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German Pages 374 [375] Year 2014
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 305 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Christine Wilke
Die Adoption minderjähriger Kinder durch den Stiefelternteil Vergleichende Analyse des deutschen und englischen Rechts
Mohr Siebeck
Christine Wilke, geboren 1982; Studium der Rechtswissenschaften und wissenschaftliche Mitarbeit an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Rechtsreferendariat am Landgericht Köln; 2012 Promotion; 2013 Zweite Juristische Staatsprüfung.
e-ISBN PDF 978-3-16-152862-0 ISBN 978-3-16-152818-7 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2014 Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Vorwort Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2012 von der Juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Doktorarbeit angenommen. Herzlich danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt, LL.M., der mir bei der Wahl des Dissertationsthemas sowie der Ausarbeitung großen Freiraum ließ und mein Vorhaben stets konstruktiv betreute und unterstützte. Gleichsam gebührt ihm mein Dank für eine unbeschwerte und bereichernde Zeit der Mitarbeit an seinem Institut während des Promotionsvorhabens und darüber hinaus. Für eine wertvolle Betreuung bin ich auch Frau Prof. Judith Masson, Phd, zu Dank verpflichtet, deren Impulse in zahlreichen intensiven Gesprächen während meines Forschungsaufenthaltes an der University of Bristol zu meinem Verständnis des englischen Rechts und zum Gelingen der Arbeit entscheidend beigetragen haben. Bei Frau Prof. Dr. Katharina von Koppenfels-Spies bedanke ich mich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt zudem Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Zimmermann für die freundliche Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg. Herzlich danken möchte ich ferner Frau Gundula Dau vom Max-Planck-Institut für ihre umfangreiche Unterstützung bei der Veröffentlichung der Arbeit und Frau Nadine Schwemmreiter-Vetter sowie Frau Jana Trispel vom Mohr Siebeck-Verlag, die mir ebenfalls bei der Formatierung behilflich waren. Besonderer Dank gebührt meinen Eltern, Monika Wilke-Maiwald und Dr. Dietrich Wilke, für ihren unermüdlichen Rückhalt und ihre stete Unterstützung weit über den kräftezehrenden juristischen Ausbildungsweg hinaus. Besonders verbunden bin ich weiterhin meinem Partner Fabian Kari, der mir in der schwierigen Endphase der Erstellung der Arbeit mit viel Geduld und Verständnis stets Mut machend und unterstützend zur Seite stand. Danken möchte ich meinen Freunden Lars Weinbrenner, Christin Posdziech und Meiko Dillmann, die mir als Mitstreiter, Gesprächspartner und Kritiker vor allem in den Endzügen der Arbeit Beistand und Unterstüt-
VI
Vorwort
zung leisteten. Besonders Meiko Dillmann bin ich für ihren sorgfältigen Einsatz bei der Durchsicht der Arbeit verbunden. Lars Weinbrenner und Hannah Kuhn danke ich für die enge Verbundenheit während der Promotions-, Studien- und Referendarszeit. Ebenfalls ermöglicht wurde dieses Dissertationsvorhaben durch ein Promotionsstipendium des Cusanuswerks. Für die finanzielle und ideelle Förderung während der Promotions- und Studienzeit bin ich dem Cusanuswerk zu Dank verpflichtet. Freiburg, im Mai 2013
Christine Wilke
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht
Vorwort ..................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis .................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................XIX
Einleitung .............................................................................................. 1 A. Einführung in die Problematik ............................................................. 1 B. Kurze Vorbemerkung zur englischen Rechtstradition ........................... 3
Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil ..................................... 5 A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils .................................. 5 B. Die Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen ........................................42 C. Fazit .....................................................................................................48
Kapitel 2: Das Stiefkind......................................................................50 A. Das Kind im Zentrum des Adoptionsrechtes, Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption ...........................................................................50 B. Das Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption ...................56 C. Erfordernis der Erwartung des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses .................................................................. 145 D. Beziehungsstatus der Stiefpartner als Voraussetzung der Stiefkindadoption ......................................................................... 148 E. Vorangehen eines tatsächlichen Betreuungsverhältnisses .................. 152 F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren .................... 156
VIII
Inhaltsübersicht
G. Mehrmalige Annahme des Stiefkindes ............................................... 164 H. Umgang mit dem außenstehenden leiblichem Elternteil und dessen Verwandten nach der Adoption durch den Stiefelternteil ........ 166 J. Stiefkindadoptionen im Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht ........................................................................... 184 K. Fazit .................................................................................................. 191
Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil .................................... 194 A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils ...... 194 B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils ....................... 204 C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils ........................................................................................... 231 D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil .............................. 264 E. Fazit ................................................................................................... 271
Kapitel 4: Lösungsansätze ................................................................ 273 A. Regelung des Stiefkindverhältnisses, insbesondere stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?.............................. 273 B. Lösungsimpulse adoptionsrechtlicher Art .......................................... 283 C. Fazit .................................................................................................. 308
Kapitel 5: Zusammenfassung........................................................... 309 A. Zusammenfassende Thesen ................................................................. 309 B. Schlussbemerkung .............................................................................. 314 Literaturverzeichnis ................................................................................ 317 Sachregister ............................................................................................ 347
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
Vorwort ..................................................................................................... V Inhaltsübersicht ...................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................XIX
Einleitung .............................................................................................. 1 A. Einführung in die Problematik ............................................................. 1 B. Kurze Vorbemerkung zur englischen Rechtstradition ........................... 3
Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil ..................................... 5 A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils .................................. 5 I. II.
III. IV.
Rolle und Interessen des Stiefelternteils ........................................... 5 Begriffsbestimmung: Die Stiefeltern-Kind-Beziehung ...................... 7 1. Die Stiefeltern-Kind-Beziehung als soziales Phänomen ............... 7 a) Definition ................................................................................. 7 b) Historischer Überblick ............................................................. 8 2. Rechtliche Einordnung der Stiefeltern-Kind-Beziehung ..............12 Status ...............................................................................................14 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................14 2. Rechtslage in England .................................................................14 Beteiligung an der elterlichen Sorge bei Zusammenleben der Stiefpartner ................................................................................15 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................15 a) Rechtsgeschäftliche Übertragung ............................................15 b) Das „kleine“ Sorgerecht“ nach § 1687b BGB .........................16 aa) Entstehensvoraussetzungen ..............................................16 bb) Rechtsfolge ......................................................................16 cc) Verlust des Sorgerechts ....................................................18 c) Stiefelternteil als Vormund .....................................................18
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Inhaltsverzeichnis
2. Rechtslage in England .................................................................18 a) Das elterliche Sorgerecht ........................................................18 b) Parental responsibility des Stiefelternteils ..............................19 aa) Möglichkeiten zur Erlangung der parental responsibility......................................................19 bb) Dauer und Verlust der parental responsibility ..................22 cc) Inhaltliche Beschränkung .................................................23 V. Aufrechterhaltung und Verrechtlichung der faktischen Elternstellung bei Versterben oder tatsächlicher Verhinderung des leiblichen Elternteils sowie bei Trennung ..................................23 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................23 a) Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB ...............................23 b) Vormundschaft und Pflegschaft ..............................................25 c) Recht auf Umgang des Stiefelternteils ....................................25 2. Rechtslage in England .................................................................25 a) Parental responsibility ............................................................25 b) Guardianship ..........................................................................26 c) Contact order ..........................................................................27 VI. Namensrecht ....................................................................................28 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................28 2. Rechtslage in England .................................................................30 VII. Vergleichende Stellungnahme zu den rechtlichen Befugnissen von Stiefeltern im deutschen und englischen Recht .........................35 B. Die Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen ........................................42 I. II. III. IV. V.
Einführung .......................................................................................42 Statusrechtliche Folgen der Stiefkindadoption .................................44 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................44 2. Rechtslage in England .................................................................45 Eltern- und Umgangsrechte nach erfolgter Stiefkindadoption ..........46 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................46 2. Rechtslage in England .................................................................46 Namensrecht nach erfolgter Stiefkindadoption ................................47 1. Rechtslage in Deutschland ...........................................................47 2. Rechtslage in England .................................................................47 Vergleichende Stellungnahme ..........................................................48
C. Fazit ....................................................................................................48
Inhaltsverzeichnis
XI
Kapitel 2: Das Stiefkind......................................................................50 A. Das Kind im Zentrum des Adoptionsrechtes, Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption ..........................................................................50 I. II. III. IV.
Ziel des aktuellen Adoptionsrechts in Deutschland und England .....50 Stiefkindadoption und Leitbild der Adoption ...................................51 Privilegierungen der Stiefkindadoption ............................................52 Ergebnis ...........................................................................................54
B. Das Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption ..................56 I. II.
III.
Einführung .......................................................................................56 Begriff des Kindeswohls ..................................................................57 1. Kindeswohlbegriff im deutschen Recht .......................................57 2. Kindeswohlprinzip im englischen Recht......................................59 a) Die Entwicklung des Kindeswohlprinzips ...............................59 b) Begriff des Kindeswohls im heutigen englischen Recht ..........62 aa) Inhalt des Kindeswohls ....................................................62 bb) Stellenwert des Kindeswohls ............................................63 3. Vergleichende Stellungnahme .....................................................64 Stiefkindadoption und Wohl des Kindes ..........................................66 1. Förderlichkeit der Rechtsfolgen einer Stiefkindadoption für das Kindeswohl ......................................................................66 a) Psychosoziale Vorteile ............................................................66 b) Finanzielle Besserstellung .......................................................67 c) Behebung erbrechtlicher Nachteile .........................................68 d) Namensrechtliche Integration .................................................68 e) Staatsangehörigkeitserwerb .....................................................68 f) Umgangsrecht des Kindes bei Auseinanderbrechen der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ..............................69 g) Stellungnahme ........................................................................70 2. Unvereinbarkeit der Stiefkindadoption mit dem Kindeswohl .......73 a) Motivation der Stiefehepartner ................................................73 b) Psychosozialwissenschaftliche Bedenken ...............................77 aa) Einführung .......................................................................77 bb) Die scheiternde Stieffamilie .............................................79 cc) Die „erweiterte Stieffamilie“ ............................................80 dd) Die „Als-ob-Normalfamilie“ ............................................82 ee) Stellungnahme ..................................................................85 c) Scheitern und Beendigung der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ..........................................................87
XII IV.
Inhaltsverzeichnis
Anforderungen an die Kindeswohlprüfung im Adoptionsrecht beider Rechtsordnungen ...................................................................89 1. Kindeswohl im deutschen Adoptionsrecht ...................................89 a) Kindeswohlerfordernis im Allgemeinen ..................................89 b) Anforderungen an die Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall in der deutschen Gesetzgebung und Rechtspraxis .....................................................................92 aa) Gesetzesrecht de lege lata ................................................92 bb) Rechtswissenschaft ...........................................................93 cc) Gerichtspraxis ..................................................................94 dd) Stellungnahme ..................................................................96 2. Kindeswohl im englischen Adoptionsrecht ..................................96 a) Kindeswohlerfordernis im Allgemeinen ..................................96 b) Anforderung an die Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall in der englischen Gesetzgebung und Rechtspraxis .....................................................................99 aa) Praxis und Regelung der Stiefkindadoption im Allgemeinen in den Anfängen des englischen Adoptionsrechts.............................................................. 100 bb) Kindeswohlanforderungen bei Stiefkindadoptionen nach dem Children Act 1975 .......................................... 106 (1) Anforderung an die Kindeswohlprüfung bei Stiefkindadoptionen nach einer Scheidung der leiblichen Eltern ................................................ 108 (a) Regelung der Sec. 10 (3) Children Act 1975 ..... 108 (b) Gerichtliche Praxis ............................................ 109 (2) Anforderung an die Kindeswohlprüfung bei Stiefkindadoptionen unehelicher Kinder oder nach Vorversterben eines leiblichen Elternteils ....... 115 cc) Kindeswohlanforderungen und Stiefkindadoptionen nach dem CA 1989 ......................................................... 118 (1) Sec. 10 (1), 11 (3) CA 1989 ..................................... 119 (2) Gerichtspraxis .......................................................... 120 (3) Reformüberlegungen im Gesetzgebungsverfahren ... 122 dd) Aktuelle Rechtslage ........................................................ 123 (1) Use of full range of powers/Prüfung der Alternativen zu einer Adoption im Rahmen der Frage nach der Vereinbarkeit der Adoption mit dem Kindeswohl ................................................ 123 (2) No order principle ................................................... 127 (3) Aktuelle Gerichtspraxis ........................................... 127 3. Vergleichende Stellungnahme ................................................... 128
Inhaltsverzeichnis
V.
XIII
Sonderfall: Kindeswohl und Stiefkindadoption in der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ........................ 129 1. Rechtsregelungen der Stiefkindadoption gleichgeschlechtlicher Partner in Deutschland und England ...... 129 a) Stiefkindadoption durch eingetragene Lebenspartner in Deutschland ...................................................................... 129 b) Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare in England ............................................................................. 131 2. Adoptionsrechtliche Bedenken: Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl? ................................................................ 132 a) Erziehungsfähigkeitsdefizite homosexueller Eltern ............... 134 b) Kindesentwicklung ............................................................... 137 aa) Allgemeine Beeinträchtigung der Kindesentwicklung .... 137 bb) Psychosexuelle Entwicklung des in einer homosexuellen Partnerschaft aufwachsenden Kindes ..... 139 c) Soziale Stigmatisierung der Kinder homosexueller Partner ... 140 d) Entkräftung der allgemeinen Bedenken gegen eine Stiefkindadoption in gleichgeschlechtlicher Stieffamiliensituation ............................................................ 141 3. Stellungnahme ........................................................................... 144
C. Erfordernis der Erwartung des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses .................................................................. 145 I. II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 145 Rechtslage in England.................................................................... 147 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 147
D. Beziehungsstatus der Stiefpartner als Voraussetzung der Stiefkindadoption ......................................................................... 148 I. II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 148 Rechtslage in England.................................................................... 149 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 149
E. Vorangehen eines tatsächlichen Betreuungsverhältnisses .................. 152 I.
II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 152 1. Gleichsetzung von Stiefkindverhältnis und Adoptionspflege? ... 152 2. Ermessensreduktion bei Stiefkindadoptionen? .......................... 153 3. Verkürzter Pflegezeitraum bei Stiefkindadoptionen? ................. 154 Rechtslage in England.................................................................... 154 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 155
XIV
Inhaltsverzeichnis
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren .................... 156 I.
II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 156 1. Einführung ................................................................................ 156 2. Einwilligung des geschäftsunfähigen Kindes............................. 157 3. Einwilligung des beschränkt geschäftsfähigen Kindes ............... 158 4. Anhörung des Kindes ................................................................ 160 Rechtslage in England.................................................................... 161 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 163
G. Mehrmalige Annahme des Stiefkindes ................................................ 164 I. II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 164 Rechtslage in England.................................................................... 164 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 165
H. Umgang mit dem außenstehenden leiblichem Elternteil und dessen Verwandten nach der Adoption durch den Stiefelternteil ........ 166 I. II. III.
IV.
Vorteil oder Nachteil eines Umgangs nach der Adoption im Allgemeinen ............................................................................. 166 Anwendungsbereich für einen Umgang nach erfolgter Stiefkindadoption ........................................................................... 168 Recht des Kindes auf Umgang mit seinem leiblichen Elternteil nach der Adoption .......................................... 172 1. Rechtslage und Praxis in Deutschland ....................................... 172 a) Gesetzliche Regelung ............................................................ 172 b) Vertragliche Vereinbarung der Beteiligten ............................ 173 c) Praxis .................................................................................... 173 2. Rechtslage und Praxis in England.............................................. 174 a) Einführung ............................................................................ 174 b) Entwicklung in Gesetz, Rechtsprechung und Praxis .............. 175 c) Aktuelle Gerichtspraxis......................................................... 181 d) Kritik an der Rechtslage ........................................................ 182 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 183
J. Stiefkindadoptionen im Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht ........................................................................... 184 I. II. III.
Rechtslage in Deutschland ............................................................. 184 Rechtslage in England.................................................................... 186 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 189
K. Fazit ................................................................................................... 191
Inhaltsverzeichnis
XV
Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil .................................... 194 A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils ...... 194 I.
II. III.
Rechtsstellung in Deutschland und England zum Zeitpunkt der Beantragung der Adoption durch den Stiefelternteil ................ 194 1. Verfassungsrechtlicher Hintergrund und EMRK ....................... 194 2. Die familienrechtliche Ausgangsstellung des externen Elternteils in beiden Rechtsordnungen im Überblick ................. 196 a) Rechtslage in Deutschland .................................................... 196 b) Rechtslage in England ........................................................... 197 Rechtstatsachen: Ausgestaltung der Beziehung des externen leiblichen Elternteils zu seinem Kind, das in einer Stieffamilie lebt .................................................................... 199 Interessenvarianz ........................................................................... 203
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils ....................... 204 I. II.
III.
Anforderungen nach Art. 8 EMRK ................................................ 205 Die elterliche Berechtigung zur Einwilligung nach deutschem Recht ............................................................................ 205 1. Einwilligung der Mutter ............................................................ 206 2. Einwilligung des Vaters ............................................................ 206 a) Mütterliche Auskunftsverweigerung über den biologischen Vater des Kindes ................................................................... 207 b) § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB ........................................................ 209 c) Rechtliche Vaterschaft eines Dritten ..................................... 210 3. Entbehrlichkeit der Einwilligung ............................................... 212 4. Form der Einwilligung .............................................................. 212 Die elterliche Berechtigung zur Einwilligung nach englischem Recht ........................................................................... 213 1. Verheiratete Eltern .................................................................... 213 2. Der unverheiratete Vater ........................................................... 213 a) Einwilligungsrecht ................................................................ 214 aa) Überblick über die historische Entwicklung der Einwilligungsberechtigung ....................................... 214 bb) Erwerb der elterlichen Verantwortung durch den nichtehelichen Vater ...................................... 217 (1) Parental responsibility agreement ........................... 218 (2) Parental responsibility order ................................... 219 (3) Inhaberschaft einer residence order ......................... 221 (4) Registrierung als Vater ............................................ 222 b) Beteiligung am Adoptionsverfahren ...................................... 224
XVI
IV.
Inhaltsverzeichnis
c) Ermittlungspflicht der Jugendbehörde oder des Gerichts bei Unkenntnis des leiblichen Vaters?................................... 226 d) Rechtliche Vaterschaft eines Dritten ..................................... 228 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 228
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils .......................................................................... 231 I. II.
III.
IV.
Einführung ..................................................................................... 231 Einwilligungsersetzung nach deutschem Recht .............................. 232 1. Die Einwilligungsersetzungsgründe des § 1748 Abs. 1 bis 3 BGB ..................................................... 233 a) Anhaltende gröbliche Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit ............................................................ 233 b) Unverhältnismäßiger Nachteil ............................................... 235 c) Pflege- und Erziehungsunfähigkeit ....................................... 237 2. Einwilligungsersetzung nach § 1748 Abs. 4 BGB ..................... 237 a) Kritik an der Norm ................................................................ 237 b) Unsicherheiten bei der Auslegung des Begriffs „unverhältnismäßiger Nachteil“ ............................................ 238 c) Die Entscheidung des BGH vom 23.3.2005 .......................... 240 3. Zusammenfassende Stellungnahme ........................................... 242 Elterninteressen und Kindeswohl im Rahmen der Ersetzung der Einwilligung nach englischem Recht ....................................... 243 1. Historische Entwicklung der Kindeswohlberücksichtigung ....... 243 2. Aktuelle Rechtslage ................................................................... 250 a) Unauffindbarkeit oder Unfähigkeit zur Erteilung der Einwilligung ................................................................... 250 b) “The welfare of the child requires the consent to be dispensed with” ............................................................ 251 3. Praxis der Einwilligungsersetzungen in Stiefkindadoptionsverfahren ...................................................... 255 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 259
D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil .............................. 264 I.
Umgangsrecht nach der Adoption in Deutschland.......................... 265 1. Vereinbarungen ......................................................................... 265 2. § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB ............................................................ 265 3. § 1685 Abs. 2 BGB ................................................................... 266 a) Der biologische Vater als Umgangsberechtigter nach § 1685 Abs. 2 BGB ....................................................... 266
Inhaltsverzeichnis
II. III.
XVII
b) Umgangsberechtigung auch nach einer Adoption? ................ 267 Umgangsrecht nach der Adoption in England ................................ 270 Vergleichende Stellungnahme ........................................................ 271
E. Fazit ................................................................................................... 271
Kapitel 4: Lösungsansätze ................................................................ 273 A. Regelung des Stiefkindverhältnisses, insbesondere stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption? .............................. 273 I. II.
III.
Einführung ..................................................................................... 273 Die Entwicklung der Möglichkeiten des Erwerb des Sorgerechts durch Stiefeltern in England ................................. 275 1. Guardianship............................................................................. 276 2. Wardship ................................................................................... 276 3. Joint custody order des Scheidungsgerichts; custodianship; child of the family .............................................. 276 4. Residence order ......................................................................... 278 Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption? ................................................................... 279
B. Lösungsimpulse adoptionsrechtlicher Art .......................................... 283 I. II.
III.
Einführung ..................................................................................... 283 Verbot der Stiefkindadoption ......................................................... 291 1. Argumente für eine generelle Unzulässigkeit der Stiefkindadoption ................................................................ 291 a) Ungeeignetheit der Adoption ................................................ 291 b) Sinnvollere Verwendung der Ressourcen .............................. 292 2. Bedenken gegen das Verbot der Stiefkindadoption ................... 297 Änderung der Rechtsfolgen der Stiefkindadoption ......................... 298 1. Abkehr vom Grundsatz der Volladoption in Stiefkindadoptionsfällen. ........................................................... 298 a) Argumente für eine Abkehr vom Grundsatz der Volladoption in Stiefkindadoptionsfällen ........................ 298 b) Bedenken gegen eine schwache Adoptionsform für Stiefkindadoptionsfälle .................................................... 300 2. Modifikation des Volladoptionsgrundsatzes in Stiefkindadoptionsfällen ........................................................ 301 3. Widerruflichkeit oder Aufhebbarkeit des Adoptionsbeschlusses .......................................................... 301
XVIII IV.
Inhaltsverzeichnis
Änderung der Voraussetzungen der Stiefkindadoption .................. 303 1. Stellenwert des Kindeswohls ..................................................... 304 2. Beschränkung des Personenkreises ............................................ 304 3. Normierung einer Mindestdauer der Adoptionspflege sowie der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ...................... 305 4. Einwilligung des externen Elternteils ........................................ 306 5. Verfahrensbeistandschaft und familienpsychologisches Gutachten .................................................................................. 307
C. Fazit ................................................................................................... 308
Kapitel 5: Zusammenfassung........................................................... 309 A. Zusammenfassende Thesen ................................................................. 309 I. II. III. IV.
Kapitel 1 ........................................................................................ 309 Kapitel 2 ........................................................................................ 309 Kapitel 3 ........................................................................................ 312 Kapitel 4 ........................................................................................ 313
B. Schlussbemerkung .............................................................................. 314 Literaturverzeichnis ................................................................................ 317 Sachregister ............................................................................................ 347
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
AALR AC ACA 2002 AcP AdVermiG a.F. AG AJO All ER ALR Am J Sociol Anm. Art. Am Soc Rev A&F
Anglo-American Law Review Law Reports, Appeal Cases Adoption and Children Act 2002 Archiv für die civilistische Praxis Adoptionsvermittlungsgesetz alte Fassung Amtsgericht American Journal of Orthopsychiatry All England Law Reports Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten American Journal of Sociology Anmerkung Artikel American Sociological Review Adoption and Fostering
BAAF BAGLJÄ BayObLG BayObLGZ
British Association for Adoption and Fostering Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter Bayerisches Oberlandesgericht Entscheidungen des Bayerischen Oberlandesgerichts in Zivilsachen Boston College International and Comparative Law Review Band Beck-Rechtsprechung Bürgerliches Gesetzbuch BGB in der Fassung vom 18.8.1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Begründer Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Bundesrat Bundesrepublik Deutschland British Journal of Psychology Bundestag Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht
BCIBCLR Bd. BeckRS BGB BGB-1900 BGBl BGH BGHZ Begr. BIB BR BRD British J Psych BT BVerfG BVerfGE BVerwG
XX
Abkürzungsverzeichnis
BvL
Registerzeichen beim BVerfG für Normenkontrolle auf Vorlage der Gerichte Registerzeichen beim BVerfG für Verfassungsbeschwerden
BvR
CA CA 1975 CA 1989 Ch CFLQ Cmd./Cmnd./Cm. col. CSCI
Court of Appeal Children Act 1975 Children Act 1989 Entscheidungen der Chancery Division des England and Wales High Court Child and Family Law Quarterly Command Paper column (engl.: Druckspalte) Commission for Social Care Inspection
DAVorm DIJG Drucks. DJT
Der Amtsvormund Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft Drucksache Deutscher Juristentag
ECHR EHRR EJCL EJF EKD EMRK epd EGMR ER EuGRZ
European Court of Human Rights European Human Rights Reports Electronic Journal of Comparative Law Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht Evangelische Kirche Deutschland Europäische Menschenrechtskonvention Evangelischer Pressedienst Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte English Reports Europäische Grundrechte-Zeitschrift
Fam Fam Law FamFG
Law Reports, Family Devision Family Law Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Die Praxis des Familienrechts (Schweiz) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Family Court Reporter (bis 1999)/Butterworths Family Court Reports (ab 2000) Forum Familien- und Erbrecht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Frühe Kindheit Family Law Reports Fußnote Familie, Partnerschaft, Recht Family Procedure (Adoption) Rules 2005 Festschrift Familie und Recht
FamPra.ch FamRZ FCR FF FGG FK FLR Fn. FPR FP(A)R 2005 FS FuR
Abkürzungsverzeichnis
XXI
GG
Grundgesetz
Halbs. HCP HL h.M. HRR
Halbsatz House of Commons Paper House of Lords herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928-1942)
IPrax i.S.d. i.V.m.
Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne der/des in Verbindung mit
JAmt J Child Psychol Psychiat JCL JFI J Marriage Fam J Soc Policy JoP J Popul Econ JSWL IJLPF jurisPR jurisPR-FamR juris PK JZ
Das Jugendamt Journal of Child Psychology and Psychiatry Journal of Child Law Journal of Family Issues Journal of Marriage and the Family Journal of Social Policy Justice of the Peace Journal of Population Economics Journal of Social Welfare Law International Journal of Law, Policy and the Family juris PraxisReport juris PraxisReport Familienrecht juris PraxisKommmentar Juristenzeitung
KB KG KindPrax KindRG KJHG
Law Reports, King’s Bench Kammergericht Kindschaftsrechtliche Praxis Kindschaftsrechtsreformgesetz v. 16.12.1997 Kinder- und Jugendhilfegesetz
LA Law Com LG LJ LPartG LQR LVR LWL
Legal Action Law Commission Landgericht Lady/Lord of Justice Lebenspartnerschaftsgesetz Law Quarterly Review Landschaftsverband Rheinland Landschaftsverband Westfalen-Lippe
MittBayNot
Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung Modern Law Reports mit weiteren Nachweisen
MünchKommBGB MünchKommZPO MLR m.w.N.
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Abkürzungsverzeichnis
NJW NJW-RR NK-BGB NLJ No.
Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift RechtsprechungsReport Zivilrecht Nomos Kommentar BGB New Law Journal number (engl.: Nummer)
OLG ONS
Oberlandesgericht Office for National Statistics
QB
Law Reports, Queen’s Bench
RabelsZ RegE RdJB
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Regierungsentwurf Recht der Jugend und des Bildungswesens
Sec. S.I. SJ SJZ StAZ StGB StPO
Section Statutory Instruments Solicitor’s Journal Schweizerische Juristenzeitung Das Standesamt Strafgesetzbuch Strafprozessordnung
UJ UK
Unsere Jugend United Kingdom
v vol.
versus (engl.: gegen) volume (engl.: Band)
WLR WP
Weekly Law Reports Working Paper
ZBlJR ZfF ZfFF ZfJ ZfS ZKJ ZPO ZRP
Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendfürsorge Zeitschrift für das Fürsorgewesen Zeitschrift für Familienforschung Zentralblatt für das Jugendrecht Zeitschrift für Soziologie Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik
Einleitung Einleitung
A. Einführung in die Problematik A. Einführung in die Problematik
Die Stieffamilie gewinnt als stark verbreitete Familienform aufgrund hoher Scheidungszahlen, zahlreicher Wiederverheiratungen und der steigenden Anzahl an Geburten unehelicher Kinder zunehmend an Bedeutung.1 Sie gilt als die sich am schnellsten ausbreitende Familienform der westlichen Welt.2 Diese Familienkonstellation stellt das Rechtssystem vor neue Herausforderungen und wirft eine Reihe rechtlicher Fragen auf, insbesondere auch dann, wenn eine Stiefkindadoption, d.h. die Adoption eines Kindes durch seinen Stiefelternteil, angestrebt wird. Zu einer Stiefkindadoption werden Stiefeltern von dem Wunsch geleitet, der existierenden Familiensituation des Zusammenlebens von leiblichem Elternteil, Stiefelternteil und Kind eine der „Normalfamilie“ entsprechende rechtliche Form zu geben.3 Jährlich werden in Deutschland über 2.000 Kinder von ihrem Stiefelternteil adoptiert; damit machen Stiefkindadoptionen mehr als die Hälfte sämtlicher Adoptionen von Minderjährigen in Deutschland aus.4 Diese Entwicklung findet nach Aussagen der Praxis Begründung im beschriebenen gesamtgesellschaftlichen Wandel der Familienstruktur.5 Wie die vorliegende Arbeit aufzeigen wird, steht die Adoption eines Kindes durch seinen Stiefelternteil in einem Spannungsverhältnis zum Leitbild des Adoptionsrechts,6 zudem ist die durch die Adoption erfolgende Verrechtlichung der Stiefeltern-Kind-Beziehung nach sozialwissen1
Engstler/Menning, Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik, S. 78. Zu den Scheidungs-, Wiederverheiratungszahlen sowie jener nichtehelicher Geburten in England und Deutschland ausführlich unter B. II. 1. b). 2 Muscheler FamRZ 2004, 913; Popenoe, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 3. 3 Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 42. 4 Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 1.1. Ausführlich zur Entwicklung der Zahlen der Stiefkindadoptionen seit ihrer gesonderten Ausweisung durch das Statistische Bundesamt in Kapitel 2, unter A. IV. 5 Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101; Fendrich/Schilling FPR 2001, 305 (307); Engstler/Menning, Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik, S. 69; Kreisjugendamt Landkreis Böblingen (Hrsg.), Adoptionsvermittlung im Landkreis Böblingen, 2003, S. 3; Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 395. 6 Vgl. in Kapitel 2, unter A. II. und IV.
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Einleitung
schaftlichen Erkenntnissen nicht selten problembelastet.7 Dementsprechend wächst gegenwärtig die Aufmerksamkeit der juristischen ebenso wie der sozialwissenschaftlichen Fachliteratur gegenüber der Thematik der Stiefkindadoption. Im Jahr 2004 kündigte die damalige Bundesministerin der Justiz an, die Bundesregierung werde sich des Problemkreises der rechtlichen Stellung von Stiefkindern, insbesondere auch jenes der Stiefkindadoption annehmen, wobei konkrete Überlegungen zu den Reformschritten noch ausstünden.8 Eine Sensibilisierung auch der Praxis der Adoptionsvermittlung hinsichtlich der Stiefkindadoption lässt sich an Fachtagungen von Landesjugendämtern ablesen, die sich der Thematik widmen9 und rechtliche Defizite beklagen.10 Ferner macht die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in ihren Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung auf die Problematik der Stiefkindadoption aufmerksam.11 Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die Rechtsprobleme der Stiefkindadoption umfassend für das geltende deutsche Recht aufzuzeigen und dabei insbesondere zu analysieren, ob der existierende Rechtsrahmen den Problemen der Praxis hinreichend Rechnung trägt. Dabei werden die an einer Stiefkindadoption primär Beteiligten – Stiefelternteil, Kind und externer leiblicher Elternteil – einzeln in den Blick genommen, um so das Spannungsfeld des sog. Adoptionsdreiecks12 aufzuzeigen. In einem ersten Kapitel werden zunächst die Rechtsposition und Interessen des Stiefelternteils, d.h. des formalen Initiators der Adoption, dargestellt sowie die von ihm angestrebten Rechtsfolgen der Stiefkindadoption erläutert. Sodann wird in einem zweiten Kapitel die rechtliche Stellung des zu adoptierenden Stiefkindes ohne Adoption durch den Stiefelternteil und nach einer solchen in den Blick genommen. Hierbei wird die rechtliche und psychosoziale Problematik der Stiefkindadoption herausgearbeitet, ehe die den Kindesinteressen zuzuordnenden Voraussetzungen der Adoption auf die Effizienz 7
Dazu ausführlich in Kapitel 2, unter B. III. 2. Zypries im Interview, FK 2004, Heft 5, 16 (17). 9 Vgl. z.B. 1. Nordrhein-Westfälischer Fachtag Adoption des LVR/LWL, „Zwischen Kindeswohl und Bewerberwunsch – Ein Spannungsfeld für die Adoptionsfachkraft?“ am 26.03.2009 in Köln; Fortbildung des LVR – Zentrale Adoptionsstelle, „Adoption des Stiefkindes“ am 29.–30.3.2004; Fachtagung des LWL – Landesjugendamt, „Stiefkindadoptionen. Das Kind und seine Familien. Die Stief- und die Adoptivfamilie.“, 29.– 30.6.1996. 10 LVR (Hrsg.), Adoption des Stiefkindes, S. 1 ff.; LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation Stiefkindadoption, unter „Zur Tagungsidee“ sowie S. 5–12. 11 BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 21. 12 Der Begriff des „Adoptionsdreiecks“ hat sich in der Jugendhilfepraxis etabliert, er wird teilweise durch den Begriff des Adoptionsvierecks ersetzt, vgl. Textor Neue Praxis 1996, 504 (508); Smentek, in: Smentek (Hrsg.), Die leiblichen Eltern im Adoptionsprozess, S. 8. 8
B. Vorbemerkung zur englischen Rechtstradition
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ihrer Schutzwirkung für das Kindeswohl im Stiefkindadoptionsfall hin untersucht werden. Ein dritter Teil widmet sich der Rechtsposition des außerhalb der Stieffamilie lebenden leiblichen Elternteils, dessen Einwilligung Voraussetzung der Adoption des Kindes durch seinen Stiefelternteil ist. Wie zum Teil in der Literatur im Zusammenhang mit der Suche nach Lösungen für die Problematik der Stiefkindadoption vorgeschlagen,13 wird der Blick auf die englische Rechtslage ausgeweitet. Denn in England und Wales sind die einschlägigen Rechtsprobleme nicht nur bereits in den 1970er Jahren intensiv rechtspolitisch diskutiert, sondern seither und zuletzt auch in jüngster Zeit neu geregelt worden. Da die Stiefkindadoption in der englischen und deutschen Rechtsordnung den allgemeinen Rechtsregeln der Adoption unterstellt ist und sich diese Arbeit auch als ein Beitrag zum Verständnis des in der deutschen Literatur bisher wenig rezipierten englischen Adoptionsrechtes versteht, wird jenes ausführlich dargestellt sowie an einigen Stellen auch dessen rechtshistorische Entwicklung in den Blick genommen, soweit diese für die Untersuchung relevant ist. Die aus dem Rechtsvergleich gewonnenen Erkenntnisse werden für die in einem abschließenden Kapitel herausgearbeiteten Impulse hinsichtlich einer Weiterbildung des deutschen Rechtsrahmens de lege ferenda herangezogen.
B. Kurze Vorbemerkung zur englischen Rechtstradition B. Vorbemerkung zur englischen Rechtstradition
Anders als das überwiegend aus kodifizierten Rechtsregeln und -prinzipien bestehende deutsche Recht, leitet sich das englische Recht bekanntermaßen aus den Rechtsquellen des common law ab, das sich aus den aus Leitsätzen und Entscheidungen entwickelten Rechtsregeln zusammensetzt, sowie aus den einzelnen vom Parlament niedergelegten Statutes oder Acts of Parliament. Wenngleich die Besonderheit des angelsächsischen gegenüber dem kontinentaleuropäischen Recht gerade in dieser Ausprägung als case law besteht, so ist das englische Familienrecht dennoch zu großen Teilen kodifiziertes Recht.14 Im Gegensatz zum deutschen Familienrecht, das im 4. Buch des BGB zusammenhängend niedergelegt ist, ist das kodifizierte Familienrecht in England durch ein Vielzahl von Einzelgesetzen geregelt,15 13 Enders FPR 2004, 60 (64); vgl. auch Frank StAZ 2010, 324 (327) mit entsprechender rechtsvergleichender Darstellung. 14 Henrich/Huber, P., Einführung in das englische Privatrecht, S. 122. 15 Hintergrund für die hohe Kodifizierungsdichte im Familienrecht ist, dass die mit dem gesellschaftlichen Wandel einhergehenden Umbrüche im Familienrecht des letzten Jahrhunderts allein im Wege der gerichtlichen Rechtsfortbildung nicht zu bewerkstelligen waren, sodass entsprechende Kodifizierungen nötig waren, vgl. Henrich/Huber, P., Einführung in das englische Privatrecht, S. 122.
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Einleitung
die jeweils lediglich einen Teilbereich zum Gegenstand haben, so etwa der Matrimonial Causes Act 1973, in dem die Scheidungsregelungen niedergelegt sind, oder aber der Children Act 1989 (CA 1989), der – in Teilen16 – die kindschaftsrechtlichen Regelungen erfasst. Das Adoptionsrecht ist im Adoption and Children Act 2002 (ACA 2002) geregelt, der am 30. Dezember 2005 in Kraft getreten ist17 und den bis dato geltenden Adoption Act 1976 nahezu gänzlich ersetzt.18
16 So sind abstammungsrechtliche Regelungen wiederum in den speziellen Einzelgesetzen des Human Fertilization and Embryology Act 2008, des Family Law Reform Act 1969 und 1987 sowie des Birth and Deaths Registration Act 1953 enthalten. 17 Adoption and Children Act 2002 (Commencement No. 9) Order 2005, S.I. 2005/2213. 18 ACA 2002, Schedule 5. Allein “Part 4 and paragraph 6 of Schedule 2” des Adoption Act 1976 haben nach wie vor Gültigkeit.
Kapitel 1
Der adoptierende Stiefelternteil Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
Formaler Initiator einer Stiefkindadoption ist der Stiefelternteil, der in Deutschland und England mit seinem Antrag beim Familiengericht das Adoptionsverfahren gem. § 1752 BGB bzw. Rule 19 FP(A)R 2005 in Gang setzt. Es soll zunächst der Interessenbereich des Stiefelternteils und seine Rechtsstellung gegenüber dem Kind untersucht werden, aus der sich zu Teilen seine Motivation zur Beantragung einer Stiefkindadoption ableiten lässt. Sodann wird auf die vom Stiefelternteil angestrebten, mit der Stiefkindadoption einhergehenden Rechtsfolgen eingegangen.
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
I. Rolle und Interessen des Stiefelternteils In den meisten Stieffamilien, in denen eine Stiefkindadoption beantragt wird, hat das Kind vor der Adoption bereits mit dem mit seinem leiblichen Elternteil verheirateten oder verpartnerten Stiefelternteil zusammengelebt.1 Stiefeltern-Kind-Beziehungen können dabei aus psychosozialer und emotionaler Sicht sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. So entwickeln sich Stiefeltern teilweise zu wichtigen Bezugspersonen für das Kind, andere werden lediglich vom Kind toleriert, wieder andere von selbigem abgelehnt.2 Damit korrelierend sind die Rollen, die Stiefeltern im Stieffamiliengefüge gegenüber dem Kind einnehmen, unterschiedlich ausgestaltet. Während Stiefmütter oftmals mit zu hohen Erwartungen an ihre Funktion als Stiefelternteil und das Gelingen einer Stieffamilie herangehen,3 variiert das Rollenverhalten von Stiefvätern stark: Entsprechend den verschiedenen Stieffamilienformen, auf die später noch näher einzugehen ist, gibt es 1 Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 5: Von den insgesamt 2.266 durch ihren Stiefelternteil adoptierten Kindern im Jahr 2011 waren 2.183 vor Beginn des Adoptionspflegeverhältnisses bzw. Adoptionsverfahrens (keine Differenzierung diesbezüglich in der Statistik) bei leiblichem Elternteil und Stiefelternteil untergebracht. 2 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 18. 3 Visher/Visher, Stiefeltern, Stiefkinder und ihre Familien, S. 65, 69 f.
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
Stiefväter, die als Ersatz des leiblichen Vaters des Kindes agieren; andere leiden unter der Diskrepanz zwischen den eigenen sowie den familiären Ansprüchen an die Erfüllung der Elternrolle und der Realität, in der sich eine Eltern-Kind-Beziehung nicht wie gewünscht herstellen lässt; schließlich gibt es Stiefväter, die ihre Rolle als die eines Freundes des Kindes ausfüllen, wobei sie auch väterliche Funktionen übernehmen. 4 Da es an einer einheitlichen Definition von Stiefelternschaft mangelt, gesellschaftlich anerkannte Normen und Verhaltensmuster diesbezüglich fehlen und es für den Stiefelternteil eine schwere Aufgabe darstellt, eine eigene, nicht vorstrukturierte Rolle neben den leiblichen Eltern zu entwerfen,5 orientieren sich die meisten Stiefeltern bei der Definition ihrer eigenen Aufgabe und Rolle am Leitbild eines leiblichen Elternteils.6 Unabhängig von der Ausprägung der eingenommenen Rolle übernimmt der Stiefelternteil zusammen mit dem leiblichen Elternteil in Teilen, oftmals sogar vollumfänglich, die elterliche Erziehungsaufgabe7 samt der an diese anknüpfenden Pflichten: Meist übt er nicht nur die Pflege und Erziehung gegenüber dem Kind aus, sondern kommt zudem für seinen Unterhalt auf und wächst häufig auch emotional in die Rolle einer elterlichen Bezugsperson für das Kind hinein.8 Die Interessen des als sozialer Elternteil agierenden Stiefelternteils reichen dabei häufig so weit, dass er sich eine rechtliche Anerkennung seines de facto-Einsatzes wünscht9 und dadurch Sicherheit in seiner Erzieherrolle vermittelt wissen will:10 So besteht seinerseits ein Bedürfnis, das Kind nicht nur namensrechtlich der neu gegründeten Stieffamilie einzuglie4 Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 100 f., S. 107, S. 124 f. In einer Studie zu sozialer Vaterschaft in Stieffamilien wiesen 75 % der Stiefväter sich selbst eine positive Stiefvaterrolle zu, 25 % stuften ihre Rolle als ambivalent ein, vgl. Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 288. 5 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 387, 404. 6 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 169 f. 7 BT-Drucks. 14/3751, S. 39; Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 187, S. 103 f., S. 113 sowie S. 126 f. 8 Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (136); Conradi FamRZ 1980, 103 (104); Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (225 f.). In der Studie von Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 289, gaben 83 % der befragten Stiefväter an, ein Verantwortungsbewusstsein für das Wohlergehen der Kinder ihrer Ehepartnerin zu empfinden. 9 Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 68; Phillips A&F 1992, Heft 2, 16 (18); O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 44. In der Studie von Edwards/Gillies/ Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (94) gab ein Großteil der Teilnehmer den Wunsch nach einem rechtlichen Status für Stiefeltern an. Vgl. ebenso die Studie von Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (71). 10 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 46; Phillips A&F 1992, Heft 2, 16 (18); De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (27).
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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dern,11 entscheidend kommt es ihm auf eine rechtliche Verankerung von Entscheidungsbefugnissen hinsichtlich des Kindes und gegenüber dem Kind an. Ferner ist ihm daran gelegen, seine gelebte Elternposition im Falle des Versterbens seines Ehe- bzw. Lebenspartners abgesichert zu wissen.12 Gleichzeitig hat er ein Interesse daran, auch nach einem Scheitern der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft mit dem leiblichen Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt zu sein. Als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Stiefkindadoption soll zunächst die vom Gesetzgeber für das Stiefkindverhältnis vorgesehene rechtliche Ordnung in Deutschland und England analysiert werden. Die vergleichende Untersuchung des geltenden deutschen und englischen Rechts der Stieffamilie wird dabei aufzeigen, inwieweit die vom Stiefelternteil faktisch übernommenen elterlichen Pflichten gegenüber dem Kind mit den sich aus seinem Stiefelternstatus ableitenden Rechten korrespondieren. Zunächst wird jedoch eine begriffliche, historische, soziale und rechtliche Einordnung der Stiefeltern-Kind-Beziehung vorgenommen, da ein entsprechendes Verständnis für die Analyse der rechtlichen Situation erforderlich ist. II. Begriffsbestimmung: Die Stiefeltern-Kind-Beziehung 1. Die Stiefeltern-Kind-Beziehung als soziales Phänomen a) Definition Als Stieffamilien werden Familien definiert, in denen der leibliche Elternteil eines Kindes in einer Lebensgemeinschaft mit einem Partner lebt, der dem Kind gegenüber als sozialer Elternteil auftritt, ohne mit ihm in einer biologischen Verbindung zu stehen. Der Vielzahl von heterogenen Formen13 möglicher Stieffamilienkonstellationen ist demnach gemein, dass in ihnen zu den beiden leiblichen Elternteilen eines Kindes – aufgrund einer Heirat bzw. der Eingehung einer Partnerschaft nach Scheidung oder unehelicher Geburt – ein weiterer, vom biologischen Elternteil abweichender sozialer Elternteil hinzutritt oder aber ein verstorbener leiblicher Elternteil durch einen sozialen Elternteil ersetzt wird.14 Nach sozialwissenschaftli11 Vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (230); Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47. 12 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47; Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (230); Bissett-Johnson, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (337); Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (67). 13 Vgl. Parkinson, Separation, Divorce and Families, S. 132 m.w.N.; Bien/Hartl/ Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 9 (11). 14 Bien/Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 9 (10).
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
cher Terminologie werden vom Stieffamilienbegriff sämtliche Konstellationen erfasst, in denen durch Wiederheirat bzw. Eingehung einer Lebenspartnerschaft oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine frühere Familienform, die durch Scheidung, Alleinerziehung eines nichtehelichen Kindes oder Tod ein Ende gefunden hat, abgelöst wird.15 b) Historischer Überblick Stiefeltern-Kind-Verhältnisse sind kein Phänomen neuerer Zeit, sie weisen seit langem ein häufiges Vorkommen auf. Aufgrund hoher Mortalitätsraten über Jahrhunderte hinweg16 stellte der Verlust eines oder beider Elternteile keine Ausnahme dar, sodass Kinder nicht selten in einer Stieffamilie aufwuchsen. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei 20 bis 30 % aller Ehen in England in der Zeit des 16. bis 18. Jahrhunderts nicht um ErstEhen handelte,17 ein Viertel sämtlicher Kinder lebte in der vorindustriellen Epoche mit Stiefeltern zusammen.18 Für Deutschland liegen die Schätzungen der Zweit-Ehen bei 33 % im frühen 18. Jahrhundert.19 Dominierender Stieffamilientypus war aufgrund der mit der Geburt einhergehenden hohen Müttersterblichkeit die sog. Stiefmutterfamilie, in der die neue Ehefrau des Mannes mit dessen leiblichen Kindern zusammenlebte.20 Oftmals war der Vater zur Wiederherstellung der familiären Leistungsfähigkeit und zur Sicherstellung der Betreuung seiner Kinder um eine schnelle erneute Eheschließung bemüht.21
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Balloff FPR 2004, 50 (51). Ein systematischer Rückgang der Mortalitätszahlen setzte in den europäischen Ländern ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein, vgl. Flora/Kraus/Pfenning, State, Economy and Society in Western Europe 1815–1975, Bd. 2, S. 21 ff. Im England des 19. Jahrhunderts waren 20 % sämtlicher Kinder verwaist, vgl. Humphrey/Humphrey, Families with a difference, S. 115; anders Anderson Continuity and Change 1988, 421 (432), nach dem im 19. Jahrhundert 6–7 % der Kinder bis zum Alter von 15 Jahren ihren Vater oder ihre Mutter verloren hatten. 17 Sogner/Dupâquier, in: Dupâquier/Hélin/Laslett/Livi-Bacci/Sogner (Hrsg.), Marriage and remarriage in populations of the past, S. 1 (7); Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (37); Stone, The Family, Sex and Marriage in England 1500–1800, S. 56. 18 Stone, The Family, Sex and Marriage in England 1500–1800, S. 56; Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 5; Anderson schätzt den Anteil der Stiefkinder an der Gesamtzahl der Kinder in dieser Zeit auf 5 %, in: Thomson (Hrsg.), The Cambridge Social History of Britain 1750–1950, Bd. 2, S. 1 (50). 19 Knodel/Lynch Journal of Family History 1985, 34 (41). 20 Dumke, Stieffamilien, S. 17; Muscheler StAZ 2006, 189. 21 Nave-Herz, Ehe- und Familiensoziologie, S. 67; Hill, P./Kopp, Familiensoziologie, S. 32; Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (24); 16
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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Mit dem Rückgang der hohen Sterblichkeitsrate von Frauen bei der Geburt verringerte sich auch die Anzahl solcher Stiefeltern-KindBeziehungen ab Mitte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.22 Bedingt durch die beiden Weltkriege verlor die Stiefmutterfamilie ihre dominierende Stellung. Dagegen trat aufgrund des kriegsbedingten Versterbens von Vätern und der Zerrüttung der Familien in den Kriegsjahren vermehrt der Typus der Stiefvaterfamilie auf.23 Korrelierend mit den steigenden Scheidungszahlen in England und Deutschland24 stiegen auch die Zahlen der Stieffamilien seit den 1960er Jahren wieder an, wobei in den meisten Fällen die Kinder nach der Scheidung bei ihren Müttern blieben, sodass sich die Stiefvaterfamilie als Regelfall einer Stieffamilienkonstellation verfestigte. Die aktuell hohen Scheidungs-25 und Wiederverheiratungszahlen26 und die steigenden Zahlen nichtehelich geborener Kinder27, die in Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 21 ff.; Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 3. 22 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 4. 23 Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (34). 24 Flora/Kraus/Pfenning, State, Economy and Society in Western Europe 1815–1975, Bd. 2, S. 161; Mitchell/Jones, Second Abstract of British Historical Statistics, S. 31 f.; Dorbitz/Gärtner Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 1995, S. 339 (354); Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für die BRD 1967, S. 49; Meyer, in: Frevel (Hrsg.), Herausforderung demographischer Wandel, S. 58 (62). 25 Seit 1992 sind die Scheidungszahlen in Deutschland kontinuierlich von 135.010 auf 213.975 im Jahr 2003 gestiegen; im Jahr 2008 lag die Zahl bei 185.817 Ehescheidungen. Damit wurden 2009 von 1.000 bestehenden Ehen ca. 10 Ehen geschieden. 49,2 % dieser Scheidungen betrafen Ehen mit minderjährigen Kindern. Im Jahr 2009 waren damit insgesamt ca. 145.656 Minderjährige von einer Scheidung ihrer Eltern betroffen, KrackRoberg, Wirtschaft und Statistik 2011, 239 (243 ff., 248 ff.). Zur Entwicklung der Zahl der von einer Scheidung ihrer Eltern betroffenen Kinder Dorbitz/Gärtner Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 1995, 339 (358). Das United Kingdom weist die höchsten Scheidungsraten innerhalb der EU auf: 1997 wurden 13 von 1.000 Ehen geschieden, 2006 waren es 12 von 1.000 Ehen, im Jahr 2011 10,8. Dabei waren im Jahr 1996 bei 69 % der Scheidungen Kinder betroffen, insgesamt handelte es sich um 162.000 Kinder, die in diesem Jahr die Scheidung ihrer Eltern erlebten; 2006 waren ca. 124.000 Kinder von der Scheidung ihrer Eltern betroffen, vgl. ONS, FM 2 Series 2007, Tabelle 4.1 und 4.10; 2011 wiederum waren es 100.760 Kinder, ONS, Statistical Bulletin: Divorces in England and Wales – 2011, S. 7. Vielfach ist dabei das Aufwachsen in alleinerziehenden Haushalten nach der Scheidung nur ein vorübergehender Zustand, der in den meisten Fällen bald durch die Gründung einer rekonstruierten Familie bestehend aus Mutter und Stiefvater abgelöst wird, vgl. Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (46). Zur Entwicklung der Scheidungszahlen und deren Zusammenhang mit dem sich ändernden Scheidungsrecht in England Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 5 ff. 26 Die Zahl der Wiederverheiratungen in Deutschland ist zwar seit Mitte der 1960er Jahre rückläufig, jedoch entscheidet sich mehr als die Hälfte aller Geschiedener zu einer erneuten Eheschließung, vgl. Dorbitz/Gärtner Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
eine Ehe oder Lebenspartnerschaft mitgebracht werden, verstärken das vermehrte Vorkommen von Stiefeltern-Kind-Konstellationen, dennoch haben sich frühere Annahmen und Schätzungen, jedes zweite geborene Kind in Deutschland müsse heutzutage damit rechnen, bis zum Erreichen der Volljährigkeit eine Stieffamiliensituation zu erleben, nicht bestätigt: 1999 handelte es sich in Deutschland lediglich bei 4,3 % sämtlicher Kinder, die in einer Ehe lebten, um Stiefkinder.28 Von den insgesamt geschätzten 1,17 Mio. Stiefkindern – solche inbegriffen, in denen leiblicher Elternteil und Stiefelternteil nicht verheiratet sind –, d.h. insgesamt 7,6 % gemessen an der Gesamtminderjährigenzahl, leben nur etwa 10 % in sog. Stiefmutterfamilien, während das Zusammenleben des Kindes mit der leiblichen Mutter und dem Stiefvater den Regelfall der Stieffamilie darstellt.29 Der Anteil an Stieffamilien in Deutschland, der – unter Einbeziehung auch der ehelichen, unehelichen Stieffamilien und solcher mit getrennten Haushalten – auf 10,8 % der Gesamtfamilienanzahl mit minderjährigen Kindern geschätzt wird,30 liegt dabei deutlich unter dem in anderen europäischen Ländern.31 In 93 % dieses Anteils sind leiblicher und Stiefelternteil mitei-
1995, 339 (349 f.). Auch in England heiratet etwa die Hälfte der verwitweten oder geschiedenen Männer erneut, während dies bei Frauen lediglich bei 25 % der Fall ist, Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 16. 27 Während bis 1939 lediglich 8–13 % aller Kinder in Deutschland außerehelich zur Welt kamen, hat sich dieser Anteil von 15 % im Jahr 1990 auf 30 % im Jahr 2006 verdoppelt. 2006 wurden somit 202.000 Kinder außerehelich geboren. Im europäischen Vergleich ist der Anteil der Geburten nichtehelicher Kinder in Deutschland jedoch relativ gering, vgl. Statistisches Bundesamt, Im Blickpunkt: Jugend und Familie in Europa 2009, S. 44. In England und Wales stieg die Zahl der nichtehelich geborenen Kinder von 5 % aller Geburten im Jahre 1961, Eekelaar, Familienrecht und Sozialpolitik, S. 28 f., auf 37 % im Jahr 1997; 2008 waren es 45 %, vgl. ONS, FM 1 Series 2003 und 2008, Tabelle 1.1. 28 Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (30), nach dem bei unehelichen Familienformen der Anteil jedoch wesentlich höher lag, da es sich bei nahezu jedem zweiten Kind um ein Stiefkind handelte, a.a.O., S. 9 (12). Vgl. aber Langer, die davon ausgeht, dass 18 % aller ehelich geborenen Kinder bis zum Erreichen der Volljährigkeit zu Stiefkindern werden, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Kindeswohl – Elternrecht, S. 22 (23). Zu den Zahlen der Kinder, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften aufwachsen siehe in Kapitel 2, unter B. V. 1. 29 Vgl. Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (34 f.). 30 Hullen BIB-Mitteilungen 2006, Heft 4, 15 (16); Krähenbühl/Jellouschek/KohausJellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 29. Laut der Eltern-Familien-Analyse 2002 des Institutes für Demoskopie Allensbach leben 15 % der Eltern mit Kindern unter 14 Jahren in einer Stieffamilie. 31 Zum Vorkommen von Stieffamilien in diesen Ländern vgl. Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (47 f.).
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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nander verheiratet.32 Schätzungen gehen davon aus, dass in England und Wales nahezu 30 % der ehelichen Kinder die elterliche Scheidung erleben werden, bevor sie das Alter von 16 Jahren erreicht haben33, da heutzutage 48 % aller Ehen aufgrund von Scheidung enden.34 Es wird angenommen, dass jede zehnte Familie in England eine Stieffamilie ist.35 Insgesamt wird der Anteil von Stiefkindern an der Gesamtkinderzahl in England auf mindestens 10 % geschätzt, von denen über 90 % in einer Stiefvaterfamilie leben.36 Im historischen Vergleich besitzen Stiefeltern-Kind-Beziehungen in der heutigen Zeit eine andere Beschaffenheit als jene der früheren Jahrhunderte: Stieffamilien sind heutzutage wesentlich seltener auf den Tod eines leiblichen Elternteils zurückzuführen, sondern resultieren aus elterlicher Scheidung, Trennung oder unehelicher Geburt,37 sodass Stiefkinder meist noch über beide leiblichen Elternteile verfügen und somit häufig dem Erziehungsanspruch dreier (potentieller) Elternteile ausgesetzt sind.38
32 Hullen BIB-Mitteilungen 2006, Heft 4, S. 15 (16); Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (37), geht davon aus, dass 46 % aller Stiefkinder bei verheirateten Elternteilen aufwachsen. 33 Hunt/Roberts, Family Policy Briefing Paper 3, S. 1; Ermisch J Popul Econ 2008, 827; ähnlich Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 11. 34 Im Jahr 1991 wurde die Anzahl von Stieffamilien in Großbritannien auf etwa 500.000 geschätzt, innerhalb derer ca. 770.000 Stiefkinder lebten – eheliche und nichteheliche Stieffamilien inbegriffen, vgl. Haskey Population Trends 1994, Heft 2, 17 (23). Schätzungen für das UK aus dem Jahr 2001 gehen von 700.000 Stieffamilien mit minderjährigen Kindern aus, von denen ca. 400.000 ehelich und 300.000 nichtehelich zusammenleben, vgl. McConnell/Wilson, in: Smallwood/Wilson (Hrsg.), Focus on Families, S. 1 (5). Ein weiterer Anstieg des Vorkommens von Stieffamilien wird erwartet, da sich der aktuelle Anteil der Väter, die bereits im Alter von 30 Jahren Stiefväter waren, gegenüber jenem von 1958 auf 17 % verdoppelt hat, vgl. Smith CFLQ 2003, 185 m.w.N. 35 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 12. 36 In England handelte es sich 2001 bei 87 % aller Stieffamilien um solche, in denen die Mutter ihre Kinder mit in die neue Ehe brachte; lediglich 11 % der Stieffamilienkonstellationen waren Stiefmutterfamilien, während in 3 % aller Stieffamilien Kinder einer vorangegangenen Partnerschaft sowohl des Vaters als auch der Mutter zusammenlebten, Walker/Maher/Coulthard/Goddard/Thomas, Living in Britain, S. 11; Tabelle 3.10, S. 19. 37 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. xvi, 1; Humphrey/Humphrey, Families with a difference, S. 117; Smith CFLQ 2003, 185 (185, 187); Staudinger/Salgo (2006) § 1687b Rn. 4; Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78. 38 Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (61).
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
2. Rechtliche Einordnung der Stiefeltern-Kind-Beziehung Im deutschen BGB39 findet der Begriff des Stiefkindes oder der Stiefverwandtschaft keine Erwähnung;40 Stiefkinder werden mit „Kind seines Ehegatten“ in § 1756 Abs. 2 BGB und § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB oder mit „erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen“ in § 1371 Abs. 4 BGB umschrieben. Für einen Stiefelternteil verwendet das Gesetz die Umschreibung „Ehegatte eines […] Elternteils, der nicht Elternteil des Kindes ist“, vgl. § 1687b BGB. Stiefverwandtschaft, wie sie im Sprachgebrauch gewöhnlich verwandt wird, ist als eigenständiges rechtliches Institut gesetzlich nicht anerkannt, sondern den familienrechtlichen Begrifflichkeiten und Kategorien der Verwandtschaft – hinsichtlich des leiblichen Elternteils – und Schwägerschaft – bezüglich des Stiefelternteils – untergeordnet.41 Trotz Ermangelung einer einheitlichen Definition der Stiefkindschaft besteht Einigkeit, dass Stiefkinder im juristischen Sinne einseitige Kinder eines Ehegatten oder Lebenspartners sind, die dieser in die Ehe bzw. in die eingetragene Lebenspartnerschaft mitgebracht hat.42 Ob diese Kinder eheliche, nichteheliche, für ehelich erklärte oder adoptierte Kinder des ein-
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Wohl aber im öffentlichen Recht, vgl. u.a. § 10 Abs. 4 SGB V. So bereits Mühlen, Die Rechtstellung der Stiefkinder, S. 13; vgl. auch Staudinger/Salgo (2006) § 1687b Rn. 2: „Gesetzgeber vermeidet tunlichst die Bezeichnungen ‚Stiefeltern’ und ‚Stiefkinder’.“ 41 Mühlen, Die Rechtstellung der Stiefkinder, S. 14. Zu den Rechtsfolgen der Schwägerschaft sogleich ausführlicher unter III. 1. Teilweise werden die neutrale Formulierung des Gesetzes und die mangelnde Verwendung der Vorsilbe „stief“ in den Kodifizierungen darauf zurückgeführt, dass eine Festschreibung der mit negativen gesellschaftlichen Assoziationen und Vorurteilen besetzten Präfix-Begriffe vermieden werden soll, Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 10 f.; Krähenbühl/Jellouschek/Kohaus-Jellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 24 ff. So findet der Begriff des „Stiefkindes“ Verwendung, um im Allgemeinen Defizitäres auszudrücken, während sich der – in Märchen tradierte – Mythos „der bösen Stiefmutter“ hartnäckig hält, dazu ausführlich Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 38 ff., S. 41 ff. Anders Sandhop, Stiefeltern, S. 31 f., die die Ungeeignetheit der Verwendung des Präfixes „stief“ für die moderne rekonstruierte Familiensituation darauf zurückführt, dass dieses in der althochdeutschen Bedeutung – „beraubt, verwaist“ – sprachlich lediglich jene Familienkonstellationen abbildet, die auf die Eheschließung nach Versterben eines der leiblichen Elternteile zurückgeht; kritisch dazu Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 9. Auch ist dieser Themenkomplex im Allgemeinen von sprachlicher Armut gekennzeichnet, an einer adäquaten begrifflichen Abbildung der Beziehungsrealität mangelt es, so Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 11. 42 Von der Weiden FuR 1991, 249. 40
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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bringenden Ehegatten bzw. Lebenspartners sind, ist dabei nicht von Bedeutung.43 In England hingegen ist der Begriff des Stiefelternteils – the step-parent – legaldefiniert. Unter ihm wird der Ehegatte oder civil partner eines Elternteils eines Kindes verstanden, der selbst nicht Elter des Kindes ist, vgl. Sec. 4A (1) CA 1989. Für die Stiefeltern-Kind-Beziehung, die im Wege der Stiefkindadoption formalisiert werden soll, ist in Deutschland – anders als in England – als obligatorische Voraussetzung eine Formalisierung der Stiefpartnerschaft durch die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft festgeschrieben.44 Findet in der vorliegenden Arbeit der Begriff der Stieffamilie Verwendung, so ist dieser dementsprechend – sofern nicht explizit auf ein weiteres Definitionsverständnis hingewiesen wird – im formalisierten, d.h. verehelichten oder verpartnerten Sinne zu verstehen, wenngleich Teile der Ausführungen auch für nichtformalisierte Stieffamilien zutreffend sein können. Die Arbeit beschränkt sich auf die im Regelfall einer Stiefkindadoption zugrunde liegende sog. primäre Stieffamiliensituation, bei der das Kind mit seinem leiblichen Elternteil und dessen neuem Partner in einem Haushalt zusammenlebt.45 Der Begriff des Stiefelternteils und des Stiefpartners erfasst in dieser Untersuchung sowohl den Ehegatten als auch den eingetragenen Lebenspartner des leiblichen Elternteils des Kindes. Die Stieffamilie ist zwar vom Schutzbereich des Art 8 Abs. 1 EMRK erfasst46 und wird in Deutschland nunmehr auch verfassungsrechtlich dem 43 Peschel-Gutzeit FPR 2004, 47; Balloff RdJB 1991, 444 (445); MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 40. Beachte aber die vom BVerfG für verfassungswidrig erklärte gesetzliche Unzulässigkeit einer Adoption eines von einem Lebenspartner zuvor angenommenen Kindes durch den Stieflebenspartner, dazu in Kapitel 2, unter B. V. 1. a), sowie Kapitel 2, unter G. I. 44 Dazu ausführlich in Kapitel 2, unter D. I. 45 In Abgrenzung dazu wird als sog. sekundäre (mittelbare) Stieffamilie oder Wochenendfamilie die Familie bezeichnet, die der außenstehende leibliche Elternteil mit einem neuen Partner gründet und in der sich das Kind nur zeitweise aufhält. Die den Untersuchungsgegenstand bildende primäre Stieffamilie kann in Form einer sog. einfachen Stieffamilie, in der zu Mutter oder Vater mit Kind ein Stiefvater oder eine Stiefmutter dazustoßen, oder aber einer sog. zusammengesetzten Stieffamilie, in die sowohl leiblicher als auch Stiefelternteil Kinder mitbringen, ausgestaltet sein. Aus diesen beiden Formen primärer Stieffamilien kann sich darüber hinaus eine sog. komplexe Stieffamilie bilden, wenn gemeinsame leibliche Kinder der Stiefehegatten zu den Stiefkindern hinzutreten, was bei jeder zweiten ehelichen Stieffamilie der Fall ist, vgl. dazu Bien/Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 9 (11). 46 Vgl. EGMR Söderbäck/Schweden v. 28.10.1998 – 24484/94, ECHR 1998-VII, 33; Rogl/Deutschland v. 20.5.1996 – 28319/95, StAZ 2001, 39 ff.; X, Y and Z/UK v. 22.4.1997 – 75/1995/581667, EHRR 1997, 143.
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterstellt47 – wobei der Stiefelternteil nicht Inhaber des Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG ist.48 Im BGB jedoch ist die Stiefeltern-Kind-Beziehung bis dato aufgrund der erwähnten Unterordnung unter die familienrechtlichen Institute der Schwägerschaft und der Verwandtschaft nicht Inhalt eines umfassenden, in sich geschlossenen Regelungssystems.49 Auch das englische Recht enthält lediglich einzelne Regelungen, die Stiefeltern betreffen. Die – wenigen – auf diese Familienform Bezug nehmenden Normen im deutschen und englischen Recht, werden im Folgenden überblicksartig dargestellt. III. Status 1. Rechtslage in Deutschland Wie bereits erläutert, sind Stiefeltern mit dem Kind durch ein Schwägerschaftsverhältnis verbunden, § 1590 BGB, § 11 Abs. 2 LPartG. Mit der Verschwägerung gehen Zeugnisverweigerungsrechte nach § 52 Abs.1 Nr. 3 StPO und § 383 Abs.1 Nr. 3 ZPO, die vorrangige Bestellung zum Vormund nach § 1779 Abs. 2 BGB und das strafrechtliche Angehörigenprivileg einher, vgl. § 11 Nr. 1 StGB. Weitergehende Rechte begründet die Schwägerschaft hingegen nicht, insbesondere leiten sich keine kindschaftsrechtlichen Rechtswirkungen vom Status der Schwägerschaft ab. 2. Rechtslage in England In England erwirbt der Stiefelternteil dadurch, dass er den leiblichen Elternteil des Kindes ehelicht, keinen Status gegenüber dem Kind, der mit einem automatischen Rechtserwerb einhergeht.50 Aus dem im CA 1989 verankerten Konzept des sog. child of the family lassen sich zwar – wie noch aufgezeigt werden wird – Pflichten und Antragsrechte von Stiefeltern ableiten, einen unmittelbaren Rechtserwerb bewirkt dieses allerdings nicht.51 Unter child of the family ist nach Sec. 105 (1) des CA 1989 jedes Kind zu verstehen, das von beiden Ehepartnern als Kind der Familie be-
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Vgl. BVerfGE 18, 97 (105 f.). Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf/Hoffmann, GG, Art. 6 Rn. 40. Zur Einbeziehung des Stiefelternteils in den Kreis der Elterngrundrechtsträger ausführlich Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 87 ff. 49 Vgl. Mühlen, Die Rechtstellung der Stiefkinder, S. 14; Salgo FPR 2004, 76. 50 Re N (Minors) (Parental Rights) Fam 1974, 40; Herring, Family Law, S. 347; Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (427). 51 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 103 f. 48
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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handelt wurde, wobei hierfür Beziehungen von kurzer Dauer als ausreichend angesehen werden.52 IV. Beteiligung an der elterlichen Sorge bei Zusammenleben der Stiefpartner 1. Rechtslage in Deutschland Nach § 1626 BGB ist die elterliche Sorge für das minderjährige Kind, die die Teilbereiche der Personen- und der Vermögenssorge beinhaltet – wobei den Berechtigten diesbezüglich sowohl die tatsächliche Sorge als auch das gesetzliche Vertretungsrecht nach § 1629 BGB zusteht –, den Eltern zugewiesen. Somit ist die elterliche Sorge den Personen vorbehalten, die als Mutter und Vater des Kindes feststehen; sie leitet sich also grundsätzlich von der Abstammungsbeziehung des Kindes ab. Stiefelternschaft, die rechtlich als Schwägerschaftsverhältnis klassifiziert wird, kommt der rechtlichen Mutter- bzw. Vaterschaft i.S.d. § 1626 BGB nicht gleich, sodass Stiefeltern das Sorgerecht nicht zusteht.53 a) Rechtsgeschäftliche Übertragung Die elterliche Sorge ist aufgrund ihres verpflichtenden Charakters54 und ihrer Ausgestaltung als höchstpersönliches Recht grundsätzlich unverzichtbar55 und unübertragbar.56 Dennoch kann sich der Sorgeberechtigte in der Ausübung des Sorgerechts vertreten lassen oder die Sorge der Ausübung nach durch rechtsgeschäftliche Akte, wie Vollmachten oder Gestattungen, auf Dritte, wie etwa den Stiefelternteil, übertragen.57 Eine solche rechtsgeschäftliche Übertragung der Ausübung der elterlichen Sorge unter52 Die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen erfolgt aus der Perspektive eines objektiven Beobachters, vgl. D v D (Child of the Family) FLR 1981, 93 (97) und dürfte bei Stiefkindern regelmäßig erfüllt sein. Näher auch Re A (Child of the Family) FLR 1998, Bd. 1, 347; Teeling v Teeling FLR 1984, 808; Caron v Caron FLR 1984, 805; W v W (Child of the Family) FLR 1984, 796. 53 Vgl. BGH FamRZ 1984, 462 (463); vgl. aber die elterliche Sorge von Pflegeeltern gem. §§ 1630 Abs. 3, 1632 Abs. 4, 1688 als Ausnahme der Zuweisung derselben an soziale Eltern. 54 Sog. „Pflichtrecht“, vgl. BT-Drucks, 8/2788; BGH NJW 1976, 1540; MünchKommBGB/Huber, P. § 1626 Rn. 7; Staudinger/Peschel-Gutzeit (2007) § 1626 Rn. 19. 55 RGZ 60, 266 (268); MünchKommBGB/Huber, P. § 1626 Rn. 13; Staudinger/Peschel-Gutzeit (2007) § 1626 Rn. 25 m.w.N. 56 Bamberger/Roth/Veit § 1626 Rn. 4; MünchKommBGB/Huber, P. § 1626 Rn. 13; Staudinger/Peschel-Gutzeit (2007) § 1626 Rn. 24; Coester-Waltjen, in: Hofer/Klippel/ Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 761 (764). 57 OLG München HRR 1936, Nr. 263; Staudinger/Peschel-Gutzeit (2007) § 1626 Rn. 28 f.
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
liegt Beschränkungen,58 sie ist jederzeit widerruflich,59 zudem geht sie mit „Rechtsunkenntnis, Rechtsunbeholfenheit, Rechtsunsicherheit“60 einher. b) Das „kleine“ Sorgerecht nach § 1687b BGB Dem Stiefelternteil steht seit dem 1.8.200161 ein sog. kleines Sorgerecht zu, das ihn zur Mitbestimmung in Angelegenheiten des täglichen Lebens berechtigt, vgl. § 1687b BGB, § 9 Abs. 1 S. 1 LPartG. Mit dieser Norm verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, die in der Regel vom Stiefelternteil wahrgenommenen Aufgaben der Erziehung und Pflege des Kindes rechtlich anzuerkennen und abzusichern.62 aa) Entstehensvoraussetzungen Der Erwerb des kleinen Sorgerechts des Stiefelternteils63 ist davon abhängig, dass sein Ehe- bzw. Lebenspartner alleiniger Inhaber der Sorge für das Kind ist, vgl. § 1687b Abs. 1 S. 1 BGB. Übt der Ehe- bzw. Lebenspartner des Stiefelternteils das Sorgerecht gemeinsam mit dem anderen leiblichen Elternteil des Kindes aus, ist die Sorgerechtsbeteiligung des Stiefelternteils ausgeschlossen. Will der leibliche Elternteil, dass seinem neuen Ehepartner das kleine Sorgerecht zugesprochen wird, muss er in einer solchen Konstellation zunächst einen Antrag auf Zuweisung der Alleinsorge nach § 1671 Abs. 1 BGB stellen. bb) Rechtsfolge Das kleine Sorgerecht vermittelt dem Stiefelternteil das Mitentscheidungsrecht in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes, ferner ist er zur entsprechenden Vertretung des Kindes berechtigt, vgl. § 1687b Abs. 1 S. 2 BGB.64 Die Mitentscheidungsbefugnis zeigt dabei sowohl im Innen- als 58 Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (71). 59 Staudinger/Peschel-Gutzeit (2007) § 1626 Rn. 29; MünchKommBGB/Huber, P. § 1626 Rn. 14. 60 Coester-Waltjen, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 761 (767); vgl. auch BR-Drucks. 369/99 S. 11: „die Möglichkeit einer Bevollmächtigung durch den Inhaber der elterlichen Sorge trägt den tatsächlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen in Stiefelternfamilien nicht hinreichend Rechnung.“ 61 Datum des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16.2.2001. 62 BT-Drucks. 14/2096, S. 8; BT-Drucks. 14/3751, S. 39. 63 Zur Frage der dogmatischen Einordnung des kleinen Sorgerechts als Inhaberschaft der Befugnisse oder als Ausübungsübertragung ausführlich Mülders, Sorgerechtliche Befugnisse bei faktischer Elternschaft, S. 183 ff.; Coester-Waltjen, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 761 (764 ff.). 64 BT-Drucks. 14/3751, S. 39.
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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auch im Außenverhältnis Wirkung, der Stiefelternteil ist demnach nicht nur gegenüber dem Kind, sondern auch im Verhältnis zu Dritten zur Bestimmung über die Angelegenheiten des täglichen Lebens befugt.65 Diese Befugnis ist an das „Einvernehmen“ von leiblichem und Stiefelternteil66 geknüpft und kann gerichtlich gem. § 1687b Abs. 3 BGB beschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Des Weiteren steht dem Stiefelternteil nach § 1687b Abs. 2 BGB das Notvertretungsrecht des Kindes zu, nach dem er bei Gefahr im Verzug alle Rechtshandlungen vorzunehmen berechtigt ist, die zum Wohle des Kindes notwendig sind. Unter „Angelegenheiten des täglichen Lebens“ werden entsprechend § 1687 Abs. 1 S. 3 BGB67 solche verstanden, die „häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben“.68 Davon abzugrenzen und ausgeschlossen sind demnach die Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, unter die etwa die Wahl der Schulart,69 die Entscheidung über einen Schulwechsel,70 die religiöse und weltanschauliche Erziehung,71 Status- und Namensfragen,72 aufschiebbare Grundentscheidungen über medizinische Operationen und andere Gesundheitsvorsorgemaßnahmen73 fallen und bezüglich derer der leibliche Elternteil die Alleinentscheidungsbefugnis innehat. Berechtigt wird der Stiefelternteil demnach zu Entscheidungen, die ohne gravierenden oder nachhaltigen Einfluss auf die Kindesentwicklung bleiben, etwa zu weniger bedeutenden schulischen Alltagsentscheidungen,74 wie z.B. der Fächerwahl,75 medizinischen Alltagsfragen, Not- oder Eilfällen der medizinischen
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Staudinger/Salgo (2006) § 1687b Rn. 9. Zur Frage, ob das „Einvernehmen“ als Entstehensvoraussetzung des Sorgerechts oder im Sinne einer Konkretisierung der Ausübung zu verstehen ist ausführlich Mülders, Sorgerechtliche Befugnisse bei faktischer Elternschaft, S. 191 ff. 67 Vgl. BT-Drucks. 14/3751, S. 39; kritisch zur Anwendung der Begriffsbestimmung des § 1687 Abs. 1 S. 3 BGB Veit FPR 2004, 67 (72). 68 BT-Drucks. 14/3751, S. 39. 69 BVerfG FamRZ 2003, 511; BT-Drucks. 13/4899, S. 107; MünchKommBGB/Finger § 1687 Rn. 10; Staudinger/Salgo (2006) § 1687 Rn. 43 m.w.N. 70 OLG Dresden FamRZ 2003, 1489 f.; OLG München FamRZ 1999, 111 f.; MünchKommBGB/Finger § 1687 Rn. 10. 71 BT-Drucks. 13/4899, S. 107; Staudinger/Salgo (2006) § 1687 Rn. 37; Palandt/Götz § 1687 Rn. 4; MünchKommBGB/Finger § 1687 Rn. 10. 72 Staudinger/Salgo (2006) § 1687 Rn. 47. 73 Staudinger/Salgo (2006) § 1687 Rn. 45. 74 BT-Drucks. 14/3751, S. 39. 75 Schwab FamRZ 1998, 457 (469). 66
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
Versorgung,76 Angelegenheiten der Vermögenssorge geringer Bedeutung, wie die Gewährung von Taschengeld.77 cc) Verlust des Sorgerechts Das kleine Sorgerecht erlischt, wenn der Stiefelternteil und der leibliche Elternteil nicht nur vorübergehend getrennt leben, vgl. § 1687b Abs. 4 BGB, § 9 Abs. 4 LPartG. c) Stiefelternteil als Vormund Der Erwerb des Sorgerechts durch den Stiefelternteil während des Zusammenlebens mit der leiblichen Mutter des Kindes78 kann im Wege einer Bestellung zum Vormund nach § 1773 BGB dann erfolgen, wenn der leiblichen Mutter des Kindes, der gem. § 1626a BGB das Sorgerecht allein oder gemeinsam mit dem anderen leiblichen Elternteil zustand, dieses entzogen wurde oder ihr Sorgerecht ohne Aussicht auf Wegfall des Grundes hierfür ruht, und das Familiengericht der Auffassung ist, dass eine Übertragung des Sorgerechts auf den anderen leiblichen Elternteil des Kindes dem Kindeswohl widerspricht, vgl. § 1680 Abs. 3, 2 BGB und § 1678 Abs. 2 BGB. Die Auswahl des Stiefelternteils als Vormund kann nach § 1779 Abs. 2 S. 2 BGB über die enge persönliche Bindung des Stiefelternteils und den Status der Schwägerschaft begründet werden; sichergestellt werden muss allerdings, dass die leibliche Mutter, der das Sorgerecht entzogen wurde, keine negative Einflussmöglichkeit auf den Stiefelternteil besitzt.79 Gleiches gilt über § 1696 BGB auch für die Fälle, in denen einem Elternteil, dem die elterliche Sorge gem. § 1671 BGB allein zustand, diese entzogen wurde oder zum Ruhen gekommen ist.80 2. Rechtslage in England a) Das elterliche Sorgerecht Das englische Recht kennt einen umfassenden Begriff für die Rechtsstellung eines Elternteils, die der im deutschen Recht als „elterliche Sorge“ in § 1626 Abs. 1 BGB beschriebenen weitgehend entspricht,81 erst seit dem 76 BT-Drucks. 14/3751, S. 39; Schwab FamRZ 1998, 457 (469); detailliert hierzu Staudinger/Salgo (2006) § 1687 Rn. 45. 77 MünchKommBGB/Finger § 1687 Rn. 14; Schwab FamRZ 1998, 457 (469). 78 Zu den Erwerbsmöglichkeiten des Sorgerechts, wenn der leibliche Elternteil als Sorgeberechtigter ausfällt, siehe sogleich unter V. 79 Carré-Jersch, Das Stiefkindverhältnis im Sorge- und Unterhaltsrecht, S. 27. 80 Dazu ausführlich Mülders, Sorgerechtliche Befugnisse bei faktischer Elternschaft, S. 166. 81 Von Puttkamer, Stieffamilien und Sorgerecht, S. 81.
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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CA 1989.82 Der in Sec. 3 (1) CA 1989 definierte Begriff der parental responsibility vereinheitlichte und ersetzte die bis dato in den Gesetzen für die Beschreibung der elterlichen Rechtsstellung verwendeten Begriffe, wie etwa der custody oder der parental rights and duties, indem er sämtliche elterliche Pflichten und Rechte bezüglich der Vermögens- und Personensorge des Kindes bündelt: “In this Act ‘parental responsibility’ means all rights, duties, powers, responsibilities and authority which by law a parent of a child has in relation to the child and property.” Es besteht Einigkeit darüber, dass die parental responsibility zumindest die Erziehung, den Umgang und Schutz sowie die Gewährung von Unterhalt für das Kind, Disziplinierungsrechte, Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der schulischen Bildung und der Religionszugehörigkeit, die Einwilligung in ärztliche Behandlungen und zur Eheschließung sowie in die Adoption, die Verwaltung des Kindesvermögens, das Namensgebungsrecht, das Vertretungsrechts vor Gericht, das Recht zur Ernennung eines sog. guardians, das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Einwilligung zur Emigration beinhaltet.83 Der CA 1989 weist die parental responsibility dabei zunächst den Eltern eines Kindes oder dessen Vormund zu, vgl. Sec. 2 (1) und 5 (6). Wie im deutschen Recht, ist auch in England die elterliche Sorge nicht übertragbar, was in Sec. 2 (9) CA 1989 gesetzlich fixiert ist. Auch nach englischem Recht kann der leibliche Elternteil lediglich die Ausübung der elterlichen Sorge an andere Sorgeberechtigte oder Dritte delegieren. 84 Handelt es sich bei der Person, an die die tatsächliche Sorge delegiert wird, um einen Nichtsorgeberechtigten, so erlangt dieser das Recht – und die Pflicht – all jenes zu tun, was zum Schutze und zur Förderung des Kindeswohls angemessen ist, vgl. Sec. 3 (5) CA 1989. b) Parental responsibility des Stiefelternteils aa) Möglichkeiten zur Erlangung der parental responsibility Nicht erst seit dem ACA 2002 ist in England auch eine Beteiligung von Personen, die nicht Eltern des Kindes sind, am Sorgerecht möglich.85 Der ACA 2002 brachte jedoch wichtige Änderungen, die explizit die rechtliche Stellung von Stiefeltern betreffen: Nach Sec. 4A des abgeänderten CA 82 Siehe zur historischen Entwicklung ausführlich Breuer, Der englische Children Act 1989 und die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Familie, S. 68 ff.; von Puttkamer, Stieffamilien und Sorgerecht, S. 71 ff. 83 Vgl. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 377; Barton/Douglas, Law and parenthood, S. 114. 84 Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 2.12, S. 8. 85 Zu den früheren Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten des Stiefelternteils ausführlich in Kapitel 4, unter A. II.
