; Pothier, Traité des obligations, part. I, sec. II, para. II. 169 Auch in ausführlichen Darstellungen des Deliktsrechts findet man keine Hinweise auf die Fälle, in denen der rechtswidrige Gewinn den zu ersetzenden Schaden übersteigt: Laurent, Droit civil, Bd. XX, S. 565–588; Marcadé, Code civil, Bd. V, S. 279–282; Larombière, Obligations, Bd. III, S. 429–430; von Lingenthal/Crome, Civilrecht, Bd. II, S. 762–765; so auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts Aubry/Rau, Droit civil, Bd. VI, S. 445–361; Planiol/Ripert, Traité élémentaire, Bd. II, S. 287, 331–332; Colin/Capitant, Droit civil, Bd. II, S. 372–387. 170 Demogue, Obligations, Bd. IV, S. 131–132. Auch in Bezug auf die Abschöpfung durch Vertragsbruch erlangter Gewinne vertrat Demogue – entgegen der Rechtsprechung – eine sehr kritische Auffassung. Umso erstaunlicher ist es, dass er in Bezug auf Art. 1380 C. civ. der (Minder-)Meinung war, dass beim Verkauf einer rechtsgundlos erlangten Sache der Kaufpreis, auch soweit er den Wert der Sache übersteigt, also der durch den Verkauf erlangte Gewinn, an den Gläubiger herauszugeben sei, siehe oben § 1 I 1 b). Demogue hat also kein allgemeines Urteil über die Abschöpfung von Gewinnen gefällt, sondern vielmehr einzelne Tatbestände erörtert, ohne einen Zusammenhang festzustellen. 171 Demogue, Obligations, Bd. IV, S. 131–132. 172 Demogue, Obligations, Bd. IV, S. 131–132; Mazeaud/Tunc, Responsabilité civile, Bd. III, S. 535.
IV. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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Schadenskompensation ausgeglichen wurden, abzuschöpfen seien173. Rechtswissenschaftler haben diese widersprüchliche Haltung mit dem Verweis auf den Wortlaut des Art. 1382 C. civ. begründet174, den Gewinnausgleich im Immaterialgüterrecht also als absolute Ausnahme vom Kompensationsprinzip verstanden. Auch nahmen sie an, dass eine allgemeine Gewinnabschöpfung einer gerechten Risikoverteilung widerspreche. Da der Schaden auch in vollem Umfang zu ersetzen sei, wenn er den Gewinn des Schädigers übersteige, sei es nur schlüssig, dass der Gewinn nicht herausgegeben werden müsse, wenn er den Schaden übersteige. Auf diese Weise trage der Rechtsverletzer das Verlustrisiko und habe im Gegenzug Gewinnchancen und nur so bestehe für ihn die Möglichkeit wirtschaftlicher Entfaltung (développement économique), ohne dass der Rechtsinhaber dadurch zu Schaden käme175. Ein letztes Argument gegen die Gewinnherausgabe war der fehlende direkte Kausalzusammenhang zwischen Gewinn und rechtswidrigem Verhalten. Der Verletzer habe den Vorteil nämlich letztlich durch seinen eigenen Einsatz und nicht durch die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens erlangt176. Ein pragmatischer Grund für die Einbeziehung von Gewinnen in die Schadensberechnung in Fällen des Art. 1382 C. civ. ist, dass es häufig schwierig ist, Schäden durch Eingriffe in fremde Rechtssphären nachzuweisen. Der Gewinn des Rechtsverletzers ist ein tatsächlich feststellbarer Betrag, während die Schädigung des Rechtsinhabers häufig in der Form von – schwer nachweisbarem – entgangenem Gewinn oder aber – noch schwerer nachweisbarem – immateriellem Schaden vorliegt. Bei der Schadensberechnung anhand des Gewinns handelt es sich damit vielmehr um eine Beweiserleichterung für das Opfer der Rechtsverletzung als um eine Grundentscheidung für die Abschöpfung auf Kosten anderer erlangter Gewinne177. Zwar hat sich die Rechtsprechung hierzu nie ausdrücklich geäußert. Effektiv hat sie in Haftungsfällen aber regelmäßig den Verletzergewinn berücksichtigt, soweit dies sachdienlich war (also nach richterlichem Ermessen, der appréciation souveraine du juge, geurteilt)178. Die Rechtswissenschaft hat dies zur Kenntnis genommen und 173
Siehe oben § 1 I 2 a). Mazeaud/Tunc, Responsabilité civile, Bd. III, S. 535. 175 Demogue, Obligations, Bd. IV, S. 131. 176 L. Ripert, Réparation du préjudice, S. 111: „L’avantage qu’il reçoit provient en réalité plus de son heureuse fortune que de l’acte illicite qu’il a commis“. 177 Vgl. Viney, Appréciation du prejudice, S. 90–91. 178 Dieser weite Ermessensspielraum steht in langer französischer Tradition und findet sich bereits bei Domat, Loix civiles, tom. II, tit. V, sec. II, para. XIII. Seit Cass. civ. 24.10.1893, D. P. 1894.1.14. ist er ständige Rechtsprechung, vgl. auch Cass. com. 8.6.1964, Ann. 1964.230; Cass. civ. 25.5.1992, D. 1993.580; le Tourneau, Responsabilité, Rn. 47; Marx, Abschöpfung der Bereicherung, S. 84 m.w.N. Der weite Ermessensspielraum der Richter, der lange schweigend geduldet wurde, wird heute immer häufiger kritisiert, vgl. dazu Viney, Appréciation du préjudice, S. 90; Fabre-Magnan, Droit des obligations, S. 376–379. 174
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(bislang) schweigend geduldet179. Weshalb der durch die Verletzung erlangte Gewinn bei der Schadensberechnung ausschlaggebend sein soll, beantwortet eine solche Rechtspraxis jedoch nicht. Im französischen Vertragsrecht des frühen 20. Jahrhunderts hat sich die Rechtsprechung dahingegen nicht der appréciation souveraine du juge bedienen müssen, um in Bezug auf die Gewinnverteilung zu überzeugenden Ergebnissen zu gelangen. Die Rechtsprechung hat unter Rückgriff auf das allgemeine Bereicherungsverbot durch Vertragsbruch erzielte Gewinne abgeschöpft180. Dabei ging es typischerweise um Konstellationen der Pflichtverletzung in Verträgen, in denen eine besondere Vertrauensbeziehung bestand, so etwa im Rahmen von Verwahrungs- oder Gesellschaftsverträgen. Eine richterliche Begründung für die unterschiedliche Behandlung von vertraglichen und nichtvertraglichen Ansprüchen erfolgte nicht und auch die französische Rechtswissenschaft hat sich hierzu nicht geäußert. Als Begründung für die Differenzierung erscheint aber auch hier das besondere Vertrauensband zwischen den Vertragsparteien plausibel, das den Verletzten besonders schutzwürdig macht181. Handelt der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig, lässt das Vertrauensband sein Verhalten in einem besonderen Maße vorwerfbar erscheinen. Die Notwendigkeit der Gewinnabschöpfung wurzelt dann in seiner geminderten Schutzbedürftigkeit. Bei Kenntnis des besonderen Vertrauensverhältnisses ist für den Verletzer vorhersehbar, dass er Gewinne, die er auf Kosten des Vertragspartners erzielt, nicht behalten darf. Bei einfachen deliktischen Rechtsverletzungen fehlt dagegen ein solches haftungsverschärfendes Vertrauensband, das einen Gewinnausgleich unumgänglich erscheinen lässt. 2. Exkurs: Haftung bei Verletzungen der Persönlichkeit Insbesondere bei Persönlichkeitsverletzungen wirft die Schadensberechnung Schwierigkeiten auf und bietet sich dementsprechend eine Schadensberechnung anhand des Gewinns an. Die Haftung richtet sich nach Art. 1382 C. civ.182 und setzt einen Schaden voraus, sei es in Form eines Vermögensschadens (préjudice matériel) oder eines immateriellen Schadens (préjudice mo179
Dazu Starck, Traité de responsabilité civile, S. 422; Carval, Peine privée, S. 359; Savatier, Responsabilité civile, Bd. II, Rn. 611: „On n’empêchera pas le juge d’être particulièrement sévère pour le responsable ayant tiré bénéfice de la faute“. So auch für das Patentrecht Foyer/Vivant, Droit des brevets, S. 352; anders hingegen Mazeaud/Tunc, Responsabilité civile, Bd. III, S. 535. 180 CA Toulouse 31.7.1911, S. 1911.2.288; Cass. civ. 1.12.1925, Gaz. Pal. 1926.1.225. Kritisch Demogue, Anmerkung zu Cass. civ. 1.12.1925, S. 173–174 und ders., Obligations, Bd. VI, S. 323. 181 Siehe oben § 1 I 1 b). 182 Kayser, Protection de la vie privée, S. 180–183; Filios, Enrichissement sans cause, S. 311.
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ral). Welcher Art der Schaden ist, beurteilt sich nach der Natur des betroffenen Teils der Persönlichkeit (caractère dualiste des droits de la personnalité)183. Geschützt ist zum einen das Recht zur kommerziellen Verwertung der Persönlichkeit (droit patrimonial d‘exploitation) und zum anderen die (nichtkommerzielle) freie Entfaltung der Persönlichkeit (droit extra-patrimonial)184. Während ersteres eine geldwerte Rechtsposition begründet, begründet letzteres ein reines Abwehrrecht (droit à caractère négatif)185. Wird es verletzt, liegt ein immaterieller Schaden (préjudice moral) vor. Dieser hat eine Forderung in Höhe eines angemessenen Schadensersatzes zur Folge. Da die nicht-kommerzielle Komponente des Persönlichkeitsrechts also keine Gewinnerzielungschancen schützt und Vorteile aus einer Rechtsverletzung dem Rechtsinhaber nicht zustehen, scheidet eine Gewinnabschöpfung hier aus186. Nur in Ausnahmefällen kann der Gewinn des Rechtsverletzers deswegen eine Rolle spielen. Dies ist dann der Fall, wenn der Schaden des Opfers schwer nachweisbar ist187. Dann verwendet die Rechtsprechung den Gewinn als Indiz für den Schaden im Rahmen eines Anspruchs aus Art. 1382 C. civ. (appréciation souveraine du juge 188). Anders ist die Rechtslage, wenn das Verletzerverhalten eine Komponente der Persönlichkeit betrifft, die dem Rechtsinhaber ein exklusives Verwertungsrecht (droit patrimonial d’exploitation) gibt und der Rechtsinhaber das Recht selbst verwerten kann und will189. Hätte er dem Rechtsverletzer die Erlaubnis erteilt, das Recht zu verwerten, so hätte er dafür typischerweise
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Filios, Enrichissement sans cause, S. 311 ; Schlechtriem, Persönlichkeitsrecht, S. 450. 184 Zum Verhältnis von droit patrimonial und extra-patrimonial siehe Ghestin/Goubeaux/Fabre-Magnan, Droit civil, Introduction, S. 170–171. Zum Schutz der Persönlichkeit im französischen Recht Velu, Vie privée, S. 75–83. 185 Filios, Enrichissement sans cause, S. 311. 186 Kayser, Protection de la vie privée, S. 182. 187 Vgl. dazu Méadel, Faute lucrative, S. 9; Serna, Anmerkung zu TGI Paris 3.12.1997, S. 759–760. 188 Viney, Appréciation du préjudice, S. 90, siehe auch oben Fn. 178. 189 Kayser, Protection de la vie privée, S. 183. Parallel wird für das Namensrecht argumentiert: „La protection du nom patronymique à l’égard du nom commercial n’a donc rien à voir avec l‘idée de propriété ou d’exclusivité, mais s’attache à la defense de la personnalité et de la reputation de celui qui porte le nom et c’est ce qui explique la façon dont la jurisprudence apprécie le critère de confusion et l’existence d’un préjudice“, PollaudDulian, Nom patronymique, S. 456. Ferner Goubeaux/Voirin, Les personnes, S. 167. Bereits 1974 hat Raymond Lindon festgestellt, dass auch die Persönlichkeit eine „valeur marchande“ habe. Der Einzelne habe deswegen das Recht „de tirer un parti commercial de son physique“, Lindon, Les droits de la personnalité, S. 37.
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eine Lizenzgebühr erhalten190. Dieser entgangene Vorteil muss dem Opfer als préjudice matériel ersetzt werden191. Kann das Opfer nachweisen, dass es den Gewinn selbst erzielt hätte, kann es den entgangenen Gewinn ersetzt verlangen. Die volle Beweislast liegt dafür bei ihm selbst. Bei dieser Haftung handelt es sich also nicht um eine prinzipielle Abschöpfung in rechtswidriger Weise erzielter Gewinne192. Eine Gewinnherausgabe ausschließlich aus Abschreckungserwägungen zieht die französische Rechtsprechung jedenfalls nicht in Betracht193. 3. Sonderhaftung für faute lucrative Einen besonderen und von Art. 1382 C. civ. unabhängigen Begründungsansatz für eine deliktische Gewinnherausgabe hat der französische Zivilrechtler Boris Starck in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt. Zwar sei bei deliktischen Verhaltensweisen prinzipiell lediglich der dadurch entstandene Schaden zu kompensieren, doch sei davon eine Ausnahme zu machen, wenn der Schädiger mit faute lucrative („lukrativem Verschulden“) gehandelt habe194. Dann könne die Haftung ausnahmsweise die bloße Kompensation der zugefügten Schäden übersteigen195. Diese Theorie der faute lucrative prägt bis heute die Diskussion um die Zuordnung rechtswidrig erlangter Gewinne im französischen Recht196. 190
Kayser zieht hier eine Parallele zum Patentrecht, da es sich beim Patent ebenfalls um ein droit patrimonial handle, das durch die Lizenz teilweise auf einen Nutzer übertragen werden kann: Kayser, Protection de la vie privée, S. 183. 191 Kayser, Protection de la vie privée, S. 183. 192 Vgl. Serna, Anmerkung zu Cass. civ. 10.3.1999, S. 819–823, nach dem es sich beim Persönlichkeitsrecht um ein „droit de fructification“ handeln soll. Bei der Schadensersatzhaftung müsse deswegen der Schadensbegriff weit ausgelegt werden und alle gezogenen Früchte umfassen. Einen Schluss auf eine allgemeine Notwendigkeit der Gewinnabschöpfung bei Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zieht Serna jedoch nicht. Anders aber Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 154. 193 Vgl. Kayser, Protection de la vie privée, S. 183. 194 Starck, Responsabilité civile, S. 415–423. 195 Zwar wurde der Begriff der usucapio lucrativa bereits in der römischen Frühklassik verwendet und bezeichnete eine bewusste Bereicherung an fremdem Vermögen und damit ein anstößiges Verhalten, vgl. dazu Avenarius, Liber singularis regularum, S. 375. Ein Wirkungszusammenhang zwischen diesen Ansätzen und der Begriffsbildung der faute lucrative bei Starck besteht jedoch nicht. 196 Dabei hat Starck auf Gedankengut aus dem Seerecht (droit maritime) und dem Versicherungsrecht des frühen 20. Jahrhunderts zurückgegriffen, Starck, Responsabilité civile, S. 419–421. Auch hier sollten Vorgehensweisen mit Gewinnerzielungsabsicht zu Lasten eines Dritten im Ergebnis nicht profitabel sein. Die spezielle Rechtsfolge der Gewinnabschöpfung hat Starck hingegen selbst entwickelt: Im See- und Versicherungsrecht folgten auf die faute lucrative andere Sanktionen, wie ein Haftungsausschluss für den Vertragspartner (Cass. req. 5.6.1920, S. 1921.1.293) oder die Nichtigkeit des unter Einfluss von
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Das Ziel der Sonderhaftung für faute lucrative war die Abschreckung desjenigen, der sich rechtswidrig verhält und dadurch Gewinne erzielt. Dies hat Starck mit einer Bestrafung gleichgesetzt und unter dem Titel ‚Höhe der Strafe‘ (montant de la peine) erörtert, welchen Umfang der deliktische Schadensersatzanspruch haben solle. Die „Strafe“ könne den tatsächlich eingetretenen Schaden (préjudice) immer dann übersteigen, wenn der Verletzer mit faute lucrative einen Gewinn erwirtschaftet habe, die rechtsverletzende Gewinnerzielung ihm also vorwerfbar sei197. Je stärker die faute lucrative ausgeprägt war, desto höher sollte die zu zahlende „Strafe“ sein. Die verschiedenen Schweregrade hat Starck in Kategorien eingeteilt, um in jedem Fall eine effektive, aber nicht übermäßige Abschreckung zu erreichen. Neben der einfachen faute lucrative konnte der Verletzer mit faute lourde lucrative sowie dol lucratif (arglistige Gewinnerzielungsabsicht) gehandelt haben. Rechtsfolge der einfachen faute lucrative war (nur) die Abschöpfung des gesamten Nettogewinns, während der rechtswidrig Handelnde bei faute lourde lucrative und dol lucratif darüber hinaus einen Zusatzbetrag zahlen sollte, der durch das Doppelte des Gewinns als Maximalbetrag begrenzt war. Der tatsächlich erlangte Gewinn indizierte im Sinne Starcks also die Anspruchshöhe, es erfolgte jedoch eine nachträgliche Anpassung dieses Betrags an den Grad der Vorwerfbarkeit. Auch wenn Starck sie nicht als solche bezeichnet hat, erinnert diese Rechtsfolge eher an einen Strafschadensersatz als an eine bloße Gewinnherausgabe, kann sie den tatsächlich erlangten Gewinn, abhängig vom Grad der Vorwerfbarkeit, doch deutlich übersteigen. Mit dem Kriterium der faute lucrative hat Starck zwar erläutert, warum dem Verletzer der Gewinn nicht zusteht und weshalb er ihn deswegen abgeben muss. Er ist jedoch nicht darauf eingegangen, warum gerade der Verletzte den Gewinn erhalten soll. Suzanne Carval hat sich jüngst in ihrer Dissertation, in der sie sich mit den Formen eines möglichen Strafschadensersatzes im französischen Recht befasst hat, unter dem Titel der Zuordnung der Strafzahlung (attribution de la peine) mit dieser Frage befasst. Dem Kläger stehe der – allgemeine ebenso wie der von faute lucrative ausgelöste – Strafscha-
faute lucrative geschlossenen Vertrages (Cass. com. 27.11.1967, Bull. civ. N° 98), dazu Fasquelle, Fautes lucratives, S. 28; Méadel, Faute lucrative, S. 6. Erste Ansätze zu einem Strafschadensersatz für rechtswidrige Gewinnerzielung in vertraglichen Beziehungen finden sich ebenfalls im frühen 20. Jahrhundert bei Hugueney, Peine privée, S. 151: „l’élément pénal consistera, du point de vue du defendeur à être privé de toute heureuse fortune, du point de vue du demandeur à se voir assuré en quelque sorte“. 197 Starck, Responsabilité civile, S. 421–422: Dies bringe zwar die Gefahr mit sich, dass das Opfer ein Interesse daran habe, den Eingriff zu provozieren (S. 415). Wichtiger sei aber, dass der Schuldner bei faute lucrative, faute lourde lucrative und dol lucratif jedenfalls keinen Gewinn behalten dürfe (zu diesen Begriffen sogleich).
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densersatz zu, weil er den Rechtsbruch an die Öffentlichkeit gebracht habe198. Es soll sich also letztlich um eine Prämie für die Unterstützung des Staats bei der Rechtsdurchsetzung handeln199. Gehe der Strafschadensersatz über eine angemessene Prämie hinaus, so führe dies demzufolge zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Opfers. Der Strafschadensersatz stehe deswegen abzüglich der Prämie dem Staat zu. Damit ist nach Suzanne Carval die Haftung für faute lucrative kein zivilrechtlicher Gewinnausgleich, sondern vielmehr eine pönale, öffentlichrechtliche Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne, die mit der Zahlung eines Pauschalbetrags einhergeht, den der Rechtsverletzer an das Opfer, das die zuständige Behörde auf den mit faute lucrative erzielten Gewinn hingewiesen hat, zu zahlen hat. Dass Gewinne, die mit faute lucrative erzielt wurden, beim Schädiger abgeschöpft werden müssen, um diesen effektiv abzuschrecken, setzt Carval in ihren Ausführungen voraus200; insoweit geht sie nicht weiter als Starck in den vierziger Jahren. Die von Starck nicht erörterte Frage, ob gerade dem Verletzten der Gewinn zusteht, verneint sie. Dem Opfer stehe lediglich eine Prämie für die Anzeige des Unrechts zu. Dabei sei die Höhe der Prämie unabhängig vom Gewinn. Von einem allgemeinen Gewinnausgleich zwischen den Parteien kann somit auch in der neueren französischen Rechtswissenschaft keine Rede sein. Mit seiner Forderung, eine spezielle Haftung bei faute lucrative zu kodifizieren, ist Starck zwar bislang nicht durchgedrungen. Die französische Rechtswissenschaft hat die von ihm entwickelte Rechtsfigur aber in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Damit hat man sich weitgehend von einer „orthodoxen“201 deliktischen Haftung ausschließlich nach Schadensersatzgesichtspunkten entfernt202. Auch die Rechtsprechung bedient sich vermehrt der 198
Carval, Peine privée, S. 361–366. Dem folgt Rowan, Punitive damages, S. 337: „[…] diverting the full award to the state would divest the victim of any incentive to claim punitive damages“. 199 „La peine privée n’est pas forcément un enrichissement immérité… Cela se justifie aisément si l’on admet que le recours à ce type de sanction est, pour le législateur, le moyen de faire participer les individus à la tâche ingrate qui consiste à assurer le respect de la règle du droit. […] ils [sont] en quelque sorte, “payés“ de leurs services“, Carval, Peine privée, S. 362. 200 Carval, Peine privée, S. 68–72. 201 So Carval, Peine privée, S. 130: „Ceci ne peut être fait qu’en condamnant à restituer ses gains illégitimes ou à rendre compte des économies injustifiées qu’il a réalisées. Toutes choses que ne permet pas d’accomplir la mise en œuvre d’une responsabilité civile orthodoxe […]“. 202 Jedoch gibt es auch weiterhin Autoren, die jede Art der Berücksichtigung von Gewinnen im Deliktsrecht ablehnen. So hält die Zivilrechtlerin Muriel Fabre-Magnan eine Berücksichtigung des Gewinns bei der Ermessensausübung des Richters in jeder Konstellation für unzulässig, Fabre-Magnan, Droit des obligations, S. 376–379. Sie begründet dies mit dem allgemeinen Bereicherungsverbot. Das Opfer solle sich nicht auf Kosten des
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faute lucrative203. Weitgehend einig ist man sich heute über deren Definition. Es soll sich um ein absichtliches und lukratives Fehlverhalten (faute déliberément commise et profitable pour son auteur204) handeln. Subjektiv muss der Rechtsverletzer die Gewinnerzielung beabsichtigt haben und objektiv muss ein Gewinn vorliegen. Vereinzelt verzichten Rechtswissenschaftler auf das objektive Element und nehmen an, dass es genügt, wenn der Schädiger mit der Absicht gehandelt hat, einen rechtswidrigen Gewinn zu erzielen205. Andere verzichten auf das subjektive Element und setzen ein einfaches Verschulden und einen Gewinn voraus, was zu einem besonders umfangreichen Anwendungsbereich der Gewinnherausgabepflicht führt206. Jedoch wird auf die Differenzierungen kein besonderer Nachdruck gelegt, sodass im Ergebnis weithin eine Kombination beider Elemente vorausgesetzt wird. Als Rechtsfolge des lukrativen Verschuldens soll im Sinne der angestrebten Abschreckung (effet dissuasif) ein Strafschadensersatz (dommages-intérêts punitifs207) zu zahlen sein208. Die Verfasser des Avant-projet Catala von 2006, einem Entwurf für eine französische Schuldrechtsreform, haben in dessen Art. 1371 nun ausdrücklich eine Sonderhaftung in Form eines Strafschadensersatzes (dommagesintérêts punitifs) bei faute lucrative festgehalten209. Der Umfang des Strafschadensersatzes soll dabei keineswegs dem Gewinn des Schuldners entsprechen210. Solène Rowan hat vielmehr vorgeschlagen, dass die Höhe des StrafSchädigers bereichern; genau dies sei aber der Fall, wenn sein Anspruch über den bloßen Schadensausgleich hinausgehe, vgl. auch Fasquelle, Rapport introductif, S. 5; noch deutlicher De Moncuit, Faute lucrative, S. 17: „En restant accrochée au sacro-saint principe de réparation intégrale [...], elle [la responsabilité civile, K.B.] enfanta d’un monstre rationnel et rusé errant gaiement dans les couloirs du droit de la concurrence. Ce monstre porte désormais un nom, [...] faute lucrative“. 203 So etwa CA Paris 13.2.1971, JCP 71.II.16774; dazu Boyer/Roland/Starck, Obligations, Bd. I, S. 534–535, Rn. 1335–1337 und Carval, Peine privée, S. 130. 204 Grynbaum, Une illustration de la faute lucrative, S. 655. 205 Delebecque, Anmerkung zu CA Paris 15.9.1992, S. 99–100. 206 Anziani/Béteille, Rapport d’information, S. 80. 207 Dazu Chagny, Dommages et intérêts punitifs, S. 1224. 208 Vgl. Viney, Projet de réforme, S. 16. 209 Einen allgemeinen Überblick zum Avant-projet Catala verschaffen Viney, Présentation des textes, S. 9–16 und Fauvarque-Cosson, L’avant-projet français, S. 761–764; speziell zu Neuerungen im Deliktsrecht, vgl. Viney, Projet de réforme, S. 13–17. Kritisch Lambert-Faivre, Effets de la responsabilité, S. 164–165: „Il appartient au droit pénal de punir, et au civil de réparer […]. L’introduction dans notre droit civil de dommagesintérêts à caractère punitif nous semble contraire à notre philosophie du droit“. 210 Die Möglichkeit des Richters, den „Strafschadensersatz“ unmittelbar anhand des tatsächlich erlangten Gewinns zu berechnen und diesen Ermessensspielraum gesetzlich festzulegen, haben Rechtswissenschaftler zwar erkannt, aber nicht wahrgenommen, vgl. Jourdain, Rapport introductif, S. 4. Grund dafür ist, dass der weite Ermessensspielraum des Richters gewahrt bleiben soll, vgl. Rowan, Punitive damages, S. 333. Kritisch bezüg-
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schadensersatzes vom Gesamtvermögen des Rechtsverletzers abhängen soll211. Dahingegen hat sich ihre Kollegin Juliette Méadel für die zumindest graduelle Orientierung am konkret erlangten Gewinn des Rechtsverletzers eingesetzt212. Ganz überwiegend wird der Höhe des Gewinns jedenfalls nur eine kleine Rolle bei der Berechnung der dommages-intérêts punitifs eingeräumt. Dies hat Rowan mit dem Sinn und Zweck des Strafschadensersatzes begründet. Zwar könnten durch einen Strafschadensersatz effektiv Gewinne abgeschöpft werden. Im Verhältnis zum eigentlichen Zweck des Strafschadensersatzes, der Abschreckung, handle es sich dabei aber lediglich um eine Nebenwirkung213. Die Abschreckung solle primär effizient erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob dies eine Gewinnabschöpfung erfordere oder nicht214. Die im Avant-projet Catala vorgesehene Möglichkeit des Richters, einen Teil des Strafschadensersatzes der Staatskasse zuzuweisen, erinnert an eine strafrechtliche Sanktionierung215 und lässt die Bestimmbarkeit der Anspruchshöhe noch schwieriger erscheinen. Schließlich legt das Avant-projet Catala nicht fest, wann und in welcher Höhe Gewinne der Staatskasse zufließen sollen216. In Art. 54 des Avant-projet Terré217, einem Reformentwurf für das französische Haftungsrecht von 2011, wird als Rechtsfolge der faute lucrative kein Strafschadensersatz in Erwägung gezogen. Vielmehr schlagen die Verfasser einen restitutiven Schadensersatz (dommages-intérêts restitutoires) vor, der von der Höhe des Verletzergewinns abhängen soll218. Allerdings ist hiermit lich der Verfassungsmäßigkeit, insbesondere hinsichtlich der Wahrung des Bestimmtheitsgebots, Anziani/Béteille, Rapport d’information, S. 95–96. 211 Rowan, Punitive damages, S. 334–336 m.w.N. 212 Méadel, Faute lucrative, S. 8–9. Auch in der Erarbeitungsphase des Avant-projet Catala wurde dies geäußert, vgl. Fasquelle, Fautes lucratives, S. 28. 213 Rowan, Punitive damages, S. 336. 214 Nach Solène Rowan schreckt eine reine Gewinnabschöpfung in der Regel nicht effektiv ab. Der Rechtsverletzer habe wenig zu verlieren, wenn er lediglich die rechtswidrig erlangten Gewinne herauszugeben habe, vgl. Rowan, Punitive damages, S. 343–344. Den typischerweise beträchtlichen Eigenaufwand, der durch die Gewinnabschöpfung vergeblich wird, vernachlässigt Rowan in ihrer Argumentation. 215 Kritisch Méadel, Faute lucrative, S. 11 und Groupe de travail de la Cour de Cassation, Rapport sur l’avant-projet, Nr. 92. 216 Kritisch Rowan, Punitive damages, S. 337. 217 Zum Avant-projet Terré (abgedruckt in: Terré, Pour une réforme du droit de la responsabilité civile, S. 1–13) siehe Terré, Réforme du droit des obligations, S. VII. 218 Remy-Corlay, De la réparation, S. 199–201: „Sont seuls admis ici les dommages et intérêts que l’on pourrait qualifier de ‚restitutoires‘ et non les dommages et intérêts punitifs. La tendence française est certes de confondre ces deux types de dommages et intérêts qui tous deux dérogent au principe de réparation intégrale du préjudice en allouant un avantage à la victime du dommage. L’article 1371 du projet Catala-Viney les confond dans une même disposition [...]“. Zur Abgrenzung von restitutiver Haftung und Strafschadensersatz siehe auch Viney, Appréciation du préjudice, S. 90; Méadel, Faute lucrative, S. 12.
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nicht eine restitution im Sinne des common law gemeint. Zwar nehmen die Verfasser eine Abgrenzung zum Bußgeld (amende civile) vor, gleichwohl wird als einziger Grund für die dommages-intérêts restitutoires angeführt, dass Verhaltensweisen mit faute lucrative, soweit dies möglich ist, verhindert werden sollen. Ob der restitutive Schadensersatz im Sinne des Avant-projet Terré also inhaltlich vom Strafschadensersatz abweicht, bleibt zweifelhaft219. Die aktuelle französische Rechtswissenschaft thematisiert nur selten, warum einem Opfer ein (Straf-)Schadensersatz zustehen soll. Finden sich ausnahmsweise Hinweise auf die Frage, werden die Thesen Carvals herangezogen. Dem Opfer stehe der Strafschadensersatz in der Höhe einer angemessenen Entlohnung für sein Tätigwerden für den Staat zu. Im Übrigen solle er die dommages-intérêts punitifs nicht erhalten, da dies zu einer ungerechtfertigten Bereicherung führe220. Die Diskussion um die Rechtsfolgen der faute lucrative hat die Debatte um die Abschöpfung von Gewinnen in Frankreich angeregt. Hinweise auf eine selbständige Rechtsfolge der Gewinnabschöpfung, die nicht nur pönale Elemente besitzt, sind seit der Entstehung der Theorie der faute lucrative in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts jedenfalls nur vereinzelt feststellbar.
V. Ergebnisse Frankreich Die langjährige Kritik am französischen Recht, dass es keine Möglichkeit für den Ausgleich rechtswidrig erzielter Gewinne bereithalte221, hat in den vergangenen Jahren an Boden verloren. Gerade im Deliktsrecht und im Immaterialgüterrecht haben Juristen die Notwendigkeit einer Gewinnabschöpfung erkannt, weil sie sich zur Abschreckung rechtswidrig Handelnder eignet, wenn diese durch ihr Verhalten Gewinne erwirtschaftet haben, die die zu ersetzenden Schäden übersteigen. Die Sonderhaftung für faute lucrative steht in engem inhaltlichem Zusammenhang mit Abschreckungserwägungen. Der Rechtsverletzer haftet primär aufgrund seiner schuldhaften rechtswidrigen Gewinnerzielung und nicht, weil ihm der Gewinn wertmäßig nicht zusteht. Im französischen Fruchtziehungsrecht finden sich vergleichbare Wertungen. 219
Auch in der Kommentierung des Avant-projet Terré wird als Zielsetzung der dommages-intérêts restitutoires die Abschreckung genannt: „[L]a restitution à la victime du profit illicite retiré par l’auteur d’un délit civil quelconque vise à prévenir un calcul malicieux; la peine civile vise à dissuader de toute atteinte grave et délibérée à des intérêts que l’on juge fondamentaux, mais dont l’évaluation judiciare est nécessairement arbitraire en raison de leur nature extra-patrimoniale“, vgl. Remy-Corlay, De la réparation, S. 200. 220 Dabei wirft Rowan zwar die Frage auf, warum der Strafschadensersatz dem Staat eher zustehen soll als dem Opfer, beantwortet sie jedoch nicht, vgl. Rowan, Punitive damages, S. 337–338. 221 So etwa Zimmermann, Unjust enrichment, S. 420.
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Weiß der Besitzer, dass er Früchte aus einer fremden Sache zieht, so ist er – Zug um Zug gegen Aufwendungsersatz für die Fruchtziehung – zur Herausgabe der Früchte verpflichtet. Weiß er es hingegen nicht, so darf er die Früchte behalten. Die Schwäche der Theorie der faute lucrative liegt in der fehlenden Berücksichtigung der Anspruchsberechtigung des Rechtsinhabers. Sie bietet nämlich kein normatives Kriterium für die Frage, warum gerade dem Rechtsinhaber der Gewinn zustehen soll. Schließlich hätte er möglicherweise einen vergleichbaren Gewinn nicht selbst erzielt. Die Literatur hat verschiedene Argumente für eine solche Anspruchsberechtigung entwickelt, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten. So hat die französische Rechtswissenschaft bei der Veräußerung fremder Sachen nach einer Basis für die Zuordnung von Gewinnen gesucht. Zwar ist insbesondere die Cour de Cassation der Ansicht, dass der Erlös bei der Veräußerung fremder Sachen dem Veräußerer zusteht, um eine ungerechtfertigte Bereicherung des Eigentümers zu vermeiden222. Dem ist jedoch entgegengesetzt worden, dass der Veräußerer keinerlei Recht an der Sache habe, ihm das Surrogat dementsprechend auch nicht zustehe. Die Anspruchsberechtigung des Eigentümers, der den Gewinn verlange, solle sich dementsprechend aus seiner Rechtsposition, also aus seinem exklusiven Verwertungsrecht ergeben. Eine ähnliche Linie hat Michel Vivant jüngst im Immaterialgüterrecht verfolgt und die Anspruchsberechtigung des Verletzten aus seiner Rechtsposition hergeleitet. Bei Verletzungen des geistigen Eigentums setze eine vollständige Wiederherstellung des status quo ante auch die vollständige Wiedereinräumung der Rechtsposition voraus. Im Rahmen des Schadensersatzes müsse daher auch die entzogene Nutzungsmöglichkeit wiederhergestellt werden, was wiederum nur durch die Herausgabe der bei der Nutzung erlangten Gewinne möglich sei. Ein weiterer Begründungsansatz, der insbesondere im Immaterialgüterrecht Anhänger gefunden hat, qualifiziert den Gewinn des Rechtsverletzers als entgangenen Gewinn des Rechtsinhabers. Weil der Rechtsinhaber ein Monopol an seiner Rechtsposition habe, seien alle Gewinne, auch diejenigen, die ein anderer zieht, für ihn entgangene Gewinne – und zwar auch dann, wenn er sie selbst nicht erzielt hätte. Ein weiteres Argument, das für die Anspruchsberechtigung des Verletzten genannt wird, stammt von Suzanne Carval. Der Verletzte soll ein Recht auf den Gewinn haben, weil er den Fall an die Öffentlichkeit gebracht habe und sich insoweit für die Durchsetzung der Rechtsordnung eingesetzt habe. Der Gewinn sei letztlich nichts anderes als eine Prämie für dieses gesellschaftlich erwünschte Verhalten. Soweit der Gewinn das Maß einer angemessenen Prämie übersteige, bestehe kein An222
Anderes soll gem. Art. 1380 C. civ. nur gelten, wenn eine bereicherungsrechtlich geschuldete (fremde) Sache weiterveräußert wird. Dann soll der Verkaufserlös dem Eigentümer zustehen, der im Gegenzug den Veräußerer angemessen zu entlohnen hat.
V. Ergebnisse Frankreich
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spruch des Verletzten darauf und müsse er an die Staatskasse ausgezahlt werden223. Ein solcher Ansatz blendet ein Recht des Verletzten am Gewinn aus und ist damit unzulänglich. Beim Gewinnausgleich geht es nicht nur darum, dem Rechtsverletzer den Anreiz zu rechtswidrigen Gewinnerzielungen zu nehmen und verletzten Rechtsinhabern einen Anreiz zu geben, zur Rechtsdurchsetzung beizutragen. Es geht um eine gerechte Zuweisung von Gewinnen nach Maßgabe des Aufwands und der Rechte, mit denen sie erzielt wurden. Schließlich bildet die besondere Vertrauensbeziehung zwischen den Parteien ein mögliches Argument für die Abschöpfung von Gewinnen im französischen Recht. Im Rahmen ihrer Privatautonomie gehen die Parteien aufeinander zu und bauen – unabhängig von der Frage, ob ein Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist – ein besonderes Vertrauensverhältnis auf224. Die Partei, die die Vertrauensbeziehung bewusst und gezielt gewinnbringend ausnutzt, soll ihre Gewinne herausgeben, da ihr Verhalten in Anbetracht der Vertrauensbeziehung als besonders verwerflich eingestuft werden muss. Im Lichte dieser Argumentation lässt sich auch die Differenzierung zwischen der Veräußerung fremder und bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen verstehen. Während bei der Veräußerung fremder Sachen bis zur Verletzungshandlung typischerweise kein Rechtsverhältnis besteht, kann in Fällen des Art. 1380 C. civ. ein solches angenommen werden. Zwar ist kein Vertrag zustande gekommen. Die Parteien haben sich jedoch auf einen Vertragsschluss eingelassen, der freilich an einem Nichtigkeitsgrund gescheitert ist. Damit haben sie eine rechtlich schützenswerte Vertrauensbeziehung zueinander aufgebaut. Der bösgläubige Bereicherungsschuldner soll daher verpflichtet sein, den Erlös herauszugeben, wenn er die Sache veräußert hat und sie deswegen nicht mehr herausgeben kann. Im Gegenzug hat er ein Recht auf einen angemessenen Aufwendungsersatz. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das französische Recht an verschiedenen Stellen Begründungsansätze entwickelt hat, weshalb bestimmte Gewinne umverteilt werden müssen. Eine umfassende und systematisierende Analyse dieser Ansätze ist (bislang) jedoch nicht erfolgt.
223 224
Siehe oben § 1 IV 3. Siehe oben § 1 I 1 b), IV 1.
§ 2 Niederlande Die Frage, ob und in welchem Umfang Gewinne herausgegeben werden müssen, hat in den Niederlanden in den vergangenen Jahrzehnten besondere Aufmerksamkeit erfahren. Zwar finden sich kaum umfangreich systematisierende Beiträge zu einem Anspruch auf Gewinnherausgabe im Allgemeinen1. Auffallend intensiv ist aber die Auseinandersetzung mit der Problematik in einzelnen Rechtsgebieten, insbesondere dem Schadens- und Immaterialgüterrecht2. Art. 6:104 BW 3 dient dem niederländischen Zivilrecht als allgemeine schadensrechtliche Gewinnausgleichsregelung. Dabei handelt es sich nicht um einen ausdrücklichen Anspruch auf Gewinnherausgabe, sondern um das Recht des Richters, auf Antrag des Verletzten den Schaden anhand des Verletzergewinns zu berechnen. Die 1992 eingeführte Regelung hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine umfassende richterrechtliche Konkretisierung erfahren4. Weitere Gewinnabschöpfungstatbestände bestehen im Immaterialgüterrecht. Die hier vorgesehenen Anspruchsgrundlagen (Art. 27a I Auteurswet (Aw), Art. 70 V Rijksoctrooiwet (ROW), Artt. 2.21 IV, 3.17 IV Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom (BVIE)) gehen über den Regelungsgehalt des Art. 6:104 BW hinaus. In Fällen der Immaterialgüterrechtsverletzung wird der Gewinn nicht nur als Indiz für einen – möglicher1
Eine Ausnahme bildet Linssen, Voordeelsafgifte en ongerechtvaardigde verrijking. Deurvorst, Schadevergoeding, S. 169–215; Herrmann, Afgifte van winst, S. 3–25; Bloembergen, Schadevergoeding, S. 94–100; Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 143–154. 3 Art. 6:104 Burgerlijk Wetboek: „Indien iemand die op grond van onrechtmatige daad of een tekortkoming in de nakoming van een verbintenis jegens een ander aansprakelijk is, door die daad of tekortkoming van een verbintenis jegens een ander aansprakelijk is, door die daad of tekortkoming winst heeft genoten, kan de rechter op vordering van die ander de schade begroten op het bedrag van die winst of op een gedeelte daarvan“. Übersetzung K.B.: Wenn jemand, der wegen einer widerrechtlichen Handlung oder eines pflichtwidrigen Verhaltens in einem Schuldverhältnis schadensersatzpflichtig ist, durch sein widerrechtliches oder pflichtwidriges Verhalten einen Gewinn erlangt hat, kann der Richter auf Antrag des Geschädigten den Gewinn oder einen Teil davon als Schaden veranschlagen. 4 Insbesondere HR 24.12.1993, RvdW 1994, 17; HR 18.6.2010, LJN BL9662; HR 18.6.2010, LJN BM0893 und jüngst Hof Amsterdam, 28.1.2014, ECLI:NL:GHAMS: 2014:222. Dazu mehr unter § 2 V 3 und 4. 2
I. Rechtshistorischer Überblick
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weise schwer nachweisbaren – Schaden verwendet, sondern er kann als solcher alternativ oder gegebenenfalls sogar zusätzlich zum Schadensersatz herausverlangt werden. Aufgrund der nur vereinzelten systematischen Auseinandersetzung mit Fragen des Gewinnausgleichs treten allerdings bereits bei der Begriffsbildung Probleme auf. Ganz allgemein – auch für die bloße Schadensberechnung anhand des Gewinns – wird in der Regel der Begriff winstafdracht (Gewinnabtretung) verwendet5. Der Begriff des Gewinns ist dabei umstritten geblieben. Gerade die neuere Rechtsprechung hat einen weiten Gewinnbegriff verwendet6. Gewinn soll nicht lediglich der tatsächliche Erlös abzüglich der Kosten des Rechtsverletzers sein, sondern jeder durch ihn erlangte geldwerte Vorteil. Dies hat zu einer neuen allgemeineren Terminologie der voordeelsafgifte7 (Vorteilsherausgabe) geführt, die jüngst auch das höchste niederländische Gericht, der Hoge Raad, in einer Entscheidung verwendet hat8.
I. Rechtshistorischer Überblick Bei den soeben dargestellten Normen handelt es sich um gesetzliche Neuregelungen der vergangenen dreißig Jahre. Die Frage stellt sich, ob sie als wirkliche Neuschöpfungen verstanden werden müssen, die Ergebnis akuter lobbyistischer Einflüsse in Europa sind, oder aber ob es sich vielmehr um Resultate eines Prozesses handelt, der bereits viel früher eingesetzt hat. Vor der französischen Besatzungszeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte in den Niederlanden über zwei Jahrhunderte das römisch-holländische Recht gegolten 9. Seit dem frühen 19. Jahrhundert bestand dann ein erheblicher französischer Einfluss auf das niederländische Privatrecht. Nach der französischen Annektion der südlichen Niederlande (dem heutigen Belgien) 5
So verwendet der Hoge Raad in HR 24.12.1993, RvdW 1994, 17 für Fälle des Art. 6:104 BW durchgängig den Begriff winstafdracht, obwohl zentrale Aussage der Entscheidung ist, dass Art. 6:104 BW dem Richter nur die Befugnis einräumt, zur Berechnung des Schadens den Gewinn heranzuziehen. Ein alternativer Begriff ist winstafroming (eher: Gewinnabschöpfung), siehe van Boom, Twee arresten, S. 118–125. 6 HR 18.6.2010, LJN BL9662. Die Entscheidung betrifft Art. 6:104 BW. Die hier erfolgte Einordnung des Gewinnbegriffs wird aber gemeinhin auch auf die bei Verletzungen geistigen Eigentums erzielten Gewinne übertragen, Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 129– 130. 7 Diese Begrifflichkeit wurde schon in den 1990er Jahren geprägt, Linssen, Voordeelsafgifte, S. 453–648; kritisch in Bezug auf die durch einen weiten Begriff der voordeelsafgifte verursachte Rechtsunsicherheit Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 129. 8 HR 18.6.2010, LJN BL9662, kritisch Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 68. 9 Dazu ausführlich Zimmermann, Römisch-holländisches Recht, S. 9–58.
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§ 2 Niederlande
im Jahr 1795 trat dort 1804 der Code civil in Kraft. Die nördlichen Niederlande waren 1795 zwar auch besetzt, nicht jedoch annektiert worden und blieben als Bataafse Republiek unabhängig, sodass sich der französische Herrscher Napoleon Bonaparte nicht mit seinem Bestreben durchsetzen konnte, den Code civil auch hier einzuführen. 1806 wurden die nördlichen Niederlande zu einem Königreich unter der Herrschaft des Bruders Napoleons, Ludwig. Dieser veranlasste – entgegen den Wünschen seines Bruders – den Entwurf eines ersten niederländischen Zivilgesetzbuchs (Wetboek Napoleon, ingerigt voor het koninkrijk Holland), welches sich zwar strukturell und inhaltlich am Code civil orientierte, jedoch an die niederländischen Gegebenheiten angepasst war. Durch sein Inkrafttreten 1809 fand die Geltung des altniederländischen Rechts ein Ende10. 1811 annektierte das französische Kaisserreich schließlich doch die nördlichen Niederlande, sodass der Code civil nun auch hier in Kraft trat11. Trotz des frühen Endes der napoleonischen Herrschaft im Jahr 1813 und verschiedener Entwürfe für ein eigenständiges niederländisches Zivilgesetzbuch12 in den folgenden Jahren galt der Code civil in den Niederlanden noch bis 1838. Erst dann wurde er durch das Burgerlijk Wetboek abgelöst, welches sich aber stark an den bis dahin geltenden Regelungen des Code civil orientierte13. In dieser Form bestand das Wetboek bis 1992, der Einfluss der französischen Rechtswissenschaft schwand jedoch. Die niederländischen Juristen orientierten sich zunehmend an der historischen Schule Savignys14 und der deutschen Dogmatik15. Mit dem 1992 in Kraft getretenen und von Eduard Meijers verfassten neuen Burgerlijk Wetboek löste sich der niederländische Gesetzgeber dann endgültig von der französischen Tradition16. Anhand rechtsvergleichender Stu10
Zur Geschichte der Zivilrechtskodifikationen in den Niederlanden ausführlich Lokin, Die Aufnahme des Code Civil, S. 933–937 und Moorman van Kappen, Einfluß des Code civil, S. 181–202. 11 Vgl. Lokin, Die Aufnahme des Code Civil, S. 937. 12 Insbesondere muss hier auf die Entwürfe von Johan de Bosch Kemper (Ontwerp Burgerlijk Wetboek 1816 und 1820) hingewiesen werden. Kemper griff bei ihrer Erstellung auf das römisch-holländische Recht zurück. Dazu Cleveringa, De ontwerpen 1816 en 1820, S. 277–306 und van Brakel, Totstandkoming, S. 307–326. 13 Asser, Nederlandsch burgerlijk wetboek (1838); der Entwurf von Johan de Bosch Kemper aus dem Jahr 1820 wurde dagegen abgelehnt, de Bosch Kemper, Ontwerp BW, S. V–VII. 14 Durch die Lehren Savignys inspiriert hat beispielsweise Gerhardus Diephuis in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das dreizehnteilige „Het Nederlands burgerlijk recht“ geschrieben, eine nach deutschen Kategorien systematisierende Darstellung des geltenden niederländischen Rechts. 15 Lokin, Die Aufnahme des Code Civil, S. 946. 16 Zur Entstehungsgeschichte der Kodifikation Braams/Hondius, Europäisches Haftungsrecht, S. 3–15.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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dien hatte Meijers ein neues, genuin niederländisches Recht verfasst. Es vermag dann auch nicht zu verwundern, dass das niederländische Recht in Fragen der Gewinnabschöpfung gerade in den vergangenen Jahrzehnten eigene Wege gegangen ist.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe Die niederländische Rechtsliteratur diskutiert den Gewinnausgleich an verschiedenen Stellen17. In Bezug auf das Eigentum sowie auf Immaterialgüterrechte – wo eine solche Analyse besonders ausführlich stattgefunden hat – soll im Folgenden erörtert werden, ob möglicherweise Parallelen im Schutzumfang bestehen. Daran schließt die Untersuchung an, inwiefern sich daraus eine einheitliche Konzeption des Gewinnausgleichs im niederländischen Recht ableiten lässt. 1. Eigentumsverletzungen Nach Art. 5:1 BW ist das Eigentum „das umfassendste Recht, das eine Person an einer Sache haben kann“18. Es gewährt ein absolutes Nutzungs- sowie ein Fruchtziehungsrecht. Bedeutet dies aber, dass dem Eigentümer uneingeschränkt alle Vorteile aus der Sache zustehen, dass er also ein Forderungsrecht gegenüber demjenigen hat, der mit der Sache einen Gewinn erzielt hat? Das ist insbesondere dann fraglich, wenn ein solcher Gewinn nicht allein durch die Anmaßung von Eigentümerbefugnissen erzielt wurde, sondern auch auf anderen Faktoren beruht, wie etwa der Geschäftstüchtigkeit des Gewinnerzielenden. a) Fruchtziehung An gezogenen Früchten können verschiedene Interessen bestehen. Einerseits kann der Eigentümer Rechte geltend machen. Wenn aber nicht der Eigentümer selbst, sondern ein Besitzer die Früchte gezogen hat, kann andererseits auch dieser die Früchte für sich beanspruchen. Gerade wenn die Früchte mit besonderem Einsatz gezogen wurden, erscheinen Rechte von Nichteigentümern an den Früchten durchaus vertretbar. Nach Art. 5:1 BW hat der Eigentümer in den Niederlanden das Recht, aus seiner Sache Früchte zu ziehen. Befindet sich die Sache aber bei einem gut17
Eine umfangreiche Aufzählung solcher Situationen findet sich bei Linssen, Voordeelsafgifte, S. 585–628. Dabei beschreibt Linssen die Problemfälle allerdings im Allgemeinen und geht nicht auf deren spezifische Lösungen im niederländischen Recht ein. 18 Art. 5:1 BW: „Eigendom is het meest omvattende recht dat een persoon op een zaak kan hebben“.
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§ 2 Niederlande
gläubigen Dritten, so sollen diesem gem. Art. 3:120 I BW die natürlichen Früchte der Sache zustehen19. Dabei sind nach Art. 3:9 BW Früchte natürlich, wenn sie nach der Verkehrsauffassung als Früchte betrachtet werden20. Ist der Besitzer der Sache hingegen bösgläubig, so ist er nach 3:121 I BW zur Herausgabe der Sache sowie der natürlichen Früchte an den Eigentümer verpflichtet21. Dabei kann er die Kosten, die er zur Fruchtziehung aufgewendet hat, gem. Art. 3:121 II BW nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung ersetzt verlangen22. Zusätzlich haftet er deliktisch für eventuell zugefügte Schäden23. Eine solche Zuordnung von Früchten ist im niederländischen Recht nicht immer anerkannt gewesen. Nach Hugo Grotius, dem wohl bekanntesten Vertreter des niederländischen Naturrechts im 17. Jahrhundert24, standen dem gutgläubigen Besitzer die Früchte, die er aus der Sache gezogen hatte (fructus rei), nicht zu. Anderes sollte nur gelten, wenn er Früchte ausschließlich durch seinen eigenen Fleiß erzielt hatte (fructus industriae)25. Hierauf hatte der Entwurf für das Bürgerliche Gesetzbuch von 182026 aufgebaut, der das altniederländische Recht zu kodifizieren suchte. Nach Art. 1126 II Ontwerp BW (1820) sollte der Besitzer unabhängig von seiner Gut- oder Bösgläubigkeit alle Früchte herausgeben. Nur der Bösgläubige sollte nach Art. 1126 II Ontwerp BW (1820) darüber hinaus auch die Früchte ersetzen, die er hätte ziehen können. Die französische Prägung durch die napoleonische Besatzungszeit und insbesondere die Geltung des Code civil von 1811 bis 1814 führten jedoch dazu, dass die Wertungen des altniederländischen Rechts in der Frage der Zuordnung von Früchten in den Hintergrund traten. Parallel zu Art. 549 C. 19
Diese Regelung bestand auch schon vor Erlass des neuen Burgerlijk Wetboek in Form des Art. 630 I BW (1838). Durch den Verweis in Art. 6:206 BW (1992) gilt sie heute auch für Früchte, die der gutgläubige Bereicherungsschuldner zieht. Hiermit wollte der Gesetzgeber Einheitlichkeit gewährleisten, da der Kondiktionsgläubiger häufig alternativ vindizieren könne, vgl. van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 813: „[D]e verhouding tussen de betaler en de ontvanger van een zonder rechtsgrond gegeven zaak [zal] veelal die zijn van eigenaar en bezitter“. 20 Reehuis/Heisterkamp, Goederenrecht, S. 10. 21 BW Tekst&Commentaar/Rank-Berenschot, Art. 3:121, Nr. 2. 22 Asser/Davids/Mijnssen/van Velten/Bartels, Handleiding, Zakenrecht15, S. 121; BW Tekst& Commentaar/Rank-Berenschot, Art. 3:121, Nr. 3. 23 Meijers, Ontwerp Toelichting boek 3, Art. 3.5.15. 24 Ausführlich Feenstra, Hugo Grotius, S. 1–103; ebenso Hamza, Privatrecht in Europa, S. 61–62. 25 Grotius, De jure belli ac pacis, liber II, caput X, § 4. In dieser Frage wich Grotius von seiner eigenen Darstellung des niederländischen Rechts im 17. Jahrhundert ab, nach dem dem gutgläubigen Besitzer der Wert der Früchte zustand, wenn er sie im Zeitpunkt der Vindikation bereits verbraucht hatte, siehe ders., Inleiding, liber II, caput VI. 26 De Bosch Kemper, Ontwerp Burgerlijk Wetboek 1820.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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civ., der während der Erarbeitungszeit des Burgerlijk Wetboek noch vierundzwanzig Jahre nach dem Ende der französischen Besatzung in den Niederlanden gegolten hatte, sollte auch nach Art. 630 BW (1838) der gutgläubige Besitzer die gezogenen Früchte behalten dürfen 27 und im Übrigen nicht haften28. Nach Art. 634 I BW (1838) hatte der bösgläubige Besitzer 29 eine Pflicht zur Herausgabe aller Früchte30. Im Gegenzug konnte er nach Art. 634 II BW (1838) seine Kosten für die Fruchtziehung ersetzt verlangen, weil die Kostentragungspflicht stets demjenigen auferlegt werden sollte, der die Früchte letztlich erhielt31. Dabei unterschied das Gesetz dreierlei Arten von Früchten: „natürliche“ Früchte (natuurlijke vruchten), Früchte des Fleißes (vruchten van nijverheid) sowie „bürgerliche“ Früchte (burgerlijke vruchten)32. Während Erstere natürlicherweise aus der Sache entstandene Früchte bezeichneten (etwa Äpfel am Baum), handelte es sich bei Zweiteren um gezogene Nutzungen (etwa durch die Bestellung eines Feldes) und bei Letzteren gem. Art. 558 III BW (1838) um den Miet- oder Pachtzins, Renten oder Zinsen. Die Rechtsprechung empfand die umfangreiche Haftung des bösgläubigen Besitzers für jede Art von Früchten jedoch als ungerecht und hat deswegen den Begriff der Frucht in Art. 634 BW (1838) regelmäßig eng als natürliche Frucht ausgelegt33. Die Diskrepanz von Gesetz und Rechtsprechung sollte im neuen Burgerlijk Wetboek durch den Art. 3:9 BW aufgelöst, zumindest aber reduziert 27
Zur Begründung schrieb der führende niederländische Privatrechtswissenschaftler Carel Asser: „Deze bepaling is te zeer op regt en billijkheid gegrond, dan dat zij eene toelichting of regtvaardiging vereischt“, Asser, Nederlandsch burgerlijk wetboek, S. 249. Diese Begründung überrascht, waren die Artt. 630, 634 BW (1838) bei ihrem Erlass doch nicht unumstritten. 28 Art. 630 I BW (1838) schließt eine darüber hinausgehende deliktische Haftung nach Art. 1401 BW (1838) aus, Drion, Betekenis van het bezit, S. 124. 29 Besitzer ist nach niederländischem Recht nur der Eigenbesitzer. Um ungerechte Ergebnisse zu vermeiden, wurde der Besitz in Art. 634 BW (1838) aber weit ausgelegt. Auch Fremdbesitzer waren von der Haftung nach Art. 634 BW (1838) umfasst, Drion, Betekenis van het bezit, S. 124. 30 Asser, Handleiding II, S. 117–118; de Witte van Citters, De mala fide, S. 39–40. Dies hatte bereits seit 1809 gegolten, vgl. Art. 445 Wetboek Napoleon (1809). 31 Zwar war dies nicht ausdrücklich geregelt, wohl aber aufgrund von Billigkeitserwägungen allgemein anerkannt, Pitlo, Zakenrecht, S. 166; Schoordijk, Vermogensrecht, S. 392–393. So galt auch nach Art. 632 BW (1838) für den gutgläubigen Besitzer, dass er seine Aufwendungen nicht ersetzt verlangen konnte, wenn er die Früchte behielt. 32 Es handelt sich hierbei um eine französischstämmige Differenzierung (Artt. 583–584 C. civ.), die bereits in den Artt. 472–473 des Wetboek Napoleon (1809) galt. 33 So lehnten die Richter in Rb. ‘s-Gravenhage, 14.1.1936, NJ 1937, 193 bei einer patentwidrigen Gewinnerzielung die Einordnung des Gewinns als Frucht im Sinne des Art. 634 BW (1838) mit der Begründung ab, dass es sich nicht um eine natürliche Frucht handle, um so den Anwendungsbereich des Art. 634 BW (1838) zu begrenzen, vgl. dazu Linssen, Voordeelsafgifte, S. 430.
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§ 2 Niederlande
werden, indem der Begriff der Frucht nur noch als Überbegriff für „natürliche“ und „bürgerliche“ Früchte verwendet wurde. Bei Bösgläubigkeit sollte der Besitzer nunmehr nach Art. 3:121 I BW ausdrücklich die „natürlichen“ sowie die „bürgerlichen“ Früchte herausgeben; nicht mehr also, wie in Art. 634 I BW (1838) vorgesehen gewesen war, alle Früchte. Diese Verengung des Wortlauts ist unmittelbar nach Erscheinen der Entwürfe des neuen Gesetzes kritisiert worden34. Die Kritik blieb aber ohne Erfolg. 1992 wurde Art. 3:121 BW im neuen Burgerlijk Wetboek erlassen. Huib Drion hatte bereits in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf Grundlage der Systematik von Eigentum und Früchten in Art. 634 I BW (1838) eine Theorie des Gewinnausgleichs entwickelt. Drion ging davon aus, dass der bösgläubige Besitzer alle erlangten Früchte herausgeben müsse: Denn der bösgläubige Besitz sei lediglich eine spezielle Form deliktischen Verhaltens. Aufgrund rechtswidrigen Verhaltens erlangte Gewinne dürften aber nicht beim Rechtsverletzer verbleiben 35. Insoweit eigne sich Art. 634 I BW (1838) für die Herleitung eines allgemeinen Anspruchs auf Gewinnherausgabe, der kumulativ zum regulären Schadensersatz verlangt werden könne36. Damit hat Drion die sachenrechtliche Wertung, dass der Eigentümer im niederländischen Recht ein eingeschränktes Recht an den Vorteilen aus seiner Sache hat (Artt. 3:120 I, 3:121 I BW), auf weitere Rechtsbereiche übertragen. Dabei hat er die umfassende Rechtsstellung des Eigentümers durch Vertrauensschutzerwägungen eingeschränkt, indem der gutgläubige Besitzer ein Nutzungsrecht37 sowie das Recht haben sollte, eventuelle Früchte der Sache zu behalten. Vom Bösgläubigen sollte der Eigentümer hingegen die mit der Sache erzielten Vorteile herausverlangen können, soweit es sich dabei um natürliche oder „bürgerliche“ Früchte der Sache handle. Auch diesen Anspruch hat er eingeschränkt, denn der Bösgläubige sollte – jedenfalls teilweise – seine Kosten von dem herauszugebenden Gewinn abziehen können. Die Theorie Drions hat zwar letztlich keine Anerkennung gefunden. Dennoch hat sie bis heute Anhänger in der niederländischen Rechtswissenschaft38, und
34
Drion, Betekenis van het bezit, S. 125. Drion, Betekenis van het bezit, S. 125. 36 Zustimmend van Nispen, Rechterlijk verbod, S. 18. Kritisch Deurvorst, Schadevergoeding, S. 172: „De gedachte dat de winst van de inbreukmaker naar analogie van artikel 634 BW (oud) als de ‚vrucht‘ van het intellectuele eigendomsrecht moet worden beschouwd lijkt mij echter erg ver gezocht“. 37 Dieses Nutzungsrecht wird aus der Wertung der Artt. 3:120 I, 3:121 BW (1992) hergeleitet, um zu vermeiden, dass der Besitzer eine Nutzungsgebühr für die Fruchtziehung an den Eigentümer bezahlen muss, Snijders/Rank-Berenschot, Goederenrecht, S. 105–107. 38 Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 70; Linssen, Voordeelsafgifte, S. 427– 431. 35
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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vereinzelt ist ihr in Fragen des Urheber- und Patentrechts sogar die Rechtsprechung gefolgt39. b) Veräußerung fremder Sachen Die Frage, ob im niederländischen Recht der Eigentümer nach der Veräußerung seiner Sache vom Veräußerer den Erlös herausverlangen kann, birgt Schwierigkeiten, da der aus dem französischen Recht stammende diesbezügliche Mangel an Problembewusstsein über Jahrzehnte hinweg auch im niederländischen Rechtsdiskurs bestand40. Nach der altniederländischen Rechtstradition, die insbesondere Hugo Grotius geprägt hatte, sollte derjenige, der eine fremde Sache in der Annahme veräußerte, es sei seine eigene, dem Eigentümer die Differenz von Veräußerungserlös und Einkaufspreis herausgeben41; (nur) in der Höhe dieser Differenz sei der Verkäufer nämlich ungerechtfertigt bereichert. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob Grotius an dieser Stelle dem Eigentümer tatsächlich Gewinne aus der Sache zuschreiben wollte: An anderer Stelle hat er nämlich erklärt, dass der gutgläubige Besitzer Früchte des Fleißes (fructus industriae) nicht herausgeben müsse42. Ein hoher Veräußerungserlös kann aber durchaus durch Fleiß erlangt werden. Die Differenz von Erlös und Einkaufspreis ist zwar keine Frucht im engeren Sinne. Dennoch ist die Interessenlage hinsichtlich des Veräußerungsaufwands und des Fruchtziehungsaufwands durchaus vergleichbar. Damit kann Grotius bei der Veräußerung fremder Sachen nur gemeint haben, dass zufällige Verkaufsgewinne abgeschöpft werden müssen, weil diese keine fructus industriae sind. Vielmehr hat Grotius sie als bloße fructus rei eingeordnet, die den Veräußerer ungerechtfertigt bereichern, und deswegen dem Eigentümer zustehen. Diese Herangehensweise – die Verpflichtung zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten, soweit hierin eine ungerechtfertigte Bereicherung liegt – erinnert an den später eingeführten Art. 1399 BW (1838). Nach dieser Regelung sollte derjenige, der eine an ihn rechtsgrundlos geleistete Sache weiterveräußert hatte, dazu verpflichtet sein, den Erlös herauszugeben 43. Eine solche Regelung bestand für die durch Veräußerung unmöglich gewordene Vindikation nicht. Art. 1481 BW (1838) ordnete zwar an, dass Ersatzansprüche abzutreten seien, wenn eine geschuldete Sache nicht mehr herausgegeben werden könne. Hier war aber ausdrücklich von Schadensersatzansprüchen die Rede, die an die Stelle einer untergegangenen Sache getreten waren. Eine 39
So Hof Arnhem, 19.2.1969, NJ 1970, 388, Bloembergen, Onrechtmatige Daad, Bd. II, S. 74b, 76b m.w.N. 40 Siehe oben § 1 I 1 a). 41 Grotius, De jure belli ac pacis, liber II, caput X, § 8. 42 Grotius, De jure belli ac pacis, liber II, caput X, § 4. 43 Dazu sogleich ausführlich § 2 II 1 c).
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§ 2 Niederlande
Pflicht zur Herausgabe des an die Stelle der Sache getretenen Erlöses bestand also nicht. Die Rechtslage gestaltete sich nach den allgemeinen Vorschriften. Konnte der bösgläubige Besitzer die Sache nicht mehr herausgeben, so hatte er gem. Artt. 634 III, 1480 BW (1838) den Wert der Sache zu ersetzen. Zwar konnte sich der Besitzer durch den Nachweis entlasten, dass ihm der Untergang nicht vorwerfbar war und die Sache auch beim Eigentümer untergegangen wäre. Veräußert man aber eine fremde Sache im Wissen, dass sie fremd ist, so muss eine solche Entlastung ausscheiden. E contrario galt für den gutgläubigen Besitzer, dass er den Wert der veräußerten Sache nicht ersetzen musste. Zwar kam generell eine Haftung des gutgläubigen Besitzers in Betracht, wenn er sich in Bezug auf die Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache nicht entlasten konnte. Veräußerte er die Sache aber in der irrigen Annahme, es sei seine eigene, ohne dass ihm dies vorwerfbar war, so konnte er sich entlasten und die Haftung schied aus44. Auch eine Anspruchsgrundlage für eine Pflicht zur Herausgabe eines eventuellen (rechtsgeschäftlichen) Surrogats nach gutgläubiger Veräußerung einer fremden Sache bestand – und besteht bis heute – jedenfalls außervertraglich45 nicht und ist von der Literatur stets kritisch gesehen worden46. Die Beurteilung des Grotius, dass dem Eigentümer wenigstens die Differenz zwischen Erlös und Einkaufspreis zustehe, wenn der Besitzer gutgläubig sei, hatte sich nicht in der Kodifikation von 1838 manifestiert. Damit war die Rechtslage bei der gutgläubigen Veräußerung fremder Sachen über Jahre hinweg ebenso erstaunlich wie in Frankreich47: Der gutgläubige Veräußerer konnte den gesamten Erlös behalten, weil der Eigentümer zum einen mangels Verschuldens keinen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer hatte und zum anderen im niederländischen Recht kein Anspruch auf Erlösherausgabe bestand.
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Pitlo, Zakenrecht2, S. 167. Im Vertragsrecht ist die Pflicht zur Herausgabe des Surrogats heute in Art. 6:78 BW festgelegt. Dazu ausführlich Linssen, Voordeelsafgifte, S. 433–452. Allerdings muss das Surrogat nur dann herausgegeben werden, wenn die ursprünglich geschuldete Sache unverschuldet nicht mehr herausgegeben werden kann, vgl. Spath, Zaaksvervanging, S. 330 und Linssen, Voordeelsafgifte, S. 433–434. Hat der Veräußerer die Unmöglichkeit zu vertreten, etwa weil ihm bekannt war, dass es sich um eine fremde Sache gehandelt hat, so haftet er nach deliktischen Vorschriften auf Schadensersatz. Ferner ist der Anspruch nach Art. 6:78 BW stets auf den Betrag des Vermögensminus auf Seiten des Eigentümers beschränkt. Sobald das Surrogat also den Wert der Sache übersteigt, ist nur der Wert zu ersetzen. 46 Vgl. Hammerstein, Zaaksvervanging, S. 88: „Zuiver theoretisch is er geen bezwaar tegen [...] reële subrogatie in het eigendomsrecht [...]. Niettemin ben ik van oordeel dat het recht van eigendom zich het minst van alle subjective rechten leent voor toepassing van zaaksvervanging“; ebenso bereits Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 192–193. Für die Einführung eines Grundprinzips der dinglichen Surrogation in das niederländische Recht aber jüngst Spath, Zaaksvervanging, S. 399. 47 Vgl. § 1 I 1 a). 45
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Durch die Einführung des Art. 6:104 im neuen Burgerlijk Wetboek von 1992 hat sich die Rechtslage geändert. Veräußert jetzt jemand eine fremde Sache und schädigt dadurch den Eigentümer, so ist er gem. Art. 6:162 BW zwar weiterhin zu Schadensersatz verpflichtet, wenn er die Rechtsverletzung zu vertreten hat. Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs kann allerdings gem. Art. 6:104 BW anhand des Gewinns, also des Erlöses des Veräußerers berechnet werden48. Die Frage nach der Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne bei der Veräußerung fremder Sachen entscheidet sich damit auf subjektiver Ebene. Eine Haftung auf den Gewinn kommt immer nur dann in Betracht, wenn dem Veräußerer wenigstens Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann, da ansonsten ein deliktischer Anspruch ausgeschlossen ist. Durch die Einführung des Art. 6:104 BW wurde die Lösung problematischer Fälle bei Verfügungen über fremde Sachen damit dem Richter übertragen: Es liegt in seinem Ermessen, ob er dem Eigentümer den Erlös oder den Wert seiner Sache zuspricht, den Art. 6:104 BW also anwendet oder nicht. Die Rechtsprechung hat diesen Ermessensspielraum bislang nicht weiter konkretisiert: Vergeblich sucht man nach Entscheidungen, in denen eine Eigentumsverletzung mit einem Schadensersatzanspruch nach Art. 6:104 BW sanktioniert wird49. Art. 6:104 BW greift mangels Verschuldens nicht bei der gutgläubigen Veräußerung fremder Sachen. An die Stelle der Vindikation tritt allerdings gem. Art. 6:78 I BW ein Surrogatherausgabeanspruch. Dieser schließt an den alten Art. 1481 BW (1838) an, ist aber weiter gefasst. Kann der gutgläubige Besitzer die fremde Sache nicht mehr herausgeben, so verstößt er gegen seine (sachenrechtliche) Pflicht zur Herausgabe der Sache. Wenn er dies nicht zu vertreten hat, muss er zwar keinen Schadensersatz zahlen, er muss aber gem. Art. 6:78 I BW zumindest dasjenige, was er durch das Unmöglichwerden der Herausgabepflicht erlangt hat, herausgeben, soweit er dadurch bereichert ist. Art. 6:78 I BW unterscheidet sich insoweit vom alten Art. 1481 BW, als es nicht mehr darauf ankommt, dass höhere Gewalt zur Unmöglichkeit der Herausgabe geführt hat. Vielmehr genügt, dass der ehemalige Besitzer die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. Der Anspruch nach Art. 6:78 I BW ist allerdings auf den Schaden des Eigentümers begrenzt 50. Gewinne die über diesen Schaden hinausgehen, müssen nicht ausgeglichen werden. Über diese schadensersatzrechtliche Haftung hinaus hat die Rechtbank Roermond 1994 erstmals eine Pflicht zur Herausgabe des Veräußerungserlö48
Vgl. dazu sogleich ausführlich § 2 V 2 c) und d). Auch in ausführlichen Sachenrechtslehrbüchern finden sich dazu keine Nachweise, so etwa Asser/Mijnssen/van Velten/Bartels, Handleiding, Zakenrecht15; Snijders/Rank-Berenschot, Goederenrecht. 50 Hiermit wollte sich der niederländische Gesetzgeber bewusst vom deutschen § 816 I BGB distanzieren, vgl. van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 273. 49
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ses nach der bereicherungsrechtlichen Generalklausel Art. 6:212 BW51 bejaht52. Dies hat sie damit begründet, dass das Auto, das der Eigentümer ursprünglich herausverlangen konnte, durch die Veräußerung nicht mehr herausgegeben werden könne, während der Verkäufer dafür einen Erlös erhalte. Wenn er schon nicht das Auto herausgeben könne, so müsse er zumindest den anstelle dessen erlangten Veräußerungserlös herausgeben. Damit hat sie ein Surrogationsprinzip vertreten, das dem deutschen § 816 I BGB durchaus nahe kommt. Allerdings finden sich keine weiteren Fälle, in denen Richter eine Verpflichtung zur Herausgabe des Erlöses festgestellt haben und auch Rosalie Koolhoven ist jüngst in ihrer Dissertation zum niederländischen Bereicherungsrecht in ihrer abschließenden Aufzählung der Anwendungsfälle des Art. 6:212 BW nicht auf die Veräußerung fremder Sachen eingegangen 53. c) Veräußerung rechtsgrundlos geleisteter Sachen Von der Einführung der napoleonischen Kodifikation zu Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Erlass des neuen Burgerlijk Wetboek 1992 galt im niederländischen Recht eine privilegierende Sonderregelung für Ersatzansprüche nach der gutgläubigen Veräußerung rechtsgrundlos geleisteter Sachen: Art. 1399 I BW (1838). Dies ist bemerkenswert, denn wird eine Sache ohne Rechtsgrund geleistet, so findet nach niederländischem Recht in der Regel kein Eigentumsübergang statt, sodass – wie im französischen Recht54 – die Sache in der Regel auch Gegenstand der Vindikation bleibt und die Fälle auch unter Rückgriff auf die Argumentation bei der Veräußerung fremder Sachen hätten gelöst werden können. Nach Art. 1399 I BW (1838) – der weitgehend dem französischen Art. 1380 C. civ. entspricht – sollte der gutgläubig veräußerndende Bereicherungsschuldner „nur“ den Erlös herausgeben – also nicht gegebenenfalls dazu verpflichtet werden können, den Wert zu ersetzen, soweit dieser den Erlös
51 Art. 6:212 BW: „Hij die ongerechtvaardigd is verrijkt ten koste van een ander, is verplicht, voor zover dit redelijk is, diens schade te vergoeden tot het bedrag von zijn verrijking“. 52 Rb. Roermond, 31.3.1994, NJkort 1995, 57; dazu Linssen, Voordeelsafgifte, S. 587– 588 und Lindenbergh, Diefstal, S. 133: „[Het] terugvorderingsrecht [...] wordt nu als het ware versterkt met een verrijkingsactie“. Auch im Gesetzgebungsverfahren war hiervon schon die Rede gewesen, vgl. van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 3, S. 1224. 53 Koolhoven, Bereichungsrecht, S. 71–81. Irreführend deswegen Schlechtriem, Restitution II, S. 127, der ohne Nachweise eine bereicherungsrechtliche Haftung auf das Surrogat im niederländischen Recht bejaht. 54 Siehe oben § 1 I 1 b).
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überstieg55. Damit schied ein deliktischer Anspruch gegen den gutgläubigen Bereicherungsschuldner aus56. Der Bösgläubige haftete deliktisch nach Art. 1401 BW (1838), war also zur Schadenskompensation verpflichtet. Überstieg der durch den Veräußerung erlangte Erlös diesen Schaden, so bestand keine Regel, dass der Veräußerer auch der Erlös herausgeben müsse. Eine Schadensberechnung anhand des Erlöses oder des rechtswidrig erzielten Gewinns kam jedenfalls nicht in Betracht. Soweit der Erlös niedriger war als der tatsächliche Wert der Sache, kam das Zusammenspiel von Art. 1399 I BW (1838) und Art. 1401 BW (1838) zu angemessenen Ergebnissen. Der Gutgläubige musste nur das anstelle der Sache Erlangte herausgeben, während der Bösgläubige den gesamten Wert ersetzen musste57. Zu Ergebnissen, die als ungerecht empfunden wurden, kam es hingegen, wenn der Veräußerungserlös den Wert überstieg. Dann musste nämlich der Gutgläubige einen höheren Ersatz leisten als der Bösgläubige. Aus teleologischen Erwägungen hat es die niederländische Rechtswissenschaft deswegen in solchen Fällen dem Gutgläubigen freigestellt, anstelle der Herausgabe des Erlöses (nur) den Wert der Sache zu ersetzen58. Adriaan Pitlo hat dies mit dem Wortlaut des Art. 1399 I BW (1838) begründet, nach dem der Gutgläubige „nur“ den Preis herauszugeben habe. Es könne also nicht der bezweckten Wertung des Art. 1399 I BW (1838) entsprechen, wenn der Gutgläubige verpflichtet würde, den Preis herauszugeben, wenn er den Wert übersteige. Art. 1399 I BW (1838) solle dem Gutgläubigen eine Privilegierung einräumen und ihn nicht benachteiligen. Damit war der Gutgläubige nicht mehr schlechter gestellt als der Bösgläubige. Beide konnten auf Kosten anderer erlangte Erlöse, die über den Sachwert hinausgingen, behalten. Art. 1399 I BW (1838) wurde dementsprechend gerade nicht als Gewinnausgleichsregel eingeordnet, sondern vielmehr als spezielle Haftungsprivilegierung für gutgläubig veräußernde Bereicherungsschuldner. Durch die Einführung der Artt. 6:104, 6:78 I BW (1992) sowie das Fehlen einer Art. 1399 I BW (1838) entsprechenden Regelung im neuen Burgerlijk Wetboek hat sich die Problematik erübrigt. In Fällen der Veräußerung rechtsgrundlos geleisteter Sachen ist eine Angleichung an die Fälle erfolgt, in denen eine fremde Sache veräußert worden ist 59. Veräußert der Bereicherungsschuldner nun eine geschuldete Sache, so kann er seiner (bereiche55 Art. 1399 I BW (1838): „Die iets, hetwelk onverschuldigd te goeder trouw door hem ontvangen was, verkocht heeft kan volstaan met den kooprijs terug te geven [Kursivierung K.B.]“. 56 Hofman/Drion/Wiersma, Verbintenissenrecht, Bd. II, S. 39. 57 Der Begriff der Bösgläubigkeit wurde weit auslegt. Bösgläubig sollte bereits derjenige sein, der wusste, dass er die Sache aufgrund eines unsittlichen Vertrages erhalten hatte, HR 6.1.1928, NJ 1928, 311. 58 Pitlo, Verbintenissenrecht, S. 210. 59 Siehe § 2 I 1 c).
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rungsrechtlichen) Herausgabeverpflichtung nicht mehr nachkommen und ist nach den Artt. 6:74, 6:75 BW zum Schadensersatz verpflichtet, soweit er sich nicht exkulpieren kann. Eine solche Exkulpation misslingt jedenfalls dann, wenn er vorwerfbar gehandelt hat, etwa weil er die Sache veräußert hat, obwohl er wusste, dass er sie würde zurückgeben müssen60. Ein Schaden besteht dann in Höhe des Werts der Sache, die nicht mehr herausgegeben werden kann. Bei der Schadensberechnung kann aber wieder gem. Art. 6:104 BW der Gewinn, also der Erlös, herangezogen werden. Ist dem Bereicherungsschuldner die Veräußerung nicht vorzuwerfen, weil ihm der Anspruch gegen ihn nicht bekannt war, so scheidet ein Schadensersatzanspruch nach den Artt. 6:74, 6:75 BW aus. Allerdings greift dann Art. 6:78 I BW, nach dem der Veräußerer statt Schadensersatz zu zahlen seinen Vorteil herausgeben muss. Obergrenze für die Herausgabepflicht ist dabei der tatsächlich durch den Bereicherungsgläubiger erlittene Schaden. Damit scheidet ein Gewinnausgleich bei einer gutgläubigen Rechtsverletzung nach dieser Vorschrift aus. 2. Immaterialgüterrechtsverletzungen Auch im niederländischen Immaterialgüterrecht hat gerade in den vergangenen Jahrzehnten eine intensive Auseinandersetzung mit dem Gewinnausgleich stattgefunden. Da das geistige Eigentum ein Monopol einräume und ein exklusives Nutzungsrecht sei, sollte der Gewinnausgleich bei Rechtsverletzungen einen präventiven Effekt haben61. Die Debatte mündete in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Einführung ausdrücklicher Gewinnhaftungstatbestände in nahezu allen Gesetzen zum geistigen Eigentum: 1978 im Patentrecht (Art. 43 IV Rijksoctrooiwet (1910); heute Art. 70 V Rijksoctrooiwet), 1989 im Urheberrecht (Art. 27a I Auteurswet), und schließlich 1993 im Marken- und Gebrauchsmusterrecht (Art. 13a IV Benelux Merkenwet a.F. und Art. 14 III Benelux Tekeningen en Modellenwet a.F.; heute Art. 2.21 IV und 3.17 IV Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom). Alle diese Normen ordnen an, dass der Rechtsverletzer zusätzlich oder alternativ zum Schadensersatz zur Herausgabe des darüber hinaus erlangten Gewinns verpflichtet ist. An vielen Stellen geht die Haftung damit über die allgemeine zivilrechtliche Haftung hinaus. Während der Gewinn seit 1992 gem. Art. 6:104 BW auf Antrag als Indiz für den erlittenen Schaden herangezogen werden kann, handelt es sich bei den Artt. 70 V ROW, 27a I Aw, 2.21 IV, 3.17 IV BVIE um genuine Gewinnherausgabeansprüche. Was diese spezielle Haftung rechtfertigt und inwiefern das niederländische Immaterialgüterrecht als Vorbild für einen allgemeinen Gewinnausgleichsmechanismus geeignet ist, soll im Fol60 61
Scheltema, Onverschuldigde betaling, S. 172–176. van Empel, Bescherming, S. 8–9.
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genden untersucht werden. Dabei erfolgt die Darstellung des Urheberrechts und des Patentrechts gesondert, um beispielhaft für das intellektuelle sowie das industrielle geistige Eigentum Besonderheiten aufzeigen zu können. a) Urheberrecht Obwohl das Urheberrecht in den Niederlanden eine Tradition von etwa drei Jahrhunderten hat, wurde ein Anspruch auf Gewinnabschöpfung erst 1989 in Art. 27a I Aw normiert. Handelt es sich hierbei um einen revolutionären Wandel – oder wurden bereits vor 1989 Gewinne ausgeglichen? Um dieser Frage nachzugehen, ist ein kurzer Blick in die Geschichte des Urheberrechts erforderlich 62. (1) Historische Einordnung Der Urheber eines Werks heißt im Niederländischen auteur. Im 17. Jahrhundert diskutierte man aber nicht ein mögliches auteursrecht, sondern das sogenannte kopijrecht. Dieses wich nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich von einem Urheberrecht im engeren Sinne ab. Denn es handelte sich nicht zwingend um ein Recht des Autors, sondern ganz allgemein um ein vermögenswertes Recht an einem Text. Der Autor selbst hatte zwar ursprünglich das Recht an seinem Werk. Um es zu veröffentlichen, musste er sich jedoch an ein Mitglied der Druckergilde wenden. Indem er sein Werk zur Veröffentlichung freigab, übertrug er alle Rechte auf den Verleger, der Inhaber des kopijrecht wurde63. Das kopijrecht war ein absolutes Recht an einem geistigen Werk. Drucker und Buchverkäufer betrachteten ein rechtmäßig erlangtes kopijrecht als eigentumsähnliche Rechtsposition. Indem sich die geschützten Inhalte in dem – in körperlicher Form vorliegenden – Buch manifestierten, wurde die Grenze zwischen Eigentum am körperlichen oder geistigen Gegenstand fließend64. Dass das kopijrecht als absolute Rechtsposition anerkannt wurde, bedeutete jedoch nicht, dass auch eine Sanktionierung bei Verletzungen von vornherein anerkannt und einheitlich war. Ursprünglich sollte das kopijrecht vor dem Nachdruck schützen65. Hatte jemand ein fremdes Buch nachgedruckt, so konnte der Inhaber des kopijrecht die Bestrafung des Täters verlangen. Die Sanktionierung von Verhaltensweisen, die gegen das kopijrecht verstießen, wurde erstmals ausdrücklich im
62
Zur Übertragbarkeit der Regelungen des Urheberrechts auf andere Gebiete des geistigen Eigentums Jehoram, Daklozen op het gebied van de intellectuele eigendom, S. 1197– 1201. 63 Zur Entwicklung und dem Umfang des kopijrecht vgl. Schriks, Kopijrecht, S. 23–31. 64 Schriks, Kopijrecht, S. 23. 65 Schriks, Kopijrecht, S. 42–44.
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Vertrag des Leids Collegie von 166066 angeordnet. Nach Art. I dieses für alle niederländischen Drucker geltenden Vertrages sollte der Nachdrucker eine Strafe von 25 Gulden für jede nachgedruckte Seite zahlen, während der Verkäufer eines Nachdrucks eine Strafe von 50 Gulden für jedes Buch zu zahlen hatte67. Dieser Betrag wurde zwischen dem Rechtsinhaber, dem Leids Collegie und den Armen aufgeteilt. Damit handelte es sich um eine – jedenfalls schwerpunktmäßig – öffentlich-rechtliche Sanktionierung von Verstößen. Zwar erhielt der Rechtsinhaber einen Teil der Strafzahlung. Dieser orientierte sich jedoch nicht an den Gewinnen des Rechtsverletzers, vielmehr handelte es sich um eine pauschale Strafzahlung, die zwar effektiv auch dem Schadensausgleich diente. Eine zivilrechtliche Zuordnung von Gewinnen lag dem Gesetzgeber jedoch fern. Erste Hinweise auf ein genuines Recht des Autors an den Inhalten seiner Schrift gibt es im frühen 18. Jahrhundert68. 1793 wurde das erste niederländische Urheberrechtsgesetz erlassen69. Dieses stärkte die absolute Rechtsstellung des Autors – gegenüber der früheren Rechtsposition des kopijrechtInhabers – insoweit, als nunmehr der gesamte Strafbetrag an ihn – und nicht mehr an das Leids Collegie – zu zahlen war70. Hierbei orientierte sich die Höhe der zu zahlenden Strafe am erzielten Vorteil: Schließlich hing die Höhe der Strafe unmittelbar von der Anzahl der rechtswidrigen Kopien ab. Weil der Rechtsinhaber den gezahlten Strafbetrag erhielt, handelt es sich bei der Regelung im Gesetz von 1793 faktisch um eine – sehr frühe – Variante der zivilrechtlichen Gewinnherausgabe. Neben die Pflicht zur Strafzahlung bei Urheberrechtsverletzungen trat 1795 die Sanktion der Konfiszierung der rechtswidrig gedruckten Bücher sowie die Pflicht zur Herausgabe des durch den Verkauf erlangten Erlöses71. Damit entstand eine weitere Haftungsvariante, die sich maßgeblich an den 66 Onverbrekelijck contract van het Leids Collegie anno 1660, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 677–681. 67 „[…] in t’regard van de Na-drucker, ’t zy van den Drucker ofte Boeck-verkooper, van 25 guldens voor yeder bladt dat het selve nagedruckte Boeck sal bevonden worden groot te zijn, ende in ‘t regard van de Verkooper, van de somme van 50 guldens, voor yeder Boeck dat hy verkocht sal hebben, d’eene helft ten behoeve van die geene wiens Boeck nagedruckt sal wesen, een vierde part voor ons gemeene Collegie, ende ‘t resteerende vierde part voor de Armen […]“, Art. I Overbrekelijck contract van het Leids Collegie anno 1660. 68 Schriks, Kopijrecht, S. 502–503. 69 Wet van 19./24.7.1793, betrekkelijk de regten van eigendom der Schrijvers van alle soorten van boekwerken, der Stellers van muziek-stukken, der Schilders en der Konstteekenaars, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 685–686. 70 Artt. 4, 5 Wet van 19./24.7.1793, betrekkelijk de regten van eigendom der Schrijvers van alle soorten van boekwerken, der Stellers van muziek-stukken, der Schilders en der Konstteekenaars, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 685–686. 71 Art. 2 Decreet van de Vergadering der Provisioneele Representante van het Volk van Holland van 25 november 1795, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 686–688.
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durch Verleger oder Drucker bei der Rechtsverletzung erlangten Vorteilen orientierte. Diese Variante diente aber – im Gegensatz zur Pflicht zur Strafzahlung – nicht primär der Abschreckung. Vielmehr war bezweckt, ein angemessenes Vermögensgleichgewicht zu schaffen. Der pönale Nebeneffekt wurde daneben gerne in Kauf genommen. Zwischen vorsätzlichem, fahrlässigem und unverschuldetem Nachdruck unterschied man dabei zwar nicht. Da aber nur die genaue Kopie einer Seite unzulässig war, ging man wohl davon aus, dass es nur vorsätzlich zu einem Nachdruck kommen könne. Der Anwendungsbereich des Urheberrechts war mithin deutlich enger als heute: Nicht die Idee, sondern deren exakte Ausarbeitung war geschützt. Die Regelung des Art. 2 Decreet 1795 hatte freilich keinen Bestand. Während der französischen Besatzungszeit zwischen 1810 und 1813 galt französisches Urheberrecht72. Nach der Besatzungszeit wurde dann 1817 ein eigenständiges niederländisches Urheberrechtsgesetz erlassen, das eine vergleichbare Regelung nicht wieder einführte. Neben der Beschlagnahme der noch vorhandenen rechtsverletzenden Gegenstände war nunmehr ein Pauschalbetrag als Strafe zu zahlen73. Zwar war vereinzelt wieder vom kopijrecht die Rede, doch war Rechtsinhaber nun nicht mehr der Verleger, sondern in der Regel der Urheber des Werks74. Dieser sollte nach Art. 4 des Gesetzes die beschlagnahmten Gegenstände sowie die Strafzahlung erhalten. Die Rechtsprechung hielt sich jedoch nicht immer an diese engen Vorgaben. In einer erstinstanzlichen Entscheidung von 1838 gingen die auferlegten Sanktionen über die Regelungen des Gesetzes von 1817 hinaus75. Das Gericht ging unter Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht von der Pflicht des Verletzers aus, zugefügte Schäden zu ersetzen. Da der Schaden allerdings nicht nachweisbar und ein Rückgriff auf die Gewinne des Rechtsverletzers im Sinne einer Beweiserleichterung nicht vorgesehen war, wurde die Entscheidung in zweiter Instanz aufgehoben76. In einer anderen Entscheidung von 1851 hat die Rechtsbank Rotterdam zusätzlich zur Strafzahlung einen Anspruch des Verletzten auf ein Vielfaches des Buchverkaufspreises bejaht. Sie sprach dem Inhaber eines verletzten kopijrecht den Wert von 2000 Exemplaren des Nachdrucks, berechnet anhand des Verkaufspreises, zu77. Für die Herleitung der Anzahl 2000 gibt es 72
Dazu Reinsma, Auteurswet 1881, S. 13. Art. 4 Wet van 25.1.1817, de regten bepalende die in de Nederlanden, ten opzigte van het drukken en uitgeven van letter- en kunstwerken, kunnen worden uitgeoefend, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 710–711. 74 Art. 1 Wet van 25.1.1817, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 710–711. 75 Rb. ‘s-Gravenhage, 23.7.1838, LE 106. 76 Rb. ‘s-Gravenhage, 29.3.1839, LE 118. 77 Rb. Rotterdam, 5.6.1851, LE 168, 177: „Veroordeelt hem […] in de betaling aan de firma J. G. van Terveen en Zoon te Utrecht van de waarde van 2000 exemplaren van de nagedrukte Kleine Gedichten voor kinderen van Mr. H. van Alphen, druk van 1848, ad 15 73
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keine Anhaltspunkte. Wie viele Exemplare bereits verkauft waren, wird in der Entscheidung nicht erörtert. Es handelt sich damit wohl vielmehr um eine richterlich festgesetzte Pauschale. Gleichwohl ist bemerkenswert, dass ein Ausgleich zu zahlen war, der sich am Verkaufserlös, und damit am Gewinn des Rechtsverletzers, orientierte. Damit ergab sich die Anspruchsberechtigung des Rechtsinhabers unmittelbar aus seiner Rechtsposition. In der Auteurswet von 1881 war – wie bereits im Gesetz von 1817 – bei Urheberrechtsverletzungen eine Strafzahlung vorgesehen, die auf Antrag dem Rechtsinhaber zugewiesen werden konnte78. 1886 wurden die Haftungsregelungen sogar vollends aus der Auteurswet gestrichen und in das Strafgesetzbuch ausgelagert79. Von einem zivilrechtlichen Ausgleich konnte damit endgültig keine Rede mehr sein. Zwar wurde die Kompensation effektiv durch die Zuweisung der Strafzahlung und die Beschlagnahme der rechtswidrigen Gegenstände zu Gunsten des Urheberrechtsinhabers erreicht, jedoch bestand kein zwingender Zusammenhang mit dem erzielten Gewinn. Eine Haftung im Sinne eines Gewinnausgleichs lag dementsprechend fern. Durch den Beitritt zur Berner Konvention80 wurde 1912 eine Überarbeitung der Auteurswet notwendig81. In Bezug auf die Haftung des Rechtsverletzers nahm der Gesetzgeber zwar keine Gewinnhaftungsregel auf, wohl aber führte er den Art. 28 I Aw ein, nach dem urheberrechtswidrige Gegenstände und die Eintrittsgelder bei urheberrechtswidrigen Veranstaltungen wie Eigentum herausverlangt, also vindiziert werden konnten82. Daneben bestand regulär – unter Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht – gem. Art. 1401 BW
cents het exemplaar, berekend naar de boekverkoopersprijs“. In höherer Instanz wurde das Urteil aufgehoben, weil es sich nicht um einen Nachdruck handle, Provinciaal geregtshof Zuidholland, 20./27.9.1851, LE 177. An der Berechnung des an den Verletzten zu zahlenden Betrags bestanden hingegen keine Zweifel. Dabei war das 2000-fache des Kaufpreises des Buchs der gesetzlich angeordnete Mindestbetrag bei rechtswidrigen Buchauflagen, Heemskerk, Voordrachten, S. 56. 78 Artt. 18f. Wet van 28.6.1881 tot regeling van het auteursrecht, abgedruckt in: de Beaufort, Auteursrecht, S. 443–451. Zur Entstehungsgeschichte des Urheberrechtsgesetzes von 1881 Reinsma, Auteurswet 1881. 79 Artt. 349 bis, 349 ter Wetboek van Strafrecht, eingefügt durch Wet van 15.1.1886 (Stbl. n. 6), abgedruckt in: de Beaufort, Auteursrecht, S. 448. 80 Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 09.09. 1886. 81 Vertiefend van Praag, Auteurswet 1912, S. 7–24. 82 Der Urheberrechtswissenschaftler L. van Praag hat den Art. 28 I Aw damit begründet, dass der Verletzte die Vorteile, die der Verletzer aus seinem rechtswidrigen Verhalten erlangt hat, herausverlangen könne. Damit war er dem niederländischen Recht voraus: Nach Art. 28 I Aw konnten nur die verletzenden Gegenstände selbst herausverlangt werden. Wenn sie in natura nicht mehr vorhanden waren, bestand kein Anspruch auf einen Ersatz. Von einer Vorteilsabschöpfung konnte also nicht die Rede sein.