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
1989 kann ein Elternteil, der mit dem das Sorgerecht innehabenden Elternteil verheiratet ist oder in einer civil partnership86 lebt, elterliche Sorge durch eine Vereinbarung (parental responsibility agreement) mit dem oder – wenn beide Inhaber der parental responsibility sind – den leiblichen Eltern oder durch eine gerichtliche Anordnung (parental responsibility order) erlangen.87 Ein Sorgerechtserwerb des Stiefelternteils im Wege eines agreement ist unproblematisch dann möglich, wenn der interne leibliche Elternteil des Kindes alleiniger Sorgerechtsinhaber ist, da in einem solchen Fall allein eine Vereinbarung zwischen ihm und dem Stiefelternteil erforderlich ist.88 Im Falle eines gemeinsamen Sorgerechts der leiblichen Eltern ist ein agreement von einer Übereinkunft zwischen Stiefelternteil und beiden Eltern abhängig.89 Eine gerichtlich angeordnete Sorgerechtsgewährung kann aufgrund eines entsprechenden Antrags des Stiefelternteils ergehen, vgl. Sec. 4A (1)(b) CA 1989. Spezielle Bestimmungen für die Gerichte, nach denen sie eine Anordnung vorzunehmen haben, existieren nicht. Die Gerichte orientieren sich bei ihren Entscheidungen am Kindeswohl,90 wobei in der Literatur die Heranziehung der allgemeinen welfare checklist91 in Sec. 1 (3) des CA 1989 für wünschenswert erachtet wird.92 Neben diesen Möglichkeiten, die parental responsibility zu erlangen, steht dem Stiefelternteil – wie jeder anderen dritten Person auch – die Möglichkeit offen, diese über die Beantragung einer residence order93 zu erwerben. Inhalt einer residence order ist die Bestimmung, bei welcher 86
Dazu näher in Kapitel 2, unter B. V. 1. b). Im Vorfeld des ACA 2002 war vermehrt eine verbesserte Anerkennung der Stiefelternstellung gefordert worden. Dabei wurde vorgeschlagen, sämtlichen Stiefeltern einen automatischen Erwerb der parental responsibility oder der Rechtsstellung, die der Ehegatte dem Kind gegenüber innehat, zuzubilligen, vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (237); dies., in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 131 (158). Andere favorisierten eine Rechtsänderung, die dem Eltern- und Stiefelternteil die Option eröffnen sollte, eine shared parental responsibility privat zu vereinbaren, vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 249; Douglas/Lowe LQR 1992, 414 (431). 88 McFarlane/Reardon, Child Care and Adoption Law, unter 2.15. 89 Es wird gestritten, ob eine Beteiligung des nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils überhaupt notwendig ist, da dessen Rechtsstellung durch den Sorgerechtserwerb des Stiefelternteils in keiner Weise tangiert werde, Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 569, und eine Drei-Parteien-Vereinbarung die Gefahr eines Konfliktes berge, was die Seltenheit entsprechender Vereinbarungen befürchten ließe, Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 423 f. 90 Masson Fam Law 2003, 580 (unter “Parental responsibility for step-parents”). 91 Dazu in Kapitel 2, unter B. II. 2. b) aa). 92 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 424. 93 Dazu ausführlicher in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) dd). 87
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Person das Kind seinen Aufenthalt hat, vgl. Sec. 8 (1) CA 1989; damit einhergehend wird dem Begünstigten einer residence order auch die Verantwortung und damit das Sorgerecht für das Kind für die Dauer der residence order übertragen, vgl. Sec. 12 (2) CA 1989. Hintergrund einer residence order ist demnach primär die Klärung der Frage, wo das Kind seinen Aufenthaltsort und Lebensmittelpunkt haben soll, die sorgerechtlichen Befugnisse werden lediglich reflexhaft, als Ergänzung eingeräumt.94 Ob eine residence order vorrangig als Instrument zur Erlangung der elterlichen Verantwortung genutzt werden kann, wurde daher von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Im Fall Re WB95 wurde einem nichtehelichen Partner der Kindesmutter, der erst im Gerichtsverfahren erfuhr, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes war, die Anordnung einer (shared) residence order versagt, obwohl sich das Gericht bewusst war, dass der Erlass einer solchen die einzige Möglichkeit für ihn darstellte, elterliche Verantwortung für das Kind zu erlangen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass eine Anordnung einer residence order allein zum Zwecke der Erlangung der elterlichen Verantwortung “quite artificial and quite unreflective of the reality” sei, da im konkreten Sachverhalt ein solcher Erlass nicht dem Kindeswohl entsprochen hätte.96 Anders fiel jedoch die Entscheidung Re G97 aus, wo der nichtehelichen Partnerin der leiblichen Mutter explizit mit der Intention der Übertragung elterlicher Verantwortung eine gemeinsame residence order zugebilligt wurde. Auch in der Entscheidung Re H98 wurde eine shared residence order namentlich zum Zwecke erlassen, dem Stiefelternteil elterliche Verantwortung zu übertragen, wobei betonte wurde, dass eine allgemeine Beurteilung, ob eine solche Praxis angemessen sei oder nicht, nicht möglich und es vielmehr eine Frage des Einzelfalles sei, ob eine residence order aus Gründen des Erwerbs elterlicher Verantwortung erlassen werden könne. Hier führte der Richter aus, der Erlass einer residence order sei geboten, um zu verhindern, dass beim Kind Verwirrung entstehe. Für das Kind sei es nicht nur wichtig, zu erfahren, dass der Stiefvater das Kind wie sein eigenes behandeln wolle, sondern auch, dass das Recht die de facto-Position des Stiefvaters offen anerkenne. Weiter hieß es in der – durch Re A99 bestätigten – Entscheidung:
94 Was Douglas, An Introduction to Family Law, S. 62, dazu bewegt, die Beantragung einer residence order durch Stiefeltern als künstlich einzustufen. 95 (Residence Orders) FLR 1995, Bd. 2, 1023 ff. 96 Re WB (Residence Orders) FLR 1995, Bd. 2, 1023 (1026 f.). 97 (Residence: Same-Sex Partners) FLR 2005, Bd. 2, 957. 98 (Shared Residence: Parental Responsibility) FLR 1995, Bd. 2, 883 (888 f.). 99 (A Child) (Joint Residence: Parental Responsibility) FLR 2008, Bd. 2, 1593.
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“This is a case, where a shared residence order is not artificial but of important practical therapeutic importance. This is a case where its making does reflect the reality of the father’s involvement and reflect the need for him to be given some status with the school to continue to play his part as both parties wish to do.”
Nachdem durch den ACA 2002 nunmehr Stiefeltern und durch den Civil Partnership Act 2004 auch Stiefpartnern explizit die Möglichkeit des Erwerbs der parental responsibility eröffnet wurde, ist allerdings von einem Rückgang des Bedürfnisses nach der als künstlich eingestuften Gewährung elterlicher Verantwortung im Wege einer residence order auszugehen.100 bb) Dauer und Verlust der parental responsibility Die Sorgerechtsgewährung durch eine parental responsibility-Anordnung oder -Vereinbarung ist nicht unanfechtbar. Sie kann auf Antrag eines Sorgeberechtigten durch einen gerichtlichen Beschluss oder – mit gerichtlicher Erlaubnis – durch das Kind selbst beseitigt werden, vgl. Sec. 4A (3)(a) und (b) des abgeänderten CA 1989. Diese Regelung trägt dem Umstand der hohen Scheidungsraten von Stiefehen Rechnung.101 Ferner soll mit ihr das Kind, das keine Möglichkeit hat, eine Vereinbarung seiner Eltern und des Stiefelternteils im Vorfeld zu verhindern, und auch nicht durch ein Erfordernis einer positiven Kindeswohlbescheidung geschützt ist, wenigstens rückwirkend eine Beseitigung vornehmen können. Des Weiteren entfalten parental responsibility order und agreement dann keine Wirkung mehr, wenn das Kind die Volljährigkeit erreicht hat, vgl. Sec. 91 (7) und (8) CA 1989. Die im Wege einer residence order erworbene elterliche Sorge eines Stiefelternteils kann durch eine gerichtliche Aufhebung beseitigt werden und wird regelmäßig dann außer Kraft gesetzt, wenn das Kind das 16. Lebensjahr erreicht hat, es sei denn, das Gericht hat eine verlängernde Anordnung getroffen, Sec. 9 (6) CA 1989. Der Stiefelternteil verliert das elterliche Sorgerecht, sobald die residence order zu seinen sowie den Gunsten des leiblichen Elternteils aufgehoben wird. Auch wenn eine residence order grundsätzlich aufhebbar ist, erweisen sich die Gerichte jedoch als äußerst zurückhaltend, am status quo zu Gunsten einer anderen Person etwas zu ändern, wenn das Kind sich beim Inhaber der residence order eingelebt hat.102
100
Spencer Law Society Gazette 2003, 39 (unter “CA amendments”). Dazu ausführlich in Kapitel 2, unter B. III. 2. c). 102 Review of Adoption Law, unter 6.2, S. 14. 101
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cc) Inhaltliche Beschränkung Für die direkt oder über eine residence order erlangte parental responsibility eines Dritten, also auch des Stiefelternteils, gelten gegenüber der elterlichen Verantwortung der leiblichen Eltern inhaltliche Einschränkungen: Dem das Sorgerecht innehabenden Stiefelternteil steht das Recht zur Einwilligung in die Adoption und die Freigabe des Kindes zur Adoption nicht zu, vgl. Sec. 12 (3)(a) und (b), zudem kann er keinen testamentarischen Vormund für das Kind bestellen.103 Des Weiteren kann er auf eine Namensänderung des Kindes unabhängig vom Willen weiterer Inhaber der parental responsibility oder der Beteiligung des Gerichts nicht hinwirken, vgl. Sec. 13 (1)(a) CA 1989.104 Weitere grundsätzliche inhaltliche Beschränkungen des Sorgerechts, die über jene der leiblichen Eltern hinausgehen,105 sieht weder das Gesetz vor, noch wurden solche von der Rechtsprechung aufgestellt. Als Besonderheit gegenüber dem deutschen Recht geht der Sorgerechtserwerb des Stiefelternteils in England nicht mit dem Ausschluss der Sorgeberechtigung des anderen leiblichen Elternteils einher: Sec. 2 (5) CA 1989 bestimmt, dass zeitgleich mehr als eine Person die parental responsibility für ein Kind innehaben kann. Sämtliche Inhaber der parental responsibility sind darüber hinaus nach Sec. 2 (7) CA 1989 zur unabhängigen Ausübung derselben ermächtigt. Jedoch haben diese nach Sec. 2 (8) CA 1989 all diejenigen Handlungen zu unterlassen, die den Inhaber einer residence order an der Ausübung seiner Rechtsposition hindern. V. Aufrechterhaltung und Verrechtlichung der faktischen Elternstellung bei Versterben oder tatsächlicher Verhinderung des leiblichen Elternteils sowie bei Trennung 1. Rechtslage in Deutschland a) Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB Seit dem 1.7.1998 ist das Familiengericht – auf Antrag oder von Amts wegen – für den Fall, dass der sorgeberechtigte Elternteil durch tatsächliche Verhinderung,106 Tod107 oder Todeserklärung108 ausfällt und der andere Elternteil die Aufnahme des Kindes in seinen Haushalt anstrebt, verpflich103
Dazu näher unter V. 2. b). Vgl. zum englischen Namensrecht ausführlich unter VI. 2. 105 Siehe zu Abstimmungsverpflichtungen unter den Sorgerechtsinhabern unter VII; zu gerichtlichen inhaltlichen Beschränkungen im Einzelfall durch eine specific issue order oder prohibited step order in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) cc) (1). 106 Vgl. § 1678 BGB. 107 Vgl. § 1680 BGB. 108 Vgl. § 1681 BGB. 104
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tet109 anzuordnen, dass das Kind beim Stiefelternteil verbleibt, wenn durch die Wegnahme des Kindes dessen Wohl gefährdet würde, vgl. § 1682 S. 1 BGB. Nach § 1682 S. 2 BGB gilt Entsprechendes für den Lebenspartner des Elternteils. Die Voraussetzung des Zusammenlebens des Stiefelternteils mit dem Kind in einer häuslichen Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum ist anhand der konkreten Lebenswirklichkeit des jeweiligen Kindes zu bestimmen,110 wobei es auf die psychosoziale Einbindung des Kindes in die häusliche Lebensgemeinschaft ankommt.111 Das Erfordernis, dass das Kindeswohl durch die Wegnahme durch den anderen leiblichen Elternteil gefährdet würde, wird dann nicht erfüllt sein, wenn das Kind zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil eine intakte Eltern-KindBeziehung unterhält. Wenn das Verhältnis des Kindes sowohl zu seinem leiblichen als auch zum Stiefelternteil ähnlich intensive Bindungen aufweist, kann jedoch eine Herausnahme des Kindes aus seinem Umfeld, in dem es seinen Lebensmittelpunkt hat, aus Kontinuitätsgründen eine Kindeswohlgefährdung darstellen.112 Die Einräumung eines Antragsrechts auf Verbleib des Kindes vermittelt dem Stiefelternteil eine stärkere Rechtsposition, da er durch den Antrag auch im formellen Sinne als Verfahrensbeteiligter zu qualifizieren ist.113 Zwar berechtigt ihn § 1687b BGB nicht zu einer dauernden Blockade des Herausgabeverlangens des anderen leiblichen Elternteils, dennoch kann der Stiefelternteil selbständig einen Verbleibensantrag stellen und damit sichern, dass das Kind bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht herausgegeben werden muss.114 Während § 1682 BGB teilweise so interpretiert wird, dass ihm nicht die Aufgabe zukomme, das Sorgerecht dauerhaft zu regeln, vielmehr dem Stiefkind lediglich durch den nur vorübergehenden Verbleib beim Stiefelternteil eine Vorbereitung und Einstellung auf den Wechsel in den Haushalt des externen leiblichen Elternteils ermöglicht werden soll,115 wird andererseits teilweise dafür plädiert, dass Stiefkinder, die fest im Haushalt des Stiefelternteils verwurzelt sind und den anderen leiblichen Elternteil gar nicht kennen, sodass nicht von einer „Rückkehr“ zu ebendiesem gesprochen werden kann, auf Basis von § 1682 BGB dauerhaft beim Stiefelternteil verbleiben.116
109
Vgl. Salgo FPR 2004, 76 (81). Salgo FPR 2004, 76 (79). 111 Salgo FPR 2004, 76 (80). 112 Salgo FPR 2004, 76 (81). 113 Salgo FPR 2004, 76 (81). 114 Salgo FPR 2004, 76 (81). 115 NK-BGB/Kleist § 1682 Rn. 7; Palandt/Götz § 1682 Rn. 3; Weinreich/Klein, Fachanwaltskommentar Familienrecht § 1682 BGB Rn. 8. 116 Salgo FPR 2004, 76 (82). 110
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Hat der Stiefelternteil Erfolg und verbleibt das Kind bei ihm, hat er nach § 1688 Abs. 4, 1 BGB die Möglichkeit, über alle wichtigen Fragen des täglichen Lebens zu entscheiden. Die Verbleibensanordnung geht allerdings nicht mit einer Sorgerechtsentziehung beim externen leiblichen Elternteil einher, sondern beschränkt dessen Sorgerecht lediglich.117 b) Vormundschaft und Pflegschaft In den Fällen, in denen der verstorbene, für tot erklärte oder tatsächlich verhinderte leibliche Elternteil nach § 1626a Abs. 3 oder § 1671 BGB alleiniger Inhaber des Sorgerechts war bzw. ist, kann der Stiefelternteil durch die Bestellung zum Vormund sorgerechtliche Befugnisse gegenüber dem Kind erwerben, vgl. §§ 1680 Abs. 2, 3, 1678 Abs. 2, 1681 BGB.118 Für die Fälle der Trennung von leiblichem und Stiefelternteil, in denen das Kind beim Stiefelternteil verbleibt, und für diejenige Konstellation, in der bei Versterben des internen leiblichen Elternteils der außenstehende Elternteil das Kind bei dessen Stiefelternteil belässt, kann letzterem auf Antrag des oder der leiblichen Elternteile oder mit Zustimmung dieser auf Antrag des Stiefelternteils die Familienpflege nach §§ 1630 Abs. 3, 1688 BGB übertragen werden.119 c) Recht auf Umgang des Stiefelternteils Für den Fall der Trennung von leiblichem und Stiefelternteil sowie im Falle der Übertragung des Sorgerechts auf den außenstehenden leiblichen Elternteil nach Versterben des internen leiblichen Elternteils steht dem Stiefelternteil nach § 1685 Abs. 2 BGB ein Umgangsrecht mit dem Stiefkind zu, wenn zwischen beiden eine Vertrauensbeziehung besteht, deren Aufrechterhaltung der Umgang dienen soll.120 2. Rechtslage in England a) Parental responsibility Auch wenn das Kind nach Scheitern der Stiefpartnerschaft in den meisten Fällen bei seinem internen leiblichen Elternteil verbleiben wird, ist es in England nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Stiefelternteil Sorge117
NK-BGB/Kleist § 1682 Rn. 6. Vgl. dazu die Ausführungen unter IV. 1. c). Ausführlich hierzu Mülders, Sorgerechtliche Befugnisse bei faktischer Elternschaft, S. 165. 119 Ausführlich zur Nutzung des Instituts der Pflegschaft in der Stieffamilie Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 104 ff. 120 BR-Drucks. 180/96, S. 78; zum Umgangsrecht einer eingetragenen Lebenspartnerin mit dem Kind nach der Trennung der Lebenspartnerinnen OLG Karlsruhe BeckRS 2011, 01049. 118
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berechtigter bleibt. Es gilt der Grundsatz, dass sich an den sorgerechtlichen Befugnissen nichts ändert, sofern keine anderweitige gerichtliche Anordnung erfolgt. Wie bereits dargestellt,121 kann auf Antrag des Kindes oder eines der Sorgeberechtigten ein gerichtlicher Beschluss ergehen, der die Beendigung des Inhaberschaft der elterlichen Sorge für den Stiefelternteil zum Inhalt hat. Das Gericht wird dann anhand des Kindeswohls entscheiden, ob der Stiefelternteil Inhaber der parental responsibility bleibt. Zudem steht dem Stiefelternteil die Möglichkeit offen, eine residence order zu beantragen, wenn die Stiefpartnerschaft auseinander bricht oder der interne leibliche Elternteil stirbt; seine Antragsberechtigung ergibt sich dann aus Sec. 10 (b)(a) CA 1989, da er das Kind in der Regel als child of the family122 behandelt hat. Auch bei einer solchen gerichtlichen Entscheidung ist das Kindeswohl entscheidend, vgl. Sec. 8 (1) i.V.m. Sec. 1 (a), (3), (4)(a) CA 1989. Wie häufig es zu einer entsprechenden gerichtlichen Erteilung in der Praxis kommt, ist mangels Vorliegens entsprechender Daten nicht ermittelbar.123 b) Guardianship Im Falle des Versterbens des mit dem Stiefelternteil zusammenlebenden leiblichen Elternteils steht für die Beteiligung des Stiefelternteils an der Sorge für das Kind das Institut des guardianship zur Verfügung. Dabei sind zwei Wege zur Erlangung der Stellung als Vormund vorgesehen: Der guardian appointed by the court wird gerichtlich bestellt, wenn das Kind über keinen Sorgeberechtigten mehr verfügt, wohingegen der testamentary guardian testamentarisch von einem Elternteil für den Fall seines Versterbens bestellt werden kann.124 Die Wirkung einer testamentarischen Bestellung eines Vormundes, die einer Elternstellung gleichkommt und daher auch das Recht zur Einwilligung in die Adoption beinhaltet,125 tritt seit dem CA 1989 allerdings erst dann ein, wenn nach Versterben des den Vormund bestellenden leiblichen Elternteils das Kind auch über seinen anderen sorgeberechtigten Elternteil nicht mehr verfügt.126 Eine Ausnahme 121
Unter IV. 2. b) bb). Zur Definition siehe unter III. 2. 123 Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (82). In Anbetracht der gerichtlichen Zurückhaltung in Bezug auf Umgangsanordnungen zugunsten des Stiefelternteils, wenn die Stiefehe zerbrochen ist – dazu sogleich unter c) –, dürften residenceAnordnungen aber Seltenheitscharakter besitzen. 124 Sec. 5 CA 1989. 125 Sec. 47 (s) ACA 2002, ehemals Sec. 16 (1)(b) Adoption Act 1976. 126 Sec. 5 (8) CA 1989. Vor dessen Inkrafttreten wurde die testamentarische Bestellung des Vormundes unmittelbar mit dem Versterben des leiblichen Elternteils wirksam, selbst dann, wenn der andere leibliche Elternteil dem Kind als Sorgeberechtigter zur Verfügung stand; der überlebende Elternteil und der Vormund übten in einem solchen 122
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hiervon gilt für jene Fälle, in denen dem versterbenden Elternteil zum Zeitpunkt seines Todes eine residence order zustand, Sec. 5 (7) und (8) CA 1989. In diesen Fällen tritt unmittelbar mit dem Versterben die Wirkung der Vormundschaft ein. Die Regelung hat damit insbesondere im Zusammenhang mit Ehescheidungen und Trennungen einen Anwendungsbereich, da das Scheidungsgericht im Falle einer fehlenden Einigung der gemeinsam das Sorgerecht ausübenden Eltern des Kindes, in wessen Haushalt das Kind leben soll, eine residence order nach Sec. 8 CA 1989 aussprechen kann. In einem solchen Fall kann der Stiefelternteil im Falle des Versterbens des eine residence order innehabenden leiblichen Elternteils gemeinsam mit dem überlebenden Elternteil als Vormund die elterliche Sorge für das Kind ausüben. Zwar kann der überlebende Elternteil versuchen, gegen die testamentarisch bestellte Vormundschaft gerichtlich vorzugehen, jedoch wird einem solchen Antrag selten stattgegeben, wenn der Stiefelternteil die tatsächliche Personensorge zusammen mit dem leiblichen Elternteil über einen längeren Zeitraum ausgeübt hat, da das Gericht seine Entscheidung dem Kindeswohlprinzip zu unterstellen hat.127 c) Contact order Auch wenn es in England eine grundsätzliche Vermutung hinsichtlich des Erhaltes der Beziehung des Stiefelternteils zum Kind bei Zerbrechen der Stiefpartnerschaft nicht gibt, kann der Stiefelternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt bleiben, indem er einen Antrag auf eine contact order stellt.128 Nach Sec. 105, 8 (1) CA 1989 ist Inhalt einer contact order, dass der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil verpflichtet wird, dem Kind Kontakt mit derjenigen Person zu gewähren, zu deren Gunsten die Anordnung erlassen wurde. Auch wenn diese Regelung nicht unmittelbar eine Begünstigung des Antragstellers herbeiführt, da sie diesem nicht direkt ein Recht auf Umgang mit dem Kind gewährt, sondern den mit dem Kind zusammenlebenden Elternteil adressiert, kommt der Erlass einer contact order einer Umgangsbefugnis des Stiefelternteils dennoch faktisch gleich.129 Hat der Stiefelternteil das Kind als ein child of the family behandelt, steht ihm ein Antragsrecht zu, ohne dass er hierfür einer gerichtlichen Genehmigung bedarf, vgl. Sec. 10 (5)(a) CA 1989. Voraussetzung für eine solche Umgangsanordnung zugunsten des Stiefelternteils ist, dass der Umgang dem Kindeswohl dient, vgl. Sec. 8 (1) i.V.m. Sec. 1 (1)(a), (3), (4)(a) CA Fall die Vormundschaft für das Kind gemeinsam aus, vgl. Sec. 4 (3) Guardianship of Minors Act 1971. 127 Maidment AALR 1976, 259 (265). 128 Vgl. Re H (A Minor) (Contact) FLR 1994, Bd. 2, 776. 129 Zur Konzeption des Umgangsrechts in England ausführlich Carell, Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters im Elternkonflikt, S. 239 ff.
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1989. Dazu muss der Stiefelternteil das Gericht davon überzeugen, dass eine enge Beziehung zum Kind existiert und das Kind vom Erhalt dieser durch die Gewährung des Umgangs begünstigt wird.130 Die Rechtsprechung scheint einen solchen Umgang allerdings eher im Ausnahme- als im Regelfall zu gewähren.131 VI. Namensrecht 1. Rechtslage in Deutschland Seit dem KindRG 1998 sieht § 1618 BGB die Möglichkeit der Einbenennung von ehelichen Stiefkindern durch Übertragung des neuen Ehenamens auf das Kind vor, seit 2002 auch bei gemeinsamer Sorge der leiblichen Eltern unter der Voraussetzung der Aufnahme des Kindes in den gemeinsamen Haushalt von leiblichem und Stiefelternteil. Auch Lebenspartner können seit dem 1.1.2005 das Kind eines der Lebenspartner auf den Lebenspartnerschaftsnamen einbenennen, vgl. § 9 Abs. 5 LPartG. Regelmäßig wird eine Aufnahme des Kindes in den gemeinsamen Haushalt der Stiefehe- bzw. Stieflebenspartner stattgefunden haben. Voraussetzung für eine entsprechende Einbenennung ist jedoch auch, dass – neben dem Kind, das das fünfte Lebensjahr vollendet hat132 – der außenstehende leibliche Elternteil, wenn dieser Sorgerechtsinhaber ist oder das Kind seinen Namen trägt, in die Einbenennung einwilligt, vgl. § 1618 S. 3 BGB. Nach § 1618 S. 4 BGB kann die nicht erteilte Einwilligung des anderen Elternteils gerichtlich ersetzt werden, wenn die Namenserteilung „zum Wohle des Kindes erforderlich ist“. Hatte das BVerwG früher für eine Ersetzung die bloße Förderlichkeit oder Nützlichkeit der Namensänderung ausreichen lassen133 und schrieb noch der Regierungsentwurf zum KindRG als Voraussetzung lediglich eine „Dienlichkeit“ vor134, hat sich der Gesetzgeber 1998 schließlich dafür eingesetzt, die Schwelle der Ersetzung durch das Kriterium der „Erforderlichkeit“ erheblich anzuheben.135 Nach dem BGH ist die „Erforderlichkeit“ einer Einwilligungsersetzung nunmehr erst dann anzunehmen, wenn „konkrete Umstände vorliegen, die 130
Herring, Family Law, S. 526. Re H (A Minor) (Contact) FLR 1994, Bd. 2, 776 (783): “It is a most unusual case. […] I cannot believe that such a decision would be made very often.”; HarrisShort/Miles, Family Law, S. 784. 132 Kann das Kind die Einwilligung nicht selbst abgegeben, wird es von seinem oder seinen sorgeberechtigten Eltern vertreten. Zur Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers siehe die parallele Problematik bei der Einwilligung in die Adoption in Kapitel 2, unter F. I. 2. 133 BVerwG FamRZ 1996, 937 (940); 1994, 439. 134 BT-Drucks. 13/4899, S. 92. 135 BT-Drucks. 13/8511, S. 74. 131
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das Kindeswohl gefährden, und wenn die Einbenennung daher unerlässlich ist, um Schäden von dem Kind abzuwenden“.136 Sie ist dann gerechtfertigt, wenn – entsprechend der Formulierung zur Auslegung des „unverhältnismäßigen Nachteils“ im Rahmen der Ersetzung der Einwilligung in die Adoption nach § 1748 Abs. 4 BGB137 – „ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde“.138 Hier wird nunmehr eine intensive Abwägung der Belange der Beteiligten im Einzelfall gefordert, bei der zu prüfen ist, ob „die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist“.139 Dabei ist den ambivalenten Kindesinteressen, bei denen sich dessen Bedürfnisse nach einer vollumfänglichen Integration in die Stieffamilie auf der einen Seite und das Interesse an Namenskontinuität sowie Aufrechterhaltung der Beziehung zum anderen leiblichen Elternteil andererseits gegenüberstehen, in der Abwägung mit den grundsätzlich gleichwertigen Elterninteressen Beachtung zu schenken.140 Hinsichtlich der Beziehung des Kindes zum außenstehenden Elternteil betont der BGH die Bedeutung des Namens als äußeres Zeichen der Aufrechterhaltung dieser Beziehung, insbesondere in den Fällen, in denen der Kontakt vom Kind zum Elternteil beschränkt ist und davon ausgegangen werden kann, dass die Einbenennung als ein Signal der Ablösung von Kind und Elternteil verstanden werden könne.141 Das OLG Dresden hatte zudem ausgeführt, dass eine unterschiedliche Namensführung innerhalb einer Familie heutzutage keine mit nachteiligen Konsequenzen für den Kindesalltag einhergehende Lebenssituation mehr darstelle.142 Der BGH ergänzte, dass beim Aspekt der Namenskontinuität aufgrund von deren weitreichender Bedeutung „über das Kindesalter hinaus“ nicht allein auf die gegenwärtige familiäre Situation abgestellt werden dürfe.143 Resultiert die Stieffamiliengründung daraus, dass das Kind durch das Versterben des anderen leiblichen Elternteils, dessen Namen das Kind trägt oder der das Sorgerecht für das Kind innehatte, halbverwaist ist, so ist eine 136
BGH NJW 2005, 1779 (1780). Dazu ausführlich in Kapitel 3, unter C. II. 2. c). Auf diese Parallele weist auch Heitmann jurisPR-FamR 10/2006 Anm. 3, unter C, hin. 138 BGH FamRZ 2002, 94 (95). 139 BGH FamRZ 2002, 94 (95). 140 BGH NJW 2005, 1779 (1780); FamRZ 2002, 94 (95). 141 BGH NJW 2005, 1779 (1780); FamRZ 2002, 94 (95). 142 Zitiert nach BGH NJW 2005, 1779 (1780). Vgl. auch OLG Oldenburg NJW-RR 2000, 1169. 143 BGH NJW 2005, 1779 (1780). Vgl. auch Heitmann jurisPR-FamR 10/2006 Anm. 3, unter D.: „Das Kind hat nun einmal eine Ursprungsfamilie, auf die es, wenn sich altersgemäß seine Sichtweise ändern oder wenn die Stieffamilie zerbrechen sollte oder wenn Todesfälle bei seinen Eltern eintreten, zurückgreifen kann.“ 137
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gerichtliche Ersetzung nicht erforderlich, da mit dem Tod des Elternteils das Zustimmungserfordernis gegenstandslos geworden ist.144 In den Fällen, in denen das Kind noch über seinen anderen leiblichen Elternteil verfügt, dessen Aufenthalt allerdings unbekannt ist, entfällt das Zustimmungserfordernis dieses Elternteils dagegen nicht, es kommt demnach auf die Ersetzung der Einwilligung an,145 die wohl regelmäßig mangels Beziehung des Kindes zu diesem Elternteil und damit mangels Bedeutung der Namenskontinuität erfolgen wird.146 Anders sieht es aus, wenn der externe Elternteil bekannt ist, eine Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hat und daher Bindungen zwischen beiden nach wie vor existent sind: Verweigert der Elternteil seine Einwilligung in die Einbenennung, ist eine Ersetzung der Einwilligung und damit der Erfolg der Einbenennung aufgrund der angehobenen gerichtlichen Ersetzungsschwelle erschwert und wird lediglich in seltenen Fällen eintreten, in denen die Kindesinteressen die Elterninteressen überwiegen. In der dem BGH zugrunde liegenden Entscheidung verfügte das Kind nach wie vor über emotionale Bindungen zu seinem externen leiblichen Elternteil, sodass eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung, die nach Annahme der Gerichte alleine von der Motivation getrieben wurde, „das Namensband zwischen R [dem Kind] und seinem Vater zu zerschneiden“147, als ungerechtfertigt unterblieb. 2. Rechtslage in England In England ist die Namensgestaltung im Allgemeinen weniger rechtlich verankert als häufig vielmehr eine Frage sozialer Praxis.148 So besteht in England die Möglichkeit, eine Namensänderung informell faktisch durchzuführen, indem eine Person unter einem Nachnamen, der vom rechtlichen abweicht, nicht nur im Bekanntenkreis sondern auch gegenüber Behörden auftritt.149 Rechtsgültigkeit lässt sich dieser informellen Namensänderung durch eine statutory declaration oder durch eine enrolment of a deed poll
144
Nunmehr nahezu herrschende Meinung, vgl. BayObLG StAZ 2004, 335 (336); Staudinger/Coester (2007) § 1618 Rn. 24; Bamberger/Roth/Enders § 1618 BGB Rn. 5.2 m.w.N. 145 OLG Hamm FamRZ 2000, 695; AG Blomberg FamRZ 2002, 1736; Staudinger/Coester (2007) § 1618 Rn. 24; Bamberger/Roth/Enders § 1618 Rn. 5. 146 So auch Staudinger/Coester (2007) § 1618 Rn. 24. 147 BGH NJW 2005, 1779 (1780). 148 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (422). 149 Vgl. Bond CFLQ 1998, 17 (unter “Changing the child’s surname – the practicalities”); ebenso bereits Lord Lindley in Cowley (Earl) v Cowley (Countess) AC 1901, 450 (460): “The law of this country allows any person to assume and use any name, provided its use is not calculated to deceive and inflict pecuniary loss.”
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vermitteln.150 So besteht auch für Ehepaare Namenswahlfreiheit: Sie können jederzeit einen gemeinsamen Ehenamen wählen, sind dazu aber nicht verpflichtet.151 Dies gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Namensänderung eines Kindes. Ist es allerdings aufgrund einer Ehe der beiden leiblichen Elternteile oder des Zusammenlebens dieser zu einer Registrierung des Familiennamens des Kindes gekommen, kann der Name nicht mehr ohne die Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils geändert werden:152 Wenn eine residence order erlassen worden ist, kann nach Sec. 13 (1)(a) CA 1989 eine Namensänderung lediglich mit der Zustimmung sämtlicher Sorgerechtsinhaber oder aufgrund gerichtlicher Genehmigung erfolgen. Gleiches gilt nach dem common law nunmehr auch dann, wenn keine residence order zugunsten einer die parental responsibility innehabenden Person erlassen wurde.153 Auch bei einer rein faktischen Nachnamensänderung eines Kindes wird verlangt, dass Arzt, Schule, Gesundheits- und Erziehungseinrichtungen vor Akzeptanz der Namensänderung sicherstellen, dass sämtliche Inhaber der parental responsibility dieser Änderung zugestimmt haben oder eine entsprechende gerichtliche Genehmigung vorliegt.154 Ebenso bedarf die enrolment of a deed poll bezüglich eines Kindes der schriftlichen Zustimmung sämtlicher Sorgerechtsinhaber.155 Wenn lediglich ein Elternteil Inhaber der elterlichen Sorge ist, bestehen im aktuellen englischen case law Unklarheiten hinsichtlich der Berechtigung zur Namensänderung: Während teilweise entschieden wurde, einem die elterliche Sorge allein ausübenden Elternteil stehe das Namensgebungsrecht alleine zu,156 dem nichtsorgeberechtigten Elternteil stehe hingegen mangels Einwilligungsrechts lediglich die Möglichkeit offen, die Angelegenheit vor das Gericht zu bringen,157 wurde von anderen Gerichten eine Genehmigung
150 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (422). 151 Odersky, in: Süß/Ring (Hrsg.), Eherecht in Europa, S. 593 (602). 152 Vgl. bereits Re T Ch. 1963, 238 (241). Zur historischen Entwicklung Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (422 ff.). 153 Dawson v Wearmouth FLR 1997, Bd. 2, 629 (635), bestätigt durch das House of Lords FLR 1999, Bd. 1, 1167; Re W, Re A, Re B (Change of name) FLR 1999, Bd. 2, 930; Re PC (Change of Surname) FLR 1997, Bd. 2, 730. 154 Vgl. Re PC (Change of Surname) FLR 1997, Bd. 2, 730 (739). 155 Vgl. Practice Direction: Child: Change of Surname (20 December 1994) FLR 1995, Bd. 1, 458 unter 2. Re PC (Change of Surname) FLR 1997, Bd. 2, 730 (738); Sec. 8 (5) Enrolment of Deeds (Change of Name) Regulations 1994, S.I. 1994/604. 156 Vgl. Re PC (Change of Surname) FLR 1997, Bd. 2, 730 (739). 157 Re R (A child) FCR 2002, Bd. 1, 170 (174).
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
bei sämtlichen umstrittenen Namensänderungsregistrierungen verlangt, unabhängig von der Inhaberschaft der elterlichen Sorge.158 Ungeachtet der sorgerechtlichen Befugnisse ist für die Stiefehe- bzw. Stieflebenspartner eine formale Änderung des Namens des Kindes demnach lediglich dann möglich, wenn der andere leibliche Elternteil dieser zustimmt oder das Gericht eine entsprechende Genehmigung erteilt. Bei einer gerichtlichen Entscheidung über die Namensänderung des Kindes ist nach Sec. 1 CA 1989 das Kindeswohl entscheidend,159 wobei die Person, die eine Namensänderung herbeiführen will, gute Gründe vorbringen muss, weswegen eine solche Änderung des registrierten Namens dem Kindeswohl förderlich ist.160 Bezüglich dieser Frage sind in der englischen Gerichtspraxis divergierende Strömungen festzustellen: Zum einen ist in der Rechtspraxis traditionell eine Tendenz erkennbar, das Bestreben einer Mutter, den Namen ihres Kindes an denjenigen ihres neuen Ehemannes anzupassen, unter Hinweis auf die Bedeutung des Nachnamenserhaltes für die Beziehung des Kindes zu seinem leiblichen Vater rigoros zurückzuweisen.161 Demgegenüber wurde in den Fällen R v R162 und D v B163 dem 158 Dawson v Wearmouth FLR 1999, Bd. 1, 1167 (1173); ähnlich Re W, Re A, Re B (Change of name) FLR 1999, Bd. 2, 930 (933), wo eine Konsultation oder eine gerichtliche Anordnung in solchen Fällen für nötig erachtet wurde. 159 Vgl. Dawson v Wearmouth FLR 1999, Bd. 1, 1167; Re R (A child) FCR 2002, Bd. 1, 170 (174). 160 Re R (A child) FCR 2002, Bd. 1, 170 (174); Re C (Change of Surname) FLR 1998, Bd. 2, 656. 161 So zum Beispiel in Re T (Otherwise H) (An Infant) Ch 1963, Bd. 1, 238, wo die Mutter mittels einer deed poll dem Kind ihren neuen Stiefehenamen vermitteln wollte, der Richter aber anordnete, die Mutter habe sämtliche Schritte zu veranlassen, dass das Kind wieder unter seinem Geburtsnamen, d.h. dem Namen des von der Mutter geschiedenen Vaters, auftrete. Diese Ansicht wurde auch vom Court of Appeal in Re WG 31/1975 Fam Law 1976, 210 gestützt. Vgl. ebenso L v F The Times July 31, 1978, wo die richterlichen Ausführungen wie folgt zusammengefasst wurden: “A marriage could be dissolved but not parenthood. The parents in most cases continued to play an important role in their children’s emotional lives and development. From the point of view of the child’s best interests it was essential that the parents’ feelings should be taken very carefully, and anxiously into consideration. […] Today divorce was commonplace. The fact that the children’s surname was different from that of the mother and half-sister would not cause embarrassment. The children would have a better sense of security if there was cooperation between the parents and the stepfather.” 162 WLR 1977, Bd. 1, 1256 (1259). 163 (Otherwise D) All ER 1979, Bd. 1, 92 (99 f.): “I am sure that everyone understands that the question of the surname of a child is a matter of great emotional significance, particularly to fathers. If a name is lost, in a sense the child is lost. […] A child at that age [of two] is quite unaware of its surname, even though it will acquire later on, fairly quickly perhaps, some idea of what his or her name is. But what matters is whether the child identifies with the father in human terms […]. What is real is that the father and the child should know one another, that the child should in course of time, come to re-
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Nachnamen nur eine geringe Bedeutung beigemessen: Die tatsächliche Qualität der Vater-Kind-Beziehung sei wesentlich bedeutender als die formale Frage des Nachnamens des Kindes und beurteile sich unabhängig von diesem. Eine erneute Affirmation des konservativen, die Namensbedeutung hervorhebenden Ansatzes erfolgte jedoch durch den Court of Appeal164 in W v A165: Hier wurde bestimmt, den Faktoren der Bedeutung des Erhaltes der Beziehung des Kindes zur väterlichen Familie und der Stabilität der Stiefehe komme Entscheidungsrelevanz zu; lediglich in wenigen Ausnahmefällen seien Gründe für eine Namensänderung gegeben. Dementsprechend wurde in der Entscheidung Churchill v Driver166 einer Berufung gegen die Anerkennung einer Namensänderung in erster Instanz stattgegeben, da der leibliche Vater des Kindes regelmäßigen Kontakt zu diesem unterhielt und nach wie vor großes Interesse daran hatte, weiterhin eine Rolle im Leben des Kindes zu spielen. Aber auch im Fall Re B167, in dem die Kinder den Vater feindselig ablehnten und daher der Umgang des Vaters mit diesen bereits seit fünf Jahren vor Beantragung der Namensänderung nicht mehr stattfand, wurde die Namensänderung gerichtlich versagt, da durch sie eine eventuelle Reaktivierung der Vater-Kind-Beziehung in der Zukunft erschwert würde.168 Ebenso wie in Deutschland wird hier u.a. auch mit dem gesellschaftlichen Wandel argumentiert: Allein der Namensunterschied zu den anderen Mitgliedern der Stieffamilie stelle keine Kindeswohlbeeinträchtigung dar und vermöge daher eine Namensänderung des Kindes nicht zu rechtfertigen.169 So wurde in der Rechtsprechung befunden: “[…] there is, in my view, no opprobrium [= Schande] nowadays cognise the fact that D is his natural father, and so long as that is understood names are really of little importance and they only become important when they become a casus belli between the parents.” Vgl. auch Re C (A Child) FCR 2002, Bd. 1, 170 (175): “It is also a matter of great sadness to me that it is so often assumed, and even sometimes argued, that fathers need that outward and visible link in order to retain their relationship with, and commitment to, their child. That should not be the case. It is a poor sort of parent whose interest in and commitment to his child depends upon that child bearing his name.” 164 Beim Court of Appeal kann Berufung gegen Entscheidungen der County Courts und des High Court eingelegt werden. Der Court of Appeal stellt eine Abteilung des Supreme Court of Judicature dar; näher zu dessen Besetzung Henrich/Huber, P., Einführung in das englische Privatrecht S. 21. 165 (Child: Surname) All ER 1981, Bd. 1, 100. 166 16. Juli 1987 (unveröffentlicht), CA (Lexis Transcript), zitiert nach Bond CFLQ 1999, 17 (unter “The restrictive approach”). 167 (Change of Surname) FLR 1996, Bd. 1, 791. 168 Vgl. aber Re W, Re A, Re B (Change of name) FLR 1999, Bd. 2, 930 (940), wo eine Namensänderung aufgrund der Unwahrscheinlichkeit des Erhalts eines substantiellen Kontaktes genehmigt wurde. 169 Herring, Family Law, S. 531.
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upon a child who carries a surname different from that of the adults in his home.”170 Insbesondere wenn die Mutter mit der Namensänderung bezwecke, ihre Vergangenheit einer gescheiterten Ehe zu verschleiern, sei der Antrag zurückzuweisen.171 Als weiteres Argument für diese restriktive Rechtsprechung wurde angeführt, dass die auf eine Namensanpassung gerichteten Wünsche des Kindes lediglich als Reflektion der mütterlichen Interessen zu verstehen seien und daher mangels Autonomie und Reife des Kindes nicht berücksichtigt werden könnten.172 Ungeachtet dieser Rechtsprechungspraxis, von der – wie dargestellt – lediglich selten abgewichen wurde, zeichnen sich in der Gerichtspraxis allerdings Tendenzen ab, äußerst selten eine Rückbenennung des Kindes auf seinen registrierten Namen dann zu verlangen, wenn dessen Name bereits informell geändert wurde und das Kind unter diesem neuen Namen über einen längeren Zeitraum faktisch bekannt war.173 In entsprechenden Entscheidungen konnten jedoch die Antragsteller das Gericht davon überzeugen, dass Hintergrund der Namensänderung nicht der Wunsch war, den leiblichen Elternteil aus dem Leben der Kinder zu verdrängen, vielmehr war in Crick v Crick174 der Vater durch Umgang und zunächst noch aufrechterhaltenes Sorgerecht in das Leben der Kinder integriert. Namensänderungen bei Stiefkindern werden nach dem in der Gerichtspraxis nunmehr dominanten restriktiven Ansatz175 daher – wie in Deutschland – lediglich in extremen Ausnahmefällen insbesondere dann gerichtlich genehmigt, wenn jegliche Beziehung des Kindes zum leiblichen Vater abgebrochen ist und eine Reaktivierung einer solchen samt Umgang völlig ausgeschlossen scheint.176 170 Judge Wilson, in Re B (Change of Surname) FLR 1996, Bd. 1, 791 (795); vgl. auch Re T (Change of Name) FLR 1998, Bd. 2, 620. 171 Re D (Minors) (Adoption by Parent) All ER 1973, Bd. 3, 1001 (1007). 172 Vgl. W v A (Child: Surname) All ER 1981, Bd. 1, 100 sowie Churchill v Driver, 16. Juli 1987 (unveröffentlicht), CA (Lexis Transcript), zitiert nach Bond CFLQ 1999, 17 (unter “The restrictive approach”). 173 Vgl. bereits Y v Y (Child) (Surname) Fam 1973, 147 (148); Crick v Crick Fam Law 1977, 239 (240); Re G (A Minor), 30. April 1996 (unveröffentlicht), zitiert nach Bond CFLQ 1999, 17 (unter “The status quo approach”); Re C (Change of Surname) FLR 1998, Bd. 2, 656. 174 Crick v Crick Fam Law 1977, 239 (240). Vgl. aber Re G (A Minor) 30. April 1996 (unveröffentlicht), zitiert nach Bond CFLQ 1999, 17 (unter “The status quo approach”), wo die Ablehnung des Vaters durch die Mutter Anordnungen zur Folge hatte, die dem Vater den Umgang mit dem Kind und die Kontaktierung der Schule versagten und dem Namensänderungsantrag aus Gründen der Verletzlichkeit der Mutter sowie des Kindeswohls stattgaben. 175 Vgl. auch Practice Directions: Child: Change of Surname (20 December 1994) FLR 1995, Bd. 1, 458. 176 So auch Bond CFLQ 1999, 17 (unter “Commentary”).
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VII. Vergleichende Stellungnahme zu den rechtlichen Befugnissen von Stiefeltern im deutschen und englischen Recht Vergleicht man die beiden Rechtsordnungen hinsichtlich der Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse des Stiefelternteils, gelangt man zu dem Ergebnis, dass den stiefelterlichen Interessen in England und Deutschland unterschiedlich weit entsprochen wird. Während beide Rechtsordnungen den Stiefelternteil hinsichtlich der Aufrechterhaltung und Verrechtlichung seiner faktischen Elternstellung nach dem Versterben oder sonstigen Ausfall des internen leiblichen Elternteils teilweise zumindest dann absichern, wenn das Kind fest in der häuslichen Gemeinschaft mit dem Stiefelternteil verwurzelt ist, sind Stiefeltern in beiden Rechtsordnungen bei der Einbenennung des Stiefkindes von der Einwilligung des anderen Elternteils oder deren gerichtlicher Ersetzung abhängig, bei der die Gerichte in beiden Ländern äußerste Zurückhaltung walten lassen. Ebenso wie bei der gerichtlichen Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung des Kindes in Deutschland ist bei der richterlichen Entscheidung hinsichtlich der Namensänderung in England von Relevanz, wie intensiv die Beziehung des Kindes zu seinem außerhalb der Stiefehe lebenden Elternteil ausgestaltet ist. Bei näherer Betrachtung der Argumentationen entsteht allerdings der Eindruck, dass diese sich in sämtlichen Fällen am gleichen Ergebnis orientieren: Während eine noch existente, intakte Beziehung des Kindes zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil als Grund gegen eine Genehmigung der Namensänderung angeführt wird, wird gerade aber auch mit der fehlenden Beziehung gegen eine Namensänderung argumentiert, da dem Namen in einem solchen Fall stärkster Verbindungswert zukomme.177 Die restriktive Haltung der Gerichte bei der Namensänderung in beiden Rechtsordnungen kann auf die Betonung des Erhaltes des Kontaktes des Kindes zu beiden Eltern auch über eine Trennung oder Scheidung hinaus zurückgeführt werden, an der sich das Umgangs- und Sorgerecht in beiden Rechtsordnungen ebenso wie die Kritik an der Praxis der Stiefkindadoption178 orientiert. Diese Parallele hat zur Folge, dass eine restriktivere Handhabe der Gerichte bei der Einbenennung des Kindes das Bedürfnis nach Beantragung einer Stiefkindadoption erhöht,179 da beide rechtlichen Schritte häufig auf der gleichen Motivation fußen, der Stieffamilie den Anschein einer „Normalfamilie“ zu vermitteln.180 Entsprechend erscheint es bedenklich, dass einer Namensangleichung als einem „Weniger“ gegenüber einer Stiefkindadoption bzw. als einer Alternative zu dieser 177
So Herring, Family Law, S. 531. Dazu ausführlich in Kapitel 2, unter A. und B. III. 2. 179 So auch Hopkins, Parental Authority, Powers and Responsibility, S. 14. 180 Ausführlich zu den Motiven des Stiefeltern- und internen leiblichen Elternteils bei der Beantragung einer Adoption in Kapitel 2, unter B. III. 2. a). 178
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teilweise rigoros entgegengetreten wird.181 Gleichwohl steht die restriktive Haltung der Gerichte in beiden Rechtsordnungen im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR, der die wesentliche Bedeutung des Namens einer Person als Bestandteil der persönlichen Identität und als Bindeglied zur Familie hervorgehoben hat.182 Die Änderung des Kindesnamens könne als eine Schwächung der Familienbeziehung zwischen Vater und Kind und somit als ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK in Bezug auf den Vater zu werten sein, da nach der Trennung dem Namen der Wert eines sichtbaren Zeichens der Kontinuität der familiären Beziehung von Vater und Kind zukomme.183 Hinsichtlich des Sorgerechts, das für den Stiefelternteil von großer Bedeutung ist, weisen die beiden Rechtsordnungen jedoch unterschiedliche Wertungen auf: In Deutschland ist eine sorgerechtliche Beteiligung des Stiefelternteils nur beschränkt möglich. Während die Voraussetzung des Vorliegens einer häuslichen Gemeinschaft von Stiefelternteil und Kind regelmäßig erfüllt sein wird, stellt das Erfordernis der alleinigen Sorgerechtsinhaberschaft des internen leiblichen Elternteils angesichts des im Regelfall – bei neun von zehn Scheidungsfamilien184 – bestehenden gemeinsamen Sorgerechts und des zunehmenden Sorgerechtserwerbs nichtehelicher Väter eine Hürde für den Stiefelternteil dar.185 Der Anwendungsbereich des § 1687b BGB ist demnach insofern deutlich beschränkt, als in den meisten Fällen die Durchführung eines Verfahrens des internen leiblichen Elternteils zur Erlangung des alleinigen Sorgerechts Voraussetzung ist. Sind die Voraussetzungen jedoch erfüllt, erwirbt der Stiefelternteil das kleine Sorgerecht, das der inhaltlichen Beschränkung auf die Angelegenheiten des täglichen Lebens unterliegt. Eine über die innerfamiliäre Abstimmung mit dem leiblichen Elternteil hinausgehende, auch formalrechtliche Partizipation an den für das Kind bedeutenden Entscheidungen bleibt dem Stiefelternteil hingegen versagt. Dies ist insofern kritisch zu sehen, als es dem Gesetzgeber mit § 1687b BGB darum ging, eine Konkurrenzsituation zwischen den Befugnissen des außenstehenden leiblichen Elternteils und jenen des Stiefelternteils zu vermeiden.186 Eine solche Konkurrenzsituation ist jedoch rein formal beim Mitsorgerecht des Stiefelternteils von vornherein ausgeschlossen: Bei gemeinsamer Sorge der 181
So auch Rundell Child Care in Practice 2001, 321 (323). EGMR Petersen/Germany v. 6.12.2011 – 31178/96, NJW 2003, 1921. 183 EGMR Petersen/Germany v. 6.12.2011 – 31178/96, NJW 2003, 1921 (1922). 184 Vgl. Statistisches Bundesamt, Im Blickpunkt: Jugend und Familie in Europa 2009, S. 46. 185 So auch Staudinger/Salgo (2006) § 1687b Rn. 8. Teilweise wird daher für eine einschränkende Auslegung des Begriffs der „Alleinsorgeberechtigung“ plädiert, vgl. Palandt/Brudermüller § 9 LPartG Rn. 2; Motzer FamRZ 2001, 1034 (1040). 186 Vgl. BT-Drucks. 14/3751, S. 39. 182
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leiblichen Eltern ist ohnehin dem Elternteil, mit dem das Kind zusammenlebt, die Befugnis hinsichtlich der Sorge des täglichen Lebens zugewiesen, vgl. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB, während sich das Mitentscheidungsrecht des externen leiblichen Elternteils auf jene Bereiche beschränkt, die von besonderer Bedeutung für das Kind sind, § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB; gerade hinsichtlich dieser Angelegenheiten aber wird dem Stiefelternteil keine Sorgeberechtigung zugeschrieben.187 Ebenfalls nur in seltenen Fällen kann der Stiefelternteil, der mit dem leiblichen Elternteil zusammenlebt, in Deutschland Erwerber des Sorgerechtes im Wege der Bestellung zum Vormund werden; insbesondere wird situativ jener Regelfall der Stieffamilie ausgeklammert, in der Stiefelternteil und leiblicher Elternteil gemeinsam die elterlichen Erziehungsaufgaben wahrnehmen und sich der Stiefelternteil faktisch an dem dem internen leiblichen Elternteil – ggf. gemeinsam mit dem außenstehenden leiblichen Elternteil – zustehenden Sorgerecht beteiligt.188 Der Vormundschaft ist aufgrund der Voraussetzung des Ausfalls der Sorgeberechtigten, die im Regelfall nicht erfüllt ist, lediglich eine geringe Tauglichkeit und seltene Eignung als Instrument zur Verrechtlichung der Stiefeltern-Kind-Beziehung zuzusprechen.189 Die Besonderheit des englischen Rechts gegenüber dem deutschen Recht liegt darin, dass das englische Recht nunmehr auf eine Verknüpfung von Abstammungsbeziehung und Sorgerecht verzichtet.190 Während für den Erwerb des Sorgerechts in Deutschland die Begründung einer Abstammungsbeziehung zwingende Voraussetzung ist und damit jedem Kind gegenüber maximal zwei Personen – seine leiblichen Eltern – sorgeberechtigt sein können und der Stiefelternteil lediglich beschränkt mitsorgeberechtigt sein kann, ist die Zahl der möglichen Sorgeberechtigten in England unbegrenzt. Wie bereits dargestellt, bestimmt Sec. 2 (5) CA 1989, dass zeitgleich mehr als eine Person die parental responsibility für ein Kind innehaben kann, ohne dabei eine Obergrenze vorzugeben. Während der Sorgerechtserwerb kraft Gesetzes zum Zeitpunkt der Geburt den Eltern des Kindes vorbehalten ist, schließt das englische Recht nicht aus, dass Personen, die nicht als Eltern des Kindes zu qualifizieren sind, das Sorgerecht nachträglich erwerben können. So steht insbesondere dem Stiefelternteil die Möglichkeit offen, ohne die Begründung einer Abstammungsbeziehung die parental responsibility für das Kind zu erlangen. Aber auch 187
Veit FPR 2004, 67 (70). So auch Veit FPR 2004, 67 (69f.). 189 So auch Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 102. 190 Während noch im CA 1975 geregelt war, dass bei Innehaben der custody durch den Stiefelternteil ausnahmsweise das Sorgerecht des leiblichen Elternteils bestehen bleibt, vgl. Sec. 44 (2), bestimmt der CA 1989 als Regelfall, dass der Sorgerechtserwerb eines Dritten nicht mit dem Verlust desselben bei den Sorgeberechtigten einhergeht, vgl. Sec. 2 (6). 188
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eine Person, die zum guardian für das Kind bestellt wird,191 sowie jede Person, zu deren Gunsten eine residence order erlassen wurde,192 ebenso ein special guardian193 oder der Inhaber einer emergency protection order194, erlangt die parental responsibility für das Kind, wobei diese hinsichtlich der Dauer der Anordnung und des Inhalts beschränkt ist oder sein kann, insbesondere was das Recht betrifft, in eine Adoption einzuwilligen oder einen Vormund zu bestellen.195 Darüber hinaus sieht Sec. 2 (6) des CA 1989 vor, dass diese Sorgeberechtigungen nebeneinander Gültigkeit besitzen, d.h. ein Inhaber der parental responsibility diese nicht dadurch verliert, dass ein anderer sie ebenfalls erwirbt. Resultiert die Stieffamilie aus einer Scheidung oder Trennung der leiblichen Eltern, kann die Beteiligung des Stiefelternteils an der elterlichen Sorge nur auf Grundlage des dem Scheidungs- oder Trennungsfall zugrunde liegenden Sorgerechtssystems beurteilt werden. Das deutsche Recht spricht in der Scheidungssituation gem. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB bei getrennt lebenden, gemeinsam das Sorgerecht innehabenden Geschiedenen dem mit dem Kind zusammenlebenden Elternteil das alleinige Entscheidungsrecht nur für die Angelegenheiten des täglichen Lebens zu, bezüglich derer eine Beteiligung des Stiefelternteils wie dargestellt möglich ist. Darüber hinaus wird aber die gemeinschaftliche Ausübung des Sorgerechts im Einvernehmen verlangt, vgl. § 1687 Abs. 1 S.1 BGB. Im Gegensatz hierzu sieht der englische CA 1989 vor, dass jeder Sorgerechtsinhaber – in England gilt der Grundsatz, dass Eltern ihr Leben lang Sorge für ihr Kind tragen, sodass das gemeinsame Sorgerecht nach der Scheidung der Eltern bestehen bleibt196 – auch nach der Scheidung berechtigt bleibt, sein Sorgerecht gänzlich unabhängig vom anderen Sorgeberechtigten auszuüben, vgl. Sec. 2 (7) CA 1989. Grenze der Ausübungsfreiheit stellen allerdings diejenigen Entscheidungen dar, für die gesetzlich die Zustimmung sämtlicher Sorgeberechtigter vorgeschrieben ist – wie die Einwilligung in eine Adoption des Kindes197 und die Verbringung des Kindes außerhalb des Vereinigten Königreiches.198 Ferner trifft die Sorgeberechtigten die Verpflichtung zur Kompatibilität ihrer Sorgerechtsausübung mit gerichtlichen Anordnungen, die in Bezug auf das Kind getroffen wurden, vgl. Sec. 2 (8) des 191
Sec. 5 (6) CA 1989. Sec. 12 (2) CA 1989. 193 Sec. 14C (1) CA 1989. 194 Sec. 44 (4)(c), (5)(b) CA 1989. 195 Sec. 12 (3)(b) und (c); nicht so hingegen der special guardian, vgl. die durch Sec. 115 (4)(b) ACA 2002 geänderte Sec. 5 (4) CA 1989; Sec. 47 (2) i.V.m. Sec. 144 (1) ACA 2002. 196 Hierzu ausführlicher in Kapitel 3, unter A. I. 2. b). 197 Dazu ausführlich in Kapitel 3, unter B. III. 198 Sec. 1 Child Abduction Act 1984. 192
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CA 1989. Will ein Sorgeberechtigter gegen die unabhängig von seinem Willen getroffene Entscheidung des anderen Sorgeberechtigten vorgehen, muss er den Gerichtsweg bestreiten. Das Gericht wird dabei seine Entscheidung anhand des Kindeswohls gem. Sec. 1 CA 1989 treffen. An dieser unabhängigen Sorgerechtsausübung der beiden getrennt lebenden leiblichen Eltern ändert sich auch dann nichts, wenn zusätzlich ein Stiefelternteil das Sorgerecht für das Kind erlangt, der nunmehr auch zu einer unabhängigen Sorgerechtsausübung berechtigt ist. Es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen ein solches Nebeneinander und die Unabhängigkeit mehrerer Sorgeberechtigter voneinander in der Praxis auch für den Stiefelternteil hat. Folge der Regelung ist zunächst, dass die Sorgeberechtigten Entscheidungen, die das Kind betreffen, alleine treffen können. Dem oder den anderen Sorgeberechtigten steht diesbezüglich kein Vetorecht zu, damit einhergehend obliegt es den Sorgeberechtigten grundsätzlich nicht, im Vorfeld einer Entscheidung die anderen Inhaber der parental responsibility zu konsultieren. Dieser Verzicht auf eine Beratungspflicht unter den Sorgeberechtigten geht auf Praktikabilitätsgesichtspunkte zurück, ferner hat die angestrebte Unabhängigkeit der Sorgeberechtigten zum Ziel, beide Eltern zum Verantwortungsgefühl für das Kind zu bewegen.199 Bei Entscheidungen, die die Sorgeberechtigten in Bezug auf Angelegenheiten des täglichen Lebens im Rahmen des Zusammenlebens oder -seins mit dem Kind treffen, ist die alleinige Entscheidungsbefugnis eines Sorgeberechtigten, wie sie auch das deutsche Recht kennt, sinnvoll und birgt geringes Konfliktpotenzial.200 Sind allerdings Entscheidungen zu treffen, die von erheblicher Bedeutung sind und langfristige Auswirkungen auf die Kindesentwicklung haben, nehmen die Gerichte entgegen dem eindeutigen Wortlaut von Sec. 2 (7) CA 1989 nunmehr doch an, dass den Sorgeberechtigten die Pflicht trifft, den oder die anderen Sorgeberechtigten zu konsultieren. Eine alleinige Ausübung des Sorgerechts ohne Rücksprache mit dem anderen Sorgeberechtigten wurde aufgrund der Bedeutung für das Kind bei einem Schulwechsel,201 der Änderung des Nachnamens des Kindes,202 der Beschneidung,203 Impfung204 und der Sterilisation205 des Kindes 199
Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 2.10, S. 7. 200 Eine Pflicht des Elternteils, der mit dem Kind zusammenlebt, den anderen sorgeberechtigten Elternteil bei Angelegenheiten der alltäglichen Sorge zu konsultieren, wurde als nicht praktikabel und unwünschenswert bezeichnet, vgl. Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 2.10, S. 7. 201 Re G (A Minor) (Parental Responsibility: Education) FLR 1994, Bd. 2, 964. 202 Re T (Change of Surname) FLR 1998, Bd. 2, 620; Re PC (Change of Surname) FLR 1997, Bd. 2, 730; Dawson v Wearmouth FLR 1997, Bd. 2, 629. 203 Re J (Specific Issue Orders) (Muslim Upbringing and Circumcision) FLR 2000, Bd. 1, 571.
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ausgeschlossen. Bei der Frage, ob nun eine Verpflichtung zur Konsultation der Sorgeberechtigten besteht oder nicht, gilt, dass – mit oder ohne eine solche Verpflichtung – derjenige Sorgeberechtigte, der mit der getroffenen Entscheidung des anderen Inhabers der parental responsibility nicht einverstanden ist, die Angelegenheit zur Entscheidung vor das Gericht bringen muss.206 Die englische Rechtslage kommt somit de facto der deutschen in jener Scheidungs- oder Trennungssituation, in der das gemeinsame Sorgerecht der Eltern erhalten bleibt, gleich, bei der eine einvernehmliche Ausübung des Sorgerechts, d.h. die Zustimmung beider Sorgeberechtigter zu den über die alltäglichen Angelegenheiten hinausgehenden Entscheidungen, verlangt und im Falle der Uneinigkeit die gerichtliche Entscheidung eröffnet wird.207 Sie geht jedoch sehr viel weiter im Fall, in dem nach der Trennung oder Scheidung ein Stiefelternteil hinzutritt, dessen Beteiligung in Deutschland an die sorgerechtliche Ausgrenzung des anderen leiblichen Elternteils geknüpft ist und sich dann auf die Angelegenheiten des täglichen Lebens beschränkt. Über die Fälle, die von wesentlicher Bedeutung für das Kind sind, hinaus sind gerichtliche Entscheidungen in England bezüglich Auseinandersetzungen von Sorgeberechtigten nur sehr selten publiziert.208 Dies lässt einerseits den Schluss zu, dass das Prinzip der alleinigen Sorgerechtsausübung trotz des erhöhten Konfliktpotentials erfolgreich ist. Andererseits könnte sich aber auch die sog. „Macht des Faktischen“ durchsetzen, nach der derjenige Sorgeberechtigte, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, die sorgerechtlichen Entscheidungen des bzw. der anderen Sorgeberechtigten duldet oder eine gerichtliche Auseinandersetzung aufgrund der Kosten, des Aufwandes und des Risikos scheut, dass das Gericht gegen seinen Willen entscheidet. Denn aufgrund der Umsetzung und tatsächlichen Durchführung der Entscheidung im Alltag dürfte sich das Gericht an den Vorstellungen des mit dem Kind zusammenlebenden Sorgeberechtigten orientie204 205
(577).
Re C (Welfare of Child: Immunisation) FLR 2003, Bd. 2, 1095. Re J (Specific Issue Order) (Muslim and Circumcision) FLR 2000, Bd. 1, 571
206 Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 2.10, S. 7; Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 434; Eekelaar Fam Law 2001, 426 (429); Hopkins, Parental Authority, Powers and Responsibility, S. 6. 207 Bei einer solchen ist die Position des mit dem Kind nicht zusammenlebenden Elternteils allerdings aufgrund der Umsetzung der Entscheidung im Alltag nicht besonders stark. Das Risiko der Übertragung der Alleinsorgeberechtigung bei häufiger Uneinigkeit ist zwar gegeben, darf aber nicht überbewertet werden, nachdem der BGH betont hat, dass eine solche nur möglich ist, wenn die Kooperationsbereitschaft der Eltern generell ausgeschlossen und anzunehmen ist, dass die Eltern diese Bereitschaft nicht gewährleisten können, BGH FamRZ 2005, 1167; ebenso OLG Köln FamRZ 2009, 62 f. 208 So auch Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (71).
A. Rechtsstellung und Interessen des Stiefelternteils
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ren. Im Falle einer Stieffamilie kann angenommen werden, dass sich der außenstehende leibliche Elternteil, sofern er als unehelicher Vater das Sorgerecht erlangt hat oder als Geschiedener nach wie vor gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht ausübt, dem Willen der sorgeberechtigten Stiefehebzw. Stieflebenspartner machtlos ausgesetzt sieht.209 In letzterem Falle könnte der Regelung Ineffizienz vorgeworfen werden, da sie faktisch einer Alleinsorgeberechtigung des bzw. der mit dem Kind zusammenlebenden Sorgeberechtigten gleichkommt. Hier darf jedoch der Symbolwert des Innehabens der parental responsibility nicht verkannt werden: Auch wenn der nicht mit dem Kind zusammenlebende Sorgeberechtigte in der Ausübung des Sorgerechts faktische Beschränkungen erfahren muss, so vermittelt ihm die parental responsibility dennoch das Selbstwertgefühl, elterlich verantwortlich zu sein und zu bleiben, er wird nicht ausgegrenzt, sondern bleibt gefordert.210 Zudem hat die Regelung den präventiven Wert, dass der mit dem Kind zusammenlebende Sorgeberechtigte bei seinen Entscheidungen auf den Willen des bzw. der anderen Sorgeberechtigten Rücksicht nimmt, da er um das Risiko der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung im Dissensfall weiß.211 Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch in der deutschen Konstellation, in der der außenstehende leibliche Elternteil formal durch das Einvernehmenserfordernis bei wichtigen Entscheidungen bessergestellt ist, die Effektivität dieser Regelung im Wesentlichen davon abhängt, ob der leibliche Elternteil von Dritten als Sorgerechtsinhaber tatsächlich an Entscheidungen beteiligt wird und ob er durch die Anstrengung gerichtlicher Verfahren das Risiko einzugehen bereit ist, dass bei der Häufung einer entsprechenden Blockade das alleinige Sorgerecht demjenigen Elternteil zugesprochen wird, mit dem das Kind zusammenlebt.212 Folglich lässt sich festhalten, dass der englische Gesetzgeber die Rechtsstellung des Stiefelternteils durch die Möglichkeit des umfänglichen Sorgerechtserwerbs aufgewertet hat, ohne dabei die leiblichen Eltern aus ihrer Rechtsposition zu verdrängen oder sie in ihren Befugnissen gravie209
Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (84). Die Erhöhung des elterlichen Verantwortungsgefühls beim grundsätzlichen Erhalt des elterlichen Sorgerechts betonend Marinopoulos, Entscheidungsrecht bei gemeinsamer elterlicher Sorge getrennt lebender Ehegatten, S. 23. 211 So auch Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (71); siehe auch Salgo, Nachwort zu Furstenberg/Cherlin (Hrsg.), Geteilte Familien, S. 203 (208 f.). 212 So auch Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (64). Wobei sich – wie dargelegt – bei den Gerichten die Tendenz abzeichnet, die gemeinsame Sorge aufrechtzuerhalten und die einzelnen Streitigkeiten über § 1628 BGB zu lösen, sodass in konkreten Einzelfragen einem Elternteil das Entscheidungsrecht zugesprochen wird, vgl. Willutzki KindPrax 2005, 197. 210
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
rend zu beschränken. Im Gegensatz zum deutschen Recht kann damit der Stiefelternteil die elterliche Sorge neben und in für die Kindesentwicklung bedeutenden Entscheidungen gemeinsam mit den beiden leiblichen Eltern ausüben. In Deutschland ist der Stiefelternteil inhaltlich und auch hinsichtlich des Erwerbs einer sorgerechtlichen Beteiligung dagegen beschränkt, wenngleich die Zuweisung des kleinen Sorgerechts hier gesetzlich erfolgt, die Befugnis damit ex lege, d.h. automatisch, entsteht.213 In England ist der Sorgerechtserwerb hingegen von der Vereinbarung der Sorgerechtsinhaber oder einer gerichtlichen Anordnung abhängig. Man mag zwar davon ausgehen, dass sich familienintern der leibliche Elternteil und der Stiefelternteil in Erziehungsfragen und Fragen der Sorge, die über die Angelegenheiten des täglichen Lebens hinausgehen, ohnehin abstimmen,214 sodass gerichtliche Auseinandersetzungen, zu denen der Stiefelternteil aufgrund eines Sorgerechts berechtigt wäre, nicht allzu häufig zu erwarten sind und somit ein praktischer Mehrwert eines umfänglichen Sorgerechtserwerbs für den Stiefelternteil begrenzt zu sein scheint.215 Jedoch dürfen hier die Außenwirkung der Rechtsfolgen eines vollumfänglichen Sorgerechts und der Symbolwert des Innehabens eines solchen nicht unberücksichtigt bleiben. Zudem birgt die alleinige Autorität des internen Elternteils in den für das Kind bedeutenden Entscheidungen ein Konfliktpotential zwischen den Stiefpartnern sowie dem Stiefelternteil und dem Kind.216
B. Die Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen B. Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen
I. Einführung Trotz der 1998 und 2001 vorgenommenen Novellierungen im Recht der Stiefverhältnisse, mit denen den stiefelterlichen Interessen – wie dargestellt – zum Teil entsprochen wurde, mangelt es demnach in Deutschland an einer rechtlichen Anerkennung eines umfänglichen Elternstatus217 mitsamt einem umfassenden elterlichen Sorgerecht, da das deutsche Recht dieses an die Voraussetzung des Bestehens einer Abstammungsbeziehung knüpft, wenn der Stiefelternteil das Sorgerecht gemeinsam mit der Mutter 213 So Coester-Waltjen, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 761 (767); Staudinger/Salgo (2006) § 1687b Rn. 14. 214 Staudinger/Salgo (2006)§ 1687b BGB Rn. 11. 215 Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (63); vgl. auch Frank StAZ 2010, 324 (325). 216 Bainham, Children – The Modern Law, S. 233. 217 So auch von Puttkamer/Radziwill, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 89.
B. Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen
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ausüben möchte. Die für einen Sorgerechtserwerb in Deutschland notwendige Abstammungsbeziehung kann über eine Vaterschaftsanerkennung oder im Wege der Adoption begründet werden. Beide Institute stehen auch im englischen Recht zum Erwerb der parental responsibility offen. Ein die Vaterschaft nach § 1594 BGB anerkennender Mann rückt in Deutschland in die rechtliche Vaterstellung gegenüber dem Kind ein, vgl. § 1592 Nr. 2 BGB. Da Voraussetzung für ein Vaterschaftsanerkenntnis nicht dessen Übereinstimmen mit der genetischen Realität ist,218 kann auch ein Stiefvater die Vaterschaft für sein Stiefkind anerkennen, der bekanntlich nicht der biologische Vater des Kindes ist.219 Jedoch kann eine durch Anerkennung begründete Vaterschaft nach § 1599 Abs. 1 BGB angefochten werden, da – trotz Fehlens einer entsprechenden Voraussetzung – auch dem § 1592 Nr. 2 BGB der Anspruch der Zuordnung des Kindes entsprechend der wahren Abstammungsverhältnisse zugrunde liegt.220 In den meisten Fällen wird eine Anfechtung bei einer Anerkennung durch den Stiefvater des Kindes jedoch an der Voraussetzung des § 1600 Abs. 2 BGB scheitern, da zwischen dem Stiefvater und dem Kind in der Regel eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Dennoch ist das Vaterschaftsanerkenntnis nicht als ein Instrument zur Schaffung eines künstlichen Abstammungsverhältnisses konzipiert, vielmehr soll es einem biologischen Vater zur Verrechtlichung und Verfestigung seines Vaterstatus dienen.221 Zudem ist das Anerkenntnis an die Voraussetzung geknüpft, dass bisher kein Mann als Vater des Kindes feststeht, vgl. § 1594 Abs. 2 BGB. Nur in seltenen Fällen bietet sich daher das Anerkenntnis als ein Mittel an, die stiefelterlichen Bedürfnisse dauerhaft zu befriedigen. Auch in England kann ein anderer als der biologische Vater des Kindes die Vaterschaft anerkennen, indem er sich gemeinsam mit der Mutter in das Geburtenregister eintragen lässt, und auf diesem Wege die parental 218 OLG Köln NJW 2002, 901. Vgl. auch § 1598 Abs. 1 BGB, der abschließend die in den Vorschriften §§ 1594 bis 1597 BGB genannten Voraussetzungen als Wirksamkeitserfordernisse benennt, die ein Wahrheitsgebot nicht festschreiben. 219 Das wissentlich falsche Vaterschaftsanerkenntnis, das auch als „verdeckte Stiefkindadoption“ bezeichnet wird, ist auch von der Literatur allgemein anerkannt, Nachweise und ausführlich zu dieser Thematik Frank, Grenzen der Adoption, S. 98 ff.; ders., in: Schwenzer/Hager, (Hrsg.), FS Schlechtriem, S. 37 (42 f.); Schotten, Die Stiefkindadoption, S. 135 ff. Während für zweckwidrige Anerkennungen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder der deutschen Staatsangehörigkeit mit § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 BGB – flankiert durch § 44 Abs. 1 S. 3 PStG – die Berechtigung einer Behörde zur Anfechtung der Vaterschaft geschaffen wurde, wenn eine sozial-familiäre Beziehung des Mannes zum Kind nicht existiert, wird eine bewusst wahrheitswidrige Anerkennung durch einen Mann, der wie der Stiefvater tatsächlich für das Kind Verantwortung trägt, geduldet. 220 Zorn, Das Recht der elterlichen Sorge, S. 29; vgl. insoweit zum alten Recht OLG München FamRZ 1985, 530. 221 Müller/Sieghörtner/Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis, S. 6 f.
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
responsibility für das Kind erlangen, Sec. 4 (1)(a) CA 1989 i.V.m. Sec. 10 (1)(a)–(c) und 10A (1)(a)–(c) des Birth and Deaths Registration Act 1953.222 Jedoch ist auch in England Voraussetzung für eine solche Anerkennung, dass bisher kein anderer Mann als Vater in das Geburtenregister eingetragen ist. Außerdem hat in England der Grundsatz der biologischen Wahrheit einen solchen Stellenwert, dass der leibliche Vater jederzeit seine Vaterschaft in einem Statusprozess nach Sec. 55A Family Law Act 1986 oder aber inzident in einem anderen Verfahren feststellen lassen kann. Anders als im deutschen Recht ist in England eine solche Vaterschaftsfeststellung auch nicht dann ausgeschlossen, wenn zwischen dem Scheinvater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Auch in England hat somit eine sog. verdeckte Stiefkindadoption nur in wenigen Stieffamilien einen Anwendungsbereich. Zudem scheint dieser Weg zum Erwerb der parental responsibility aufgrund der bereits dargestellten gesetzlich explizit vorgesehenen Erwerbsmöglichkeiten umständlich. Peschel-Gutzeit223 kommt für die deutsche Rechtslage zu dem Ergebnis: „Wer im Stiefkindfall ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis herstellen will [...], wird auch heute noch das Institut der Stiefkindadoption wählen müssen.“224 Eine Stiefkindadoption ist sowohl nach dem deutschen als auch nach dem englischen Recht zulässig: So bestimmt § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB, dass ein Ehegatte sein Kind alleine annehmen kann; in England sieht Gleiches Sec. 51 (2) ACA 2002 vor. Aufgrund der zunächst vorgenommenen Untersuchung des Institutes der Stiefkindadoption aus der Perspektive des Stiefelternteils, sollen hier zuerst die vom Stiefelternteil angestrebten und aus seiner Sicht relevanten Rechtsfolgen einer solchen Adoption im deutschen wie auch im englischen Recht dargestellt werden. II. Statusrechtliche Folgen der Stiefkindadoption 1. Rechtslage in Deutschland Gemäß § 1754 Abs. 1 BGB wird das Stiefkind mit der Wirksamkeit des Adoptionsdekrets kraft Gesetzes zum gemeinschaftlichen Kind des inter-
222
Näher zur Registrierung in Kapitel 3, unter B. III. 2. a) bb) (4). Peschel-Gutzeit FPR 2004, 47 (50). Vgl. hierzu auch Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (123), die das Fehlen einer institutionalisierten Verankerung und von Modellen für Gestaltungsmöglichkeiten der multiplen Elternschaft in Stieffamilien bemängelt. 224 Ebenso Dethloff, Familienrecht, S. 426; Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137); Leuthner/Golubtsova, Deine Kinder – meine Kinder, S. 148. 223
B. Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen
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nen Eltern- und des bisherigen Stiefelternteils.225 Damit wird das Kind, das bis dahin mit dem Stiefelternteil gemäß § 1590 BGB verschwägert war, zu einem Verwandten des Stiefelternteils in gerader Linie.226 Diese Statusänderung geht nach § 1755 Abs. 1 BGB mit dem Erlöschen der Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten – mit Ausnahme desjenigen zum internen leiblichen Elternteil und zu dessen Verwandten, vgl. § 1755 Abs. 2 BGB227 – einher. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz in § 1756 Abs. 2 BGB bei Stiefkindadoptionen in den Fällen eine Ausnahme, in denen der die elterliche Sorge innehabende externe Elternteil verstorben ist. In einem solchen Fall bleiben die Beziehungen zu dessen Verwandten bestehen, was zur Folge haben kann, dass ein davon betroffenes Stiefkind drei Großelternpaare hat.228 2. Rechtslage in England Auch das englische Adoptionsrecht folgt – seit seiner ersten gesetzlichen Normierung 1926229 – dem Grundsatz der Volladoption: Das Stiefkind erlangt mit der Adoption den Status eines Kindes, das der Partnerschaft seines leiblichen Elternteils und des Stiefelternteils entstammt, vgl. Sec. 67 (2) ACA 2002. Damit erlischt der Status als Kind der ursprünglichen Elternteile, vgl. Sec. 67 (3) ACA 2002. Bis zum Inkrafttreten des ACA 2002 war die Stiefkindadoption in England als eine klassische gemeinschaftliche Adoption ausgestaltet, bei der auch der in der Stiefehe lebende leibliche Elternteil zur Adoption seines eigenen Kindes zusammen mit dem Stiefelternteil verpflichtet war, was zur 225 Stirbt der leibliche Elternteil und Ehegatte des Stiefelternteils, bevor das Adoptionsdekret erlassen wurde, ist für die Anwendung von § 1754 BGB kein Raum mehr, vgl. Staudinger/Frank (2007) § 1754 Rn. 6; MünchKommBGB/Maurer §§1754, 1755 Rn. 6. 226 BGH NJW 1981, 2298 (2299). 227 So auch Art. 11 (2) Europäisches Adoptionsübereinkommen v. 3.12.2008. 228 MünchKommBGB/Maurer § 1756 Rn. 11 f. 229 Bereits Sec. 5 (1) des Adoption of Children Act 1926 sah vor, dass unter einem Adoptionsbeschluss “all rights, duties, obligations and liabilities of the parent or parents, guardian or guardians of the adopted child in relation to the future custody, maintenance and education of the adopted, including the rights to appoint the guardian or to consent or give notice of dissent to marriage shall be extinguished, and all such rights, duties, obligations and liabilities shall vest in and be exercisable by and enforceable against the adopter as though the adopted child was a child born to the adopter in lawful wedlock, and in respect of the liability of a child to maintain its parents the adopted children shall stand to the adopter exclusively in the position of a child born to the adopter in lawful wedlock.” Das Erbrecht blieb jedoch zunächst unberührt von der Adoption, erst nach Sec. 9 f. des Adoption of Children Act 1949 war die Adoption auch mit erbrechtlichen Konsequenzen verbunden; laut Cretney wurde eine gänzliche Integration des Kindes in die Adoptivfamilie hinsichtlich der erbrechtlichen Stellung jedoch erst durch den CA 1975 erreicht, vgl. in: Rose (Hrsg.), Consensus Ad Idem, S. 251 (266).
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
Konsequenz hatte, dass der leibliche Elternteil sein natürliches Abstammungsverhältnis in ein Adoptivverhältnis eintauschte.230 Nunmehr wird auch in England das adoptierte Stiefkind zu einem einseitig adoptierten gemeinschaftlichen Kind von Stiefelternteil und leiblichem Elternteil, da der Stiefelternteil allein einen Adoptionsantrag stellen kann, vgl. Sec. 51 (2) ACA 2002. III. Eltern- und Umgangsrechte nach erfolgter Stiefkindadoption 1. Rechtslage in Deutschland Gem. § 1754 Abs. 3 Alt. 1 BGB steht das Kind durch die Stiefkindadoption unter der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge – entsprechend §§ 1626 Abs. 1, 1627 BGB – von internem Elternteil und Adoptivelternteil. Das ggf. bestehende Sorgerecht des anderen leiblichen Elternteils erlischt; es ruht bereits mit der Einwilligung in die Adoption oder deren Ersetzung noch vor der gerichtlichen Erteilung des Adoptionsdekrets gemäß § 1751 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 BGB. Die Rechtsfolge des Ruhens des Sorgerechts tritt gemäß § 1751 Abs. 2 BGB hinsichtlich des internen Elternteils nicht ein; dieser übt das Sorgerecht allein so lange aus, bis das Dekret wirksam wird, vgl. § 1678 Abs. 1 Halbs. 1 BGB. Für den Fall, dass der interne leibliche Elternteil nicht Inhaber des Sorgerechts für das Kind war, hat die Stiefkindadoption zur Folge, dass neben dem Stiefelternteil auch der leibliche Elternteil nach § 1754 Abs. 3 BGB die elterliche Sorge erlangt. Aufgrund der Fiktion einer Abstammungsbeziehung zwischen Stiefelternteil und Kind finden sämtliche, das Eltern-Kind-Verhältnis regelnden Normen der §§ 1616 ff. BGB Anwendung; der Stiefelternteil ist dem Kind gegenüber nach den § 1601 ff. BGB zum Unterhalt verpflichtet, ferner gilt das Kind durch die Adoption als Abkömmling und damit als gesetzlicher Erbe im Sinne von § 1924 Abs. 1 BGB sowie der § 2303 ff. BGB.231 2. Rechtslage in England Auch in England wird den Adoptiveltern durch die Adoption die parental responsibility übertragen, vgl. Sec. 46 (1) ACA 2002, während nach Sec. 46 (2)(a) ACA 2002 das elterliche Sorgerecht der leiblichen Eltern oder einer anderen Person erlischt. Die rechtliche Beziehung zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern oder anderen Personen wird vollständig beendet, indem sämtliche vorangegangene Anordnungen nach dem CA 1989, die Rechte und Pflichten der leiblichen Eltern oder anderer Per230
Sec. 14 (1) Adoption Act 1976; Review of Adoption Law, unter 19.3, S. 38; Priest JCL 1993, 56 (57). 231 Zu den weiteren zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Wirkungen der Adoption, vgl. Staudinger/Frank (2007) § 1754 Rn. 9–15.
B. Stiefkindadoption und ihre Rechtsfolgen
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sonen gegenüber dem Kind – auch in finanzieller Hinsicht232 – begründeten, erlöschen, vgl. Sec. 46 (2)(b)–(d) ACA 2002. Das Kind ist als Kind des Stiefehepaares bzw. der civil partners233 zu behandeln, vgl. Sec. 67 (2) ACA 2002; den Stiefpartnern wird über die parental responsibility hinaus die uneingeschränkte rechtliche Elternschaft übertragen.234 IV. Namensrecht nach erfolgter Stiefkindadoption 1. Rechtslage in Deutschland Welche namensrechtlichen Konsequenzen die Adoption nach sich zieht, hängt von der Namensführung des Stiefehepaares bzw. der Stieflebenspartnerschaft ab. Führt das Stiefehepaar einen Ehenamen nach § 1355 Abs. 1 S. 1, 2 BGB bzw. die Lebenspartnerschaft einen Lebenspartnerschaftsnamen nach § 3 Abs. 1 S. 1, 2 LPartG, der dem des leiblichen Elternteils entspricht, ist die Adoption nicht mit einer Änderung des Kindesnamens verbunden. Führen die Ehe- bzw. Lebenspartner den Namen des Stiefelternteils, so erhält das Kind gemäß § 1757 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Adoption diesen Namen; eine Voranstellung seines bisherigen Namens ist aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes gemäß § 1757 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB möglich. Nach § 1757 Abs. 2 BGB, § 9 Abs. 7 LPartG bestimmt das Stiefehe- bzw. Lebenspartnerpaar, sofern es keinen Ehenamen führt, den Namen des Kindes vor dem Ausspruch der Annahme durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht, wobei § 1617 Abs. 1 BGB entsprechend gilt, sodass die Eltern bei der Namensbestimmung für das Kind zwischen dem Namen des Vaters und jenem der Mutter entscheiden können, was jedoch aufgrund der sehr häufig angestrebten Namenseinheit der Stieffamilie selten der Fall sein wird.235 2. Rechtslage in England Da der außenstehende leibliche Elternteil durch die Adoption seine Elternstellung verliert, können die Stiefehepartner als alleinige Inhaber der parental responsibility den Namen des Kindes einvernehmlich abändern. Dies erfolgt in der Regel im Zuge der Adoption, da das Adoptionsantrags-
232
Mit der Ausnahme von trusts, vgl. Sec. 46 (4) ACA 2002. Zur Adoption durch civil partner in Kapitel 2, unter B. V 1. b). 234 Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 15. 235 Vgl. aber den vom BayObLG zu entscheidenden Stiefkindadoptionsfall, in dem die Ehegatten keinen Ehenamen führten und fälschlicherweise das Adoptivkind seinen Geburtsnamen, der demjenigen der Mutter entsprach, auch nach der Adoption durch den Stiefvater behielt, obwohl für ein gemeinsames Kind der Ehegatten vor der Adoption der Name des Vaters als Geburtsname bestimmt worden war, FamRZ 2005, 1010 f. 233
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Kapitel 1: Der adoptierende Stiefelternteil
formular bereits die Frage nach dem neuen Nachnamen des Kindes enthält.236 V. Vergleichende Stellungnahme Da in der englischen wie deutschen Rechtsordnung der Grundsatz der Volladoption Geltung hat, rückt der Stiefelternteil durch die Stiefkindadoption rechtlich vollwertig in die Position eines Elternteils ein. Er erfährt durch die Adoption eine umfassende rechtliche Anerkennung seines Engagements als sozialer Elternteil und wird auch rechtlich als ein solcher in die Pflicht genommen.
C. Fazit C. Fazit
Während die im hinsichtlich der Rechtsfolgen ähnlich ausgestalten englischen und deutschen Adoptionsrecht vorgesehene Stiefkindadoption den stiefelterlichen Interessen umfassend gerecht wird, kann der Stiefelternteil in England darüber hinaus eine den Rechtsfolgen einer Adoption ähnliche Stellung auch ohne die Begründung einer Abstammungsbeziehung aufgrund der anders gearteten Ausgestaltung des englischen Rechtes der Stieffamilie erlangen. Wie den Explanatory Notes237 zum ACA 2002 zu entnehmen ist, war die Einführung der Sorgerechtserwerbsmöglichkeit explizit von der Motivation getrieben, eine Alternative zur Stiefkindadoption zu schaffen.238 Wie dargestellt, können die sorgerechtlichen Befugnisse eines die parental responsibility innehabenden Nichtelternteils gegenüber der Stellung, die er im Wege einer Adoption erlangt, durch einen nach wie vor sorgeberechtigten externen leiblichen Elternteil beschränkt sein, mit dem sich die Stiefehepartner die sorgerechtlichen Befugnisse zu teilen verpflichtet sind, insbesondere in Bezug auf die Namensgebung. Die elterli236
Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 870. Unter 268: Die Intention der Vorschrift ist “to provide an alternative to adoption where a step-parent wishes to acquire parental responsibility for his or her step-child. It has the advantage of not removing parental responsibility from the birth parent and does not legally separate the child from membership of the family of the other birth parent.” 238 Ein Wertungswiderspruch diesbezüglich wird darin gesehen, dass zwar Partner unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht, ein Kind adoptieren können, ein gemeinsamer Sorgerechtserwerb nichtehelicher Partner aber nicht möglich ist, vgl. McFarlan/Reardone, Child Care and Adoption Law, unter 2.15, die die Aussparung nichtehelicher Stiefeltern auch aufgrund der Tatsache, dass 40 % der nichtehelich zusammenlebenden Familien über ein oder mehrere Stiefkinder verfügen, als überraschend einstufen; ebenso Bainham, Children – The Modern Law, S. 277; den Mangel einer Reform des Adoptionsrechtes in Bezug auf Stiefkindadoptionen kritisierend Ball A&F 2001, Heft 1, 6 (7). 237
C. Fazit
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che Sorge des „nur“ sorgeberechtigten Stiefelternteil ist wie dargestellt im Vergleich zur Adoption zudem inhaltlich dergestalt beschränkt, dass dieser nicht zur Bestellung eines guardian für das Kind und zur Einwilligung in die Adoption des Kindes berechtigt ist. Inwieweit die Adoption vom Gesetzgeber als ein Instrument vorgesehen ist, dem Stiefelternteil eine Rechtsposition zu verschaffen, wird im Folgenden untersucht.
Kapitel 2
Das Stiefkind Kapitel 2: Das Stiefkind
Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels ist zunächst die Frage, inwieweit die Stiefkindadoption im Einklang mit dem Leitbild der Adoption steht, ehe auf die einzelnen Voraussetzungen der Stiefkindadoption in beiden Rechtsordnungen eingegangen wird. Es wird überprüft, in welchem Umfang diese dem Schutz des zu adoptierenden Stiefkindes dienen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach der Vereinbarkeit der Stiefkindadoption mit der zentralen Voraussetzung einer jeden Adoption, der Kindeswohldienlichkeit.
A. Das Kind im Zentrum des Adoptionsrechtes, Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption A. Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption
I. Ziel des aktuellen Adoptionsrechts in Deutschland und England Bestand die vorrangige Absicht des früheren deutschen Adoptionsrechtes darin, kinderlosen Eltern mit einer Adoption als ein Instrument zur Sicherung der Vermögensnachfolge und des Namenserhaltes zu Kindern zu verhelfen,1 so verfolgt das Adoptionsrecht seit dem Adoptionsgesetz von 19762 das entgegengesetzte Ziel: Tatsächlich elternlosen oder sozial verwaisten Kindern sollen Eltern an die Seite gestellt werden; mit Hilfe der Adoption soll das erzieherische Defizit, das durch Versterben oder Unauffindbarkeit der leiblichen Eltern, der Ungeklärtheit der Elternschaft, der Erziehungsunfähigkeit oder Erziehungsunwilligkeit etc. verursacht wurde,
1 Motive zum BGB, Bd. 4, S. 952; Barth ZfJ 1978, 243. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens war die Praxis der Volljährigenadoption vorherrschend und gesetzliches Leitbild, ehe sich die Minderjährigenadoption zum Regelfall der Adoption entwickelte, vgl. BVerfG FamRZ 1968, 578 (579); Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 16; von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 8; Lüderitz NJW 1976, 1865; Baer/Gross, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 15 (19). 2 In Kraft getreten am 1.1.1977. Bereits während und nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Adoption auch eine soziale, fürsorgerische Bedeutung durch Eingliederung eines alleinstehenden Kindes in eine Familie beigemessen, vgl. Brandis, Der Gesetzesentwurf über das Unehelichenrecht und seine Probleme, S. 131.
A. Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption
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ausgeglichen werden.3 Leitgedanke des aktuellen Adoptionsrechtes ist es, fürsorgebedürftige Kinder von ihrem Zustand „sozialer Familienlosigkeit“ zu befreien4 und ihnen das Aufwachsen in einer harmonischen und lebenstüchtigen Familie zu ermöglichen.5 Damit hat sich die Minderjährigenadoption zu einem Instrument der Jugendhilfe entwickelt.6 Auch in England wurde 1926 das Institut der Adoption eingeführt, um die Bedürfnisse von kinderlosen Paaren zu befriedigen sowie unehelichen Müttern eine Befreiung von Stigma und wirtschaftlicher Not zu ermöglichen. Dieses Leitbild hat sich auch im englischen Recht dahingehend verlagert, dass die Adoption nunmehr als ein kindesorientiertes Institut verstanden wird, das zum Inhalt hat, eine Familie für das elternlose Kind zu finden.7 Dass die am gesetzgeberischen Zweck orientierte Motivation vom Wunsch der Adoptiveltern flankiert wird, sich durch die Annahme von der oftmals als Mangel empfundenen Kinderlosigkeit zu befreien oder ihren leiblichen Kindern ein Familienleben mit Geschwistern zu ermöglichen, steht dem legislativen Leitbild dabei nicht entgegen;8 ausschlaggebend für die Adoptionsentscheidung hat aber das Kindeswohl zu sein.9 II. Stiefkindadoption und Leitbild der Adoption Kinder, die in einer Stieffamilie aufwachsen, bewegen sich außerhalb der gesetzlichen Zielgruppe der Adoption: Sie sind in den meisten Fällen keinem Zustand von Elternlosigkeit und genereller Fürsorgebedürftigkeit ausgesetzt,10 sondern verfügen – soweit nicht ein Elternteil verstorben ist – über zwei leibliche Elternteile; daneben tritt mit dem (neuen) Ehe- bzw. Lebenspartner des mit dem Kind zusammenlebenden leiblichen sogar ein zusätzlicher sozialer Elternteil. Bei Stiefkindern ist für das mit der Adoption angestrebte dauerhafte Zuhause bereits gesorgt. Die Adoption ermöglicht demnach nicht erst die Bildung familiärer Bindungen, die dem Kind ohne die Adoption verwehrt wären. An der tatsächlichen Lebenssituation 3 Vgl. BVerfG FamRZ 1968, 578 (579); Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages zum Adoptionsrecht, BT-Drucks. 7/5087, S. 4; Enders FPR 2004, 60 (63); Beck’scher Online-Kommentar/Enders § 1741 Rn. 1; juris PK-BGB/Heiderhoff § 1741 Rn. 5; Lüderitz NJW 1976, 1865. 4 Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 16 f. 5 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (211). 6 Enders FPR 2004, 60. 7 Bainham, Children – The Modern Law, S. 265; Parker, Adoption Now, S. 5. 8 RegE BT-Drucks. 7/3061, S. 23; MünchKommBGB/Maurer Vor § 1741 Rn. 2. 9 RegE BT-Drucks. 7/3061, S. 23. 10 Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Krähenbühl FK 2004, Heft 5, 30 (33). Frank, Grenzen der Adoption, S. 22; so auch Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (203), die davon sprechen, dass Kinder in der heutigen Stieffamilie nicht mehr eines Elternteils „beraubt“, sondern „elternreich“ sind.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
des Kindes ändert sich durch die Adoption nichts.11 Vielmehr geht es bei der Stiefkindadoption darum, einer tatsächlichen familiären Beziehung eine (andere) rechtliche Form zu geben. Das Institut der Stiefkindadoption wird damit – wie in Kapitel 1 dargestellt – häufig zweckentfremdend primär als Instrument genutzt, dem Stiefelternteil gegenüber dem Stiefkind eine vollwertige Elternposition einzuräumen. III. Privilegierungen der Stiefkindadoption Dennoch sieht das deutsche BGB die Stiefkindadoption ausdrücklich als „Annahme des Kindes des Ehegatten“ in § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB vor. Vom Gesetzgeber erhielt die Stiefkindadoption kein eigenständiges Regelungssystem, lediglich einige wenige, die grundlegenden Voraussetzungen und Wirkungen der Adoption nicht berührende Normen erwähnen diese Adoptionsform. Dabei weist sie gegenüber der Fremdadoption gesetzliche Privilegierungen auf:12 Der Annehmende kann gemäß § 1743 S. 2 BGB das Stiefkind – im Gegensatz zu der im Normalfall einer Adoption vorausgesetzten Vollendung des 25. Lebensjahres – bereits dann adoptieren, wenn 11
So auch BVerfG NJW 1995, 2155 (2157); Bridge Legal Studies 1993, 81 (88). Muscheler StAZ 2006, 189 (192). Gesetzliche Privilegierungen erfuhren Stiefkindadoptionen bereits früh. Durch das Gesetz zur Erleichterung der Annahme an Kindes statt (AEG) vom 8.8.1950 kam eine Befreiungsmöglichkeit vom damals geltenden Kinderlosigkeitserfordernis vor allem bei Stiefkindadoptionen zur Anwendung, sodass diese ab Mitte des 20. Jahrhundert mit steigender Tendenz zur Verrechtlichung der StiefelternKind-Beziehung herangezogen wurden, vgl. Glässing, Voraussetzungen der Adoption, S. 75 f. und Becker UJ 1956, 352 (353) über den hohen Anteil von Adoptionen durch den Ehemann der Mutter in Hamburg in den Jahren 1954 und 1955. Die mit dem AEG 1950 eingeführten Befreiungsoptionen bezogen sich jedoch nur auf die gemeinsame Annahme eines Kindes, wovon aber nach der Rechtsprechung eine Ausnahme zu machen war, wenn es sich um die Annahme eines Kindes einer früheren Ehe durch den Stiefelternteil handelte, BayObLG NJW 1951, 924. In Bezug auf eine solche Befreiung wurde in der Rechtsprechung teilweise die Sorge geäußert, dass es bei einer Stiefkindadoption zu einer Bevorzugung des Stiefkindes gegenüber dem leiblichen Elternteil des Kindes kommen könnte, das bei der geschiedenen Mutter lebte, vgl. Hanseatisches OLG ZBlJR 1954, 31; OLG Oldenburg EJF 1951, 122. Das OLG Hamm hingegen sah eine solche Gefahr aufgrund der ohnehin infolge der Scheidung und des Getrenntlebens nur bedingten emotionalen Verbundenheit von leiblichem Elternteil und Kind nicht begründet, StAZ 1954, 109. Auch in Bezug auf das Altererfordernis waren Stiefkindadoptionen privilegiert. Von dem Erfordernis, dass Antragsteller mindestens 50 Jahre alt und 18 Jahre älter als das Kind sein mussten, vgl. § 1744 BGB-1900, konnten Befreiungen nach § 1745 BGB-1900 erteilt werden. Eine solche Befreiung war vorgesehen, wenn weitere Abkömmlinge nicht zu erwarten waren, was mittels eines ärztlichen Attests nachgewiesen werden musste. Auf die Vorlage eines solchen ärztlichen Zeugnisses wurde allerdings bei einer Stiefkindadoption verzichtet, vgl. Ziffer 8, Nr. 2 b) der Durchführungsbestimmungen zur Verordnung zur Vereinheitlichung der Zuständigkeit in Familien- und Nachlaßsachen vom 27.7.1934, RGBl. I, 738 (740). 12
A. Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption
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er das 21. Lebensjahr vollendet hat.13 Zudem lässt sich die Stiefkindadoption entgegen des allgemein geltenden Verbots der Kettenadoption gemäß § 1742 BGB auch dann durchführen, wenn das Stiefkind bereits ein Adoptivkind ist.14 Des Weiteren ist die Zulassung der Stiefkindadoption bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft als Privilegierung zu nennen, vgl. § 9 Abs. 7 LPartG. Eine zusätzliche Sonderregel der Stiefkindadoption betrifft das bereits angesprochene Verhältnis des Kindes zu den Verwandten des außenstehenden leiblichen Elternteils, das als Ausnahme des in § 1755 BGB inkorporierten Grundsatzes der Volladoption bestehen bleibt, wenn dieser leibliche Elternteil verstorben ist und das Sorgerecht für das Kind im Zeitpunkt des Todes innehatte,15 vgl. § 1756 Abs. 2 BGB. Dies hat – wie aufgezeigt – zur Konsequenz, dass das Kind mit drei Verwandtenstämmen lebt und von diesen dreien unterhalts- und erbrechtliche Ansprüche ableiten kann. Eine weitere Besonderheit ergibt sich wie folgt: Das deutsche Recht kennt die gemeinschaftliche Adoption, bei der zwei Ehepartner gemeinsam ein Kind, das nicht ihr leibliches Kind ist, annehmen, und die Einzeladoption, bei der durch die Adoption exklusiv ein Abstammungsverhältnis zum Adoptierenden unter Erlöschen der Abstammungsbeziehung zu dem bzw. zu den leiblichen Eltern begründet wird. Innerhalb dieser Adoptionsformen stellt die Stiefkindadoption einen besonderen Typus der Adoption dar:16 Anders als bei der klassischen Einzeladoption wird nicht allein ein Kindschaftsverhältnis zu einem Elternteil hergestellt, ferner beantragen nicht zwei Personen die Adoption, vielmehr wird durch die Adoption durch den Stiefelternteil das bereits bestehende Abstammungsverhältnis zum leiblichen Elternteil zu einem gemeinsamen Kindschaftsverhältnis erweitert.17 Vom Grundsatz, dass verheiratete Personen ein Kind nur gemeinsam adoptieren können, wird somit im Falle der Stiefkindadoption abgewichen, § 1742 Abs. 2 S. 2 BGB.18 13 Art. 9 Abs. 2a) Europäisches Adoptionsübereinkommen v. 3.12.2008 sieht darüber hinaus sogar die Privilegierung vor, dass in Stiefkindadoptionsfällen eine Abweichung vom Erfordernis des Mindestalters von 18 Jahren in den Mitgliedstaaten zulässig ist. 14 Zulässig nach Art. 8a) Europäisches Adoptionsübereinkommen v. 3.12.2008. Dazu ausführlich unter G. I. 15 Kritisch hierzu Frank FamRZ 1998, 393 (398 f.). 16 So auch Hegnauer SJZ 1976, 201 (206 f.). 17 Hegnauer SJZ 1976, 201 (207). MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 40: „Einzelannahme und gemeinschaftliche Annahme wirken in diesen Fällen mithin gleich“. 18 Des Weiteren kann durch die Stiefkindadoption nach § 1772 Abs. 1 S. 1 lit. c BGB auch bei der grundsätzlich nur als schwache Adoption (adoptio minus quam plena) ausgestalteten Erwachsenenadoption ausnahmsweise die Volladoption (adoptio plena) erreicht werden. Die Untersuchung beschränkt sich – wie dem Titel der Arbeit zu entnehmen ist – auf minderjährige Kinder, die von ihrem Stiefelternteil angenommen werden; Stiefkindadoption in Form einer Erwachsenenadoption sind hingegen nicht Gegenstand dieser Untersuchung.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Auch in England sieht der ACA 2002 die Möglichkeit einer Stiefkindadoption explizit vor, wobei ein Teil der Normen, die diese Adoptionsform regeln, ebenfalls auf eine Privilegierung hindeutet: So finden sich hinsichtlich der Altersvoraussetzungen und der Länge des der Annahme vorausgehenden Betreuungsverhältnisses Sondervorschriften für Stiefkindadoptionen gegenüber Fremdadoptionen von Minderjährigen: Während bei einer Minderjährigenadoption als Mindestalter der Adoptierenden die Vollendung des 21. Lebensjahres vorausgesetzt wird, reicht es im Falle der Adoption eines Stiefkindes durch den Stiefehe- bzw. Stieflebenspartner aus, wenn einer der beiden Stiefpartner das 21. Lebensjahr vollendet hat, der anderen jedoch mindestens 18 Jahre alt ist, vgl. Sec. 50 (1) und (2) ACA 2002. Auch ist das tatsächliche Betreuungsverhältnis, das einer Adoption vorangehen muss, im Falle der Adoption eines Stiefkindes verkürzt, vgl. Sec. 42 (3) ACA 2002.19 Über diese Normen hinaus, verfügte und verfügt das englische Recht jedoch auch über Regelungen, mit denen gerade der Nutzung der Adoption als Verrechtlichungsinstitut in der Stieffamilie entgegengewirkt wird, auf die im Folgenden detailliert eingegangen wird. IV. Ergebnis Ein Vergleich der geschätzten Zahlen der heute existierenden Stieffamilien20 mit denen der Stiefkindadoptionen ergibt, dass von dieser Verrechtlichungsmöglichkeit bei den heutzutage jährlich durchgeführten über 2200 Stiefkindadoptionen in Deutschland lediglich ein kleiner Teil der Stiefeltern Gebrauch macht.21 Ordnet man allerdings die Stiefkindadoptionszahlen in die Gesamtanzahl der Minderjährigenadoptionen in Deutschland ein, muss festgestellt werden, dass mehr als die Hälfte aller Annahmen von Minderjährigen Stiefkindadoptionen darstellen. Dieser Anteil ist über die 19 Dazu näher unter E. II. Ausführlich zur Entwicklung der Regelungen betreffend die Stiefkindadoption in England unter B. IV. 2. b) aa). 20 Dazu in Kapitel 1, unter A. II. 1. b). 21 Der Anteil der adoptierten an sämtlichen minderjährigen Stiefkindern lässt sich jährlich auf weniger als 1 % schätzen, so auch Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 100; Conradi FamRZ 1980, 103 (104). Rechnet man einen jährlichen Durchschnittswert von 3.000 Stiefkindadoptionen auf die Zeitspanne von 50 Jahren hoch, so ergibt sich eine Gesamtsumme von 150.000 Stiefkindern, die in den letzten 50 Jahren von ihrem Stiefelternteil adoptiert wurden. Diese Gesamtzahl entspricht gerade einmal jener der Kinder, die jährlich von der Scheidung ihrer Eltern betroffen sind, vgl. oben in Kapitel 1, unter A. II. 1. b). In England machte sogar in der Zeit des Höhepunktes an Stiefkindadoptionen – dazu ausführlich unter B. IV. 2. b) aa) – lediglich ein geringer Anteil der Stiefeltern und internen leiblichen Elternteile von der Adoption Gebrauch, vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (231), die diesen auf etwa 20 % schätzt. Mit der gleichen Feststellung der geringen Nutzung Cobb Fam Law 1999, 725 (725); ebenso De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (25).
A. Zweckwidrigkeit der Stiefkindadoption
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vergangenen Jahrzehnte hinweg stetig angestiegen,22 was jedoch auch im Zusammenhang mit dem Rückgang der Gesamtzahl der Minderjährigenadoptionen gesehen werden muss.23 Dass sich die Adoption zu einem Institut verändern würde, das überwiegend von geschiedenen bzw. getrennten Eltern nach (Wieder-)Heirat bzw. Verpartnerung zur Fiktion von Abstammungsverhältnissen und zum Austausch des biologischen Elternteils durch den Stiefelternteil24 genutzt wird, hatten sowohl der englische als auch der deutsche Gesetzgeber ursprünglich wohl nicht in ihre Erwartungen einbezogen.25 Die Stiefkindadoption stellt sich im Hinblick auf das gesetzgeberische Leitbild des deutschen und englischen Adoptionsrechts insofern als problematisch dar.26 Ihr kommt zweckentfremdend27 nicht selten familienplane22 Bereits zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Stiefkindadoptionen in den Statistiken noch nicht gesondert ausgewiesen wurden, wurde ein Anstieg der „Stiefvateradoptionen“ in der Praxis beobachtet, vgl. zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34; Webler ZBlJR 1935/36, 277 (282). Stiefkindadoptionen wurden zu dieser Zeit in den Statistiken in der Gruppe der Verwandtenadoptionen erfasst, die damals 35–40 % sämtlicher Adoptionen ausmachten, vgl. Klein, Das Recht des Pflegekindverhältnisses und der Adoption, S. 43; Webler ZBlJR 1935/36, 277 (282). In der Untersuchung von Barth ZfJ 1978, 243 (259) handelte es sich bei 21 der erfassten 337 Adoptionen um Stiefkindadoptionen. Zum ersten Mal getrennt ausgewiesen belief sich die Zahl der Adoption Minderjähriger durch Stiefeltern 1982 auf 3.433, im Verhältnis zur Gesamtzahl von 9.145, damit auf 37 %, Statistisches Bundesamt, Reihe 6.1: Erzieherische Hilfen und Aufwand für die Jugendhilfe 1982. Bei den seit 1993 rückläufigen Gesamtzahlen der Minderjährigenadoption, die sich im Jahr 2005 auf 4.762 beliefen, ist auch ein Rückgang der Stiefkindadoptionen auf 2.592 im Jahr 2005 zu verzeichnen. Dennoch stellen Stiefkindadoptionen in Deutschland die häufigste Adoptionsform dar, deren Anteil an der Kindesannahmengesamtzahl auf 57 % im Jahr 2005 angestiegen ist. Von 2005 bis 2009 zeichnete sich ein leichter Rückgang der Zahlen ab: Im Jahr 2009 wurden 2.011 Stiefkinder adoptiert, womit Stiefkindadoptionen 51,7 % des gesamten Minderjährigenadoptionsvorkommens ausmachten, Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2009, Tabelle 1.1. Im Jahr 2011 hat sich der Anteil der Stiefkindadoptionen wieder dem Niveau von 2005 angeglichen: 2.266 Stiefkindadoptionen machten einen Anteil von ca. 56 % am gesamten Minderjährigenadoptionsvorkommen aus, Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 1.1. Zur Entwicklung der Stiefkindadoptionszahlen vgl. Staudinger/Frank Vor §§ 1741 ff. Rn. 28; Fendrich ZfJ 2005, 283 (284 f.); dies./Schilling FPR 2001, 305 (307 f.). 23 Die Gesamtzahlen der Minderjährigenadoptionen nehmen seit 1993 kontinuierlich ab, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2009, Zeitreihe 1. 24 Oberloskamp, in: Hoksbergen/Textor (Hrsg.), Adoption, S. 14 (17). 25 Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101; O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 44. 26 So auch Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Enders FPR 2004, 60; vgl. auch Hauser, der Stiefkindadoptionen als Perversion des Rechtsinstitutes der Adoption einstuft, zitiert nach Schwenzer, Gutachten zum 59. DJT, Bd. I, A 1 (A 98); vgl. auch Clerc, Die
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Kapitel 2: Das Stiefkind
rischer Gehalt zu, indem sie als ein Mittel zur Verschaffung einer Elternposition zugunsten des Stiefelternteils eingesetzt wird,28 anstatt sich entsprechend dem gesetzgeberischen Leitbild der Adoption als ein soziales, kindesorientiertes Institut dem Wohle des Kindes zu verschreiben. Zwar handelt es sich bei dem Wunsch nach Verrechtlichung der Stiefelternposition durchaus um ein legitimes Ziel, jedoch stellt die Adoption im Hinblick auf deren Leitbild seit 1976 ein sachfremdes Mittel zur Erreichung dieses Ziels dar.29
B. Das Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
I. Einführung Das Leitbild des modernen deutschen und englischen Adoptionsrechtes, nach dem – wie dargestellt – die Adoption als ein kindorientiertes Institut zu verstehen ist, ist gesetzlich in der Festschreibung des Kindeswohls als der zentralen Voraussetzung einer jeden Adoption verankert. Darüber hinaus ist ein Großteil der adoptionsrechtlichen Normen auf die Wahrung des Kindeswohls ausgerichtet und orientiert sich an den Kindesinteressen, auch wenn der Begriff des Kindeswohls in ihnen keine explizite Erwähnung findet. Es wird im Folgenden untersucht, wie diese Verankerung des Kindeswohls in beiden Rechtsordnungen ausgestaltet ist und ob das Kindeswohlerfordernis in seiner jeweiligen Ausprägung das gesetzgeberische Leitbild auch für die Fälle der Stiefkindadoption ausreichend absichert.
Stiefkindadoption, S. 173, der die Stiefkindadoption als einen „Fremdkörper“ innerhalb des Adoptionsinstitutes bezeichnet. 27 So auch in Re D (An Infant) (Parent’s Consent) All ER 1977, Bd. 1, 145 (151): “[…] an adoption order (which is irrevocable) should not be used to deal with practical questions concerning the custody, or care and control of the child, or access to the child.” 28 Ebenso Bridge Legal Studies 1993, 81 (89): “It has more to do with the interests of adults than the interests of children.” Ähnlich Hoggett, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 131 (136), die die Änderung des Bildes der Adoption mit Blick auf Stiefkindadoptionen wie folgt beschreibt: “[…] people […] had begun to use adoption, not because they wanted a child, but because they wanted its legal effects.” 29 So auch Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 174. Auch außerhalb des Adoptionsrechts steht die Stiefkindadoption nicht im Einklang mit der grundsätzlichen gesetzgeberischen Wertung, die in beiden Rechtsordnungen im Scheidungsfall durch den Erhalt des gemeinsamen Sorgerechts geschiedener Ehegatten die Aufrechterhaltung gemeinsamer Elternschaft fördern will, so auch Bridge Legal Studies 1993, 81 (89), wenngleich der gemeinsamen Sorge vor der Alleinsorge damit kein Vorrang eingeräumt wird, vgl. BGH FamRZ 2005, 1167, so auch bereits BT-Drucks. 13/4899, S. 63.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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Zunächst bedarf es einer Begriffsbestimmung, was unter dem Kindeswohl im Allgemeinen zu verstehen ist, ehe der Frage nach der Vereinbarkeit von Kindeswohl und Stiefkindadoption nachgegangen wird und eine Bestandsaufnahme der Kindeswohlaspekte im deutschen und englischen Adoptionsrecht vorgenommen wird. II. Begriff des Kindeswohls 1. Kindeswohlbegriff im deutschen Recht Während Kindern in Europa noch bis ins 19. Jahrhundert hinein eine rein materielle Funktion sowie der instrumentelle Wert der Nutzbarkeit als Arbeitskräfte zugeschrieben wurde,30 änderte sich mit der zunehmenden Intimisierung und Emotionalisierung der innerfamilialen Struktur die Rollenerwartung an sie. Die Kindheit wurde als eigenständige Entwicklungsphase in Abgrenzung zum Erwachsenendasein anerkannt.31 Beginnend mit den gesetzgeberischen Eingriffen in die elterliche Gewalt auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendarbeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts, wurden seit Ende ebendieses Jahrhunderts Kinder zunehmend zum Gegenstand von Gesetzen, die sich ihres Schutzes verschrieben.32 Die Anerkennung einer eigenen Rechtssubjektivität des Kindes sollte sich jedoch vollumfänglich erst mit dem ab Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden gesamtgesellschaftlichen Individualisierungsschub durchsetzen, mit dem sich in der juristischen Praxis das Kindeswohl als Maxime in den relevanten Rechtsregelungen etablierte.33 Das nunmehr als das „stets wiederkehrende Leitmotiv des Kindschaftsrechts“34 zu qualifizierende Kindeswohl ist als unbestimmter Rechtsbegriff im BGB verankert,35 dessen inhaltliche Ausfüllung dem Richter obliegt.36 Der Gesetzgeber verzichtete bei der Integration des Prinzips in das BGB bewusst auf eine Legaldefinition des Rechtsbegriffs, der seither vielfach dem Vorwurf mangelnden normativen Gehalts ausgesetzt war, dessen Wert
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Vgl. Keating, A Child for Keeps, S. 18. Nave-Herz, Ehe- und Familiensoziologie, S. 191 f.; Verhellen, in: Koeppel (Hrsg.), Kindschaftsrecht und Völkerrecht, S. 119 (120). 32 Ausführlich zur Differenzierung des Kindesdaseins gegenüber dem Erwachsenenstatus Boli-Bennett/Meyer Am Soc Rev 1978, 797 ff. 33 Nave-Herz, Ehe- und Familiensoziologie, S. 193. Ausführlich zur Entwicklung der gesetzlichen Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber Elternrechten Frank AcP 2000, 401 (414 ff.). 34 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 68 Rn. 98. 35 OLG Hamm FamRZ 1982, 194 (195). 36 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 68 Rn. 98. 31
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sich in einem abstrakten Formalbegriff erschöpfe, der dem Richter keine fassbaren Anweisungen oder konkreten Entscheidungshilfen liefere.37 Allein schon aufgrund seines vielfältigen Anwendungsbereiches entbehrt der Kindeswohlbegriff jedoch einer einheitlichen Definition:38 So findet er sich nicht nur in den adoptionsrechtlichen Normen, 39 sondern dient als Maßstab in jenen Rechtsvorschriften des BGB, die die elterliche Sorge regeln,40 im Namensrecht41 sowie im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG).42 Auch der Stellenwert, der dem Kindeswohl in den unterschiedlichen Regelungszusammenhängen zukommt, differiert in den verschiedenen Rechtsnormen, in denen er genannt wird.43 Bei der Anwendung der Normen, die das Kindeswohl als Maßstab vorschreiben, unterscheiden sich zudem die Handlungsspielräume der Normadressaten, sodass auch in tatsächlicher Hinsicht eine Festlegung einheitlicher Kindeswohlkriterien nicht möglich ist.44 Eine subsumtionstaugliche, präzise und allgemeingültige Definition sowie Interpretation des Begriffs des Kindeswohls ist zum einen aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsbereiche sowie aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit nicht möglich.45 Zum anderen würde sie verhindern, dass sich die ohnehin nicht einheitlichen gesellschaftlichen Vorstellungen über die Ausfüllung des Begriffs gegenüber den sich wandelnden Erkenntnissen der Sozialwissenschaften46 offenhielten.47 Dennoch bedarf es einer Kon-
37 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 1 ff., mit detaillierten Angaben zur Kritik am Gesetzesbegriff des Kindeswohls; ebenso Uffelmann, Das Wohl des Kindes als Entscheidungskriterium im Sorgerechtsverfahren, S. 19 ff. 38 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 5; Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 115; Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 46; Fegert, in: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis?, S. 84 (85). 39 § 1741 Abs. 1 BGB; ebenso §§ 1761 Abs. 2, 1763 Abs. 1, 3a BGB. 40 Vgl. nur §§ 1626 Abs. 3, 1627, 1629 Abs. 1, 1632 Abs. 4, 1666 Abs. 1, 1678 Abs. 2, 1684 Abs. 4, 1685 Abs. 1, 1686, 1687 Abs. 2, 1687b Abs. 3 BGB. 41 Bei der Einbenennung des Kindes, vgl. § 1618 BGB, dazu näher in Kapitel 1, unter B. VI. 1. 42 Dort z.B. in § 38 oder § 45 Abs. 2, 3 KJHG. 43 Vgl. die Formulierungen des „Nichtwidersprechens“ des Kindeswohls in § 1686 BGB in Gegenüberstellung zum „Dienen“ des Wohles des Kindes in § 1741 BGB oder der „Kindeswohlerforderlichkeit“ u.a. in § 1687b Abs. 3 BGB oder aber der „Gefährdung“ des Kindeswohls in § 1666 BGB. 44 Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 123. 45 Vgl. Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 24; Zitelmann, Kindeswohl und Kindeswille, S. 129 f.; Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 115 f.; Coester, Das Kindeswohl als Rechtbegriff, S. 161 m.w.N. 46 Die Offenheit des Erkenntnisprozesses als Argument gegen die unveränderbare Festschreibung von Kriterien anführend Simitis, in: Dieckmann/Frank/Hanisch/Simitis (Hrsg.), FS Müller-Freienfels, S. 579 (602); zu den Leistungsmöglichkeiten der außerju-
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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kretisierung des Begriffes durch die Herausbildung von Kriterien, Maßstäben und Wertaspekten, die bei der Anwendung durch die Gerichte Rechtssicherheit vermitteln und den Schutz vor Überfrachtung seiner Auslegung mit der persönlichen und emotionalen Wertung des Rechtsanwenders gewährleisten.48 Die Herausbildung und Fortbildung dieser Kriterien orientiert sich dabei an dem jeweiligen Regelungs- und Anwendungsbereich.49 Das auf diese Weise entstandene allgemeine Deutungsnetz für den jeweiligen Sachzusammenhang hat der Richter im Sinne der Individualgerechtigkeit auf seine Bedeutung für das individuelle Kind im konkreten Einzelfall zu überprüfen.50 Eine schematische Anwendung der allgemein erfassten Wertsätze auf den Einzelfall verbietet sich.51 2. Kindeswohlprinzip im englischen Recht a) Die Entwicklung des Kindeswohlprinzips Lange Zeit fand das Kindeswohl in England keine Berücksichtigung in gerichtlichen Entscheidungen und gesetzlichen Kodifizierungen. Kinder waren in England vor dem 17. Jahrhundert in einem stark patriarchalisch strukturierten Familiensystem allein dem Vater als Inhaber sämtlicher familiärer Rechtspositionen – dem sog. natürlichen guardian – unterstellt.52 Eine kindeswohlbezogene übergeordnete Einflussnahme des Staates oder der Gesellschaft auf die soziale Einheit der Familie wurde nicht für notwendig erachtet.53 Erst unter dem Einfluss der Renaissance und der Reformation erwuchs ab dem 18. Jahrhundert ein gefestigtes gesellschaftli-
ristischen Wissenschaften bei der Konkretisierung des Kindeswohls Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 421 ff.; Simitis, a.a.O., S. 579 (599 ff.). 47 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 163; Fegert, in: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis?, S. 84 (85); Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 40, 117; Ehring, Abänderung der Sorgerechtsentscheidungen und Wünsche des Kindes, S. 5. 48 Vgl. im Allgemeinen zu unbestimmten Rechtsbegriffen, die lediglich von „wertoder normbezogenen Vorstellungen her gedacht werden“, um im Einzelfall zur Anwendung gebracht werden zu können, Dubischar, Grundbegriffe des Rechts, S. 23; Diederichsen FamRZ 1978, 461 (468); Mnookin FamRZ 1975, 1 (3 f.). 49 Zitelmann, Kindeswohl und Kindeswille, S. 120. 50 Staudinger/Coester (2009) § 1666 Rn. 66. 51 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 465 m.w.N.; Parr, Das Kindeswohl in 100 Jahren BGB, S. 9. 52 Myricks Family Coordinator 1977, 321 (322); Douglas/Lowe LQR 1992, 414 (414, 427). Auch in Deutschland war das Kind bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein der elterlichen Gewalt allein des Vaters unterstellt, vgl. § 1627 BGB a.F., dazu näher Frank AcP 2000, 401. 53 Maidment, Child Custody and Divorce, S. 92.
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ches und politisches Interesse am emotionalen Wohl des Kindes,54 nachdem die harten Bedingungen der mit der beginnenden Industrialisierung einhergehenden Kinderarbeit sowie das dem elterlichen Haus entwurzelte Leben auf der Straße zahlreicher Minderjähriger Bestrebungen zum Schutz von Kindern vor elterlichem Missbrauch hervorgerufen hatten.55 Der englische Gesetzgeber nahm sich dieser Entwicklungen ab 1819 in verschiedenen Gesetzen an, die u.a. eine Begrenzung der Kinderarbeitszeit und ein Mindestalter für Kinderarbeit festlegten.56 Ferner verordnete der Poor Law Amendment Act aus dem Jahr 1868 strafrechtliche Sanktionen für Eltern, die ihren Kindern bewusst Nahrung, Pflege oder Unterkunft verweigerten.57 Die Berücksichtigung des Kindeswohls in der englischen Justiz nahm ihren Anfang in der Equity58-Rechtsprechung des Court of Chancery im 18. und 19. Jahrhundert, in der zum ersten Mal die Interessen des Kindes zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Rechte des Vaters herangezogen wurden.59 Ersten gesetzlichen Niederschlag fand das Prinzip des Kindeswohls sodann im Custody of Infants Act 1873.60 Lediglich in wenigen Fällen sollte das welfare principle als eine Ausnahme zum sonst unantastbaren Recht des Vaters, über seine Kinder ohne jegliche Einmischung eines Gerichtes zu bestimmen, Anwendung finden.61 Bei Streitigkeiten über die Sorgeangelegenheiten bezüglich eines Kindes lagen die stärkeren Besitzrechte beim Vater, die Mutter hatte demnach das Gericht davon zu überzeugen, dass im konkreten Einzelfall ihre Stellung die vorrangige Position des Vaters überlagerte.62 Dies gestaltete sich äußerst schwierig, da die Gerichte von der Prämisse ausgingen, dass der Erhalt des Besitzrechtes des
54 Maidment, Child Custody and Divorce, S. 92; Barton/Douglas, Law and Parenthood, S. 10 m.w.N.; Breuer, Der englische Children Act 1989 und die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Familie, S. 9. 55 Breuer, Der englische Children Act 1989 und die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Familie, S. 9 m.w.N. 56 Breuer, Der englische Children Act 1989 und die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Familie, S. 9 m.w.N. 57 Sec. 37 Poor Law Amendment Act 1868. 58 Das Recht der Equity entwickelte sich aus der vom Court of Chancery seit dem 15. Jahrhundert hervorgebrachten Billigkeitsrechtsprechung. 59 Vgl. De Manneville v De Manneville ER 1804, 762. 60 In Sec. 2 hieß es: “[…] no Court shall enforce any such agreement if the Court shall be of opinion that it will not be for the benefit of the infant or infants to give effect thereto.” 61 Re Taylor Ch 1876, Bd. 4, 157 (159); Stone, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The child and the court, S. 229 (232). 62 Douglas, An Introduction to Family Law, S. 160 f.
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Vaters dem Kindeswohl grundsätzlich am dienlichsten sei.63 So wurde das Kindeswohl nicht als eigenständiges Kriterium berücksichtigt, sondern mit elterlichen Interessen vermischt, der Kindeswohlbegriff oftmals über die väterlichen Erziehungsrechte definiert.64 Der Guardianship of Infants Act aus dem Jahre 1886 beschrieb zum ersten Mal das Kindeswohl zusammen mit den elterlichen Wünschen als einen relevanten Gesichtspunkt.65 Aber auch die Verankerung des Kindeswohlprinzips im Custody Act 1891 änderte wenig an der gerichtlichen Praxis des Vorrangs der elterlichen Rechte.66 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Rechtsprechung damit, sich näher mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Begriffes des Kindeswohls zu befassen. Dieser wurde damals möglichst weit, d.h. nicht nur das körperliche, sondern auch das moralische und religiöse Wohl umfassend sowie die emotionalen Bindungen des Kindes berücksichtigend, definiert.67 Bereits im Jahre 1896 wurde dem Begriff des Kindeswohls die Eigenschaft eines main and paramount-Entscheidungskriteriums beigemessen.68 Diese Einschätzung schlug sich gesetzlich im Guardianship of Infants Act 1925 nieder, nach dessen Sec. 1 das Kindeswohl bei allen gerichtlichen Entscheidungen in Bezug auf das Aufwachsen des Kindes und die Verwaltung seines Vermögens das first and paramount-Entscheidungsmerkmal sein sollte. Mangels gesetzgeberischer Definition setzte die Judikatur diesen Grundsatz jedoch kaum um, vielmehr hielten die Gerichte an ihren ursprünglichen Vorstellungen darüber fest, was für das Kind am besten sei.69 Im Laufe der Zeit wurden Kinder stärker als eigenständige, von den elterlichen Interessen losgelöste Personen anerkannt, sodass eine Abkoppelung der Kindeswohlfrage von jener der elterlichen Interessen erfolgte; ferner wurden die Kindeswohlvorstellungen durch Erkenntnisse aus der Kinderpsychologie darüber beeinflusst, wie die kindliche Entwicklung und 63 Douglas, An Introduction to Family Law, S. 161; Ormrod, in: Lewis (Hrsg.), Child Adoption, S. 196 (202). 64 Douglas, An Introduction to Family Law, S. 161. 65 Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 649. 66 Bagley British Journal of Social Work 1973, 79 (81). 67 Vgl. Re McGrath Ch 1893, Bd. 1, 143 (148). 68 Re Newton Ch 1896, Bd. 1, 740 (751). 69 Douglas, An Introduction to Family Law, S. 161. Vgl. Re Thain, Ch 1926, 676 (684): “[...] as the rule laid down for my guidance in the exercise of this responsible jurisdiction does not state that the welfare of the infant is to be the sole consideration but the paramount consideration, it neccessarily contemplates the existence of the other conditions, and among these the wishes of an unimpeachable parent undoubtedly stand first.” Bagley British Journal of Social Work 1973, S. 79 (87). Anders Bland, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 374 (403), der beschreibt, dass in Vormundschafts- und Sorgerechtsverfahren in der Praxis des Court of Chancery das Kindeswohl über Jahre hinweg als erste Überlegung des Gerichtes Berücksichtigung fand.
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das Wohlbefinden des Kindes durch die Gestaltung familiärer Beziehungen zum Positiven oder Negativen beeinflusst werden kann.70 Erst die Scheidungsrechtsreform in den 1970er Jahren führte schließlich zu einer Zuwendung auch der Rechtsprechung zum Kindeswohl.71 Im Anschluss an die Entscheidung J v C72 zeigte die Rechtsprechung eine größere Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen, die das Kindeswohl am besten absicherten, auch wenn dies zur Folge hatte, dass Gerechtigkeitserwägungen und argumente von Eltern, Dritten oder des Staates zurückgewiesen werden mussten.73 b) Begriff des Kindeswohls im heutigen englischen Recht aa) Inhalt des Kindeswohls Sec. 1 des CA 1989 bestimmt: “When a court determines any question with respect to […] the upbringing of a child […] the child’s welfare shall be the court’s paramount consideration.”
Auch in England findet sich im Gesetz keine abstrakte Definition des Begriffs des Kindeswohls. Jedoch hält Sec. 1 (3) des CA 1989 eine statutory checklist bereit,74 die – nicht abschließend75 – einige der in diesem Zusammenhang relevanten Kriterien benennt, die im Rahmen streitiger An70
Vgl. Goldstein/Freud/Solnit, Jenseits des Kindeswohls, S. 17 ff. Vgl. Re Adoption Application No. 41/61 Ch 1963, 315 (329): “There can only be one first and paramount consideration”; J v C AC 1970, 668 (697), in der Lord Guest ausführte: “[…] in my view the law […] never required that the father’s wishes should prevail over the welfare of the infant. The dominant consideration has always been the welfare of the infant.” Dass das Kindeswohl als “first and paramount” vorgeschrieben wurde, wurde in der Entscheidung wie folgt interpretiert: “[these words] must mean more than that the child’s welfare is to be treated as the top item in a list of items relevant to the matter in question. I think they connote a process whereby, when all the relevant facts, relationships, claims and wishes of parents, risks, choices and other circumstances are taken into account and weighed, the course to be followed will be that which is most in the interest of the child’s welfare as that term has now to be understood. That is the first consideration because it is of first importance and the paramount consideration because it rules upon or determines the course to be followed.”, S. 710 f. Vgl. im Gegensatz dazu noch Re J M Carroll (An Infant) KB 1931, 317: “[…] the court cannot, in the case of a child too young to have any views of its own, disregard the desire of its only parent unless that parent has so neglected his or her duty as no longer to deserve consideration.” 72 Siehe vorige Fn. 73 Vgl. Douglas, An Introduction to Family Law, S. 164. 74 Von Salgo, Der Anwalt des Kindes, S. 268, als „positive Definition“ des Kindeswohls eingestuft. 75 Vgl. zum Beispiel Re R (Residence Order: Finance) FLR 1995, Bd.2, 612; dem Gericht steht es offen, weitere Belange zu bestimmen, die in einem Kindeswohlbericht enthalten sein sollen, vgl. Sec. 7 (1) CA 1989. 71
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ordnungen nach Sec. 8 des CA 1989 sowie bei Fürsorge- und Aufsichtsanordnungen nach Abschnitt IV des CA 1989 zu berücksichtigen sind: “(a) the ascertainable wishes and feelings of the child concerned (considered in the light of his age and understanding); (b) his physical, emotional and educational needs; (c) the likely effect on him of any change in his circumstances; (d) his age, sex, background and any characteristics of his which the court considers relevant; (e) any harm which he has suffered or is at risk suffering; (f) how capable each of his parents, and any other person in relation to whom the court considers the question to be relevant, is of meeting his needs; (g) the range of powers available to the court under the Children Act 1989 in the proceedings in question.”
bb) Stellenwert des Kindeswohls Im Guardian of Infants Act 1925, Sec. 1, und auch noch im Guardianship of Minors Act 1971, Sec. 1, wurde das Kindeswohl – wie dargestellt – als first and paramount consideration eingestuft. Mit der Wendung first wollte die Law Commission zum Ausdruck bringen, dass das Kindeswohl mit anderen Faktoren in Abwägung zu bringen sei, was in der Rechtsprechung zunächst auch so praktiziert wurde.76 In der Gerichtspraxis vollzog sich jedoch bald eine Abkehr von einer solchen Abwägung, und es etablierte sich – entgegen dem Gesetzeswortlaut – eine Praxis der Berücksichtigung des Kindeswohls als paramount consideration.77 Der Wortlaut von Sec. 1 des CA 1989 reduziert dementsprechend die Stellung des Kindeswohls auf paramount (= ausschlaggebend), d.h. “the welfare of the child should come before and above any other consideration in deciding whether to make an order”.78 Das Gericht hat damit alle potentiell relevanten Überlegungen im Vorfeld seiner Entscheidung zu berücksichtigen; bei der Entscheidung selbst hat jedoch allein das Kindeswohl bestimmend zu sein, andere Faktoren können sich nicht über dieses hinwegsetzen,79 sodass es sich bei dem Kindeswohl letztlich um den einzigen zu erörternden Gesichtspunkt bei einer gerichtlichen Entscheidung handelt.80 Das Kindeswohlprinzip wird 76 Vgl. Re L WLR 1962, Bd. 1, 886, wo eine Abwägung der Kindesinteressen mit den elterlichen Wünschen erfolgte. 77 Vgl. die bereits zitierte House of Lords-Entscheidung J v C AC 1970, 668; siehe auch W v W The Times November 26, 1976, wo die Entscheidung Re L (siehe vorige Fußnote) – auf der nach wie vor Entscheidungen basierten – als nicht mehr anzuwendendes Recht eingestuft wurde. 78 Hansard, HL Debate, 19 December 1988, vol. 502, 1167. 79 Hansard, HL Debate, 19 December 1988, vol. 502, 1166. 80 J v C AC 1970, 668; Harris-Short/Miles, Family Law, S. 524; Herring, Family Law, S. 418.
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dabei individuell verstanden, d.h. das Kind und sein Wohl werden ohne Bezug zum Wohl der anderen Mitglieder seiner Familie betrachtet; die Belange der anderen Familienmitglieder sind nur in dem Maße von Relevanz, wie sie einen direkten Einfluss auf das Kindeswohl haben.81 3. Vergleichende Stellungnahme Im Rahmen der Kindeswohlprüfung sind fallbezogen verschiedene Faktoren von jeweils unterschiedlichem Gewicht, sodass eine umfassende Zusammenstellung sämtlicher mit dem Kindeswohl korrespondierender Kriterien schon allein aufgrund des Umfangs wertlos und nicht mit der im Einzelfall notwendigen individuellen Würdigung der relevanten Faktoren vereinbar wäre. Sie würde zudem im Widerspruch zu dem der Rechtsprechung gewährten Entscheidungs- und Verantwortungsspielraum im Einzelfall stehen.82 Hintergrund der Implementierung der welfare-Prüfliste im englischen CA 1989 war weniger der Versuch, mit ihr den Begriff welfare zu definieren; sie soll vielmehr als Mittel zur Vereinheitlichung der gerichtlichen Praxis dienen und den Rahmen für eine systematische Herangehensweise bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf Kinder bilden.83 Diese Konkretisierung des Kindeswohlbegriffs bezweckt zudem die Vermeidung von Streitigkeiten zwischen Parteien, indem sie den Beteiligten die Möglichkeit bietet, sich im Vorhinein über die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte Klarheit zu verschaffen, und der Entscheidungsfindung des Richters Transparenz verleiht.84 Sie dient als Erinnerungshilfe, um zu verhindern, dass wichtige Aspekte außer Acht gelassen werden. 81 Vgl. z.B. in Dawson v Wearmouth FLR 1999, Bd. 1, 1167 (1178). Teilweise zeigt sich die Literatur über diese Interpretation erstaunt, nachdem das Parlament – wäre eine derartige Interpretation in seinem Sinne gewesen – eine entsprechende Regelung hätte treffen können. Es entstehe der Eindruck, der englische CA 1989 messe dem Kindeswohl ein stärkeres Gewicht bei, als in Art. 3 der UN-Kinderrechte-Konvention vorgesehen, nachdem dort das Kindeswohl als ein Gesichtspunkt genannt wird, „der vorrangig zu berücksichtigen“ sei, Herring, Family Law, S. 419; ders., in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 89 (99 ff.). Eine derartige Gewichtung schenke den elterlichen Interessen und denjenigen anderer Familienmitglieder keine ausreichende Berücksichtigung und ignoriere die Eingebundenheit des Kindes in sein familiäres Umfeld, Eekelaar CFLQ 2002, 237 (238). Teilweise wird daher für die Abschaffung dieser Gewichtungsvorgabe plädiert, Reece Current Legal Problems 1996, 267 (303). 82 Breuer, Der englische Children Act 1989 und die Ausweitung des Selbstbestimmungsrechts der Familie, S. 23. 83 Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 3.18, S. 19.; Bond/Black/Bridge, Family Law, S. 442. 84 Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 3.18, S. 19. Auch in England war und ist das Kindeswohlprinzip umfassender Kritik ausgesetzt, vgl. dazu Eekelaar CFLQ 2002, 237; Mnookin Law and Con-
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Vergleicht man die einzelnen Kriterien der englischen welfare checklist mit jenen, die sich in der deutschen Literatur und Rechtsprechung als Wertmaßstäbe zur Konkretisierung und Bestimmbarkeit des Kindeswohlbegriffs in den jeweiligen Regelungsbereichen herauskristallisiert haben, so finden sich Übereinstimmungen: Beispielsweise wird in § 1666 BGB ähnlich wie in Sec. 1 (3)(b) des CA 1989 beim Kindeswohlbegriff auf das körperliche, geistige und seelische Wohl abgestellt. Ebenso wie Sec. 1 (3)(c) CA 1989 beinhaltet nach deutschem Rechtsverständnis das Kindeswohl den Aspekt der Kontinuität und Stabilität.85 Zudem kommt wie in Sec. 1 (3)(a) CA 1989 auch im deutschen Recht dem Willen des Kindes bei der Kindeswohlprüfung zumindest als Indiz seiner inneren Bindungen86 Bedeutung zu.87 Positiven Definitionen, was unter dem Begriff des Kindeswohls zu verstehen ist, oder aber gesetzlichen Aufzählungen, welche Aspekte von ihm in jedem Falle erfasst werden, kann lediglich programmatischer Wert zugesprochen werden. Sie stellen den Versuch dar, Hilfestellungen bei der Konkretisierung im Einzelfall zu geben und haben gegenüber den Konkretisierungsrichtlinien, die im deutschen Rechtssystem von der Lehre und Rechtsprechung entwickelt wurden und werden, keinen Mehrwert,88 insbesondere da sich die Nennung der Aspekte in ihrer bloßen Aufzählung erschöpft und nicht indiziert, welches Gewicht den zu berücksichtigenden Einzelaspekten zukommen soll.89 In welchem Maße die einzelnen Aspekte überhaupt Berücksichtigung finden und gewichtet werden, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab und davon, wie der Richter sie zum Einsatz bringen will.90 Im Gegenteil: Auch wenn die checklist, die der CA 1989 als Orientierungshilfe für den Richter bereithält, nicht abschließend angelegt ist, birgt eine solche Festschreibung eines Teils der relevanten Kriterien die Gefahr, dass sich der Rechtsanwender auf die Prüfung dieser Wertmaßstäbe beschränkt.91 Eine positive Festschreibung dessen, was das Kindeswohl beinhaltet, ist daher aufgrund der vom Gesetzgeber bezweckten Orientierung am Einzelfall im deutschen Recht nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht gewollt.92 temporary Problems 1975, 226 (229 f.); Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 666 f.; Reece Current Legal Problems 1996, 267 (273) m.w.N. 85 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 183 ff. 86 Vgl. Staudinger/Coester (2009) § 1666 Rn. 76. 87 Rauscher, Familienrecht, S. 834 Rn. 960. 88 So auch Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 119. 89 Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 667. 90 Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 120. 91 Ebenso Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 116. 92 Nach Ehring ist eine solche Positivierung und negative Begrenzung aufgrund des „Mangels an erziehungswissenschaftlich abgesicherten Regeln und übereinstimmenden
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Dass der Begriff wie aufgezeigt aufgrund seiner Anwendung in vielfältigen Regelungszusammenhängen einer einheitlichen Definition nicht zugänglich ist, zeigt sich im englischen Recht ferner auch daran, dass beispielsweise das Adoptionsrecht über eine eigenständige welfare checklist verfügt.93 III. Stiefkindadoption und Wohl des Kindes Obwohl es sich bei der Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit – wie dargestellt – um eine Einzelfallentscheidung handelt, wird zunächst untersucht, inwieweit sich allgemeine Aussagen zur Ausrichtung einer Stiefkindadoption am Kindeswohl treffen lassen, um entsprechende Maßstäbe zur Konkretisierung des Kindeswohls für ebendiese Adoptionsform aufzustellen. 1. Förderlichkeit der Rechtsfolgen einer Stiefkindadoption für das Kindeswohl In Deutschland wird teilweise angenommen, einer Stiefkindadoption könne per se eine Dienlichkeit für das Kindeswohl zugesprochen werden. a) Psychosoziale Vorteile Mit einer Stiefkindadoption soll dem Kindeswohl dadurch entsprochen werden, dass dem Kind ein stärkeres Gefühl der Zugehörigkeit zur Stieffamilie und von Beständigkeit, Stabilität und Sicherheit vermittelt wird.94 Die Darstellung einer Familieneinheit soll erreicht werden.95 Mit der Adoption wird bezweckt, die Identität des Kindes stärker mit der neuen Familie zu verknüpfen; ferner sollen durch sie die Auswirkungen des Verlustes und der Diskontinuität, die das Kind durch eine Scheidung der leiblichen Eltern oder das Versterben eines leiblichen Elternteils erfahren hat, mittels des Ersatzes dieses leiblichen Elternteils durch den Stiefelternteil abgemildert und aufgefangen werden.96 Mit der Stiefkindadoption wird eine rechtliche Gleichstellung des Stiefkindes mit den in der Stieffamilie Wertvorstellungen in der pluralistischen Gesellschaft“ nicht möglich, in: Abänderung der Sorgerechtsentscheidungen und Wünsche des Kindes, S. 5. 93 Dazu sogleich unter IV 2. a). 94 Douglas/Philpot, in: Douglas/Philpot (Hrsg.), Adoption, S. 1 (4); De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (27 f.); vgl. die Berichte der Stiefeltern in Burgoyne/Clark, Making a go of it: A study of stepfamilies in Sheffield, S. 176. 95 Vgl. Maddox, The Half-Parent, S. 168; vgl. die Aussage des Kindes in Re D FLR 1981, Bd. 2, 102 (104): Die Adoption durch den Stiefvater “[would] make the family united” und den Stiefvater einen “proper Dad”; O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 44. 96 Wald, The Remarried Family, S. 168.
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geborenen Kindern erstrebt,97 zudem soll dem Verantwortungsbewusstsein des Stiefelternteils Nachdruck verliehen werden.98 b) Finanzielle Besserstellung Das deutsche Recht knüpft Unterhaltsverpflichtungen an Ehe und Verwandtschaft, vgl. §§ 1360 ff., 1601 ff. BGB. Eine solche familienrechtliche Beziehung liegt mit der zwischen Stiefkind und Stiefelternteil bestehenden Schwägerschaft nach §§ 1589, 1590 BGB gerade nicht vor, sodass einem Stiefkind in der Stiefbeziehung, die nicht durch eine Adoption verrechtlicht wurde, kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den Stiefelternteil zusteht. Ein Unterhaltsanspruch kann allein vertraglich zwischen dem Kind und dem Stiefelternteil oder als Vertrag zu Gunsten Dritter zwischen dem leiblichen und dem Stiefelternteil zugunsten des Kindes vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung wird jedoch kaum ausdrücklich getroffen und eine stillschweigende Vereinbarung lässt sich nicht ohne Weiteres annehmen. Insbesondere lässt sie sich nicht aus der Tatsache ableiten, dass der Stiefelternteil das Kind in den gemeinsamen Haushalt aufgenommen99 oder das Kind einbenannt wurde. In Ermangelung einer rechtlichen Verpflichtung, das Stiefkind in Deutschland zu unterhalten,100 wird angenommen, dass es sich in finanzieller Hinsicht für das Kindeswohl grundsätzlich förderlich erweist, wenn ihm durch und nach erfolgter Adoption gem. § 1601 BGB ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen seinen Stiefelternteil zusteht.101 Für eine grundsätzliche Förderlichkeit der Stiefkindadoption wird des Weiteren angeführt, dass Schadensersatzansprüche gegen Dritte wegen der Tötung des Unterhaltsschuldners einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Unterhaltsgläubigers voraussetzen, ein etwaig vertraglich vereinbarter hingegen nicht ausreicht.102 Ferner biete der gesetzliche Unterhaltsanspruch im Zwangsvollstreckungsrecht und im Einkommenssteuerrecht gegenüber dem vertraglichen Vorteile.103 97 Bei jeder zweiten ehelichen Stieffamilie in Deutschland handelt es sich um eine sog. komplexe Stieffamilie, in der zum Stiefkind gemeinsame Kinder der Stiefehepartner hinzutreten, vgl. Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 385. 98 Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 68. 99 BGH NJW 1969, 2007. 100 Vgl. aber als Ausnahme zur fehlenden gesetzlichen Unterhaltspflicht in Deutschland § 1371 Abs. 4 BGB, der Stiefkindern einen Anspruch gegen den Stiefelternteil auf Finanzierung der Ausbildungskosten gewährt, wenn die in der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft – vgl. § 6 S. 2 LPartG – geltende Zugewinngemeinschaft durch Tod des internen leiblichen Elternteils beendet wurde. Praxisrelevanz weist diese Norm jedoch nicht auf, vgl. Mayer, J. FPR 2004, 83. 101 Vgl. OLG Celle ZfJ 1952, 122 f. 102 Muscheler StAZ 2006, 189 (194). 103 Dazu näher Muscheler FamRZ 2004, 913 (917).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Demgegenüber kann in England, auch wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Stiefelternteils, sein Stiefkind finanziell zu unterhalten,104 nicht vorgesehen ist, eine Verpflichtung zur Unterhaltsleistung gegenüber dem Kind bei Trennung oder Scheidung vom leiblichen Elternteil des Kindes daraus erwachsen, dass der Stiefelternteil das Kind gemeinsam mit dem internen leiblichen Elternteil als child of the family behandelt hat.105 c) Behebung erbrechtlicher Nachteile In Deutschland differenziert das Erbrecht klar zwischen leiblichen und Stiefkindern. Von den die gesetzliche Erbfolge regelnden §§ 1924 ff. BGB werden nur Verwandte erfasst, zu denen Stiefkinder nicht gehören. Aus diesem Grund steht ihnen auch kein Anspruch auf den Pflichtteil gem. § 2303 BGB zu. Die Stiefkindadoption behebt dieses Defizit, indem sie eine Abstammungsbeziehung zwischen Stiefelternteil und Kind fingiert, sodass das Stiefkind als Abkömmling im Sinne der genannten Vorschriften zu qualifizieren ist. Wie dargestellt, hat seit 1950 auch in England eine Adoption die Rechtsfolge, dass das Kind die Erbberechtigung gegenüber seiner Ursprungsfamilie verliert und als Erbe der Adoptivfamilie gilt.106 Ohne eine Adoption steht in England dem Stiefkind kein Erbrecht zu, wenn es nicht im Wege einer letztwilligen Verfügung bedacht wurde. Jedoch kann dem Stiefkind auch hier aus den Grundsätzen des child of the family ein Klagerecht in Erbrechtsfragen zuwachsen, vgl. Sec. 1 (1)(d) Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975. d) Namensrechtliche Integration Auch ermöglicht die Adoption – wie dargestellt – in beiden Rechtsordnungen die Namensangleichung, mit der dem Bedürfnis des Kindes nach vollständiger Integration in den neuen Familienverbund gedient werden soll. e) Staatsangehörigkeitserwerb Ein nicht geringer Anteil der Stiefkindadoptionen in Deutschland wird von Ehegatten gemischtnationaler Ehen beantragt.107 Nimmt der Stiefelternteil 104 Der Child Support Act 1991 adressiert nur die leiblichen Eltern des Kindes, Sec. 54, dazu Bainham, Children – The Modern Law, S. 381 f. 105 Vgl. dazu ausführlich Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 338 ff.; Bainham, Children – The Modern Law, S. 400. 106 ACA 2002, Sec. 67 (1)–(3). 107 So handelte es sich 2011 bei 351 der insgesamt 2.266 Stiefkindadoptionen um solche, bei denen der adoptierende Stiefelternteil nicht die deutsche Staatsbürgerschaft in-
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als deutscher Staatsbürger das leibliche Kind seines Ehegatten mit ursprünglich ausländischer Staatsbürgerschaft an, so erhält das Kind mit der Adoption die deutsche Staatsbürgerschaft, vgl. § 6 StAG.108 Im umgekehrten Fall der Adoption eines leiblichen Kindes eines deutschen Staatsangehörigen durch dessen ausländischen Ehegatten, verliert das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft nicht, da das Kind mit seinem deutschen Elternteil nach § 1755 BGB verwandt bleibt, vgl. § 27 Abs. 2 StAG. Der Staatsangehörigkeitserwerb verschafft dem Kind damit ein Bleiberecht und verbesserte Aufenthaltschancen für den Fall des Scheiterns der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft. Auch in England wird ein Kind, das die britische Staatsbürgerschaft nicht innehat, durch die Adoption durch einen britischen Staatsangehörigen nach Sec. 1 (5) des British Nationality Act 1981 zum britischen Staatsbürger. f) Umgangsrecht des Kindes bei Auseinanderbrechen der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft Wie dargestellt, kann in Deutschland ein Stiefelternteil nach § 1685 Abs. 2 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem leiblichen Elternteil des Kindes zerbricht. Im Gegensatz zu den elterlichen Umgangsrechten nach § 1684 Abs. 1 BGB kann aus § 1685 Abs. 2 BGB keine Umgangspflicht des Stiefelternteils, d.h. kein Recht des Kindes auf Umgang mit seinem Stiefelternteil, abgeleitet werden.109 Besteht seitens des Stiefelternteils kein Interesse an der Aufrechterhaltung der Beziehung zum Kind, kann das Kind selbst seinen Umgangswunsch gegenüber dem Stiefelternteil demnach nicht durchsetzen. nehatte, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 1.1; 45 der durch den Stiefelternteil adoptierten Kinder wurden dabei zum Zwecke der Adoption nach Deutschland gebracht, a.a.O., Tabelle 4; Marx, Perspektiven der internationalen Adoption, S. 22; vgl. aus der Fallpraxis KG IPRax 1983, 246; AG Karlsruhe StAZ 1990, 264 f.; AG Detmold IPRax 1990, 254 f.; Fachausschuss des Bundesverbandes der deutschen Standesbeamten StAZ 1992, 185; Busch, in: epdProtokolldienst (Hrsg.), Stiefeltern- und Verwandtenadoptionen, S. 29. Steiger, Das neue Recht der internationalen Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 48, geht von einem Anteil der Stiefkind- und Verwandtenadoptionen an Adoptionen mit Auslandsbezug von 44 % im Jahr 2000 aus. Einer telefonischen Auskunft der Zentralen Adoptionsstelle des LWL v. 19.2.2008 zufolge, machen Stiefkindadoptionen im Bereich der Auslandsadoptionen regelmäßig ca. 60 % aus. Gleiches berichtet Lindenmayer, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stiefeltern- und Verwandtenadoptionen, S. 9 (11); vgl. ebenso Kreisjugendamt Landkreis Böblingen (Hrsg.), Adoptionsvermittlung im Landkreis Böblingen, 2003, S. 3. 108 Teilweise ist die grenzüberschreitende Stiefkindadoption dem Vorwurf der sachfremden Umgehung des Ausländerrechts, als „Zuzugstatbestand neben dem Ausländerrecht“ ausgesetzt, vgl. Bienentreu/Busch JAmt 2003, 273 (277). 109 Rakete-Dombeck FPR 2004, 73 (74).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Anderes ergibt sich dann, wenn der Stiefelternteil das Kind adoptiert hat, da er somit in die Position eines leiblichen Elternteils des Kindes einrückt und nach § 1684 Abs. 1 BGB zum Umgang verpflichtet werden kann, wobei auch hier der Durchsetzbarkeit Grenzen gesetzt sind.110 Im englischen Recht ist eine Pflicht des Elternteils zum Umgang mit dem Kind generell nicht vorgesehen; erst jüngst hat sich das Parlament gegen die gesetzliche Implementierung einer solchen entschieden.111 Auch wenn die Gerichte theoretisch dazu befugt wären, eine Umgangsanordnung in Bezug auf eine Person zu treffen, die den Umgang zum Kind ablehnt, mangelt es an deren Durchsetzbarkeit, da es sich hierbei um eine Anordnung „gegen“ den mit dem Kind zusammenlebenden Elternteil handelt.112 g) Stellungnahme Hintergrund der aus psychosozialer Sicht genannten Antriebe sind die als zentrale Bestandteile des Kindeswohls anerkannten Bedürfnisse des Kindes nach Sicherheit und beständigen Bindungen in stabilen sozialen Beziehungen sowie nach Zugehörigkeit zu einem familialen System.113 Lebensbedingungen, die eine Gefährdung dieser Bedürfnisse darstellen, sind u.a. starke und häufige Bindungsabbrüche, häufig wechselnde Bezugspersonen, unklare Grenzen und Rollen im Familiensystem, Loyalitätskonflikte und Trennungsängste.114 Die Vermittlung eines kindeswohlförderlichen Zugehörigkeitsgefühls und einer intensiven sozialen Beziehung wird in den meisten Fällen bereits durch ein harmonisches Zusammenleben in der Stieffamilie möglich sein, ohne dass es einer Verrechtlichung der Stiefeltern-Kind-Beziehung im Wege der Stiefkindadoption bedarf.115 So wurde festgestellt, dass für das Wohlempfinden des Kindes weniger der Rechtsstatus der Bezugsperson und die Struktur der Familie als die Qualität der Eltern-Kind-Beziehungen und der Ausübung elterlicher Aufgaben entscheidend ist. 116 Dem Kind selbst kommt es primär auf die Beständigkeit der konkreten Lebensumstände im familialen Gefüge an, in dem es aufwächst, mithin auf den Bestand der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft. Eine Sicherheit in Bezug auf die Beständigkeit der Stiefehe bzw. 110
BVerfG NJW 2008, 1287. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 521. 112 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 521. 113 Vgl. Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 51. 114 Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 51. 115 Vgl. Smith CFLQ 2003, 185 (189), in deren Studie 86 % der in einer Stieffamilie lebenden Kinder den Stiefvater als Teil ihrer Familie einstuften. 116 Vgl. Kaltenborn, in: Behnken/Zinnecker (Hrsg.), Kinder – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 502 (507) m.w.N.; so auch Walper/Gerhard, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 143 (167); vgl. ebenso Lansford/Ceballo/Abbey/Stewart JMF 2001, 840 (849 f.). Vgl. dazu auch Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) aa). 111
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Stieflebenspartnerschaft kann ihm die Stiefkindadoption jedoch nicht vermitteln, da durch diese lediglich die Beziehung zum Stiefelternteil rechtlich abgesichert wird. Abgrenzungen im stieffamilialen Gefüge, die Loyalitätskonflikte verhindern, sind von großer Bedeutung, können gerade aber auch ohne eine Stiefkindadoption erreicht werden.117 Zwar mag es Einzelfälle geben, in denen das konkrete emotionale Sicherheitsbedürfnis des Kindes eine Verrechtlichung seiner Beziehung zum Stiefelternteil erforderlich macht, eine generelle psychosoziale Förderlichkeit der Stiefkindadoption kann jedoch nicht angenommen werden.118 Hinsichtlich der finanziellen Besserstellung des Kindes gilt es zu bedenken, dass der Stiefelternteil häufig auch ohne eine gesetzliche Verpflichtung tatsächlich für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es von den jeweiligen finanziellen Verhältnissen des Einzelfalls abhängt, ob die Tatsache, dass der Stiefelternteil mit der Adoption gemäß § 1601 BGB unterhaltspflichtig wird und diese Pflicht des früheren Elternteils erlischt,119 einen Vor- oder Nachteil für die Entwicklung des Kindes darstellt. Es konnte festgestellt werden, dass sich die wirtschaftliche Lage von sog. einfachen Stieffamilien von jener der Kernfamilien nicht gravierend unterscheidet, da das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen von Stieffamilien zu 94 % dem von Kernfamilien entspricht.120 Jedoch stellt eine (Wieder-)Heirat bei einer Ein-Eltern-Familie oftmals eine finanzielle Verbesserung dar, liegt doch das Äquivalenzeinkommen von alleinerziehenden Eltern im Vergleich zu Kernfamilien bei lediglich 78 %.121 Zudem kann dem Stiefkind auch ohne eine Stiefkindadoption erbrechtliche Berücksichtigung zuteil werden. Zum Beispiel kann es testamentarisch bedacht werden oder mittelbar eine erbrechtliche Begünstigung dadurch erfahren, dass es in einem sog. Berliner Testament zum Schlusserben eingesetzt wird, da der überlebende Elternteil aufgrund der §§ 2270 Abs. 2, 2271 Abs. 2 BGB an diese Einsetzung im Zweifel gebunden ist.122 Für den Fall, dass der Stiefelternteil seinen Ehegatten als Alleinerben einsetzt, geht die Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon aus, dass ein Stiefkind des Erblassers als Ersatzerbe des leibli117
Vgl. ausführlich unter 2. b). Zu den im Gegenteil überwiegenden psychosozialwissenschaftlichen Bedenken gegenüber der Stiefkindadoption sogleich unter 2. 119 Strittig in Bezug auf den rückständigen Unterhalt; die herrschende Meinung bejaht ein Erhaltenbleiben desselben, vgl. BGH NJW 1981, 2298 (2299) m.w.N. 120 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 386. Teubner, in: Bien/Hartl/ Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 83 (97). 121 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 386. 122 Ausführlich zu interessengerechten erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in Stieffamilien Hausmann, DNotZ 2011, 602 (608 ff.). 118
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Kapitel 2: Das Stiefkind
chen Elternteils gilt.123 Darüber hinaus gehören Stiefkinder ebenso wie leibliche Kinder der Erbschaftssteuerklasse I an, vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Auch in England gilt der im Common Law verankerte Grundsatz der umfassenden Testierfreiheit.124 Sozialrechtlich sind Stiefkinder leiblichen Kindern nahezu gänzlich gleichgestellt:125 So erstreckt sich beispielsweise die gesetzliche Krankenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen126 als kostenlose Mitversicherung auch auf Stiefkinder, sofern sie im Haushalt des Versicherten aufgenommen sind; unter gleicher Voraussetzung wird dem Stiefkind eine Waisenrente gewährt, vgl. § 48 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI.127 Des Weiteren muss auch für eine Namensangleichung nicht zwingend der Weg einer Adoption beschritten werden. Wie bereits dargestellt, kann über § 1618 S. 1 BGB eine Einbenennung des Kindes vorgenommen werden, wenn das Kind im gemeinsamen Haushalt von Stiefelternteil und leiblichem Elternteil aufgenommen wurde und die Einwilligung seitens des Kindes sowie des anderen leiblichen Elternteils vorliegt.128 Auch in England ist unter den dargestellten Voraussetzungen eine Einbenennung zugelassen.129 Eine Steigerung des Kindeswohls durch eine rechtliche Fixierung dessen, was ohnehin faktisch in den meisten Fällen vollzogen wird, nämlich die finanzielle und persönliche Unterstützung des Kindes durch den Stiefelternteil, sofern dieser über das Familieneinkommen verfügt, ist also selten zu erwarten.130 Kindern ist die rechtliche Stellung ihrer Bezugspersonen häufig nicht bewusst und – wie dargestellt – für deren Wohlempfinden auch nicht entscheidend. Zwar ist zuzugeben, dass die Adoption im Scheidungsfall der Stiefpartner eine finanzielle Schlechterstellung des Stiefkindes und des leiblichen Elternteils verhindern kann, da Ersterem ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch und Letzterem nicht lediglich ein nachehelicher Anspruch auf Unterhalt gemäß dem Auffangtatbestand des § 1576 BGB zustünde. Jedoch erfüllt die Adoption nicht den alleinigen Zweck einer 123
BayObLG FamRZ 1993, 1496 m.w.N.; FamRZ 1988, 986. Bainham, Children – The Modern Law, S. 362 f. 125 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 42. Hinsichtlich lebenspartnerschaftlicher Stiefkinder ist eine entsprechende Gleichstellung jedoch nicht in allen Fällen gesetzlich vorgesehen, hierzu Muscheler StAZ 2006, 189 (195 f.). 126 § 10 Abs. 4 SGB V: Die Mitversicherung greift nur dann, wenn der Versicherungsnehmer das Stiefkind überwiegend unterhält, wobei neben dem finanziellen Aufwand auch Betreuungs- und Erziehungsleistungen zu berücksichtigen sind. 127 Zu den weiteren sozial- und steuerrechtlichen Gleichstellungen von Stiefkindern vgl. ausführlich Muscheler StAZ 2006, 189 (195). Vgl. u.a. auch Kreikebohm/von Koppenfels-Spies, Kommentar zum Sozialrecht, § 78 EstG Rn. 14; § 1 BEEG Rn. 10. 128 Ausführlich in Kapitel 1, unter A. VI. 1. 129 Ausführlich in Kapitel 1, unter A. VI. 2. 130 So auch Priest JSWL 1982, 285 (286). 124
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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finanziellen Absicherung des Kindes oder einer Umgangsverpflichtung des Stiefelternteils im Falle des Scheiterns der Stiefehe.131 Gleiches gilt in Bezug auf ggf. verbesserte Aufenthaltschancen für den Fall des Scheiterns der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft. Im englischen Recht sind die finanziellen und erbrechtlichen Interessen des Kindes sogar über das Institut des child of the family bereits ohne Adoption umfassend abgesichert. Eine generelle Dienlichkeit der Stiefkindadoption für das Kindeswohl kann demnach nicht angenommen werden. Einer etwaigen materiellen Besserstellung durch die Adoption sind vielmehr die im Folgenden erörterten, möglichen immateriellen Nachteile der Stiefkindadoption gegenüberzustellen, da entscheidendes Kriterium bei der Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit eine bessere persönliche Entwicklung des Kindes ist. 2. Unvereinbarkeit der Stiefkindadoption mit dem Kindeswohl Den Vorteilen einer Stiefkindadoption sind solch gravierende Nachteile für das Kindeswohl entgegenzuhalten, dass erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Stiefkindadoption mit dem Kindeswohl bestehen. a) Motivation der Stiefehepartner Wie bereits dargestellt, kann es dem Stiefelternteil bei einer Stiefkindadoption häufig darum gehen, seine Beziehung zum Kind rechtlich zu legitimieren und zu verankern, um seine Rechtsposition gegenüber dem Kind und nach außen zu stärken.132 In einer Vielzahl von Fällen sind jedoch weitere Motive anzunehmen, die es hinsichtlich ihrer Kindeswohlorientierung näher zu untersuchen gilt. Hauptgrund für eine Stiefkindadoption stellt nicht selten die Zuneigung des neuen Ehepartners zum leiblichen Elternteil dar, was an der Beantragung der Adoption schon bald nach Schließung der Ehe – d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem in der Regel der Prozess der Neustrukturierung des Familiensystems mitsamt der Entwicklung der innerfamiliären Beziehungen noch nicht abgeschlossen ist – abzulesen ist.133 Der Stiefelternteil will mit 131
Enders FPR 2004, 60 (62). Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 68; vgl. dazu Kapitel 1, unter B. I. 133 Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 143, 149; Frank FamRZ 2007, 1693 (1695); Paulitz, Offene Adoption, S. 154; ders. ZfJ 1997, 311 (312); Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.), Beratung von Stieffamilien, S. 173; Licht im Interview, FK 2004, Heft 5, 34 (35); ebenso die Studie von Adelsberger, Psychiatrische Störungen bei Adoptivkindern, S. 55; vgl. auch das Beispiel bei Maddox, The Half-Parent, S. 168; Triseliotis, Evaluation of Adoption Policy and Practice, S. 40; vgl. ferner die Beispielsfälle BGH ZfJ 1971, 96, AG Böblingen DAVorm 1976, 649. Bei der rechtstatsächlichen Untersuchung von Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47, wurde festgestellt, dass 18 % der erfassten Stiefkindadoptionsanträge bereits innerhalb der ersten drei Stiefehen132
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Kapitel 2: Das Stiefkind
der Adoption die neue Partnerschaft stabilisieren und sein Bekenntnis zum Stiefkind nach außen dokumentieren,134 er möchte signalisieren dass er zur Verantwortungsübernahme auch für die weiteren Familienmitglieder bereit ist.135 Allen Familienmitgliedern soll möglichst zügig ein Zugehörigkeitsund Sicherheitsgefühl sowie der Familie Festigkeit vermittelt werden,136 ehe sich diese durch ein Zusammenwachsen der Stieffamilienmitglieder auf natürlichem Wege tatsächlich entwickeln können.137 Einen weiteren Grund für eine Stiefkindadoption stellt der oft implizite Wunsch der neuen Ehepartner dar, den externen leiblichen Elternteil und dessen Informations-, Umgangs- und Mitbestimmungsrechte auszuschalten und ihn so aus dem Familiensystem auszuschließen.138 Im Falle einer monate und über die Hälfte innerhalb des ersten Ehejahres gestellt wurden. Für 41 % der Kinder aus geschiedenen Ehen, 69 % halbverwaister und 52 % nichtehelicher Kinder wurde eine Stiefkindadoption beantragt, obwohl diese erst weniger als anderthalb Jahre in der Stieffamilie gelebt hatten; etwa 30 % sämtlicher Kinder, die in die Untersuchung einbezogen waren (= 1733), hatte jedoch über einen Zeitraum von drei Jahren in der Stieffamilie gelebt, ehe es zur Beantragung einer Stiefkindadoption kam, vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 44. Vgl. aber auch die Ergebnisse der Studie von Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (70), in der die meisten adoptierenden Stiefeltern die Adoption ein bis fünf Jahre nach der Eheschließung beantragten; ebenso Webler ZBlJR 1935/36, 277 (282), nach dem in den 1930er Jahren in nicht wenigen Fällen das Stiefvaterverhältnis vor der Annahme langdauernden Bestand hatte. 134 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (224); Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Krähenbühl FK 2004, Heft 5, 30 (33); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137). 135 Paulitz ZfJ 1997, 311 (312); ders., Offene Adoption, S. 154 f.; Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 143; Textor UJ 1993, 33 (41). 136 Wolf/Mast Social Welfare 1987, S. 69 (71). 137 Vgl. auch Ihinger-Tallman Annual Review of Sociology 1988, 25 (36); Wollek UJ 1999, 147 (154); Bissett-Johnson in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (336); Paulitz ZfJ 1997, 311 (312 f.). 138 Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 120 (131); so auch Richards, Adoption, S. 32; Bissett-Johnson, in: Sachdev (Hrsg.), Adoption: Current Issues and Trends, S. 217 (219 f.); vgl. auch LG Bonn NJW 1990, 128; Barth ZfJ 1985, 347 (356); Textor UJ 1993, 33 (41); Glässing, Voraussetzungen der Adoption, S. 40; Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (71); Neuhaus, Ehe und Kindschaft in rechtsvergleichender Sicht, S. 268; Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (230); Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (373); BissettJohnson, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (336); Bridge Legal Studies 1993, 81 (88); Phillips A&F 1992, Heft 2, 16 (20); Priest JSWL 1982, 285 (286); De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (28); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137) spricht von der häufigen Verwendung der Stiefkindadoption durch die Stiefehepartner als „Kampfinstrument“ gegen den leiblichen Elternteil. Auch Herr Köhler vom LVR-Landesjugendamt berichtete in einem am 28.9.2011 durchgeführten Interview von zahlreichen Fällen, in denen es dem Stiefehepaar primär darum ging, mithilfe der Stiefkindadoption einen Schlussstrich unter die ehemalige Partnerschaft zu setzen und den anderen leiblichen Elternteil endgültig aus
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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Stiefkindadoption gegen den Willen des leiblichen Elternteils scheint § 1748 Abs. 4 BGB,139 der die Ersetzung der erforderliche Einwilligung des leiblichen Elternteils regelt, eine Erleichterung eines solchen Bestrebens der neuen Ehepartner darzustellen, den leiblichen Vater aus dem Eltern-Kind-Verbund hinauszudrängen, wenn die Mutter des Kindes alleinige Sorgerechtsinhaberin nach § 1626a Abs. 3 BGB ist. Erfolgt hingegen die Stiefkindadoption auch im Interesse des leiblichen Vaters, findet oftmals ein regelrechter „Handel“ zwischen leiblichem und Stiefvater statt:140 Erhält der eine durch die Adoption die Möglichkeit, sich von seiner väterlichen Unterhaltspflicht zu befreien141 und einen Schlussstrich unter die gescheiterte Ehe oder Lebenspartnerschaft zu setzen,142 erlangt der andere im Gegenzug zu deren Übernahme die Befreiung von etwaigen Umgangskontakten und Einmischungen des leiblichen Elternteils. Als treibende Motivation wird häufig auch der Wunsch erkennbar, wie eine „richtige“, „normale“ Familie zu erscheinen,143 was sich insbesondere in dem Interesse an einer namentlichen Partizipation des Kindes am neuen Ehenamen der Stiefehe- bzw. Lebenspartner äußert.144 Die Adoption wird primär als Lösung für praktische Probleme, wie etwa die Namensverschiedenheit oder das Erbrecht, gesehen.145 Mitunter fehlt es aber auch an einer differenzierten Benennung von Gründen für die Adoption sowie an Kenntnissen über das Einhergehen der Adoption mit formalen und rechtlichen Veränderungen.146 Die Beantragung einer solchen wird als das im Falle einer Stieffamiliengründung „Normale“ eingestuft,147 da man sich des dem Familiengefüge auszuschließen. Vgl. auch die Stiefeltern, die in der Studie von Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (94) gerade die Existenz und Beziehung des externen leiblichen Elternteils zum Kind als inneren Hinderungsgrund für die Beantragung einer Stiefkindadoption angaben. 139 Dazu ausführlich in Kapitel 3, unter C. II. 2. 140 Muscheler FamRZ 2004, 913 (915). 141 Dies wurde von einigen leiblichen Elternteilen explizit als Motivation für die Einwilligung angegeben, vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52; vgl. auch Bissett-Johnson, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (336); vgl. auch OLG Oldenburg FamRZ 2004, 399. 142 Vgl. Re D (Minors) (Adoption by Parent) All ER 1973, Bd. 3, 1001 (1007); vgl. ebenso den Beispielsfall bei Rundell Child Care in Practice 2001, 321 (322), wo die Initiative zur Durchführung einer Adoption vom externen Vater des Kindes ausging, dessen Wunsch es war, “[to] tidy things up”, bevor er seine erneute Eheschließung plante. 143 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47; Rundell Child Care in Practice 2001, 321 (322); dazu näher unter 2. b). 144 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours, or ours?, S. 47; Ganong/Coleman/ Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (64); Burgoyne/Clark, Making a got of it: A study of stepfamilies in Sheffield, S. 176; Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (71). 145 Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (147). 146 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47. 147 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 32, 47 (“‛the thing to do‘”).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
rechtlichen Status eines Stiefelternteils gar nicht bewusst ist.148 Teilweise werden die Familienformen der Stieffamilie und der Adoptivfamilie sogar verwechselt149 oder als so ähnlich eingestuft, dass die Umwandlung der einen in die andere Form als unproblematisch aufgefasst wird.150 Vielfach besteht der Wunsch, das Stiefkind den in die Stieffamilien hineingeborenen Kindern rechtlich gleichzustellen.151 So konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Stiefkindadoption größer war, wenn Stiefelternteil und interner leiblicher Elternteil gemeinsame Kinder hatten, was wiederum als Ausdruck des Wunsches nach dem Anschein einer traditionellen Nuklearfamilie mit nur zwei Elternteilen verstanden werden kann. Die Wahrscheinlichkeit fiel hingegen geringer aus, wenn der Stiefelternteil über Kinder einer vorangegangenen Partnerschaft, die außerhalb der Stieffamilie lebten, verfügte.152 Teilweise wird auch die anstehende Geburt eines Kindes in die Stieffamilie als Grund für die Durchführung einer Stiefkindadoption angegeben.153 Nicht selten ist die Adoption ausländischer Kinder des Ehegatten, wie dargestellt, aufenthaltsrechtlich motiviert.154 Ist der andere leibliche Elternteil des Kindes verstorben oder gänzlich unauffindbar, kann auch hier die Motivation des Stiefelternteils vornehmlich an der Stabilisierung der Partnerschaft orientiert sein. In den Fällen, in denen die Mutter nicht weiß, wer der Vater des Kindes ist, oder in denen sie ihn bewusst nicht von der Existenz des Kindes in Kenntnis gesetzt hat, kann es dem Stiefvater darum gehen, mit der Adoption die spätere Feststellung der biologischen Vaterschaft zu verhindern, um dem biologischen Vater ein Einrücken in die elterliche Position dauerhaft zu verwehren. Auch kann Motiv für eine Adoption nach wie vor das Bestreben sein, das Kind vom Stigma der Unehelichkeit zu befreien. Es ist davon auszugehen, dass die Motive von Adoptionsbewerbern von großem Einfluss auf deren Einstellung zum Kind und die Tragfähigkeit der sich zu entwickelnden Eltern-Kind-Beziehung sind,155 sodass ihrer Berück148 Vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (230); Rapp, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 99 (103). 149 Maddox, The Half-Parent, S. 26; De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (25). Zu den charakteristischen Unterschieden dieser beiden Familienformen Maddox, The Half-Parent, S. 27; Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (62 f.). 150 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47. 151 Vgl. Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 143. 152 Lamb JFI 2007, 1162 (1183 f.). 153 Vgl. Wolf/Mast Social Welfare 1987, S. 69 (71). 154 Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 120 (131); Paulitz ZfJ 1997, 311 (312); ders., Offene Adoptionsformen, S. 154; Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47. 155 Vgl. Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 25 m.w.N.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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sichtigung bei der Kindeswohlfrage eine große Bedeutung zuwächst. Wie sich zeigt, sind bei Stiefkindadoptionen häufig solche Motive vorherrschend, die sich nicht primär und ausschließlich am Kindeswohl orientieren.156 Stiefkindadoptionen aufgrund ebendieser Motive bergen mit der daraus resultierenden Instrumentalisierung des Kindes eine Gefahr für seine psychosoziale Entwicklung157 wie auch für die neue Partnerschaft selbst. So steht eine möglichst zügige Beantragung einer Stiefkindadoption aufgrund äußerer Zwänge oder in der Erwartung von mit dieser einhergehenden schnellen Problemlösungen – die die Adoption nicht zu liefern in der Lage ist158 – im Widerspruch zum kindeswohlzentrierten Wesen und Anspruch der Adoption.159 b) Psychosozialwissenschaftliche Bedenken aa) Einführung Bei der Konkretisierung des Kindeswohlbegriffs wird in der Rechtspraxis zunehmend auch Erkenntnissen der sich dem Kind als Forschungsobjekt widmenden sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen Bedeutung beigemessen.160 Im Folgenden soll näher auf die Erkenntnisse dieser im Zusammenhang mit Stiefkindern spezialisierten Fachrichtungen, die die Ver-
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Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (224); BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 21 f.; Frank, Grenzen der Adoption, S. 72 ff.; Dethloff, Familienrecht, S. 461; vgl. bereits zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34. 157 Vgl. Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (65); vgl. auch Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 51, der eine Instrumentalisierung des Kindes für Erwachseneninteressen als generellen sozialen Risikofaktor für das Kindeswohl benennt. 158 Vgl. auch Paulitz, Offene Adoption, S. 157; ebenso Visher/Visher, Stepfamilies, S. 23; Krähenbühl FK 2004, Heft 5, 30 (33): „Stieffamilien entwickeln sich in einem längeren kommunikativen Prozess und nicht durch Rechtsakt, gleichsam durch einen Federstrich unter ein juristisches Dokument.“ 159 Vgl. Paulitz, Offene Adoption, S. 155; ders. ZfJ 1997, 311 (312); so auch Sieder, Patchworks, S. 213, der für einen behutsamen zeitintensiven Aufbau einer passenden Beziehung zum Kind plädiert. 160 Zur Berücksichtigung außerjuristischer Erkenntnisse in Sorgerechtsentscheidungen ausführlich Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 419 ff. Vgl. zur Orientierung der Judikatur an psychosozialen Erkenntnissen als Beispiel BVerfG NJW 1982, 101 ff., das entschied, dass im Falle der Scheidung die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge möglich sein müsse – was bis dahin nach § 1671 BGB nicht der Fall war –, und sich maßgeblich auf psychosoziologische Gutachten – mit Bezug auf USamerikanische Vaterforschung – stützte, die die Bedeutung eines Kontaktes zu beiden Elternteilen für die kindliche Entwicklung hervorhoben, vgl. Willutzki, in: Kreft/Mielenz/Trauernicht/Jordan (Hrsg.), FS Münder, S. 378 (381).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
einbarkeit von Stiefkindadoption und Kindeswohl kritisch beurteilen, eingegangen werden. Aus psychosozialer Sicht stellt die Gestaltung von Stiefkindverhältnissen für die Stieffamilie eine komplexe pädagogische Herausforderung dar,161 die hohe psychologische und soziale Kompetenzen aller Familienmitglieder erfordert.162 Auch wenn das Verkraften der Reorganisation des Familienlebens durch die Wiederheirat des internen leiblichen Elternteils als ein mit Unsicherheiten, Veränderungen und ggf. Loyalitätskonflikten verbundener, langwieriger und komplexer Prozess für das Kind eingestuft wird,163 ist heute die allgemeine Annahme der Unvereinbarkeit des Aufwachsens in einer Stieffamilie mit dem Kindeswohl ein überholtes Klischee.164 Vielmehr hängt das Wohlempfinden des Kindes in der Stieffami-
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Balloff FPR 2004, 50 (52 ff.) m.w.N.; Krähenbühl FK 2004, Heft 5, 30, 31ff.; Frank, Grenzen der Adoption, S. 74 f. m.w.N. Zur strukturellen Komplexität von Stieffamilien gegenüber Nuklearfamilien Wald, The Remarried Family, S. 103 f., S. 95; Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55 (76); Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (309 f.); Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 386; Zusammenfassung der Charakteristika von Stieffamilien und deren Konfliktpotential Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 111 f.; zu den Entwicklungsaufgaben der Mitglieder von Stieffamilien Griebel, in: LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, S. 36 ff. 162 Wilk, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 245 (283). 163 Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55 (55 f., 57); Griebel, in: Forum Familie der SPD (Hrsg.), Mit Kindern leben, S. 73 (81 f.); Unverzagt, Patchwork, S. 123 f.; Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (49). Zu den einzelnen vom Kind zu bewältigenden Aufgaben Walper, in: Markefka/Nauck (Hrsg.), Handbuch der Kindheitsforschung, S. 429 (431 ); vgl. auch Butz/Boehnke, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 171 (172). 164 Vgl. Walper, in: Horstmann, (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 75 (92). So aber Popenoe, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 3 (5 ff.) m.w.N., der ältere Forschungsergebnisse hervorhebt, die gesteigerte emotionale und Verhaltensprobleme von Stiefkindern gegenüber Kinder, die in Nuklearfamilien aufwachsen, feststellten, ebenso wie vermehrte Gesundheitsprobleme, eine häufigere Inanspruchnahme professioneller psychologischer Hilfe sowie beeinträchtigte Schullaufbahnen. Zu den Nachteilen von Stiefkindern gegenüber Kindern aus Kernfamilien vgl. auch Walper, in: Markefka/Nauck (Hrsg.), Handbuch der Kindheitsforschung, S. 429 (435) m.w.N. Als Vorteile und Chancen, die sich für Stiefkinder aus der Tatsache der Wiederverheiratung der Eltern ergeben können, seien hingegen das bereits angesprochene Hineinwachsen des Stiefelternteils in die Rolle einer für das Kind (zusätzlichen) emotionalen Bezugsperson; der Zugang des Kindes zu neuen Settings und Aktivitäten; die Möglichkeit, dass sich eine konfliktbehaftete Beziehung des Kindes zum sorgeberechtigten Elternteil verbessert, sowie ggf. eine bessere finanzielle Absicherung genannt, vgl. Walper/Schwarz, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 7 (16) m.w.N.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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lie von individuellen Faktoren ab, wie etwa seinem Alter,165 der Länge seines Aufwachsens in der Stieffamilie, der Intensität der Beziehung zu beiden leiblichen Elternteilen, der Sympathie und Akzeptanz, die es dem Stiefelternteil und ggf. dessen Kindern entgegenbringt, sowie dem Engagement und den emotionalen und sozialen Kompetenzen des Stiefelternteils.166 Bei der psychosozialen Beurteilung von Stiefkonstellationen ist daher nach den verschiedenen Beziehungsmustern zu differenzieren, die ihnen zugrunde liegen können und denen die folgenden unterschiedlichen Konfliktpotentiale innewohnen.167 bb) Die scheiternde Stieffamilie So gibt es Stieffamilien, in denen der Stiefelternteil am Aufbau einer tragenden Beziehung zum Stiefkind scheitert. Seine Akzeptanz als neuer Partner der Mutter ist dann – oft trotz Bemühungen über einen langen Zeitraum hinweg – meist dauerhaft ausgeschlossen. Auch die Beziehung der Stiefpartner ist, da die Partnerschaft unter der fehlenden Stiefeltern-KindBeziehung leidet, zum Scheitern verurteilt.168 In einem solchen Fall wird eine Stiefkindadoption – vor Erkenntnis und Akzeptanz des Scheiterns der Beziehungen – von den Beteiligten in der Regel gar nicht erst angestrebt, wenn nicht sogar bereits eine Formalisierung der Stiefpartnerschaft als Voraussetzung einer Adoption unterblieben ist. Ist dies doch der Fall, wird mit der Adoption meist der Versuch unternommen, die fehlende emotionale Bindung durch eine rechtliche Fixierung des Verhältnisses zu kompensieren. In dieser Konstellation ist die Adoption daher dem Kindeswohl in keinem Fall zuträglich.