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(1838) ein Anspruch auf Schadensersatz83. Eine allgemeine Möglichkeit zur Abschöpfung eines Gewinns als Alternative zum Schadensersatz oder die Verwendung des Gewinns zur Berechnung eines Schadens waren nicht vorgesehen. In der Folgezeit hat die Rechtsprechung vereinzelt trotzdem den Gewinn herangezogen, um Schäden zu berechnen 84: Er sollte Indizwirkung für den entgangenen Gewinn des Rechtsinhabers haben. Diese Vermutung war allerdings – anders als bei der dreifachen Schadensberechnungsmethode in Deutschland85 – stets widerleglich. Bei der Verwendung des Gewinns zur Schadensberechnung hat es sich darüber hinaus immer nur um eine Mindermeinung gehandelt86. In der Regel haben die niederländische Rechtsprechung sowie die Literatur eine Einbeziehung des Gewinns in die Schadensberechnung – trotz der bereits bestehenden patentrechtlichen Gewinnabschöpfungsklausel – entweder gänzlich ignoriert87 oder aber abgelehnt, da sie dem Gesetzeswortlaut widerspreche88. Gleichwohl hat es bereits vor der Einführung des Art. 27a Auteurswet im Jahr 1989 Vorschläge und Bestrebungen gegeben, die Gewinnerzielung durch deliktisches Verhalten zu verhindern. So hat sich R. Herrmann 1970 für eine Einbeziehung des Verletzergewinns in die deliktische Haftung und damit für eine – nach seiner Auffassung notwendige – Änderung des geltenden Rechts eingesetzt89. Während der Grund für die Haftung des Rechtsverletzers sein sollte, dass dieser durch ein Delikt einen Schaden erlitten habe, sollte sich die Anspruchsberechtigung des Urheberrechtsinhabers aus der Rechtsnatur des Urheberrechts ergeben: Aufgrund der Exklusivität des 83
van Praag, Auteurswet 1912, S. 128. Besonders anschaulich Rb. Amsterdam, 15.6.1976, BIE 1978, 9, 13–14. Hier ging es um ein Plagiat, mit dem Gewinn erzielt worden war. Das Gericht ging davon aus, dass der materielle Schaden dem entgangenen Gewinn des Autors entspreche. Man müsse davon ausgehen, dass der entgangene Gewinn wiederum dem Verletzergewinn entspreche. Da der Autor sein Werk jedoch noch nicht selbst veröffentlicht hatte und dadurch seine eigene Gewinnchance geschmälert war, nahm das Gericht Abzüge vor. Auch die Betriebskosten, die dem Rechtsinhaber dann angefallen wären, zog der Richter ab. Damit kann von einer Gewinnabschöpfung im engeren Sinne keine Rede sein. 85 Siehe Einleitung. 86 So schreibt Werner Haardt über die Verwendung des Gewinns bei der Schadensberechnung durch die Gerichte: „Het lijkt mij dan ook terecht, dat de Nederlandse rechter voor zover ik kan nagaan dergelijke vorderingen tot afgifte van de behaalde winst nimmer in de vorm van schadevergoeding heeft toegewezen; de opvatting van Bloembergen (diss. Nr. 70/71) dat hij in navolging van zijn Duitse collega wel zou kunnen doen als hij maar een abstract begrip schadevergoeding zou aanvaarden, doet mij wat krampachtig aan“, Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 87 So etwa Ktr. ‘s-Gravenhage, 18.8.1987, IER 1987, 109. 88 Verkade/Spoor, Auteursrecht, S. 333; Gerbrandy, Kort commentaar op de Auteurswet 1912, Art. 27, S. 338–339. 89 Herrmann, Afgifte van winst, S. 4–7, 24. 84
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Rechts, müssten dem Rechtsinhaber nicht nur das Recht, sondern auch die „Früchte“ zustehen90. Auch Auke Bloembergen hat sich 1965 für einen Ausgleich rechtswidrig erlangter Gewinne bei Immaterialgüterrechtsverletzungen eingesetzt, allerdings wollte er dies durch eine „abstrakte Schadensberechnung“ erreichen91. Dabei sollte der entgangene Gewinn – als spezielle Ausprägung des Schadens – abstrakt ermittelt werden, indem die unwiderlegliche Vermutung bestehen sollte, dass dieser dem Verletzergewinn entspreche92. Hierdurch werde gleichzeitig eine ungerechtfertigte Bereicherung des Rechtsverletzers vermieden. Bemerkenswert ist dabei, dass Bloembergen bei der Entwicklung seiner Theorie nicht auf die niederländische Rechtsprechung und damit eine bestehende Rechtstradition verweist, sondern als Argument deutsche und englische Literatur anführt93. Durchsetzen konnte er sich mit damit freilich nicht94. (2) Art. 27a I Urheberrechtsgesetz (Auteurswet) Seit 1989 gibt es nun erstmals im niederländischen Urheberrecht eine Anspruchsgrundlage, die ausdrücklich die Abschöpfung rechtwidrig erzielter Gewinne ermöglicht95. Dabei ist der Gesetzgeber eher dem Vorschlag Herrmanns als dem Vorschlag Bloembergens gefolgt: Nach Art. 27a I Aw spricht der Richter dem Verletzten auf Antrag zusätzlich zum Schadensersatz den Gewinn zu96. Dabei ist ein Ermessenspielraum nicht vorgesehen. Die Ermessensklausel, die im Gesetzesentwurf vorgesehen gewesen war, hatte der Ge-
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Herrmann, Afgifte van winst, S. 18. Bloembergen, Schadevergoeding, S. 99–100. 92 „Op het verweer van de gedagde: U, eiser, zoudt Uw zaak of recht toch niet gebruikt hebben, is dan immers het antwoord: dat gaat U, gedaagde, niet aan“, Bloembergen, Schadevergoeding, S. 100. 93 Bloembergen, Schadevergoeding, S. 96–99. 94 Siehe Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 95 Bei der systematischen Einordnung des Art. 27a I Aw bestehen Unklarheiten. Nach dem Wortlaut handelt es sich ausdrücklich um eine Gewinnabschöpfungsregel und nicht um eine Schadensberechnungsmethode, bei der der Richter auf den Gewinn zurückgreift (wie etwa Art. 6:104 BW). Dennoch hat der Hoge Raad noch 2006 davon gesprochen, dass der Art. 27a I Aw dem Urheberrechtsinhaber die Möglichkeit gebe, bei einer Rechtsverletzung Schadensersatz in der Höhe des Gewinns zu verlangen (HR 16.6.2006, NJ 2006, 585; kritisch Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 127). 96 Art. 27a I Aw: „Naast schadevergoeding kan de maker of zijn rechtverkrijgende vorderen dat degene die inbreuk op het auteursrecht heeft gemaakt, wordt veroordeeld de door deze ten gevolge van de inbreuk genoten winst af te dragen en dienaangaande rekening en verantwoording afteleggen“. 91
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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setzgeber bewusst gestrichen97; die Rechtsprechung räumt dem Richter contra legem dennoch Ermessensspielraum ein98. Die Entstehung des Art. 27a I Aw in den achtziger Jahren ist auf nationale sowie europäische Bestrebungen effektiven Urheberrechtsschutzes zurückzuführen. Aufgrund des ständigen technologischen Fortschritts und der vereinfachten Zugänglichkeit urheberrechtlich geschützter Werke war es vermehrt zu Verletzungen geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts gekommen99. Der Grund für das fehlende Unrechtsbewusstsein lag unter anderem darin, dass es lange Zeit keine Möglichkeit gegeben hatte, Immaterialgüterrechte effektiv durchzusetzen. Werden Urheberrechte verletzt, so entstehen verschiedene Schadensposten. Dabei spielen der entgangene Gewinn oder auch die Wertminderung des Urheberrechts eine ausschlaggebende Rolle. Gerade diese Posten können aber bei der Schadensermittlung und der Beweisführung Schwierigkeiten aufwerfen100. Deswegen haben niederländische Richter über Jahre hinweg dazu geneigt, nur geringe Schadensersatzforderungen zuzugestehen101. Um dennoch effektiven Schutz zu gewährleisten, hat der niederländische Gesetzgeber 1987 – in Anlehnung an den patentrechtlichen Art. 43 III, IV ROW (1910)102 – einen Gesetzesvorschlag entwickelt, nach dem der Rechtsinhaber
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Deurvorst, Anmerkung zu Rb. Arnhem, 29.4.1993, S. 156. Nach Rb. Arnhem, 29.4.1993, AMI 1994, 154, 156 ist Art. 27a I Aw nur in – durch den Richter festzustellenden – Ausnahmefällen anwendbar. 99 Vgl. zu niederländischen Bestrebungen kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 3 (Wijziging van de Auteurswet 1912 in verband met de bestrijding van piraterij ban auteursrechtelijk beschermde werken), S. 1–2. Vgl. zu europäischen Bestrebungen Grünbuch über Urheberrecht und die technologische Herausforderung – Urheberrechtsfragen, die sofortiges Handeln erfordern KOM (88) 172, Juni 1988, Nr. 2.6.56. 100 Herrmann, Afgifte van winst, S. 4–5; Barendrecht, Beginselen van schadeberekening, S. 42. Dazu auch Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 125, die anhand einer Besprechung von zwei Urteilen (HR 15.11.1996, NJ 1998, 314; Rb. Amsterdam, 1.5.2002, AMI 2002, 148) die Probleme der Schadensberechnung und die Nachteile für den Urheberrechtsinhaber aufzeigt; dies., Anmerkung zu Rb. Arnhem, 7.2.2002, S. 225; dies., Anmerkung zu Rb. Amsterdam, 1.5.2002, S. 152; Boekman, Boekbespreking Fischer, S. 78; Meijer-van der Aa, Wijziging van de Auteurswet 1912, S. 92–93. 101 Vgl. dazu Verkade/Spoor, Auteursrecht (1985), S. 332. Die Autoren haben zwar die Problematik erkannt, dass Gerichtsverfahren bei Urheberrechtsverletzungen für die Opfer in der Regel unbefriedigend ausgehen. Obwohl aber schon vier Jahre später die urheberrechtliche Gewinnherausgaberegel des Art. 27a I Aw eingeführt wurde und der Entwurf für das neue niederländische Schuldrecht schon 1986 – nach einer Debatte um den ursprünglichen Entwurf von 1980 – den Art. 6.1.9.9a (entspricht heute dem Art. 6:104 BW) enthalten sollte, kommen sie nicht auf die Möglichkeit der Einbeziehung von Gewinnen in die Frage der Haftung zu sprechen. 102 Kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 3, S. 9–10. 98
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alternativ zum Schadensersatz auch Gewinnherausgabe verlangen kann103, weil der Verletzergewinn wesentlich einfacher festgestellt werden kann, als der zugefügte Schaden104. In der Gesetzgebungsdebatte wurde daraufhin jedoch geäußert, dass die Möglichkeit bestehen müsse, Gewinnherausgabe zusätzlich zum Schadensersatz zu verlangen, um auch eine effektive Bekämpfung der Urheberrechtspiraterie zu gewährleisten105. Einige Abgeordnete haben sogar gefordert, dass nicht nur der Nettogewinn, sondern der gesamte (Brutto-)Erlös herauszugeben sei. Diese Forderung hat der Gesetzgeber zwar aufgrund ihres stark pönalen Charakters abgelehnt. Jedoch hat sich die Forderung nach einer Gewinnabschöpfung, die kumulativ neben den Schadensersatz tritt, in Art. 27a I Aw niedergeschlagen. Begründet hat man die Notwendigkeit einer Kumulierung von Schadensersatz und Gewinnherausgabe mit der effektiven Abschreckung106. Dennoch ist die vollständige Kumulierung umstritten geblieben. Zwar ist sie nach dem Wortlaut des Art. 27a I Aw vorgesehen, dennoch hat die Literatur Zweifel geäußert, ob es sachgemäß sei, sämtliche Schäden des Rechtsinhabers, also auch seinen entgangenen Gewinn, auszugleichen, wenn er zusätzlich den gesamten Gewinn des Rechtsverletzers verlangen könne107. Gerade da für die Gewinnabschöpfung kein Verschuldenserfordernis besteht, scheint dies zu weit zu gehen: Der annähernd doppelte Vermögensausgleich erscheint insbesondere im Verhältnis zwischen gutgläubigem Rechtsverletzer und Berechtigtem unangemessen. Dementsprechend hat der Hoge Raad 2000 entgegen dem Wortlaut von Art. 27a I Aw entschieden, dass der verletzte Rechtsinhaber Schadensersatz sowie Gewinnherausgabe verlangen kann, dies jedoch nur bis zum höheren der beiden Beträge108. Die Kumulation führe zu unsachgemäßen Ergebnissen, sodass Art. 27a I Aw teleologisch zu reduzieren sei109. Der Ausschluss der
103
So der ursprüngliche Gesetzesvorschlag, vgl. kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 1, S. 2. 104 Kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 3, S. 9. 105 Es handelt sich um das sogenannte amendement-Koetje, kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 11. 106 Bereits im Gesetzgebungsverfahren war dieser Wortlaut jedoch sehr umstritten, vgl. kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 5, S. 6. Der Hoge Raad hat nun auch ausdrücklich die pönale Wirkung von Art. 27a Auteurswet abgelehnt, siehe HR 14.11.2014, RvdW 2014, 1285. 107 Deurvorst, Winstafdracht bij inbreuk op auteursrecht, S. 130–132. 108 HR 14.4.2000, NJ 2000, 489, mit Anmerkung Verkade; dazu Geerts, Bescherming, S. 78. So auch jüngst Hof Den Haag, 31.5.2011, LJN BQ 6773. Anders noch Rb. Amsterdam, 6.11.1991, IER 1992, 80. 109 HR 14.4.2000, NJ 2000, 489, S. 3283; für eine volle Kumulation von Gewinnabschöpfung und Schadensersatz noch Hof Amsterdam, 23.3.1995, AMI 1995, 111; ebenso Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans, Kort begrip (1993), S. 312. Heute wird ganz allgemein
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Kumulationsmöglichkeit soll sich aber nur auf diejenigen Verletzergewinne beziehen, die inhaltlich dem entgangenen Gewinn des Verletzten entsprechen. Anderweitige Schäden soll der Rechtsverletzer weiterhin zusätzlich zur Gewinnabschöpfung ersetzen110. Eine weitere richterrechtliche Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 27a I Aw ist erst jüngst in einem Urteil von 2012 erfolgt, in dem die Richter entschieden, dass Art. 27a Aw vor dem Hintergrund des Art. 6:104 BW gelesen werden müsse und deswegen ein Anspruch nach Art. 27a I Aw nur zulässig sei, soweit der Rechtsinhaber wenigstens einen minimalen Schaden nachweisen könne 111. Nach Art. 28 I, II lit. b Aw kann der Berechtigte urheberrechtswidrige Gegenstände sowie dafür erlangte Geldbeträge als sein Eigentum herausverlangen112. Das Verhältnis dieser Regelung zu Art. 27a I Aw erscheint auf den ersten Blick nicht ganz eindeutig113: Inwiefern bedarf es noch einer Gewinnabschöpfung, wenn der Berechtigte ohnehin die rechtsverletzenden Gegenstände sowie dafür erlangte Surrogate herausverlangen kann? Bei genauerem Hinsehen besteht jedoch kein Widerspruch. Art. 28 II lit. b Aw – der Anspruch auf die Herausgabe der durch die Rechtsverletzung erlangten Gelder – und Art. 27a I Aw – der Anspruch auf Gewinnherausgabe – sind in einem einheitlichen Gesetzgebungsverfahren in das Gesetz eingefügt worden und stehen so in einer Linie. Die exklusive Nutzungsbefugnis, die das Urheberrecht einräumt, gibt nach Art. 28 I, II lit. b Aw auch das grundlegende Recht, die unmittelbaren Vorteile aus dem Recht zu ziehen114. Während Art. 28 I, II lit. b aber dieser Wertung Rechnung trägt, indem er anordnet, dass das durch die Rechtsverletzung unmittelbar Erlangte herauszugeben ist, betrifft Art. 27a I Aw den schlussendlichen Gewinn, also den Vermögensvorteil nach Abzug eigener Kosten und Aufwendungen115. Art. 28 I, II lit. b Aw bezieht sich also nur auf noch tatsächlich in ihrer ursprünglichen Form vorhandene Erlöse. Wenn sie nicht mehr vorhanden sind, scheidet der Anspruch aus116. Diese Lücke schließt Art. 27a I Aw, indem in solchen Fällen der Wert des Gewinns
dem Hoge Raad gefolgt, vgl. Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans, Kort begrip (2000), S. 379–380. 110 HR 14.4.2000, NJ 2000, 489, S. 3283: „Dit laat onverlet dat schade van àndere aard, niet bestaande in gederfde winst met betrekking tot de verkochte inbreukmakende producten, wel toewijsbaar kan zijn naast het bedrag van de tengevolge van de inbreuk genoten winst“, dazu Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans, Kort begrip, S. 518. 111 Rb. Breda, 6.9.2012, LJN BW6424. 112 Man spricht von einer Quasi-Vindikation (quasi-revindicatie), vgl. Intellectuele Eigendom/Verkade, Art. 28 Aw, Nr. 1a. Zum Verhältnis von Art. 27a und Art. 28 I, II lit. b Aw vgl. Wetink, Licentie, S. 108–110. 113 Intellectuele Eigendom/Verkade, Art. 28 Aw, Nr. 4. 114 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 306. 115 Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 505. 116 Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 520.
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geschuldet sein soll117. Eine weitere Besonderheit des Art. 28 I, II lit. b Aw liegt darin, dass es hier nicht um eine Sanktionierung geht. Dementsprechend kommt es nicht auf subjektive Kriterien an, also darauf, wer auf welche Weise die Verletzung vorgenommen hat. Allein Besitz und Veräußerung urheberrechtswidriger Gegenstände führen dazu, dass die Gegenstände und Erlöse herauszugeben sind118. Dahingegen wirft das Verhältnis von Art. 6:104 BW zu Art. 27a I Aw Probleme auf119. Soweit das Urheberrechtsgesetz keine speziellen Regelungen trifft, greifen Rechtsprechung und Literatur auf das allgemeine Schuldrecht zurück120. Da es zur Schadensberechnung bei Urheberrechtsverstößen keine gesetzlichen Regelungen gibt, müsste der Richter also auf das allgemeine Schadensrecht des Burgerlijk Wetboek zurückgreifen. Gem. Art. 6:104 BW kann der Schadensersatz anhand des Gewinns berechnet werden 121. Angesichts der Möglichkeit der Kumulation von Schadensersatz und Gewinnherausgabe könnte der Rechtsinhaber unter Anwendung des Art. 6:104 BW den doppelten Gewinn verlangen. Bislang hat die Rechtsprechung Art. 6:104 BW unter Verweis auf den Vorrang von Art. 27a I Aw deswegen nicht angewendet. Gleichwohl ergibt sich dies nicht aus dem Gesetz oder der Systematik. Schließlich stehen Art. 6:104 BW und Art. 27a I Aw nicht in einem Spezialitätsverhältnis. Damit bleibt ihr Zusammenspiel unklar122. Art. 27a I Aw setzt für die Gewinnabschöpfung nicht ausdrücklich ein Verschulden voraus. Auch setzt Art. 27a I Aw – anders als Art. 6:104 BW – keinen Schadensersatzanspruch voraus, der seinerseits in der Regel bei Verschulden entsteht, da insoweit auf das allgemeine Schuldrecht zurückgegriffen wird 123. Dementsprechend ist bei der Auslegung des Art. 27a I Aw ferner unklar, ob möglicherweise zusätzliche Anforderungen an die Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Rechtsverletzers zu stellen sind124. Dass es – dem Wortlaut entsprechend – tatsächlich kein Verschuldenserfordernis geben soll, wird nicht vertreten. Vielmehr greifen Rechtsprechung und Literatur auch hier auf das allgemeine Schuldrecht zurück und setzen in der Regel als Zurechnungs-
117
Deurvorst, Schadevergoeding, S. 182–184. Vgl. Geerts, Bescherming, S. 79. 119 Intellectuele Eigendom/Verkade, Art. 27a I Aw, Nr. 1d; dazu im Einzelnen Deurvorst, Winstafdracht bij inbreuk op auteursrecht, S. 130–134; dies., Remedies for infringement of intellectual property rights, S. 241–242; van Nispen, Winstafgifte, Anmerkung zu HR 18.6.2010, S. 381–384. 120 Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 493. 121 Siehe dazu § 2 V 4. 122 Intellectuele Eigendom/Verkade, Art. 27a I Aw, Nr. 1b. 123 Hof Amsterdam, 4.5.1949, NJ 1950, 190; Gerbrandy, Kort commentaar op de Auteurswet 1912, vor Art. 26, S. 313. 124 Gerbrandy, Kort commentaar op de Auteurswet 1912, Art. 27, S. 339. 118
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kriterium gem. Art. 6:162 BW Verschulden voraus125. Vereinzelt haben Stimmen in der Literatur darüber hinaus gefordert, dass es sich um einen Fall von Urheberrechtspiraterie oder einer sonstigen besonders schwerwiegenden Verletzung handeln müsse126. Schließlich sei der Art. 27a I Aw aufgrund von Bestrebungen gegen Urheberrechtspiraterie in das Urheberrechtsgesetz eingefügt worden. Deswegen könne er auch nur in Fällen von Urheberrechtspiraterie anwendbar sein127. Dem ist die Rechtsprechung vereinzelt mit dem Argument gefolgt, dass der Gesetzgeber mit Art. 27a I Aw lediglich bezweckt habe, Urheberrechtspiraten den Einwand zu nehmen, sie hätten den Gewinn nur dem eigenen Einsatz zu verdanken128. Die Mehrzahl der Gerichte ist aber der Auffassung, dass eine Gewinnabschöpfung bei jeder Art vorwerfbaren Verhaltens in Betracht kommen soll. Welche konkreten Umstände aber zu einer solchen Vorwerfbarkeit sollen, spezifizieren sie in der Regel jedoch nicht129. Argumentiert wird zumeist mit dem Sinn und Zweck der Gewinnherausgabe: Es widerspreche nur dem Telos des Art. 27a I Aw, wenn auch der arglose Rechtsverletzer seine Gewinne herausgeben müsse130. Bei der Berechnung des Gewinns ist umstritten, ob der Rechtsverletzer seine Kosten von dem Anspruch abziehen darf131. Auch dieser Streit geht bis in das Gesetzgebungsverfahren zurück: schon die Fraktionen des niederländischen Parlaments (Tweede Kamer der Staten-Generaal) konnten sich nicht einigen, ob eine solche Abzugsmöglichkeit im Rahmen der Bekämpfung der Urheberrechts-Piraterie sinnvoll sei132. Für den Abzug spreche aber, dass nur 125
Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 494. Die Zurechenbarkeit wird in Art. 6:162 III BW definiert: „Een onrechtmatige daad kan aan de dader worden toegerekend, indien zij te wijten is aan zijn schuld of aan een oorzaak welke krachtens de wet of de in het verkeer geldende opvattingen voor zijn rekening komt“. Was mit dem Zirkelschluss gemeint ist, dass eine Zurechnung möglich ist, wenn die Umstände zugerechnet werden können, ist unklar und wird dementsprechend auch im Urheberrecht außen vor gelassen, vgl. Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 495. 126 Hesemans, Lexplicatie Auteursrecht, S. 434; Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73; Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 127. 127 Gerbrandy, Auteursrecht, S. 72. 128 Rb. Arnhem, 29.4.1993, AMI 1994, 156; Hof Amsterdam, 23.3.1995, AMI 1995, 111. 129 So wird in Rb. Amsterdam, 1.11.1990, IER 1991, 11 eine Gewinnabschöpfung nach Art. 27a I Aw abgelehnt, weil es „keinen hinreichenden Anlass“ dazu gebe, obwohl sämtliche Voraussetzungen vorlagen. 130 Vgl. dazu Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73. 131 Bejahend Rb. ‘s-Gravenhage, 15.2.1995, AMI 1995, 169; Barendrecht/Lutt, Inbreuk op intellectuele eigendomsrechten, S. 162; Deurvorst, Schadevergoeding, S. 200; ablehnend Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans (Hg.), Kort begrip, S. 518; Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73. 132 Kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921 Nr. 3, S. 5.
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so eine grundlose Bereicherung des Rechtsinhabers vermieden werden könne133. Allerdings haben Stimmen in der Rechtspraxis praktische Bedenken gegen eine generelle Zulassung von Abzugsposten geäußert. Insbesondere ermögliche diese, dass der Rechtsverletzer den Prozess aufgrund von Schadensermittlungs- und Beweisschwierigkeiten des Urheberrechtsinhabers erheblich verzögern könne134. Gehe man davon aus, dass eine Gewinnabschöpfung nach der Rechtsprechung ohnehin nur bei einem qualifizierten Verschulden, also insbesondere Urheberrechtspiraterie, möglich sei, so überwiege das Interesse des Opfers an einem schnellen und effektiven Verfahren das Interesse des Rechtsverletzers an einem Ersatz für seine Aufwendungen135. Außerdem könne der Rechtsverletzer, wenn ihm ein Kostenausgleich gezahlt werden müsse, ohne Risiko in der Rechtssphäre des Urheberrechtsinhabers auch gegen dessen Willen tätig werden. Dies führe zu unangemessenen Ergebnissen, denn auch wenn sein rechtswidriges Verhalten entdeckt werde, erhielte er für seine Tätigkeit zumindest einen angemessenen Lohn. Mit dem Art. 27a I Aw gehen die Niederländer über die europarechtlich angeordnete bloße Berücksichtigung des Gewinns bei der Schadensberechnung hinaus (Art. 13 I lit. a Richtlinie 2004/48/EG136). Der verletzte Urheberrechtsinhaber kann den durch den Verletzer erlangten Gewinn herausverlangen, und der Gewinn wird nicht nur als Indiz für die Schadenshöhe herangezogen 137. Da Art. 27a I Aw bei Erlass der Richtlinie im Jahr 2004 schon bestand, war eine inhaltliche Änderung des urheberrechtlichen Haftungsrechts im Sinne einer Mindestharmonisierung deswegen nicht mehr erforderlich138. 133
Rb. Amsterdam, 7.2.2007, S. 119. Zu dieser Berechnungsmethode (kostprijsberekeningsmethode) vgl. ausführlich Deurvorst, Schadevergoeding, S. 198–202; dies., Winstafdracht bij inbreuk op auteursrecht, S. 132–133; dies., Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 156–158. 134 Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73. Zur Problematik der Berechnung des Nettogewinns Gerbrandy, Auteursrecht, S. 72. Hiergegen haben die Befürworter der Abzugsmöglichkeit die Möglichkeit einer Beweislastumkehr eingewendet. Vgl. Deurvorst, Anmerkung zu Rb. ’s-Gravenhage, 15.2.1995, S. 171; dies., Voordeelsafgifte, S. 185–187. Damit der Strafcharakter der Gewinnherausgabe wenigstens teilweise bestehen bleibt, sollen nicht alle Kosten abgezogen werden, sondern nur die in unmittelbarem Zusammenhang dazu stehenden, vgl. dazu anschaulich BenGH 24.10.2005, BIE 2006, 28. Vgl. auch Deurvorst, Anmerkung zu Hof Amsterdam, 19.1.2010, S. 151. 135 Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73. 136 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 137 Kritisch zur Eignung des Verletzergewinns als Indiz für die Schadenshöhe Deurvorst, Anmerkung zu Rb. Amsterdam, 7.5.2008, BIE 2010, S. 126. 138 Kamerstukken vergaderjaar 2005–2006, 30 392, Nr. 3, S. 27. Durch die Gesetzesänderung wurde lediglich ein Formulierungsfehler korrigiert.
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b) Patentrecht Auch im Patentrecht hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Entwicklung eines genuinen Gewinnausgleichstatbestandes abgezeichnet. Bevor die ausdrücklich einen patentrechtlichen Gewinnherausgabeanspruch statuierende Regelung des Art. 70 V ROW (1995) aber näher erläutert wird, soll zunächst dargestellt werden, aus welcher Tradition und in welchem Kontext sie entstanden ist. (1) Geschichtliche Einordnung Vor 1978 bestand im niederländischen Patentrecht keine ausdrückliche Gewinnabschöpfungsregelung. Dennoch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Patentinhaber unter bestimmten Umständen Vorteile durch Patentverletzungen auch vor Erlass des Art. 43 III ROW (1910) im Jahr 1978 herausverlangen konnten. Im 16. und 17. Jahrhundert verliehen selbständige und unabhängige souveräne Staatsorgane in den Niederlanden erste Patente ohne spezifische gesetzliche Grundlage139. Auch die Rechtsfolgen bei Patentverletzungen regelte nicht ein Gesetz, sondern der jeweilige Patentbrief selbst. Dabei ging es primär um die Verhinderung von Patentverletzungen durch abschreckende Anordnungen, wie die Verpflichtung zur Strafzahlung und Beschlagnahme von patentwidrigen Gegenständen und Erlösen 140. Erst seit der französischen Besatzungszeit nach der Revolution galt ab 1809 in den Niederlanden ein erstes einheitliches Patentgesetz141, nach dessen Art. 2 der Patentverletzer eine Strafe zu zahlen und zugefügte Schäden zu ersetzen hatte142. Das Gesetz bestand lediglich aus drei Artikeln und erläuterte Haftungsfragen im Übrigen nicht. Dies änderte sich 1817 durch das erste niederländische Patentgesetz143. In dessen Artikel 6b wurde die Haftung des Rechtsverletzers umfassender geregelt144. Patentwidrige Gegenstände sollten 139
Drucker, Octrooirecht, S. 16. Mangels gesetzlicher Regelung bestand bis ins frühe 19. Jahrhundert nicht einmal ein Recht auf Verleihung eines Patents, vgl. Drucker, Octrooirecht, S. 18–19. 140 Drucker, Octrooirecht, S. 26. 141 Wet van 26.3.1809; vgl. auch Drucker, Octrooirecht, S. 40. 142 Art. 2 Wet van 26.3.1809: „[…] een iegelijk […] die eenig Voorwerp, waarop door Ons Octrooi is verleend, op eenigerlei wijze, hoegenaamd zoude namaken, of op hetzelve Octrooi, ten koste en nadeele van den Geoctroijeerden, eenige inbreuk, hoedanig ook, mogte maken, zal voor de eerste reiz verbeuren eene boete van zes honderd Guldens, en, bij herhaling, telkens eene boete van twaalf honderd Guldens, behoudens de verpligting van den Overtreder of Overtreders, tot schadevergoeding aan den Geoctroijeerden, wegens de schade of nadeel, door deze overtreding aan hem toegebragt“. 143 Wet van den 25.1.1817, omtrent het verleenen van uitsluitende regten op uiteindingen en verbeteringen van voorwerpen van Kunst- en Volksvlyt. 144 Art. 6b Wet van den 25.1.1817: „De octroijen zullen aan derzelver bezitter of regtverkregen hebbende de bevoegdheid geven om die genen, welke op het aan hun verleende
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ebenso wie die für die patentwidrigen Gegenstände erlangten Erlöse zu Gunsten des Patentinhabers beschlagnahmt werden, um so eine Bereicherung des Patentverletzers durch die Verletzung auszuschließen. Darüber hinaus musste der Patentverletzer zugefügte Schäden ersetzen. Effektiv wurde deswegen – mit dem alleinigen Ziel der Abschreckung – der gesamte Gewinn des Verletzers zugunsten des Rechtsinhabers abgeschöpft. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts schlossen sich Mitglieder der niederländischen Handelskammer zu einer Anti-Patent-Bewegung zusammen145 und erreichten 1869 die Abschaffung des Patentgesetzes. Patente verloren in den Niederlanden an Bedeutung146. Erst im Jahr 1910 wurde durch den Beitritt zur Berner Konvention147, welche die Regelung patentrechtlicher Fragen in ihren Mitgliedsländern vorschrieb, eine Neuregelung des Patentrechts unumgänglich. Sie erfolgte noch im selben Jahr. Art. 45 IV ROW (1910)148 ordnete als Rechtsfolge der Patentverletzung wieder die Beschlagnahme der patentwidrigen Gegenstände sowie die pauschale Strafzahlung und den Ersatz des Schadens an149. Die Regelung zur Beschlagnahme der Erlöse aus dem Patentgesetz von 1817 führte der Gesetzgeber jedoch nicht wieder ein. Auch schwächte er die Rechtsposition des Patentinhabers insoweit, als die konfiszierten Gegenstände primär dem Staat zustehen sollten und dem Patentinhaber nur auf Antrag zugesprochen werden sollten. Seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich die niederländische Patentrechtsliteratur dann erstmals abstrakt gefragt, ob neben Beschlagnahme, Schadensersatz und Strafe eine Abschöpfung von Gewinnen angemessen sein kann150. Teile der Literatur sind hierbei davon ausgegangen, dass es sich uitsluitend regt zouden inbreuk mogen maken, in regten te vervolgen, en tegen dezelve te procederen tot verbeurd-verklaring, ten hunnen behoeve van de vervaardigde en nog onverkochte en van den koopprijs der reeds verkochte geoctroijeerde voorwerpen, alsmede tot zoodanige verdere vergoeding van schade, winstderving of interessen, als waartoe er termen zijn mogten“. 145 Sie begründeten die Notwendigkeit der Abschaffung des Patents damit, dass Patente den Handelsverkehr unangemessen einschränken, vgl. Heemskerk, Voordragten, S. 24–25. 146 Dazu Drucker, Octrooirecht, S. 42–43. Ein eindrucksvolles Plädoyer gegen Patente ist das Schreiben der Kamer van Koophandel an den Staatsraad Commissaris des Konings vom 10. November 1855: „De Kamer gelooft namelijk, dat de octrooijen niets zijn dan een overblijfsel van vroegere beperkingen en privilegiën voor de nijverheid, vooral in een klein land als het onze zeer belemmerend, en dus hoe eerder hoe liever geheel af te schaffen“, abgedruckt in: Heemskerk, Voordragten, S. 24. 147 Siehe Fn. 80. 148 Art. 45 IV ROW (1910): „Indien voorwerpen zijn verbeurd verklaard, kunnen de rechthebbenden op het octrooi, indien zij zich binnen acht dagen, nadat het vonnis in kracht van de gewijsde in gegaan, daartoe ter griffie aanmelden, vorderen, dat de voorwerpen hun worden afgegeven“. 149 Telders, Octrooirecht, S. 348. 150 Drucker, Octrooirecht, S. 335–337; Telders, Octrooirecht, S. 348.
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um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch handle, der vollkommen unabhängig vom Schadensersatz zu erörtern sei, und haben auf die allgemeine bereicherungsrechtliche Diskussion, insbesondere bei Bregstein151, verwiesen152. Andere Stimmen haben hingegen den Rechtsgedanken des Art. 634 BW angeführt, nach dem der bösgläubige Besitzer gezogene Früchte herausgeben muss153. Rechtswissenschaftler sahen zwar im Rahmen der Rechtsvergleichung die Möglichkeit eines geschäftsführungsrechtlichen Begründungsansatzes anhand der Konstruktion der Geschäftsanmaßung. Diese lehnten sie aber als „krampfhaft“ und ungeeignet für das niederländische Recht ab154. Schließlich hat der Patentrechtler Willem Drucker die deutsche Herangehensweise gewählt und sich dafür eingesetzt, den Verletzergewinn als Indiz für den Schaden des Patentinhabers zu verstehen 155. Dabei hat er jedoch deutlich darauf hingewiesen, dass insoweit keine niederländische Rechtstradition bestand. Nach einem Rechtsvergleich zu Deutschland argumentierte er, dass es auch in den Niederlanden ungerecht erscheine, wenn der Rechtsverletzer seinen Gewinn behalten dürfe. Auch wenn es sich dabei nachweislich nicht um einen entgangenen Gewinn handle, hat Drucker sich deswegen bereits in den zwanziger Jahren dafür eingesetzt, alternativ zum Schadensersatzanspruch den Verletzergewinn abzuschöpfen156. (2) Art. 70 V Patentgesetz (Rijksoctrooiwet) Erst viele Jahrzehnte später ist eine solche Regelung dann auch tatsächlich in das Patentgesetz eingeführt worden. Heute kann der Patentverletzer nach Art. 70 V ROW (1995)157 zusätzlich zum Schadensersatz dazu verurteilt werden, seinen Gewinn an den Patentinhaber herauszugeben 158. Die Norm ist 1978 ursprünglich als Art. 43 III in das Patentgesetz (1910) eingefügt und bei der Patentrechtsreform 1995 als Art. 70 V ROW (1995) in das neue Patentgesetz übernommen worden. Damit handelt es sich beim Patentrecht – trotz dessen langjähriger Ablehnung bis ins 20. Jahrhundert hinein – um das erste niederländische Rechtsgebiet, in dem ein eigenständiger Gewinnabschöpfungstatbestand bestand. Der Wortlaut des Art. 70 V ROW (1995) ähnelt 151
Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 72–131. Telders, Octrooirecht, S. 348; Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 153 Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 154 Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 155 Drucker, Octrooirecht, S. 335–337. 156 Drucker, Octrooirecht, S. 337. 157 „Naast schadevergoeding kan worden gevorderd, dat de gedaagde veroordeeld wordt de door de inbreuk genoten winst af te dragen en dienaangaande rekening en verantwoording af te leggen; indien de rechter evenwel van oordeel is, dat de omstandigheden van het geval tot zulk een veroordeling geen aanleiding geven, zal hij de gedaagde tot schadevergoeding kunnen veroordelen […]“. 158 Zum Schutz des Lizenznehmers vgl. Wetink, Licentie, S. 44–47. 152
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dem des Art. 27a I Aw. Da die Anspruchsgrundlagen auch inhaltlich nah beieinander liegen – es handelt sich jeweils um die Verletzung eines Immaterialgüterrechts und eine dadurch erfolgende Gewinnerzielung – verweist die Rechtsprechung vielerorts auf das jeweils andere Rechtsgebiet. Die auftretenden Probleme sind demnach häufig eng miteinander verknüpft. Dennoch gibt es einige Besonderheiten. Art. 43 III ROW (1910) wurde bereits elf Jahre vor Art. 27a I Aw erlassen. Dabei gab es jeweils eigene Gesetzgebungsdebatten mit jedenfalls teilweise voneinander abweichenden Argumentationen. Grund für die Einführung des Art. 43 III ROW (1910) war unter anderem, dass bei den durch Rechtsverletzung entstehenden Schäden im Patentrecht Beweisschwierigkeiten festgestellt worden waren, die durch eine Schadensberechnung anhand des Verletzergewinns vermieden werden könnten 159. Ferner empfand man es als unangemessen, dass der Patentinhaber gegenüber seinen Konkurrenten seine Buchhaltung offenlegen musste, um so seinen entgangenen Gewinn beweisen zu können. Es sei angemessener, wenn der Verletzer seine Buchhaltung offenlegen müsse und sein Gewinn den entgangenen Gewinn des Patentinhabers indiziere160. In Art. 70 V ROW (1995) ist ein Ermessensspielraum des Richters ausdrücklich vorgesehen. Ermessensleitlinien für die Entscheidung des Richters bestehen dabei nicht. Die Gesetzesbegründung erläutert lediglich, dass der Richter seinen Ermessensspielraum dann nutzen soll, wenn der Gewinn insbesondere auf einer Eigenleistung des Rechtsverletzers beruht. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob der Rechtsverletzer vorsätzlich oder sogar mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat161. Mit Art. 43 III ROW (1910) war damit keine primär abschreckende Regelung bezweckt. Vielmehr ging es um einen gerechten Vermögensausgleich. Nach dem heute geltenden Art. 70 V ROW (1995) besteht ein Schadensersatzanspruch hingegen nur bei Kenntnis oder wenigstens fahrlässiger Unkenntnis des Rechtsverstoßes162. Damit entsprechen die Entstehungsvoraussetzungen für den Gewinnherausgabeanspruch denen für den Schadensersatzanspruch163. 159
IE Tekst&Commentaar/Gielen/Verschuur, Art. 70 ROW, Nr. 6. Kamerstukken vergaderjaar 1974–1975, 13 209 (R967), Nr. 3, S. 58. 161 Kamerstukken vergaderjaar 1974–1975, 13 209 (R967), Nr. 3, S. 59; dazu Deurvorst, Schadevergoeding, S. 170–171. 162 Dieses subjektive Erfordernis ist durch eine Gesetzesänderung von 2008 eingefügt worden, um die Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004 umzusetzen; allerdings hatte es die Rechtsprechung auch bereits zuvor verwendet, vgl. kamerstukken vergaderjaar 2006–2007, 30 975, Nr. 3, S. 11. 163 IE Tekst&Commentaar/Gielen/Verschuur, Art. 70 ROW, Nr. 6. Zunächst war immer Kenntnis erforderlich. Dies führte jedoch zu einem stark begrenzten Gewinnausgleich, der Art. 45 I TRIPS widersprach, sodass 2008 eine weitere Gesetzesänderung mit dem Ergeb160
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In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit einer teilweisen Gewinnabschöpfung Abstand genommen. Es führe zu einer zu großen Rechtsunsicherheit, wenn der Richter selber einschätzen könne, welcher Teil des Gewinns wem zustehe. Deswegen solle der Richter die Abschöpfung des gesamten Gewinns anordnen können, oder aber die Haftung auf einen Schadensersatzanspruch beschränken164. Dagegen vertreten Teile der Literatur die Meinung, dass der Rechtsverletzer seine Kosten von dem Gewinn abziehen können soll165, um so eine ungerechtfertigte Bereicherung des Patentinhabers zu vermeiden 166. In der Rechtspraxis hat sich jedenfalls gezeigt, dass eine exakte Gewinnzuordnung häufig nicht möglich ist und die Richter einen Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Frage haben, was der genaue – gerade durch die Rechtsverletzung erlangte – Gewinn ist167. Bei Einführung der patentrechtlichen Gewinnabschöpfungsregelung des Art. 43 III ROW (1910) im Jahr 1978 war noch ausdrücklich von einer zum Schadensersatz alternativen Gewinnabschöpfung die Rede168. Die Kumulationsmöglichkeit von Schadensersatz und Gewinnherausgabe wurde erst nachträglich anlässlich der Modernisierung des Patentrechts im Rahmen des neuen Patentgesetzes (ROW) von 1995 eingeführt und mit einer Angleichung an das Urheberrecht – wo die Kumulation bereits seit 1989 möglich war – begründet169. Allerdings gilt auch hier das bereits zum Urheberrecht Erörterte170: Eine vollständige Kumulation von Gewinnabschöpfung und Schadensersatz bevorteilt den Rechtsinhaber nach ganz überwiegender Rechtsauffassung unangemessen, sodass die restriktive Rechtsprechung zur Kumulationsmöglichkeit in Art. 27a üblicherweise auch auf das Patentrecht übertragen wird171. Es soll aber zumindest eine nachträgliche Wahlmöglichkeit bestehen. Der Verletzte muss sich nicht vor der Klage entscheiden, ob er Schadensersatz oder Gewinnherausgabe verlangt. Vielmehr kann er das Urteil des Richnis der heutigen Regelung vorgenommen wurde, vgl. kamerstukken vergaderjaar 2004– 2005, 29 84 (R1777), Nr. 3. 164 Kamerstukken vergaderjaar 1975–1976, 13 209 (R967), Nr. 8, S. 11. 165 Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans, Kort begrip, S. 312; dagegen Barendrecht/Lutt, Inbreuk op intellectuele eigendomsrechten, S. 162. 166 Die Literatur hat die aus dem richterlichen Berechnungsspielraum resultierende Rechtsunsicherheit zwar erkannt; daraus aber nicht den Schluss gezogen, dass eine Gewinnabschöpfung nur ganz oder gar nicht erfolgen soll, sondern das gesamte Rechtsinstitut in Frage gestellt, vgl. Deurvorst, Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 159. 167 Vgl. HR 18.6.2010, LJN BL 9662; Rb. Haarlem, 25.8.2010, BIE 2011, 55; kritisch Deurvorst, Anmerkung zu Rb. Haarlem, 25.8.2010, S. 59. 168 Kamerstukken vergaderjaar 1974–1975, 13 209 (R967), Nr. 3, S. 59 und vergaderjaar 1975–1976, 13209 (R967), Nr. 8, S. 11. 169 Kamerstukken vergaderjaar 1991–1992, 22 604 (R1435), Nr. 3, S. 31. 170 Siehe § 2 II 2 a) (2). 171 IE Tekst&Commentaar/Gielen/Verschuur, Art. 70 ROW, Nr. 6; dazu auch Verkade, Anmerkung zu HR 14.4.2000, S. 3285.
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§ 2 Niederlande
ters abwarten und sich dann für die für ihn günstigere Variante entscheiden172. Neben der Gewinnabschöpfung sollen weiterhin gem. Art. 70 VII ROW (1995) patentwidrige Gegenstände beschlagnahmt werden. Eine dem Art. 28 II lit. b Aw vergleichbare Regelung, dass auch Erlöse herauszugeben sind, gibt es im Patentrecht hingegen nicht. Insoweit bestehen hier geringere Konkurrenzprobleme als im Urheberrecht. c) Besonderheiten bei anderen Immaterialgüterrechten Wie gezeigt, bestehen viele Parallelen zwischen der urheberrechtlichen und der patentrechtlichen Zuordnung von Gewinnen. Trotz einiger Unterschiede in Wortlaut und Entwicklungsgeschichte, werden die Art. 27a I Aw und Art. 70 V ROW überwiegend parallel ausgelegt und dienen so als Grundmuster für die Haftung in anderen Gebieten des geistigen Eigentums. Allerdings bleiben auch hier einige Besonderheiten. Im Marken- und Gebrauchsmusterrecht bestehen ebenfalls eigenständige Gewinnabschöpfungstatbestände in Form der Artt. 2.21 IV, 3.17 des Benelux-Vertrags über Geistiges Eigentum (Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom). Diese wurden 1993 als Art. 13a IV in das damals geltende Markengesetz (Benelux Merkenwet) und als Art. 14 III in das geltende Gebrauchsmustergesetz (Benelux Tekeningen en Modellenwet) eingefügt173. Auffällig ist, dass in allen diesen Rechtsgebieten – die die Gewinnabschöpfung mit einer Norm sehr ähnlichen Wortlauts anordnen – die Gewinnherausgabe stets zusätzlich sowie alternativ zum Schadensersatz verlangt werden kann174. Die Debatte, die die niederländischen Gerichte in dieser Hinsicht bei den Artt. 27a I Aw, 70 V ROW (1995) führen, findet dementsprechend auch vor dem für Marken- und Gebrauchsmusterfragen zuständigen Benelux Gerichtshof statt175. 172
Der Hoge Raad hat 1991 erstmals in diesem Sinne entschieden, HR 9.11.1990, NJ 1991, 169, 694 mit Anmerkung Verkade. 173 Bis dahin kam nur eine Schadenskompensation in Betracht. Auf ein Verschulden kam es dabei ursprünglich nicht an, vgl. Ebbink, Over merkenfraude, S. 425. Eine Schadensberechnung anhand des Gewinns wurde nicht in Betracht gezogen, vgl. Wichers Hoeth, Kort commentaar, Art. 13, S. 91. Die Gründe für die Einführung einer Gewinnhaftungsregelung entsprechen den zum Urheberrecht Genannten, vgl. kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 981 Nr. 1. 174 Art. 2:21 II BVIE: „Naast of in plaats van een vordering tot schadevergoeding, kann de merkhouder een vordering instellen tot het afdragen van ten gevolge van dit gebruik genoten winst alsmede tot het afleggen van rekening en verantwoording dienaangaande; indien de rechter van oordeel is dat dit gebruik niet te kwader trouw is of dat de omstandigheden van het geval tot zulk een veroordeling geen aanleiding geven, wijst hij de vordering af“. 175 BenGH 11.2.2008, NJ 2008, 535. Dazu Intellectuele Eigendom/Gielen, Art. 2.21 BVIE, Nr. 3; Intellectuele Eigendom/Geerts, Art. 3.17 BVIE, Nr. 3. Die unbeschränkte
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung
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Anders als im Urheber- und Patentrecht ist im niederländischen Markenund Gebrauchsmusterrecht ausdrücklich festgelegt, dass ein Gewinnausgleich ausscheidet, wenn der Verletzer nicht bösgläubig ist. Dabei wird die Bösgläubigkeit in der Regel eng ausgelegt und nur bei Piraterie, also bewusster Kopie von Markenprodukten, bejaht. Grund dafür ist die von der Rechtsprechung allgemein anerkannte Straffunktion der Artt. 2.21 IV, 3.17 BVIE. Sogar wenn der Verletzer bewusst durch die Verletzung einer fremden Marke Gewinne erzielen wollte, so soll Bösgläubigkeit nicht vorliegen, wenn er andeuten kann, dass er das Risiko der Verwechslungsgefahr nicht erkannt hat176. Eines Beweises bedarf es insoweit nicht177. Nur wenn der Markenverletzer gewerbsmäßig gehandelt hat, wird (widerleglich) vermutet, dass er den Inhalt des Markenregisters kennt178, und deswegen als Markenpirat einzuordnen ist.
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung Das letzte Kapitel hat gezeigt, dass das niederländische Recht keine einheitliche Gewinnausgleichskonzeption bereithält. Gerade im Bereich eigentumsrechtlicher Fragen bestehen große Unstimmigkeiten. Die gesetzliche Verortung des Gewinnausgleichs im Schadensrecht179 hat dazu geführt, dass die Rechtsprechung andere mögliche Formen des Gewinnausgleichs vernachlässigt hat. In der niederländischen Rechtsliteratur haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Stimmen zu Wort gemeldet, die sich für eine systematische Einordnung des Gewinnausgleichs in das Bereicherungsrecht aussprechen180. Besondere Schwierigkeiten hat hierbei der französische Einfluss auf das niederländische Bereicherungsrecht zu Beginn des 19. Jahrhunderts verursacht181. Dieser führte nämlich dazu, dass auch im niederländischen Recht Kumulation (so etwa Cohen Jehoram, Schadevergoeding naast winstafdracht, S. 98) konnte sich entgegen dem Wortlaut jedoch bislang nicht durchsetzen. 176 Vgl. Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 11. 177 Rb. Den Haag, 20.6.2011, IEPT 2011, 720. 178 Intellectuele Eigendom/Gielen, Art. 2.21 BVIE, Nr. 3; Intellectuele Eigendom/ Geerts, Art. 3.17 BVIE, Nr. 3. 179 Dazu sogleich umfassend unter § 2 V. 180 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 535–648; Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 14–25 und Sieburgh, Gerechtigheid en rechtshandhaving, S. 6849. Dabei will Sieburgh die bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung aber – in einer Parallele zur Zuordnung von Früchten zum Eigentümer oder zum Besitzer – dadurch einschränken, dass sie nur bei vorsätzlichen Rechtsverstößen erfolgen soll. 181 Zum französischen Einfluss auf das niederländische Zivilrecht zu Beginn des 19. Jahrhunderts, vgl. siehe oben § 2 I.
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§ 2 Niederlande
der Bereicherungsanspruch auf die Vermögensminderung des Bereicherungsgläubigers beschränkt ist (Regel des dubbel plafond)182. Dennoch befürworten Teile der niederländischen Literatur eine bereicherungsrechtliche „Vorteilsabschöpfung“, bei der der Anspruch nicht auf das Vermögensminus des Opfers beschränkt sein soll183. Eine solche bereicherungsrechtliche Gewinnausgleichsregelung hatte der Gesetzgeber im Rahmen Gesetzgebungsverfahren zu Art. 6:104 BW auch durchaus in Betracht gezogen184. 1. Tradition der allgemeinen Bereicherungsklage im 18. und 19. Jahrhundert Die schwierige Frage nach einer Tradition der allgemeinen niederländischen Bereicherungsklage bildet die Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob Gewinne im niederländischen Recht jemals nach bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten abgeschöpft werden konnten. Der heute im niederländischen Recht geltende allgemeine Bereicherungsanspruch ist vielfach damit begründet worden, dass bereits im altniederländischen („oud-vaderlands“) Recht ein allgemeiner Bereicherungsanspruch verankert gewesen sei 185, und dieser nur zeitweise durch den Einfluss des Code civil im 19. Jahrhundert verloren gegangen sei186. Hugo Grotius hat im Kapitel XXX seiner Inleiding tot de Hollandsche Regtsgeleerdheid187 das Bereicherungsrecht (baet-trecking)188 erörtert. Dabei ist er in Bezug auf die condictio ob rem jedoch allgemein geblieben und hat lediglich festgestellt, dass und nicht in welcher Form sie einen Anspruch auf
182 Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 213–217. Diese Lehre hat sich in den Niederlanden bis heute gehalten, so etwa Hofmann/Drion/Wiersma, Verbintenissenrecht, Bd. II, S. 43; Vranken, Strijd om het verrijkingsrecht, S. 1502–1503; Schrage, Ongerechtvaardigde verrijking, S. 987. 183 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 493–494. Der von Linssen verwendete Begriff des „Vorteils“ ist weiter als der des bloßen Gewinns. Alles auf Kosten Anderer Erlangte soll herausgegeben werden, also neben dem tatsächlichen (Netto-)Gewinn auch alle anderen Vorteile, wie etwa ersparte Aufwendungen. 184 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1266. Zu kurz greift in dieser Hinsicht die Argumentation von Koolhoven, Bereicherungsrecht, S. 317– 318, die bei Bestehen eines Bereicherungsanspruchs eine Gewinnabschöpfung bereits deswegen ausscheiden lassen will, weil kein haftungsbegründendes Verhalten im Sinne des Art. 6:104 BW vorliege. 185 Siehe dazu umfassend Visser, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 369–428; Feenstra, De betekenis van de Groot en Huber, S. 137–159. 186 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 823; Zwalve, Zaakwaarneming, S. 157; Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 125–131. 187 Laut Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 288 eine der wohl „frühesten und erfolgreichsten Darstellungen einer nationalen Rechtsordnung“. 188 Grotius, Inleiding, liber III, caput XXX.
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung
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Bereicherungsausgleich geben sollte189. Allerdings finden sich in seinem Werk De iure belli ac pacis190 im Kapitel zum Eigentum nähere Ausführungen zum Inhalt des Bereicherungsverbots: Danach sollte der Eigentümer nach der gutgläubigen Veräußerung seiner Sache vom Veräußerer die Differenz von Erlös und Einkaufspreis verlangen können, weil dieser sonst in Höhe dieser Differenz ungerechtfertigt bereichert sei. Ein solcher Anspruch sollte hingegen ausscheiden, wenn es sich bei dieser Differenz um fructus industriae handle, der Verkäufer einen besonders hohen Erlös also nur durch seinen eigenen Einsatz erlangt hatte191. Im 17. und 18. Jahrhundert verfestigte sich der Gedanke eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs über die anerkannten Fälle der Leistungskondiktion hinaus192 und damit das Recht des Eigentümers, die fructus rei aufgrund der ungerechtfertigten Bereicherung des Besitzers herauszuverlangen193. So hat der Hoge Raad van Holland, Zeeland en West-Friesland, der seit dem 16. Jahrhundert das oberste Gericht dieser Provinzen war194, im 18. Jahrhundert einen allgemeinen Bereicherungsanspruch angewendet 195. Die Entwicklung fand schließlich ihren Abschluss im Entwurf des Burgerlijk Wetboek von 1820, der einen allgemeinen Anspruch aus baet-trecking vorsah196. Hierbei handelte es sich allerdings um einen rein akademischen Gesetzesentwurf, der niemals in Kraft getreten ist oder auch nur Wirkung beansprucht hat. Durch die Einführung des stark an den Code civil angelehnten Wetboek Napoleon und später des Code civil selbst verschwand der Anspruch aus baet-trecking zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus der niederländischen Rechtsprechung. Das 1838 erlassene Burgerlijk Wetboek enthielt keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch, der also auch nicht als Grundlage für eine Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne dienen konnte. So hat die Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine bereicherungsrechtliche Gewinnherausgabe einheitlich abgelehnt197. 189
Grotius, Inleiding, liber III, caput XXX, § 18: „Ten vierde, weder-eissching van alle ‘t gunt andersins zonder gheven, betalen ofte belooven, aen iemand is gekomen uit eens anders goed buiten rechtelicke oorzake […] nochtans is het redelick dat het gunt een ander door het mijne is ghebaet, my werde vergoedet“, siehe auch Zimmermann, Obligations, S. 886. 190 Grotius, De jure belli ac pacis, liber II, caput X. 191 Siehe oben § 2 II 1 b). 192 Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 130; Visser, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 376–383. 193 Zur Entwicklung des Anspruchs auf baettrecking im römisch-holländischen Recht in Südafrika im 18. Jahrhundert Scholten, General enrichment, S. 391–402. 194 Über die umfassende Bedeutung dieses Gerichts für das altniederländische Recht Bailly/Verhas, Hoge Raad van Holland. 195 Feenstra, Beginselen, S. 32. 196 Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 130. 197 van der Leij, Ongerechtvaardigde verrijking, S. 143–155.
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§ 2 Niederlande
2. Entwicklungen im 20. Jahrhundert Bregstein hat in seiner Dissertation von 1927 – auf die in der bereicherungsrechtlichen Literatur auch heute noch regelmäßig hingewiesen wird198 – den allgemeinen niederländischen Bereicherungsanspruch damit begründet, dass eine bereicherungsrechtliche Tradition auch im Burgerlijk Wetboek (1838) angelegt sei199. Diese Auffassung teilte die Rechtsprechung zunächst nicht. Erst 1959 erkannte sie in einem Grundsatzurteil einen allgemeinen Bereicherungsanspruch wieder an200. Durch die Einführung des neuen Burgerlijk Wetboek 1992 ist der allgemeine Bereicherungsanspruch dann in Art. 6:212 BW kodifiziert worden. Bei der Frage nach der Abschöpfung rechtswidriger Gewinne gewann der Bereicherungsanspruch unmittelbar nach Erscheinen der Dissertation Bregsteins an Bedeutung201. In seiner Arbeit hatte Bregstein hervorgehoben, dass die Rechtsfolge der ungerechtfertigten Bereicherung ein Schadensersatzanspruch sei, der Anspruch also auf die Höhe der Vermögensminderung auf Seiten des Rechtsinhabers beschränkt sein müsse. Dieser Schadensersatzanspruch könne aber ausnahmsweise auch die Höhe der Bereicherung haben, wenn eine Privatstrafe angemessen sei. Der Grund für den Anspruch war demnach nicht mehr die rechtsgrundlose Bereicherung also solche, sondern die eventuelle Notwendigkeit einer Abschreckung des Bereicherten202. Niederländische Patentrechtswissenschaftler haben den Bereicherungsgedanken – nach dem rechtsvergleichenden Verweis auf die in Deutschland entwickelte dreifache Schadensberechnungsmethode – als Argument für eine Berechnung des Schadens anhand des Gewinns herangezogen203. Dies erstaunt, ging man im Übrigen doch davon aus, dass ein Bereicherungsanspruch nicht nur eine Bereicherung des Schuldners, sondern auch einen Vermögensverlust auf Seiten des Anspruchsstellers voraussetze (Regel des dubbel plafond). Ein solcher Vermögensverlust liegt aber gerade nicht vor, wenn Gewinne abgeschöpft werden sollen, die den Schaden des Rechtsinhabers 198
So etwa Hofmann/Drion/Wiersma, Verbintenissenrecht, Bd. II, S. 41. Zur Begründung eines solchen Anspruchs greift Bregstein auf die Lehren des Hugo Grotius zurück: „de billykheyt laat niet toe na de scheydinge der eygendommen dat yemant hem sal verryken over eens anders schade“, Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 192. 200 HR 30.1.1959, NJ 1959, 548 (Quint–te Poel). Dazu ausführlich Dunné, Verbintenissenrecht, Bd. II, S. 940–944. 201 Wertheim, Aansprakelijkheid, S. 73–74. Der Grund für den Anspruch war nicht mehr die rechtsgrundlose Bereicherung, sondern die Notwendigkeit einer Bestrafung. 202 Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 190–197. 203 Drucker, Octrooirecht, S. 336–337; Telders, Octrooirecht, S. 348. Laut Drucker sollte die Schadensberechnung anhand des Gewinns auch gängige Rechtspraxis in Frankreich sein. Dass dies nicht der Fall war, wird unter § 1 I 2 erläutert. Entgegenstehende Nachweise bringt Drucker nicht. 199
III. Bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung
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übersteigen204. So verweist die Rechtsprechung bis heute nicht auf den Bereicherungsanspruch, wenn der Gewinn zur Schadensberechnung herangezogen wird205. Eine Kondiktion rechtswidrig erlangter Gewinne hat 1977 erstmals Hermanus Schoordijk in einer Erinnerungsschrift an Bregstein in Erwägung gezogen206. Dabei verwarf er die These, dass ein bereicherungsrechtlicher Anspruch eine Vermögensminderung voraussetze und schloss sich nach einer umfassenden rechtsvergleichenden Darstellung der deutschen Rechtsauffassung an. Hierbei ging er sogar einen Schritt weiter als die deutsche Rechtswissenschaft, indem er nicht nur die Herausgabe von Vorteilen, die unmittelbar durch das rechtswidrige Verhalten erzielt worden waren, sondern die Herausgabe eines jeden Gewinns forderte207. Später hat Schoordijk seine Auffassung präzisiert und zwischen den Rechtsfolgen verschiedener Arten von Rechtsverletzungen differenziert: Verletze jemand gutgläubig ein fremdes Urheberrecht, etwa indem er ein fremdes Buch ohne Lizenz verfilme, so könne der Berechtigte nur den Wert des unmittelbar Erlangten kondizieren. Der Verletzer müsse also eine angemessene Lizenzgebühr zahlen. Hingegen bestehe ein Anspruch auf Strafschadensersatz in Höhe des erzielten Gewinns, wenn bewusst das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt werde, etwa indem ein Nacktbild veröffentlicht werde208. Die Fälle unterscheiden sich in Bezug auf die Vorwerfbarkeit des Verletzerverhaltens. Nur bei einer vorsätzlichen Gewinnerzielung auf Kosten eines anderen sollten nach Schoordijk Gewinne abgeschöpft werden. Der Gewinn sollte hierbei nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen herausverlangt werden können, auch wenn feststehe, dass der Inhaber des Rechts damit keinen Gewinn erzielt hätte209. Zwar läge dann keine Vermögensminderung vor, der Schaden müsse jedoch abstrakt berechnet und auf die Höhe des Gewinns des gutgläubigen Verletzers festgelegt werden. Schoordijks Erwägungen sind im Bereicherungsrecht des neuen Zivilgesetzes unberücksichtigt geblieben. Vielmehr handelt es sich beim Bereicherungsanspruch weiterhin um einen subsidiären Rechtsbehelf210; zudem sind
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Biegman-Hartogh, Boekbeschouwing, S. 278. So etwa Rb. Amsterdam, 15.6.1976, BIE 1978, 9. 206 Schoordijk, Ongegronde vermogensvermeedering, S. 25–32. 207 Schoordijk, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 29. 208 Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 13–14. 209 Dagegen Gerbrandy, Auteursrecht, S. 72: „Is de eis tot afdracht van winst nu een vordering wegens ongerechtvaardigde verrijking? Wij vallen hier terug op het BW en dan is het antwoord ontkennend. Blijkens art. 6:212 berust herstel van onrechtmatige verrijking niet op onrechtmatigheid maar op redelijkheid […]“. 210 Dazu Schrage, Subsidiariteit, S. 245–257. 205
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die Grenzen seiner Anwendbarkeit eng gesteckt211. Auch nach Erlass des Art. 6:212 BW (1992) soll es sich um einen Billigkeitsanspruch handeln, der nur in begrenzten Ausnahmefällen Anwendung findet212, nämlich dann, wenn auch ein Schaden besteht213. In der aktuellen Rechtsprechung finden sich dementsprechend zwar regelmäßig Entscheidungen, in denen bereicherungsrechtliche Ansprüche bejaht werden, aber keine Entscheidungen, die nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen auch Gewinne zusprechen, denen kein Schaden gegenübersteht.
IV. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“? Nach Art. 6:198 BW ist Geschäftsführer derjenige, der sich mit Wissen und Wollen für die Belange eines anderen einsetzt214. Der Geschäftsführer ist gem. Art. 6:199 II BW zur Rechnungslegung verpflichtet. Dabei muss er dem Geschäftsherrn dasjenige herausgeben, „was diesem zusteht“215. Während Vorteile, die bei der Geschäftsführung erlangt werden, dem Geschäftsherrn zustehen, hat der Geschäftsführer nur – gegebenenfalls – einen Anspruch auf Aufwendungsersatz216. Einen Schluss auf eine allgemeine geschäftsführungsrechtliche Gewinnausgleichskonzeption auf dieser Grundlage zieht die niederländische Rechtswissenschaft nicht217. Die Diskussion um die negotiorum gestio in den Nie-
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So auch Linssen, Ongerechtvaardigde verrijking, S. 64: „De rechtspraak is weliswaar in ontwikkeling, maar de trend wordt nog steeds gekenmerkt door (impliciete) terughoudendheid bij het honoreren van de vordering uit ongerechtvaardigde verrijking“. 212 Eine Aufzählung dieser Fälle findet sich bei Vranken, Strijd om het nieuwe verrijkingsrecht, S. 1496–1502. 213 Insoweit folgt das niederländische Bereicherungsrecht weiterhin dem französischen Modell, so auch Zimmermann, Unjust enrichment, S. 417. 214 Art. 6:198 BW: „Zaakwaarneming is het zich willens en wetens en op redelijke grond inlaten met de behartiging van eens anders belang, zonder de bevoegdheid daartoe aan een rechtshandeling of een elders in de wet geregelde rechtsverhouding te ontlenen“. 215 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 794; Meijers, Ontwerp, Toelichting boek 6, Art. 6.4.1.2, S. 712; Asser/Hartkamp, Handleiding, Verbintenissenrecht III12, Nr. 309. 216 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 409. 217 Boekman, Boekbespreking Fischer, S. 78: „Helaas kan ik niet zien, dat onze wetsartikelen betreffende de zaakwaarneming voor zulk een vordering voldoende aanknopingspunten bieden“. Der Grund für die Ablehnung einer Konstruktion der Geschäftsanmaßung im Sinne des deutschen (§ 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB) oder schweizerischen Rechts (Art. 423 I OR) ist, dass das Geschäftsführungsrecht in den Niederlanden seit jeher eine untergeordnete Rolle spielt, in diesem Sinne Schoordijk, Algemeen gedeelte verbintenissenrecht, S. 407.
IV. Gewinnherausgabe bei „Geschäftsanmaßung“?
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derlanden war stets eng an den französischen Rechtsdiskurs angelehnt218. Hier setzten geschäftsführungsrechtliche Ansprüche voraus, dass willentlich (volontairement) ein fremdes Geschäft geführt worden war219. Hatte der Geschäftsführer ohne Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt, so sollten vorrangig deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche einen gerechten Ausgleich gewährleisten220. Dementsprechend kommt eine negotiorum gestio im geltenden niederländischen Recht nur bei altruistischem Handeln in Betracht221. Führt der „Geschäftsführer“ eigennützig fremde Geschäfte, handelt es sich nach niederländischem Recht nicht um eine Geschäftsführung, insbesondere wenn er gegen den Willen des Geschäftsherrn handelt222. Huib Drion hat sich in einer Urteilsanmerkung dafür ausgesprochen, dass die Voraussetzung des Fremdgeschäftsführungswillens für die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche entbehrlich sein müsse. In der Entscheidung hatte das Gericht einen vertraglichen Anspruch angenommen, eine alternative Begründung aber bewusst offengelassen223. Drion begründete dies damit, dass es ungerecht sei, wenn der Geschäftsführer ohne Fremdgeschäftsführungswillen Ansprüchen des Geschäftsherrn entgehen könne. Deswegen sei er ebenso zu behandeln wie ein Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen224. Mit dieser Auffassung konnte er sich freilich nicht durchsetzen. Ein gerechter Ausgleich soll nach der bewussten Anmaßung fremder Geschäfte vielmehr mit bereicherungs- oder deliktsrechtlichen Ansprüchen erzielt werden können. Die Rechtswissenschaft hat dies damit begründet, dass der Ge218
Von 1838 bis 1992 war die zaakwaarneming in den Artt. 1390–1394 BW (1838) geregelt, die in Anlehnung an die Artt. 1372–1375 C. civ. verfasst worden waren. Dazu Hofmann/Drion/Wiersma, Verbintenissenrecht, Bd. II, S. 2–15. Dabei ergab sich die Pflicht zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten aus einem Verweis auf das Auftragsrecht, Art. 1390 III i. V. m. Art. 1839 B. W. (1838), dazu Pitlo, Verbintenissenrecht, S. 205. Weiterführend zum französischen Einfluss auf die niederländische Rechtswissenschaft van Dievoet, Le droit civil, S. 230–234. 219 Ras, Zaakwaarneming, S. 30–32. Im französischen Recht kam es vereinzelt auch zu abweichenden Ansätzen, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten, vgl. dazu § 1 II. 220 Meijers, Ontwerp, Toelichting boek 6, Art. 6.4.1.1, S. 709; Ras, Zaakwaarneming, S. 28; Diephuis, Burgerlijk regt, Bd. IV, Nr. 612 und Engelenberg, Negotiorum gestio, S. 129, 132. 221 So ausdrücklich in HR 24.4.1992, NJ 1992, 688, vgl. Linssen, Voordeelsafgifte, S. 424–425; Asser/Hartkamp, Handleiding, Verbintenissenrecht III12, Nr. 293. So auch von Bar/Clive, DCFR, Bd. III, Anm. zu Art. V.–1:101, Nr. 18. 222 So bereits HR 19.3.1852, WvhR 1852, Nr. 1328, S. 2. 223 Drion, Kanttekening, S. 64. 224 Ähnlich bereits 1905 Goudoever, Zaakwaarneming, S. 67–69: Mische sich der Geschäftsführer bewusst und ohne den Willen des Geschäftsherrn in dessen Geschäfte ein, so sei es für den Geschäftsherrn vorteilhaft, wenn er aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag vorgehen könne. Durch die Offenlegungspflicht des Geschäftsführers käme es zu einer Beweiserleichterung, da der Geschäftsherr jetzt keinen Schaden nachweisen müsse.
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schäftsinhaber bei bewusster Anmaßung von Geschäftsbefugnissen durch einen Dritten keinerlei nachträglicher Bindung unterworfen sein225 und der Dritte keinen Anspruch auf Ersatz für Aufwendungen für sein rechtswidriges Verhalten erlangen solle226. Dass diese Begünstigung des Geschäftsinhabers – Ausschluss einer gesetzlich angeordneten Bindung im Sinne der negotiorum gestio – mit dem Nachteil einhergeht, dass damit auch eine actio directa gegen den Handelnden ausscheidet, ist nur vereinzelt problematisiert worden227. Eduard Meijers ist in seinem Entwurf des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1961 der streng subjektiven Geschäftsführungskonzeption treu geblieben, sodass es in dieser Frage nicht zu einem Bruch mit der französischen Tradition gekommen ist228. Der Wortlaut des 1992 eingeführten und heute geltenden Art. 6:198 BW stimmt mit Art. 6.4.1.1 des Entwurfs Meijers überein und hält daran fest, dass nur, wer mit Wissen und Wollen für einen anderen tätig wird, als Geschäftsführer in Betracht kommt. In seiner Anmerkung zum Nieuw Burgerlijk Wetboek distanziert sich Meijers sogar explizit von der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag im deutschen Sinne: Neben dem Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn bedürfe es keiner Abschöpfung von Gewinnen des selbstsüchtig in eine fremde Geschäftssphäre Eingreifenden anhand der Geschäftsführungsrechts 229. Kritische Stimmen haben indes moniert, dass es ungerecht sei, den Altruisten einer umfassenden Herausgabepflicht zu unterwerfen, während der Egoist nur auf Schadensersatz haften soll und mögliche darüber hinausge-
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Diephuis, Burgerlijk regt, Bd. IV, Nr. 612: „Veelmeer vordert de eerbiediging van ieders regten, dat zulk eene waarneming als eene onregtmatige daad beschouwd worde, die wel den waarnemer tot vergoeding jegens den belanghebbende verpligt, maar dezen geene verpligtingen kan opleggen“. 226 Engelenberg, Negotiorum gestio, S. 129: “En wil men niet […], dat de dief-zelfs voor de impensae, die hij voor de gestolen zaak gemaakt heeft, actione neg. gest. contr. van den bestolene nog vergoeding vordert, in één woord: dat de N. G. haar eigenaartig kenmerkend karakter verliest, dan moet men de werking van de animus ook in het nieuwe recht nog handhaven en ook daar de actio neg. gest. contr. afhandelijk maken van zijn bestaan“. 227 Ras, Zaakwaarneming, S. 32 weist darauf hin, dass das Willenserfordernis für die actio contraria sowie für die actio directa gilt. Dass dies für den durch das Delikt verletzen Geschäftsherrn den Nachteil mit sich bringt, dass er möglicherweise vom „Geschäftsführer“ erlangte Gewinne nicht abschöpfen kann, erwähnt Ras hingegen nicht. Kritisch zum engen Anwendungsbereich der niederländischen Geschäftsführung ohne Auftrag Linssen, Voordeelsafgifte S. 424. 228 Meijers, Ontwerp, Toelichting boek 6, Art. 6.4.1.1. 229 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 790: „[De belanghebbende] behoeft niet met behulp van de zaakwaarnemingsconstructie recht te hebben op eventueel door de dader gemaakte winst die zijn schade te boven gaat“.
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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hende Vorteile behalten darf230. Auch das Argument, dass eine Gewinnabschöpfung im niederländischen Recht nicht denkbar sei, könne nicht mehr überzeugen, schließlich sei die Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne seit der Einführung des Art. 6:104 BW durchaus anerkannt. Deswegen wäre vor Erlass des neuen Zivilgesetzes eine grundlegende Revision der negotiorum gestio erforderlich gewesen231. Generelle Kritik an der Regelung der negotiorum gestio im Nieuw Burgerlijk Wetboek, die eine Verwendung als Gewinnausgleichsregelung ausschließt, äußern niederländische Autoren aber nur vereinzelt. In der Regel empfinden sie die Führung eines fremden Geschäfts lediglich zu eigenen Zwecken als konstruiert: Es handle sich in solchen Fällen nicht um eine Geschäftsführung, sondern um ein deliktisches Verhalten. Gerade da die Lücke der rechtswidrigen Gewinnerzielung seit 1992 durch Art. 6:104 BW geschlossen worden sei, bedürfe es nicht mehr der intensiven Auseinandersetzung mit der Geschäftsführungskonstruktion, um Gewinne abzuschöpfen. Viele systematische Darstellungen einer möglichen Gewinnherausgabepflicht kommen deswegen auf eine Gewinnabschöpfung anhand der negotiorum gestio erst gar nicht zu sprechen232.
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem 1. Niederländische Haftungstradition Nach altniederländischem Recht, also dem Recht, das vor Erlass des Code civil in den Niederlanden galt, mussten bei pflichtwidrigen Verhaltensweisen im Rahmen eines Schuldverhältnisses sowie bei deliktischen Verhaltensweisen daraus entstehende Schäden ersetzt werden. Wenn sich die Höhe des entstandenen Schadens nicht einfach feststellen ließ, so konnte dieser durch die Nachbarn, hilfsweise durch den Richter oder durch Aussage des Geschädigten unter Eid geschätzt werden233. Allen Schätzungsfällen war dabei gemein, dass sich die Schätzung auf die Vermögensminderung auf Seiten des
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So entschied der Hoge Raad etwa in HR 10.4.1953, NJ 1953, 630, dass der Verkäufer einer fremden Sache seinen Gewinn nicht herausgeben müsse und begründete dies damit, dass der Handelnde eingewendet hatte, er habe nur eigene Geschäfte führen wollen. Hätte der Handelnde nicht aus egoistischen Motiven gehandelt, hätte er seinen Gewinn herausgeben müssen. Gerade weil er aber nachträglich darauf hinwies, egoistisch gehandelt zu haben, konnte er seinen Gewinn nun behalten. Linssen, Voordeelsafgifte, S. 411–412, 424–425 hält dieses Ergebnis für widersinnig. 231 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 425. 232 So etwa Deurvorst, Schadevergoeding und Wolf, Vordering tot winstafdracht. 233 Fockema-Andreæ, Het oud-nederlandsch burgerlijk recht, Bd. I, S. 120.
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Geschädigten beschränkte. Eine haftungsrechtliche Einordnung der Gewinnherausgabefrage lag der niederländischen Rechtswissenschaft damit fern. Aufgrund der nachhaltigen Beeinflussung des niederländischen Rechts durch das napoleonische Frankreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts fand 1838 die deliktische Generalklausel des Art. 1382 C. civ. als Art. 1401 BW (1838) Eingang in das Burgerlijk Wetboek234. In den darauffolgenden 150 Jahren war Art. 1401 BW Grundlage der niederländischen Deliktshaftung. Rechtsfolge des Delikts war – wie im altniederländischen Recht – die Pflicht, dadurch verursachte Vermögensminderungen auf Seiten des Geschädigten auszugleichen. Ein Ausgleich möglicher Vorteile auf Seiten des Schädigers war nicht vorgesehen 235. Ebenso gestaltete sich die Rechtslage bei Schäden, die nicht durch ein Delikt, sondern durch die Verletzung einer Pflicht im Schuldverhältnis verursacht worden waren. Nach Art. 1279 BW (1838) waren Schäden zu ersetzen, nicht aber durch das pflichtwidrige Verhalten erzielte Gewinne herauszugeben. Situationen, in denen der durch das deliktische oder pflichtwidrige Handeln erzielte Gewinn den zu ersetzenden Schaden übersteigt, waren zwar bekannt, wurden aber nur vereinzelt diskutiert. So hat es Willem Wertheim in seiner Dissertation von 1930 in Betracht gezogen, dass der Schadensersatzanspruch aus präventiven Erwägungen ausnahmsweise den tatsächlich erlittenen Schaden übersteigen könne236. Dabei sollte es sich um eine zusätzliche Rechtsfolge des Delikts handeln. Neben dem Ersatz des zugefügten Schadens sollte der Verletzer dem Verletzten eine Privatstrafe (peine privée) zahlen237. Diese Privatstrafe könne, müsse sich aber nicht, am erzielten Gewinn orientieren. Damit hat Wertheim einseitig die Position des Verletzers in das Zentrum der Anspruchsbegründung gerückt: Durch die Privatstrafe nehme man ihm den Anreiz zu weiterem rechtswidrigem Verhalten. Warum der Verletzte ein Recht auf einen über die Kompensation hinausgehenden Anspruch haben sollte, erörterte er hingegen nicht. Um eine allgemein anerkannte Strömung handelt es sich bei den Thesen Wertheims nicht. Sie wurden weder vom nie234
„Elke onregtmatige daad, waardoor aan een ander schade wordt toegebragt, stelt dengenen door wiens schuld die schade veroorzaakt is in de verpligting om dezelve te vergoeden“. Eine inhaltlich sehr ähnliche Regelung, die ebenfalls Schadenskompensation als Rechtsfolge rechtswidriger Verhaltensweisen anordnete, bot bereits Art. 1313 des Wetboek Napoleon (1809): „Alle daden, hoedanig en van welken aard ook, waardoor aan een ‘ander‘ schade toegebragt wordt, stellen den geen‘, door wiens schuld of verzuim de schuld veroorzaakt is, in de verpligting om dezelve te vergoeden“. Ebenso Art. 3014 des Entwurfs für das Burgerlijk Wetboek von 1820: „Alle daden, hoedanig en van welken aard ook, uit welke door iemands schuld of verzuim aan eenen anderen schade toegebragt wordt, stellen dengene, door wien de schade veroorzaakt is, in de verpligting om dezelve te vergoeden“, de Bosch Kemper, Ontwerp van het burgerlijk wetboek, S. 325. 235 Salomons, Schadevergoeding, S. 62. 236 Wertheim, Aansprakelijkheid, S. 37–42. 237 Wertheim, Aansprakelijkheid, S. 37, 75.
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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derländischen Gesetzgeber noch von späteren Rechtswissenschaftlern rezipiert oder auch nur erwähnt. 2. Schadensrechtliche Gewinnabschöpfung – Art. 6:104 BW Auch im neuen Burgerlijk Wetboek von 1992 findet sich kein delikts- oder vertragsrechtlicher Gewinnherausgabeanspruch. Mit seinem Art. 6:104 BW ermöglicht das niederländische Burgerlijk Wetboek jedoch seit 1992 eine allgemeine schadensrechtliche Gewinnabschöpfung und macht sich damit zum Vorreiter auf dem Gebiet des Gewinnausgleichs. Keine andere europäische Kodifikation regelt ausdrücklich eine mögliche Gewinnherausgabe als Alternative zu einem Schadensersatzanspruch238. Inhaltlich geht sie weiter als lediglich deliktsrechtliche Gewinnabschöpfungstatbestände, wie etwa die in Frankreich in Erwägung gezogene Haftung für faute lucrative239, indem sie den Gewinnausgleich ganz allgemein bei Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs ermöglicht, sei es aus Delikt, sei es aus einer Pflichtverletzung im Rahmen eines Schuldverhältnisses240. Aufgrund Ihres ungewöhnlichen Charakters und des weiten richterlichen Ermessensspielraums ist Art. 6:104 BW in den vergangenen beiden Jahrzehnten ausführlich diskutiert worden. Im Zentrum hat dabei insbesondere die Frage gestanden, in welchen Fällen Art. 6:104 BW anwendbar sein soll und ob insoweit der richterliche Ermessenspielraum nicht von vornherein beschränkt sein muss. In engem thematischem Zusammenhang dazu haben Rechtsprechung und Literatur erörtert, ob es sich bei Art. 6:104 BW überhaupt um eine selbständige Pflicht zur Gewinnherausgabe oder nicht vielmehr nur um eine bloße Schadensberechnungsmethode handelt. Für die Beantwortung dieser Antworten ist zunächst ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 6:104 BW aufschlussreich. Im ursprünglichen, 1961 erschienenen Entwurf des neuen Schuldrechts241 von Eduard Meijers war eine Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht vorgesehen242. Auch im Entwurf des Burgerlijk Wetboek von 1980 gab es eine solche Regelung nicht. Erst 1985 wurde Art. 6.1.9.9a, der dem heutigen Art. 6:104 BW entspricht, in den Entwurf für das neue Zivilgesetzbuch (Ontwerp BW) eingefügt243. Die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung 238
Tobias Helms bezeichnet sie als „Prototyp einer Schadensberechnungsmethode dieser Art“, Helms, Gewinnherausgabe, S. 17. Zur europäischen Vorbildfunktion des niederländischen Schadensersatzrechts Koziol, Vorbilder für ein europäisches Schadensersatzrecht, S. 587. 239 Siehe oben § 1 IV 3. 240 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1266. 241 Meijers, Ontwerp, boek 6. 242 Meijers hat eine solche Methode auch gar nicht in Erwägung gezogen, vgl. Meijers, Ontwerp, Toelichting boek 6, Art. 6.1.9.9. 243 Kamerstukken vergaderjaar 1984–1985, 17 541, Nr. 9, S. 4.
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einer Schadensberechnung anhand des Gewinns war in verschiedenen rechtswissenschaftlichen Abhandlungen begründet worden, die sich in der Regel speziell mit der Gewinnabschöpfung bei Verletzungen geistigen Eigentums auseinandergesetzt hatten. Dass aufgrund dieser Abhandlungen bereits in den 1970er und 1980er Jahren spezielle Gewinnherausgabeansprüche in die einschlägigen Gesetze eingefügt worden waren, hat der Gesetzgeber des Burgerlijk Wetboek jedoch als nicht hinreichend erachtet. Es sollte vielmehr eine einheitliche Möglichkeit der Gewinnabschöpfung bei Verwirklichung eines jeden haftungsbegründenden Tatbestands bestehen244. Der Gesetzgeber begründete die Notwendigkeit, den Art. 6.1.9.9a in den Entwurf für das Burgerlijk Wetboek einzufügen, damit, dass es unredlich sei, wenn ein Geschädigter seinen Schaden nicht beweisen und ihn nur deswegen nicht ersetzt verlangen könne. Eine Schadensberechnung anhand des Gewinns diene dementsprechend der Beweiserleichterung245. Darüber hinaus haben R. Herrmann und Auke Bloembergen246 darauf hingewiesen, dass es unangemessen sei, wenn der Täter Gewinne aus seiner rechtswidrigen Tat behalten dürfe247. Herrmann hat dies dadurch eingegrenzt, dass jedoch nicht jede rechtswidrige Tat eine Gewinnabschöpfung veranlassen könne. Vielmehr sei zusätzlich die Verletzung eines absoluten und geldwerten Rechts erforderlich248. Diesen Zusatz hat der Gesetzgeber jedoch abgelehnt249. Nicht nur bei jedem rechtswidrigen Verhalten, sondern auch bei jedem anderen haftungsbegründenden Verhalten soll eine Gewinnabschöpfung in Betracht kommen250. Damit ist der Gesetzgeber der von Auke Bloembergen in seiner Dissertation von 1965 entwickelten Theorie der abstrakten Schadensberechnung ge244
Kamerstukken vergaderjaar 1984–1985, 17 541, Nr. 8, S. 39–40. van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1269; de Boer/Eeken, Winst als schadevergoeding?, S. 172. 246 Herrmann, Afgifte van winst, S. 3–25; Bloembergen, Schadevergoeding, S. 99–100. 247 Ebenso BW Tekst&Commentaar/Oosterveen/Vrenk, Art. 6:104, Nr. 1; van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1267: „[A]ls men eenmaal de vordering tot afgifte daarvan in beginsel aanvaardt, [dan is] moeilijk te rechtvaardigen, dat juist deze winst aan de dader zou mogen verblijven“, so auch später van Nispen, Sancties, S. 39. Der etwa zeitgleich entwickelten Theorie Drions, dass sich eine einheitliche Gewinnabschöpfungskonzeption durch eine strenge Parallelisierung zum Eigentum und der Zuordnung von gezogenen Früchten verwirklichen ließe (Drion, Betekenis van het bezit, S. 124– 125; zustimmend van Nispen, Rechterlijk verbod, S. 18, siehe oben § 2 II 1 a)), wurde im Gesetzgebungsprozess hingegen keine Beachtung geschenkt. 248 Herrmann, Afgifte van winst, S. 6–7. 249 Kamerstukken vergaderjaar 1984–1985, 17 541, Nr. 8, S. 40. 250 Ein weiterer Unterschied zwischen der Auffassung Herrmanns und des Gesetzgebers des Art. 6:104 BW ist, dass Herrmann eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Gewinnherausgabe befürwortete, während in Art. 6:104 BW nur eine Schadensberechnung anhand des Gewinns besteht, Herrmann, Afgifte van winst, S. 22, 24. 245
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folgt. Nach Bloembergen konnte der Verletzte den objektiven Wert desjenigen ersetzt verlangen, was ihm genommen worden war. Hierfür sollte der Richter den Schaden „abstrakt“ ermitteln, wenn dem Geschädigten die – wenn auch nur theoretische – Möglichkeit genommen worden war, den Gewinn selbst zu erzielen. In diesen Fällen sollte er den Verletzer zur Gewinnherausgabe verpflichten können, soweit er einen Gewinn erzielt hatte, der den konkreten Schaden (also den Schaden i.S. der Differenzhypothese) überstieg251. Ob der Gewinn dem Geschädigten auch tatsächlich entgangen sei, könne dahinstehen. Es komme immer nur auf den objektiven Wert der Gewinnerzielungschance an252. Der abstrakte Schaden entspreche deswegen dem Gewinn des Schädigers253. Im Gesetzgebungsprozess ist die eher unbestimmte Formulierung des Art. 6.1.9.9a Ontwerp BW auf Kritik gestoßen254. Der weite Ermessensspielraum des Richters ermögliche eine ungerechte Behandlung von leicht Geschädigten, die einen gegebenenfalls großen Gewinn herausverlangen könnten, und schwer Geschädigten, soweit dem Schädiger kein nennenswerter Gewinn entstanden sei. Angeregt wurde deswegen eine Begrenzung der Schadensberechnung anhand des Gewinns durch die Anwendung der Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 6:212 BW)255. Dies habe den Vorteil, dass der Gewinnherausgabeanspruch nicht über den Schaden des Verletzten hinausgehen könne (Regel des dubbel plafond). Die Kritik konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Unter Verweis auf das im Bereicherungsrecht fehlende Erfordernis eines rechts- oder vertragswidrigen Verhaltens haben die Befürworter eines rein haftungsrechtlichen Gewinnausgleichs argumentiert, dass die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung ihrerseits zu weit für eine Regelung des Gewinnausgleichs seien. Deswegen hat der Gesetzgeber Art. 6.1.9.9a im Entwurf für das Burgerlijk Wetboek beibehalten256.
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Spier, Vordering tot winstafdracht, S. 91 und Deurvorst, Winstafdracht bij inbreuk op auteursrecht, S. 131. 252 Bloembergen, Schadevergoeding, S. 99–100; kritisch Linssen, Art. 6.1.9.9a, S. 436. 253 Bloembergen, Schadevergoeding, S. 100. Die Argumentation Bloembergens ist trügerisch, ist der objektive Wert desjenigen, was dem Rechtsinhaber genommen worden ist, doch nicht der Gewinn, sondern eine angemessene Lizenzgebühr (so auch Bloembergen selbst in Bezug auf Immaterialgüterrechtsverletzungen: Bloembergen, Schadevergoeding, S. 94). Da Bloembergen zwischen diesen beiden Posten nicht exakt unterscheidet, ist seine Argumentation an vielen Stellen ungenau. 254 So etwa Blaauw, Winstafdracht, S. 29–38; Linssen, Art. 6.1.9.9a, S. 436–438; Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 24–25. 255 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1268. 256 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1268–1269.
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3. Art. 6:104 BW und die Entscheidung Waeyen-Scheers/Naus257 Die Rechtsnatur des Art. 6:104 BW ist seit seinem Erlass 1992 umstritten. Handelt es sich um einen eigenständigen Gewinnabschöpfungsanspruch, oder vielmehr um eine spezielle Schadensberechnungsmethode um Beweisprobleme in Haftungsfällen zu reduzieren? Der Ursprung dieser Unklarheit liegt bereits in den mehrdeutigen Ausführungen, mit denen der niederländische Justizminister den Art. 6:104 BW während des Gesetzgebungsverfahrens zu begründen suchte. Einerseits hat er in der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit Art. 6:104 BW wiederholt die Formulierung afgifte van winst (Gewinnherausgabe) verwendet258. Auch stellte er klar, dass es sich nicht um Schadensersatz im engeren Sinne handle, sondern dass Art. 6:104 BW nur aus praktischen Erwägungen in das Schadensrecht eingegliedert worden sei259. Dementsprechend haben einige Autoren den Art. 6:104 BW als eigenständigen Gewinnherausgabeanspruch verstanden260. Andererseits hat der Gesetzgeber Art. 6:104 BW bewusst in das Schadensrecht eingegliedert, um so die Anwendbarkeit der übrigen schadensrechtlichen Regeln auf Art. 6:104 BW zu gewährleisten261. Deshalb haben andere Teile der Literatur vertreten, dass Art. 6:104 BW als abstrakte Schadensberechnungsmethode im Sinne Bloembergens zu verstehen sei, die lediglich der Beweiserleichterung diene262. Dabei soll der Verletzergewinn den Schaden des Verletzten nicht widerleglich indizieren, sondern die Möglichkeit geschaffen werden, dass alternativ zum Schaden der Gewinn oder ein Teil des Gewinns verlangt werden kann. Diese Auffassung fand schließlich Bestätigung in einer Äußerung des Justizministers, der zum Schluss des Gesetzgebungsverfahrens seine Erläuterungen mit den Worten zusammenfasste, dass Artikel 6.1.9.9a letztlich primär die Schadensberechnung vereinfache263. 257
HR 24.12.1993, RvdW 1994, 17. „Wel dient erop te worden gewezen dat de vraag of de afgifte van winst in het gegeven geval een goede oplossing is“ und „als men eenmaal de vordering tot afgifte daarvan in beginsel aanvaardt […]“, van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1267. 259 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1267. 260 Spier, Kwartaalbericht NBW, S. 54; Asser/Hartkamp, Handleiding, Verbintenissenrecht I11, S. 390; Voûte, Ontnemen van onrechtmatig verkregen winst, S. 340; Sterk, Winstafdracht, S. 204. Salomons, Schadevergoeding, S. 62 bejaht zwar einen eigenständigen Gewinnherausgabeanspruch aus Art. 6:104 BW, will ihn aber auf Verletzungen geistigen Eigentums beschränken. 261 Gemeint waren insbesondere die Art. 6.1.9.4/5/6/8/12; vgl. dazu van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1267. 262 van Dam, Winstafgifte of schadebegroting, S. 188; Deurvorst, Winstafdracht bij inbreuk op intellectuele eigendomsrechten, S. 54; dies., Winstafdracht bij inbreuk op auteursrecht, S. 130. 263 „Anders dan de commissie heeft gesuggereerd betreft artikel 6.1.9.9a de begoting van schade“, van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1270. 258
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Der Hoge Raad hat 1993 erstmals Stellung zur Frage der Rechtsnatur des Art. 6:104 BW bezogen. Dabei hat er die Entscheidung Waeyen-Scheers/ Naus264 genutzt, um den umstrittenen Geltungsbereich des Art. 6:104 BW stark einzuschränken, indem er entschied, dass Art. 6:104 BW keine eigene Forderung begründe, sondern lediglich die Schadensberechnung erleichtern solle265. Indem der Hoge Raad voraussetzte, dass die Anwendung des Art. 6:104 BW einen Schaden erfordere, entschied er restriktiver als beide Literaturauffassungen. Denn eine abstrakte Schadensberechnung ist eben losgelöst von einem tatsächlichen Schaden und setzt ihn nicht voraus 266. Zu einer möglichen Begrenzung des Gewinnherausgabeanspruchs auf den vermutlich erlittenen Schaden konnte der Hoge Raad sich nicht mehr äußern; schließlich hatte er bereits mit der Begründung, dass kein nachweisbarer Schaden vorliege, den Anspruch gegen den Arbeitnehmer Naus abgelehnt, der entgegen einer Absprache mit seinem Arbeitgeber auf eigene Rechnung für Dritte gearbeitet und dadurch Gewinne erzielt hatte. Aus der Entscheidung des Hoge Raad, dass es sich bei Art. 6:104 BW nur um eine Schadensberechnungsmethode handelt, haben Rechtswissenschaftler geschlossen, dass sich der Gewinn nicht zur Schadensberechnung eignet, wenn er offenkundig den Schaden übersteigt. In solchen Fällen sollte demnach fortan eine Haftung auf den Gewinn, also die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW, ausscheiden267. In der Literatur ist die Entscheidung in der Sache Waeyen-Scheers/Naus auf Kritik gestoßen 268. Zwar hat sie die Einordnung des Art. 6:104 BW als Schadensberechnungsmethode und nicht als eigenständige Anspruchsgrundlage akzeptiert269. Dahingegen hat sie bemängelt, dass die Auslegung des Hoge Raad zu willkürlichen Ergebnissen führe. So könne der Berechtigte die Herausgabe des gesamten Gewinns erreichen, wenn auch nur ein minimaler Schaden bestehe. Ein Anspruch sei hingegen gänzlich ausgeschlossen, wenn kein solcher Minimalschaden nachweisbar sei270. Ferner entfiele durch die restriktive Anwendung des Art. 6:104 BW dessen eigenständige Bedeutung. 264
HR 24.12.1993, RvdW 1994, 17. Damit hat er die Entscheidung Rb. Roermond, 9.7.1992, NJkort 1992, 61 aufgehoben, das das Erfordernis eines Schadens für die Gewinnabschöpfung verneint und deswegen die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW bejaht hatte. 266 Scholman, Actie tot winstafdracht, S. 298–299. Eine abstrakte Schadensberechnung durch den Hoge Raad bejahend Knijp, Winstafdracht, S. 40. 267 Spier, Vordering tot winstafdracht, S. 91; kritisch Klaassen, Schadevergoeding, algemeen, Bd. II, S. 16–17; Barendrecht/Stekelenburg, Berekening van schadevergoeding, S. 134. 268 Scholman, Actie tot winstafdracht, S. 303; Vranken/Linssen, Recente rechtspraak, 24.12.1993, S. 318–319. Zustimmend aber Jordaans/Krans, Winstafdracht, S. 844, 846; Knijp, Winstafdracht, S. 42; Spier/Hartlief, Verbintenissen6, S. 260–261, Rn. 210. 269 Scholman, Actie tot winstafdracht, S. 294. 270 Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 57, 60–61; Vranken/ Linssen, Recente rechtspraak, 24.12.1993, S. 318–319. 265
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Der reguläre Ermessensspielraum des Richters aus Art. 6:97 BW decke auch diejenigen Fälle ab, die nunmehr noch für Art. 6:104 BW in Betracht kämen271. Einer eigenständigen Bedeutung des Art. 6:104 BW bedürfe es aber, um eine effektive Rechtsdurchsetzung (handhaving) zu gewährleisten. Tragender Grund für die Einführung des Art. 6:104 BW sei nämlich weiterhin der Grundsatz, dass der rechtswidrig Handelnde keine Vorteile aus seinem Verhalten behalten dürfe, damit ihm jeder Anreiz zu vergleichbaren Verhaltensweisen genommen werde272. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man sich von der strengen Schadensorientierung lösen. Der Gewinn sei nicht lediglich ein Maßstab für den tatsächlich erlittenen Schaden, sondern eine nach Art. 6:104 BW eigenständige Alternative zum Schadensersatz 273. 4. Aktuelle Rechtsprechung zu Art. 6:104 BW Die Unzulänglichkeit seiner Rechtsprechung im Fall Waeyen-Scheers/Naus hat der Hoge Raad in der Folgezeit erkannt und spricht nunmehr regelmäßig dem Schadensersatzberechtigten den Verletzergewinn auf Antrag zu 274. Eine Ausnahme soll – aufgrund des nicht-pönalen Charakters des Art. 6:104 BW275 – nur dann gemacht werden, wenn der Gewinn den Schaden nennenswert übersteigt; dann muss der Schaden anhand eines angemessenen Anteils des Gewinns berechnet werden276. Auch darüber hinaus hat der Hoge Raad die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 6:104 BW erweitert. Als Schadensnachweis genügt das plausible Aufzeigen eines Nachteils im weiten Sinne. In der Entscheidung Doerga/Ymere277 hatte eine Wohnungsvermietungsgesellschaft einen Mieter verklagt, der seine Wohnung vertragswidrig weitervermietet hatte. Der Hoge Raad bejahte einen Schadensersatzanspruch in Höhe des durch den Mieter erlangten Vorteils, obwohl keine konkrete Vermögensminderung durch die vertragswidrige Weitervermietung nachweisbar war. Für die Annahme eines Schadens genüge es, dass die Wohnungsvermietungsgesellschaft zur Vermeidung vertragswidriger Unterver271
Scholman, Actie tot winstafdracht, S. 300–301; anders Brunner, Anmerkung zu HR 24.12.1993, S. 421. 272 Nach Lindenbergh, Schadevergoeding I, S. 9 dient die Haftung nicht der bloßen Kompensation, sondern auch der Rechtsdurchsetzung. Da die Sanktion des Schadensersatzes den Rechtsverletzer nicht von seinem Verhalten abschrecke, wenn der durch die Rechtsverletzung erlangte Vorteil den tatsächlichen Schaden übersteige, müsse es im Sinne einer effektiven Rechtsdurchsetzung zulässig sein, neben der Kompensation darüber hinausgehende Gewinne abzuschöpfen. 273 Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 60. 274 Grundlegend hierfür war das Urteil HR 18.6.2010, LJN BL9662. 275 van Nispen, Anmerkung zu HR 18.6.2010, S. 383. 276 HR 18.6.2010, LJN BL9662, mit Anmerkung Spier. Dazu Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 57–59. 277 HR 18.6.2010, LJN BM0893.