165 Je jünger die Kinder im Zeitpunkt der Gründung der Stieffamilie sind, umso reibungsloser erfolgt die Anpassung an die neue Familiensituation, Ferri, Stepchildren, S. 9, 49 m.w.N. 166 Vgl. Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55 (57 f., 62 ff.); Remplein, Die seelische Entwicklung des Menschen im Kindes- und Jugendalter, S. 571; ebenso Ferri, Stepchildren, S. 11. 167 Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (230). Hierbei ist das Durchlaufen mehrerer Kommunikations- und Beziehungsstrukturtypen im Laufe der Organisationszeit der Stieffamilien möglich. Ähnlich dieser Kategorisierung Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 100 ff., S. 107 ff., S. 124 ff.: „besserer Vater“, „Freundvater“, „ambivalenter Stiefvater“. Auf die dynamische Wandelbarkeit dieser Rolleneinnahme entsprechend dem Wandel der familialen Verhältnisse und der Vielfalt des Stiefvatereinsatzes aufgrund der Existenz auch eigener leiblicher sowie gemeinsamer Kinder der Stiefehepartner hinweisend Sieder, Patchworks, S. 107 f. 168 Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (234); Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 387.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
cc) Die „erweiterte Stieffamilie“ Eine andere typische Stieffamilienkonstellation ist die sog. erweiterte Stieffamilie,169 die sich durch intensive positive Beziehungen innerhalb der Stieffamilie und eine haushaltsübergreifende Kommunikation ohne Feindseligkeiten mit dem außenstehenden leiblichen Elternteil sowie dessen familialen System auszeichnet.170 In einer solchen Konstellation ist der Stiefelternteil – ggf. sogar mitsamt seiner Herkunftsfamilie – in die Stieffamilie vollständig integriert. Er übernimmt entweder eine umfängliche Elternrolle, während sich der externe leibliche Elternteil auf eine soziale Elternrolle beschränkt.171 Alternativ hierzu nimmt er als Alltagsvater, Freund des Kindes und Partner des internen leiblichen Elternteils einen eigenständigen Platz im familialen System neben den beiden leiblichen Eltern ein.172 Der außerhalb lebende leibliche Elternteil und dessen Verwandte bleiben am Erziehungs- und teilweise auch Alltagsgeschehen der Stieffamilie beteiligt sowie dem Kind damit als Bezugspersonen erhalten. In Stiefvaterfamilien verfügt das Kind demnach über zwei Väter, die einander ergänzen.173 In dieser Stiefkonstellation geht es den Beteiligten nicht darum, die Tatsache der Rekonstruktion der Familie zu verdrängen oder zu ignorieren. Insbesondere strebt der Stiefelternteil trotz Beteiligung an der Erziehungsaufgabe gegenüber dem Kind eine (vollständige) Ersetzung des biologischen Vaters nicht an; er akzeptiert, dass die Erziehungsverantwortung – ganz oder zu gewissen Teilen – den leiblichen Eltern vorbehalten ist.174 In einer solchen Stieffamilienform gelingt es demnach, familiale Grenzen zu finden, die den Stiefelternteil integrieren und zugleich den leiblichen Elternteil nicht aus dem familialen System ausschließen.175 Beachtenswert ist, dass für eine solche Ersetzung ohnehin keine Notwendigkeit besteht, nachdem festgestellt werden konnte, dass sich eine positive Stiefeltern-Kind-Beziehung, die qualitativ der Beziehung des ex169 Von Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 266 f., als „Aushandlungsfamilie“ bezeichnet. 170 Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (234). Ähnlich der von Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (310) beschriebene Familientypus, der „kooperativen Familien“, bei der jedoch eine vollständige Integration des Stiefelternteils in Haushalt und Familiengefüge nicht erfolgt; vgl. auch das Beispiel bei Atkinson, Step-parenting, S. 66. 171 Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (137 f.). 172 Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (135 ff.); Sieder, Patchworks, S. 329. 173 Vgl. Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (137). 174 Vgl. Wilk, die diese Stiefkonstellation als „Zwei-Kern-Familie“ kategorisiert, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 245 (276 f.); dies., in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (137 f.). 175 Empfehlung von Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 389.
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ternen leiblichen Elternteils zu seinem Kind durchaus entsprechen kann, auch und gerade dann entwickelt, wenn das Kind parallel eine intensive Beziehung zu seinem außerhalb der Stieffamilie lebenden leiblichen Elternteil pflegt.176 So konnte wissenschaftlich belegt werden, dass die Anpassung des Kindes an die neue Stieffamiliensituation in der Regel besser gelingt, wenn der Kontakt zum externen leiblichen Elternteil erhalten bleibt.177 Denn bei Kindern wurde eine Bereitschaft und Fähigkeit festgestellt, unter den Voraussetzungen der gegenseitigen Achtung, des konstruktiven Kommunikationsverhaltens, der Kindzentriertheit der Elternpersonen sowie der Bereitschaft, der Beziehungs- und Reorganisationsentwicklung Zeit einzuräumen, gleichzeitig mehreren – biologischen und sozialen – Elternteilen elterliche Funktionen zuzugestehen.178 Die Beziehungen zu den (stief)elterlichen Personen in der Stieffamilie stehen damit nicht in Konkurrenz zueinander, sodass eine Ersetzung des leiblichen Elternteils durch den Stiefelternteil für das Gelingen der stieffamiliären Integration des Kindes nicht nur nicht notwendig ist, sondern dieser sogar entgegenstehen kann. Auch in dieser Stiefkonstellation179 wird eine Motivation zur Beantragung einer Stiefkindadoption selten vorliegen,180 da die Abstammungsbeziehung und die soziale Elternrolle des Stiefelternteils hier konfliktfrei nebeneinander Bestand haben und der Ersatz des leiblichen Elternteils durch den Stiefelternteil im Wege der Begründung einer fiktiven Abstammungsbeziehung zwischen ihm und dem Kind nicht angestrebt wird.
176 Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (226 f.); Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 257 f.; Herring, Family Law, S. 347 177 Schaffer, Und was geschieht mit den Kindern?, S. 171; Lindley CFLQ 1997, 115 (120); Balloff RdJB 1991, 444 (459) m.w.N. 178 Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (139 f.); ähnlich Sieder, Patchworks, S. 337; Lindley CFLQ 1997, 115 (120) m.w.N.; vgl. auch die bereits zitierten Studienergebnisse von Smith CFLQ 2003, 185 (189), nach denen eine überwiegende Mehrheit der Stiefkinder sowohl ihren außenstehenden leiblichen Elternteil als auch den Stiefelternteil als Familienmitglied bezeichneten. 179 Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (238); Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 269 f. 180 Vgl. die Studie von Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (67, 68). Vgl. aber auch den Ausnahmefall, in dem der Vater des Kindes mit der leiblichen Mutter, mit der er nach muslimischem Recht verheiratet war – beide waren ägyptische Staatsbürger –, sowie mit der Stiefmutter des Kindes, die er nach deutschem Recht geehelicht hatte, harmonisch zusammenlebte und mit der deutschen Frau die Annahme seines Kindes beabsichtigte. Hier wurde die Kindeswohldienlichkeit abgelehnt, LG Osnabrück FamRZ 1998, 54.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
dd) „Als-ob-Normalfamilie“ Die meisten Stieffamilien hegen jedoch das Bestreben, wie eine „normale“181 Familie zu erscheinen. Eine sog. Als-ob-Normalfamilie182 oder Quasi-Kernfamilie183 resultiert aus dem Wunsch nach Angleichung an die gesellschaftlich als Norm anerkannte Kernfamilie. Mangels eigener Verhaltensregeln und -rituale oder gesellschaftlicher Leitbilder184 und trotz der Reduktion von Stigmatisierung und Pathologisierung von Stieffamilien185 ist diese Stieffamilienform nach wie vor dominant.186 Forschungs- und klinische Arbeiten zu Stieffamilien zeigen jedoch, dass der Versuch, mit Hilfe einer Stiefkindadoption eine traditionelle biologische Kernfamilie zu imitieren und dabei die besondere Struktur der Stieffamilie zu ignorieren,187 zu einer Überforderung und Verunsicherung der Beteiligten führt.188 181 Zu den Gründen des Erhalts des Bildes der „normalen“ Familie innerhalb der Varietät der heute als Familie bezeichneten Lebensformen Bourdieu Theory, Culture and Society 1996, S. 19 ff. 182 Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 262 ff.; Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (238); Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 389 f.; Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (72); Krähenbühl/Jellouschek/Kohaus-Jellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 92. 183 Wilk, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 245 (269 ff.); vgl. auch Sieder, Patchworks, S. 330; Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47; Brown, The Step-family, S. 13 m.w.N.; Schwenzer EJCL 2007, Vol. 11.3, S. 1 (18); Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (64, 66 f.); Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (59); vgl. den Bericht einer Stiefmutter, die das Kind ihres verwitweten Mannes annahm, Hoy A&F 1985, Heft 3, 51 (52). 184 Staub/Felder, Scheidung und Kindeswohl, S. 169 f. 185 Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 210. 186 Sieder, Patchworks, S. 112; vgl. ähnlich Maddox, The Half-Parent, S. 29. Dass in ihrer Untersuchung Antragsteller aus den oberen sozialen Schichten unterrepräsentiert waren, versuchen Masson, Norbury und Chatterton damit zu erklären, dass in diesen Schichten möglicherweise eine größere Akzeptanz gegenüber den vom normalen Muster abweichenden Familienformen herrschte und damit ein geringeres Bedürfnis nach Verheimlichung der Tatsache der Zweitfamilie bestand, vgl. Mine, yours or ours?, S. 45. 187 Textor UJ 1993, 33 (41). 188 Visher/Visher, Stiefeltern, Stiefkinder und ihre Familien, S. 63; Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 120 (131); Wald, The Remarried Family, S. 103 f.; Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (234, 238, 241); Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 30 f.; Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55 (57); Unverzagt, Patchwork, S. 65 f.; Hetherington/Kelly, Scheidung, S. 235; Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 169; Leuthner/Golubtsova, Deine Kinder – meine Kinder, S. 67 f.; Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (68); Krähenbühl/Jellouschek/Kohaus-Jellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 92; Schmidt-Denter, in: Walper/ Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (310): „Die von einigen Eltern angestrebte Strategie, die binukleare Struktur zu leugnen und wie eine primäre Kernfamilie
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Häufig wird in einem solchen Beziehungsmuster versucht, die Familienhistorie mit ihren Brüchen zu verdrängen und zu tabuisieren,189 was sich vor allem für die betroffenen Kinder aufgrund der Bedeutung der Herkunft für ihre Identitätsbildung sowie aufgrund des zur Stabilisierung des Gesamtsystems der Stieffamilie bedeutenden Erhalts der Beziehung zum außenstehenden leiblichen Elternteil als problematisch erweist.190 Denn durch eine solche Verdrängung wird auch eine konstruktive Auseinandersetzung mit den einer Stieffamilie inhärenten Konflikten erschwert.191 Vielfach geht die Tabuisierung bei den durch Stiefeltern adoptierten Kleinkindern sogar so weit, dass ihnen die wahre Abstammung verschwiegen und suggeriert wird, es handele sich bei dem Stiefvater um den biologischen Elternteil.192 Ungelöste Konflikte und familiale Entwicklungsaufgaben haben das Potential, das Kindeswohl zu gefährden.193 Diese Stieffamilienform stellt sich besonders dann als problematisch dar, wenn das Kind den Kontakt zum externen leiblichen Elternteil sucht oder aufrechterhalten möchte.194 wirken zu wollen, lässt sich nur unter psychischen Kosten verwirklichen, die die Kinder zu tragen haben.“; vgl. ebenso Staub/Felder, Scheidung und Kindeswohl, S. 169; zusammenfassend zur Belastung von Stiefmüttern Dumke, Stieffamilien, S. 37 ff., S. 42 ff. sowie Burgoyne/Clark, Making a go of it: A study of stepfamilies in Sheffield, S. 14 ff. Detailliert zu den Problemen von Stieffamilien Brown, The Step-family, S. 17 ff.; näher zu den Überforderungen und Belastungen der einzelnen Stieffamilienmitglieder Griebel, in: LVR/LWL, Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (60). 189 Friedl/Maier-Aichen, Leben in Stieffamilien, S. 100–123; Krähenbühl/Jellouschek/Kohaus-Jellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 121 ff.; Maddox, The Half-Parent, S. 32 f. mit Bezug auf eine Studie von Podolsky; Griebel, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 53 (64); Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 158; Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (122); vgl. ebenso Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47 f., bei deren Untersuchung ein Großteil der Kinder vor dem Schuleintritt adoptiert wurde, da dieser mit der Vorlage der Geburtsurkunde und Angabe des Nachnamens des Kindes und damit der Preisgabe des Scheidungshintergrundes oder der Unehelichkeit einhergeht; zum gleichen Ergebnis gelangte die Studie von Wolf/Mast Social Work 1987, 69 (70, 72). 190 Unverzagt, Patchwork, S. 86 f.; Dumke, Stieffamilien, S. 29. 191 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 389. 192 Vgl. BayObLG FamRZ 2001, 647; Maddox, The Half-Parent, S. 171, mit Bezug auf Loftus Child Care in Practice 2003, 322 (323, 326 ff.); Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 146. Ebenso De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (31), die von zahlreichen Anrufen bei der National Stepfamily Association berichtet, in der Eltern nach Hilfestellungen suchen, wie sie dem Kind vermitteln können, dass es sich bei dem Stiefvater nicht um den leiblichen Vater handelt. Vgl. auch das das Risiko einer Abstammungsverheimlichung durch die Mutter eines nichtehelichen Kindes – auch ohne eine Adoption – erkennende LG Bonn ZfJ 1991, 82 (84). 193 Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (48). 194 Hartl/Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 229 (239).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Das Kind wird – konkurriert der Stiefelternteil mit dem externen leiblichen Elternteil – dem belastenden Konflikt ausgesetzt, sich illoyal gegenüber seinem anderen leiblichen Elternteil zu fühlen, wenn es eine positive Beziehung zum Stiefelternteil entwickelt.195 Basierend auf ihren Untersuchungsergebnissen zu Beziehungsaspekten im Stiefkindverhältnis warnen Soziologen den Stiefelternteil daher davor, die Ersetzung des leiblichen Elternteils anzustreben.196 Genau dieses Bestreben manifestiert sich jedoch regelmäßig in dem Wunsch der Realisierung einer Stiefkindadoption.197 Zu bedenken gilt, dass die im Wege der Stiefkindadoption angestrebte Ersetzung des leiblichen Elternteils selbstverständlich von vornherein auf eine solche in sozialer und rechtlicher Hinsicht beschränkt ist: Eine Ersetzung der biologischen Elternschaft, der nicht beendbaren blutsmäßigen Beziehung,198 kann – wie bei jeder Adoption – auch im Wege der Fiktion einer Abstammungsbeziehung nicht erreicht werden.199 Hinzu kommt, dass sich das Empfinden als Normalfamilie nicht wie beabsichtigt durch eine Adoption realisieren lässt: Die Stieffamilie wird durch die Adoption zur (einseitigen) Adoptivfamilie; gerade aber auch Adoptivfamilien sehen sich ebenso einer von der Normalfamilie abweichenden Lebenssituation ausgesetzt und orientieren sich gleichsam wie Stieffamilien am gesellschaftlich dominanten Normalitätsmuster von Familie.200 Auch Adoptionsfamilien wird davon abgeraten, ihren besonderen Familienstatus dadurch zu leugnen, dass sie dem Vorbild einer „Alsob-Normalfamilie“ nacheifern; sie werden vielmehr zur Akzeptanz ihres Sonderstatus und zum Aufbau einer eigenen alternativen sozialen Identität,
195 Griebel, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 53 (66); Balloff RdBJ 1991, 444 (457) m.w.N.; Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 388, der diesen Konflikt als unlösbares Problem bezeichnet. 196 Visher/Visher, Stiefeltern, Stiefkinder und ihre Familien, S. 57; dies gilt insbesondere in den eher seltenen Stiefmutterfamilien, in denen das Konfliktpotential höher liegt als beim Regelfall der Stiefvaterfamilie, vgl. O’Connor/Dunn/Jenkins/Pickering/ Rasbash British J Psych 2001, 110 (113); vgl. auch Maddox, The Half-Parent, S. 181. 197 So auch Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (64); ebenso Douglas, An Introduction to Family Law, S. 44. 198 Schneider, American Kinship, S. 25. 199 Darauf ebenfalls hinweisend J Grant in Re J zitiert nach Freeman NLJ 1969, 345 (345 f.), der unterstrich, dass der Stiefvater auch im Wege der Adoption die Unsicherheit hinsichtlich der Beziehung zu seinem Stiefkind nicht überwinden könne, da diese nicht aus der mangelnden rechtlichen de facto-Position sondern aus der Tatsache resultiere, dass das Kind nicht sein natürliches, leibliches Kind sei und auch niemals werden könne. 200 Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 63 ff., S. 67 ff., S. 147; jedoch scheinen die Adoptierenden – zumindest begrifflich – den Adoptivelternstatus als gesellschaftlich weniger negativ besetzt zu empfinden als den Status der „Stiefeltern“, a.a.O., S. 74 f.
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einer „Normalfamilie eigener Art“, motiviert.201 So wird von Adoptiveltern im Allgemeinen verlangt, dass sie die leiblichen Eltern des Kindes nicht zu tabuisieren oder zu ersetzen versuchen, sondern diese als eine für das Kind „unabdingbar zugehörige Lebensrealität“ akzeptieren und durch einen offenen Umgang in die neue Familie integrieren.202 ee) Stellungnahme Die vom Richter bei seiner Entscheidungsfindung als Maßstab heranzuziehenden sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse203 kommen folglich zum Ergebnis, dass sich gerade die Stieffamilienform, in der es am häufigsten zur Beantragung einer Adoption des Stiefkindes kommt, aus psychosozialer Sicht als problematisch für das Kindeswohl darstellt und daher am ehesten zum Scheitern verurteilt ist.204 Das Gelingen einer QuasiKernfamilien-Stiefkonstellation, in der der Stiefvater vollumfänglich die väterliche Rolle übernimmt und in dieser Vaterrolle auch vom Kind akzeptiert wird, konnte lediglich in solchen Familien festgestellt werden, in denen der außenstehende leibliche Elternteil in der Primärfamilie nicht existent war und ist, d.h. für das Kind nie als Bezugsperson in Erscheinung getreten ist.205 Zwar geht eine Adoption des Kindes durch seinen Stiefelternteil, wie bereits dargestellt, in der Regel nicht mit einer Veränderung seiner unmittelbaren sozialen Umgebung, sondern zunächst lediglich mit einer solchen der rechtlichen Beziehungen innerhalb des bestehenden Familiensystems einher, dennoch entfaltet auch die Stiefkindadoption identitätsstiftende Wirkungen und zieht eine Veränderung im Selbstbild der Beteiligten nach sich.206 Insbesondere kommt hierbei den Auswirkungen auf die Beziehung zum externen leiblichen Elternteil Bedeutung zu. Denn Studien weisen 201 Vgl. bereits Hoffmann-Riem, Das adoptierte Kind, S. 217 ff.; Wollek UJ 1999, 147 (150); Kunze FPR 2001, 339 (344). 202 Bundesarbeitskreis Adoptions- und Pflegekindervermittlung im Diakonischen Werk der EKD (Hrsg.), Adoption aus verschiedenen Perspektiven, S. 24 f. Die Abkehr von der Inkognitoadoption hin zu Bestrebungen offener Adoptionsformen entspricht dieser Erkenntnis der Adoptionsforschung, dass ein Ersetzungsversuch im Sinne des Kindeswohls nicht anzustreben ist. Zu offenen Adoptionsformen ausführlich unter H. 203 Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 132, 134; Rauscher, Familienrecht, S. 832 Rn. 958. 204 Vgl. die Studie von Bray/Kelly, Stepfamilies, S. 90 f. 205 Vgl. Wilk, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 245 (269 f.). 206 Vgl. Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 120 (134); Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (63); Beck’scher Online-Kommentar/Enders § 1741 Rn. 16.1; vgl. auch Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 68, der mit Blick auf das familiale System von „markanten Veränderungen im Bezugssystem der Familie“ durch die Adoption des Stiefkindes spricht.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
darauf hin, dass der leibliche außenstehende Elternteil in psychischer Hinsicht auch dann ein bedeutender Faktor für das Kind bleibt, wenn der Kontakt zu ihm kaum vorhanden ist.207 Für die Identitätsbildung ist die Kenntnis vom wahren Abstammungsverhältnis auch dann von Relevanz, wenn die Beziehung nicht gänzlich konfliktfrei verläuft oder der Kontakt zum Elternteil sogar abbricht.208 Die grundsätzlichen psychosozialen Bedenken, die der Adoption eines Stiefkindes entgegengebracht werden, greifen lediglich im Falle der Unauffindbarkeit oder des Versterbens des anderen leiblichen Elternteils während der sehr frühen Lebensjahre des Kindes regelmäßig nicht, oder wenn das Kind zum Scheidungszeitpunkt der Eltern so jung war, dass es seinen anderen leiblichen Elternteil nicht erlebt hat und dieser seit der Trennung dem Kind keinerlei persönliches Interesse entgegengebracht hat.209 Aber auch wenn das Kind geringeren Loyalitätskonflikten unterworfen zu sein scheint, wenn die Stieffamilie aus dem Versterben des anderen leiblichen Elternteils resultiert, kann sich der Ersetzungsversuch des verstorbenen Elternteils durch den Stiefelternteil als problematisch erweisen, wenn das Kind lange mit Ersterem zusammengelebt hatte.210 Denn auch in einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Geschichte der vorangegangenen Familie in der stieffamiliären Beziehungssituation fortwirkt und das Geschehen in dieser mitbeeinflusst.211 207
Vgl. Wallerstein/Kelly, Surviving the Breakup, S. 235; Balloff RdJB 1991, 444 (461) m.w.N.; Hartl, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 177 (178); Smith CFLQ 2003, 185 (195). Zur Ausgestaltung der Beziehung des Kindes zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil, insbesondere zur Kontaktintensität, siehe ausführlich in Kapitel 3, unter A. II. 208 Griebel, in: Forum Familie SPD (Hrsg.), Mit Kindern leben, S. 73 (80 f.). 209 Vgl. auch Paulitz ZfJ 1997, 311 (313 f.). Jedoch wird auch in diesen Familienkonstellation eine Identitäts- und Vatersuche bei den Kindern mit Eintritt der Pubertät erwartet, was mit einer krisenhaften Zeit für die Stieffamilie einhergehen kann, vgl. Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (138 f.). 210 Vgl. Maddox, The Half-Parent, S. 73 f. Als Gründe werden hier u.a. angeführt, dass eine Wiederheirat bei geschiedenen Eltern meist früher erfolgt als bei Verwitwung, sodass das Kind mit seinem internen leiblichen Elternteil oft über einen längeren Zeitraum alleine zusammengelebt hat und das Konkurrenz- und Verlustempfinden daher stärker ausgeprägt ist; ferner kommt es meist zu einer starken Idealisierung des verstorbenen leiblichen Elternteils, sodass das die Entwicklung einer gesunden Stiefeltern-KindBeziehung problembelastet sein kann. Andere Forschungsergebnisse vermuten jedoch eine grundsätzlich bessere Anpassung der Kinder an eine durch Halbverwaisung herbeigeführte Stieffamiliensituation, a.a.O., S. 74 m.w.N; vgl. auch das Beispiel bei Wald, The Remarried Family, S. 169. 211 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 386 f.; vgl. auch HoffmannRiem, in: Nave-Herz/Markefka (Hrsg.), Handbuch der Familien- und Jugendforschung, Bd. 1, S. 389 (402); vgl. ebenso Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 161.
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Eine funktionelle Stieffamilieneinheit kann demnach nur unter Einschluss des externen leiblichen Elternteils – wenn verstorben, unter Einschluss der Erinnerung an ihn –, nicht im Wege seiner Ersetzung durch den Stiefelternteil gebildet werden,212 wozu das Ziel einer Stiefkindadoption im Konflikt steht. Stiefkindadoptionen nehmen daher nicht selten einen großen Anteil der problematischen Adoptionsfälle ein.213 c) Scheitern und Beendigung der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft Weitere allgemeine Kindeswohlbedenken gegenüber der Stiefkindadoption ergeben sich aus der Problematik der signifikant über dem Durchschnitt liegende Scheidungsraten von Zweit-Ehen,214 innerhalb derer wiederum die Scheidungsrate von Zweit-Ehen mit Kindern um 60 % höher liegt als jene von Zweit-Ehen ohne Kinder.215 Denn das Adoptionsrecht nimmt keine Rücksicht auf den Bestand der Ehe, da es im Scheitern einer Ehe keinen
212 Fischer ZfJ 1997, 235 (236) m.w.N.; vgl. auch die Fallbeispiele bei Paulitz, Offene Adoption, S. 160 ff. 213 Vgl. Bagley, International and Transracial Adoptions, S. 330, sowie die Fallbeispiele auf S. 310 ff.; vgl. ebenfalls das Fallbeispiel bei Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (68), in dem das adoptierte Stiefkind die Folgen der Adoption zum Zeitpunkt der Beantragung noch nicht voll überblicken konnte und die Adoption später bereute; vgl. auch Muscheler StAZ 2006, 189 (192): „Die meisten Scheiternsfälle stammen aus dem Bereich der Stiefkindadoption.“ Im Vergleich zu Fremdadoptionen ähnliche, teilweise gesteigerte Häufigkeiten psychiatrischer Störungen feststellend Adelsberger, Psychiatrische Störungen bei Adoptivkindern, S. 91. Auch Herr Köhler vom LVR berichtete in einem Gespräch am 28.9.2011, dass nicht selten problematische familiäre Entwicklungen nach Stiefkindadoptionen dem Jugendamt durch die Arbeit des Allgemeinen Sozialen Dienst zur Kenntnis gelangen. 214 Heekerens, Die zweite Ehe, S. 80; Krähenbühl/Jellouschek/KohausJellouschek/Weber, Stieffamilien, S. 29 f.; Wagner/Weiß ZfS 2003, 41 (45); Agell, in: Eekelaar/Šarčević (Hrsg.), Parenthood in Modern Society, S. 407 (410); Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.), Beratung von Stieffamilien, S. 173; Hettlage, Familienreport: Eine Lebensform im Umbruch, S. 185 ff.; Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (165); Moorman/Hernandez Demography 1989, 267 (273); Cherlin Am J Sociol 1978, 634 (638 f.); Ferri, Stepchildren, S. 28 f. In England betrafen im Jahr 1996 über ein Viertel der Scheidungen einen Ehepartner, der bereits geschieden war, vgl. Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (49). Kein einheitliches Bild wird von den Auswirkungen der Existenz von Kindern in der Zweit-Ehe entworfen: Teilweise werden keine Unterschiede bezüglich der Stabilität von Zweit-Ehen mit und ohne Kinder festgestellt, andere Untersuchungen resümieren ein erhöhtes Scheiternsrisiko bei Zweit-Ehen mit Kindern, vgl. Kurdek, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 37 (39) m.w.N. 215 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 393. Zu den Voraussetzungen und Folgen der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft siehe von Koppenfels-Spies FPR 2003, 5 ff.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Aufhebungsgrund für eine erfolgte Adoption erkennt.216 Hat eine Stiefkindadoption stattgefunden, trägt der Annehmende lebenslang Verantwortung für sein Stiefkind, er bleibt zum Unterhalt verpflichtet, auch hinsichtlich des gesetzlichen Pflichtteils steht dem Stiefkind ein Anspruch zu. Diese Dimension der Rechtsfolgen der Stiefkindadoption ist den Beteiligten, insbesondere den Annehmenden, oftmals nicht bewusst oder wird von ihnen verdrängt,217 was aus der Fülle an Entscheidungen ersichtlich ist, in denen Stiefväter oder -mütter versuchen, die Adoption nach der Ehescheidung rückgängig zu machen.218 Hier zeigt sich, dass häufig nicht die intensive emotionale Beziehung des Stiefelternteils zum Kind und der Wunsch der dauerhaften Verantwortungsübernahme, sondern vielmehr die Stiefehe Grundlage für eine Adoption ist, die mit einer Trennung oder Scheidung wegfällt.219 Das Scheitern der Stiefehe bei fortdauernder rechtlicher Beziehung des Kindes zum getrennten Elternteil steigert die emotionale, soziale und rechtliche Verwirrung bei Stiefkindern gegenüber „normalen“ Scheidungswaisen,220 da nicht nur erneut der Ehepartner des leiblichen Elternteils die Familie verlässt, sondern sich dem Kind zum wiederholten Male der rechtliche Elternteil entzieht, dem ein Verbergen der Unzufriedenheit über das Scheitern der Partnerschaft ebenso wie über das Nichtlösenkönnen seiner rechtlichen Elternschaft gegenüber dem Kind kaum möglich sein wird.221 Dieses mit jeder Trennung der Eltern einhergehende, für das 216
OLG Köln FamRZ 2009, 1692; BayObLG FamRZ 1980, 498; NJW 1968, 1528; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1196 (1197); Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 68 Rn. 22; Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilien/Zweitfamilien, S. 133 (137). 217 Staudinger/Frank (2007) § 1741 BGB Rn. 44; Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (225); Muscheler FamRZ 2004, 913 (915). Nach MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 43 trifft das Familiengericht eine Hinweispflicht, dass eine Scheidung in der Regel keinen Aufhebungsgrund für eine Adoption darstellt. 218 Vgl. z.B. BGH NJW 1971, 428; BayObLG FamRZ 2000, 768; OLG Oldenburg FamRZ 2004, 399; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1196; OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 434; vgl. auch zum Versuch einer Rückadoption AG Kerpen FamRZ 1989, 431 (433), wo das Gericht ausführte, „[…] dass sich häufiger vergleichbare Fallgestaltungen ergeben, da bei steigender Scheidungsrate immer mehr Stiefkindbeziehungen entstehen, die oft durch Adoption dann rechtlich gestaltet werden, und diese Stiefkindbeziehungen dann naturgemäß auch nicht selten wieder scheitern.“ 219 Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137). In Amerika hat dies nicht selten zur Folge, dass ein Kind mehrfach hintereinander von seinem jeweils neuen Stiefelternteil adoptiert wird, vgl. Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (72), dazu auch unter G. II. 220 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (225); Staub/Felder, Scheidung und Kindeswohl, S. 197. 221 Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137). Auch wenn die Intensität der Beziehung eines Stiefelternteils zu seinem adoptierten Stiefkind nicht Gegenstand der Untersuchung war, konnten Studien, die die Beziehungen von erwachsenen Stiefkindern zu ihren Stiefeltern unter-
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Kind schwer zu verkraftende Verlustempfinden wird durch die mangelnde biologische Bindung, die das Kind zum Stiefelternteil hat, intensiviert. Aus diesen Gründen weist auch das BVerfG darauf hin, dass selbst eine aufgrund äußerer Umstände in ihrer Intensität gering ausgestaltete Beziehung des leiblichen Vaters zu seinem Kind „tragfähiger und dauerhafter sein kann als die zu einem neuen Partner der Mutter“.222 Auch wenn die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft nicht aufgrund von Scheidung, sondern wegen des Versterbens des internen leiblichen Elternteils endet und die Stiefkindadoption aus der Motivation heraus beantragt wurde, den Verbleib des Kindes beim Stiefelternteil abzusichern, kann dies mit Risiken für das Kind verbunden sein, wenn sich der Stiefelternteil nach dem Tod des internen Elternteils zur Erziehung und Sorge seiner Stiefkinder tatsächlich nicht in der Lage fühlt.223 IV. Anforderungen an die Kindeswohlprüfung im Adoptionsrecht beider Rechtsordnungen Wie gesehen, stehen der Vereinbarkeit der Stiefkindadoption mit dem Kindeswohl erhebliche Bedenken entgegen. Es gilt daher zu untersuchen, inwieweit das Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit in seiner jeweiligen Ausgestaltung und Anwendung in beiden Rechtsordnungen dieser Feststellung Rechnung trägt. 1. Kindeswohl im deutschen Adoptionsrecht a) Kindeswohlerfordernis im Allgemeinen Obwohl sich die Kindeswohldienlichkeit als Voraussetzung für eine Minderjährigenadoption bereits seit Inkrafttreten des BGB etabliert hatte,224 wurde dieses Erfordernis erstmals durch das Adoptionsgesetz von 1976 im suchten, dennoch eine allgemein schwächere Intensität der Stiefeltern-Kind-Beziehung gegenüber jener zu leiblichen Eltern feststellen; die Qualität der Beziehung und auch die Kontaktintensität ist insbesondere dann schwach ausgestaltet, wenn die Partnerschaft von Stiefeltern- und leiblichem Elternteil des Stiefkindes aufgrund einer Scheidung zerbrochen ist, vgl. White, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 109 (120 f.). 222 BVerfG FamRZ 2006, 1355 (1356). 223 Vgl. Pickford JCL 1992, 138 (139); vgl. den Fall Re M (Minors) (Adoption) FLR 1991, Bd. 1, 458. 224 Trotz Fehlens einer gesetzlichen Verankerung – jedoch fand dieser Aspekt Erwähnung in den Motiven zum BGB, Bd. 4, S. 1139 – war bei der Minderjährigenadoption schon frühzeitig die Prüfung, ob die Adoption dem Kindeswohl dient, im Vorfeld der vormundschaftsrechtlichen Genehmigung der damals noch als Vertrag ausgestalteten Adoption von der Rechtsprechung anerkannt, vgl. OLG Celle ZBlJR 1952, 122. Eine gesetzliche Implementierung des Kindeswohlbegriffs in das BGB wurde bereits 1955 vorgeschlagen, vgl. Glässing, Voraussetzungen der Adoption, S. 123 f.
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BGB gesetzlich verankert, dessen § 1741 Abs. 1 verlangt, dass die Adoption dem Wohl des Kindes dient. Seit dem 2. Juli 1976 gilt das Kindeswohl damit ausdrücklich als Maxime im Adoptionsrecht.225 Nahezu sämtliche Bestimmungen des Adoptionsrechts sind auf die Wahrung des Kindeswohls ausgerichtet, selbst wenn der Begriff des Kindeswohls nicht explizit in den Normen Erwähnung findet.226 In einigen Vorschriften hat der Gesetzgeber eine Konkretisierung des Kindeswohls bereits vorweggenommen, indem er in den Regelungen zwingend vorgibt, was dem Kindeswohl dient.227 Der Kindeswohlbegriff wird dabei im Regelungszusammenhang der Adoption durch Rechtsprechung und Lehre dergestalt näher konkretisiert, dass dem Kind ein beständiges und ausgeglichenes Zuhause vermittelt werden soll, sog. Zielfunktion.228 Ferner wohnt dem Kindeswohlbegriff eine Vergleichsfunktion inne, denn die Lebensbedingungen des Kindes müssen durch die Adoption gegenüber der Situation ohne diese derart verbessert werden, dass mit einer merklich positiveren Persönlichkeitsentwicklung229 in psychischer, intellektueller, moralischer und emotionaler Hinsicht zu rechnen ist.230 Hierfür hat eine umfassende Gesamtschau sämtlicher erheblicher Umstände und Einzelbedingungen sowie des Psychound Soziogramms des Kindes zu erfolgen.231 Als erhebliche Umstände sind die körperlich-gesundheitliche und charakterliche Entwicklung des Kindes zu qualifizieren; auch Vermögensinteressen werden berücksichtigt, die sich jedoch persönlichen Interessen der Pflege und Erziehung unterzuordnen haben.232 Eine Steigerung aller Lebensbedingungen im Einzelnen ist allerdings nicht vonnöten.233 Ergebnis der Gesamtbeurteilung muss sein, dass die Lebensbedingungen der Ursprungsfamilie denen der Adoptivfami225 Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 14 f.; Oberloskamp, in: Hoksbergen/Textor (Hrsg.), Adoption, S. 14 (15). 226 So auch Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 78, 85; Hohnerlein, Internationale Adoption und Kindeswohl, S. 215. 227 Vgl. Brauchli, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, S. 124 f. 228 Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 16. 229 BayObLG FamRZ 1989, 1336 (1337); 1983, 532 (533); Bamberger/Roth/Enders § 1741 Rn. 13. 230 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 16; Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 16; Erman/Saar § 1741 Rn. 2; AnwK-BGB/Finger § 1741 Rn. 3; Rauscher, Familienrecht, S. 1019 Rn. 1147; Hohloch, Familienrecht, S. 513. Das OLG Hamm FamRZ 1982, 194 (195) und Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 68 Rn. 98 lassen eine einfache Verbesserung der Lebensbedingungen ausreichen; Roth-Stielow verlangt eine Besserstellung des Kindes „mindestens in einem wesentlichen Teil seiner Lebensverhältnisse“, Adoptionsgesetz, § 1741 Rn. 6 . 231 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 68 Rn. 98. 232 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 16. 233 Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 16.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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lie unterlegen sind.234 Für die Entscheidung ebenfalls von erheblicher Relevanz ist der Wille des Kindes, ungeachtet dessen, ob es nach § 1746 BGB die Altersvoraussetzung für die Berechtigung zur Einwilligung erfüllt.235 Ferner setzt das Kindeswohlerfordernis voraus, dass eine Prüfung der charakterlichen Eignung des bzw. der Annehmenden für die Adoption erfolgt. In diesem Zusammenhang spielen das Alter, die Bereitschaft und Fähigkeit, für das Kind Sorge zu tragen und es zu erziehen, eine ausreichende Gesundheit, die die Übernahme der Erziehungsaufgabe über längere Zeit erlaubt, und die Stabilität der Ehe oder Lebenspartnerschaft eine Rolle.236 In § 1745 S. 1 Halbs. 1 BGB redundant erwähnt,237 da bereits von der Kindeswohldienlichkeit des § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB abgedeckt, ist zu berücksichtigen, ob das anzunehmende Kind Gefährdungen oder Beeinträchtigungen seiner Interessen durch die Kinder der Adoptiveltern zu befürchten hat. Die Formulierung, dass eine Adoption nur dann zulässig ist, „wenn sie dem Wohle des Kindes dient“, impliziert, dass ein positiver Nachweis über diese Dienlichkeit im Einzelfall erbracht werden muss.238 Bestehen Zweifel daran, ob die Adoption dem Kindeswohl dient, hat der Erlass eines Adoptionsbeschlusses zu unterbleiben.239 Ungeachtet der Herausbildung von Entscheidungskriterien durch Rechtsprechung und Wissenschaft240 verbieten sich pauschalierende Festlegungen seitens des Rechtsanwenders.241 Jede Entscheidung, ob die Adoption dem Wohle des Kindes dient, ist eine Einzelfallentscheidung, die sich an den konkreten Bedürfnissen eines individuellen Kindes zu orientieren hat,
234 Erman/Saar § 1741 Rn. 2; Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 16; Soergel/Liermann § 1741 Rn. 8 („klares Überwiegen“). 235 Kaiser, D. FPR 2003, 573 (576); Kluck FPR 2003, 535 (537); Beck’scher OnlineKommentar/Enders, § 1741 Rn. 13. 236 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 19 f.; Müller/Sieghörtner/Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis, S. 19 f.; Erman/Saar § 1741 Rn. 10. 237 So auch Rauscher, Familienrecht, S. 1025 Rn. 1153. 238 Vgl. im Gegensatz dazu die noch von Hübner, Die künftige Rechtsstellung des unehelichen Kindes, S. 55, favorisierte Einführung einer negativen Formulierung, dass eine damals noch notwendige Genehmigung des Annahmevertrages durch das Vormundschaftsgericht zu versagen sei, wenn Bedenken bestünden, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient. Eine solche Formulierung würde dem Gericht die Beweislast auferlegen, Gründe gegen die Kindeswohldienlichkeit vorzubringen, vgl. Glässing, Voraussetzungen der Adoption, S. 124. 239 Beck’scher Online-Kommentar/Enders § 1741 Rn. 13; juris PK-BGB/Heiderhoff § 1741 Rn. 12. 240 Kluck FPR 2003, 535 (537). 241 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, S. 144.
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die es so sorgfältig und umfassend wie nur irgend möglich zu ermitteln und erforschen gilt. b) Anforderungen an die Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall in der deutschen Gesetzgebung und Rechtspraxis aa) Gesetzesrecht de lege lata Auch bei Stiefkindadoptionen findet das für jede Minderjährigenadoption vorgeschriebene Kindeswohlerfordernis Anwendung. Besondere Anforderungen an die Kindeswohlprüfung sieht das Gesetz nicht vor, es gelten vielmehr die gleichen Maßstäbe wie bei Fremdadoptionen. Während es im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Kindeswohls im Falle einer Fremdadoption darum geht, zu ermitteln, ob und welche Adoptionsbewerber sich als geeignete Eltern finden lassen, um zunächst ein Annahmepflegeverhältnis zu begründen, entsteht ein dem Adoptionsantrag vorangehendes „Stiefkindadoptionspflegeverhältnis“ unabhängig von einer solchen Prüfung. Der Prüfungsrahmen der Kompatibilität der Adoption mit dem Kindeswohl ist daher im Falle einer Stiefkindadoption beschränkt: Es können eben keine alternativen Adoptionsbewerber bei der Abwägung Berücksichtigung finden. Entscheidende Frage bei einer Stiefkindadoption kann demnach nur die Gegenüberstellung der kindlichen Lebensverhältnisse und der zu erwartenden Persönlichkeitsentwicklung in der gleichen (Stief)Familie mit und ohne eine Formalisierung der Beziehung zum Stiefelternteil sein. Wendet man das Kindeswohlerfordernis im Stiefkindadoptionsfall konsequent an, kann eine Dienlichkeit der Adoption tatsächlich nur sehr selten angenommen werden. Subsumiert man nämlich unter die zur Konkretisierung des Kindeswohls von den Gerichten entwickelte Formel, dass die Annahme des Kindes mit einer Veränderung seiner gesamten Lebensumstände im Vergleich zur gegenwärtigen Lebenssituation einhergehen muss, sodass mit einer merklich besseren Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu rechnen ist,242 so muss man dies in den meisten Fällen einer Stiefkindadoption verneinen: Die Adoption des Stiefkindes hat eben gerade keine Veränderung seiner Lebensumstände zur Folge, da das Kind meist bereits in der Stieffamilie lebt und auch ohne eine Adoption de facto die Vorteile der sozial gelebten Familienform erfährt.243 Es kommt folglich darauf an, ob die Änderung der rechtlichen Ausgestaltung des StiefelternKind-Verhältnisses und das Erlöschen der Abstammungsbeziehung zum 242
Vgl. BayObLG FamRZ 1997, 839 (840). Anders LG Freiburg FamRZ 2002, 1647 (1648): „Dass das Kind nunmehr durch die Annahme eine rechtlich gesicherte Position (§ 1754 I BGB) gegenüber dem Stiefvater erhält, verbessert seine Lebenssituation entscheidend und schafft den Rahmen für eine (noch) bessere Entwicklung seiner Persönlichkeit (…).“ 243
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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externen Elternteil der tatsächlichen Lebenssituation des Kindes derart positiv zuträglich sind, dass ihm eine – bis dahin nicht vorhandene – Stabilität und Sicherheit vermittelt wird. Die Kindeswohldienlichkeit durch eine Sicherheitssteigerung kann nur dann angenommen werden, wenn es dem Kind an einem Beständigkeits- und Zugehörigkeitsempfinden in der Stieffamilie mangelt und dem Beziehungserhalt zum anderen leiblichen Elternteil kein Wert zukommt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es meist die Stiefeltern sind, die der Adoption eine sicherheitsstiftende Bedeutung beimessen, sodass der Formalisierungswunsch vornehmlich vom internen leiblichen Eltern- und Stiefelternteil ausgeht, während die bereits erläuterten Studien zeigen, dass Kinder ein größeres Interesse an der Kontinuität der Elternschaft haben als am rechtlichen Status der sich Sorgenden, dessen sie sich oft gar nicht bewusst sind.244 Ob sich das Kind in der neuen Familienkonstellation sicher und angenommen fühlt, hängt entscheidend von der tatsächlichen Ausgestaltung der Beziehung zum Stiefelternteil ab, nicht von deren rechtlicher Formalisierung.245 bb) Rechtswissenschaft In der juristischen Fachliteratur wird der Notwendigkeit und Praxis des häufigen Gebrauchs der Stiefkindadoption daher große Skepsis entgegengebracht und die Frage, ob Stiefkindadoptionen dem Kindeswohl im Allgemeinen dienen, kritisch beleuchtet – zumindest in jenen Fällen, in denen ein weiterer leiblicher Elternteil existiert, der einen Kontakt zum Kind aufrechterhalten hat.246 Hierbei wird das Erfordernis einer erhöhten Intensität 244 Vgl. die bereits zitierte Studie von Smith CFLQ 2003, 185 (189 f.), in der 86 % der Stiefkinder ihren Stiefelternteil ohnehin als Teil der Familie einstuften, fast sämtliche Kinder die Familienform einer Stieffamilie mit ihren Beziehungsmustern nicht richtig erklären konnten und in der über die Hälfte der Kinder verneinte, selbst in einer Stieffamilie zu leben. 245 So auch in Re M (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570 (589) “When times are bad […] it will be the emotional attachment forged between the adopters and the child, not that piece of paper entitled ‘adoption order’, which will prevent a disaffected child searching for a grass which will always seem so much greener in the pastures occupied by the old family.” 246 Vgl. bereits Frank, Grenzen der Adoption, S. 68 ff., S. 72 ff., S. 74 f.; ders. FamRZ 2007, 1693 (1695 f.); ders. StAZ 2010, 324 (330); Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); StAZ 2006, 189 (192); Enders FPR 2004, 60 ff.; Beck’scher OnlineKommentar/Enders § 1741 Rn. 16.1; Coester JZ 1992, 809 (816); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilien/Zweitfamilien, S. 133 (137 f.) „konzeptionell unbefriedigend und führt immer wieder zu unerquicklichen Situationen“; Schwenzer, Gutachten zum 59. DJT, Bd. I, A 1 (A 98); von Puttkamer, Stieffamilien und Sorgerecht, S. 53; Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 97 ff.; Dethloff, Familienrecht, S. 461; ähnlich Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (65); Dethloff ZRP 2004, 195 (197); dies. FPR 2010, 208 (209); vgl. auch Sosson, in:
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der Kindeswohlprüfung gegenüber Fremdadoptionen betont.247 Wie bereits angesprochen, stehen auch die an der Adoption beteiligten Fachdienste der Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption kritisch gegenüber.248 So legt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in ihren Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung249 die Gefahren dar, die mit einer Stiefkindadoption verbunden sind. cc) Gerichtspraxis Über die Praxis der Familiengerichte im Umgang mit Stiefkindadoptionsanträgen ist wenig bekannt. Es gibt aber Indizien, dass dem Kindeswohlerfordernis in der Praxis vielmals nicht hinreichend Rechnung getragen wird. Dies ergibt sich etwa aus Entscheidungen des BGH und des BVerfG zur Ersetzung der Einwilligung eines unehelichen Vaters in die Adoption seines Kindes durch den Stiefvater,250 die auch im Allgemeinen auf Stiefkindadoptionen eingehen. Im Urteil des BGH – unter Berufung auf das Urteil des BVerfG vom 1995251 und wiederum bestätigt durch die BVerfGBeschlüsse vom 29.11.2005252 und 27.4.2006253 – wurde ausgeführt, dass nicht „ohne Weiteres“ davon ausgegangen werden könne, dass eine Stiefkindadoption in der Regel dem Kindeswohl dient. Der BGH stellt fest, dass eine Kindeswohldienlichkeit im Gegenteil regelmäßig dann zu verneinen ist, wenn es den Antragsteller darum geht, mittels der Adoption den leiblichen Vater dauerhaft vom Umgang mit dem Kind auszuschließen.254 BGH und BVerfG verzichten bei dieser Formulierung auf den Zusatz „Stiefkindadoption gegen den Willen des leiblichen Vaters“. Die Tatsache, dass Eekelaar/Šarčević (Hrsg.), Parenthood in Modern Society, S. 395 (399), die die Privilegierung der Stief- gegenüber der Primärfamilie durch Substitution letzterer durch erstere im Wege der Stiefkindadoption kritisiert; anders Peschel-Gutzeit NJW 2005, 3324 (3328). 247 Oberloskamp, in: Hoksbergen/Textor (Hrsg.), Adoption, S. 14 (16). Für eine genaue Betrachtung des Einzelfalls „mit den in der Adoptionsvermittlung entwickelten hohen Standards fachlicher Kompetenz“ plädierend Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (66); MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 41. 248 Vgl. bereits zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34; LVR (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Adoption des Stiefkindes“, S. 1 ff.; LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, unter „Zur Tagungsidee“ sowie S. 5–12. 249 BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, 4. Aufl., unter 3.43, S. 20; 6. Aufl., unter 6.1.3, S. 21 f. 250 Vgl. dazu und ausführlich zu den Entscheidungen in Kapitel 3, unter C. II. 2. c). 251 NJW 1995, 2155 (2157). 252 FamRZ 2006, 94 ff. 253 FamRZ 2006, 1355 f. 254 BGH NJW 2005, 1781 (1783). In dem zu entscheidenden Einzelfall wurde diese Motivation als nicht tragend für die Ersetzung der Einwilligung eingestuft.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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der BGH dies – losgelöst von der Frage, ob die Stiefkindadoption gegen oder mit dem Willen des einwilligungsberechtigten externen leiblichen Elternteils beantragt wird – deutlich hervorhebt, kann als Indiz dafür herangezogen werden, dass die Familiengerichte den Erlass eines Stiefkindadoptionsdekretes selten verweigern, wenn sämtliche Beteiligten in die Adoption einwilligen.255 Ein weiteres Indiz stellt die Kritik von Adoptionsvermittlungsstellen dar, die eine defizitäre Rechtslage in Bezug auf Stiefkindadoptionen beklagen. Auch hebt die Bundarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter explizit hervor, dass bei Stiefkindadoptionen die Adoptionsvoraussetzungen und -eignung mit der gleichen Sorgfalt zu prüfen sind wie bei Fremdadoptionen.256 Daraus lässt sich ablesen, dass sich die Praxis an der Vorstellung orientiert, dass Stiefkindadoptionen dem Kindeswohl grundsätzlich zuträglich sind, insbesondere wenn alle Beteiligten mit dieser einverstanden sind.257 Entsprechende Gerichtsentscheidungen, in denen die Kindeswohldienlichkeit bei Einverständnis sämtlicher Beteiligter verneint wurde, sind nicht veröffentlicht.258 Im – vom BVerfG kritisierten259 – Urteil des OLG Saarbrücken260 lautete die Argumentation zur Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der Einwilligungsersetzung261 wie folgt: „Der Ast. ist – vom Säuglingsalter an – in einem Familienverbund aufgewachsen, der – mit der (…) als Mutter, dem (…) in der Vaterrolle und einem Geschwisterkind – als geradezu idealtypisch anzusehen ist. […] Das Kind wächst derzeit unter Bedingungen auf, die in jeder Hinsicht denen einer „normalen“ Familie entsprechen.“ Die Bemühungen des Vaters um ein Umgangsrecht mit dem Kind wurden hingegen als „Hineindrängen“ in den „Familienverbund“ gewertet. Hieran zeigt sich, dass die Applikation des Kindeswohlprinzips bei einer Stief255 Eine entsprechende Praxis hatte sich auch in England etabliert, ehe die Stiefkindadoption rechtlich und politisch in die Diskussion geriet, vgl. unter IV. 2. b) aa). 256 Vgl. BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 21. 257 Vgl. ebenso Paulitz, Offene Adoption, S. 159 f., der beschreibt, dass erst in den letzten 10 Jahren bei den Adoptionsfachkräften teilweise ein Umdenken erfolgt ist, dass es sich bei einer Stiefkindadoption nicht lediglich um eine reine Formsache handelt, mit der nur Faktisches verrechtlicht wird, sondern dass auch hier eine gewissenhafte Prüfung der Voraussetzungen erforderlich ist. Dennoch konstatiert er nach wie vor erhebliche Diskrepanzen bei Richtern und Adoptionsfachkräften hinsichtlich der Beurteilung dieser Adoptionsform; ebenso Zweifel hinsichtlich eines restriktiven Umgangs mit Stiefkindadoptionen in der Praxis äußernd Enders FPR 2004, 60 (64). 258 So auch Enders FPR 2004, 60 (64); Hoffmann JAmt 2003, 453 (455). Zwar die Infragestellung der Kindeswohldienlichkeit benennend, aber allein die Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteil als problematisch hervorhebend juris PK-BGB/Heiderhoff § 1741 Rn. 31. 259 BVerfG FamRZ 2006, 1355 (1356). 260 FamRZ 2005, 1586 (1587). 261 Dazu näher in Kapitel 3, unter C. II. 2.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
kindadoption die Gefahr birgt, dass sich in ihm ein vom Bild der Normalfamilie geprägtes Kindeswohlverständnis verwirklicht und durchsetzt, was zur Folge hat, dass der Inhaltsrahmen der Kindeswohlprüfung verkürzt und die Dienlichkeit der Stiefkindadoption für das Kindeswohl präjudiziert wird.262 dd) Stellungnahme Wie dargestellt, kann nur in wenigen Ausnahmefällen davon ausgegangen werden, dass die Stiefkindadoption dem Kindeswohl dient.263 In Anbetracht der Tatsache, dass Stieffamilien heutzutage in den seltensten Fällen aus einer sehr frühen Halbverwaisung des Kindes resultieren, sondern vielmehr durch Wiederverheiratung bzw. Verpartnerung nach Scheidung oder Trennung der leiblichen Eltern begründet werden, und dass auch bei unehelicher Geburt sich der leibliche Vater häufig an der tatsächlichen sowie rechtlichen Sorge für das Kind beteiligt, bei Stiefkindadoptionen demnach vermehrt Kinder aus gescheiterten Partnerschaften stammen,264 ist es äußert zweifelhaft, ob es sich bei den jährlich dekretierten 2.000 bis 2.500 Stiefkindadoptionen in allen Entscheidungen um solche Ausnahmefälle handelt.265 Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass das Kindeswohlerfordernis in vielen Stiefkindadoptionsfällen nicht hinreichend sorgfältig geprüft wird und die Kindeswohldienlichkeit der Adoption unter Verkennung der Besonderheiten und Risiken der stieffamiliären Konstellationen voreilig bejaht wird. 2. Kindeswohl im englischen Adoptionsrecht a) Kindeswohlerfordernis im Allgemeinen In England wird die allgemeine Regelung zum Kindeswohl aus der bereits dargestellten Sec. 1 (1) des CA 1989266 verdrängt, wenn – wie im Adoptionsrecht – eine speziellere Regelung gesetzlich vorgesehen ist. Zwar enthält auch das Adoptionsrecht keine Definition des Begriffes welfare, jedoch findet bei der Beurteilung des Kindeswohls eine eigene welfare 262
So auch Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 52, der hier von einem „tautologischen Resultat“ spricht. Vgl. ebenso Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRWFachtag Adoption, S. 47 (64), der auf die Gefahr einer entsprechenden Prägung der Fachkräfte der Adoptionsberatung hinweist. 263 So auch Cobb Fam Law 1999, 725; Bissett-Johnson, in: Sachdev (Hrsg.), Adoption: Current Issues and Trends, S. 217. 264 Kreisjugendamt Landkreis Böblingen (Hrsg.), Adoptionsvermittlung im Landkreis Böblingen, 2003, S. 3. 265 So auch Enders FPR 2004, 60 (64); Muscheler FamRZ 2004, 913 (915): „[…] haben wir nach meiner Meinung ein paar Tausend Stiefkindadoptionen im Jahr zu viel.“ 266 Unter II. 2. b) aa).
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checklist Anwendung, vgl. Sec. 1 (4) des ACA 2002, die folgende zu berücksichtigende Aspekte vorschreibt:267 “(a) the child’s ascertainable wishes and feelings regarding the decision (considered in the light of the child’s age and understanding), (b) the child’s particular needs, (c) the likely effect on the child (throughout his life) of having ceased to be a member of the original family and become an adopted person, (d) the child’s age, sex, background and any of the child’s characteristics which the court or agency considers relevant, (e) any harm (within the meaning of the CA 1989) which the child has suffered or is at risk of suffering, (f) the relationship which the child has with relatives, and with any other person in relation to whom the court or agency considers the relationship to be relevant, including – (i) the likelihood of any such relationship continuing and the value to the child of its doing so, (ii) the ability and willingness of any of the child’s relatives, or of any such person, to provide the child with a secure environment in which the child can develop, and otherwise to meet the child’s needs, (iii) the wishes and feelings of any of the child’s relatives, or of any such person, regarding the child.”
Auch im Adoptionsrecht sind diese aufgelisteten Kindeswohlaspekte nicht als abschließend zu verstehen, vielmehr hat das Gericht darüber hinaus sämtliche für den konkreten Sachverhalt relevante Faktoren zu berücksichtigen.268 Im Gegensatz zur “first consideration to the need to safeguard and promote the welfare throughout childhood” nach Sec. 14F (1), (2) des CA 1989269 gibt nun auch der ACA 2002 gesondert für Adoptionsfragen in Sec. 1 (2) die Gewichtung des Kindeswohls als paramount vor: “The paramount consideration of the court or adoption agency must be the child’s welfare, throughout his life.”
Diese Festsetzung wird als die wichtigste Änderung des Adoptionsrechtes durch den ACA 2002 eingestuft,270 durch die das englische Adoptionsrecht 267
Zur näheren Diskussion dieser einzelnen bei der Kindeswohlprüfung zu berücksichtigenden Aspekte vgl. Probert, Cretney and Probert’s Family Law, S. 383 ff. 268 Jedoch kann die mangelnde Berücksichtigung eines der gesetzlich vorgegebenen Kriterien einen Berufungsgrund konstituieren. 269 So auch schon der CA 1975 in Sec. 3. Hintergrund für die Nichtanwendung des paramountcy test auch im Adoptionsrecht war die Befürchtung, diese könne dergestalt interpretiert werden, dass es gut situierten Ehepaaren möglich sei, die Trennung des Kindes von seinen in ärmlichen Verhältnissen lebenden leiblichen Eltern allein aus dem Grund der besseren materiellen Lebensumstände durch eine Adoption herbeizuführen, vgl. Stone, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 229 (236). 270 Welstead/Edwards, Family Law, S. 284; Bridge/Swindells, Adoption, S. 94 sprechen von einer fundamentalen Abkehr von der alten Tradition und einem “most radical change”.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
in Einklang mit Art. 21 der UN-Kinderrechte-Konvention 1989 gebracht wird, der vorschreibt, dass die Vertragsstaaten, die das System der Adoption anerkennen oder zulassen, zu gewährleisten haben, dass dem Wohl des Kindes bei der Adoption die höchste Bedeutung beigemessen wird. Im Adoption Act 1976, Sec. 6 hieß es noch: “In reaching any decision relating to the adoption of a child a court or adoption agency shall have regard to all the circumstances, first consideration being given to the need to safeguard and promote the welfare of the child throughout his childhood; and shall so far as practicable ascertain the wishes and feelings of the child regarding the decision and give due consideration to them, having regard to his age and understanding.”
Ebenso wie der deutsche Reformgesetzgeber 1976 die Adoption zu einem kindeswohlorientierten Institut umdefinierte, legte damit auch der Adoption Act 1976 den Gerichten, Adoptionsagenturen und Jugendbehörden (local authorities) die Verpflichtung auf, bei einer Adoptionsentscheidung zwar sämtliche relevante Umstände zu berücksichtigen, als erster Erwägung aber dem Bedürfnis Beachtung zu schenken, das Wohl des Kindes während der gesamten Kindheit abzusichern und zu fördern.271 Vor Geltung des ACA 2002 wurde die Frage, ob die Adoption im besten Interesse des Kindes liegt, insbesondere an den materiellen und finanziellen Perspektiven, der Erziehung, dem allgemeinen familiären Umfeld und der Stabilität des Zuhauses gemessen.272 Ferner spielten die Bindungen des 271
Das Institut der Adoption wurde in England bereits seit seiner gesetzlichen Implementierung 1926 als ein Instrument verstanden, mit dem nicht nur den adoptivelterlichen Interessen nach einer Familien- und Namensfortführung gedient, sondern vor allem der Fürsorgeaspekt realisiert werden sollte, dem Kind, das einem erzieherischen Defizit ausgesetzt ist, das Aufwachsen in einer Familie zu ermöglichen, Graveson, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 1 (18); ebenso Douglas/Lowe LQR 1992, 414 (422); vgl. dementsprechend bereits den Adoption of Children Act 1926, Clause 3 (b), in dem es hieß: “The court before making an adoption order shall be satisfied […] the order if made will be for the welfare of the infant, due consideration being for this purpose given to the wishes of the infant, having regard to the age and understanding of the infant.” Keating resümiert, dass sich erst in den späten 1970er Jahren die Kindesinteressen als den Adoptionsprozess dominierend durchsetzten, a.a.O., S. 201. Vgl. aber auch bereits Sec. 5 (1)(b) des Adoption Act 1950 mit gleichem Wortlaut wie der Adoption of Children Act 1926 sowie Sec. 7 (1)(b) Adoption Act 1958. Vgl. ebenfalls das Tomlin Committee, das 1925 berichtete, dass die Zahl jener Personen, die sich durch die Adoption ihrer Kinder zu entledigen wünschten, höher war als die Zahl der Adoptionswilligen, His Majesty’s Stationary Office, Child Adoption Committee, First Report (Tomlin Report), 1925, Cmd. 2401, unter 4., S. 4. Siehe auch den Bericht des Departmental Committee on Adoption von 1954, der feststellte, dass es die Rechte der leiblichen Eltern sehr schwierig machten, das Kindeswohl als “first and paramount” zu berücksichtigen, Cmd. 9248, unter 119, S. 31. Ebenso Bagley British Journal of Social Work 1973, 79 (87), der die Berücksichtigung des Kindeswohls in Adoptionsverfahren bis in die 1970er Jahre als ledigliches Lippenbekenntnis bezeichnete. 272 Re B QB 1971, Bd. 1, 437 (443).
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Kindes zu seiner Geburtsfamilie sowie religiöse und kulturelle Überlegungen eine Rolle.273 Auch wenn der Befreiung vom Stigma der Unehelichkeit Vorteile beigemessen wurden,274 gingen die Gerichte dazu über, dies nicht allein als Rechtfertigung für eine Adoption ausreichen zu lassen.275 Als Hauptvorteil einer Adoption wurden der soziale, rechtliche und psychologische Gewinn der Zugehörigkeit und des Aufwachsens in einer Familie276 sowie die Vermittlung von Sicherheit und Fürsorge277 hervorgehoben. Der welfare-Begriff wurde zunehmend im Zusammenhang mit den konkreten besonderen Umständen des jeweiligen Kindes interpretiert.278 Welche praktische Auswirkung die durch den ACA 2002 geänderte, nun geltende Prüfungsvorgabe hat, verdeutlicht die Entscheidung Re D279 aus dem Jahre 1977, in der der Richter zur Abgrenzung der beiden Gewichtigkeitsstufen ausführte: “In adoption proceedings the welfare of the child is not the paramount consideration (i.e. outweighing all others) as with custody or guardianship; but it is the first consideration (i.e. outweighing any other): see Children Act 1975, s 3 (now Adoption Act 1976, s 6). […] The judge must have asked himself, as he should, whether continued access to the father throughout the childhood would be of benefit to the child. If the answer were ‘Yes’, it would be a most potent (though not, I think, necessarily clinching) factor to be weighed against any net benefit to the child from adoption. But if the answer is ‘No’, the net benefit to the child from adoption stands counterbalanced; and though the welfare of the child is not a consideration overriding all others, it is the first consideration, outweighing any other.”280
b) Anforderung an die Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall in der englischen Gesetzgebung und Rechtspraxis Im Folgenden werden die wesentlichen Stufen der historischen Entwicklung der Anforderungen an die Kindeswohlprüfung dargestellt, da die his273 Josling/Levy, Adoption of Children, S. 4; Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 30 f. 274 Re E (P) (An infant) All ER 1969, Bd. 1, 323; Re D (An Infant) QB 1959, Bd. 1, 229. 275 CD, Petitioners Scots Law Times (Sheriff Courts) 1963, 7 (8). 276 Josling/Levy, Adoption of Children, S. 5. 277 Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (361). 278 O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 34. 279 (An Infant) (Parent’s Consent) All ER 1977, Bd. 1, 145 (160 f.). 280 Ähnlich Cumming-Bruce in Re B Fam 1976, 161 (166) mit der Interpretation, dass das Kindeswohl zwar als die allerwichtigste sämtlicher Erwägungen zu berücksichtigen sei, “but that it should not rule upon or determine the course to be followed.” Vgl. aber Re W (A Minor) (Adoption) FLR 1984, 402 (404), wo der Richter ausdrücklich, jedoch irrtümlicherweise, den paramountcy test zur Anwendung brachte; vgl. ebenso Re B (Adoption: Child’s Welfare) FLR 1995, Bd. 1, 895 (898), wo darauf hingewiesen wurde, dass der CA 1989 die Gewichtung des Kindeswohls nicht abgeändert habe, sodass an seiner Berücksichtigung als einem, wenn auch nicht als einzigem Faktor festzuhalten sei.
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torische Analyse für das Verständnis der heutigen Rechtslage, insbesondere aber auch für die Beurteilung des aktuellen tatsächliche Vorkommens der Stiefkindadoption unerlässlich ist. aa) Praxis und Regelung der Stiefkindadoption im Allgemeinen in den Anfängen des englischen Adoptionsrechts Dem englischen Gesetzesrecht war das Institut der Adoption bis zum Jahre 1926 völlig fremd.281 Wie dargelegt, erfüllte sie nach ihrer Einführung ursprünglich auch in England den Zweck und wurde als einfache Möglichkeit angesehen, Kinder von unverheirateten Frauen einem verheirateten, unfruchtbaren Ehepaar zukommen zu lassen.282 Eine Adoption durch Stiefeltern wurde im Gegensatz zu jener durch Verwandte im Adoption of Children Act 1926 nicht geregelt.283 Dennoch wurden binnen kurzer Zeit
281 Dennoch waren Adoptionen auch ohne gesetzliche Anerkennung – vgl. aber die erste begriffliche Erwähnung von “adopted” in Sec. 3 des Poor Law Act 1899 – als soziale Institution bereits seit dem 18. Jahrhundert etabliert, vgl. Cretney, in: Rose (Hrsg.), Consensus Ad Idem, S. 251 (252); James, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 39 (39, 46). Versuche der Einführung einer Adoptionsgesetzes in den Jahren 1889 und 1890 scheiterten aufgrund eines großen Widerstandes gegen rechtliche Adoptionen, da diese als Bruch mit der Unveräußerlichkeit elterlicher Rechte und Pflichten als einem der “cardinal principles of the law of England” eingestuft wurden, vgl. Lowe, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 307 (309) m.w.N. Während dementsprechend noch im Jahre 1901 in einer höchstrichterlichen Entscheidung der Vertrag einer Mutter eines unehelichen Kindes, der die Übertragung der Elternrechte und -pflichten auf eine dritte Person zum Gegenstand hatte, als nichtig angesehen wurde, vgl. Humphreys v Polak KB 1901, Bd. 2, 385, verstärkte sich jedoch in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg trotz fehlender gesetzlicher Regelung die Praxis der Annahme verwaister und ungewollter Kinder, vgl. His Majesty’s Stationary Office, Child Adoption Committee, First Report (Tomlin Report), 1925, Cmd. 2401, S. 3 f.; Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 419; Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 818; Richards, Adoption, S. 3; ausführlich hierzu Keating, A Child for Keeps, S. 39 ff. Das gänzliche Fehlen eines gesetzlichen Rahmens für diese sich ausbreitende Praxis von de facto-Adoptionen, das mit einem Mangel an Sicherheit sowohl für die betroffenen Kinder als auch Eltern einherging und das Risiko des Kinderhandels barg, wurde als unbefriedigend empfunden, sodass schließlich – nach langwierigem Gesetzgebungsprozess – der Adoption Act 1926 erlassen wurde; dazu ausführlich Keating, A Child for Keeps, S. 67 ff. Der englische Gesetzgeber entschied sich dabei gegen das bis dato teilweise praktizierte Vertragssystem und knüpfte das Institut der Adoption an die Voraussetzung eines gerichtlichen Beschlusses. 282 Parker, Adoption Now, S. 5. 283 Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (148): “Although the Adoption of Children Act 1926 was intended to provide a framework for existing de facto adoptions it was not enacted with step-parents in mind.” Ebenso Maidment MLR 1977, 293 (303).
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entsprechende Anträge gestellt, denen die Gerichte vermehrt stattgaben,284 sodass im Jahre 1950 – dem ersten Jahr, aus dem diesbezüglich Statistiken vorliegen – Stiefkindadoptionen 29 % aller Adoptionen ausmachten.285 In der Adoptionspraxis waren Stiefkindadoptionen demnach trotz Fehlens einer gesetzlichen Verankerung deutlich etabliert. Obwohl das Adoptionsrecht zwischen 1926 und 1949 zahlreiche Abänderungen erfuhr,286 nahm erst der Adoption of Children Act 1949 Bezug auf Stiefkindadoptionen, nämlich in Sec. 1 (1): “It is hereby declared, that the power to make adoption orders […] has always included power to make an adoption order authorising the adoption of an infant by the mother or father of the infant, either alone or jointly with her or his spouse.”
Die allgemeinen Adoptionsregelungen wurden überwiegend für anwendbar auf Stiefkindadoptionen erklärt, sodass seit dem Adoption of Children Act 1949 Stiefkindadoptionen wie auch Fremdadoptionen mit einem klaren Übergang des Stiefkindes von der Ursprungs- zu einer Adoptivfamilie verbunden waren, ferner war auch diese Adoptionsform der Aufsicht durch die Jugendbehörde unterworfen und an die Voraussetzungen eines positiven Berichts des guardian ad litem287 geknüpft.288 Zudem stand die Stiefkindadoption unter der Voraussetzung, dass das Kind mindestens 21 Jahre jünger als der Stiefelternteil war.289 Außerdem galt die bereits erwähnte Besonderheit, dass bei einer Stiefkindadoption auch der interne leibliche Elternteil sein eigenes Kind zusammen mit dem Stiefelternteil adoptieren musste, sodass auch dieser die Stellung eines Adoptivelternteils erhielt.290
284 Vgl. JoP 1927, 695 sowie JoP 1927, 786; Lowe, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 307 (315); vgl. auch Keating, A Child for Keeps, S. 122 (128). 285 In absoluten Zahlen handelte es sich um 762 eheliche und 3.049 nichteheliche Kinder, die von ihrem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil adoptiert wurden, Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 12; De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (22). 286 Vgl. dazu ausführlich Keating, A Child for Keeps, S. 117 ff. 287 Bei einem guardian ad litem handelte es sich um einen Rechtsbeistand, der einen Minderjährigen im Prozess vertrat. Er hatte eine Doppelfunktion: Neben der Wahrnehmung der Interessen des Kindes im Adoptionsverfahren oblag ihm die Unterstützung der Gerichte bei der Prüfung der Adoptionsanträge, insbesondere durch die Vornahme notwendiger Untersuchungen und Nachforschungen über alle im Adoptionsantrag enthaltenen Angaben; ferner war er zur Erstellung eines Berichtes für das Gericht zuständig, Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 55 f. 288 Vgl. De’Ath Representing Children, 1996, Heft 1, 20 (22). 289 Sec. 2 (1)(b) Adoption of Children Act 1926; Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (148). 290 Sec. 14 (1) Adoption Act 1976. Dieser Grundsatz hatte Geltung bis zum Inkrafttreten des ACA 2002, vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 234, 277.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Nach vermehrter Kritik, die strikten Anforderungen des Adoptionsrechts, insbesondere die Aufsichtsmaßnahmen durch die Jugendbehörden würden sich bei Stiefkindadoptionen als inadäquat erweisen, sahen schließlich der Adoption of Children Act 1949 und der Adoption Act 1958 eine weniger strenge Behandlung von Eltern und Stiefeltern vor, die ihr Kind bzw. Stiefkind zu adoptieren beabsichtigten; gesetzliche Restriktionen, die von der Durchführung einer Stiefkindadoption abhielten oder diese erschwerten, wurden abgeschafft291. Somit korrespondierte das Gesetz mit dem sozialen Klima, das Stiefkindadoptionen, insbesondere jene von nichtehelichen Kindern befürwortete.292 Die Stiefkindadoptionszahlen blieben in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre überwiegend konstant,293 indem sie ca. ein Drittel sämtlicher Minderjährigenadoptionen ausmachten,294 ehe sie ab 1963 stetig anstiegen.295 Der Höhepunkt dieses Anstiegs wurde im Jahre 1975 erreicht, als es sich bei 14.576 und damit 68 % aller Adoptionen um Stiefkindadoptio-
291 Richards, Adoption S. 4. Stiefeltern waren von der Verpflichtung befreit, die Jugendbehörde drei Monate vor Beantragung der Stiefkindadoption von ihren Adoptionsplänen in Kenntnis zu setzen, wenn das Kind noch nicht das vorgeschriebene Schulalter erreicht hatte, vgl. Sec. 3 Adoption Act 1958. Auch galten bei Stiefkindadoptionen die Altersbeschränkungen nicht, vgl. Sec. 2 (2)(a) Adoption Act 1958. Zudem wurde eine Supervision für sämtliche Adoptionen, an denen Eltern des Kindes beteiligt waren, abgeschafft, vgl. Sec. 37 (1) Adoption Act 1958. Darüber hinaus wurde das Erfordernis der Einwilligung eines unehelichen Vaters, der Unterhalt für das Kind geleistet hatte, geregelt in Sec. 4a Adoption Act 1950, aufgehoben, was angesichts der hohen Zahlen der Adoptionen nichtehelicher Stiefkinder eine Erleichterung des Adoptionsverfahrens darstellte, siehe dazu näher in Kapitel 3, unter B. III. 2. a) aa). 292 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 22. Hintergrund hierfür stellte die ausgeprägte Praxis von Müttern in den Jahren des Zweiten Weltkrieges dar, ihre unehelichen Kinder zur Adoption freizugeben, der man versuchte entgegenzuwirken; vgl. hierzu den Bericht einer im Zusammenhang mit einer Lokalstudie zum Familienleben in Barrow, Lancaster und Preston verfassten Studie der Universität Lancaster Interviewten: “[…] When I worked in hospital sometimes it was horrible, they just gave them away like kittens and then beggared off and started all over again. You could see them back more than once, and the baby would go as well.” zitiert nach Keating, A Child for Keeps, S. 182. 293 Im Jahr 1956 war der Anteil auf 35 % sämtlicher Adoptionen angestiegen, vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 12. 294 Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 139. 295 In den Jahren 1951 bis 1968 stiegen die Adoptionszahlen im Allgemeinen drastisch – von 12.739 auf 24.831 – an, ehe sie im Jahre 1972 auf 21.603 absanken – was auf die Auswirkungen des Abortion Act 1967 und gesellschaftliche Veränderungen zurückgeführt wird, die es unverheirateten Müttern erleichterten, ihre Kinder zu behalten, vgl. Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 19 f., S. 5.