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mietungen Aufwendungen tätigen müsse, und sie insoweit – zumindest im weiteren Sinne – einen Nachteil aus dem Verhalten des Mieters habe278. Damit geht der Hoge Raad nunmehr davon aus, dass Art. 6:104 BW nicht lediglich eine abstrakte Schadensberechnungsmethode darstellt, sondern eine zum Schadensersatz alternative Sanktion nach einem haftungsbegründenden Verhalten279. Die vom Gesetzgeber unglücklich gewählte Formulierung Bemessen (begroten280) wird als Gleichstellung verstanden281: Nach Art. 6:104 BW kann der Richter auf Antrag entscheiden, dem Geschädigten alternativ zum Schadensersatz den durch den Schädiger erlangten Gewinn zuzusprechen. Diese Auslegung ist jedoch nicht unangefochten geblieben. So hat jüngst die Rechtbank Breda entschieden, dass ein Anspruch auf Gewinnherausgabe ausgeschlossen sei, wenn ein Schaden nachweislich nicht vorliege282. 5. Begrenzungen des Ermessensspielraums Ein Problem des Art. 6:104 BW ist – wie bereits angedeutet – sein unbestimmter Anwendungsbereich und der weite richterliche Ermessensspielraum. Seit seinem Erlass befassen sich Juristen mit der kontrovers diskutierten Frage, ob Art. 6:104 BW nicht den klassischen Rahmen des Schadensersatzrechts sprenge283 und dadurch ein unverhältnismäßig hohes Maß an Rechtsunsicherheit und Normlosigkeit verursache284. In den vergangenen Jahren hat die Rechtsprechung versucht dem entgegenzuwirken, indem sie eine mögliche Pflicht zur Herausgabe des Gewinns nur zugelassen hat, wenn qualifizierte Voraussetzungen vorlagen. Welche Anforderungen an diese qualifizierten Voraussetzungen zu stellen sind, ist jedoch noch weithin unklar. Anhand verschiedener Kriterien haben Rechtswissenschaftler versucht, den Ermessensspielraum des Richters zu begrenzen und so die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW in bestimmten Fällen von vornherein auszuschließen. Dabei hat Jan Vranken – die Diskussion in der Gesetzgebungsdebatte wieder aufgreifend – vorgebracht, dass trotz der Stellung des Art. 6:104 BW im Schadensrecht die Grundsätze des Bereicherungsrechts auf ihn anwendbar sein müssten285. Nach der Regel des dubbel plafond286 müsse jeder Anspruch 278
Jüngst ebenso für den Fall privater Vermietung Hof Amsterdam, 28.1.2014, ECLI:NL:GHAMS:2014:222. 279 Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 60. 280 Kritisch zur Formulierung des Art. 6:104 BW Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 58. 281 Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 497. 282 Rb. Breda 6.9.2012, LJN BW6424. 283 Vranken, Das neue niederländische Schuldrecht, S. 425. 284 Vranken, Das neue niederländische Schuldrecht, S. 432. 285 Vranken, Strijd om het nieuwe verrijkingsrecht, S. 1503. 286 Siehe oben § 2 III.
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nach Art. 6:104 BW durch die Entreicherung auf Seiten des Bereicherungsgläubigers begrenzt sein. Eine solche Begrenzung hat sich in der Rechtspraxis freilich nicht durchsetzen können287. Ein anderes Einschränkungskriterium hat Martijn Scheltema in seiner Dissertation vorgeschlagen. Nach seiner Auffassung sollen qualifizierte Anforderungen an die Vorwerfbarkeit (verwijtbaarheid) des Verhaltens des Schädigers gestellt werden, um so eine ausufernde Anwendung des Art. 6:104 BW zu vermeiden. Die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW solle zusätzlich voraussetzen, dass der Haftende wisse oder jedenfalls vermute, dass er sich rechtsoder pflichtwidrig verhalte288. Darüber hinausgehend hat Titia Deurvorst vorgeschlagen, dass die Anwendung des Art. 6:104 BW Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit oder gar die Absicht, in gewerblicher Form durch Rechtsverletzungen Gewinne zu erzielen, voraussetzen solle289. Ausgangspunkt aller dieser Erwägungen ist die Frage, welcher Zweck mit der Gewinnabschöpfung verfolgt wird. Unterstellt man als primären Zweck, dass dem Rechtsverletzer der Anreiz zu rechtwidrigen Verhaltensweisen genommen werden soll290, so erweist sich eine Gewinnabschöpfung nur dann als zweckmäßig, wenn der Schädiger sich in irgendeiner Weise vorwerfbar verhalten hat291. Denn eine Verhaltenssteuerung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig ist und damit in irgendeiner Weise steuerbar. Geht man hingegen davon aus, dass durch die Gewinnabschöpfung eine gerechte Vermögensverteilung zwischen dem Berechtigten und demjenigen, der durch Rechtsverletzung Gewinne erwirtschaftet hat, erzielt werden soll, so müssen die Interessen der beiden Parteien – die Berechtigung des Rechtsinhabers an den aus seinem Recht gezogenen Gewinnen einerseits und das mögliche Vertrauen desjenigen, der die Gewinne erzielt hat, das Recht nutzen und Gewinne behalten zu dürfen andererseits – miteinander in Einklang gebracht werden. Hierbei spielt neben dem Interesse des Verletzten auch Schutzbedürftigkeit des Verletzers eine Rolle, die bei vorwerfbaren Rechtsverletzungen freilich reduziert sein kann. Gesetzlich ist eine qualifizierte Vorwerfbarkeit für die Schadensermittlung nach Art. 6:104 BW nicht angeordnet. Aufgrund abweichender Zielsetzungen können auch keine Wertungen aus den speziellen Gewinnhaftungsnormen übernommen werden292. Soweit aber der bestehende Schadensersatzanspruch, 287
Jordaans/Krans, Winstafdracht, S. 846. Scheltema, Onverschuldigde betaling, S. 176; kritisch Linssen, Voordeelsafgifte, S. 652; van Nispen, Sancties, S. 56–57. 289 Deurvorst, Winstafdracht: einde van slapend bestaan, S. 58. 290 So etwa Deurvorst, Schadevergoeding, S. 173–176: „ontnemen van de economische prikkel“. 291 Deurvorst, Schadevergoeding, S. 174. 292 So ordnet etwa Art. 43 III ROW (1910) an, dass im Patentrecht nur Vorsatz zur Gewinnabschöpfung führen soll. Hierbei handelt es sich um ein Spezialgesetz, das den beson288
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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der den Ausgangspunkt für die Schadensberechnung bildet, besonderen subjektiven Anforderungen genügen muss, gelten diese auch für die Gewinnherausgabe. In der Regel wird es also nur zu einer Abschöpfung von Gewinnen kommen, wenn sich der Verletzer zumindest fahrlässig verhalten hat293. Anders ist dies nur in Fällen von Haftung ohne Verschulden, in denen auch ohne ein besonderes Vorwerfbarkeitskriterium die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW in Betracht kommt. Während der Richter also nach der Gesetzesbegründung und nach ganz überwiegender Auffassung in der Literatur das Verschuldensmaß in seine Erwägungen mit einbeziehen kann294, hat der Hoge Raad jüngst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Schadensberechnung anhand des Gewinns keine besonderen Anforderungen an die subjektive Vorwerfbarkeit des Verhaltens zu stellen sind295. Wie die Rechtspraxis mit diesem obiter dictum umgehen wird, bleibt abzuwarten. 6. Ermittlung der Gewinnhöhe Wenn der Verletzergewinn die Schadensberechnung erleichtern soll, so setzt dies voraus, dass eine eindeutige Ermittlung der Gewinnhöhe möglich ist. Was aber eigentlich als Gewinn zu qualifizieren ist, ist nicht abschließend geklärt. Nach der Gesetzesbegründung sollte der in Art. 6:104 BW gemeinte Gewinn nur den Nettogewinn, nicht aber andere Vorteile, wie etwa Kostenersparnisse oder verminderte Verluste bezeichnen296. Der Hoge Raad hat jedoch jüngst einen weiteren Gewinnbegriff gewählt und auch Kostenersparnisse und andere Vorteile als Gewinne im Sinne des Art. 6:104 BW eingeordnet (voordeelsafgifte)297. Eine Berechnung des Schadens anhand des Gewinns soll nur dann in Betracht kommen, wenn der Gewinn auch tatsächlich auf dem haftungsbegründenden Verhalten beruht298. Die durch den Richter zu beantwortende Frage lautet also nicht allein, wie hoch der Gewinn ist, sondern wie hoch der Gewinn ist, der (unmittelbar) durch das haftungsbegründende Verhalten erlangt deren Anforderungen des Patentrechts genügen soll. Insbesondere rechtfertigt sich das Erfordernis eines qualifizierten Verschuldens dadurch, dass Art. 43 III ROW (1910) eine selbständige Anspruchsgrundlage ist und damit nicht wie Art. 6:104 BW bereits durch die Voraussetzung eingeschränkt wird, dass ein haftungsbegründender Tatbestand vorliegt. 293 So auch Scheltema, Onverschuldigde betaling, S. 176. 294 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1268; BW Tekst&Commentaar/Oosterveen/Vrenk, Art. 6:104, Nr. 3. 295 HR 18.6.2010, LJN BL9662. 296 van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1269; Barendrecht/ Stekelenburg, Gederfde winst, S. 135; de Boer/Eeken, Winst als schadevergoeding?, S. 172. 297 HR 18.6.2010, LJN BL9662; Deurvorst, Ontwikkelingen, S. 129. 298 Rb. Amsterdam, 29.3.2006, LJN AV7581.
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§ 2 Niederlande
wurde299. Kriterien für diese Frage sind von der Rechtsprechung bislang nur in Ansätzen entwickelt worden. Vielfach wird auf Billigkeitsargumente verwiesen. So sei eine Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht „passend“, wenn der Gewinn allein in der „Sphäre“ des Rechtsverletzers entstanden und nur eine mittelbare Kausalitätsbeziehung zwischen dem Nachteil des Rechtsinhabers und dem Gewinn des Rechtsverletzers feststellbar sei300. Die Zurechnungsproblematik wird noch dadurch verschärft, dass Art. 6:104 BW anordnet, dass der Richter den Schadensersatz anhand des Gewinns oder eines Teils des Gewinns bemessen kann 301. Die Rechtswissenschaft erachtet die in Art. 6:104 BW ermöglichte anteilige Gewinnherausgabe überwiegend als wünschenswert302, und nimmt den dadurch entstehenden umfassenden richterlichen Beurteilungsspielraum billigend in Kauf. Ein praktisches Beispiel für eine solche anteilige Gewinnherausgabe bietet eine Entscheidung des Hoge Raad von 2010303, in der dieser entschied, dass ein Anspruch auf eine vollständige Gewinnherausgabe ausscheide, wenn der ermittelte Gewinn den geschätzten Schaden beträchtlich (aanmerkelijk) übersteige. Nach einer umfassenden Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur des Art. 6:104 BW hatte der Hoge Raad den nicht-pönalen Charakter der Norm hervorgehoben und damit begründet, dass in bestimmten Fällen nur eine teilweise Gewinnherausgabe in Betracht komme. Letztlich bezwecke Art. 6:104 BW die vollständige Kompensation des Geschädigten und darüber hinaus keine Bestrafung 304. Der abzuschöpfende Gewinn dürfe deswegen nicht ein Maß erreichen, das in einem groben Missverhältnis zum tatsächlich erlittenen Schaden stehe. Wenn der tatsächlich erlangte Gewinn
299
Dazu de Boer/Eeken, Winst als schadevergoeding?, S. 174; van Nispen, Sancties,
S. 57. 300
Rb. Utrecht, 15.10.1992, KG 1993, 56. Zum Inhalt dieser Entscheidung siehe sogleich Fn. 309. 301 Im Gegensatz dazu hat der Gesetzgeber in Bezug auf das Patentrecht ausdrücklich festgelegt, dass eine anteilige Gewinnherausgabe ausgeschlossen ist, vgl. kamerstukken, vergaderjaar 1974–1975, 13 209 (R967), Nr. 8, S. 11–12. 302 Vranken/Linssen, Recente Rechtspraak, 24.12.1993, S. 318; Linssen, Art. 6.1.9.9a, S. 347. 303 HR 18.6.2010, BIE 2010, 378. 304 HR 18.6.2010, BIE 2010, 378, Nr. 3.3.2: „Aangezien de wijze van schadebegroting waarin art. 6:104 voorziet niet, ook niet mede, het karakter heeft van een punitieve maatregel [...] behoort de rechter bij de toepassing van dit voorschrift in zoverre terughoudendheid in acht te nemen dat, indien aannemelijk is dat het door de schuldenaar behaalde financiële voordeel de vermoedelijke omvang van de schade aanmerkelijk te boven gaat, de schade in beginsel wordt begroot op een door de rechter te bepalen gedeelte van de winst“, kritisch dazu van Nispen, Anmerkung zu HR 18.6.2010, S. 383.
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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den geschätzten Schaden beträchtlich übersteige, müsse der Anspruch auf einen Teil des Gewinns reduziert werden305. Dieses Ermessen mit zwei Variablen – der Gewinnhöhe und dem herauszugebenden Gewinnanteil – bringt enorme praktische Schwierigkeiten mit sich und erweitert den ohnehin schon weiten richterlichen Ermessensspielraum um ein Vielfaches. Der Richter muss nicht nur bestimmen, ob der Schaden anhand des Gewinns berechnet werden soll und wie hoch dieser Gewinn ist, sondern auch welcher Anteil des Gewinns zur Schadensberechnung verwendet werden soll. Dies steigert das Maß der Rechtsunsicherheit für den Kläger erheblich, da er – auch wenn der Richter den Schaden anhand des Gewinns ermittelt – mit dem Risiko konfrontiert ist, dass der Schaden nur anhand eines minimalen Bestandteils des Gewinns berechnet wird, sodass er deutlich geringer ausfallen kann als der nachweisliche Schaden306. Noch größere Schwierigkeiten entstehen, wenn die Gewinnerzielung zu Lasten mehrerer Parteien erfolgt. Wird in einem solchen Fall der Schaden einer geschädigten Partei anhand des Gewinns berechnet, so führt dies dazu, dass im Falle der Klage einer anderen geschädigten Partei die Schadensberechnung anhand des Gewinns ausscheiden müsste. Dies wiederum führt zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen von geschädigten Parteien307. 7. Anwendungsfälle des Art. 6:104 BW In einigen Rechtsgebieten liegt ein Gewinnausgleich bei Rechtsverletzungen besonders auf der Hand. In verschiedenen solcher Konstellationen ist der Hoge Raad auf Art. 6:104 BW zu sprechen gekommen und hat Schäden anhand des Gewinns berechnet. Bei der Untersuchung dieser Konstellationen ist insbesondere die Frage interessant, ob der Hoge Raad neben dem deliktischen oder pflichtwidrigen Verhalten noch weitere Voraussetzungen an die Haftung stellt. Fälle von Verletzungen des geistigen Eigentums, bei denen die Gewinnherausgabe besonders nahe liegt, sollen an dieser Stelle nicht untersucht werden: Durch die speziellen Regelungen eigenständiger Gewinnherausgabeansprüche (Artt. 70 V ROW, 27a I Aw, 2.21 IV, 3.17 IV BVIE) ist der Rückgriff auf die allgemeine Regel des Art. 6:104 BW zumeist entbehrlich308.
305
Die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit kritisiert Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 68. 306 Kritisch Deurvorst, Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 154–155. 307 Siehe van Boom, Twee arresten, S. 124–125. 308 Siehe oben § 2 II 2.
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§ 2 Niederlande
a) Mietrecht In mietrechtlichen Fällen hat der Hoge Raad regelmäßig eine Pflicht zu Gewinnherausgabe nach Art. 6:104 BW bejaht. Insbesondere in Fällen der unberechtigten Untervermietung soll der Vermieter einen Anspruch auf den Gewinn des Mieters haben309. Aufgrund der – der vertraglichen Einigung widersprechenden – Untervermietung müsse der Mieter Schadensersatz zahlen. Der Schaden liege zum einen darin, dass der Mieter Mieteinnahmen erzielt habe, die dem Vermieter zustünden. Wenn der Vermieter dem Mieter nämlich gekündigt hätte, hätte er selbst die Wohnung zum höheren Mietzins vermieten können; insoweit handle es sich um einen entgangenen Gewinn310. Der Einwand, dass dem Vermieter letztlich nur die Differenz zwischen Untermietzins und Mietzins entgangen ist, greift nicht, da die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW nach Auffassung des Hoge Raad nur voraussetzt, dass ein Schaden vorliegt. Zum anderen soll ein Schaden darin liegen, dass dem Vermieter – jedenfalls soweit es sich um einen gewerblichen Vermieter handelt – Kosten entstanden sind, um das vertragswidrige Verhalten des Mieters aufzudecken, etwa durch die Beschäftigung von Mitarbeitern, die sich speziell mit illegaler Weitervermietung beschäftigen311. Da ein solcher Schaden aber in der Regel schwierig feststellbar sein wird, soll er nach Art. 6:104 BW anhand des Gewinns berechnet werden können. Damit kommt es für die Gewinnherausgabe nach Art. 6:104 BW im Mietrecht nicht darauf an, ob dem Vermieter ein Recht auf die höheren Mieteinnahmen zusteht312 – dies ist schließlich nicht der Fall, weil der Vermieter nur ein vertragliches Recht auf den mit dem Mieter vereinbarten Mietzins hat und im Gegenzug dem Mieter das vollständige Nutzungsrecht einräumt. Da das vollständige Nutzungsrecht eingeräumt ist, ist – jedenfalls bis zu Kündigung 309
Hof Amsterdam, 28.1.2014, ECLI:NL:GHAMS:2014:222; HR 18.6.2010, LJN BM0893; Hof Amsterdam, 18.9.2008, LJN BF1347; Rb. Amsterdam, 17.12.2007, WR 2008, 30. Die Rechtbank Utrecht hat hingegen einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gewinnherausgabe abgelehnt, nachdem dieser den Mieter zum Auszug gezwungen hatte, weil er das teilweise abgebrannte Mietobjekt abgerissen hatte, um so den Anordnungen des Bebauungsplans zu genügen, obwohl eine Reparatur möglich und bauplanungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Nach dem Abriss konnte der Vermieter das Grundstück anderweitig nutzen und erzielte auf diese Weise einen Gewinn. Als Grund für die Ablehnung der Gewinnabschöpfung wurde angeführt, dass kein hinreichender Zusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten und dem Gewinn des Vermieters bestehe. Eine Berechnung des Schadens anhand des Gewinns sei deswegen nicht „passend“, Rb. Utrecht 15.10.1992, KG 1993, 56; dazu de Boer/Eeken, Winst als schadevergoeding?, S. 174. 310 Rb. Amsterdam, 17.12.2007, WR 2008, 30. 311 HR 18.6.2010, LJN BM0893; Rb. Amsterdam, 17.12.2007, WR 2008, 30. 312 Hof Amsterdam 18.9.2008, LJN BR1347.
V. Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem
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– eine vorteilhafte Untervermietung durch den Vermieter selbst nicht möglich, sodass ihm auch ein durch die Untervermietung erzielter Mietzins nicht zugewiesen ist. Die Pflicht zur Gewinnherausgabe ergibt sich vielmehr aus der Vertragsverletzung. Der Vermieter hat laut dem Hoge Raad nämlich das relative Recht, dass der Mieter die Wohnung nicht untervermieten (und dadurch Gewinne erzielen) darf. Wenn er es dennoch tut, muss er den erzielten Gewinn herausgeben, damit kein Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen dieser Art gesetzt wird. b) Irreführende Werbung Auch in Fällen irreführender Werbung besteht bereits seit den siebziger Jahren eine eigenständige Diskussion, ob ein Gewinnausgleich erforderlich und angemessen ist313. Gerade bei dieser primär gewinnorientierten rechtswidrigen Verhaltensweise erschien es zur effektiven Rechtsdurchsetzung notwendig, dass irreführend Werbende ihre dadurch erzielten Gewinne nicht behalten dürften. Doch werfen insbesondere die Gewinnberechnung sowie der Grund für die Anspruchsberechtigung eines Dritten, sei es eines Konkurrenten, sei es eines Kunden, große Probleme auf. Entfacht wurde die Debatte durch Art. 6 III des Richtlinienvorschlags KOM (77) 724 (endg.), nach dem der Richter bei der Schadensberechnung in Fällen von irreführender Werbung dadurch erzielte Gewinne berücksichtigen sollte. In der letztlich erlassenen Richtlinie 84/450/EWG entfiel dann jedoch die Pflicht, Gewinne bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen. Auch in der jüngst erlassenen Richtlinie 2006/114/EG ist von einer Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht die Rede. Theoretisch soll heute Art. 6:104 BW auf Fälle irreführender Werbung (Art. 6:194–196 BW) anwendbar sein314. Dennoch gibt es bislang keine praktischen Anwendungsfälle. Dies mag daran liegen, dass es schwierig festzustellen ist, wer bei einer irreführenden Werbung schadensersatzberechtigt sein soll. Für Konkurrenten sowie für Kunden315 ist nach der Rechtssprechung des Hoge Raad ein unmittelbar durch die irreführende Werbung zugefügter – zumindest minimaler – Schaden Voraussetzung für den Anspruch auf Gewinnherausgabe. Ein solcher Schaden ist aber schwer nachzuweisen. Wie sich die Haftung für irreführende Werbung angesichts der neuesten 313
BW Tekst&Commentaar/Lankhorst, Art. 6:196, Nr. 1–2; so auch bereits Verkade, Misleidende reclame, S. 463. 314 Verkade, Misleidende reclame, S. 63. 315 Kunden machen in Fällen, in denen die Werbung die tatsächlich angebotene Leistung nicht angemessen widerspiegelt, typischerweise keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der irreführenden Werbung, sondern wegen einer Schlechtleistung geltend. Hier kommt eine Gewinnherausgabe jedenfalls nicht in Betracht, dazu Verkade, Misleidende reclame, S. 63.
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§ 2 Niederlande
Rechtsprechung entwickeln wird, nach der die Bedeutung des Schadenserfordernisses reduziert wird, bleibt abzuwarten. c) Verletzungen der Persönlichkeit Auch bei Verletzungen der Persönlichkeit können ausgleichsbedürftige Gewinne erzielt werden. Gerade bei geldwerten Aspekten der Persönlichkeit316 bietet sich ein besonderer Schutz durch einen Gewinnausgleich an, da es sich hierbei um geldwerte subjektive Rechtspositionen handelt, deren Schutz parallel zum Eigentumsschutz erfolgen könnte. Dies würde bedeuten, dass die Vorteile, die durch Verletzungen der Persönlichkeit erlangt werden, herausgegeben werden müssen, soweit der Verletzer nicht gutgläubig und deswegen schutzwürdig ist317. Allerdings gibt die niederländische Rechtspraxis dem Rechtsinhaber keinen Herausgabeanspruch gegen Dritte, die durch Verletzung des Rechts Gewinne erzielt haben. Zwar ist die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Delikt, das eine Schadensersatzforderung entstehen lässt 318, deren Höhe gem. Art. 6:104 BW anhand des durch den Rechtsverletzer erzielten Gewinns berechnet werden könnte, sodass eine Gewinnherausgabe stattfände. Entscheidungen, in denen Gerichte den Art. 6:104 BW in vergleichbaren Fällen angewendet haben, gibt es freilich nicht. Mit der Begründung, dass die Kausalität zwischen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und dem erzielten Gewinn in der Regel nicht einwandfrei feststellbar sei, lösen Richter die Fälle der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vielmehr unter Rückgriff auf Art. 6:106 BW, der dem Geschädigten die Möglichkeit eröffnet, immateriellen Schadensersatz zu verlangen319. Dabei ist 316
Wie im deutschen Recht erfolgt auch im niederländischen Recht eine Differenzierung des Persönlichkeitsrechts nach immateriellen und finanziellen Elementen: Linssen, Voordeelsafgifte, S. 598; Rb. Haarlem, 6.11.1990, AMI 1991/1992, 198; Wolf, Begroten van schade, S. 31, Fn. 36. 317 Sieburgh, Gerechtigheid en rechtshandhaving, S. 393. 318 Seit 1994 ordnet die niederländische Rechtsprechung die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Delikt ein, vgl. HR 15.4.1994, NJ 1994, 608. Der Hoge Raad hat sich hierfür maßgeblich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert, vgl. Nehmelman, Algemeen persoonlijkheidsrecht, S. 61–64 und Nieuwenhuis, Onrechtmatige daden, S. 5–7. 319 Rb. Amsterdam 29.3.2006, LJN AV7581. Nach der Auffassung von Hermanus Schoordijk soll die vorsätzliche und auf Gewinn abzielende Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts hingegen die Gewinnabschöpfung zur Folge haben, Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 13–14. Dabei soll es sich aber um eine besondere Form des Anspruchs auf Strafschadensersatz handeln, die nur bei besonders vorwerfbarem Verhalten anwendbar ist. Schoordijk lehnt beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht zwar ein sich daraus ergebendes geldwertes Recht ab, spricht dem Rechtsinhaber aber dennoch den Gewinn zu, um auf diese Weise den schuldhaften Rechtsverletzer zu bestrafen.
VI. Ergebnisse Niederlande
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bemerkenswert, dass niederländische Gerichte bei der Berechnung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes gelegentlich auch den durch den Rechtsverletzer erlangten Gewinn herangezogen haben320. Ein Verweis auf Art. 6:104 BW ist in solchen Fällen allerdings nicht erfolgt.
VI. Ergebnisse Niederlande In den vorhergehenden Abschnitten wurden die im niederländischen Recht bestehenden Möglichkeiten, Gewinne auszugleichen, analysiert. Dennoch bleiben Fragen: Warum erlebt der Gewinnausgleich in den Niederlanden gerade heute einen solchen Aufschwung? Und warum sind seit 1978 sechs ausdrückliche Gewinnherausgabeansprüche durch den niederländischen Gesetzgeber normiert worden, während in den Jahrhunderten zuvor höchstens Spuren eines Ausgleichs von Gewinnen feststellbar sind? Die Ursprünge der Gewinnausgleichsregelungen in den Niederlanden liegen im Recht des geistigen Eigentums, da es hier – aufgrund der fehlenden Körperlichkeit der Rechte – seit jeher Schwierigkeiten bei der Schadensfeststellung gegeben hat321. Diese Probleme haben die Gerichte nicht von Beginn an durch eine Pflicht zur Herausgabe des Verletzergewinns gelöst. Vielmehr haben zunächst Außenstehende den Schaden geschätzt, oder aber eine Pauschale gezahlt322. In den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich sodann der Gewinnausgleich als geeignetes und jedenfalls annähernd gerechtes Instrument zur Verhinderung rechts- oder pflichtwidriger lukrativer Verhaltensweisen herauskristallisiert, und der Gesetzgeber hat verschiedene Gewinnherausgabeansprüche eingeführt (Artt. 70 V ROW, 27a I Aw, 2.21 IV, 3.17 IV BVIE). Ein besonders attraktiver Nebeneffekt der Gewinnabschöpfung war dabei, dass neben der Befriedigung der Interessen des Rechtsinhabers dem Rechtsverletzer auch der Anreiz zu weiteren Verletzungen genommen wurde, weil ihm keine Vorteile aus seinem rechtswidrigen Verhalten blieben. Parallel zu dieser Entwicklung im Recht des geistigen Eigentums hat Eduard Meijers seit 1947 ein neues Zivilgesetzbuch entwickelt, bei dessen Ausarbeitung er insbesondere rechtsvergleichende Erwägungen miteinbezog. In seinem ersten Entwurf war ein Gewinnausgleichstatbestand nicht vorgesehen. 1982 wurde aber – unter Verweis auf die Entwicklungen im Recht des geistigen Eigentums – Art. 6.1.9.9a Ontwerp BW eingefügt, der bei allen Schadensfällen eine Schadensermittlung anhand des Gewinns ermöglichte. 1992 320 Hof Amsterdam, 4.11.1993, NJ 1996, 7. Vgl. auch Linssen, Voordeelsafgifte, S. 600 m.w.N. 321 Vgl. § 2 II 2 a) (1) und b) (1). 322 Vgl. § 2 II 2 a) (1) und b) (1).
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§ 2 Niederlande
wurde das neue Burgerlijk Wetboek, inklusive der Schadensberechnungsregel (nunmehr als Art. 6:104 BW), eingeführt. Die Gesetzesbegründung verwies wiederum ausdrücklich auf die Entwicklungen im Immaterialgüterrecht, die den Erlass des Art. 6:104 BW nicht nur angestoßen, sondern wohl auch nachhaltig beeinflusst haben. Bemerkenswert ist deswegen umso mehr, dass Art. 6:104 BW strukturell erheblich von den speziellen Gewinnherausgabeansprüchen im geistigen Eigentum abweicht. Es handelt sich hierbei nicht um einen eigenständigen Anspruch sondern ausdrücklich nur um eine Schadensermittlungsregel. Insoweit drängt sich ein Einfluss durch den acquis communautaire323 auf. Der niederländische Gesetzgeber war mit seinen speziellen Gewinnherausgabetatbeständen zwar weiter gegangen, als der europäische Gesetzgeber dies in seinen Richtlinien324 gefordert hatte. Da die Gesetze aber vor Erlass der jeweils mindestharmonisierenden Richtlinien in Kraft getreten waren, und gerade ein höheres Schutzniveau als das der EU (damals noch EG) gewährleisteten, hatte der niederländische Gesetzgeber keine Notwendigkeit zur Angleichung gesehen. Hingegen formulierte er Art. 6:104 BW in Anlehnung an die europäischen Richtlinien, in denen auch nur die Einführung einer Regelung, dass Schäden anhand des Gewinns berechnet werden können, angeordnet worden war. Dass bestimmte Gewinne ausgeglichen werden sollen, ist im niederländischen Recht seit einigen Jahrzehnten anerkannt. Wie und insbesondere auch warum abgeschöpft werden muss, ist hingegen unklar. Primär wird argumentiert, dass es sich bei einem durch deliktisches oder rechtsverletzendes Verhalten erlangten Gewinn um einen rechtswidrigen Vorteil handelt, der abgeschöpft werden muss, um eine effektive Abschreckung zu gewährleisten (ontnemen van de economische prikkel)325. Ungeklärt bleibt dabei jedoch die Frage, weshalb gerade der Geschädigte einen Anspruch auf den Gewinn haben soll. Vereinzelt haben Juristen argumentiert, dass die Gewinnerzielung vergleichbar zur Fruchtziehung sei und derjenige, aus dessen Recht(sgut) durch einen Dritten ein Gewinn erzielt worden sei, einen Herausgabeanspruch in Bezug auf den Gewinn habe326, soweit der Dritte nicht schutzwürdig sei 323
Die Schadensberechnung anhand des Gewinns ist erstmals in einem europäischen Richtlinienentwurf 1977 erwähnt worden: Art. 5 III Richtlinien-Entwurf KOM (77) 724. Die Notwendigkeit der Gewinnabschöpfung bei Urheberrechtsverletzungen wurde auf europäischer Ebene erstmals 1988 statuiert, vgl. KOM (88) 172, Juni 1988, Nr. 2.6.56. 324 So etwa später auch in der Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. Nach Art. 13 I lit. a dieser Richtlinie sollen die nationalen Gesetzgeber eine Schadensberechnung anhand des Gewinns ermöglichen. Nach Art. 13 II besteht das Recht, nicht aber die Pflicht, einen Gewinnherausgabeanspruch zu normieren. 325 Siehe Fn. 290. 326 So etwa Drion, De betekenis van het bezit, S. 124–125.
VI. Ergebnisse Niederlande
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und auf den Erwerb vertraut habe327. Alternativ haben Rechtswissenschaftler einen bereicherungsrechtlichen Begründungsansatz gewählt, nach dem alles aus einem fremden Recht Erlangte dem fremden Recht weiterhin normativ zuzuordnen sei, sodass durch die Rechtsverletzung eine ungerechtfertigte Bereicherung entstehe, die herauszugeben sei 328. Beide Argumentationsansätze haben aber bislang weder in Gesetzesbegründungen noch Urteilen Berücksichtigung gefunden. Die verschiedenen Begründungsansätze für den Gewinnausgleich haben maßgeblichen Einfluss auf die jeweiligen Anforderungen, die von ihren Vertretern an den Anspruch auf Gewinnherausgabe gestellt werden. Qualifiziert man die Gewinnabschöpfung als bereicherungsrechtlichen Rechtsfortwirkungsanspruch, so ist es nur schlüssig, auf subjektive Anforderungen zu verzichten329. Geht man von einer Gewinnherausgabepflicht aus, die parallel zum Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Herausgabe der Früchte ist, so ist die Gut- oder Bösgläubigkeit desjenigen, der den Gewinn erzielt hat, zu berücksichtigen. Begründet man die Gewinnabschöpfung schließlich nur mit ihrer Abschreckungswirkung, so wird man Vorsatz oder zumindest die Verletzung einer Sorgfaltspflicht für einen Gewinnausgleich voraussetzen müssen 330. Laut dem Gesetzgeber des Burgerlijk Wetboek ist ein zentraler Grund für die Schadensberechnung anhand des Gewinns gem. Art. 6:104 BW, dass ein rechts- oder pflichtwidrig Handelnder nicht Gewinne aus seinem Verhalten behalten können soll. Dies hat Hoge Raad zunächst so ausgelegt, dass, soweit es zu einer Haftung kommt, also in der Regel – aber nicht zwingend 331 – ein vorwerfbares Verhalten vorliegt, der Schaden abstrakt berechnet werden soll. Der Gewinn indiziert dann den Schaden. Wenn der Gewinn dem Schaden nachweislich nicht entspricht, so soll eine Haftung auf den Gewinn ausscheiden332. In neueren Entwicklungen hat sich der Hoge Raad von dieser sehr engen Anwendung des Art. 6:104 BW distanziert. Es soll sich nicht mehr um eine bloße abstrakte Schadensberechnungsmethode handeln, sondern um eine Alternative zum Schadensersatz bei Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen333. Gleichwohl hat die Rechtbank Breda erst kürzlich entschieden, dass weiterhin die Möglichkeit bestehen soll, die Gewinnabschöpfung dadurch 327
Siehe oben § 2 II 1 a). Linssen, Voordeelsafgifte, S. 649–657. 329 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 649–657. 330 Deurvorst, Schadevergoeding, S. 217–227. 331 Theoretisch ist die Schadensberechnung anhand des Gewinns in jedem Fall möglich, in dem es zu einem Schadensersatzanspruch gekommen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut können also auch in Fällen der Gefährdungshaftung Gewinne abgeschöpft werden. In der Rechtspraxis sind solche Fälle allerdings nicht bekannt. 332 Bloembergen, Schadevergoeding, S. 99–100. 333 Siehe oben § 2 V 5. 328
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§ 2 Niederlande
abzuwenden, dass das Fehlen eines Schadens nachgewiesen wird334. Der zukünftige Umgang mit Art. 6:104 BW bleibt abzuwarten. Auch das Verhältnis des Art. 6:104 BW zu den speziellen Gewinnabschöpfungstatbeständen aus dem Immaterialgüterrecht ist nicht abschließend geklärt. Teilweise stellt die Rechtsprechung im Rahmen der speziellen Gewinnausgleichstatbestände strengere Voraussetzungen an die Haftung. So hat sie für einige Ansprüche vorsätzliches oder gar gezielt-ausnutzendes Verhalten (Rechtspiraterie) vorausgesetzt. Dabei schließt die Pflicht zur Gewinnherausgabe in diesen Fällen zusätzliche Schadensersatzansprüche nicht aus. Soweit aber ein spezieller Gewinnabschöpfungsanspruch einschlägig ist, scheidet nach ganz überwiegender Auffassung die Anwendung von Art. 6:104 BW aus. Neben möglichen subjektiven Anforderungen spielt die Verknüpfung von haftungsbegründendem Verhalten und Gewinn eine tragende Rolle für die Frage, ob Gewinne ausgeglichen werden müssen. In dieser Hinsicht bestehen im niederländischen Recht kaum differenzierte Kriterien. Gerade im Rahmen des weit formulierten Art. 6:104 BW sind dem richterlichen Ermessen kaum Grenzen gesetzt. In der Regel wird mit Billigkeitserwägungen argumentiert. Bei den eigenständigen Gewinnhaftungsansprüchen im Immaterialgüterrecht stehen dem Rechtsinhaber zwar die Vorteile aus seinem Recht zu; doch verursacht auch hier die Frage Schwierigkeiten, wann die Rede von einem Vorteil ist, der gerade aus dem jeweiligen Recht erlangt wurde. Das niederländische Zivilrecht ist heute das modernste europäische Vorbild bei Kodifikationsbestrebungen und Privatrechtsvereinheitlichung in der Europäischen Union335. In Bezug auf den Gewinnausgleich bietet es neue Lösungsansätze und trotz der noch jungen Debatte eine Vielzahl juristischer Auseinandersetzungen und Urteile. Aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit des Gewinnausgleichs in unterschiedlichen Rechtsgebieten besteht dennoch ein erheblicher Systematisierungsbedarf.
334
Rb. Breda 6.9.2012, LJN BW6424. Speziell zum Schadensersatzrecht Koziol, Vorbilder für ein europäisches Schadensersatzrecht, S. 587. 335
§ 3 England Im englischen Recht ist seit jeher anerkannt, dass bestimmte Gewinne abgeschöpft werden müssen1. Zwar hat die Rechtsprechung Gewinne zeitweise – aufgrund richterlicher Unsicherheit bei der Gewinnermittlung – nur sehr restriktiv ausgeglichen; fundamental in Frage gestellt hat sie den Gewinnausgleich jedoch nicht. Umstritten geblieben sind freilich die Fragen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Gewinne abzuschöpfen sind. Es ist dabei nicht nur schwierig, das weite Feld an Literatur zu diesem Thema zu erfassen, sondern insbesondere auch die sehr vielseitig ausgestalteten gewinnausgleichenden Rechtsfiguren at common law sowie in equity in ein schlüssiges Gesamtbild einzuordnen. In diesen Rechtsbereichen hat sich der englische Gewinnausgleich nämlich über einen langen Zeitraum hinweg weitgehend unabhängig fortentwickelt2. Über Jahrhunderte – noch weit über die offizielle Zusammenführung der Gerichtszweige in equity und at law in der Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus – haben englische Richter und Rechtswissenschaftler sich mit diesen einzelnen Instrumenten des Gewinnausgleichs beschäftigt, ohne ihren Erwägungen ein allgemeines Prinzip zugrunde zu legen3. Das hat zu einer großen Vielfalt an Erscheinungsbildern von Gewinnherausgabeansprüchen sowie zu Systematisierungsschwierigkeiten geführt4. Diesen Schwierigkeiten soll im Folgenden dadurch begegnet werden, dass in einem ersten Teil die Instrumente des englischen Gewinnausgleichs erfasst werden. In einem zweiten Teil soll dann die Anwendung dieser Instrumente in einzelnen Rechtsgebieten untersucht werden, um sodann allgemeine Wertungen des Gewinnausgleichs in England herausarbeiten zu können. 1
In der U.S.-amerikanischen Entscheidung Warren v. Century Bankcorporation Inc. [1987] 741 P.2d 846 hat Opala J von einem „ancient principle of disgorgement“ gesprochen und dieses aus dem englischen Gewinnausgleich anhand des constructive trust bei Verletzungen von Treuepflichten hergeleitet. 2 Zu dieser Besonderheit des Gewinnausgleichs im englischen Recht Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 105–106: „Freilich kann auch in England der theoretische Ansatz, Gewinnabschöpfung bei ‚wrongs‘ als Sanktion mißbilligten Verhaltens einzusetzen, zwar als überwiegende Ansicht gelten, nicht aber als sichere Beurteilungsgrundlage“. 3 Lobban, Oxford History, Bd. XII, S. 601. 4 So bereits 1909 Maitland, The Forms of Action, S. 3: „[T]he forms of action we have buried, but they still rule us from their graves“.
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§ 3 England
Den Fällen der Gewinnherausgabe im englischen Recht ist gemein, dass sie ein wrong voraussetzen. Der Begriff wrong birgt Übersetzungsschwierigkeiten. Gemeint sind Delikte, vertragswidrige Verhaltensweisen und sogenannte equitable wrongs5. Letztere bezeichnen Verstöße gegen Prinzipien der equity, insbesondere gegen Treuepflichten und besondere Vertrauenstatbestände6. Die losgelöste Behandlung dieser Fälle rechtfertigt sich vor dem historischen und prozessualen Hintergrund der equity-Tradition. Ein dem wrong vergleichbarer Überbegriff besteht im deutschen Recht nicht. Die Formulierungen „rechtswidrige Verhaltensweise“, „Rechtsverletzung“, „Verletzer“ sowie „Verletzter“ sollen deswegen im Folgenden nicht im strengen deutschen Sinne verwendet werden, sondern jede Art des wrong bezeichnen. Dadurch sollen zum einen überlange Formulierungen vermieden und zum anderen die englische Rechtstradition treffender dargestellt werden. Eine Differenzierung nach den verschiedenen wrongs erscheint im Rahmen der allgemeinen restitution for wrongs jedenfalls wenig überzeugend. Ein wrong kann auf zweierlei Weise eine vorteilsorientierte Haftung nach sich ziehen. Zum einen kann ein Anspruch auf Wertersatz für einen (Nutzungs-)Vorteil bestehen. So kann etwa der Verletzer eines Patents dazu verpflichtet werden, nachträglich eine angemessene Lizenzgebühr für die Patentnutzung zu zahlen, oder der Benutzer einer fremden Sache dazu verpflichtet sein, einen angemessenen Mietzins zu zahlen. Zum anderen kann ein Verletzer auch dazu verpflichtet werden, seinen gesamten durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinn herauszugeben (disgorgement of profits7)8.
5 Virgo, Fault, S. 90: „All wrongs involve a breach of duty, whether the wrong be tort, breach of contract, or existing in equity“, siehe auch Birks, Concept of civil wrong, S. 31– 51 und Gardner, Torts and other wrongs, S. 43–47. 6 Virgo, Restitution, S. 498–538. 7 Lionel Smith will den Begriff restitution for wrongs gänzlich durch den Begriff disgorgement ersetzen, soweit es sich bei den Fällen, in denen mit restitution for wrongs argumentiert werde, nicht um Fälle des „Zurückgebens“ handle: Smith, Province of restitution, S. 699; ebenso Worthington, Disgorgement, S. 218–219. In der Rechtspraxis konnte sich Smith mit dieser Auffassung hingegen bislang nicht durchsetzen, siehe auch Amelung, Schutz der Privatheit, S. 249. 8 Zu dieser Differenzierung der Arten vorteilsorientierter Haftung vgl. Edelman, Gainbased damages, S. 2–3, 80–93; ders., Compensation, S. 147–152; dem folgend Sheehan, Subtractive and wrongful enrichment, S. 334; Virgo, Fault, S. 91; Grantham/Rickett, Disgorgement, S. 160–161. Ebenso Birks, Unjust enrichment, S. 282–283 und ders., Misnomer, S. 12–15, allerdings mit leicht abweichender Terminologie. Kritisch dahingegen Burrows, Restitution, S. 634; Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 258; Giglio, Foundations, S. 209; Rotherham, Conceptual structure, S. 174.
I. Instrumente der Gewinnherausgabe
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I. Instrumente der Gewinnherausgabe Die zersplitterte englische Gewinnausgleichstradition hat ihre Wurzeln im alten klageorientieren englischen Recht. Trotz der offiziellen Abschaffung der Klageformeln (forms of action) im 19. Jahrhundert verwendet die Rechtsprechung die alten Klagearten teilweise bis heute. Dies hat die Literatur vielfach moniert: Die Verwendung alter Begrifflichkeiten führe dazu, dass für die verschiedenen Ausformungen des Gewinnausgleichs in strukturell vergleichbaren Konstellationen keine einheitliche Terminologie bestehe 9. An dieser Stelle soll deswegen zunächst Klarheit über die im englischen Recht verwendeten Instrumente geschaffen werden, anhand derer Gewinne abgeschöpft werden10. Eine übergreifende Untersuchung der englischen Rechtstradition im Sinne Andrew Burrows soll dann im zweiten Schritt erfolgen 11. 1. Persönliche Rechtsbehelfe im common law Lange bevor das englische Recht ein einheitliches Rechtsgebiet des Bereicherungsrechts kannte, ist im common law des frühen 17. Jahrhunderts die action for money had and received entstanden12. Hierbei handelt es sich um eine Sonderform der Klage aus indebitatus assumpsit, mit der der Kläger Beträge herausverlangen konnte, die der Beklagte ihm schuldete, und die erstmals 1602 in der Entscheidung Slade13 verwendet worden war14. Die action for money had and received bezog sich speziell auf solche Beträge, die der Be9
Birks, Unjust enrichment, S. 267–308; McInnes, Gain, loss and the user principle, S. 79; in Bezug auf den constructive trust: Millett, Restitution and constructive trusts, S. 407 und Etherton, Constructive trusts, S. 287; hinsichtlich der substitution bei conversion Swadling, Property, S. 252–253, Rn. 4.314. Kit Barker bezeichnet die Vielfalt an verschiedenen gewinnausgleichenden Rechtsfiguren als „bewildering array of different restitutionary remedies“, Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 255. 10 So auch Birks, Unjust enrichment, S. 267: „The principal reason for mastering the old vocabulary is to transcend it“. 11 „[W]hat one must not do is to separate common law and equity as if the historical divide between them is in itself a good reason for regarding them as separate areas of the law“, Burrows, Restitution, S. 26. 12 Ausdrücklich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vom waiver of tort die Rede. Dennoch war das Vorgehen identisch: „[T]he plaintiff may dispense with the wrong and suppose the sale made by his consent, and bring an action for the money they were sold for as money had and received to his use“, Lamine v. Dorell [1705] 12 Lde. Raym. 1216. Dazu ausführlich Birks, Restitution for wrongs, S. 177–179, 182–185, sowie Baker, Use of assumpsit, S. 31–33. 13 [1602] 4 Co. Rep. 92a, dazu Jones, Equity in the English law, S. 147–152 und Edelman, Money had and received, S. 550–551. 14 Dazu ausführlich Baker, Use of assumpsit, S. 31–57; Birks, Restitution for wrongs, S. 177–178; Jackman, Restitution for wrongs, S. 309; Cornish u.a. (Hg.), History of the laws, Bd. XII, S. 563–573; Edelman, Money had and received, S. 548–552.
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§ 3 England
klagte zwar selbst erhalten hatte, die aber aus Billigkeitserwägungen dem Kläger zustanden. Dies sollte dann der Fall sein, wenn der Beklagte sich ihm gegenüber rechtswidrig verhalten hatte15. Dabei ging man davon aus, dass der Kläger durch die Klage nachträglich das ihn verletzende Verhalten genehmige. Deswegen könne er in einem zweiten Schritt den durch das verletzende Verhalten erzielten Gewinn herausverlangen, als ob er von vornherein für ihn erzielt worden sei16. Dabei musste der Kläger anfangs eine konkrete Geldsumme verlangen17. Da dies häufig nicht möglich war, räumten ihm seit dem Ende des 16. Jahrhunderts die Gerichte auch die Möglichkeit ein, auf das quantum meruit zu klagen, also abstrakt auf dasjenige, was der Beklagte erlangt hatte18. Bei der action for money had and received handelte es sich nicht um die erste und einzige Möglichkeit im common law, eine Gewinnherausgabe zu erreichen. Erste Anhaltspunkte für einen Gewinnausgleich im common law finden sich bereits im 13. Jahrhundert19. Der Richter konnte mit der action of account, einer speziellen mittelalterlichen Klage (praecipe writ)20, rechtswidrig Handelnde dazu verpflichten, ihre Finanzen offenzulegen21 und gegebenenfalls rechtswidrig erzielte Gewinne herauszugeben22. Weil in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens bei Gewinnerzielung nicht Buch geführt wurde, eröffnete der account of profits neue Möglichkeiten für eine gerechte Vermögenszuordnung23. Gleichwohl verschwand er vor den common lawGerichten bereits im Laufe des 17. Jahrhunderts, nachdem sich Unzulänglichkeiten in der praktischen Anwendbarkeit gezeigt hatten. Eine Klage 15
Edwards v. Bates [1844] 7 M. & G. 590, 597: „[T]he ground and principle upon which this form of action is maintainable is that the defendant has received money which, ex aequo et bono, belongs to the plaintiff“. Die action for money had and received ist deswegen zunächst als quasi-vertragliche Klage eingeordnet worden: Moses v. Macferlan, [1760] 2 Burr 1005, 1009. Peter Birks hat die Verwendung der Kategorie des QuasiVertrags im englischen Rechts des 17. Jahrhunderts als „half-hearted borrowing“ aus dem römischen Recht beurteilt, das inhaltlich nicht weiterführend sei, Birks, Unjust enrichment, S. 270–271. Die irreführende Bezeichnung als Quasi-Vertrag sei ein „constant impediment“. 16 Lamine v. Dorrell [1705] 12 Lde. Raym. 1216. 17 Goff/Jones, Restitution7, S. 803. 18 Baker, Use of assumpsit, S. 35–36: Geschuldet sei „an unquantified reasonable sum“. 19 Stoljar, Transformations of account, S. 208–215. 20 Zur Einordnung des account als praecipe writ (praecipe quod reddat compotum) und zu seiner Entwicklung seit dem Mittelalter Stoljar, Transformations of account, S. 203– 208, sowie Baker, Use of assumpsit, S. 31. 21 Stoljar, Transformations of account, S. 204–205. 22 Diese Möglichkeit bestand typischerweise bei Delikten. Beispielhaft zum tort of disseisin (Besitzentziehung gegenüber dem Eigentümer) Woodbine/Thorne (Hg.), Bracton, Bd. III, S. 76: „So of movables which then were there, the profits are to be computed from the time he was disseised“. 23 Stoljar, Transformations of account, S. 217.
I. Instrumente der Gewinnherausgabe
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musste auch hier nämlich stets auf einen exakten Gewinnbetrag erfolgen. War dies nicht möglich, blieb die Klage erfolglos. Genau dies war jedoch gerade der Regelfall24. Während sich die action for account of profits vor den equity-Gerichten weiterhin großer Beliebtheit erfreute25, trat vor den common law-Gerichten die action for money had and received an ihre Stelle 26. Erst im 18. Jahrhundert haben Richter in bestimmten Fällen der action for money had and received einen waiver of tort vorausgesetzt27. In Fällen, in denen der Beklagte ein Delikt begangen hatte und bei denen weniger ein Bedürfnis bestand, einen Schaden auszugleichen, als vielmehr, den dabei erzielten Gewinn abzuschöpfen, sollte der Kläger auf die deliktische Schadensersatzklage verzichten (waive the tort) und erst dann mit der action for money had and received die Vorteile des Beklagten herausverlangen können, soweit diese durch Verletzung seiner Rechte erlangt worden waren28. Durch den waiver akzeptierte das Opfer den deliktisch Handelnden als seinen Auftragnehmer (agent) und konnte deswegen den durch ihn erlangten Gewinn herausverlangen29. Lange Zeit war umstritten, ob der waiver of tort tatsächlich den Wegfall des Delikts als solchen zur Folge hat (extinctive ratification) oder aber ob es sich nicht vielmehr um einen bloßen Verzicht auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs handelt30. Letzteres Verständnis hat sich heute durchgesetzt. Das Delikt soll als solches von Rechts wegen bestehen bleiben; alternativ zum Schadensersatzanspruch kann aber mit der action for money had and received der durch das Delikt erlangte Gewinn herausverlangt werden31. 24
Zu den Unzulänglichkeiten bei der Anwendbarkeit des account of profits at law umfangreich Stoljar, Transformations of account, S. 215–216. 25 Dazu sogleich § 3 I 2. 26 Lobban, Oxford History, Bd. XII, S. 563. 27 Ausdrücklich war in früheren Entscheidungen noch keine Rede vom waiver of tort. Dennoch war das Vorgehen durchaus vergleichbar: „[T]he plaintiff may dispense with the wrong and suppose the sale made by his consent, and bring an action for the money they were sold for as money had and received to his use [Kursivierung K.B.]“, Lamine v. Dorell [1705] 12 Lde. Raym. 1216. Dazu ausführlich Birks, Restitution for wrongs, S. 177–179, 182–185, sowie Baker, Use of assumpsit, S. 31–33. 28 Ames, History of assumpsit II, S. 66: „The equitable principle which lies at the foundation of the great bulk of quasi-contracts, namely, that one person shall not unjustly enrich himself at the expense of another, has established itself very gradually in the Common Law“. 29 Marsh v. Keating, [1833–4] 2 Cl. & F. 250, 285: „If the goods of A. are wrongfully taken and sold, it is not disputed that the owner may bring trover against the wrong-doer, or may elect to consider him as his agent, may adopt the sale, and maintain an action for the price“. 30 United Australia Ltd. v. Barclays Bank Ltd. [1941] AC 1, S. 18–19; dazu Birks, Unjust enrichment, S. 15. 31 Ausführlich bezüglich der Rechtsfolgen des waiver of tort: Jackman, Restitution for wrongs, S. 309–321; Jaffey, Nature and scope, S. 369–372; ferner Corbin, Waiver of tort,
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Im frühen 19. Jahrhundert hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich des waiver of tort ausgeweitet. In der Entscheidung Lightly v. Clouston32 hat Mansfield C.J. auf die Voraussetzung der action for money had and received verzichtet, dass der Beklagte einen Geldbetrag erlangt haben müsse. Vielmehr genüge es, wenn er irgendeinen vermögenswerten Vorteil erzielt habe. In der Entscheidung ging es um einen Lehrling, den ein Konkurrent seines Lehrmeisters auf rechtswidrige Weise abgeworben hatte. Der Lehrmeister klagte auf Herausgabe der Vorteile, die der Konkurrent durch die Arbeitskraft des Lehrlings erhalten hatte. Mansfield C.J. bejahte den Anspruch auf Gewinnherausgabe, obwohl der Vorteil nicht in Form einer Geldsumme, sondern nur in Form von Arbeitskraft vorlag33. Der waiver of tort setzt nicht voraus, dass eine bestimmte Rechtsposition verletzt worden ist, sondern lediglich, dass durch ein spezielles Delikt ein Gewinn erzielt worden ist34. Die Rechtsprechung hat zwei Gruppen von Delikten anerkannt, in denen anhand des waiver of tort Gewinne herausverlangt werden können. Zum einen ist dies bei Verstößen gegen vermögenswerte absolute Rechte (proprietary torts) der Fall35. Zum anderen soll ein waiver of tort in Betracht kommen, wenn der Verletzer abgeschreckt werden soll. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn der Verletzer seinen Vorteil durch Täuschung oder Drohung erlangt hat36. Bis ins 20. Jahrhundert ist eine systematische Einordnung des Zusammenspiels von waiver of tort und action for money had and received ausgeblieben. Zwar haben Juristen zeitweise angenommen, es handle sich um einen Quasi-Vertrag37. Was jedoch genau unter einem Quasi-Vertrag – etwa im Verhältnis zum Delikt oder Vertrag – zu verstehen ist und was dessen Rechtsfolgen sind, blieb weitgehend ungeklärt. Heute werden waiver of tort und action for money had and received jedenfalls nicht mehr als Ausprägung
S. 226–227. Aufgrund der problematischen Rechtsnatur des waiver of tort bezeichnen Goff/Jones, Restitution7, S. 801, diesen als „misnomer“. Nach ihrer Auffassung bedeutet der waiver nur die Ausübung einer Wahlmöglichkeit zwischen Schadensersatz und Gewinnausgleich. Kritisch deswegen in Bezug auf die Rechtsfigur des waiver of tort Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 121 m.w.N. 32 [1808] 1 Taunt. 112, dem folgend Foster v. Stewart [1814] 3 M. & S. 192. 33 Kritisch gegenüber der Entscheidung Lightly v. Clouston, da sie zur Folge habe, dass „[t]he doctrine of waiver [is] pushed to extreme lengths“: Winfield, Quasi-contract, S. 98– 99; ebenso jüngst Jackman, Restitution of benefits, S. 505. 34 Vgl. Jones, Restitution in public and private law, S. 71, der einen Gewinnausgleich in allen Fällen befürwortet, in denen „the gain would not have been gained but for the tort“. 35 Jackman, Restitution for wrongs, S. 311; Amelung, Schutz der Privatheit, S. 240 m.w.N. 36 Jackman, Restitution for wrongs, S. 310 m.w.N. 37 Siehe Fn. 15.
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einer als quasi-vertraglichen Beziehung zwischen zwei Parteien38, sondern als spezieller Fall der Restitutionspflicht eingeordnet39. 2. Persönliche Rechtsbehelfe in equity Seit dem 17. Jahrhundert hat die equity-Gerichtsbarkeit die Rechtsfigur des account of profits verwendet, wenn auf rechts- oder pflichtwidrige Weise Gewinne erzielt worden waren 40. In diesen Fällen mussten die Buchführung offengelegt und Gewinne herausgegeben werden. Wie im common law handelte es sich auch vor den equity-Gerichten bei der Klage auf account of profits stets um einen zum Schadensersatz alternativen Rechtsbehelf41, denn auch die equity-Gerichte gingen davon aus, dass der Rechtsinhaber die ursächliche Rechtsverletzung stillschweigend akzeptiere42 und nur deswegen den Gewinn herausverlangen könne. Diese Alternativität hat dazu geführt, dass der Anwendungsbereich des account of profits stets beschränkt geblieben ist43. Auch die Begründung des account of profits ähnelt der Argumentation im common law. Er soll dem Ausgleich von Vorteilen dienen, die zwar der Verletzer erlangt hat, die er aber eigentlich für den Verletzten hätte erlangen müssen44. Trotzdem hat der account of profits in equity innerhalb kürzester Zeit den account of profits at law verdrängt45. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ausschlaggebend für die Beurteilung von Gewinnausgleichsfällen vor der equityGerichtsbarkeit waren die prozessualen Vorteile46, denn hochkomplizierte Gewinnberechnungen konnten durch Jurys kaum geleistet werden. Im com-
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Vgl. Rotherham, Gain-based relief, S. 104. Chesworth v. Ferrar [1967] 1 QB 407 (CA). Kritisch zur nicht eindeutigen Bezeichnung waiver of tort Burrows, Restitution, S. 643. 40 Zur Entstehung des account of profits in equity: Birks, Restitution for wrongs, S. 187 m.w.N. 41 Birks, Restitution for wrongs, S. 187. 42 Neilson v. Betts [1871] LR 5 HL 1, 22; vgl. Birks, Restitution for wrongs, S. 187. 43 Street, Damages, S. 260, 262. 44 Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959, 85; dazu Virgo, Causation and remoteness, S. 308. 45 Vgl. Lobban, Oxford History, Bd. XII, S. 564. Zum account of profits at law siehe oben § 3 I 1. 46 „The flexibility of the procedure in equity may well have been the last nail in the coffin of the common law writ of account“, Jones, Role of Equity, S. 169. Dies erkannten auch die common law-Gerichte schon zu einem frühen Zeitpunkt, siehe Wilkins v. Wilkins [1689] 1 Show. K. B. 70, dazu Gleeson/Watson, Account of profits, S. 679; ebenso NorthEastern Railway Co. v. Martin [1848] 2 PH 757, 761: „[T]he jurisdiction [of the Courts of Equity, K.B.] is concurrent with that of the Courts of Law, and is adopted because, in certain circumstances, it has a better means of ascertaining the rights of parties“. 39
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mon law-Prozess war die Jury – jedenfalls in Bezug auf Tatsachenfragen47 – jedoch obligatorisch48. Eine Beurteilung von problematischen Gewinnfällen vor den equity-Gerichten bot sich deswegen an, weil hier ein Einzelrichter den Gewinn berechnen und den Fall entscheiden konnte49. Während in equity das Verfahren inquisitorisch war und der Richter selber den Gewinn feststellen konnte, musste at law zunächst ein fester Betrag eingeklagt werden. Gerade dessen Berechnung wurde aber erst durch den account ermöglicht. Auch stellten die equity-Gerichte an die Beweislast des Klägers beim account of profits deutlich niedrigere Anforderungen als die common law-Gerichte50. Ein weiterer Grund für das Verschwinden des account of profits vor den common law-Gerichten war das Selbstverständnis der equity-Gerichte, für alle Fälle zuständig zu sein, in denen treuhänderische Elemente eine Rolle spielten, sodass sie sich für viele Fälle zuständig erklärten, die zunächst die common law-Gerichte entschieden hatten51. Ein letzter Grund war schließlich, dass die common law-Gerichtsbarkeit keine Rechtsbehelfe für die Fälle bot, in denen der Verletzte bereits verstorben war (actio personalis moritur cum persona52), weil die bei der deliktischen Haftung angestrebte Genugtuungsfunktion nicht mehr erreicht werden konnte 53. Ansprüche aus equity erloschen hingegen nicht mit dem Tod des Verletzten, sondern gingen – aufgrund von Billigkeitserwägungen – auf die Erben über, die so weiterhin Ausgleich für eine – dem Verstorbenen zugefügte – Rechtsverletzung verlangen konnten54. 47
„In cases where there is or are a particular fact, or facts, undetermined, and upon the determination of that fact, or the facts, depends the decree in equity, the trial is by jury; for it is a rule that the questions of law are for the Court, but the facts are for the ‘country’“, Billing, Patent law, S. 151. 48 Gleeson/Watson, Account of profits, S. 679. 49 Taff Vale Ry. v. Nixon [1847] 1 H.L.C. 111, 125. Vgl. Stoljar, Transformations of account, S. 222. 50 Street, Damages, S. 259; Gleeson/Watson, Account of profits, S. 679–680. 51 Stoljar, Transformations of account, S. 223: „[...] equity was sometimes insisting that it had jurisdiction whenever a fiduciary principle was involved, as in a case against trustees or executors, or concerned with the collection of money or the management of another’s property“. Als dies zu einer Überbelastung der equity-Gerichte zu führen begann, haben sie – allerdings erst nachdem der account of profits vor den common law-Gerichten verschwunden war – ihren Zuständigkeitsbereich wieder reduziert: „[...] this principle threatened to carry equitable account much too far, even into situations which had long been in the province of common law. Because of this equity returned to its former ground, now called ‘convenience’, according to which equity would not intervene unless it appeared the most convenient court“, Stoljar, Transformations of account, S. 223. 52 Philipps v. Homfray [1883] 24 ChD 439. 53 Bishop of Winchester v. Knight [1717] 1 P. Wms. 406. Im Jahr 1934 wurde die actio personalis-rule abgeschafft, siehe Birks, Restitution for wrongs, S. 176. Trotzdem noch 1952 anders (wohl irrtümlich): Winfield, Quasi-contracts, S. 93. 54 Stoljar, Transformations of account, S. 213.
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Als die Gerichtszweige des common law und der equity im 19. Jahrhundert zusammengeführt wurden55, bestand nur noch eine Tradition des account of profits in equity, sodass auch nur diese Rechtsfigur Einfluss auf das aktuelle Rechtsdenken in England hat. Bis heute werden insbesondere Fälle von Immaterialgüterrechtsverletzungen, durch die Gewinne erzielt werden, anhand des account of profits gelöst56. Anerkannt ist mittlerweile auch, dass sich der account of profits systematisch in die Kategorie der restitutionary remedies einordnen lässt57. 3. Dingliche Rechtsbehelfe Neben den soeben erörterten schuldrechtlichen Rechtsbehelfen (personal remedies), mit denen eine Gewinnherausgabe verlangt werden kann, bestehen im englischen Recht auch dingliche Rechtsbehelfe (proprietary remedies), mit denen eine Gewinnherausgabe erreicht werden kann. Diese dinglichen Rechtsbehelfe führen nicht zu einem bloßen (schuldrechtlichen) Anspruch auf den Gewinn, sondern zu einem (dinglichen) Recht am Gewinn, sei es, weil sich eine dem Kläger ehemals zustehende Rechtsposition fortsetzt (substitution), sei es, weil aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens an dem Gewinn ein trust entsteht (constructive trust). Es ist umstritten, in welchen Fällen der Kläger ein proprietary remedy anstelle eines personal remedy beanspruchen kann58. Weit verbreitet ist die Auffassung, dass der Kläger dann ein proprietary remedy verlangen kann, wenn er Opfer eines proprietary tort oder eines equitable wrong geworden ist59. Ein proprietary tort bezeichnet dabei eine rechtswidrige Verhaltensweise, die gegen die Befugnisse des Eigentümers oder des Inhabers eines eigentumsähnlichen Rechts verstößt, während es sich beim equitable wrong typischerweise um eine Treuepflichtverletzung handelt. Allerdings haben andere Stimmen in der Literatur vertreten, dass die Verwendung von proprietary remedies immer unangemessen sei, weil sie im Insolvenzfall Drittgläubiger unangemessen benachteilige60. Dennoch zieht sich der Gedanke einer eigen55
Durch den Common Law Procedure Act (1854) und den Chancery Amendment Act (Lord Cairns‘ Act) (1858), dazu sogleich ausführlich § 3 I 5. 56 Dazu Burrows, Restitution, S. 646; vgl. dazu sogleich § 3 II 2 und 3. Instruktiv zur Bedeutung des account of profits im fiduciary law Getzler, Interdisciplinary view, S. 973– 990. 57 Vgl. Terrell, Patents17, S. 755; dazu ausführlich § 3 I 5. 58 Smith, Philosophical foundations, S. 281. 59 In Ausnahmefällen kann ein proprietary remedy nach einem equitable wrong ausgeschlossen sein, so jüngst Sinclair Investments v. Versailles [2011] EWCA Civ 347. Hier hat der Court of Appeal angenommen, dass der bestochene Treuhänder das Bestechungsgeld nicht als constructive trust für den Treugeber halte, dazu sogleich § 3 I 3 b) (1). 60 Swadling, Policy Arguments, S. 506–530. Ausführlich zum Fall des constructive trust sogleich Fn. 101.
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tumsrechtlichen Haftung (proprietary base) durch das englische Recht61. Sogar bei Rechtsbehelfen, die nicht primär als proprietary remedies eingeordnet werden, haben Teile der Rechtsprechung und der Literatur die proprietary base als Argument für die Gewinnabschöpfung verwendet62. So hat im Jahr 1690 Holt C.J. den account of profits folgendermaßen erläutert: „[T]he money was received without any reason, occasion or consideration, and consequently it was originally received to the plaintiff’s use“63. a) Substitution und tracing Kann der frühere Besitzer eine fremde Sache nicht an den Eigentümer herausgeben und hat er dafür ein Surrogat dafür erlangt, so soll sich im englischen Recht der Anspruch auf Herausgabe dieses Surrogats bereits daraus ergeben, dass die Rechtsposition des Verletzten sich an dem durch die Rechtsverletzung Erlangten fortsetzt (substitution)64. Wird also eine fremde Sache veräußert (conversion of chattel), entsteht ein dingliches Recht am Erlös. Übersteigt der Erlös den Wert der Sache, hat der Veräußerer also einen Gewinn erzielt, so besteht ein (dingliches) Recht an diesem Gewinn65. Der erzielte Erlös kann als substitute asset alterativ zum Schadensersatz herausverlangt werden66. Funktional geschieht dies mit der Rechtsfigur des tracing, deren Tradition primär im equity-Recht aber auch im common law verwurzelt 61
Peter Birks hat den Begriff der proprietary base geprägt: „The phrase ‚proprietary base‘ is used to capture this idea: if he wishes to assert a right in rem in the surviving enrichment, the plaintiff must show that at the beginning of the story he had a proprietary right in the subject-matter, and that nothing other than substitutions or intermixtures happened to deprive him of that right in rem“, Birks, Introduction, S. 379. 62 Philipps v. Homfray [1883] 24 ChD 439; dazu Friedmann, Restitution of benefits, S. 506–507. 63 Martin v. Sitwell [1690] 1 Show. K. B. 156, 15; dazu Stoljar, Transformations of account, S. 211. 64 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102 ; dazu Swadling, Property, S. 252–253, Rn. 4.314. Siehe auch Virgo, Restitution, S. 11–17: Bei dem Anspruch auf Erlösherausgabe soll es sich um die Fortsetzung der Vindikation handeln, sodass die Bereicherung als Haftungsgrund von vornherein ausscheidet. Ablehnend Birks, Unjust enrichment, S. 67–69, der keinen Widerspruch in der kumulativen Anwendung von schuld- und sachenrechtlichen Ansprüchen sieht; kritisch auch Burrows, Quadrating, S. 261–268. 65 Dazu Kellmann, Gewinnhaftung, S. 63. Diese eigentumsrechtliche Herangehensweise hat die Rechtsprechung teilweise auch zur Begründung der action for money had and received verwendet, vgl. Abbots v. Barry [1829] 2 B. & C. 418, 423: Der Eigentümer bleibe trotz des Verkaufs Eigentümer der Sache, sodass der durch den Verkauf erzielte Erlös als „money had and received by the defendant, to the use of the plaintiffs, who were the original proprietors“ herauszugeben sei. 66 Nach Stevens, Torts and rights, S. 83 handelt es sich auch beim account of profits nach Immaterialgüterrechtsverletzungen um eine Ausprägung des tracing. Der durch die Verletzung erzielte Gewinn trete als solcher an die Stelle des Rechts.
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ist67. Beim tracing handelt es sich dabei nicht um einen eigenständigen Rechtsbehelf, sondern um die bloße Technik, mit der Surrogate identifiziert und später herausverlangt werden können68. Es ist umstritten, ob Ansprüche auf Surrogatherausgabe eine eigenständige Fallgruppe darstellen oder ob es sich lediglich um eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Bereicherungsanspruchs handelt69. Für die Eigenständigkeit des Anspruchs auf das Surrogat spricht, dass hier eine (stillschweigende) Duldung des rechtswidrigen Verhaltens als Voraussetzung für die Gewinnherausgabe – wie etwa beim waiver of tort ganz überwiegend anerkannt – in der Regel abgelehnt wird70. Der Gewinn kann unabhängig von einer Duldung oder Genehmigung des Verletzerverhaltens herausverlangt werden, weil er als solcher an die Stelle des ursprünglichen Rechts getreten ist. Ferner handelt es sich beim Recht am Surrogat um ein dingliches Recht. In Insolvenzfällen ist der Gläubiger damit besser geschützt 71. Das Argument der Surrogation wird im englischen Recht nur in Bezug auf das Eigentum verwendet. Eine Ausweitung des Surrogationsgedankens auf andere Rechtspositionen erfolgt in der Rechtsprechung nicht72. Wird also etwa ein Urheberrecht verletzt, indem ein fremder Text veröffentlicht wird,
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Vgl. dazu ausführlich Burrows, Restitution, S. 117–143 sowie Smith, Tracing, S. 118. Erstmals genannt wurde das tracing vor den equity-Gerichten, Rotherham, Conceptual structure, S. 184. 68 Birks, Unjust enrichment, S. 95: „[T]racing does not in itself confer proprietary rights. Tracing identifies substitutes“. Ebenso Grantham/Rickett, Tracing and property rights, S. 905 und Burrows, Restitution, S. 117: „It is plainly not a ground for restitution and, although commonly thought of as a remedy, it is more accurately described as a means of getting to particular remedies rather than being a remedy itself. One can talk of a right to trace but it is not obvious what one then calls the actual tracing. A neutral label, such as ‘technique’ or ‘process’, is perhaps most apt“. Ebenso Worthington, Disgorgement, S. 231 und Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 269–271. 69 Graham Virgo sieht Ansprüche auf Surrogatherausgabe als dritten gleichwertigen Restitutionsgrund neben wrongs und unjust enrichment, Virgo, Restitution, S. 569–635; dagegen Birks, Unjust enrichment, S. 67 und Rotherham, Conceptual structure, S. 184. Vgl. auch Swadling, Property, Property, S. 252–253, Rn. 4.314 m.w.N. 70 „It is worth emphasizing, in view of the temptation to find the explanation in an extension of the notion of waiver of tort, that Lord Ellenborough expressly denied that Sir Thomas’s rights in respect of the substitute assets derived from ratification“, Birks, Restitution for wrongs, S. 193. 71 Kritisch in Bezug auf die Notwendigkeit eines proprietary remedy an dieser Stelle Lord Browne-Wilkinson in: Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669; Swadling, Policy arguments, S. 506–530; Jaffey, Restitutionary damages, S. 44. 72 Nach Virgo, Restitution, S. 570, 579 sollen Verletzungen von Mobiliareigentum, Immobiliareigentum, Immaterialgüterrechten und Geld eine Surrogation nach sich ziehen können.
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tritt der dadurch erzielte Gewinn nicht an die Stelle des verletzten Rechts73. Eine allgemeine Wertung für den Gewinnausgleich kann der Surrogation deswegen nicht abgewonnen werden. b) Constructive trust Ein weiterer dinglicher Rechtsbehelf, mit dem nach lukrativen Verletzungshandlungen ein Gewinnausgleich erreicht werden kann, ist der constructive trust74. Dieser Rechtsfigur liegt die Vorstellung zugrunde, dass derjenige, der in eine fremde Rechtssphäre eingreift und dadurch Gewinne erwirtschaftet, sich wie ein Treuhänder des Inhabers der Rechtssphäre behandeln lassen muss75. Erreicht wird dies durch eine Fiktion, wonach der Verletzer seinen – eigentlich zunächst für sich selbst erzielten – Gewinn als trust für den Verletzten hält und dadurch zum trustee wird76. Dies bedeutet, dass er dem Verletzten Auskunft über den Umfang des Gewinns erteilen und den Gewinn auf Anfrage herausgeben muss77.
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Siehe dazu sogleich § 3 II 3 a). Millett, Restitution and constructive trusts, S. 399–418; Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 223–225. Zur Entstehung des constructive trust siehe Martinek, Weg des Common Law, S. 290. 75 Diese Wertung hat Lord Templeman in der Entscheidung Attorney General for Hong Kong v. Reid [1994] 1 AC 324, 331 treffend erläutert, in der ein Beamter Bestechungsgelder entgegengenommen hatte, die der Staat später herausverlangte: „Equity considers as done that which ought to have been done“. Damit hat er sich von der Entscheidung Lister v. Stubbs [1890] 45 Ch 1 distanziert, in der ein constructive trust abgelehnt worden war, als ein Unternehmen von einem Angestellten, der für den Einkauf zuständig war, Bestechungsgelder herausverlangt hatte. Kritisch zu dieser Distanzierung Crilley, Proprietary overkill, S. 68–71. 76 Vgl. Ibbetson, Historical introduction, S. 284. Der Eingreifer ist nicht etwa nur ein bloßer constructive trustee. Zu diesbezüglichen terminologischen Ungereimtheiten Smith, Constructive trusts and constructive trustees, S. 296–302; Millett, Restitution and constructive trusts, S. 200–201. Constructive trustee ist derjenige, der bezüglich der Rechtsfolgen seines Verhaltens wie ein trustee behandelt wird. Die Bezeichnung constructive trustee ist damit „nothing more than a formula for equitable relief“, Selangor United Rubber Estates Ltd. v. Craddock (No. 3) [1968] 1 WLR 1555, 1582. Anders ist es, wenn ein constructive trust vorliegt: Hier hält der Verletzer seinen Gewinn als trust und muss ihn also an den Verletzten herausgeben, weil dies seine Pflicht als trustee ist. Allerdings hat der Supreme Court diese rechtliche Einordnung des Rechtsverletzers in Williams v. Central Bank of Nigeria [2014] UKSC 10 hinterfragt. In dieser Entscheidung hat Lord Neuberger auf den Rechtsverletzer, der trustee eines constructive trust geworden war, nicht die Verjährungsfrist für Rechtsverletzungen eines trustee angewendet, sondern die Verjährungsfrist für Delikte. 77 Jack Linssen hat den constructive trust deswegen etwas missverständlich als Umweg zur Gewinnherausgabe bezeichnet, Linssen, Voordeelsafgifte, S. 616. 74
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(1) Entstehungsvoraussetzungen Ein trust setzt üblicherweise zum einen die Bestimmbarkeit des trustGegenstandes und zum anderen eine Absprache der Parteien voraus 78. Der constructive trust entsteht dahingegen – anders als der express trust – nicht durch eine Einigung der Parteien, sondern per Gesetz oder durch Anordnung des Gerichts79. An die Entstehung eines gesetzlichen trust werden strenge Anforderungen gestellt80. Dabei wird zwischen substantive und remedial constructive trust unterschieden. Während der substantive constructive trust unmittelbar – per Gesetz – durch das Fehlverhalten des Verletzten entsteht, entsteht der remedial constructive trust erst auf Anordnung des Richters81. In den U.S.A. und Australien wird der constructive trust als richterlicher Rechtsbehelf verwendet, um ungerechtfertigte Bereicherungen rechtswidrig Handelnder zu verhindern 82. Dahingegen kennt das englische Recht keinen remedial constructive trust. Erste Hinweise auf die Verwendung des constructive trust durch englische Gerichte finden sich zwar bereits im 17. Jahrhundert. Dabei haben sie ihn nicht als Rechtsbehelf verwendet, sondern einen constructive trust nur dann bejaht, wenn er bereits ohne Anordnung des Richters entstanden war83. Die englische Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Entstehung des constructive trust, weil der Pflichtenkreis des trustee im englischen Recht umfangreich ist84. Eine treuhänderische Bindung bereits in Fällen von geringem Gewicht widerspräche deswegen dem Billigkeitsgedanken, der dem 78
McGhee, Snell‘s equity12, S. 773. Atlas Cabinets & Furniture Ltd. v. National Trust Co. [1990] 68 DLR (4th) 161, 173. 80 „The law never implies, the Court never presumes a trust, but in case of absolute necessity“, Cook v. Fountain [1969] 3 Swans. 585, 591. 81 Halifax Building Society v. Thomas [1996] Ch 217, 229; McGhee, Snell‘s equity12, S. 778–779; Waters, Constructive Trust, S. 73; Birks, Rights, wrongs, S. 17. 82 Mason, Law and equity, S. 196–200; Ho, Proprietary remedies, S. 209–210; Jones, Role of equity, S. 153. 83 Lord Denning hat in Hussey v. Palmer [1972] 1 WLR 1286 einen remedial constructive trust bejaht. Diese Rechtsprechung konnte sich jedoch nicht durchsetzen, vgl. McGhee, Snell‘s equity12, S. 779; Swadling, Property, S. 253, Rn. 4.316. Dennoch hat Lord Browne-Wilkinson in der Entscheidung Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669 angedeutet, dass der remedial constructive trust ein möglicherweise geeigneter Rechtsbehelf sei, um den Schutz von proprietary interests zu gewährleisten. Kritisch Re Polly Peck (No 2) [1998] 2 All ER 812; Virgo, Restitution, S. 639; Burrows, Restitution, S. 180–181. Eine diesbezügliche Rechtspraxis hat sich nicht herausgebildet; dazu Mitchell, Unjust enrichment, S. 1105–1106, Rn. 18.255. 84 Deswegen hat der Supreme Court jüngst argumentiert, dass der trustee eines constructive trust in einem geringeren Maß treuhänderischen Pflichten unterworfen sein sollte. Zwar soll er zur Herausgabe des trust-Gegenstandes verpflichtet werden können, nicht jedoch die positiven Verwaltungspflichten eines trustee haben, siehe Williams v. Central Bank of Nigeria [2014] UKSC 10. 79
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constructive trust gerade zugrunde liege85. Das wohl häufigste Einsatzgebiet des constructive trust sind Konstellationen, in denen ein bestehendes Vertrauensverhältnis (fiduciary relationship) verletzt worden ist86. Wer nämlich eine Vertrauensstellung ausnutzt und dabei Gewinne erzielt, soll so behandelt werden, als habe er die Gewinne – von vornherein – für das vertrauende Gegenüber erzielt87. Genau dies wäre nämlich der Fall, wenn er sich rechtmäßig verhalten und mit dem Geschäftspartner insoweit eine Abrede getroffen hätte88. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung die Entstehung eines constructive trust bejaht, wenn jemand einen anderen tötet, um Gewinne zu erzielen89. Der Totschläger hält dann den erzielten Gewinn als trust für die Erben des Getöteten. Ein letzter Fall, in dem die Rechtsprechung einen constructive trust angenommen hat, ist der Betrug90: Der Betrüger hält die durch den Betrug erzielten Erlöse als trust für den Betrogenen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben die englischen Gerichte diesen sehr restriktiven Anwendungsbereich des constructive trust dadurch erweitert, dass sie nur sehr niedrige Anforderungen an das fiduciary relationship gestellt haben91. So sollte ein fiduciary relationship bereits dann bestehen, wenn eine Partei fremde vertrauliche Informationen habe92 oder Vertragsparteien Vertragsverhandlungen miteinander geführt haben93. Auch in Fällen von Immaterialgüterrechtsverletzungen haben englische Richter einen constructive trust bejaht, wenn der Verletzte den Verletzer auf die Rechtsver85
Vgl. Waters, Constructive trust, S. 39. Nach Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 562 soll dies sogar die einzige Konstellation sein, in der ein constructive trust in Betracht kommt. 87 So auch jüngst FHR European Ventures LLP v Mankarious [2013] EWCA Civ 17, ebenso Sinclair Investments v. Versailles [2011] EWCA Civ 347. 88 In Einzelfällen soll der constructive trust bei Verletzungen einer Treuepflicht dennoch ausscheiden, siehe dazu die umstrittene Entscheidung Sinclair Investments v. Versailles [2011] EWCA Civ 347, vgl. Fn. 59. 89 Cleaver v. Mutual Reserve Fund Life Association [1892] 1 QB 147: Hier hatte eine Ehefrau ihren Mann getötet, um dessen Lebensversicherung ausgezahlt zu bekommen. Der Court of Appeal entschied, dass die Frau die Versicherungssumme als trust für ihren verstorbenen Mann halte, den die Erben von ihr herausverlangen könnten. Vgl. auch McGhee, Snell‘s equity12, S. 775 m.w.N. 90 McCormick v. Grogan [1869] LR 4 HL 82. McGhee, Snell‘s equity12, S. 777–778 m.w.N. 91 Kritisch Virgo, Causation and remoteness, S. 327: „It is only where some form of proprietary link to the profit made can be established that the constructive trust should be recognised, for then the profit can legitimately be considered to belong to the claimant in equity. [...] Although the trend of recent authorities, primarily in England, suggests a more extensive use“. 92 Peter Pan Manufacturing Corp. v. Corsets Silhouette Ltd. [1964] 1 WLR 96 (ChD). Zum Gewinnausgleich bei Verletzung vertraulicher Informationen vgl. Rusch, Gewinnhaftung, S. 130–132 m.w.N. und Viskorf, Informationsschutz, S. 87. 93 O’Sullivan v. Management [1985] 1 QB 428 [1964] 1 WLR 96 (ChD). 86
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letzung und seine daraus entstehenden Forderungen hingewiesen, dieser aber trotzdem weiter Gewinne erzielt hatte. Das Wissen um die Rechtswidrigkeit des Verhaltens und der Kontakt mit dem Rechtsinhaber führen zu einem Vertrauensverhältnis, dessen Verletzung die Entstehung eines constructive trust zur Folge habe94. In jüngeren Entscheidungen haben Richter den constructive trust wieder zurückhaltender angewendet und ein fiduciary relationship weniger schnell angenommen, um so ein Ausufern der Fälle eines dinglichen Gewinnherausgabeanspruchs zu vermeiden95. Dies zeigt sich etwa in der Entscheidung Lonrho Plc v. Al-Fayed No. 296. Hier verlangte eine Klägerin Gewinnherausgabe aufgrund eines constructive trust. Dessen Entstehung wollte sie damit begründen, dass der Beklagte eine ihr gegenüber bestehende Treuepflicht verletzt habe. Die Klägerin besaß Anteile an einer Gesellschaft und strebte die absolute Mehrheit der Geschäftsanteile an. Aufgrund einer Abmachung mit dem Staatssekretär für Handel und Industrie, nach der sie nicht mehr als 30 % der Anteile halten durfte, konnte sie jedoch keine weiteren Anteile kaufen. Mit dem Hintergedanken, zu einem späteren Zeitpunkt die Mehrheit der Geschäftsanteile zu erlangen, hatte die Klägerin deswegen der Beklagten den Großteil ihrer Anteile veräußert und dabei auf die baldige Aufhebung der Abmachung mit dem Staatssekretär gehofft, um so letztlich doch die Mehrheit der Gesellschaftsanteile erlangen zu können. Bevor die Abmachung jedoch aufgehoben wurde, kaufte die Beklagte, obwohl ihr die Absichten der Klägerin bekannt waren, weitere Anteile an der Gesellschaft und erlangte so die absolute Mehrheit. Die Klägerin verlangte nun die Herausgabe der Anteile, die die Beklagte als trust für sie halte. Sie hätte ihre Geschäftsanteile nämlich nicht veräußert, wenn sie gewusst hätte, dass die Beklagte weitere Anteile kaufen und damit die Mehrheit an der Gesellschaft erlangen würde. Obwohl die Richter eine arglistige Täuschung (fraudulent misrepresentation) der Beklagten bejahten, wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte die Anteile nicht als Treuhänderin für die Klägerin halte. Da die Beklagte weder vertraglich verpflichtet sei, keine weiteren Anteile zu kaufen, noch die Klägerin den Kaufvertrag wegen der Täuschung 94
Holland v. Fox [1854] 3 El. & Bl. 983: „Then, the defendant having admitted that, after being charged with the infringement of the plaintiff’s patent, and after notice that he would be held liable to account for profits, he did make large profits by continuing to infringe the plaintiff’s patent, and as no part of such profits could have been awarded by way of damages to the plaintiff, we think that the defendant may be considered as trustee of these profits for the plaintiff: and, as a part of our final judgment, we order that the defendant render an account of these profits, and pay over the amount to the plaintiff“. 95 Nolan, Equitable property, S. 248: „[...] English cases in recent years have indicated that equitable proprietary rights under a trust may be more limited than some traditional formulations suggest“. 96 [1992] 1 WLR 1, 8.
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angefochten habe, bestehe kein fiduciary relationship und damit keine treuhänderische Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin. (2) Subsidiarität Weil das equity-Recht als Auffangrecht zum common law konzipiert ist und lediglich bestimmte Entscheidungen nach Billigkeitsgesichtspunkten korrigieren soll, muss die Anwendbarkeit des constructive trust stets gesondert begründet werden97. Trotz dieser Subsidiarität hat es immer einen Anwendungsbereich für den constructive trust gegeben, da das common law nur begrenzt Lösungsmöglichkeiten für Fälle bietet, in denen auf rechtswidrige Weise Gewinne erzielt werden. Dabei ist die Rechtsnatur des constructive trust als proprietary remedy für dessen Anwendbarkeit neben dem common law ausschlaggebend. Da das durch die Verletzung erlangte Vermögen durch den Verletzer als trust für den Rechtsinhaber gehalten wird, kann der Rechtsinhaber im Falle der Insolvenz des Verletzers den Gewinn herausverlangen, bevor andere Gläubiger befriedigt werden98. Die Rechtsprechung hat die Notwendigkeit des constructive trust damit begründet, dass es ein „undeniable principle of equity“99 sei, dass derjenige, auf dessen Kosten ein Verletzer einen Gewinn erzielt habe, diesen Gewinn herausverlangen könne. Lord Brougham hat später den Grundgedanken des constructive trust auf den Punkt gebracht: „Whereever a trustee or one standing in the relation of a trustee, isolates his duty, and deals with the trust estate in his own behoof, the rule is that he shall account to the cestui que trust for all the gain which he has made. [...] So it is also where one not expressly trustee has bought or trafficked with another’s money. The law raises a trust by implication, clothing him, though a stranger, with the fiduciary character, for the purpose of making him accountable“100 .
Dennoch hat die Literatur die Recht- und Zweckmäßigkeit des constructive trust verschiedentlich in Frage gestellt. Als Hauptargument gegen den constructive trust hat sie dabei ausgeführt, dass der Verletzte einen angemessenen Gewinnausgleich auch ohne eine solche dingliche Konstruktion erreichen könne: nämlich mit einem einfachen schuldrechtlichen Anspruch. Ein dingliches Recht bringe – im Gegensatz zu einem schuldrechtlichen Anspruch – die unangemessene Bevorzugung bestimmter Gläubiger im Insol-
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Vgl. Martinek, Weg des Common Law, S. 291. Ausführlich zur Rechtsnatur des constructive trust und der proprietary remedies: Smith, Foundations of proprietary remedies, S. 282–305 und ders., Constructive trust, S. 294–302. 99 Docker v. Somes [1834] 2 My. & K. 655, 665. 100 Docker v. Somes [1834] 2 My. & K. 655. 98
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venzfall mit sich. Es bestünden aber keine materiellen Gründe für eine solche Bevorzugung101. Der constructive trust bringt für den Verletzten – im Verhältnis zum einfachen (schuldrechtlichen) Anspruch auf Gewinnherausgabe – Vor- aber auch Nachteile mit sich. So ist sicherlich vorteilhaft, dass man mit dem constructive trust Schwierigkeiten bei der Gewinnermittlung umgehen kann. Der Verletzer hält den gesamten Gewinn als trust für den Rechtsinhaber, unabhängig davon, ob er eigenen Einsatz gezeigt oder eine eigene Rechtsposition eingebracht hat. Der Verletzer hat nur gegebenenfalls einen (schuldrechtlichen) Anspruch auf Aufwendungsersatz, soweit er ihn selbst nachweisen kann. Nachteilig ist dahingegen, dass der Gewinn als solcher geschuldet ist. Hat der trust-Gegenstand an Wert verloren oder geht er zufällig unter, so entfällt insoweit der Anspruch auf Herausgabe. Ist der Untergang nicht vorwerfbar, besteht auch kein Schadensersatzanspruch; dann wäre für den Verletzten ein account of profits vorteilhaft gewesen102. (3) Abgrenzung zum resulting trust Die Abgrenzung von constructive trust und resulting trust wirft Schwierigkeiten auf. Während der resulting trust ebenfalls per Gesetz entsteht, setzt er zusätzlich ein Willenselement voraus. Ein resulting trust entsteht nämlich dann, wenn jemand einem anderen eine Sache entweder in der Annahme übergibt, dieser werde sie für ihn als trust103 oder jedenfalls ohne eigennützige Absichten halten104. Wenn ein express trust nun aber nicht zustande kommt, soll dennoch ein resulting trust entstehen. Dabei besteht die Vermutung, dass derjenige, der die Sache übergeben hat, keinen animus donandi hat. Es liegt am Empfänger, diese Vermutung zu widerlegen 105. Gelingt ihm 101
Crilley, Proprietary overkill, S. 68–70; Swadling, Property, S. 338–339. Dagegen Virgo, Restitution, S. 9; Etherton, Constructive trusts, S. 270 m.w.N. Ebenfalls kritisch York, Extension of restitutional remedies, S. 507: „The constructive trust has always been a particularly grandiose fictionalization devised as a mechanism to compel tort-feasors and bargain breakers to disgorge the benefits of their wrongdoing by denominating them as ‘trustee’ whenever the inadequacy of other remedies was apparent. To consider a wrongdoer as a fiduciary as a result of his wrong is transparent nonsense [...]“. 102 Virgo, Causation and remoteness, S. 316. 103 Re Ames‘ Settlement [1946] 1 Ch 217. 104 Chambers, Resulting trusts, S. 249; Krebs, S. 166–168; Virgo, Restitution, S. 596– 597. 105 Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669; Birks, Unjust enrichment, S. 304–307. Kritisch Swadling, Explaining resulting trusts, S. 72. Vgl. auch Vandervell v. Inland Revenue Commissioners [1999] 1 WLR 1399, 1412: „Like a constructive trust, a resulting trust arises by operation of law, though unlike a constructive trust, it gives effect to intention. But it arises whether or not the transferor intended to retain a beneficial interest – he almost always does not – since it responds to the absence of any intention on his part to pass a beneficial interest to the recipient“.
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dies nicht, so entsteht zwischen den Parteien ein Treuhandverhältnis, und der Empfänger hält den erhaltenen Geldbetrag als trust für den Geber. Graham Virgo hat sich für eine Verwendung des resulting trust in vielen Fällen eingesetzt, in denen die Rechtsprechung heute üblicherweise einen constructive trust annimmt. Hiermit hat er – durch das zusätzliche Willenserfordernis – einen restriktiveren Umgang mit proprietary remedies und damit mehr Rechtssicherheit bezweckt106. Im Gegenzug führt dies zu einer Reduktion der Fälle einer dinglichen Gewinnherausgabe: Schließlich fehlt es bei gewinnbringenden Verletzungshandlungen gerade an einem Willen des Verletzten, denn die Verletzung ist dem Inhaber der Rechtsposition zu ihrem Begehungszeitpunkt in der Regel unbekannt. Mit seiner Auffassung konnte Virgo sich bislang freilich nicht durchsetzen107. 4. Restitutiver Schadensersatz (restitutionary damages) Das letzte Instrument, mit dem im englischen Recht ein Gewinnausgleich erreicht werden kann, ist der sogenannte restitutive Schadensersatz (restitutionary damages). Hierbei handelt es sich um eine Alternative zum kompensatorischen Schadensersatz (compensatory damages), wenn eine Ermittlung der Schadenshöhe anhand der Differenzhypothese keinen Erfolg verspricht. Die Rechtmäßigkeit dieser Art des „Schadensersatzes“ ist im englischen Recht umstritten108. Dennoch sind die restitutionary damages offenbar tief im englischen Rechtsverständnis verwurzelt: Bereits Henry de Bracton bestätigte das Bedürfnis nach dieser Art von Ersatzansprüchen109. Der Begriff der restitutionary damages wirft verschiedene terminologische Schwierigkeiten auf. So ist unklar, ob es sich um einen Oberbegriff für die 106
Virgo, Restitution, S. 595–599, 715–716. Vgl. etwa Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669. Lord Denning hat den Unterschied zwischen resulting und constructive trust beschrieben als „more a matter of words than anything else. The two [resulting and constructive trust, K.B.] run together“, Hussey v. Palmer [1972] 1 WLR 1286, 1289. 108 Befürwortet durch den Court of Appeal in Attorney General v. Blake [1998] Ch 439, 457; dagegen aber das House of Lords in Attorney General v. Blake [2000] 3 WLR 625, 638; vgl. Burrows, Restitution, S. 647–654; McGregor, Restitutionary damages, S. 203. Siehe dazu auch Rusch, Gewinnhaftung, S. 3–4. 109 „He shall [...] give damages, to be fixed by the oath of the jurors, and taxed (if necessary) at a lesser amount by the justices if the jurors exceed due measure; they ought not to fix them at a sum greater than that set by the jurors in their oath, unless to their certain knowledge the jurors have taxed them at less than was proper, which they are not free to do, as was said above, lest the disseisor profit from another’s damage. For there are many [...] powerful men who commit many disseisins because of the gain they thereby hope to obtain, disseisins which, but for that gain would not otherwise be committed [...]“, Woodbine/Thorne (Hg.), Bracton, Bd. III, S. 76. 107
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verschiedenen, soeben erläuterten Arten des Gewinnausgleichs handelt110, oder ob restitutionary damages nicht vielmehr nur parallel zum account of profits und dem waiver of tort eingefordert werden können111. Insbesondere die Bezeichnung des Rechtsbehelfs mit dem Begriff damages hat Kritik hervorgerufen. Dieser bezeichne typischerweise eine Haftung für Schäden, was eine vorteilsorientierte Rechtsfolge von vornherein ausscheiden lassen müsse112. Dennoch hat sich die Terminologie der restitutionary damages eingebürgert und wird durch die Rechtsprechung sowie durch die englische Law Commission verwendet113. 5. Entwicklung eines einheitlichen Gewinnherausgabetatbestandes? Seit der Gerichtsreform in der Mitte des 19. Jahrhunderts114, die die Grenzen zwischen den Gerichtszweigen in equity und at law jedenfalls formal aufgehoben hat, haben sich die gewinnausgleichenden Instrumente in ihren jeweiligen Rechtskontexten weiterentwickelt. Einen inhaltlichen bzw. systematischen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Formen, in denen ein Gewinnausgleich auftreten kann, hat die englische Rechtswissenschaft aber noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts abgelehnt115. 110
McGregor, Restitutionary damages, S. 203; Birks, Civil wrongs, S. 71; Burrows, Reforming non-compensatory damages, S. 310; ebenso Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247. 111 Andrew Burrows geht davon aus, dass es sich im geltenden englischen Recht bei account of profits, waiver of tort und restitutionary damages um parallele Rechtsbehelfe handelt, wobei restitutionary damages bei Problemen der Berechnung der Schadenshöhe einschlägig sind, Burrows, Restitution, S. 643–659. Er setzt sich aber für eine neue Begriffsbildung ein, bei der alle diese Rechtsbehelfe als restitutionary damages verstanden werden, Burrows, Restitution, S. 627: „[I]n the context of wrongs, the most obvious single personal remedy/remedial label is ‚restitutionary damages‘“. Auch Ian Jackman geht davon aus, dass nach geltendem englischen Recht entweder restitutionary damages verlangt werden können oder alternativ das equitable remedy des account of profits, Jackman, Restitution for wrongs, S. 305. James Edelman will restitutionary damages auf Wertersatzansprüche beschränken, während die disgorgement damages die Gewinnherausgabe bezeichnen sollen, Edelman, Gain-based damages, S. 2–3; ebenso Jaffey, Nature and scope, S. 364–365. Kritisch zum Begriff der disgorgement damages: Birks, Misnomer, S. 13: „‘Disgorgement damages‘ is an ugly phrase“. 112 Virgo, Restitution, S. 437. Es handelt sich dabei jedoch um ein primär begriffliches und nicht inhaltliches Problem: Wie auch immer man einen Gewinnausgleich verwirklicht, letztlich ist er nicht von einem Schaden (damnum, dommage, damage) abhängig, sondern vom durch den Schädiger erzielten Vorteil, so auch Amelung, Schutz der Privatheit, S. 249. Kritisch auch Lord Nicholls in Attorney General v. Blake [1998] Ch 439. 113 Ministry of Defence v. Ashman [1993] 2 EGLR 102; Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 51–52. 114 Common Law Procedure Act (1854) und Chancery Amendment Act (Lord Cairns‘ Act) (1858). 115 Dazu Kellmann, Gewinnhaftung, S. 42 m.w.N.
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§ 3 England
Erst 1966 ist ein erstes von Robert Goff (später Lord Goff of Chieveley) und Gareth Jones verfasstes Lehrbuch erschienen, das sich ganz allgemein mit der Frage nach einer allgemeinen Restitutionspflicht und in diesem Rahmen auch mit der Frage nach der Restitution wegen rechtswidriger Verhaltensweisen (restitution for wrongs) beschäftigt116. Die Wurzeln eines eigenen Rechtsgebiets der restitution for wrongs liegen in der Entscheidung United Australia Ltd. v. Barclays Bank Ltd.117. In diesem Fall der Veräußerung einer fremden Sache hatten die Richter argumentiert, dass der waiver of tort lediglich zum Ausdruck bringe, dass der Kläger die Möglichkeit habe, zwei unterschiedliche Rechtsbehelfe (alternativ) geltend zu machen. Grund für die Herausgabe des erlangten Erlöses sei deswegen nicht, dass der Verletzte auf die Schadensersatzklage verzichtet habe, sondern schlichtweg, dass der Beklagte sich rechtswidrig verhalten und dadurch bereichert habe118. Die Rechtswissenschaft hat hieraus auf ein allgemeines Prinzip geschlossen, nach dem Vorteile aus rechtswidrigen Verhaltensweisen herauszugeben sind (tort does not pay 119). Damit hat sie die eigenständige Kategorie der restitution for wrongs begründet120. In der Folgezeit hat jedoch die Frage Schwierigkeiten verursacht, was genau der Auslöser für die Gewinnherausgabe ist, das rechtswidrige Verhalten (wrong) oder aber die daraus resultierende ungerechtfertigte Bereicherung (unjust enrichment). Der seit einiger Zeit im englischen Recht verwendete Begriff des unjust enrichment ist seit der Entscheidung Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd.121 von 1991 als zivilrechtliche Kategorie anerkannt122. Peter Birks hatte 2003 eine erste systematische Darstellung des law of unjust enrichment verfasst und dabei die These aufgestellt, das unjust enrichment sei ein Restitutionsgrund, neben dem gleichrangig – aber grundlegend verschie116
Goff/Jones, Restitution1. [1941] AC 1. 118 United Australia Ltd. v. Barclays Bank Ltd. [1941] AC 1, 18: „It [the action for money had and received, K.B.] lies only because the acquisition of the defendant is wrongful and there is thus an obligation to make restitution“. 119 Broome v. Cassell & Co. [1972] AC 1027 (HL) 1073; Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268, 278; Attorney General v. Guardian Newspaper Ltd. (No. 2) [1996] Ch 217, 229. 120 Birks, Unjust enrichment, S. 15–16; Krebs, Eingriffskondiktion und restitution for wrongs, S. 144. 121 [1991] 2 AC 548 (HL); kritisch Burrows, Quadrating, S. 261–268 mit Nachweisen aktueller Urteile, in denen auch in Fällen der restitution for wrongs der Herausgabeanspruch anhand der ungerechtfertigten Bereicherung begründet wird, so etwa Potton Ltd. v. Yorkclose Ltd. [1990] FSR 11. 122 Meier, Bereicherungsanspruch wegen Rechtsirrtum, S. 555, 557, 560. Zur Vorgeschichte der Kategorie des unjust enrichment vgl. Ibbetson, Obligations, S. 265–268. Kritisch zu der Einordnung des Falls als unjust enrichment: Virgo, Restitution, S. 570–571; nach Virgo soll es sich vielmehr um einen Fall der Rechtsfortwirkung handeln. 117
I. Instrumente der Gewinnherausgabe
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den – das rechtswidrige Verhalten (wrong) stehe. Eine ungerechtfertigte Bereicherung, die gleichzeitig ein wrong sei, scheide deswegen von vornherein aus123. Birks hat in seinem Buch dementsprechend keine Fälle behandelt, in denen es um die Herausgabe von Gewinnen geht, sondern insoweit auf die Monographie ‚Gain-based damages‘ von James Edelman verwiesen124. Dem sind die neuen Herausgeber der ursprünglich von Goff und Jones verfassten Monographie „The Law of Restitution“ in der aktuellen Auflage nunmehr gefolgt und haben das Werk in „The Law of Unjust Enrichment“ umbenannt. Für diese neue Terminologie haben sich die neuen Herausgeber Charles und Paul Mitchell sowie Stephen Watterson bewusst entschieden und aus dem Werk das Kapitel über die restitution for wrongs mit der Begründung gestrichen, dass es sich beim wrong um eine andere source of obligation handle als beim unjust enrichment125. Diese Differenzierung ist nicht unumstritten geblieben. Dementsprechend finden sich weiterhin Ausführungen zur Gewinnherausgabe in verschiedenen führenden Lehrbüchern, die sich mit dem law of unjust enrichment befassen und der Auffassung sind, der Auslöser für den Gewinnherausgabeanspruch sei eben nicht das rechtswidrige Verhalten, sondern, wie auch ursprünglich angenommen, das unjust enrichment126. All dies zeigt, dass im englischen Recht eine einheitliche Konzeption des Gewinnausgleichs erst in Ansätzen besteht. Bis heute ist erkennbar, dass die einzelnen Rechtsbehelfe ihren Ursprung im common law oder im equityRecht haben. Ebenso werden in bestimmten Fällen dingliche (proprietary), in anderen Fällen schuldrechtliche Rechtsbehelfe (personal remedies) gewährt. Die Ausführungen von Andrew Burrows in seinem Restitutionslehrbuch sind dann auch treffend: „Nowhere is the blinkering effect of the historical divide between common law and equity more self-evident: and nothing is more essential to the rational development of the law of restitution for wrongs than that one strives to achieve consistency across the whole area of 127 civil wrongs“ .
Inwiefern Inkonsistenzen zwischen den einzelnen Rechtsgebieten bestehen, soll im folgenden Kapitel untersucht werden.
123 124 125 126 127
Birks, Rights, wrongs, S. 28. Birks, Unjust enrichment, S. 74. Goff/Jones, Unjust enrichment8, S. V. Burrows, Restitution, S. 621–703; Virgo, Restitution, S. 425–568. Burrows, Restitution, S. 694–695.
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§ 3 England
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe Im englischen Recht findet insbesondere bei Verletzungen des Eigentums, der Immaterialgüterrechte sowie der Persönlichkeit eine intensive Debatte statt, ob und vor allem in welchem Umfang dadurch erzielte Gewinne abgeschöpft werden müssen. 1. Eigentumsverletzungen Eigentumsverletzungen (proprietary torts) können in verschiedenen Formen auftreten. Das englische Recht unterscheidet die einzelnen Eigentumsverletzungstatbestände, indem es jeden Verletzungstatbestand mit einem eigenen tort bezeichnet, wie etwa die Störung des Besitzes an Immobilien (trespass to land128), die Störung des Besitzes an Mobilien (trespass to goods129) oder die Besitzentziehung (conversion130). Seit dem grundlegenden Aufsatz von Tony Honoré über den Begriff des Eigentums im englischen Recht, ist man sich einig, dass das Eigentum ein Recht an den daraus erzielten Vorteilen mit sich bringt (right to profits)131. Hieraus ist aber nicht unmittelbar auf einen Gewinnherausgabeanspruch nach Eigentumsverletzungen geschlossen worden. Es stellt sich nach jeder Form der Eigentumsverletzung erneut die Frage nach einer möglichen Abschöpfung, die anhand verschiedener der soeben erörterten Instrumente erfolgen kann. a) Veräußerung fremder Sachen Wird eine fremde Sache veräußert, so bezeichnet das englische Recht dies als conversion132. Bei conversion handelt es sich um ein Delikt, das verschuldensunabhängig einen Schadensersatzanspruch auslöst (strict liability tort)133. Seit der Entscheidung Lamine v. Dorrell134 aus dem Jahr 1701 ist anerkannt, dass anstelle eines Schadensersatzes auch mit der action of assumpsit for money had and received der Veräußerungserlös herausverlangt
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Powell, Hughes and Prothero v. Rees [1837] 7 Ad. & El. 426. Mary Oughton v. Seppings [1830] 1 B. & Ad. 241. 130 Lamine v. Dorrell [1701] 2 Ld. Raym. 1216. Eine zusammenfassende Darstellung der Restitution bei verschiedenen Arten der Eigentumsverletzung findet sich bei Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 110–168. 131 Honoré, Ownership, S. 117. 132 Lamine v. Dorrell [1701] 2 Ld. Raym. 1216. 133 Steele, Tort, S. 12; Rogers, Tort, S. 843, Rn. 17.22; Green, Theft and conversion, S. 566. 134 [1701] 2 Ld. Raym. 1216, 1217: „The innocent party could suppose that the wrongful sale had been made with its consent and bring an action for the money ‘had and received to his use’“. 129
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
139
werden kann 135. Seit dem 18. Jahrhundert musste der Kläger dafür zunächst auf den Schadensersatzanspruch verzichten (waive the tort)136. Übersteigt der Veräußerungserlös den Wert, den der Beklagte bei einer Schadensersatzklage ersetzten müsste, so handelt es sich also letztlich um eine Gewinnherausgabe137. Teile der Literatur weisen jeglichen Zusammenhang des Veräußerungsfalls mit dem Gewinnausgleich zurück. Bei der action for money had and received nach Veräußerung einer fremden Sache handle es sich lediglich um eine spezielle Ausprägung des tracing138. Der durch die Veräußerung der fremden Sache erlangte Erlös trete unmittelbar an die Stelle der Sache. Das Recht des Eigentümers setze sich an diesem Surrogat fort, sodass er es mit der action for money had and received als etwas herausverlangen könne, das der Besitzer für ihn halte. In der Praxis hat sich diese Auffassung jedoch nicht durchgesetzt139. Letztlich auch um einen Fall der Veräußerung fremder Sachen handelt es sich in der Entscheidung Lake v. Bayliss140. Der Verkäufer eines Grundstücks hatte dieses doppelt verkauft. Durch den ersten Verkauf hatte der erste Käufer bereits Eigentum erlangt, sodass der Verkäufer später über eine fremde Sache verfügte. Hier hat Walton J. allerdings nicht auf die Eigentumsverletzung, sondern das vertragswidrige Verhalten abgestellt, aufgrund dessen ein constructive trust am Erlös entstanden sei. Der erste Käufer konnte deswegen vom Verkäufer den durch den Zweitverkauf erlangten Erlös herausverlangen. Bei alldem kommt es nicht auf die Vorwerfbarkeit des Verkäuferverhaltens an: Da es sich beim Verkauf einer fremder Sachen (conversion) um einen strikten Haftungstatbestand handelt, setzt die Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestandes weder für einen Schadensersatzanspruch noch für eine Gewinnabschöpfung ein Verschulden voraus. b) Nutzung fremder Sachen Ganz anders ist die Rechtslage bei der bloßen Nutzung fremder Sachen. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts kam in solchen Fällen eine Gewinnherausga135
Siehe dazu bereits oben § 3 I 1. Ebenso Kuwait Airways Corpn. v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 & 5) [2002] 2 AC 883 und Chesworth v. Farrar [1967] 1 QB 407 (CA); dazu Burrows, Restitution, S. 644–645 m.w.N. Es handelt sich um den „Standardfall“ des waiver of tort, vgl. Friedmann, Basis of liability, S. 138. 137 Virgo, Restitution, S. 470. 138 Jaffey, Nature and scope, S. 369, siehe oben § 3 I 3 a). 139 Burrows, Restitution, S. 645. Eine weitere Auffassung vertritt Watts, Unjust enrichment, S. 166: Wenn eine Sache über ihrem eigentlichen „Wert“ verkauft werde, so bezeichne dies ihren eigentlichen Marktwert. Deswegen handle es sich bei der Herausgabe des Erlöses um eine einfache Schadenskompensation. 140 [1974] 1 WLR 1073. 136
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§ 3 England
be von vornherein nicht in Betracht, weil – anders als bei der Veräußerung – kein konkreter Betrag festgestellt werden konnte, den der Verletzer durch das tort erlangt hatte. Dies setzte die action for money had and received aber voraus, sodass eine Abschöpfung des Gewinns ausscheiden musste141. Als die Klage später nicht mehr einen konkreten Betrag bezeichnen musste, kam ein Gewinnausgleich auch bei der bloßen Nutzung einer fremden Sache in Betracht. Gleichwohl ist die Rechtsprechung zurückhaltend geblieben und hat in Fällen von Eigentumsverletzungen durch Nutzung keine Gewinnherausgabe angeordnet. Denn nur solche Verletzungshandlungen sollten einen Ausgleichsanspruch herbeiführen, die den Eigentümer auch tatsächlich beeinträchtigen, indem sie einen Verlust oder zumindest eine Belästigung verursachen142. Dies ist beim vollständigen Entzug der Nutzungsmöglichkeit einer Sache sicherlich der Fall. Schwieriger zu beurteilen sind aber Fälle, in denen etwa eine fremde Sache fotografiert wird oder aber ein Flugzeug über ein fremdes Grundstück fliegt143. Bei einer solchen trespass to land kann der Eigentümer mit der action for mesne profits vorgehen, mit der er einen Betrag verlangen kann, der einer angemessenen Miete entspricht144. Ebenso kann der Eigentümer beweglicher Sachen bei wrongful interference with goods145 lediglich die durchschnittliche Marktmiete verlangen. In diesen 141
Goff/Jones, Restitution7, S. 803. Kritisch Dawson, Restitution without enrichment, S. 610, der in den 1970er Jahren die Differenzierung der Eigentumsverletzungen durch Veräußerung und ohne Veräußerung als „archaism“ bezeichnet hat. 142 James Gordley erklärt dies mit einem Nutzungsrecht des gutgläubigen Besitzers: „[O]ne person should be able to use another’s property in ways that cause no loss or inconvenience“, Gordley, Foundations, S. 448. 143 Weiter Beispiele finden sich bei Gordley, Foundations, S. 448. Etwas erstaunlich mutet daneben die Argumentation in Lindon v. Hooper [1776] Cowp. 414 gegen den waiver of tort in Fällen von trespass to land an: Der Beklagte werde dadurch bloßgestellt, dass er nicht wisse, ob der Kläger Schadensersatz oder Gewinnherausgabe verlangen werde. Deswegen sei der waiver of tort in solchen Fällen unzulässig. 144 Anerkannt ist dies seit Whitwham v. Westminster Brymbo Coal & Coke Co. [1986] 2 Ch 538; vgl. auch Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 162 m.w.N. In der Entscheidung Ministry of Defence v. Ashman [1993] 2 EGLR 102 wurde die action for mesne profits dann erstmals als restitutionary remedy eingeordnet, weil der Wert des erlangten Vorteils ausgeglichen worden sei. 145 So etwa in Strand Electric and Engineering Co. v. Brisford Entertainments Ltd. [1952] 2 QB 246. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Eigentümer auch tatsächlich die Sache gegen eine Mietgebühr zur Verfügung gestellt hätte, Penarth Dock Engineering Co. Ltd. v. Pounds [1963] 1 Lloyd’s Rep. 359, 361–362; vgl. dazu Burrows, Restitution, S. 648 und Krebs, Eingriffskondiktion und restitution for wrongs, S. 148. In Fällen der nuisance, in denen die Nutzung des Eigentums lediglich gestört wird, ist teilweise vertreten worden, dass sogar ein Anspruch auf die durchschnittliche Marktmiete ausgeschlossen ist. Der Eigentümer könne nur seinen Schaden ersetzt verlangen, vgl. Stoke-on-Trent CC v. Wass [1988] 1 WLR 1406 und Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505; [2008] Env. LR 41 (CA).
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Fällen wird also nicht der Gewinn abgeschöpft, sondern lediglich ein Wertersatz dafür gezahlt, dass der Verletzer des Eigentums durch sein Verhalten einen Vorteil gehabt hat146. In diesem Sinne hat der Court of Appeal in der Entscheidung Severn Trent Water Authority Ltd. v. Barnes147 entschieden, dass derjenige, der (unterirdisch) ein Rohr durch das Grundstück eines anderen führt, nicht den durch die Nutzung erlangten Gewinn herausgeben, sondern lediglich den Betrag zahlen muss, den er für ein Nutzungsrecht hätte zahlen müssen. Sogar wenn die Nutzungsmöglichkeit und damit auf Dauer auch der Wert einer fremden Sache in einem noch erträglichen Maß beeinträchtigt wird, so hat dies im englischen Recht keine Gewinnherausgabe zur Folge. Wird etwa einem Hotel durch den Bau eines neuen Hotels in der unmittelbaren Nachbarschaft das Licht genommen, weswegen die Zimmermietpreise sinken, so soll die Gewinnherausgabe ausscheiden, weil sie angesichts der mangelnden Schwere der Rechtsverletzung unangemessen sei148. 2.
Patentverletzungen
Sec. 61 I d Patent Act (1977) ordnet bei lukrativen Patentverletzungen eine Gewinnherausgabe in Form des account of profits an. Was in Sec. 61 I d Patent Act (1977) wie selbstverständlich festgelegt ist, ist über Jahre hinweg umstritten gewesen. Wohl auch deswegen wird der account of profits bis heute von englischen Gerichten bei Patentverstößen nur sehr selten angewendet149. Dies ist bemerkenswert, haben die Gerichte einen Gewinnausgleich bei Verletzungen anderer Formen geistigen Eigentums doch immer wieder vorgenommen150. Auch wenn der Anspruch auf den durch patentwidriges Verhalten erzielten Gewinn im aktuellen englischen Rechtsdiskurs kaum noch ernstlich in Frage gestellt wird, sind gegebenenfalls zusätzlich zu stellende Anforderungen und auch der Umfang der Haftung umstritten geblieben. Vor der Darstellung dieser Streitigkeiten sollen aber zunächst die Aus146
Überzeugend Worthington, Disgorgement, S. 227–228; ebenso Stevens, Torts and rights, S. 67. 147 [2004] EWCA Civ 579. 148 Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505; [2008] Env. LR 41 (CA), Nr. 32; vgl. dazu Rotherham, Gain-based relief, S. 115–117. 149 Dies ging so weit, dass König, Gewinnhaftung, S. 189 noch 1987 eine Analyse des englischen Gewinnausgleichs bei Verletzungen geistigen Eigentums für so unergiebig hielt, dass er sie zu Gunsten einer Analyse des amerikanischen Rechts unter den Tisch fallen ließ. Sein Verweis auf Street, Damages, S. 259 ff. ist etwas irreführend, behandelt Street doch den englischen account im Allgemeinen und nicht im Immaterialgüterrecht im Besonderen. 150 So etwa bei Verletzungen vertraulicher Informationen, Peter Pan Manufacturing Corp. v. Corsets Silhouette Ltd. [1964] 1 WLR 96 (ChD); zu Urheberrechtsverletzungen vgl. sogleich § 3 II 3.
142
§ 3 England
prägungen des Gewinnausgleichs im englischen Patentrecht der vergangenen Jahrhunderte untersucht werden. a) Geschichte Die Wurzeln des englischen Patentrechts gehen zurück ins frühe 14. Jahrhundert. Im Jahr 1311 verlieh der König erstmals ein monopoly, das das geistige Eigentum eines Erfinders schützen sollte151. Nicht nur diese Rechtsposition, sondern auch das daraufhin im Jahr 1623 erlassene Patentgesetz152 war das erste seiner Art im europäischen Raum153. Im Verlauf der darauffolgenden Jahrhunderte hat das englische Patentrecht eine Schlüsselrolle in Europa eingenommen154. Dabei haben Rechtsprechung und Literatur die Haftung nach Patentverletzungen erst im 18. und 19. Jahrhundert verstärkt problematisiert. Zwar hatte bereits das Patentgesetz von 1623 angeordnet, dass bei speziellen Verletzungen eine Klagemöglichkeit bestehen sollte. Inwiefern und in welchem Umfang eine solche Klage zulässig sein sollte, blieb jedoch offen. Die duale Gerichtsstruktur Englands hat auch das Patentrecht geprägt. Bei der Verletzung eines Patents (patent infringement) handelt es sich um ein tort155, also ein schädigendes, nach common law haftungsbegründendes Verhalten. Deswegen bestand im englischen Recht zunächst die Möglichkeit, vor den common law-Gerichten zu klagen. Mit der action of trespass on the case konnte der Geschädigte Kompensation für die Verletzung verlangen156. Schlüssig wäre deswegen gewesen, dass er anhand eines waiver of tort und der daran anschließenden (quasi-vertraglichen) action for money had and received den Verletzergewinn herausverlangen könnte157. Eine solche Gewinnherausgabe haben die englischen Gerichte jedoch nicht angeordnet 158. Vielmehr ist eine Gewinnabschöpfung stets nur anhand des account of profits in equity erfolgt. Der Grund dafür zeichnet sich in den Entscheidungen der equity-Gerichte ab, die bereits im 17. Jahrhundert den Patentverstoß 151
Bainbridge, Intellectual property8, S. 380; umfassend zur Geschichte des englischen Patentrechts: Davenport, Patent System, S. 13–22; Collier, Law of patents, S. 12–25. 152 Statute of Monopolies of 1623, 21 Jac. 1 c. 3. 153 Kohler, Handbuch, S. 37. 154 Siehe zu diesem Einfluss Kohler, Handbuch, S. 19–21. 155 Corbin, Waiver of tort, S. 231. 156 Hindmarch, Treatise on patents, S. 250–251; Billing, Patent law, S. 151–152. 157 Siehe oben § 3 I 1. 158 Anders ist das im U.S.-amerikanischen Recht. Hier erreichten die Gerichte den Gewinnausgleich bei Patentverletzungen entweder durch action of assumpsit oder aber durch den account of profits, siehe Head v. Porter [1895] 70 F 498 und Stone-Cutter Co. v. Sheldons [1883] 15 F 608: „As that company received money for the orator’s property, the orator could waive the tort, and sue in assumpsit for the money, or, what is the same in effect, proceed for an account of the money received“.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
143
zu einem equitable wrong erklärten159. Prinzipiell war ein Rückgriff auf Rechtsbehelfe in equity und damit eine Klage vor der equity-Gerichtbarkeit nur in Fällen zulässig, in denen das common law keine gerechte Lösung bot160. Die equity-Gerichtsbarkeit erklärte sich für Klagen nach Patentverletzungen zuständig und begründete dies damit, dass die common law-Gerichte keinen hinreichenden Schutz für die Patentinhaber gewährleisten könnten. Aufgrund der starren prozessualen Vorgaben kam ein account of profits at law nämlich nicht in Betracht und auch den waiver of tort wendeten die Gerichte nicht an161. Diese Regelungslücke füllten die equity-Gerichte, indem sie bei Patentverletzungen einen account of profit (in equity) ermöglichten162. Das führte zu einem komplexen Verfahrensablauf: Erst erreichte der Patentinhaber vor der equity-Gerichtsbarkeit eine einstweilige Verfügung (interlocutory injunction), damit die Verletzung nicht fortgesetzt würde. Dann veranlasste er vor dem – gegebenenfalls mit einer Jury besetzten – common law-Gericht eine infringement action, mit der er kompensatorischen Schadensersatz verlangen konnte. Schließlich konnte der Patentinhaber – nun wieder vor dem equityGericht – eine endgültige Untersagungsverfügung und gegebenenfalls einen account of profits erreichen163. Von dem Erlös konnte der Patentverletzer dann den Schadensersatz abziehen, den er dem Patentinhaber bereits gezahlt hatte, da er insoweit keinen Gewinn erzielt hatte. Dass Richter auch heute noch im Immaterialgüterrecht den account of profits verwenden, entspricht damit der Rechtstradition, ist aber vor dem geschilderten Hintergrund durchaus bemerkenswert. Die equity-Gerichte haben für den account of profits lediglich vorausgesetzt, dass ein patentwidriges Verhalten und ein dadurch erlangter Gewinn nachweisbar waren und der Kläger gleichzeitig einen Antrag auf eine einst-
159
Burrows, Judicial remedies, S. 1296–1297, Rn. 21.153–154. Ausführlich zu den gerichtlichen Zuständigkeiten in der englischen Patentrechtsgeschichte Davenport, Patent system, S. 70–71: Die Patentverletzungsklage vor den common law-Gerichten war schon seit 1601 zulässig gewesen. Die Einordnung als equitable tort beeinträchtigte dabei nicht die parallel weiterhin mögliche Einordnung als einfaches (common law) tort. 160 Street, Damages, S. 259. Äußerst kritisch zur Anwendbarkeit des account of profits bei Patentverletzungen deswegen Cornish/Llewelyn, Intellectual property, S. 84: „Equity never trespassed so directly upon the prerogatives of the common law courts as to award damages for common law wrongs“. Ebenso für das U.S.-amerikanische Recht Root v. Railway Co. [1881] 105 U.S. 189, 207: „It is the fundamental characteristic and limit of the jurisdiction in equity that it cannot give relief where there is a plain and adequate and complete remedy at law“. 161 Diese Rechtsfigur verschwand in der Mitte des 17. Jahrhunderts aus allen Rechtsbereichen. Vgl. dazu bereits § 3 I 1 und 2. 162 Hindmarch, Treatise on patents, S. 305–306. 163 Zu diesbezüglichen Verfahrensschwierigkeiten Davenport, Patent system, S. 72–73.
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§ 3 England
weilige Verfügung gestellt hatte (injunction)164. Als primären Haftungsgrund sahen sie nämlich nicht das Verletzerverhalten, sondern vielmehr die Tatsache, dass eine fremde Rechtsposition verletzt worden war. Auf die Vorwerfbarkeit der Patentverletzung kam es deswegen für den account of profits bis ins frühe 20. Jahrhundert nicht an165. Vereinzelt haben Richter auch angenommen, dass aufgrund der Patentverletzung ein constructive trust entstehe. Hierfür setzten sie jedoch zusätzlich voraus, dass zwischen den Parteien – etwa aufgrund des ausdrücklichen Hinweises auf die Rechtsverletzung und deren Rechtsfolgen – ein spezielles Näheverhältnis (fiduciary relationship) entstanden war166. Im Laufe des 18. Jahrhunderts zeigte sich bei Patentverletzungen immer mehr das Bedürfnis nach der Anordnung eines account of profits auch vor den common law-Gerichten167. Es sei für den Kläger unzumutbar, erst vor den common law-Gerichten auf Schadensersatz klagen zu müssen, um sodann vor den equity-Gerichten seine Ziele weiter zu verfolgen und gegebenenfalls eine Gewinnabschöpfung erreichen zu können168. Am 1. Juli 1852 erließ der Gesetzgeber deswegen ein Gesetz, das es den common law-Gerichten ermöglichte, einen equitable account anzuordnen 169. Damit war die Rechtslage im Patentrecht fortschrittlich. Erst zwei Jahre später erfolgte die allgemeine Prozessreform, durch die die Gerichte in equity und law zusammengeführt wurden und durch die Zuständigkeitsprobleme bei allen Rechtsfragen insoweit endgültig entfielen170. Bis zum Jahr 1919 konnte der verletzte Patentinhaber anstelle des Schadensersatzes noch die Herausgabe des durch die Verletzung erlangten Gewinns fordern. Schadensersatz und Gewinnherausgabe wurden hierbei strikt getrennt, sodass eine Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht in Betracht kam. Thomas Terrell hat die Gewinnherausgabe anhand des account of profits mit zwei verschiedenen Ansätzen zu begründen versucht. Zum einen hat er argumentiert, dass der Patentinhaber die Patentverletzung dulde, indem er den account of profits fordere. Diese Duldung führe dazu, dass er den
164 Price’s Patent Candle Co. v. Bauwen’s Patent Candle Co. [1858] 4 Kay & J. 727; Frost, Patent law, S. 496–497 m.w.N. 165 Terrell, Patents6, S. 372. 166 Holland v. Fox [1854] 3 El. & Bl. 983, siehe Fn. 94. 167 Hierbei sollte es sich nicht etwa um den alten account of profits at law handeln, sondern um den account of profits in equity, der nun ausnahmsweise auch von common lawGerichten verwendet werden sollte. 168 Agnew, Letters patents, S. 300. 169 Act for Amending the Law for Granting Patents for Inventions, 15 & 16 Vict. cap. 83, sec. 42, abgedruckt in: Webster, Patents, S. 54–92, 75; dazu Webster, Patents, S. 36 und Coryton, Patent law, S. 269. 170 Siehe oben § 3 I 5.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Patentverletzer so behandeln dürfe, als sei er sein Vertreter (agent)171. Zum anderen hat er argumentiert, dass der Patentverletzer in Bezug auf die erlangten Gewinne wie ein trustee des Patentinhabers zu behandeln sei, weil er in dessen Rechtssphäre eingedrungen sei. Als trustee habe er die für den beneficiary erlangten Gewinne herauszugeben172. Warum Terrell an dieser Stelle nicht auf den constructive trust verweist und auch nicht auf die dingliche Natur der erlangten Rechtsposition eingeht, wird nicht recht deutlich. Der Unterschied zwischen den beiden Begründungsmodellen liegt darin, dass im ersten Fall angenommen wird, der Verletzte dulde die Verletzung, während es im zweiten Fall gar nicht darauf ankommt: Die Rechtsbeziehung zwischen Verletzer und Verletztem ergibt sich aus einer Fiktion. Im Jahr 1919 kam es zu einem Wandel der Gewinnausgleichspraxis im englischen Patentrecht. Per Gesetz wurde die Möglichkeit, den Verletzergewinn anhand eines account of profits abzuschöpfen, abgeschafft173. Als Grund dafür hat der Gesetzgeber auf praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Gewinns verwiesen und darauf, dass der account of profits im Patentrecht bereits seit Jahrzehnten praktisch keine Anwendung gefunden habe174. Zwar sei die Höhe des durch den Patentverletzer erzielten Gewinns typischerweise feststellbar. Der Nachweis, dass dieser aber (nur) auf der Patentverletzung beruhe, sei jedoch häufig nicht möglich. Weil die Abschöpfung des gesamten Gewinns zu einem unangemessenen Ergebnis führe und eine auch nur annähernde Schätzung der Höhe des auszugleichenden Gewinns ausgeschlossen sei, müsse die Gewinnherausgabe gänzlich ausscheiden. Im Jahr 1949 wurde der Anspruch auf Gewinnherausgabe dennoch wieder in sec. 60 Patent Act (1949) eingeführt. Zunächst war dabei umstritten, ob auch der gutgläubige Verletzer seine Gewinne herausgeben müsse175. Seit der Änderung des Patent Act (1907) im Jahr 1919 und der Einführung der sec. 33 Patent Act (1907) war für Schadensersatzansprüche anerkannt, dass der Patentverletzer sich durch den Nachweis fehlenden Verschuldens entlasten konnte176. Diese Regel galt zunächst nicht für den account of profits; schließlich war dieser durch die Gesetzesänderung im Jahr 1919 gerade abgeschafft worden. Als der account of profits dann wieder gesetzlich angeordnet war, bestanden Zweifel, was der Gesetzgeber in Bezug auf das Verschulden be171 „[...] the plaintiff [...] may elect, in lieu of damages, to take an account of the sales and profits; that is, to condone the infringement upon the footing that the defendant has been acting as the plaintiff’s agent [Kursivieriung K.B.] in selling or using the invention“, Terrell, Patents4, S. 332. 172 Terrell, Patents4, S. 329. 173 Durch das Amendment 9 & 10 Geo. 5 c. 80 von 1919; dazu Terrell, Patents6, S. 358. 174 Terrell, Patents6, S. 358. 175 Terrell, Patents12, S. 376–377. 176 Terrell, Patents6, S. 372.
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zweckt hatte. Diese Zweifel wurden dann aber durch das Patentgesetz (1977) behoben, dessen sec. 62 I nunmehr ausdrücklich anordnet, dass nur die schuldhafte Patentverletzung einen account of profits nach sich ziehen kann. Eine ganz andere Art der Haftung bietet dagegen die Entscheidung United Horse Shoe and Nail Co. Ltd. v. John Stewart & Co.177. Die deutsche Literatur hat diese Entscheidung vereinzelt fälschlicherweise so ausgelegt, als ermögliche sie einen Anspruch auf Gewinnherausgabe178. In diesem Patentstreit ging es aber nicht um einen account of profits oder eine sonstige Art der Gewinnherausgabe, sondern um eine Schadensermittlung über den (nachweislich) entgangenen Gewinn179. In der Entscheidung sind die Richter nicht einmal auf die Möglichkeit, einen account zu verlangen, eingegangen. Dies ist schlüssig: Schließlich hat der Billigkeitscharakter des account of profits seit jeher zur Folge gehabt, dass er nur alternativ zum Schadensersatzanspruch in Betracht kommt und auch gesondert beantragt werden muss180. b) Aktuelle Rechtslage Bei der Patentverletzung handelt es sich heute um ein statutory tort, also ein Delikt, dessen Rechtswidrigkeit gesetzlich festgelegt ist181. Nach sec. 61 I d Patent Act (1977) kann der Patentinhaber anstelle eines Schadensersatzes auch account of profits verlangen. Zuständig für Klagen bei Patentverletzung ist das Patentgericht (Patents Court), das eine Unterabteilung der Chancery
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[1888] LR 13 AC 401. Hess, Rechtsfolgen von Patentverletzungen, S. 77. 179 „The measure of damage is not the profit made by the infringer, but is the loss which the plaintiff has actually sustained. The question of damages is not synonymous with an account of profits, the basis of calculation being entirely different“, Terrell, Patent Law4, S. 329; ebenso Cunynghame, Patent law, S. 399: „It by no means follows that the money payable under an account would be the same as the money payable as damages. In damages the plaintiff receives compensation for the injury he has suffered“; so auch Frost, Patent law, S. 499. Zu den Zielen der Schadensermittlung: Pneumatic Tyre Co. Ltd. v. Puncture Proof Pneumatic Tyre Co. Ltd. [1899] 16 RPC 209, 215: „[...] damages should be liberally assessed but [...] the object is to compensate the plaintiffs and not punish the defendants“. 180 Besonders aufschlussreich ist hierzu die Entscheidung Holland v. Fox [1854] 3 El. & Bl. 983, in der neben der materiell-rechtlichen Frage nach dem Verhältnis von Schadensersatz und account of profits die durch den Patent Law Amendment Act 1852 (15 & 16 Vict. c. 83, sec. 42) erwachsenen prozessualen Schwierigkeiten geklärt werden. Die der common law-Gerichtsbarkeit in Patentfragen neu eröffnete Möglichkeit, auch equity-Rechtsbehelfe anzuordnen, solle nicht zu kumulativen Ansprüchen auf Schadensersatz und Gewinnherausgabe führen, sondern lediglich der Vereinfachung prozessualer Strukturen dienen und dadurch den Kläger entlasten; vgl. auch Frost, Patent law, S. 396; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 171 (Fn. 61); Burrows, Restitution, S. 627–628 m.w.N. 181 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 33. 178
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Division des High Court of Justice bildet182. Der account of profits setzt ein schuldhaftes Verhalten voraus. Schuldhaft im Sinne des sec. 62 I Patent Act (1977) handelt derjenige, der bei der Verletzungshandlung wusste oder hätte wissen müssen, dass ein entgegenstehendes Patent besteht183. Hierbei handelt es sich um eine patentrechtliche Besonderheit: Bei Verletzung der anderen Immaterialgüter setzt das englische Recht für die Haftung kein Verschulden voraus (strict liability)184. Trotz der Entscheidung Rookes v. Barnard185, nach der ein Strafschadensersatz (exemplary damages186) in Betracht kommen soll, wenn Gewinne mit rechtswidriger Gewinnerzielungsabsicht erzielt worden sind, hat sich im Patentrecht die Auffassung durchgesetzt, dass neben oder anstelle der Gewinnabschöpfung im Patentrecht für exemplary damages kein Raum ist187. Dies ist bemerkenswert, werden exemplary damages doch bei Verletzungen des Urheberrechts oder der Persönlichkeit weiterhin selbstverständlich angeordnet188. Das House of Lords hat nun in der Entscheidung Kuddus v. Chief Constable of Leicestershire189 entschieden, dass exemplary damages ausnahmsweise doch bei Patentverletzungen zulässig sein sollen, wenn der Patentverletzer mit der Absicht gehandelt hat, einen Gewinn zu erzielen, der über die zu zahlende Kompensation deutlich hinausgeht. In welchem Verhältnis diese Regelung zum account of profits steht, hat das Gericht jedoch offengelassen. Bei der Patentverletzung handelt es sich um einen Verstoß gegen eine eigentumsähnliche, vermögenswerte Rechtsposition (proprietary tort)190. Dennoch erlangt der Verletzte durch den account of profits kein dingliches Recht am Gewinn. Der account of profits begründet vielmehr nur eine schuldrechtliche Rechtsposition (personal remedy). Die patentrechtliche Literatur hat
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Davenport, Patent system, S. 71. Plachecki, Restitution, S. 93; Hess, Rechtsfolgen von Patentverletzungen, S. 79; Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 212. 184 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 34. 185 [1964] AC 1129, 1227: „Where a defendant with a cynical disregard for a plaintiff’s rights has calculated that the money to be made out of his wrongdoing will probably exceed the damages at risk [...]“. 186 Wagner, Geldersatz, S. 215. 187 „[...] damages should be liberally assessed but [...] the object is to compensate the plaintiffs and not punish the defendants“, Pneumatic Tyre Co. Ltd. v. Puncture Proof Pneumatic Tyre Co. Ltd. [1899] 16 RPC 209, 215; ebenso Karnell, Bemessung von Schadensersatzansprüchen, S. 335. 188 Vgl. dazu § 3 II 3 b) und § 3 II 4. 189 [2002] 2 AC 122. 190 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 33. 183
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nun gefordert, dass bei Patentverletzungen ein constructive trust191 entstehen soll. Für die Anwendbarkeit des account of profits sprächen keine überzeugenden Gründe, und ein effizienter Schutz dinglicher Rechte sei nur möglich, wenn bei ihrer Verletzung auch dingliche Rechte entstünden192. Auch bei der Verletzung anderer Rechte kämen nämlich durchaus dingliche Rechtsbehelfe (proprietary remedies) in Betracht; so etwa bei der kommerziellen Verwertung vertraulicher Informationen. Diese würden zwar auch als equitable property eingeordnet, bei Verletzungen nehme man aber an, dass ein constructive trust entstehe, weil eben ein eigentumsähnliches (proprietary) Recht an den Informationen bestehe193. Die Differenzierung zwischen Patent und vertraulicher Information habe keine nachvollziehbaren Gründe und könne deswegen nicht aufrechterhalten werden. Dem Vorschlag, bei Patentverletzungen einen constructive trust anzunehmen, sind jedoch bislang weder der Gesetzgeber noch die Gerichte gefolgt. In der Entscheidung Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd.194 hat der High Court zum ersten Mal im englischen Recht des 20. Jahrhunderts bei einer Patentverletzung eine Gewinnabschöpfung anhand des account of profits angeordnet195. Die Entscheidung ist deswegen grundlegend für das Verständnis der aktuellen rechtlichen Ausgestaltung des im Patent Act (1977) vorgesehenen account of profits. In dem Fall hatte B.P. Chemicals anhand eines von Celanese patentierten Verfahrens durch Iodid verunreinigte Essigsäure reinigen und gewinnbringend veräußern können und dadurch einen Brutto-Umsatz von 136 Mio. Pfund erzielt. Der High Court begründete die Notwendigkeit einer Gewinnabschöpfung damit, dass der Beklagte so zu behandeln sei, als ob er den Gewinn (von vornherein) für den Kläger erzielt habe196. Diese Argumentation erinnert an ältere Erwägungen: Schon die Juristen des 19. Jahrhunderts hatten angenommen, dass der Patentverletzer in eine fremde Rechtssphäre eindringe und sich deswegen so behandeln lassen müsse, als habe er den Gewinn für den Patentinhaber erzielt197. Das Gericht bezifferte den herauszugebenden Gewinn auf 567.840 Pfund. Die Patentinhaberin erhielt demnach weniger als ein halbes Prozent der eingeklagten Summe; ein Betrag, mit dem sie wohl nicht einmal ihre Gerichts191
Siehe oben § 3 I 3 b). Cornish/Llewelyn, Intellectual property, S. 85–86. 193 Cornish/Llewelyn, Intellectual property, S. 364–365. 194 [1999] RPC 203. Vgl. Aplin/Davis, Intellectual property, S. 825–828. Eine weitere zentrale Entscheidung ist Spring Form Inc. v. Toy Brokers [2002] FSR 17, siehe Terrell/Miller, Patents17, S. 755. 195 Deurvorst, Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 147. 196 [1999] RPC 203, 219: „The defendant is treated as if he conducted his business and made profits on behalf of the plaintiff“. 197 Terrell, Patents4, S. 329. 192
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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und Anwaltskosten decken konnte198. Zwar ist es nicht generell ausgeschlossen, dass der gesamte Gewinn abgeschöpft wird. Allerdings kommt die vollständige Gewinnabschöpfung nur in Betracht, wenn auch der gesamte Gewinn nachweislich auf der Patentverletzung beruht. Wie die Entscheidung Celanese aber zeigt, geht die Rechtsprechung mit der Kausalitätsfrage bislang restriktiv um199. In der Entscheidungsbegründung hat der Richter Laddie J. versucht, diese restriktive Haltung zu erklären. Die Gewinnherausgabe dürfe nicht faktisch zu einem Strafschadensersatz werden, sondern solle lediglich eine Bereicherung auf Kosten des Berechtigten verhindern200. Jeder Gewinnherausgabeanspruch müsse um alle im weitesten Sinne denkbaren Abzugsposten gekürzt werden201. Im Fall Celanese hat dies dazu geführt, dass der Betrag der Gewinnherausgabe deutlich unter dem Schadensersatz lag, den der Kläger alternativ hätte verlangen können. Die Entscheidung zeigt, dass die Schwierigkeiten, bei Patentverletzungen den Sachverhalt und insbesondere die Gewinnhöhe festzustellen – die letztlich auch dazu geführt hatten, dass zwischen 1919 und 1955 ein account of profits bei Patentverletzungen gesetzlich ausgeschlossen war – weiterhin bestehen. Nach wie vor verlangen Pateintinhaber bei Verletzungen ihrer Position nur selten Gewinnherausgabe202. 198
Sehr kritisch deswegen Deurvorst, Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 147. Anders ist dies in bestimmten Fällen des Missbrauchs vertraulicher Informationen. In der Entscheidung Peter Pan Manufacturing Corp. v. Corsets Silhouette Ltd. [1964] 1 WLR 96 (ChD) hatte die Beklagte selbständig Unterwäsche hergestellt, welche sie ursprünglich für die Klägerin anhand deren Muster erstellen sollte, die diese ihr vertraulich überlassen hatte. Pennycuick J. nahm an, dass der gesamte Gewinn durch den Missbrauch erzielt worden und deswegen auszugleichen sei, weil ohne einen Missbrauch überhaupt kein Gewinn hätte erzielt werden können. 200 „[...] once the court has decided what a fair apportionment is, I do not see why it should engage in substantial rounding up. The account is not a camouflaged method of making the defendant pay punitive compensation“, Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC 203, 231. 201 Die genauen Gewinnermittlungsregeln finden sich in Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC 203, 206–207. 202 „[...] it is a laborious and expensive procedure and is infrequently resorted to“, Cornish/Llewelyn, Intellectual property, S. 85. In Anbetracht der Praktikabilitätsprobleme, die insbesondere die Gewinnermittlung mit sich bringt, wird in den U.S.A. seit 1952 offiziell ein rein kompensatorischer Ansatz gewählt. Die Gesetzesänderung, mit der der Rechtsbehelf des account of profits ersatzlos gestrichen wurde, hatte zwar noch nicht unmittelbar zum Entfall des Anspruchs auf Gewinnherausgabe geführt (Roberts, The case for restitution, S. 109). Der Supreme Court hat die Gesetzesänderung aber in Aro Manufacturing Co. v. Convertible Top Replacement Co. [1964] 377 US 476 bestätigt. Ein patentrechtlicher Gewinnausgleich hat seitdem nicht mehr stattgefunden (siehe Anton, Finding „lost“ profits, S. 186; dagegen Gordon, Intellectual property, S. 166–195 mit seinem „model of reap/sow“: Man dürfe nicht pflücken, was man nicht gesät habe. Zu den Haftungsfolgen von Patentverletzungen im U.S.-amerikanischen Recht vgl. Smith/Parr, Intellectual property, 199
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Die Entscheidung Celanese stammt aus der Zeit vor Erlass der europäischen Richtlinie 2004/48/EG 203. In deren bereits in vorangegangenen Kapiteln erwähnten Art. 13 wurden europaweit neue Standards der Schadensberechnung eingeführt, die u.a. eine Berücksichtigung der durch den Patentverletzer erlangten Gewinne fordern. Im Rahmen des Umsetzungsgesetzes 2006204 hat der Gesetzgeber Art. 13 I der Richtlinie ohne Änderungen des Wortlauts in das englische Recht übernommen. Dabei entschied er sich gegen die Änderung des Patent Act (1977) und für die Anordnung in einem Sondergesetz, nach dem die Regelung nunmehr bei Verletzungen geistigen Eigentums in England gelten soll. Die Anwendbarkeit der sec. 3 Intellectual Property Regulation neben der sec. 61 I d Patent Act (1977) wirft Probleme auf. Schließlich widerspräche es dem Grundsatz der Billigkeit, der für den equityRechtsbehelf des account of profits gilt, dass er kumulativ zum gewinnausgleichenden Schadensersatzanspruch angewendet wird205. Bislang sind keine Entscheidungen ergangen, die sec. 3 Intellectual Property Regulation berücksichtigt haben. Auch ist das Zusammenspiel des Schadensersatzrechts, das durch die Umsetzung der europäischen Richtlinie beeinflusst wird, mit dem seit Jahrhunderten anerkannten account of profits bisher nicht Gegenstand wissenschaftlicher Debatten 206. Dies verwundert, steht die neue Schadensberechnungsmethode anhand des Verletzergewinns der englischen patentrechtlichen Haftungstradition doch diametral entgegen. Eine Berücksichtigung des Gewinns war bei der Schadensberechnung nämlich nur dann möglich, wenn es sich nachweislich um einen entgangenen S. 617–618). Nach sec. 284 U.S. Patent Act wird der Schadensersatz im amerikanischen Patentrecht anhand einer angemessenen Lizenzgebühr (reasonable royalty) berechnet. Allerdings hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren dazu geneigt, Lizenzgebühren zu berechnen, die in einem groben Missverhältnis zum tatsächlichen Nutzungswert oder einem hypothetischen Nutzungsentgelt standen. Angesichts der hierdurch verursachten Rechtsunsicherheit haben sich kritischen Stimmen auch in den U.S.A. dafür ausgesprochen, eine Schadensberechnung anhand des Verletzergewinns einzuführen (Opderbeck, Patent damages reform, S. 129; Roberts, The case for restitution, S. 101–132; dagegen Ayres/Klemperer, Limiting patentees‘ market power, S. 986). 203 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 204 The Intellectual Property (Enforcement, etc.) Regulations 2006 No. 1028, sec. 3. 205 So schreibt David Bainbridge in seinem Lehrbuch: „[...] point (a) (Art. 13 I (a) Richtlinie 2004/48/EG – K.B.) seems to admit the possibility of an award comprising both damages for profits lost by the claimant together with an account of profits. This would be something of a novelty in intellectual property law in the UK. [...] the new provisions are unlikely to simplify the assessment of damages“, Bainbridge, Intellectual Property8, S. 523. 206 In Terrell, Patents17, S. 14, 25–26, 738 wird der account of profits lediglich genannt und auf den S. 1204–1222 samt des Umsetzungsgesetzes abgedruckt; ihre Auswirkungen auf das englische Recht bleiben jedoch unerörtert.
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Gewinn gehandelt hatte207. Im Übrigen kam eine Gewinnabschöpfung nur im Rahmen eines account of profits in Betracht, der alternativ zum Anspruch auf Schadensersatz ausgewählt werden konnte, wie dies noch in der Entscheidungen Celanese ganz selbstverständlich der Fall war208. 3.
Urheberrechtsverletzungen
Der englische Gewinnausgleich bei Verletzungen des Urheberrechts weist einige Parallelen zur Rechtslage bei Patentverletzungen auf. Im Folgenden sollen nur die Unterschiede dargestellt werden. a) Geschichte Das englische Urheberrecht steht in einer langen Tradition und hat eine Vorbildfunktion für die Entwicklung des Urheberrechts im übrigen Europa gehabt209. Die Rechtsbehelfe bei Urheberrechtsverletzungen unterlagen dabei einem stetigen Wandel und waren durch die Trennung von equity- und common law-Gerichtsbarkeit geprägt210. Seit dem 18. Jahrhundert haben sich englische Rechtswissenschaftler für die Anerkennung eines exklusiven Rechts an literarischen Werken eingesetzt211. Im frühen 19. Jahrhundert, als das copyright allgemein anerkannt war, erschienen erste Urheberrechtslehrbücher. Die Autoren stellten hierin erstmals die Frage nach der geeigneten Rechtsfolge von Urheberrechtsverletzungen. Auch im Urheberrecht hatte der Rechtsinhaber gegen den Verletzer primär eine action on the case vor den common law-Gerichten212. Mit dieser Klage konnte er seinen Schaden ersetzt verlangen. Zusätzlich konnte er vor den 207
United Horse Shoe and Nail Co. Ltd. v. John Stewart & Co. [1888] LR 13 AC 401. Vgl. Spring Form Inc. v. Toy Brokers Ltd. [2002] FSR 17, 19: „An account of profits in this context is a restitutionary remedy whose purpose is to deprive the defendant of the profits which he has improperly made by wrongful acts committed in breach of the plaintiff's rights and to transfer those profits to the plaintiff [...]. Its purpose is to prevent the unjust enrichment of the defendant“; ebenso Bainbridge, Intellectual Property8, S. 515. 209 Zur Stellung des copyright im englischen Recht vgl. Copinger/James, Copyright11, S. 3–6. 210 Noch im frühen 20. Jahrhundert hat Walter Arthur Copinger verteten, dass die equity- und common law-Gerichte nur in Theorie geeint seien, faktisch jedenfalls im Urheberrecht aber die Möglichkeit bestehe, Rechtsbehelfe beider Gerichtszweige unabhängig voneinander geltend zu machen. Es sei „therefore still advisable to consider separately what are the rights and remedies of the parties whose copyright is infringed both at law, and in equity“, Copinger, Copyright2, S. 222. 211 Hargrave, Literary Property, S. 1–52; Griffiths, Exclusive right of authors, S. 39: „[I]f the author has not a right in all the copies which are multiplied from his original manuscript, he has, truly speaking, scarce any property at all“. 212 So bereits Hargrave, Literary Property, S. 41; Blaine, Copyright, S. 56; erstmals ausdrücklich gesetzlich angeordnet im Copyright Act 1842, 5 & 6 Vict. c. 45, sec. 15. 208
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equity-Gerichten den Antrag auf eine einstweilige Anordnung stellen, um so weitere Verletzungen zu verhindern. In frühen Entscheidungen ist von einer Gewinnabschöpfung allerdings nicht die Rede. Zwar war man sich einig, dass dem Rechtsinhaber entgangene Gewinne zu ersetzen seien213; dass insoweit eine Verbindung zum Verletzergewinn hergestellt werden könnte, zogen die Richter jedoch nicht in Betracht. Bald erkannte der Gesetzgeber jedoch, dass der Urheberrechtsverletzer einen Anreiz zu weiteren Verletzungen haben würde, wenn er über den Schaden hinausgehende Gewinne behalten dürfte, zumal Schäden häufig schwierig nachzuweisen waren. Ein erster Ansatz um dies zu verhindern war zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Einführung eines Rechts des Urheberrechtsinhabers, urheberrechtswidrige Gegenstände zu konfiszieren214. Art. 23 des Copyright Act (1842) ordnete darüber hinaus an, dass, wenn der Verletzer die urheberrechtswidrigen Gegenstände nicht mehr herausgeben könne, weil er sie bereits veräußert hatte, der Berechtigte mit der action of trover jedenfalls den Wert der Gegenstände verlangen könne215. Dies kann aber weder als Gewinnausgleich noch als abgeschwächte Form eines Gewinnausgleichs verstanden werden. Zwar erhielt der Berechtigte den Wert desjenigen, was durch die Urheberrechtsverletzung erlangt worden war. Der Verletzer konnte aber zum einen dasjenige, was er durch seine besonderen Verkaufsfähigkeiten erzielt hatte und zum anderen auch zufällige Gewinne behalten. Wie im Patentrecht kam auch im Urheberrecht ein waiver of tort nicht in Betracht, sodass ein Gewinnausgleich vor den common law-Gerichten ausgeschlossen war. Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat die Rechtsprechung dann auch im Urheberrecht die Gewinnherausgabe durch den account of profits bejaht216. Dabei hat es sich aber über Jahre hinweg um eine untergeordnete 213
Hargrave, Literary Property, S. 19 m.w.N. Vgl. Lowndes, History, S. 30–31. 215 Copyright Act 1842, 5° & 6° Victoriae c. 45, sec. 23: „And be it enacted, That all Copies of any Book wherein there shall be Copyright, and of which Entry shall have been made in the said Registry Book, and which shall have been unlawfully printed or imported without the Consent of the registered proprietor of such Copyright, in Writing under his Hand first obtained, shall be deemed to be the Property of the Proprietor of such Copyright, and who shall be registered as such, and such registered Proprietor shall, after Demand thereof in Writing, be entitled to sue for and recover the same, or Damages for the Detention thereof in an Action of Detinue, from any Party who shall detain the same, or to sue for and recover Damages for the Conversion thereof in an Action of Trover“; dazu Copinger, Copyright2, S. 225. 216 Blaine, Copyright, S. 47; Maugham, Copyright, S. 164–169. Grundlegend für den account of profits im Urheberrecht war die Entscheidung Hogg v. Kirby [1803] 8 Ves. Jun. 225: „Then what is the consequence in Law and in Equity? If that question is determined in the confirmative, a Court of Equity in these cases is not content with an action for damages; for it is nearly impossible to know the extent of the damage; and therefore the remedy 214
II. Ausgewählte Fälle der Gewinnherausgabe
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Haftungsmöglichkeit gehandelt, die gleichzeitig mit der durch das equityGericht erlassenen einstweiligen Anordnung (injunction) angeordnet werden konnte217. Neben dieser einstweiligen Anordnung und der Urheberrechtsverletzung setzte sie nur den Nachweis eines irgendwie gearteten Gewinns voraus218. Die untergeordnete Rolle und die geringe praktische Relevanz des account of profits bei Urheberrechtsverletzungen zeigen sich insbesondere in der englischen Rechtswissenschaft. Noch bis ins 20. Jahrhundert sind Lehrbücher erschienen, die sich im Rahmen der Rechtsfolgen der Urheberrechtsverletzung nur mit einer allgemeinen action for infringement beschäftigten und nicht auf den konkreten Gegenstand der Haftung eingingen 219. An anderen Stellen finden sich zwar Begründungsversuche für den account of profits im Urheberrecht. Die Gerichte ermittelten die Höhe des herauszugebenden Gewinns dann aber sehr restriktiv, sodass Kläger nur selten einen account of profits anstelle des Schadensersatzes verlangten. So hat der Court of Chancery in der Entscheidung Delfe v. Delamotte220 erläutert, weshalb und in welchem Umfang dem Urheberrechtsinhaber der durch Verstoß gegen sein Urheberrecht erzielte Gewinn zustehe: Sec. 23 des Copyright Act (1842) müsse so ausgelegt werden, dass alle urheberrechtswidrigen Bücher unmittelbar im Eigentum des Urheberrechtsinhabers stünden. Würden sie veräußert, so stünde dem Urheberrechtsinhaber nach equity-Grundsätzen dasjenige, was an die Stelle der Bücher getreten sei, also (auch) der gesamte Gewinn, zu221. Hierbei könne es sich jedoch nur um den Nettogewinn handeln; schließlich diene das equity-Recht lediglich dem gerechten Ausgleich ungerechtfertigter Vorteile. Wo ein Gewinn tatsächlich nicht (mehr) vorhanden sei, könne eine Abschöpfung nicht stattfinden. Vereinzelt hat die Rechtsprechung den account damit begründet, dass er sich zwar nicht absolut zur Schadensberechnung eigne, wohl aber ein wenigstens annähernder Maßstab für den Schaden sei, der zusätzlich die „erhere, though not compensating the pecuniary damage except by an account of profits, is the best: the remedy by an injunction and account“. 217 So erwähnt Maugham, Copyright, S. 164–169 den account of profits zwar als Rechtsbehelf bei Urheberrechtsverletzungen, führt diesen aber nicht näher aus. Ebenso später Shortt, Law relating to literature1, S. 237: „The right to an account in equity appears to be entirely ancillary to the right to an injunction“. 218 Delfe v. Delamotte [1857] 5 Kay & J. 581; Copinger, Copyright2, S. 269–270 m.w.N. 219 So etwa Hinkson, Copyright law, S. 35–45; Scrutton, Copyright, S. 67. 220 [1857] 5 Kay & J. 581. 221 „This section makes the books the property of the author for all purposes. The Defendants must deliver up all the unsold copies, and are not entitled to any allowance in respect of them; and as to those sold, they cannot be in a better position from the fact of sale, but the proceeds must be considered as arising from the sale of the Plaintiff’s property. The Plaintiff, therefore, is entitled to the whole of such proceeds“, Delfe v. Delamotte [1857] 5 Kay & J. 581, 582–583.
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freuliche“ Nebenwirkung habe, dass durch rechtswidriges Verhalten erlangte Gewinne abgeschöpft würden und so eine effektive Abschreckung erreicht werde222. Im Übrigen hat sie vielfach auf die amerikanische Rechtsprechung verwiesen, die in der Entscheidung Stevens v. Gladding 223 einen account of profits mit der Begründung angeordnet hatte, dass der Gewinn nach equityGesichtspunkten dem Kläger zustehe224. b) Aktuelle Rechtslage Nach sec. 96 II Copyright, Designs and Patents Act 1988 kann der verletzte Urheberrechtsinhaber heute eine action for infringement geltend machen und damit Schadensersatz (damages), eine einstweilige Anordnung (injunction) oder Gewinnherausgabe (account) verlangen. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Gewinnermittlung und der daraus folgenden Kostspieligkeit des Verfahrens verlangen Urheberrechtsinhaber aber nur selten ein account of profits225. In Entscheidungen haben Richter den account of profits zumeist lediglich angeordnet und nicht gesondert begründet, und auch in Lehrbüchern findet sich heute häufig nur ein allgemeiner Hinweis, dass ein account of profits bei Urheberrechtsverletzungen in Betracht kommt. Nur Hugh Laddie hat in seinem Lehrbuch die Notwendigkeit des account of profits damit begründet, dass „the infringer is treated as having carried on his infringing
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Colburn v. Simms [1843] 2 Hare 543, 560: „It is true that the Court by an account, accurately measure the damage sustained by the proprietor of an expensive work from the invasion of his copyright by the publication of a cheaper book. [...] The Court, by the account, as the nearest approximation which it can make to justice, takes from the wrongdoer all the profits he has made by his piracy, and gives them to the party who has been wronged“. Vgl. auch Powell v. Aiken [1858] 4 Kay & J. 343 und Hogg v. Kirby [1803] 8 Ves. Jun. 225 (Fn. 216). Kritisch zur hier verwendeten Terminologie der damages für einen Gewinnausgleich Edelman, Compensation, S. 148. 223 [1856] 2 Curt. 608. 224 „If the proprietor will waive his action for damages, he may have an account of profits, upon the ground that the defendant has, by dealing with his property, made gains which equitably belong to the complainant“, Stevens v. Gladding [1856] 2 Curt. 608. Hierauf verweist Shortt, Law relating to literature2, S. 268–269. Auch Copinger, Copyright2, S. 270–271 hat sich in dieser Frage der Entscheidung Stevens v. Gladding, [1856] 2 Curt. 608 angeschlossen. 225 „The quantum of an account is the profit that is the gain, made by the defendant attributable to the infringement and not wholesale or retail value of the offending articles or materials. [...] Attractive though an account of profits might appear, there are likely to be great practical difficulties in determining what the profit was in relation to the infringement, and it may be well nigh impossible to isolate this profit from the other profits made concurrently by the defendant in other legitimate, dealings“, Bainbridge, Intellectual property8, S. 190. Ebenso Laddie/Prescott/Vitoria, Law of copyright, Bd. I, S. 931.
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business on behalf of the copyright owner and is therefore under a duty to hand over to his principal the profits made by the infringement“226. Dieser normative Hintergrund des account of profits, dass der Urheberrechtsverletzer den Gewinn von vornherein für den Urheberrechtsinhaber erzielt haben soll, ist heute weitgehend verblasst. Vermehrt wird mit Praktikabilitätserwägungen argumentiert: Der Urheberrechtsinhaber könne mit dem account zumindest ein gewisses Maß an Kompensation in Fällen verlangen, in denen er das Verschulden des Verletzers nicht nachweisen könne. Denn – anders als Schadensersatz – kann ein account of profits im englischen Urheberrecht auch dann verlangt werden, wenn das Verschulden des Verletzers nicht nachweisbar ist 227. Bei den Ansprüchen auf Schadensersatz (damages) sowie Gewinnherausgabe (account) handelt es sich im englischen Urheberrecht um Alternativen. Als problematisch hat sich die Frage erwiesen, wie lange der Kläger offen lassen kann, welchen Anspruch er geltend machen möchte. Lightman J. hat in der Entscheidung Island Records Ltd. v. Tring International Plc.228 hierfür vier Maßgaben entwickelt. Weil Schadensersatz und Gewinnausgleich niemals kumulativ verlangt werden könnten, sei erstens eine Entscheidung immer zwingend notwendig. Zweitens sei die Ausübung des Wahlrechts für beide Parteien bindend. Drittens müsste dem Kläger genügend Zeit eingeräumt werden, um sich angemessen zu informieren und viertens dürfe das Verfahren durch die Ausübung des Wahlrechts nicht unangemessen verzögert (unreasonably delayed) werden. Um dem Verletzten die Wahl zwischen Schadensersatz und Gewinnherausgabe zu erleichtern, hat im englischen Recht der Kläger ein Recht darauf, Zugang zu denjenigen Informationen zu erhalten, die ihm eine informierte Wahl ermöglichen. Im Gegenzug hat er die Pflicht, in einem angemessenen Zeitraum danach zu entscheiden229. Die Vorteilshaftung nach Urheberrechtsverletzungen erfolgt auf einer sogenannten strict liability basis230: Der account of profits kann auch dann angeordnet werden, wenn dem Urheberrechtsverletzer kein Verschulden zur Last fällt. Anders ist dies beim Schadensersatzanspruch, der wenigstens Fahrlässigkeit voraussetzt231. Diese Andersbehandlung wird damit begründet, dass die Pflicht zur Herausgabe der Gewinne entstehen kann, weil der Ver226
Laddie/Prescott/Vitoria, Law of copyright, Bd. I, S. 931. Bainbridge, Intellectual property8, S. 190: „Nevertheless, because, unlike ordinary damages, accounts are available regardless of the defendant’s knowledge as to whether copyright subsisted in the work, an account of profits may be the only way in which the copyright owner can recover some monetary compensation for the infringement if the defendant’s knowledge is likely to be in issue“. 228 [1996] 1 WLR 1256, 1258–1260. 229 Vgl. auch Aplin/Davis, Intellectual property, S. 830. 230 Burrows, Judicial remedies, Rn. 21.154, S. 1297. 231 Whale, Copyright, S. 110; vgl. auch Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 248–249. 227
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letzer des Urheberrechts nicht ungerechtfertigt bereichert sein soll 232. Ein solches Bereicherungsverbot soll unabhängig davon bestehen, ob dem Bereicherten sein Verhalten vorwerfbar ist oder nicht233. Insoweit liegt ein maßgeblicher Unterschied zum Patentrecht vor, das für die Gewinnherausgabe ein Verschulden, zumindest in Form von Fahrlässigkeit, voraussetzt234. Ein zweiter Grund für das fehlende Verschuldenserfordernis bei der urheberrechtlichen Gewinnherausgabe ergibt sich aus praktischen Beweisschwierigkeiten. Da hier – anders als etwa im Patentrecht – ein Register, welches man zu kennen hat, nicht besteht, wird die wenigstens fahrlässige Unkenntnis der urheberrechtlich geschützten Quelle in der Regel kaum nachweisbar sein. Weil der Verletzte also kein Verschulden des Verletzers nachweisen muss, ist für ihn die Gewinnabschöpfung besonders interessant. Dabei übernimmt die Gewinnabschöpfung eine Auffangfunktion im Verhältnis zum Schadensersatzanspruch, der ausscheidet, soweit ein Verschulden nicht nachweisbar ist. Letztlich hat die Gewinnabschöpfung hier also – zumindest auch – eine kompensatorische Funktion235. Der Urheberrechtsverletzer kann – jedenfalls wenn er nicht vorsätzlich gehandelt hat – von dem Anspruch des Urheberrechtsinhabers seine eigenen Aufwendungen abziehen. Wenn er also eigene Fähigkeiten oder Rechte eingesetzt hat, so sind diese bei der Ermittlung des herauszugebenden Gewinns anteilig zu berücksichtigen236. Der Verletzer soll nämlich nur diejenigen Gewinne herausgeben, die auch tatsächlich auf der Rechtsverletzung beruhen. Denn nur das, was tatsächlich aus der Urheberrechtsverletzung erlangt wurde, steht dem Inhaber des Urheberrechts auch zu237. 232
Potton Ltd. v. Yorkclose Ltd. [1990] FSR 11. Während im Copyright Act 1956 ausdrücklich festgelegt worden war, dass nur beim (kompensatorischen) Schadensersatzanspruch und nicht beim account of profits ein Anspruchsausschluss wegen innocence stattfinde, fehlt im Copyright Act 1988 eine solche Regelung. In Wienerworld Ltd. v. Vision Video Ltd. [1998] FSR 832 hat der High Court of Justice jedoch in einem obiter dictum an der alten Rechtlage festgehalten und entschieden, dass durch den Erlass des Copyright Designs and Patent Act 1988 keine Rechtsänderung (gegenüber dem Copyright Act 1956) in Bezug auf das Verschulden stattgefunden habe, dazu Edelman, Gain-based damages, S. 235–236. 234 Anders Edelman, Gain-based damages, S. 242, der im Ergebnis eine Gewinnherausgabepflicht auch bei Urheberrechtsverletzungen von der Vorwerfbarkeit der Rechtsverletzung abhängig machen will. 235 Bainbridge, Intellectual property8, S. 190. 236 Redwood Music Ltd. v. Chappell & Co. Ltd. [1982] RPC 109, 132. 237 Anders ist dies bei der Beschlagnahme urheberrechtswidriger Gegenstände (delivery up): Nach sec. 99 Copyright, Designs and Patents Act 1988 kann – unter Einhaltung gewisser Formalien – die Beschlagnahme aller urheberrechtswidriger Gegenstände verlangt werden. Die eigenen Aufwendungen – beispielsweise die Druckkosten – kann der Rechtsverletzer hierbei nicht in Rechnung stellen. Wenn die urheberrechtswidrige Sache also noch nicht veräußert wurde, ist der Urheberrechtsinhaber weitergehend geschützt, als wenn 233
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Das Bedürfnis nach einer Gewinnherausgabe durch den account of profits ist seit jeher dadurch geschmälert, dass bei vorsätzlichen Verletzungen des Urheberrechts auch sogenannte additional damages angeordnet werden238. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlich angeordneten und speziell urheberrechtlichen Sonderfall der exemplary damages239. Die additional damages dienen primär der Individualabschreckung und setzen einen qualifizierten Vorsatz voraus. Als Regelbeispiel dafür dient die besondere Schamlosigkeit der Rechtsverletzung (flagrancy)240. Obwohl diese Form des Schadensersatzes vom Verletzergewinn abhängig sein soll241, schließt sie einen zusätzlichen Anspruch auf Gewinnabschöpfung anhand eines account of profits prinzipiell nicht aus 242. Dennoch hat die Tatsache, dass die Rechtsprechung die Höhe der additional damages häufig an der Gewinnhöhe orientiert hat, dazu geführt, dass in der Praxis das Bedürfnis nach einem account of profits häufig entfällt. 4. Persönlichkeitsverletzungen Bereits die Verwendung eines allgemeinen Begriffs der Persönlichkeitsverletzung ist im englischen Recht irreführend; existiert ein genuines Persönlichkeitsrecht – wie es etwa in Deutschland oder Frankreich allgemein anerkannt ist – jedenfalls nicht243. Vielmehr erfolgt der Schutz der Persönlichkeit durch Gewährung einzelner torts, die vor speziellen Ehrverletzungen schützen (beispielsweise libel oder slander)244. Liegen die Voraussetzungen eines tort vor, so hat das Opfer üblicherweise einen Anspruch auf kompensatorischen Schadensersatz. Versteht man den Schadensersatz als ausschließlichen Rechtsbehelf nach der Persönlichkeitsverletzung, so eröffnet dies dem Per-
sie bereits veräußert wurde, da dann der Aufwand des Verletzers vom Anspruch des Rechtsinhabers abgezogen werden muss. 238 Bainbridge, Intellectual property8, S. 191–192; Karnell, Bemessung von Schadensersatzansprüchen, S. 340, Fn. 29. 239 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 59–61. Anders Bainbridge, Intellectual property8, S. 191: „Additional damages may resemble, but are not, exemplary damages. Rather, they are the result of a specific statutory provision. Unlike exemplary damages, a claim for additional damages can be added in after pleadings, by way of amendment“. 240 Sec. 97 II lit. a Copyright, Designs and Patents Act (1988); dazu Bainbridge, Intellectual property8, S. 191. 241 Sec. 97 II Copyright, Designs and Patents Act (1988). 242 Cala Homes (South) Ltd. v. Alfred McAlpine Homes East Ltd. [1996] FSR 36. 243 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 711–713; Peus, Schadensersatz bei Ehrverletzungen, S. 20 m.w.N. 244 Wagner, Geldersatz, S. 214 m.w.N.
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sönlichkeitsverletzer freilich die Möglichkeit, auf große Gewinne zu spekulieren245, die eventuell zu ersetzende Schäden um ein Vielfaches übersteigen. Prinzipien oder Leitlinien für einen Gewinnausgleich aus der englischen Rechtsprechung zu Persönlichkeitsverletzungen herzuleiten, wirft zahlreiche Probleme auf246. Während Rechtsprechung und Literatur nämlich durchaus erkennen, dass bestimmte persönlichkeitsrechtswidrige Verhaltensweisen zu ungerechtfertigten Vorteilen führen können, ziehen sie eine Abschöpfung dieser Vorteile anhand bereicherungsrechtlicher Prinzipien bislang nur selten ausdrücklich in Betracht247. Vielmehr greift die Rechtsprechung insoweit regelmäßig auf die Rechtsfigur der exemplary damages zurück248, was sie mit Abschreckungsargumenten begründet249. Die exemplary damages werden dabei zwar nicht exakt nach dem Gewinn bemessen, wohl aber sind sie am Gewinn orientiert und übersteigen diesen in der Regel, um so – im Sinne der Maxime tort does not pay – eine effektive Abschreckung zu gewährleisten250. Beim Gewinnausgleich nach Persönlichkeitsverletzungen spielen die Besonderheiten der Rechtsposition Persönlichkeit eine wichtige Rolle. Während einerseits Verletzer mit skrupellosen Verhaltensweisen die Opfer in ihrer höchstpersönlichen Rechtssphäre verletzen können, sind anderseits gerade immaterielle Schäden häufig schwer nachzuweisen251. Damit besteht ein 245
So hat Lord Devlin exemplary damages in Fällen in Erwägung gezogen, in denen „the defendant’s conduct has been calculated to make a profit for himself which may exceed the compensation payable to the plaintiff“, Rookes v. Barnard [1964] AC 1129, S. 1226. Zur Abgrenzungsproblematik vgl. Burrows, Restitution, S. 654. 246 Dazu bereits ausführlich Amelung, Schutz der Privatheit, S. 250–253; Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 259–261. 247 In der Entscheidung Douglas v. Hello (no. 3) [2006] QB 125, 200 hat der Court of Appeal in einem obiter dictum darauf hingewiesen, dass bei Persönlichkeitsverletzungen in Form der Veröffentlichung eines Fotos einer bekannten Person zu kommerziellen Zwecken, ein account of profits in Betracht kommt. Vgl. auch Witzleb, Justifying gain-based remedies, S. 325–363. 248 Vgl. Rookes v. Barnard [1964] AC 1129, S. 1227: „Where a defendant with a cynical disregard for a plaintiff's rights has calculated that the money to be made out of his wrongdoing will probably exceed the damages at risk, it is necessary for the law to show that it cannot be broken with impunity. […] Exemplary damages can properly be awarded whenever it is necessary to teach a wrongdoer that tort does not pay“, siehe auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 171. 249 So erläutert Lord Diplock in Broome v. Cassell & Co. [1972] AC 1027, S. 1129: „[T]o restrict the damages revocable to the actual gain made by the defendant if it exceeded the loss caused to the plaintiff, would leave the defendant contemplating an unlawful act with the certainty that he had nothing to lose to balance against the chance that the plaintiff might never sue him or, if he did, might fail in the hazards of litigation“. 250 Siehe Rookes v. Barnard [1964] AC 1129, 1227; so auch Köndgen, Gewinnabschöpfung als Sanktion, S. 672: Durch exemplary damages werde „ein Ergebnis erzielt, das einer Bereicherungsabschöpfung jedenfalls nahekomm[e]“. 251 Burrows, Reforming exemplary damages, S. 156.
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besonders dringendes Bedürfnis nach einer effektiven Abschreckung, sodass die im Vergleich zu deutschen Haftungsfällen hohen exemplary damages bei Persönlichkeitsverletzungen im englischen Recht durchaus nachvollziehbar erscheinen. Gleichwohl sind an ihrer Rechtmäßigkeit in den vergangenen Jahren Zweifel gekommen, die sich unter anderem in Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte manifestiert haben 252. Auch Stimmen in der Literatur haben sich verstärkt für einen Ausgleich eingesetzt, bei dem die Person des Verletzten und ihr Recht auf den Gewinn Berücksichtigung finden253.
III. Gründe für die Gewinnherausgabe „[I]f a person can make a financial gain from a liability-generating activity even after paying compensation for loss resulting from it, to require that person also to disgorge the 254 ‘additional gain’ [...] would unduly discourage the creation of wealth“ . In der englischen Rechtskultur ist die Gewinnerzielung gesellschaftlich erwünscht. Denn sie fördert den Wohlstand und bildet eine Ausprägung des liberalen Postulats einer freien Wirtschaft255. Nur wenn der Wirtschaftende dabei fremde Rechte verletzt, kann er dazu verpflichtet werden, dabei erzielte Gewinne herauszugeben256. Die Frage, in welchen Fällen genau eine Rechtsverletzung eine Gewinnherausgabe zur Folge haben sollte, wirft aber Schwierigkeiten auf. Die Untersuchung der verschiedenen Instrumente, mit denen in common law und equity Gewinne abgeschöpft werden, hat gezeigt, dass das 252 Der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat Haftungsansprüche, die in einem groben Missverhältnis zum Maß des zugefügten Unrechts stehen, als Verstöße gegen die Meinungsfreiheit gewertet, siehe Wagner, Geldersatz, S. 215 m.w.N. 253 Kritisch gegenüber dem „clumsy device of exemplary damages“ McGregor, Damages18, S. 439, 452; ebenso Burrows, Reforming exemplary damages, S. 170; kritisch aus deutscher Perspektive Wagner, Geldersatz, S. 217. Wagner bemängelt nicht nur, dass die englische Rechtswissenschaft sich bislang nicht zu einem Gewinnausgleich bei Verletzungen der Persönlichkeit durchringen konnte. Er kritisiert auch das im englischen Recht fehlende argumentative Fundament für einen Gewinnausgleich. Da sich die Frage nach dem vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt der Persönlichkeit nicht gestellt werde, bleibe das „dogmatische Substrat“ für einen bereicherungsrechtlichen Gewinnausgleich unklar, Wagner, Geldersatz, S. 217–218. 254 Cane, Exceptional measures, S. 321–322. 255 Barker, Responsibility for gain, S. 56: „[G]ains require no moral or legal explanation“. Ebenso Gordon, Harms and benefits, S. 468: „[I]f deliberate uses of others‘ efforts always triggered an obligation of payment, it would cause paralysis“; zustimmend Dagan, Just and unjust, S. 7. 256 Halifax Building Society v. Thomas [1996] Ch 217; dazu Jaffey, Disgorgement, S. 95: „even though restitution for wrongs or disgorgement may be available for some wrongs, it is not available for all“.
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englische Recht auf ganz unterschiedlichen Wegen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen Gewinne abschöpft. Hierbei haben sich nicht nur die equity-Gerichte mit Billigkeitsargumenten auseinandergesetzt. Auch vor den common law-Gerichten finden sich Begründungsansätze, die sich auf equityGedankengut zurückführen lassen. So hat Lord Mansfield in Sadler vs. Evans die action of money had and received folgendermaßen beschrieben: „a liberal action, founded on large principles of equity, where the defendant cannot conscientiously hold the money“257 und damit die Gewinnherausgabe auch im common law mit Billigkeitserwägungen begründet. Die englische Rechtswissenschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten darum bemüht, den eher vagen Begriff der Billigkeit258 zu konkretisieren. Dabei haben sich drei leitende Begründungsansätze abgezeichnet259: Zum ersten sollen rechtswidrige Verhaltensweisen nicht profitabel sein, weil ansonsten ein Anreiz zu diesen Verhaltensweisen bestünde. Der Richter soll also immer dann Gewinne abschöpfen, wenn er eine Abschreckung bzw. allgemeiner eine Verhaltenssteuerung bezweckt. Zum zweiten soll in bestimmten Fällen eine Gewinnherausgabe als Alternative zum Schadensersatzanspruch gewählt werden können, wenn dies der Vereinfachung der Beweislage im Prozess dienlich ist, weil die Schadenshöhe schwer ermittelt werden kann. Zum dritten soll ein Gewinnausgleich in Betracht kommen, um bestimmte geldwerte (proprietary) Rechtspositionen vollständig wiedereinzuräumen. 1. Abschreckung In der Entscheidung Attorney General v. Blake, in der ein englischer Geheimdienst vom ehemaligen Geheimagenten Blake Gewinnherausgabe verlangte, weil er durch Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht Gewinne erzielt hatte, hat Lord Nicholls argumentiert, dass der Gewinn des Agenten Blake abgeschöpft werden müsse, weil sonst ein Anreiz zu rechtswidrigen – aber profitablen – Verhaltensweisen gesetzt würde (tort does not pay)260. 257
[1766] 4 Burr. 1998; ähnlich auch Clark v. Shee & Johnson [1774] 1 Cowp. 197, 199–200; dazu Mason, Law and equity, S. 189–190. 258 Zur hieraus folgenden Rechtsunsicherheit im U.S.-amerikanischen Recht Dawson, Unjust enrichment, S. 33, der schon 1951 ankündigte: „Without much conscious purpose or plan we have created this shambling creature. It is time to fence it in“. 259 So u.a. Virgo, Restitution, S. 432. Eine ähnliche Klassifizierung wollte bereits Birks, Introduction, S. 326–333 anhand von drei „tests“ vornehmen. Ähnlich auch Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 63–144. 260 Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268, 278: „[A] wrongdoer should not be allowed to profit from his wrong“, ebenso Attorney General v. Guardian Newspaper Ltd. (No. 2) [1996] Ch 217, 229; Broome v. Cassell & Co. [1972] AC 1027 (HL) 1073. Zum Hintergrund Köndgen, Gewinnabschöpfung als Sanktion, S. 662–663. Zu weit geht dahingegen wohl Rotherham, Deterrence, S. 2 mit seiner These, dass „the principal justifica-
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Wenn ein in rechtswidriger Weise erzielter Gewinn nicht abgeschöpft werde, bestehe eben nur ein geringer Anreiz zu rechtmäßigen Verhaltensweisen. Diese Form der Verhaltenssteuerung hat die englische Rechtsliteratur häufig als Abschreckung (deterrence) bezeichnet261. Je bewusster ein rechtswidriges Verhalten erfolgt, desto eher können verhaltenssteuernde Maßnahmen erfolgreich sein262. Knüpft man die Gewinnabschöpfung an die Vorwerfbarkeit des Verhaltens an, so lässt sich dies also mit Abschreckungserwägungen begründen. Inwiefern die Abschreckung aber allein die Gewinnherausgabe rechtfertigen kann, ist noch nicht abschließend geklärt. James Edelman hat in seiner Dissertation vertreten, dass der primäre Zweck der Gewinnabschöpfung die Abschreckung sei, sei es von rechtswidrigen oder von treuwidrigen Verhaltensweisen263. Es ist aber durchaus fraglich, ob es angemessen ist, wenn alle diese Verhaltensweisen die Folge nach sich ziehen, dass eventuell erzielte Gewinne herauszugeben sind. Dies würde etwa auch bedeuten, dass das geschlagene Opfer einen Anspruch auf den Lohn des Auftragsschlägers hätte264. Dieses Ergebnis ist zweifelhaft, weil ungeklärt bleibt, weshalb dem Opfer ein Betrag zustehen soll, der über die Entschädigung hinausgeht. Wenn der Beklagte sich besonders vorwerfbar verhalten hat, schöpft die englische Rechtsprechung sämtliche Gewinne ab und weist sie dem Opfer zu, auch wenn für eine spezifische Berechtigung des Klägers an diesen Gewinnen im Sinne des proprietary approach keine Anhaltspunkte gegeben sind. Eine solche besondere Vorwerfbarkeit soll entweder dann vorliegen, wenn
tion offered for stripping defendants of profits [is] the deterrence of wrongdoing“. Graham Virgo will dahingegen die deterrence als alleinigen Grund die Gewinnabschöpfung dadurch abmildern, dass die Abschöpfung nur insoweit zulässig sein soll, als der Verletzte auch einen Schaden erlitten hat, Virgo, Restitution, S. 431. 261 Rotherham, Deterrence, S. 1–2. 262 Vgl. Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 270: „[C]areless receipt [of a gain, K.B.] is a less obvious violation of the claimant’s choice and is difficult in practice to deter“. 263 Edelman, Gain-based damages, S. 258; ebenso Cane, Exceptional measures, S. 321– 323. Auch Lionel Smith geht hiervon aus und befürwortet eine Gewinnabschöpfung, die vollkommen unabhängig von einer möglichen Rechtsposition oder sonstigen Berechtigung auf Seiten des Klägers ist und nur von der Art der Verletzungshandlung durch den Beklagten abhängt, Smith, Province of restitution, S. 686–691. Speziell für Verletzungen von fiduciary duties: Cooter, Fiduciary relationships, S. 1072–1073. Kritisch Giglio, Foundations, S. 208: „Edelman justifies their award [of disgorgement damages, K.B.] with ‚the need to ensure deterrence of wrongdoing‘. This explanation is not satisfactory“. 264 Dies befürworten Edelman, Gain-based damages, S. 145, und Jaffey, Nature and scope, S. 383, die beide von einer primär abschreckend motivierten Gewinnabschöpfung ausgehen und die eine mögliche Anspruchsberechtigung des Verletzten unberücksichtigt lassen. So auch bereits in den achtziger Jahren Birks, Restitution and wrongs, S. 67.
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der Beklagte ein besonderes Vertrauensverhältnis verletzt hat265 oder, wenn er mit der Absicht gehandelt hat, durch die rechtswidrige Verhaltensweise Gewinne zu erzielen (cynical)266. Da es sich hierbei immer nur um spezielle Ausnahmen handeln soll267, sind die Fälle der Gewinnabschöpfung spärlich gesät. Auch Ian Jackman hat 1989 darauf hingewiesen, dass die Gewinnherausgabe primär mit der Abschreckungswirkung begründet werden müsse. Hierbei hat er aber nicht nur an den Schutz des Einzelnen vor Rechtsverletzungen angeknüpft, sondern auch an den Schutz bestimmter privatrechtlicher Rechtsinstitute (private legal facilities)268. Als solche Rechtsinstitute kämen zum einen absolute Rechtspositionen, wie das Eigentum, in Betracht. Zum anderen könnten es aber auch relative Rechtspositionen sein, wie sie sich aus einem Vertrag ergeben. Damit kann nach der Auffassung Jackmans etwa die Nichterfüllung eines Vertrages eine Verpflichtung zur Gewinnherausgabe zur Folge haben, und zwar nicht nur, weil der Berechtigte einen Anspruch auf die Leistung hat und insoweit schutzwürdig ist, sondern auch, weil ein Allgemeininteresse daran besteht, dass jedermann seine Verträge erfüllt. Bestehen nämlich keine effektiven Sanktionen, so kann sich niemand mehr darauf verlassen, dass Verträge prinzipiell erfüllt werden. Eine Gewinnherausgabe kommt nach Jackman also auch dann in Betracht, wenn der Verletzte durch die Verletzung keinen Nachteil erlitten hat. Um den Bestand der private legal facilities (Rechtsinstitute) als solchen nämlich weiterhin gewährleisten zu können, müsse verhindert werden, dass Dritte Gewinne daraus ziehen könnten, ohne gleichzeitig die sich aus der private legal facility ergebenden Pflichten oder sonstigen Lasten zu tragen 269.
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Dazu sogleich § 3 IV 3. In Fällen der Verletzung einer Treuhand geht die Rechtsprechung so weit, dass auch derjenige seinen Gewinn herausgeben muss, der ihn ohne Verschulden erzielt hat, vgl. Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46. 266 Grundlegend für gewinnbringende Vertragsverletzungen Attorney General v. Blake [1998] 1 AC 268; für das Deliktsrecht Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505. Vgl. Rotherham, Deterrence, S. 1 m.w.N. 267 Attorney General v. Blake [1998] 1 AC 268, 285: „exceptional cases“. 268 Jackman, Restitution for wrongs, S. 302; zustimmend McBride, Restitution for wrongs, S. 267–268. 269 Kritisch Burrows/McKendrick/Edelman, Restitution2, S. 935, die in dieser Argumentation eine bloße Verschiebung der Gewinnausgleichsproblematik sehen, die zu einem „intermediate clutter“ führe. Alternativ gehen die Verfasser zwar trotzdem davon aus, dass der primäre Zweck der Vorteilsabschöpfung die Abschreckung sei. Allerdings möchten sie die Problematik direkt angehen: „The only viable alternative to the universal answer [...] is to confront the problem directly. There is no objection to restitutionary damages except only their tendency to give the plaintiff a windfall and to negative and suppress economic activity without regard to the harm done. Hence, [...] we have to ask whether we see a sufficient justification for doing the latter and tolerating the former“. Dabei gehen die
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Dahingegen hat Craig Rotherham jüngst kritisiert, dass die Abschreckung allein nicht als normativer Grund für den Gewinnausgleich genüge, und ausgeführt, dass für einen angemessenen Gewinnausgleich neben der Abschreckung stets auch andere Gesichtspunkte zu beachten seien, wie etwa die Bedeutung des betroffenen Interesses oder die Schwere der Verletzung270. Es sei im Rahmen des Privatrechts notwendig, dass sich aus diesen Gesichtspunkten ergebe, dass gerade dem Verletzten der Gewinn zustehe271. Dieser Auffassung sind auch Dillon LJ und Steyn LJ in der Entscheidung Surrey County Council v. Bredero Homes Ltd.272 gefolgt. Trotz einer Absprache mit der Gemeinde, nur 72 Häuser auf einem bestimmten Grundstück zu bauen, hatte eine Hausbaugesellschaft 76 Häuser gebaut. Die Gemeinde verlangte Gewinnherausgabe, war mit ihrem Begehren aber nicht erfolgreich. Die Richter begründeten dies damit, dass kein proprietary interest betroffen sei und die Gemeinde in keiner Weise durch den Bau der weiteren vier Häuser beeinträchtigt sei273. Sarah Worthington will dagegen den Gewinnausgleich ausschließlich mit Abschreckungserwägungen begründen. Ein Anspruch auf Gewinnherausgabe solle nur dann in Betracht kommen, wenn der Verletzer gegen Treu und Glauben (good faith or loyalty) verstoßen habe. Von solchen Verhaltensweisen müsse er abgeschreckt werden274. Dabei solle es nicht darauf ankommen, ob es sich um ein Delikt oder eine Vertragsverletzung handle. Auch bezeichne good faith or loyalty nicht bloß die Verletzung spezifischer Treuepflichten. Vielmehr betreffe es zum einen Fälle der bewussten Missachtung fremder Rechte mit Gewinnerzielungsabsicht275 und zum anderen Situationen, in Verfasser davon aus, dass „the number of cases in which restitutionary damages are justified will not be large“. 270 Rotherham, Deterrence, S. 25. Rotherham bezieht sich dabei ausschließlich auf die Gewinnabschöpfung in Form des account of profits. 271 Dies ähnelt dem Ausgangspunkt von Ernest Weinrib in seiner Erläuterung der restitutionary damages: „Restitutionary damages should not be seen as serving a deterrent or punitive function; such a function cannot account for why the plaintiff, of all people, is entitled to the defendant’s gain“, Weinrib, Restitutionary damages, S. 1. Weinrib charakterisiert die Gewinnherausgabe als ein Instrument der ausgleichenden Gerechtigkeit (corrective justice). Er diene ausschließlich dazu, dem Verletzten die verletzte Rechtsposition wieder vollständig einzuräumen; kritisch Dagan, Law and ethics, S. 221–223; ders., Encroachments, S. 348–350; Barker, Theorising, S. 625; Gordley, Foundations, S. 448–449; ders., Purpose of Awarding, S. 45–46. 272 [1993] 1 WLR 1361. 273 Kritisch Beale, Exceptional measures, S. 237: „[...] one has the sense that something is wrong; the defendants deliberately broke their contract by building additional homes [...], yet the plaintiff has no remedy“; ebenso Birks, Profits, S. 519: „The law is deficient when a legitimate interest cannot be safeguarded against such opportunism“. 274 Worthington, Disgorgement, S. 218–240. 275 „[C]ynical disregard for plaintiff’s rights“, Worthington, Disgorgement, S. 239.
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denen bestimmte rechtliche Beziehungen aufgrund ihres sozialen Wertes eines besonderen Schutzes bedürften276. Geht man davon aus, dass die Gewinnabschöpfung der Abschreckung dient, so führt dies zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Bisweilen ist nämlich nicht klar, ob anstelle oder zusätzlich zu einer Gewinnherausgabe in Form von restitutionary damages oder eines account of profits möglicherweise ein Anspruch auf sogenannte exemplary damages besteht277. Exemplary damages dienen der Bestrafung und damit auch der Abschreckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen278. Die Höhe des Anspruchs hängt dabei typischerweise vom Unrechtsgehalt des Verletzerverhaltens ab 279 und berücksichtigt – anders als die restitutionary damages – nicht ein eventuelles Recht des Verletzten am Gewinn280. Die Argumentation Lord Devlins in der Entscheidung Rookes v. Barnard hat die Abgrenzungsproblematik verschärft. Als einen von drei Auslösern für einen Anspruch auf exemplary damages beschrieb er die Situation, dass der Beklagte bewusst einen Gewinn erzielen wollte, der wahrscheinlich den zu zahlenden Schadensersatz übersteigen würde 281. Damit hat er zusätzliche exemplary damages für alle Fälle bejaht, in denen typischerweise ein Gewinnausgleich in Betracht kommt. Es verwundert, dass die Rechtsprechung häufig anstelle von restitutionary damages einen Anspruch auf exemplary damages bejaht, und zwar gerade auch wenn eine Konstellation vorliegt, in der nach der Prämisse tort does not pay Gewinnherausgabe hätte verlangt
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Worthington, Disgorgement, S. 237. Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, blendet der Ansatz von Sarah Worthington einen großen Teil des geltenden englischen Rechts aus. Dieses lässt nämlich einen Gewinnausgleich – zwar etwas gekürzt, aber bei einer Systematisierung nicht generell vernachlässigbar – auch in Fällen zu, die von der Kategorie des Verstoßes gegen „good faith or loyalty“ nicht gedeckt sind. In diesen Fällen werden die Aufwendungen des Verletzers von dem Anspruch abgezogen. Ähnlich für das U.S.amerikanische Recht: Town & Country Property Management Services Pty. Ltd. v. Kaltoum [2002] NSWSC 166. Ablehnend Gleeson/Watson, Account of profits, S. 704. 277 Zum Begriff der exemplary damages siehe oben § 3 II 3 b). 278 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 1: „[E]xemplary damages [...] aim to punish the wrongdoer“. Siehe auch Edelman, Exemplary Damages, S. 226–233. Laut Edelman würde ein Verzicht auf Abschreckungsmechanismen zu einer moralischen Lücke im Recht führen. Zur Abgrenzung von exemplary und restitutionary damages vgl. auch Rotherham, Deterrence, S. 5. 279 Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 6: „An award should not exceed the minimum necessary to punish the defendant for his conduct, and should be proportionate to the gravity of his wrongdoing“. 280 Vgl. auch Birks, Restitution and wrongs, S. 63. 281 [1964] AC 1129, 1226: „[T]he defendant’s conduct has been calculated by him to make a profit for himself which may well exceed the compensation payable to the plaintiff“.
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werden können282. Denn prinzipiell werden exemplary damages im englischen Recht nur restriktiv gewährt: Besteht eine Alternative, so scheiden sie aus283. Dennoch hat der Court of Appeal 2005 in der Entscheidung Borders (UK) Ltd. v. Commissioner of Police of the Metropolis284 den Anspruch auf exemplary damages systemwidrig damit begründet, dass der Gewinn des Beklagten abgeschöpft werden müsse. Der Fall handelt von einem Straßenverkäufer, der über drei Jahre hinweg gestohlene Bücher verkauft hatte. Die klagenden Buchhändler verlangten exemplary damages. Trotz einer vorangegangenen Verurteilung zu einer (öffentlich-rechtlichen) Strafzahlung bejahte der Court of Appeal den Anspruch auf exemplary damages, weil es unangemessen sei, wenn der Beklagte einen bewusst rechtswidrig erlangten Gewinn („cynically obtained profit“) behalten könne285. Auch bei Verletzungen des Urheberrechts und der Persönlichkeit hat die Rechtsprechung auf Grundlage der Entscheidung Rookes v. Barnard286 regelmäßig exemplary damages anstelle von restitutionary damages bejaht, wenn ein Rechtsverletzer Gewinne erzielt hat287. Effektiv werden zwar in allen diesen Fällen Gewinne abgeschöpft. Denn die effektive Abschreckung – die durch exemplary sowie restitutionary damages bezweckt wird – setzt immer voraus, dass (zumindest) die erzielten Gewinne herausgegeben werden müssen. Eine Vereinheitlichung der Abschöpfungsmechanismen wäre unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit allerdings wünschenswert. Hiermit hat sich Peter Jaffey auseinandergesetzt und den Anspruch auf Gewinnherausgabe als Sonderform des Strafschadensersatzes (quasi-punitive) eingeordnet288. Die Pflicht zur Herausgabe von Gewinnen rechtfertige sich 282
[1964] AC 1129, 1227: „Exemplary damages can properly be awarded whenever it is necessary to teach a wrongdoer that tort does not pay“. 283 Sogenanntes „remedy of last resort“, Kuddus v. Chief Constable of Leicestershire Constabulary [2002] 2 AC 122, Nr. 63. Siehe auch Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (1997) No. 247, S. 64; Burrows, Reforming noncompensatory damages, S. 299; Cunnington, Compensation, restitution and punishment, S. 386; Fleming, Torts, S. 273. Im Vergleich zu den restitutionary damages bezeichnet Graham Virgo die exemplary damages als „a very blunt tool to deprive the defendant of benefits obtained from the tort, since their rationale is punishment rather than to ensure the defendant does not profit from the commission of the tort“, Virgo, Restitution, S. 477. 284 [2005] EWCA Civ 197. Ähnlich auch AT v. Dulghieru [2009] EWHC 225 (QB). 285 Cunnington, Compensation, restitution and punishment, S. 382–386 begründet diese Entscheidung des Court of Appeal damit, dass die Kläger speziell exemplary damages eingeklagt hatten und dem Gericht deswegen die Hände gebunden seien, ihm eine andere Art von Schadensersatz zuzusprechen. 286 [1964] AC 1129. 287 Siehe oben § 3 II 3 b) und 4. 288 Jaffey, Nature and scope, S. 364, 374; ders., Restitutionary damages, S. 31–32, 37– 38; ebenso Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 283–284.