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nen handelte.296 Das Ansteigen der Stiefkindadoptionszahlen ehelicher Kinder wird mit der durch die Liberalisierung des Scheidungsrechtes herbeigeführten Zunahme an Scheidungen und dem damit einhergehenden Anstieg der Wiederverheiratungszahlen begründet, die zu einem Anwachsen der Stieffamilienpopulation führten.297 Über die tägliche Gerichtspraxis im Zusammenhang mit Stiefkindadoptionen dieser Zeit ist über die Tatsache des Erlasses zahlreicher Adoptionsbeschlüsse hinaus nur wenig bekannt, man geht aber davon aus, dass Anträge überwiegend positiv beschieden wurden.298 Als ein Fall mit Ausnahmecharakter299 ist Re J300 her296 Zwischen 1968 und 1975 verdoppelten sich die Zahlen der Stiefkindadoptionen von ehelichen Kindern von 4.038 auf 9.262 – der Großteil von ihnen war fünf Jahre alt oder älter –, während hinsichtlich der Adoption nichtehelicher Stiefkinder ein Anstieg von 4.479 auf 5.691 zu verzeichnen war, vgl. Leete Population Trends 1978, Heft 4, 9 f. Die Tatsache, dass Mütter den Status als leibliche Mutter verloren und vielmehr zur Adoptivmutter ihres eigenen Kindes wurden, schien keine abschreckende Wirkung zu haben, wenn auch in der schottischen Studie von Phillips viele der Mütter Unverständnis hinsichtlich dieses Erfordernisses zeigten, als sie – meist erst im Adoptionsverfahren selbst – davon erfuhren, A&F 1992, Heft 2, 16 (18). 297 Vgl. Leete Population Trends 1978, Heft 4, 9; Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (149); De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (22); Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 19. Masson nimmt an, dass der Anstieg der Adoptionen von ehelichen Stiefkindern nicht auf einen gesteigerten Gebrauch dieser Adoptionsform zurückzuführen ist, sondern dieser lediglich den Zuwachs an Kindern, die in Stieffamilien leben, widerspiegelt, und stellt fest, dass weniger als ein Fünftel der Stiefeltern zur damaligen Zeit Gebrauch von Stiefkindadoptionen machte, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (149 f.) 298 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 22. Als Beispielsfall vgl. Re R, A Minor, R v V (Now W) and Another Fam Law 1973, 180 f., wo ein Adoptionsbeschluss – gegen den Willen des nicht zur Einwilligung berechtigten Vaters – mit der Begründung gewährt wurde, das Kind sei de facto in die Stieffamilie integriert und verliere durch die Adoption seinen Unehelichkeitsstatus, was von großer Bedeutung sei. 299 So Freeman NLJ 1969, 345 (345, 347). 300 Abgedruckt in Association of Child Care Officers, Adoption – The Way Ahead, S. 84 ff. Das Kind war in diesem Fall als eheliches Kind geschiedener leiblicher Eltern nicht dem Stigma der Unehelichkeit ausgesetzt; eine Unterhaltspflicht des Stiefvaters ergab sich aus dem Status des Kindes als child of the family; dem Stiefvater stand die Möglichkeit offen, seine Stieftochter erbrechtlich mithilfe eines Testaments zu begünstigen; dass der leibliche Vater Ansprüche bezüglich seines Kindes erheben würde, sei sehr unwahrscheinlich, nachdem dieser den Kontakt abgebrochen habe und sein Aufenthaltsort unbekannt sei; eine Namensänderung sei durch eine einseitige Erklärung oder durch den entsprechenden Ruf möglich. Der Richter fühlte sich verpflichtet, folgende Frage zu prüfen: “[…] is adoption the right thing for her, bearing in mind that many of its objects can be achieved by alternative means not involving interference with the natural relationship between the child and its parents, which […] is fundamental to the growth and health of human personality?”, S. 84, wobei er insbesondere auf die Motivation der Stiefehepartner einging und zu dem Ergebnis gelangte, dass diese hauptsächlich psychologischer Natur sei und auf der Unsicherheit des Stiefelternteils und seinem mangelnden
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vorzuheben, in dem eine Stiefkindadoption wegen des Risikos des Scheiterns der Stiefehe sowie aus dem Grund zurückgewiesen wurde, dass der Richter kein Bedürfnis für einen Adoptionsbeschluss feststellen konnte, da die meisten Rechtsfolgen und Vorteile einer Adoption auch auf anderem Wege herbeizuführen waren.301 Weitere Ausnahmefälle,302 in denen das Gericht dem außenstehenden leiblichen Elternteil einen Kontakt zum Kind nach dessen Adoption durch Stiefelternteil und sorgeberechtigten Elternteil einräumte,303 weisen auf eine partielle Sensibilisierung in Bezug auf die negativen Konsequenzen für das Kindeswohl der mit der Stiefkindadoption einhergehenden Trennung des Kindes von seinem anderen biologischen Elternteil hin. Auch in Re D304 konnte das Berufungsgericht entgegen der Vertrauen in die Beziehung zu seinem Stiefkind fuße; er sei vom Wunsch getrieben, das Kind zu „seinem Kind“ zu machen, a.a.O., S. 85. 301 Vgl. zu dieser Zeit auch die beiden in der Studie von Grey/Blunden erfassten Fälle, in denen seitens der Gerichte Zweifel an der Stabilität der Stiefehe bestanden und weitere Ermittlungen hinsichtlich des nichtehelichen Vaters für notwendig erachtet wurden, um dessen Einstellung zur Adoption sicherzustellen, A Survey of Adoption in Great Britain, S. 80. Die beiden berichten zudem von zwei Fällen, in denen die Verfahren der Stiefkindadoption für ein Jahr ruhend gestellt wurden, damit sich die Familienbeziehungen festigen und die Kinder über die ihnen bis dato unbekannte Unehelichkeit aufgeklärt werden konnten, a.a.O., S. 82. 302 Re J (A Minor) (Adoption Order: Conditions) All ER 1973, Bd. 2, 410: Der leibliche Vater unterhielt bis zum fünften Lebensjahr des Kindes regelmäßigen Kontakt zu ihm und verweigerte seine Einwilligung in die Adoption seines Kindes durch den Stiefelternteil; das Gericht erlaubte ausnahmsweise aus Kindeswohlgründen eine Vereinbarung zwischen der adoptierenden Stieffamilie und dem leiblichen Elternteil, über einen Official Soliciter Kontakt zum Kind aufzunehmen. Hier wurde allerdings die Kindeswohldienlichkeit der Adoption unproblematisch angenommen, während die Frage des Umgangs des Vaters mit dem Kind im Vordergrund stand. Vgl. Re S All ER 1975, Bd. 1, 109 mit ähnlichem Sachverhalt. Vgl. auch die deutliche Devise des Richters in Re B (A Minor) (Adoption: Jurisdiction) All ER 1975, Bd. 2, 449 (462) kurz vor der Implementierung von Sec. 10 (3) CA 1975: “The courts should not encourage the idea that after divorce the children of the family can be reshuffled and dealt out like a pack of cards in a second rubber of bridge.” Vgl. auch Re G (TJ) (An Infant) All ER 1963, Bd. 1, 20. 303 Zum Umgangsrecht leiblicher Verwandter nach der Adoption ausführlich unter H. III. 2. und Kapitel 3, unter D. II. 304 Re D (Minors) (Adoption by Parent) All ER 1973, Bd. 3, 1001 ff. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vater verließ seine Frau und Kinder im Jahre 1969, Unterhaltsleistungen seinerseits unterblieben, seine Kinder sah er acht bis zehn Mal jährlich, ehe die Mutter 1970 die Scheidung einreichte, der der Vater zustimmte. Mit der Scheidung endete der Kontakt des Vaters zu den Kindern, da der Mutter das Sorgerecht zugesprochen wurde, insbesondere aufgrund der Wiederheirat der Mutter und des Wegzugs der Stieffamilie. Kontaktversuche unterband die Mutter. Dennoch schickte der Vater seinen Kindern gelegentlich Geschenke. Die Einwilligung in die Stiefkindadoption verweigerte der Vater entschieden, die gerichtliche Einwilligungsersetzung hob das Berufungsgericht auf. Dort war dem Richter nicht ersichtlich, “[how] the adoption orders would be for the welfare of the girls when the expressed object was to give
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Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das eine Adoption angeordnet hatte, und des guardian ad litem nicht erkennen, dass die Stiefkindadoption dem Kindeswohl diente. Gleiches stellte der Richter in Re M305 fest: “In what way will adoption affect these children’s lives? In none. They will continue to live with the natural mother and step-father as they have been doing. The step-father has accepted them as children of the family and therefore their position vis-à-vis him is the same morally and legally as if he were their adopted father.”
Auch in Re H306 unterblieb aufgrund der Vorteilhaftigkeit des Erhaltes eines Umgangs des Kindes mit dem leiblichen Vater und dessen Eltern sowie aufgrund der Einwilligungsverweigerung des Vaters die Anordnung eines Adoptionsbeschlusses. Dort wurde bezüglich der die Gerichtsentscheidung vorbereitenden Berichte der Sozialarbeiter erkannt: “[…] reports in too many intra family adoption cases seem to take the success of the application for granted and merely skim the surface of facts and outward appearances without any probing of underlying factors which abound in some of these adoptions and may call for remedial measures other than adoption […].”
Dass sich jedoch die Gerichte an diesen vereinzelten307 Entscheidungen höherer Instanzen orientierten, ist nicht festzustellen, was ein Blick auf die hohen Zahlen der Stiefkindadoptionsbeschlüsse zu dieser Zeit verdeutlicht.308 Nachdem in den 1960er Jahren generell vermehrt auch dem Kindeswohl im Allgemeinen und nicht nur dem rechtlichen Status von Kindern Beachtung geschenkt wurde und die Kinderpsychologie begonnen hatte, die Bedeutung des Erhaltes des Kontaktes des Kindes mit zentralen Familienmitgliedern hervorzuheben, wurden Zweifel an der ausgeprägten Praxis der Stiefkindadoptionen zum ersten Mal 1969 in einem Bericht der Kommission der Association of Child Care Officers309 öffentlich formuliert, in dem
them the mothers new surname. [...] All too often that course was taken by the mother to disguise from her new neighbours that she had been involved in a failed marriage” (S. 1007). 305 Nicht veröffentlichte Entscheidung, zitiert nach Shepherd NLJ 1974, 566 (567). 306 (Minors) The Times November 25, 1974. 307 Nach Masson hielten auch die Berufungsgerichte zumindest in unumstrittenen Stiefkindadoptionsfällen Adoptionsbeschlüsse aufrecht, vgl. in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 131 (152) m.w.N. 308 Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (150): “[…] statements in reported cases do not necessarily reflect the views or practices of the majority of judges.” Vgl. z.B. den Fall Re S (A Minor) (Adoption Order: Access) All ER 1975, Bd. 1, 109, in dem die Adoption des Kindes durch das erstinstanzliche Gericht gewährt wurde, obwohl der Stiefelternteil über 10 Jahre hinweg regelmäßigen Kontakt mit dem Kind gepflegt und großes Interesse an dessen Aufrechterhaltung hatte. 309 Association of Child Care Officers, Adoption – The Way Ahead, S. 22 f.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Stiefkindadoptionen unter Bezugnahme auf die ihnen zugrunde liegenden, häufig zweifelhaften Motive wie folgt porträtiert wurden: “This type of adoption appears to be an artificial and unnecessary legal arrangement which can produce little gain for all parties, and it is an irrevocable transfer of legal parentage which could have harmful repercussions in the long term, e.g. if the relationship between the child and his step-father never matures positively. There are obviously cases where it is in the child’s interest to preserve his own identity as dictated by his natural background and parentage rather than to confuse his status.”
Die in den Adoptionsvermittlungsprozess involvierten Sozialarbeiter artikulierten in ihrem Bericht den Vorschlag, das Institut der Stiefkindadoption durch eine Form der Vormundschaft zu ersetzen, die dem Stiefelternteil einige elterliche Rechte vermitteln sollte, ohne dabei jene der Mutter zu negieren und das Abstammungsverhältnis zum anderen leiblichen Elternteil zu berühren.310 bb) Kindeswohlanforderungen bei Stiefkindadoptionen nach dem Children Act 1975 1969 wurde das Departmental Committee on the Adoption of Children, das so genannte Houghton Committee, gegründet, das die von der Association of Child Care Officers konstatieren Zweifel gegenüber der Praxis der Stiefkindadoption bestätigte: Insbesondere wurde auf die Konsequenzen einer radikalen Trennung des Kindes von seinem anderen leiblichen Elternteil und dessen Familie hingewiesen311 sowie vor der Gefahr gewarnt, Stiefkindadoptionen könnten vermehrt gegen den Willen des Kindes, allein aus der einfachen Motivation einer Namens- und Statusänderung heraus und zur Erlangung von elterlichen Rechten für den Stiefelternteil, durchgeführt werden.312 Aufgrund der Endgültigkeit der Adoption sei die Möglichkeit einer Rückkehr zum anderen leiblichen Elternteil, falls dies vonnöten wäre, ausgeschlossen. Ferner wurde auf die Gefahr hingewiesen, ein offener und freier Umgang mit der tatsächlichen Abstammungssituation werde durch die Stiefkindadoption verhindert.313 In einem Zwischenbericht sprach sich der Ausschuss daher für ein Verbot der Adoption ehelicher Stiefkinder durch den Stiefelternteil und die 310
Association of Child Care Officers, Adoption – The Way Ahead, S. 23. JoP, 12. Februar 1977, 381. 312 Association of Child Care Officers, Adoption – The Way Ahead, S. 22 f. 313 Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 105, S. 29. Kritisiert wurde, die Befürchtungen des Houghton Committees entbehrten einer wissenschaftlichen Grundlage, vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 3; Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family S. 227 (232). Vgl. ebenso Richards, Adoption, S. 32; De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (23). 311
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Einführung eines alternativen Status einer Vormundschaft für alle Stiefeltern aus, Stiefkindadoptionen nichtehelicher Kinder sollten hingegen aus Statusgründen möglich bleiben.314 Diese Vorschläge stießen auf heftigen Widerstand,315 sodass das Houghton Committee in seinem Schlussbericht stattdessen für eine Beschränkung der Stiefkindadoptionspraxis dergestalt plädierte, dass im Falle eines entsprechenden Adoptionsantrags eine gerichtliche Abwägung zu erfolgen habe, ob nicht eine Vormundschaft die dem Kindeswohl adäquatere Form der Gestaltung des auf einer Scheidung und Wiederheirat basierenden Stiefeltern-Kind-Verhältnisses sei.316 Mit dem Children Act 1975 wurde diese Forderung des Houghton Report in Sec. 10 (3)317 wie folgt umgesetzt: “Where the application is made to a court in England or Wales and the married couple consist of a parent and step-parent of the child, the court shall dismiss the application if it considers the matter would be better dealt with under section 42 (orders for custody etc.) of the Matrimonial Causes Act 1973.”318
Ziel dieser Regelung war es, Stiefeltern zu entmutigen, eine Stiefkindadoption anzustreben, gleichzeitig sollte mit der joint custody eine Alternative zu solchen Adoptionen – insbesondere wenn diese nach einer Scheidung und Wiederheirat beantragt wurden – zur Verfügung gestellt werden.319 Mittels der joint custody eines Stiefelternteils sollte dem Kind Beständigkeit vermittelt werden, ohne dass dieses zum Abbruch der familiären Bindungen und zum Ablegen des eigenen Namens und der eigenen Identität gezwungen war.320 Damit war ein gesonderter Rahmen bezüglich der Kindeswohlprüfung bei Stiefkindadoptionen gesetzlich verankert, der im Folgenden hinsichtlich seiner Ausgestaltung und seiner Auswirkungen auf die Praxis der Stiefkindadoptionen näher untersucht wird.
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Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 26. Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 108, S. 29; Rawlings MLR 1982, 637 (638). 316 Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 109, S. 30. 317 Später dann im Adoption Act 1976 als Sec. 14 (3) implementiert. 318 Diese Regelung galt jedoch nur für Fälle, in denen der angestrebten Stiefkindadoption eine Scheidung vorangegangen war. Für Fälle der Unehelichkeit des Kindes oder des Versterbens des anderen leiblichen Elternteils des Kindes sah Sec. 37 (1) des CA 1975 eine ähnliche Regelung wie Sec. 10 (3) vor, dazu ausführlich sogleich unter (2). 319 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 16. 320 Richards, Adoption, S. 24 f. 315
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Kapitel 2: Das Stiefkind
(1) Anforderung an die Kindeswohlprüfung bei Stiefkindadoptionen nach einer Scheidung der leiblichen Eltern (a) Regelung der Sec. 10 (3) Children Act 1975 Die allgemeine Regelung der Sec. 6 Adoption Act 1976, nach der – wie dargestellt – die Absicherung und Förderung des Kindeswohls bei jeder Adoptionsentscheidung als first consideration zu berücksichtigen war, wurde von Sec. 10 (3) Children Act 1975321 flankiert, der vom Gericht eine Zurückweisung des Stiefkindadoptionsantrages verlangte, wenn es der Auffassung war, der Angelegenheit sei mit einer Anordnung nach Sec. 42 des Matrimonial Causes Act besser gedient. Sec. 42 des Matrimonial Causes Act versetzte das ursprüngliche Scheidungsgericht in die Lage, eine joint custody order zu Gunsten des die Adoption beantragenden Paares anzuordnen. Eine solche custody hatte keinerlei Auswirkungen auf den Status des Kindes, sodass es Kind seiner beiden leiblichen Eltern blieb,322 was insbesondere auf die erbrechtliche Stellung und in Bezug auf unterhaltsrechtliche Ansprüche von Bedeutung war.323 Sie umfasste das Recht zur täglichen physischen Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes, das Recht zur Verwaltung des Kindesvermögens, die Befugnis, alle bedeutenden Entscheidungen in Bezug auf das Kind zu fällen, wie etwa jene der Religionsoder Schulwahl, sowie das Antragsrecht beim Ehe- und Familiengericht im Falle von Auseinandersetzungen.324 Die Rechte, die mit einer custody einhergingen, begegneten jedoch aus Sicht des Stiefelternteils einer nicht unbedeutenden Einschränkung: Ausgeschlossen war das Recht einer von der Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils oder einer gerichtlichen Erlaubnis unabhängigen Namensänderung325 sowie der Verbringung des Kindes außerhalb Englands und Wales. Des Weiteren stand es dem Gericht offen, parallele Umgangsanordnungen zu treffen, wenn es diese für angemessen hielt, vgl. Matrimonial Causes Act 1973, Sec. 42 (1) und (2), so321 Diese Vorschrift trat am 26. November 1976 in Kraft, gefolgt von den am 17. Januar 1977 in Kraft getretenen Abänderungen der Matrimonial Causes Rules bezüglich des Erlasses von joint custody orders. 322 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 19. 323 Das Kind konnte jedoch dann unterhaltsrechtliche Ansprüche gegen den Stiefelternteil erwerben, wenn es als sog. child of the family innerhalb der Ehe von leiblichem und Stiefelternteil aufwuchs, dazu oben unter III. 1. b); ferner konnte es als child of the family bei Versterben des Stiefelternteils eine finanzielle Beteiligung am Vermögen des Stiefelternteils beantragen, vgl. Sec. 1 (1)(d) Inheritance Act 1975. 324 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 20. 325 Matrimonial Causes Rules 1977, Rule 92 (8). Nachdem die Gerichte einer Namensänderung große Bedeutung beimaßen, waren sie einer solchen gegenüber sehr zurückhaltend eingestellt, vgl. W v A (Minor: Surname) Fam 1981, 14. Zur Namensänderung ausführlich in Kapitel 1, unter A. VI. 2.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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dass der außenstehende leibliche Elternteil zum Kontakt mit dem Kind berechtigt werden konnte.326 Die elterlichen Befugnisse, die dem Inhaber einer solchen custody demnach zustanden, wurden im Vergleich zu jenen eines adoptierenden Stiefelternteils als beschränkt eingestuft. (b) Gerichtliche Praxis Der Gesetzeswortlaut eröffnete den Gerichten ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, den Antrag auf Stiefkindadoption zurückzuweisen. Dennoch war den Magistrates’ Courts (Adoption) Rules 1976 zu entnehmen, dass ungeachtet des eingeräumten Ermessens die Betonung auf der Rückverweisung der Antragsteller an das Scheidungsgericht lag.327 Einheitliche Kriterien zur Konkretisierung des Ermessens existierten nicht.328 Vielmehr lagen die Meinungen der Richter, wie mit Stiefkindadoptionsanträgen und Sec. 10 (3) Children Act 1975 zu verfahren sei, weit auseinander;329 einige Richter erließen weiterhin Adoptionsbeschlüsse, andere sahen vermehrt davon ab.330 So variierte auch die Einstellung des Court of Appeal gegenüber Sec. 10 (3) des Children Act 1975 im Laufe der Zeit: Die Auslegung der Vorschrift wurde in Re S331 zunächst an der Frage ausgerichtet, ob eine Adoption das Kindeswohl besser absichere und fördere als die existierenden Regelungen oder eine joint custody order durch das Scheidungsgericht. Ein Adoptionsbeschluss in Stiefkindadoptionen sollte lediglich dann erlassen werden, wenn dies der Fall war. Damit war – die Intention der Reformgesetzgebers forcierend – eine Beweislastumkehr zugunsten der joint custody order und der Abweisung eines Antrags gegenüber der Gewährung einer Stiefkindadoption etabliert.332 Folge dieser Rechtsprechung war, dass ein An326
Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 21. Vgl. Rule 8 “Although the provisions give courts a discretion, the emphasis is on directing the applicants back to the divorce court.” Vgl. ebenso das DHSS Circular LAC (76) 22, in dem es unter 10 (ii) hieß: “The intention of the provision in ss. 10 and 11 of the 1975 Act is to discourage adoption by parents, step-parents and relatives and direct attention to other forms of legal custody. A parent and step-parent will not normally be allowed to get an adoption order if the parent has custody of the child following proceedings in a magistrates’ court prior to the parent’s divorce or following divorce proceedings.” Seit Inkrafttreten der Adoption (County Court) (Amendment) Rules 1979 war eine Verweisung an das Scheidungsgericht nicht mehr vonnöten, sodass das Gericht selbst zur Anordnung einer Adoption oder aber einer custody berechtigt war. 328 Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (233). 329 Rawlings MLR 1982, 637 (640). 330 Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (233) mit Hinweis auf entsprechende Diskussionen bei der Judges’ Conference am 27. Oktober 1978. 331 Re S (Infants) (Adoption by Parent) All ER 1977, Bd. 3, 671 (675). 332 Vgl. auch Rawlings MLR 1982, 637 (641); vgl. ebenso den Kommentar zum Fall Re W (A Minor) in JoP, 19. Februar 1977, notes of the week, 106 (107) “[…] the pre327
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Kapitel 2: Das Stiefkind
trag auf Stiefkindadoption auch dann zurückgewiesen werden konnte, wenn der außenstehende leibliche Elternteil der Adoption zustimmte und nur wenig Interesse an dem Kind zeigte.333 Zur Frage der Vereinbarkeit der meisten Stiefkindadoptionen mit dem Kindeswohl führte der Richter in der Entscheidung Re S aus: “[…] the children are legitimate, they have usually spent some part of their lives with their fathers and will have established some kind of a relationship with them; they will remain after the adoption in the same physical environment; and they will have acquired, as children of the family of the natural parent and step-parent, all the material advantages which adoption can provide.”334
Stiefkindadoptionen könnten dem Kindeswohl lediglich dann förderlich sein, wenn sie die formale Anerkennung der tatsächlichen Lebenssituation seien, wie etwa, wenn das Kind vom Kleinkindalter an nur den Stiefvater als Vaterfigur erlebt habe.335 Als Vorgabe für die Gerichte wurde in der Entscheidung festgelegt: “The court is now expressly required to make a deliberate choice between making an adoption order, refusing to disturb the status quo, or making an appropriate order under the Matrimonial Causes Act 1973, s. 42. This will require considerably more investigasumption against adoption is so strong in these circumstances […].” Ebenso Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 56; vgl. auch Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (430). 333 In diesem Fall Re S waren die Kinder gemeinsam mit ihren beiden leiblichen Eltern aufgewachsen und unterhielten zum Zeitpunkt der Beantragung der Adoption weiterhin Kontakt zum außenstehenden Elternteil, sodass eine joint custody anstelle einer Stiefkindadoption angeordnet wurde, obwohl der leibliche Vater in die Adoption eingewilligt hatte. 334 Re S (Infants) (Adoption by Parent) All ER 1977, Bd. 3, 671 (675). 335 Ebenda, S. 175; ebenso in Re S (A Minor) Fam Law 1975, 88, wo ein Stiefkindadoptionsantrag positiv beschieden wurde: Der leibliche Vater des Kindes hatte die Mutter und das Kind in dessen 16. Lebensmonat verlassen, seitdem keinen Kontakt zum Kind gewünscht oder unterhalten und in die Adoption durch den Stiefvater eingewilligt, den das Kind seit seinem zweiten Lebensjahr als Vaterfigur erlebt hatte; das erstinstanzliche Gericht lehnte eine Adoption jedoch ab, da primär Interessen der Mutter als jene des Kindes Motivationsgründe gewesen seien. Vgl. ebenso bei ähnlichem Sachverhalt – das Kind unterhielt seit seinem dritten Lebensmonat keinen Kontakt mehr zum leiblichen Vater, während der Stiefvater ab dem sechsten Lebensmonat die Vaterrolle für das Kind übernahm –, allerdings unter Ersetzung der elterlichen Einwilligung, die spätere Entscheidung Re S, Fam Law 1979, 88, wo es in Abgrenzung zu Re S (Infants) (Adoption by Parent) All ER 1977, Bd. 3, 671 hieß: “In the 1977 Re S, the child had grown up familiar with the father, who had formed part of the family. The mother had remarried comparatively late in the children’s lives to the stepfather. […] In the present case the father […] had virtually no contact at all and the stepfather clearly had been playing a role of father in this boy’s life.”; Re D (An Infant) (Parent’s Consent) All ER 1977, Bd. 1, 145 – dazu auch Fn. 27 – wo das Kind trotz regelmäßiger Besuche des leiblichen Vaters über einen gewissen Zeitraum nicht wusste, dass dieser sein Vater war.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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tion and information than in ‘normal’ adoption cases. […] It will also be necessary to examine carefully the motives of each of the adopters. […] It is no doubt that this class of cases will now require more investigation than has been the practice in the past.” 336
In Re D337 änderte der Court of Appeal seine Auslegungspraxis von Sec. 10 (3) jedoch dahingehend ab, dass ein Adoptionsantrag nur dann abgewiesen werden konnte, wenn das Gericht zum Schluss kam, der Klagegegenstand im Sinne des Kindeswohls werde besser mit einer joint custody order bewältigt als mit einer Stiefkindadoption.338 Diese Auslegung korrespondierte zwar stärker mit dem Wortlaut von Sec. 10 (3), sie reflektierte jedoch nicht die ursprünglichen Bestrebungen des Houghton Committee. Da die materiellen Vorteile der Stiefkindadoption minimal seien, so wurde in der Entscheidung hervorgehoben, gehe es bei der Abwägung zwischen den beiden Instituten vor allem um schwierige psychologische Gesichtspunkte.339 Im Unterschied zu den bis dato positiv beschiedenen Adoptionsanträgen, bei denen der Vater zum Kind nur minimalen oder gar keinen Bezug gehabt hatte und der Kontakt sehr früh abgebrochen war,340 hatte der Vater im zu entscheidenden Fall mit der Ursprungsfamilie bis zum 6. Lebensjahr des einen Kindes zusammengelebt, auch nach der Scheidung zunächst noch über zwei Jahre hinweg Umgang mit den Kindern gepflegt, der Adoption aber aufgrund des Emigrationswunsches der Stieffamilie zugestimmt. Hier wurden für die Annahme der Kindeswohldienlichkeit der Adoption im Vergleich zu einer joint custody folgende Gründe angeführt: Zum einen sei der Vater aus dem Leben der Kinder verschwunden – in physischer Hinsicht aufgrund fehlenden Kontakts und in psychischer Hin336 Ebenda, S. 676. Ebenso Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 56 für einen erhöhten Nachforschungsbedarf bei Stiefkindadoptionen gegenüber Fremdadoptionen. 337 (Minors) Fam Law 1980, 246 (247). In der dem Court of Appeal vorgelegten Entscheidung hatte der erstinstanzliche Richter die Anordnung einer – allein von der Jugendbehörde als guardian ad litem nicht befürworteten Adoption – u.a. aus dem Grund verweigert, dass die zu adoptierenden Kinder gute Erinnerungen an ihren leiblichen Vater hatten. Obwohl auch der leibliche Vater der Adoption zustimmte, er im Leben der Kinder mittlerweile keine Rolle mehr spielte, die Kinder vollständig in die Stieffamilie integriert waren und ihren Stiefvater als ihren Vater bezeichneten sowie eine Emigration der Familie nach Australien anstand, betonte der Richter, dass die Adoption als Mittel gegen den leiblichen Vater genutzt werden könne und der Versuch, die Familiengeschichte umzuschreiben, nicht zu unterstützen sei. Der Richter beließ es bei einer Zurückweisung des Antrags, ohne alternativ die Anweisung einer custody order gem. Sec. 10 (3) CA 1975 anzudenken. 338 Es handelte sich folglich um eine bewusste Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, nachdem Ormrod diesmal ausführte: “It is not a question of showing that an adoption order is itself better. The court has to consider whether or not the matter can be better dealt with by means of a joint custody order”, vgl. Fam Law 1980, 246 (247). 339 Re D (Minors) Fam Law 1980, 246 (247). 340 Vgl. die soeben besprochenen Entscheidungen Re S und Re P.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
sicht aufgrund informeller Einbenennung der Kinder sowie des Adressierens des Stiefvaters mit Dad. Zum anderen hätten die Kinder ausdrücklich den Wunsch geäußert, vom Stiefvater adoptiert zu werden.341 Zudem wurden die Kinder alt genug eingeschätzt, die Tragweite der Rechtsfolgen einer Adoption zu erfassen. Überraschenderweise wurde das Argument des erstinstanzlichen Richters, die Kinder hätten eine Beziehung zu ihrem Vater aufgebaut und erinnerten sich daher gut an ihn, als Verweigerungsgrund für die Adoption ebenso zurückgewiesen wie das Argument, dass durch die Adoption sämtliche Verbindungen zum Vater und dessen Familienstamm durchtrennt würden: “There is no magic in an adoption order. The fact that the child becomes a child of the new family does not, in itself, automatically cut off the children from the natural family.” 342
Während der Court of Appeal dementsprechend in mehreren Fällen erstinstanzliche Zurückweisungen von Stiefkindadoptionsanträgen, die sich an den Empfehlungen des Houghton Committee und der restriktiven Auslegungsformel von Re S aus dem Jahre 1977 orientiert hatten,343 aufhob und die Adoptionen für zulässig erklärte, wurde in Re C and C344 jedoch wiederum die Entscheidung des erstinstanzlichen Richters, die Adoption nicht zu dekretieren, aufrechterhalten. Der Sachverhalt war jenem von Re D sehr ähnlich, dennoch fehlte es laut Court of Appeal an einem Bedürfnis nach einer Adoption: Die Kinder waren dieser gegenüber eher neutral oder ablehnend eingestellt und es erschien, als forciere allein der Stiefelternteil die Adoption, was eine Situation darstelle, “in which the court should proceed very cautiously”.345 Es fehlte demnach bereits bei der Rechtsprechung des Court of Appeal an einheitlichen Vorgaben, unter welchen Umständen nun eine Stiefkindadoption gegenüber einer gemeinsamen Sorgerechtsregelung zugunsten von Stief- und leiblichem Elternteil zu befürworten sei.346 Zunehmend kristallisierte sich der Leitgedanke heraus, die Vorteilhaftigkeit der Adoption sei in der Integration des Kindes in die neue Familie zu sehen, während deren Nachteil, nämlich die Trennung des Kindes von seinem anderen 341
Re D (Minors) Fam Law 1980, 246 (248), wo der Richter ausführte: “I would be very hesitant, in a case where the natural parent is consenting and the children wish to be adopted, to stand in the way of an adoption order being made. The children might well see this as ‘an intrusion by authority’ and an unnecessary one which they will not understand and will resent.” 342 Re D (Minors) (Adoption by Step-Parent) FLR 1981, Bd. 2, 102 (105). 343 Vgl. auch die unveröffentlichte Entscheidung Re S, zitiert nach Rawlings MLR 1982, 637 (646). 344 Unveröffentlicht, zitiert nach Rawlings MLR 1982, 637 (648). 345 Vgl. Rawlings MLR 1982, 637 (648). 346 So auch Rawlings MLR 1982, 637 (650 f.).
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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leiblichen Elternteil und dessen Familie, gänzlich unabhängig von einer gerichtlichen Anordnung erfolge.347 Aufgrund dieser uneindeutigen Auslegungsvorgaben des Court of Appeal hatte sich ein uneinheitlicher Umgang der Gerichte mit Stiefkindadoptionsanträgen verfestigt.348 Es wird aber angenommen, dass diese überwiegend positiv beschieden wurden.349 Nicht nur in Fällen, in denen der Stiefvater dem Kind gegenüber die Vaterrolle einnahm und der leibliche Vater nie oder nicht mehr Interesse an dem Kind signalisierte, wurden Stiefkindadoptionsbeschlüsse als angemessen eingestuft: In Re F (AK)350 aus dem Jahr 1988 zum Beispiel erließ der Richter einen Adoptionsbeschluss, da der außenstehende leibliche Elternteil, der regelmäßig Kontakt zum Kind unterhielt, mehr die Rolle eines Freundes des Kindes innehatte als jene eines Vaters, die das Kind seinem Stiefvater zuwies; eine Adoption sollte hier Klarheit für das Kind schaffen, das sich zwischen zwei Familien angesiedelt fühlte. Während im Fall Re S351 der erstinstanzliche Richter den Adoptionsantrag zurückwies, da die Stiefehepartner mit der Adoption bezweckten, dem Kind seinen wahren Abstammungshintergrund zu verheimlichen, gab der Court of Appeal der Beschwerde gegen das Urteil statt, mit der Begründung, die Wünsche des Kindes und dessen Wohl seien nicht ausreichend beachtet worden und rechtfertigten eine Adoption. In der Entscheidung Re C352 wurde im Gegensatz dazu erneut die Bedeutung von Sec. 10 (3) Children Act 1975 betont, indem hervorgehoben wurde, diese Regelung sei, wenn sie zur Anwendung komme, “a formidable obstacle placed by Parliament in the way of step-parents who wish to adopt a natural child of one member of the pair and it requires very careful consideration in every case. It is not at all an easy section to overcome.” 353
Während für England und Wales 1975 noch 14.576 Stiefkindadoptionen – insgesamt fast 70 % sämtlicher Adoptionen – statistisch festgehalten wurden, sank diese Zahl 1976 bereits auf 11.827, im Jahr 1977 – dem ersten vollständigen Jahr seit Inkrafttreten der Norm – auf 7.783. Dabei ist insbesondere eine drastische Reduktion der Adoptionen ehelicher Stiefkinder 347
Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (154). Hierzu ausführlich, insbesondere zur nicht eindeutigen, sich wandelnden Vorgabe durch den Court of Appeal, Rawlings MLR 1982, 637 (640 ff). 349 Richards, Adoption, S. 33; Rawlings MLR 1982, 637 (650); Butler-Sloss A&F 1980, Heft 4, S. 29 resümierte, die Richter tendierten dazu, das Konzept der joint custody bei Stiefkindadoptionsanträgen zu missachten und Adoptionen in ansonsten angebrachten Fällen zu gewähren. 350 (Minors) (Adoption) Fam Law 1986, 134. 351 FLR 1988, Bd. 1, 418. 352 (Adoption Application Hearing) FLR 1982, Bd. 3, 95. 353 Ebenda, S. 97. 348
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von 9.262 im Jahr 1975 auf 4.545 im Jahr 1977 hervorzuheben.354 1981 handelte es sich in England und Wales bei 5.057 der Adoptionen um Stiefkindadoptionen, was einem Anteil von ca. 60 % entspricht, 1983 waren es nur noch 4.939,355 die Zahl der ehelichen Stiefkinder war dabei auf 2.872, d.h. 31,8 %,356 gesunken. Dieser Rückgang wird auf die Einführung von Sec. 10 (3) des Children Act 1975 zurückgeführt.357 Dabei wurden jedoch beachtliche örtliche Uneinheitlichkeiten in der Einstellung der Gerichte gegenüber Sec. 10 (3) festgestellt: In den drei Regionen, die im Rahmen einer rechtstatsächlichen Studie des Department of Health and Social Security für den Zeitraum von 1975 bis 1978 hinsichtlich der Frage untersucht wurden, welche Auswirkung die Einführung von Sec. 10 (3) des Children Act 1975 auf die Praxis der Stiefkindadoption hatte, lagen die Erfolgsraten für Stiefkindadoptionsanträge in Fällen, denen eine Scheidung der leiblichen Eltern vorangegangen war, im Jahre 1978 bei 96 %, 64 % und 9 %, während sie 1975 wesentlich einheitlicher bei 96 %, 91 % und 87 % gelegen hatten.358 Die Untersuchung ergab einen beachtlichen Rückgang der auf Erlass einer Stiefkindadoption gestellten Anträge: Diese sanken in den untersuchten Bezirken um 51 %, 40 % und 8 % gegenüber der Anzahl im Jahr 1975.359 Entsprechend der bereits erläuterten uneinheitlichen gerichtlichen Praxis im Umgang mit Stiefkindadoptionsanträgen lässt sich demnach der starke Rückgang der Stiefkindadoptionszahlen nicht allein darauf zurückführen, dass die Gerichte Stiefkindadoptionsanträge einheitlich vermehrt zurückwiesen,360 vielmehr wandelte sich vor allem das Antragsverhalten der Beteiligten stark.361 Diese Feststellung bestätigte auch eine 1990 vom Department of Health in Auftrag gegebene Studie, die Adoptionsverfahren in verschiedenen Counties Englands im Zeitraum von 1988 bis 1991 untersuchte und konstatierte, dass 81 % der Stiefkindadop354
Vgl. Second Report to Parliament on the Children Act 1975, Tabelle A, S. 14. Vgl. Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 3, Tabelle 4, S. 9. 356 Vgl. Second Report to Parliament on the Children Act 1975, Tabelle A, S. 14. 357 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 18, 21; Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 433; Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 18 f.; Leete Population Trends 1978, Heft 4, 9; den geringen Effekt dieser Regelung beklagend Richards, Adoption, S. 5; Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 57 m.w.N. 358 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, Table 7.6, S. 84. 359 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 85. 360 Vgl. auch Anderson-Ford/Halsey JoP 1981, 530, die damals darauf hinwiesen, dass es ein Irrtum sei, zu glauben, Stiefkindadoptionen sollten gänzlich verhindert werden, sondern dass diese nach wie vor von Gerichten – lediglich unter strengeren Voraussetzungen – dekretiert würden; darauf hinweisend, dass ein Großteil der Gerichte weiterhin Adoptionen beschloss Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 111. 361 Zu den Hintergründen hierfür vgl. ausführlich in Kapitel 4, unter B. I. 355
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tionsanträge positiv beschieden wurden und kein einziger der 426 Anträge gerichtlich zurückgewiesen wurde; jedoch wurden 10 % der Stiefkindadoptionsanträge von den Antragstellern zurückgezogen oder nicht weiterverfolgt und in 6 % der Fälle die Entscheidung auf unbestimmte Zeit verschoben.362 (2) Anforderung an die Kindeswohlprüfung bei Stiefkindadoptionen unehelicher Kinder oder nach Vorversterben eines leiblichen Elternteils Für diejenigen Fälle, in denen die Stieffamiliensituation aufgrund des Versterbens des anderen leiblichen Elternteils oder der Unehelichkeit des Kindes entstand, sah Sec. 33 (1) des Children Act 1975363 mit einer custodianship u.a. eine Alternative zur Stiefkindadoption vor.364 Gleichzeitig wies Sec. 37 (1) des Children Act 1975 das Gericht an, einen Adoptionsantrag eines Stiefelternteils wie einen Antrag auf eine custodianship – unabhängig vom Vorliegen der genannten Voraussetzungen365 – zu behandeln, wenn es der Überzeugung war, “(a) that the child’s welfare would not be better safeguarded and promoted by the making of an adoption order in favour of the applicant, than it would be by the making of a custodianship order in his favour, and (b) that it would be appropriate to make a custodianship order in the applicant’s favour.”
Nach Sec. 33 (1) des Children Act 1975 erlangte der custodian die legal custody bezüglich des Kindes, die er mit dem geehelichten leiblichen Elternteil des Kindes als joint legal custody ausübte und die in Sec. 86 des selben Acts als “so much of the parental rights and duties as relate to the person of the child” definiert war, mithin die Personensorge umfasste. Diese legal custody unterschied sich von der custody im allgemeinen Sinne lediglich dadurch, dass sie das Recht der Vermögensverwaltung für das Kind nicht beinhaltete.366 Ebenso wie die custody umfasste die custodianship nicht das Recht zur Namensänderung des Kindes,367 sie hatte weiterhin keine Auswirkungen auf dessen Staatsbürgerschaft,368 umfasste 362
Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.9, S. 20. Die Anordnung einer custodianship war nicht möglich, wenn das Kind nach Sec. 41 (1) des Matrimonial Causes Act 1973 Subjekt eines gerichtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit einem Scheidungs-, Trennungs- oder Eheunwirksamkeitsverfahren war, vgl. Sec. 37 (5), 33 (5) CA 1975, es sei denn der nicht sorgeberechtigte leibliche Elternteil war verstorben oder unauffindbar. Für eben diese Stiefkindkonstellationen, die einer Scheidung folgten, siehe die Regelung der Sec. 10 (3) CA 1975, dazu unter (1). 364 Vgl. dazu in Kapitel 4, unter A. II. 3. 365 Vgl. Sec. 37 (4) CA 1975. 366 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 25; Williams JSWL 1988, 250 (252). 367 Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 410. 368 Masson LA Januar 1986, 7 (8). 363
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Kapitel 2: Das Stiefkind
nicht das Recht zur Einwilligung in die Adoption und zur Abänderung der Religionszugehörigkeit des Kindes, das Recht, einen testamentarischen Vormund zu bestellen sowie mit dem Kind aus dem Vereinigten Königreich zu emigrieren.369 Sie war im Gegensatz zur Adoption nicht als ein permanentes Institut angelegt, sondern konnte nach Sec. 35 Children Act 1975 widerrufen werden und endete automatisch, wenn das Kind das 18. Lebensjahr erreicht hatte; auch Umgangsanordnungen zugunsten der Mitglieder der leiblichen Familie standen nach Sec. 34 (1)(a) Children Act 1975 einer custodianship nicht entgegen. Sec. 37 (1) des Children Act 1975 trat erst 10 Jahre nach Erlass des Children Act 1975, am 1. Dezember 1985, mit der Implementierung der custodianship in Kraft.370 Die Vorschrift wurde – ähnlich der Regelung der Sec. 10 (3) des Children Act, trotz des unterschiedlichen Wortlautes dieser beiden Normen und trotz der Eindeutigkeit von Sec. 37 (1)(a), nach der eine custodianship immer dann angeordnet werden sollte, wenn das Kindeswohl nicht besser durch eine Adoption als durch eine custodianship gefördert würde371 – so verstanden, dass das Gericht eine custodianship nur dann in Erwägung zu ziehen hatte, wenn es der Überzeugung war, dass diese für das Kind von größerem Vorteil war als eine Adoption. Waren die Vorteile einer Adoption gegenüber einer custodianship hingegen gleichwertig einzustufen, sollte dem Adoptionsantrag stattgegeben werden.372 Bereits die Möglichkeit zur Benennung eines testamentarischen Vormundes, die sich allein als Rechtsfolge der Adoption ergab, wurde hier als ausreichend eingestuft, die Adoption eines Kindes, das von Geburt an bei den Antragstellern aufgewachsen war, – sogar gegen den Willen der Einwilligungsberechtigten – zu gewähren.373 Während vor der Implementierung der custodianship deren Angemessenheit und Vorzüge gegenüber einer Adoption hervorgehoben worden waren, nämlich den Erhalt einer emotionalen Bindung des Kindes zu seinen leiblichen – insbesondere die Adoption nicht befürwortenden – Eltern zu ermöglichen,374 entstand bald nach Einführung des Instituts der Eindruck, dass die Gerichte nunmehr den Vor-
369
Vgl. Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 410; Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 1.26. 370 S.I. 1985/779. 371 So auch Anmerkung zum Fall Re S (A Minor) (Custodianship) Fam Law 1987, 238 (239). 372 Re S (A Minor) (Custodianship) Fam Law 1987, 238 (239). 373 Vgl. – hier allerdings im Fall einer Verwandtenadoption durch die Großeltern des Kindes – Re W (A Minor) (Adoption; Custodianship; Access) FLR 1988, Bd. 1, 175 (177). 374 Vgl. Re C (A Minor) (Adoption Order: Condition) FLR 1986, Bd. 1, 315 (318); Re M (Minors) (Adoption: Parents’ Agreement) FLR 1985, 921 (926).
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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teil der Adoption gegenüber der custodianship – nämlich den der mit ihr zu erreichenden größeren Sicherheit – betonten.375 Bedingung für die gerichtliche Anordnung einer solchen custodianship anstelle einer Adoption war, dass die Voraussetzungen für eine Adoption nach Sec. 16 des Adoption Act 1976 erfüllt waren, vgl. Sec. 37 (1) Children Act 1975, d.h. es musste eine elterliche Einwilligung in die Adoption oder eine Ersetzung derselben durch das Gericht vorliegen. Danach wurde eine richterliche Anordnung einer custodianship als rechtswidrig angesehen, wenn die Eltern nicht in die Adoption einwilligten und der Richter ihre Einwilligung nicht ersetzen konnte.376 Ein Richter konnte daher auch dann keine custodianship anordnen, wenn die Eltern begründeterweise ihre Einwilligung in die Adoption verweigerten, weil sie der Meinung waren, dass eine custodianship angemessener war.377 In Fällen also, in denen alle Beteiligten eine custodianship gegenüber einer Adoption favorisierten, war die Anordnung einer solchen nicht möglich, es sei denn die Antragsteller einer Adoption wiesen gleichzeitig die Voraussetzungen zur Beantragung einer custodianship auf und beantragten eine solche. Aufgrund der hohen technischen Komplexität378, die ihr den Vorwurf einer Fehlkonzeption einbrachte,379 ihrer sehr späten Implementierung, teilweiser Unkenntnis und Unsicherheit selbst der am gerichtlichen Prozess Beteiligten,380 der dargestellten Interpretation der Abwägungsanweisung durch die Gerichte sowie deren Betonung, die custodianship vermöge dem Kind nicht die selbe rechtliche Sicherheit zu vermitteln wie eine Adoption,381 wurde diese sehr selten anstelle einer Stiefkindadoption gerichtlich angeordnet.382 Dennoch wurden in Fällen des Vorversterbens des externen leiblichen Elternteils unabhängig von den custodianship-Regelungen 375 Vgl. Re S (A Minor) (Custodianship) Fam Law 1987, 238 (239); Re A (A Minor) (Wardship; Adoption; Custodianship) Fam Law 1987, 232; ebenso die Anmerkung zu Re S (A Minor) (Custodianship) Fam Law 1987, 239, und Richards, Adoption, S. 25; vgl. mit Bezug auf eine Verwandtenadoption Re O (A Minor) (Adoption by Grandparent) FLR 1985, 546. 376 Re M (A Minor) (Custodianship: Jurisdiction) WLR 1987, Bd. 1, 162; Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 8.10. 377 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 26. 378 Vgl. Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (375) sowie die Anregung des Richters in Re S (A Minor) (Custodianship) Fam Law 1987, 238 (239), in Practice Directions oder Rules weitere Konkretisierungen des richterlichen Auftrags der Abwägung gem. Sec. 37 (1) vorzunehmen. 379 So Richards, Adoption, S. 96. 380 Vgl. Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 3.26 ff. 381 Re A (A Minor) (Adoption: Parental Consent) All ER 1987, Bd. 2, 81. 382 Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 8.8.; Bromley/Lowe, Bromley’s Family Law, S. 421; Richards, Adoption, S. 96; Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 22.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Stiefkindadoptionsanträge aus Kindeswohlgründen teilweise zurückgewiesen und Beschwerden gegen Adoptionsanordnungen zugelassen.383 cc) Kindeswohlanforderungen und Stiefkindadoptionen nach dem CA 1989 Die Bestrebungen, die Zahlen der Stiefkindadoptionen mittels der in den Jahren 1976 und 1985 in Kraft getretenen Gesetze drastisch auf wenige Ausnahmefälle zu reduzieren, schlugen damit im Wesentlichen fehl.384 Zurückzuführen ist dieses Fehlschlagen nicht nur auf die beschriebene hohe Komplexität der Regelungen und die mangelnde Reichweite der Rechtsfolgen der Alternativanordnungen im Vergleich zur Adoption,385 sondern vor allem auf die fehlende gesetzliche Vorgabe, an welchen Prinzipien die Gerichte ihr Ermessen auszurichten hatten, ob und unter welchen Umständen ein Adoptionsbeschluss sich als das Kindeswohl fördernd darstellte.386 Eine Bindung des gerichtlichen Ermessens, Stiefkindadoptionsanträge nur in Ausnahmefällen positiv zu bescheiden, konnte mit Sec. 10 (3) Children Act 1975 nicht erreicht werden387. Mit dem CA 1989 wurden die gerichtlichen Abwägungsvorschriften für Stiefkindadoptionen daher abgeschafft und die Alternativen zu Stiefkindadoptionen, die joint custody und die custodianship, durch die residence order ersetzt,388 deren Beantragung nun383 Vgl. den Fall Re LA (A Minor), The Times April 27, 1978: Das Kind hatte bereits über einen langen Zeitraum mit seiner Mutter und deren neuem Ehemann zusammengelebt, sodass das Gericht keine Kindeswohlförderung in der Verrechtlichung der ohnehin faktischen Integration des Kindes in die Stieffamilie durch eine Stiefkindadoption sah. Vielmehr wurde die Beschwerde der Großeltern väterlicherseits, die immer eine intensive Beziehung zum Kind gepflegt und es seit der Adoption nicht mehr gesehen hatten, mit dem Argument zugelassen, dass dem Kindeswohl nicht ausreichend Berücksichtigung im Hinblick auf einen Beziehungsabbruch zu den Großeltern geschenkt worden war. Vgl. ebenso Re PGD v. 5. April 1977, CA (nicht veröffentlicht), zitiert nach Masson LA Januar 1986, 7. 384 Die fehlende Inkorporierung der gesetzgeberischen Motive für diese Regelungen, wie sie das Houghton Committee geäußert hatte, wurde bemängelt, vgl. JoP, 12. Februar 1977. Nach Bromely/Lowe, Family Law, 8. Aufl., S. 421: “long before the Children Act 1989 they had in fact become a dead letter.” Vgl. ebenso Richards, Adoption, S. 5; auch Ball A&F 2001, Heft 1, 6 (7) sowie Priest JCL 1993, 56. 385 So Lyon JSWL 1989, 138 (145); Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (428). 386 Vgl. bereits JoP 12. Februar 1977, 97 (98). 387 So auch Maidment, Custody and divorce, S. 48. 388 Vgl. Sec. 108 CA 1989. Die Tatsache, dass der CA 1989 vielmehr die Altersvoraussetzungen für eine Stiefkindadoption erleichterte, wonach – in Abweichung zur allgemein für Adoptionen geltenden Altersvoraussetzung von 21 Jahren – seither ausreicht, dass einer der Stiefehepartner 21 und der andere 18 Jahre alt ist, lässt die Interpretation zu, dass der Gesetzgeber damit stillschweigend seine Befürwortung dieser Adoptionsform mitteilen wollte, vgl. Bromley/Lowe, Family Law, 8. Aufl., S. 421.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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mehr sämtlichen Nichteltern offenstand.389 Sonderregelungen für den gerichtlichen Umgang mit Stiefkindadoptionsanträgen existierten folglich nicht mehr, was teilweise als eine Erleichterung der Adoptionsform aufgefasst wurde.390 (1) Sec. 10 (1), 11 (3) CA 1989 Gesetzlich wurde im CA 1989 mit Sec. 8 im Allgemeinen eine Reihe von Anordnungsgründen eingeführt, die den Gerichten in allen Familiengerichtsverfahren, zu denen auch das Adoptionsverfahren gehört,391 seither zur Verfügung stehen. Die Gerichte wurden dazu ermächtigt, auch ohne einen entsprechenden Antrag der betroffenen Parteien nach eigenem Ermessen und zu jeder Zeit des Adoptionsverfahrens392 Anordnungen nach Sec. 8 zu treffen. Damit wurde der gerichtliche Handlungsspielraum gegenüber den Regelungen des Adoption Act 1976 erweitert: Das Gericht konnte bei einem Antrag auf Anordnung einer Adoption anstelle einer solchen eine Sec. 8-Anordnung zugunsten einer jeden Person treffen, demnach nicht lediglich zugunsten eines Antragstellers.393 Als Alternative zur Adoption und als Ersatz für die custodianship/joint custody-Regelung394 kam von den in Sec. 8 normierten Anordnungen lediglich der Erlass einer residence order in Betracht.395 Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei einer residence order um eine Anordnung, bei welcher Person und unter welchen Umständen das Kind seinen regelmäßi-
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Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 871. Smith/Robertson/Dixon/Quigley/Whitehead, A Study of Stepchildren and Stepparenting, S. 3. 391 Vgl. Sec. 8 (4)(d) CA 1989. 392 Vgl. Sec. 10 (1), 11 (3) CA 1989. 393 Es wird sich grundsätzlich dennoch um Personen handeln, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben oder dem Gericht anderweitig zu verstehen gegeben haben, dass sie als Adressaten einer entsprechenden Anordnung zur Verfügung stehen. 394 So Lyon JSWL 1989, 138 (145). 395 Da der Stiefelternteil, der im Fall der Beantragung einer Stiefkindadoption mit dem Kind zusammenlebt, bereits über den faktischen Umgang mit dem Kind verfügt, kann die Anordnung einer contact order – wie in Kapitel 1, unter B. V. 2. c) dargestellt – für den Stiefelternteil lediglich dann von Vorteil sein, wenn er und der leibliche Elternteil getrennt leben; sie erweist sich damit nicht als eine Alternative zur Stiefkindadoption. Gleiches gilt für eine specific issue order, mit deren Hilfe Regelungen hinsichtlich konkreter Fragestellungen im Zusammenhang mit der Kindeserziehung getroffen werden können – beispielsweise Schul-, Namensfragen und solche der medizinischen Behandlung –, sowie für eine prohibited steps order, durch die festgesetzt wird, dass eine bestimmte Ausübung der elterlichen Sorge für das Kind ohne eine gerichtliche Genehmigung zu unterbleiben hat. 390
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Kapitel 2: Das Stiefkind
gen Lebensmittelpunkt haben soll, durch die der Begünstigte zugleich Inhaber der elterlichen Verantwortung wird.396 Das Verhältnis der Adoption zur residence order war jedoch aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der beiden Institute nicht eindeutig: Das Gericht hatte seine Entscheidung im Falle einer Sec. 8-Anordnung nach Sec. 1 (1) CA 1989 am Kindeswohl als paramount consideration auszurichten. Der Adoption Act 1976 hingegen schrieb das Kindeswohl wie dargelegt lediglich als first, nicht jedoch als paramount consideration vor, vgl. Sec. 6. Insoweit war unklar, ob das Gericht eine residence-Anordnung in der Abwägung mit einem Adoptionsbeschluss lediglich dann erlassen sollte, wenn sie sich für das Kindeswohl als beste Option darstellte, oder ob ein Adoptionsbeschluss bereits dann zu erlassen war, wenn sich die Adoption für das Kind als “good enough” einstufen ließ.397 Des Weiteren gestaltete sich problematisch, dass die Anordnung einer residence order den Gerichten zwar als Alternative gegenüber einem Adoptionsbeschluss zur Verfügung stand, ihnen aber keine entsprechende gesetzliche Pflicht oblag, diese im Adoptionsverfahren in Erwägung zu ziehen.398 (2) Gerichtspraxis Die Gerichte füllten in der Zeit nach dem Inkrafttreten des CA 1989 den fehlenden gesetzlichen Rahmen hinsichtlich eines Umgangs mit Stiefkindadoptionsanträgen nur teilweise dergestalt aus, dass sie darauf hinwiesen, Zurückhaltung gegenüber dieser Adoptionsform sei auch nach der Abschaffung der Abwägungsvorschriften geboten.399 In der Entscheidung Re G400 des Court of Appeal, die als Ausnahme vom allgemeinen Trend 396 Auch wenn der Gesetzeswortlaut der Sec. 8 (1) CA 1989 von “the person” spricht, bei der das Kind leben soll, kann das Gericht eine residence order zugunsten mehrerer Personen erlassen, vgl. Sec. 11 (4) CA 1989 und Sec. 6 (c) Interpretation Act 1978. So ist beispielsweise ein Beschluss zugunsten von Elternteil und Stiefelternteil zulässig, vgl. Re H (Shared Residence: Parental Responsibility) FLR 1995, Bd. 2, 883. Leben die begünstigten Personen zusammen, wird überwiegend von einer “joint residence order” gesprochen, wohingegen bei einem Getrenntleben der Begünstigten (zulässig nach Sec. 11 (4) CA 1989) wenn auch nicht einheitlich – die Bezeichnung “shared residence order” verwandt wird. Theoretisch ist es auch möglich, dass ein Gericht gleichzeitig eine shared residence order zugunsten getrennt lebender Eltern des Kindes und eine joint residence order zugunsten eines leiblichen Elterteils und seines neuen Partners erlässt. 397 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 37. 398 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 37. 399 Re PJ (Adoption: Practice on Appeal) FLR 1998, Bd. 2, 252 (260). 400 (Adoption Order) FLR 1999, Bd. 1, 400, in der kritisiert wurde, dass der erstinstanzliche Richter der mütterlichen Angst einen zu großen Stellenwert gegenüber den ebenfalls gewichtigen Aspekten des väterlichen commitment und dem “fundamental and immutable character of the adoption order that was sought” eingeräumt hatte, S. 404.
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angesehen wird,401 wurde der zunächst erlassene Stiefkindadoptionsbeschluss durch eine residence order ersetzt. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, dass sich die gravierenden Auswirkungen der Adoption auf die Identität des Kindes und eine als pathologisch zu wertende Angst der leiblichen Mutter und des Stiefvaters nicht gegen die Kindesinteressen am Erhalt der Beziehung zum leiblichen Vater durchsetzen könnten. Im Fall Re B402 hingegen wurde der Adoptionsbeschluss vom Court of Appeal aufrechterhalten, da der Wunsch des Kindes, das einen Kontakt zum leiblichen Vater ablehnte, eindeutig auf die rechtliche Verankerung in der Stieffamilie gerichtet war. Das Kind war zweimal von seinem leiblichen Vater entführt worden und lebte in der Angst vor einer entsprechenden Wiederholung. Zudem wurde eine eindeutige Zuweisung zu einem Elternpaar aus Kindeswohlgründen für nötig erachtet, um permanente Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien – insgesamt 140 gerichtliche Verfahren waren vom Vater angestrengt worden – zu beenden. Dennoch heißt es in dieser Entscheidung: “It is an unusual adoption in the sense that it is a step-parent adoption. Where a natural parent objects, particularly where the parties have been married, it is comparatively unusual for such an order to be made.”403
In Abweichung zu dieser Aussage des Richters gab es Entscheidungen, die den Eindruck vermittelten, die Gerichte stützten ihre Wertung, ob die Adoption tatsächlich dem Kindeswohl diene, allein auf die übereinstimmende Befürwortung der Adoption durch die drei am Verfahren beteiligten Erwachsenen.404 Als Richtschnur für die Abwägung zwischen einer Adoption und einer residence order wurden in der Entscheidung Re M405 – wenn auch im Falle einer Fremdadoption – folgende Aspekte genannt: “The legal nature and effect of an adoption order is … [that]… it changes status. The child is treated in law as if she had been born a child of the marriage of the applicants. She ceases in law to be a child of her mother and the sister of her siblings. The old family link is destroyed and new family links are created. The psychological effect is that the child loses one identity and gains another. Adoption is inconsistent with being a member of both old and new family at the same time. The significant advantage of adoption is that it can promote much-needed security and stability […]. The disadvantage is that it is unlike any other decision made by adults during a child’s minority because it is irrevocable. The child cannot at a later stage even in adulthood reverse the process. That is a salutary reminder of the seriousness of the decision. The advantage of the care/residence order is the converse – it can be adapted to 401
Vgl. O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 56. (Adoption: Father’s Objections) FLR 1999, Bd. 2, 215. 403 Ebenda, S. 216. 404 Pickford JCL 1992, 138 (139). 405 (Adoption or Residence Orders) FLR 1998, Bd. 1, 570 (589). 402
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meeting changing needs, but therein lies its disadvantage – it does not provide absolute certainty and security. Children Act, s. 91 (14) minimizes, if not eliminates, the uncertainty. In weighing up these considerations, the court must have an eye to the realities of the child’s situation, bearing in mind the torture of adolescence through which the child must live, finding and then asserting the independence of adulthood. When times are bad – and it would be surprising if there were not such times – it will be the emotional attachment forged between the adopters and the child, not that piece of paper entitled ‘adoption order‘ which will prevent a disaffected child searching for a grass which will always seem so much greener in the pastures occupied by the old family.”
Hier lag der Schwerpunkt der Argumentation auf der Betonung der Endgültigkeit einer Adoption mit ihren lebenslangen Konsequenzen für das Kind gegenüber einer flexibleren residence order, und es wurde betont, dass eine möglichst gerechte Balance zwischen den Kindesinteressen nach Sicherheit und den elterlichen Bedürfnissen nach Aufrechterhaltung der Abstammungsbeziehung im Zweifelsfall am ehesten durch eine residence order hergestellt werden könne und solle, die durch Sec. 91 (14) CA 1989406 flankiert werden könne.407 Auch wenn seit dem CA 1989 gesetzlich keine Regelungen mehr verankert waren, die eigene Kindeswohlabwägungsvorgaben mit dem expliziten Ziel der Reduktion der Stiefkindadoptionszahlen enthielten, verzeichneten die Zahlen der Stiefkindadoptionsdekrete in den 1990er Jahren weiterhin eine stark sinkende Tendenz: Während 1992 noch 2.307 Stiefkindadoptionen bewilligt wurden, waren es 1999 nur noch 1.097.408 (3) Reformüberlegungen im Gesetzgebungsverfahren Auch bei den Vorarbeiten zum Adoption Law Review Anfang der 1990er Jahre wurde die Problematik der Stiefkindadoption intensiv diskutiert. Hierbei wurden Alternativlösungen erörtert, wobei zum einen insbesondere auf die Gefahr der Instrumentalisierung der Adoption zur Verdrängung des anderen leiblichen Elternteils hingewiesen wurde.409 Zum anderen sah man die Gefahr, der leibliche Elternteil könne der Adoption zustimmen, “simply because he has no interest in the child, or even where he has such an interest and is keen to retain it but wishes to end the payment of maintenance”.410 Geäußert wurden Bedenken, das Hauptmotiv für eine Stief406
Dazu ausführlich unter dd) (1). So auch Harris-Short CFLQ 2002, 325 (unter “Did rejection by the mother make the case different?”). 408 Vgl. ONS, FM 2 Series 2000, Tabelle 6.3. Wobei die Anzahl der Stiefkindadoptionen in einzelnen Counties Englands deutlich variierte, vgl. Murch/Lowe/Borkowski/ Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 11. 409 Bridge/Swindells, Adoption, S. 35. 410 Review of Adoption Law, unter 19.2., S. 38. 407
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kindadoption sei der Wunsch, die neue familiäre Einheit zu zementieren und die Vergangenheit radikal zu verdrängen, was zu einer Verunsicherung des Kindes führe, das insbesondere dann in schwerwiegende Identitätsprobleme verwickelt würde, wenn die neue Ehe zerbreche.411 So wurde für eine intensivere Nutzung von residence-Anordnungen als Alternative zu Stiefkindadoptionen, die Einführung einer entsprechenden Prüfungspflicht des Gerichtes, die Widerruflichkeit eines Stiefkindadoptionsdekrets bei Zerbrechen der Stiefehe und die Implementierung einer Möglichkeit zum Erwerb des Sorgerechts für Stiefeltern plädiert.412 Die rechtswissenschaftliche Literatur forderte sogar teilweise, die Praxis innerfamiliärer Adoptionen, wie die der Stiefkindadoptionen, nicht lediglich zurückzudrängen, sondern sie gänzlich zu untersagen.413 In der Regierungsantwort auf die Konsultationsberichte schließlich, dem White Paper aus dem Jahre 1993, wurde die Forderung nach einer neuen einfacheren Alternative zur Stiefkindadoption in Form einer parental responsibility-Vereinbarung oder einer entsprechenden Anordnung gestellt.414 Zu einer Implementierung dieser Vorschläge kam es jedoch vorerst nicht, da die geplante Reform des Adoptionsrechts im Allgemeinen aufgrund politischer Umbrüche in den 1990er Jahren ausblieb.415 dd) Aktuelle Rechtslage (1) Use of full range of powers/Prüfung der Alternativen zu einer Adoption im Rahmen der Frage nach der Vereinbarkeit der Adoption mit dem Kindeswohl Eine wichtige Neuerung bezüglich der Anforderungen an die gerichtliche Kindeswohlprüfung und damit zur effizienten Reduktion der Stiefkindadoptionszahlen auf die Fälle, in denen eine solche sich tatsächlich als 411
Review of Adoption Law, unter 19.2, S. 38. Review of Adoption Law, unter 19.4 ff., S. 39 f. 413 Vgl. Masson, Memorandum of Evidence submitted to the Select Committee on the Adoption and Children Bill 2001, Minutes of Evidence, Appendix 25, May 2001. 414 Adoption: The Future, Cm. 2288, unter 5.20–5.22. 415 Zur Einbringung eines Regierungsentwurfs “Adoption: A service for children” ins Parlament kam es in der letzten Amtsperiode des Premierministers Major jedoch nicht mehr. Erst im Jahr 2000 veröffentlichte Premierminister Blair seinen Review of Adoption Law. 2001 wurde ein neues White Paper, Adoption: A New Approach, Cm. 5017, veröffentlicht, dem ein zweiter Gesetzesentwurf im selben Jahr folgte. Der schließlich erlassene ACA 2002 verschrieb sich schwerpunktmäßig dem Bestreben, die Anzahl der Adoptionswilligen insbesondere für schwer vermittelbare und die große Anzahl der Kinder, die sich in staatlicher Fürsorge befinden, zu steigern, vgl. Performance and Innovation Unit, Prime Minister’s Review of Adoption Law, S. 3; Lewis IJLPF 2004, 235 (236); Harris-Short CFLQ 2001, 405 (406). 412
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adäquates Mittel erweist, brachte der ACA 2002.416 Sec. 1 (6) ACA 2002 verpflichtet das Gericht417 – ebenso wie vorangehend bereits die Adoptionsvermittlungsstelle – dazu, vor dem Erlass eines Adoptionsbeschlusses die gesamte Bandbreite der zur Verfügung stehenden gerichtlichen Befugnisse nach dem ACA 2002 und dem CA 1989 zu bedenken (range of power consideration) und sodann diejenige Anordnung zu treffen, die dem Kindeswohl am ehesten entspricht.418 Wie auch schon nach alter Rechtslage ist das Gericht hinsichtlich der Anordnungen, die es als Alternative zu einer Adoption treffen kann, nicht an einen Antrag gebunden, sondern ist bei entsprechender Kindeswohlprognose zur alternativen Anordnung in Ausübung seines Ermessens verpflichtet, auch wenn eine solche eben gerade nicht vom Antragsteller beantragt wurde, vgl. Sec. 10 (1)(b) des CA 1989. Auch hat es die Alternativen zu einer Adoption unabhängig davon zu erörtern, ob die Eltern in diese eingewilligt haben. Entscheidend ist allein die Überlegung, ob dem Kindeswohl mit der alternativen Anordnung besser gedient ist als durch eine Adoption.419 Bei der Prüfung der Absicherung und Förderung des Kindeswohls sollen im Rahmen der Abwägung zwischen den rechtlichen Instituten Natur und Rechtsfolgen sämtlicher Beschlüsse und deren Vor- sowie Nachteile während der gesamten Kindheit Beachtung finden.420 Diese Abwägung ist seit 2002 entscheidende Verpflichtung der Gerichte, die insbesondere im Hinblick auf die Fallkonstellation von Stiefkindadoptionen gesetzlich normiert wurde. 416 Jedoch wurde die Problematik der Stiefkindadoption in der parlamentarischen Literatur und den Debatten im Zusammenhang mit der Verabschiedung des ACA 2002 wenig intensiv diskutiert, vgl. Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 101, da die Reformüberlegungen – wie dargelegt – schwerpunktmäßig die Fremdadoption in den Fokus nahmen, vgl. Bridge Legal Studies 1993, 81 (83). 417 Als Gerichte, die zum Erlass eines Adoptionsbeschlusses befugt sind, kommen der High Court, die County Courts und die Magistrates’ Courts in Betracht, wobei der Antragsteller bei der Wahl der Gerichtsebene, in der er das Verfahren durchführen möchte, grundsätzlich frei ist (zu den Ausnahmen vgl. Children (Allocation of Proceedings) Order 1991, abgeändert durch Children (Allocation of Proceedings) (Amendment) (No 2) Order 2005). Die meisten Adoptionsanträge vor Inkrafttreten des ACA 2002 wurden bei County Courts gestellt, vgl. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 862. Vgl. aber auch Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.5(a), S. 15, denen zufolge eine nicht geringe Anzahl von Stiefkindadoptionsanträgen auch bei Magistrates’ Courts gestellt wurde. In den Fällen, in denen ein Kind bereits Objekt eines Scheidungsverfahrens war, wird ein Stiefkindadoptionsantrag bei ebendiesem Scheidungsgericht für wünschenswert erachtet, Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 862. Ein Transfer von Adoptionsverfahren zwischen den Gerichten ist in beide Richtungen möglich, vgl. Artt. 10 f. Children (Allocation of Proceedings) Order 1991. 418 Eine entsprechende Verpflichtung war bereits im Review of Adoption Law, Recommendation 4, S. 3, und unter 6.3, S. 15, 1992 vorgeschlagen worden. 419 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 864. 420 Re M (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570 (589).
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Trotz Ausweitung der Anordnungsmöglichkeiten der Gerichte 421 bleibt es auch nach der neuen Rechtslage bei der bereits getroffenen Feststellung, dass allein eine residence order als brauchbare Alternative zur Stiefkindadoption in Betracht kommt. Wägt das Gericht beide Rechtsinstitute gegeneinander ab, so lassen sich – wie bereits in den früheren Gerichtsentscheidungen angedeutet – folgende Vor- und Nachteile der beiden Anordnungen feststellen: Die Vorteile einer residence order gegenüber einer Adoption sind ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die sich ändernden Familienverhältnisse. Da die Inhaber elterlicher Verantwortung diese durch den Erlass einer residence order nicht verlieren, kann die familiäre Bindung des Kindes mit seinen leiblichen Eltern erhalten bleiben. Sie kann in ihrer zeitlichen Wirkung begrenzt oder aufgehoben werden, insbesondere dann, wenn die Stieffamilie zerbricht. Gleichzeitig ist sie in der Lage, dem Kind Sicherheit und Stabilität während der gesamten Kindheit zu vermitteln.422 Die durch eine residence order erlangte Rechtsposition ist aufgrund ihrer fehlenden Sicherheitsgarantie gegenüber der Adoption benachteiligt. Ferner vermittelt sie dem Kind keine eindeutige lebenslange rechtliche Zugehörigkeit zur Stieffamilie. Des Weiteren ist die Rechtsposition aufgrund einer residence order – wie in Kapitel 1 bereits dargestellt – inhaltlich beschränkt: Sie umfasst nicht die Befugnis, eine Änderung des Nachnamens des Kindes herbeizuführen.423 Den durch eine residence order Begünstigten, die nicht Eltern des Kindes sind, steht kein Recht zur
421 Zusätzlich zu den bereits beschriebenen möglichen Anordnungen nach Sec. 8 des CA 1989 kann das Gericht seit Geltung des ACA 2002 eine special guardianship order nach Sec. 14A (6) CA 1989 anordnen, mittels derer Kinder, die nicht adoptiert oder Pflegekinder werden können, dennoch ein permanentes Zuhause bei einer Bezugsperson, die nicht Elternteil des Kindes ist, finden können. Da eine solche special guardianship order den Inhaber zwar zur Ausübung der parental responsibility ermächtigt, dies jedoch zum Ausschluss der elterlichen Sorge einer jeden anderen Person führt, Sec. 14C (1)(b) CA 1989, erweist sich dieses Institut für den Stiefelternteil als untauglich, da dieser gerade gemeinsam mit dem leiblichen Elternteil die elterliche Sorge ausüben möchte. Eine gerichtlich angeordnete Sorgerechtsgewährung (parental responsibility order) kann hingegen allein aufgrund eines entsprechenden Antrags des Stiefelternteils ergehen. Dies hat zur Folge, dass das Gericht einen Adoptionsantrag nicht eigenmächtig in einen Antrag auf Erteilung einer parental responsibility order umdeuten kann, vgl. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 424 422 Vgl. Hale in Re B (Adoption Order) FLR 2001, Bd. 2, 26 (31): “[…] it can give this little boy everything that he needs – security and stability throughout his childhood, and contact and a continuing relationship with his family; it can be backed up by additional provisions to protect that security in fact […].” 423 Vgl. ausführlich in Kapitel 1, unter A. VI. 2.
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Einwilligung in die Adoption des Kindes zu,424 ferner fehlt ihnen die Berechtigung zur Bestimmung eines Vormunds.425 Die Sicherheit der mittels einer residence order erlangten Rechtsposition lässt sich jedoch durch die Verbindung mit einer Anordnung nach Sec. 91 (14) CA 1989 steigern. Nach Sec. 91 (14) CA 1989 ist das Gericht befugt, zukünftige Anträge, die sich gegen eine Anordnung nach dem CA 1989 richten, unter die Voraussetzung einer gerichtlichen Genehmigung zu stellen.426 Auf diesem Wege wird der Begünstigte einer residence order davor geschützt, regelmäßig mit sich wiederholenden unbegründeten Anträgen auf den Erlass gerichtlicher Anordnungen durch den externen leiblichen Elternteil konfrontiert zu werden.427 In einer solchen Ausgestaltung hat sich eine residence order als bedeutende Alternative zur Adoption erwiesen,428 da sie insbesondere zur Vermittlung von Beständigkeit und Stabilität in den Fällen geeigneter als eine Adoption ist, in denen das Kind zur leiblichen Familie – im Falle einer Stiefkindadoption zum außen stehenden leiblichen Elternteil – eine Beziehung aufgebaut und erlebt hat.429 Der Ein424
Vgl. Sec. 12 (3)(b) CA 1989. Sec. 12 (3)(c) CA 1989. 426 Zur Anwendung der Norm und Abwägung des Eingriffs in das Recht auf ungehinderten Gerichtszugang mit dem Kindeswohl vgl. Re P (A Minor) (Residence Order: Child’s Welfare) Fam 2000, 15 (37 f.). 427 Re P (A Minor) (Residence Order: Child’s Welfare) Fam 2000, 15 (37 f.) . 428 Vgl. Re B (Adoption Order) FLR 2001, Bd. 2, 26 (31); Stiefkindadoptionsfall Re G (Adoption Order) FLR 1999, Bd. 1, 400, in dem der Court of Appeal die erstinstanzliche Adoptionsanordnung durch eine residence order samt Kontaktanordnung zugunsten des leiblichen Vaters ersetzte, dazu ausführlicher unter B. IV. 2. b) cc) (2); Re M (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570 ff. 429 Bridge/Swindells, Adoption, S. 129 f. Ein weiteres Mittel zur Steigerung der Sicherheit für den Inhaber einer residence order sah Sec. 114 (1) des ACA 2002 vor, die Sec. 12 CA 1989 erweiterte: Während eine residence order nach der alten Rechtslage automatisch erlosch, wenn das Kind das Alter von 16 Jahren erreicht hatte – es sei denn, das Gericht war von einer Ausnahmesituation überzeugt, vgl. Sec. 9 (6) und (7) CA 1989 –, konnte das Gericht die Dauer der residence order, die zu Gunsten einer Person, die nicht Elternteil oder guardian des Kindes ist, bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres des Kindes verlängern. Außerdem war ein Antrag auf Abänderung einer solchen ausgedehnten residence order an die Voraussetzung einer gerichtlichen Genehmigung gebunden, vgl. Sec. 114 (2) ACA 2002. Dieser Gesetzesänderung lag die Intention zugrunde, insbesondere Stiefeltern eine größere rechtliche Sicherheit zu vermitteln und gleichzeitig die Beziehung zu den leiblichen Eltern zu erhalten, die im Falle einer Adoption einen Abbruch erfahren würde, vgl. Explanatory Notes to the Adoption and Children Act 2002, unter 270. Während Sec. 91 (14) CA 1989 “exceptional circumstances” voraussetzt, das heißt nur in Ausnahmesituationen zur Anwendung kommt, mussten die Gründe für eine Anordnung einer enhanced residence order nach Sec. 12 (5) CA 1989 nicht außergewöhnlich sein; es wurde im Gegenteil damit gerechnet, dass sich der Erlass solcher Beschlüsse als Regelfall für Nichteltern entwickeln werde, vgl. Lowe/Douglas, 425
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führung der range of power-Regelung wird daher ausschlaggebende Wirkung für die Beschränkung von Stiefkindadoptionen prophezeit.430 (2) No order principle Gleichzeitig trifft das Gericht aber auch eine Pflicht, von einer Anordnung nach dem ACA 2002 gänzlich abzusehen, wenn es nicht der Überzeugung ist, der Erlass der order sei für das Kind besser als deren Untersagung, vgl. Sec. 1 (6) ACA 2002 Halbs. 2431 (no order consideration).432 Diese Verpflichtung des Gerichtes, die Ausdruck des non-intervention-Grundsatzes ist, ist insbesondere in Stiefkindadoptionsfällen von Relevanz,433 da sich an der tatsächlichen Lebenssituation des Kindes nichts ändert, wenn die Adoption unterbleibt. Dem Kind bleibt, wie dargelegt, weiterhin das integrierte Aufwachsen in der Stieffamilie möglich.434 (3) Aktuelle Gerichtspraxis Die Zahl der Stiefkindadoptionen in England verzeichnete im Jahre 2005 einen weiteren Rückgang auf 800, was einem Anteil von etwa 20 % aller Adoptionen entsprach.435 Seit 2005 werden Stiefkindadoptionen in den Adoptionsstatistiken des Office for National Statistics nicht mehr gesondert ausgewiesen. Erst seit 2011 erhebt das Ministery of Justice in seinen Gerichtsstatistiken wieder entsprechende Daten. Im Jahr 2011 wurden danach 516 adoption orders zugunsten von Stiefeltern erlassen; im Jahr 2012
Bromley’s Family Law, S. 603. Diese Regelung wurde jedoch durch den Children and Young Persons Act 2008 aufgehoben. 430 Vgl. O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 468. 431 Nun Sec. 1 (5) des geänderten CA 1989. 432 Dies steht im Einklang mit dem aufgrund der Vorgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von Art. 8 Abs. 2 EMRK verfolgten “least interventionist”-Ansatz, der sich auch in Sec. 1 (5) CA 1989 widerspiegelt, vgl. hierzu Re K (Supervision Order) FLR 1999, Bd. 2, 303 (318); Oxfordshire County Council v L (Care or Supervision Order) FLR 1998, Bd. 1, 70 (74); Re O (Care and Supervision Order) FLR 1996, Bd. 2, 755 (760); B v B ( A Minor) (Residence Order) FLR 1992, Bd. 2, 327 (328) “the State […] shall not intervene in the life of children and their families, unless it is necessary to do so […].” Bereits der “no order”-Grundsatz i.V.m. Sec. 1 (4)(c) und (f) ACA 2002 wird zum Anlass für die Prognose genommen, dass Stiefkindadoptionen in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen zu gewähren sein werden, vgl. Ball A&F 2005, Heft 2, 6 (14). 433 So auch Review of Adoption Law, unter 7.7, S. 18. 434 So auch Priest JCL 1993, 56 (59). 435 Department for Constitutional Affairs, Judicial Statistics (Revised) 2005, Tabelle 5.4. Was Douglas/Philpot dazu verleitet, Überlegungen anzustellen, Stiefkindadoptionen eher mit einem administrativen Verfahren als im Wege des Gerichtsverfahrens zu behandeln, in: Douglas/Philpot (Hrsg.), Adoption, S. 1 (5).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
waren es 478.436 Stiefkindadoptionen machen in England damit heutzutage jährlich lediglich einen Anteil von 9 bis 11 % aller Adoptionen aus.437 Im zweiten Quartal des Jahres 2013 lag der Anteil der Stiefkindadoptionen sogar nur bei 6 %.438 Zudem hält der Trend an, dass von Jahr zu Jahr weniger Stiefkindadoptionsanträge gestellt werden:439 Während es im Jahr 2011 noch 542 Anträge waren, sank die Zahl im Jahr 2012 auf 468.440 Auch wenn die Stiefkindadoption aufgrund ihres geringen Vorkommens heute keine intensive Beachtung und Diskussion mehr in der aktuellen rechtswissenschaftlichen Literatur erfährt, ist die Skepsis gegenüber dieser Adoptionsform weiterhin verbreitet.441 Eine Stiefkindadoption wird als eine seltene gerichtliche Anordnung eingestuft.442 3. Vergleichende Stellungnahme Das deutsche Recht sieht für Stiefkindadoptionen keine Sonderregelungen in Bezug auf das bei jeder Minderjährigenadoption zu erfüllende Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit vor. Im Gegensatz dazu wurde in England mit dem Adoption Act 1976 eine gesetzgeberische Initiative unternommen, die Anwendung des Kindeswohlprinzips auf Stiefkindadoptionsfälle dergestalt zu konkretisieren, dass den Gerichten die Pflicht auferlegt wurde, ein Adoptionsgesuch zurückzuweisen, wenn sie der Auffassung waren, eine weniger weitreichende Anordnung als jene der Adoption sei aus Kindeswohlgründen angemessener. Auch wenn diese Abwägungsvorschriften aufgrund mangelnder Effizienz443 durch den CA 1989 abgeschafft wurden, 436 Vgl. die dem Ministry of Justice, Court Statistics Quarterly, April to June 2013, beigefügte Tabellen-Datei “Court Statistics – quarter 2 – main tables”, Tabelle 2.10, abrufbar unter . 437 Ministry of Justice, Court Statistics Quarterly, April to June 2013, Anlage “Court Statistics – quarter 2 – main tables”, Tabelle 2.10, zum Abruf siehe Fn. 436. 438 Ministry of Justice, Statistics bulletin: Court Statistics Quarterly, April to June 2013, S. 19 f. 439 Vgl. hierzu bereits ONS, FM 2 Series 2005, Tabelle 6.3. 440 Ministry of Justice, Court Statistics Quarterly, April to June 2013, Anlage “Court Statistics – quarter 2 – main tables”, Tabelle 2.9, zum Abruf siehe Fn. 436. 441 Vgl. z.B. Cobb Fam Law 1999, 725; Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 101; Ball, A&F 2005, Heft 2, 6 (14); Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 873. Vgl. aber Douglas/Lowe LQR 1992, 414 (431 f.), deren Ausführungen so verstanden werden können, dass sie die Geltung der allgemeinen Anforderungen an Adoptionen, d.h. v.a. eine gerichtliche Prüfung des Kindeswohls, bei Stiefkindadoptionen in Frage stellen. 442 Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 873. 443 Rawlings MLR 1982, 637 (638 f.) beschrieb die Regelung der Sec. 10 (3) CA 1975 als schwach; sie habe den Richter nicht aktiv instruiert, Stiefkindadoptionen zu unterbinden.
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stand den Gerichten seither dennoch die Möglichkeit offen, anstelle einer Adoption eine alternative Anordnung zu treffen. Mit dem ACA 2002 wurde dieser gerichtliche Ermessensspielraum – abermals, allerdings mit Geltung für sämtliche Adoptionen – durch eine Pflicht ersetzt, zu überprüfen, ob eine Alternativanordnung dem Kindeswohl eher dient als ein Adoptionsbeschluss. In Deutschland ist nach der aktuellen Gesetzeslage das Gericht zwar wie in England durch das allgemeine Kindeswohlerfordernis verpflichtet, von einem Adoptionsbeschluss abzusehen, wenn die Dienlichkeit der Adoption für das Kindeswohl nicht festgestellt oder prognostiziert werden kann. Allerdings herrscht in der Rechtsprechung Uneinigkeit darüber, wann eine Dienlichkeit der Stiefkindadoption anzunehmen ist. Wie dargestellt, kann bezweifelt werden, ob die jährlich ausgesprochenen 2.000 bis 2.500 Stiefkindadoptionen tatsächlich jene Ausnahmefälle sind, in denen die psychosozialen Bedenken gegenüber dieser Adoptionsform nicht greifen. Die Schwierigkeit der Herbeiführung einer einheitlichen, in Bezug auf Stiefkindadoptionen zurückhaltenden Gerichtspraxis verdeutlicht der Blick nach England, wo trotz gesetzgeberischer Initiativen eine eindeutige und einheitliche Beantwortung der Frage, welche Kriterien und Fallumstände bei der Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit einer Stiefkindadoption in Abwägung zu bringen sind, nicht erreicht werden konnte. V. Sonderfall: Kindeswohl und Stiefkindadoption in der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft 1. Rechtsregelungen der Stiefkindadoption gleichgeschlechtlicher Partner in Deutschland und England a) Stiefkindadoption durch eingetragene Lebenspartner in Deutschland Eine zunehmende Anzahl von Kindern wächst heutzutage in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf.444 Das Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahre 2001,445 das mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft ein eigenes Institut für gleichgeschlechtliche Partner geschaffen hat, sah eine Regelung der gemeinschaftlichen Annahme von Kindern und eine Stief444 Statistischen Erhebungen zufolge waren es im Jahr 2003 mindestens 13.000 Kinder, Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2003, S. 21; im Jahr 2004 ging man von ca. 11.500 Kindern aus, Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2004, S. 22. Es wird jedoch angenommen, dass der Anteil der Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften aufwachsen, über die in den Statistiken erfassten Fälle hinausgehen, da von diesen nicht jene Kinder erfasst werden, deren Eltern ihr Leben in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft nicht zu erkennen geben, vgl. Sickert, Die lebenspartnerschaftliche Familie, S. 32. 445 In Kraft getreten am 1.8.2001, BGBl I S. 266.
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kindadoption durch diese nicht vor.446 Einem Lebenspartner stand und steht es zwar offen, das Kind seines Lebenspartners allein anzunehmen, vgl. § 1741 Abs. 2 S. 1 BGB, jedoch wird dadurch das Kind nicht zu einem gemeinschaftlichen Kind i.S.d. § 1754 Abs. 1 BGB. Eine solche Adoption hat indessen zur Folge, dass das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes des annehmenden Stiefpartners erlangt, während die verwandtschaftlichen Beziehungen des Kindes zu seinen beiden leiblichen Elternteilen erlöschen, vgl. §§ 1754 Abs. 2, 1755 Abs. 1 S. 1 BGB. Nachdem sich die Forderungen nach der Zulässigkeit der Stiefkindadoption auch für Lebenspartner gemehrt hatten,447 eröffnet § 9 Abs. 7 LPartG448 seit dem 1. Januar 2005 nunmehr einem Lebenspartner die Möglichkeit, das leibliche Kind seines Lebenspartners anzunehmen, sodass dieses gemeinschaftliches Kind der Partner wird.449 Heutzutage leben mehr als 13.000 gleichgeschlechtliche Paare in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, Schätzungen zufolge wachsen in diesen Partnerschaften 2.200 Kinder auf.450 Zahlen, wie viele Stiefkindadoptionen seit der Gesetzesno446 Nach Wellenhofer-Klein, Die eingetragene Lebenspartnerschaft, S. 115, konnte sich der Gesetzgeber zur Regelung einer Stiefkindadoption unter Lebenspartnern nicht durchringen, da zunächst die Erfahrungen mit dem LPartG und dem sog. kleinen Sorgerecht abgewartet werden sollten. 447 Niemeyer FuR 1997, 141 (142); Dethloff NJW 2001, 2598 (2602); dies. ZRP 2004, 195 (197). 448 Eingefügt durch Art. 1 Nr. 4b des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartÜbarbG) vom 15.12.2005. Die Eröffnung der Stiefkindadoption für eingetragene Lebenspartner ist insbesondere als ein Teilschritt zum Abbau der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare im Kindschaftsrecht zu verstehen, zu dem sich das Europäische Parlament 1994 in Ziffer 14 seiner Entschließung zur Gleichberechtigung von Homosexuellen in der Europäischen Gemeinschaft bekannt und seine Mitgliedstaaten aufgefordert hatte, BT-Drucks. 12/7069, S. 3. Während das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern vom 24. April 1967 eine gemeinsame Adoption durch eingetragene Lebenspartner für unzulässig erklärte, eröffnet die am 27.11.2008 zur Unterzeichnung aufgelegte revidierte Fassung des Adoptionsübereinkommens in Art. 7 Abs. 2 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Anwendungsbereich des Adoptionsübereinkommens auf gleichgeschlechtliche Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner sowie auf solche gleichgeschlechtliche Partner zu erstrecken, die in einer stabilen Partnerschaft zusammenleben. 449 Zur Verfassungsmäßigkeit von § 9 Abs. 7 LPartG siehe ausführlich Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten; Jestaedt, in: Geis (Hrsg.), FS Bartlsperger, S. 79 ff. Verfassungsrechtliche Bedenken formuliert auch Gärditz, Stellungsnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts, S. 3, 10. 450 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (282). Verlässliche Daten über die genaue Anzahl der Kinder, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, liegen noch nicht vor. Jedoch geht Sickert, Die lebenspartnerschaftliche Familie, S. 33, mit Blick auf aus-
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vellierung von 2005 beantragt und durchgeführt wurden, sind nicht bekannt,451 jedoch zeigen die Ergebnisse einer vom Bundesministerium der Justiz 2008 in Auftrag gegebenen Studie,452 dass von der Möglichkeit der Stiefkindadoption in der eingetragenen Lebenspartnerschaft – entgegen den Erwartungen453 – rege Gebrauch gemacht wird454 und diese bei einem Großteil der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften als Motiv für die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gilt.455 b) Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare in England In England können sich gleichgeschlechtliche Paare456 als civil partner registrieren lassen. Diese Rechtsform wurde durch den Civil Partnership Act 2004 eingeführt, der am 5. Dezember 2005 in Kraft trat und Registrieländische Rechtsräume von einer Zunahme eingetragener Lebenspartnerschaften mit Kindern aus, da die Möglichkeit der Stiefkindadoption geschaffen wurde. 451 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (285). Ebenso Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „10 Jahre Lebenspartnerschaftsgesetz“, BT-Drucks. 17/6772, S. 4. 452 Hintergrund für die Studie war die Schaffung einer „soliden, sozialwissenschaftlich abgesicherten Tatsachengrundlage“ für eine Diskussion über die Zulassung einer gemeinsamen Adoption durch Lebenspartner, vgl. BT-Drucks. 16/8465 S. 2. Kritisch zu dieser Studie, jedoch vornehmlich in Bezug auf die Einräumung eines gemeinsamen Rechtes zur Adoption eines fremden Kindes, das nicht – wie bei der Stiefkindadoption – seinen anderen biologischen Elternteil kennengelernt hat, Vonholdt, in: DIJG (Hrsg.), Bulletin, Sonderdruck 2009, S. 2 ff. 453 So wurde im Vorfeld der Implementierung der Stiefkindadoption für Lebenspartner eine weite Verbreitung dieser Adoptionsform als unwahrscheinlich angesehen, sei sie doch an die Voraussetzung einer Einwilligung des externen leiblichen Elternteils geknüpft, dem es regelmäßig schwer vorstellbar sein dürfte, sein Kind durch seine „Freigabe“ dauerhaft einer homosexuellen Elternschaft auszusetzen, vgl. Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 169. Hier scheint der Weg der künstlichen Befruchtung zur Durchführung einer Stiefkindadoption, bei der sich die Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils meist als unproblematisch darstellen wird, nicht in die Erwartungen miteinbezogen worden zu sein. 454 In der Studie, bei der die Lebenssituation von knapp 700 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kindern untersucht wurde, hatten bereits 23 % der Lebenspartner eine Stiefkindadoption durchgeführt, vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (284). 455 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (284); 38 % der befragten Lebenspartner, die noch keine Adoption des Stiefkindes vorgenommen hatten, strebten eine solche an, a.a.O., S. 285. 456 Schätzungen zufolge handelt es sich bei 3–5 % der britischen Bevölkerung um Homosexuelle, vgl. Mallon/Betts, Recruiting, Assessing and Supporting Lesbian and Gay Carers and Adopters, S. 4.
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rungen ab dem 21. Dezember 2005 möglich machte. Der englische Gesetzgeber hat dem Institut der civil partnership unmittelbar mit seiner Implementierung sämtliche Rechtsfolgen der Ehe übertragen. Gemeinschaftliche Adoption, Einzel- und Stiefkindadoption stehen in England nicht nur civil partners und verheirateten Paaren offen, sondern darüber hinaus auch sämtlichen Personen, die in einer dauerhaften Partnerschaft zusammenleben – unabhängig davon, welchen Geschlechts diese Partner sind, vgl. Sec. 144 (4)(b) ACA 2002.457 Bereits nach alter Rechtslage stand es alleinstehenden Homosexuellen offen, ein Kind zu adoptieren, und zwar auch dann, wenn sie in einer Partnerschaft mit einem gleichgeschlechtlichen Partner lebten;458 lediglich die gemeinsame Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare war untersagt. Da jedoch die Stiefkindadoption, wie bereits erläutert, eines gemeinsamen Antrags von leiblichem und Stiefelternteil bedurfte, war somit eine solche allein durch den gleichgeschlechtlichen Lebenspartner des Elternteils des Kindes nicht möglich. Erst seit 2006/7 liegen in England detaillierte Informationen über den rechtlichen Status und das Geschlecht von Adoptierenden vor. In den ersten beiden Quartalen des Jahres 2013 handelte es sich bei 6 bzw. 7 % sämtlicher Adoptierender um gleichgeschlechtliche Paare.459 Diesen Zahlen ist jedoch nicht zu entnehmen, inwieweit sie sich auch auf Kinder beziehen, die von ihrem Stiefelternteil adoptiert wurden. 2. Adoptionsrechtliche Bedenken: Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl? In beiden Ländern stellt sich bei Stiefkindadoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare die Frage nach deren Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl. 460 457 Gesetzgeberisches Motiv für die Öffnung der Adoption für gleichgeschlechtliche Paare war das allgemeine Ziel, die Zahl der Adoptionsbewerber zu steigern, um dem Defizit an Adoptionswilligen gegenüber der großen Zahl der sich in staatlicher Fürsorge befindenden und betreuten Kinder zu begegnen, Tasker/Bellamy Fam Law 2007, 524; Hitchings/Sagar CFLQ 2007, 60 (61). Eher einen Anstieg der Zahlen der Stiefkindadoptionen erwartend Cullen CFLQ 2005, 475 (unter “Matters not foreshadowed in the White Paper”). 458 Vgl. z.B. AMT (Known as AC) (Petitioners for authority to adopt SR) Fam Law 1997, 8 und 225; Re W (Adoption: Homosexual Adopter) FLR 1997, Bd. 2, 406; Re E (Adoption: Freeing Order) FLR 1995, Bd. 1, 382. 459 Ministry of Justice, Statistics bulletin: Court Statistics Quarterly, January to March 2013, S. 29 f.; April to June 2013, S. 19 f. 460 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Regelung des § 9 Abs. 7 LPartG vgl. Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, S. 35 ff.; Schlütter FF 2005, 234 (236 ff.); Sickert, Die lebenspartnerschaftliche Familie, S. 207 ff. Nach Veröffentlichung der vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Untersuchung zur Lebenssituation von Kindern in eingetragenen Lebenspartnerschaften hat die Bayerische Staatsregierung ihre Klage beim BVerfG gegen
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Nach § 9 Abs. 7 LPartG sind die Vorschriften der §§ 1743 S. 2, 1751 Abs. 2 und 4 S. 2, § 1754 Abs. 1, 3, § 1755 Abs. 2, § 1756 Abs. 2, § 1757 Abs. 2 S. 1 und § 1772 S. 1 c BGB auf Lebenspartner entsprechend anwendbar. Ohne eine gesetzliche Regelung finden aber auch die adoptionsrechtlichen Bestimmungen Anwendung, die nicht explizit Bezug auf die Stiefkindadoption nehmen,461 wie etwa das Kindeswohlerfordernis des § 1741 BGB, sodass – bis auf die Nichtgeltung der Ausnahme vom Verbot der Kettenadoption nach § 1742 BGB462 – eine vollständige Angleichung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Stiefkindadoption bei Ehegatten und Lebenspartnern stattgefunden hat. Auch im englischen Recht gelten sämtliche Regelungen des Adoptionsrechts für den seit Inkrafttreten des ACA 2002 erweiterten Kreis der Adoptionsberechtigten, sodass auch im Fall der Beantragung einer Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Partner die Vorschrift der Sec. 1 (2) i.V.m. (4) einschlägig und damit das Kindeswohlprinzip anwendbar ist. Wie bereits dargelegt, bedarf die Beantwortung der Frage, ob sich durch die Adoption die Lebensbedingungen des Kindes derart ändern, dass eine erheblich bessere Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes zu erwarten ist, der richterlichen Entscheidung im Einzelfall. Dennoch ließe sich die Frage aufwerfen, ob sich eine Stiefkindadoption durch Lebenspartner bzw. civil partner generell überhaupt eignet, dem Kindeswohl zu dienen.463 Eine solche Eignung könnte per se – ohne dass es auf die persönliche charakterliche, pädagogische und soziale Eignung des Stiefelternteils ankäme – bereits aufgrund der Homosexualität der Eltern ausgeschlossen sein, sodass sich die Einfügung von § 9 Abs. 7 LPartG in Bezug auf die Anwendbarkeit der allgemeinen adoptionsrechtlichen Bestimmungen als systemwidrig erweisen würde. Zweifel an einer grundsätzlichen Förderlichkeit für das Kindeswohl werden in Bezug auf Erziehungsfähigkeitsdefizite homosexueller Eltern, die Persönlichkeits- und psychosexuelle Entwicklung sowie soziale Stigmatisierung der durch die Stiefkindadoption über zwei Väter oder zwei Mütter verfügenden Kinder ebenso wie hinsichtlich der Instabilität gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vorgebracht. Diese Bedenken werden im Folgenden näher untersucht. Die dabei herangezogenen wenigen sozialwissenschaftlichen Studien, die zu homosexueller Elternschaft bisher § 9 LPartG zurückgenommen. Vgl. dazu ebenso den Beschluss des BVerfG, 1 BvL 15/09 vom 10.8.2009, abrufbar unter , zuletzt abgerufen am 12.05.2013. 461 BT-Drucks. 15/3445, S. 15. 462 Dazu unter G. I. Vgl. aber die Unvereinbarkeitserklärung des Ausschlusses der Sukzessivadoption bei Stiefkindadoptionen in der eingetragenen Lebenspartnerschaft durch das BVerfG, Urteil vom 19.2.2013 – 1 BvL 1/11. 463 Fethke, in: Kosmehl/Pabst (Hrsg.), FS Rauscher, S. 45 (48).
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vorliegen, stammen zu großen Teilen aus dem angloamerikanischen Bereich und werden aufgrund methodischer und theoretischer Schwächen in ihrer Aussagekraft in Frage gestellt.464 a) Erziehungsfähigkeitsdefizite homosexueller Eltern Wie dargestellt, dient die Adoption nur dann dem Kindeswohl, wenn der Annehmende eine Eignung zur Adoption aufweist.465 Es handelt sich dabei um eine charakterliche Eignung, die mit einer Bereitschaft und Fähigkeit, Sorge und Erziehung für das Kind zu übernehmen, einhergehen muss.466 In diesem Zusammenhang ist der Frage nachzugehen, inwieweit Homosexualität einer allgemeinen Eignung des Annahmewilligen zur Adoption entgegensteht. Nach wie vor sind Vorurteile einer reduzierten Erziehungskompetenz und Verantwortungsübernahmebereitschaft homosexueller Väter und Mütter verbreitet.467
464 Die unzureichende Forschungslage beklagend, auf die fehlende Repräsentativität der bisher vorliegenden Untersuchungen aufmerksam machend und darauf hinweisend, dass „bei den Teilnehmern solcher Untersuchungen die Gefahr besteht, sich in einer ‚sozial erwünschten’ Art und Weise zu verhalten – zumal es sich um eine Gruppe handelt, von welcher angenommen werden darf, dass sie darauf bedacht ist, bestehende Vorurteile und Diskriminierungen abzuschwächen oder aus der Welt zu schaffen“ Fthenakis/Ladwig, in: Familienhandbuch des IFP, pdf-Dokument, S. 3; Stacey/Biblarz Am Soc Rev 2001, 159 (176); Wardle University of Illinois Law Review 1997, 833 (841 ff.); weitere, v.a. Langzeitstudien, fordernd, die insbesondere auch die Erfahrungen von jungen Menschen, die von homosexuellen Partnern adoptiert wurden, eruieren und Berichte von objektiven Beobachtungen enthalten, Tasker/Bellamy Fam Law 2007, 524 (529) und Ganong/Coleman/Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (70). 465 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 19; Bamberger/Roth/Enders § 1741 Rn. 20. 466 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 19. 467 McCann/Tasker, in: Treacher/Katz (Hrsg.), The Dynamics of Adoption, S. 147 (152); Wardle University of Illinois Law Review 1997, 833 (852 ff.); dazu Sielert, in: Keil/Haspel (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, S. 45 (50); Pätzold FPR 2005, 269 (270) m.w.N. Vgl. dazu ebenfalls Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7. Die teilweise vorgebrachte Befürchtung, Kinder, die in homosexuellen Partnerschaften aufwachsen, seien erhöht dem Risiko innerfamiliärer sexueller Gewalt ausgesetzt, vermengt unzutreffenderweise Homosexualität und Pädophilie und entbehrt einer wissenschaftlicher Grundlage, nachdem sexuelle Übergriffe von Frauen auf Minderjährige nahezu unbekannt, sexueller Missbrauch durch Männer fast ausschließlich gegenüber Mädchen erfolgt, vgl. Fthenakis, in: Basedow/ Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, 351 (380); ebenso Jenny/Roesler/Poyer Pediatrics 1994, Heft 1, 44, in deren Studie von 269 sexuell missbrauchten Kindern lediglich zwei Übergriffe durch homosexuelle Partner erlitten; Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 53 f.; Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, S. 108; Pätzold FPR 2005, 269 (270).
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Derartig formulierte Zweifel an der Erziehungsfähigkeit homosexueller Frauen und Männer verhindern deren Wahrnehmung als Individuen mit eigener Persönlichkeitsstruktur, eigenen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften hinsichtlich elterlicher Kompetenzen.468 Aus der Tatsache, dass gegenüber Homosexualität nach wie vor – wenn auch aufgrund des gesellschaftlichen Wandels verringert469 – Vorbehalte bestehen, die sich in Diskriminierung gegenüber Homosexuellen äußern,470 kann nicht abgeleitet werden, dass das Leid einer Stigmatisierung mit Einbußen bei der erzieherischen Kompetenz homosexueller Eltern einhergeht.471 Die Fähigkeit, Kinder zu erziehen, setzt beim Erziehungsberechtigten vor allem psychische Stabilität und die Fähigkeit voraus, mit Problemsituationen umzugehen.472 Aus diesem Grunde müssen Homosexuelle ihre eigene sexuelle Identität angenommen haben und, um eine eigene seelische Belastung sowie die ihrer Kinder zu vermeiden,473 Strategien zum Umgang mit den ihnen entgegengebrachten Diskriminierungen entwickelt haben, ehe sie der Erziehungsaufgabe erfolgreich nachkommen können.474 Hier gilt es zu bedenken, dass es sich bei der Ausbildung einer gleichgeschlechtlichen Identität oftmals um einen langen und für die Betroffenen problem- und krisenbehafteten Prozess handelt.475 Man wird daher erwarten können, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartner durch das Bewältigen des Identitätsaufdeckungsprozesses (sog. Coming Out), durch die Entscheidung, ihre Partnerschaft im Wege einer Eintragung als Lebenspartnerschaft zu forma468 Dannecker, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 335 (346); Dittberner, Lebenspartnerschaft und Kindschaftsrecht, S. 156. 469 Schimmel, Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare?, S. 211. 470 Dannecker, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, 335 (346); Fthenakis/Ladwig, in: Familienhandbuch des IFP, pdf-Dokument, S. 2; Berger/Reisbeck/Schwer, Lesben – Schwule – Kinder, S. 10, 13; Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (296); Lähnemann, Lesben und Schwule mit Kindern, S. 16 f.; Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 59 f.; Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (8). 471 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (294). 472 Muscheler, Das Recht der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, Rn. 171. 473 Lähnemann, Lesben und Schwule mit Kindern, S. 11; Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 71 f.; Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (11). 474 Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (11 f.). 475 Vgl. Vaskovics, in: Buba/Vaskovics (Hrsg.), Benachteiligung gleichgeschlechtlich orientierter Personen und Paare, S. 245 (246); Lähnemann, Lesben und Schwule mit Kindern, S. 12; Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (11); Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 61 f.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
lisieren, und die Überlegung, auch eine Formalisierung der Eltern-KindBeziehung vorzunehmen, ihre Identität als Homosexuelle ausgebildet, sich gegen Skepsis, die ihrer Lebensform entgegengebracht wird, abgegrenzt und hinreichende Strategien der Problembewältigung bei Diskriminierung entwickelt haben.476 Erzieherische Defizite bei homosexuellen Elternpaaren lassen sich daher in Studien ebenso wenig feststellen477 wie grundlegende Unterschiede hinsichtlich der Eltern-Kind-Beziehungen in hetero- und homosexuellen Familien.478 In Untersuchungen wird vielmehr eine Bereitschaft auch von Lebenspartnern, die ihr Verhältnis nicht durch eine Stiefkindadoption formalisiert haben, festgestellt, für die leiblichen Kinder des Lebenspartners elterliche Verantwortung zu übernehmen.479 Überwiegend wird der Lebenspartner als Elternteil vom Kind akzeptiert. Ist dies – wenn das Kind einer früheren Partnerschaft des leiblichen Elternteils entstammt – nicht der Fall, hängt die Konfliktbelastung von Lebenspartner-Kind-Beziehungen meist von der Akzeptanz der Homosexualität der Mutter oder des Vaters durch das Kind ab.480 Familien eingetragener Lebenspartner weisen zudem häufig einen reflektierten Umgang mit der besonderen Familiensituation und eine frühzeitige Antizipation eventueller Konflikte auf; aufgrund der besonderen Familienkonstellation wird den Kindern Offenheit und Toleranz vermittelt.481 476
Hopp, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 31 (32); Lähnemann, Lesben und Schwule mit Kindern, S. 12; ähnlich Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 70. 477 So bereits die Kleinen Anfragen zu „Homosexualität bei Erziehungspersonen“ und „Bedeutung der sexuellen Orientierung der Eltern im Sorgerecht“, BT-Drucks. 11/5138 und 5139; ebenso Kentler, in: Kentler (Hrsg.), Leihväter – Kinder brauchen Väter, S. 53 (165); AG Mettmann FamRZ 1985, 529; McCann/Tasker, in: Treacher/Katz (Hrsg.), The Dynamics of Adoption, S. 147 (157); Pätzold FPR 2005, 269 (270); Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (10) m.w.N. 478 McCann/Tasker, in: Treacher/Katz (Hrsg.), The Dynamics of Adoption, S. 147 (156 f.); Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (294); Brooks/Goldberg Social Work 2001, 147 (148) m.w.N. 479 Vgl. Mallon/Betts, Recruiting, Assessing and Supporting Lesbian and Gay Carers and Adopters, S. 21 f. m.w.N. 480 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (294 f.). 481 Andere Studien stellen fest, dass homosexuelle Väter über die Fähigkeit, ihren Kindern eine stabilere Umwelt zu vermitteln, und über positivere Beziehungen zu ihren Kindern verfügen als heterosexuelle Väter, vgl. Fthenakis, in: Basedow/Hopt/Kötz/ Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 351 (372) m.w.N.; Kinder, die in lesbischen Partnerschaften aufwachsen, sollen aufgrund des gesteigerten Engagements der nicht-leiblichen Mütter in der alltäglichen Sorge einen Vorteil gegenüber dem Aufwachsen in heterosexuellen Partnerschaften erfahren, so
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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Eine Kindeswohlabträglichkeit der Stiefkindadoption in gleichgeschlechtlichen Familien lässt sich nicht allein mit einer wissenschaftlich nicht belegten482 Gleichsetzung von Homosexualität und Erziehungsunfähigkeit begründen.483 b) Kindesentwicklung aa) Allgemeine Beeinträchtigung der Kindesentwicklung Eine rechtliche Manifestation der Lebenspartner-Kind-Beziehung verböte sich dann, wenn das Aufwachsen in einer Lebenspartnerschaft für das Kindeswohl mit Beeinträchtigungen verbunden wäre. Bei der Beurteilung der Belastung, die die homosexuelle Partnerschaft für das Kind darstellen kann, ist zu differenzieren, ob das Kind in diese hineingeboren wurde oder ob es aus einer früheren (heterosexuellen) Partnerschaft des leiblichen Elternteils stammt. Kinder, die in die gleichgeschlechtliche Partnerschaft hineingeboren werden, sind von Geburt an an das Aufwachsen bei zwei gleichgeschlechtlichen Partnern gewöhnt, sie erleben diese Familienform als die normale; erst bei Berührung mit der Außenwelt und zunehmendem Alter wird ihnen die Besonderheit der Familienkonstellation bewusst. Dennoch zeigt sich, dass diese Erkenntnis selten mit Belastungen verbunden ist.484 Aufgrund elterlicher Hilfe, einen Umgang mit der besonderen Familiensituation zu erlernen, ist eine Akzeptanz der familiären Besonderheit durch die Kinder im Laufe der Zeit anzunehmen, sodass die rechtliche Manifestation dieser Eltern-Kind-Beziehung zu beiden Lebenspartnern nicht aus allgemeinen Beeinträchtigungsgründen für das Kindeswohl, die von dem Leben in einer Lebenspartnerschaft ausgehen, ausgeschlossen werden kann. Hinsichtlich der psychosozialen Entwicklung und des Sozialverhaltens von Kindern, die in eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft hineingeboren werden, werden daher auch keine besonderen Auffälligkeiten festgestellt.485 Für Kinder, die einer früheren heterosexuellen Partnerschaft entstammen, ist das Zusammenleben in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft
Tasker/Golombok, Growing Up in a Lesbian Family, S. 53; Stacey/Biblarz Am Soc Rev 2001, 159 (174) m.w.N. 482 Vgl. auch Sickert, Die lebenspartnerschaftliche Familie, S. 35 f.; Berger/Reisbeck/Schwer, Lesben – Schwule – Kinder, S. 16. 483 So auch Pätzold FPR 2005, 269 (271). 484 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (289). 485 Vgl. auch Tasker/Bellamy Fam Law 2007, 524 (526) m.w.N.; ebenso Stacey/Biblarz Am Soc Rev 2001, 159 (171); Tobin/McNair IJLPF 2009, 110 (122).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
oftmals mit größeren Beeinträchtigungen verbunden,486 da sie den Trennungsprozess der leiblichen Eltern, den Coming Out-Prozess des einen leiblichen Elternteils sowie dessen Eingehen einer neuen Partnerschaft miterlebt und zu verarbeiten haben. Klare Trennungen zwischen den Belastungen, die von diesen drei einschneidenden Erlebnissen ausgehen, lassen sich insbesondere in den Fällen schlecht vornehmen, in denen die Kinder das Scheitern der Partnerschaft der leiblichen Eltern noch nicht vollumfänglich verkraftet haben. So wird das Bild hinsichtlich der psychosozialen Entwicklung dieser Kinder heterogener skizziert. Ein Großteil der Kinder wird als verhaltensauffällig eingestuft, auch wenn bei den meisten dieser Kinder das Sozialverhalten positiv bewertet wird.487 Insgesamt konnte bisher festgestellt werden, dass die für die gesunde Kindesentwicklung erforderliche Bindungsrepräsentation, d.h. das kindliche Bindungs- und Beziehungsverhalten, ebenso wie die eigene Selbstwahrnehmung von Kindern homosexueller Eltern, jener entspricht, die in heterosexuellen Familienkonstellationen aufwachsen; Gleiches gilt für die Beziehungsqualität zu beiden Elternteilen.488 Weitgehend ließ sich in emotionaler, intellektueller und sozialer Hinsicht eine gleiche Entwicklung bei Kindern gleich- und verschiedengeschlechtlicher Eltern feststellen.489 So wird angenommen, dass für eine gesunde Kindesentwicklung demnach weniger die Familienstruktur und die Geschlechtsidentität der Elternteile bestimmend, sondern vielmehr die Art und Qualität der gelebten Beziehung entscheidend ist:490 Die sich auf die Kindesentwicklung negativ auswirkenden Faktoren der familiären Instabilität, die mit einer großen Anzahl von familiären Übergängen verbunden ist, können durch eine gute Bezie-
486 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (289). Diese Beeinträchtigungen äußerten sich im Wut- und Trauerempfinden, der Ablehnung des Partners des leiblichen Elternteils oder aber in Befürchtungen hinsichtlich der Reaktion des sozialen Umfeldes. 487 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (289). 488 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (305, 307); Brooks/Goldberg Social Work 2001, 147 (148 f.) m.w.N. 489 Sickert, Die lebenspartnerschaftliche Familie, S. 36 mit Verweis auf angloamerikanische Studien. 490 So bereits Patterson, in: Greene/Herek (Hrsg.), Lesbian and Gay Psychology, S. 156 (172); Kurdek, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 37 (38); Mallon/Betts, Recruiting, Assessing and Supporting Lesbian and Gay Carers and Adopters, S. 25; Golombok, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 161 (175); O’Connor/Dunn/Jenkins/Pickering/Rasbash British J Psych 2001, 110 (115).
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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hung des Kindes zu den leiblichen und sozialen Elternteilen aufgefangen werden, unabhängig davon, welchen Geschlechts diese sind.491 bb) Psychosexuelle Entwicklung des in einer homosexuellen Partnerschaft aufwachsenden Kindes Dem Aufwachsen von Kindern in homosexuellen Partnerschaften wird mit der Befürchtung begegnet, die psychosexuelle Entwicklung des Kindes nehme hierdurch Schaden; das Kind benötige zu einer gesunden Entwicklung die Orientierung an verschiedengeschlechtlichen elterlichen Bezugspersonen.492 Entgegen diesen Befürchtungen weisen die bislang vorliegenden Studien zur psychosexuellen Entwicklung von Kindern homosexueller Eltern in den drei Bereichen Geschlechtsidentität, Geschlechterrollenverhaltens und sexuelle Orientierung keine Unterschiede gegenüber Kindern auf, die in heterosexuellen Partnerschaften aufwachsen. Kinder homosexueller Eltern entwickeln nach diesen Studien eine eigene sexuelle Identität, die ihrem biologischen Geschlecht entspricht.493 Auch ließen sich bezüglich des Geschlechtsrollenverhaltens keine Unterschiede zu solchen Kindern feststellen, die mit heterosexuellen Eltern aufwachsen.494 Als Begründung für diese Ergebnisse wird angeführt, dass es sich bei der häuslichen Umgebung nicht um den einzigen Einflussfaktor in Bezug auf das Erlernen von Geschlechterrollen und die psychosexuelle Entwicklung handele, da Kinder mit der konventionellen Familienform und heterosexuellen Beziehungsmustern über ihr eigenes und das soziale Umfeld der Eltern
491 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (306 f.). 492 Rauscher, Familienrecht, S. 1023 Rn. 1150; Vonholdt, in: Geis (Hrsg.), Homo-Ehe – Nein zum Ja-Wort aus christlicher Sicht, S. 117 (119 ff.); Schlütter FF 2005, 234 (237 f.); für weitere Nachweise und ausführlich zu diesem Argument vgl. Clarke, V. Women’s Studies International Forum 2001, S. 556 (562 ff.). 493 Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 169 (177) m.w.N.; Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (14); Berger/Reisbeck/Schwer, Lesben – Schwule – Kinder, S. 18 m.w.N.; Golombok/Spencer/Rutter J Child Psychol Psychiat 1983, 551 (562 ff.) für einen Vergleich von Kindern in lesbischen Haushalten gegenüber solchen, die bei alleinerziehenden Elternteilen aufwachsen; Stacey/Biblarz Am Soc Rev 2001, 159 (168 f.); Tasker/Golombok, Growing Up in a Lesbian Family, S. 150; Patterson, in: Greene/Herek (Hrsg.), Lesbian and Gay Psychology, S. 156 (168); Tasker/Bellamy Fam Law 2007, 524 (527) m.w.N.; Tobin/McNair IJLPF 2009, 110 (122, 126) m.w.N; Brooks/Goldberg Social Work 2001, 147 (149) m.w.N. 494 Fthenakis, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 351 (383 f.) m.w.N.; Rauchfleisch, in: Familienhandbuch des IFP, unter 3; ders., Alternative Familienformen, S. 77 f. m.w.N.; Patterson, in: Greene/Herek (Hrsg.), Lesbian and Gay Psychology, S. 156 (168 f.).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
sowie durch die Medien konfrontiert würden.495 In den Studien wurde der gleiche Prozentsatz an homosexuellen Neigungen bei Kindern homosexueller wie heterosexueller Eltern festgestellt. 496 Hier muss jedoch beachtet werden, dass sich die sexuelle Orientierung bei jungen Kindern noch nicht und bei heranwachsenden Jugendlichen nicht abschließend feststellen lässt. c) Soziale Stigmatisierung der Kinder homosexueller Partner Auch mit den Befürchtungen, Kinder liefen Gefahr, durch Diskriminierungen im Alltag zum Opfer der gesetzlichen Neuregelung zu werden,497 haben sich erste Studien auseinandergesetzt. Die in der rechtspolitischen Debatte geäußerten Befürchtungen, die Konfrontation mit einer Elternschaft, die aus doppelt besetzen Vater- bzw. Mutterrollen besteht, biete trotz geänderter Wertevorstellungen nach wie vor Anlass für eine Diskriminierung, die das Kind aus den Reihen seiner Altersgenossen zu spüren bekäme, werden in diesen Studien bestätigt.498 Auch wenn die Studien ein uneinheitliches Bild davon vermittelten, in welchem Maße Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit einer sozialen Stigmatisierung zu kämpfen haben,499 besteht Einigkeit darüber, dass sie vermehrt von der Angst dominiert werden, auf Grund der Sexualität ihrer Eltern diskriminiert zu werden, und aus diesem Grunde die sexuelle Orientierung der Eltern geheim halten.500 Ein Kind, das Opfer einer solchen Stigmatisierung ist und diese als Isolation oder „Hänselung“ wahrnimmt, kann damit in seinem Wohlbefinden und seiner Lebensqualität Schaden nehmen,501 was sich auch daran ablesen lässt, dass Eltern von Kindern, die Diskriminie-
495 Golombok/Pencer/Rutter J Child Psychol Psychiat 1983, 551 (561 f.); Patterson/Hurt/Mason AJO 1998, 390 (396 f., insbesondere 397). 496 Golombok/Spencer/Rutter J Child Psychol Psychiat 1983, 551 (564); Kentler, in: Kentler, Leihväter – Kinder brauchen Väter, S. 53 (130 f.); McCann/Tasker, in: Treacher/Katz (Hrsg.), The Dynamics of Adoption, S. 147 (159) m.w.N. 497 Schlütter FF 2005, 234 (234, 238). 498 Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 169 (177); Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (296 f.); anders hingegen Tasker/Bellamy Fam Law 2007, 524 (527) m.w.N; Brooks/Goldberg Social Work 2001, 147 (149) m.w.N. 499 Fthenakis, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 351 (385 ff.) m.w.N. 500 Griebel/Fthenakis, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 169 (178); Fthenakis, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 351 (386 f.); Berger/Reisbeck/Schwer, Lesben – Schwule – Kinder, Anhang, S. 69, 73; Rupp/Bergold in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (297). 501 So auch Fethke, in: Kosmehl/Pabst (Hrsg.), FS Rauscher, S. 45 (50).
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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rungserfahrungen gemacht haben, das Verhalten ihrer Kinder als tendenziell auffälliger einstufen.502 Befürworter der Stiefkindadoption in eingetragenen Lebenspartnerschaften bringen vor, dass Kinder, die in einer Stieffamilie gleichgeschlechtlicher Partner leben, ohnehin faktisch und unabhängig von einer Stiefkindadoption der Gefahr einer Stigmatisierung ausgesetzt sind. Eine Verschlechterung oder Verbesserung der tatsächlichen Situation des Kindes ginge mit dem formalen Akt einer Adoption nicht einher.503 Dieser Argumentation ist entgegenzusetzen, dass der Stiefelternteil allein durch die Adoption in die Position eines vollwertigen Elternteils des Kindes befördert wird. Erst durch die Adoption wird der formelle elterliche Status mit sämtlichen Pflichten und Rechten begründet. Bis dahin handelt es sich – so eng die Beziehung zwischen Kind und Stiefelternteil auch sein mag – bei letzterem um den Lebenspartner des leiblichen Elternteils, neben dem ein anderer Elternteil außerhalb der Stieffamilie existiert. Die allgemeinen Zweifel an der Dienlichkeit der Stiefkindadoption für das Kindeswohl werden im Falle der Adoption eines Stiefkindes durch einen Lebenspartner durch eine mögliche Stigmatisierung504 somit verstärkt.505 d) Entkräftung der allgemeinen Bedenken gegen eine Stiefkindadoption in gleichgeschlechtlicher Stieffamiliensituation Nach einer Ansicht reduzieren sich die Bedenken, die einer Stiefkindadoption im Zusammenhang mit der Kindeswohldienlichkeit im Allgemeinen entgegengebracht werden, im Falle einer Adoption durch einen gleichgeschlechtlichen Partner.506 Im Vergleich zur Motivationslage eines heterosexuellen Stiefelternteils, sein Stiefkind zu adoptieren, könne bei Lebenspartnern der Vorwurf keinen Bestand haben, dominierender Hintergrund für die Adoption sei die Verschleierung der Tatsache, dass es sich bei der Stieffamilie nicht um eine primär gewachsene biologische Kernfamilie handelt. Denn in einer homosexuellen Partnerschaft sei die Begründung beidseitig biologischer Eltern-Kind-Beziehungen von vornherein ausgeschlossen. Ferner wird darauf verwiesen, dass das durch eine künstliche 502 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (289). 503 Fethke, in: Kosmehl/Pabst (Hrsg.), FS Rauscher, S. 45 (51). 504 So auch Fethke, in: Kosmehl/Pabst (Hrsg.), FS Rauscher, S. 45 (51). 505 So auch Muscheler, Das Recht der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, S. 346, noch vor der Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes aus dem Jahre 2004 („Von daher scheint es von vornherein problematisch, das Institut der Stiefkindadoption auf die Lebenspartnerschaft zu übertragen.“). 506 Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paar unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, S. 112 f.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Befruchtung gezeugte Kind eine andere Familienform als die des Zusammenlebens mit leiblichem Elternteil und dessen Lebenspartner gar nicht erlebt hat, sodass die psychosozialen Bedenken, die der Stieffamilie und Stiefkindadoption entgegengebracht werden, nicht einschlägig sind. Hierbei wird jedoch verkannt, dass es sich bei Stiefkindern in Lebenspartnerschaften nicht allein um sog. Inseminationskinder handelt. Schätzungen zufolge gehen fast die Hälfte der Kinder, die in homosexuellen Haushalten aufwachsen, aus einer vorangegangenen heterosexuellen Partnerschaft hervor, bei der es sich in den meisten Fällen um eine Ehe handelt.507 Es ist daher davon auszugehen, dass diese Kinder ihren anderen biologischen Elternteil sehr wohl als solchen auch in sozialer Hinsicht erlebt haben. Allerdings scheinen Adoptionen durch Lebenspartner von Stiefkindern, die einer heterosexuellen Partnerschaft entspringen, Ausnahmecharakter zu haben.508 In solchen – wenn auch bisher seltenen – Fällen kann demnach das Motiv für eine Stiefkindadoption durch einen gleichgeschlechtlichen Partner durchaus das Verdrängen des anderen leiblichen Elternteils aus dem Leben des Kindes sein.509 Ferner besteht auch bei Inseminationsfällen, in denen der Vater des Kindes bekannt und als solcher eingetragen ist, überwiegend Kontakt des Kindes zu diesem,510 wobei hier der biologische Vater vom Kind meist nicht als sozialer Eltern507 Vgl. Eggen BW in Wort und Zahl 2001, 579 (582); Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (284). 508 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (285), in deren Studie lediglich 6 % dieser „klassischen“ Stiefkinder vom Lebenspartner adoptiert wurden. Zurückgeführt wird dieser geringe Prozentsatz auf die Voraussetzung der Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils; zudem wird vermutet, der Kontakt zum externen leiblichen Elternteil solle erhalten bleiben. 509 In der Studie von Rupp wurde festgestellt, dass in den Lebenspartnerschaften, in denen der externe leibliche Elternteil bekannt war, d.h. in den Fällen, in denen die Kinder einer früheren heterosexuellen Partnerschaft entstammten oder der Samenspender bei Inseminationskindern feststand, 89 % der Kinder mit ihrem das gemeinsame Sorgerecht innehabenden Elternteil einen Kontakt pflegten; bei Kindern, bei denen der leibliche Elternteil, mit dem sie zusammenlebten, das alleinige Sorgerecht ausübte, standen 50% mit dem anderen biologischen Elternteil in Kontakt. Der Anteil der – aufgrund individueller Vereinbarung der Beteiligten und von diesen unterstützt – Kontakt haltenden Kinder lag damit höher als bei anderen Trennungsfamilien, vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (299). 510 Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (285), wo dies in sämtlichen Inseminationsfällen zutraf. Dies ist vor allem im Zusammenhang mit einem Umgang nach der Adoption von Bedeutung, wenn man bedenkt, dass in dieser Fallgruppe bei 9 von 10 Kindern die Stiefkindadoption bereits vollzogen war oder angestrebt wurde.
B. Kindeswohl als zentrale Voraussetzung der Adoption
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teil wahrgenommen werden wird, da es von Beginn an bei den Lebenspartnern aufwächst. Zudem kann auch in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft die Adoption aus dem primären Motiv einer Stärkung der Partnerschaft heraus beantragt werden. Des Weiteren ist bei der Stiefkindadoption in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft der Wunsch, dieses Institut zu nutzen, um sich den aufgrund der Gleichgeschlechtlichkeit erschwerten Kinderwunsch zu erfüllen, dominant.511 Ebenso wie Stiefeltern geht es den Lebenspartnern darum, rechtlich und sozial in ihrer Elternrolle anerkannt zu werden. So benannten in der Studie von Rupp 84 % der Befragten als Motiv für die Stiefkindadoption den Sorgerechtserwerb, 75 % bezweckten eine rechtliche Anerkennung ihres Familienlebens.512 Auch in der Lebenspartnerschaft greifen demnach die bereits dargelegten Zweifel, dass die Adoption des Stiefkindes primär als ein Institut verwandt wird, den eigenen Kinderwunsch zu erfüllen und das Bedürfnis nach Erwerb einer Elternstellung zu befriedigen. Zudem ist auch die Stiefkindadoption in der Lebenspartnerschaft den dargelegten Bedenken hinsichtlich des erhöhten Risikos eines Scheiterns der Stiefpartnerschaften ausgesetzt. Diese greifen allerdings dann nicht, wenn das Kind aufgrund heterologer künstlicher Befruchtung in die Lebenspartnerschaft hineingeboren wurde, es sich also um die erste Begründung einer Lebenspartnerschaft des leiblichen Elternteils handelt. Die ebenfalls vorgebrachte Auffassung, das Auseinanderbrechen der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft wirke sich nicht negativ auf das Verhältnis des adoptierenden Lebenspartners zum Kindes aus, da dieser aufgrund seiner Beschränkung in der Realisation seines Kinderwunsches eine intensivere Beziehung zum Kind pflege,513 entzieht sich einer Pauschalierung und entbehrt einer wissenschaftlichen Grundlage.514
511
Vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (285), wonach 85 % der Befragten den gemeinsamen Kindeswunsch als Hauptmotiv für die Stiefkindadoption nannten; vgl. auch zum allgemein ausgeprägten Kindeswunsch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Weiß/Becker, in: Buba/Vaskovics (Hrsg.), Benachteiligung gleichgeschlechtlich orientierter Personen und Paare, S. 93 (127 f.). 512 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (285). 513 Vgl. Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, S. 113. 514 In der Studie von Rupp konnte diese Frage mangels Fallaufkommen nicht untersucht werden, vgl. Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (293, 299).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
3. Stellungnahme Wie dargelegt, stößt die Stiefkindadoption durch Lebenspartner auf dieselben Bedenken, die im Allgemeinen gegenüber der Stiefkindadoption bestehen. Aufgrund der mit einer möglichen Stigmatisierung des Kindes einhergehenden Beeinträchtigung des Kindeswohls werden diese Bedenken bei der Stiefkindadoption durch Lebenspartner sogar verstärkt. Um dieser Problematik zu begegnen, ist der Kriterienkatalog bei der Prüfung, ob die Stiefkindadoption dem Kindeswohl dient, im Falle einer Beantragung durch einen Lebenspartner dergestalt zu erweitern, dass neben den Eigenschaften, deren Vorhandensein für die Erziehungsfähigkeit des Elternteils von entscheidender Bedeutung und daher bei jedem Adoptionswilligen zu prüfen ist – wie beispielsweise Flexibilität gegenüber den sich wandelnden Bedürfnissen eines sich entwickelnden Kindes, Belastbarkeit und Frustrationstoleranz515 –, auch festzustellen ist, in welchem Maße der Beantragende seine Identität als Homosexueller angenommen und Mechanismen entwickelt hat, sich in dieser Identität durch Stigmatisierung und Diskriminierung nicht verunsichern zu lassen. Nur wenn er entsprechende Stressresistenzen entwickelt hat, ist sichergestellt, dass er seiner Erziehungsaufgabe im Sinne des Kindeswohls gerecht werden kann.516 Zudem haben Gericht und Adoptionsvermittlung die innere Festigkeit des betroffenen Kindes zu prüfen. Zu ermitteln ist, welche Erfahrungen es bereits mit einer Stigmatisierung aufgrund des bisherigen tatsächlichen Aufwachsens in einem homosexuellen Familienumfeld gemacht und wie es mit diesen umzugehen gelernt hat. Entscheidend ist, inwieweit die (potentiellen) Eltern dazu in der Lage waren und sind, das Kind für stigmatisierende Reaktionen des sozialen Umfeldes zu wappnen und dem Kind Strategien zu vermitteln, etwaige Problemsituationen zu bewältigen.517 Denn es konnte festgestellt werden, dass das Davontragen von Traumatisierungen durch ein derartig vorbeugendes Erziehungsverhalten verhindert werden kann.518 Dabei ist zur Problemprävention für das Kind 515
BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.4.2.1, S. 27. So auch Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, S. 102; Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 79 f., der hervorhebt, dass eine um so bessere Kindesentwicklung zu erwarten ist, je größer die eigene Akzeptanz der Homosexualität der Lebenspartner ist und je offener sie mit ihr leben. Detailliert zu konkreten Vorschlägen hinsichtlich der Fragenkomplexe, denen sich Adoptionsvermittler bei Adoptionen durch homosexuelle Stiefpartner widmen sollen, vgl. Mallon/Betts, Recruiting, Assessing and Supporting Lesbian and Gay Carers and Adopters, S. 38 f. 517 So auch Pätzold FPR 2005, 269 (271). 518 Fthenakis, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 351 (387); Belling, in: LVR (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Paare leben mit Kindern, S. 7 (12); Fthenakis/Ladwig, in: Familienhand516
C. Eltern-Kind-Verhältnis
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von großer Bedeutung, dass es über die Gleichgeschlechtlichkeit der Eltern sehr frühzeitig aufgeklärt und hinsichtlich der zu erwartenden Reaktion der Umwelt sensibilisiert worden ist.519
C. Erfordernis der Erwartung des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses C. Eltern-Kind-Verhältnis
Das im deutschen Recht festgeschriebene Erfordernis, dass das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten sein muss, dient dem Schutz des Kindes und damit der Verwirklichung des Leitbilds der Adoption. I. Rechtslage in Deutschland Gemäß § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB muss das Entstehen eines Eltern-KindVerhältnisses zwischen dem Kind und seinem Stiefelternteil zu erwarten sein. Mit dieser Voraussetzung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass dem Kind eine Familie vermittelt wird, in der eine dem üblichen ElternKind-Verhältnis entsprechende Beziehung gelebt wird. Obwohl diese Frage inhaltliche Überscheidungen mit der Kindeswohldienlichkeit aufweist, stellt das Gesetz das Entstehen des Eltern-Kind-Verhältnisses als eine eigenständige Voraussetzung auf, die gesondert vom Kindeswohlerfordernis zu prüfen ist.520 Welche Anforderungen an ein Eltern-Kind-Verhältnis zu stellen sind, wird unterschiedlich beantwortet: Teilweise wird allein darauf abgestellt, ob der Annehmende tatsächlich die Elternrolle übernimmt, d.h. die den natürlichen Eltern eines Kindes obliegenden Aufgaben wahrnimmt.521 Für andere reicht die Übernahme elterlicher Aufgaben nicht aus, vielmehr ist für das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses das Einnehmen einer sozialen Elternrolle, die mit Fürsorge und Erziehung gleichgesetzt wird, vorauszusetzen.522 Wieder andere gehen noch weiter, wenn sie fordern, dass eine auf dieser Fürsorge und Erziehung begründete emotionale „Bindung und Geborgenheit“ zwischen Kind und Annehmendem zu erwarten buch des IFP, pdf-Dokument, S. 11; vgl. auch Hicks/McDermott, in: Hicks/McDermott (Hrsg.), Lesbian and Gay Fostering and Adoption, S. 147 (169 f.); siehe die Berichte aus der Adoptionsvermittlungspraxis in England Hitchings/Sagar CFLQ 2007, 60 (69); Hicks British Journal of Social Work 2006, 761 (767). 519 Lähnemann, Lesben und Schwule mit Kindern, S. 31; Fthenakis/Ladwig, in: Familienhandbuch des IFP, pdf-Dokument, S. 11; Bozett, in: Bozett (Hrsg.), Homosexuality and the family, S. 137 (154). 520 juris PK-BGB/Heiderhoff, § 1741 Rn. 12. 521 Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 27. 522 Palandt/Götz § 1741 Rn. 4; Rauscher, Familienrecht, S. 1019 Rn. 1147.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
sein muss.523 Auch der BGH hatte zur alten Rechtslage, in der von einem „dem Eltern- und Kindverhältnis entsprechenden Familienband“ die Rede war, vgl. § 1754 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F., ausgeführt, dass darunter eine „persönliche, seelisch-innere Beziehung“ von Elternteil und Kind zu verstehen sei.524 Während bei der Fremdadoption eines minderjährigen Kindes ebendiese Übernahme der elterlichen Aufgaben „zu erwarten“ sein muss, stellt sich die Lage bei der Stiefkindadoption komplexer dar, da der Stiefelternteil diese Aufgaben in den meisten Fällen einer Stiefkindadoption bereits zusammen mit dem leiblichen Elternteil wahrnimmt. Ob der Stiefelternteil über die Übernahme der Elternaufgaben hinaus auch „fürsorglich erzieherisch“ gegenüber seinem Stiefkind agiert und eine emotionale, seelische Beziehung zum Kind aufgebaut hat, hängt sehr davon ab, ob es ihm gelungen ist, die Rolle einer emotionalen Bezugsperson des Kindes einzunehmen, was – wie bereits dargestellt – nicht in allen Stieffamilien der Fall ist.525 Oftmals dürfte jedoch dann, wenn sich eine innere Beziehung zum Kind nicht entwickelt hat, die Beantragung einer Stiefkindadoption aufgrund des entgegenstehenden kindlichen Willens unterbleiben. Zwar kann sich eine solche seelische Verbindung von Stiefelternteil und Kind im Rahmen des bereits dargestellten langwierigen Prozesses der Adaption an die Stieffamiliensituation später noch entwickeln, per se „zu erwarten“ ist diese – in Anbetracht der Tatsache, dass es eben auch Stiefverhältnisse gibt, in denen sich gesunde Beziehungen zwischen den Beteiligten nie entwickeln oder es auch noch nach einer gewissen Zeit des unproblematischen Zusammenlebens zu einer Distanzierung des Kindes vom Stiefelternteil kommen kann – jedoch nicht.526 Fraglich ist, welche Schlüsse sich aus den sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen ziehen lassen, die hervorheben, dass die ideale Stieffamilienform diejenige ist, in der der Stiefelternteil zwar Erziehungsausgaben wahrnimmt, jedoch nicht auch emotional in die Elternrolle zu wachsen versucht. Hier ist zu beachten, dass von der Literatur und Rechtsprechung lediglich verlangt wird, dass es zu einer allgemeinen emotionalen und seelischen Verbindung kommt; ob es sich um freundschaftliche oder mütterliche bzw. väterliche Gefühle zwischen Stiefelternteil und Kind handelt, kann dabei nicht ausschlaggebend sein. 523
BayObLG FamRZ 1983, 532 (533). BGHZ 35, 75 (79 f., 83). 525 In der Untersuchung von Beckh/Walper stuften 87,9 % der befragten 58 Stiefkinder ihre Stiefväter als Familienmitglied ein; 56,9 % der Kinder gaben an, eine intensive Beziehung zu ihrem Stiefelternteil zu unterhalten, vgl. Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (211, 216 f.); ebenso die bereits zitierte Studie von Smith CFLQ 2003, 185 (189 f.). 526 Müller-Schlotmann ZfFF 1997, 69 (77). 524
C. Eltern-Kind-Verhältnis
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Teilweise wird davon ausgegangen, das Erfordernis des Eltern-KindVerhältnisses impliziere eine gewisse Dauerhaftigkeit des Verhältnisses, die nur bei einer bestimmten Stabilität der Stiefehe oder Stieflebenspartnerschaft anzunehmen sei.527 Hier werden jedoch die Ebenen der Partnerschaft und der Elternschaft miteinander vermischt und verkannt, dass § 1741 BGB auch Fälle erfasst, in denen das Kind von einem Annehmendem adoptiert wird, wie auch im Falle der Stiefkindadoption, bei der die Adoption alleine durch den Stiefelternteil erfolgt. Bei der Beurteilung des zu erwartenden Eltern-Kind-Verhältnisses kann es nur auf ebendieses Binnenverhältnis ankommen. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit und Beständigkeit der Stiefpartnerschaft kann daher nicht bereits der Norm des § 1741 BGB entnommen werden, seine Verankerung wird jedoch an anderer Stelle erörtert.528 II. Rechtslage in England Im englischen Recht ist das Erfordernis des zu erwartenden Eltern-KindVerhältnisses nicht gesondert gesetzlich normiert. Auch die welfare checklist der Sec. 1 ACA 2002 enthält kein entsprechendes Kriterium. Trotz des Mangels einer expliziten Regelung wird dennoch auch in England aufgrund des Erfordernisses, dass der Adoption ein Zeitraum des Zusammenlebens der Beteiligten vorausgegangen sein muss,529 von der Jugendbehörde und dem Gericht geprüft, ob sich zwischen dem Adoptierenden und dem Kind Bindungen entwickelt haben, die das Entstehen eines ElternKind-Verhältnisses erwarten lassen. Bei einer Stiefkindadoption wird es dabei darauf ankommen, ob der Stiefelternteil dem Kind bisher fürsorgend entgegengetreten ist und sich zwischen beiden bereits eine seelisch-innere Beziehung entwickelt hat. III. Vergleichende Stellungnahme Ungeachtet einer gesetzlichen Verankerung ist in beiden Rechtsordnungen die Erwartung des Entstehens eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses Voraussetzung der Stiefkindadoption. Auch wenn die Übernahme elterlicher Erziehungsaufgaben in vielen Stieffamilien bereits stattgefunden hat und daher die Annahme naheliegt, ein Eltern-Kind-Verhältnis sei nicht bloß zu erwarten, sondern liege unproblematisch bereits vor, so ist diese Voraussetzung dennoch auch im Stiefkindadoptionsfall einer genauen Prüfung zu unterziehen, da, wie dargestellt, nicht in allen Stieffamilien die Entwicklung innerer Bindungen zwischen Kind und Stiefelternteil glückt. 527
Enders FPR 2004, 60 (63). Unter D. I, III; Kapitel 4, unter B. IV. 3. 529 Dazu unter E. II. 528
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Kapitel 2: Das Stiefkind
D. Beziehungsstatus der Stiefpartner als Voraussetzung der Stiefkindadoption D. Beziehungsstatus der Stiefpartner
Dass die Adoption vom Leitbild des Kindeswohls geprägt ist, zeigt sich ferner am Erfordernis der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft zwischen leiblichem und Stiefelternteil im deutschen Recht sowie der Voraussetzung einer enduring family relationship im englischem Recht. I. Rechtslage in Deutschland Wie bereits im Rahmen der Begriffsbestimmung der Stieffamilie festgehalten, schreibt das deutsche Adoptionsrecht – ebenso wie die Begründung der Schwägerschaft, d.h. des Status der nicht durch eine Adoption formalisierten Stiefvater-Kind-Beziehung – die Ehe bzw. eingetragene Lebenspartnerschaft als Voraussetzung fest, vgl. § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB, § 9 Abs. 7 LPartG. Zu einer Stiefkindadoption sind demnach diejenigen Stiefeltern, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben, nicht befugt. Gesetzlich untersteht das Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftserfordernis keinen weiteren Qualifizierungen, insbesondere ist eine Mindestdauer der Ehe als Voraussetzung einer Adoption im Allgemeinen im BGB nicht vorgesehen. Im Entwurf zum Adoptionsgesetz von 1976 hatte sich der Gesetzgeber gegen die Einführung einer allgemeinen Mindestehedauer für sämtliche Minderjährigenadoptionen ausgesprochen, da eine Festschreibung einer solchen Dauer als alleiniger verlässlicher Parameter für die Bestimmung der Stabilität der Ehe nicht ausreichend und die Notwendigkeit sowie der Mehrwert einer solchen Fixierung in Zweifel zu ziehen seien.530 Wenn den deutschen Adoptionsnormen das Abstellen auf eine bestimmte Ehedauer zwar von jeher fremd ist,531 so ist dennoch Voraussetzung, dass die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft von Stiefelternteil und leiblichem Elternteil Bestand verspricht.532 Für den Fall, dass die Stiefehe oder Stieflebenspartnerschaft dadurch beendet wurde, dass der interne leibliche Elternteil des Kindes verstorben ist, ehe das Adoptionsdekret erlassen wurde, ist nach der h.M. eine Stiefkindadoption mangels Ehegatten- bzw. Lebenspartnerstellung des Stiefelternteils nicht mehr möglich.533 Anderes gilt jedoch, wenn der adopti530
Vgl. BT-Drucks. 7/3061, S. 29. Vgl. Glässing, Voraussetzungen der Adoption, S. 88, der ein solches Erfordernis unter Gesichtspunkten einer „Garantie für eine dauernde Harmonie und Stabilität der Ehe“ mit Blick auf das damals geltende französische Recht befürwortete. 532 BT-Drucks. 7/3061, S. 28; MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 21. 533 MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 40; Soergel/Liermann § 1741 Rn. 39. Dieser kann das Kind demnach nur im Wege einer Adoption durch eine nichtverheiratete 531
D. Beziehungsstatus der Stiefpartner
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onswillige Stiefelternteil verstirbt: Hier kann eine Adoption auch noch nach seinem Tod ausgesprochen werden, solange der entsprechende Antrag beim Familiengericht zu Lebzeiten des Stiefelternteils eingegangen ist.534 II. Rechtslage in England Während früher – auch noch nach dem Adoption of Children Act 1976 – ein Adoptionsbeschluss allein aufgrund eines gemeinsamen Antrags (joint application) eines verheirateten Paares ergehen konnte, hat der ACA 2002 – wie bereits in Bezug auf civil partner erläutert – in Sec. 49 den Kreis der Adoptionsberechtigten erweitert. Als eigene Kategorie der Personen, die einen Einzeladoptionsantrag stellen können, ist nun auch der Partner des Elternteils erfasst, dessen Kind adoptiert werden soll, vgl. Sec. 51 (2) ACA 2002. Partner im Sinne dieser Bestimmung ist, wer mit dem Elternteil des Kindes ein Paar bildet. Nach Sec. 144 (4) ACA 2002 sind darunter verheiratete Paare oder zwei Personen – unabhängig davon, ob gleich- oder verschiedengeschlechtlich – zu verstehen, die in einer dauerhaften Partnerschaft leben. Diese Ausweitung der Antragsberechtigung auch auf den nichtehelichen Partner des internen leiblichen Elternteils stellt im englischen Adoptionsrecht eine bedeutende Neuerung dar, da die gemeinschaftliche Adoption eines Kindes durch ein Paar bis dato auch in England einem Ehepaar vorbehalten war, vgl. Sec. 14f Adoption Act 1976. Für die Interpretation der Voraussetzung „enduring family relationship“ hält das Gesetz keine konkreten Kriterien bereit, woran die Stabilität, die mit dem Begriff „enduring“ ausgedrückt wird, zu messen ist und ob bzw. an welcher Dauer der Partnerschaft diese abgelesen werden kann. Es ist lediglich vorgeschrieben, dass nichtverheiratete und nichtregistrierte Paare zur Darlegung der Stabilität und Dauerhaftigkeit ihrer Partnerschaft verpflichtet sind.535 III. Vergleichende Stellungnahme Das englische Recht geht mit der Ausweitung des Kreises der Adoptionsberechtigten auf alle diejenigen Personen, die in einer dauerhaften Partnerschaft leben, deutlich über das deutsche Recht hinaus, das eine gemeinPerson alleine annehmen, was zur Folge hat, dass die Rechtsbeziehungen des Kindes zu den Verwandten des internen leiblichen Elternteils nach §§ 1754 Abs. 2, 1755 Abs. 1 BGB enden. Jedoch wird in einem solchen Fall § 1756 Abs. 2 BGB für entsprechend anwendbar erklärt, sodass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den Verwandten des internen leiblichen Elternteils dennoch bestehen bleibt, Staudinger/Frank (2007) § 1756 Rn. 31; Soergel/Liermann § 1741 Rn. 39; MünchKommBGB/Maurer § 1741 Rn. 40. 534 OLG München MittBayNot 2010, 319. 535 Sec. 4 (2) Suitability of Adopters Regulations 2005.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
schaftliche Adoption allein Eheleuten – auch eingetragene Lebenspartner sind ausgeschlossen – vorbehält. Die Integration des nichtehelichen Stiefelternteils in die Gruppe der zu einer Stiefkindadoption Berechtigten, wie sie mit dem ACA 2002 erfolgt ist, wird auch in Deutschland gefordert.536 Einer solchen Anpassung des deutschen Rechts an das englische stehen jedoch gewichtige Bedenken entgegen. Eine mangelnde Stabilität der Stiefpartnerschaft steht im Konflikt zum Kindeswohl und damit zu einer permanenten und absoluten Verrechtlichung des Eltern-Kind-Verhältnisses im Wege einer Stiefkindadoption. Im Vergleich zum Normalfall der Fremdadoption besteht bei der Stiefkindadoption ein engerer Zusammenhang von Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft und Adoption. Letztere hat für das Kind, wie dargestellt, nur dann einen Mehrwert, wenn sie seinem Bedürfnis nach rechtlicher Verankerung in der ihm Stabilität bietenden Stieffamilie gerecht wird. Dafür kommt es entscheidend auf die Beständigkeit der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft an. Auch wenn in der Gesellschaft vermehrt dauerhaftes familiäres Zusammenleben und Verantwortungsübernahme ohne Eheschließung bzw. Verpartnerung praktiziert werden, so lässt sich bei formalisierten Partnerschaften eine erhöhte Beständigkeit gegenüber nichtformalisierten nachweisen.537 Insbesondere bei nichtehelichen Stieffamilien konnte ein deutlich höheres Scheiternsrisiko als bei ohnehin mit hohen Scheidungs- und Trennungsraten belasteten ehelichen Stieffamilien festgestellt werden.538 Um das Risiko des Kindes, seinen Adoptivstiefelternteil als Bezugsperson durch die Trennung der Eltern zu verlieren, nicht zusätzlich zu steigern, ist es daher gerechtfertigt, an einer Formalisierung der Partnerschaft von Stief- und leiblichem Elternteil durch Eingehen einer Ehe bzw. Lebenspartnerschaft als Voraussetzung der Stiefkindadoption festzuhalten.539 Ein Sonderproblem in Bezug auf Stiefkindadoptionen durch gleichgeschlechtliche Partner in beiden Rechtsordnungen besteht darin, dass homosexuelle Partnerschaften oftmals dem Vorwurf von Instabilität ausgesetzt 536
Dethloff ZRP 2004, 195 (198). Stoll, Partnerschaftsqualität in Ehen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, S. 56 ff., S. 64, S. 68 f.; Hunkler/Kneip, Das Zusammenspiel von Normen und Anreizen bei der Erklärung partnerschaftlicher Stabilität, S. 1.; Morgan, in: David (Hrsg.), The Fragmenting Family, S. 65 (74 ff.) m.w.N; Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 393. Vgl. aber auch Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, S. 52 f. 538 Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 392. 539 Ebenso Hohloch, Familienrecht, S. 510 (Fn. 16). Dementsprechend hatte auch der Adoption Review die Empfehlung ausgesprochen, bei der gemeinschaftlichen Adoption an dem Erfordernis einer Ehe festzuhalten, da mit der Eheschließung – im Hinblick auf die Förderung von Sicherheit und Stabilität für das adoptierte Kind – Verbindlichkeit und Pflichtübernahme gegenüber dem Ehepartner öffentlich gemacht würden, Review of Adoption Law, unter 26.9 f., S. 49 f. 537
D. Beziehungsstatus der Stiefpartner
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sind.540 Während festgestellt werden konnte, dass sich zumindest lesbische Partnerschaften in ihrer Stabilität nicht von heterosexuellen Partnerschaften unterscheiden, liegen Untersuchungen bezüglich der Stabilität von schwulen Partnerschaften, die häufiger von der monogamen Beziehungsform abweichen, noch nicht vor.541 Die vom Bundesjustizministerium unterstützte Untersuchung zur Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften konnte aber feststellen, dass die Studienteilnehmer vor Eingehung der Lebenspartnerschaft auf lange Partnerschaften zurückblickten, die im Durchschnitt 7,7 Jahre dauerten, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei dem deutlich überwiegenden Teil der Studienteilnehmer um lesbische Lebenspartner handelte.542 Die Vorgabe der Prüfung der Stabilität der Partnerschaft von Stiefelternteil und internem leiblichen Elternteil gilt damit insbesondere auch für Adoptionen durch männliche Lebenspartner. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Stiefkindadoptionen – wie erläutert – häufig sehr bald nach der Stiefeheschließung bzw. Verpartnerung beantragt werden, ehe der Prozess der Reorganisation der familiären Strukturen abgeschlossen und der Aufbau tragfähiger Stieffamilienbeziehungen erfolgt ist, ist zudem kritisch zu bewerten, dass das deutsche wie das englische Recht das Ehe- bzw. Partnerschaftserfordernis bei Stiefkindadoptionen keinen weiteren Qualifizierungen, wie etwa einer Mindestdauer, unterstellt.
540 Vonholdt, in: Geis (Hrsg.), Homo-Ehe – Nein zum Ja-Wort aus christlicher Sicht, S. 117 (122); Holzhauer JZ 2000, 1076 (1083); vgl. auch Sielert, in: Keil/Haspel (Hrsg.), Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in sozialethischer Perspektive, S. 45. 541 Laut Dannecker, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 335 (344 f.), lebt ca. die Hälfte homosexueller Männer, die älter als 40 Jahre alt sind, in festen, mindestens fünf Jahre andauernden Partnerschaften; ähnlich Kurdek J Marriage Fam 2004, 800 (896), der trotz einer gegenüber Ehepartnern erhöhten grundsätzlichen Trennungsbereitschaft von nicht verpartnerten gleichgeschlechtlichen Partnern feststellte, dass auch homosexuelle Partnerschaften ohne eine Formalisierung von Stabilität und langer Dauer geprägt sind; siehe auch die vom Bundesministerium in Auftrag gegebene Studie von Buba/Becker, in: Buba/Vaskovics (Hrsg.), Benachteiligung gleichgeschlechtlich orientierter Personen und Paare, S. 33 (51), in der der überwiegende Anteil (2/3) der Befragten angab, ihre Lebensgemeinschaft sei auf Dauerhaftigkeit angelegt. 542 Rupp/Bergold, in: Rupp (Hrsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281 (283). So auch Rauchfleisch, Alternative Familienformen, S. 55 ff.; ders. FamPra.ch 2004, 507 (511); Pätzold FPR 2005, 269 (270).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
E. Vorangehen eines tatsächlichen Betreuungsverhältnisses E. Vorangehendes tatsächliches Betreuungsverhältnis
Auch die Voraussetzung des Vorangehens eines Betreuungsverhältnisses ist als Ausprägung des Kindeswohls zu verstehen. I. Rechtslage in Deutschland § 1744 BGB bestimmt, dass der Annehmende den Angenommenen vor der Adoption über einen angemessenen Zeitraum in Pflege gehabt haben soll (sog. Adoptionspflege). Durch die Adoptionspflege wird dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, die Eignungsprüfung der Adoptiveltern, die die Adoptionsvermittlungsstelle der Adoptionspflege vorausgehend durchgeführt hat, vgl. § 8 AdVermiG, auf ihren Bestand in der Erprobung zu überprüfen. Durch eine solche Adoptionspflege wird die Prognose erleichtert, ob die dem Kindeswohl geschuldete, in § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB geforderte tatsächliche Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist.543 Diese Norm richtet sich vorrangig an die Beteiligten einer Fremdadoption, gilt jedoch in gleichem Maße auch für Stiefkindadoptionen.544 Während bei einer Fremdadoption das Kind vom Jugendamt nach erfolgreicher Eignungsprüfung den Annehmenden zur Adoptionspflege übergeben wird, entzieht sich die Gestaltung der Pflegezeit bei Stiefkindadoptionen oftmals der Steuerbarkeit durch das Jugendamt, da Kinder, die durch eine Schwägerschaft mit dem Erwachsenen verbunden sind, nicht der Aufsicht des Jugendamtes unterliegen, vgl. § 44 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VIII. 1. Gleichsetzung von Stiefkindverhältnis und Adoptionspflege? Möglicherweise besteht bei einer Stiefkindadoption aufgrund des faktischen Stiefkindverhältnisses, das rechtlich vom Status der Schwägerschaft erfasst ist, kein Raum mehr für eine Adoptionspflege. Zu prüfen sind daher die inhaltlichen Überschneidungen der beiden Rechtsinstitute, um beantworten zu können, ob ein Stiefkindverhältnis per se den Voraussetzungen eines Adoptionspflegeverhältnisses genügt. 543 BT-Drucks. 7/3061 S. 32; BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 7.5, S. 34 f.; Beck’scher Online-Kommentar/Enders, § 1744 Rn. 1. 544 MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 8, der betont, dass auch bei Stiefkindern von der Entwicklung einer emotionalen Intimbeziehung zum Adoptiv-Stiefelternteil nicht wie selbstverständlich ausgegangen werden kann; Erman/Saar § 1744 Rn. 2; Muscheler FamRZ 2004, 913 (916); juris PK-BGB/Heiderhoff § 1744 Rn. 2; BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 7.5, S. 35; zumindest entsprechende Geltung bei Stiefkindadoptionen annehmend Beck’scher Online-Kommentar/Enders § 1744 Rn. 4; Bamberger/Roth/Enders § 1744 Rn. 4.
E. Vorangehendes tatsächliches Betreuungsverhältnis
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Unter „Pflege“ in § 1744 BGB wird aus Gründen des Normzwecks eine Vollzeit- und Familienpflege verstanden, da lediglich ein intensives Zusammenleben von Kind und Annehmendem eine verlässliche Prognose über die Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses erlaubt.545 Es soll zu einer tatsächlichen und persönlichen Betreuung in dem Umfang kommen, wie er zwischen Eltern und Kindern üblich ist.546 Für das schwägerschaftliche Stiefkindverhältnis hingegen setzt § 1590 BGB lediglich die Eheschließung bzw. Verpartnerung von leiblichem Elternteil und Stiefelternteil voraus. Auf ein faktisches Zusammenleben von Stiefelternteil und Kind kommt es nicht an. Auch wenn ein solches in vielen Fällen regelmäßig bereits vor der Formalisierung der Stiefpartnerschaft stattfindet, es somit zu einer Überlappung von Stiefkindverhältnis und Pflegezeit und damit zur Erfüllung letzterer als Voraussetzung der Adoption kommen kann, scheitert eine einzelfallunabhängige Gleichsetzung von Stiefkindverhältnis und Pflegeverhältnis bereits am engeren Inhalt des Pflegeverhältnisses. 2. Ermessensreduktion bei Stiefkindadoptionen? Bei § 1744 BGB handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Durchsetzung nach § 1752 BGB im Ermessen des Gerichts steht. So ließe sich annehmen, dass in Fällen von Stiefkindadoptionen ein Verzicht auf ein Pflegeverhältnis möglich ist, da sich Stiefelternteil und Kind oftmals bekannt und vertraut sind.547 Hierzu gilt es jedoch zu bedenken, dass der Ermessensspielraum bei § 1744 BGB im Allgemeinen stark dadurch eingeschränkt ist, dass die Einhaltung eines solchen Adoptionspflegeverhältnisses zur Überprüfung des Vorliegens der Adoptionsvoraussetzungen des Kindeswohls wie der Erwartung eines Eltern-Kind-Verhältnisses unerlässlich ist.548 In Anbetracht der bereits dargestellten Zweifel an der Dienlichkeit einer Stiefkindadoption für das Kindeswohl und der Entwicklung eines Eltern-KindVerhältnisses ist gerade auch in Fällen der Stiefkindadoption an der Erfüllung der Voraussetzung einer Adoptionspflegezeit festzuhalten.549
545
Beck’scher Online-Kommentar/Enders § 1744 Rn. 2. MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 8. 547 Ähnlich Oberloskamp, in: Hoksbergen/Textor (Hrsg.), Adoption, S. 14 (19): „[Dauer der Pflegezeit] kann […] auf Null schrumpfen.“ 548 MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 14; ähnlich Bamberger/Roth/Enders § 1744 Rn. 3. 549 juris PK-BGB/Heiderhoff § 1744 Rn. 2. 546
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Kapitel 2: Das Stiefkind
3. Verkürzter Pflegezeitraum bei Stiefkindadoptionen? Das Gesetz verzichtet aufgrund der im Einzelfall erforderlichen Flexibilität auf eine gesetzliche Normierung einer genauen Zeitdauer, die das Pflegeverhältnis in Anspruch nehmen soll.550 Es ist lediglich von einem „angemessenen Zeitraum“ die Rede. Während man bei Säuglingen kürzere Zeiträume gelten lässt, soll in Fällen der Adoption älterer Kinder aufgrund des Aufbaus und der Erfahrung emotionaler Bindungen zu anderen Bezugspersonen der Zeitraum nicht zu eng bemessen werden.551 Im Allgemeinen wird für Adoptionen ein Mindestzeitraum von einem Jahr als ausreichend erachtet.552 Entsprechend den Ausführungen zur Qualifizierung der Stiefpartnerschaft kommt auch der Länge des Pflegeverhältnisses, das der Stiefkindadoption vorangegangen sein muss, eine entscheidende Bedeutung zu. Bei Stiefkindadoptionen wird daher eine längere Dauer der Pflegezeit als bei Fremdadoptionen als angebracht eingestuft.553 Wie dargestellt lebt in den überwiegenden Fällen der Stiefelternteil bereits über einen längeren Zeitraum mit dem Kind zusammen. Da das Zusammenziehen mit dem Stiefelternteil keiner Registrierungspflicht unterliegt, stellt eine Rekonstruktion des Pflegebeginns für das Jugendamt in der Praxis eine nahezu unlösbare Aufgabe dar.554 Um dem Kindeswohl Rechnung zu tragen, ist zu fordern, dass sowohl das Jugendamt als auch das Familiengericht im Rahmen der notwendigen Anhörungen durch entsprechende Nachfragen den Verlauf einer gesunden Pflegezeit und Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu ermitteln versuchen.555 Ist dies nicht möglich oder bestehen Zweifel, so sollte – wie bei der Fremdadoption – zunächst noch der Ablauf einer zeitlich festgesetzten Adoptionspflege abgewartet werden. II. Rechtslage in England Im Gegensatz zum deutschen Recht normiert der englische ACA 2002 in Sec. 42 die Länge eines settling in-Zeitraums, der dem Adoptionsantrag vorausgegangen sein muss. Hierbei wird differenziert: In den Fällen, in denen es sich um eine von einer Adoptionsagentur vermittelte Adoption
550
BT-Drucks. 7/3061, S. 32. MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 11. 552 MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 11; zumindest für Kinder im Alter von über sieben Jahren Erman/Saar § 1744 Rn. 3; juris PK-BGB/Heiderhoff § 1744 Rn. 2. 553 So auch Erman/Saar § 1744 Rn. 3. Eine solche fordernd Weber, in: epdProtokolldienst (Hrsg.), Stiefeltern- und Verwandtenadoptionen, S. 2 (4). 554 So auch Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (105); Enders FPR 2004, 60 (63 f.). 555 Enders FPR 2004, 60 (64); MünchKommBGB/Maurer § 1744 Rn. 8. 551
E. Vorangehendes tatsächliches Betreuungsverhältnis
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handelt, das placement556 des Kindes einer High Court-Anordnung folgt oder der die Adoption Beantragende ein Elternteil des Kindes ist, wird vorausgesetzt, dass das Kind in einem dem Adoptionsantrag vorausgehenden Zeitraum von zehn Wochen durchgehend mit den Adoptionsbewerbern zusammengelebt hat, vgl. Sec. 42 (2) ACA 2002. Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen Partner des leiblichen Elternteils des Kindes, d.h. um einen Stiefelternteil, beträgt die Dauer des vorgeschriebenen ununterbrochenen Zusammenlebens in einer häuslichen Gemeinschaft nach Sec. 42 (3) ACA 2002 sechs Monate. Bei den weiteren non agencyAdoptionen, insbesondere solchen durch Verwandte oder Pflegeeltern, hat hingegen dem Adoptionsantrag in der Regel eine dreijährige Probezeit – eine etwaige Unterbrechung dieser Zeit ist irrelevant – während eines fünfjährigen Zeitraums, der mit dem Adoptionsantrag endet, vorauszugehen, es sei denn, das Gericht erlaubt einen früheren Antrag, Sec. 42 (5) und (6) ACA 2002. Während nach dem Adoption Act 1976 für non agency-Adoptionen lediglich eine Probezeit von 13 Wochen vorgesehen war, vgl. Sec. 13 (1)(a), spiegelt diese Gesetzesänderung der Verlängerung der Probezeit die restriktive Einstellung des Gesetzgebers gegenüber einer Adoption durch Verwandte und Stiefeltern wider.557 Auch in England soll durch die Probezeit die Entstehung und Entwicklung einer gesunden Beziehung von Kind und Adoptionswilligem ermöglicht werden. Denn der Adoptionsantrag ist erst gerechtfertigt, wenn sich der Adoptierende als geeignet erwiesen hat, vgl. Sec. 45 ACA 2002. So wird der Adoptionsagentur oder der Jugendbehörde durch die Probezeit ermöglicht, das Kind und den Antragsteller in der jeweiligen häuslichen Umgebung ausreichend in Augenschein zu nehmen, wozu sie nach Sec. 42 (7) ACA 2002 verpflichtet ist. III. Vergleichende Stellungnahme In beiden Rechtsordnungen ist die Vorschaltung eines Pflegeverhältnisses als bedeutendes Absicherungskriterium für die Prognose über die Entstehung und Entwicklung einer gesunden Beziehung des Kindes zum Adoptierenden verankert. Während das deutsche Recht mit der Formulierung „angemessene Zeit“ die Bestimmung der Dauer des Pflegeverhältnisses in das Ermessen des im Einzelfall entscheidenden Richters stellt, gibt das englische Recht konkret vor, wie lange das Kind vor der Adoption mit dem Stiefelternteil zusammengelebt haben muss. Die unterschiedliche Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgabe ist auf die grundsätzlich andersgeartete 556 557
Vgl. hierzu unter J. II. Vgl. bereits Review of Adoption Law, unter 20.1. ff., S. 41 f.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Prägung der Rechtsordnungen zurückzuführen, nach der das englische Recht häufig konkrete und definierende Regelungen bereithält, während das deutsche Gesetz sich unbestimmter Rechtsbegriffe bedient, die durch Literatur und Rechtsprechung näher konkretisiert werden. Hintergrund für die gesetzliche Differenzierung zwischen Adoptionen, an denen Agenturen beteiligt sind, und non agency-Adoptionen hinsichtlich des Probezeiterfordernisses in England ist, dass eine Adoptionsagentur eine strenge Prüfung und Beurteilung des Antragstellers durchführt, während in non agency-Fällen eine entsprechende Absicherung nicht gegeben ist.558 Die kürzere Probezeit bei einer Stiefkindadoption wird dabei damit gerechtfertigt, dass ein leiblicher Elternteil an der Adoption beteiligt ist. Hier ist jedoch verwunderlich, dass der Gesetzgeber seine Bedenken, die er der Stiefkindadoption im Allgemeinen entgegenbringt, nicht auch bei der Probezeit gesetzlich Niederschlag finden lässt, indem er die für die Verwandtenadoption normierte lange Zeitspanne auch für Stiefkindadoptionen gelten lässt. Dennoch gibt es auch ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtung Gerichte, die sich mit Stiefkindadoptionsanträgen nicht befassen, solange die Stiefpartner nicht mindestens ein Jahr zusammengelebt haben.559
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren
Auch die Normen, die die Berücksichtigung des Kindeswillens im Adoptionsverfahren vorschreiben, dienen der Verwirklichung des Kindeswohls als Leitbild der Adoption. Es wird geprüft, ob und in welchem Umfang die deutsche und englische Rechtsordnung dem Willen des Stiefkindes bei einer Adoption durch den Stiefelternteil Gewicht beimessen. I. Rechtslage in Deutschland 1. Einführung Zum Schutz der Interessen des Kindes bedarf es seiner nach § 1750 BGB notariell beurkundeten Einwilligung, vgl. § 1746 BGB. Im deutschen Adoptionsrecht wird demnach die Berücksichtigung des Kindeswillens explizit normiert, obwohl diesem als Indikator für die inneren Bindungen des Kindes ohnehin bereits als Entscheidungskriterium im Rahmen der
558
Vgl. HC Special Standing Committee, November 29 2001, col. 362, Miss Jaqui
Smith. 559
S. 9.
Vgl. BAAF, Advice Notes, Stepchildren and Adoption (England and Wales) 2007,
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren
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Kindeswohldienlichkeit Bedeutung zuwächst.560 Hintergrund für das Einwilligungsrecht auch eines noch nicht urteilsfähigen Kindes ist der mit der Adoption herbeigeführte Statuswechsel, der das Kind höchstpersönlich und weitreichend berührt und mit einer „tiefgreifenden Veränderung der familiären Verhältnisse“ einhergeht.561 Während die Bedeutung des Kindeswillens bei der Kindeswohlentscheidung im Allgemeinen von verschiedenen Faktoren abhängt, wie etwa dem Alter des Kindes, dessen Fähigkeit, die mit der Entscheidung einhergehenden rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen zu erfassen und abzuschätzen, der Kompetenz der Bildung eines verfestigten Willens sowie dem individuellen Reifegrad, differenziert das Adoptionsrecht hinsichtlich der Willensausübung allein nach dem Alter des Kindes: Das Kind unter 14 Jahren wird aufgrund seiner Handlungsunfähigkeit gänzlich von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten, § 1746 Abs. 1 S. 1, 2 BGB. Demgegenüber muss das Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, selber einwilligen, wobei es daneben ebenfalls der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedarf, § 1746 Abs. 1 S. 1, 3 BGB. 2. Einwilligung des geschäftsunfähigen Kindes Für ein geschäftsunfähiges Kind unter 14 Jahren kann nur der gesetzliche Vertreter einwilligen. Gesetzliche Vertreter sind die sorgeberechtigten Elternteile, vgl. § 1629 Abs.1 S. 1 BGB. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um beide Eltern, wenn nicht eine Alleinsorgeberechtigung nach § 1626a Abs. 3 oder § 1671 Abs. 1 BGB vorliegt und das Kind damit nur über einen gesetzlichen Vertreter verfügt. Das Einwilligungserfordernis entfällt, wenn es sich bei den gesetzlichen Vertretern um die Eltern des Kindes handelt, die ihre Einwilligung in die Adoption nach § 1747 BGB562 erteilt haben oder deren Einwilligung gerichtlich ersetzt wurde, vgl. § 1746 Abs. 3 Halbs. 2.563 Über einen langen Zeitraum wurde erörtert, ob im Falle einer Stiefkindadoption der interne leibliche Elternteil, bei dem es sich in der Regel um den gesetzlichen Vertreter handelt, in Vertretung des Kindes in die Adoption einwilligen kann, oder ob es diesbezüglich der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf.564 Der BGH565 hat sich gegen die Notwendig560
Parr, Das Kindeswohl in 100 Jahren BGB, S. 9. BT-Drucks. 7/3061, S. 34. 562 Zur Einwilligung der leiblichen Eltern in die Stiefkindadoption vgl. ausführlich in Kapitel 3, unter B und C. 563 MünchKommBGB/Maurer § 1746 Rn. 17. 564 So OLG Stuttgart FamRZ 1979, 1077; LG Traunstein NJW 1977, 2167; MünchKommBGB/Wagenitz § 1795 Rn. 23. 565 BGH NJW 1980, 1746 (1747). 561
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Kapitel 2: Das Stiefkind
keit der Bestellung eines Ergänzungspflegers entschieden. Ein Fall des § 1795 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Lediglich in Einzelfällen könne ein erheblicher Interessengegensatz im Sinne des § 1796 Abs. 2 BGB bestehen, der die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers begründen würde.566 Hinsichtlich einer sich gedanklich aufdrängenden extensiven Interpretation oder auch analogen Anwendung von § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB – der nicht anwendbar ist, da es sich bei der Adoption nicht um ein Rechtsgeschäft zwischen dem adoptionswilligen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner des Elternteils und dem Kind handelt – sowie von § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB – dessen Anwendbarkeit mangels Qualifizierung des Adoptionsverfahrens als Rechtsstreit zwischen adoptionswilligem Ehegatten und Kind zu negieren ist – wird bereits das Vorliegen einer Regelungslücke verneint.567 Zudem wird die praktische Bedeutung eines solchen ad hoc bestellten Ergänzungspflegers bezweifelt, nachdem sich bereits ein Elternteil, das Jugendamt und das Familiengericht um die Kindesinteressen bemühten.568 Auf Interessenkonflikte könne in Einzelfällen mit der Entziehung der Vertretungsmacht gemäß dem Auffangtatbestand des § 1796 BGB i.V.m. § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB reagiert werden.569 3. Einwilligung des beschränkt geschäftsfähigen Kindes Das beschränkt geschäftsfähige Kind kann nach Vollendung des 14. Lebensjahrs lediglich selbst in die Adoption einwilligen, wobei es zu dieser Einwilligung der Zustimmung der Eltern bedarf, § 1746 Abs. 1 S. 3 BGB. Sind interner und externer leiblicher Elternteil gemeinsam gesetzliche Vertreter des Kindes, bedarf es auch hier der Zustimmung zur Einwilligung des Kindes durch den außenstehenden Elternteil nicht, wenn dieser seine Einwilligung in die Stiefkindadoption formgerecht und unwiderruflich erteilt hat oder aber seine Einwilligung gerichtlich ersetzt wurde.570 Ist der interne leibliche Elternteil allein sorge- und damit auch vertretungsberechtigt, entfällt das Zustimmungserfordernis nicht, da dieser lediglich seine Einwilligung nach § 1749 BGB erteilt. Dem Kind steht gemäß § 1746 Abs. 2 BGB ein von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters unabhängiges Einwilligungswiderrufsrecht zu, solange das Familiengericht die 566
Ebenda. Ebenda; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 61 Rn. 44; MünchKommBGB/Maurer § 1746 Rn. 9; Bamberger/Roth/Enders § 1746 Rn. 3.2. 568 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 5. Aufl., § 68 Rn. 47. 569 BGH NJW 1980, 1746 (1747); MünchKommBGB/Maurer § 1746 Rn. 9. 570 Mit der Einwilligung des vertretungsberechtigten außenstehenden leiblichen Elternteils ruht dessen elterliche Sorge, sodass der interne Elternteil die Sorge alleine ausübt, es somit bei einer Stiefkindadoption nicht zu einer Vormundschaft des Jugendamtes nach § 1751 Abs. 1 S. 2 BGB kommt, vgl. § 1751 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2, Abs. 2 BGB. 567
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren
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Adoption nicht ausgesprochen hat, vgl. § 1746 Abs. 2 S. 3 BGB. Verweigert das Kind seine Einwilligung in die Adoption, muss der Erlass eines Adoptionsdekretes unterbleiben; auf den Grund der Verweigerung kommt es dabei nicht an.571 In den meisten solcher Fälle wird das Gericht bereits die Frage, ob die Stiefkindadoption dem Wohle des Kindes dient, verneinen, wenn das Kind durch die Verweigerung der Einwilligung seine Ablehnung der Adoption zum Ausdruck gebracht hat. 572 Eine Ersetzung der Einwilligung des beschränkt geschäftsfähigen Kindes ist nicht möglich.573 Voraussetzung für die Einwilligung des Kindes in die Stiefkindadoption ist, dass dieses das Rechtsinstitut der Adoption mit seinen rechtlichen und tatsächlichen Folgen intellektuell und emotional erfasst; eine Aufklärung des Kindes ist daher zwingende Voraussetzung für die Einwilligung. Dem Kind muss dabei die Langfristigkeit der Konsequenzen der Adoptionsentscheidung aufgezeigt werden. Einer etwaigen Verharmlosung der rechtlichen Auswirkungen der Adoption durch die Eltern ist entgegenzuwirken. Problematisch ist, dass sich das Kind oft nicht gänzlich von den Wünschen und Erwartungen der beteiligten Erwachsenen lösen kann.574 Im Gegensatz zu einer Fremdadoption, bei der das Kind aus dem bestehenden Adoptionspflegeverhältnis herausgelöst wird, wenn es seine Einwilligung in die Adoption verweigert und diese dann unterbleibt, verbleibt das Kind auch ohne eine Adoption in der Stieffamilie. Die Tatsache, dass dem Stiefelternteil durch die Verweigerung der Einwilligung eine Absage erteilt würde, es mit diesem aber weiterhin zusammenleben müsste, wird entscheidenden Einfluss auf die Freiheit der Willensbildung des Kindes haben. In diesem Zusammenhang ist auch die Motivation des beantragenden Stiefelternteils von Relevanz: Geht es dem Stiefelternteil vornehmlich um das Kind selbst und dessen Wohl, so wird das Kind der Adoption frei zustimmen können; will der Stiefelternteil mithilfe der Adoption seine Verantwortungsübernahme gegenüber dem internen leiblichen Elternteil dokumentieren oder gar die Adoption lediglich als Bedingung der Eheschließung bzw. Verpartnerung erfüllen, wird es schwer für das Kind, sich dieser Erwartungshaltung der Eltern zu entziehen und gegen die Annahme zu votieren. Daher gilt es, die Einwilligung des Kindes auf ihre Eigenständigkeit hin zu prüfen.