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ausschließlich unter Abschreckungsgesichtspunkten, sodass es sich letztlich um eine Strafe handeln müsse289. Daneben bleibe für Beträge, die den Gewinn übersteigen, ein Anspruch auf exemplary damages möglich290. 2. Schadensberechnung Auch wenn englische Richter zur Legitimierung der Gewinnherausgabe nur selten auf Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Schadenshöhe eingehen, spielen diese doch durchaus eine praktische Rolle291. Die Schadenshöhe kann insbesondere dann schwierig zu ermitteln und nachzuweisen sein, wenn es sich um Schäden in Form entgangener Gewinne handelt. Hat jemand ein fremdes Recht verletzt und dadurch einen Gewinn erzielt, so kann zumindest vermutet werden, dass der Rechtsinhaber diesen Gewinn auch erzielt hätte, wenn er sich darum bemüht hätte. Geht man in dieser Form davon aus, dass es sich beim Verletzergewinn um den entgangenen Gewinn des Rechtsinhabers handelt, so dient eine Gewinnherausgabe letztlich der Schadenskompensation. Dann ist es wiederum schlüssig, dass der Verletzer sich durch den Nachweis entlasten kann, dass der Verletzte den Gewinn nicht erzielt hätte292. Ein solcher Ansatz hat den Vorteil, dass er Beweisprobleme zu Gunsten des Verletzten löst. Dieser müsste nämlich, um die Höhe des entgangenen Gewinns und damit seinen Schaden zu beweisen, seine gesamte Buchführung offenlegen. Diese Konsequenz des Schadensersatzanspruchs ist auf Kritik gestoßen: Es sei angemessener, dem Verletzer die Beweislast aufzuerlegen und den Anspruch auf den entgangenen Gewinn an der Höhe des Verletzergewinns zu orientieren, da gerade der Verletzer die missliche Lage verursacht habe293. Kit Barker hat daran anschließend eine Theorie entwickelt, nach der die Gewinnherausgabe ein bloßes Instrument zur Verwirklichung von Schadensersatzansprüchen sei294. Laut Barker liegt die einzige Rechtfertigung der Gewinnherausgabe darin, dass damit bestehende, mögliche zukünftige oder nicht nachweisbare Schäden ersetzt werden können. Ausgeglichen werden müsse der Gewinn nur, wenn er zum Nachteil einer anderen 289
„[...] allowing the defendant to keep his profit creates a perverse incentive to offend. [...] It is [...] appropriate [...] to describe the rationale as punitive“, Jaffey, Restitutionary damages, S. 37. „The argument suggests that disgorgement calls for no separate justification from punishment“, ders., Nature and scope, S. 375. 290 Jaffey, Restitutionary damages, S. 41. 291 Dies bestätigt auch Edelmann, Gain-based damages, S. 100, 138 unter dem Hinweis auf Jaggard v. Sawyer [1995] 1 WLR 269 (CA), 290. 292 Anders als im Rahmen der deutschen dreifachen Schadensberechnungsmethode ist die Vermutung, dass der Verletzergewinn dem Schaden des Rechtsinhabers entspricht im englischen Recht immer widerleglich. 293 Sharpe/Waddams, Damages for lost opportunity, S. 294–297; kritisch Beale, Exceptional measures, S. 241 294 Barker, Nature of responsibility, S. 151–180.
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Person erlangt worden sei. Dies setze voraus, dass eine Schädigung vorliege oder jedenfalls potentiell eine zukünftige in Betracht komme. Die Grenze zwischen dem Argument der Abschreckung und Beweislastumkehr verläuft fließend: Schließlich würde ein rechtswidriges Verhalten besonders attraktiv, wenn der Schaden nur nach herkömmlichen Schadensberechnungsmethoden ermittelt werden könnte und ein Schadensersatzanspruch regelmäßig aufgrund von Beweisproblemen ausscheiden müsste295. 3. Schutz absoluter Rechtspositionen Das dritte Argument, mit dem die englische Literatur die Gewinnherausgabe zu begründen sucht, betrifft den Schutz spezifischer absoluter Rechtspositionen. Hat jemand Gewinne erzielt, indem er die Sphäre vermögenswerter Interessen eines Anderen verletzt, so besteht im englischen Recht verbreitet die Auffassung, dass diese Gewinne herausgegeben werden müssen und zwar auch dann, wenn derjenige, der berechtigt gewesen wäre, die Gewinne zu erzielen, diese nachweislich nicht erzielt hätte. Dabei geht es nicht darum, den Rechtsverletzer abzuschrecken, sondern darum, die Rechtsposition vollumfänglich wiedereinzuräumen296. Peter Birks hat in den neunziger Jahren hierauf aufbauend eine Theorie entwickelt, nach der Vorteile immer dann herauszugeben sein sollen, wenn ein anti-enrichment wrong vorliegt297. Bestimmten Rechtspositionen sei ein Schutzmechanismus inhärent, der den Rechtsinhaber vor solchen Verletzungshandlungen schützt, die den Verletzer bereichern, während anderen Rechtspositionen den Rechtsinhaber (nur) vor Verletzungshandlungen schützen, die den Rechtsinhaber schädigen (anti-harm wrong). Liegt ein wrong vor, so hat der Verletzte im englischen Recht primär die Möglichkeit, den Verletzer auf Schadensersatz zu verklagen. Das anti-enrichment wrong soll nun aber davor schützen, dass nicht ein Dritter anhand der Rechtsposition Gewinne erzielt. Geschieht dies doch, so sollte nach der Auffassung von Birks angenommen werden, der Verletzer habe die Gewinne von vornherein für den Verletzten erlangt. Deswegen könne der Verletzte alternativ zum Schadensersatz (compensatory remedy) verlangen, dass der Verletzer die durch sein rechtswidriges Verhalten erlangten Vorteile herausgebe (restitutionary remedy). Birks Theorie ist freilich auf Kritik gestoßen. Durch die Einführung der Kategorie eines anti-enrichment wrong beantworte man nicht die 295
Vgl. dazu etwa Jegon v. Vivian [1871] LR 6 ChA 742, 762: Der Schadensersatzanspruch solle in der Höhe des Gewinns bestehen, denn „this Court never allows a man to make a profit by a wrong“. 296 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, Virgo, Restitution, S. 569–635; kritisch dazu Burrows, Restitution, S. 185–189. 297 Birks, Restitution and wrongs, S. 66–67; ders., Introduction, S. 328–332. Dem jüngst folgend McBride, Restitution for wrongs, S. 269–271.
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schwierige Frage, ob ein Gewinnausgleich erfolgen muss, sondern verlagere sie auf die Feststellung der Art der (Rechts-)Verletzung298. Peter Birks selbst hat sich der Kritik gebeugt und nur wenige Jahre später die Kategorie des anti-enrichment wrong verworfen. Dabei hat er keine neue Theorie entwickelt, sondern nur zugestanden, dass es beim Gewinnausgleich „no hope of certainty in the pursuit of a purely conceptual line“ gebe299. Aktuell wird die anti-enrichment-Lehre kaum noch diskutiert300. Die Rechtsprechung hat nicht in allen Fällen, in denen vermögenswerte Interessen des Verletzten betroffen sind, einen Anspruch auf Gewinnherausgabe bejaht. Er müsse jedenfalls in Fällen ausscheiden, in denen der Verletzer lediglich die Nutzungsmöglichkeit (vorübergehend) eingeschränkt, nicht aber über das Recht verfügt habe. So hat der High Court eine Gewinnherausgabepflicht in Fällen von bloßen Besitzstörungen (nuisance) abgelehnt301 und dies damit begründet, dass der Dritte, wenn er das fremde Recht nicht verwerte, sich nicht auf eine vergleichbare Weise Eigentümerbefugnisse anmaße, wie wenn er die Sache veräußere302. Bei der Ermittlung einer geeigneten Rechtsfolge für rechtswidrige Verhaltensweisen berücksichtigt das englische Recht also immer auch, was die jeweilige Schutznorm im konkreten Fall bezweckt. So schützt das Eigentum zum einen davor, dass ein Nichtberechtigter damit durch Veräußerung keine Gewinne erzielt. Wenn also jemand eine fremde Sache veräußert und insofern fremdes Eigentum verletzt, ist die Gewinnherausgabe die geeignete Rechtsfolge. Das Eigentum schützt zum anderen aber auch davor, dass Nichtberechtigte es dem Eigentümer entziehen und damit seinen Besitz beeinträchtigen. Durch eine Besitzbeeinträchtigung erlangt der Verletzer aber keinen unmittelbaren Gewinn. Vielmehr kann ein Gewinn erst durch das Dazwischentreten weiterer Umstände entstehen. So ist etwa die Situation, wenn jemand ein Rohr unter ein fremdes Grundstück führt und dadurch Öl transportiert und dieses Öl nach dem Transport gewinnbringend veräußert. Eine Beteiligung des Grundstücksinhabers an dem Erlös kommt nicht in 298
Burrows/McKendrick/Edelman, Restitution2, S. 935; ebenfalls kritisch Goff/Jones, Restitution6, 783. 299 Birks, Civil wrongs, S. 97, vgl. dazu Rotherham, Normative foundations, S. 397–400 m.w.N. 300 Zustimmend allerdings jüngst McBride, Restitution for wrongs, S. 269–271. 301 Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505. Dasselbe gilt für Fälle von trespass to chattel und trespass to land, vgl. § 3 II 1 b). 302 „An actionable nuisance does not involve the misappropriation of the claimant’s rights [Kursivierung K.B.] in the same way, even as in a case of trespass, let alone as in a case of conversion or copyright or trademark infringement. [...] This [...] falls a long way short of being awarded the whole profit for the development, which is far in excess and completely unrelated to the measure of loss suffered by the claimant“, Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505, 886.
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Betracht, weil dies nicht die betroffene Schutzrichtung des Eigentums ist. Vielmehr schützt das Eigentum in diesem Fall vor unberechtigter Nutzung, sodass im Fall der Verletzung nur ein angemessenes Entgelt für die Nutzung des Grundstücks verlangt werden kann. In etwas anderer Weise hat sich der Court of Appeal in der Entscheidung Stoke-on-Trent CC v. Wass303 beholfen: Im diesem Fall hatte der Beklagte ein Monopol verletzt und dadurch ein Gewinn erzielt. Letztlich hatten die Inhaber des Monopols dadurch aber keinerlei Nachteil erlitten. Nourse L.J. bejahte zwar eine vorteilsorientierte Haftung, beschränkte sie aber auf einen nominalen Betrag von 2 GBP, weil das Monopol für eine volle Gewinnherausgabe nicht hinreichend schutzwürdig sei304.
IV. Grundwertungen des Gewinnausgleichs in England In den vorangegangenen Abschnitten wurde dargelegt, dass im englischen Recht Gewinne dann herausgegeben werden müssen, wenn sie durch spezielle rechtswidrige Verhaltensweisen (wrong) verursacht wurden305. Bevor die Frage, welche Charakteristika ein wrong aufweisen muss, um einen Gewinnausgleich auszulösen, beantwortet werden kann, ist im Folgenden zu erörtern, was das englische Recht überhaupt unter dem (herauszugebenden) Gewinn versteht. Ob ein wrong eine Pflicht zur Gewinnherausgabe begründet, hängt maßgeblich von zwei kumulativen Faktoren ab. Zum einen muss der Anspruchsteller in irgendeiner Weise hinsichtlich des Gewinns berechtigt sein. Anderenfalls könnte nämlich jedermann von rechtswidrig Handelnden deren dadurch erzielten Gewinne herausverlangen. Zum anderen muss ein Grund dafür bestehen, dass der Verletzer den Gewinn herausgeben muss. Hat er sich vorwerfbar in rechtswidriger Weise verhalten und zudem die Gewinnerzielung bezweckt, so sollte ihm durch eine Gewinnabschöpfung der Anreiz zu derartigen Verhaltensweisen genommen werden. Englische Rechtswissenschaftler unterscheiden häufig strikt zwischen den beiden Komponenten und sehen sie als alternative Gründe für eine Gewinnherausgabe306. Dennoch sind 303
[1988] 1 WLR 1406. Dazu Rotherham, Conceptual structure, S. 195. 305 Vgl. Grantham/Rickett, Disgorgement, S. 160–161; Birks, Unjust enrichment and wrongful enrichment, S. 1788: „There is no logically necessary response to a wrong. What the law does about the wrong is a question ultimately of what is useful and acceptable. [...] There is no logical reason why the victim of a wrong should not be able to sue to have the wrongdoer’s ears cut off, or to cut them off himself. We do not allow that because it has not seemed to be a good idea. The arguments against it have prevailed“. 306 So etwa Virgo, Restitution, S. 432; Friedmann, Restitution of benefits, S. 551; Birks, Introduction, S. 326–333. 304
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in den einschlägigen Entscheidungen bei der Ermittlung des Gewinnausgleichs häufig beide Komponenten im Spiel. 1. Höhe des herauszugebenden Gewinns Durch rechtswidrige Verhaltensweisen können verschiedene Vorteile erlangt werden, nämlich zum einen – unmittelbar durch die Verletzung erlangte – Nutzungsvorteile und zum anderen – mittelbar durch die Verletzung erlangte – Umsätze307. Beispielsweise erlangt der Patentverletzer zum einen den objektiven Wert der Patentnutzung und zum anderen den durch die Veräußerung der patentwidrigen Gegenstände erzielten Umsatz. Nur bei dieser zweiten Art von Vorteilen handelt es sich um Gewinne, die in bestimmten Fällen anhand der englischen Gewinnabschöpfungsinstrumente abgeschöpft werden können. So bezieht sich der account of profits immer nur auf tatsächlich erzielte Umsätze308, ebenso wie der constructive trust immer nur einen trust am tatsächlich vorhandenen Vorteil begründet hat. Dahingegen wird bei der ersten Art von Vorteilen eine Restitution anhand des sogenannten user principle vorgenommen. Die Funktionsweise des user principle zeigt die Entscheidung Inverugie Investments Ltd. v. Hackett309. Ein Hotelbetreiber hatte den Pächter von dreißig Wohnungen in seinem Hotelkomplex unrechtmäßig dazu verpflichtet, die Wohnungen zu räumen, um sie selber an Hotelgäste zu vermieten. Obwohl der Hotelbetreiber keine Gewinne erzielt hatte, weil die Gäste ausblieben, verpflichtete das Privy Council ihn zur Herausgabe des Ersparten, also desjenigen, was er dem Pächter üblicherweise für die Nutzung von dessen gemieteter Wohnung hätte zahlen müssen. Ausnahmsweise ist in diesem Fall die Erstattung des Nutzungsvorteils für den Kläger vorteilhafter als die Verpflichtung zur Herausgabe seines Gewinns. a) Kausalitätsbeziehung und remoteness Das englische Recht schöpft nur solche Gewinne ab, die kausal durch ein wrong310 hervorgerufen wurden. Ein wrong ist dabei kausal für einen Gewinn, wenn „irgendeine vernünftige Verbindung“311 zwischen Verletzungshandlung und Gewinn besteht. Der sogenannte ‚but for‘ test konkretisiert 307
Zu dieser Differenzierung siehe sogleich § 4 I. Virgo, Causation and remoteness, S. 302. 309 [1995] 1 WLR 713, 719: „[...] the trespasser may not have derived any actual benefit from the use of the property. But under the user principle he is obliged to pay a reasonable rent for the use“, dazu Friedmann, Measure of recovery, S. 1885. Ebenfalls grundlegend Whitwham v. Westminster Brymbo Coal & Coke Co. [1986] 2 Ch 538; Martin v. Porter [1839] 5 M. & W. 351. 310 Zum Begriff wrong siehe oben § 3. 311 CMS Dolphin Ltd. v. Simonet [2001] 2 BCLC 704: „some reasonable connection“. 308
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diese Formulierung: Die Verletzung ist kausal für den Gewinn wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Gewinn entfiele312. Die Beweislast obliegt dabei – abgesehen von wenigen Ausnahmen313 – dem Verletzten314. Darüber hinaus kommt eine Haftung auch in Fällen von alternativ kausalen Ereignissen in Betracht315. Wenn der Verletzer seinen Gewinn etwa durch einen Betrug erlangt hat, der gleichzeitig einen Vertragsbruch darstellt, so entfällt die aus dem Betrug folgende Gewinnherausgabepflicht nicht bereits deswegen, weil der Gewinn auch ohne den Betrug – nämlich aufgrund des Vertragsbruchs – erzielt worden wäre. Im Patentrecht hat die Rechtsprechung eine weitere Ausnahme vom strengen Kausalitätserfordernis gemacht und bejaht die Kausalität zwischen der Patentverletzung und dem erzielten Gewinn auch dann, wenn der Patentverletzer ohne die Verletzung ebenfalls einen (wenn auch niedrigeren) Erlös erzielt hätte. Die Abzugsfähigkeit eines solchen alternativen Erlöses benachteilige den Patenthalter unangemessen316. Auch bei Verletzungen von Treuepflichten (fiduciary duties) bejahen Rechtsprechung und Literatur unter Hinweis auf diese Argumentation die vollständige Gewinnherausgabe317. Ist der ‚but for‘ test erfolgreich oder handelt es sich um eine der beschriebenen Ausnahmen, so muss außerdem die Zurechenbarkeit des Gewinns festgestellt werden (test of remoteness)318. Um eine ausufernde Gewinnabschöpfung zu verhindern, kommt ein Anspruch auf Gewinnherausgabe nämlich nur dann in Betracht, wenn der Gewinn in einer gewissen Nähe zu der 312
Burrows, Restitution, S. 625; Virgo, Causation and remoteness, S. 304; Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 278–279. 313 Bei Verstößen gegen Treuepflichten wird die Kausalität vermutet, der Treuhänder kann sich jedoch entlasten: Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959. Virgo, Causation and remoteness, S. 321 begründet die Beweislastumkehr mit der besonderen Schutzbedürftigkeit von Treueverhältnissen: „This shift in the burden of proof is presumably justified by the stringent policy that fiduciaries should not profit in any way from their breach of duty“. Eine Begründung für die strenge Haftung des fiduciary findet sich in Bray v. Ford [1896] AC 44, 51: „It is an inflexible rule of a Court of Equity that a person in a fiduciary position, such as the respondent’s is not, unless otherwise expressly provided, entitled to make a profit; he is not allowed to put himself in a position where his interest and duty conflict“. 314 Virgo, Causation and remoteness, S. 304. 315 Burrows, Restitution, S. 625. 316 Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC 203; dazu Burrows, Restitution, S. 646. 317 Burrows, Restitution, S. 684. 318 Attorney General v. Blake [1998] Ch 439 (CA); vgl. Virgo, Causation and remoteness, S. 305–307. Kit Barker spricht von attribution bzw. causation in law, Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 278–290. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Rechtsprechung genauere Maßstäbe für die Zurechenbarkeit von Gewinnen entwickelt. Noch 1982 hat Peter Birks angemerkt: „The case law explicitly on remoteness of gain still has to develop“, Birks, Restitution and wrongs, S. 68.
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Verletzungshandlung steht. Der Erlös aus dem Verkauf einer Wohnung, die der Verkäufer mit einem Darlehen finanziert hat, kann vom Darlehensgeber deswegen nicht herausverlangt werden, auch wenn der Darlehensvertrag wegen einer sittenwidrigen Täuschung des Darlehensnehmers unwirksam ist319. Denn der Zusammenhang zwischen Verletzungshandlung und Gewinn ist nicht eng genug. Gewinne, die der Verletzer als unmittelbare Folge der Verletzungshandlung erzielt hat, kann der Rechtsinhaber hingegen herausverlangen320. Wenn etwa ein ehemaliger Angestellter unter Verstoß gegen die Pflicht, bestimmte Informationen vertraulich zu behandeln, ein Buch mit diesen Informationen veröffentlicht und durch den Verkauf einen Gewinn erzielt, so kann sein ehemaliger Arbeitgeber diesen Gewinn vollständig herausverlangen321. b) Eigenaufwand des Verletzers Bei der Ermittlung der Gewinnhöhe berücksichtigt der englische Richter üblicherweise den Aufwand, den der Verletzer zu Gewinnerzielung betrieben hat, und zieht ihn vom Anspruch ab322. Der Verletzeraufwand kann dabei auf zweierlei Weisen bei der Ermittlung des Gewinnherausgabeanspruchs Berücksichtigung finden. Zum einen kann der Verletzer der Forderung auf Gewinnherausgabe den Wert seiner Eigenaufwendungen entgegenhalten und dann die Forderungen gegeneinander aufrechnen. Dies bedeutet, dass bei einer Rechtsverletzung immer zunächst ein umfassender Gewinnherausgabeanspruch entsteht. Nach dieser Struktur erfolgt der Gewinnausgleich beim constructive trust und dem tracing at law, bei denen das dingliche Recht am Gewinn als Ganzem entsteht323. Zum anderen kann der Rechtsverletzer schließlich nach dem Maß seines Eigenaufwands am Gewinn beteiligt wer-
319
Halifax Building Society v. Thomas [1996] Ch 217; dazu Jaffey, Disgorgement,
S. 94. 320
Jaffey, Nature and scope, S. 385–386. Attorney General v. Guardian Newspaper Ltd. (No. 2) [1996] Ch 217 und Attorney General v. Blake [1998] Ch 439 (CA); [2001] 1 AC 268. Die Abgrenzung zwischen den Fällen kann schwierig sein und letztlich liegt die Entscheidung über die Ausgestaltung der Zurechenbarkeit im speziellen Fall bei der Rechtsprechung. Instruktiv zum Ausschluss der Gewinnquotelung im englischen Recht Rusch, Gewinnhaftung, S. 99–103. 322 Grundlegend Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46 (bei Verletzung der Pflichten aus einem Treuhandverhältnis). Im Bereich des Immaterialgüterrechts Redwood Music Ltd. v. Chappell & Co. Ltd. [1982] RPC 109. So auch Worthington, Disgorgement, S. 231: „full disgorgement of all traceable gains is not the orthodox remedy“. Vgl. auch Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 265–269. 323 Siehe § 3 I 3. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, den Gewinnbegriff so zu definieren, dass er von vornherein um den Eigenaufwand des Verletzers geschmälert ist. Einen solchen Gewinnbegriff kennt das englische Recht jedoch nicht. 321
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den (apportionment). Eine solche Gewinnbeteiligung erfolgt beim tracing in equity324. Sowohl Rechtsprechung als auch Literatur haben gegen die Abzugsmöglichkeit des Verletzeraufwands wiederholt grundlegende Bedenken geäußert. Dabei haben sie insbesondere kritisiert, dass die Abzugsmöglichkeit die Aussichten auf eine effektive Abschreckung deutlich schmälere325. Die Beweislast für die Höhe der Abzugsposten obliegt dem Rechtsverletzer326. Wenn dieser nun aber weiß, dass er für seinen Aufwand angemessen entlohnt – oder sogar am Gewinn beteiligt – wird, soweit er ihn beweisen kann, besteht für ihn kein Risiko. Entweder er wird nicht entdeckt, haftet dementsprechend nicht und erzielt den vollen Gewinn, oder aber er wird entdeckt und muss zwar den Gewinn herausgeben, kann aber dasjenige, was als Eigenleistung identifiziert werden kann, behalten327. Hieraus haben verschiedene Stimmen geschlossen, dass Eigenaufwendungen des Verletzers bei der Gewinnherausgabe nicht mildernd berücksichtigt werden dürfen, da bereits fraglich sei, ob eine umfassende Gewinnabschöpfung eine effektive Abschreckung ermögliche328. Die Rechtsprechung hat sich in dieser Frage einen weiten Ermessensspielraum vorbehalten329 und will verschiedene Kriterien berücksichtigen. Zentral ist dabei die Vorwerfbarkeit des Verletzerverhaltens, speziell die Frage, ob der Verletzer Kenntnis von der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens und der
324
Virgo, Restitution, S. 626–628. So etwa in Martin v. Porter [1839] 5 M. & W. 351, 354: „[...] the defendant cannot claim to be reimbursed. I am not sorry this rule is adopted; as it will tend to prevent trespasses of this kind, which are generally wilful“. 326 York, Extension of restitutional remedies, S. 514–515. 327 Guinness Plc. v. Saunders [1990] 2 AC 663; Cooter, Fiduciary relationships, S. 1071–1072. 328 Giglio, Foundations, S. 208 zu Fällen der Urheberrechtsverletzung: „[I]n the worst scenario, the publication of the book would leave him in the same position in which he would be had he never published it“. Ebenso im Fall von einer Treuepflichtverletzung: Guinness Plc. v. Saunders [1990] 2 AC 663, dazu Rusch, Gewinnhaftung, S. 113 m.w.N. 329 So hat die Klägerin in Wrotham Park Estate Co. Ltd. v. Parkside Homes Ltd. [1974] 1 WLR 798 fünf Prozent des Gewinns erhalten, während der Kläger im durchaus ähnlichen Fall Bracewell v. Appleby [1975] Ch 408 vierzig Prozent erfolgreich einklagen konnte. Kritisch deswegen McGregor, Restitutionary damages, S. 215–216. Vgl. auch Boardman v. Phipps [1965] Ch 992, 1020–1021 (CA): „If the defendant has done valuable work in making the profit, then the court in its discretion may allow him a recompense. It depends on the circumstances. If the agent has been guilty of any dishonesty or bad faith, or surreptitious dealing, he might not be allowed any remuneration or reward. But when, as in this case, the agents acted openly and above board, but mistakenly, then it would be only just that they should be allowed remuneration [Kursivierungen K.B.]“. Zur Ausgestaltung des Ermessensspielraums bei Verletzungen von Treuhandverhältnissen ausführlich Rusch, Gewinnhaftung, S. 110–114. 325
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Gewinnerzielung hatte330. Hat der Verletzer die fremde Rechtsposition absichtlich, mit anderen Worten mit dolus directus ersten Grades verletzt, so lehnen Richter überwiegend den Abzug eigener Aufwendungen vom erlangten Gewinn ab331. Derjenige, der sich betrügerisch verhalte, dürfe dafür nicht entlohnt werden332. Überzeugende Begründungsansätze dafür, dass dem Verletzten nur ein Teil des Gewinns zustehen soll, wenn der Verletzer gutgläubig war, hingegen der gesamte Gewinn, wenn der Verletzer bösgläubig war, sind nur vereinzelt aufzufinden und dann selten schlüssig. So führt Robert Stevens in seinem Lehrbuch „Torts and Rights“ aus, der Grund für die Abzugsmöglichkeit sei, dass es zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Eigentümers komme, wenn er den gesamten Gewinn erhielte333. Warum eine solche ungerechtfertigte Bereicherung nun aber nicht eintreten soll, wenn der Verletzer gutgläubig ist, erläutert er freilich nicht334. Dass der Verletzer gutgläubig war, ist im englischen Recht allerdings keine hinreichende Bedingung dafür, dass er seine Aufwendungen vom Anspruch auf Gewinnherausgabe abziehen kann. So hat Lord Goff es in der Entscheidung Guinness Plc. v. Saunders335 abgelehnt, den Aufwand des Treuhänders (fiduciary) zu vergüten, obwohl dieser gutgläubig war. Er hat dies damit begründet, dass nur so dem Treuhänder jeder Anreiz genommen werde, sich rechtswidrig zu verhalten. Weshalb Lord Goff den Fall aber abweichend von der Entscheidung Boardman v. Phipps336 beurteilt hat, bei der ebenfalls ein gutgläubiger Treuhänder einen Gewinn erzielt hatte, wird nicht recht deutlich337. 330
Redwood Music Ltd. v. Chappell & Co. Ltd. [1982] RPC 109, 132: „a liberal allowance should be made for the skill and labour exercised by Chappells in producing, as parties who honestly believed that they were entitled to exploit the song [...]“; ebenso Say-Dee Pty. Ltd. v. Farah Constructions Pty. Ltd. [2005] NWSCA 309 und Martin v. Porter [1839] 5 M. & W. 351; vgl. auch Virgo, Causation and remoteness, S. 310. 331 Lever v. Goodwin [1887] 36 ChD 1, dazu Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 283–284: Liege ein „deliberate or particularly outrageous infringement of the claimant’s right“ vor, so sei der Beklagte „accountable for all profits obtained from their wrongdoing, even though some of these were almost certainly factually attributable to their own acumen or input“. Jaffey, Restitutionary damages, S. 31–32 ordnet dieses Vorgehen als quasipunitive ein. 332 Edelsten v. Edelsten [1863] 1 De G. J. & S. 185. 333 Stevens, Torts and rights, S. 82. 334 Angesichts dieser argumentativen Defizite verwundert es nicht, dass Stevens bei Immaterialgüterrechtsverletzungen noch einen anderen Maßstab anlegen will. Hier soll der Eigenaufwand selbst bei gutgläubigen Rechtsverletzungen nicht abzugsfähig sein, weil es sich bei dem Gewinn um ein Surrogat für das Recht handle, das als Ganzes dem Berechtigten zustehe, Stevens, Torts and Rights, S. 83. 335 [1990] 2 AC 663. 336 [1965] 1 Ch 992 (CA), [1967] 2 AC 46. 337 So auch Rusch, Gewinnhaftung, S. 113.
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2. Anspruchsberechtigung des Verletzten Die Anspruchsberechtigung des Verletzten ergibt sich im englischen Recht daraus, dass der Gewinn durch Verletzung seiner Rechte erzielt wurde. Sowohl Rechtsprechung als auch Literatur unterscheiden dabei den Gewinnausgleich bei Verletzung absoluter Rechte vom Gewinnausgleich bei Verletzung relativer Rechtspositionen338. Im Rahmen der absoluten Rechtspositionen unterscheiden sie wiederum vermögenswerte (proprietary) und sonstige Rechte. Eine Gewinnherausgabe soll nur nach Verletzungen vermögenswerter Rechte, also speziell des Eigentums und der Immaterialgüterrechte, in Betracht kommen. Bei Rechten ohne messbaren Wert, wie etwa der körperlichen Unversehrtheit soll sie hingegen ausscheiden339. Der normative Grund der Gewinnherausgabe ist also nicht etwa das rechtswidrige Verhalten als solches, sondern die Verletzung einer vermögenswerten fremden Rechtssphäre340. Zwar wird die Pflicht zur Gewinnherausgabe bei Verletzungen relativer Rechtspositionen häufig mit Abschreckungserwägungen begründet. Dennoch finden sich auch Hinweise darauf, dass – wie bei der Verletzung absoluter Rechtspositionen – der Verletzer relativer Rechte den Gewinn deswegen herausgeben muss, weil die jeweilige (relative) Rechtsposition gerade davor schützen soll, dass Dritte Gewinne damit erzielen341. Für die Systematisierung von Fällen, in denen im englischen Recht ein Gewinnausgleich in Betracht kommt, ist der Unterschied zwischen absoluten und relativen Rechtsverletzungen deswegen nicht ausschlaggebend. Die Überlegungen zum Gewinnausgleich bei Verletzungen absoluter Rechte hat das englische Recht auch auf andere Fälle übertragen342. Nach diesem eigentumsrechtlichen Ansatz (proprietary approach)343 ist ein Ge338 Anders Friedmann, Restitution of benefits, S. 516–517, nach dem auch bei der Verletzung relativer Rechte ein eigentumsähnliches Interesse (property interest) betroffen sein kann; ähnlich auch Krebs, Fallacy, S. 393–398. 339 Eine Gewinnherausgabe kommt dann aber gegebenenfalls aus reinen Abschreckungserwägungen in Betracht, siehe oben § 3 III 1. 340 Siehe oben § 3 III 3. 341 So auch Virgo, Causation and remoteness, S. 327: „[I]t is only where some form of proprietary link to the profit made can be established that the constructive trust should be recognised, for then the profit can legitimately be considered to belong to the claimant in equity [Kursivierung K.B.] “. 342 Dies war nicht immer so, vgl. Philipps v. Homfray [1883] 24 ChD 439, S. 454: „The only cases in which [...] a remedy for a wrongful act can be pursued [...] appear to us to be those in which property, of the proceeds or value of property [...] have been appropriated“. Kritisch bezüglich der Folge, dass ein Gewinnausgleich dann nur einem begrenzten Umfang möglich ist, Friedmann, Restitution of Benefits, S. 507–508. 343 Weinrib, Restitutionary damages, S. 29, 32–36 will sogar so weit gehen, den proprietary approach zum ausschließlichen Kriterium für die Gewinnherausgabe zu verab-
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winnausgleich auch in verschiedenen Fällen von Verletzungen relativer Rechtspositionen denkbar. Relative Rechtspositionen schützen das Vertrauen, das der Kläger in die Verhaltensweise seines Vertragspartners gestellt hat. Soweit der Kläger gerade darauf vertraut hat, dass sein Vertragspartner auf seine Kosten keine Gewinne erzielt, muss dieser den Gewinn, den er durch Verletzung des Vertrauens erzielt hat, herausgeben. Nur durch die Herausgabe des Gewinns erfolgt nämlich eine vollständige Wiedergutmachung der Vertrauensverletzung344. Ein Beispiel für die Anwendung des proprietary approach bei der Verletzung relativer Rechtspositionen ist das Rechtsverhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ungeeignete Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, um Kosten zu sparen, und dabei fahrlässig gegen seine Schutzpflichten verstößt, und sich der Arbeitnehmer bei der Arbeit deswegen verletzt, so kann der Arbeitnehmer zwar seinen (körperlichen) Schaden ersetzt verlangen. Ein Anspruch auf Gewinnherausgabe kommt hingegen nicht in Betracht345. Der Arbeitnehmer hat nämlich ein Recht auf ordnungsgemäße Arbeitsmittel, um so (unter anderem) Körperverletzungen zu vermeiden. Diese relative Rechtsposition soll ihn aber nicht unmittelbar davor schützen, dass der Arbeitgeber durch die Gefährdung und letztliche Schädigung seines Arbeitnehmers Gewinne erzielt. Deswegen kann der Arbeitnehmer keinen Anteil am Gesamtumsatz seines Arbeitgebers verlangen. In der (alten) Terminologie von Birks handelt es sich nicht um ein anti-enrichment wrong, sondern um ein anti-harm wrong346. Die Voraussetzung, dass die Rechtsposition gerade vor fremder Gewinnerzielung schützen soll, führt auch in den Fälle von sogenannten equitable wrongs zu überzeugenden Ergebnissen: Der Treuhandgeber soll gerade davor geschützt werden, dass der Treuhänder durch Verletzungen der Treuhandbeziehung Gewinne erzielt. Deswegen führt die Verfügung über das Treuhandvermögen zu einem Recht des Treuhandgebers am Gewinn. Auch in Vertrauensbeziehungen, die – anders als die Treuhand – nicht unmittelbar an einen Vermögenswert anknüpfen, kommt eine Gewinnherausgabe in Betracht, solutieren. Barker, Theorising, S. 625 bezeichnet diese Herangehensweise hingegen als formalistisch. 344 Siehe dazu ausführlich Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 183–388 und Rusch, Gewinnhaftung, S. 70–136. Ernest Weinrib argumentiert an dieser Stelle mit der Surrogation. Der Gewinn sei an die Stelle der vertraglichen Pflicht getreten und müsse deswegen herausgegeben werden: „Since the meaning of this duty of loyalty is that the fiduciary cannot profit from the relationship, gains can be regarded as the material embodiment of the breach of duty – what the fiduciary has, as it were, sold out the duty for – and the beneficiary is as entitled to these profits as he or she was to the duty for which they were exchanged“, Weinrib, Restitutionary damages, S. 33. 345 Beispiel nach McGregor, Restitutionary damages, S. 209. 346 Zu dieser Terminologie siehe Fn 297.
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wenn die Verletzung des Rechtsverhältnisses gleichzeitig eine Verletzung finanzieller Interessen mit sich bringt. Dies zeigt die Entscheidung Attorney General v. Blake347, in der der ehemalige Agent Blake die Gewinne herausgeben musste, die er durch den Verkauf eines Buchs erlangt hatte, in dem er vertrauliche Informationen des englischen Geheimdienstes offengelegt hatte. Der englische Geheimdienst hatte nämlich ein begründetes Interesse daran, dass die vertraulichen Informationen nicht gewinnbringend vermarktet würden. Ebenso hat Lord Templeman in der Entscheidung Attorney General for Hong Kong v. Reid348 die Gewinnherausgabe angeordnet, nachdem ein Beamter Bestechungsgelder angenommen hatte. Der Staat habe als Arbeitgeber ein Recht auf eine ordnungsgemäße Pflichterfüllung, die nicht durch die Verfolgung finanzieller Eigeninteressen des Beamten beeinflusst werde. Damit ist der Grund für die Gewinnherausgabe im englischen Recht nicht etwa ganz allgemein eine (absolute oder relative) Rechtsverletzung, sondern speziell der Verstoß gegen eine Verhaltensregel, die dazu dient, die Gewinnerzielung auf Kosten des Rechtsinhabers zu vermeiden 349. Allerdings führt nicht jede Art der Verletzung einer fremden vermögenswerten Rechtssphäre dazu, dass der Rechtsverletzer den Gewinn herausgeben muss. Ausschlaggebend ist auch der Grad der Beeinträchtigung des Rechtsinhabers. Dies lässt sich anhand der verschiedenen Arten von Verletzungen darstellen: Wird etwa einem Eigentümer der Besitz auf Dauer durch eine Weiterveräußerung entzogen, so kann der Eigentümer vom Veräußerer den Erlös, also den gesamten Gewinn, verlangen. Anders ist es bei einer bloßen Nutzungsbeeinträchtigung, sei es in Form einer trespass oder einer nuisance350. Hier kommt eine Gewinnherausgabe nicht in Betracht, obwohl ein vermögenswertes Recht betroffen ist, weil das Recht nicht verwertet worden ist, die Intensität die „Anmaßung der Rechtsposition“ also deutlich niedriger ist als bei einer Veräußerung351. 3. Herausgabeverpflichtung des Verletzers Neben der Anspruchsberechtigung des Verletzten setzt der Gewinnausgleich im englischen Recht auch voraus, dass die Verpflichtung des Verletzers zur Gewinnherausgabe spezifisch begründet wird. Diese Verpflichtung ergibt 347
[2001] 1 AC 268. [1994] 1 AC 324, siehe Fn. 75; kritisch Virgo, Causation and remoteness, S. 327. 349 Ähnlich Monsen, Disgorgement damages, S. 812–813, der für den Gewinnausgleich (allerdings nur speziell auf Vertragsverletzungen bezogen) verallgemeinernd einen „opportunistic breach of [a] negative obligation“ bzw. einen Verstoß gegen „duties of care“ voraussetzen will. 350 Siehe oben § 3 II 1 b). 351 Vgl. Fn. 302. 348
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sich daraus, dass der Verletzer unter bestimmten Voraussetzungen abgeschreckt werden muss352. Er soll den Gewinn also dann herausgeben, wenn andernfalls für ihn ein Anreiz bestünde, unter Verletzung fremder Rechte Gewinne zu erzielen, weil er Vorteile behalten könnte, die er durch die Verletzung fremder Rechte erzielt hat (tort does not pay). Ein solches Abschreckungselement ist nur dann gerechtfertigt, wenn man bei der Frage nach einem Gewinnausgleich auch die Vorwerfbarkeit des Verletzerverhaltens mitberücksichtigt. Eine Abschreckung kann nämlich nur effizient erfolgen, wenn der Verletzer bewusst eine Entscheidung über sein Verhalten getroffen hat oder zumindest nicht hinreichend sorgfältig gehandelt hat353. Ein genereller verschuldensunabhängiger Gewinnausgleich schreckt hingegen nicht ab, sondern behindert den Wirtschaftsverkehr. Schließlich wäre der Gewinnerzielende sonst stets dem Risiko ausgesetzt, seine Gewinne herausgeben zu müssen, weil er unbewusst Rechte verletzt haben könnte. Ob und vor allem welche subjektiven Anforderungen an den Anspruch auf Gewinnherausgabe zu stellen sind, ist unter englischen Juristen eine kontrovers diskutierte Frage354. Die Auffassungen reichen von einer Gewinnabschöpfung nur bei der Absicht rechtswidriger Gewinnerzielung355 über einfachen Vorsatz 356 bis hin zu einem gänzlich verschuldensunabhängigen Gewinnausgleich357. Voraussetzung für den Anspruch ist allerdings immer ein vertrags-, rechts- oder treuwidriges Verhalten (wrong), wobei für die einzelnen wrongs eigene Vorwerfbarkeitsmaßstäbe gelten. So behandelt die Rechtsprechung die einzelnen Fälle der Eigentumsverletzung nicht etwa einheitlich, sondern stets kasuistisch 358. Für die Haftung nach Beeinträchtigungen 352
Allgemein zur Abschreckung siehe oben § 3 III 1. Rotherham, Deterrence, S. 6–8. 354 Sogar die Lehrbuchliteratur will sich insoweit nicht festlegen. So schreibt Andrew Burrows in seinem Lehrbuch zum Bereicherungsrecht im Kapitel über den account of profits bei Immaterialgüterrechtsverletzungen: „[I]t appears that [...] dishonesty is a precondition of the restitutionary remedy“, Burrows, Restitution, S. 646. 355 So zeigt die Entscheidung Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268, dass bei Vertragsverletzungen zwar regelmäßig ein Gewinnausgleich nicht in Betracht kommt, von dieser Regel aber eine Ausnahme gemacht wird, wenn das Verhalten des Beklagten cynical und deliberate sei; dazu Rotherham, Gain-based relief, S. 118–119. 356 Colbeam Palmer Ltd. v. Stock Affiliates Pty. Ltd. [1968] 122 CLR 25. 357 So geht etwa Graham Virgo in seinem Lehrbuch zum Bereicherungsrecht nicht darauf ein, ob an den Anspruch auf restitution besondere subjektive Anforderungen gestellt werden müssen, Virgo, Restitution, S. 425–537. 358 Eine solche Kasuistik verursacht Rechtsunsicherheit; dazu Worthington, Disgorgement, S. 218: „[F]ew would suggest the remedy ought to be available for all profitgenerating wrongs, and here lies the difficulty. As yet no theory satisfactorily explains which wrongs should give rise to disgorgement and which should not“; ebenso Levison J. in Devenish Nutrition Ltd. v. Sanofi-Aventis SA [2008] 2 WLR 637, 670: „I conclude that whatever the law ought to be, it is not (yet) the law that a restitutionary award is available 353
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von Mobiliareigentums (trespass to chattel) hat sie traditionell Vorsatz vorausgesetzt359. Als Grund für diese ausschließliche Vorsatzhaftung verweist sie auf den Wert des Individualismus: Jeder soll möglichst frei und ohne ein Haftungsrisiko handeln können. Nur wenn vorsätzlich das Mobiliareigentum verletzt werde, ließe sich deswegen eine Haftung rechtfertigen360. Dahingegen erfolgt die Haftung für die unerlaube Verwertung fremder Sachen (conversion) traditionell verschuldensunabhängig361. Ein waiver of tort kommt bei beiden Delikten gleichermaßen in Betracht. Während die Gewinnherausgabe bei trespass to chattel also nur bei Vorsatz erreicht werden kann, könnte sie bei conversion verschuldensunabhängig erfolgen. In der Entscheidung Donoghue v. Stevenson362 hat Lord Atkin 1932 den Grundstein für einen Wandel im englischen Deliktsrecht gelegt und eine allgemeine Haftung für fahrlässiges Verhalten statuiert. Bei der hierfür einschlägigen Fahrlässigkeitshaftung (tort of negligence) haben jedoch weder Rechtsprechung noch Literatur bislang einen waiver of tort in Betracht gezogen und damit keinen Gewinnausgleich angeordnet363. Ein ähnlich uneinheitlicher Befund zeichnet sich im Immaterialgüterrecht ab364. Nach sec. 96 II Copyright Designs and Patents Act (1988) kann ein Urheberrechtsinhaber bei einer Rechtsverletzung unabhängig vom Verschulden des Verletzers mit dem account of profits Gewinnherausgabe verlangen365. Die Rechtsprechung behält sich freilich einen Ermessensspielraum bei der Frage vor, ob sie letztlich der Klage auf Gewinnherausgabe stattgibt366. Dahingegen soll der Patentverletzer nicht auf den Gewinn haften, wenn er sich der Verletzung nicht bewusst ist367. In Fällen sogenannter equitable wrongs368, differenziert die Rechtsprechung. Ist der Verletzer gutgläubig, so scheidet die Gewinnherausgabe aus. Der Verletzte kann dann nur der Wert dessen verlangen, was der Verletzer in all cases of tort. [...] If the law is to be changed, it must be done by a higher court than this one“. 359 Giliker/Beckwith, Tort, S. 381. 360 Giliker/Beckwith, Tort, S. 4. 361 Siehe Fn. 133 m.w.N. 362 [1932] AC 562. 363 Giliker, Tort, S. 515–516. Siehe auch Buckley, Law of negligence, S. 195–207. Dasselbe gilt für Fälle der strict liability: So bestehen zum (verschuldensunabhängigen) Delikt der conversion nur Entscheidungen, die einen Gewinnausgleich anordnen, wenn der Beklagte auch vorsätzlich gehandelt hat, so etwa Lamine v. Dorell [1705] 12 Lde. Raym. 1216. 364 Siehe oben § 3 II 2 und 3. 365 McGregor, Restitutionary damages, S. 209; Virgo, Restitution, S. 465–476. 366 Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 676. 367 Kritisch bezüglich dieser Unterschiede Burrows, Remedies, S. 301–302; Birks, Civil wrongs, S. 63. 368 Zu dem Begriff siehe oben Fn. 6.
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eingespart hat (user principle)369. Hat er etwa vertrauliche Informationen verwendet und damit einen Gewinn erzielt, so muss er den Wert dieser Informationen ersetzen370. Hingegen muss er den gesamten Gewinn herausgeben, wenn er bei der Verletzungshandlung bösgläubig war. Begründet wird dies mit den Wertungen des equity-Rechts: Es widerspräche dessen Billigkeitsgrundsatz, demjenigen, der unwissentlich die Interessensphäre eines anderen verletzt und dabei einen Gewinn erzielt hat, den gesamten Gewinn abzuerkennen371. Wieder anders ist es im speziellen Fall der Verletzung von Treuepflichten. Hier findet verschuldensunabhängig ein Gewinnausgleich statt372. Schließlich bietet auch das Vertragsrecht Besonderheiten. Wenn der Vertragsverletzer sich besonders vorwerfbar verhalten hat und ganz bewusst mit rechtswidriger Gewinnerzielungsabsicht (cynical) vorgegangen ist, soll der Beklagte den Gewinn auch dann an den Kläger herausgeben, wenn kein Grund besteht, weshalb der Gewinn ihm zustehen soll, sein Vermögensinteresse also von vornherein nicht betroffen ist373. James Edelman hat vorgeschlagen, dass ein Anspruch auf Gewinnherausgabe stets einen qualifizierten Vorsatz, nämlich die Absicht rechtswidriger Gewinnerzielung, voraussetzen soll374. Hiergegen hat Craig Rotherham freilich Bedenken geäußert. Denn ein Anspruch auf exemplary damages käme auch bei bloßer Fahrlässigkeit in Betracht, und zwar sogar dann, wenn den Beklagten das Risiko ihres Verhaltens nicht bewusst gewesen sei375. Da es sich bei den exemplary damages nun aber um eine für den Verletzer deutlich schärfere Sanktion handle, sei es unangemessen dem Verletzten den Anspruch auf Gewinnherausgabe zu versagen, während er erfolgreich exemplary damages verlangen könne. Die englische Rechtsprechung hat damit für die Gewinnerherausgabe in den meisten Fällen eine – spezielle und jeweils kasuistisch begründete376 – Vorwerfbarkeit vorausgesetzt377. Prima vista verwundert dies, macht es für 369
Siehe oben § 3 IV 1. Virgo, Restitution, S. 528. 371 Seager v. Copydex Ltd. (No. 2) [1969] 1 WLR 809. 372 Grundlegend Keech v. Sandford [1726] EWHC Ch J76, siehe dazu Rusch, Gewinnhaftung, S. 92 m.w.N. 373 Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268. 374 Edelman, Gain-based damages, S. 86: „deliberately and cynically“. Ferner Birks, Introduction, S. 326–327: Der Beklagte habe „deliberately set out to enrich himself by committing a wrong against the plaintiff“. Ebenso McGregor, Restitutionary damages, S. 209 und Jaffey, Restitutionary damages, S. 42. Kritisch bezüglich der Ungenauigkeit des Begriffs cynical: Virgo, Fault, S. 91. 375 Rotherham, Deterrence, S. 7 unter Verweis auf A v. Bottrill [2003] 1 AC 449. 376 Kritisch zur Kasuistik und fehlenden Einheitlichkeit des Vorwerfbarkeitserfordernisses Virgo, Fault, S. 84–103. 377 Das wird seit neuestem sogar für Verletzungen von fiduciary relationships in Frage gestellt, bei denen lange Zeit anerkannt war, dass aufgrund ihrer besonderen Schutzwür370
V. Ergebnisse England
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den Verletzten doch keinen Unterschied, ob wissentlich oder unwissentlich auf seine Kosten ein Gewinn erzielt wurde. In beiden Fällen hat er gleichermaßen ein Interesse an der Herausgabe des Gewinns. Der Grund für das Erfordernis der Vorwerfbarkeit kann jedoch auf Seiten des Verletzers gefunden werden. Er soll durch die Gewinnherausgabe abgeschreckt werden. Die englische Rechtsprechung macht deswegen – abhängig vom jeweiligen Abschreckungsbedürfnis – den Gewinnausgleich von unterschiedlichen Bedingungen abhängig378.
V. Ergebnisse England Anders als im französischen und niederländischen Recht erfolgt im englischen Recht eine allgemeine Analyse des Gewinnausgleichs. Nachdem die englische Rechtsprechung ein Einzelfall-Netzwerk von Konstellationen entwickelt hatte, in denen Gewinne ausgeglichen werden sollen, hat die Systematisierung dieser Konstellationen Schwierigkeiten bereitet. Dies hat dazu geführt, dass die englische Literatur unterschiedliche Begründungen für den Gewinnausgleich heranzieht. Diesen Begründungsmodellen liegen freilich einheitliche Erwägungen zugrunde. Die Wertungsgesichtspunkte, nach denen entschieden wird, ob ein Gewinn herausgegeben werden muss, beurteilen sich auf der Seite des Verletzten nach der Natur der verletzten – absoluten oder relativen – Rechtsposition und der Art und Schwere der Verletzung, sowie auf der Seite des Verletzers nach der Vorwerfbarkeit seines Verhaltens379.
digkeit ausnahmsweise ein verschuldensunabhängiger Gewinnausgleich stattfinden sollte: Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959. Jaffey, Nature and scope, S. 387 möchte einen verschuldensunabhängigen Gewinnausgleich zulassen, weil er unabhängig von der Verfolgung eines Strafzwecks notwendig sei, sobald ein rechtswidriges Verhalten vorliege: „[A] ‚mens rea‘, is a prerequisite of a criminal offence, in other words, of punishment. [...] Although full punishment should at least sometimes be precluded by the absence of knowledge, it is difficult to see why in principle the defendant should ever profit from a wrong, whether or not he knew or suspected that he was committing it“. 378 Angesichts dieses Befundes ist die von Ernest Weinrib vertretene These wohl nicht überzeugend, dass ein Gewinnausgleich generell unabhängig von einem spezifischen Vorwerfbarkeitserfordernis auf Seiten des Verletzers erfolgen soll, weil es für den Verletzten keinen Unterschied mache, mit welcher Motivation der Verletzer gehandelt habe, Weinrib, Restitutionary damages, S. 29. 379 Siehe oben § 3 IV. Eine Ausnahme bildet hier die verschuldensunabhängige Haftung für Verletzungen von Treuepflichten, siehe oben Fn. 372.
2. Teil
Analyse Während einzelne französische Juristen so weit gehen, der Frage nach dem Ausgleich in rechtswidriger Weise erzielter Gewinne jeden rechtlichen Charakter abzusprechen1, und der Anspruch auf Gewinnherausgabe in Frankreich erst in den letzten Jahren im Rahmen von Entwicklungen im Immaterialgüterrecht an Bedeutung gewonnen hat, haben niederländische und insbesondere englische Juristen Ansprüche auf Gewinnherausgabe immer wieder in Betracht gezogen. In Aufsätzen und Monographien haben sie in den vergangenen Jahrzehnten versucht, die Voraussetzungen des Gewinnausgleichs einheitlich darzustellen und zu systematisieren2. Dabei haben insbesondere deutsche Autoren versucht, den Gewinnausgleich in bestehende Strukturen einzuordnen, indem sie den Anspruch auf Gewinnherausgabe als deliktisch, bereicherungsrechtlich oder aber geschäftsführungsrechtlich verstanden haben. Die großen Unterschiede im Verständnis des Gewinnausgleichs in den untersuchten Rechtsordnungen haben gezeigt, dass eine solche Klassifizierung nicht weiterführend ist. Es kommt vielmehr darauf an, weshalb ein Gewinnausgleich erfolgt und welche Anforderungen infolgedessen an den Anspruch auf Gewinnherausgabe gestellt werden müssen. Speziell im europäischen Immaterialgüterrecht wurde die Debatte um den Gewinnausgleich in den vergangenen drei Jahrzehnten intensiv geführt. Grund hierfür sind die im Immaterialgüterrecht bestehenden Schwierigkeiten bei der Schadenskompensation. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch scheidet bei Immaterialgüterrechtsverletzungen häufig aus, weil der Rechtsinhaber seinen Schaden, typischerweise einen entgangenen Gewinn, schwieriger nachweisen kann, als dies bei Verletzungen materieller Rechte der Fall ist. Das hat dazu geführt, dass die niederländische und die – in Gewinnaus1
Mathély, Droit français des brevets d’invention, S. 752: Das Zivilrecht drehe sich ausschließlich um die Kompensation von Schäden. 2 Friedmann, Restitution of benefits (1980); Deurvorst, Schadevergoeding (1994); Weinrib, Restitutionary damages (2000); Linssen, Voordeelsafgifte (2000); Edelman, Gainbased remedies (2002) u.v.m.
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Analyse
gleichsfragen ansonsten sehr zurückhaltende – französische Rechtswissenschaft im Bereich des Immaterialgüterrechts begonnen haben, die Gewinnherausgabe als alternative Rechtsfolge rechtswidriger Verhaltensweisen in Betracht zu ziehen 3. Der Code civil, der nicht nur die Grundlage des französischen, sondern bis ins späte 20. Jahrhundert auch des niederländischen Zivilrechts war, sah in seiner 1804 erlassenen Form einen Anspruch auf Gewinnherausgabe nicht vor. Auffassungen, die sich von diesem Rechtsverständnis zu lösen suchen und das Bedürfnis nach einem Gewinnausgleich erkennen, stoßen gerade in der positivistischen französischen Rechtstradition (dogme de la loi infaillible) bis heute auf Widerstand 4. Insbesondere die französische Literatur, aber auch weite Teile der niederländischen Rechtswissenschaft stellen keine Verbindung zwischen dem Gewinnausgleich bei Immaterialgüterrechtsverletzungen und anderen Rechtspositionen her, deren Verletzung ebenfalls einen Gewinnausgleich nach sich ziehen könnte. Im folgenden Teil der Arbeit soll deswegen untersucht werden, inwiefern die Wertungen, nach denen Rechtsprechung und Literatur in den untersuchten Rechtsordnungen den Gewinnausgleich beurteilen, Gemeinsamkeiten aufweisen und ob es allgemeine Regeln gibt, nach denen bestimmt werden kann, ob und in welcher Form ein Gewinnausgleich stattfindet. In einem ersten Abschnitt ist dazu zunächst einmal zu konkretisieren, was unter einem „Gewinn“ verstanden wird und zu verstehen ist. In einem zweiten Schritt sollen die verschiedenen Begründungen für den Gewinnausgleich systematisiert werden, um schließlich in einem dritten Teil die dem Gewinnausgleich zugrundeliegende normative Struktur offenzulegen und zu entwickeln.
3 Beispiele für diese Entwicklung sind Grynbaum, Faute lucrative, S. 655–660; Chagny, Dommages et intérêts punitifs, S. 1223–1227 und Deurvorst, Schadevergoeding, S. 169– 215. 4 Siehe § 1 Fn. 93 und 202.
§ 4 Gewinnbegriff I. Arten vorteilsorientierter Haftung Weitgehend unumstritten ist heute, dass es sich beim Gewinnausgleich um eine spezielle Form der vorteilsorientierten Haftung handelt. Bevor der Gewinnbegriff genauer untersucht werden kann, muss er deswegen in einem ersten Schritt begrifflich vom anderen Vorteilstyp abgegrenzt werden, dem Nutzungsvorteil. Die grundlegende Differenzierung zwischen restitutionary damages (Wertersatz für Nutzungsvorteile) und disgorgement damages (Gewinnausgleich) und die Notwendigkeit der unterschiedlichen Herangehensweise an diese Rechtsbehelfe, die der australische Jurist James Edelman 2002 auf den Punkt gebracht hat, ist auf große Zustimmung gestoßen1. Zum einen kann ein Vorteil (unmittelbar) darin gesehen werden, dass der Rechtsverletzer eine fremde Rechtsposition genutzt hat oder zumindest nutzen konnte. Zum anderen kann der Vorteil aber auch dasjenige sein, was diese Nutzung (mittelbar) als realen Vorteil mit sich gebracht hat. Während zur Herausgabe der Nutzung (bzw. Nutzungsmöglichkeit) als solcher deren (objektiver) Wert zu ermitteln ist, bedeutet die Herausgabe des durch die Nutzung real erzielten Vorteils, dass eine Gewinnherausgabe stattfindet. Der Wert der Nutzung entspricht üblicherweise einer angemessenen Lizenzgebühr. Zwingend ist dies freilich nicht, etwa wenn für die jeweilige Rechtsverletzung eine Lizenzierung von vornherein nicht in Betracht kommt. Wertersatz und Gewinnherausgabe schöpfen demnach in unterschiedlicher Weise Vorteile des Rechtsverletzers ab. Etwa bei einer Patentverletzung kann ein Vorteil einerseits in der Nutzung des Patents gesehen und ein Anspruch auf den Nutzungswert geltend gemacht werden. Andererseits ist auch der Gewinn des Patentverletzers ein durch die Rechtsverletzung erlangter Vorteil. Während der Nutzungsvorteil unmittelbar durch die Rechtsverletzung erlangt ist, die Nutzung selbst also die Rechtsverletzung konstituiert, treten 1
Edelman, Gain-based damages, S. 65–92. Zum Meinungsstand Virgo, Causation and remoteness, S. 302; für das deutsche Recht Helms, Gewinnherausgabe, S. 6–8 und Rusch, Gewinnhaftung, S. 2; für das niederländische Recht Deurvorst, Winstafdracht: einde aan slapend bestaan, S. 68. Dagegen allerdings Linssen, Voordeelsafgifte, S. 536–542, 652– 654, der eine beide Fallgruppen umfassende bereicherungsrechtliche „Vorteilsabschöpfung“ befürwortet. Dem folgend HR 18.6.2010, LJN BL9662.
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§ 4 Gewinnbegriff
für die Gewinnerzielung in der Regel weitere Schritte dazwischen. So wird der durch die Patentverletzung erzielte Gewinn letztlich erst durch die (möglicherweise aufwendige) Vermarktung patentwidriger Gegenstände erzielt, obwohl bereits die Herstellung patentwidriger Produkte eine Rechtsverletzung darstellt. Verlangt der Rechtsinhaber einen Gewinn heraus, muss sein Anspruch dementsprechend qualifizierten Anforderungen genügen.
II. Aktuell vertretene Gewinnbegriffe Die Frage, was genau unter dem möglicherweise herauszugebenden Gewinn zu verstehen ist, wird uneinheitlich beantwortet2. Dabei werden nicht nur in den untersuchten Ländern unterschiedliche Gewinnbegriffe verwendet, sondern auch innerhalb der Rechtsordnungen selbst gibt es divergierende Konzeptionen. Die im Zusammenhang mit dem Gewinnausgleich vertretenen Gewinnbegriffe variieren zwischen (1) sämtlichen Vorteilen, die durch ein bestimmtes Verhalten erlangt werden (also auch ersparte Aufwendungen), (2) dem gesamten Umsatz, (3) dem Umsatz abzüglich der Kosten und (4) demjenigen Anteil des Umsatzes, der durch die Rechtsverletzung erzielt wurde (also einem Gewinnanteil, der proportional zur Umsatzsteigerung durch die Rechtsverletzung ist). Im französischen Recht wirft die Feststellung eines einheitlichen Gewinnbegriffs besondere Schwierigkeiten auf, weil der Gewinnausgleich nicht als einheitliche Problematik wahrgenommen wird. Zwar kennt das französische Recht ein prélèvement du bénéfice (Gewinnabschöpfung). Hierbei handelt es sich jedoch um einen ausschließlich öffentlich-rechtlichen Begriff3. In jüngerer Zeit haben französische Juristen zwar vorgeschlagen, in Fällen von faute lucrative (lukrativem Verschulden) die dabei erzielten Gewinne zivilrechtlich anhand von dommages-intérêts punitifs (Strafschadensersatz) abzuschöpfen. Allerdings bleibt unklar, inwiefern der Strafschadensersatz dem Gewinn entsprechen soll. Einzelheiten für einen genuinen Gewinnbegriff lassen sich hieraus jedenfalls nicht ableiten. Da es sich nur um einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung in einer möglichen zukünftigen Schuldrechtsreform handelt, mangelt es bislang auch an konkretisierender Rechtsprechung. Dagegen hat im niederländischen und englischen Recht in den vergangenen Jahrzehnten eine offene Debatte über einen einheitlichen Gewinnausgleich (winstafdracht, disgorgement of profits) stattgefunden4. Es besteht 2
Kritisch dazu Gerbrandy, Auteursrecht, S. 72. Siehe § 1 Fn. 1. 4 Besonders ausführlich Lodder, Enrichment, S. 69–104. 3
III. Berücksichtigung des Verletzeraufwands
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insoweit Einigkeit, als Gewinne nur dann herausverlangt werden können, wenn sie durch ein rechtswidriges Verhalten erzielt wurden5. Bei dieser Voraussetzung handelt es sich allerdings um eine notwendige und nicht um eine hinreichende Bedingung für die Gewinnherausgabe. Es ginge zu weit, wenn jeder noch so mittelbare Gewinn bei jeder Rechtsverletzung herausverlangt werden könnte6. Um eine ausufernde Gewinnherausgabe zu vermeiden, soll ein Anspruch auf Gewinnherausgabe nur dann in Betracht kommen, wenn der Gewinn in einem Näheverhältnis zu der Verletzungshandlung steht. Aus diesem Zurechnungserfordernis schließen englische und niederländische Juristen, dass jeweils nur der Nettogewinn, also der Umsatz abzüglich aller Kosten und Steuern, herausverlangt werden kann7. Wenn der Rechtsverletzer auch eigene Rechte einbringt, soll er ferner in dem Maß am Gewinn beteiligt werden, welches seinem Anteil an der Gewinnschöpfung entspricht8.
III. Berücksichtigung des Verletzeraufwands Bei der Ermittlung des herauszugebenden Gewinns ist darüber hinaus zu klären, ob und wie ein eventueller Eigenaufwand des Verletzers bei der Gewinnerzielung zu berücksichtigen ist. Entwickelt etwa ein Unternehmer ein Produkt, indem er eigene und auch unerlaubt fremde Patente verwendet, und bringt er es gewinnbringend auf den Markt, könnte nicht nur die Nutzung seiner eigenen Patente, sondern auch sein Aufwand zu einer Gewinnbeteiligung führen. Lehnt man eine solche Gewinnbeteiligung ab, kommen ein Gegenrecht des Rechtsverletzers auf Aufwendungsersatz oder aber ein voll-
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Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 11–13; Rb. Amsterdam, 29.3.2006, LJN AV7581. Anders Dagan, Unjust enrichment, S. 12–13, nach dem in bestimmten Fällen, in denen eine Abschreckung besonders wichtig erscheint, auch der gesamte Umsatz herausverlangt werden kann. 6 So auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 136. 7 Das englische Recht leitet dies unmittelbar aus dem equity-Gedanken her: Delfe v. Delamotte [1857] 5 Kay & J. 581. Für das niederländische Recht HR 18.6.2010, LJN BL9662. Das französische Immaterialgüterrecht hat zeitweise einen Gewinnausgleich anhand eines Mittelwertes von Netto- und Bruttogewinn vertreten (CA Amiens, 22 oct. 1930, Ann. 1931.109). Durch die Einführung der Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI ist dieser Ansatz in den Hintergund getreten. Der Hauptgrund für die Schadensberechnung anhand des Gewinns nach den Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI ist die effektive Abschreckung. Deswegen geht man davon aus, dass mit dem Gewinn der Gesamtumsatz gemeint ist. 8 So auch für das deutsche Wettbewerbsrecht Kellmann, Gewinnhaftung, S. 154. Walter Wilburg wollte den Gewinn anteilig nach allen Beiträgen aufteilen, den Verletzer also nicht nur für sein eingebrachtes Recht, sondern auch für seinen Eigeneinsatz am Gewinn beteiligen, Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128–130, dazu sogleich ausführlich unter § 5 III 3 c).
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§ 4 Gewinnbegriff
ständiger Verzicht auf die Berücksichtigung des Verletzeraufwands in Betracht. Im französischen Recht kann ein Eigentümer bei einer bösgläubigen Fruchtziehung die Frucht nur abzüglich der dafür getätigten Aufwendungen herausverlangen9. Ebenso soll bei der Veräußerung bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen im französischen Recht der Eigeneinsatz des Veräußerers Berücksichtigung finden und ihm erstattet werden10. Der Aufwand wird also als solcher ersetzt und führt nicht zu einer (prozentualen) Beteiligung am Erlangten. Diese Wertungen bei der Fruchtziehung aus fremdem Eigentum hat das französische Immaterialgüterrecht auf die Gewinnerzielung mit einem fremden Schutzrecht übertragen. Ursprünglich bezeichnete man den Gewinn sogar als Frucht (fruit)11. An die Stelle dieser Terminologie ist jedoch in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Begriff des profit getreten12. Mit diesem profit war stets der Gewinn abzüglich sämtlicher Kosten gemeint. Wie im Eigentumsrecht konnte der Rechtsinhaber den durch die Rechtsverletzung erzielten Umsatz nur abzüglich des Eigenaufwands des Verletzers herausverlangen. Eine Gewinnbeteiligung des Rechtsverletzers erfolgte hingegen – wie auch im Eigentumsrecht – nicht. Der Verletzer sollte lediglich für die Gewinnerzielung entlohnt werden, weil der Rechtsinhaber ohne Eigenaufwand den Gewinn jedenfalls nicht erzielt hätte und in Höhe dieses Eigenaufwandes sonst ungerechtfertigt bereichert wäre. Durch die Einführung der Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI sieht sich das aktuelle französische Immaterialgüterrecht vor neue Herausforderungen gestellt. Nach diesen Vorschriften soll der Schaden anhand des Gewinns berechnet werden und insoweit eine umfassende Gewinnabschöpfung stattfinden können. Der hierbei zu verwendende Gewinnbegriff ist in Frankreich bislang ungeklärt13. Die niederländischen Gerichte haben sich – gerade in Anbetracht des 1992 erlassenen Art. 6:104 BW – umfassend mit der Höhe des herauszugebenden Gewinns beschäftigt. Auch sie haben in der Regel angenommen, der Verletzergewinn müsse abzüglich der Kosten und Aufwendungen für die Gewinnerzielung herausgegeben werden; eine Gewinnbeteiligung für den Eigenaufwand solle hingegen nicht erfolgen. Allerdings ist diese Praxis im Urheberrecht jüngst im Rahmen der Bestrebungen gegen die Urheberrechtspiraterie
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Zieht der Besitzer gutgläubig Früchte, darf er sie behalten. Für das französische Recht siehe oben § 1 I 1 c), insbesondere Cass. civ. 25.5.1992, Bulletin 1992 I, S. 113. Diese Wertung hat das niederländische Recht übernommen, siehe oben § 2 II 1 a), insbesondere Asser/Davids/Mijnssen/van Velten/Bartels, Handleiding, Zakenrecht15, S. 121. 10 Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113. 11 Art. 12 PatG (1791). 12 Siehe oben § 1 I 2 a). 13 Siehe oben § 1 I 2 b).
III. Berücksichtigung des Verletzeraufwands
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auf Kritik gestoßen14. Eine effektive Abschreckung vor Verletzungen von Urheberrechten sei nämlich ausgeschlossen, wenn der Verletzer seinen Arbeitsaufwand in Rechnung stellen könnte. Der Verletzer könne dann nämlich entweder Gewinne erzielen oder stünde, wenn er entdeckt würde, jedenfalls so, als wäre er für den anderen tätig geworden, weil er angemessen entlohnt würde. Ferner ermögliche es die Abzugsmöglichkeit dem Verletzten, das Verfahren erheblich zu verschleppen 15. Auch das englische Recht versteht den Eigenaufwand des Verletzers üblicherweise als einen vom herauszugebenden Gewinn abzugsfähigen Posten, der nicht zu einer Gewinnbeteiligung nach dem Anteil an der Gewinnerzielung führt. Ausnahmen gelten nur bei Verletzungen von Patenten und Treuepflichten. Hier soll die Abzugsmöglichkeit vollständig ausscheiden, um eine effektive Abschreckung zu gewährleisten16. Darüber hinaus haben Richter in Einzelfällen entschieden, dass nur der Anteil des Gesamtumsatzes herausverlangt werden kann, der nachweislich auf der Verletzung beruht (apportionment)17. Von dem erzielten Gewinn kann also der Betrag abgezogen werden, den der Verletzer (hypothetisch) erzielt hätte, wenn er das fremde Recht nicht verletzt hätte. Diese Gewinnverteilung haben Rechtsprechung und Literatur jedoch vielfach in Frage gestellt, insbesondere weil sie eine stark reduzierte Abschreckungseffizienz befürchten18. Der Verletzer könnte so nämlich letztlich den ganzen Gewinn abzüglich des Teils, der dem Anteil der Rechtsverletzung an der Gewinnerzielung entspricht, behalten. Gerade wenn der Verletzer eine Gewinnerzielung durch die Verletzung der fremden Rechtsposition bezweckt hat, wird deswegen seit neuestem eine solche anteilige Gewinnzuordnung abgelehnt19.
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Siehe oben § 2 II 2 a) (1). Quaedvlieg, Boekbeschouwing Deurvorst, S. 73. 16 Zu Patentverletzungen: Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC 203; zu Treuepflichtverletzungen: Burrows, Restitution, S. 684. 17 So etwa in Spring Form Inc. v. Toy Brokers Ltd. [1991] FSR 17, Nr. 7. 18 So etwa schon Martin v. Porter [1839] 5 M. & W. 351. 19 Giglio, Foundations, S. 208. 15
§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich In den Länderberichten hat sich gezeigt, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen an den Gewinnausgleich gestellt wird und die Durchführung des Ausgleichs in sehr unterschiedlichen Formen stattfindet. Auch wenn in bestimmten Situationen ein Gewinnausgleich prinzipiell bejaht wird, bedeutet das nicht, dass die Gewährung eines Gewinnausgleichs durch den jeweiligen Richter stets zu einheitlichen Ergebnissen führt. Abhängig davon, ob der Richter von einer bloßen Gewinnbeteiligung des Rechtsinhabers ausgeht oder den Gesamtgewinn abschöpft, kann er zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen1. Hinter den Voraussetzungen und dem Umfang des Gewinnausgleichs stehen unterschiedliche Argumente, die im Folgenden erläutert werden.
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung Der wohl am häufigsten genannte Grund für die Gewinnabschöpfung ist die Abschreckung. Die in diesem Rahmen verwendeten Begrifflichkeiten weichen teilweise voneinander ab. Die Bezeichnung Abschreckung2 ist unglücklich, wenn der Gewinnausgleich dazu führt, dass jeder den Anteil des Gewinns erhält, der ihm zusteht. Bei genauer Betrachtung wird dem Rechtsverletzer in der Regel nur der Anreiz genommen, sich rechtswidrig zu verhalten3, weil er durch sein rechtswidriges Verhalten keine Gewinne erzielen kann. Aktiv abgeschreckt wird erst, wenn der Anspruch über den Gewinn hinausgeht und seine Bemühungen, einen Gewinn zu erzielen, damit ihren Zweck verfehlen. Gerade bei Verletzungen von Immaterialgüterrechten oder der Persönlichkeit haben Gerichte und Rechtswissenschaftler argumentiert, dass ein Anreiz zu lukrativen Rechtsverletzungen nur durch das Bewusstsein vermieden wer1
So erreichten die Kläger im Patentstreit Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC 203 zwar einen Gewinnausgleich, erhielten aber letztlich weniger als 0,5 % des Gesamtumsatzes der Beklagten, weil ihr Patent nur einen geringen Anteil an der Gewinnerzielung ausgemacht hatte, siehe oben § 3 II 2 b). 2 So etwa Calabresi, Costs of accidents, S. 68–88: general deterrence. 3 Siehe § 2 Fn. 290: ontnemen van de economische prikkel.
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung
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den kann, dass rechtswidrige Verhaltensweisen (auf Dauer) nicht profitabel sind4. Insbesondere im Rahmen des Immaterialgüterrechts sind in den vergangenen Jahren Gesetze erlassen worden, die einen Gewinnausgleich mit der Begründung angeordnet haben, dass hierdurch der Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen reduziert werde und insoweit eine effektive Abschreckung von etwaigen Rechtsverletzern (Spezialprävention) und Dritten (Generalprävention) stattfinde. Beispiele hierfür sind die französische loi de lutte contre la contrefaçon von 2007 5, in der der französische Gesetzgeber erstmals ausdrücklich eine Berücksichtigung des Gewinns bei der Schadensermittlung nach Immaterialgüterrechtsverletzungen angeordnet hat, sowie das niederländische Gesetz gegen Urheberrechtspiraterie, das 1989 einen eigenständigen Gewinnherausgabeanspruch (Art. 27a Aw) in das niederländische Urheberrechtsgesetz eingefügt hat6. Auch wenn erst in den vergangenen Jahrzehnten der Gewinnausgleich tatsächlich Eingang in die Gesetze gefunden hat, bestand das Bewusstsein, durch einen Gewinnausgleich den Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen reduzieren zu können, in den drei untersuchten Rechtsordnungen spätestens ab dem frühen 20. Jahrhundert. In Frankreich hat das Tribunal Correctionnel de Paris im Jahr 1851 bei einer Patentverletzung erstmals einen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns bejaht7. Der Patentrechtler Etienne Blanc begründete dies damit, dass es „ungerecht“ sei, wenn der Rechtsverletzer die Möglichkeit habe, risikofrei Gewinne zu erzielen8. Die Gewinnabschöpfung sah er als eine Möglichkeit, die Risikofreiheit des Rechtsverletzers zu durchbrechen und dem potentiellen Patentverletzer so den Anreiz zu Patentverletzungen zu nehmen. Auch der französische Jurist 4
Im französischen Recht: Starck, Responsabilité civile, S. 421–422; Viney, Projet de réforme, S. 16. Im niederländischen Recht: Deurvorst, Schadevergoeding, S. 173–176. Im englischen Recht: Edelman, Gain-based damages, S. 145, 242; Jaffey, Nature and scope, S. 383; Burrows/McKendrick/Edelman, Restitution2, S. 935; Millett, Bribes and secret commissions again, S. 600. Das deutsche Recht bejaht in Fällen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Gewinnherausgabe spätestens seit der CarolineRechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 128, 1) mit präventiver Argumentation, dazu Jansen, Struktur des Haftungsrechts, S. 38, 519–520. Einen allgemein präventiven Ansatz hat jüngst auch Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung, vertreten. Zur ökonomischen Analyse der Gewinnabschöpfung und ihrer Abschreckungswirkung siehe Posner, Economic analysis, S. 288–289 und Köndgen, Immaterialschadensersatz, S. 177–178. Auch im U.S.-amerikanischen Restatement Third, Restitution and Unjust Enrichment basiert die Gewinnherausgabe primär auf Abschreckungserwägungen, kritisch McBride, Restitution for wrongs, S. 263–266. 5 Loi du 29.10.2007 de lutte contre la contrefaçon, siehe oben § 1 I 2 b). 6 Siehe oben § 2 II 2 a) (2). 7 Trib. corr. Paris 8.8.1851, abgedruckt in: Blanc, Contrefaçon, S. 683–686. 8 Blanc, Contrefaçon, S. 683.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Boris Starck hat in der Mitte des 20. Jahrhunderts argumentiert, eine Gewinnabschöpfung sei notwendig, um Verhaltensweisen, bei denen der Verletzer den Gewinn schuldhaft in rechtswidriger Weise erzielt habe (faute lucrative), zu vermeiden9. In den Niederlanden hat Willem Wertheim 1930 festgestellt, dass Ersatzansprüche in bestimmten Fällen den Schaden übersteigen müssen, um einen Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen zu vermeiden 10. Mit seiner These konnte er sich jedoch nicht durchsetzen. Schließlich hat sich auch die englische Rechtsprechung schon früh zur abschreckenden (deterrent) Wirkung der Gewinnherausgabe bekannt, hat diese aber zeitweise nur als „erfreuliche Nebenwirkung“ verstanden11. Dem hat sich jüngst Sarah Worthington entgegengestellt und sich dafür eingesetzt, dass eine Gewinnherausgabe immer nur dann in Betracht kommen soll, wenn ein besonderes Bedürfnis nach der Abschreckung des Rechtsverletzers besteht. Deswegen soll ein Anspruch auf Gewinnherausgabe immer einen Verstoß gegen Treu und Glauben (good faith or loyalty) voraussetzen. Ein solcher bestehe entweder bei einem berechnenden gewinnerzielenden Verhalten (cynical disregard of rights) oder bei der Verletzung einer besonders schutzwürdigen Rechtsposition 12. 1. Abgrenzung zur strafrechtlichen Prävention Rechtswidrige Verhaltensweisen haben nicht immer eine (öffentlichrechtliche) Bestrafung zur Folge. Trotzdem kann ein Interesse der Opfer bzw. der Allgemeinheit an der Vermeidung dieser Verhaltensweisen bestehen. Wenn man etwa unbefugt mit einem fremden Fahrrad fährt, so ist dies zwar rechtswidrig, aber zumindest nach deutschem Recht nicht strafbar. Zivilrechtlich kann der Eigentümer Schadensersatz und die Unterlassung verlangen. Dies kann dazu führen, dass das Verhalten für den Gewinnerzielenden lukrativ ist. So ist dem Eigentümer im Fall, dass jemand unbefugt sein Fahrrad gewerblich zu Kurierfahrten nutzt, während er es selbst nur für Freizeitfahrten genutzt hätte, kein Gewinn entgangen. Er kann höchstens einen eventuellen finanziellen Nachteil durch die Anmietung eines anderen Fahrrads ersetzt verlangen. Wenn der unbefugte Nutzer also seinen Lohn für die Kurierfahrten behalten kann, besteht für ihn ein (wirtschaftlicher) Anreiz zu
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Starck, Responsabilité civile, S. 415–423. Wertheim, Aansprakelijkheid, S. 37–42. 11 Powell v. Aiken [1858] 4 Kay & J. 343, siehe oben § 3 II 3 a). 12 Worthington, Disgorgement, S. 218–240. Besonders schutzwürdig ist etwa die Rechtsposition des Treugebers, dazu Millett, Bribes and secret commissions again, S. 600, siehe oben § 3 III 1. 10
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung
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dem rechtswidrigen Verhalten. Ein Gewinnausgleich könnte diesen Anreiz vermeiden und eine effiziente Rechtsdurchsetzung gewährleisten13. In dieser Funktion lassen sich auch die Rechtsfolgen der Geschäftsanmaßung nach deutschem Recht verstehen. Die Haftung des Geschäftsanmaßenden im deutschen Recht hat sicherlich auch eine abschreckende Komponente: Der Geschäftsanmaßende, der nach § 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB seinen gesamten Erlös herausgeben muss, kann zwar notwendige Aufwendungen ersetzt verlangen14. Allerdings kann er – anders als der reguläre Geschäftsführer – keinen Ersatz für die aus seiner Sicht notwendigen, aber letztlich nutzlosen Aufwendungen beanspruchen 15. Ebenso besteht ein vom Gewinn abhängiges Abschreckungsmoment bei der deutschen dreifachen Schadensberechnungsmethode 16, die bei Immaterialgüterrechtsverletzungen Schaden und Verletzergewinn gleichsetzt und die durch die Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG17 im französischen und niederländischen Recht rezipiert worden ist. Elemente der Abschreckung und Verhaltenssteuerung finden sich in weiten Teilen des Zivilrechts18. Gleichzeitig ist Abschreckung auch ein anerkannter Zweck der öffentlich-rechtlichen Bestrafung. Als besonders schwierig erweist sich die Grenzziehung zwischen (zulässiger) Prävention und (unzulässiger) Strafe im Zivilrecht19. Durch Strafen sollen Täter und Dritte von zukünftigen rechtswidrigen Verhaltensweisen abgehalten werden. Damit ein Schuldspruch und die Auferlegung einer Sanktion im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen bleiben, muss der Richter strengen prozessualen Anforderungen genügen. Gegen Strafen im Zivilrecht ist deswegen vielfach eingewendet worden, dass sie verfassungsrechtlich notwendige Verfahrensgarantien umgehen und insoweit Grundprinzipien des Verfassungsrechts, speziell die Grundrechte des Beschuldigten, verletzen 20. 13 Cane, Exceptional measures, S. 323; Wagner, Prävention, S. 363–364; so auch bereits 1940 Moser, Herausgabe, S. 2. 14 Bergmann, in: Staudinger, § 687 Rn. 51–52; Seiler, in: MünchKomm § 687, Rn. 15. 15 Krumm, Bewußt widerrechtliche Inanspruchnahme, S. 214–217. 16 Dazu ausführlich Ebert, Pönale Elemente, S. 544–546; ebenso Wagner, Prävention, S. 373. 17 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 18 So ausführlich Edelman, Exemplary damages, S. 227–233; Wagner, Prävention, S. 354–476; Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung, 1. Teil, Kapitel 1–2; Ebert, Pönale Elemente, S. 247–567 und Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 105 m.w.N. 19 Kritisch hinsichtlich der Möglichkeit einer solchen Abgrenzung Bötticher, Ausrichtung der Sanktion, S. 394–396. 20 So etwa Birks, Civil wrongs, S. 78–80; Burrows, Reforming exemplary damages, S. 160–161. Ausführlich zum Grenzgebiet zwischen öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Gewinnherausgabe Dagan, Encroachments, S. 348–365; Ebert, Pönale Elemente, S. 248–251.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Trotz der prinzipiellen Bedenken gegenüber einer Bestrafung im Rahmen des Zivilrechts21, haben Juristen in Fällen rechtswidriger Gewinnerzielung immer wieder die Einführung eines Strafschadensersatzes in Erwägung gezogen, soweit in der jeweiligen Rechtsordnung ein eigenständiger Anspruch auf Gewinnherausgabe nicht in Betracht kam22. Allerdings haben sie dabei typischerweise keine Bestrafung im Sinne des Strafrechts beabsichtigt. So ist man sich heute etwa bei den dommages-intérêts punitifs nach faute lucrative einig, dass durch den „Strafschadensersatz“ nur der rechtswidrig erzielte Gewinn abgeschöpft werden soll und der Rechtsverletzer also im Ergebnis nicht schlechter stehen soll als vor seinem rechtswidrigen Verhalten. In einem Vorschlag für eine französische Haftungsrechtsreform hat François Terré in Art. 54 Avant-projet Terré23 deswegen konsequent den in Art. 1371 Avant-projet Catala24 vorgeschlagenen Anspruch auf Strafschadensersatz (dommages-intérêts punitifs) durch einen Anspruch auf Gewinnherausgabe (dommages-intérêts restitutoires) ersetzt25. Eine inhaltliche Abweichung war damit nicht bezweckt, lediglich die terminologische Präzisierung 26. Der Gewinnausgleich dient demnach nicht dazu, in einer Form abzuschrecken, wie es etwa durch eine den Gewinn übersteigende Strafzahlung möglich wäre27. Er beseitigt vielmehr den Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen, indem er den Rechtsverletzer in die (finanzielle) Lage zurückversetzt, in der er sich vor der Gewinnerzielung befand28. Gewisse Schwierigkeiten verursachen dabei freilich die verschiedenen Möglichkeiten, die Gewinnhöhe zu ermitteln, sowie das Maß, in welchem Aufwendungen des Rechtsverletzers ersetzt werden. Je größer der Umfang der Herausgabepflicht, desto eher weist die Gewinnherausgabe Merkmale einer Bestrafung auf. Die Linie zwischen Bestrafung und Gewinnausgleich ist insoweit häufig nicht eindeutig.
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Bötticher, Ausrichtung der Sanktion, S. 385–386. Ebenso Canaris, Gewinnabschöpfung S. 107: „Das Fehlen der Strafbarkeit zu kompensieren, stellt aber keine legitime Funktion des geltenden Haftpflichtrechts dar“. 22 So etwa Carval, Peine privée, S. 211–212; Wertheim, Aansprakelijkheid, S. 37–42. 23 Siehe § 1 Fn. 217. 24 Siehe § 1 Fn. 209. 25 Remy-Corlay, De la réparation, S. 199–200. 26 Remy-Corlay, De la réparation, S. 199–201. 27 Gordley, Purpose of awarding, S. 50. Titia Deurvorst spricht vom „ontnemen van de economische prikkel“, siehe § 2 Fn. 290; ähnlich McBride, Restitution for wrongs, S. 263– 264: „Dangerous Incentives argument“. 28 Zum präventiven Effekt der Gewinnabschöpfung jüngst ausführlich Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung, 3. Teil, Kapitel 1.
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung
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2. Maß der Abschreckung Die Obergrenze für den Anspruch auf Gewinnherausgabe ist der tatsächlich erzielte Gewinn. Häufig wird freilich nicht der gesamte Gewinn abgeschöpft, sondern nur derjenige Anteil, der durch die jeweilige Rechtsverletzung erzielt wurde. Dies lässt eine effektive Abschreckung fragwürdig erscheinen29. Aber sogar wenn eine vollständige Gewinnherausgabe stattfindet, ist es eine weit verbreitete und durchaus plausible Kritik, dass sie keine effektive Abschreckung erreiche, weil der Rechtsverletzer letztlich nicht schlechter stehe als vor der rechtswidrigen Gewinnerzielung. Dem hieraus gezogenen Schluss, dass die Rechtsfigur des Gewinnausgleichs jeglicher Legitimität entbehre30, ist freilich nicht zuzustimmen. Denn die Legitimität des Gewinnausgleichs basiert nicht ausschließlich auf seiner Abschreckungseffizienz. Wie in den nächsten Teilen dieser Arbeit zu zeigen sein wird, handelt es sich hierbei lediglich um einen Teilaspekt31. Jedenfalls ist es empirisch wohl plausibel, dass je größer der Umfang des herauszugebenden Gewinns ist, desto eher man auch dem Verletzer den Anreiz nimmt, auf Kosten Dritter Gewinne zu erzielen. Denn in der Regel hat er zumindest einen Aufwand betrieben, um den Gewinn zu erzielen, um dessen Früchte er nachträglich gebracht wird. Auch wenn dieser Aufwand im Rahmen des Gewinnausgleichs ersetzt wird, nimmt der Ausgleich dem Verletzer insoweit den Anreiz, als er seine Zeit fruchtlos vertan hat. Schließlich wollte er selbständig einen Gewinn erwirtschaften und steht nun letztlich nicht besser als ein einfacher Beauftragter. Ein größerer Umfang der Gewinnabschöpfung birgt dagegen das Risiko einer Überabschreckung (overdeterrence). Von Überabschreckung ist dann die Rede, wenn die Voraussetzungen für den Gewinnausgleich so niedrig sind oder der Umfang der Gewinnabschöpfung so groß ist, dass der freie Wirtschaftsverkehr gehemmt wird32. Wenn etwa ein minimaler Markenrechtsverstoß schon bei leichter Fahrlässigkeit zur vollen Gewinnherausgabe verpflichten würde, würde dies die wirtschaftliche Aktivität beeinträchtigen. Weil Unternehmer bei jedem Tätigwerden dem Risiko ausgesetzt wären, ihre Gewinne nicht behalten zu dürfen, würde ihr Anreiz zur Umsetzung innovativer und möglicherweise lukrativer Geschäftsideen reduziert. 29
Siehe oben § 4 II und III. Eine solche anteilige Gewinnherausgabe erfolgt in Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. Zum sogenannten „Kombinationseingriff“ siehe Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139–142 m.w.N. Kritisch Berg, Permitting a trustee, S. 370–371. 30 So etwa Rowan, Punitive damages, S. 343–344: Über die Gewinnabschöpfung hinaus müsse der Richter immer auch einen zusätzlichen Strafschadensersatz anordnen, um so eine effektive Abschreckung zu erreichen. Ausführlich zur ökonomischen Analyse der Präventionswirkung des Gewinnausgleichs Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 90–96. 31 Dazu ausführlich unter § 6. 32 Virgo, Restitution, S. 431–432; Haedicke, Gewinnhaftung, S. 535; Polinsky/Shavell, Punitive damages, S. 918.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Niederländische Immaterialgüterrechtswissenschaftler haben zeitweise vorgeschlagen, dass nach rechtswidrigen Verhaltensweisen kumulativ Ansprüche auf Gewinnherausgabe und auf Schadensersatz bestehen sollen33. Dies würde freilich zu einer Übervorteilung des Rechtsinhabers führen, der zusätzlich zum Verletzergewinn seinen eigenen entgangenen Gewinn als Schaden ersetzt verlangen könnte. Damit stünde der Rechtsinhaber letztlich besser, als wenn es keine rechtswidrige Handlung gegeben hätte. Dann hätte er nämlich höchstens selber einen Gewinn erzielt. Eine solche extensive Haftung lässt sich im Rahmen des Zivilrechts kaum rechtfertigen. Denn der Rechtsverletzer würde durch seine Haftung deutlich schlechter gestellt, als er vor der Verletzungshandlung stand. Das mag in besonderem Maße abschreckend wirken. Dennoch handelt es sich vielmehr um eine Strafe als um eine zivilrechtliche Haftung. Insbesondere bleibt unklar, weshalb der Rechtsinhaber ein Recht auf den entgangenen Gewinn und den Verletzergewinn haben soll. Die französische Rechtswissenschaft hat für die Gratwanderung zwischen Abschreckungseffizienz und Marktverträglichkeit die Figur der faute lucrative entwickelt34. Eine Gewinnabschöpfung in Form von dommages-intérêts punitifs bzw. dommages-intérêts restitutoires soll nur dann vorgenommen werden, wenn der Rechtsverletzer den Gewinn schuldhaft in rechtswidriger Weise erzielt hat. Dabei hat Boris Starck, der das Konzept der faute lucrative entwickelt hat, eine Differenzierung nach dem Schweregrad vorgenommen und die Höhe des Ausgleichsanspruchs hiervon abhängig gemacht35. Ähnlich hat jüngst auch Gerhard Wagner argumentiert und sich dafür eingesetzt, dass eine Norm in das deutsche Schadensrecht eingefügt wird, welche die Abschöpfung von Gewinnen ermöglicht, die schuldhaft in rechtswidriger Weise erwirtschaftet wurden36. Nimmt man mit der überwiegenden Rechtspraxis in allen drei untersuchten Rechtsordnungen an, dass der Wert des Aufwands, den der Rechtsverletzer zur Gewinnerzielung betrieben hat, vom Gewinnherausgabeanspruch abgezogen werden kann37, so erscheint das Risiko des Rechtsverletzers äu-
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Siehe oben § 2 II 2 a) (2) und b) (2). Siehe oben § 1 IV 3. 35 Starck, Responsabilité civile, S. 415–423. 36 Wagner, Neue Perspektiven, S. A83–A84, A97; grundlegend auch ders., Prävention, S. 451–471. 37 Für das englische Recht grundlegend Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46, siehe oben § 3 IV 1 b). Für das französische Recht Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113, allerdings speziell für den Fall, dass bereicherungsrechtlich geschuldete Sachen weiterveräußert werden, siehe oben § 1 I 1 b). Für das niederländische allgemeine Zivilrecht Rb. Amsterdam, 29.3.2006, LJN AV7581, siehe oben § 2 V 7. Im niederländischen Immaterialgüterrecht ist die Abzugsmöglichkeit umstritten: dafür Wichers Hoeth/Gielen/Hagemans, 34
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung
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ßerst gering. Wenn er in Anspruch genommen wird, kann er sich für seinen Eigenaufwand angemessen entlohnen lassen und steht damit zumindest nicht schlechter als ein ordnungsgemäßer Werkunternehmer da38. Verschiedene Juristen haben darauf hingewiesen, dass der Rechtsverletzer den Rechtsinhaber auf diese Weise dazu zwingen könne, ihn zur Gewinnerzielung „einzustellen“39. Jedoch darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden, dass der Gewinnerzielende nur als ordnungsgemäßer Angestellter entlohnt und – anders als im Fall der anteiligen Gewinnherausgabe – nicht etwa am Gewinn beteiligt wird. Seine eigentliche Zielsetzung, die Gewinnerzielung, erreicht er also nicht. Vielmehr wird der selbständige Geschäftsmann zum unselbständigen Angestellten, sodass der Anreiz zu rechtswidrigen lukrativen Verhaltensweisen zumindest reduziert ist. Verwehrt man es hingegen dem Verletzer, im Gegenzug zum Anspruch auf Gewinnherausgabe seine Eigenaufwendungen ersetzt zu verlangen, so sind seine eigenen Anstrengungen bei der Gewinnerzielung vergeblich gewesen und der Anreiz zur rechtswidrigen Gewinnerzielung wird ihm besonders effektiv genommen40. Denn der Gewinnausgleich hätte dann zum Ergebnis, dass der Rechtsverletzer dauerhaft unentgeltlich für den Rechtsinhaber Gewinne erzielt. Hiergegen spricht freilich, dass der Rechtsinhaber dann Vorteile erhält, die er keinesfalls selbst hätte erzielen können. Schließlich hätte auch er selbst einen Aufwand dazu betreiben müssen, um den Gewinn zu erzielen. Vielfach ist deswegen moniert worden, dass der Ausschluss der Abzugsmöglichkeit zu ungerechten Ergebnissen führe41. Wie auch immer man den Gewinnausgleich letztlich ausgestaltet, es bleiben Bedenken hinsichtlich der Abschreckungseffizienz und deswegen auch Zweifel an der Überzeugungskraft des Präventionsarguments als (alleinige) Basis für den Gewinnausgleich 42. Zum einen entdeckt der Rechtsinhaber nicht alle Rechtsverletzungen, sodass sie auch nicht immer verfolgt werden können. Der Gewinnerzielende verletzt deswegen immer nur mit einem begrenzten Risiko Rechte43: Wird er entdeckt, verliert er zwar seinen – mögKort begrip, S. 312; dagegen Barendrecht/Lutt, Inbreuk op intellectuele eigendomsrechten, S. 162, siehe oben § 2 II 2 b) (2). 38 Siehe oben § 4 III. 39 So jüngst Ripstein, As if it had never happened, S. 1993, Fn. 84. 40 So geschieht es etwa im englischen Recht bei Verletzungen von Treuepflichten, vgl. Guinness Plc. v. Saunders [1990] 2 AC 663. Die Rechtsprechung begründet diesen Sonderfall mit dem verschärften Abschreckungsbedürfnis bei Verletzungen von Treuepflichten. 41 Birks, Civil wrongs, S. 87, 97; Cane, Exceptional measures, S. 322; Weinrib, Restitutionary damages, S. 2. 42 Polinsky/Shavell, Should liability be based, S. 427–437 und ders./ders., Punitive damages, S. 920, gehen dagegen davon aus, dass eine hinreichende Abschreckung bereits durch die Schadenskompensation gewährleistet ist, es sei denn der Rechtsverletzer handelt mit der Absicht rechtswidriger Gewinnerzielung (malice). 43 Rowan, Punitive damages, S. 343–344; Posner, Economic analysis, S. 262.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
licherweise hart erarbeiteten – Gewinn. Er kann aber immer darauf spekulieren, nicht entdeckt zu werden und deswegen keinen Ansprüchen ausgesetzt zu sein, sodass er gegebenenfalls erzielte Gewinne behalten kann44. Wenn er nur in der Hälfte der Fälle mit dieser Spekulation erfolgreich ist, besteht weiterhin ein (zumindest gradueller) Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen45. Hiergegen könnte der Präventionist zwar einwenden, dass man die Normen verschärfen könnte, bis keine Anreize zu rechtswidrigen Gewinnerzielungen mehr bestehen. Allerdings würde dies in vielen Fällen wieder zu einer Überabschreckung führen, da sich das erforderliche Maß der Verschärfung nicht eindeutig feststellen lässt. Zum anderen erzielen rechtswidrig Handelnde durch ihr Verhalten nicht immer Gewinne, und zwar auch dann, wenn sie eine Gewinnerzielung durchaus bezweckt haben. Eine Gewinnabschöpfung betrifft also immer nur den erfolgreichen Geschäftsmann, nicht aber den erfolglosen. Auch in dieser Hinsicht erscheint das Abschreckungsargument deswegen defizitär. Dagegen lässt sich freilich einwenden, dass der mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Rechtsverletzer vor der Verletzungshandlung von dieser abgeschreckt werden soll und zu diesem Zeitpunkt jedenfalls davon ausgeht, dass er Gewinne erzielen wird. 3. Anspruchsberechtigung? Neben den soeben erörterten Punkten liegt freilich die Hauptkritik an einem Gewinnausgleich, der ausschließlich damit begründet wird, dass er den Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen reduziert, darin, dass er keine Begründung dafür liefert, weshalb gerade dem Verletzten der Gewinn zustehen soll (windfall-Argument)46. Über die Abschreckungserwägungen hinaus müssen an den Gewinnausgleich weitere Anforderungen gestellt werden, die das betroffene Interesse und damit die Anspruchsberechtigung des Verletzten berücksichtigen47. Gibt es solche Kriterien nicht, so erfolgt letztlich kein Gewinnausgleich, sondern vielmehr nur eine pönal motivierte Abschöpfung rechtswidriger Vorteile, die zufällig zugunsten des Klägers erfolgt. Gerade in Fällen, in denen mehrere Parteien Gewinnherausgabe verlangen, stellt sich die Frage, wem der Gewinn – oder ein Teil davon – zusteht. Gareth Jones hat diese Mehrparteienproblematik zum Anlass genommen, einen Gewinnausgleich in allen Fällen auszuschließen, in denen mehrere Parteien 44
Kritisch deswegen Wagner, Neue Perspektiven, S. A83–A84; Polinsky/Shavell, Should liability be based, S. 434–436 und Koziol, Basic questions of tort law, S. 50. 45 So auch Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 92–95. 46 Birks, Civil wrongs, S. 87, 97. 47 Rotherham, Deterrence, S. 25. Ernest Weinrib ist noch einen Schritt weiter gegangen, indem er der Abschreckungswirkung jegliche Bedeutung für den Gewinnausgleich absprechen will, Weinrib, Restitutionary damages, S. 1
I. Abschreckung und Verhaltenssteuerung
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Ansprüche geltend machen48, und damit letztlich vorausgesetzt, dass der einzelne Kläger kein Recht auf den Gewinn hat, sondern ihn nur deswegen erhält, weil dies möglicherweise eine Abschreckung des Verletzers nach sich zieht. Auch Daniel Friedmann hat ein Kriterium der Gewinnberechtigung für entbehrlich gehalten und ist davon ausgegangen, dass zwei unterschiedliche – voneinander vollkommen unabhängige – Fallgruppen bestehen, in denen ein Gewinnausgleich in Betracht kommt. Während der Regelfall der Gewinnherausgabe dann gegeben sei, wenn dem Verletzten seine Rechtsposition wieder eingeräumt werden soll, komme eine Gewinnherausgabe auch aus ausschließlich abschreckenden Erwägungen in Betracht. Der Kläger, der in irgendeiner Weise durch die Gewinnerzielung benachteiligt sei, solle dann den Gewinn erhalten. Friedmann hat freilich betont, dass es sich hierbei stets um einen Sonderfall handeln soll49. Suzanne Carval hat in ihrer Dissertation versucht zu begründen, warum der Verletzte den – durch die rechtswidrige Gewinnerzielung ausgelösten – Strafschadensersatz erhalten soll. Sei der Gewinn schuldhaft in rechtswidriger Weise erzielt worden (faute lucrative), so müsse aus Abschreckungsgesichtspunkten ein zusätzlicher Schadensersatz gezahlt werden (dommagesintérêts punitifs). Laut Carval soll der Verletzte diesen Schadensersatz als (staatliche) Prämie für die Anzeige des rechtswidrigen Verhaltens erhalten50. Diese Argumentation überzeugt bei der Frage der Anspruchsberechtigung auf den Verletzergewinn kaum und ist nur vereinzelt bei U.S.-amerikanischen Rechtswissenschaftlern anzutreffen51. Zwar besteht sicherlich ein kollektives Interesse an der Rechtsdurchsetzung, und damit auch an dem Engagement der Bürger, eigene Rechte geltend und den Staat auf vorwerfbare rechtswidrige Verhaltensweisen aufmerksam zu machen. Weshalb die Belohnung aber von der Höhe des Verletzergewinns – der möglicherweise die Verfahrenskosten um ein Vielfaches übersteigt – abhängig sein soll und nicht eine einheitliche Prämie (gegebenenfalls in Form eines Verfahrenskostenzuschusses) gezahlt werden soll, bleibt offen. Tobias Helms hält eine spezifische Anspruchsberechtigung bei der abschreckenden Gewinnherausgabe ebenfalls nicht für entbehrlich, aber er verweist darauf, dass die Gewinnherausgabe das Unrecht wieder ausgleiche, 48
Goff/Jones, Restitution7, S. 813–814; dagegen Burrows, Restitution, S. 632. „[D]eterrent restitution ought generally to be confined to exceptional circumstances“, Friedmann, Restitution of benefits, S. 558. Ähnlich auch Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 63–144, der allerdings drei Fallgruppen unterscheiden will. 50 Carval, Peine privée, S. 362–363. 51 So etwa Ryan, Punitive damages, S. 92: „[P]laintiffs should have an incentive to bring to court cases in which defendant conduct is egregious and against public policy“; Friedmann, Economic explanation, S. 1138, siehe auch Burrows, Apportioning a piece, S. 445–446. 49
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das dem Verletzten widerfahren sei52. Um ein Unrecht auszugleichen, genüge zwar in vielen Fällen die Schadenskompensation. Wenn der Verletzer aber Vorteile aus seinem rechtswidrigen Verhalten behielte, obwohl er bewusst fremde Rechte verletzt und ausgenutzt habe, könne diese Sanktion nicht ausreichen53. Denn solange der Eingreifer den Gewinn behalte, bestehe das Unrecht fort.
II. Beweiserleichterung bei der Schadensermittlung Ernst von Caemmerer hat als Begründung dafür, dass der Verletzte den aus Abschreckungserwägungen abgeschöpften Gewinn erhalten soll, darauf verwiesen, dass dieser seinen Schaden in der Regel kaum nachweisen könne, weil es sich typischerweise um einen entgangenen Gewinn handle. Die Gewinnherausgabe diene insoweit auch einer wenigstens annähernden Schadenskompensation54. Die Vermutung, dass der Verletzergewinn dem zugefügten Schaden entspricht, ist aber vielfach nicht nur als bloßer Annex zur abschreckenden Gewinnherausgabe verstanden worden. Verschiedene Rechtswissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass die Vereinfachung von Haftungsprozessen allein schon ein hinreichendes Argument für den 52 Helms, Gewinnherausgabe, S. 474: „Im Endergebnis dient die Gewinnhaftung damit nicht so sehr dazu Rechtsverletzungen allgemein vorzubeugen, sondern stellt eine Sanktion für ein spezifisches, man könnte auch sagen qualifiziertes Unrecht dar. Zur vollständigen Wiedergutmachung des geschehenen Unrechts ist unter gewissen Voraussetzungen eben gerade die Herausgabe des erzielten Gewinns erforderlich“. Für das deutsche Recht hat der Bundesgerichtshof den Begriff der Genugtuung für das erlittene Unrecht geprägt, siehe BGHZ 18, 149. 53 So etwa Helms, Gewinnherausgabe, S. 308: „Je mehr die Rechtsverletzung das Gepräge eines vorsätzlich kalkulierten und auf Gewinnerzielung angelegten Vorgehens aufweist, desto eher kann eine ausreichende Genugtuung nur über eine vollständige Gewinnabschöpfung erreicht werden“. 54 von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360; so auch Koziol, Schadensersatzrecht, S. 40. Die Grenze zwischen der Kompensationsargumentation und dem Argument der Abschreckung verläuft fließend: Denn wenn kein Schaden nachweisbar ist, führt die Vermutung, dass der Verletzergewinn dem Schaden entspricht, dazu, dass der Verletzer zumindest keine Vorteile aus seinem Verhalten hat und ihm insoweit der Anreiz zu rechtswidrigen lukrativen Verhaltensweisen genommen wird. So hat Lord Hatherley in der Entscheidung Jegon v. Vivian [1871] LR 6 ChA 742 den Schaden aus Abschreckungserwägungen auf den Betrag des Verletzergewinns festgelegt; ähnlich Powell v. Aiken [1858] 4 Kay & J. 343, 351–352. Auch die Europäische Kommission hat Art. 13 I lit. a der Richtlinie 2004/48/EG laut dem der Schaden bei vorwerfbaren Immaterialgüterrechtsverletzungen auf den Betrag des Verletzergewinns festgelegt werden kann, primär aus Abschreckungserwägungen erlassen, vgl. Vorschlag für eine Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum KOM (2003) 46 endgültig, Erläuterung zu Art. 17.
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Gewinnausgleich ist. Nimmt man an, dass der erzielte Gewinn dem durch den Rechtsinhaber erlittenen Schaden entspricht, so führt dies zu einer größeren Erfolgschance des Rechtsinhabers im Haftungsprozess, weil er auch dann, wenn ihm der Schadensnachweis nicht möglich ist, eine vollständige Kompensation erreichen kann. 1. Widerlegliche Vermutung Wird widerleglich vermutet, dass der Verletzergewinn dem Schaden des Verletzten entspricht, so werden Haftungsprozesse zwar nicht zwingend verkürzt, wohl aber für den Verletzten vereinfacht. Dieser muss für eine erfolgreiche Schadensersatzklage nämlich nicht mehr nachweisen, in welcher Höhe er genau einen Schaden erlitten hat. Ein weiterer Vorteil für den Rechtsinhaber ist, dass er seine Buchhaltung nicht offenlegen muss. Der Verletzer kann seine Haftung abwenden, indem er nachweist, dass der Rechtsinhaber nicht in der Lage gewesen wäre, den Gewinn zu erzielen. Misslingt ihm dies, so ist er zur Gewinnherausgabe verpflichtet. Damit handelt es sich letztlich nicht um einen selbständigen Anspruch auf Gewinnherausgabe, sondern um einen Anspruch auf Schadenskompensation mit umgekehrter Beweislast. Indem der Verletzer die Möglichkeit hat, zu widerlegen, dass der Verletzte den Gewinn auch erzielt hätte, haftet er prinzipiell – jedenfalls bei erfolgreichem Entlastungsbeweis – nur für den zugefügten Schaden, nämlich den entgangenen Gewinn des Rechtsinhabers55. Vor der Einführung des eigenständigen Gewinnherausgabeanspruchs in Art. 27a Aw im Jahr 1989 hat sich die niederländische Rechtsprechung im Urheberrecht vereinzelt dieser Konstruktion bedient56. Sie nahm an, der durch die Urheberrechtsverletzung erzielte Gewinn entspreche dem entgangenen Gewinn und damit dem Schaden des Urheberrechtsinhabers. Dabei begrenzte sie den Anspruch aber insoweit, als der Verletzer nachweisen konnte, dass der Urheberrechtsinhaber den Gewinn(anteil) nicht erzielt hätte, etwa weil er das Buch, dessen Inhalt ein Rechtsverletzer unerlaubt verwendet hatte, selber noch nicht auf den Markt gebracht hatte57. Auch französische Juristen haben aus Gründen der Verfahrensvereinfachung bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten und Persönlichkeitsrechten vereinzelt vertreten, dass der entgangene Gewinn dem Verletzergewinn entspricht. Diese Vermutung ging freilich stets mit einer Entlastungsmöglichkeit des Rechtsverletzers einher58. 55
So auch Schlechtriem, Güterschutz, S. 84. Rb. Amsterdam, 15.6.1976, BIE 1978, 9; anders aber Ktr. ‘s-Gravenhage, 18.8.1987, IER 1987, 109; kritisch deswegen Verkade/Spoor, Auteursrecht, S. 333. 57 Rb. Amsterdam, 15.6.1976, BIE 1978, 9, 13–14. 58 Viney, Appréciation du préjudice, S. 90; Stenger, La contrefaçon, Rn. 217; Mainié, Brevets d’invention, Bd. II, Rn. 3274, siehe oben § 1 I 2 a). 56
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Im englischen Recht kommt eine widerlegliche Vermutung, dass der Verletzergewinn dem Schaden des Rechtsinhabers entspricht, hingegen nicht in Betracht. Vielmehr muss der Geschädigte den entgangenen Gewinn (lost profits) selbst nachweisen. In Anbetracht der im englischen Recht bestehenden Möglichkeit, anstelle des Schadensersatzes unter bestimmten Voraussetzungen auch Gewinnherausgabe zu verlangen, erscheint dies stringent. Praktisch ist es nämlich oft schwierig nachzuweisen, dass ein Rechtsinhaber einen bestimmten Gewinn nicht erzielt hätte, zumal er üblicherweise keine Pflicht zur Offenlegung seiner Buchhaltung hat. Im Ergebnis werden Entscheidungen in Fällen, in denen widerleglich angenommen wird, dass der Gewinn dem Schaden entspricht, deswegen nur selten von Entscheidungen in Fällen abweichen, in denen die Vermutung unwiderleglich ist. 2. Unwiderlegliche Vermutung Wird unwiderleglich angenommen, der Verletzergewinn entspreche dem Schaden, so führt dies dazu, dass in Fällen, in denen ein haftungsbegründender Tatbestand (wrong) vorliegt, ein Schaden aber nicht nachweisbar ist, eine Gewinnabschöpfung möglich ist. Eine solche unwiderlegliche Vermutung steht – wie auch die widerlegliche Vermutung – für einen Gewinnausgleich, der eng mit dem Bestreben nach einer erfolgreichen Schadenskompensation verknüpft ist. Dabei besteht jedoch ein grundlegender Unterschied: Zu Gunsten der Verfahrensverkürzung verzichtet man auf eine exakte Lösung. Wird dem Schädiger der Nachweis versagt, dass er zwar einen Gewinn erzielt hat, dieser aber nicht dem zugefügten Schaden entspricht, so wird letztlich kein Schaden kompensiert, sondern ein Gewinn abgeschöpft59. Dies kann für den Schädiger vorteilhaft, wird aber in der Regel nachteilig sein, nämlich immer dann, wenn sein Gewinn den zugefügten Schaden übersteigt. Auch hier bringt die Beweislastumkehr für den Geschädigten den Vorteil mit sich, dass er seine Unterlagen nicht offen legen und seinen Schaden (entgangenen Gewinn) nicht nachweisen muss. Zwar kann auch die Gewinnermittlung des Rechtsverletzers Schwierigkeiten aufwerfen. Der Verletzergewinn wird aber typischerweise einfacher nachzuweisen sein als der dem Rechtsinhaber entgangene Gewinn. Denn dieser kann stets nur ein hypothetischer Gewinn sein, während der Verletzergewinn tatsächlich erzielt wurde und dementsprechend, soweit der Rechtsverletzer einer Offenlegungspflicht unterliegt, leichter nachweisbar ist. Insbesondere weil ein Gegenbeweis nicht möglich ist, kann das Verfahren hierdurch schnell und kostengünstig stattfinden.
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Kritisch deswegen auch bereits Wilburg, Zusammenspiel der Kräfte, S. 351: Die Gewinnherausgabe werde von der Rechtsprechung unter der „falschen Flagge der Schadensersatzberechnung“ geführt.
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Für eine solche schadensrechtliche Gewinnherausgabe hat sich der niederländische Gesetzgeber mit Art. 6:104 BW entschieden, wonach der durch ein haftungsbegründendes Verhalten zugefügte Schaden auf die Höhe des Verletzergewinns festgesetzt werden kann60. Auke Bloembergen hatte sich bereits in den sechziger Jahren für eine solche „abstrakte“ Schadensberechnung bei Verletzungen von Immaterialgüterrechten stark gemacht61. Die Einführung des eigenständigen Gewinnherausgabeanspruchs bei Patentverletzungen im Jahr 1978 in Art. 43 III ROW (1910)62 hat der Gesetzgeber ebenfalls mit der Erwägung begründet, dass durch den Anspruch auf Gewinnherausgabe eine umfassende Schadenskompensation erreicht werden könne. Erstaunlich ist dies deswegen, weil mit einer einheitlichen Begründung zwei strukturell sehr unterschiedliche Regelungen erlassen wurden: zum einen eine unwiderlegliche Vermutung, dass der Gewinn dem Schaden entspricht (Art. 6:104 BW) und zum anderen ein Anspruch des Patentinhabers auf den Verletzergewinn (Art. 43 III ROW (1910)). Der richterliche Umgang mit den beiden Regelungen hat zu einer inhaltlichen Annäherung geführt63. Gerade wenn nachweislich kein Schaden vorlag, erschien eine volle Gewinnherausgabe in Fällen des Art. 6:104 BW, der ja letztlich der Schadenskompensation dient, zunächst unangemessen. Deswegen hat die Rechtsprechung für die Anwendbarkeit des Art. 6:104 BW zeitweise einen wenigstens minimalen Schaden vorausgesetzt 64. Diese Auffassung konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Aktuell erlaubt die Rechtsprechung – nach dem Vorbild des Art. 43 III ROW (1910) – eine Gewinnherausgabe nach Art. 6:104 BW auch dann, wenn kein Schaden vorliegt65. Damit entfernt sie sich vom Wortlaut des Art. 6:104 BW, nach dem der Verletzergewinn lediglich die Schadenshöhe indiziert. Dem englischen Recht liegt auch die unwiderlegliche Vermutung fern, dass der Verletzergewinn dem Schaden entspricht. Da die Gewinnherausgabe traditionell als eigenständige und zum Schadensersatz typischerweise alternative Sanktion verstanden wird, ist eine unwiderlegliche Vermutung, der Schaden entspreche dem Gewinn, nicht nur widersprüchlich, sondern auch 60 „[A]rtikel 6.1.9.9a [betreft] de begroting van schade“, van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, invoering boek 6, S. 1270. Auch die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlöses nach einer unbefugten Verfügung ist damit begründet worden, dass dadurch eine Beweislastumkehr in Bezug auf den Schaden vorgenommen werde, vgl. Lindenbergh, Diefstal, S. 133: „Gebruik van de verrijkingsactie voorkomt bovendien dat de handelaar in tweedehands zaken munt slaat uit de lastige bewijspositie waar de bestolene ten opzichte van hem in verkeert“. 61 Bloembergen, Schadevergoeding, S. 100. 62 Entspricht dem geltenden Art. 70 V ROW (1995). 63 Siehe dazu ausführlich § 2 V 4–7. 64 HR 24.12.1993, RvdW 1994, 17. 65 HR 18.6.2010, LJN BL9662; Spoor/Verkade/Visser, Auteursrecht, S. 497.
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überflüssig66. In der französischen Rechtstradition nehmen Richter nicht ausdrücklich an, dass der Verletzergewinn dem entgangenen Gewinn des Verletzten entspricht. Bei schwer messbaren immateriellen Schäden (dommages moraux), etwa durch die Verletzung der Persönlichkeit oder wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, hat der französische Richter aber einen weiten Ermessensspielraum bei der Schadensbemessung (appréciation souveraine du juge). Gerade in Fällen, in denen faute lucrative (lukratives Verschulden) vorliegt, haben französische Rechtswissenschaftler deswegen versucht nachzuweisen, dass Richter bei der Ermittlung der Schadenshöhe den Verletzergewinn berücksichtigen 67. Eindeutige Anhaltspunkte und tatsächliche Nachweise hierfür bestehen (bislang) freilich nicht. 3. Art. 13 I Richtlinie 2004/48/EG Durch Art. 13 I der Richtlinie 2004/48/EG 68 hat nun die Europäische Union ihre Mitgliedstaaten dazu angehalten, Richtern die Pflicht aufzuerlegen, bei vorwerfbaren Verletzungen geistigen Eigentums die Schadenshöhe anhand 66
Dennoch hat die Rechtsprechung im Immaterialgüterrecht vereinzelt darauf hingewiesen, dass der account of profits – wenn er auch den Schaden nicht abbilde – zumindest ein annäherndes Maß für eine Kompensation ermögliche, vgl. Colburn v. Simms [1843] 2 Hare 543, 560. Auch im Vertragsrecht haben Richter die Gewinnherausgabe in Einzelfällen damit begründet, dass der Schadensnachweis nicht möglich sei, siehe Experience Hendrix LLC v. PPX Enterprises Inc. [2003] EWCA Civ 323. 67 Cass. com. 13.1.1971, D. 1971.147; Caron, La loi dite „de lutte contre la contrefaçon“, S. 24–30; Viney, Appréciation du préjudice, S. 90. 68 Art. 13 Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004: „(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag der geschädigten Partei anordnen, dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm, dem Rechtsinhaber zum Ausgleich des von diesem wegen der Rechtsverletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen Schadensersatz zu leisten hat. Bei der Restsetzung des Schadensersatzes verfahren die Gerichte wie folgt: a) Sie berücksichtigen alle in Frage kommenden Aspekte, wie die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschließlich der Gewinneinbußen für die geschädigte Partei und der zu Unrecht erzielten Gewinne des Verletzers, sowie in geeigneten Fällen auch andere als die rein wirtschaftlichen Faktoren, wie den immateriellen Schaden für den Rechtsinhaber, oder b) sie können stattdessen in geeigneten Fällen den Schadensersatz als Pauschalbetrag festsetzen, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte. (2) Für Fälle, in denen der Verletzer eine Verletzungshandlung vorgenommen hat, ohne dass er dies wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, können die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Gerichte die Herausgabe der Gewinne oder die Zahlung von Schadensersatz anordnen, dessen Höhe im Voraus festgesetzt werden kann“.
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von verschiedenen Kriterien zu ermitteln. Sie können vom tatsächlichen (nachgewiesenen) Schaden, typischerweise in Form eines entgangenen Gewinns, ausgehen, die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr anordnen, einen immateriellen Schaden ermitteln oder den Verletzergewinn als Schaden festlegen. Mit dieser Anordnung haben die Verfasser der Richtlinie die Abschreckung von Rechtsverletzern und damit einen verbesserten Schutz des Immaterialgüterrechtsinhabers bezweckt69. Die Möglichkeit des Richters die Schadenshöhe anhand des Verletzergewinns zu ermitteln wurde erst nachträglich in den Art. 13 I der Richtlinie 2004/48/EG eingefügt. Im ersten Entwurf der Richtlinie war eine Schadensberechnung anhand des Gewinns nicht vorgesehen70. Vielmehr sollte die Schadensberechnung anhand einer fiktiven Lizenzgebühr oder des tatsächlich erlittenen Schadens erfolgen. Der Verletzergewinn blieb unberücksichtigt. Dabei ließ die Kommission den Mitgliedsstaaten die Option, eine Regelung zu treffen, nach der zusätzlich der Verletzergewinn herausverlangt werden kann, soweit er nicht bereits durch die Schadenskompensation abgeschöpft worden ist. In der letztlich erlassenen Richtlinie 2004/48/EG ist dieser zweite Absatz erhalten geblieben, wurde aber auf Fälle der unverschuldeten Rechtsverletzung begrenzt. Dahingegen soll bei der schuldhaften Rechtsverletzung nunmehr eine Schadensberechnung anhand des Gewinns erfolgen. Dies hat zu einem eher diffusen Bild geführt. Es ist nicht recht deutlich, weshalb bei schuldhaften Rechtsverletzungen nach Art. 13 I lit. a der Richtlinie 2004/48/EG die eher unbestimmte dreifache Schadensberechnungsmethode angewendet werden soll, der Richter also einen Ermessensspielraum bei der Frage hat, ob er den Rechtsverletzer zur Gewinnherausgabe verpflichtet, während der Rechtsinhaber nach Art. 13 II Richtlinie 2004/48/EG bei schuldlosen Rechtsverletzungen einen Anspruch auf Gewinnherausgabe haben soll. In Frankreich und England wurde die Richtlinie nach ihrem Erlass umgehend umgesetzt. Während der englische Gesetzgeber im Jahr 2006 ein eigenständiges Umsetzungsgesetz erlassen hat, das parallel zu den einzelnen Im69
Vgl. KOM (2003) 46 endgültig, Erläuterung zu Art. 17 und die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Grünbuch zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt“ (1999/C 116/9) Nr. 7.6: „[...] Bußgelder [stellen] im Vergleich zu den erheblichen Gewinnen oft nur einen verschwindend geringen Betrag [dar]“; ebenso Opinion of the European Economic and Social Commitee on the ‚Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on measures and procedures to ensure the enfocement of intellectual property rights‘ (2004/C 32/02) Nr. 4.11; jüngst auch Bericht der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen KOM (2919) 779 endgültig, Nr. 3.5: „[N]ach Angaben der Rechteinhaber scheint Schadenersatz derzeit potentielle Rechteverletzer nicht wirksam von illegalen Tätigkeiten abzuschrecken. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der von Gerichten verhängte Schadenersatz nicht dem Profit entspricht den die Rechteverletzer erzielen“. 70 Art. 17 I a des Richtlinien-Entwurfs KOM (2003) 46 endgültig.
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materialgüterrechtsgesetzen gilt71, hat der französische Gesetzgeber im Jahr 2007 einschlägige Normen in die jeweiligen Immaterialgüterrechtsgesetze eingefügt72. Dabei hat die Gesetzesänderung im englischen Recht bislang keine praktischen Auswirkungen gehabt, fügt sie sich doch strukturell nicht in die englische Systematik und das Zusammenspiel von Schadensersatz und Gewinnerhausgabe ein73. Denn im englischen Immaterialgüterrecht besteht ein eigenständiger Gewinnabschöpfungstatbestand in Form des account of profits. Verletzt jemand ein fremdes Immaterialgüterrecht, so kann der Rechtsinhaber entweder Schadensersatz (damages) oder Gewinnherausgabe (account of profits) verlangen. Die Option des Richters, den Schaden auf den Betrag des Verletzergewinns festzusetzen, kannte das englische Recht vor Erlass der Richtlinie 2004/48/EG hingegen nicht. Wohl zu Recht hat deswegen Ross Anderson kritisiert, dass im Rahmen der sec. 3 der Intellectual Property Regulation „damages [are] calculated on a different standard from today“74, und dass dies einer der Gründe dafür sei, dass die Richtlinie Markt und Freiheit in Europa bedrohe. In Frankreich ist durch die Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG erstmals der Umgang mit Gewinnen durch Patentrecht- und Urheberrechtsverletzungen normiert worden. Art. 13 I lit. a der Richtlinie 2004/48/EG hat der Gesetzgeber weitgehend wortlautgetreu in die Artt. L331-1-3 und L615-7 Code de la Propriété Intellectuelle (CPI) übernommen. Vergleichbare Normen kannte das französische Recht zuvor nicht75. Rechtsprechung und Literatur haben typischerweise darauf beharrt, dass der Verletzte für einen erfolgreichen Haftungsanspruch seinen Schaden, also gegebenenfalls auch den entgangenen Gewinn, nachweisen müsse76. Bei der Schadensberechnung anhand des Gewinns nach den neuen Artt. L331-1-3 und L615-7 CPI handelt es sich dementsprechend um Fremdkörper. In den Niederlanden bestanden schon vor 2004 Regelungen zur Gewinnherausgabepflicht in den verschiedenen Gesetzen zum geistigen Eigentum. Diese Regelungen gingen wertungsmäßig über die Anordnung des Art. 13 I lit. a der Richtlinie 2004/48/EG hinaus. Denn die Artt. 27a Aw, 70 V ROW, 71 The Intellectual Property (Enforcement, etc.) Regulations 2006 No. 1028, sec. 3, siehe oben § 3 II 2 b). 72 Vgl. § 1 I 2 b). 73 Solche strukturelle Fremdkörper stehen im Widerspruch zum Bestreben der Europäischen Union ein kohärentes europäisches Vertragsrecht, gerade auch in Fragen des Schadensrechts, zu entwickeln, vgl. KOM (2003) 68 endg. und Drexl/Hilty/Kur, Vorschlag für eine Richtlinie, S. 606. 74 Anderson, Draft IPR Enforcement Directive, S. 2. 75 Zur appréciation souveraine du juge siehe oben § 1 Fn. 67. 76 CA Douai 11.4.1893, Ann. 93.354; CA Paris 4.8.1887, Ann. 87.272. Beispielhaft für die Literatur Braun, Procédures judiciaries, S. 409–413 und Mainié, Brevets d’invention II, Rn. 3274.
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2.21 IV, 3.17 BVIE ordnen an, dass bei Verletzungen eines Immaterialgüterrechts kumulativ oder zumindest alternativ zum Schadensersatz der gesamte Gewinn herausverlangt werden könne. Eine Anpassung der niederländischen Vorschriften an die europäischen Vorgaben wurde lediglich in der Form vorgenommen, dass ein Gewinnausgleich nur noch bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit angeordnet werden sollte77. Neben diesen Regeln bedurfte es nach Auffassung des niederländischen Gesetzgebers keiner Schadensberechnung anhand des Gewinns78. Dies würde schließlich zu einem doppelten Ausgleich des Gewinns führen, weil einerseits der Gewinn herausgegeben werden müsse und andererseits darüber hinaus ein Schadensersatz zu zahlen sein könnte, der ebenfalls auf die Höhe des Verletzergewinns festgelegt werden könnte. Damit ist Art. 13 I lit. a Richtlinie 2004/48/EG zwar ein Fremdkörper im niederländischen Immaterialgüterrecht79. Mangels Umsetzung hat die Regelung aber bislang keine Wirkung entfaltet. Abschließend lässt sich festhalten, dass es sich bei der Schadensermittlung anhand des Verletzergewinns – zumindest im Immaterialgüterrecht der drei untersuchten Rechtsordnungen – um einen Fremdkörper handelt80. Die Einführung dieser Methode in das europäische Recht dürfte vielmehr von deutschen Juristen angeregt worden sein81. Denn die in der Richtlinie angeordnete Art der Schadensberechnung weist auffallende Parallelen zur dreifachen 77
Die Rechtsprechung hatte dies bereits schon anerkannt, siehe oben § 1 I 2 b). „[D]e Nederlandse rechter [heeft] voor zover ik kan nagaan dergelijke vorderingen tot afgifte van de behaalde winst nimmer in de vorm van schadevergoeding [...] toegewezen“, Haardt, Schadevergoeding bij inbreuk, S. 153. 79 Zwar haben sich insbesondere niederländische Rechtsvergleicher immer wieder mit diesem – für sie fremden – Instrument befasst und die dreifache Schadensberechnungsmethode gelegentlich auch befürwortet (vgl. Drucker, Octrooirecht, S. 335–337; Telders, Octrooirecht, S. 348; Bregstein, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 190–197; in Form des Art. 6:104 BW hat die Schadensberechnung anhand des Gewinns auch Eingang in das allgemeine Zivilrecht gefunden), verwurzelt war sie allerdings nie. Aus diesem Grund legt die Rechtsprechung die Norm restriktiv aus, siehe oben § 2 V 4. 80 So auch die Europäische Kommission in SEK(2010) 1589 endg., Nr. 2.7.3.2. Es handelt sich bei Art. 13 I lit. a Richtlinie 2004/48/EG bzw. seinen Umsetzungsgesetzen damit wohl um sogenannte legal transplants aus dem deutschen Recht. Als legal transplant bezeichnet man eine Rechtsfigur, die aus einem bestimmten rechtlichen Kontext in einen anderen übertragen wird und so – ohne organisch gewachsen zu sein – im neuen Kontext Wirkung entfaltet, siehe dazu Watson, Legal Transplants, S. 21–30. Dem folgend jüngst Michaels, Legal Transplants, S. 22; kritisch Legrand, Impossibility, S. 111. 81 Die Kommission äußert sich nicht zur Zusammensetzung der Gremien bei der Entstehung europäischer Gesetze und speziell der Richtlinie 2004/48/EG (auch nicht auf mehrfache Anfrage). Am Ende der neunziger Jahre haben aber deutsche Immaterialgüterrechtsexperten für die Kommission einen rechtsvergleichenden Bericht über Verfahren und Sanktionen in den damaligen EG-Ländern geschrieben, und darin vertreten, dass die dreifache Schadensberechnung schon immer in der Praxis der meisten EG-Staaten verankert war. Für diesen Hinweis danke ich Frau Prof. Dr. Annette Kur. 78
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Schadensberechnungsmethode auf, die das deutsche Reichsgericht zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt hat82. Anhand dieser Methode konnten Gerichte, soweit ein haftungsbegründender Tatbestand gegeben war, die Schadenshöhe unter anderem auf die Höhe des Verletzergewinns festsetzen83. Weil es im deutschen Recht bis dahin keinen eigenständigen Anspruch auf Gewinnherausgabe gab, konnte hierdurch eine (effiziente) Abschreckung und letztlich auch häufig eine umfassende Kompensation erreicht werden. 4. Dogmatisches Fundament? Nimmt man an, dass der Verletzergewinn dem erlittenen Schaden entspricht, führt dies zum einen dazu, dass eine Gewinnerzielung unter Verletzung fremder Rechte erfolgreich verhindert und der Verletzer insoweit abgeschreckt werden kann. Zum anderen führt es dazu, dass Schadensersatzansprüche des Verletzten eine größere Erfolgsaussicht haben. Im Ergebnis kann auch eine widerlegliche Vermutung einen Gewinnausgleich nach sich ziehen, nämlich dann, wenn dem Verletzer der Gegenbeweis nicht gelingt. Allerdings verfehlt in diesem Fall die Beweislastumkehr zumindest ihren Zweck der Verfahrensverkürzung. Zwar hat sie einen Verfahrensvorteil für den Verletzten zur Folge; doch die Möglichkeit des Entlastungsbeweises kann das Verfahren trotzdem verzögern. In der Regel haben Rechtsprechung und Literatur deswegen eine unwiderlegliche Vermutung angenommen. Gerade im Immaterialgüterrecht führt dies zu eindeutigen Ergebnissen: Wer schuldhaft ein Immaterialgüterrecht verletzt, kann dazu verpflichtet werden, alle dadurch erzielten Gewinne herausgeben. Im Zweifel führt das zu einer Überkompensation, nämlich dann, wenn der Verletzer nicht nachweisen kann, dass der Gewinn den Schaden übersteigt. Das überzeugt: Zweifel an der Schadenshöhe gehen hierdurch nicht zu Lasten des Verletzten, sondern zu Lasten des Verletzers, der durch sein (vorwerfbares) Verhalten den Schaden herbeigeführt hat. Will man die unwiderlegliche Vermutung jedoch auf alle Fälle haftungsbegründender Verhaltensweisen übertragen, so wirft dies Schwierigkeiten auf. Da sich die niederländische Rechtsprechung schnell einig war, dass eine Gewinnherausgabe bei jeder Rechtsverletzung zu weit ginge, hat sie den Art. 6:104 BW, der für alle Haftungsfälle eine Schadensberechnung anhand des Gewinns ermöglicht, nur restriktiv angewendet. Eine Schadensberech82
Zur Entstehung und Verwendung der dreifachen Schadensberechnungsmethode im deutschen Immaterialgüterrecht ausführlich Helms, Gewinnherausgabe, S. 213–249. Seit BGHZ 128, 1 (Caroline I) verwenden Gerichte die dreifache Schadensberechnungsmethode auch bei Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, kritisch Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 85–109. 83 Bestätigend Mellulis, Ermittlung und Ausgleich, S. 685 und Lehmann, Juristischökonomische Kriterien, S. 1686–1687.
II. Beweiserleichterung bei der Schadensermittlung
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nung anhand des Verletzergewinns sollte erst nach einer Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien erfolgen. Dies hat zu einem großen Maß an Rechtsunsicherheit geführt84. Wenn bereits innerhalb der einzelnen Rechtsordnungen Schwierigkeiten bestehen, einheitliche Wertungen für den Gewinnausgleich zu ermitteln, so erscheint eine europaweite einheitliche richterrechtliche Klärung der Voraussetzungen des Gewinnausgleichs problematisch. Durch den Erlass der Richtlinie 2004/48/EG, in deren Art. 13 I lit. a die Schadensberechnung anhand des Gewinns angeordnet ist, hat der EU-Gesetzgeber letztlich seinen eigenen Vereinheitlichungsbestrebungen im Privatrecht zuwidergehandelt, denn die Richtlinie ermöglicht nur für das Spezialgebiet des Immaterialgüterrechts eine Schadensberechnung anhand des Gewinns 85. Weil der durch Rechtsverletzung zugefügte Schaden nicht zwingend dem Verletzergewinn entspricht, bildet die Anordnung einer Schadensberechnung anhand des Gewinns einen Fremdkörper im allgemeinen Zivilrecht der Mitgliedsstaaten86. Darüber hinaus fehlt es der Annahme, dass der Gewinnausgleich primär der Vereinfachung der Schadenskompensation dient, an einem dogmatischen Fundament87. Der Grund für die Gewinnherausgabe liegt bei dieser Argumentation ausschließlich in Praktikabilitätserwägungen, denn durch die Gewinnherausgabe soll letztlich eine – aufgrund von Beweisschwierigkeiten sonst nicht mögliche – Schadenskompensation erreicht werden. Der Verletzergewinn entspricht aber gerade nicht dem entgangenen Gewinn bzw. dem Schaden des Verletzten88; dies liegt in vielen Fällen nur nahe89. Die Tatsache, dass ein haftungsbegründender Tatbestand vorliegt – Schadensersatz also verlangt werden kann, soweit auch ein zurechenbarer Schaden nachgewiesen wird –, begründet noch nicht, dass auch ein eventueller durch die Verletzungshandlung erzielter Gewinn herausgegeben werden muss. Während die Schadenszufügung unmittelbar mit dem Geschädigten verknüpft ist, fehlt eine solche zwingende Verbindung zwischen der Gewinnerzielung und dem möglichen Anspruchsberechtigten. Um erfolgreich Gewinnherausgabe zu verlangen, muss der Anspruchssteller erläutern können, weshalb gerade ihm der Gewinn zustehen soll. Die bloße Feststellung, dass der Verletzergewinn – möglicherweise – dem Schaden entspricht genügt hierfür jedenfalls nicht90. 84
Siehe oben § 2 V. Siehe Fn. 73. 86 Unkritisch dagegen Metzger, Schadensersatz wegen Verletzung, S. 216–221. 87 Wagner, Schadensersatz, S. 653–654: „wundersame Verquickung von Schadensersatz und Gewinnabschöpfung“; kritisch auch Koziol, Schadensersatzrecht, S. 44. 88 Kritisch deswegen Haines, Bereicherungsansprüche, S. 8. 89 Siehe von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360: „Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht häufig dafür, daß die Schädigung des Verletzten dem Gewinn des Eingreifers etwa entspricht“. 90 So auch Metzger, Schadensersatz wegen Verletzung, S. 216. 85
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente Ein dritter Begründungsansatz für den Gewinnausgleich geht davon aus, dass dem Rechtsinhaber der Gewinn zusteht, weil sein Recht bei der Gewinnerzielung verletzt worden ist. Sein Recht am Gewinn soll sich unmittelbar aus seiner Rechtsposition ergeben. Um diesen Zusammenhang zu begründen, haben Juristen Wertungen aus dem Eigentumsrecht herangezogen. Diese Modellwirkung eigentumsrechtlicher Wertungen für andere Rechtsbereiche, speziell das Immaterialgüterrecht, lässt sich im rechtshistorischen Kontext verstehen91. Während zur Zeit der Entstehung der Zivilrechtskodifikationen, insbesondere bei Entstehung des französischen Code civil, das Eigentum eine weit größere Rolle spielte als andere Schutzrechte, hatte die Industrialisierung zur Folge, dass heute auch andere Rechtspositionen eines stärkeren Schutzes bedürfen92. Zumindest die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen haben insoweit auf die traditionellen Wertungen des Eigentumsrechts zurückgegriffen93. Ob immaterielle Rechtspositionen deswegen aber in jeder Konstellation wertungsmäßig mit dem Eigentum gleichgesetzt werden können, ist zumindest fraglich94. 1. Fruchtziehung Der klassische Fall der Erzielung eines Vorteils aus einem Recht ist die Fruchtziehung aus dem Eigentum. Um zu begründen, weshalb Vorteile, die durch eine Rechtsverletzung erzielt werden, dem Rechtsinhaber zustehen sollen, sind die Wertungen, die bei der Fruchtziehung gelten, verschiedentlich verallgemeinert und auch auf die Zuordnung von Vorteilen aus anderen Rechtspositionen übertragen worden 95. 91
Linssen, Voordeelsafgifte, S. 463. Fasquelle, Fautes lucrative, S. 28: „Ce phénomène [la multiplication des fautes lucratives, K.B.] [...] peut s’expliquer de plusieurs manières. L’évolution des techniques, en premier lieu, conduit au renforcement des moyens d’investigation et de diffusion de la presse, à l’émergence de nouveaux droits intellectuels et provoque des risques nouveaux de pollution en raison du développement de l’activité industrielle. En second lieu, les progrès de la société marchande entraînent la patrimonialisation de la personne humaine et le développement de la consommation de masse, sources de nouvelles fautes lucratives“. 93 Valkhoff, Een eeuw rechtsontwikkeling, S. 17-18; Linssen, Voordeelsafgifte, S. 463. 94 Haines, Bereicherungsansprüche, S. 48. 95 Der niederländische Rechtswissenschaftler Huib Drion hat hierauf aufbauend eine Theorie der Gewinnherausgabe entwickelt, Drion, Betekenis van het bezit, S. 124–125. Zum französischen Meinungsstand vgl. Filios, Enrichissement sans cause, S. 267: „Que les droits absolus, contenant le triptyque – usus, fructus et abusus – réservent naturellement le bénéfice de la juissance et de l’exploitation exclusivement à leur titulaire [...]“. Christian Filios geht von einer restriktiven Gewinnherausgabepflicht aus, die bereits bei Verletzungen von Immaterialgütern nur im Einzelfall, und bei Persönlichkeitsverletzungen gar nicht 92
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
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Die bei der Fruchtziehung geltenden Regeln96 haben ihre Wurzeln im römischen Recht. Schon hier sollte der gutgläubige Besitzer gezogene Früchte behalten dürfen, während der bösgläubige sie herausgeben sollte97. Die allgemeine Frage, wem Vorteile aus der Nutzung eines fremden Rechts zustehen, haben allerdings erstmals die Theologen der spanischen Spätscholastik erörtert98. Im Rahmen der restitutio ratione rei stellten sie den Grundsatz auf, dass Vorteile herauszugeben seien, die wertungsmäßig auf einem Eingriff in einen fremden Rechtskreis (dominium) beruhen99. Dabei unterschieden sie zwischen fructus rei (Sachfrüchten) und fructus industriae (Früchten des [menschlichen] Fleißes). Während die fructus rei grundsätzlich dem Eigentümer gebührten, sollten die fructus industriae dem Eingreifer verbleiben100. Nur ausnahmsweise standen sie dem Eigentümer zu, wenn der Eingreifer vorsätzlich gehandelt hatte 101. Dieses Verständnis des Gewinnausgleichs als bipolares Rechtsverhältnis von Rechtsinhaber und Eingreifendem hat sich bis heute bewährt102. Allerdings ist auch heute noch umstritten, wie Gewinne im Rahmen der bipolaren Struktur normativ zuzuordnen sind. Die spätscholastischen Juristen haben sich in Bezug auf diese Frage nicht geäußert. Bei der Restitution ging es primär um den Ausgleich von Verlusten und nicht um die Abschöpfung darüber hinausgehender Gewinne des Restitutionsschuldners. Für eine genuine Diskussion des Gewinnausgleichs war mithin kein Raum 103.
bestehen kann, Filios, Enrichissement sans cause, S. 304–305, 310–311, 317. Auch im deutschen Recht sind vergleichbare Ansätze feststellbar, so etwa Franke, Herausgabe des Gewinns, S. 65–68. 96 Zum französischen Recht siehe oben § 1 I 1 c); zum niederländischen Recht siehe oben § 2 II 1 a); zum englischen Recht siehe oben § 3 II 1 b). 97 Inst. 4,17,2; Pomponius D. 22,1,45. 98 Jansen, in: HKK § 687 Abs. 2, Rn. 17; ders., Theologie, Philosophie und Jurisprudenz, S. 43, 73. 99 Jansen, Theologie, Philosophie und Jurisprudenz, S. 73. 100 Molina, de iustitia et iure, tract. II, disp. 719, n. 1. 101 Molina, de iustitia et iure, tract. II, disp. 720, n. 1; dazu Jansen, Diskussion um die Restitutionslehre, S. 217–222. 102 Vgl. Weinrib, Corrective justice, S. 3. 103 Vgl. Jansen, Theologie, Philosophie und Jurisprudenz, S. 77. Gleichwohl sind spätscholastische Wertungen überliefert, die Anhaltspunkte für die Auslegung der Begriffe fructus industriae und fructus rei bieten können. So hat Leonardus Lessius – entgegen dem geltenden Zinsverbot – ein Recht des Darlehensgebers auf Zinsen mit dem Argument befürwortet, dass man als Eigentümer des Geldes über dieses hätte verfügen und Gewinne erzielen können (Lessius, de iustitia et iure, lib. II, cap. XX, dub. IV, n. 27 ff.), wenn man es nicht als Darlehen gegeben hätte. Diese entgangene Nutzungs- und Gewinnerzielungsmöglichkeit erlaube es dem Eigentümer, vom Darlehensnehmer Zinsen zu verlangen. Damit hat Lessius den Zins als fructus rei verstanden und dem Eigentümer (von Geld) insoweit ein right to profit zugesprochen.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Der Analogieschluss, dass Gewinne als Früchte eines Rechts verstanden werden müssen und sie dem Rechtsinhaber aufgrund ihrer Natur als Frucht zustehen, ist keineswegs zwingend. Erstens ist nämlich bereits zweifelhaft, ob das Eigentum ein generelles Recht an allen Früchten gibt104. Zweitens unterscheiden sich die Fruchtziehung und die Gewinnerzielung im Allgemeinen in einer maßgeblichen Hinsicht. Durch die Verletzung eines fremden Rechts wird häufig nur ein Nutzungsvorteil erlangt105. Dieser Nutzungsvorteil kann nicht mehr herausgegeben werden, also ist Wertersatz zu leisten. Der Wertersatz bemisst sich wiederum nach dem objektiven Verkehrswert des Gebrauchs, entspricht also typischerweise einer angemessenen Lizenzgebühr106. Ein Gewinn wird gegebenenfalls in einem zweiten Schritt erzielt. Anders als die Fruchtziehung aus fremdem Eigentum steht die Gewinnerzielung aber vielfach in einer nur mittelbaren Kausalbeziehung zur Rechtsverletzung. Dass ein Apfel, der vom Baum gepflückt wird, dem Eigentümer des Baumes zusteht, mag zwar auf der Hand liegen. Hieraus kann man aber nicht schließen, dass der Verkaufserlös aus einem urheberrechtswidrigen Roman dem Inhaber des verletzten Urheberrechts zustehen muss, denn hierbei spielen neben dem Recht selbst noch weitere Faktoren bei der Gewinnerzielung eine maßgebliche Rolle. So können in den Roman auch noch andere Ideen eingeflossen sein, der Roman musste gedruckt, vermarktet und verkauft werden. Erst die Kumulation dieser Faktoren hat zur Gewinnerzielung geführt. In den untersuchten Rechtsordnungen vertreten dennoch zumindest einzelne Stimmen, dass bestimmten Rechtspositionen ein absolutes Gewinnerzielungsrecht inhärent sein soll, das zur Folge hat, dass alles, was durch eine Verletzung erzielt wird, dem Inhaber der Rechtsposition zusteht und deswegen an ihn herausgegeben werden muss107. Dabei entfernen sie sich insoweit von den Fruchtziehungswertungen, als die Gewinnherausgabe unabhängig davon erfolgen soll, ob der Gewinnerzielende gut- oder bösgläubig war108. Indem der Rechtsverletzer dasjenige herausgibt, was er durch die Rechtsverletzung erzielt hat, soll die vollständige Wiedereinräumung der Rechtsposition erreicht werden109. Dabei ist man sich einig, dass nicht jeder Rechtspo104 So etwa Gordley, Foundations, S. 448: „I do not think it even follows from the concept of property rights that the owner has an exclusive right to use them“. 105 Für das deutsche Immaterialgüterrecht BGHZ 82, 299. 106 So auch Dreier, Kompensation und Prävention, S. 277. Anders Jakobs, Eingriffserwerb, S. 72–89; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 84–86, 110–115; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 122–124, die eine genuin bereicherungsrechtliche Gewinnherausgabepflicht befürwortet haben. 107 Vertreter einer solchen Theorie sind unter anderem Weinrib, Restitutionary damages, S. 7; Vivant/Bruguière, Droit d’auteur2, S. 840; Drion, Betekenis van het bezit, S. 125; Linssen, Voordeelsafgifte, S. 536. 108 Anders nur Drion, Betekenis van het bezit, S. 125. 109 Vivant/Bruguière, Droit d’auteur2, S. 840. Siehe auch bereits oben § 5 I 3.
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
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sition ein Gewinnerzielungsrecht inhärent sein kann. Allerdings hat die Eingrenzung der Rechtspositionen, in denen ein Gewinnausgleich in Betracht kommt, immer wieder Schwierigkeiten verursacht110. Französische Juristen haben seit dem frühen 20. Jahrhundert die Gewinnherausgabe davon abhängig gemacht, ob das jeweilige verletzte Recht seinem Inhaber ein Monopol (monopole) an den Gewinnen gebe111. Dies sollte bei allen Immaterialgüterrechten der Fall sein. Der Gewinn (profit), der mit dem fremden Patent erzielt worden sei, stamme aus dem Monopol des Patentinhabers und sei dementsprechend für ihn stets ein entgangener Gewinn, der ersetzt werden müsse. Dem Inhaber eines Monopols stand also – wie dem Eigentümer – ein exklusives Nutzungsrecht zu. Es zeigte sich jedoch bald, dass die Monopolargumentation zu weit führte. Beispielsweise dem Markenberechtigten ein Monopol in Bezug auf sämtliche markenwidrig erlangten Gewinne zuzusprechen, erwies sich als unangemessen, denn schließlich steht nicht fest, dass der Käufer der markenwidrigen Waren andernfalls die – in der Regel deutlich teurere – Ware des Markenberechtigten gekauft und dieser einen Gewinn erzielt hätte112. Allgemein durchsetzen konnte sich das Monopolargument deswegen nicht. Pierre Kayser hat jüngst den daran angelehnten Begriff des droit patrimonial d’exploitation geprägt, welches bei Persönlichkeitsverletzungen einen Gewinnherausgabeanspruch nach sich ziehen soll113. 2. Proprietary approach und Lehre vom Zuweisungsgehalt Vertreter des im common law-Raum weit verbreiteten proprietary approach gehen davon aus, dass der Anspruch auf Gewinnherausgabe voraussetzt, dass sich der Rechtsverletzer eine eigentumsähnliche Rechtsposition angemaßt (appropriation of property interest) und dadurch einen Gewinn erzielt hat114. Speziell das Eigentum gebe nämlich ein absolutes Nutzungs- und Verwertungsrecht und damit auch das ausschließliche Recht, Gewinne zu erzielen115. Wenn es zu einem Verstoß gegen ein solches absolutes Nutzungs- und Ver-
110 Dass eine solche Eingrenzung notwendig ist, erläutert der französische Rechtswissenschaftler Christian Filios: „[P]our chaque cas d’enrichissement né de la manière en question [par ingérence, K.B.], on doit vérifier minutieusement le contenu du “droit usurpé“, afin de dégager avec exactitude s’il réserve ou non à son titulaire une exploitation exclusive des bénéfices indûment constitués“, Filios, Enrichissement sans cause, S. 317. 111 Stenger, La contrefaçon, Rn. 316; Roubier, Propriété industrielle, S. 460–461. 112 Siehe oben § 1 I 2 a). 113 Kayser, Protection de la vie privée, S. 183. 114 Friedmann, Restitution of benefits, S. 557: „[A] person is entitled to benefits derived from that which belongs to him“. 115 Beatson, Nature of waiver S. 232: „What is subtracted is the plaintiff’s right to exclusive enjoyment of the property. It is a subtraction of his dominium“.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
wertungsrecht komme, solle der Rechtsinhaber die dabei erzielten Gewinne herausverlangen können116. Mit diesem Ansatz lässt sich nicht nur begründen, weshalb der Verletzer den Gewinn nicht behalten darf, sondern auch, weshalb er ihn gerade an den Verletzten herausgeben muss117. Was unter einem eigentumsähnlichen Recht aber genau zu verstehen ist, ist unklar. Daniel Friedmann hat vorgeschlagen, den Begriff des Eigentums (property) weit zu auszulegen, sodass er auch Verträge, Ideen, Informationen und Geheimnisse umfassen soll118. Sogar bei Verletzungen des Körpers soll ein eigentumsähnliches Recht betroffen sein, wenn der Verletzer die Körperverletzung bewusst zur Gewinnerzielung nutzt und den Körper insoweit kommerzialisiert119. Graham Virgo hat dagegen eingewendet, dass ein solches Verständnis der property die begrifflichen Grenzen verschwimmen lässt120. Virgo will eine Gewinnherausgabe deswegen nur dann zulassen, wenn mit dem Eigentum eng verwandte Rechte (property rights), also Mobiliareigentum, Immobiliareigentum oder geistiges Eigentum, betroffen sind121. Auch der französische Jurist Michel Vivant, der sich in dieser Frage freilich ausschließlich mit dem Urheberrecht befasst hat, hat die eigentumsähnliche Natur der verletzten Rechtsposition in den Mittelpunkt gestellt, deren vollständige Wiedereinräumung nur durch eine Gewinnherausgabe möglich sei. Könne der Verletzer nämlich von seiner Rechtsverletzung profitieren, bliebe die Rechtssphäre verletzt und bestehe in dieser Hinsicht ein Vermögensminus auf Seiten des Rechtsinhabers. Vivant begründet die Gewinnherausgabe damit letztlich schadensrechtlich und erweitert den konventionellen Schadensbegriff auch auf fortwirkende immaterielle Beeinträchtigungen der Rechtsposition 122. 116
Weinrib, Restitutionary damages, S. 15–26; kritisch Gordley, Purpose of awarding, S. 45, der auch dritten Besitzern in Einzelfällen ein rechtmäßiges Nutzungsrecht einräumt. Zur von Peter Birks entwickelten, später aber selbst verworfenen, eng verwandten Theorie des anti-enrichment wrong siehe oben § 3 III 3. 117 Zur Bipolarität siehe oben Fn. 102. 118 Friedmann, Restitution of benefits, S. 512: „Anglo-American case law provides ample support for the extension of restitutionary rights also to interests that have gained recognition as „quasi-property“, including interests in ideas, information, trade secrets, and opportunity“. 119 Friedmann, Restitution of benefits, S. 511–512. Ebenso auch Weinrib, Restitutionary damages, S. 34–35. 120 Virgo, Restitution, S. 433. 121 Ebenso Filios, Enrichissement sans cause, S. 317. 122 Vivant/Bruguière, Droit d’auteur2, S. 840: „En effet, le titulaire d’un droit d’auteur est seul à pouvoir exploiter l’oeuvre sur laquelle il a des droits, mais il a aussi la faculté de ne pas exploiter. Le préjudice commence donc avec le premier empiètement que le contrefacteur réalise sur le „territoire“ réservé au titulaire des droits, si l’on préfère avec le fait pour le titulaire des droits de ne plus être dans la situation d’exclusivité qui était la sienne“.
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
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Eng hiermit verwandt ist die von Walter Wilburg und Ernst von Caemmerer begründete deutsche Lehre vom Zuweisungsgehalt123. Hiernach soll der Gläubiger vom Schuldner herausverlangen können, was dieser erlangt hat, obwohl es dem Gläubiger „zugewiesen“ ist. Der „Zuweisungsgehalt“ ergibt sich dabei aus dem jeweiligen Recht124. Wilburg hat sich für die Konkretisierung des eher vagen Begriffs des Zuweisungsgehalts an eigentumsrechtlichen Wertungen orientiert und dementsprechend eine Pflicht Gewinnherausgabe in Fällen bejaht, in denen eigentumsähnliche Rechte verletzt worden waren125. Von Caemmerer hat darüber hinaus auch allen sonstigen absoluten Rechten einen entsprechenden Schutz zuerkannt126. Allerdings hat er gleichzeitig den Gegenstand des Ausgleichsanspruchs auf den Wert des Erlangten begrenzt und damit eine Gewinnherausgabe letztlich ausgeschlossen127. An die Theorie Wilburgs angelehnt haben die niederländischen Rechtswissenschaftler Jack Linssen und Huib Drion vorgeschlagen, den Begriff des eigentumsähnlichen Rechts stark auszuweiten128 und dem Rechtsinhaber einen Anspruch auf alle Vorteile, die durch die Verletzung seines (eigentumsähnlichen) Rechts erlangt wurden, zuzuschreiben 129. Bei ihnen gründet dieses Bestreben – anders als etwa bei Friedmann – jedoch darin, dass sie die eigentumsähnliche Natur des Rechts als zwingende Voraussetzung für die Gewinnherausgabe verstehen 130. Eine alternative Gewinnherausgabe, die ausschließlich den mit rechtswidriger Gewinnerzielungsabsicht Handelnden abschrecken soll, wie sie etwa von Friedmann vertreten wird131, lehnen sie ab132. Um dennoch in einem weiten Spektrum von Fällen einen Gewinnausgleich zu ermöglichen, sollen nach Linssen auch der schuldrechtliche Erfüllungsanspruch sowie die Rechte an Geheimnissen und auf wettbewerbskon123
Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherungs, S. 106–108, 114; von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360. 124 Dazu ausführlich Helms, Gewinnherausgabe, S. 34. 125 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherungs, S. 28–29; 35–46. 126 von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 354–355. 127 von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 356. 128 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 585–632; Drion, Betekenis van het bezit, S. 125. Im Gegensatz zu Linssen wollte Drion sich allerdings exakt an den Fruchtziehungswertungen orientieren und eine Gewinnherausgabe nur bei Bösgläubigkeit des Gewinnerzielenden zulassen. 129 So speziell für die nichtberechtigte Verfügung: „[D]e bevoegdheid om te beschikken over het eigendomsrecht ten aanzien van de auto in het hiervoor gegeven voorbeeld [komt] exclusief toe [...] aan de rechthebbende (lees: de eigenaar) van de auto. In deze exclusieve gerechtigdheid ligt tevens besloten dat de eigenaar van de auto [...] de rechthebbende is ten aanzien van de verkoopprijs“, Linssen, Voordeelsafgifte, S. 588. 130 Ähnlich auch Weinrib, Corrective justice, S. 117–120. 131 Friedmann, Restitution of benefits, S. 551–556; dem folgend Burrows, Restitution, S. 662 und Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 150. 132 So auch Filios, Enrichissement sans cause, S. 317.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
formes Verhalten gegenüber anderen Marktteilnehmern eigentumsähnlich sein133. Wer also durch ein wettbewerbswidriges Verhalten einen Gewinn erzielt, soll nach Linssen den Gewinn deswegen an seinen Konkurrenten herausgeben müssen, weil dieser als Teilnehmer des Wettbewerbs eine (hinreichend verfestigte) eigentumsähnliche Rechtsposition hat, die ihm die Gewinnerzielung zusichert134. Auch Ernest Weinrib will die Fälle der Gewinnherausgabe ausschließlich damit begründen, dass das mit einem fremden eigentumsähnlichen Recht Erwirtschaftete dem Rechtsinhaber zusteht135 und versteht die Verpflichtung zur Gewinnherausgabe damit als bloße Fortsetzung der Eigentümerbefugnisse 136. Diese Auffassung bettet er in das übergreifende Prinzip der corrective justice ein. Nach diesem Prinzip muss eine Rechtsverletzung zur Folge haben, dass das Unrecht „korrigiert“ und ein Zustand erreicht wird, der dem usprünglichen Zustand möglichst nahe kommt. Zur Begründung der Gewinnherausgabe kann nach Weinrib die Notwendigkeit der Abschreckung des Rechtsverletzers also nicht genügen. Vielmehr müsse der Rechtsinhaber auch spezifisch anspruchsberechtigt sein. Diese Anspruchsberechtigung soll sich aus der eigentumsähnlichen Natur des verletzten Rechts ergeben, die dem Rechtsinhaber ein umfassendes Gewinnerzielungsrecht einräume. Erziele ein Dritter mit einem eigentumsähnlichen Recht Gewinne, so sei der einzig logische Schluss aus dem Gewinnerzielungsrecht, dass der Berechtigte den Gewinn herausverlangen könne. Nur hierdurch könne das Prinzip der corrective justice gewahrt und die Rechtsposition vollständig wiedereingeräumt werden137. Sowohl Weinrib als auch Linssen sind der Auffassung, dass der Rechtsinhaber selbst entscheiden können soll, ob er die Vorteile „konkret“ oder „abstrakt“ herausverlangt. Er soll also selbst entscheiden können, ob er entweder Gewinnherausgabe oder aber die Erstattung des Nutzungswerts verlangt138. 133
Eine Aufzählung aller Fälle, in denen eine Gewinnherausgabe unter diesem Gesichtspunkt in Betracht kommen soll, findet sich unter Linssen, Voordeelsafgifte, S. 585– 632. Zu den Schwierigkeiten speziell im Wettbewerbsrecht vgl. auch Haines, Bereicherungsansprüche, S. 64–68. 134 Ein solch weites Verständnis der Rechtsposition des Wettbewerbers kann nicht überzeugen. Zu den Argumenten siehe sogleich § 6 III 1. 135 Weinrib, Restitutionary damages, S. 1–37; weitgehend übereinstimmend mit ders., Corrective justice, S. 117–147. 136 Weinrib, Corrective justice, S. 84: „[T]he remedy is the continuation of the right; together they make up a single unbroken juridical sequence“. 137 Kritisch Dagan, Law and ethics, S. 221–223; Barker, Theorising, S. 625; Gordley, Foundations, S. 448–449. 138 Hermanus Schoordijk hatte in den siebziger Jahren bereits die Differenzierung zwischen konkreter und abstrakter Vorteilsherausgabe getroffen, Schoordijk, Ongegronde vermogensvermeerdering, S. 29. Allerdings verstand er die beiden Formen der Vorteilsherausgabe nicht als durch den Kläger wählbare Alternativen. Vielmehr sollte abhängig von
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
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Nicht nur in besonders schwerwiegenden Fällen, sondern bei jeder Verletzung eines hinreichend verfestigten Rechts soll der Rechtsinhaber also – alternativ zur Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr – Gewinnausgleich verlangen können139. Das Verständnis des Gewinnausgleichs als mit einem eigentumsrechtlichen Ansatz einheitlich lösbares Problem hat eine besondere konzeptionelle Attraktivitiät. Denn es ermöglicht – anders als die Theorien, nach denen die Gewinnherausgabe lediglich die Rechtsfolge einer letztlich beliebigen Anzahl von Tatbeständen sein kann140 – eine Gewinnzuordnung nach einheitlichen Kriterien. Jedoch ist der Schluss, dass das Recht auf wirtschaftliche Verwertung einer Rechtsposition ein Recht auf Herausgabe des durch einen Rechtsverletzer erzielten Verwertungserfolgs mit sich bringt, gerade wenn der Rechtsverletzer einen erheblichen Eigenaufwand betrieben hat, keineswegs zwingend141. Außerdem begrenzt ein eigentumsrechtlicher Ansatz den Anwendungsbereich des Gewinnausgleichs, weil eine Gewinnerzielung nur dann „fruchtziehungsähnlich“ erfolgt, wenn mit einem fremden Recht gewirtschaftet wurde. Andere Fälle der vorsätzlichen Gewinnerzielung durch Rechtsverletzungen – Beispiele hierfür sind etwa treuwidrige Verhaltensweisen, Vertragsbrüche und lukrative Körperverletzungen 142 – könnten also keinen Gewinnausgleich nach sich ziehen. Nimmt etwa ein Angestellter vorsätzlich Bestechungsgelder entgegen, so erscheint eine Pflicht zur Gewinnherausgabe notwendig, um der Bestechlichkeit von Arbeitnehmern entgegenzuwirken143. Eine Einordnung der Fallkonstellation entweder eine abstrakte oder eine konkrete Vorteilsherausgabepflicht bestehen. Eine überzeugende Begründung, weshalb welche Rechtsfolge eintreten solle, gelang ihm dabei jedoch nicht. Nachträglich hat er vorgeschlagen, sie am Vorsatzerfordernis festzumachen, Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 13–14; so letztlich auch Edelman, Gain-based damages, S. 2–3, 80–93. 139 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 572–573. Weinrib will dies auf Fälle begrenzen, in denen das fremde Recht vollständig verwertet und nicht nur genutzt wird, siehe Weinrib, Restitutionary damages, S. 16. 140 Siehe Fn. 131. 141 Dagan, Law and ethics, S. 221–228; Gordley, Foundations, S. 447–448; Helms, Gewinnherausgabe, S. 136; Rotherham, Conceptual structure, S. 196; Jansen, in: HKK § 687 Abs. 2, Rn. 22 m.w.N., vgl. außerdem Fn. 104. 142 Nach Weinrib, Restitutionary damages, S. 34–35 soll allerdings aus der Absprache des Auftragsschlägers mit dem Auftraggeber folgen, dass die körperliche Unversehrtheit des Opfers letztlich „verkauft“ wird. Damit wird die körperliche Unversehrtheit hier ausnahmsweise zur eigentumsähnlichen Rechtsposition, sodass ein Anspruch auf Gewinnherausgabe bestehen soll. Kritisch dazu Gordley, Purpose of awarding, S. 54, der zwar letztlich auch eine Gewinnherausgabe an das Opfer befürwortet, allerdings aus der Erwägung, dass eine vollständige Kontrolle über die eigene körperliche Unversehrtheit nur möglich ist, wenn das Opfer alle Gewinne, die durch seine Verletzung erzielt worden sind, herausverlangen kann. 143 Attorney General for Hong Kong v. Reid [1994] 1 AC 324.
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der Bestechungsgelder als Früchte seiner Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber liegt dagegen fern144. Schließlich hätte der Rechtsinhaber (Arbeitgeber) die Bestechungsgelder selbst nicht erlangen können, so wie der Eigentümer eines Baums dessen Äpfel selbst hätte pflücken können, wenn der Nachbar sie nicht gepflückt hätte. Als einheitliches Modell für den Gewinnausgleich eignet sich der eigentumsrechtliche Ansatz also nicht. 3. Rechtsfortwirkung Eng verwandt mit dem proprietary approach ist ein Ansatz, der die Rechtsfortwirkung als Grundlage für den Gewinnausgleich sieht145. Häufig finden sich Überschneidungen der Argumente und vielfach greifen Rechtswissenschaftler auf Argumente beider Ansätze zurück. Dennoch muss zwischen den beiden Argumentationssträngen unterschieden werden. Während nämlich der proprietary approach Gewinne als Vorteile aus einem zumindest eigentumsähnlichen Recht versteht, die dem Berechtigten zustehen, weil er Inhaber des Rechts ist, ist der Kern der Rechtsfortsetzungs-Argumentation, dass an die Stelle des verletzten Rechts das durch die Rechtsverletzung erzielte Surrogat tritt146. Wenn dieses Surrogat den zugefügten Schaden übersteigt, tritt ein Gewinn an die Stelle des verletzten Rechts und entsteht ein Anspruch auf Gewinnherausgabe gegen den Rechtsverletzer. Während etwa Walter Wilburg diese These als Grundprinzip für jede Gewinnherausgabe gesehen, also außerhalb dieses Anwendungsbereichs eine Gewinnherausgabe für ausgeschlossen gehalten hat147, hat jüngst Graham 144
Siehe Millett, Bribes and secret commissions again, S. 599; anders hingegen Sinclair Investments v. Versailles [2011] EWCA Civ 347. 145 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 29, 49; Kelker, Gewinnherausgabe, S. 173–175; Amrein, Gewinnherausgabe, S. 39–40; Linssen, Voordeelsafgifte, S. 463; Grantham/Rickett, Tracing and property rights, S. 905–911. 146 Weinrib, Corrective justice, S. 33: „[G]ains can be regarded as the material embodiment of the breach of duty – what the fiduciary has, as it were, sold out the duty for – and the beneficiary is as entitled to these profits as he or she was to the duty for which they were exchanged. [...] the fiduciary’s liability to disgorge profits is [...] the remedial consequence that reflects the nature of the obligation owed by the fiduciary to the beneficiary“; ähnlich Amrein, Gewinnherausgabe, S. 39–40: „Was das Bereicherungsrecht als Rechtsfortwirkung des Eigentums leistet [...], erscheint an dieser Stelle als Gehalt auch des Gewinnherausgaberechts. Auch dessen Wurzel liegt im Umstand des unbefriedigten Rechts. Wo ein fremdes Verhalten die Genußverwirklichung des Rechtsgutes verunmöglicht, überlebt das Recht an diesem Gut dessen Untergang und führt zum Ausgleich durch Gewinnerstattung“. Siehe auch Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 97–113: Dieser befürwortet allerdings nur eine in Surrogationswertungen wurzelnde Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes, steht einer allgemeinen Gewinnherausgabepflicht aus Surrogationserwägungen hingegen kritisch gegenüber. 147 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 29, 49; ders., Zusammenspiel der Kräfte, S. 348–349; dazu Haines, Bereicherungsansprüche, S. 68–72. Wilburg hat sich klar von
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Virgo eine differenzierte Theorie entwickelt, nach der sich die Pflicht zur Restitution nach einem rechtswidrigen Verhalten (wrong) aus einer ungerechtfertigten Bereicherung (unjust enrichment) oder aus der Rechtsfortwirkung des Eigentums (property) ergeben könne148. Dabei soll die Rechtsfortwirkung (substitution) nach Virgo nur dann in Betracht kommen, wenn „chattels, land, intellectual property or, most importantly, money, in which the claimant had a proprietary interest at the time of receipt“149 verletzt worden sind150. Wird eine Sache zerstört oder verwertet, muss die Vindikation mit anderen Worten wegen Unmöglichkeit ausscheiden, so ist in den untersuchten Rechtsordnungen verschiedentlich die Wertung anzutreffen, dass dasjenige, was anstelle der Sache erlangt wurde, dem (ursprünglichen) Eigentümer der Sache gehören soll. Seine Berechtigung hinsichtlich der Sache soll sich an dem Surrogat fortsetzen 151. Hieraus hat Walter Wilburg geschlossen, dass auch bei anderen Verletzungen fremder Rechtspositionen mögliche Surrogate an die Stelle des Rechts treten152. Bei dieser These drängen sich Fragen auf: Besteht ein allgemeines Prinzip der Surrogation bei Verletzungen des Eigentums? Und wenn dies der Fall ist, kann es dann auf jegliche Verletzung fremder Rechtspositionen übertragen werden, bietet es also Anhaltspunkte für eine gerechte Gewinnverteilung? a) Surrogation bei Eigentumsverletzungen im geltenden Recht Die Vertreter der Gewinnherausgabe nach Surrogationswertungen argumentieren, dass, so wie der Eigentümer der veräußerten Sache anstelle der Vindikation einen Anspruch auf den Erlös haben soll, weil dieser an die Stelle der Sache tritt, auch der Inhaber jedes vergleichbaren – also eigentumsähnlichen einer Gewinnherausgabe distanziert, die an den Wertungen der Fruchtziehung orientiert ist (proprietary approach, s.o.): Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 43. Dazu Helms, Gewinnherausgabe, S. 35: „[D]ie Zuweisungsgehaltslehre [sieht den Bereicherungsanspruch] als Rechtsfortwirkung eines in seinem Geltungsanspruch verkürzten Rechts“; zustimmend Linssen, Voordeelsafgifte, S. 463 und Kelker, Gewinnherausgabe, S. 173–175; ähnlich auch jüngst Grantham/Rickett, Tracing and property rights, S. 905–911 und ders./ders., Disgorgement, S. 171–172; kritisch hingegen Ebert, Bereicherungsausgleich, S. 142–143. 148 Virgo, Restitution, S. 569, 574–575; ders., Restitution through the looking glass, S. 87, 99–103; ders., The new Birksian approach, S. 276–279. Kritisch zu dieser Dreiteilung Birks, Unjust enrichment, S. 36 und Burrows, Restitution, S. 622. 149 Virgo, Restitution, S. 570. 150 Äußerst kritisch Burrows, Restitution, S. 185: „[T]he vindication of proprietary rights idea falsely equates what is happening in the tracing cases with an owner recovering his property. [...] this misses out an explanatory step because it does not tell us why the owner is given proprietary rights in the different substitute property“. 151 Vgl. Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. 152 Kritisch von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
– Rechts einen Anspruch auf dasjenige hat, was durch die Verletzung seines Rechts erlangt worden ist. Der Ländervergleich hat jedoch gezeigt, dass bereits bei der Veräußerung fremder Sachen von einem einheitlichen europäischen Surrogationsprinzip keine Rede sein kann. Im niederländischen Recht kann der Eigentümer zwar seit den neunziger Jahren nach unbefugter Verfügung den Erlös herausverlangen153. Das französische Recht kennt aber bis heute keine Regel dieser Art154. Spätestens seit Erlass des Code civil ist vielmehr traditionell nur der durch die Veräußerung verursachte Schaden ersetzt worden155. Im Übrigen bestehen zwar bestimmte Fälle, in denen ein Herausgabeanspruch mit der Rechtsfortsetzung begründet wird, so etwa beim Versicherungsanspruch, der an die Stelle einer untergegangenen Sache tritt. Hierbei handelt es sich aber immer nur um einzelne – nicht in einem Gesamtsystem stehende – Surrogationstatbestände156. Ein allgemeines europäisches Prinzip der Surrogation spiegelt sich also auch nicht im französischen Eigentumsrecht wider. Ob im englischen Recht ein Prinzip der dinglichen Surrogation besteht, ist ebenfalls zweifelhaft157. Zwar soll bei Veräußerung fremder Sachen der Erlös geschuldet sein. Dies wird aber verbreitet nicht als Folge der Rechtsfortsetzung verstanden, sondern lediglich als notwendige Folge eines Delikts, soweit der Verletzer dadurch einen Gewinn erzielt hat. Ansonsten würde sich nämlich rechtswidriges Verhalten rentieren. Ein solcher Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen soll vermieden werden (tort does not pay)158. 153
Rb. Roermond, 31.3.1994, NJkort 1995, 57, dazu Lindenbergh, Diefstal, S. 133, siehe oben § 2 II 1 b). 154 Siehe oben § 1 I 1 a). Im deutschen Recht ist dahingegen bei nichtberechtigter Verfügung die dingliche Surrogation überwiegend anerkannt, vgl. RGZ 88, 351; BGHZ 29, 157; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 321–325. Dagegen allerdings Medicus, Bürgerliches Recht24, S. 372–374, Rn. 720–723. 155 Vereinzelt haben sich französische Juristen für eine Surrogation eingesetzt: Capitant, Subrogation réelle, S. 411; Lauriol, Subrogation réelle, Bd. I, S. 93–97; Savatier, Anmerkung zu Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129. Durchsetzen konnten sie sich jedoch nicht. 156 Für das deutsche Recht König, Gewinnhaftung, S. 186; Roth, Gedanken zur Gewinnhaftung, S. 369–376. Eine Aufzählung der einzelnen Tatbestände im niederländischen Recht findet sich bei Spath, Zaaksvervanging, S. 19–112. Im französischen Recht grundlegend Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129; dagegen Savatier, Anmerkung zu Cass. civ. 11.2.1931, D. P. 1931.1.129. Auch Henri Capitant konnte sich mit seiner Theorie zum allgemeinen Surrogationsprinzip nicht durchsetzen, Capitant, Subrogation, S. 411, siehe oben § 1 I 1 a). 157 In der Entscheidung Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102 hat Lord BrowneWilkinson den Restitutionsanspruch mit der Surrogation begründet. Virgo, Restitution, S. 571 will daraus ein Surrogationsprinzip ableiten. Dagegen allerdings Birks, Unjust enrichment, S. 36; Burrows, Restitution, S. 185–189, 622; ders., Proprietary restitution, S. 415–422. 158 Rotherham, Conceptual structure, S. 185: „The fact that claimants may realise a windfall in this way has nothing to do with the reversal of enrichment by subtraction and
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
221
b) Wurzeln der Surrogation bei Eigentumsverletzungen Dass die dingliche Surrogation keine Wertungen für ein allgemeines Prinzip der Gewinnherausgabe bereithält, lässt sich bereits anhand der römischen Quellen zeigen, aus denen das Prinzip der Surrogation bei unbefugter Verfügung zumindest im kontinentaleuropäischen Recht stammt159. Im römischen Recht war der Veräußerer einer fremden Sache zur Herausgabe des Erlöses verpflichtet160. Der Erlös sollte als Surrogat an die Stelle des Eigentums treten (pretium succedit in locum rei)161. Überstieg der Erlös den Sachwert, hatte dies also – zumindest effektiv – eine Gewinnherausgabe zur Folge. Dem lag jedoch kein allgemeines Prinzip zugrunde, nach dem etwaige Gewinne, die durch die Verletzung fremden Eigentums erzielt worden waren, prinzipiell dem Eigentümer zustehen sollten. Dies zeigt sich schon daran, dass der Begriff pretium nicht nur mit der Bedeutung ‚Kaufpreis‘162, sondern häufig auch mit der Bedeutung ‚Wert‘ verwendet wurde. So musste nicht nur derjenige, der einen fremden Sklaven verkauft hatte, sondern auch derjenige, der einen fremden Sklaven freiließ, dem Eigentümer das pretium ersetzen163. Soweit die Freilassung nicht (entgeltlich) einem Dritten versprochen war und damit einem konkreten Geldbetrag entsprach, bezeichnet hier der Begriff pretium den Wert des Sklaven 164. Diese Verwendung des Begriffs pretium lässt sich plausibel damit erklären, dass die Römer davon ausgegangen sind, dass der Sachwert dem Kaufpreis entspricht165. Geht man von dieser ambivalenten Bedeutung des Begriffs pretium aus, liegt es fern, aus der Formulierung pretium succedit in locum rei eine genuine Gewinnherausgabepflicht bei Rechtsverletzungen ableiten zu wollen. Es ging vielmehr um die Kompensation eines Schadens, dessen Höhe durch den Kaufpreis indiziert war.
everything to do with the disgorgement of the proceeds of wrongs“; dagegen Jaffey, Nature and scope, S. 369, siehe oben § 3 II 1 a). 159 von Lübtow, Condictio, S. 74–75 m.w.N. 160 Beispielhaft African D. 3,5,48; Ulpian D. 3,5,5,5; African/Julian D. 12,1,23; C. 3,32,3,1 (Imp. Alexander); Ulpian/Julian D. 6,1,17 pr.; Ulpian D. 12,6,26,12; Paulus D. 12,6,65,8; Paulus D. 18,4,21. 161 Anders war es in Fällen des Doppelverkaufs: Hier soll keine Surrogation stattfinden, weil der durch den Zweitverkauf erlangte Erlös aus dem Kauf – und nicht aus dem Eigentum – erlangt sei, und dementsprechend dem Verkäufer zustehe. Vgl. Paulus D. 18,4,21; Jakobs, lucrum ex negotiatione, S. 10–12. 162 Beispielhaft Ulpian D. 3,5,48; C. 3,32,3,1. 163 Paulus D. 12,6,65,8. 164 Zur condictio aestimationis pretii, mit der der Sachwert des Sklaven herausverlangt werden kann, siehe Kaser, Privatrecht I, S. 598, Fn. 52; Flume, Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 30; Nishimura, Condictio indebiti bei operae liberti, S. 191, 199. 165 Zum geltenden Recht so auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 84: „Selbst heute noch entspricht die Gleichsetzung von Veräußerungserlös und objektivem Wert in aller Regel der Lebenswirklichkeit“.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Ein weiteres Argument dafür, dass sich aus der Surrogation bei Eigentumsverletzungen keine Wertungen für ein allgemeines Prinzip der Gewinnherausgabe ableiten lassen, ergibt sich aus Ulpian D. 6,1,17 pr. Ein mit der rei vindicatio auf Herausgabe eines Sklaven verklagter Besitzer, sollte nach römischem Recht den Kaufpreis herausgeben, wenn er den Sklaven dennoch verkauft hatte und dieser unmittelbar nach dem Verkauf gestorben war. Durch den Tod des Sklaven scheide nämlich eine Vindikation aus und der Eigentümer habe auch keinen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer, weil ein Besitzer nicht schuldhaft handle, wenn er eine eingeklagte Sache verkaufe. Denn er wisse zum Verkaufszeitpunkt jedenfalls noch nicht verbindlich, ob er den Sklaven würde herausgeben müssen. Der Eigentümer hatte in diesem Fall also eigentlich keine Ansprüche, während der Verkäufer den Veräußerungserlös erhielt und diesbezüglich nicht in Anspruch genommen werden konnte, weil die Sache bereits untergegangen war, bevor der Käufer einen Rechtsmangel hätte geltend machen können. Nach Ulpian sollte nun aber der Eigentümer ausnahmsweise trotzdem den Kaufpreis herausverlangen können, weil kein überzeugender Grund dafür bestehe, dass der Verkäufer das Surrogat behalten dürfe. Bei der Haftung auf das Surrogat handelte es sich also nur um einen Notanker, und nicht um eine wertungsmäßige Entscheidung dafür, dass der unbefugt Verfügende seine durch die Verfügung erzielten Gewinne herausgeben sollte. Welche Höhe der Gewinn hatte und ob er den Schaden möglicherweise überstieg, war unerheblich. All dies zeigt, dass die Surrogatherausgabe nicht in dem Verständnis wurzelt, dass unrechtmäßig erlangte Gewinne herauszugeben sind166, sondern vielmehr darin, dass, wenn die Sache selbst nicht mehr herausgegeben werden kann, zumindest dasjenige herausgegeben werden soll, was an die Stelle der Sache getreten ist167. Bei der Veräußerung fremden Eigentums kann die Differenz zwischen Erlös und Wert der Sache verschiedene Ursachen haben. So kann der Verkäufer besonders fähig sein oder einen besonderen Einsatz leisten, oder der Käufer kann ein besonderes persönliches Interesse am Verkaufsgegenstand haben und deswegen einen erhöhten Preis zahlen. Die Ursachen liegen entweder in der Sphäre des Verkäufers, des Käufers oder hängen vom Zufall ab, können aber durch den Eigentümer in der Regel nicht beeinflusst werden. Ob der Erlös den Wert der veräußerten Sache also übersteigt und ein Gewinnausgleich erfolgt, ist letztlich arbiträr. Die Annahme, dass die
166
So auch Jansen, in: HKK § 687 Abs. 2, Rn. 11. Dies gilt auch für die Surrogatherausgabe nach der Veräußerung bereicherungsrechtlich geschuldeter Gegenstände, wie sie in Art. 1380 C. civ. angeordnet ist und in Form des Art. 1399 I BW (1838) auch bis 1992 in den Niederlanden galt, siehe oben § 2 II 1 c). Sie bietet keine Anhaltspunkte für ein Prinzip des Gewinnausgleichs, weil sie lediglich dazu dient, dem Gläubiger ein Mindestmaß an Rechtsschutz zu gewährleisten, ohne den veräußernden Schuldner dadurch zu benachteiligen. 167
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
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dingliche Surrogation Wertungen für den Gewinngewinnausgleich bieten, überzeugt deswegen nicht168. Noch deutlicher zeigt sich, dass die Rechtsfortsetzung keine Grundlage für den Gewinnausgleich bietet, wenn andere Rechte als das Eigentum betroffen sind oder wenn das betroffene Recht nach der Rechtsverletzung als solches fortbesteht169. Wird etwa ein fremdes Patent verletzt, so bedeutet eine Surrogation, dass der durch den Patentverletzer erzielte Gewinn (verschuldensunabhängig) an die Stelle des genutzten Teils des Patents tritt. Genauso würde die Verletzung der Persönlichkeit bedeuten, dass der durch die Persönlichkeitsverletzung erzielte Gewinn an die Stelle des verletzten Teils der Persönlichkeit tritt. Was in dieser Argumentation freilich fehlt, ist der normative Grund dafür, dass sich ein Recht an der Persönlichkeit in ein Recht an einem Geldbetrag umwandelt170. c) Anteilige Surrogation Vertritt man einen an surrogationsrechtliche Wertungen angelehnten Gewinnausgleich und denkt man ihn konsequent zu Ende, so bedeutet dies, dass Gewinne proportional zum Nutzen der Rechtsverletzung für die Gewinnerzielung herausverlangt werden können. Weil nur der durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn an die Stelle der verletzten Rechtsposition treten kann, muss die Beteiligung an der Gewinnschöpfung nämlich unmittelbar auf die Beteiligung am Gewinn übertragen werden (Graphik 1: In allen Graphiken zeichnet der innere Kreis die (prozentuale) Beteiligung an der Gewinnschöpfung ab, während der äußere Kreis für die Verteilung des Gewinns steht)171.
168
So auch Rotherham, Conceptual structure, S. 185; Ellger, Bereicherung, S. 909; Helms, Gewinnherausgabe, S. 79–92 m.w.N. zu dieser überwiegenden Auffassung in Deutschland. 169 So auch Rotherham, Conceptual structure, S. 185 und König, Gewinnhaftung, S. 185–186 m.w.N. Der niederländische Gesetzgeber hat zu diesem Zweck ausdrücklich die Rechtsfortwirkung als Grundlage für die Surrogatherausgabe (Art. 6:78 BW) verworfen und anstelle dessen darauf verwiesen, dass dies ausschließlich der Abschöpfung einer ungerechtfertigten Bereicherung diene, van Zeben/du Pon, Parlementaire geschiedenis, boek 6, S. 813; dagegen Linssen, Voordeelsafgifte, S. 440. 170 Vgl. Burrows, Restitution, S. 186: „[This reasoning] fails to explain how a proprietary right to a goat becomes a proprietary right to a cow“. 171 Vgl. nur Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. Wenn auch die Surrogation im deutschen Recht nicht als allgemeine Grundlage der Gewinnherausgabe verstanden wird, so entspricht die proportionale Gewinnverteilung doch der überwiegenden Auffassung: Kellmann, Gewinnhaftung, S. 140–141 m.w.N.
224
§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Surrogat für das eigene Recht
Surrogat für das fremde Recht
Eigenes Recht
Fremdes Recht
Graphik 1: Rechtsfortwirkung
Eine solche anteilige Gewinnbeteiligung erfolgt etwa beim tracing im englischen equity-Recht. Dahingegen scheidet beim tracing im common law jeder Anspruch auf ein Surrogat aus, wenn es nicht vollständig durch die Rechtsverletzung erzielt wurde, weil eine anteilige Rechtsfortsetzung hier ausgeschlossen ist172. Gewinne werden aber in der Regel nicht nur durch den Einsatz von Rechten erzielt. Üblicherweise leistet der Gewinnerzielende darüber hinaus einen Eigenaufwand, um den Gewinn zu erzielen. Dieser Eigenaufwand bildet zwar einen Anteil an der Gewinnschöpfung, führt aber bei strenger Berücksichtigung der surrogationsrechtlichen Wertungen nicht zu einer Beteiligung am Gewinn, da eine Surrogation ausschließlich eine Fortsetzung von Rechtspositionen bedeutet. Dies hat zur Folge, dass der Gewinn nach dem Einsatz der Rechte verteilt wird, der Berechtigte den Gewinnerzielenden aber für seinen Aufwand anteiligen Wertersatz leisten muss (Graphik 2).
172 Virgo, Restitution, S. 626–628; ebenso der australische High Court in der Entscheidung Warman International Ltd. v. Dwyer [1995] 182 CLR 544: „[A] court will not apportion profits in the absence of an antecedent arrangement for profit-sharing“. Dazu instruktiv Rusch, Gewinnhaftung, S. 99–103. Graham Virgo lehnt die „artificial distinction between the rules at common law and equity“ ab, Virgo, Restitution, S. 635. Vielmehr soll nach seiner Aufassung immer eine anteilige Gewinnzuordnung möglich sein, weil das tracing sonst keine überzeugenden Lösungsansätze für die komplexen Probleme der modernen Gesellschaft bieten könne: „The tracing rules need to adapt to be able to cope with a commercial world with rapidly developing technological and financial conditions“.
III Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente III.
225
Surrogat für das fremde Recht
Surrogat für das eigene Recht
Eigenes Recht
Fremdes Recht
Eigener Aufwand
Aufwendungs Aufwen dungsersatz
Graphik 2: Rechtsfortwirkung bei Eigenaufwand I
Eine Theorie der proportionalen Rechtsfortsetzung hat auch Walter Wilburg vertreten173. Nach seiner Auffassung sollten bei der Surrogation aber nicht nur die eingebrachten Rechte, sondern auch die unternehmerische Tätigkeit des Rechtsverletzers berücksichtigt werden (Graphik 3). Denn das Surrogat sei insoweit nicht anhand einer Rechtsposition, sondern durch den persönlichen Einsatz des Rechtsverletzers erzielt. Eine Ausnahme von diesem Prinzip solle nur dann gelten, „wenn die Berechnung von Anteilen als undurchführbar“174 erscheine.
173
Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128–133. Dem folgend Linssen, Voordeelsafgifte, S. 570–572; Ebert, Geschäftsanmaßung, S. 305. 174 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 133. Der Rechtstradition entspricht diese starke Begrenzung des Gewinnausgleichs nicht. Der Verletzeraufwand wird üblicherweise zwar ersetzt (Graphik 2), führt aber nicht zu einer Gewinnbeteiligung.
226
§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Surrogat für das fremde Recht Eigenes Recht
Surrogat für das eigene Recht und den eigenen Aufwand
Fremdes Recht
Eigener Aufwand
Graphik 3: Rechtsfortwirkung bei Eigenaufwand II
Die praktischen Auswirkungen dieser unterschiedlichen Auffassungen zeigt der folgende Fall: Ein Klein-Unternehmer bringt ein Gerät auf den Markt, betreibt dazu einen Produktionsaufwand von 10.000 ! und einen Arbeitsaufwand von 100 Stunden, für die als angemessenes Entgelt 100 ! pro Stunde zu zahlen wäre. Der eigene Aufwand hat dementsprechend einen Wert von 20.000 !. Zusätzlich verwendet er einen selbst entwickelten und patentierten Prozess, für dessen Nutzung – wäre er nicht selbst Patentinhaber – eine Lizenzgebühr von 20.000 ! zu entrichten gewesen wäre. Schließlich verwendet er eine fremde patentierte Erfindung, ohne mit dem Inhaber eine Lizenzierung abzusprechen. Hätte er dies getan, hätte er ihm eine Lizenzgebühr von 20.000 ! zahlen müssen . Nach Wilburg stünde dem Rechtsverletzer hier ein Gewinnanteil von zwei Dritteln zu, während dem fremden Patentinhaber ein Drittel zustünde (Graphik 3). Geht man dahingegen davon aus, dass der persönliche Aufwand nicht zu einer Gewinnbeteiligung führt, stünde dem Rechtsverletzer nur die Hälfte des Gewinns zu, er könnte aber anteiligen Aufwendungsersatz für seinen Arbeitsaufwand in Höhe von 10.000 ! verlangen (Graphik 2). Je höher der Gewinn ist, desto unvorteilhafter ist Wilburgs Lösung also für den Rechtsinhaber. Wilburgs bereicherungsrechtliche Theorie der Gewinnherausgabe konnte sich in Deutschland nicht durchsetzen175. Ein Grund dafür sind Anwendungsschwierigkeiten. Hat etwa ein erfolgreicher Lotto-Spieler das Los unerlaubt 175
Auch im französischen, niederländischen und englischen Recht wird eine solche Gewinnbeteiligung für den Eigenaufwand abgelehnt, siehe oben § 4 III.
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
227
mit dem Geld eines Freundes gekauft176, so könnte dieser – geht man davon aus, dass eine Surrogation stattfindet – im Sinne Wilburgs nur einen Teil des Lotto-Gewinns herausverlangen, weil der persönliche Aufwand des Rechtsverletzers zu einer Gewinnbeteiligung führt und deswegen nicht der gesamte Lotto-Gewinn an die Stelle des Einsatzes tritt. Weitere Anteile an der Gewinnschöpfung sind unter anderem die Wahl der Zahlen sowie der Gang zur Lotto-Stelle. Anders als noch im soeben besprochenen Patentfall, in dem sowohl der Nutzungswert für die Patente anhand einer angemessenen Lizenzgebühr und der Arbeitsaufwand anhand einer angemessenen Arbeitsentschädigung ermittelt werden können, ist die Ermittlung der Prozentsätze und damit die praktische Umsetzbarkeit eines Gewinnausgleichs faktisch kaum möglich177. Auch im Fall des Anglers, der mit fremdem Brot einen Fisch angelt und diesen gewinnbringend verkauft, zeigen sich Unzulänglichkeiten an Wilburgs Theorie (Graphik 3). Das Brot ist verbraucht und die Vindikation demnach ausgeschlossen. Eine Surrogation würde bedeuten, dass an die Stelle des Brotes erst der Fisch tritt und dann der Erlös für den Fisch. Allerdings hat der Angler seine eigene Angel, also sein eigenes Eigentum, und später seine eigenen Fähigkeiten als Verkäufer genutzt, um an den Erlös zu gelangen, sodass sich das Recht am Brot nur an einem minimalen Teil des Fischs bzw. des Erlöses fortsetzen dürfte. Die Höhe der Beteiligungsbeträge kann in diesem Fall nur arbiträr ermittelt werden. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass der persönliche Aufwand nicht zu einer Gewinnbeteiligung führt (Graphik 2), führt eine Surrogation, nach der der Verfügungserlös an die Stelle des Brotes tritt, zu keinem überzeugenden Ergebnis. Angesichts des minimalen Beitrags, den das Brot zur Gewinnerzielung leistet, entspräche es vielmehr der Billigkeit, wenn der Eigentümer des Brots nur einen Anspruch auf Wertersatz hätte, was auch der Rechtslage in den untersuchten Rechtsordnungen entspricht178. Der Grund dafür, dass sich die Surrogation nicht als Grundlage für eine Theorie des Gewinnausgleichs eignet, besteht darin, dass die Surrogation keine normativen Kriterien für die Zuordnung von Gewinnen bietet. Geht etwa ein Fahrradhändler versehentlich davon aus, dass ein Fahrrad, das zufällig vor seinem Ladengeschäft steht, zu seinem Gebraucht-Räder-Sortiment gehört und lackiert er es – weil der Lack blättert – aufwendig neu, um es dann zu verkaufen, so würde eine Rechtsfortsetzung ohne Berücksichtigung des Verletzeraufwands bedeuten, dass der Eigentümer des Fahrrads den gan176
Beispiel nach Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 325. So auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 540; Amrein, Gewinnherausgabe, S. 70. 178 Mit dem englischen tracing könnte ein solches Ergebnis zwar erreicht werden. Der überwiegenden Auffassung entspricht dies jedoch nicht, siehe oben § 3 I 3 a). 177
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
zen Erlös von 300 ! erhielte (Graphik 2). Eine Rechtsfortsetzung nach Wilburg würde dagegen bedeuten, dass nicht der gesamte durch den Fahrradhändler erzielte Erlös als Surrogat an die Stelle des Fahrrads tritt. Hatte das Fahrrad ursprünglich einen Wert von 100 ! und hätte der Fahrradhändler für die Lackierung 50 ! verlangen können, so hat der Eigentümer einen Anspruch auf zwei Drittel des Erlöses, also 200 !, während der Fahrradhändler die übrigen 100 ! behalten könnte (Graphik 3)179. Wenn ein konkreter Grund für die Erzielung des Gewinns nun aber nicht nachweisbar ist, ist durchaus fraglich, wer von dem Zufall profitieren soll, dass der Käufer für ein Fahrrad, das 100 ! wert ist, 300 ! gezahlt hat180. Die Surrogation bietet hier jedenfalls in keiner ihrer beiden Ausprägungen wertende Gesichtspunkte, sondern verteilt die Gewinne zufällig. Sie lässt unbegründet, weshalb der Eigentümer an einem Gewinn beteiligt werden soll, auch wenn er die Gewinnschöpfung weder veranlasst hat, noch überhaupt mit ihr einverstanden war. Da kein Rechtsprinzip besteht, nach dem alles, was mit einem Recht erzielt wird, dem Inhaber dieses Rechts auch zusteht, kann eine solche, letztlich zufällige Gewinnverteilung nicht überzeugen181. Ebenso ist es in dem Fall, dass ein Ölkonzern zum Öltransport ein Rohr versehentlich für eine kurze Strecke unter ein fremdes Grundstück legt und das Öl mit einem hohen Gewinn verkauft, fragwürdig, ob mit Surrogationserwägungen ein Gewinnausgleich begründet werden kann. In dieser Konstellation würde eine Surrogation bedeuten, dass sich das (beeinträchtigte) Eigentum am Grundstück an dem Gewinn des Ölkonzerns fortsetzt182. Eine solche Rechtsfortsetzung würde jedoch das Recht auf die Nutzung des Eigentums in schwer vertretbarer Weise zu einem gesicherten Gewinnerzielungsrecht aufwerten183. Untragbar wäre die Bejahung eines Gewinnausgleichs in diesem Fall umso mehr, als der Eigentümer des Grundstücks niemals selbst den Erlös erzielt hätte. Dazu müsste er nämlich Inhaber eines Ölkonzerns sein. Der Ölkonzern hätte ihn außerdem bei einer Einigung ex ante jedenfalls nicht am Gewinn beteiligt und ihm nur einen Ersatz für die Grundstücksnutzung, also einen angemessenen Mietzins gezahlt.