571
BayObLG FamRZ 1997, 576 (577). Vgl. jedoch zum Auseinanderfallen von Kindeswohl und Kindeswille im Allgemeinen Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, S. 78 ff. 573 BayObLG FamRZ 1997, 576 (577). 574 Vgl. Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 61. 572
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Kapitel 2: Das Stiefkind
4. Anhörung des Kindes Nach § 192 Abs. 1 FamFG hat das Gericht das zu adoptierende Kind zwingend persönlich anzuhören.575 Ein Absehen hiervon ist nur dann möglich, wenn durch die Anhörung Nachteile für die Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit des Kindes zu befürchten sind oder die Erfüllung des Aufklärungszwecks aufgrund des zu geringen Alters des Kindes nicht zu erwarten ist, vgl. § 192 Abs. 3 FamFG.576 Als die Anhörung nicht rechtfertigende Nachteile sind entsprechend der alten Rechtslage seelische Gleichgewichtsstörungen des Kindes und Gesundheitsbeeinträchtigungen zu qualifizieren;577 hinsichtlich des Alters wird überwiegend bei einem Kind, das jünger als drei Jahre ist, die Grenze gezogen. Die Anhörung eines Kindes, das mindestens 14 Jahre alt ist und vor dem ersuchenden Richter bereits explizit seine Einwilligung verweigert hat, ist entbehrlich.578 In einem Stiefkindadoptionsfall, bei dem das Kind keine Kenntnis von seiner Unehelichkeit hatte und den Stiefvater als seinen leiblichen Vater betrachtete, ließ das BayObLG offen, ob die Konfrontation mit den wahren Abstammungsverhältnissen im Einzelfall solch besondere Umstände zu begründen vermag, die eine Anhörung entbehrlich machen; dennoch wies es darauf hin, dass eine Anhörung des Kindes durch Befragung auch ohne eine Offenbarung der Abstammung und ohne psychische Verunsicherung möglich sei.579 In einem anderen Stiefkindadoptionsfall sah das LG Freiburg jedoch den Verzicht auf die Anhörung des Kindes als gerechtfertigt an, da das Kind vom einem es seit dem Säuglingsalter betreuenden Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin als psychisch nicht belastbar eingestuft worden war und somatische Folgereaktionen auf die Offenbarung der Abstammungsverhältnisse befürchtet wurden.580 575 BayObLG FamRZ 2001, 647 f.; Keidel/Engelhardt, FamFG § 192 Rn. 2; SchulteBunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 192 Rn. 6. 576 § 192 Abs. 3 FamFG kodifiziert insofern die frühere Rechtsprechung, vgl. beispielsweise BayObLG FamRZ 2001 647 (648); LG Freiburg FamRZ 2002, 1647 (1648). Nach altem Recht wurde als ein der Anhörung entgegenstehender schwerwiegender Grund auch die Tatsache eingestuft, dass das Kind aus tatsächlichen Gründen keine Bindungen oder Neigungen zu den leiblichen Eltern oder einem Elternteil entwickeln konnte, vgl. BayObLG FamRZ 2001, 647 (648); 1988, 871 (873); 1984, 312, wobei davon ausgegangen wird, dass aufgrund des abschließenden Wortlauts von § 192 Abs. 3 FamFG dieser Grund keine Geltung mehr hat, vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 192 Rn. 15. 577 BayObLG FamRZ 2001 647 (648); LG Freiburg FamRZ 2002, 1647 (1648). 578 BayObLG FamRZ 1997, 576 (577). Eine regelmäßige Ausweitung dieses Grundsatzes auch auf alle Fälle, in denen die Einwilligung des Kindes nicht vorliegt, befürwortet Schulte-Bunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 192 Rn. 7. 579 BayObLG FamRZ 2001, 647 (648); BGH NJW-RR 1986, 1130. 580 LG Freiburg 2002, 1647 (1648).
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren
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Ungeachtet enger Ausnahmefälle i.S.d. § 192 Abs. 3 FamFG wird sich das Gericht im Stiefkindadoptionsverfahren regelmäßig einen unmittelbaren Eindruck vom Kind verschaffen,581 um es hinsichtlich seiner Bindungen und Neigungen anzuhören und darauf hinzuwirken, dass das Kind die Folgen einer Adoption intellektuell und emotional – soweit möglich, notfalls lediglich beschränkt – erfasst. In Anbetracht des erläuterten Manipulationsrisikos ist in Stiefkindadoptionsverfahren der Aspekt der regelmäßigen Abwesenheit der Eltern bei der Anhörung des Kindes,582 die der Gewährleitung der Unbefangenheit des Kindes dienen soll,583 von besonderer Bedeutung. II. Rechtslage in England Im Gegensatz zum deutschen Recht ist in England eine Einwilligung des Kindes in seine Adoption nicht erforderlich.584 Der Draft Adoption Bill 1996 hatte unter Berufung auf den Review of Adoption Law585 Vorschläge zur Einführung der Kindeszustimmung ab einem Alter von 12 Jahren als Voraussetzung für eine Adoption unterbreitet. Die Normierung einer Erforderlichkeit der Einwilligung des Kindes wurde jedoch von den Adoptionsvermittlungsstellen kritisiert und abgelehnt, da sie das Kind mit der zu großen Bürde der Zurückweisung der Geburtsfamilie belasten würde.586 Die Sicht des Kindes und dessen Wünsche sind dennoch über die Anwendung der welfare checklist, vgl. Sec. 1 (4)(a) ACA 2002, vom Gericht sowie den adoption agencies zu berücksichtigen. Ferner kann das Kind Partei im Adoptionsverfahren werden.587 Die Commission for Social Care Inspection (CSCI) hat in einer Studie festgestellt, dass Kinder teilweise eine umfassendere Beteiligung am Adoptionsverfahren wünschen.588 Gerade in Bezug auf Umgangsanordnungen zugunsten von Geschwistern und Geburtsfamilien, bezüglich derer das Gericht nach Sec. 27 (4) und 46 (6) des ACA 2002 vor jeder Adopti581
So auch Oberloskamp, in: Hoksbergen/Textor (Hrsg.), Adoption, S. 14 (19). So OLG München FamRZ 2007, 745 (756). 583 Schulte-Bunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 192 Rn. 9. 584 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 848; Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 843. 585 Vgl. Review of Adoption Law, unter 9.5 f., S. 20. 586 Select Committee on the Adoption and Children Bill 2001 (HCP 431 ii), evidence of BAAF, unter 10.2. Ebenso Lansdown, in: Ryburn (Hrsg.), Contested Adoptions, S. 63 (69). 587 Adoption and Children Bill 2002, Explanatory Notes, unter 279; Special Standing Committee 2001–2, 24th session, (January 17, 2002), col. 905. 588 CSCI, About Adoption, S. 10: Die adoptierten Kinder wünschten sich primär eine bessere Versorgung mit Informationen über die Adoption sowie, dass ihnen die letzte Entscheidung über die Adoption überlassen bliebe. 582
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Kapitel 2: Das Stiefkind
onsanordnung Überlegungen anzustellen verpflichtet ist,589 müsse dem Willen des Kindes ausreichend Beachtung geschenkt werden.590 In der Gerichtspraxis wird die Bedeutung der Einstellung eines – älteren – Kindes zur Adoption betont und es als äußerst fragwürdig erachtet, eine Adoption gegen den Willen des Kindes durchzuführen.591 In der bereits erläuterten Untersuchung von Masson, Norbury und Chatterton konnte festgestellt werden, dass – auch wenn bereits damals die Eruierung der Wünsche und des Willens der Stiefkinder eine zentrale Aufgabe der mit dem Stiefkindadoptionsantrag betrauten Sozialarbeiter war592 – die Kinder im Adoptionsverfahren selbst überwiegend eine untergeordnete Rolle spielten;593 vielmehr dominierten die Ehegatten der Stieffamilie mit ihren Wünschen und Vorstellungen das Adoptionsverfahren. Die Bandbreite der Kindesbeteiligung am Adoptionsverfahren war in der Studie sehr weit: Laut den ausgewerteten Berichten der Sozialarbeiter waren Kinder zum Teil Initiatoren des Stiefkindadoptionsantrags, andere äußerten ihren entgegenstehenden Willen, andere stimmten der Adoption zu, wieder andere waren zu jung, um die Auswirkung der Adoption überhaupt zu erfassen, bei anderen war schließlich nicht ersichtlich, inwieweit sie überhaupt in die Entscheidungsfindung und das Adoptionsverfahren eingebunden worden waren.594 So gab es Eltern, die der Beteiligung der Kinder am Verfahren mit Unverständnis entgegentraten, teilweise sogar ihre Anträge zurückzogen, als sie von der Notwendigkeit einer Gesprächssituation des Sozialarbeiters alleine mit dem Kind erfuhren. Teilweise entschuldigten Eltern ihre Kinder vor Gericht, was sich mit einem Versuch, das Adoptionsprozedere vor dem Kind zu verheimlichen, erklären lässt.595
589
Dazu ausführlich unter H. III. 2. Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 844. 591 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 848. Vgl. aber Re M (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570, wo der Court of Appeal aufgrund des Widerstandes des Kindes gegen eine Adoption eine solche durch eine residence order ersetze. Vgl. auch Re D, The Times 1980, June 17, wo sich der erstinstanzliche Richter bei seiner Entscheidung, den Adoptionsantrag abzuweisen, nicht vom Willen eines 13-jährigen Kindes beeinflussen ließ, das Berufungsgericht die Entscheidung daraufhin jedoch abänderte, da den den kindlichen Interessen und Wünschen Berücksichtigung zu schenken sei. 592 Adoption (County Court) Rules 1976, Schedule 2, unter 4. 593 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 44 f. Vgl. ebenso die schottische Studie von Phillips zu Stiefkindadoptionen, derzufolge ein Großteil der Stiefehepartner den Kindern den Adoptionsplan nicht transparent gemacht hatte, A&F 1992, Heft 2, 16 (20). 594 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 44 f. 595 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 44. 590
F. Beteiligung des Kindes am Stiefkindadoptionsverfahren
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III. Vergleichende Stellungnahme Beide Rechtsordnungen verlangen die Berücksichtigung des Kindeswillens bei jeder Adoption, damit auch der Stiefkindadoption. Um zu verhindern, dass sich bei einer Stiefkindadoption anstelle des Kindeswillens primär die elterlichen Wünsche verwirklichen, kann der Art der Beteiligung des Kindes am Adoptionsverfahren entscheidende Bedeutung zukommen. In Deutschland ist die Einwilligung des Kindes im Gegensatz zum englischen Recht formale Voraussetzung für die Adoption, wobei in allen Fällen eine Beteiligung des sorgeberechtigten Elternteils bei der Einwilligungserteilung vorgeschrieben ist. Die Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils zur Einwilligung des Kindes in die Adoption im Stiefkindadoptionsfall wird dabei kein Problem darstellen, da zumindest der interne Elternteil die Adoption wünscht und auch die Einwilligung eines gegebenenfalls weiterhin sorgeberechtigten externen Elternteils entweder vorliegt, gerichtlich ersetzt wird oder aber die Adoption ohnehin mangels Einwilligung bzw. Einwilligungsersetzung unterbleibt. Verweigert das über 14 Jahre alte Kind seine Einwilligung, muss eine Adoption unterbleiben, da damit ein zwingendes Adoptionserfordernis nicht erfüllt ist und die Einwilligung des Kindes gerichtlich nicht ersetzt werden kann. Auch wenn in Deutschland das Kind, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zwar formal seinen Willen in Form einer eigenen Einwilligungserklärung nicht selbst kundzutun berechtigt ist, sondern diesbezüglich von dem oder den Sorgeberechtigten vertreten wird, ist die Berücksichtigung seines Willens in verfahrensrechtlicher Hinsicht jedoch aufgrund der gerichtlichen Anhörungspflicht abgesichert. Gleiches gilt im englischen Recht, in dem dem Kind zwar ein eigenständiges Einwilligungsrecht niemals zusteht, seine Wünsche und Empfindungen in Bezug auf die Adoption aber als in der welfare checklist festgeschriebene Teilaspekte des Kindeswohls zu berücksichtigen sind. Problematisch in beiden Rechtsordnungen gestaltet sich, dass der Kindeswille häufig von den elterlichen Wünschen beeinflusst wird und das Kind die Änderung der abstammungsrechtlichen Zugehörigkeit mit ihren langfristigen Konsequenzen selten umfassend abschätzen kann. Es ist daher äußerst zweifelhaft, die Stiefkindadoption primär aus dem Grund zu gewähren, dass eine solche dem ausdrücklichen Willen des Kindes entspricht.
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Kapitel 2: Das Stiefkind
G. Mehrmalige Annahme des Stiefkindes G. Mehrmalige Annahme des Stiefkindes
I. Rechtslage in Deutschland Wie bereits erwähnt, kann ein Stiefkind unter bestimmten Voraussetzungen auch dann vom neuen Ehegatten des internen Elternteils angenommen werden, wenn es selbst bereits ein Adoptivkind ist, vgl. § 1742 BGB. Das deutsche Recht macht somit eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes einer Mehrfachadoption, der sog. Kettenadoption, für den Fall, dass das Kind vom internen Elternteil zuvor im Wege einer Einzeladoption angenommen worden ist. Hatte der interne Elternteil das Kind hingegen gemeinsam mit seinem damaligen Ehegatten angenommen, so kann eine Stiefkindadoption durch den neuen Ehegatten lediglich dann erfolgen, wenn die erste Ehe des internen Elternteils durch Tod beendet wurde. Bei einer Scheidung der ursprünglichen Adoptiveltern des Kindes ist hingegen eine Adoption durch den neuen Ehegatten des einen Adoptivelternteils lediglich dann möglich, wenn das Annahmeverhältnis des außerhalb der Stiefehe lebenden Adoptivelternteils zum Kind aufgehoben wurde. 596 War die erste Adoption bereits eine Stiefkindadoption, so kann eine erneute Stiefkindadoption allein dann erfolgen, wenn der interne leibliche oder der Stiefelternteil verstorben ist. Bei einer lebenspartnerschaftlichen Adoption ist § 1742 BGB nach der – noch – geltenden Gesetzeslage nicht anwendbar, vgl. § 9 Abs. 7 LPartG. Hintergrund dieser Unzulässigkeit der Adoption eines Kindes, das zuvor vom Lebenspartner angenommen wurde, war die Vermeidung einer Umgehung des Verbots der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner.597 Das BVerfG hat jedoch jüngst entschieden, das Verbot der Sukzessivadoption für Lebenspartner stelle einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG, dar, und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30. Juni 2014 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.598 Für die Übergangszeit ist § 9 Abs. 7 LPartG mit der Maßgabe anwendbar, dass Sukzessivstiefkindadoptionen zulässig sind. II. Rechtslage in England Das englische Recht kennt im Gegensatz zum deutschen Recht kein Verbot einer mehrmaligen Adoption ein und desselben Kindes. Hier kann das Kind bei einer mehrmalig hintereinandergeschalteten Trennung und Ein596
Staudinger/Frank (2007) § 1742 Rn. 14. OLG Hamm ZKJ 2010, 209 m. Anm. Frank; AG Hamburg FamRZ 2009, 355; BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.4.2.7, S. 29; Staudinger/Frank, (2007) § 1742 Rn. 14; Stüber FamRZ 2005, 574 (576). 598 BVerfG, Urteil vom 19.2.2013, BvL 1/11. 597
G. Mehrmalige Annahme des Stiefkindes
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gehung einer neuen Ehe oder dauerhaften Partnerschaft jeweils vom neuen Partner des leiblichen Elternteils angenommen werden. Allerdings wird bei der einzelfallbezogenen Prüfung der Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption Berücksichtigung finden, dass es sich für das Kind um eine weitere Adoption durch einen nachfolgenden Stiefelternteil handelt. III. Vergleichende Stellungnahme Das Verbot der Kettenadoption in Deutschland dient dem Schutze des Kindes davor, von einer Familie zur nächsten „weitergereicht“ zu werden,599 was in England gesetzlich uneingeschränkt möglich ist.600 In Anbetracht der zu erwartenden Auswirkung einer einmal erfolgten Stiefkindadoption auf die Identität des Kindes, scheint die Möglichkeit einer mehrmaligen Annahme grundsätzlich äußerst bedenklich und mit dem Kindeswohl schwer vereinbar. Zwar macht das deutsche Recht für Stiefkindadoptionen eine Ausnahme vom Verbot der mehrmaligen Annahme eines Kindes, diese Ausnahme bezieht sich jedoch auf den Fall, in dem das Kind im Wege einer Einzeladoption durch einen der Stiefpartner adoptiert worden ist. Eine mehrmalige hintereinandergeschaltete Stiefkindadoption ist in Deutschland hingegen lediglich dann möglich, wenn der leibliche oder der adoptierende Stiefelternteil verstorben ist oder aber die Adoption aufgehoben wurde, was in der Praxis sehr selten der Fall sein dürfte. In beiden Rechtsordnungen wird die Tatsache, dass das Kind bereits ein Adoptivkind ist, bei der Prüfung der Dienlichkeit der weiteren Adoption für das Kindeswohl ohnehin Berücksichtigung finden. Es bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber die ihm seitens des BVerfG aufgegebene Verpflichtung zur Neuregelung der Sukzessivadoption in Bezug auf Lebenspartner umsetzen wird, insbesondere ob er hierbei den Hinweis des Gerichts berücksichtigen wird, neben einer Angleichung der Regelung des Lebenspartnerschaftsgesetzes an die für Ehegatten geltenden Adoptionsmöglichkeiten komme auch eine für Ehegatten und Lebenspartner gleichermaßen geltende Beschränkung der mehrmaligen Adoption in Betracht.601
599
Vgl. BT-Drucks. 7/3061, S. 30. In anderen angloamerikanischen Rechtskreisen wird dies – wie bereits erwähnt – auch praktiziert, vgl. für den kanadischen Rechtskreis Bissett-Johnson, in: Sachdev (Hrsg.), Adoption: Current Issues and Trends, S. 217 (225); für die USA Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (72). 601 Vgl. BVerfG, Urteil vom 19.2.2013, BvL 1/11. 600
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Kapitel 2: Das Stiefkind
H. Umgang mit dem außenstehenden leiblichem Elternteil und dessen Verwandten nach der Adoption durch den Stiefelternteil H. Umgang nach der Adoption
Wie bereits dargestellt, erlöschen nach § 1755 BGB mit der Adoption sämtliche Rechtsbeziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Eltern. Bei der Stiefkindadoption beschränkt sich diese Wirkung der Beendigung der Beziehung nach § 1755 Abs. 2 BGB allerdings auf den leiblichen Elternteil außerhalb des stieffamiliären Haushaltes sowie dessen Verwandte. Auch in England hat die Adoption die Konsequenz, dass die Rechtsbeziehungen zur Ursprungsfamilie, im Stiefkindadoptionsfall zum externen leiblichen Elternteil, beendet und auf den Stiefelternteil übertragen werden, Sec. 67 (2) und (3) ACA 2002. Im Folgenden wird untersucht, welche Konsequenzen dies für das Interesse des Kindes an einem Umgang mit dem externen leiblichen Elternteil nach der Adoption hat. I. Vorteil oder Nachteil eines Umgangs nach der Adoption im Allgemeinen Hintergrund des durch das Adoptionsgesetz von 1976 eingeführten Grundsatzes der Volladoption in Deutschland und des geschlossenen, geheimen Adoptionsmodells in England war die Annahme, dass für das Gelingen des Adoptionsverhältnisses sowie für die gesunde Entwicklung des adoptierten Kindes der Schutz der Adoptivfamilie vor Einmischungen durch leibliche Eltern unabdingbar ist.602 Man ging davon aus, dass ein Kind allein zu einem Elternpaar Bindungen aufbauen könne603 und durch eine Doppelbindung Schaden nähme, sodass eine eindeutige rechtliche Zuordnung zu nur einem Elternpaar unter Abbruch der Beziehungen zu den leiblichen Eltern vonnöten sei.604 Im Allgemeinen und insbesondere im Zusammenhang mit der Adoption von unehelichen Kindern durch den Ehegatten der Mutter sollte durch den Grundsatz der Volladoption die Stieffamilie vor Störungen geschützt werden.605 Gleichzeitig wurde hervorgehoben, dass ein Kontakt zum leiblichen – unehelichen – Elternteil in solchen Fällen ohnehin kaum existiere606 und dieser sein Desinteresse gegenüber dem Kind durch seine Einwilligung oder sein die Einwilligungsersetzung rechtfertigendes
602 Vgl. BT-Drucks. 7/3061, S. 19; Lindley mit Verweis auf die in der englischen Scheidungs-, Trennungs- wie auch Adoptionspraxis als Rechtfertigung des “clean break” herangezogene “attachment theory” von Bowlby und die entsprechenden Thesen von Goldstein/Freud/Solnit CFLQ 1997, 115 (117). 603 Vgl. Textor NDV 1991, 107. 604 Hofmann, Die Wirkungen der Adoption, S. 81. 605 BR-Drucks. 691/74, S. 22. 606 BR-Drucks. 691/74, S. 22.
H. Umgang nach der Adoption
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Verhalten dokumentiert habe, sodass eine „künstliche Vervielfältigung der Elternschaft“ zu vermeiden sei.607 Nachdem vermehrt auf die Bedeutung der Kenntnis der biologischen Abstammung bei der Identitätsbildung des Kindes hingewiesen wurde, wird in England wie auch in Deutschland zunehmend allgemein für „offene“ Adoptionsformen plädiert.608 Die oft mit einer Identitätskrise verbundene „Suche nach dem Wissen vom Ursprung“609 von Adoptierten könne dadurch vermieden werden, dass mittels einer offenen Adoptionsform dem Kind von vornherein ein vollständiges Bild von der eigenen Identität samt genealogischer Verortung vermittelt werde.610 Gleichfalls könne mithilfe einer offenen Adoption eine Idealisierung des unbekannten oder über einen längeren Zeitraum nicht mehr erlebten leiblichen Elternteils verhindert werden.611 Dem Kind werde so über die Kränkung, die es durch die als Zurückweisung und Ablehnung empfundene Aufgabe des Elternstatus erlitten habe, leichter hinweggeholfen, da ihm durch den Kontakt das Gefühl vermittelt werde, für die Ursprungsfamilie nach wie vor von Bedeutung zu sein.612 Parallel zu den dargestellten Ergebnissen der Scheidungsforschung, nach denen Kinder nicht nur ein Elternpaar, sondern mehrere Erziehungsberechtigte als Eltern akzeptieren können, wenn all diese Personen einen kooperativen Umgang pflegen,613 wird auch bei der Adoption der Erhalt eines Bezugs des Kindes zu seinen biologischen Eltern nicht mehr per se als mit der gesunden Kindesentwicklung unvereinbar angesehen.614 Vielmehr wird angenommen, dass der Erhalt insbesondere des direkten Kontaktes des Kindes zu seinen biologischen Eltern dessen Anbindung an seine Adoptivfamilie und deren Stabilität erhöhen kann.615 Sogar in solchen Fällen, in denen die biologischen Eltern des Kindes die Adoption zu ver-
607
Lüderitz, Adoption, S. 80. Vgl. Lindley CFLQ 1997, 115 (119); vgl. z.B. die allgemeine Ermutigung zu offenen Adoptionsformen der BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.2, S. 20 f. 609 Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 137; vgl. dazu die ausführliche Zusammenfassung bei Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 187. 610 Von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 94 ff. m.w.N.; Triseliotis, in: Mullender (Hrsg.), Open Adoption, S. 17 (21 f.). 611 Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, S. 31; Pannor/Baran Child Welfare 1984, 245 (247); Ryburn CFLQ 1998, 53 (60); Ryburn A&F 1994, Heft 4, 30 (33). 612 Von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 101 m.w.N; Pannor/Baran Child Welfare 1984, 245 (247); Triseliotis, in: Mullender (Hrsg.), Open Adoption, S. 17 (22); Ryburn CFLQ 1998, 53 (60). 613 Vgl. unter B. III. 2. b) sowie Lindley CFLQ 1997, 115 (120 f.) m.w.N. 614 Hill, M., in: Hill/Shaw (Hrsg.), Signposts in Adoption, S. 30 (35). 615 Ryburn CFLQ 1998, 53 (60 f.) m.w.N. 608
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Kapitel 2: Das Stiefkind
hindern versuchten, konnten erfolgreiche offene Adoptionsformen praktiziert werden.616 Während über einen langen Zeitraum die Debatte über die generelle Förderlichkeit des Umgangs des Adoptivkindes mit seiner leiblichen Ursprungsfamilie polarisierend geführt wurde, indem die Vor- und Nachteile geschlossener sowie offener Adoptionsformen einander gegenübergestellt wurden,617 wird heute vermehrt auf die Chancen, die dieser Umgang für das Kindeswohl haben kann, hingewiesen, ohne dass der Umgang pauschal als vor- oder nachteilig eingestuft wird. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, denn die Annahme einer grundsätzlich mangelnden Vereinbarkeit von Kindeswohl und Umgang nach der Adoption ist ebenso wenig angezeigt, wie jene einer per se-Eignung dieses Umgangs für jedes Adoptivkind.618 Die Kindeswohldienlichkeit und die gewählte Form des Umgangs hängen dafür zu sehr von individuellen Einzelfaktoren,619 insbesondere der Kooperationsbereitschaft der leiblichen Verwandten des Kindes, zu denen der Kontakt erhalten bleiben soll, und der strukturellen, kommunikativen Offenheit der Adoptiveltern620 ab.621 II. Anwendungsbereich für einen Umgang nach erfolgter Stiefkindadoption Der zunehmenden Akzeptanz offener Adoptionsformen folgend, werden insbesondere Stiefkindadoptionsfälle nunmehr als Lebenssachverhalte wahrgenommen, für die sich die mit dem Grundsatz der Volladoption einhergehende radikale Trennung des Kindes von den leiblichen Eltern und 616
Ryburn A&F 1994, Heft 4, 30 (36) sowie Lindley CFLQ 1997, 115 (122) m.w.N. Vgl. die Gegenüberstellung von Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 187 ff. Die in der Diskussion angeführten Argumente waren eher ideologischer Natur als wissenschaftlich fundiert; auch heute noch besteht in der sozialwissenschaftlichen Forschung kein eindeutiger Konsens, welcher Wert dem Umgang nach einer Adoption allgemein beizumessen ist, vgl. Neil/Howe, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact and adoption and permanent foster care, S. 1 (3) m.w.N.; Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 186. 618 So auch Lowe/Murch/Borkowski/Weaver/Beckford/Thomas, Supporting Adoption, S. 323. 619 Vgl. die Fallstudie von Swanton, in: Argent (Hrsg.), Staying connected, S. 115 (116 ff.). 620 Neil/Howe, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 224 (239 ff.); Neil, in: Argent (Hrsg.), Staying connected, S. 9 (22); ebenso Crank, in: Argent (Hrsg.), Staying connected, S. 98 (111). 621 Ebenso für eine „situations- und -personenspezifische Abwägung der möglichen Vor- und Nachteile“ von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 122. Vgl. z.B. Thoburn Panel News 1994, Heft 4, 10 (13): “Contrary to often stated opinion, there is no evidence that continued family contact impedes the growth of attachments within the generalities of cases, though it can be so in individual cases depending on attitudes and temperament of parents and children.” 617
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Verwandten als unpassend erweist.622 Einige Argumente, die allgemein für die Förderlichkeit offener Adoptionsformen angeführt werden, sind im Stiefkindadoptionsfall nicht von Relevanz, wie etwa der Vorteil, dass durch die offene Adoption eine umfassende und genaue Information über den Hintergrund des Kindes, insbesondere auch medizinische Aspekte, möglich ist. Denn im Stiefkindadoptionsfall besteht ein Informationsdefizit seitens des internen leiblichen Elternteils und des Kindes meist nicht. Da aber Stiefkinder häufig älter sind und ihre leiblichen Verwandten bewusst erlebt haben,623 lässt sich die Bedeutung der Offenheit der Adoption für die Stiefkindadoptionsform mit Blick auf jene Argumente begründen, die allgemein bei Adoptionen älterer Kinder ins Feld geführt werden: Hier wird – wie bei der Stieffamilie – der Erhalt sozialer und emotionaler Bindungen hervorgehoben,624 der dem fundamentalen Bedürfnis des Kindes nach Kontinuität und Sicherheit gerecht wird.625 Durch den Erhalt des Kontaktes zur leiblichen Familie bliebe dem Kind ferner erspart, sich zwischen seiner Adoptiv- und seiner leiblichen Familie entscheiden zu müssen,626 sodass die Integration des Kindes in das neue Familiengefüge gefördert werde.627 Diese Forderungen lassen sich durch die Ergebnisse der bereits dargestellten sozialwissenschaftlichen Studien der Scheidungsforschung bestätigen, denen zufolge der Verlust eines Elternteils durch Trennung der Eltern für Kinder ein einschneidendes und belastendes Negativ-Erlebnis628 darstellt, das durch eine radikale Beendigung jeglichen Umgangs, wie es die Adoption vorsieht, verstärkt wird. Es ist – wie dargestellt – bekannt, dass der leibliche, außerhalb der Stieffamilie lebende Elternteil nicht nur für den internen leiblichen Elternteil, sondern besonders auch für das Stiefkind gefühlsmäßig für lange Zeit von großer Bedeutung bleibt.629 Hier werden demnach die gleichen Aspekte relevant, die aufgrund der Verdrängung des externen Elternteils aus dem Leben des Kindes gegen die Vereinbarkeit der Stiefkindadoption mit dem Kindeswohl ins Feld geführt werden.630 622 Vgl. BR-Drucks. 691/74, S. 22 in Bezug auf die Verwandten des externen Elternstammes; von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 112; MünchKommBGB/Maurer Vor § 1741 Rn. 43. 623 Dazu näher in Kapitel 3, A. II. 624 Vgl. Textor, Offene Adoptionsformen, S. 20; Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 202 m.w.N. 625 Casey/Gibberd Fam Law 2001, 39 (40); Neil, in: Bainham/Lindley/Richards/Trinder (Hrsg.), Children and Their Families, 275 (282). 626 Borgman Child Welfare 1982, 217 (219). 627 Vgl. den Bericht aus der Praxis Bampton A&F 1983, 33 (34). Zu weiteren Vorteilen der offenen Adoption älterer Kinder vgl. Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 201 ff. 628 Walper, in: Oerter/Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie, S. 818 (822). 629 Balloff FPR 2004, 50 (56). 630 Vgl. von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 112 f.
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Teilweise wird jedoch das Bedürfnis nach einer solchen offenen Adoptionsform bei Stiefkindadoptionen mit der Annahme verneint, nichtsorgeberechtigte leibliche Elternteile von Stiefkindern unterhielten keinen Kontakt zu diesen, sodass in persönlich-emotionaler Hinsicht ein weiterer Umgang ohnehin nicht angebracht sei.631 Dem ist, wie in Kapitel 1 dargestellt, entgegenzuhalten, dass in Deutschland heutzutage nunmehr in 80–90 % sämtlicher Scheidungsfälle das gemeinsame Sorgerecht bestehen bleibt632 – auch wenn man berücksichtigen muss, dass sich im Laufe der Scheidungsdauer an diesem gemeinsamen Sorgerecht durch begründeten Antrag auf Übertragung der Alleinsorge etwas ändern kann.633 Zudem steigt bei unehelichen Geburten die Zahl der gemeinsamen Sorgeerklärungen634 und es bleibt abzuwarten, wie häufig die Familiengerichte nach der jüngst in Kraft getretenen Gesetzesreform635 unehelichen Vätern auf Antrag – unabhängig vom mütterlichen Willen – das Sorgerecht übertragen werden, vgl. § 1626a Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für England, wo, wie bereits erläutert, seit dem CA 1989 der Grundsatz gilt, dass beide Eltern auch nach der Scheidung gemeinsam sorgeberechtigt bleiben, und das gemeinsame Sorgerecht bei unehelicher Geburt steigende Tendenz aufweist.636 Nach den Erkenntnissen, die einen Zusammenhang zwischen der Kontaktintensität und dem gemeinsamen Sorgerecht der leiblichen Eltern feststellen,637 kann daher zunehmend von einem Erhalt des Kontaktes des Kindes zu seinem leiblichen Elternteil ausgegangen werden. Ferner konnte gezeigt werden, dass ein Kontakt auch unabhängig von rechtlichen Positionen Bestand hat.638 Eine verallgemeinernde Aussage des per se-Abbruchs der Beziehung des Kindes zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil im Falle einer Stieffamilienbildung ist heutzutage nicht (mehr) möglich.639 631
Textor, Offene Adoptionsformen, S. 31; von Schlieffen, Offene Adoption, S. 112. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.2: Rechtspflege, Familiengerichte 2011, S. 11. 633 Nach einer Umfrage von Buchholz-Graf/Sgolik ZfJ 2004, 81 (85) zu den Auswirkungen der Reform des Kindschaftsrechts 1998 zeigten sich 77,4 % der Eltern damit zufrieden, dass ihnen die Sorge für das Kind nach der Scheidung gemeinsam zustand. 634 Während im Jahr 2004 87.400 Sorgeerklärungen abgegeben wurden, waren es 134.940 im Jahr 2011, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Pflegschaften, Vormundschaften, Beistandschaften, Pflegeerlaubnis, Sorgerechtsentzug, Sorgeerklärungen 2011, Zeitreihe 1. 635 Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013, das am 19.5.2013 in Kraft getreten ist. 636 Dazu ausführlich in Kapitel 3, unter B. III. 2. a) bb). 637 Dazu in Kapitel 3, unter A. II. 638 Dazu in Kapitel 3, unter A. II. 639 So auch Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 207 f.; vgl. ausführlich zur Ausgestaltung der Beziehung von Stiefkind und externem leiblichem Elternteil in Kapitel 3, unter A. II. 632
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Die Frage nach dem Anwendungsbereich eines Umgangs nach erfolgter Stiefkindadoption stellt sich vielmehr dergestalt, dass in den meisten Fällen – aufgrund einer existierenden Beziehung des Kindes zum außenstehenden leiblichen Elternteil – bereits dem Stiefkindadoptionsantrag an sich mangels Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl nicht stattzugeben ist.640 Während vielfach auf zweiter Stufe angesetzt und die Förderlichkeit der offenen Adoption in Stiefkindadoptionsfällen, in denen das Kind enge emotionale Bindungen zu seinem externen Elternteil hat, durch den Erhalt und Schutz dieser Beziehung hervorgehoben wird,641 ist vielmehr bereits an die übergeordnete Frage anzuknüpfen, ob sich die Adoption des Stiefkindes in diesen Fällen überhaupt als angemessenes Institut erweist. Denn zur Begründung der Förderlichkeit der offenen Adoptionsform bei Stiefkindadoptionen werden die gleichen Argumente angeführt, die im Allgemeinen gegen die Adoption durch den Stiefelternteil sprechen. Wie bereits erläutert, kann eine Kindeswohldienlichkeit regelmäßig lediglich dann angenommen werden, wenn zum externen leiblichen Elternteil keine Beziehung besteht. Bei einer mit dem Kindeswohl zu vereinbarenden Stiefkindadoption ist ein leiblicher Elternteil demnach regelmäßig nicht „existent“ für das Kind, sodass grundsätzlich auch kein Bedürfnis nach einem Umgang des Kindes mit diesem besteht. Dividiert man die Fälle der Stiefkindadoptionen anhand der zugrunde liegenden Stieffamilienkonstellationen auseinander, kommt man zu folgendem Ergebnis: Ist die Stieffamilie aufgrund des Versterbens des leiblichen Elternteils entstanden und unterhielt das Kind einen Umgang mit diesem – was durch die Voraussetzung des Innehabens des Sorgerechts indiziert wird – so hilft § 1756 BGB über den Kontakterhalt zu den Verwandten des verstorbenen Elternteils weiter. Ist der Elternteil für das Kind unbekannt oder besteht aus anderen Gründen keine Beziehung des Kindes zu diesem, bedarf es einer Umgangsregelung zugunsten dieses Elternteils ebenfalls nicht, da es bei einer offenen Adoptionsform um den Erhalt einer bereits vorhandenen Beziehung geht. Selbst für Ausnahmefälle der von den familientherapeutischen und -soziologischen Disziplinen idealisierten Stieffamilienkonstellation, in der das Kind Stiefelternteil und leib640 Im Zusammenhang mit offenen Adoptionsformen, wenn das Kindeswohl den Erhalt der engen Bindung an die leiblichen Eltern erfordert, wird auch in England die Frage aufgeworfen, ob in solchen Fällen eine Adoption überhaupt das angemessene Institut sei, so etwa Thorpe im Pflegekindadoptionsfall Re B (Adoption Order) FLR 2001, Bd. 2, 26 (32): “The case is that we must try to devise the legal relationship that best reflects the actual relationships in these families. In my judgment that cannot be done by way of an adoption order.” Diesbezüglich werden Alternativen für eine Adoption angedacht, vgl. Smith/Logan CFLQ 2002, 281 (289) m.w.N. 641 Vgl. von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 112 f. m.w.N.; Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 208 m.w.N.
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lichen Elternteil nebeneinander als Bezugspersonen erlebt und die Umschreibung der Elternschaft im Wege der Stiefkindadoption aus rechtlichen Gründen erfolgt, besteht für eine gesetzliche oder gerichtliche Anordnung eines Umgangsrechtes zugunsten des Kindes kein Raum: Denn in dieser Konstellation des harmonischen Umgangs aller Beteiligten kommt eine offene Adoptionsform, innerhalb derer nach der Adoption ein Umgang des Kindes mit dem externen Elternteil ermöglicht wird, im Wege einer zwischen allen Beteiligten getroffenen Vereinbarung in Betracht.642 Dennoch sind seltene Ausnahmefälle denkbar, in denen dem kindlichen Interesse an einer Verrechtlichung der Beziehung zum Stiefelternteil trotz des Bestehens einer Beziehung zum externen Elternteil stattzugeben ist, sodass der Erhalt zumindest eines Kontaktes zum außerhalb der Stieffamilie lebenden leiblichen Elternteils für das Kindeswohl ebenso wie für die psychische Disposition des Elternteils643 von Bedeutung sein kann.644 Ein Umgangsrecht des Kindes hat damit auch nach erfolgter Stiefkindadoption einen – wenn auch sehr geringen – Anwendungsbereich. Es wird untersucht, wie das deutsche und das englische Recht dem Interesse des Kindes am Erhalt eines Kontaktes nach erfolgter Adoption in solchen Ausnahmefällen gerecht wird. III. Recht des Kindes auf Umgang mit seinem leiblichen Elternteil nach der Adoption 1. Rechtslage und Praxis in Deutschland a) Gesetzliche Regelung Mit dem Erlöschen der Rechtsbeziehungen des Kindes zu den Angehörigen seiner Ursprungsfamilie durch die Adoption entfaltet auch § 1684 Abs. 1 BGB, nach dem jedes Kind ein Recht auf Umgang mit seinen beiden Eltern hat, keine Wirkung mehr für das Kind und seinen außerhalb der Stieffamilie lebenden Elternteil. Die Norm findet stattdessen in Bezug auf den Stiefelternteil Anwendung, der mit der Adoption in die Elternstellung einrückt. Ebenso entfällt die Verpflichtung des leiblichen Elternteils nach § 1684 Abs. 1 Halbs. 2, Umgang mit dem Kind zu pflegen. Gesetzlich ist demnach ein Umgangsrecht des Kindes nicht vorgesehen.
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Dazu unter III. 1. b). Zur Perspektive und zum Recht des leiblichen Elternteils auf Umgang mit dem Kind, vgl. in Kapitel 3, D. 644 Im Ergebnis ebenso von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 112 m.w.N., die jedoch eine Stiefkindadoption auch in solchen Fällen nicht in Frage stellt, in denen eine enge emotionale Beziehung zum außenstehenden leiblichen Elterteil besteht. 643
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b) Vertragliche Vereinbarung der Beteiligten De lege lata lässt sich die bei der Stiefkindadoption von Kind und leiblichem Elternteil gewünschte Offenheit645 auf dem Wege einer privatrechtlichen Vereinbarung des Kindes mit dem außenstehenden leiblichen Elternteil und den Stiefehe- bzw. Stieflebenspartnern erreichen;646 § 1758 BGB steht insoweit aufgrund seines dispositiven Charakters auch einer schriftlichen Fixierung der Reichweite einer solchen Vereinbarung nicht entgegen. In den seltensten Fällen dürften jedoch die neuen Ehe- bzw. Lebenspartner an einer entsprechenden formalisierten Zusicherung von Befugnissen des externen leiblichen Elternteils Interesse haben. Wie aufgezeigt, liegt die Motivation zur Durchführung einer Stiefkindadoption häufig gerade bei Stieffamilien vor, die sich als eine „Als-ob-Normalfamilie“ gerieren und in denen der externe biologische Elternteil daher keinen Platz hat. Selbst für den Fall, dass eine solche Vereinbarung zu Stande kommt, mangelt es an einem Schutz des externen leiblichen Elternteils hinsichtlich der Durchsetzbarkeit dieser Vereinbarung, da dem Familiengericht keine Kompetenz hinsichtlich einer entsprechenden Verfügung zusteht, die als Vollzugsgrundlage herangezogen werden kann. Das Kind und der externe leibliche Elternteil sind demnach vom – selten zu erreichenden – Einverständnis und der individuellen Verlässlichkeit der neuen Ehe- bzw. Lebenspartner abhängig. c) Praxis Auch ohne einen gesetzlichen Niederschlag hat sich in Deutschland die Praxis der Adoption grundsätzlich von der Inkognito-Vermittlung entfernt.647 So wird die Adoption nunmehr als ein lebenslanger dynamischer Prozess verstanden, der nicht nur das adoptierte Kind und seine Adoptivfamilie, sondern auch die Herkunftsfamilie betrifft,648 und auf den das Adoptionsrecht mit einer Öffnung zu reagieren habe. Diese Forderung 645
Dies ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig, insbesondere von den Vorerfahrungen und Erinnerungen des Kindes, seinem Alter, und seiner Beziehung zum leiblichen Elternteil. Vgl. zu den divergierenden Interessen und deren Wandelbarkeit des (Fremd-) Adoptivkindes an einem Kontakterhalt mit den leiblichen Eltern und Verwandten Parker, Adoption Now, S. 45 f. 646 In der Praxis erstellen Vermittlungsstellen schriftliche Vereinbarungen, in denen fixiert wird, zu welchen Verpflichtungen die Adoptivfamilie sich gegenüber der Herkunftsfamilie bereiterklärt hat, vgl. Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien, Offene Adoption, S. 34. 647 Vgl. z.B. Kreisjugendamt Landkreis Böblingen (Hrsg.), Adoptionsvermittlung im Landkreis Böblingen, 2003, S. 9. 648 Vgl. von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 37; Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 56 f. m.w.N.; Lowe CFLQ 1997, 371 (383).
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nach einer größeren Offenheit hat sich in Deutschland in der Praxis dergestalt etabliert, dass leibliche Eltern im Vorfeld der Adoption zunehmend beteiligt werden und die Adoptiveltern von der durch § 1758 Abs. 1 BGB garantierten Anonymität absehen.649 Dieser Aspekt der Öffnung der Adoption ist im Stiefkindadoptionsfall nicht ausschlaggebend.650 Vielmehr ist bei der Stiefkindadoption, wie dargestellt, eine Offenheit insofern von Bedeutung, als dem Stiefkind sein außenstehender leiblicher Elternteil auch nach der Durchführung der Adoption als Bezugsperson erhalten bleibt.651 Seit längerem schon werden Formen der halboffenen und offenen Adoption praktiziert,652 wobei jedoch der briefliche Kontakt oder das Kennenlernen der leiblichen Eltern und die Aufrechterhaltung des Kontaktes durch die Adoptiveltern im Vordergrund steht; die Kinder haben demnach die Möglichkeit, indirekt – über ihre Adoptiveltern – von ihrer Herkunftsfamilie zu erfahren.653 In den meisten Fällen werden offene Adoptionsformen im Zusammenhang mit Fremdadoptionen propagiert; in der Regel kommt es bei ihnen darauf an, der weiteren Verwandtschaft, d.h. insbesondere den Großeltern, einem Umgang mit dem Kind und damit einen Beziehungserhalt nach der Adoption zu ermöglichen. 2. Rechtslage und Praxis in England a) Einführung Während früher Adoptionen von Säuglingen den Großteil aller Adoptionen ausmachten, werden nunmehr auch in England überwiegend ältere Kinder adoptiert,654 die ihre Geburtsfamilie größtenteils bewusst über einen längeren Zeitraum erlebt haben. Diese Änderung der Praxis stellte auch das englische Recht vor die schwierige und drängende Frage, ob die Folgen des Volladoptionsgrundsatzes im Wege einer Gewährung eines Umgangs nach der Adoption abgemildert werden können. Während bereits seit längerem fortlaufende Kontakte adoptierter Kinder zu ihren leiblichen Eltern praktiziert und auch gerichtlich genehmigt werden – dazu sogleich ausführlich –, ist zum ersten Mal 2002 eine Pflicht der Gerichte gesetzlich verankert 649
MünchKommBGB/Maurer Vor § 1741 Rn. 43. So auch Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 207. 651 Von Schlieffen bezeichnet diese Adoptionsform als „offene Adoption im engeren Sinne“, in der es zu fortwährenden Beziehungen zu den leiblichen Eltern in der Intensität von Verwandtschaftlichkeit kommen kann, Offene Adoptionsformen, S. 40. 652 Baumann-Zipplies/Donnert, in: Smentek (Hrsg.), Die leiblichen Eltern im Adoptionsprozess, S. 79; Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien, Offene Adoption, S. 37. 653 Kuhn-Thorn/Hamm, Formen der Adoption, in: Smentek (Hrsg.), Die leiblichen Eltern im Adoptionsprozess, S. 16 f. 654 ONS, FM 2 Series 2007, Tabelle 2a. 650
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worden, Umgangsanordnungen im Adoptionsverfahren zu prüfen: Nach Sec. 46 (6) ACA 2002 hat das Gericht die Aufgabe und Pflicht, bevor es eine adoption order erlässt, Überlegungen anzustellen, ob Maßnahmen zu treffen sind, die bestimmten Personen Kontakt zum Kind ermöglichen; zu diesem Zwecke hat es alle möglichen und vorgeschlagenen Maßnahmen zu erörtern sowie die Ansichten sämtlicher am Adoptionsverfahren Beteiligter einzuholen.655 Parallel hierzu obliegt es dem Gericht, bereits im Rahmen der Kindeswohlbeurteilung unter Anwendung der welfare checklist die vorhandenen Beziehungen des Kindes zu außenstehenden Personen und deren prognostizierte Entwicklung nach der Adoption zu erörtern. In Ergänzung hierzu besteht nach Sec. 26 (5) ACA 2002 das Recht, eine contact order zu beantragen, die zusammen mit dem Adoptionsantrag verhandelt werden soll. b) Entwicklung in Gesetz, Rechtsprechung und Praxis Auch wenn – anders als im deutschen Recht – das Nichtgewähren eines Umgangs des leiblichen Elternteils mit dem Kind nach der Adoption im englischen Adoptionsrecht nie gesetzlich verankert war, wird es dennoch aus dem Grundsatz der Volladoption abgeleitet. So geht in England, ebenso wie in Deutschland, der rechtliche Transfer des Kindes von der Geburtsfamilie zur Adoptivfamilie mit der Beendigung auch sämtlicher tatsächlicher Beziehungen zur leiblichen Familie einher.656 Gestützt wurde dieser Grundsatz vom sog. system of privacy.657 So hielt auch der Court of Appeal im Jahr 1963 die Entscheidung eines County Courts in einem Fall aufrecht, in dem die Stiefmutter das Kind nach Versterben des leiblichen Vaters zu adoptieren beabsichtigte, der erstinstanzliche Richter sich aber geweigert hatte, die Einwilligung der Mutter zu ersetzen und die Adoption kombi655 Zur Frage, ob das Gericht bei der Beurteilung der Frage nach dem Umgang die welfare checklist von Sec. 1 (4) – mit dessen Kriterien (c) und (f) – ACA 2002 oder aber jene aus Sec. 1 (3) des CA 1989 anzuwenden hat, vgl. Bridge/Swindells, Adoption, S. 233. 656 Zur Auseinandersetzung über die Wurzeln des geheimen und geschlossenen Adoptionsmodells vgl. Lindley CFLQ 1997, 115 (117) m.w.N. Während in den ersten 25 Jahren der Geltung des Adoptionsgesetzes eine Geheimhaltung der Identität der Adoptiveltern gegenüber den leiblichen Eltern nicht erforderlich war – gerichtlich bestätigt z.B. in Re J M Carroll (An Infant) KB 1931, Bd. 1, 317 (329) –, setzte sich spätestens mit dem Adoption of Children Act 1949 das geheime, geschlossene Modell der Adoption rechtlich durch. 657 Für Eltern bestand niemals eine rechtliche Pflicht, ihrem Kind die Wahrheit über seinen Ursprung zu erzählen, vgl. Re S (A Minor) (Adoption by Step-Parents) FLR 1988, Bd. 1, 418 (421, 422 f.). Erst mit dem Adoption of Children Act 1949 wurde den biologischen Eltern gesetzlich das Recht eingeräumt, die Identität der Adoptiveltern zu erfahren, was jedoch bis dahin des Öfteren bereits gerichtlich zugebilligt worden war, vgl. z.B. Re J M Carroll (An Infant) KB 1931, Bd. 1, 317.
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niert mit einer beantragten Kontaktanordnung zu deren Gunsten zu beschließen.658 Eine Einschränkung des Grundsatzes findet sich in der englischen Rechtspraxis jedoch schon früh: Anfang und Mitte der 1970er Jahre ergingen einige Entscheidungen, die Argumente zurückwiesen, Adoptionsbeschlüsse würden sich als nicht sachgemäß darstellen, wenn ein Umgang des leiblichen Elternteils mit dem adoptierten Kind informell weiterbestünde; stattdessen wurde eine Kontaktmöglichkeit – trotz Betonung der grundsätzlichen Geltung des Volladoptionsgrundsatzes – zugunsten leiblicher Verwandter, auch zugunsten des externen leiblichen Elternteils in Stiefkindadoptionsfällen, für zulässig erklärt.659 Gestützt wurden diese Entscheidungen auf Sec. 7 (3) des Adoption Act 1958, nach der es dem Gericht möglich war, den Adoptionsbeschluss mit “terms and conditions” zu versehen. Als Mittel zur Anordnung eines solchen Kontaktes kam auch nach dem Adoption Act 1976, der nach Sec. 51 Adoptierten den Zugangs zu ihren Geburtsurkunden ab Vollendung des 18. Lebensjahres ermöglichte, allein Sec. 12 (6) in Betracht, nach der das Gericht dazu befugt war, den Adoptionsbeschluss unter “such terms and conditions as the court thinks fit” zu stellen. Dass es jedoch nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen ist, mit dieser Bestimmung die Einräumung eines Kontaktes nach der Adoption möglich zu machen, gilt als sicher.660 Eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung hinsichtlich der Gewährung eines Umgangs war nicht zu erkennen: Während einerseits zahlreiche Gerichte urteilten, ein Umgangsrecht nach der Adoption sei mit dem Volladoptionsgrundsatz gänzlich unvereinbar,661 ergingen andererseits Entscheidungen, in denen der Court of Appeal bestätigte, dass Adoptionsbeschlüsse, die unter die Bedingung des Umgangs mit leiblichen Eltern gestellt würden, in Ausnahmefällen zulässig seien.662 Dabei wurde jedoch betont, die Etablierung einer entsprechen658
Re G (TJ) (An Infant) All ER 1963, Bd. 1, 20. Vgl. auch bereits Re G (DM) (An Infant) WLR 1962, Bd. 1, 730 (731); Re B (MF) (An infant) WLR 1972, Bd. 1, 102; den Stiefkindadoptionsfall Re J (A Minor) (Adoption Order: Conditions) All ER 1973, Bd. 2, 410 (417): “The general rule which forbids contact between an adopted child and his natural parents may be disregarded in an exceptional case where a court is satisfied that by so doing the welfare of the child may be best promoted.” Ebenso den Stiefkindadoptionsfall Re S (A Minor) (Adoption Order: Access) All ER 1975, Bd. 1, 109 f.; Hoggett, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 131 (140). 660 Vgl. Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 40; Maidment MLR 1977, 293 (305). 661 Vgl. Lyon JSWL 1989, 138 (146). 662 Re M (A Minor) (Adoption Order: Access) FLR 1986, 51; Re GR (Adoption: Access) FLR 1985, 643: Auch wenn hier von einer Umgangsbedingung abgesehen wurde, betonte der Richter die Hoffnung, dass ein Umgang auf privater Vereinbarungsbasis stattfinden möge. 659
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den generellen Regel sei nicht wünschenswert, da der Kontakt nach einer Adoption einen weitreichenden Eingriff in die Rechte der Adoptiveltern darstelle.663 Im Fall Re C wurde ein nicht von der Einwilligung der Mutter gedeckter Adoptionsantrag zunächst wegen der Notwendigkeit des Erhaltes der Beziehung des Kindes zu seinen Geschwistern abgelehnt.664 In einer Berufung gegen diese Entscheidung beantragten die Eltern die Verbindung des Adoptionsbeschlusses mit einer Umgangsanordnung zugunsten der leiblichen Geschwister, die der Richter jedoch aufgrund von Zweifeln zurückwies, zum Erlass eines Adoptionsbeschlusses unter einer solchen Bedingung befugt zu sein.665 Das House of Lords entschied sodann, dass dem Gericht eine entsprechende Befugnis zustehe und eine solche im vorliegenden Fall aus Kindeswohlgründen geboten sei, sodass der Fall an das erstinstanzliche Gericht mit der Vorgabe zurückverwiesen wurde, die mütterliche Einwilligung zu ersetzen und die Adoption des Kindes unter der Bedingung einer Umgangsmöglichkeit mit den leiblichen Geschwistern zu gewähren. Gleichzeitig betonte das House of Lords jedoch, eine solche Bedingung sei lediglich in Ausnahmefällen zu gewähren, hingegen sei grundsätzlich an der Rechtsfolge des vollständigen Abbruchs sämtlicher Beziehungen durch die Adoption festzuhalten.666 Dennoch war damit zum ersten Mal eine Genehmigung des Umgangs nach der Adoption durch das House of Lords erfolgt. Auch in der Entscheidung Re W wurde die Erlaubnis für einen Umgang erteilt, da dieser aus Kindeswohlgründen als angezeigt empfunden wurde.667 Andere Gerichte weigerten sich jedoch, Adoptionen mit Bedingungen des Umgangs zu versehen.668 Allen „Ausnahme“Entscheidungen, in denen der Wunsch nach einem Umgang mit dem Kind nach der Adoption positiv beschieden wurde, war gemein, dass die Adoptiveltern mit der Aufrechterhaltung des Kontaktes einverstanden waren; in den Entscheidungen wurde bestätigt, dass ein aufgezwungener Kontakt mit 663
Re M (A Minor) (Adoption Order: Access) FLR 1986, 51. (A Minor) (Adoption Order: Conditions) AC 1989, 1 (12). 665 Ebenda, S. 13. 666 Ebenda, S. 17: “The cases rightly stress that in normal circumstances it is desirable that there should be a complete break, but that each case has to be considered on its own particular facts. No doubt it will not, except in the most exceptional case, impose terms or conditions as to access to members of the child’s natural family to which the adopting parents do not agree.” Das regelmäßige Verbinden des Adoptionsbeschlusses mit einer Auflage des Kontaktes der leiblichen Eltern zum Kind gegen den Willen der Adoptiveltern würde eine “potentially frictional situation which would be hardly likely to safeguard or promote the welfare of the child” kreieren. 667 FLR 1988, Bd. 1, 175. Vgl. auch Re B A&F 1988, Heft 4, 55, wo der Erhalt des Kontaktes des Kindes zu seiner leiblichen Mutter als mit dem Adoptionsgrundsätzen vereinbar eingestuft wurde. 668 Vgl. zum Beispiel Re V (A Minor) (Adoption: Dispensing with Agreement) FLR 1987, Bd. 2, 89 (90 f.) und Re M (A Minor) (Adoption Order: Access) FLR 1986, 51. 664
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Kapitel 2: Das Stiefkind
den Grundsätzen der Adoption nicht vereinbar sei. So wurde das Einverständnis der Adoptiveltern zur Quasi-Voraussetzung einer Bedingung nach Sec. 12 (6) Adoption Act 1976 gemacht.669 Im Grundsatz blieb es also dabei, dass offene Formen der Adoption lediglich in seltenen Ausnahmefällen gerichtlich genehmigt wurden.670 Mit Inkrafttreten des CA 1989 war das Gericht befugt, nach eigenem Ermessen oder auf Antrag eine contact order nach Sec. 8 CA 1989 anzuordnen, wenn dies aus Kindeswohlgründen angezeigt war. Für einen entsprechenden Antrag war eine Genehmigung des Gerichtes notwendig, wenn er erst im Anschluss an den Adoptionsbeschluss gestellt wurde, da mit der Adoption das Antragsrecht für eine solche order aufgrund des Verlusts der Elternstellung verloren ging, vgl. Sec. 10 (9) CA 1989.671 Zwar bestand parallel weiterhin die Möglichkeit einer Anordnung nach Sec. 12 (6) Adoption Act 1976, der Review of Adoption Law empfahl jedoch mit Nachdruck, dass die Gerichte eine Sec. 8- einer Sec. 12-Anordnung vorziehen sollten.672 Es hatte sich damit auch im Gesetzesrecht die Auffassung etabliert, dass ein Umgang des Kindes mit seinen biologischen Eltern nicht mehr per se als gänzlich inkompatibel mit dem Institut der Adoption einzustufen ist.673 Die Gerichte zeigten sich beim Erlass von contact orders 669 Vgl. die Stiefkindadoptionsfälle Re JP (A Minor) Fam Law 1973, 113 und Re S (A Minor) (Adoption Order: Access) All ER 1975, Bd. 1, 109; Re H (A Minor) (Adoption) FLR 1985, 519 (520); Re C (A Minor) (Adoption Order: Conditions) FLR 1988, Bd. 2, 159; vgl. auch den Stiefkindadoptionsfall, bei der der Sozialarbeiter – trotz Einverständniss sämtlicher Beteiligter in die Adoption – aus Gründen der Trennung des Kindes von der Familie des externen leiblichen Elternteils die Adoption nicht befürwortet hatte, der Court of Appeal aber ausführte, eine Adoption müsse nicht zwangsläufig mit einer Trennung einhergehen: “The fact that the child becomes a child of the new family does not, in itself, automatically cut off the children from the natural family. Of course it may do. […] It may have in law that effect, but there is no reason why, if everyone is agreeable, children like these should not see their paternal grandparents should it be desirable.” Re D (Minors) (Adoption by Step-Parent) FLR 1981, Bd. 2, 102 (105 f.). 670 Vgl. Re C (A Minor) (Adoption order: condition) FLR 1986, Bd. 1, 315, wo der Court of Appeal die Bedingung einer jährlichen Pflicht zur Berichterstattung der Adoptiveltern gegenüber dem leiblichen Vaters als mit dem Grundsatz der Adoption unvereinbar erklärte; vgl. ebenso Re GR (Adoption: Access) FLR 1985, 643. 671 Vgl. Re C (A Minor) (Adopted Child: Contact) FLR 1993, Bd. 2, 431. 672 Review of Adoption Law, unter 5.8, S. 14. 673 Mendoza, Fam Law 1996, 681; vgl. auch Simon Brown LJ in Re E (A Minor) (Care Order: Contact) FLR 1994, Bd. 1, 146 (154 f.), der die langfristige Bedeutung des Kontaktes eines adoptierten Kindes für dessen Kindeswohl folgendermaßen hervorhob: “[…] contact may well be of singular importance to the long-term welfare of the child: first, in giving the child the security of knowing that his parents love him and are interested in his welfare; secondly, by avoiding any damaging sense of loss to the child in seeing himself abandoned by his parents; thirdly, by enabling the child to commit himself to the substitute family with the seal of approval of the natural parents; fourthly, by giv-
H. Umgang nach der Adoption
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parallel674 zu einem Adoptionsbeschluss im Allgemeinen jedoch sehr zurückhaltend.675 Es wurden aber auch Fälle berichtet, darunter auch Stiefkindadoptionsfälle, in denen über Umgangs- und Adoptionsanträge parallel entschieden wurde.676 Letztere Fälle waren weiterhin von einer hohen Kooperationsbereitschaft sämtlicher Beteiligter abhängig und gekennzeichnet, da man davon ausging, dass nur unter solchen Bedingungen die Aufrechterhaltung eines Kontaktes für das Kindeswohl von Vorteil sei.677 Zu dieser Zeit blieb die Frage offen, ob die Gerichte einen post-adoption contact auch gegen den Willen der Adoptiveltern durch eine Anordnung jemals erzwingen würden.678 In Fällen, in denen zwischen Eltern und Adoptiveltern Einvernehmen über einen post-adoption contact bestand, bildete sich zudem die Gerichtspraxis heraus, dass eine gerichtliche Intervention nicht geboten sei.679 Begründet wurde dies mit dem no order-Prinzip der Sec. 1 (5) des CA 1989.680 Absprachen über einen solchen Umgang würden besser durch das Vertrauen zwischen den Parteien geschützt als über einen gerichtlichen Beschluss.681 Jedoch durfte das Gericht bei Adoptiveltern, die einmal einem Kontakt zugestimmt hatten, auch in der Zukunft von einer entspreing the child the necessary sense of family and personal identity. Contact, if maintained, is capable of reinforcing and increasing the chances to success of a permanent placement, whether on a long-term fostering basis or by adoption.” Vgl. aber Re E (Adopted Child Contact: Leave) FLR 1995, Bd. 1, 57. 674 Für unzulässig wurde das Vorgehen eines Gerichtes im Stiefkindadoptionsfall Re R (A Minor) (Adoption: Access) FLR 1991, Bd. 2, 78 f., erklärt, das die Entscheidung über die Frage des Umgangs mit dem externen leiblichen Elternteil bis auf fünf Jahre nach Erlass des Adoptionsbeschlusses zu verschieben plante. Der Court of Appeal war der Ansicht, dass ein Antrag des leiblichen Elternteils auf Umgang mit dem Kind nicht berücksichtigt werden könne, wenn dieser seine elterlichen Rechte durch einen nicht mit Bedingungen versehenen Adoptionsbeschluss verloren hatte. 675 Vgl. Harris-Short CFLQ 2001, 405 (417). 676 Vgl. Re G (D) (A Minor) (Adoption and Contact Applications) FCR 1993, Bd. 2, 27. 677 Bainham, Children – The Modern Law, S. 300; Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 881; vgl. diesbezüglich den Fall Re T (Adoption: Contact) FLR 1995, Bd. 2, 251, bei dem der Beschwerde der Adoptiveltern gegen die mit der Adoption ergangene Anordnung des jährlichen Umgangs der leiblichen Mutter stattgegeben wurde, da die Adoptiveltern ihr Einverständnis versagten; vgl. auch Re P (Minors) (Adoption: Freeing Order) FLR 1994, Bd. 2, 1000. 678 Bainham, Children – The Modern Law, S. 300; vgl. hierzu Butler-Sloss LJ im Fall Re T (Adoption: Contact) FLR 1995, Bd. 2, 251 (257) von ihren Erfahrungen berichtend, dass in der Family Devision, kein einziger Fall bekannt sei, in dem Adoptierenden eine contact order aufgezwungen wurde, mit der diese nicht einverstanden waren. 679 Re T (Adoption: Contact) FLR 1995, Bd. 2, 251 (258); Masson CFLQ 2000, 15 (28). 680 Dazu unter B. IV. 2. b) dd) (2). 681 Re T (Adoption: Contact) FLR 1995, Bd. 2, 251.
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chenden Bereitschaft ausgehen: Hatten die Adoptiveltern ihre Ansicht bezüglich einer informell getroffenen Vereinbarung über einen solchen Kontakt geändert, sah das Gericht es für angemessen an, den betroffenen leiblichen Eltern eine Genehmigung für einen Antrag auf eine contact order zu gewähren, sodass die Adoptiveltern ihre Entscheidung vor Gericht begründen mussten.682 Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Gerichte dem Umgang des adoptierten Kindes mit seinen leiblichen Verwandten auch zur Zeit der Geltung des CA 1989 Ausnahmecharakter zusprachen683 und einen solchen nur in seltenen Fällen und lediglich dann anordneten, wenn die Adoptierenden mit dem Erhalt des Umgangs und auch der order selbst einverstanden waren.684 Selbst wenn es darum ging, den Adoptionsbeschluss mit der Bedingung zu versehen, dass die Adoptiveltern Fotos des Kindes an die leiblichen Eltern schicken sollten, übten die Gerichte Zurückhaltung, wenn dies dem Willen der Adoptiveltern widersprach.685 Auch ohne gerichtliche Intervention, basierend auf individuellen Vereinbarungen, hat sich in England – ebenso wie in Deutschland – der postadoption contact in der Praxis bereits seit längerem etabliert686 und weist steigende Tendenz auf.687 So konnten mehrere Studien aufzeigen, dass direkter und indirekter Kontakt zu den leiblichen Eltern und weiteren Verwandten nach der Fremdadoption für den Großteil älterer adoptierter Kin682
Re T (Adopted Children: Contact) FLR 1995, Bd. 2, 792. Hier hatten sich die Adoptiveltern bei Erlass der adoption order dazu bereit erklärt, den leiblichen Eltern jährlich Berichte über die Kinder zu übersenden. Da sie diese Vereinbarung jedoch nicht einhielten, wurde der leiblichen Mutter ein Antragsrecht für eine Kontaktanordnung zugebilligt. 683 Vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 216. Die Fälle, in denen der Kontakt gerichtlich gewährt wurde, müssen auch im Zusammenhang mit der in England zunehmend verbreiteten Praxis von Adoptionen, die aus Kindeswohlgründen gegen den Willen von zur Erziehung nicht fähigen Eltern erfolgen, gesehen werden, vgl. Mason/Selman, in: Hill/Shaw (Hrsg.), Signposts in Adoption, S. 273 m.w.N.; Young/Neil, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 85; Sellick/Thoburn/Philpot, What works in adoption and foster care?, S. 70, bei denen die elterliche Einwilligung durch die Aussicht auf den Erhalt des Kontaktes zum Kind leichter einzuholen ist, Parker, Adoption Now, S. 122; Fratter, in: Mullender (Hrsg.), Open Adoption, S. 36 (47 ff.). 684 Lindley CFLQ 1997, 115 (127); Ryburn CFLQ 1998, 53 (57). 685 Vgl. z.B. Re E (Adopted Child: Contact: Leave) FLR 1995, Bd. 1, 57. 686 In einer groß angelegten Studie konnte festgestellt werden, dass 30 % der adoptierten und permanenten Pflegekinder bereits in den frühen 1980er Jahren über Umgangspläne mit ihren leiblichen Verwandten verfügten, Thoburn, in: Fratter/Rowe/ Sapsford/Thoburn (Hrsg.), Permanent Family Placement, S. 34 (53); vgl. auch Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 21 m.w.N.; vgl. ebenso Morgan, About Adoption, S. 30 ff. 687 Smith/Logan CFLQ 2002, 281 (285) m.w.N.
H. Umgang nach der Adoption
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der eine gängige Praxis darstellt688 – auch wenn sich dieser Kontakt, insbesondere bei jüngeren Adoptivkindern, nicht selten auf indirekte Formen,689 häufig auf einen sog. letterbox contact, d.h. schriftlichen Kontakt, beschränkt.690 c) Aktuelle Gerichtspraxis Wenn auch die Gerichte sich der Vorteile bewusst sind, die der Umgang des Kindes mit seinen leiblichen Eltern nach der Adoption haben kann, sind in der englischen Gerichtspraxis Anordnungen bezüglich eines Kontaktes nach der Gesetzesänderung nach wie vor sehr selten, wenn sie nicht vom Einverständnis der Adoptiveltern getragen sind.691 Unverändert basiert ein solcher häufig auf privaten Vereinbarungen der Beteiligten.692 In einer aktuellen Entscheidung693 hat der Court of Appeal jedoch hervorgehoben, dass die Grundsätze, die der ACA 2002 in Bezug auf den Umgang nach einer Adoption aufstellt, noch nicht ausreichend ausgeschöpft worden seien. Hier wurde festgestellt, nach der allgemein vorherrschenden Ansicht sei es bis dato extrem ungewöhnlich gewesen, den Adoptiveltern einen post-adoption contact mittels einer Anordnung aufzuerlegen, wenn diese einem solchen nicht zustimmten.694 Nunmehr wurde hervorgehoben, dass die Entscheidung über post-adoption contact eindeutig in der Verantwortung des Gerichts läge. Sei das Gericht der Überzeugung, dass ein solcher Kontakt dem Kindeswohl entspreche, so könne es diese Frage nicht der privaten Vereinbarung der Adoptiveltern mit den leiblichen Angehörigen des Kindes überlassen,695 sondern habe den Kontakt ggf. mittels einer An-
688 Vgl. zusammenfassend Parker, Adoption Now, S. 47 sowie Neil/Howe, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 1 (2) m.w.N.; Harris-Short CFLQ 2001, 405 (411); Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 216 f. m.w.N., vgl. auch die Studie des Social Services Inspectorate, ‘Moving goalposts’, S. 7; Lowe/Murch/Borkowski/Weaver/Beckford/Thomas, Supporting Adoption, S. 294 f.; Masson CFLQ 2000, 15 (28 f.); Casey/Gibberd Fam Law 2001, 39 (40); Eekelaar, in: Bainham/Lindley/Richards/Trinder (Hrsg.), Children and Their Families, S. 253 (255). Vgl. ebenso die Studie von Fratter, in: Hill/Shaw (Hrsg.), Signposts in Adoption, S. 145 (150 f). 689 Neil, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 46 (63). 690 Langdale/Weston Fam Law 2008, 769 (771); Neil, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 46 (47). 691 Smith/Logan CFLQ 2002, 281 (289). 692 Vgl. Jones, in: Argent (Hrsg.), Staying connected, S. 207 (209 ff.). 693 Re P (Placement Orders: Parental Consent) FLR 2008, Bd. 2, 625. 694 So Re R (Adoption: Contact) FLR 2006, Bd. 1, 373 (374, 385). 695 Ähnlich auch Re P (Adoption: Parental Consent) FLR 2008, Bd. 2, 625 (626).
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Kapitel 2: Das Stiefkind
ordnung auch gegen den Willen der Adoptiveltern durchzusetzen.696 Das Gericht betonte dabei, der Gesetzgeber habe mit Sec. 46 (6) und 26 (5) ACA 2002 die Intention verfolgt, eine größere und aktivere gerichtliche Intervention bei der Frage des post-adoption contact herbeizuführen. Der Court of Appeal ist sich dabei bewusst, seine Entscheidung könne “presage a more general sea change in post-adoption contact overall.”697 Abzuwarten bleibt, in welchem Umfang und mit welchen Konsequenzen die Gerichte nach dieser Rechtsprechungsänderung von ihrem gesetzlichen Auftrag zur Forcierung des Kontaktes nach der Adoption Gebrauch machen. d) Kritik an der Rechtslage Die englische Rechtswissenschaft kritisiert, der ACA 2002 repliziere lediglich die frühere Rechtslage und habe die Chance verpasst, sich ausreichend der drängenden Problematik des post-adoption contact anzunehmen.698 Es wird bemängelt, der Gesetzgeber habe auf eine legislative Forcierung des Kontaktes verzichtet, vielmehr lediglich die gerichtliche Befugnis des Erlasses einer contact order aufrechterhalten.699 Diese Zurückhaltung weise keine Konformität mit aktuellen Forschungsergebnissen auf, die den langfristigen hohen Wert des post adoption-Umgangs des Kindes mit seinen leiblichen Eltern hervorheben.700 Dabei wird ausgeführt, eine wirkliche Ermutigung zu einer Verstärkung des post-adoption contacts mit leiblichen Familienmitgliedern könne allein dadurch herbeigeführt werden, dass dieser eine offizielle Anerkennung im Wege einer gesetzlichen Verankerung des Grundsatzes der Förderlichkeit dieses Kontaktes für das Kind erhalte.701 Entsprechend wird nach der genannten aktuellen Entscheidung des Court of Appeal das Festhalten am „clean break“ nach einer Adoption, insbesondere von älteren Kindern, als unwahrscheinlich eingestuft.702
696 Re P (Placement Orders: Parental Consent) FLR 2008, Bd. 2, 625 (664 ff.). Vgl. aber Lowe/Murch/Borkowski/Weaver/Beckford/Thomas, Supporting Adoption, S. 283, die die zentrale Bedeutung des Einverständnisses der leiblichen Eltern hervorheben. 697 Re P (Placement Orders: Parental Consent) FLR 2008, Bd. 2, 625 (666). 698 Bridge/Swindells, Adoption, S. 232 f. 699 Bainham, Children – The Modern Law, S. 298; Harris-Short CFLQ 2001, 405 (417, 418). 700 Bridge/Swindells, Adoption, 232 f. 701 Wie in Sec. 1 (c) des Family Law Act 1996 erfolgt, in der der Grundsatz Niederschlag gefunden hat, ein Kind solle nach der Scheidung mit beiden Elternteilen Kontakt haben, vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 300. 702 Langdale/Weston Fam Law 2008, 769 (771).