179 Geht man davon aus, dass nur der Wert des persönlichen Aufwands ersetzt wird, der Aufwand aber nicht zu einer Gewinnbeteiligung führt (vgl. Graphik 2), stünde dem Eigentümer des Fahrrads der gesamte Erlös von 300 ! zu. Im Gegenzug hätte der Fahrradhändler einen Anspruch auf Wertersatz für seinen Arbeitsaufwand in Höhe von 50 !. 180 Nach deutschem geltendem Recht soll deswegen in Fällen eines erhöhten Eigenaufwandes die Beteiligung des Rechtsinhabers am Gewinn ausscheiden, vgl. Ebert, Bereicherungsausgleich, S. 157 und BGH NJW 1995, 2627, 2628. 181 Jansen, in: HKK § 687 Abs. 2, Rn. 22; Helms, Gewinnherausgabe, S. 70. 182 Kritisch gegenüber dieser Konsequenz Gordley, Purpose of awarding, S. 46. 183 Vgl. Helms, Gewinnherausgabe, S. 70. Im Ergebnis ebenso Philipps v. Homfray [1883] 24 ChD 439.
III. Rechtsposition und eigentumsrechtliche Argumente
229
Als problematisch an einem Surrogationsansatz erweist sich schließlich auch die genaue Abgrenzung des Haftungsumfangs. Im Öl-Beispiel kann die Kausalität im Sinne einer conditio sine qua non zwischen dem unter dem Grundstück hindurch geführten Rohr und der Gewinnerzielung nicht bestritten werden. Allerdings erfolgt die Gewinnerzielung – anders als etwa bei der Veräußerung eines fremden Fahrrads gegen einen Kaufpreis – letztlich nicht unmittelbar durch die Verletzungshandlung, sondern erst durch den danach erfolgten Verkauf des Öls. Der Gewinnausgleich in der Form wie Wilburg und Linssen ihn vorschlagen, nimmt insoweit keinerlei Eingrenzung vor und führt deswegen zu einer unangemessenen ausufernden Haftung des Gewinnerzielenden. 4. Hanoch Dagans Kriterium der control Eine nicht an eigentumsrechtlichen Wertungen, sondern an der Rechtsposition im Allgemeinen orientierte Auffassung vertritt Hanoch Dagan. Der Rechtsinhaber soll dann Gewinnherausgabe verlangen können, wenn er ein besonderes Bedürfnis an der vollständigen Kontrolle über sein Recht hat184. Prinzipiell sollen nach Dagan dreierlei Sanktionen auf rechtswidrige Verhaltensweisen folgen können: Neben der Gewinnherausgabe stehen die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr sowie der kompensatorische Schadensersatz, die jeweils ein niedrigeres Maß an Rechtsschutz gewährleisten185. Welche Rechtsfolge einschlägig ist, soll von der Art des Rechts und der Rechtsverletzung abhängen. Je mehr das Recht den Rechtsinhaber persönlich betrifft, desto eher soll er geschützt und der Rechtsverletzer abgeschreckt werden und desto niedrigere Anforderungen sollen an die Vorwerfbarkeit seines Handelns gestellt werden186. Wenn Persönlichkeit, körperliche Unversehrtheit, Ehre oder Immobiliareigentum verletzt worden sind, müssen deswegen nach Dagan Gewinne immer abgeschöpft werden 187. Betraf die Verletzung dagegen etwa nur ein Wettbewerbsrecht, ein Patent oder Urheberrecht, so soll Gewinnherausgabe ausscheiden, weil diese Rechte nicht primär die einzelne Person schützen, sondern den Wirtschaftsverkehr im Allgemeinen. Insofern sollen sie keine hinreichende Bedeutung für ein Bedürfnis nach persönlicher Kontrolle haben, sondern vielmehr nur das well-being des Rechtsinhabers schützen. Gleiches soll für vorvertragliche Beziehungen oder 184
Dagan, Law and ethics, S. 213–217; Rotherham, Conceptual structure, S. 193. Die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr soll nach Dagan das well-being des Rechtsinhabers zur Folge haben, weil er so jedenfalls ein angemessenes Nutzungsentgelt erhält. Wird nur der Schaden ersetzt, so führt das letztlich zu einer Beteiligung des Verletzers am Recht (sharing), jedenfalls dann, wenn der Schaden niedriger ist als der Wert der Nutzung, Dagan, Law and ethics, S. 213–217. 186 Zustimmend Rotherham, Conceptual structure, S. 193. 187 Dagan, Unjust enrichment, S. 107. 185
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Handelsgeheimnisse gelten. Die Frage, ob es einer Kontrolle bedarf, ob ein Gewinnausgleich also in Betracht kommt, ist aus Dagans Perspektive damit letztlich normativer Natur 188. Es hängt von der Einordnung des jeweiligen Rechts ab, ob es einer Kontrolle bedarf und ob ein Gewinnausgleich in Betracht kommt. Indem Dagan mit dem Kontrollkriterium argumentiert, begründet er den Gewinnausgleich letztlich mit Abschreckungserwägungen, die an eine konkrete Rechtsverletzung anknüpfen. Die soziale und persönliche Bedeutung des betroffenen Rechts und die bewusste lukrative Verletzung sollen zu einer Gewinnherausgabe führen können. Dabei stimmt Dagan der verbreiteten Auffassung, dass der Berechtigte ein Recht auf den Gewinn haben muss, zwar zu. Dieses Recht soll sich jedoch nicht prinzipiell aus der eigentumsähnlichen Natur der Rechtsposition ergeben, wie dies Befürworter eines eigentumsrechtlicher Ansätze vertreten189, sondern nach den öffentlichen Werten (public values) der Rechtsverkehrssicherheit und des Rechtsschutzes, die gegeneinander abgewogen werden sollen. Ob der Gewinn herausgegeben werden muss, hängt nach Dagan davon ab, ob der Rechtsinhaber im Lichte der gesellschaftlich anerkannten Werte in der spezifischen Situation Kontrolle über sein Recht haben soll190. Etwa im Fall der Sklaverei ist die Gewinnherausgabe laut Dagan deswegen zwingend: Das normative Unrecht, das durch die schwerwiegende Verletzung der persönlichen Freiheit zugefügt worden sei, könne nur durch eine volle Gewinnabschöpfung ausgeglichen werden191. Dass derjenige, der einen anderen als Sklaven hält, davon profitiert, müsse verhindert werden. Prima vista ist die Begründung der Gewinnherausgabe mit dem Bedürfnis nach persönlicher Kontrolle über bestimmte Rechtspositionen durchaus plausibel. Allerdings soll nach Dagan jedes Recht gleichermaßen schutzwürdig sein können, wenn es nur eine herausragende persönliche Bedeutung für den Rechtsinhaber hat. Die Kontrolle über ein Recht kann freilich ebenso effektiv dadurch verwirklicht werden, dass eine Gewinnabschöpfung zu Gunsten des Staats erfolgt. Nach Dagan muss etwa der Auftragsschläger seinen Lohn an das Opfer herausgeben192. Das Opfer würde aber ebenso sehr geschützt, wenn es seinen Schaden ersetzt erhält. Denn es erreicht auch das maximal mögliche Maß an Kontrolle über die eigene körperliche Unversehrtheit, wenn der Schläger seinen Lohn an den Staat herausgeben muss. Warum gerade der
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Dagan, Law and ethics, S. 230. Dazu sogleich unter § 5 III 2. 190 Ebenso argumentiert Schoordijk, Nogmaals ongegronde vermogensvermeerdering, S. 13–14, der die Gewinnherausgabe deswegen durch einen Strafschadensersatz erreichen will. 191 Siehe oben § 5 I. 192 Gordley, Purpose of awarding, S. 54. 189
IV. Fiktion der Gewinnerzielung für einen Dritten
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Verletzte den Gewinn erhalten soll, begründet Dagan nicht und lässt insoweit eine Lücke in seiner Begründung des Gewinnausgleichs.
IV. Fiktion der Gewinnerzielung für einen Dritten 1. Negotiorum gestio Das deutsche und das schweizerische Privatrecht begründen die Pflicht zur Gewinnherausgabe damit, dass der Verletzer durch die Gewinnerzielung unbefugt ein fremdes Geschäft wahrgenommen haben soll193. Nach § 687 II S. 1 BGB i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 2. Var. BGB bzw. § 423 OR muss derjenige, der ein fremdes Geschäft so führt, als sei es sein eigenes (sogenannte Geschäftsanmaßung), die dabei erlangten Gewinne wie ein Geschäftsführer herausgeben. Obwohl mangels Fremdgeschäftsführungswillens also keine reguläre Geschäftsführung ohne Auftrag angenommen werden kann, wird der Verletzer so behandelt, als sei er Geschäftsführer, weil er durch sein rechtswidriges Verhalten nicht besser stehen soll, als derjenige, der in berechtigter Weise ein fremdes Geschäft wahrnimmt194. Einer solchen Begründung der Gewinnherausgabe haftet sicherlich auch ein Abschreckungselement an: Jemand wird als Geschäftsführer behandelt und muss deswegen Gewinne herausgeben, obwohl er eigentlich für sich selbst Gewinne erzielen wollte. Er wird für sich selbst tätig und steht letztlich so, wie wenn er den gesamten Gewinnerzielungsaufwand für jemand anderes aufgebracht hätte. Daneben vermag dieser Ansatz auch zu begründen, weshalb der Gewinn gerade dem Inhaber der verletzten Rechtsposition zusteht. Das fremde Tätigwerden in seiner Geschäftssphäre hat zur Folge, dass er als Geschäftsherr behandelt wird und ihm erzielte Gewinne zustehen. In der rechtsvergleichenden Untersuchung hat sich gezeigt, dass diese Argumentation seit jeher fast ausschließlich auf den deutschen Rechtskreis beschränkt geblieben ist195. Dies ist nicht verwunderlich, ist die Gleichstellung der Verletzung einer Rechtsposition mit einer Geschäftsführung doch keineswegs zwingend und dementsprechend vielfach – auch von deutschsprachigen Juristen – als systematisch verfehlt moniert worden196.
193
Vgl. dazu ausführlich Helms, Gewinnherausgabe, S. 119–212 m.w.N. und Amrein, Gewinnherausgabe, S. 37–42. 194 Statt aller Seiler, in: MünchKomm § 687, Rn. 4, 8. 195 Zu den wenigen Ausnahmen im französischen und niederländischen Recht siehe oben § 1 II und § 2 IV. 196 So etwa Haines, Bereicherungsansprüche, S. 8–11.
232
§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
Das englische Recht hat der Rechtsfigur der negotiorum gestio immer skeptisch gegenübergestanden197 und Rechtsprechung und Rechtswissenschaft haben einen Anspruch auf Gewinnherausgabe auf dieser Grundlage stets abgelehnt198. Das niederländische und französische Recht kennen zwar die Rechtsfigur der negotiorum gestio, lehnen die Gewinnherausgabe in Fällen, in denen bewusst fremde Geschäfte als eigene geführt werden, hingegen grundsätzlich ab. Es liege gerade keine Geschäftsführung, sondern vielmehr ein deliktisches Verhalten vor199. 2. Constructive trust und account of profits Obwohl dem englischen Recht ein Gewinnausgleich anhand einer negotiorum gestio fernliegt200, findet sich in einigen Fällen eine durchaus vergleichbare Argumentation: Der Verletzer soll den Gewinn deswegen herausgeben, weil er ihn für einen Dritten hätte erzielen sollen, dessen Rechte er bei der Gewinnerzielung verletzt hat. Bei der Rechtsfigur des constructive trust zeichnet sich dies besonders deutlich ab. Schon seit dem frühen 18. Jahrhundert gilt im englischen Recht, dass der Treuhänder (trustee) alles, was er bei der Verwaltung des trust erlangt, ebenfalls als trust für den Treuhandgeber (cestui que trust, beneficiary) hält, weil er in keiner Weise durch die Verwaltung der Treuhand bereichert werden darf und insoweit ein Anreiz zur Vermischung von Eigeninteressen mit den Interessen des Treuhandgebers von vornherein vermieden werden soll201. Der Treuhandgeber kann also den Gewinn herausverlangen, weil dieser durch die Verletzung seiner Rechtssphäre
197
Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. [1887] 34 ChD 234, 248: „The general principle is, beyond all question, that work and labour done or money expended by one man to preserve or benefit the property of another do not according to English law create any lien upon the property saved or benefited, nor, even if standing alone, create any obligation to repay the expenditure“. Bereits die pejorative Bezeichnung des Geschäftsführers als officious intermeddler bringt die negative Grundhaltung gegenüber der Geschäftsführung zum Ausdruck; dazu Dawson, Negotiorum gestio, S. 826; ebenso Gordon, Harms and benefits, S. 462–464. 198 Stoljar, Negotiorum gestio, S. 173. Dawson bezeichnet die Übertragung der Regeln der negotiorum gestio auf den eigennützig Handelnden sogar als „a strange perversion of rules that were made for altruists“, Dawson, Negotiorum gestio, S. 829. Anders allerdings Reynolds, Fiduciary duties, S. 250–251: „The case (English v. Dedham Vale Properties Ltd. [1978] 1 All ER 382, K.B.) is therefore on the fringes of normal agency principles. But it is difficult to see why a person not appointed as agent who purports to act as such should be in a better position than one who was actually appointed“. 199 Siehe oben § 1 II und § 2 IV. 200 Siehe Fn. 198; Dawson, Negotiorum gestio, S. 836. 201 Keech v. Sandford [1726] EWHC Ch J76; Weinrib, The fiduciary obligation, S. 1; Rusch, Gewinnhaftung, S. 70.
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unmittelbar Teil seines Vermögens (in equity) geworden ist202. Der trust entsteht dabei ausnahmsweise nicht durch eine Einigung der Parteien, sondern aufgrund einer Fiktion203, die den Rechtsverletzer von Verhaltensweisen dieser Art abhalten soll204. Derjenige, der sich rechtswidrig verhalten hat, wird zum (vollwertigen) Treuhänder (trustee) des dabei erlangten Vermögens, weil er durch sein rechtswidriges Verhalten nicht besser stehen soll, als wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte205. Fiktiver Treuhand„geber“ ist derjenige, dessen Rechtsposition durch die Gewinnerzielung verletzt wurde. Diese ursprünglich nur für den Treuhänder geltende Fiktion haben die Gerichte seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Abschreckungserwägungen auch auf alle Konstellationen übertragen, in denen sonstige Treuepflichten verletzt worden waren206. Vergleichbare Begründungsansätze bestanden zum waiver of tort, nach dem mit der action for money had and received Gewinne herausverlangt
202
„Any property which came into the hands of someone acting in a fiduciary capacity was held to come into his hands in trust for the beneficiary, to whom he had to account for any profit. [...] Where an agent or trustee made a profit out of the use of the principal’s money, or that of the trust, he was held liable to account for it, since it was regarded simply as the latter’s property“, Lobban, Oxford History, Bd. XII, S. 601–602 m.w.N. 203 Siehe oben § 3 I 3 b). 204 Vgl. York, Extension of restitutional remedies, S. 507, der den constructive trust als „a mechanism to compel tort-feasors and bargain breakers to disgorge the benefits of their wrongdoing by denominating them as ‘trustee’“ bezeichnet. 205 In Bezug auf die Verletzung treuhänderischer Pflichten siehe Millett, Bribes and secret commissions, S. 20: „[The fiduciary] must not place himself in a position where his interest may conflict with his duty. If he has done so, equity insists on treating him as having acted in accordance with his duty [...]“. Lord Millett hat seine Auffassung später bestätigt, vgl. ders., Bribes and secret commissions again, S. 583–614. Ebenso bereits Sir C. Pepys, der in der Entscheidung Docker v. Somes [1834] 2 My. & K. 655, 665 argumentiert hat, dass derjenige, der mit dem Geld eines anderen etwas gekauft oder es sonst verwendet hat, das dadurch Erlangte als trust für den Eigentümer des Geldes halte: „The law raises a trust by implication, clothing him, though a stranger, with the fiduciary character, for the purpose of making him accountable“. Ähnlich auch König, Gewinnhaftung, S. 62– 63: „Verwendet er [der trustee, K.B.] das ihm anvertraute Vermögen eigennützig, so besteht keinerlei Veranlassung ihn – ob schuldhaft oder schuldlos – hinsichtlich seiner Haftung besser zu stellen als den rechtmäßig Handelnden, m. a. W.: die Absicht des trustee, Erträge des trust fund zu unterschlagen, kann nicht dazu führen, seine Herausgabepflichten herabzumildern“. 206 Chambers, Liability, S. 40. Umfangreiche Darstellungen der Entwicklung dieser Tradition finden sich bei Rusch, Gewinnhaftung, S. 70–132 und Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 183–388, siehe auch Burrows, Judicial remedies, S. 1298– 1299, Rn. 21.156–158. Zur Entstehung von Treuepflichten Edelman, When do fiduciary duties arise?, S. 302–327. Jüngst hat der Court of Appeal die Entstehung solcher Pflichten restriktiv gehandhabt, Sinclair Investments v. Versailles [2011] EWCA Civ 347.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
werden konnten, die durch ein Delikt erlangt worden waren207. In frühen Entscheidungen haben Richter sogar argumentiert, dass das Erlangte deswegen herauszugeben sei, weil ein trust daran entstanden sei, den der Verletzer für den Verletzten verwalte208. Arden LJ hat in Bezug auf den account of profits ähnlich argumentiert. Dieser sei nichts anderes als ein „procedure to ensure the restitution of profits which ought to have been made for the beneficiary“209. Wenn jemand einen Gewinn für sich selbst erzielt habe, obwohl er ihn eigentlich für einen Dritten hätte erzielen müssen, müsse in irgendeiner Weise gewährleistet sein, dass der Dritte gleichwohl den Gewinn erhalte. Dies ermögliche der account of profits210. Anders als der constructive trust lässt der account of profits dabei kein dingliches Recht an dem Gewinn entstehen, sondern gibt lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf seine Herausgabe211. Diese schwächere Rechtsfolge des account of profits hat dazu geführt, dass er deutlich häufiger verwendet worden ist als der constructive trust. Die erläuterten Rechtsbehelfe waren ursprünglich auf bestimmte Einzelfälle, insbesondere Verletzungen von Treuepflichten und Immaterialgüterrech207 Das aktuelle englische Recht verzichtet weitgehend auf den waiver of tort, vgl. Burrows, Restitution, S. 643; ebenso Virgo, Restitution, S. 458, siehe oben § 3 I 1. 208 Martin v. Sitwell [1690] 1 Show. K. B. 156, 157: Der herauszugebende Geldbetrag sei „originally received to the plaintiff’s use“, siehe auch bereits oben § 3 I 1. Heute wird dieser Ansatz kaum noch vertreten. Vorherrschend ist die Begründung des waiver of tort, die Park J. in der Entscheidung Marsh v. Keating [1833–1834] 2 Cl. & F. 250, 285 entwickelt hat. In der Entscheidung ging es um die Frage, was der Verkäufer einer fremden Sache dem Eigentümer schuldet. Nach Park J. sollte der Eigentümer einen Anspruch auf Schadensersatz haben, alternativ aber den Gewinn herausverlangen können. Indem der Eigentümer den Gewinn herausverlange, erkenne er nämlich den Schädiger als seinen Vertreter (agent) an, billige den Verkauf und könne deswegen den Erlös herausverlangen (so auch Stoljar, Negotiorum gestio, S. 173–174; Lamine v. Dorell [1705] 12 Lde. Raym. 1216). Dabei beziehe sich diese Billigung nicht auf das gesamte Verletzerverhalten, sondern lediglich auf die Rechtsfolgen des Verletzerverhaltens, vgl. auch Lobban, Oxford History, Bd. XII, S. 573 m.w.N. Durch eine solche konkludente nachträgliche Billigung der Rechtsfolgen hat Park J. letztlich effektiv dasselbe erreicht wie die frühere Fiktion, dass der Verletzer den Gewinn von vornherein für den Rechtsinhaber erlangt hat: In beiden Fällen muss der Verletzer dasjenige herausgeben, was er durch die Verletzung einer fremden Rechtsposition erlangt hat. 209 Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959, 85, dazu Virgo, Causation and remoteness, S. 316–317. Vgl. auch Stoljar, Transformations of account, S. 204–205. 210 So auch jüngst Celanese International Corp. v. B.P. Chemicals Ltd. [1999] RPC, 203, 291, siehe oben § 3 II 2 b). 211 Thomas Terrell hat den account of profits damit begründet, dass ein Patentverletzer rechtwidrig erzielte Gewinne als trust für den Patentinhaber halte und der Patentinhaber sie deswegen – anhand des account of profits – herausverlangen könne, Terrell, Patents4, S. 329. Hier verschwimmen die Grenzen von constructive trust und account of profits, siehe oben § 3 II 2 a).
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ten, beschränkt212. Jedoch zeigte sich auch in anderen Rechtsgebieten ein stetig wachsendes Bedürfnis nach dem Ausgleich von Gewinnen. Deswegen hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich ausgeweitet und die Voraussetzungen für den Gewinnausgleich auch in Rechtsgebieten bejaht, in denen traditionell kein Gewinnausgleich vorgesehen war. So findet die Argumentation, dass ein Gewinn herausgegeben werden muss, wenn der Gewinnerzielende ihn für einen Dritten hätte erzielen müssen, seit den sechziger Jahren auch im Vertragsrecht Anwendung, wo eine Tradition des Gewinnausgleichs ursprünglich nicht verwurzelt war213. Denn das Bedürfnis nach der Verhinderung vertragswidriger Verhaltensweisen und nach dem Schutz einfacher Vertrauensverhältnisse, kann ähnlich groß sein wie das Schutzbedürfnis einer Treuebeziehung214. Die englische Rechtsprechung hat wiederholt die Anforderungen reduziert, die sie an das Treueverhältnis (fiduciary relationship) stellt, um in einer größeren Anzahl von Fällen einen Gewinnausgleich anordnen zu können (fictional fiduciary relationship215)216. So hatte in der Entscheidung Peter Pan Manufacturing Corp. v. Corsets Silhouette Ltd.217 ein Lingerie-Fabrikant Techniken verwendet, die er als vertrauliche Informationen von einem ehemaligen Auftraggeber erhalten hatte. Das Gericht argumentierte, der Auftraggeber habe dem Fabrikanten ein schutzwürdiges Vertrauen entgegengebracht, indem er ihm seine Techniken offengelegt habe. Hierdurch entstehe die (relative) Verpflichtung des Fabrikanten dieses Vertrauen nicht gewinnbringend zu missbrauchen. Das Vertragsverhältnis zwischen Fabrikant und Auftraggeber sei durch die Kündigung zwar beendet, bei dem Anspruch auf vertraulichen Umgang mit den Informationen handle es sich aber um eine geldwerte Rechtsposition, die ein fiduciary relationship zwischen den Parteien begründe. Die Verletzung des fiduciary relationship führe dazu, dass der Fabrikant so behandelt werden müsse, als habe er den Gewinn für den ur212
Zum Anwendungsbereich der einzelnen Rechtsbehelfe siehe oben § 3 I und II. Surrey County Council v. Bredero Homes [1993] 1 WLR 1361; Jaffey, Disgorgement, S. 93. 214 Vgl. Dagan, Restitution and relationships, S. 1038–1045. 215 Zur Begriffsbildung vgl. Jaffey, Nature and scope, S. 413–414. 216 Eine solch weite Auslegung nimmt das U.S.-amerikanische Recht bereits seit der Mitte des letzten Jahrhunderts vor, vgl. Dawson, Unjust enrichment, S. 38: „[T]here has been some slight tendency in modern decisions to generalize the grounds by including cases of gains received by persons not in any sense fiduciaries“. Sarah Worthington will noch einen Schritt weiter gehen und vertritt, dass ein Gewinnausgleich – auch bei Verletzungen absoluter Rechtspositionen – nur dann stattfinden kann, wenn derjenige, der den Gewinn erzielt hat, dabei gegen eine obligation of ‚good faith or loyalty‘ verstoßen hat: Ein Gewinnausgleich könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn er sich speziell aus dem Verhältnis von Kläger und Beklagtem ergebe, Worthington, Disgorgement, S. 218–240. Siehe oben § 3 III 1. 217 [1964] 1 WLR 96 (ChD). 213
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
sprünglichen Auftraggeber erzielt. Dieser könne deswegen den Gewinn mit dem account of profits herausverlangen218. Ein anderer Fall des extensiv ausgelegten fiduciary relationship ist O’Sullivan v. Management 219. In dieser Entscheidung hat der Court of Appeal bestätigt, dass auch bei gescheiterten Verträgen Treuepflichten bestehen können, wenn die Parteien beim Vertragsschluss in einem besonderen Näheverhältnis stehen. Der Komponist O‘Sullivan, der einen aufgrund von undue influence unwirksamen Vertrag mit einem Produzenten geschlossene hatte, konnte deswegen mit dem account of profits Gewinnherausgabe von dem Produzenten verlangen, der mit seiner Musik hohe Gewinne erzielt hatte, nachdem das Gericht festgelegt hatte, dass dieser so zu behandeln sei, als habe er den Gewinn für O‘Sullivan erzielt. Auch Lord Nicholls hat in der Entscheidung Attorney General v. Blake220 das fiduciary relationship weit ausgelegt221 und den Anwendungsbereich des account of profits auch auf die Verletzung schutzwürdigen Vertrauens ausgeweitet222. Im Fall hatte der ehemalige Geheimagent Blake Informationen in seiner Autobiographie verwendet, die er während seiner Anstellungszeit als staatlicher Geheimagent erhalten hatte, obwohl vertraglich festgelegt gewesen war, dass die Informationen vertraulich zu behandeln seien, und dadurch Gewinne erzielt223. Obgleich im Zeitpunkt der Entscheidung kein vertragliches Verhältnis mehr zwischen den Parteien bestand, urteilten die Richter, dass ein besonderes Treueverhältnis fortbestehe224 und der Agent Blake des218
Dazu Witzleb, Gain-based remedies, S. 332–334. Zum Gewinnausgleich bei Verletzungen schutzwürdigen Vertrauens: Burrows, Restitution, S. 689–694. 219 [1985] 1 QB 428. Peter Schlechtriem bespricht diese Entscheidung im Zusammenhang mit Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Schlechtriem, Restitution, Bd. II, S. 260). Dieses wird in der Entscheidung hingegen überhaupt nicht thematisiert. Vielmehr hat Dunn L.J. den account of profits lediglich mit der Verletzung der fiduciary duty begründet. 220 [2001] 1 AC 268; dazu ausführlich McKendrick, Contract, S. 922–926; aus kontinental-europäischer Perspektive Bollenberger, Gewinnabschöpfung, S. 892–906. 221 Jaffey, Nature and scope, S. 414, siehe auch Virgo, Causation and remoteness, S. 318. Die Argumentation aus Attorney General v. Blake findet sich wieder in Esso Petroleum Co. Ltd. v. Niad Ltd. [2001] All ER (D) 324. Rusch, Gewinnhaftung, S. 130–132 ordnet dahingegen die Gewinnherausgabe bei Verwendung vertraulicher Informationen als konkurrierend zur Gewinnherausgabe bei breach of fiduciary duty ein. 222 Dabei hat er sie wertungsmäßig mit der Verletzung eigentumsähnlicher Rechtpositionen gleichgesetzt: Attorney General v. Blake [2001] 1 AC 268, 283: „[I]t is not easy to see why, as between the parties to a contract, a violation of party’s contractual rights should attract a lesser degree of remedy than a violation of his property rights“. 223 Zur Herausgabe von Vorteilen nach Verletzung vertraulicher Informationen im englischen Recht siehe Viskorf, Informationsschutz, S. 87. 224 „The undertaking, if not a fiduciary obligation, was closely akin to a fiduciary obligation where an account of profits is a standard remedy in the event of breach“, [2001] 1 AC 268, 287. Ebenso hatte der Court of Appeal in der Vorinstanz argumentiert: „The
IV. Fiktion der Gewinnerzielung für einen Dritten
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wegen in Bezug auf seine Gewinne wie ein Treuhänder des Staates behandelt werden müsse225. Eine weitere Entscheidung, in der englische Gerichte das fiduciary relationship ausgesprochen weit ausgelegt und deswegen ein Gewinnausgleich vorgenommen haben, ist English v. Dedham Vale Properties226. Der Fall betrifft einen Grundstückskaufvertrag, der zu einem niedrigen Preis abgeschlossen worden war, weil das Bauamt einen Antrag auf eine Baugenehmigung abgelehnt hatte und die Verkäuferin deswegen davon ausging, dass eine Baugenehmigung für das Grundstück gänzlich ausgeschlossen sei. Während der Vertragsverhandlungen hatte die Käuferin aber schon – unter dem Namen der Verkäuferin – einen Antrag auf eine Baugenehmigung für einen Teil des Grundstücks gestellt und auch eine Genehmigung erhalten, durch die das Grundstück etwa doppelt so viel wert war wie der vereinbare Kaufpreis. Die Verkäuferin verlangte Gewinnherausgabe in Form des account of profits. Die Richter bejahten den Anspruch, weil eine Treuebeziehung zwischen Verkäuferin und Käuferin entstanden sei, als die Käuferin sich als Vertreterin der Verkäuferin ausgegeben habe. Die hieraus erwachsenden Treuepflichten habe die Käuferin verletzt. Deswegen müsste ihr Gewinn als für die Verkäuferin erzielt gelten227. Wann es die Tatsachenlage rechtfertigt, dass der Rechtsverletzer so gestellt wird, als habe er den Gewinn in rechtmäßiger Weise erzielt, hängt also von der jeweiligen Fallkonstellation ab. Die beschriebenen Rechtsfiguren (constructive trust, waiver of tort und account of profits) bieten als solche jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür; handelt es sich doch um die Rechtsfolgen rechtswidriger Verhaltensweisen, die prinzipiell losgelöst vom Haffiduciary duty continued after the defendant’s service with the Crown was terminated. Were it to cease when he left the service of the Crown the duty would be emasculated. [...] Since the duty is based on the fiduciary relationship which exists between employer and employee, and not on the confidential nature of the information in question, it continued after the information ceased to be confidential“, [1998] Ch 439, 453. Ähnlich auch bereits die Entscheidung Reading v. Attorney General [1951] AC 507. 225 Äußerst kritisch Barrett, The „most wrong“ equity cases 1990 – 2003: „Attorney General v. Blake [...] is a decision that does not fit principle. In that sense, it is a bad case. Whether it is a bad equity case or a bad common law case is a matter for debate. It may be a bad common law case because it makes an equitable remedy available in a case calling for a common law remedy. It may be a bad equity case because it misapplies the equitable remedy. [...] Even though fiduciary duties were over and done with, the House of Lords ordered an account of profits as a remedy for breach of contract. [...] Lord Nicholls’ message about the extraordinary nature of the account of profits remedy, although mentioned, was, it seems, largely ignored“. 226 [1978] 1 All ER 382; dazu Reynolds, Fiduciary duties, S. 250–251. 227 Kritisch zu dieser Einordnung als fiduciary relationship Beatson, Use and abuse, S. 241; kritisch zum Gewinnausgleich bei Vertragsverletzungen im Allgemeinen Beale, Exceptional measures, S. 238–243.
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tungsgrund stehen und deren spezifische Voraussetzungen die englische Rechtsprechung jeweils nur im Einzelfall spezifiziert hat228. Wenngleich im englischen Recht eine Gewinnherausgabe aufgrund von Geschäftsführungserwägungen nicht verwurzelt ist, können demnach gewisse inhaltliche Parallelen festgestellt werden. Dies hat bereits Josef Kohler zu Beginn des 20. Jahrhunderts festgestellt und die Begründungsansätze für die Gewinnherausgabepflicht im deutschen und im englischen Recht ohne Weiteres gleichgesetzt, um die Haftung des Geschäftsanmaßenden unter Verweis auf die englische Rechtsfigur des constructive trust zu begründen229. Ebenso hat etwa ein halbes Jahrhundert später John Dawson auf die „numerous parallels between the problems of our own law of restitution and the problems of ‘impure’ gestio“230 hingewiesen, obgleich ohne zu erörtern, in welcher Form diese bestehen. Jedenfalls hat Dawson aber klar zwischen den strukturellen Unterschieden des Gewinnausgleichs anhand der Geschäftsanmaßungskonstruktion und der englischen restitution differenziert. Im Gegensatz zur restitution führe die Gewinnherausgabe anhand der unechten Geschäftsführung zu Widersprüchen, weil die Geschäftsführung ohne Auftrag und ihre rechtliche Ausgestaltung für altruistisches Handeln konzipiert sei. Die hierdurch entstehenden Widersprüche umgehe das common law eleganter durch Rechtsfiguren wie das equitable accounting und den constructive trust. Insoweit sei das common law dem deutschen Recht voraus und für das englische Recht liege „no gold in this particular hill [Gewinnausgleich anhand der „impure“ gestio]“231. Auch Hugh Laddie hat die Gewinnherausgabepflicht des Urheberrechtsverletzers damit begründet, dass dieser so behandelt werden müsse, als habe er die Verletzung als Geschäft des Urheberrechtsinhabers in dessen Auftrag 228
Hinsichtlich der parallelen Problematik bei Treuepflichtverletzungen Rusch, Gewinnhaftung, S. 94–95: „Der sachliche Grund für die Gewinnherausgabepflicht liegt damit nicht im Vorliegen des constructive trust, sondern in der Erfüllung der davon unabhängigen Anspruchsgrundlage der Treuepflichtverletzung. Für die Untersuchung der Voraussetzungen der Gewinnherausgabepflicht ist die Rechtsfigur des constructive trust also ohne Erkenntniswert“. 229 Kohler, Handbuch, S. 569: „Das [die Pflicht zur Gewinnherausgabe, K.B.] ergibt sich schon aus dem Gedanken, dass sich ein jeder arglistige Verletzer als Geschäftsführer des Verletzten behandeln lassen muss [...], oder wie das englische equity-Recht lehrt: Er ist als ein trustee des Verletzten zu betrachten und zu behandeln“. 230 Dawson, Negotiorum gestio, S. 836, 1073. 231 Dawson, Negotiorum gestio, S. 836. Ebenso Stoljar, Negotiorum gestio, S. 173: „[...] there is little to be learned [...] from the doctrine of impure gestio in general. [...] negotiorum gestio is as undesirable as it is an inappropriate vehicle to furnish such a remedy either against a tortfeasor or against a contract breaker or against any other fiduciary making secret profits or unfair gains. [...] the CIVIL LAW would be better served if fiduciary wrongdoers were to be more directly and more openly liable [...] to disgorge the secret gains or profits they have made“.
IV. Fiktion der Gewinnerzielung für einen Dritten
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betrieben. Aufgrund dieser Auftragsfiktion sei er verpflichtet, seinem Auftraggeber (principal) die dabei erlangten Gewinne herauszugeben232. Strukturell ähnelt ein in dieser Weise begründeter account of profits der Geschäftsanmaßung. In ähnlicher Weise hat auch Ernst van Caemmerer die Parallelen zwischen Geschäftsanmaßung und constructive trust auf den Punkt gebracht. Der Rechtsverletzer wird aufgrund seiner subjektiven Einstellung in die „Rolle eines constructive trustee, also eines Treuhänders wider Willen, hineingezwungen“233 und steht deswegen im Ergebnis so, wie er es gerade nicht beabsichtigte, als er den Gewinn erzielte. Der Rechtsinhaber erhält nach dieser Begründung den Gewinn also nicht rein zufällig (windfall234), sondern weil er ihm zusteht. Ein wichtiger Unterschied bleibt freilich, dass die Gewinnherausgabepflicht des deutschen Geschäftsanmaßenden Vorsatz voraussetzt235. Die Begründung des Gewinnausgleichs mit der Fiktion einer Gewinnerzielung für einen Dritten berücksichtigt die bipolare Struktur des Gewinnausgleichs. Denn sie bietet zum einen einen normativen Grund dafür, dass der Rechtsverletzer den Gewinn herausgeben muss, und zum anderen dafür, dass der Rechtsinhaber ihn erhalten soll. Was allerdings Schwierigkeiten bereitet, ist die Annahme des nachträglich zwischen den Parteien fingierten Vertrages. Eine Vertragsfiktion bedeutet, dass in einer Situation, in der die Parteien sich nicht geeinigt haben, sämtliche Rechtsfolgen einer solchen Einigung dennoch eintreten. Auf diese Weise entsteht unter anderem ein Anspruch auf Gewinnherausgabe. Darüber unterliegen die Parteien aber auch allen sonstigen Rechten und Pflichten, die im Rahmen einer Vertragsbeziehung bestehen. Auf einen solchen Vertrag haben sich die Parteien aber nicht geeinigt – und sie hätten sich womöglich auch nicht darauf geeinigt. Zwar mag sich die Vertragsfiktion für die Begründung der Gewinnherausgabe eignen. Sie zieht doch eine Vielzahl an nicht beabsichtigten, darüber hinausgehenden rechtlichen Konsequenzen nach sich. Deswegen erscheint eine Theorie, deren Konsequenzen sich ausschließlich auf die Begründung des Gewinnausgleichs beschränken, vorzugswürdig. Diese Schwierigkeiten hinsichtlich der Vertragsfiktion bestehen bei der deutschen Geschäftsanmaßung und dem englischen constructive trust glei232
Laddie/Prescott/Vitoria, Law of copyright, Bd. I, S. 931, siehe oben § 3 II 3 b). von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360. Allerdings wollte von Caemmerer den Gewinnausgleich auf Fälle der vorsätzlichen Rechtsverletzung begrenzen. 234 Cane, Exceptional measures, S. 322; Weinrib, Restitutionary damages, S. 2. 235 Ein umfangreiches – aber unkritisch am geltenden deutschen Recht orientiertes – Plädoyer für ein Vorsatzerfordernis findet sich bei Krumm, Bewußt widerrechtliche Inanspruchnahme, S. 137–188; ebenso Nipperdey, Eingriff in Interessensphären, S. 166. Im schweizerischen Recht besteht ein solches Vorsatzerfordernis nicht, siehe Art. 423 I OR, dazu Amrein, Gewinnherausgabe, S. 70. 233
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
chermaßen. Als Lösung kommt nur eine Alternative in Betracht, die zwar die Bipolarität des Gewinnausgleichs berücksichtigt, jedoch auf eine Vertragsfiktion verzichtet.
V. Zwischenergebnis Der Abschnitt hat gezeigt, dass die Begründung des Gewinnausgleichs nicht einheitlich erfolgt. So begründen Rechtswissenschaftler den Gewinnausgleich mit Abschreckungserwägungen, oder aber verweisen auf das Ziel der erfolgreichen Schadenskompensation, die prinzipielle Zuordnung von Gewinnen zum Rechtsinhaber oder die Fiktion der Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber236. In welchen Fällen welche Begründung greift, beantworten die untersuchten Rechtsordnungen dabei nicht einheitlich. Vielfach greifen die Gründe auch kumulativ. Wenn etwa jemand anhand eines fremden Patents, für das der Patentinhaber keinesfalls eine Lizenz erteilt hätte, ein Produkt entwickelt, das er äußerst lukrativ auf den Markt bringt, erscheint es unangemessen, ihm den Gewinn zu belassen, jedenfalls dann, wenn ihm bekannt war, dass er sich um eine Lizenz hätte bemühen müssen und er bewusst darauf verzichtet hat. Der Gewinnausgleich hat hier verschiedene Gründe: Erstens soll der Patentverletzer nicht von seinem rechtswidrigen Verhalten profitieren, sodass für ihn kein Anreiz zu patentwidrigen Verhaltensweisen besteht. Zweitens kann durch die Gewinnherausgabe effektiv eine Schadenskompensation erreicht werden, ohne dass der Patentinhaber dafür den schwierigen Nachweis eines hierdurch entgangenen Gewinns bringen müsste. Drittens wird argumentiert, dass dem Rechtsinhaber Gewinne, die mit seinem Recht erzielt werden, prinzipiell zustehen und der Patentinhaber deswegen einen Anspruch auf Herausgabe des Gewinns hat. Ein viertes Argument für den Gewinnausgleich ist schließlich, dass der Patentverletzer in einer fremden Rechtssphäre tätig geworden ist und deswegen durch eine nachträgliche Fiktion erreicht werden muss, dass er den Gewinn für den Patentinhaber erzielt hat und ihn dementsprechend herausgeben muss. Eine exklusive Einordnung der jeweiligen Gewinnerzielung in eine der Fallgruppen greift häufig zu kurz. Das alleinige Erfordernis der Prävention liefert ebenso wenig einen hinreichenden Grund für den Gewinnausgleich wie die Kompensationswirkung. Besteht nämlich ein Präventionsbedürfnis, so begründet dies nicht, weshalb gerade einem Dritten der Gewinn zustehen 236
So etwa Friedmann, Restitution of benefits, S. 510, 551; Virgo, Restitution, S. 432– 435; Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 1034–1042. Eine Ausnahme bildet hier aktuell wohl Weinrib, Restitutionary damages, S. 1, der eine Gewinnverteilung ausschließlich nach seinem corrective justice approach befürwortet, siehe oben § 5 III 2; ähnlich auch Linssen, Voordeelsafgifte, S. 535–579.
V. Zwischenergebnis
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soll. Ebenso mag eine Schadensberechnung anhand des Gewinns zwar den Schadensermittlungsprozess erleichtern, gleichwohl entbehren Fälle, in denen der Gewinnausgleich ausschließlich als vorteilsförmige Kompensation verstanden wird, jeglichen normativen Fundaments 237. Auch die ausschließliche Zuordnung von Gewinnen zum Inhaber des Rechts, mit dem der Gewinn erzielt wurde, überzeugt in vielen Fällen nicht. Zwar mag diese Form der Vorteilszuordnung in einzelnen Fällen der Fruchtziehung aus fremdem Eigentum noch überzeugen. Aber sogar in Fällen, in denen Rechtsposition und Gewinn eng miteinander verknüpft sind, kann von einem allgemeinen Prinzip der Gewinnzuordnung zum Rechtsinhaber keine Rede sein. Denn es ist weitgehend anerkannt, dass der gutgläubige Besitzer durchaus auch Früchte ziehen und sie behalten kann238. Ebenso bestehen zumindest Zweifel daran, ob der unbefugte Veräußerer einer Sache zur umfassenden Herausgabe des Verkaufserlöses verpflichtet ist, wenn er einen erheblichen Eigenaufwand betrieben hat und sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns nicht bewusst war239. Gerade wenn die betroffene Rechtsposition und der erzielte Gewinn nun aber weniger eng miteinander verknüpft sind als in diesen Fällen, lässt sich der Gewinnausgleich nicht ausschließlich mit der Erwägung begründen, dass alle Vorteile, die durch Rechtsverletzungen erzielt werden, dem Rechtsinhaber zustehen240, wie etwa bei der Gewinnerzielung durch die Verletzung eines fremden Patents. Denn der Rechtsverletzer betreibt stets auch einen erheblichen Eigenaufwand und bringt in der Regel eigene Rechte ein, um den Gewinn zu erzielen. Dieser Einsatz muss bei der Gewinnverteilung auch Berücksichtigung finden. Keiner der Begründungsansätze genügt allein, um in allen Fällen einen gerechten Gewinnausgleich zu ermöglichen. Deswegen werden sie in der Regel kumulativ oder alternativ verwendet. Gewinnausgleich bedeutet, dass einerseits ein Gewinn abgeschöpft und andererseits dieser Gewinn einer anderen Person zugewiesen wird, die gegebenenfalls wiederum den Gewinnerzielenden angemessen entschädigen muss. Wird ein Gewinnausgleich angestrebt, müssen also immer zwei Fragen geklärt werden: Warum jemand einen Gewinn abgeben muss und warum gerade der Rechtsinhaber den Gewinn erhalten soll (Bipolarität241). Die Argumente der Abschreckung und der Beweiserleichterung beim Schadensersatz berücksichtigen diese bipolare Struktur jedenfalls nicht hinreichend 242. Die Surrogation sowie die Fiktion – sei es einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder eines trust – eignen sich schon eher zur Begründung eines bipo237 238 239 240 241 242
Siehe oben § 5 II 4. Gordley, Foundations, S. 448, siehe oben § 1 I 1 c) und § 2 II 1 a). Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113, siehe oben § 1 I 1 b). So auch Gardner, Torts and other wrongs, S. 50. Zur Bipolarität siehe oben Fn. 23. So auch Bydlinski, System und Prinzipien, S. 92.
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§ 5 Begründungen für den Gewinnausgleich
laren Gewinnausgleichs, denn sie begründen, weshalb der Verletzer seinen Gewinn abgeben muss und weshalb dieser Gewinn dem Rechtsinhaber zusteht. Allerdings befriedigen diese Begründungsmodelle letztlich auch nicht. Denn weder steht dem Rechtsinhaber per se alles mit seinem Recht Erzielte zu, noch handelt es sich bei der Gewinnerzielungsfiktion um eine die Bedürfnisse der Parteien hinreichend berücksichtigende Lösung. Im Folgenden soll deswegen versucht werden, die Gemeinsamkeiten der Fälle, in denen ein Gewinnausgleich erfolgt, festzustellen und hierdurch die Struktur des Gewinnausgleichs kenntlich zu machen. Eine solche Systembildung muss drei Kriterien berücksichtigen: Wertungsangemessenheit, klare Tatbestandsbildung und historische Anknüpfungsfähigkeit243.
243
Vgl. zu diesen Kriterien Jansen, Struktur des Haftungsrechts, S. 547–550 m.w.N. Skeptisch zu einer Systembildung für die Fälle vorteilsorientierter Haftung, also auch hinsichtlich des Gewinnausgleichs Böger, System der vorteilsorientierten Haftung, S. 150; ebenso Birks, Civil wrongs, S. 97: „[T]here is no hope of certainty in a purely conceptual line“.
§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs I. Ausgangspunkt selbstbestimmter Gewinnerzielung Ausgangspunkt einer jeden Gewinn-Umverteilung muss sein, dass es zunächst einmal jedermann freisteht, Gewinne zu erzielen1. Insoweit unterscheidet sich die Gewinnerzielung von der Schadenszufügung. Während die Gewinnerzielung gesellschaftlich erwünscht ist2 und es Geschäftsleuten freisteht, selbst zu bestimmen, wie und für wen sie Gewinne erzielen, haftet der Schadenszufügung ein (moralischer) Unwert an3. Schädigt eine Person eine andere, so stellt sich stets die Frage nach der Haftung. An diese werden in vielen Fällen qualifizierte Anforderungen gestellt. So kann zu klären sein, ob die Schädigung schuldhaft zugefügt wurde. Sogar wenn man eine solche schadensbezogene Perspektive auf die Haftung ablehnt und von einem verhaltensbezogenen Rechtswidrigkeitsbegriff ausgeht, steht dies dem prinzipiellen Unwert der Schädigung nicht entgegen. Denn auch wenn nur die Verletzung von Verhaltenspflichten (in Verbindung mit einem dadurch kausal verursachten Schaden) zur Haftung führt4, bedeutet dies nicht, dass dem Schädigungserfolg kein (moralischer) Unwert anhaften kann. Schädigungen ohne vorangegangene Verhaltenspflichtverletzung mögen – aus verschiedensten Gründen – gesellschaftlich geduldet sein; gesellschaftlich erwünscht sind sie jedenfalls nicht. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass zumindest irgendjemand einen Nachteil durch sie hat. Bei der Gewinnerzielung ist es anders. Denn sie erfolgt nicht per se zu Lasten einer anderen Person. Der Normalfall ist vielmehr die rechtmäßige Gewinnerzielung. Es stellt sich also nicht automatisch die Frage nach der Haftung. Im Gegenteil: um wirtschaftliches Tätigwerden anzuregen, ist es wichtig, dass Gewinnerzielende nicht immer das Damokles-Schwert der Gewinnabschöpfung über sich hängen haben. Denn dieses dürfte wirtschaftliche Tätigkeit im Kern ersticken. Wer bemüht sich schon um die Erzielung 1
„[T]he freedom to profit constitutes an important aspect of our personal autonomy“, Barker, Responsibility for gain, S. 55 m.w.N. 2 Cane, Exceptional measures, S. 321–322; Zamir, Loss aversion and the law, S. 832. 3 Siehe Einleitung Fn. 1. 4 Zum verhaltensbezogenen Rechtswidrigkeitsbegriff siehe Jansen, Struktur des Haftungsrechts, S. 300–302.
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
von Gewinnen, wenn er stets mit dem Risiko konfrontiert ist, die Gewinne wieder herausgeben zu müssen? In Fällen der Gewinnerzielung muss die Haftung also immer erst positiv begründet werden. Auch wenn Gewinnerzielungen also – anders als Schadenszufügungen – prinzipiell frei erfolgen können und sollen, darf der Gewinnerzielende dabei nicht fremde Rechte, seien sie absolut oder relativ, verletzen. Soweit er seine Gewinne dennoch durch die Verletzung fremder Rechtspositionen erwirtschaftet hat, kann deswegen ein Gewinnausgleich zu Gunsten des Inhabers der Rechtsposition notwendig sein.
II. Formen rechtmäßiger Gewinnerzielung Wird der Gewinn in rechtmäßiger Weise erzielt, scheidet ein Gewinnausgleich aus. Eine solche rechtmäßige Gewinnerzielung kommt in verschiedenen Formen in Betracht. Üblicherweise wird der Gewinnerzielende beabsichtigen, den Gewinn für sich selbst zu erzielen. Wenn er dies mit eigenem Einsatz tut und gegebenenfalls auch eigene Rechte einbringt, bestehen keine Zweifel daran, dass ihm der Gewinn auch zusteht (Graphik 4).
Eigener Gewinn ewinn
Eigener Aufwand
Eigene Rechte
Graphik 4: Gewinnerzielung für sich selbst
Von dieser „natürlichen“ Gewinnzuordnung können die Parteien durch Vertrag abweichen. Liegt eine entsprechende Absprache vor, so kann der Gewinnerzielende den Gewinn auch für einen anderen erzielen. Bei einer solchen Gewinnerzielung für einen Dritten kann er auch eigene Rechte einset-
245
II Formen rechtmäßiger Gewinnerzielung II.
zen und wird üblicherweise Eigeneinsatz zeigen. Durch den Vertrag erzielt er den Gewinn aber für den Dritten, der bei der Gewinnschöpfung möglicherweise auch eigene Rechte einbringt. Üblicherweise lässt sich der Gewinnerzielende im Gegenzug angemessen für seinen Eigeneinsatz entlohnen und darüber hinaus für den Einsatz seiner eigenen Rechte einen Wertersatz zahlen (Graphik 5).
Eigene Rechte
Fremde Rechte
Wert-/Aufwendungsersatz
Fremder Gewinn
Eigener Aufwand
Graphik 5: Gewinnerzielung für einen Dritten
Alternativ können Gewinne auch teilweise für sich selbst und teilweise für einen anderen, beispielsweise einen Teilhaber an einem gemeinsamen Unternehmen, erzielt werden. Auch eine solche anteilige Gewinnerzielung für einen anderen setzt eine Absprache der Parteien darüber voraus, wem welcher Teil des Gewinns zusteht (Graphik 6). Die Parteien können dabei die Anteile variabel bestimmen. Derjenige, der den Gewinnerzielungsaufwand betrieben hat, muss nicht zwingend in Höhe seines Aufwands am Gewinn beteiligt werden. Üblicherweise wird sein Anteil dafür aber zumindest leicht gesteigert sein.
246
§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Fremder Gewinnanteil
Eigener Gewinnanteil
Eigene Rechte
Fremde Rechte
Eigener Aufwand
Anteile variabel (vertraglich festgelegt)
Graphik 6: Anteilige Gewinnerzielung für einen Dritten
Möchte der Gewinnerzielende einen Gewinn für sich selbst erzielen und ist er dabei darauf angewiesen, auch fremde Rechte zu nutzen, so kann er anstelle einer Gewinnbeteiligung des Inhabers des fremden Rechts schließlich auch vereinbaren, dass er den Gewinn für sich selbst erzielt, aber dem Rechtsinhaber den Nutzungswert ersetzt (Graphik 7). Für die Nutzung kann der Rechtsinhaber üblicherweise die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen. Der Gewinnerzielende „erkauft“ sich damit die Möglichkeit, ein fremdes Recht zu nutzen. Damit lässt sich festhalten, dass, soweit der Gewinnerzielende in einer fremden Rechtssphäre tätig wird, seine Gewinnerzielung nur dann in rechtmäßiger Weise erfolgt, wenn er mit dem Rechtsinhaber einen Vertrag geschlossen hat, in dem dieser ihm die Befugnis dazu gibt, sein Recht zur Gewinnerzielung zu nutzen. Im Gegenzug werden sich die Parteien üblicherweise entweder darauf einigen, dass der Rechtsinhaber ein Nutzungsentgelt erhält, oder aber darauf, dass er am Gewinn beteiligt wird.
III Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung III.
Eigener Gewinn
Eigene Rechte
Fremde Rechte
247
Wertersatz
Eigener Aufwand
Graphik 7: Gewinnerzielung für sich selbst, fremde Rechte nutzend
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung Wie ist nun aber mit Fällen umzugehen, in denen der Gewinnerzielende auf eine solche Absprache verzichtet hat, mit anderen Worten in eine fremde Rechtssphäre eingedrungen ist, ohne dem Berechtigten eine Gegenleistung dafür anzubieten? In einem Aufsatz von 1967 hat Ronald Dworkin das Prinzip, dass derjenige, der sich rechtswidrig verhält, den dabei erzielten Gewinn nicht behalten darf, als Standardbeispiel für ein Rechtsprinzip verwendet. Es sei ein „requirement of justice or fairness or some other kind of morality“5, dass ein in rechtswidriger Weise erzielter Gewinn herausgegeben werden müsse. Damit hat er die Möglichkeit einer freien und selbstbestimmten Gewinnerzielung in solchen Fällen ausgeschlossen, in denen der Gewinnerzielende sich rechtswidrig verhalten hat. Verfolgt man bei der Erörterung der Rechtsfolgen rechtswidriger Gewinnerzielungen einen ökonomisch-utilitaristischen Ansatz, so ist die Beschränkung der selbstbestimmten Gewinnerzielung keineswegs zwingend. Erwirtschaftet der Rechtsverletzer mehr, als der Rechtsinhaber hätte erwirtschaften können, so maximiert er den Gesamtgewinn. Aus einer ökonomischjuristischen Perspektive wäre eine Gewinnabschöpfung in diesem Fall kontraproduktiv. Ein solcher Ansatz berücksichtigt jedoch nicht die Individualinteressen der jeweiligen Partei und Gerechtigkeitserwägungen bleiben auf der 5
Dworkin, Model of rules, S. 23.
248
§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Strecke. Warum sollte A den Gewinn behalten dürfen, den er nur erzielt hat, weil er Bs Rechte verletzt hat und warum sollte B leer ausgehen, nur weil dies insgesamt einen ökonomischen Vorteil mit sich bringt? Vorzugswürdig erscheint ein Ansatz, der nicht nur das Gesamtergebnis, sondern auch den Einzelnen im Blick hat, sodass die individuelle Nutzenposition den utilitaristischen Gesamtnutzen begrenzt. Wenn derjenige, der sich ordnungsgemäß verhält und in rechtmäßiger Weise Gewinne erzielt, letztlich schlechter steht als derjenige, der sich rechtswidrig verhält, führt dies zum einen zu einem finanziellen Anreiz, in rechtswidriger Weise zu wirtschaften6, und zum anderen zu einer Schwächung des Vertrauens in die Rechtsordnung7. Diese Konsequenzen lassen sich vermeiden, indem rechtswidrig Handelnde in die Situation versetzt werden, in der sie sich befänden, wenn sie sich rechtmäßig verhalten hätten8. Wie im letzten Abschnitt gezeigt, hätte derjenige, der durch die Verletzung einer fremden Rechtsposition einen Gewinn erzielt hat, diesen Gewinn nur in rechtmäßiger Weise erzielen können, wenn er sich mit dem Rechtsinhaber darüber geeinigt hätte, dass er unter Nutzung seines Rechts einen Gewinn erwirtschaftet9. Dabei dürften sich die Parteien im Gegenzug entweder auf die Zahlung einer Lizenzgebühr oder darauf geeinigt haben, dass der Gewinnerzielende (teilweise) für den Rechtsinhaber wirtschaftet. Je nach Fallkonstellation muss der Rechtsverletzer also entweder nachträglich eine Lizenzgebühr zahlen oder aber den Gewinn (teilweise) herausgeben. Im Gegenzug zur (teilweisen) Gewinnherausgabe erhielte er einen Anspruch auf 6
Jaffey, Restitutionary damages, S. 37: „[A]llowing the defendant to keep his profit creates a perverse incentive to offend“. 7 Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung, S. 437–438. 8 Gordley, Foundations, S. 455–456; Cooter/Ulen, Law & Economics, S. 320: „When disgorgement is perfect, the injurer is indifferent between doing right, on one hand, or doing wrong and paying disgorgement damages, on the other hand“. Das englische Recht argumentiert an dieser Stellen mit dem Prinzip tort does not pay, siehe Virgo, Causation and remoteness, S. 301 und ders., Restitution2, S. 431, siehe auch oben § 3 III 1. In Bezug auf die Pflicht zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr hat auch der Bundesgerichtshof im Rahmen der dreifachen Schadensberechnungsmethode so argumentiert (BGHZ 44, 372, 377), vgl. Haines, Bereicherungsansprüche, S. 18 m.w.N. Zu dieser Argumentation im Zusammenhang mit der Geschäftsanmaßung Krumm, Bewußt widerrechtliche Inanspruchnahme, S. 149–150, 155. Eine ähnliche Argumentation im Fall der Verletzung von fiduciary duties im englischen Recht findet sich bei Getzler, Interdisciplinary view, S. 974: „[The purpose of profit-stripping remedies] is not simply to deter and punish breach, but also to induce the particular fiduciary to act as if trust had been maintained“. Auch der Lord Chancellor in der Entscheidung Keech v. Sandford [1726] EWHC Ch J76 hat mit einer solchen (equitable) presumption of honesty argumentiert. Der treuwidrig handelne fiduciary soll so stehen, wie wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte. 9 Dies entspricht auch der englischen equity-Regel ‚equity regards as done which ought to have been done‘.
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung
249
Aufwendungsersatz. Indem der Rechtsverletzer in die Situation versetzt wird, in der er sich befände, wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte, wird er angeregt, in vergleichbaren Fällen Absprachen mit dem Inhaber der fremden Rechtssphäre zu treffen10. Da es sich hierbei nicht um eine Strafe handelt, sondern um eine zivilrechtlich zulässige Verhaltenssteuerung, verstößt ein solcher Ansatz nicht gegen verfassungsrechtlich gewährleistete Verfahrensanforderungen11. Gewiss hätte der Rechtsverletzer auch gänzlich darauf verzichten können, einen Gewinn zu erzielen und hätte in diesem Fall keine fremde Rechtsposition verletzt. Ein solches rechtmäßiges Alternativverhalten führt jedoch bei der Frage nach der Gewinnzuordnung nicht weiter. Da eine Gewinnerzielung stattgefunden hat und die Verteilung eben dieses Gewinns ermittelt werden soll, ist für die Verteilung des Gewinns die Frage ausschlaggebend, wie der Rechtsverletzer den Gewinn in rechtmäßiger Weise hätte erzielen können und nicht, wie er sich prinzipiell rechtmäßig hätte verhalten können. Denn nur so lässt sich die Frage beantworten, weshalb gerade dem Rechtsinhaber der Gewinn zusteht12. 1. Verletzung einer Rechtsposition Der zivilrechtliche Gewinnausgleich setzt die Verletzung einer Rechtsposition voraus. Ein bloßes rechtswidriges Verhalten begründet zwar, weshalb der Gewinnerzielende seinen Gewinn nicht behalten sollte, nicht aber, warum gerade ein bestimmter Anspruchsteller ein Recht auf den Gewinn haben soll. Solange niemandes Rechte durch die rechtswidrige Gewinnerzielung beeinträchtigt werden, kommen privatrechtliche Gewinnherausgabeansprüche deswegen nicht in Betracht. Wenn der rechtswidrig Handelnde in diesen Fällen abgeschreckt werden soll, muss dies vielmehr in öffentlich-rechtlicher Weise erfolgen und den Anforderungen des öffentlichen Rechts genügen13.
10
Posner, Economic analysis, S. 171: „Restitution of the infringer’s profits [...] forces the would-be infringer to negotiate with the copyright owner“; so auch Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 281, die allerdings nur bei Vorsatz einen Gewinnausgleich bejahen wollen. In Fällen der Verletzung vertraglicher Leistungspflichten lehnt Richard Posner den Gewinnausgleich ab, weil dieser dazu führe, dass der Schuldner zur Erfüllung verpflichtet werde, auch wenn dies aus wirtschaftlicher Perspektive für keine der Parteien vorteilhaft sei, Posner, Economic analysis, S. 171–172. 11 Kritisch zur ökonomischen Notwendigkeit des Gewinnausgleichs, um richtige Anreize zu setzen Polinsky/Shavell, Punitive damages, S. 918–919 und Polinsky/Shavell, Should liability be based, S. 434–436; zustimmend Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 281 und Wagner, Schadensersatz, S. 656–657. Die Verhaltenssteuerung könne effizienter durch kompensatorische Ersatzansprüche erreicht werden. 12 Dazu ausführlich sogleich unter § 6 III 3 b). 13 Siehe oben § 5 I 1.
250
§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Wenn der Gewinnerzielende dagegen eine fremde Rechtsposition verletzt, also auf die Absprache darüber verzichtet hat, dass er in eine fremde Rechtssphäre eindringt, um Vorteile für sich zu erzielen, kommt ein privatrechtlicher Ausgleich in Betracht. Damit die Verletzung einer fremden Rechtsposition festgestellt werden kann, muss eine hinreichend verfestigte Rechtsposition bestehen. In vielen Fällen ist eindeutig feststellbar, ob durch ein Verhalten eine Rechtsposition verletzt wird, so etwa bei der Verletzung des Eigentums oder einer vertraglichen Pflicht. Schwieriger gestaltet sich die Frage nach einer hinreichend verfestigten Rechtsposition etwa im Wettbewerbsrecht. Denn Wettbewerbsvorschriften können einerseits Individuen, andererseits aber auch eine unbestimmte Anzahl von Personen begünstigen 14 und geben dem Einzelnen insoweit in vielen Fällen keine konkrete disponible Rechtsposition, sondern vermitteln lediglich eine allgemein wettbewerbsrechtlich geschützte Interessensphäre. Wird der Wettbewerb unlauter geführt, kann dies zur Folge haben, dass der unlauter Handelnde einen höheren Gewinn erzielt, während der Konkurrent Gewinneinbußen zu beklagen hat. Zu begründen, weshalb nun aber dem Konkurrenten der in unlauterer Weise erzielte Gewinn zustehen soll, bereitet Schwierigkeiten15. Auch wenn eine individualschützende Wettbewerbsnorm besteht, erzielt der unlauter Handelnde den Gewinn nämlich üblicherweise so, dass unbestimmt viele Konkurrenten Gewinneinbußen erleiden. Ob der einzelne Wettbewerber einen Gewinnausgleich verlangen kann, hängt deswegen von der schwierigen Beweisführung ab, dass seine Rechtsposition hinreichend verfestigt ist16. Gelingt der Beweis nicht, muss ein zivilrechtlicher Gewinnausgleich ausscheiden17. Nicht nur die Verletzung absoluter Rechte kann einen Gewinnausgleich nach sich ziehen. Auch die Verletzung relativer Rechtspositionen kann eine Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung zur Folge haben. Gerade die englische Rechtstradition zeigt, dass eine prinzipielle Differenzierung des Gewinnausgleichs nach Verstößen gegen absolute und relative Rechte nicht 14
Zu den Folgen hiervon für eventuelle Ausgleichsansprüche siehe Haines, Bereicherungsansprüche, S. 93. 15 Ein Beispiel hierfür ist das Verbot unlauterer Werbung, das unbestimmt viele Begünstigte schützt. Zur Kontroverse um einen Gewinnausgleich nach irreführender Werbung im niederländischen Recht siehe oben § 2 V 7 b). Im deutschen Recht kommt eine Gewinnherausgabe wegen irreführender Werbung nicht in Betracht, siehe Helms, Gewinnherausgabe, S. 52 m.w.N. 16 Kellmann, Gewinnhaftung, S. 146–151 m.w.N.; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 45–46; Haines, Bereicherungsansprüche, S. 93–102; ausführlich zur deutschen Rechtslage und kritisch hinsichtlich jeder Gewinnherausgabe im Wettbewerbsrecht Helms, Gewinnherausgabe, S. 52–56. 17 Soll der wettbewerbswidrig Handelnde dennoch abgeschreckt werden, so kann dies gleichwohl in öffentlich-rechtlicher Weise erfolgen, hierzu siehe Elhauge, Disgorgement, S. 79–83.
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung
251
erforderlich und vielfach irreführend ist18: Dies verkörpern Rechtsfiguren wie der account of profits oder der constructive trust, die als Rechtsfolge unterschiedlicher rechts- oder vertragswidriger Verhaltensweisen in Betracht kommen19. Ob beim Verstoß gegen eine Treuepflicht oder bei der Verletzung des Eigentums, hätte der Verletzer mit dem Verletzten eine Abrede über die Gewinnerzielung treffen müssen, hat er jedoch darauf verzichtet und dadurch einen Gewinn erzielt, so darf er im Ergebnis nicht besser stehen als derjenige, der sich rechtmäßig verhalten hat. 2. Subjektive Voraussetzungen Gegen die Berücksichtigung des Verletzerverschuldens bei der Frage nach dem Gewinnausgleich, lässt sich einwenden, dass es für den Rechtsinhaber keinen Unterschied macht, ob der Verletzer schuldhaft oder schuldlos gehandelt hat. Jemand hat durch Verletzung seiner Rechte einen Gewinn erzielt. Der niederländische Jurist Jack Linssen hat deswegen vertreten, dass ein Herausgabeanspruch verschuldensunabhängig besteht. Darüber hinaus hat er gegen ein Verschuldenserfordernis beim Gewinnausgleich eingewendet, dass ein Verschulden des Rechtsverletzers in der Praxis häufig schwer nachgewiesen werden kann20. Dies habe zur Folge, dass der Rechtsinhaber dann häufig keine Gewinnherausgabe verlangen könne, auch wenn dafür alle Voraussetzungen vorlägen. Allerdings lässt sich diese Problematik auch durch eine Beweislastumkehr angemessen lösen. Wird vermutet, dass der Gewinnerzielende die Rechtsverletzung verschuldet hat, so obliegt es ihm, sich zu entlasten. Auf diese Weise könnte der Rechtsinhaber immer erfolgreich Gewinnausgleich verlangen, wenn der Gewinnerzielende sich nicht entlasten kann. Einen vollständigen Verzicht auf ein Verschuldenselement vermag Linssens Argument deswegen nicht zu begründen.
18
Friedmann, Restitution of benefits, S. 557: „The property approach is also applicable to contractual rights“. So auch für das deutsche Recht Helms, Gewinnherausgabe, S. 490: „[R]elativen Rechten [kommt] im Verhältnis inter partes die gleiche Schutzwirkung zu wie absoluten Rechten gegenüber jedermann“. Dabei soll die gleiche Schutzwirkung nur dann bestehen, wenn das relative Recht auch durchsetzbar ist, Helms, Gewinnherausgabe, S. 350. Seit der Entscheidung Lumley v. Gye [1853] 2 El. & Bl. 216 bejaht die englische Rechtsprechung deliktische Schadensersatzansprüche auch bei der Verletzung relativer Rechte in Fällen sittenwidriger Schädigung, siehe Honoré, Rights of exclusion, S. 459– 460. 19 Die Grenzen zwischen den Gründen für die Gewinnherausgabe sind fließend: So soll ein constructive trust auch dann entstehen, wenn jemand unter fremdem Namen handelt, weil durch das Handeln unter fremdem Namen ein Treueverhältnis (fiduciary relationship) entstanden sei, English v. Dedham Vale Properties [1978] 1 All ER 382, siehe oben § 5 IV 2. 20 Linssen, Voordeelsafgifte, S. 576, 579.
252
§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Allerdings spricht außerdem für einen objektiven Ansatz, dass die Frage, ob eine Abrede über die Gewinnerzielung getroffen hätte werden müssen, rein objektiver Natur ist. Denn entweder hätte der Gewinnerzielende einen solchen Vertrag abschließen müssen, oder aber dies war nicht erforderlich. Ob der Rechtsverletzer von der Notwendigkeit wusste oder nicht, dürfte also nicht ausschlaggebend sein. Ein solcher „objektiver Gewinnausgleich“, der unabhängig davon stattfindet, ob der Gewinnerzielende die Rechtsverletzung verschuldet hat, wirft jedoch in zweierlei Hinsicht Schwierigkeiten auf. Zum einen soll der Rechtsverletzer durch sein rechtswidriges Verhalten keinen finanziellen Vorteil haben, weil sonst ein Anreiz zu rechtswidrigen Gewinnerzielungen bestünde. Anreize können freilich nur gesetzt werden, wenn der Rechtsverletzer gezielt gewirtschaftet hat, weil nur dann eine Steuerung der Form der Gewinnerzielung überhaupt in Betracht kommt21. Wenn er einen Gewinn erwirtschaften wollte, muss in einem zweiten Schritt gefragt werden, inwiefern es darüber hinaus erforderlich ist, dass er die Rechtsverletzung bei der Gewinnerzielung schuldhaft herbeigeführt hat22. Zum anderen führt ein objektiver Ansatz dazu, dass sich Gewerbetreibende zu keinem Zeitpunkt darauf verlassen können, dass sich ihr Arbeitsaufwand lohnt und sie erzielte Gewinne behalten dürfen. Gerade wenn ihnen hinsichtlich der Rechtsverletzung kein Vorwurf zu machen ist, hätte dies in vielen Fällen eine interessenwidrige Überabschreckung zur Folge, die sich dadurch äußert, dass überhaupt keine Gewinne mehr erzielt werden. Damit käme es zu Beeinträchtigungen des freien Wirtschaftsverkehrs23. Durch ein Verschuldenserfordernis wäre eine Beeinträchtigung deutlich reduziert. 21 Zutreffend deswegen Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 681 m.w.N. Saul Levmore hat darauf hingewiesen, dass es aus ökonomischer Sicht überzeugend sei, wenn der Rechtsinhaber in Fällen der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht einen Anspruch auf die durch die Rechtsverletzung ersparten Kosten des Gewinnerzielenden hat, Levmore/Stuntz, Rechtsfolgen im Privatrecht, S. 298–300. 22 Zu dieser Zweiteilung der subjektiven Anforderungen siehe Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 680. Für ein subjektives Erfordernis auch Koziol, Schadensersatzrecht, S. 44–55. Siehe speziell für Immaterialgüterrechte Anderson, Draft IPR Enforcement Directive, S. 1, 6: „The law on ‘intellectual property’ [...] has always been a difficult balance between protecting incumbent companies and fostering competition“. Siehe auch Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 281 und Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 541: „Die Legitimität einer solchen Methode [Behandlung des Verletzers als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt, K.B.] setzt indessen eine erhebliche Sanktionswürdigkeit des Eingriffs voraus, die ohne massive Vorwerfbarkeit für den Eingreifer und/oder außergewöhnliche Schutzwürdigkeit des Verletzten schwerlich zu bejahen ist“. 23 Friedmann, Restitution of benefits, S. 551–556, dagegen Weinrib, Restitutionary damages, S. 29. Dennoch ist ein verschuldensunabhängiger Gewinnausgleich nicht selten, so etwa bei Urheberrechts- und Geschmacksmusterverletzungen, siehe etwa für das englische Recht sec. 96 II, 229 II Copyright, Designs and Patents Act (1988).
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung
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Dem widersprechen auch nicht die in den untersuchten Rechtsordnungen angetroffenen Wertungen bei der Veräußerung fremder und bereicherungsrechtlich geschuldeter Sachen. Die Tatsache, dass der Verfügende in allen untersuchten Rechtsordnungen verschuldensunabhängig den Kaufpreis, also häufig auch einen Gewinn herausgeben muss24, trifft keine prinzipielle Aussage über das Fehlen eines Vorwerfbarkeitserfordernisses bei der Zuordnung von Gewinnen, sondern ist nur ein Anwendungsfall des Prinzips der Surrogation. An die Stelle der Sache, die nicht mehr herausgegeben werden kann, tritt – ausnahmsweise – der Verfügungserlös, und zwar unabhängig davon, wie hoch er ist, und unabhängig davon, ob die Verfügung schuldhaft erfolgt ist25. Wertungsgesichtspunkte für die Frage des Gewinnausgleichs und seiner Voraussetzungen lassen sich daraus nicht ableiten. Dass eine vorsätzliche rechtswidrige Gewinnerzielung einen Gewinnausgleich auslöst, wirft keine größeren Schwierigkeiten auf. Der vorsätzlich Handelnde ist in seinem Vertrauen auf die erfolgreiche selbstbestimmte Gewinnerzielung nicht schutzwürdig, denn er weiß, dass er den Gewinn nicht in ordnungsgemäßer Weise erwirtschaftet hat26. Durch eine Anordnung des Gewinnausgleichs bei vorsätzlichen Rechtsverletzungen sind Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs darüber hinaus keinem unberechenbaren Risiko ausgesetzt, mühsam erarbeitete Gewinne abgeben zu müssen. Denn ihr Risiko ist durch die Kenntnis der Rechtswidrigkeit kalkulierbar. Der Rechtsverletzer hat bewusst darauf verzichtet, sich mit dem Rechtsinhaber hinsichtlich der Disposition über sein Recht zu einigen. Durch dieses rechtswidrige Verhalten soll er keinen Vorteil erlangen. Der Gewinnausgleich bei vorsätzlichen Rechtsverletzungen nimmt in diesem Sinne in angemessener Weise den Anreiz zu weiteren Rechtsverletzungen. Schwieriger gestaltet sich dagegen die Rechtslage bei fahrlässigen Rechtsverletzungen. Vielfach ist hier gegen einen Gewinnausgleich eingewendet 24
Im Gegenzug erhält der Verkäufer aber in der Regel eine Aufwandsentschädigung, die in bestimmten Fällen fast die Höhe des Gewinns erreichen kann, so etwa in Cass. civ. 25.5.1992, Bull. 1992 I, S. 113, siehe oben § 1 I 1 b). 25 So auch Ellger, Bereicherung, S. 909, siehe oben § 5 III 3. 26 Dies entspricht den Wertungen bei der Verteilung von Früchten. Niederländische Rechtswissenschaftler haben vertreten, dass die Frage nach der inneren Willensrichtung des Rechtsverletzers bei der Gewinnerzielung analog zu den subjektiven Kriterien bei der Zuordnung von Früchten gehandhabt werden sollte (vgl. Sieburgh, Gerechtigheid en rechtshandhaving, S. 393; Drion, Betekenis van het bezit, S. 125; auch in der Schweiz, wo die Gewinnherausgabe nach Art. 423 OR prinzipell verschuldensunabhängig erfolgt, haben Rechtswissenschaftler eine Restriktion anhand der Wertungen des Besitzrechts befürwortet: Nur der Gutgläubige soll seinen Gewinn behalten dürfen, vgl. Keller/Schaufelberger, Schuldrecht, Bd. III, S. 66 m.w.N.). So soll der bösgläubige Verletzer einer Persönlichkeit, den Gewinn herausgeben, weil er – wie der Früchte ziehende, bösgläubige Besitzer – aufgrund seiner Bösgläubigkeit nicht auf den Bestand seines Gewinns vertrauen darf und insoweit nicht schutzwürdig ist.
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
worden, dass dieser zu einer Hemmung des Wirtschaftsverkehrs führe, weil Teilnehmer sich nicht darauf verlassen könnten, mühsam erarbeitete Gewinne zu behalten, wenn schon bei (leichter) Fahrlässigkeit Herausgabeansprüche bestünden. Auch aus ökonomischen Gesichtspunkten sei eine bloße Schadenskompensation in Fällen dieser Art effizienter27. Der Rechtsverletzer hat sich zwar nicht mit dem Rechtsinhaber geeinigt, aber zumindest nicht bewusst darauf verzichtet, sondern die erkennbare Notwendigkeit übersehen. Damit erscheint er hinsichtlich seines Aufwands schutzwürdiger als der vorsätzliche Rechtsverletzer. Jedoch liegt es in seiner Risikosphäre, sorgfältig zu überprüfen, ob er einen Vertrag über die Gewinnerzielung hätte abschließen müssen28. Wenn er fahrlässig gehandelt hat, bedeutet dies, dass es ihm möglich gewesen wäre, die Rechtsverletzung zu erkennen. Der Gewinnausgleich setzt demnach einen Anreiz zu einem solchen sorgfältigen Verhalten29. Je wichtiger das betreffende Recht für die Gewinnerzielung ist, desto gewichtiger ist auch die Pflicht des Gewinnerzielenden zu überprüfen, ob ein solches Recht besteht, hinsichtlich dessen er eine vertragliche Einigung hätte anstreben müssen. Wird etwa eine Schraube vermarktet, die gegen ein Patent verstößt, das gerade diese Form von Schrauben schützt, so handelt es sich zumindest um grobe Fahrlässigkeit, wenn der Produzent sich des Patents nicht bewusst ist. Wenn hingegen nur ein Auto vermarktet wird, in das eine solche Schraube eingebaut ist, so ist die Pflicht des Automobilherstellers, das geistige Eigentum an der Schraube zu überprüfen, wohl weniger ausgeprägt. Ebenso ist, je höher der Grad des Verschuldens, desto größer auch das Bedürfnis danach, dass der Rechtsverletzer in die Situation versetzt wird, in der er sich befände, wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte30. Boris Starck hat eine Theorie entwickelt, nach der der Verletzer abhängig vom Schweregrad seines Verschuldens (faute lucrative simple, faute lucrative lourde, dol lucratif) bei der lukrativen Rechtsverletzung einen höheren Strafschadensersatz zahlen soll31. Er begründet dies damit, dass aus Präventionserwägungen gerade bewusste Verletzungen fremder Rechte möglichst vermieden werden 27
Dazu ausführlich Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 687–689 und Gordley, Foundations, S. 456. 28 So argumentiert auch Hart, Intention and punishment, S. 134, allerdings im strafrechtlichen Kontext: „Threats [of punishment, K.B.] may not only guide your deliberations – your practical thinking – but may cause you to think”. 29 So auch Virgo, Restitution, S. 435. Bei fahrlässigen Verletzungen der Persönlichkeit kommt eine Gewinnherausgabe nach deutschem Recht zwar prinzipiell in Betracht, sie scheidet aber aus, wenn der Rechtsinhaber sich nicht selbst um die Verwertung seines Rechts bemüht hat, siehe Rixecker, in: MünchKomm Anh. § 12, Rn. 250, dagegen Wagner, Geldersatz, S. 226–227. 30 So auch Dagan, Law and ethics, S. 213–217; Rotherham, Conceptual structure, S. 193. 31 Starck, Responsabilité civile, S. 415–423; dazu ausführlich oben § 1 IV 3.
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müssen. Darüber hinaus vermindert sich durch die schwerere Schuld des Rechtsverletzers auch seine Schutzwürdigkeit hinsichtlich des erzielten Gewinns. Allerdings soll es nach Starck von der Intensität der rechtswidrigen Gewinnerzielungsabsicht abhängen, welche Höhe ein zu zahlender Strafschadensersatz haben sollte. Die Rechtsfolge eines Strafschadensersatzes, der den Gewinnbetrag auch deutlich übersteigen kann, überzeugt angesichts der Bipolarität des Gewinnausgleichs freilich nicht32. Gleichwohl erleichtern die Kategorien der faute lucrative das Verständnis der subjektiven Anforderungen an den Gewinnausgleich. In bestimmten Ausnahmefällen kommt ein Gewinnausgleich auch in Betracht, wenn dem Gewinnerzielenden hinsichtlich der Rechtsverletzung kein Vorwurf gemacht werden kann. Im englischen Recht ist das dann der Fall, wenn Treuepflichten verletzt worden sind33. Hierbei handelt es sich nicht um eine prinzipielle Durchbrechung des „subjektiven Gewinnausgleichs“, sondern um das Ergebnis einer Anwendung des Gewinnausgleichs unter besonderer Berücksichtigung seines Sinn und Zwecks. Wenn derjenige, der in nicht vorwerfbarer Weise durch eine Rechtsverletzung einen Gewinn erzielt, den Gewinn herausgeben muss, können sich die Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr nicht mehr darauf verlassen, den Gewinnerzielungsaufwand erfolgreich für sich selbst zu betreiben. Wegen der hieraus folgenden Beeinträchtigung des Wirtschaftsverkehrs muss der Anwendungsbereich des Gewinnausgleichs auf Fälle begrenzt bleiben, in denen dem Rechtsverletzer ein Vorwurf zu machen ist und seine Schutzwürdigkeit zumindest reduziert bzw. sogar vollständig entfallen ist. Wenn eine Hemmung des Wirtschaftsverkehrs allerdings nicht zu befürchten ist, bedarf es auch keiner Begrenzung. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn mit einem Treuhandvermögen Gewinne erzielt worden sind. Die Rechtsposition des Treuhandgebers schützt diesen primär vor einer (lukrativen) Veruntreuung des Treuhandvermögens. Der Treuhänder ist dahingegen in Bezug auf seine Gewinnerzielung nicht schutzwürdig. Das Treuhandvermögen ist ihm anvertraut, damit er sorgsam und uneigennützig damit umgeht. Eine eigennützige Beteiligung am Wirtschaftsverkehr mit dem Treuhandvermögen ist deswegen von vornherein ausgeschlossen. Eine Hemmung des Wirtschaftsverkehrs, weil Geschäftsleute sich dem Risiko ausgesetzt fühlen, wegen unverschuldeter Rechtsverletzungen Ansprüchen auf Gewinnherausgabe ausgesetzt zu sein, kommt also nicht in Betracht. Der Treuhänder soll nämlich gerade nicht mit dem Treuhandvermögen zu seinen eigenen Gunsten wirtschaften (no-profit-rule)34. Durch 32
Dementsprechend ist im aktuellen französischen Rechtsdiskurs nun auch erstmals vereinzelt von einem restitutiven Schadensersatz die Rede, siehe oben § 1 Fn. 217. 33 Dazu ausführlich Rusch, Gewinnhaftung, S. 92 m.w.N. 34 Die Gewinnerzielung mit fremden Treugut steht im unmittelbaren Interessenkonflikt mit den Pflichten des Treuhänders, vgl. Rusch, Gewinnhaftung, S. 74–89 m.w.N.; so auch Gardner, Torts and other wrongs, S. 50.
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die verschuldensunabhängige Anordnung eines Gewinnausgleichs nimmt man ihm also lediglich in angemessener Weise den Anreiz, mit dem Treuhandvermögen in die eigene Tasche zu wirtschaften. 3. Hypothetischer Vertrag Wie bereits erläutert, muss der Gewinnerzielende, der bei der Gewinnerzielung in eine fremde Rechtssphäre eingedrungen ist, in die Situation versetzt werden, in der er sich befände, wenn er sich ordnungsgemäß verhalten und mit dem Rechtsinhaber eine Abrede über die Gewinnerzielung getroffen hätte35. Zu dieser Abrede ist es nicht tatsächlich gekommen, und auch nach der Verletzung einigen sich die Parteien nicht ausdrücklich. Vielmehr macht der Rechtsinhaber einen Anspruch auf Gewinnherausgabe geltend. Weshalb ein solcher Anspruch auf Gewinnherausgabe in Betracht kommt, lässt sich anhand von Erwägungen der corrective justice erläutern. Corrective justice bedeutet, dass, wenn der Rechtsverletzer seine Pflicht, sich mit dem Rechtsinhaber über die Gewinnerzielung zu einigen, schon nicht erfüllt hat, er in einem zweiten Schritt zumindest doch der Pflichterfüllung möglichst nahe kommen und die „zweitbeste“ Handlung (second best solution) vornehmen muss36. Neil MacCormick hat hierfür das Beispiel eines Vaters verwendet, der seinen Kindern versprochen hat, mit ihnen an den Strand zu fahren, sein Versprechen aber nicht halten kann, weil er einen seiner Studenten von einem Selbstmord abhalten muss37. Die (moralische) Verpflichtung gegenüber den Kindern kann er zwar als solche nicht mehr erfüllen, aber der Grund der Verpflichtung erlischt nicht. Vielmehr ist der Vater nunmehr (moralisch) verpflichtet, die zweitbeste Lösung anzustreben (continuity thesis)38. Er sollte also einen Tag später mit den Kindern an den Strand fahren, oder aber – falls dies nicht möglich ist – ihnen zumindest ein Eis kaufen. Für rechtsverletzende Gewinnerzielungen bedeutet dies: Wenn der Gewinnerzielende in eine fremde Rechtssphäre eingedrungen ist und keinen Vertrag darüber abgeschlossen hat, so muss er zumindest den „zweitbesten“ Zustand erreichen. Die Parteien müssen in die Situation versetzt werden, in der sie sich befänden, wenn sie sich über die Gewinnerzielung geeinigt hätten.
35
Wagner, Geldersatz, S. 213; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 281. Eine solche Einigung befürwortet auch Levmore, Explaining Restitution, S. 68–69: „[...] it is in society’s interest to accept and encourage private agreements [...]. Thus [...] the general law of restitution seeks to encourage private bargaining rather than to replace it with judicial intervention“. 36 Gardner, What is tort law for? part 1: corrective justice, S. 28–37. 37 MacCormick, Obligation of reparation, S. 175. 38 Gardner, What is tort law for? part 1: corrective justice, S. 28–37.
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Um eine Zwangstransaktion 39 zu vermeiden, hätte der Gewinnerzielende drei verschiedene Verträge abschließen können40. Erstens hätte er sich vertraglich mit dem Rechtsinhaber darüber einigen können, dass er den Gewinn – typischerweise gegen Entgelt – für den Rechtsinhaber erzielt41. Zweitens hätten Rechtsverletzer und Rechtsinhaber sich auch auf eine anteilige Gewinnbeteiligung der beiden Parteien einigen können 42 und drittens hätte der Gewinnerzielende eine Nutzungsberechtigung erwerben, sich also mit dem Rechtsinhaber über die entgeltliche Nutzung seines Rechts einigen können43. In allen drei Fällen hätte der Rechtsinhaber dann selbstbestimmt über sein Recht disponiert. Abhängig davon, welcher dieser Verträge zustande gekommen wäre, muss der Rechtsverletzer dem Rechtsinhaber also den Gewinn oder einen Anteil des Gewinns herausgeben, oder ihm ein Nutzungsentgelt zahlen. Im Gegenzug zur (teilweisen) Gewinnerzielung kann der Rechtsverletzer Aufwendungsersatz verlangen 44. Dabei bedeutet eine solche Begründung des Gewinnausgleichs nicht etwa, dass einer dieser Verträge tatsächlich geschlossen worden wäre. Vielmehr gibt der hypothetische Vertrag die einzige Möglichkeit, den Gewinnausgleich zwischen den Parteien zu begründen und die Anspruchshöhe nach objektiven und einheitlichen Kriterien festzustellen. Wenn keine andere Einigung als die Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber in Betracht kommt, muss der Rechtsverletzer so behandelt werden, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt, und es findet ein Gewinnausgleich statt. In Bezug auf die in diesem Rahmen entstehenden Ansprüche ist der von James Gordley geprägte der Begriff der you-should-have-contracted-insteaddamages45 durchaus treffend. Nachträgliche Ausgleichsansprüche entstehen 39
Diesen Begriff verwenden Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 280–281, siehe zu terminologischen Unterschieden sogleich Fn. 49. 40 Die Formen rechtmäßiger Gewinnerzielung bei Nutzung fremder Rechte werden unter § 6 II dargestellt. 41 Siehe Graphik 5. Das Entgelt entspricht dabei einem Wertersatz für die Eigenleistung. Anders noch Wilburg, Zusammenspiel der Kräfte, S. 350, nach dem ein angemessenes Entgelt auch eine Beteiligung am Gewinn bedeuten sollte. 42 Siehe Graphik 6. 43 Siehe Graphik 7. 44 So hat der Bundesgerichtshof auch in der Paul Dahlke-Entscheidung argumentiert, BGHZ 20, 345, 353: „Für die Möglichkeit einer Schadensberechnung nach der angemessenen Vergütung, die im Falle eines Vertragsabschlusses zu den üblichen Bedingungen zu zahlen gewesen wäre, spricht bei Verletzungen von Ausschließlichkeitsrechten ein praktisches Bedürfnis und die Billigkeitserwägung, daß niemand durch den unerlaubten Eingriff in solche Rechte bessergestellt werden soll, als er im Fall einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte“; ähnlich später auch BGHZ 26, 349, 352; BGHZ 44, 372, 379. 45 Gordley, Foundations, S. 456–457. Ähnlich auch Posner, Economic analysis, S. 171, allerdings nur in Bezug auf Urheberrechte.
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in allen Fällen, in denen der Rechtsverletzer mit dem Rechtsinhaber einen Vertrag über die Gewinnerzielung hätte treffen müssen und insoweit dessen Transaktionsrecht verletzt hat46. Sie setzen dementsprechend einen Anreiz dazu, Absprachen über das Eindringen in fremde Rechtssphären, insbesondere die Nutzung fremder Rechtspositionen, zu treffen und versetzen den Rechtsinhaber gleichzeitig in die Lage, in der er gewesen wäre, wenn der Gewinnerzielende sich ihm gegenüber rechtmäßig verhalten hätte. Nach Gordley sollen die you-should-have-contracted-instead-damages freilich nur bei Vorsatz in Betracht kommen. Angesichts der Notwendigkeit eines Gewinnausgleichs auch bei fahrlässigen und vereinzelt auch schuldlosen Rechtsverletzungen47 überzeugt dies nicht. Darüber hinaus vertritt Gordley, dass die you-should-have-contracted-instead-damages den Rechtsverletzer nicht in die Lage versetzen sollen, in der er sich befände, wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte, sondern in eine (etwas) schlechtere48. Dies führt zu Rechtsunsicherheit und lässt sich angesichts der Bipolarität des Gewinnausgleichs nicht rechtfertigen. Dem Rechtsinhaber steht nämlich nur das zu, was er auch bei einem ordnungsgemäßen Verlauf der Gewinnerzielung erhalten hätte. Darüber hinausgehende Beträge zum Zwecke der Abschreckung lassen sich nur nach den Regeln des öffentlichen Rechts rechtfertigen. a) Dispositionsbefugnis des Rechtsinhabers Nimmt man an, der Gewinnausgleich basiere auf einem hypothetischen Vertragsschluss, so setzt dies voraus, dass der Rechtsinhaber überhaupt einen Vertrag über die Rechtsposition hätte schließen können. Dies ist nur dann möglich, wenn der Rechtsinhaber über seine Rechtsposition verfügen konnte, er also eine Dispositionsbefugnis hatte49. Typischerweise steht es einem 46
Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 281. Siehe oben § 6 III 2. 48 „[A]n amount that leaves the defendant in a situation somewhat worse off than if he had entered into a fair contract with the plaintiff, and generous enough so that the plaintiff is sure to be as well off as if the defendant had not intervened“, Gordley, Foundations, S. 456. Die schwächeren you-are-encouraged-to-contract-instead-damages sollen dagegen zur Folge haben, dass der Rechtsverletzer den Wert der Nutzung des Rechts ersetzen muss. 49 Den Begriff der „Dispositionsbefugnis“ verwenden Rixecker, in: MünchKomm Anh. § 12, Rn. 250 und Ullmann, Persönlichkeitsrechte, S. 212, allerdings nur im Zusammenhang mit der Pflicht zur Zahlung fiktiver Lizenzgebühren bei Persönlichkeitsverletzungen; so auch BGH 2007, 139, 141. Dahingegen sprechen Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 280 von der freiwilligen „Transaktion“ von Rechten und Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 681 vom ungewollten „Nutzentransfer“. Gemeint ist jeweils dasselbe: Der Rechtsinhaber hat das Recht zu entscheiden, ob er Verträge darüber abschließt, dass ein Dritter in seiner Rechtssphäre tätig wird. Dementsprechend soll der Begriff der Dispositionsbefugnis im Folgenden auch im Zusammenhang mit anderen Rechten und auch für die Disposition in Form einer Gewinnerzielungsabrede verwendet werden. 47
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Rechtsinhaber im Rahmen seiner Privatautonomie frei, über seine Rechte zu verfügen. Dies wirft dann Schwierigkeiten auf, wenn die hypothetische Verfügung nichtig wäre. Denn dies bedeutet, dass für den Gewinnerzielenden im Zeitpunkt der Rechtsverletzung kein rechtmäßiges Alternativverhalten in Form eines alternativen Vertragsschluss in Betracht kam. Hieraus könnte man also schließen, dass vorteilsorientierte Ausgleichsansprüche ausscheiden müssen. Diese Beurteilung kann freilich zu Wertungswidersprüchen führen. Ein Beispiel hierfür ist der illegale Organhandel. Verfügt jemand unerlaubt über ein fremdes Organ, so ist zu klären, ob er im Sinne eines Gewinnausgleichs zur Herausgabe des Verkaufserlöses an das Opfer verpflichtet ist. Gegen einen Gewinnausgleich spricht, dass das Opfer selbst nicht über das Recht hätte verfügen können. Ein hypothetischer Vertrag zwischen Organhändler und Opfer wäre aufgrund von Rechts- und Sittenwidrigkeit nichtig. Durch einen Gewinnausgleich erhielte das Opfer einen Geldbetrag, den es selbst nicht hätte erzielen können50. Ein hinreichender Schutz für das Opfer dürfte darüber hinaus durch die Verpflichtung zur angemessenen Entschädigung gewährleistet sein. Falls dem Rechtsverletzer nach dem Schadensausgleich noch ein Gewinn bleibt, ließe sich eine effektive Abschreckung auch durch eine öffentlich-rechtliche Abschöpfung erreichen51. Allerdings lässt sich nur schwer erklären, weshalb dem Staat der Erlös aus einem Organ eher zustehen soll, als demjeningen dem dieses gegen seinen Willen entnommen wurde. In Fällen, in denen eine öffentlich-rechtliche Abschöpfung des Gewinns nicht stattfindet, würde dies darüber hinaus bedeuten, dass derjenige, der illegal fremde Organe verkauft, den Gewinn daraus zunächst einmal behalten darf und nur eine Entschädigung und gegebenenfalls immateriellen Schadensersatz zahlen muss. Es kann deswegen nicht allein darauf ankommen, dass ein hypothetischer Vertrag zwischen dem Organhändler und seinem Opfer nichtig wäre. Vielmehr kommt es auf den Schutzzweck der Nichtigkeitsnorm an. Der Vertrag zwischen Organhändler und Opfer ist nichtig, weil illegaler Organhandel verhindert und die Opfer geschützt werden sollen. Dementsprechend kann der Verletzergewinn nicht
50
So auch Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 280, nach denen das betroffene Recht übertragbar sein muss. Sinn und Zweck des Gewinnausgleichs sei es, Anreize dazu zu setzen, dass über Rechte, über die verfügt werden kann, auch tatsächlich nur durch den Rechtsinhaber und nicht durch Dritte verfügt wird. 51 So auch Koziol, Basic questions of tort law, S. 54. Zu Möglichkeiten im Bereich der öffentlich-rechtlichen Sanktionierung ausführlich Schmidt, Gewinnabschöpfung im Strafund Bußgeldverfahren, S. 48–79 und Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung, S. 444– 455.
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dem Organhändler belassen werden. Die Schutzrichtung des Opferschutzes ermöglicht vielmehr einen Anspruch des Rechtsinhabers52. Dagegen lässt sich der Fall, dass ein Auftragsschläger für seinen Auftraggeber entgeltlich einen Dritten verletzt, nicht durch diese Erwägungen lösen53. In der Regel dürfte ein Vertrag über die Verletzung des eigenen Körpers als sittenwidrig und nichtig einzustufen sein54. Das Opfer hätte sich in diesen Fällen nicht mit dem Auftragsschläger darüber einigen können, dass dieser in seine Rechtssphäre eindringen darf, um dadurch einen Vorteil zu erzielen. Anders als beim Verkauf des eigenen Organs wäre ein solcher Vertrag aber nicht nur rechtswidrig, sondern auch abwegig. Zwar mag das Opfer seiner Verletzung zustimmen. Eine Abrede, nach der der Auftragsschläger seinen Lohn für das Opfer erzielt, erscheint jedenfalls zynisch. Der Grund dafür, dass in diesem Fall kein Gewinnausgleich in Betracht kommt, liegt in der nur mittelbaren Beziehung von Rechtsverletzung und Gewinnerzielung. Während sich beim Verkauf fremder Organe der Gewinn unmittelbar durch die Verletzungshandlung manifestiert, ist im Fall des Auftragsschlägers noch ein Vertrag mit dem Auftraggeber zwischengeschaltet. Nicht durch das Schlagen des Opfers erhält der Schläger den Gewinn, sondern erst durch die Auszahlung seines (vertraglich) vereinbarten Lohns. Mit anderen Worten: das Verbot, andere zu verletzen, schützt das Opfer zwar vor Körperverletzungen, nicht jedoch davor, dass der Schläger dafür ein Entgelt von einem Dritten erhält. Weil keine Anhaltspunkte für ein Recht des Opfers am Lohn seines Schlägers bestehen, muss es hier genügen, dass das Opfer seinen Schaden ersetzt erhält und der Schläger mögliche darüber hinausgehende Gewinne an den Staat herausgeben muss.
52
Zur Gewinnherausgabepflicht nach der wirtschaftlichen Verwertung von Körperteilen siehe Taupitz, Wem gehört der Schatz im menschlichen Körper, S. 240–242. Dieser vertritt freilich keine Vertragsanalogie, sondern begründet die Gewinnherausgabe restriktiv mit der Geschäftsanmaßung. Gewinne sollen nur bei vorsätzlichen Rechtsverletzungen herausgegeben werden: „Der Schatz im menschlichen Körper entpuppt sich dann eher als Schätzchen“, Taupitz, Wem gehört der Schatz im menschlichen Körper, S. 246. 53 So auch Gordley, Foundations, S. 446. Anders allerdings Weinrib, Restitutionary damages, S. 34–35, siehe § 5 Fn. 142; Friedmann, Restitution of benefits, S. 511–512 und Dagan, Unjust enrichment, S. 107, der allerdings die Gewinnherausgabe bei Körperverletzungen für erforderlich hält, weil es sich hierbei um ein besonders schutzwürdiges Gut handeln soll 54 Zur Sittenwidrigkeit solcher Abreden im Rahmen des Strafrechts siehe jüngst BGH NJW 2013, 1379; ferner Gülpen, Gute Sitten, S. 4–14 und Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder § 228, Rn. 16–21 m.w.N. Bei besonderer Eingriffsschwere oder Eingriffsgefährlichkeit ist eine Einwilligung des Opfers sittenwidrig und deswegen unwirksam.
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b) Mutmaßliche und ausdrückliche Ablehnung einer Disposition In bestimmten Fällen hätte sich der Rechtsinhaber nicht auf eine vertragliche Absprache über den Eingriff in seine Rechtssphäre eingelassen55. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Fotos veröffentlicht werden, die aufgrund ihrer Art offenkundig nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Auch wenn der Rechtsinhaber seine Ablehnung gegenüber einer Disposition nicht ausdrücklich bekundet hat, liegt es in diesen Fällen auf der Hand, dass er keinen Vertrag über den Eingriff in seine Rechtssphäre geschlossen hätte. Geht man davon aus, dass ein Gewinnausgleich voraussetzt, dass der Gewinnerzielende im Zeitpunkt der Rechtsverletzung mit dem Rechtsinhaber einen Vertrag hätte abschließen können, müsste dieser also ausscheiden. Wenn der Rechtsinhaber sogar ausdrücklich von vornherein jede Nutzung oder Beeinträchtigung seiner Rechtssphäre ausgeschlossen hat, ist noch zweifelhafter, ob ein Gewinnausgleich gleichwohl stattfinden kann, denn hierdurch könnte der Gewinnerzielende den Rechtsinhaber letztlich zu der Disposition über sein Recht zwingen, indem er seine Rechtsposition verletzt56. Diese Argumentation ist jedoch trügerisch, denn der Rechtsinhaber kann durchaus auch Schadensersatz verlangen und auf die Herausgabe des Gewinns verzichten. Beabsichtigt er einen Gewinnausgleich, weil dies für ihn wirtschaftlich vorteilhaft ist, muss er in Kauf nehmen, dass er sich dadurch nachträglich einverstanden damit erklärt, zu einem früheren Zeitpunkt – zumindest potentiell – einer vertraglichen Einigung zugestimmt zu haben. Von einem Zwang kann keine Rede sein. Es handelt sich vielmehr um eine interessengerechte Lösung: Wer anderen eine „Verfügung“ oktroyiert, kann sich im Anschluss nicht darauf berufen, dass der andere nicht verfügen wollte, um einen Gewinnausgleich zu umgehen. Dementsprechend hält auch der deutsche Bundesgerichtshof seit 2006 die Bereitschaft des Berechtigten zu einer Disposition für nicht erforderlich57. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Vertrag tatsächlich zustande gekommen wäre, sondern nur darauf, ob eine Disposition des Rechtsinhabers über sein Recht potentiell in Betracht gekommen wäre und der Gewinnerzielende einen Vertrag hätte schließen müssen58. Denn der Gewinnausgleich 55
Die deutsche Rechtsprechung spricht von fehlender Lizenzbereitschaft, siehe dazu Helms, Gewinnherausgabe, S. 42–43 m.w.N. 56 Gordley, Foundations, S. 456–457. 57 BGH NJW 2007, 689: Die Entscheidung bezog sich auf die Verpflichtung zur rückwirkenden Zahlung einer Lizenzgebühr. Zur alten Rechtslage siehe Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsschutz, S. 41–42, 52 und Helms, Gewinnherausgabe, S. 41–52 m.w.N. 58 Köndgen, Gewinnabschöpfung, S. 689. Im Ergebnis so auch für Persönlichkeitsverletzungen Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsschutz, S. 52 und Rixecker, in: MünchKomm Anh. § 12, Rn. 251: „Allein der Träger des Persönlichkeitsrechts entscheidet darüber, ob er ihn betreffende Informationen, Bilder, Daten oder das gesprochene Wort, verwerten will.
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dient als Anreiz dazu, dass fremde Dispositionsbefugnisse gewahrt werden und Dritte dementsprechend Verträge mit dem Rechtsinhaber abschließen, wenn sie in dessen Rechtssphäre eingreifen. Unabhängig davon, ob der Rechtsinhaber einen Vertrag abgeschlossen hätte, steht ihm die Befugnis zu, über sein Recht zu verfügen. In diesem Recht wird er verletzt, wenn der Gewinnerzielende, ohne eine Absprache mit ihm zu treffen, in seine Rechtssphäre eindringt, um einen Gewinn zu erzielen. Dementsprechend darf der Rechtsverletzer, auch wenn der Rechtsinhaber eine Disposition über sein Recht im Zeitpunkt der Rechtsverletzung mutmaßlich oder ausdrücklich abgelehnt hat, nicht besser stehen, als wenn er einen Vertrag über die Nutzung des fremden Rechts geschlossen hätte, soweit der Rechtsinhaber einen Gewinnausgleich verlangt59. c) Inhalt der Dispositionsbefugnis im konkreten Fall (1) Rückwirkende Lizenzierung Konnte der Rechtsinhaber im Zeitpunkt der Rechtsverletzung zu Gunsten des Gewinnerzielenden über seine Rechtsposition verfügen, so bedeutet dies noch nicht, dass im konkreten Fall auch eine Einigung über eine Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber erfolgt wäre. Vielmehr muss im Einzelfall festgestellt werden, welchen Vertrag – anteilige oder vollständige Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber oder Gewinnerzielung für sich selbst unter Zahlung eines Entgelts für die Nutzung der fremden Rechtsposition60 – die Parteien abgeschlossen hätten 61. Wenn der Rechtsinhaber im Zeitpunkt der Rechtsverletzung mit dem Gewinnerzielenden einen Vertrag darüber abgeschlossen hätte, nach dem dieser gegen ein Entgelt in seiner Rechtssphäre wirtschaften dürfte, kommt ein Gewinnausgleich nicht in Betracht, sondern der Rechtsinhaber kann nur dieses Entgelt – typischerweise eine Lizenzgebühr62 – verlangen 63. Denn der Gewinnerzielende hätte den Gewinn dann in
Maßt sich ein Dritter die Entscheidung darüber an, so wildert er stets im fremden Rechtskreis, mag der Berechtigte seine Befugnis nutzen wollen oder nicht“. 59 Im Ergebnis ebenso für einen Fall der Persönlichkeitsverletzung, allerdings mit einer bereicherungsrechtlichen Begründung BGH GRUR 2007, 139. 60 Siehe oben § 6 II. 61 Jack Linssen und Ernest Weinrib wollen dem Rechtsinhaber dagegen ein Wahlrecht einräumen, siehe § 5 Fn. 139. 62 Im Folgenden wird für alle Fälle der entgeltlichen Nutzungserlaubnis die Terminologie der Lizenzierung verwendet. Zur Ermittlung der Anspruchshöhe Virgo, Restitution, S. 467: „Usually, the value to the defendant of the use of the claimant’s premises will be equivalent to its ordinary letting value“. 63 Siehe oben § 6 II und Graphik 7. So argumentiert auch Burrows, Restitution, S. 648 in einem Fall der Verletzung von Immobiliareigentum (trespass to land): „It is, however, just about realistic to think that, had they been approached, the claimants would have
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rechtmäßiger Weise erzielt, wenn er einen Lizenzvertrag abgeschlossen hätte und muss dementsprechend so gestellt werden, wie wenn er den Gewinn in dieser Weise erzielt hätte. Ob in der jeweiligen Konstellation eine Lizenzabrede in Betracht kommt, oder nicht, hängt von einer wirtschaftlichen Betrachtung des Einzelfalls ab. Eine Lizenzabrede belastet den Gewinnerzielenden in der Regel finanziell weniger als die Absprache über eine (anteilige) Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber64. Zwar wäre in jeder Konstellation eine sicherlich effektivere Abschreckung dadurch möglich, dass der gesamte Gewinn herausgegeben würde. Dann bliebe dem Rechtsverletzer nämlich kein Vorteil aus dem rechtswidrigen Verhalten. Allerdings würde die Gewinnherausgabe dann häufig zu einem nicht zu rechtfertigenden Vorteil des Rechtsinhabers führen. Wenn er dem Rechtsverletzer nämlich vorab gegen ein Entgelt die Erlaubnis erteilt hätte, in seine Rechtssphäre einzudringen, so erhielte er eine Lizenzgebühr, nicht aber den Gewinn65. Dementsprechend muss der Rechtsverletzer in den Fällen, in denen der Rechtsinhaber ihm eine Lizenz erteilt hätte, so behandelt werden, als habe er einen Lizenzvertrag abgeschlossen. Dann hat der Rechtsinhaber einen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich für die Nutzung seines Rechts66. Gegen eine solche Analyse liegt eine Kritik auf der Hand: Wie lässt sich feststellen, ob sich der Rechtsinhaber auf eine Lizenzabrede eingelassen hätte? Eine rein subjektive Herangehensweise an diese Frage kommt nicht in Betracht, denn dies würde dazu führen, dass jeder verletzte Rechtsinhaber eine Lizenzierung ablehnen und Gewinnausgleich verlangen könnte. Vielmehr muss in einem ersten Schritt analysiert werden, worauf sich Parteien in vergleichbaren Situationen üblicherweise einigen würden. Hierbei indizieren bestimmte (objektive) Tatsachen eine hypothetische Lizenzierung. Zunächst einmal muss eine Lizenzierung im jeweiligen Fall überhaupt möglich sein. Verträge, in denen der Rechtsinhaber einem Dritten das Wirtschaften innerhalb seiner Rechtssphäre erlaubt, kommen bei der Nutzung granted the defendants the right to tip the spoil for a fee and that the damages therefore compensated for loss of that fee“. 64 So auch Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 541. Die Lizenzgebühr kann zwar durchaus auch den Gewinn übersteigen, etwa wenn sich der Rechtsverletzer nicht effizient um eine Gewinnerzielung bemüht hat oder aus sonstigen Gründen der Gewinn niedrig ist (so etwa im englischen Fall Inverugie Investments Ltd. v. Hackett [1995] 1 WLR 713, in dem ein Hotelier mit der Vermietung fremder Zimmer keinen Gewinn erzielen konnte, weil die Gäste ausblieben, siehe § 3 Fn. 309). Dennoch wird der Gewinn im Regelfall höher sein als die Lizenzgebühr, denn dies ist mit der Gewinnerzielung gerade bezweckt: Für einen Gewerbetreibenden macht eine Gewinnerzielung nur dann Sinn, wenn sie die Kosten deckt und darüber hinaus einen Mehrwert schafft. 65 Siehe auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 70–71. 66 Siehe Graphik 7.
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fremder Rechte, beispielsweise der Verwendung eines fremden Patents oder der Nutzung eines fremden Grundstücks, in Betracht, nicht hingegen bei der vollständigen Verwertung, wie etwa der Veräußerung fremder Sachen. In einem zweiten Schritt kann dann untersucht werden, ob sich der Rechtsinhaber tatsächlich auf eine Lizenzierung eingelassen hätte. Ist dies nicht der Fall, wäre dem Gewinnerzielenden, um sich rechtmäßig zu verhalten, nichts anderes übrig geblieben, als sich vorab mit dem Rechtsinhaber darüber zu einigen, dass er den Gewinn für ihn erzielt. Die Beweislast hinsichtlich dieser Frage liegt beim Gewinnerzielenden, der schließlich das fremde Recht verletzt hat. Soweit er nachweisen kann, dass der Rechtsinhaber ihm eine Lizenz erteilt hätte, etwa weil er bereits andere vergleichbare Lizenzen erteilt hat, muss er nachträglich nur eine Lizenzgebühr zahlen und ein Gewinnausgleich scheidet aus. In Fällen des sogenannten Lizenzierungszwangs fällt der Nachweis besonders leicht, schließlich impliziert ein Lizenzierungszwang, dass der Rechtsinhaber vorab jedenfalls eine Lizenz hätte erwerben können. Ein Gewinnausgleich kommt hier von vornherein nicht in Betracht, soweit der Rechtsverletzer den Lizenzierungszwang nachweisen kann. So ist es beispielsweise in Fällen, in denen ein Patent verletzt wird, das einem kartellrechtlichen Lizenzierungszwang unterliegt (sogenanntes standardessentielles Patent)67. Hier kann der Verletzer dem Anspruch des Patentinhabers auf Gewinnherausgabe den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand und sein Recht auf rückwirkende Lizenzerteilung entgegenhalten. Tut er dies, so muss er rückwirkend eine angemessene Lizenzgebühr zahlen. Die deutsche Rechtsprechung ordnet in Fällen dieser Art über die Verpflichtung zur Zahlung einer Lizenzgebühr hinaus eine Schadensersatzhaftung an und berechnet den Schaden – wie im deutschen Immaterialgüterrecht üblich – anhand des Verletzergewinns68. Eine solche Kumulierung überzeugt nicht. Denn durch die Zahlung einer Lizenzgebühr und die zusätzliche Gewinnherausgabe wird der Rechtsverletzer nicht in die Situation versetzt, in der er sich befände, wenn er sich rechtmäßig verhalten – nämlich eine Lizenz beantragt und erhalten – hätte, sondern er wäre einem darüber hinausgehenden letztlich bestrafenden Gewinnherausgabeanspruch ausgesetzt. Hierdurch wird der Verletzer, insbesondere wenn er sich nicht vorwerfbar verhalten hat, in einer jedenfalls zivilrechtlich nicht begründbaren Weise benachteiligt69. 67
BGHZ 180, 312 (Orange-Book-Standard). Vgl. LG Mannheim, BeckRS 2011, 29013; bestätigt durch OLG Karlsruhe, BeckRS 2012, 05121. 69 Im Ergebnis so auch Körber, Zwangslizenzeinwand und standardessentielle Patente, S. 94; zur Überabschreckung siehe ausführlich § 5 I 2. Der rückwirkende Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr schließt dagegen Schadensersatzansprüche nicht aus, soweit sie sich nicht auf den entgangenen Gewinn beziehen. Wenn sich der Verletzer schuldhaft verhalten hat, so kann der Patentinhaber – neben der Zahlung der angemessenen Lizenzge68
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Die Beweispflicht des Rechtsverletzers entfällt, wenn die betreffende Rechtsposition im Gewinnerzielungsprozess nur eine untergeordnete Rolle spielt, was sich auf die Verhandlungsposition des Rechtsinhabers im Zeitpunkt der Rechtsverletzung auswirkt. Spielt das Recht für die Gewinnerzielung nämlich nur eine untergeordnete Rolle, so hätte der Rechtsinhaber ex ante den Gewinnerzielenden wohl nicht dazu bewegen können, einen Vertrag mit ihm abzuschließen, dass er den Gewinn für ihn erzielt. Ein solcher Vertrag entspräche objektiv nicht den rechtlichen Gepflogenheiten und kann daher nicht als hypothetisch herangezogen werden. Soweit der Gewinnerzielende also nachweisen kann, dass die Rechtsverletzung bei der Gewinnerzielung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, ist die Dispositionsbefugnis des Rechtsinhabers auf eine Lizenzierung beschränkt. Die Rechtsposition kann zum einen eine untergeordnete Rolle spielen, weil das Recht nur einen minimalen Anteil zur Gewinnerzielung beiträgt. Ein Beispiel hierfür ist der Automobilhersteller, der ein neues Fahrzeug entwickelt, in das er patentwidrig eine Schraube einbaut70. Der Inhaber des Patents hätte vorab nur eine Lizenz erteilen können und im Gegenzug die Lizenzgebühr erhalten. Insbesondere wenn der Rechtsverletzer nur fahrlässig die patentwidrige Schraube eingebaut hat und andernfalls eine andere Schraube verwendet hätte, erscheint nämlich die Annahme eines Vertrags darüber, dass der Automobilhersteller den Gewinn (teilweise) für ihn erzielt, fernliegend. Anders wäre freilich die Rechtslage, wenn ein Schraubenproduzent patentwidrige Schrauben produziert. Hier hat das Patent eine maßgebliche Bedeutung im Gewinnerzielungsprozess und der Gewinnerzielende hätte den Gewinn zumindest teilweise für den Patentinhaber erzielen müssen. Zum anderen kann sich die untergeordnete Rolle auch daraus ergeben, dass die Rechtsverletzung und die Gewinnerzielung nur in einem mittelbaren Kausalzusammenhang stehen71. Wird etwa ein Rohr unterirdisch durch ein fremdes Grundstück geführt und das durch das Grundstück transportierte Öl gewinnbringend veräußert, so scheidet ein Gewinnausgleich aus72. Zwar wird das Öl durch das Grundstück transportiert. Aber abgesehen davon, dass das bühr – alle seine darüber hinaus entstandenen Schäden ersetzt verlangen. Ersatzfähig sind dann Vermögensnachteile, die dadurch entstanden sind, dass nicht regulär eine Lizenz erworben und die dafür fällige Gebühr gezahlt wurde (etwa Zinsen oder gegebenenfalls Verfolgungskosten). 70 Vergleichbar: Forsyth-Grant v. Allen [2008] EWCA Civ 505; [2008] Env. LR 41 (CA), Nr. 32, siehe oben § 3 II 1 b). 71 So auch Virgo, Causation and remoteness, S. 305–307. Graham Virgo bezeichnet eine solche entfernte Kausalität als remoteness. Liege diese vor, müsse jedenfalls ein Gewinnausgleich ausscheiden: „[...] indirect benefits are too remote“, Virgo, Causation and remoteness, S. 306. 72 Beispiel angelehnt an die englische Entscheidung Severn Trent Water Authority Ltd. v. Barnes [2004] EWCA Civ 579, siehe oben § 3 II 1 b).
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Grundstück nur minimal zur Gewinnerzielung beiträgt, besteht zwischen der Rechtsverletzung und der Gewinnerzielung nur eine mittelbare Kausalitätsbeziehung. Eine Einigung zwischen den beiden Parteien hätte nicht zum Inhalt gehabt, dass der Ölkonzern den Gewinn zu Gunsten des Grundstückseigentümers erzielt. Vielmehr hätten sie sich nur darauf geeinigt, dass der Ölkonzern dem Grundstückseigentümer eine Nutzungsgebühr zahlt. Selbst wenn der Grundstückseigentümer nachträglich darauf verweist, dass er sich auf eine solche Abrede keinesfalls eingelassen hätte, ändert dies nichts daran, dass ein Gewinnausgleich per se nicht in Betracht kommt. Anders wäre es freilich, wenn jemand ein fremdes Grundstück landwirtschaftlich nutzt und das angebaute Getreide gewinnbringend veräußert. Hier käme ein Gewinnausgleich in Betracht, weil die Rechtsverletzung in Form der unbefugten Nutzung hinreichend eng mit der Gewinnerzielung verknüpft ist. Ein solcher Vorrang der rückwirkenden Lizenzierung in Fällen, in denen die Rechtsverletzung nur eine untergeordnete Rolle bei der Gewinnerzielung spielt, kann allerdings zu einem rechtswidrig kalkulierenden Verhalten des Rechtsverletzers führen. Ermöglicht man es ihm, sich durch ein nachträglich zu entrichtendes Nutzungsentgelt „freizukaufen“, so setzt man für ihn den Anreiz zu lukrativen rechtswidrigen Verhaltensweisen73. Schließlich kann der Verletzer darauf spekulieren, dass sein rechtswidriges Verhalten unerkannt bleibt. In allen Fällen, in denen es nicht erkannt wird, kann er den Gewinn behalten; nur in den Ausnahmefällen, dass es doch erkannt wird, zahlt er das Nutzungsentgelt, das er bei einer Nutzungsabsprache in Form einer Lizenzgebühr auch hätte zahlen müssen. Auf diese Weise wird er in der Regel von seinem Verhalten profitieren, schlimmstenfalls aber durch die nachträglich auferlegte Pflicht zur Zahlung eines Nutzungsentgelts in die Lage versetzt, in der er sich befände, wenn er sich rechtmäßig verhalten und (von vornherein) eine Lizenzgebühr gezahlt hätte. Nutzt der Gewinnerzielende sein Wissen über die Rechtsfolgen seines Verhaltens bewusst aus, so drängt sich deswegen die Frage auf, ob der Rechtsverletzer nicht ausnahmsweise trotzdem so behandelt werden muss, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt. Hierfür sprechen jedenfalls das erhöhte Abschreckungsbedürfnis sowie die in diesem Fall fehlende Schutzwürdigkeit des Rechtsverletzers und des Wirtschaftsverkehrs. Legt man es darauf an, durch die Verletzung fremder Rechte Gewinne zu erzielen, so kann man nicht darauf vertrauen, die Früchte des eigenen Einsatzes selbst behalten zu dürfen. Allerdings beantworten diese Erwägungen nicht die Frage, weshalb der Rechtsinhaber in diesem Fall den Gewinn erhalten soll74. 73
Gordley, Foundations, S. 450–451. Anders Gordley, Foundations, S. 456. Nach James Gordley soll der Standardfall der Gewinnherausgabe vorliegen, wenn sich ein Dritter fremde Gewinne angemaßt hat (appropriation of benefits). Allerdings soll darüber hinaus eine Gewinnherausgabe auch dann 74
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung
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Hätte der Gewinnerzielende sich nämlich ordnungsgemäß verhalten, hätte der Rechtsinhaber ihm nur eine Lizenz erteilen und im Gegenzug eine angemessene Lizenzgebühr erhalten können. Spricht man dem Rechtsinhaber dennoch den Gewinn zu, würde ihm also ein Vorteil zuteil, den er sonst nicht erzielt hätte. Ein zivilrechtlicher Ausgleich muss an dieser Stelle deswegen ausscheiden, was freilich nicht bedeutet, dass eine Abschöpfung des Gewinns auf anderem Wege ausgeschlossen ist75. (2) Anteilige und vollständige Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber Hat der Gewinnerzielende die Dispositionsbefugnis des Inhabers einer Rechtsposition verletzt und liegt kein Fall vor, in dem eine rückwirkende Lizenzierung angenommen werden muss, hätte der Gewinnerzielende den Gewinn in rechtmäßiger Weise erzielen können, wenn er mit dem Rechtsinhaber einen Vertrag darüber abgeschlossen hätte, dass er den Gewinn für ihn erzielt76. Allerdings kann sich der Verletzer insoweit entlasten, als er sich um den Nachweis bemühen kann, dass der Rechtsinhaber sich auf eine anteilige Gewinnerzielung für ihn eingelassen hätte. Dies hätte zur Folge, dass er nur in die Situation versetzt werden muss, in der er sich befände, wenn er den Gewinn anteilig für den Rechtsinhaber erzielt hätte. Misslingt dieser Nachweis, muss zu Gunsten des Rechtsinhabers davon ausgegangen werden, dass er sich nur auf eine Absprache über eine Gewinnerzielung eingelassen hätte, die vollständig zu seinen Gunsten erfolgt. Der Rechtsverletzer muss dann den gesamten Gewinn herausgeben77. Wiederholt haben Rechtswissenschaftler hiergegen eingewendet, dass eine Pflicht zur Gewinnherausgabe nur in der Höhe bestehen kann, in der der Rechtsverletzer den Gewinn durch die Verletzung des fremden Rechts, also nicht durch eigenen Einsatz erzielt hat78. Die Gewinnverteilung müsse deswegen proportional zu den jeweils eingebrachten Rechtspositionen und dem jeweils aufgewendeten Einsatz erfolgen79. Zu welchem Anteil der Gewinn in Betracht kommen, wenn nur eine einfache Rechtsverletzung (interference) vorliegt, der Rechtsverletzer aber die Rechtslage ausnutzen wollte und es durch die interference beabsichtigt hat, einen Gewinn zu erzielen, der den etwaigen Schadensersatzanspruch übersteigt („you-are-encouraged-to-contract-instead damages“). 75 Siehe Fn. 51. 76 Siehe Graphiken 5 und 6. 77 So zum englischen account of profits: Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959, 85; dazu Virgo, Causation and remoteness, S. 308. 78 Dies haben Befürworter einer Gewinnabschöpfung aus Abschreckungserwägungen (u.a. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 154, siehe oben § 5 I), wie auch Befürworter des Gewinnausgleichs nach Eigentumswertungen (Linssen, Voordeelsafgifte, S. 463, siehe oben § 5 III) vertreten. 79 Zu den Problemen einer proportionalen Gewinnverteilung siehe oben § 5 III 3 c) und Graphiken 2 und 3.
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
auf dem Einsatz und den Rechten des Rechtsverletzers beruht und zu welchem Anteil auf dem fremden Recht, ist in der Praxis allerdings kaum nachzuweisen80. Hierauf hat der niederländische Gesetzgeber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrfach hingewiesen und daraus den Schluss gezogen, dass eine anteilige Gewinnherausgabe jedenfalls bei Immaterialgüterrechtsverletzungen ausgeschlossen sein müsse. Dem ist auch die Rechtsprechung gefolgt81. Abgesehen von diesen praktischen Schwierigkeiten bedeutet eine Gewinnbeteiligung entsprechend der Beteiligung am Gewinnerzielungsprozess, dass der Rechtsverletzer nicht so behandelt wird, als habe er den Gewinn für den Inhaber des fremden Rechts erzielt, sondern so, als habe er sich mit dem Inhaber des fremden Rechts auf eine anteilige Gewinnerzielung geeinigt. Ob sich der Rechtsinhaber aber auf eine solche gesellschaftsvertragsähnliche Absprache eingelassen hätte, ist zweifelhaft: Dann würde ihm nämlich ein – in der Regel vollkommen unbekannter – Geschäftspartner aufgedrängt, mit dem er gemeinsam Gewinne erwirtschaftet82. Fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Rechtsinhaber sich auf eine solche gemeinsame Gewinnerzielung eingelassen hätte – hierfür liegt die Beweislast wieder beim Rechtsverletzer –, muss man deswegen davon ausgehen, dass der Gewinnerzielende, um den Gewinn in rechtmäßiger Weise zu erzielen, einen Vertrag hätte abschließen müssen, nach dem er den gesamten Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt hätte, und er dementsprechend zur Herausgabe seines gesamten Gewinns verpflichtet ist. Geht man nun davon aus, dass der Rechtsverletzer so behandelt werden muss, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt, so unterliegt er in Bezug auf den Gewinn, den er nun also für den Rechtsinhaber hält, einer treuhänderischen Bindung83. Er ist sich zwar nicht zwingend dieser Bindung bewusst. Bewusst ist er sich aber typischerweise sämtlicher Umstände, die dazu führen, dass er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt, sodass die treuhänderische Bindung insoweit nicht unangemessen erscheint. Dies erin-
80 Deurvorst, Is winstafdracht een bruikbare sanctie?, S. 154–155; Haines, Bereicherungsansprüche, S. 123–127; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 541; Amrein, Gewinnherausgabe, S. 70. 81 Vgl. § 2 II 2 b) (2); HR 18.6.2010, LJN BL 9662; Rb. Haarlem, 25.8.2010, BIE 2011, 55. Ebenso argumentiert – allerdings etwas pauschal – Krumm, Bewußt widerrechtliche Inanspruchnahme, S. 218–219. 82 Kritisch auch der australische High Court in der Entscheidung Warman International Ltd. v. Dwyer [1995] 182 CLR 544. 83 von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 541. Anders York, Extension of restitutional remedies, S. 507: „To consider a wrongdoer as a fiduciary as a result of his wrong is transparent nonsense“.
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nert an die englische Rechtsfigur des constructive trust84, bei der angenommen wird, dass derjenige, der in einer rechtswidrigen Weise einen Gewinn erzielt, diesen unter bestimmten Umständen als trust für denjenigen hält, dessen Rechte er bei der Gewinnerzielung verletzt hat85. Die Einordnung des Rechtsverletzers als „Treuhänder wider Willen“ 86 hat den Vorteil, dass er einer Rechnungslegungspflicht unterliegt. Bestünde eine solche Pflicht nicht, wäre die Ermittlung des Verletzergewinns nämlich nur mit erheblichen Mehrkosten und Zeitaufwand möglich. Dies würde die Eignung der Gewinnherausgabepflicht als pragmatische Alternative zum Schadensersatzanspruch in Fällen, in denen der Schaden nur schwierig festgestellt werden kann, stark reduzieren87. 4. Abgrenzung zu eigentumsrechtlichen Argumenten, zum Gewinnausgleich nach der Schutzrichtung des Rechts und zum Ansatz Ripsteins Insbesondere englische Juristen haben verschiedentlich darauf hingewiesen, dass ein Gewinnausgleich nur in Betracht kommen kann, wenn der Gewinnerzielende ein eigentumsähnliches Interesse (proprietary interest) verletzt hat88. Das proprietary interest ist als Kriterium an dieser Stelle aber zumindest missverständlich, denn die Eigentumsähnlichkeit führt nicht dazu, dass dem Rechtsinhaber alles mit seiner Rechtsposition Erzielte zusteht89. Es kommt nicht auf eine prinzipielle Eigentumsähnlichkeit an, sondern darauf, ob Dritte dazu verpflichtet sind, bevor sie mit dem fremden Recht wirtschaften, mit dem Rechtsinhaber eine Absprache über die Gewinnerzielung zu treffen. Diese Beschreibung mag auf eigentumsähnliche Rechte häufig zutreffen, zwingend ist sie aber nicht. Denn bereits bei Eigentumsverletzungen findet nicht immer eine Gewinnherausgabe statt. Im Beispiel des Anglers, der mit fremdem Brot einen Fisch angelt, erscheint eine Gewinnbeteiligung am Verkaufserlös für den Fisch lebensfern90, denn die Parteien hätten sich ex ante nicht darauf geeinigt, dass der Angler den Erlös für den Eigentümer des Brots erzielt. Der Eigentümer des Brots kann deswegen vielmehr nur den 84
Docker v. Somes [1834] 2 My. & K. 655. Die englische Rechtsprechung hat auch den account of profits vielfach damit begründet, dass in bestimmten Fällen angenommen werden soll, dass der Verletzer den Gewinn für jemand anderes erzielt hat, siehe oben § 3 I 2. 86 Vgl. von Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, S. 360. 87 Helms, Gewinnherausgabe, S. 67 m.w.N. 88 Virgo, Causation and remoteness, S. 327: „[I]t is only where some form of proprietary link to the profit made can be established that the constructive trust should be recognised, for then the profit can legitimately be considered to belong to the claimant in equity [Kursivierung K.B.]“; ebenso Friedmann, Restitution of benefits, S. 516–517; ausführlich zum proprietary approach siehe oben § 3 IV 2 und § 5 III 2. 89 Siehe oben § 5 III. 90 Zu dem Beispiel siehe oben § 5 III 3 c). 85
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Wert des Brots ersetzt verlangen. Anders ist es beim Verkauf eines fremden Fahrrads. Hier hätte sich der Verkäufer mit dem Eigentümer darüber einigen müssen, dass er das Fahrrad für ihn verkauft. Zwar wurde in beiden Fällen durch die Verwertung fremden Eigentums ein Gewinn erzielt. Dennoch unterscheiden sich die Fälle in ihren Lösungen grundlegend. Eine Lösung der Gewinnausgleichsproblematik nach der Eigentumsähnlichkeit des jeweiligen Rechts kann demnach nicht überzeugen. Nach James Gordley richtet sich die Frage nach dem Gewinnausgleich nach dem spezifischen Schutzgehalt des jeweiligen Rechts. Jedem Recht sollen verschiedene Schutzgehalte inhärent sein91. Gordley unterscheidet dabei zwischen Abwehrrechten, die Schutz vor Beeinträchtigungen (interference) bieten und Rechten zur Vorteilssicherung (allocating profits). Schützt die verletzte Rechtsposition davor, dass der Verletzer sie nicht eigennützig und unabgesprochen zur Gewinnerzielung nutzt, müssen erzielte Gewinne herausgegeben werden92. In Bezug auf das Eigentum sollen in diesem Sinne Nutzungs- und Verwertungsrechte bestehen. Bei der Verletzung eines bloßen Nutzungsrechts scheidet der Gewinnausgleich aus, während er zu bejahen ist, wenn ein Verwertungsrecht verletzt wurde. Denn dieses schütze gerade davor, dass Dritte die Sache verwerten, sie also etwa veräußern, und dadurch Gewinne erzielen. Als Beispiel nennt Gordley den Fall, dass eine Fabrik Emissionen ausstößt, die das anliegende Grundstück eines Bauern verunreinigen. Der Schutzzweck des Eigentums in Verbindung mit dem Emissionsschutzrecht sei hier die 91
Gordley, Foundations, S. 446–447. Bereits Peter Birks hatte eine Theorie entwickelt, nach der das betroffene Recht in der konkreten Situation „the purpose of preventing dissapproved modes of enrichment“ haben sollte, Birks, Introduction, S. 328. Hieraus entwickelte er seine Lehre des anti-enrichment wrong, dessen Verletzung immer einen Gewinnausgleich zur Folge haben sollte, vgl. Birks, Restitution and wrongs, S. 66–67. Birks hat diese Kategorien später selbst verworfen, siehe oben § 3 III 3. Dieser Lehre jüngst aber wieder zustimmend McBride, Restitution for wrongs, S. 269–271, allerdings nur in Bezug auf Verletzungen von Treuepflichten. Ähnlich auch Palmer, Restitution, S. 165, nach dem der herauszugebende Gewinn das Produkt des geschützten Interesses sein soll, wobei das Interesse die jeweilige Schutzrichtung der Rechtsposition bezeichne; Steel, Private law, S. 623: „The reason why it was wrongful for D to behave in that way [and why profits cannot be disgorged, K.B.] was not because of C’s economic interests“ und Haines, Bereicherungsansprüche, S. 102–107, 141–144, der – parallel zur Berücksichtigung des Schutzzwecks bei § 823 II – den Zuweisungsgehalt eines Rechts bei der Eingriffskondiktion nach dem Zweck der Individualbegünstigung bestimmen will. Eine vergleichbare Theorie hat in den fünfziger Jahren Eduard Bötticher entwickelt. Die Sanktion sollte sich nach dem Schutzzweck der verletzten Norm richten. So hat er etwa beim Recht am Bild zwischen dem Persönlichkeits- und dem Güterschutz unterschieden, Bötticher, Ausrichtung der Sanktion, S. 403. Anders aber Rotherham, Deterrence, S. 25, nach dem es nicht auf die Schutzrichtung der Rechtsposition, sondern auf die Bedeutung des betroffenen Interesses und die Schwere der Verletzung im Allgemeinen ankommen soll. 92 Gordley, Foundations, S. 447.
III. Begrenzung der selbstbestimmten Gewinnerzielung
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Abwehr von Emissionen, nicht aber die Verhinderung einer fremden Gewinnerzielung durch den Ausstoß von Emissionen, die die Grundstücksnutzung der Anlieger beeinträchtigen93. Deswegen könne der Bauer nur Schadensersatz für die Beeinträchtigung durch die Emissionen verlangen, nicht aber den durch die Fabrik erzielten Gewinn. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Allerdings ist Gordleys Argumentation problematisch. Denn anstelle einer flexiblen vertraglichen Lösung verlagert er die Erörterung der Frage, ob ein Gewinn herausgegeben werden muss oder nicht, in die Prüfung der jeweiligen Rechtsposition und ihrer Verletzung. So soll bei Eigentumsverletzungen durch Nutzung ein Gewinnausgleich (immer) ausscheiden, während er bei Verwertungen (immer) zu bejahen sein soll. In vielen Fällen mag dies zu überzeugenden Ergebnissen führen. Gleichwohl kann ein solches Gewinnausgleichskriterium auch unflexibel und unkonkret sein94. Im bereits erwähnten Schraubenbeispiel95 wird in beiden Fallvarianten ein fremdes Patent verletzt, indem eine Schraube einerseits patentwidrig vermarktet und andererseits patentwidrig in Automobile eingebaut wird. In beiden Fällen wird ein fremdes Patent genutzt. Dennoch erscheint eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt, weil im ersten Fall ein hypothetischer Vertrag eine Lizenzierung bedeutet hätte, während im zweiten Fall ein hypothetischer Vertrag nur in Form der (zumindest teilweisen) Gewinnerzielung für den Patentinhaber in Betracht gekommen wäre. Arthur Ripstein hat für die Begründung des Gewinnausgleichs einen in vielen Punkten zum hypothetischen Vertragsschluss ähnlichen Ansatz entwickelt. Nach Ripstein ist es das Hauptziel des Privatrechts, nach jedem rechtswidrigen Verhalten den status quo ante wiederherzustellen („as if it had never happened“96). Wenn ein rechtswidriges Verhalten in Form der unbefugten Nutzung fremder Ressourcen (means)97 erfolgt sei, müsse die Nutzung also möglichst annähernd wieder rückgängig gemacht werden. Weil die Nutzung einer fremden Ressource als solche nun aber nicht rückgängig 93
Gordley, Foundations, S. 448–449. Zu einer ökonomischen Analyse der Rechtslage Coase, The problem of social cost, S. 30–34. 94 Kritisch deswegen Burrows/McKendrick/Edelman, Restitution2, S. 935. 95 Siehe oben § 6 III 3 c) (1). 96 Ripstein, As if it had never happened, S. 1991. Um eine umfassende Theorie des Gewinnausgleichs handelt es sich hierbei jedoch nicht: Laut Ripstein soll eine Gewinnherausgabe jedenfalls dann stattfinden, wenn mit fremden Ressourcen (zum Begriff means siehe sogleich Fn. 97) gewirtschaftet wurde. Ob sie in anderen Fällen auch in Betracht kommt, lässt er offen. 97 Ripstein spricht von der Nutzung von means. Hierbei soll es sich um die Rechte und Fähigkeiten einer Person handeln, Ripstein, As if it had never happened, S. 1973: „Among the means a person has, first and foremost, of course, are that person’s mental and physical powers, because they are the things that are used to pursue whatever purposes he or she has. But, equally obviously, one can have other things as means, including, prominently, property“.
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
gemacht werden kann, soll nach Ripstein der Wirtschaftende zumindest so behandelt werden, als habe er den Gewinn für den Kläger erzielt, und muss den Gewinn deswegen herausgeben 98. Damit bestehen strukturelle Parallelen zwischen Ripsteins und der hier vertretenen Auffassung. Allerdings weist die Begründung Ripsteins für diese Behandlung des Rechtsverletzers Ungenauigkeiten auf. Mit der Verabsolutierung, dass jedes Wirtschaften mit fremden Ressourcen eine Gewinnherausgabe zur Folge haben soll, blendet Ripstein nämlich die nachträgliche Pflicht zur Zahlung einer Lizenzgebühr als Alternative zur Gewinnherausgabe vollständig aus99. Weil die Gewinnerzielung als solche nicht rückgängig gemacht werden kann, geht Ripstein davon aus, dass zumindest der Zustand hergestellt werden muss, der bestünde, hätte es keine eigennützige Gewinnerzielung gegeben. Durch die nachträgliche Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes wäre es aber ebenso gut möglich, einen Zustand herzustellen, in dem es keine rechtswidrige Gewinnerzielung gegeben hätte. Die Wiederherstellung des eigentlichen status quo ante würde bedeuten, dass die Gewinnerzielung als solche nicht stattgefunden hätte. Auch Ripsteins Theorie vermag die Gewinnerzielung selbst aber nicht rückgängig zu machen. Weshalb gerade die Eigennützigkeit, nicht aber die Rechtswidrigkeit der Gewinnerzielung behoben werden soll, wird aus seinen Erörterungen nicht deutlich. Denkt man Ripsteins Theorie konsequent zu Ende, so führt dies außerdem zu einem sehr weiten Feld an Fällen des Gewinnausgleichs. Nach Ripstein soll ein Gewinnausgleich immer dann erfolgen, wenn der Verletzer vorsätzlich ein fremdes Recht nutzt und dadurch einen Gewinn erzielt. Wenn also der Inhaber eines Ölkonzerns ein Rohr unter ein fremdes Grundstück verlegt, durch das er sein Öl transportiert, um es gewinnbringend zu verkaufen, müsste er nach Ripsteins Auffassung seinen Gewinn an den Eigentümer des Grundstücks herausgeben. Sogar wenn eine Einigung über eine Nutzungsberechtigung nicht in Betracht kam, kann eine Gewinnherausgabe an dieser Stelle weder überzeugen 100, noch entspricht sie der Rechtstradition in den untersuchten Rechtsordnungen101. Denn das Eigentum sichert dem Eigentümer nicht alle durch Verletzung des Eigentums erzielten Gewinne zu. Weil der status quo ante nicht mehr hergestellt werden kann, will Ripstein alternativ den Verletzer zumindest so behandeln, als habe er den Gewinn für den Eigentümer erzielt. Damit setzt er voraus, dass das Eigentum ein Recht auf alle Gewinne mit sich bringt, die durch seine Verletzung erzielt werden. Weshalb dies aber der Fall sein soll, erklärt er nicht – und es lässt sich wohl 98
Ripstein, As if it had never happened, S. 1993. Siehe oben § 6 III 3 c) (1). 100 So auch für den parallelen Fall der Beeinträchtigung eines Grundstücks durch Emissionen des Nachbarn Gordley, Purpose of awarding, S. 46, siehe Fn. 93. 101 Siehe zum französischen Recht § 1 I 1 c), zum niederländischen Recht § 2 II 1 a) und zum englischen Recht § 3 II 1 b). 99
IV. Gegenanspruch des Rechtsverletzers
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auch nicht plausibel begründen102. Damit distanziert sich Ripstein zwar zunächst vom proprietary approach, ist aber strukturell an derselben Stelle ungenau.
IV. Gegenanspruch des Rechtsverletzers Dass der Rechtsverletzer in bestimmten Fällen seinen (gesamten) Gewinn an den Rechtsinhaber herausgeben muss, bedeutet nicht, dass der Rechtsinhaber demjenigen, der den Gewinn nun also (zumindest effektiv) für ihn erzielt hat, nicht eine Aufwandsentschädigung und einen Ausgleich für die eingebrachten Rechte zahlen muss. Im Gegenteil: wenn der Rechtsverletzer in die Lage versetzt wird, in der er sich befände, wenn er einen Vertrag mit dem Rechtsinhaber darüber abgeschlossen hätte, dass er den Gewinn für ihn erzielt, so hat er im Gegenzug einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und Wertersatz für seine eingebrachten Rechte 103, und zwar auch, wenn der Rechtsverletzer fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat 104. Hiergegen ist verschiedentlich eingewendet worden, dass der Rechtsinhaber – für den ein Lizenzvertrag ja nicht in Betracht kam – vielfach den Gewinnerzielenden auch nicht eingestellt hätte, um ihn mit seiner Rechtsposition einen Gewinn erwirtschaften zu lassen 105. Durch die Annahme, dass der Rechtsverletzer so behandelt werden muss, als sei er vom Rechtsinhaber beauftragt, würde der Rechtsinhaber also letztlich dazu gezwungen, jemanden einzustellen, der mit seinem Recht einen Gewinn erzielt, obwohl diese Person – möglicherweise sogar bewusst – seine Rechte verletzt hat und er selbst eine Gewinnerzielung möglicherweise überhaupt nicht gewollt hatte. Eine solche einseitige Verpflichtung des Berechtigten durch den Rechtsverletzer müsse ausgeschlossen sein106. 102
Siehe oben § 5 I 2 und 3. Siehe Graphik 5; so auch Amrein, Gewinnherausgabe, S. 53–58. Anders Virgo, Causation and remoteness, S. 309–310, nach dem der Aufwand des Rechtsverletzers zu einer Gewinnbeteiligung führen soll. 104 Siehe etwa Warman v Dwyer (1995) 182 CLR 544, 567. 105 Gordley, Foundations, S. 456; Ripstein, As if it had never happened, S. 1993, Fn. 83; Giglio, Foundations, S. 208. Dies wird insbesondere für Treuepflichtverletzungen vertreten: Guinness Plc. v. Saunders [1990] 2 AC 663, dazu Rusch, Gewinnhaftung, S. 113 m.w.N. Zum deutschen Recht etwa Kohler, Handbuch, S. 101, 572; Ebert, Geschäftsanmaßung, S. 281. Haines, Bereicherungsansprüche, S. 134 findet sogar, der Rechtsverletzer würde durch eine Aufwandsentschädigung belohnt. 106 „Even if you set out to confer a benefit on me, you cannot then claim the benefit unless I have freely accepted it, precisely because you cannot unilaterally force me into a contractual arrangement with you. If I cannot force you into a contractual arrangement by conferring a benefit on you, and so cannot force you to use my services in such a case, I certainly cannot force you to use my services in the case in which I set out to take your 103
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht. Wird ein Recht verletzt und liegen die sonstigen Voraussetzungen vor, so hat der Rechtsinhaber die Wahlmöglichkeit zwischen Schadensersatz, also unter anderem Ersatz des nachweislich entgangenen Gewinns, und Gewinnausgleich107. Wählt er den Gewinnausgleich, so wird der Verletzer so behandelt, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt. Dem Rechtsinhaber ist dann kein Gewinn entgangen und eine Schädigung scheidet insoweit aus108. Der Rechtsinhaber hätte ohne jeglichen Aufwand den Gewinn aber keinesfalls erzielen können. Deswegen muss er dem Verletzer seinen Aufwand ersetzen. Wenn er das nicht möchte, kann er auch darauf verzichten, Gewinnausgleich zu verlangen und anstelle dessen einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen109. Von einem Zwang, jemanden für sich arbeiten zu lassen, kann also keine Rede sein110. Dabei wird dem Verletzer auch insoweit der Anreiz zu rechtswidrigen Verhaltensweisen genommen111, als er nicht am Gewinn beteiligt ist112 und er damit vom selbständigen Geschäftsmann zum Angestellten „degradiert“ wird113. Ernest Weinrib hat gegen eine Aufwandsentschädigung für den Rechtsverletzer eingewendet, dass derjenige, der bewusst ein fremdes Recht verletze, um damit einen Gewinn zu erzielen, an den Implikationen seines rechtswidrigen Verhaltens festgehalten werden müsse. Wer sich rechtswidrig verhalte, könne nicht davon ausgehen, nachträglich dafür Aufwendungsersatz zu erhal-
property as my own [...] I must be understood as having squandered my efforts. [...] that is simply my loss and your gain“, Ripstein, As if it had never happened, S. 1993, Fn. 84. 107 Gegen eine solche Wahlmöglichkeit Polinsky/Shavell, Should liability be based, S. 427–437, die zu dem Ergebnis kommen, dass alternative Ansprüche nicht in Betracht kommen, und bei rechtswidrigem Verhalten vielmehr ausschließlich die Schadenskompensation gewährleistet sein soll, weil diese bereits eine effiziente Prävention gewährleiste. 108 Ein etwaiges Ausführungsverschulden bleibt dabei unberührt. Der Gewinnerzielende haftet also nicht dafür, dass er den Gewinn erzielt hat, sondern dafür, dass er den Gewinn in einer Weise erzielt hat, die dem Rechtsinhaber einen Schaden zugefügt hat. 109 Ähnlich ist es im deutschen Recht in Fällen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. Hier wird angenommen, der ursprüngliche Eigentümer genehmige die unbefugte Verfügung, um so die Verfügung wirksam werden zu lassen und das durch die Verfügung Erlangte (nach überwiegender Auffassung den Erlös) herausverlangen zu können. Es ist dabei allgemein anerkannt, dass die Genehmigung sich nur auf die Rechtsfolgen bezieht, vgl. Schwab, in: MünchKomm § 816, Rn. 33–36. 110 So auch Canaris, Gewinnabschöpfung, S. 89–90. 111 Ontnemen van de economische prikkel, siehe Deurvorst, Schadevergoeding, S. 173– 176. 112 Anders Wilburg, Zusammenspiel der Kräfte, S. 350, nach dem eine angemessene Entlohnung des Gewinnerzielenden stets auch eine Gewinnbeteiligung bedeuten sollte, siehe dazu bereits oben § 5 III 3 c). 113 Siehe oben § 5 I 2.
V. Hypothetischer mehrseitiger Vertrag?
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ten114. Allerdings ist es sehr fraglich, ob eine vorsätzliche Rechtsverletzung impliziert, dass der Verletzer im Fall der Verpflichtung zur umfassenden Gewinnherausgabe nicht für seinen Aufwand entschädigt werden will. Durch sein Verhalten zeigt der Rechtsverletzer vielmehr nur, dass er es beabsichtigt, unter Verletzung fremder Rechte Gewinne zu erzielen. Versagt man ihm eine Aufwandsentschädigung, so führt dies zur ungerechtfertigten Bereicherung des Rechtsinhabers. Dies ließe sich allenfalls als (zivilrechtlich unzulässige) Bestrafung des Rechtsverletzers verstehen 115.
V. Hypothetischer mehrseitiger Vertrag? Werden durch eine Gewinnerzielung gleich mehrere Rechtspositionen verletzt, kommen unterschiedliche Formen der Gewinnverteilung in Betracht. Kommt der Richter zu der Beurteilung, dass der Gewinn für mehrere Rechtsinhaber gleichzeitig hätte erzielt werden müssen, so kann er entweder davon ausgehen, dass die Inhaber der verletzten Rechte gleichberechtigte Teilhaber am Gewinn sind116 und sie dem Verletzer anteilig Ersatz für seine Aufwendungen und eingebrachten Rechte leisten müssen, oder aber dass die Inhaber der verletzten Rechte nach der Beteiligung an der Gewinnschöpfung am
114
„[...] the wrongful conduct [...] implicitly denied the significance of the owner’s right to the resource. The consequence of this denial is that the owner can be under no obligation to the trespasser for the improvement [...]“, Weinrib, Restitutionary damages, S. 30. 115 McBride, Restitution for wrongs, S. 265: „Gross disgorgement damages are not really targeted at making Farmer disgorge the gain he makes [...]. Their real aim is to discourage Farmer [...] by threatening him with a ‚punitive sanction‘ [...], then why not straightforwardly threaten him with an award of exemplary damages?“ Im englischen Recht ist deswegen allgemein anerkannt, dass der Inhaber der Rechtsposition, der vom Rechtsverletzer aufgrund eines constructive trust oder mit dem account of profits den gesamten Gewinn herausverlangen kann, diesen für seinen Arbeitsaufwand angemessen entlohnen muss: Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46; Redwood Music Ltd. v. Chappell & Co. Ltd. [1982] RPC 109. So auch Virgo, Causation and remoteness, S. 309–310; Worthington, Disgorgement, S. 231; Barker, Riddles, remedies and restitution, S. 265–269, siehe oben § 3 IV 1 b). Ähnlich auch Gordley, Foundations, S. 454–455, der allerdings eine Zwischenlösung befürwortet. Ein voller Ersatz der Kosten des Rechtsverletzers führe dazu, dass er den Rechtsinhaber faktisch dazu zwingen könne, ihn zur Verwertung des Rechts einzustellen. Zu zahlen sei deswegen „an amount that leaves the defendant somewhat worse off than if he had entered into a fair contract with the plaintiff“, Gordley, Foundations, S. 456. 116 Dies ist für das niederländische Recht geregelt in Art. 6:15 I BW; für das deutsche Recht, das in diesem Fall eine Gesamtgläubigerschaft annehmen würde, siehe §§ 420, 428, 430 BGB; vgl. auch Artt. III. – 4:204 und III. – 4:206 (1) DCFR.
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§ 6 Struktur des Gewinnausgleichs
Gewinn beteiligt werden müssen. In beiden Fällen werden die Rechtsinhaber Beteiligte an einem (hypothetischen) mehrseitigen Vertrag117. Nach der ersten Lösung kommt es für die Gewinnzuordnung nicht darauf an, in welchem Umfang die jeweilige Rechtsposition an der Gewinnerzielung beteiligt ist. Der jeweilige Kläger (und Inhaber einer der verletzten Rechtspositionen) erhält den Gewinn vielmehr, weil der Verletzer ihn (insgesamt) für ihn hätte erzielen müssen118. Wenn es mehrere Kläger gibt, für die der (gesamte) Gewinn in dieser Form hätte erzielt werden müssen, kommt – mangels anderer Anhaltspunkte für eine Verteilung – nur eine gleiche Beteiligung in Betracht. Die am Gewinn Beteiligten müssten sich dann aber gegenseitig anteiligen Wertersatz für ihre Rechte leisten, damit sie durch den Gewinnausgleich keinen unangemessenen Vorteil erlangen. Erzielt jemand beispielsweise einen Gewinn von 20.000 !, betreibt dabei einen Aufwand, dessen Wert mit 2.000 ! zu beziffern ist und verletzt dabei zwei Patente, für die Lizenzgebühren von 2.000 ! und 6.000 ! zu zahlen gewesen wären, so würden beide Patentinhaber, die Hälfte des Gewinns (10.000 !) erhalten. Sie müssen im Gegenzug dem Verletzer eine Aufwandsentschädigung (jeweils 1.000 !) sowie sich gegenseitig einen hälftigen Wertersatz zahlen. Während der erste Patentinhaber 3.000 ! zahlen müsste, müsste der zweite nur 1.000 ! zahlen. Durch die Verrechnung der Forderungen kommt man zum Ergebnis, dass der erste Patentinhaber 7.000 !, der zweite Paten tinhaber 11.000 ! und der Gewinnerzielende 2.000 ! erhält. Nach der zweiten Lösung kommt man zu anderen Ergebnissen. Die Inhaber der Patente würden hier nach ihren Anteilen an der Gewinnschöpfung am Gewinn beteiligt, erhielten dementsprechend 5.000 ! und 15.000 ! und müssten dem Patentverletzer anteilig seinen Aufwand ersetzen 119. Weil der erste Patentinhaber nur ein Viertel des Gewinns erhält, muss er auch nur ein Viertel des Verletzeraufwands, also 500 !, ersetzen. Der zweite Patentinhaber muss dementsprechend drei Viertel des Aufwands, 1500 !, ersetzen. Damit erhielte der erste Patentinhaber letztlich 4.500 ! und der zweite 13.500 !. Für diese Lösung spricht neben der Einfachheit auch die exakte Berücksichtigung der jeweiligen Partei. Die Inhaber der verletzten Rechte werden nach dem Anteil, den ihr Recht an der Gewinnerzielung ausgemacht hat, auch am Gewinn beteiligt. Zwar hätten sie sich gegebenenfalls nicht auf einen mehrseitigen Vertrag nach diesen Anteilen geeinigt, aber darauf kommt es nicht an. Der hypothetische Vertrag bedeutet nämlich nicht, dass (gesellschafts-) vertragliche Bindungen entstehen, sondern dass die Parteien nach einer 117
Zum mehrseitigen Vertrag jüngst ausführlich Zwanzger, Der mehrseitige Vertrag, S. 35–98. 118 Siehe oben § 6 III 3. 119 Auch im Rahmen des englischen equitable tracing kommt es zu einer solchen anteiligen Beteiligung am Surrogat, siehe Burrows, Restitution, S. 133–138.
V. Hypothetischer mehrseitiger Vertrag?
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Rechtsverletzung, die als solche nicht rückgängig gemacht werden kann, in eine Situation versetzt werden, die für alle Parteien angemessen ist. So können auch die Fälle gelöst werden, in denen mit einem Rechtsinhaber ein Vertrag über die Gewinnerzielung zu seinen Gunsten und mit einem anderen ein Lizenzierungsvertrag hätte geschlossen werden müssen. In diesem Fall steht dem ersten Rechtsinhaber der Gewinn zu, während er dem anderen eine angemessene Lizenzgebühr (und dem Rechtsverletzer Aufwendungsersatz) zahlen müsste. Wenn im obigen Beispiel der zweite Rechtsinhaber nur einen Lizenzierungsvertrag mit dem Rechtsverletzer hätte abschließen können, so hätte dies zur Folge, dass der erste Rechtsinhaber den gesamten Gewinn in Höhe von 20.000 ! erhielte, er davon dem zweiten Rechtsinhaber hingegen eine (hypothetische) Lizenzgebühr von 2.000 !, sowie dem Rechtsverletzer einen Aufwendungsersatz von 2.000 ! zahlen müsste.
Gesamtergebnis I. Der Gewinnausgleich dient einer gerechten Verteilung von Gewinnen, die durch Verletzung fremder Rechte erzielt worden sind. Er bezeichnet das Zusammenspiel des Anspruchs eines Rechtsinhabers auf Gewinnherausgabe einerseits und des Gegenanspruchs des Rechtsverletzers auf Aufwandsentschädigung und Wertersatz für eigene eingebrachte Rechte andererseits1. Liegen die Voraussetzungen für einen Gewinnausgleich vor, so ist der Nettogewinn herauszugeben, also der Umsatz abzüglich der Kosten für dessen Erzielung. Eine angemessene Aufwandsentschädigung entspricht demjenigen Betrag, den der Rechtsinhaber an den Rechtsverletzer gezahlt hätte, wenn er ihn für die Gewinnerzielung eingestellt hätte. II. Im französischen, niederländischen und englischen Recht besteht kein einheitliches Bild des Gewinnausgleichs. Bereits innerhalb der nationalen Rechtsordnungen gibt es keine einheitlichen Wertungen, weil vielfach nicht nach der Haftungsfolge, sondern nach der Frage differenziert wird, welches Recht oder Rechtsgut betroffen ist. Dementsprechend kommt es zu Wertungswidersprüchen, weil in unterschiedlichen Rechtsbereichen unterschiedliche Voraussetzungen an einen Gewinnausgleich gestellt werden. III. Die Untersuchung der aktuellen Entwicklungen des Gewinnausgleichs in Frankreich, den Niederlanden und England hat gezeigt, dass seit einigen Jahrzehnten ein verstärktes Bedürfnis nach einer vorhersehbaren Gewinnzuordnung besteht. Speziell im Immaterialgüterrecht hat sich ein Gewinnausgleichsrecht etabliert, dem es allerdings an einheitlichen Wertungen fehlt. IV. Art. 13 I Richtlinie 2004/48/EG2 und seine Umsetzungsgesetze bilden einen Fremdkörper im Bereich des Gewinnausgleichs im französischen und englischen Recht. Da es sich um eine mindestharmonisierende Norm handelt, hat die Regelung keinen einheitlichen Gewinnausgleich im jeweiligen nationalen Immaterialgüterrecht zur Folge gehabt. Es bleiben grundlegende systematische Unterschiede, wenn auch vielfach einheitliche Ergebnisse erreicht werden. Nicht nur zwischen den Rechtsordnungen, sondern auch innerhalb der Rechtsordnungen hat Art. 13 I Richtlinie 2004/48/EG nicht die Einheitlichkeit der gewinnausgleichenden Rechtsfiguren gefördert, da eine Scha1
Siehe oben § 6 III und IV. Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG vom 29. April 2004. 2
Gesamtergebnis
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densberechnung anhand des Gewinns zwar im Immaterialgüterrecht überzeugen mag, in anderen Rechtsbereichen aber nicht3. V. Die Struktur des Gewinnausgleichs lässt sich nicht überzeugend ausschließlich anhand von eigentumsrechtlichen Wertungen herleiten. Denn es besteht kein allgemeines Prinzip, nach dem alle Gewinne, die durch eine (Eigentums-)Rechtsverletzung erzielt werden, dem Rechtsinhaber zustehen4. Ebenso greift eine Begründung zu kurz, die sich ausschließlich auf die Abschreckungswirkung der Gewinnherausgabe beschränkt5. Die Abschreckung allein bietet nämlich keine überzeugende Begründung dafür, dass der Gewinn gerade dem Verletzten zusteht (Bipolarität). VI. Die Pflicht zur Gewinnherausgabe ergibt sich vielmehr daraus, dass derjenige, der einen Gewinn erzielt und dabei schuldhaft ein Recht verletzt, nicht besser stehen darf als derjenige, der den Gewinn ohne Rechtsverletzung erzielt hat (you-should-have-contracted-instead-damages6). Andernfalls würde nämlich ein Anreiz zur rechtswidrigen Gewinnerzielung gesetzt und rechtswidrig Handelnde stünden besser als rechtmäßig Handelnde. Dem Rechtsinhaber steht der Gewinn zu, wenn der Gewinnerzielende mit ihm einen Vertrag hätte abschließen müssen, dass er den Gewinn für ihn erzielt. VII. Der Gewinnerzielende muss die Gewinnerzielung beabsichtigt und die Rechtsverletzung verschuldet haben (faute lucrative). Eine verschuldensunabhängige Gewinnherausgabe hätte in vielen Fällen eine Hemmung des Wirtschaftsverkehrs zur Folge: Gewinnerzielende könnten sich nicht darauf verlassen, Gewinne für sich selbst zu erzielen, und wären dem stetigen Risiko ausgesetzt, erzielte Gewinne herausgeben zu müssen, auch wenn sie an deren Rechtswidrigkeit kein Verschulden trifft. Wenn bei einer verschuldensunabhängigen Gewinnherausgabe eine Beeinträchtigung des Wirtschaftsverkehrs nicht zu befürchten ist, ist ein Verschulden entbehrlich7. Das Verschulden kann in geringem (faute lucrative simple), in schwerem (faute lourde lucrative) und besonders schwerem Maß (dol lucratif) vorliegen8. VIII. Der Gewinnerzielende hätte den Gewinn ohne Rechtsverletzung erzielt, wenn er die Befugnis des Rechtsinhabers, selbstbestimmt über seine Rechtsposition zu disponieren, berücksichtigt und sich vorab mit ihm darüber geeinigt hätte, dass er unter Eingriff in seine Rechtssphäre einen Gewinn erzielt. Wenn der Rechtsinhaber dem Gewinnerzielenden zu diesem Zeitpunkt auf Anfrage eine Nutzungsberechtigung (Lizenz) erteilt hätte, scheidet ein Gewinnausgleich demnach aus. Der Rechtsinhaber kann dagegen die 3
Siehe oben § 5 II 3. Siehe oben § 5 III. 5 Siehe oben § 5 I. 6 Gordley, Foundations, S. 456. 7 Dies ist bei Verletzungen von Treuhandverhältnissen der Fall, siehe § 6 III 2. 8 Zur Differenzierung zwischen den subjektiven Anforderungen siehe oben § 6 III 2. Zur faute lucrative siehe außerdem § 1 IV 3. 4
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Gesamtergebnis
Zahlung einer angemessenen Nutzungsgebühr verlangen9. Ebenso scheidet ein Gewinnausgleich aus, wenn die Rechtsverletzung nur eine untergeordnete Rolle bei der Gewinnerzielung spielt. Die Dispositionsbefugnis des Rechtsinhabers ist dann darauf beschränkt, dass er dem Gewinnerzielenden gegen ein Entgelt eine Nutzungsberechtigung erteilen kann. IX. Kommt im Zeitpunkt der Rechtsverletzung eine Lizenzierung nicht in Betracht, hätte der Rechtsverletzer den Gewinn nur in rechtmäßiger Weise erzielen können, wenn er mit dem Rechtsinhaber einen Vertrag abgeschlossen hätte, dass er den Gewinn für diesen erzielt. Weil derjenige, der schuldhaft in rechtswidriger Weise Gewinne erzielt, nicht besser stehen darf als derjenige, der in rechtmäßiger Weise Gewinne erzielt, muss der Rechtsverletzer dann so behandelt werden, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich zu einer solchen Einigung gekommen wäre. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Rechtsinhaber zur Verfügung über sein Recht gezwungen werden kann. Will der Rechtsinhaber auch nachträglich keiner vertraglichen Einigung zustimmen, so kann er schließlich auch Schadensersatz geltend zu machen10. X. Eine anteilige Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber kommt in Betracht, wenn der Rechtsverletzer nachweisen kann, dass er sich im Zeitpunkt der Rechtsverletzung mit dem Rechtsinhaber auf eine gemeinsame Gewinnerzielung hätte einigen können. In diesem Fall hat der Rechtsinhaber nur einen Anspruch auf den entsprechenden Anteil des Gewinns11. XI. Ist der Rechtsverletzer zur Gewinnherausgabe verpflichtet, so muss er für seinen eigenen Aufwand sowie für eigene eingebrachte Rechte einen angemessenen Ersatz erhalten. Weil er so behandelt wird, als habe er den Gewinn für den Rechtsinhaber erzielt, muss er auch die Rechte einer Person haben, die einen Gewinn für einen anderen erzielt12. XII. Man kann aufgrund einer Mehrzahl an Rechtsverletzungen auch zu der Beurteilung kommen, dass der Gewinn für mehrere Rechtsinhaber hätte erzielt werden müssen. Dann sind die Inhaber der verletzten Rechte nach dem Anteil ihres Rechts an der Gewinnschöpfung Teilhaber am Gewinn. Sie müssen dem Verletzer und möglichen weiteren verletzten Rechtsinhabern, die nur einen Anspruch auf Wertersatz haben, anteilig Ersatz für Aufwendungen und eingebrachte Rechte leisten.
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Siehe oben § 6 III. Siehe oben § 6 III 3 c) (1). 11 Siehe oben § 6 III 3 c) (2). 12 Siehe oben § 6 IV.
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Gesamtergebnis
XIII. Zusammenfassen lässt sich die Struktur des Gewinnausgleichs mit folgendem Schaubild: 1. Verletzung einer fremden Rechtsposition 2. Verletzung der Dispositionsbefugnis des Rechtsinhabers 3. Verschulden (ggf. teleologische Reduktion)
Anspruch auf Gewinnherausgabe und ggf. Gegenanspruch auf Wert- und Aufwendungsersatz
4. Gewinnerzielungsabsicht 5. Kausale Gewinnerzielung
Verletzer muss so gestellt werden, wie wenn er den Gewinn in rechtmäßiger Weise erzielt hätte
(vollständige oder anteilige) Gewinnerzielung für den Rechtsinhaber (treuhänderische Bindung) Abschluss eines Lizenzvertrages
Graphik 8: Struktur des Gewinnausgleichs
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Cour d’Appel de Toulouse, 31 juillet 1911, S. 1911.2.288. Tribunal civil de Beauvais, 18 juin 1919, Ann. 1922.259. Cour de Cassation, chambre civile, 25 juin 1919, S. 1921. 1. 12 = D. P. 1923.1.223. Cour de Cassation, chambre des requêtes, 5 juin 1920, S. 1921.1.293. Cour de Cassation, chambre civile, 1 décembre 1925, Gaz. Pal. 1926.1.225. Cour de Cassation, chambre civile, 6 juillet 1927, S. 1928.1.19. Cour d‘Appel d‘Amiens, 22 octobre 1930, Ann. 1931.109. Cour de Cassation, chambre civile, 11 février 1931, D. P. 1931.1.129 = S. 1931.1.273. Tribunal civil de la Seine, 18 mai 1933, Ann. 1934.93. Cour d’Appel de Chambéry, 6 février 1950, D. 1950.270. Cour d’Appel de Paris, 22 février 1963, Ann. 1963.284. Cour de Cassation, chambre commerciale, 8 juin 1964, Ann. 1964.230. Cour de Cassation, chambre commerciale, 27 novembre 1967, Bull. civ. N° 98. Cour d’Appel de Paris, 13 février 1971, JCP 1971.II.16774. Cour de Cassation, chambre commerciale, 13 janvier 1971, D. 1971.147. Cour d’Appel de Paris, 5 mai 1971, Ann. 1971.263. Cour de Cassation, chambre civile, 25 mai 1992, D. 1993.580 = Bull. 1992 I, S. 113. Cour de Cassation, chambre civile, 10 mars 1999, JCP 1999 éd E, 819.
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Entscheidungen Hoge Raad, 15 november 1996, NJ 1998, 314 Hoge Raad, 14 april 2000, NJ 2000, 489. Rechtbank Amsterdam, 1 mei 2002, AMI 2002, 148. Benelux Gerechtshof, 24 oktober 2005, BIE 2006, 28. Rechtbank Amsterdam, 29 maart 2006, LJN AV7581. Hoge Raad, 16 juni 2006, NJ 2006, 585. Rechtbank Amsterdam, 7 februari 2007, BIE 2010, 119. Rechtbank Amsterdam, 17 december 2007, WR 2008, 30. Benelux Gerechtshof, 11 februari 2008, NJ 2008, 535. Rechtbank Amsterdam, 7 mei 2008, BIE 2010, 123. Hof Amsterdam, 18 september 2008, LJN BF1347. Hof Amsterdam, 19 januari 2010, BIE 2010, 149. Hoge Raad, 18 juni 2010, LJN BL9662 = BIE 2010, 378. Hoge Raad, 18 juni 2010, LJN BM0893. Rechtbank Haarlem, 25 augustus 2010, BIE 2011, 55. Hof Den Haag, 31 mei 2011, LJN BQ6773. Rechtbank Den Haag, 20 juli 2011, IEPT 2011, 720. Rechtbank Breda, 6 september 2012, LJN BW6424. Hof Amsterdam, 28 januari 2014, ECLI:NL:GHAMS:2014:222. Hoge Raad, 14 november 2014, RvdW 2014, 1285.
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Rechtsquellen England English Statute of Monopolies 1623 (21 Jac. 1 c. 3). Copyright Act 1842 (5 & 6 Vict. c. 45). Patent Law Amendment Act 1852 (15 & 16 Vict. c. 83). Common Law Procedure Act 1854 (17 & 18 Vict. c. 25). Chancery Amendment Act 1858 (21 & 22 Vict. c. 27; Lord Cairns’ Act). Patents and Designs Act 1907 (7 Edw. 7 c. 29). Patents and Designs Act 1919 (9 & 10 Geo. 5 c. 80). Copyright Act 1956 (c. 74). Patents Act 1977 (c. 37). Copyright, Designs and Patent Act 1988 (c. 48). Law Commission: Law Report No. 247: Aggravated, exemplary and restitutionary damages (1997).
Europa Proposal for a Council Directive relating to the approximation of the laws, regulations and administrative provisions of the Member States concerning misleading and unfair advertising, COM (77) 724 final, 22. Februar 1978. Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung 84/450/EWG, 10. September 1984. Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung 2006/114/EG, 12. Dezember 2006. Green Paper on copyright and the challenge of technology – copyright issues requiring immediate action, COM (88) 182 final, 7. Juni 1988. Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, KOM (2003) 46 endgültig, 30. Januar 2003. Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum 2004/48/EG, 29. April 2004. Bericht der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Anwendung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums SEK(2010) 1589 endgültig, 22. Dezember 2010.
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Rechtsquellen
Frankreich Loi du 7 janvier 1791 portant établissement des brevets d’invention, de perfectionnement et d’importation, abgedruckt in: Costaz, Lois et instructions ministérielles, S. 321–339. Loi du 5 juillet 1844 sur les brevets d’invention. Loi du 30 juin 1926 sur la propriété commerciale, réglant les rapports entre locataires et bailleurs en ce qui concerne le renouvellement des baux à loyers d’immeubles ou de locaux à usage commercial ou industriel. Loi n° 68-1 du 2 janvier 1968 tendant à valoriser l’activité inventive et à modifier le régime des brevets d’invention. Code de la propriété intellectuelle et industrielle créé par la loi n° 92-597 du 1 juillet 1992 relative au code de la propriété intellectuelle. Avant-projet de reforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du Code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281 du Code civil) (Avant-projet Catala 2006). Loi n° 2007-1544 du 29 octobre 2007 de lutte contre la contrefaçon. Avant-projet pour une réforme du droit de la responsabilité civile (Avant-projet Terré 2011).
Niederlande Onverbrekelijck contract van het Leids Collegie anno 1660, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 677–681. Wet van 19/24 juli 1793, betrekkelijk de regten van eigendom der Schrijvers van alle soorten van boekwerken, der Stellers van muziek-stukken, der Schilders en der Konstteekenaars, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 685–686. Decreet van de Vergadering der Provisioneele Representante van het Volk van Holland van 25 november 1795, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 686–688. Wetboek Napoleon, ingerigt voor het koninkrijk Holland (1809). Wet van 26 maart 1809, op het verleenen van octrooijen op nieuwe uitvindingen, ontdekkingen en verbeteringen, binnen het koningrijk. Wet van 25 januari 1817, omtrent het verleenen van uitsluitende regten op uiteindingen en verbeteringen van voorwerpen van Kunst- en Volksvlyt. Wet van 25 januari 1817, de regten bepalende die in de Nederlanden, ten opzigte van het drukken en uitgeven van letter- en kunstwerken, kunnen worden uitgeoefend, abgedruckt in: Schriks, Kopijrecht, S. 710–711. Burgerlijk Wetboek (1838). Wet van 28 juni 1881 tot regeling van het auteursrecht, abgedruckt in: de Beaufort, Auteursrecht, S. 443–451. Wet van 7 november 1910, tot regeling van het octrooirecht voor uitvindingen (Rijksoctrooiwet 1910). Wet van 23 september 1912, houdende nieuwe regeling van het auteursrecht. Rijkswet van 15 december 1994, houdende regels met betrekking tot octrooien (Rijksoctrooiwet 1995). Wet van 19 maart 1962, Eenvormige Beneluxwet op de Merken. Wet van 25 october 1966, Eenvormige Beneluxwet inzake Tekeningen en Modellenwet. Burgerlijk Wetboek (1992). Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom van 25 februari 2005 (in Kraft getreten am 1. September 2006).
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Gesetzgebungsmaterialien Kamerstukken vergaderjaar 1974–1975, 13 209 (R967), Nr. 3, 8. Kamerstukken vergaderjaar 1984–1985, 17 541, Nr. 8, 9. Kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 921, Nr. 1, 3, 5, 11. Kamerstukken vergaderjaar 1986–1987, 19 981 Nr. 1. Kamerstukken vergaderjaar 1991–1992, 22 604 (R1435), Nr. 3. Kamerstukken vergaderjaar 2004-2005, 29 84 (R1777), Nr. 3. Kamerstukken vergaderjaar 2005–2006, 30 392, Nr. 3. Kamerstukken vergaderjaar 2006–2007, 30 975, Nr. 3.
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Sachregister Abschreckung 7, 28, 31, 34, 46, 50 ff., 73, 78, 84, 92, 114 f., 157 ff., 173 ff., 178, 187 ff., 190 ff., 208, 216 f., 230, 258 ff. Absicht rechtswidriger Gewinnerzielung 51, 178 ff., 197, 254 - dolus directus 1. Grades 174 Abzugsposten 82 f., 149 f., 173, 187 ff., 273 ff. account of profits 206, 232 ff. - in equity 123 ff. - at law 120 f. acquis communautaire 114 actio de in rem verso 42 actio directa 96 actio personalis moritur cum persona 124 action - of account (s. account of profits) - of indebitatus assumpsit 119, 138, 142 - for infringement 143, 153 f. - for mesne profits 140 - for money had and received 119 ff., 138 ff., 160, 233 f. - of trespass on the case 142 - of trover 152 action d’équité 38 agent 121, 145, 232 ff. allgemeine Bereicherungsklage 42, 90 f. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 10, 48 ff., 93, 112 f., 157 ff., 165, 191, 201, 204, 208, 210, 223, 229, 236 altniederländische Rechtstradition 59 ff., 90 f., 97 f. amende civile 34, 54 Amendement-Koetje 78 f. Angler 227, 269 animus depraedandi 38 Anreiz zu rechtmäßiger Gewinnerzielung 2 f., 56, 98, 104, 106, 111, 152, 160 ff., 169, 174, 178, 190 ff., 252 ff.
Anspruchsberechtigung des Rechtsinhabers 55 f., 74 f., 111, 175 ff., 198 f., 216 anti-enrichment wrong 167 f., 176, 214, 270 anti-harm wrong 167, 176 Anti-Patent-Bewegung 84 Apfel 63, 212, 218 apportionment 149, 173, 189 appréciation souveraine du juge 30, 47 ff., 204 ff. Arbeitnehmer 103, 176, 217 arrêt Boudier 15, 40, 42 as if it had never happened 197, 271 ff. Auftragsschläger 162 f., 218, 231, 261 Aufwendungsersatz 3, 7, 19, 22 f., 55, 57, 94 f., 133, 188, 225 f., 245, 249, 257, 274 ff. Australien 129, 224, 268 auteursrecht 71 ff. Auteurswet 58, 70 ff. Automobil 2 f., 254, 265, 271 Autonomie 57, 259 Avant-projet Catala 37, 53 ff., 194 Avant-projet Terré 37, 54, 194 baet-trecking 90 f. Bataafse Republiek 60 Baugenehmigung 237 Belästigung 140 beneficiary 145, 232 ff. Benelux Gerichtshof 88 Benelux-verdrag inzake Intellectuele Eigendom 58, 70, 88 Berner Konvention 74, 84 Beschlagnahme 73 f., 83 f., 156 Bestechung 125, 128, 177, 217 f. Betrug 39, 130, 171, 174 Beweis
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Sachregister
- -erleichterung 34, 47, 73, 95, 100 ff., 200 ff. - -last 34, 49, 82, 124, 166 f., 171 ff., 201 ff., 251, 264, 268 - -schwierigkeiten 82, 86, 156, 209 Billigkeit 19, 29, 38 ff., 63, 94, 108, 116, 120, 124, 129 ff., 146, 150, 160, 180, 227, 234, 257 Bipolarität 7, 211, 214, 239 ff., 255, 258 Birks, Peter 120, 126, 136, 167 ff. Blanc, Etienne 28 f., 191 Bücher (urheberrechtswidrig) 72, 153 f. Burgerlijk Wetboek 5, 60, 62 ff., 80, 91 f., 96 ff. Capitant, Henri 19 caractère dualiste des droits de la personnalité 48 cestui que trust 132, 232 Cicero, Marcus Tullius 4 Code civil 4 f., 15 f., 18 ff., 26 f., 33, 37 ff., 44 ff., 60, 90 f., 97, 184, 210 Code de la Propriété Intellectuelle 33 f., 206 Common Law Procedure Act 125, 135 condictio ob rem 90 conditio sine qua non 229 constructive trust (s. trust) continuity thesis 256 conversion of chattel 119, 126, 138 ff., 179 copyright 151 ff., 179 corrective justice 163, 216, 240, 256 Cujas, Jacques 40 cynical disregard of rights 147, 158, 162, 165, 178, 180, 192 Dagan, Hanoch 229 f. - control 229 - public values 230 - well-being 229 damages - additional 157 - compensatory 134 f. - restitutionary 134 f. Dawson, John 238 de Bosch Kemper, Johan 60 ff. De iure belli ac pacis 91 Deliktsrecht 15 f., 27, 36 f., 44 ff., 52 ff., 95, 98 f., 179
delivery up (s. auch Beschlagnahme) 156 Demogue, René 46 f. Demolombe, Charles 22 f., 41 Differenzhypothese 101, 134 dingliche Surrogation (s. Surrogatherausgabe) disgorgement - damages 135, 185 - of profits 118, 187 Dispositionsbefugnis 258 ff. - Ablehnung der Disposition 261 f. disseisin 120, 134 dogme de la loi infaillible 184 Domat, Jean 20, 25, 38, 45 dominium 211, 213 dommages-intérêts - punitifs 35, 45, 53 f., 186, 194, 196, 199 - restitutoires 54, 194, 196 dommages moraux 204 Donellus, Hugo 26 dreifache Schadensberechnungsmethode (s. Schadensersatz) droit - à caractère négatif 49 - coutumier 45 - écrit 45 - extra-patrimonal 49 - patrimonial d’exploitation 49, 213 Dworkin, Ronald 247 economische prikkel 106, 114, 190, 194, 274 Egoist 41, 96 f. Ehrverletzung 157 Eigenleistung (des Gewinnerzielenden) 19, 22, 31, 86, 173, 257 Eigennützigkeit 95, 133, 232, 255, 270 ff. Eigentumsverletzung - durch Verfügung 17 ff., 65 ff., 138 f. - durch Nutzung 24 f., 61 ff., 139 Emissionsschutz 270 f. entgangener Gewinn 10, 25, 30 ff., 47, 49, 56, 75 ff., 85 f., 101, 110, 146, 150 f., 166, 183, 192, 196, 200 ff., 209 ff., 240, 264, 274 equitable property 148 equitable wrong 118, 125, 143, 176, 179
Sachregister
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equity 117 ff., 123 ff., 132, 135, 137, 142 ff., 150 ff., 160, 173, 180, 187, 224, 233 Erbschaft 25 f.
- Parallele zum constructive trust 231 ff. Geschäftsmann 197 f., 275 gestion d’affaires anormale 39 f. Getreide 266
Erlösherausgabe 66, 126 Ermessensspielraum des Richters (s. auch appréciation souveraine du juge) 47, 67, 77, 86, 99, 101 ff. ex ante 228, 265, 269 Exklusivität dinglicher Rechte 75 extinctive ratification 121
Gewinnabschöpfung - anteilig 108, 156, 187, 189, 195, 197, 223 f., 245 f., 257, 262 f., 267 f. - öffentlich-rechtlich 2, 7, 15, 72, 186, 193, 249 f., 259 Gewinnausgleich (Begriff) 6 f. Gewinnbegriff 59, 107, 172, 185 ff. Gewinnerzielungsabsicht 4, 29, 39, 50 f., 86, 147, 163, 180, 198, 215, 252, 255 Gewinnerzielungschance 49, 101 Gewinnhaftung (Begriff) 6 f. Gewinnherausgabe (Begriff) 6 f. good faith or loyalty 163 f., 192, 235 Gordley, James 140, 257 f., 266, 270 Grotius, Hugo 62, 65 f., 90
faute - lucrative 50 ff., 186, 192, 194, 196, 199, 204, 254 f., 279 - lourde lucrative 51, 279 - dol lucratif 51, 254, 279 fiduciary relationship 130 ff., 144, 180, 235 ff., 251 - fictional 235 flagrancy 157 form of action 119 ff. fraudulent misrepresentation 131 Fruchtziehung - durch gutgläubigen Besitzer 24 f., 61 ff. - durch bösgläubigen Besitzer 24 f., 62 f., 188 - Herausgabe von Früchten 24, ff., 61 ff. 115, 188, 195, 210 ff., 241 fructus industriae 22, 62, 65, 91, 211 fructus rei 22, 62, 65, 91, 211 Gaius 4 Gebrauchsmuster 26 ff., 70, 89 Gegenanspruch des Rechtsverletzers 23, 273 f. Geheimagent 160, 236 geistiges Eigentum (s. Immaterialgüterrecht) Gemeinkosten-Urteil 11 Generalprävention 191 Genuss 16, 24 Gerechtigkeit 163, 247 Geschäftsführung ohne Auftrag - Geschäftsanmaßung 10, 37 ff., 94 ff., 193, 231 ff., 260 - ‚impure‘ gestio 40, 238
handhaving 104 Hausbaugesellschaft 163 Hoge Raad van Holland, Zeeland en WestFriesland 91 Hotel 141, 170, 263 hypothetische Gewinnerzielung 189 hypothetischer Vertrag 256 ff. - gesellschaftsvertraglich 275 f. - mehrseitig 275 f. - über Gewinnerzielung für Rechtsinhaber 267 ff. - über Lizenz 262 ff. - über teilweise Gewinnerzielung 267 ff. Immaterialgüterrecht 26 ff., 70 ff., 141 ff. Immaterialgüterrechtsrichtlinie 6, 11, 33 ff., 82, 86, 114, 150, 193, 200, 204 ff. immaterieller Schaden 47 ff., 112 f., 158 f., 204 f., 210, 214, 259 indebitatus assumpsit (s. action of indebitatus assumpsit) Indizwirkung 75 Industrialisierung 210 injunction 143 f., 153 f. innocence 156 Insolvenz 125 ff., 132 f. intention frauduleuse de lucre 39
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Sachregister
interference 140, 267, 270 interlocutory injunction (s. injuction) irreführende Werbung 111 f., 250 f. Julian 39 Kausalität - ‚but for‘ test 122, 170 f. - remoteness 170 ff. - Vermutung 171 - Zusammenhang zwischen rechtswidrigem Verhalten und Gewinn 47, 265 Kohler, Josef 238 kommerzielle Verwertung 48 f., 148, 158 Komponist 29, 236 Konfiszierung (s. Beschlagnahme) kopijrecht 71 ff. Körperteil 260 Körperverletzung (s. Auftragsschläger) Kostenersparnis 107 Kumulierung von Schadensersatz und Gewinnherausgabe 64, 78 ff., 87, 146, 150, 155, 196, 207, 264 Lackierung 228 Larombière, Léobon-Valéry-Léon-Jupile 39 Law Commission 135, 146 f., 157, 164 f. Lebensversicherung 130 Leids Collegie 72 f. Leistungskondiktion 22 f., 42, 91 Lessius, Leonardus 211 libel 157 Lizenzierung - Lizenzgebühr 1, 3, 10, 33 ff., 49, 93, 101, 118, 150, 185, 205, 212, 217, 226 ff., 246 ff. - rückwirkend 262 ff. - Lizenzierungszwang 265 loi de lutte contre la contrefaçon 34, 191 lost profits (s. entgangener Gewinn) Lotto-Spieler 226 f. lucrum 3 f. Markenpiraterie 89 Markenrecht 26 ff., 88 f., 195, 213 Meijers, Eduard 60, 96 Miete 43, 140, 170 - Mieterhaftung bei Untervermietung 104, 110 f.
Mindestharmonisierung 82 Molina, Lodovico 211 Monopolstellung 30 ff., 56, 70, 142, 169, 213 moralische Verpflichtung 256 Nachdruck (urheberrechtswidrig) 71 ff. negotiorum gestio (s. Geschäftsführung ohne Auftrag) neminem laedere 44 Nettogewinn 51, 78, 82, 107, 153, 187 Nichterfüllung 162 no-profit-rule 255 nuisance 140, 168, 177 Nutzung fremden Fahrzeugs - Freizeitfahrt 192 - Kurierfahrt 192 f. Nutzungen 24 ff., 61 ff., 140 f. Nutzungsentgelt 150, 229, 246, 257, 266 Nutzungsvorteil 170, 185, 212 Offenlegungspflicht 95, 202 officious intermeddler 232 ökonomische Analyse des Rechts 11, 191, 195, 247 ff., 256 ff. Öl 168 f., 228 f., 265 f., 272 ontnemen van de economische prikkel (s. economische prikkel) Organhandel 259 f. Patentverletzung 1, 26 ff., 83 ff., 141 ff., 185 f., 203, 276 Patentbrief 83 Patents Court 146 f. Paul-Dahlke-Entscheidung 257 Paulus 4, 221 Pauschalbetrag 35, 52, 72 ff., 113 peine privée (s. Privatstrafe) Persönlichkeitsverletzung (s. Allgemeines Persönlichkeitsrecht) Pothier, Robert-Philippe 21, 25 f., 38 ff., 45 f. praecipe writ 120 Prämie 51 f., 56, 199 Prävention 191 ff., 254 prélèvement du bénéfice 7, 15, 186 pretium succedit in locum rei 221 private legal facilites 162 f. Privatrechtsvereinheitlichung 116 Privatstrafe 29 f.,35, 92, 98
Sachregister quantum meruit 120 quasi-property 214 quasi-punitive 165, 174 Quasi-Vindikation 79 Quintus Mucius Scaevola 4 reasonable royalty 150 Recht - absolut 71 f., 100, 122, 162 - eigentumsähnlich 71, 213 ff., 236, 269 f. - geldwert 49, 112, 160, 235 - relativ 111, 162, 175 ff., 244, 250 f. rechtmäßiges Alternativverhalten 249, 259 Rechtsfortwirkung 18, 115, 137 f., 218 ff. Rechtsposition (s. Recht) - Wiedereinräumung 30, 56, 212, 214 - disponibel 250 Rechtssicherheit 134, 165 Rechtsunsicherheit 59, 87, 105, 109, 150, 161, 178, 209, 258. Rechtssphäre 44, 47, 83, 129, 146, 150, 160, 176 ff., 215, 233 Regel des dubbel plafond (s. règle du double plafond) règle du double plafond 43, 90, 92, 101, 105 remedy - personal 125, 135, 137, 147 - proprietary 125 ff., 132 - restitutionary 140, 151, 167, 178 répétition de l’indu (s. Leistungskondiktion) restitutio ratione rei 211 restitution for wrongs 118 ff., 136 ff., 159 Rijksoctrooiwet 58, 70, 85 ff. Ripstein, Arthur 271 ff. Risiko 18, 29, 82, 89, 109, 173, 178 ff., 191, 195 ff., 244, 253 ff. - verteilung 20, 43, 46 f. - kalkulieren 253 Rohrbau unter fremdem Grundstück (s. Öl) Sanktion 24, 34, 50, 54, 67, 71 ff., 80, 104 f., 117, 162, 180, 193 f., 200, 203, 207, 229, 259, 270 - für qualifiziertes Unrecht 200 Schadensermittlung - abstrakt 76, 93, 100 ff., 115, 203
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- anhand des Verletzergewinns 6, 11, 35 f., 47 f., 59, 67, 80, 86, 102, 107 ff., 145, 150 ff., 166 ff., 188, 200 ff. - dreifache Schadensberechnungsmethode 10, 75, 92, 166, 193, 205 ff., 248 Schadenskompensation 17, 35, 41, 44 ff., 69, 88, 98, 139, 166, 183, 200 ff., 254, 274 Schadensnachweis 10, 33ff., 47, 73, 79, 103 ff., 109, 150, 155 ff., 166, 200 ff. Schadensschätzung 97 Schraube 2 f., 254, 265, 271 Schulz, Fritz 9 f. Schutzwürdigkeit 18, 23 f., 48, 112, 114, 162, 169, 192, 230, 235 f., 252 ff., 260, 266 Schutzzweck 259, 270 - interference 267, 270 - allocating profits 270 second best solution 256 f. Seerecht 50 f. Sittenwidrigkeit 172, 251, 259 f. Sklave 221 f., 230 Skrupellosigkeit 158 slander 157 Spekulation 198 Spezialprävention 191 standardessentielles Patent 264 Starck, Boris 50 ff., 192 f., 196, 254 f. status quo ante 56, 271 ff. Strafschadensersatz 34 ff., 44 ff., 50 ff., 93, 112, 147, 149, 165, 186, 194 f., 199 230, 254 f. Straßenverkäufer 165 strict liability 138, 147, 155, 179 Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs 30 substitute asset 126 substitution 119, 125 f., 219 Surrogatherausgabe 19 ff., 66 ff., 79, 126 ff., 139, 174, 176, 218 ff., 241, 253, 276 Systembildung 242 Terrell, Thomas 144 ff. tort - proprietary 122, 125, 138, 147 - strict liability 138 - of negligence 179
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tort does not pay 6, 136, 158 ff., 164 f., 178, 220, 248 tracing 126 ff., 139, 172 f., 224, 227, 276 - in equity 173, 224 - at law 172, 224 trespass - to land 138, 140, 168, 262 - to goods 138 Treuepflichtverletzung 125, 173, 189, 238, 273 Treuhänder wider Willen 249, 269 treuhänderische Bindung 129, 268 Treuhandvermögen 176, 255 f. trust - constructive 117, 119, 125, 128 ff., 170 ff., 232 ff., 237 ff., 251, 269, 275 - express 129, 133 - remedial constructive 129 - resulting 133 f. - substantive constructive 129 trustee 124, 128 ff., 145, 195, 232 f., 238 f. Überabschreckung 195, 198, 252, 264 U.S.A. 129, 149 f. Umsatz 148, 170, 176, 186 ff. Umsetzung von Richtlinien 33, 150 f., 193 ff., 205 ff. undue influence 236 ungerechtfertigte Bereicherung 29, 32, 38 f., 56, 62, 65, 76, 87, 115, 136 f., 174 unjust enrichment 136 f., 219 f. Unkenntnis 86, 156 Unrechtsgehalt 164 unternehmerische Tätigkeit 225 Untervermietung 104, 110 f. Unwert 1, 243 Urheberrecht - Verletzung 27, 29 ff., 71 ff., 114, 127, 147, 151 ff., 201, 206 - Piraterie 77 ff., 116, 188 ff. user principle 119, 170, 180 Utilitarismus 247 f. Veräußerungserlös 3, 20 ff., 41, 65 ff., 138, 221 f. Verfahrensvorteil 208 Verfügung über
- fremde Sachen (s. Eigentumsverletzung) - bereicherungsrechtlich geschuldete Sachen 20 ff., 68 ff. verhaltensbezogener Rechtswidrigkeitsbegriff 243 Verhaltenssteuerung 106, 160 f., 190 ff., 249 Verletzeraufwand 172 f., 187 ff., 227, 276 Vermutung, dass Verletzergewinn Schaden entspricht - widerleglich 75, 89, 102, 166, 201 f., 208 - unwiderleglich 76, 202 f., 208 Verschulden 10, 16, 33 ff., 50, 53, 66 f., 78 ff., 107 f., 138 f., 145 ff., 155 f., 178 ff., 251 ff. Versprechen 256 Vertragsbruch 46 ff., 171 Vertragsfiktion 128, 145, 231 ff., 239 f. Vertrauensbeziehung 48, 57, 176 Vertrauensschutz 64 Vertrauliche Informationen 130, 141, 148 f., 177, 180, 235 Verwertungsrecht 49, 56, 213, 270 Vindikation 62, 65 ff., 79, 126, 219, 222, 227 voordeelsafgifte 59 ff., 107 f. Vorsatz 106, 115 f., 156 f., 178 f., 207, 211, 217 Vorwerfbarkeit 3, 33, 44, 51, 80 f., 93, 106 f., 139, 144, 156, 161, 173, 178 ff., 229, 252 f. - qualifiziert 106 vruchten - natuurlijk 63 - van nijverheid 63 - burgerlijk 63 Wahlrecht zwischen Wertersatz und Erlösherausgabe 155, 262 waiver of tort 119 ff., 135 ff., 152, 179, 233 f., 237 Wertersatz 22, 41, 118, 135, 141, 185, 212, 224 ff., 245 ff., 273 ff. Wertheim, Willem 98, 192 ff. Wettbewerb - individualschützende Norm 229, 250 - Verstoß 35 f., 187, 204, 216
Sachregister Wilburg, Walter 9, 187, 215 ff.. 225 windfall-Argument 162, 198, 220, 239 Wirtschaftsverkehr 178, 195, 229, 252 ff., 266 Wohlstand 159 wrong 118 wrongful interference with goods (s. interference)
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you-are-encouraged-to-contract-insteaddamages 258, 267 you-should-have-contracted-insteaddamages 258, 279 zaakwaarneming 94 ff. Zurechenbarkeit 81, 171 f., 209 Zuweisungsgehalt, Lehre vom 9, 159, 213 ff., 270 Zwangstransaktion 257