H. Umgang nach der Adoption
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IV. Vergleichende Stellungnahme Während das aktuelle englische Recht, das explizit eine Pflicht zur Erörterung der Möglichkeit eines Umgangs des Kindes mit seinen leiblichen Eltern vor der Festsetzung eines Adoptionsbeschlusses in Sec. 46 (6) ACA 2002 vorsieht, in der englischen Rechtsliteratur dem Vorwurf ausgesetzt ist, es sei kein eindeutiger Weg zu einer größeren Offenheit von Adoptionen eingeschlagen worden, kennt das deutsche Recht keine entsprechende Bestimmung. Hier führt die Adoption eine strikte Durchtrennung aller rechtlichen und in der Regel auch faktischen Bindungen herbei, die bis dato zwischen den Beteiligten bestanden. Lediglich vereinzelte Stimmen in der rechtswissenschaftlichen Literatur erwägen eine entsprechende Umgangsregelung zugunsten des leiblichen Elternteils.703 In England dürfte hingegen aufgrund der jüngsten Rechtsprechung, die die Bedeutung der – neuen – gesetzlichen Verankerung des Gebots der Erwägung von Umgangsberechtigungen nach der Adoption hervorhebt, mit einer zunehmenden Praxis offener Adoptionen zu rechnen sein. Im Zusammenhang mit der Gewährung einer Umgangsmöglichkeit zur Aufrechterhaltung der Beziehung des adoptierten Kindes zu seinen leiblichen Eltern zeigt sich deutlich der Konflikt zwischen dem ursprünglichen Konzept und Grundsatz der Volladoption und der Realität, in der zunehmend ältere Kinder adoptiert werden, die ihren leiblichen familiären Hintergrund bewusst wahrgenommen haben. Hier lässt sich grundsätzlich – entsprechend den Überlegungen zum Anwendungsbereich des Umgangs nach einer Stiefkindadoption – zum einen argumentieren, dass sich in den Fällen, in denen ein weiterer Kontakt des Kindes zu seinem leiblichen Elternteil nach der Adoption aus Kindeswohlgründen geboten erscheint, die Adoption eben gerade nicht als passendes Institut erweist,704 sondern eine Alternativanordnung anzudenken ist.705 Andererseits ließe sich jedoch – unter Betonung der rechtlichen und emotionalen Vorteile einer Adoption gegenüber anderen Anordnungen – argumentieren, dass zwar am Grundprinzip der Adoption festzuhalten ist, sich das Recht jedoch durch die Gewährung eines Umgangs nach der Adoption flexibel gegenüber der sich wandelnden Lebenswirklichkeit aufgrund des steigenden Alters der Adoptierten zu erweisen hat. 703
Hierzu in Kapitel 3, unter D. I. Vgl. auch Re V (A Minor) (Adoption: consent) All ER 1986, Bd. 1, 752, wo Oliver LJ seine Zweifel daran äußerte, ob eine nur aufgrund eines regelmäßigen Umgangsrechtes des Kindes mit der leiblichen Mutter und seinen Geschwistern für das Kindeswohl als förderlich eingestufte Adoption überhaupt mit dem Zweck der Adoption in Einklang zu bringen sei. 705 Vgl. hierzu die Äußerung einer Sozialarbeiterin in Lowe/Murch/Borkowski/Weaver/Beckford/Thomas, Supporting Adoption, S. 297. 704
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Kapitel 2: Das Stiefkind
J. Stiefkindadoptionen im Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht J. Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht
I. Rechtslage in Deutschland Nach § 1 Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) sind Adoptionsvermittlungsstellen dem gerichtlichen Adoptionsverfahren vorgeschaltet tätig, indem sie für die Zusammenführung von Adoptivkind und Adoptionsbewerbern zuständig sind. Nach § 7 AdVermiG obliegt es der Adoptionsvermittlungsstelle706 insbesondere, für das zur Adoption bereitstehende Kind geeignete, seiner Persönlichkeit und seinen persönlichen Bedürfnissen entsprechende Adoptionsbewerber zu ermitteln. Im Adoptionsvermittlungsrecht finden sich für die Stiefkindadoption keine eigenständigen Regelungen. Vielmehr lässt sich die Frage aufwerfen, ob das AdVermiG überhaupt auf Stiefkindadoptionen Anwendung findet, da es bei dieser Adoptionsform nicht um die Auswahl und das „Zusammenführen“ von Kindern mit geeigneten Eltern geht, somit die Subsumtion unter den Vermittlungsbegriff des § 1 AdVermiG nicht möglich erscheint. Der Gesetzgeber ist jedoch davon ausgegangen, dass eine Vielzahl der Regelungen des AdVermiG – z.B. zur Zuständigkeit, zur Aktenaufbewahrung, zum Datenschutz – auch auf Stiefkindadoptionen Anwendung finden sollen.707 Der Adoptionsvermittlungsbegriff muss daher weit, d.h. auch beratende, begutachtende und vorentscheidende Tätigkeiten der Adoptionsvermittlungsstellen umfassend, verstanden werden, sodass Stiefkindadoptionen nicht eine grundsätzliche Aussonderung aus dem Anwendungsbereich des AdVermiG erfahren.708 Das für die Entscheidung über den Adoptionsantrag zuständige Familiengericht ist in jedem Adoptionsfall verpflichtet, beim Jugendamt oder der Adoptionsvermittlungsstelle eine fachliche Äußerung einzuholen, die die Ergebnisse der Ermittlungen über das zu adoptierende Kind, die Adoptiveltern und die Familie des Kindes enthält, vgl. § 189 FamFG. Der Bericht der Adoptionsvermittlungsstelle stellt, ebenso wie ggf. eingeholte eigene Feststellungen des Familiengerichtes, die wesentliche Erkenntnisquelle
706 Als Adoptionsvermittlungsstellen agieren nach § 2 Abs. 1 AdVermiG Jugendämter, wenn sie eine solche eingerichtet haben. Landesjugendämtern obliegt die Pflicht zur Einrichtung einer Vermittlungsstelle. Daneben sind auch die in § 2 Abs. 2 AdVermiG genannten freien Träger und weitere Institutionen zur Adoptionsvermittlung befugt, wenn sie als Adoptionsvermittlungsstellen von der zentralen Adoptionsstelle anerkannt worden sind. 707 Bienentreu/Busch JAmt 2006, 273 (275). 708 Steiger, Das neue Recht der internationalen Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 48 f.; Froldi/Busch NDV 2002, 411; Bienentreu/Busch JAmt 2003, 273 (275).
J. Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht
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und Grundlage709 der familiengerichtlichen Prüfung dar, ob die Adoption dem Kindeswohl dient. Da im Stiefkindadoptionsfall eine Adoptionsvermittlungsstelle nicht tätig wird, hat nach § 189 S. 2 FamFG das Jugendamt die sog. fachliche Äußerung abzugeben;710 seine Mitwirkungspflicht ergibt sich dabei aus § 50 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VIII. Da diese Regelung dem Kindeswohl dient und die Herstellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses absichern soll, hat das Jugendamt sämtliche diesbezügliche Voraussetzungen im Einzelfall zu prüfen711 und zur Ermittlung der tatsächlichen Umstände für die fachliche Äußerung mit den Beteiligten, insbesondere mit dem Annehmenden und dem Kind – soweit aus Altersgründen möglich – Gespräche zu führen.712 Es geht dabei insbesondere auch um die Ermittlung der inneren Bindungen und des Willens aller Beteiligten hinsichtlich der Beurteilung der Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses.713 Hier geben die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vor, dass das Jugendamt die Motive des die Adoption anstrebenden Stiefelternteils einer genauen Prüfung im Hinblick auf sachfremde Aspekte zu unterziehen hat.714 Von einer generellen Eignung des Stiefelternteils als Adoptivelternteil könne nicht ausgegangen werden. Die oben allgemein erörterte Problematik der Stiefkindadoption berücksichtigend, bedürfen Adoptionswünsche von Stiefeltern eines umfassenden Beratungsprozesses. Es ist Aufgabe der Fachkräfte, die Familienmitglieder für diese spezielle Familienform zu sensibilisieren und Verständnis u.a. dafür zu erarbeiten, dass die Entwicklung tragfähiger Beziehungen und die Re- und Umorganisation des Familiengefüges in Stieffamilien einer längeren Zeitspanne bedarf.715 Dieser Beratungs- und Ermittlungsprozess erfordert dabei umfassende Kenntnisse und Kompetenzen in Bezug auf die Familienform der Stieffamilie.716 709 Müller/Sieghörtner/Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis, S. 54; Schulte-Bunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 189 Rn. 11. 710 Friederici/Kemper/Fritsche, Familienverfahrensrecht § 189 Rn. 1. 711 Friederici/Kemper/Fritsche, Familienverfahrensrecht § 189 Rn. 1. 712 MünchKommZPO/Maurer §189 FamFG Rn. 14. 713 BayObLG FamRZ 1993, 1480; Schulte-Bunert/Weinreich/Sieghörtner, FamFG § 189 Rn. 11. 714 So auch BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 21; ebenso Licht im Interview, FK 20004, Heft 5, 34; Rundell Child Care in Practice 2001, 321 (325). 715 BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 22; so bereits auch zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34 f. 716 Diese fachliche Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit weist im Falle einer Stiefkindadoption mit Auslandsbezug eine noch höhere Komplexität auf, da die Vermittelnden hinsichtlich der Integrationschancen des Kindes über fundierte Kenntnisse über die Migrationstrategien und besonderen kulturellen Familientraditionen der verschiedenen Herkunftsgesellschaften verfügen müssen, vgl. dazu und zur Stiefkindadoption im
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Kapitel 2: Das Stiefkind
Problematisch erweist sich, wenn die eine Stiefkindadoption beantragenden Stiefehe- bzw. Stieflebenspartner ihre Mitwirkung, insbesondere eine Anhörung des Kindes durch das Jugendamt, ablehnen und verweigern, da sie beispielsweise die Offenbarung der wahren Abstammungsverhältnisse gegenüber dem Kind verhindern wollen.717 Dies hätte zur Folge, dass das Jugendamt am Stiefkindadoptionsverfahren zumindest dann gänzlich unbeteiligt wäre, wenn das ohne jugendamtliche Unterstützung zur vollen Ermittlung der maßgeblichen Umstände selbst verpflichtete Gericht718 dem Jugendamt seine Ermittlungsergebnisse nicht zur Verfügung stellt, sodass das Jugendamt zu einer fachlichen Äußerung außer Stande wäre. Dieser Problematik kann allerdings dergestalt begegnet werden, dass das Jugendamt über § 188 Abs. 2 FamFG eine Beteiligung am Verfahren auf Antrag erreicht; so kann das Jugendamt seine Fachkompetenz und Erfahrung in Bezug auf Stiefkindadoptionen dennoch ins Verfahren einbringen.719 Dies ist insbesondere bei der hier untersuchten Adoptionsform von großer Bedeutung, bei der es nach zur Nieden eines „erfahrenen und geschulten Blickes“720 bedarf. II. Rechtslage in England Das englische Recht sieht ein gesondertes Verfahren für sog. non agencyAdoptionen vor. Während bei den meisten Fremdadoptionen dem Adoptionsverfahren ein placement for adoption-Verfahren vorausgeht, in dem zunächst über die Begründung eines Adoptionspflegeverhältnisses entschieden wird, ist bei Stiefkindadoptionen eine förmliche Adoptionspflege im Sinne eines placement des Kindes nicht vorgesehen. Ein die Stiefkindadoption beabsichtigender Stiefelternteil hat allerdings nicht früher als zwei Jahre und weniger als drei Monate vor der Beantragung eines Adoptionsbeschlusses die zuständige Jugendbehörde schriftlich721 davon in Kenntnis zu setzen, dass er eine Adoption zu beantragen plant, vgl. Sec. 44 (2) und (3) ACA 2002.722 Diese Regelung soll den JuRecht der internationalen Adoptionsvermittlung Bienentreu/Busch JAmt 2003, 273 (278). Lindenmayer, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stiefeltern- und Verwandtenadoptionen. S. 9 (11 f.), berichtet über mangelnde Möglichkeiten einer Beurteilung, wie die tatsächlichen Verhältnisse in den Heimatländern der Kinder aussehen; ferner gestalteten sich Gespräche mit Kindern unter Einschaltung von Dolmetschern schwierig. Sie spricht von einer „Reihe von Zwängen, die in immenser Art und Weise“ auf dem Jugendamt lasten. 717 Vgl. BayObLG FamRZ 2001, 647. 718 Vgl. BayObLG FamRZ 2001, 647. 719 Frank StAZ 2010, 324 (330). 720 Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34. 721 Entsprechend der Definition des Begriffes “notice” in Sec. 144 (1) ACA 2002. 722 Früher galt diese Voraussetzung für sämtliche Adoptionen, die ein Nichtelternteil beantragte; im Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children
J. Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht
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gendbehörden ermöglichen, Nachforschungen zu betreiben, um dem Gericht später einen Bericht vorzulegen, in dem die Eignung des Stiefelternteils zur Adoption sowie relevante Kindeswohlaspekte diskutiert werden.723 Das Gericht beauftragt im non agency-Fall der Stiefkindadoption nach Eingang des Adoptionsantrags die Jugendbehörde damit, einen solchen Bericht zu erstellen,724 in dessen Vorfeld ein Sozialarbeiter das Kind, den Stiefelternteil, beide leiblichen Elternteile sowie weitere Bezugspersonen, wie die Großeltern, hinsichtlich der Motive und Ansichten bezüglich der geplanten Adoption befragt. In diesem suitability report müssen Informationen über die einzelnen an der Adoption Beteiligten, ihre Einstellung gegenüber der geplanten Adoption, die Eignung der Antragsteller sowie Informationen über den unehelichen Vater des Kindes und ggf. dessen ermittelte Kontaktdaten enthalten sein.725 Zudem muss der Bericht Empfehlungen enthalten, ob ein Adoptionsbeschluss aus Kindeswohlgründen ergehen soll oder andere Anordnungen vorzugswürdiger sowie ob Umgangsregelungen für die Zukunft angebracht erscheinen.726 Ein Bericht über den Gesundheitszustand des Kindes und des Antragstellers ist gegenüber anderen non agency-Adoptionen im Stiefkindadoptionsfall nicht erforderlich.727 Die Verpflichtung der Jugendbehörde, genaue Nachforschungen in Stiefkindadoptionsfällen vorzunehmen, wurde bereits in den 1970er Jahren durch den High Court hervorgehoben.728 Dennoch konnte festgestellt werden, dass die guardian ad litems im Anschluss an die Gesetzesreform von (Houghton Report), Cmnd. 5107, unter 237, S. 67, ging man jedoch davon aus, dass in Fällen, in denen eine Adoptionsagentur mit der Vermittlung eines Kindes betraut war, diese am besten die Supervision des Kindeswohls übernehmen könne. 723 Vgl. Sec. 42 (5)–(6) ACA 2002. Hat der Stiefelternteil seinen Adoptionswunsch bei der Jugendbehörde angezeigt, wird er nach Sec. 39 (1) und (2) ACA 2002 dadurch geschützt, dass das Kind, wenn es innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren über mindestens drei Jahre hinweg bei ihm gewohnt hat, nur von der Jugendbehörde oder von gerichtlich oder gesetzlich dazu ermächtigten Personen herausverlangt werden darf. Umfasst der Zeitraum des Zusammenlebens weniger als drei Jahre, können zusätzlich zu den in Sec. 39 (2) ACA 2002 Genannten auch die leiblichen Eltern das Kind herausverlangen, vgl. Sec. 39 (3) ACA 2002. 724 Rule 24 (2)(a) FP(A)R 2005. 725 Rule 29 FP(A)R 2005. 726 Vgl. Rule 29 FP(A)R 2005 i.V.m. Practice Direction – Reports by the Adoption Agency or Local Authority, Annex A. 727 Vgl. Rule 30 FP(A)R 2005. 728 Vgl. in der bereits erörterten Entscheidung Re S (Infants) (Adoption by Parent) All ER 1977, Bd. 3, 671 (676): “[…] it will be the duty of the guardian ad litem in this class of cases, to draw the attention of the court to the disadvantages as well as the advantages of adoption.” Im Review of Adoption Law, unter 14.9, S. 31 hieß es: “Where an agency has not been involved in the placement of a child for adoption, the need for the court to consider an adoption application is just as important, if not more so.”
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Kapitel 2: Das Stiefkind
1975 nach wie vor in ihren Berichten an das Gericht überwiegend für Adoptionsbeschlüsse votierten, wenn nicht gravierende Umstände gegen die Stiefkindadoption sprachen.729 Auch Ende der 1990er Jahre ließen sich Unstimmigkeiten hinsichtlich der Behandlung von Stiefkindadoptionsanträgen seitens der Sozialarbeiter und guardian ad litems feststellen: Während die Anträge teilweise als grundsätzlich ungeeignet eingestuft wurden, akzeptierten andere Sozialarbeiter sie regelmäßig, auch wenn sie erkannten, dass die Adoption eher als Mittel zur Befriedigung elterlicher Interessen als als kindzentriertes Institut eingesetzt wurde.730 Die nach wie vor zumindest teilweise verbreitete Skepsis und Sensibilität der Mitarbeiter von local authorities gegenüber Stiefkindadoptionen ist z.B. dem Bericht der Jugendbehörde im Fall Re PJ731 zu entnehmen: “It is difficult for the local authority to advise the court in this case bearing in mind the shortness of Mr and Mrs A’s marriage and the father’s opposition. The court may feel a joint residence order would be appropriate at this time with the question of adoption being left to a later date.”
In Studien mit Sozialarbeitern, Gerichten und Familien wurde das Fehlen eindeutiger Praxis-Richtlinien sowie verfahrensrechtlicher Informationen beklagt; zudem wurden seltene und wenig umfangreiche Dokumentationen der Verfahren sowie mangelnde Beratung der Stieffamilien – insbesondere hinsichtlich der Alternativen einer Stiefkindadoption – festgestellt.732 Heutzutage weisen daher die Informationsmaterialien der British Association of Adoption and Fostering in einer eigenen Broschüre zu Stiefkindadoption auf die Besonderheiten von Stieffamilien und Probleme im Zusammenhang mit dieser Adoptionsform hin.733 Den Interessenten wird deutlich gemacht, welche Alternativen für eine Stiefkindadoption das englische Recht bereithält, ferner werden sie mehrfach darauf hingewiesen, dass das Gericht eine dieser Alternativen als für den Einzelfall angemessener einstufen und daher anstelle der Adoption anordnen kann.734 In einigen 729 Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (233); zur Problematik der Umsetzung der Gesetzesreform bei der Beratung von Stieffamilien, die eine Stiefkindadoption beantragten, vgl. Brown, The Step-family, S. 31 f.; vgl. ebenso den Bericht von Hoy A&F 1985, Heft 3, 51 (52) (Stiefkindadoption nach Versterben des leiblichen Elternteils). 730 Vgl. De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (29); vgl. auch President’s Adoption Committee, Delay in Adoption Proceedings, S. 28 ff. 731 (Adoption: Practice on Appeal) FLR 1998, Bd. 2, 252 (255). 732 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 106 f.; Review of Adoption Law: Background Paper No. 2, S. 79 f.; Robinson, The role of the Social Worker in Stepparent Adoptions (MA Dissertation), zitiert nach De’Ath Representing Children 1996, Heft 1, 20 (29). 733 BAAF, Advice Notes, Stepchildren and Adoption, 2007, S. 2 ff. 734 BAAF, Advice Notes, Stepchildren and Adoption, 2007, S. 5 f., S. 9, S. 10.
J. Recht der Adoptionsvermittlung und Verfahrensrecht
189
Countys in England sind eigens auf Stiefkindadoptionen spezialisierte Fachkräfte und Sozialarbeiter bei Anträgen auf Stiefkindadoptionen tätig,735 zudem finden in England Schulungsveranstaltung statt, die die Sozialarbeiter für die Problematik der Stiefkindadoption sensibilisieren.736 III. Vergleichende Stellungnahme Beide Rechtsordnungen knüpfen die Stiefkindadoption an die Voraussetzung einer Beratung und Begutachtung des Kindes und der Stieffamilie durch einen Jugendamts- bzw. Jugendbehördenmitarbeiter. Die jeweiligen Ausführungsbestimmungen in Deutschland und England weisen auf den ebenso wie bei einer Fremdadoption notwendigen, wenn nicht sogar gesteigerten Bedarf der Beratung und Eruierung der Hintergründe bei dieser Adoptionsform hin. Problematisch stellt sich für die Adoptionsvermittlungspraxis dar, dass sich der staatliche Auftrag und Handlungsmaßstab bei der Stiefkindadoption unklarer als bei einer Fremdadoption gestaltet.737 Die schwierige, sensible und pädagogisch herausfordernde738 Aufgabe der Jugendhilfe in Fremdadoptionsfällen, geeignete Eltern zu finden,739 die dem Kind ein harmonisches, seinem Charakter und seinen Bedürfnissen entsprechendes Aufwachsen in einer intakten Familie ermöglichen sollen, scheint im Falle der Beantragung einer Stiefkindadoption wesentlich erleichtert. Denn der Adoptionswunsch konkretisiert sich bereits auf ein bestimmtes Kind, sodass sich eine Auswahl erübrigt. Zudem ist sichergestellt, dass dieses im Verantwortungsbereich des einen leiblichen Elternteils verbleibt.740 Des Weiteren kennt das Kind den Stiefelternteil meist bereits als sozialen Elternteil, sodass sich ein Eltern-Kind-Verhältnis, dessen Entstehen nach § 1741 Abs. 1 BGB zu erwarten sein muss, in den überwiegenden Fällen bereits entwickelt hat und praktiziert wird. Auch unterscheiden sich die 735
Vgl. z.B. im Alton Family Centre, Hampshire County Council. Vgl. z.B. BAAF-Workshop “Stepparent Adoption: Challenges and Good Practice” in Newry, 29. September 2011. 737 Bienentreu/Busch JAmt 2003, 273 (274). Vgl. bereits zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34, die betonte, dass „der Abschluss einer nicht vermittelten Adoption für die verantwortlichen Stellen oft schwierigere Fragen und Entscheidungen mit sich bringt als die Adoptionsvermittlung.“ 738 Vgl. Gauner, in: Süddeutsche Zeitung v. 13.–15.8.1983: „Man fragt sich, wie sie es fertig bringen, in diesen Schaltstellen des Schicksals Neutralität zu wahren, den Druck der Gefühle, dem sie ausgesetzt sind, zu ertragen, sich bei ihrer Auswahl nicht von ihnen beeinflussen zu lassen.“, zitiert nach Ebertz, Adoption als Identitätsproblem, Anm. 19, Kapitel 1. 739 Kritisch zum „nebulösen Rechtszustand“ bezüglich der Auswahl geeigneter Adoptionsbewerber bei der Fremdadoption Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (217). 740 So auch Bagley, International and Transracial Adoptions, S. 64. 736
190
Kapitel 2: Das Stiefkind
Profile der zu adoptierenden Stiefkinder von jenen Kindern, die bei Fremdadoptionen zur Vermittlung bereitstehen, da erstere im staatlichen Fürsorgesystem nicht erfasst sind,741 selten einem Mangel an elterlicher Sorge ausgesetzt waren742 und ihre Adoption weitgehend dem Bereich der privaten Lebensplanung der Beteiligten zuzurechnen ist. Zudem unterscheidet sich die Situation eines Stiefkindes von jener des zur Fremdadoption freigegebenen Kindes dadurch, dass das Stiefkind meist eine – verschieden stark ausgeprägte – Trennung von „nur“ einem Elternteil verkraften muss, während das für eine Fremdadoption zu vermittelnde Kind beide leiblichen Eltern verloren und tragfeste, beständige Beziehungen zu Vertrauenspersonen aufgrund häufig wechselnder Bezugspersonen meist überhaupt nicht aufgebaut hat.743 Diese Unterschiede und die Tatsache, dass das Kind auch ohne Adoption in der Stieffamilie verbleibt, scheinen den Ermittlungsaufwand für die Adoptionsvermittlungsstellen und deren Beratungsintensität zu reduzieren.744 Zudem können sich die Jugendämter auf-
741
Vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 4.3,
S. 55.
742 743
(62).
Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 99. Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47
744 Vgl. auch zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 34, die wiederholt eine entsprechende Rückmeldung der Adoptionsvermittlungsstellen erhielt; ebenso Rundell Child Care in Practice 2001, 321, die von Sozialarbeitern berichtet, die ihre Anfragen bei der Stepfamily Scotland-Organisation regelmäßig mit der Phrase “It’s only a stepfamily adoption.” einleiten. Vgl. auch O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 58 f., aber auch S. 79. Adoptierende Stiefeltern ordnen sich selbst nicht der Gruppe klassischer Adoptierender zu, sie nehmen daher seltener entsprechende Beratung in Anspruch und zeigen sich häufig über eine erste „Einmischung“ eines Jugendamtmitarbeiters in ihre Familienangelegenheiten verärgert und unverständig, vgl. Wolf/Mast Social Work 1987, 69. In der Broschüre des Kreisjugendamtes des Landkreises Böblingen, Adoptionsvermittlung im Landkreis Böblingen, 2003, S. 15, wird beispielsweise zwar darauf hingewiesen, die Stiefkindadoption könne dazu genutzt werden, „Konflikte zu verdecken, was letzten Endes jedoch nicht funktionieren kann“; zudem wird hier erkannt, „es [sei] Aufgabe der Adoptionsvermittlung, diese Themen anzusprechen, die Offenheit in der Familie zu fördern und bei Konfliktlösungen beratend zur Seite zu stehen“. Jedoch finden sich keine eindeutigen Hinweise, dass ein Stiefkindadoptionsantrag bei kindeswohlfremden Motiven vom Jugendamt und Gericht nicht positiv beschieden werden kann. Anders hingegen Kreis Hoexter, Informationsblatt zur Stiefkind- und Verwandtenadoption, wo auf eine „intensive Reflexion und gründliche Auseinandersetzung über die Wünsche, Motive und Phantasien aller betroffenen Personen, für die mehrere Gespräche und zwischenzeitliche Ruhe und Muße zum nochmaligen Überdenken erforderlich sind“ hingewiesen wird. Ebenso wird dort das Kind mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt gerückt und ausgeführt: „Es muss bewusst und eindeutig sein, dass eine Adoption kein Ersatz für unklare oder kontroverse Sorgerechtsregelungen bzw. unbeendete Auseinandersetzungen zwischen geschiedenen oder getrennt lebenden ehemaligen Partnern sein darf.“ Vgl. auch
K. Fazit
191
grund der Vielzahl der jährlich dekretierten Stiefkindadoptionen dem Druck der Stiefeltern ausgesetzt sehen, die mit einer Befürwortung ihres Antrags rechnen.745 Diese Problematik einer vermeintlichen Verkürzung des Ermittlungsund Prüfungsrahmens sowie eines nicht zu unterschätzenden Drucks zur Bescheinigung der Kindeswohldienlichkeit und Eignung der Stiefeltern ist gerade deshalb von Relevanz, da der Beurteilung durch das Jugendamt bzw. durch die Jugendbehörde im Adoptionsprozess große Bedeutung zukommt: Hat deren Bericht bei unumstrittenen Fällen das Ergebnis, dass sämtliche Voraussetzungen der Adoption erfüllt sind, insbesondere die Adoption dem Kindeswohl entspricht, bleibt dem Gericht oftmals nichts anderes übrig, als diese Ansicht zu teilen, wenn sich nicht in der gerichtlichen Anhörung der Beteiligten ein anderes Bild aufdrängt.746 Aus der Praxis wurde aber auch von einer Ernüchterung seitens der Jugendamtsmitarbeiter berichtet, die, votierten sie gegen eine Stiefkindadoption, damit vor Gericht kein Gehör fanden.747
K. Fazit K. Fazit
Wie dargestellt, stellen beide Rechtsordnungen das Kindeswohl in den Fokus ihres Adoptionsrechtes. Ist die Stiefkindadoption zwar in beiden Rechtsordnungen anerkannt, so steht sie dort bereits in rechtlicher Hinsicht im Widerspruch zum Leitbild des jeweiligen Adoptionsrechts. Auch unter Berücksichtigung psychosozialwissenschaftlicher Erkenntnisse stehen der Stiefkindadoption erhebliche Zweifel entgegen. Problematisch erweist sich die Adoption im Hinblick auf das erhöhte Scheiternsrisiko von Stieffamilien. Bei Stiefkindadoptionen durch Lebenspartner steht die Stiefkindadoption zusätzlich im Konflikt zum Kindeswohl, wenn das Kind durch sie Opfer sozialer Stigmatisierung wird. Unter strenger Anwendung allein der in Literatur und Rechtsprechung herausgebildeten Konkretisierungen des Kindeswohlprinzips bzw. der entsprechend in England gesetzlich vorgeschriebenen welfare checklist dürften Stiefkindadoptionen lediglich in sehr seltenen Fällen dekretiert werden, die Betonung des Beratungsaufwandes durch die BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.1.3, S. 22. 745 Priest JCL 1993, 56 (60) erklärt, dass sich die Gerichte insbesondere bei einvernehmlichen Anträgen dem Druck ausgesetzt sehen, dass die Beteiligten es als ungerechtfertigten Eingriff in ihre Autorität empfinden, wenn ihrem Wunsch nach Durchführung einer Stiefkindadoption nicht stattgeben wird oder sie mit einer Alternativanordnung konfrontiert werden. 746 Vgl. Ormrod, in: Lewis (Hrsg.), Child Adoption, S. 198. 747 Herr Köhler vom LVR im Gespräch am 28.8.2011.
192
Kapitel 2: Das Stiefkind
was der Praxis in England in den 1970er Jahren keinesfalls entsprach und auch heute in Deutschland nicht der Fall ist. Um die Beschränkung der Stiefkindadoptionsdekrete auf jene wenigen Ausnahmefälle zu gewährleisten, in denen sie dem Kindeswohl tatsächlich dienen, wurden in England die Anforderungen an die Kindeswohlprüfung erhöht. Nicht ausreichend war es, dass die Stiefkindadoption das Kindeswohl absicherte und förderte, vielmehr musste die Adoption dazu geeigneter sein als andere möglichen Regelungen und Anordnungen. Trotz mangelnder Umsetzung dieser Regelungen in den 1970er und 1980er Jahren und obwohl die Antragszahlen der Adoption eines Stiefkindes in England heutzutage gering ausfallen, wird das Kindeswohlprinzip im aktuellen englischen Recht von der Verpflichtung des Gerichtes flankiert, eine Adoption lediglich dann anzuordnen, wenn andere, weniger weitreichende Anordnungen dem Kindeswohl nicht zuträglicher sind. Zwar gilt diese Vorgabe für sämtliche Adoptionen, sie soll aber insbesondere in Stiefkindadoptionsfällen relevant sein. Ob dieser gesetzliche Auftrag sich aber für die Praxis als effektiv erweist, bleibt auch in England abzuwarten. In Deutschland geht von der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH748 ebenso wie von der rechtswissenschaftlichen Fachliteratur und den Praxisverbänden zwar ein entsprechender Impuls in Richtung einer Zurückhaltung gegenüber dieser Adoptionsform aus, dessen Auswirkung auf die familiengerichtliche Praxis – wie aufgezeigt – jedoch bezweifelt werden darf. In beiden Rechtsordnungen wird die Problematik deutlich, dass unabhängig vom Vorliegen eines gesetzlichen Auftrag die Beurteilung der Frage, inwieweit Stiefkindadoptionen im Allgemeinen dem Kindeswohl dienen, für den entscheidenden Familienrichter überwiegend von der entsprechenden Beurteilung durch das Jugendamt abhängig ist. Die Stiefkindadoption birgt gerade auch in der Vermittlungs- und Verfahrenspraxis die Gefahr, dass der Ermittlungsaufwand der Umstände, die für die Annahme einer Dienlichkeit der Adoption für das Kindeswohl erforderlich sind, gegenüber Fremdadoptionen reduziert scheint, mit der Folge, dass die Kindeswohldienlichkeit erleichtert angenommen wird. Die weiteren Voraussetzungen der Adoption, die als Ausprägung ihres Leitbildes zu verstehen sind, sichern das Kindeswohl im Falle einer Stiefkindadoption in Deutschland nur teilweise ab. Zwar stellt das Erfordernis des Erwartens eines Eltern-Kind-Verhältnisses bei Stiefkindadoptionen, in denen zum Zeitpunkt der Beantragung ein fürsorglich-emotionales Verhältnis von Stiefelternteil und Kind nicht besteht, eine Hürde dar, wenn auch in einem solchen Fall die Adoption bereits aus Kindeswohlgründen nicht gewährt werden wird.749 Hinsichtlich des Ehe- bzw. Partnerschafts748
Dazu ausführlich in Kapitel 3, unter C. II. 2. c). So auch Staudinger/Frank (2007) § 1741 Rn. 26, der dieser Voraussetzung bei Minderjährigenadoptionen daher keinen eigenständigen Gehalt beimisst. 749
K. Fazit
193
status des Antragstellers und des Erfordernisses des vorangegangenen Pflegeverhältnisses gestaltet sich allerdings problematisch, dass die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ebenso wie das Adoptionspflegeverhältnis an keine Mindestdauer geknüpft ist, kann doch der Mehrwert einer Stiefkindadoption nur in der Stabilität des Familiengefüges liegen, die das Sicherheitsbedürfnis des Kindes befriedigt. Im Kontrast zu den Bestrebungen der Restriktion der Stiefkindadoption in England stehen deren im Vergleich zum deutschen Recht erleichterten weiteren Voraussetzungen. So steht die Adoption auch nichtehelichen Stiefeltern offen. Die Länge des der Adoption vorausgehenden Zusammenlebens von Kind und Stiefelternteil ist gegenüber anderen non agencyAdoptionen auf sechs Monate reduziert, zudem ist das Verbot einer mehrmaligen Adoption desselben Kindes gesetzlich nicht verankert und die Einwilligung des Kindes keine formale Voraussetzung einer Adoption. Anders als das deutsche Recht sieht das englische Recht jedoch eine Verpflichtung des Gerichtes vor, bei Kindeswohldienlichkeit einen Umgang des Adoptivkindes zu seinem leiblichen Elternteil und dessen Verwandten zu regeln. Für einen solchen Umgang besteht in Stiefkonstellationen jedoch lediglich in Ausnahmefällen überhaupt ein Anwendungsbereich. Denn existiert eine intakte Beziehung des Kindes zum externen Elternteil, sollte die Adoption des Stiefkindes in der Regel schon am Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit scheitern.
Kapitel 3
Der externe leibliche Elternteil Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Die Stiefkindadoption stellt einen gravierenden Eingriff in die Rechte des externen leiblichen Elternteils dar, da er durch sie seine Elternstellung gegenüber dem Kind verliert. Es wird untersucht, wie der außenstehende leibliche Elternteil vor dem Verlust seiner Rechtsposition im Falle einer beabsichtigten Stiefkindadoption in beiden Rechtsordnungen geschützt wird und unter welchen Umständen sich das Gericht über seinen der Adoption entgegenstehenden Willen hinwegsetzen kann. Schließlich wird – nachdem in Kapitel 2 bereits das Recht des Kindes auf Umgang mit dem leiblichen Elternteil nach der Adoption thematisiert worden ist – eruiert, ob dem externen Elternteil ein solches Recht zusteht, wenn eine Stiefkindadoption dekretiert wurde.
A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils
I. Rechtsstellung in Deutschland und England zum Zeitpunkt der Beantragung der Adoption durch den Stiefelternteil 1. Verfassungsrechtlicher Hintergrund und EMRK In Deutschland gewährleistet Art. 6 Abs. 2 GG das sog. Elterngrundrecht, das leiblichen Müttern und Vätern ehelich geborener Kinder, seit 19951 nunmehr auch in vollem Umfang einem nichtehelichen Vater, zusteht.2 Dem Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG untersteht die Beziehung des unehelichen leiblichen Vaters zum Kind dann, wenn zwischen beiden eine „soziale Beziehung“ besteht.3 Zentrale Bedeutung wächst in Deutschland und England in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EMRK zu. Art. 8 Abs. 1 EMRK 1 BVerfGE 92, 158 (177 f.). Auch wenn damit sämtliche Väter in den Schutzbereich einbezogen sind, steht dem Gesetzgeber eine Differenzierung bei der Ausgestaltung der Rechtsstellung nach dem einfachen Gesetzesrecht zu, S. 178 f. 2 Vgl. BVerfG NJW 1995, 2155; Rixe, in: Deutscher Familiengerichtstag (Hrsg.), Sechzehnter Deutscher Familiengerichtstag, S. 57 (60). 3 BVerfG FamRZ 2004, 1705.
A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils
195
gewährt einen Anspruch auf Achtung des Familienlebens. Dabei setzt der Schutzbereich des Familienlebens voraus, dass zwischen den Familienmitgliedern eine enge persönliche Bindung besteht.4 Eine Eltern-KindBeziehung ist hierbei nicht auf die ehelich formalisierte Form beschränkt, vielmehr ist grundsätzlich auch die Gemeinschaft nicht verheirateter Eltern mit Kind vom Schutzbereich des Art. 8 Abs.1 EMRK erfasst.5 Die rein biologische Vaterschaft fällt allerdings nur dann unter den Schutz von Art. 8 EMRK, wenn weitere rechtliche oder tatsächliche Merkmale vorliegen, die auf eine enge persönliche Beziehung hindeuten.6 Grundsätzlich bedarf es dabei des Zusammenlebens, jedoch können auch andere Tatsachen als Nachweis dienen.7 Selbst wenn der biologische Vater durch die Existenz eines (anderen) rechtlichen Vaters von der Begründung einer verwandtschaftsrechtlichen Beziehung zum Kind ausgeschlossen ist und/oder nicht mit dem Kind zusammenlebt, kann ein Familienleben zwischen Vater und Kind begründet sein,8 darüber hinaus auch dann, wenn der Aufbau einer tatsächlichen Beziehung erst gar nicht möglich war, sofern dieser Umstand nicht dem Vater zuzurechnen ist.9 Eine Beendigung des Familienlebens i.S.d. Art. 8 Abs. 1 EMRK kann dementsprechend auch nicht bereits bei Trennung oder Scheidung der Eltern angenommen werden, vielmehr müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die Beziehung nicht mehr unter den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu fassen.10 Kommt es nach der Trennung oder Scheidung zu einem Abbruch des Kontaktes des Vaters zum Kind, ist es für den 4 EGMR Marckx/Belgien v. 13.6.1979, EuGRZ 1979, 454; K. u. T./Finnland v. 12.7.2001 – 25702/94 NJW 2003, 809 (810). 5 Vgl. EGMR Marckx/Belgien v. 13.6.1979, EuGRZ 1979, 454; Keegan/Irland v. 26.5.1994, 16/1993/411/490, EuGRZ 1995, 113; Hülsmann/Deutschland v. 18.3.2008 – 33375/03, NJW-RR 2009, 1585; Johnston u.a./Irland v. 18.12.1986 – 6/1985/92/139, EuGRZ 1987, 313. 6 EGMR Hülsmann/Deutschland v. 18.3.2008 – 33375/03, NJW-RR 2009, 1585. 7 EGMR Hülsmann/Deutschland v. 18.3.2008 – 33375/03, NJW-RR 2009, 1585. 8 EGMR Kroon u.a./Niederlande v. 27.10.1994, FamRZ 2003, 813 ff., wo die Partnerschaft von Mutter und Vater samt den vier gemeinsamen Kindern auch ohne Zusammenleben und Eheschließung eine „Familieneinheit“ darstellte; Lebbink/Niederlande v. 1.6.2004, 45582/99, ECHR 2004-IV, S. 183 (193); vgl. aber Haas/Niederlande v. 13.1.2004 – 36983/97 FamRZ 2004, 1464 (1466), wo ein Familienleben aufgrund lediglich sporadischer Kontakte des Vaters zum Kind nicht angenommen wurde, obwohl der Vater Unterhaltszahlungen leistete und das Kind mit Geschenken bedachte. 9 Hier ist entscheidend, wie die Beziehung der Eltern ausgestaltet ist und ob der Vater gegenüber dem Kind ein andauerndes Interesse gezeigt hat, vgl. EGMR Hülsmann/Deutschland v. 18.3.2008 – 33375/03, NJW-RR 2009, 1585; Nylund/Finnland v. 29.6.1999 – 27110/95 ECHR 1999-VI, S. 363 (376) sowie Keegan/Irland v. 26.5.1994 – 16/1993/411/490, EuGRZ 1995, 113. 10 EGMR Gül/Schweiz v. 19.2.1996 – 53/1995/559/645, ECHR 1996-I, S. 160 (174).
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Schutz nach Art. 8 Abs. 1 EMRK ausreichend, dass das Interesse des Vaters am Kind nach wie vor vorhanden ist.11 Der externe leibliche Elternteil, dessen Kind in einer Stieffamilie lebt, ist demnach, wenn seine Vaterschaft feststeht, in Deutschland dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 GG unterstellt und in beiden Rechtsordnungen vom Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK – der aufgrund der „engen persönlichen Familienbeziehung“ enger gefasst zu sein scheint12 – dann erfasst, wenn er zum Kind eine Umgangsbeziehung pflegt oder aber – sollte ihm von der Mutter des Kindes der Aufbau oder die Aufrechterhaltung einer solchen verweigert worden sein – er Interesse und Verantwortungsübernahme gegenüber dem Kind kenntlich gemacht hat. 2. Die familienrechtliche Ausgangsstellung des externen Elternteils in beiden Rechtsordnungen im Überblick a) Rechtslage in Deutschland Geht die Stieffamiliensituation nicht auf das Versterben eines Elternteils zurück, so verfügt der externe leibliche Elternteil, ungeachtet des Zusammenlebens mit dem Kind und dem anderen leiblichen Elternteil, grundsätzlich über die sich aus der Abstammungsbeziehung ableitenden Elternrechte und -pflichten. Ihm stehen also regelmäßig das Recht auf Umgang mit dem Kind nach §§ 1626 Abs. 3, 1684 BGB und der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB zu, gleichzeitig treffen ihn die Unterhaltsverpflichtung nach § 1601 BGB, ferner bleibt er dem Kind gegenüber erbverpflichtet nach § 2303 BGB. Hinsichtlich des Sorgerechts ist zu differenzieren: Haben die leiblichen Eltern des Kindes eine Ehe geführt, sodass ihnen nach § 1626 BGB die elterliche Sorge gemeinsam zustand, und ist diese Ehe durch Scheidung beendet worden, so führt die Ehescheidung nicht automatisch zum Sorgerechtsverlust des Elternteils, mit dem das Kind nicht zusammenlebt. Vielmehr bleibt das gemeinsame Sorgerecht bestehen, das die Eltern nach § 1687 BGB13 im Einvernehmen auszuüben haben, wenn nicht das Gericht auf einen begründeten Antrag eines der geschiedenen Ehepartner nach § 1671 Abs. 1 BGB das alleinige Sorgerecht zugunsten der Mutter oder des Vaters angeordnet hat. Waren die Eltern des Kindes nicht verheiratet, so steht der Mutter des Kindes das Sorgerecht nach § 1626a Abs. 3 BGB alleine zu; ob auch der 11
EGMR Rogl/Deutschland, Entscheidung v. 20.5.1996 – 28319/95, StAZ 2001, 39
(41).
12
So Coester FamRZ 1995, 1245 (1251). Siehe dazu ausführlich Marinopoulos, Entscheidungsrecht bei gemeinsamer elterlicher Sorge getrennt lebender Ehegatten, S. 59 ff., zur Entstehungsgeschichte a.a.O., S. 29 ff. 13
A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils
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Vater des Kindes sorgeberechtigt ist, hängt davon ab, ob er mit der Mutter eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben hat oder ob ihm – entsprechend der neuen Rechtslage14 – das Familiengericht auf Antrag die gemeinsame Sorge übertragen hat, vgl. § 1626a Abs. 2, Abs. 3 BGB. Auch beim gemeinsamen Sorgerecht Nichtverheirateter gilt für die sorgerechtlichen Befugnisse nach der dauerhaften Trennung der Eltern des Kindes der Antragsgrundsatz nach § 1671 Abs. 1 BGB: Solange ein solcher Antrag nicht gestellt wird, bleibt das gemeinsame Sorgerecht bestehen.15 Ein Umgangsrecht des außenstehenden nichtehelichen Elternteils steht diesem unter den Voraussetzungen von § 1685 Abs. 2 BGB zu. b) Rechtslage in England Auch im englischen Recht ist, wie bereits erläutert, der Grundsatz des Erhalts des gemeinsamen Sorgerechts nach der Scheidung verankert:16 In England hat das Scheidungsgericht bei einer Scheidung die Vereinbarungen, die die Eltern hinsichtlich ihrer Kinder getroffen haben, zu überprüfen und lediglich dann von seinen Anordnungsbefugnissen des CA 1989 Gebrauch zu machen, wenn dies aus Kindeswohlgründen erforderlich ist, vgl. Sec. 11 (1)(b) Family Law Act 1996. In der Praxis wird das Gericht in den häufigsten Fällen von Anordnungen absehen, wenn solche nicht von einem der Elternteile beantragt werden.17 Dabei wird dem außenstehenden Elternteil nach der Scheidung regelmäßig ein Umgang mit dem Kind gewährt, es sei denn, außergewöhnliche Gründe sprechen dagegen.18 Möglich – aber 14 Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 ist am 19.5.2013 in Kraft getreten. 15 BT-Drucks. 13/4899, S. 98. 16 Vgl. Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (43); Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 103; Maclean/Richards, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 259 (261); zur Entwicklung der Beteiligung der Mutter am Sorgerecht bei Scheidung oder Verwitwung in England vgl. Graveson, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 1 (17 f.). In Deutschland hat der BGH, FamRZ 1999, 1646 (1647), – entsprechend der Amtlichen Begründung zur Kindschaftsrechtsreform – für das deutsche Recht klargestellt, dass die gemeinsame Sorge nicht als Regelfall und die alleinige Sorge als Ausnahme zu verstehen seien, sondern es sich bei beiden Sorgerechtsmodellen um gleichwertige Alternativen handle. Ebenso die OLG-Rechtsprechung, vgl. Willutzki KindPrax 2005, 197. 17 Herring, Family Law, S. 484; Douglas/Murch/Scanlan/Perry MLR 2000, 177 (189 f.). 18 Vgl. Re J (A Minor) (Contact) FLR 1994, Bd. 1, 729; Re H (A Minor) (Contact) FLR 1994, Bd. 2, 776; Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Society, S. 420 (421) m.w.N.; Bainham, Children – The Modern Law, S. 158.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
selten der Fall – ist auch, dass der externe leibliche Elternteil Inhaber einer residence order ist, das Kind demnach im Wechsel seinen Lebensmittelpunkt bei der Stieffamilie und beim externen leiblichen Elternteil hat. Auch der uneheliche Vater des Kindes kann Inhaber der parental responsibility mit sämtlichen sich daraus ableitenden Befugnissen sein, die er gemeinsam mit dem internen Elternteil ausübt.19 Beantragt ein nichtehelicher Vater, was ihm ohne gerichtliche Genehmigung möglich ist,20 nach der Trennung von der Mutter Umgang mit dem Kind, ist wie bei allen contact order-Anträgen das Kindeswohl entscheidend, vgl. Sec. 1, 10 CA 1989. Schon seit den 1970er Jahren ist die grundsätzliche Bedeutung des Kontaktes des Kindes auch zu demjenigen Elternteil, mit dem es nicht zusammenlebt, anerkannt.21 Hieraus hat sich in der Rechtsprechung im Laufe der Zeit eine Vermutung der Kindeswohldienlichkeit eines solchen Umgangs etabliert.22 Diese hat sich in Bezug auf nichteheliche Väter jedoch erst Ende der 1990er Jahre durchgesetzt. Während eine nicht oder nicht mehr existierende soziale Beziehung vom nichtehelichen Vater zum Kind und eine ablehnende Haltung der Mutter gegenüber dem Kontakt nicht per se diese Vermutung zu widerlegen vermag,23 ist in Ausnahmefällen als Grund für eine Verweigerung des Umgangsrecht die Befürchtung anerkannt, ein solches könne destabilisierende Wirkung auf die (neue) Familieneinheit von Mutter, Stiefvater und Kind haben.24 Früher hatte die Stieffamilie noch ohne Einschränkung Vorrang vor dem Kontaktinteresse des nichtehelichen Vaters genossen, ehe mit der Entscheidung A v L25 die Bedeutung der Kenntnis des Kindes von seinem leiblichen Vater und des Kontaktes zu ihm – unabhängig vom Status der Ehelichkeit – betont wurde.
19
bb).
Zum Erwerb dieser durch den unehelichen Vater vgl. ausführlich unter B. III. 2. a)
20 Sec. 10 (4)(a) CA 1989 i.V.m. Sec. 1 (1) Family Law Reform Act 1987; Herring, Family Law, S. 495. 21 Vgl. z.B. Re K (A Minor) (Access Order: Breach) All ER 1977, Bd. 2, 737 (740). 22 Re O (Contact: Imposition of Conditions) FLR 1995, Bd. 2, 124 (128). 23 A v L (Contact) FCR 1998, Bd. 2, 204. Vgl. dazu ausführlich Carell, Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters im Elternkonflikt in Deutschland und England, S. 243 ff. m.w.N. 24 Vgl. Re SM (A Minor) (Natural Father: Access) FLR 1996, Bd. 2, 333. Vgl. ebenso Re B (Contact: Stepfather’s Opposition FLR 1997, Bd. 2, 579 (579 f.), wo der Stiefvater glaubhaft machte, er werde Mutter und Kind verlassen, käme es zu einer Umgangsanordnung zugunsten des leiblichen Vaters. 25 (Contact) FCR 1998, Bd. 2, 204 (209).
A. Rechtsstellung und Interessen des externen leiblichen Elternteils
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II. Rechtstatsachen: Ausgestaltung der Beziehung des externen leiblichen Elternteils zu seinem Kind, das in einer Stieffamilie lebt Um zu überprüfen, ob die Befürchtung begründet ist, der externe leibliche Elternteil werde durch die Stiefkindadoption als elterliche Beziehungsperson des Kindes verdrängt, hat zunächst eine Bestandsaufnahme zu erfolgen, wie häufig eine solche Beziehung des externen leiblichen Elternteils nach der Trennung und Wiederheirat des internen leiblichen Elternteils zu seinem in der Stieffamilie lebenden Kind überhaupt besteht und wie diese ausgestaltet ist. Dafür werden die bis dato vorliegenden Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Studien herangezogen. Entsprechend der Dominanz der Stiefvaterfamilie handelt es sich beim außenstehenden leiblichen Elternteil in den meisten Fällen um Väter.26 Stiefkinder, die adoptiert werden, sind in den seltensten Fällen Säuglinge oder Kleinkinder, vielmehr steigt der Anteil an Stiefkindern mit den Altersgruppen an.27 Entsprechendes lässt sich bei Stiefkindadoptionen ablesen: Der Anteil der adoptierten Stiefkinder ist in den älteren Altersgruppen am höchsten.28 Die Wahrscheinlichkeit, dass Scheidungs- und uneheliche Trennungskinder den familialen Übergang von der biologischen Kernfamilie zur Fortsetzungsfamilie und somit den leiblichen Elternteil in seiner Elternrolle bewusst erlebt haben, ist damit sehr hoch.29 26 Von diesen Vätern, die ihre rechtliche Beziehung zum Kind im Wege der Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil verlieren, ist in England mehr als die Hälfte mit der Mutter des Kindes zuvor verheiratet gewesen, vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/ Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 3.4, S. 37. 27 Teubner, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 23 (33); ebenso Leete Population Trends 1978, Heft 4, 9 f. 28 Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder– und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 1, 5. Vgl. bereits Grey/Blunden, A Survey of Adoption in Great Britain, Table 3(12) und 3(14), S. 41, 43; ebenso Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 3.10 und Abbildung 6, S. 41 f., wobei in beiden Studien die 5- bis 10-jährigen Stiefkinder die größte Gruppe ausmachten. Vgl. ebenso die Studie aus Irland zum Alter der zu adoptierenden Stiefkinder im Zeitpunkt der Heirat von leiblicher Mutter und Stiefvater, Loftus A&F 2004, Heft 1, 59 (62); vgl. auch Fendrich/Schilling FPR 2001, 305 (307): „in erster Linie schulpflichtige Kinder“; ebenso Wolf/Mast Social Welfare 1987, 69 (70). 29 Vgl. Maddox, The Half-Parent, S. 27; Hoffmann JAmt 2003 453 (455). Im Jahr 1970 entfielen in England 90 % sämtlicher Adoptionen von Kindern zwischen 5 und 9 Jahren sowie 84 % derer, die älter als 10 Jahre alt waren, auf Stiefkindadoptionen, Lowe CFLQ 1997, 371 (372). Siehe auch die Studienergebnisse von Masson/ Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 42, bei der drei Fünftel der Scheidungskinder, die Hälfte der halbverwaisten und zwei Fünftel der nichtehelichen Kinder bei der Adoption durch den Stiefelternteil zwischen fünf und elf Jahre alt waren, wobei 60 % der Scheidungs-, 72 % der halbverwaisten und lediglich 7,2 % der nichtehelichen Kinder älter als zwei Jahre alt waren, als sich die Eltern trennten. Vgl. ebenso die aktuellen Erhebungen, nach denen in England im Jahr 2001 68 % der ca. 150.000 von einer Scheidung ihrer
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Während zahlreiche ältere Studien eine Abnahme des Kontaktes des nichtsorgeberechtigten Elternteils zu seinem Kind nach der Trennung oder Scheidung vom anderen leiblichen Elternteil konstatieren,30 zeigen aktuelle rechtstatsächliche Untersuchungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Kontaktes des externen leiblichen Elternteils zu seinem Kind, das nach der Trennung in einer Stieffamilie lebt, ein uneinheitliches Bild auf: Teilweise wird festgestellt, dass sich die Wiederheirat des internen Elternteils negativ auf den ohnehin schon reduzierten Kontakt des Kindes zu seinem anderen leiblichen Elternteil auswirkt,31 andere kommen zum gegenteiligen Ergebnis,32 wieder andere erklären, dass das Hinzutreten neuer Partner positiven oder negativen Einfluss auf die Kontaktintensität des Kindes zum außenstehenden Elternteil haben kann.33 Ein einheitliches, verallgemeinerndes Bild von der Intensität des Kontaktes des Kindes zu seinem außerhalb der Stiefehe lebenden leiblichen Elternteil scheint sich aufgrund zahlreicher individueller Faktoren nicht zeichnen zu lassen.34 Auch ist dieser Kontakt sehr unterschiedlich ausgestaltet: Teilweise finden mehrmalige wöchentliEltern betroffenen Kinder zum Zeitpunkt der Scheidung jünger als oder 10 Jahre alt waren, Hunt/Roberts, Family Policy Briefing Paper 3, S. 1. 30 Vgl. zusammenfassend Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (130 f.), m.w.N.; eine erste Kontaktreduktionswelle nach der Trennung konnte in einer Kölner Längsschnittstudie zur Veränderung familiärer Beziehungen nach Trennung/Scheidung nicht bestätigt werden, vgl. Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (309); ebenso die Ergebnisse einer Studie, nach der ein Großteil der – mangels Partnerschaft mit der Mutter – nicht mit dem Kind zusammenlebenden Väter zumindest innerhalb der ersten neun Lebensmonate des Kindes eine große Anteilnahme und Umgangsbereitschaft aufwies, vgl. Calderwood/Kiernan/ Joshi/Smith/Ward, in: Dex/Joshi (Hrsg.), Children of the 21st century, S. 175 (189 f.). 31 Walper/Gerhard, in: Behnken/Zinnecker (Hrsg.), Kinder – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 522 (530); Acock/Demo, Family Diversity and Well-being, S. 137; SchmidtDenter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (308); Bradshaw/Stimson/Skinner/Williams, in: McRae (Hrsg.), Changing Britain, S. 404 (413); Furstenberg/Spanier, Recycling the family, S. 94. 32 Furstenberg/Spanier, Recycling the family, S. 94 f.; Schmidt-Denter/Schmitz, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 73 (83), bestimmen eine hohe Loyalitätsbindung von Trennungskindern zu ihrem externen leiblichen Elternteil, auch sechs Jahre nach der Trennung der leiblichen Eltern. 33 Maclean/Richards, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 259 (266). 34 Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (209); Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (134), weist darauf hin, dass sich aufgrund des mangelnden Forschungsstandes keine gesicherten Aussagen hinsichtlich der Beziehung des externen leiblichen Elternteils zu seinem in der Stieffamilie lebenden Kind treffen lassen; vgl. auch Charles/Davies/Harris, Families in transition, S. 150 f.; detailliert zu den sozio-demografischen Faktoren, bei denen ein Einfluss auf die Intensität des Kontaktes vermutet wird, vgl. Bradshaw/Stimson/Skinner/Williams, in: McRae (Hrsg.), Changing Britain, S. 404 (413 ff.).
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che direkte und persönliche Treffen statt; viele Stiefkinder treffen ihren leiblichen Elternteil jedoch lediglich mehrmals monatlich; bei einigen ist der Kontakt auf wenige Treffen pro Jahr beschränkt. Teilweise besteht der Kontakt allein in telefonischer oder brieflicher Form oder aber es kommt sogar zum vollständigen Kontaktabbruch zwischen externem Elternteil und Kind.35 Inwieweit die Variablen des familialen Hintergrundes Einfluss auf die Gestaltung des Kontaktes von außenstehendem Elternteil und Kind haben, ist nicht geklärt.36 Als Faktoren, die einen reduzierten Umgang oder gar dessen Abbruch evozieren, werden die Zeit, die seit der Trennung der leiblichen Eltern verstrichen ist – je länger die Trennung zurückliegt, um so seltener werden die Kontakte des Kindes zu seinem leiblichen Elternteil37 –, und die Partnerschaftsform der Stiefpartner – Kontaktreduktion bei Formalisierung der Partnerschaft durch Eheschließung – genannt. Auch das eigene Partnerschaftsgefüge des externen Elternteils ist von Relevanz: Hat dieser sich neu gebunden und ist eventuell sogar eine neue Ehe eingegangen, sinkt die Wahrscheinlichkeit des Kontaktes zu seinem Kind der früheren Partnerschaft. In den Fällen, in denen beiden leiblichen Eltern des Kindes das gemeinsame Sorgerecht zusteht, konnte eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für einen häufigen Kontakt festgestellt werden als bei Konstellationen, in denen der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil allein über das Sorgerecht verfügt.38 Andere Forschungsergebnisse bele35 Im Rahmen des British Household Panel Survey 2002 gab ein Fünftel der nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteile an, keinen Kontakt mehr zum Kind zu haben, 60 % – meist Väter – sahen eigenen Angaben zufolge ihr Kind hingegen ein oder mehrmals in der Woche, vgl. Ermisch J Popul Econ 2008, 827 (843); vgl. auch die Studie von Bradshaw/Stimson/Skinner/Williams, in: McRae (Hrsg.), Changing Britain, S. 404 (412), in der lediglich 3 % der nicht mit dem Kind zusammenlebenden Väter keinen Kontakt mehr zu ihrem Kind unterhielten, während ca. die Hälfte der Väter ihr Kind einmal wöchentlich sah; vgl. auch Hartl, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 177 (178 ff.). Vgl. die aktuelle Studie von Smith CFLQ 2003, 185 (192 f.), in der drei Viertel der Stiefkinder in dem der Befragung vorangehenden Jahr Kontakt zu ihrem anderen leiblichen Elternteil hatten; etwa bei der Hälfte der Kinder war ebendieser Kontakt durch hohe Frequenz und Regelmäßigkeit gekennzeichnet. Anders noch die Ergebnisse der Stiefkindadoptionsstudie von Masson/Norbury/Chatterton, bei der lediglich 14 % der von der Studie erfassten Scheidungskinder einen Kontakt zum externen Elternteil unterhielten, während bei dem Großteil der Kinder der Kontakt verloren gegangen oder nie existent war, vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (232). 36 Vgl. Griebel, in: LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, S. 64 (67 f.). 37 So Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (309). 38 Hartl, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 177 (192 f.); so auch Balloff/Walter Psychologie in Erziehung und Unterricht 1991, 81 (88).
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gen, dass es bei bestehen bleibendem gemeinsamem Sorgerecht in den seltensten Fällen zu Kontaktabbrüchen kommt.39 Die Orientierung an der Regelung des Umgangsrechtes wird hingegen vom internen leiblichen Elternteil nicht als ausschlaggebend für eine Kontaktreduktion genannt.40 Mit Blick auf die Struktur des Umgangs wird den Faktoren der geringen gesellschaftlichen Erwartung an die Rolle des außenstehenden Elternteils,41 seiner Rollenunsicherheit und der Wahrnehmung des Kontaktes zum Kind als Stressfaktor42 Bedeutung beigemessen. Ebenso sind Schwierigkeiten, emotional mit der als künstlich empfundenen Umgangssituation umzugehen,43 ungelöste Konflikte mit dem internen leiblichen Elternteil44 und dessen Widerstand gegen einen regelmäßigen Umgang mit dem Kind von Relevanz. Jedoch kann die reduzierte Kontaktintensität auch auf eine Entlastung des Schuldgefühls zurückgeführt werden, das der externe Elternteil, der sich für die Scheidung verantwortlich fühlt, durch die Wiederheirat des internen Elternteils erfährt.45 Die Gestaltung der Beziehung von externem leiblichen Elternteil und Kind steht damit in Abhängigkeit zahlreicher, insbesondere auch individueller Faktoren. Dass der Kontakt zwischen ihm und dem Kind nicht in allen Fällen intensiv ausgestaltet ist, kann nicht immer auf ein mangelndes Interesse des leiblichen Vaters am Kind oder umgekehrt zurückgeführt werden.46 Auch wenn ältere rechtstatsächliche Untersuchungen zum Ergebnis gelangen, dass sich in den Stieffamilien, in denen eine Adoption des Stiefkindes beantragt wurde, der Kontakt des Kindes zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil überwiegend wenig intensiv und reduziert 39 Walper/Gerhard, in: Behnke/Zinnecker (Hrsg.), Kinder – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 522 (533). 40 Hartl, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 177 (185); in England werden Umgangsregelungen nach Scheidung und Trennung zu überwiegenden Teilen im Wege privater Vereinbarungen getroffen; nur eine geringe Minderheit wählt dafür rechtliche Schritte, vgl. Hunt/Roberts, Family Policy Briefing Paper 3, S. 1. 41 Griebel, in: LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, S. 64 (68). 42 Furstenberg/Cherlin, Geteilte Familien, S. 66; Burgoyne/Clark, in: Rapoport/Fogarty/Rapoport (Hrsg.), Families in Britain, S. 286 (299). 43 Zum Beispiel kann es ein Leidempfinden des externen leiblichen Elternteils auslösen, sein Kind nach einem Treffen wieder in die neue Familie zurückzubringen, Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55 (68). Das Kind hingegen kann sich aufgrund von als belastend empfunden Loyalitätskonflikten und Verhaltensunsicherheiten gegenüber den Beteiligten in der intensiven Gestaltung der Beziehung zum außen lebenden Elternteil gehemmt sehen, vgl. Hartl, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 177 (178). Vgl. auch Griebel, in: LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, S. 64 (68 ff.). 44 Kostka, in: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis?, S. 323 (329). 45 Braver et al., zitiert nach Ganong/Coleman, Remarried family relationships, S. 96. 46 So auch Kostka, in: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis?, S. 323 (329).
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darstellte,47 gibt es heute eine Vielzahl von leiblichen Elternteilen, die zu ihrem Kind, das in der Stieffamilie lebt, nach wie vor in einer Beziehung stehen.48 So stuften etwa in der Studie von Ritzenfeldt 90 % der befragten Stiefkinder den externen leiblichen Elternteil als der Familie zugehörig ein.49 III. Interessenvarianz Die Interessen des externen leiblichen Elternteils variieren, je nachdem, ob er eine Beziehung zum Kind aufgebaut hat und unterhält oder nicht. Zwar wird vielfach die Frequenz des Kontaktes des externen Vaters zu seinem Kind als Indikator für die Qualität der Beziehung der beiden verstanden,50 es konnte aber nachgewiesen werden, dass die Häufigkeit des Kontaktes als alleiniger Parameter hierfür nicht ausreicht. Vielmehr kommt es auf eine emotionale Verbindung von Kind und leiblichem Elternteil sowie die konkrete Gestaltung des Kontaktes an.51 Auch wenn kein Kontakt stattfindet, besteht die Möglichkeit, dass ein väterliches Verantwortungsbewusstsein bzw. Beziehungsempfinden erhalten bleibt oder sogar erst aufgebaut wird.52 Damit kann auch der leibliche Vater, der von der Existenz des Kindes erst sehr spät erfährt oder an der Herstellung einer Vater-KindBeziehung aus anderen Gründen gehindert war, dem Kind ein berechtigtes väterliches Interesse entgegenbringen. 47
Siehe Masson/Norbury/Chatterton, die in ihrer Studie – entgegen der Annahme des Houghton Committee – feststellten, dass bei Stiefkindadoptionsanträgen lediglich ein geringer Anteil der außenstehenden leiblichen Elternteile einen intensiven Kontakt zu ihrem Kind unterhielten, Mine, yours or ours?, S. 49 ff., S. 53. Vgl. ebenso die – nicht repräsentative – schottische Studie von Phillips A&F 1992, Heft 2, 16 (20); ähnlich, jedoch steigende Tendenz des Kontaktes des Kindes zu seinem leiblichen Vater in Stiefkindadoptionsfällen in Irland konstatierend, Loftus A&F 2004, Heft 1, 59 (62 f.), wobei zu beachten ist, dass in Irland ein Großteil der Stiefkindadoptionen in Stieffamilienkonstellationen erfolgt, in denen die Stiefehe die erste Ehe der Partner darstellt, a.a.O., S. 66). 48 Vgl. Creasey/Trikha/Turtle/Wands, in: Attwood/Singh/Prime/Creasey (Hrsg.), Home Office Citizenship Survey, S. 113 (126); Collier/Sheldon, Fragmenting Fatherhood, S. 142. 49 Kinder mit Stiefvätern, S. 96; vgl. auch die Studie von Smith CFLQ 2003, 185 (189), in der zwei Drittel der Stiefkinder ihren anderen leiblichen Elternteil als zur Familie gehörig klassifizierten; bei Kindern, die im vorangegangenen Jahr Kontakt zu ihrem Elternteil gehabt hatten, stieg der Anteil sogar auf 85 %; ähnlich RöhrSendlmeier/Greube ZfFF 2004, 56 (67); Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 391 f. 50 Amato/Gilbreth J Marriage Fam 1999, 557 (558). 51 Amato/Gilbreth J Marriage Fam 1999, 557 (558 f., 568) m.w.N.; Balloff RdJB 1991, 444 (461); Wallerstein/Kelly, Surviving the Breakup, S. 235; a.A. Stein-Hilbers, Wem „gehört“ das Kind?, S. 160. 52 Vgl. in Bezug auf Fremdadoptionen Clapton, Birth Fathers and their Adoption Experiences, S. 133 ff.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Je nach Interesse fällt die Reaktion des leiblichen Elternteils auf die Beantragung der Adoption seines Kindes durch den Stiefvater aus: 53 Seine Zustimmung zur Adoption wird er erteilen, wenn er mit der Adoption einverstanden ist. Die Hintergründe hierfür können vielseitig sein: Er hat nie eine Beziehung zum Kind aufgebaut, ist am Aufbau einer solchen auch nicht interessiert; er fühlt sich zur Einwilligung gedrängt; erteilt die Einwilligung mit Widerwillen54 oder in Resignation nach dauerhaften Auseinandersetzungen; er wünscht sich für das Kind die vollständige Integration in die Stieffamilie und geht davon aus, dass der Beziehungserhalt zu ihm dieser Integration im Wege steht;55 er vereinbart den Erhalt eines Umgangs mit dem Kind;56 er beabsichtigt, sich durch die Adoption seiner unterhaltsund erbrechtlichen Verpflichtung zu entziehen57 sowie einen umfassenden Schlussstrich unter das Kapitel der gescheiterten Ehe oder Partnerschaft zu ziehen.58 Andererseits kann er am Erhalt seiner Abstammungsbeziehung zum Kind festhalten wollen und daher die Einwilligung verweigern, um von seinem Auskunfts-, Umgangs- und ggf. bestehenden Sorgerecht weiterhin Gebrauch zu machen. Aber auch unabhängig vom Interesse am Erhalt eines Umgangs kann es seinem Willen entsprechen, zu verhindern, dass sein Kind zum Kind eines anderen wird, d.h. ein anderer die Vaterrolle übernimmt.59
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
Um den außenstehenden leiblichen Elternteil in seiner Rechtsposition und seinen berechtigten Interessen zu schützen, steht ihm das Recht zu, in die Adoption seines Kindes einzuwilligen oder durch die Verweigerung seiner Zustimmung die Adoption zu verhindern. Hierbei ist zu untersuchen, wie weitreichend dieser Schutz des externen Elternteils in beiden Rechtsord-
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In der Studie von Wolf/Mast willigte etwa die Hälfte der leiblichen Elternteile in die Adoption durch den Stiefelternteil ein, während bei der anderen Hälfte die Adoption gegen deren Willen erfolgte, Social Welfare 1987, 69 (71 f.). 54 Vgl. die Angaben der Väter bei Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52. 55 Vgl. die Angaben der Väter bei Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52. 56 Vgl. das Fallbeispiel bei Paulitz, Offene Adoption, S. 160 f. 57 Vgl. die Angaben der Väter bei Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52. Ebenso Maddox, The Half-Parent, S. 168. 58 Vgl. Maddox, The Half-Parent, S. 168. 59 Vgl. die Angaben der Väter bei Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 53.
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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nungen angelegt ist, insbesondere ob er tatsächlich jedem leiblichen Elternteil im Falle der Stiefkindadoption zuteil wird. I. Anforderungen nach Art. 8 EMRK Mit der Frage, welche Anforderungen an die Beteiligung der leiblichen Eltern im Adoptionsverfahren aus Art. 8 EMRK abzuleiten sind, hatte sich der EGMR in mehreren Entscheidungen auseinanderzusetzen. Zwar entschied er im Fall Keegan v Irland60, dass die Dekretierung einer Adoption eines Kindes – unabhängig davon, ob ein ehelicher oder unehelicher Vater betroffen ist – ohne dessen „Wissen oder Zustimmung“ gegen Art. 8 EMRK verstöße. Konkrete Vorgaben, wie eine Beteiligung eines Vaters am Adoptionsverfahren, insbesondere eines nichtehelichen ohne Sorgerecht, ausgestaltet sein muss, damit sie Menschenrechtskonformität aufweist, sind der Entscheidung jedoch nicht zu entnehmen. Auch in der Entscheidung Söderbäck v Schweden,61 der der Sachverhalt einer Stiefkindadoption zugrunde lag, bezog der EGMR zu dieser Frage keine Stellung. Hier ließ er die schwedische Regelung, nach der zwar dem sorgeberechtigten Vater, nicht aber dem nichtehelichen Vater ohne Sorgerecht ein förmliches Einwilligungsrecht zusteht, unbeanstandet.62 II. Die elterliche Berechtigung zur Einwilligung nach deutschem Recht Zentrale Wirksamkeitsvoraussetzung jeder Adoption in Deutschland ist die Einwilligung der Eltern, vgl. § 1747 Abs. 1 BGB. Das Einwilligungsrecht ist Ausfluss des natürlichen Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG und besteht im deutschen Recht unabhängig von der Inhaberschaft elterlicher Sorge.63 Welche Personen als einwilligungsberechtigte Eltern zu qualifizieren sind, bestimmen die §§ 1591 f. BGB.
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EGMR Keegan/Irland v. 26.5.1994 – 16/1993/411/490, EuGRZ 1995, 113 (120). EGMR Söderbäck/Schweden v. 28.10.1998 – 24484/94, ECHR 1998-VII, 33. 62 Ausführlich hierzu Kopper-Reifenberg, Kindschaftsrechtsreform und Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK, S. 373. Hieraus wird im Schrifttum teilweise abgeleitet, eine Anhörung des nichtehelichen, nichtsorgeberechtigten Vaters reiche für eine menschenrechtskonforme Beteiligung am Adoptionsverfahren gem. Art. 8 i.V.m Art 14 EMRK aus, vgl. Carell, Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters im Elternkonflikt in Deutschland und England, S. 264; a.A. Brötel FamRZ 1995, 72 (78). 63 BVerfG FamRZ 1995, 789 ff.; EGMR FamRZ 1995, 110; BayObLG FamRZ 2002, 1142 (1143); FamRZ 2005, 541; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 542 (544); Palandt/Götz § 1747 Rn. 1; BambergerRoth/Enders § 1747 Rn. 2; Erman/Saar § 1747 Rn. 2; Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 10. 61
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
1. Einwilligung der Mutter Handelt es sich bei der Stieffamilie, in der eine Stiefkindadoption erfolgen soll, um eine Stiefmutterfamilie, steht im Mittelpunkt die Einwilligung der leiblichen Mutter in diese Adoption. Mutter ist gemäß § 1591 BGB allein die Frau, die das Kind geboren hat. Die Bestimmung der Frau, die als einwilligungsberechtigte Mutter in Frage kommt, ist daher in der Regel nicht mit Schwierigkeiten verbunden. Auch in den Fällen, in denen die Stiefkindadoption in einer Stiefvaterfamilie angestrebt wird – d.h. in nahezu sämtlichen Stiefkindadoptionsfällen64 –, ist die Einwilligung der Mutter in Form der Zustimmung zur Annahme des Kindes durch den Ehegatten Voraussetzung der Adoption, vgl. § 1749 Abs. 1 S. 1 BGB. Da sich die Mutter des Kindes die Stiefkindadoption im Normalfall in gleichem Maße wie der Stiefelternteil wünscht, sie diesen eventuell sogar dazu drängt, eine Adoption durchzuführen, sind Einwilligungskonflikte nicht zu erwarten.65 2. Einwilligung des Vaters Stiefvaterfamilien stellen den Regelfall einer Stieffamilie dar, sodass es sich auch bei Stiefkindadoptionen in den allermeisten Fällen um Adoptionen durch einen Stiefvater handelt.66 Zentrale Frage ist demnach, ob der Vater des Kindes in diese Adoption einwilligt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass er überhaupt über eine Berechtigung zur Einwilligung verfügt. Als rechtlicher Vater ist zunächst der Mann zu qualifizieren, der nach § 1592 BGB als solcher gilt. Dies ist nach § 1592 Nr. 1 BGB der Mann, 64 Zum Regelfall der Stiefvaterfamilie siehe Kapitel 1, unter II. 1. b). Vgl. auch Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 46, in deren Studie es sich bei 96 % der 1.255 in die Untersuchung einbezogenen Familien um solche Stieffamilien handelte, in denen der Stiefvater die Kinder der Mutter anzunehmen beantragte; bei lediglich 1,6 % der Familien stellte die Stiefmutter den Antrag auf Stiefkindadoption. Beachtenswert ist jedoch, dass in Familien, in denen beide Ehegatten Kinder in die Stieffamilie mitgebracht hatten, oftmals der Antrag einer Stiefkindadoption auf jene Kinder beschränkt wurde, die die Mutter in die Stieffamilie mitgebracht hatte, a.a.O., S. 46. Eine Adoption der Kinder des Vaters wurde von den Beteiligten als überflüssig eingestuft. Masson/Norbury/Chatterton liefern als Erklärungsversuch die Überlegung, das Motiv der Namensanpassung sei bei den väterlichen Kindern nicht gegeben; zudem sei für den Stiefvater aufgrund seiner Rollenunsicherheit gegenüber den nichtleiblichen Kindern der Erwerb eines Status als „Vater“ von größerer Bedeutung als für die Stiefmutter, die ihre Rolle durch ihren alltäglichen fürsorglichen Einsatz demonstrieren und absichern könne, a.a.O., S. 46. 65 Ebenso Wuppermann, Adoption, S. 106. Der interne leibliche Elternteil tritt somit hinsichtlich der Einwilligung in dreifacher Funktion auf: als gesetzlicher Vertreter des Kindes nach § 1746 Abs. 1 S. 2, 3 BGB, als leiblicher Elternteil gem. § 1747 Abs. 1 BGB und als Ehegatte des Annehmenden, § 1749 Abs. 1 S. 1 BGB. 66 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 46.
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, nach § 1592 Nr. 2 BGB die Vaterschaft anerkannt hat, oder jener, dessen Vaterschaft nach §§ 1600d rechtskräftig gerichtlich festgestellt wurde, vgl. § 1592 Nr. 3 BGB. Seit der Kindschaftsrechtsreform 1997 wird demnach nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Vätern unterschieden, denen bis 1977 nach § 1747b a.F. BGB nur ein Anhörungsrecht, danach lediglich die Möglichkeit offenstand, die Ehelicherklärung des Kindes oder die Annahme des Kindes selbst zu beantragen, vgl. § 1747 Abs. 2 S. 2 bis 5 BGB a.F. Darüber hinaus vermittelt § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB auch dem Mann ein Einwilligungsrecht, dem das Kind noch nicht abstammungsrechtlich zugeordnet ist, der aber glaubhaft macht, mit der Mutter während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, wenn kein anderer Vater nach § 1592 BGB feststeht. a) Mütterliche Auskunftsverweigerung über den biologischen Vater des Kindes Voraussetzung für die Beteiligung eines leiblichen Vaters am Adoptionsverfahren ist zunächst, dass er von diesem überhaupt Kenntnis erlangt hat. Besteht eine Vaterschaft im Rechtssinne nicht – was bei der steigenden Anzahl der Geburten nichtehelicher Kinder nicht selten der Fall und damit insbesondere im Zusammenhang mit Stiefkindadoptionen von Bedeutung sein dürfte – und verweigert die Mutter eine Auskunft über den biologischen Vater, da sie diesen nicht näher kennt oder ihn von Vaterrechten ausschließen möchte, besteht für das Familiengericht keine Möglichkeit, den leiblichen Vater am Adoptionsverfahren zu beteiligen.67 Mangels feststehender Vaterschaft und Ermittelbarkeit ist eine Einwilligung des Vaters dann nicht Voraussetzung für die Adoption.68 In ihren Empfehlungen weist die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter darauf hin, dass in einem solchen Fall von der Adoptionsvermittlungsstelle eine Beratung der Mutter über die Folgen für das Kind vorzunehmen und diese zur Namenspreisgabe sowie einer Vaterschaftsfeststellung zu ermutigen ist.69 Über eine derartige Ermutigung hinaus wird in diesem Zusammenhang eine Pflicht des Familiengerichtes zur Ermitt-
67 Vgl. LG Stuttgart FamRZ 1992, 1469; LG Freiburg FamRZ 2002, 1647; AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2005, 302 f. 68 Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1747 Rn. 6; AG TempelhofKreuzberg FamRZ 2005, 302. 69 BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, unter 6.2.2, S. 23.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
lung des mutmaßlichen Vaters erörtert70 und überwiegend bejaht.71 Argumentiert wird hierbei mit § 12 FGG (heute § 26 FamFG), der die Pflicht des Familiengerichts normiert, zu ermitteln, wessen Einwilligung in die Adoption erforderlich ist. Diese Pflicht erstrecke sich auch auf die Klärung der Frage, wer als biologischer und damit potenzieller rechtlicher Vater des Kindes in Betracht kommt.72 Eine gleiche Ermittlungspflicht treffe das Jugendamt, das nach § 51 Abs. 3 SGB VIII die Beratung des Vaters durchzuführen hat. Dieser Schutz des biologischen Vaters sei unabhängig davon geboten, ob das Kind in oder außerhalb einer Ehe geboren wurde.73 Zwar ist die Ermittlungspflicht des Gerichtes dadurch begrenzt, dass eine Möglichkeit der Zwangsausübung auf die Mutter zur Preisgabe des Namens des Vaters nicht besteht. So kann die Mutter nicht mittels der Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 35 FamFG zur Nennung des Vaternamens genötigt werden,74 da der ihr durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährte Intimsphärenschutz nach Art. 2 Abs. 1 GG in Bezug auf Angaben über Personen, mit denen sie sexuellen Beziehungen unterhalten hat,75 das väterliche Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 BGB überwiegt.76 Dennoch wird teilweise die Befragung von Eltern und Bekannten der Mutter als Pflicht des Gerichts eingestuft.77 Helms hingegen zieht die Grenze der zu Vernehmenden bei den unmittelbar am Adoptionsprozess Beteiligten.78 Das gegen eine Ermittlungspflicht vorgebrachte Argument der Verzögerung des Adoptionsverfahrens, die für das Kindeswohl mit Risiken verbunden ist,79 greift in Stiefkindadoptionsfällen gerade nicht ein: Hier än70 Vgl. Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 14; Maurer FPR 2005, 196 (198); Wolf FPR 2001, 345 (349); Bamberger/Roth/Enders § 1747 Rn. 6, 6.1; Helms JAmt 2001, 57 (60 f.). 71 Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 14; Maurer FPR 2005, 196 (198); Wolf FPR 2001, 345 (349); für eine obligatorische Vaterschaftsfeststellung plädierend Wollek UJ 1999, 147 (153); a.A. Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1747 Rn. 6, Fn. 4; Bamberger/Roth/Enders § 1747 Rn. 6.1 (aber für eine Belehrung des mutmaßlichen Vaters hinsichtlich der Geltendmachung seiner Vaterschaft nach § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB). 72 Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 14. 73 Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 14. 74 LG Freiburg FamRZ 2002, 1647; LG Stuttgart FamRZ 1992, 1469 (1470). 75 Vgl. BGH NJW 1982, 381. Das Kind besitzt zwar selbst einen Auskunftsanspruch gegen seine Mutter auf Benennung des leiblichen Vaters, vgl. BVerfG NJW 1988, 3010; gegenüber staatlichen Stellen ist die Mutter jedoch nicht zu ebendieser Preisgabe verpflichtet, da sie sich auf Art. 2 Abs. 1 BGB berufen kann, vgl. Mansees NJW 1988, 2984 (2985); Muscheler FPR 2002, 339 (346 f.). 76 LG Freiburg FamRZ 2002, 1647; LG Stuttgart FamRZ 1992, 1469 f. 77 Maurer FPR 2005, 196 (198); Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 15. 78 Helms JAmt 2001, 57 (60). 79 Hierzu auch Helms JAmt 2001, 57 (60).
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
209
dert sich an den tatsächlichen Lebensumständen des Kindes durch die Adoption nichts, da das Kind ohnehin in der Stieffamilie integriert lebt; dem Kind wird nicht erst durch die Adoption die Option des Aufwachsens in einer Familie eröffnet. Dass daher die oftmals ohnehin verfrühte Beantragung der Stiefkindadoption erst später zu einer Dekretierung gelangt, geht für das Kind in der Regel nicht mit Risiken einher, vielmehr hat ein zwischengeschaltetes Ermittlungsverfahren den weiteren Vorteil, dass die Mutter, die die Adoption ihres Kindes durch ihren Ehepartner oder ihre Lebenspartnerin wünscht, die Länge dieses Ermittlungsverfahrens selbst beeinflussen kann, indem sie sich doch dazu bereit erklärt, den Namen des biologischen Vaters des Kindes preiszugeben oder bei eigener Unkenntnis an der Ermittlung mitzuwirken. Auf diese Weise ließe sich auch ermitteln, ob es der Mutter mit der Adoption ihres Kindes durch den Stiefvater darum geht, die Entstehung einer Beziehung des Kindes zu seinem leiblichen Vater zu verhindern. Es ist somit – insbesondere in Stiefkindadoptionsfällen – für eine umfängliche Ermittlungspflicht des Jugendamtes und des Gerichts zu plädieren. Diese Pflicht rechtfertigt sich aus der Schwere des Eingriffs in die väterliche Rechtsposition aufgrund ihres gänzlichen Verlustes durch die Adoption. b) § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB Ist eine Vaterschaftsbestimmung nach § 1592 BGB nicht möglich, hat der biologische Vater aber vom Adoptionsverfahren Kenntnis erlangt, ist er nach § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB einwilligungsberechtigt, wenn er glaubhaft macht, der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt zu haben (sog. Vaterschaftsprätendent). Hintergrund dieser Regelung stellt die abstammungsrechtliche Regelung des § 1595 Abs. 1 BGB dar, nach der die für eine Vaterschaftsanerkennung vorausgesetzte Zustimmung der Mutter von dieser verweigert werden kann, sodass der Vater zur Begründung seiner Vaterschaft auf eine Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB verwiesen wird, die mit erheblichem Zeitaufwand verbunden ist, der dem Schutz des Adoptionsrechts zuwiderliefe.80 Das Einwilligungsrecht des Vaterschaftsprätendenten besteht dabei unabhängig davon, ob dieser eine Vaterschaftsfeststellungsklage erhoben hat.81 § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB könnte insbesondere in Fällen der Stiefkindadoption durch eine Lebenspartnerin der leiblichen Mutter Anwendung finden, deren Kind mittels heterologer Insemination gezeugt wurde. Bei der Adoption eines durch heterologe Insemination gezeugten Kindes durch eine Lebenspartnerin hat der Samenspender in der Regel – da er sei80
BT-Drucks. 13/4899, S. 113. Vgl. hierzu und zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung Helms JAmt 2001, 57 (58 ff.). 81
210
Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
ne Vaterschaft rechtlich nicht begründen will – ein Vaterschaftsanerkenntnis unterlassen, sodass ein Vater des Kindes nicht existent ist. Ein Einwilligungsrecht des Samenspenders in die Stiefkindadoption ließe sich jedoch aus § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB ableiten. Ob eine Samenspende als „Beiwohnung“ zu qualifizieren ist, ist umstritten.82 Als Argument gegen eine Gleichsetzung der Samenspende mit der „Beiwohnung“ wird hierbei überzeugend das regelmäßig mangelnde Interesse des Samenspenders, seine Vaterschaft rechtlich zu begründen, ins Feld geführt. Auch mangelt es an einer Verpflichtung der Lebenspartnerinnen, den biologischen Vater preiszugeben.83 c) Rechtliche Vaterschaft eines Dritten Problematisch für die Einwilligungsberechtigung des nichtehelichen Vaters stellt sich das Auseinanderfallen von leiblicher und rechtlicher Vaterschaft dar. Ist die Vaterschaft nach § 1592 BGB begründet, ist allein dieser als Vater geltende Mann einwilligungsberechtigt. Fallen rechtliche und biologische Vaterschaft jedoch auseinander, bedeutete dies für den leiblichen Vater nach früherer Rechtslage den gänzlichen Ausschluss seiner Vaterrechte, auch dann, wenn zwischen rechtlichem Vater und Kind keine sozial-familiäre Beziehung bestand. Nach der auf einer Entscheidung des BVerfG84 basierenden, seit dem 30.4.2004 geltenden Rechtslage steht dem biologischen Vater nunmehr das Recht zu, durch eine Anfechtung der juristischen Vaterschaft seine eigene rechtlich zu begründen, vgl. § 1600 BGB i.V.m. § 182 FamFG. Der nichteheliche Vater muss somit den Abschluss des Anfechtungsverfahrens abwarten, ehe er die Berechtigung zur Einwilligung in die Adoption gem. § 1747 Abs. 1 S. 1 BGB erhält. Gem. § 1600 Abs. 2 BGB kann dem leiblichen Vater die Anfechtung nur dann gelingen, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat. Nach § 1600 Abs. 4 S. 1 BGB ist eine sozial-familiäre Beziehung gleichbedeutend damit, dass der rechtliche Vater für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder im Zeitpunkt seines Todes getragen hat. Von einer Übernahme dieser Verantwortung ist nach § 1600 Abs. 4 S. 2 BGB in der Regel auszugehen, wenn der Mann, der als rechtlicher Vater feststeht, mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Es muss zu einem tatsächlichen Kümmern um das Kind gekommen sein; eine reine Zahlvaterschaft begründet die tatsäch82
Staudinger/Rauscher (2004) § 1600d Rn. 48 ff.; Siegfried FPR 2005, 120 (122); a.A. MünchKommBGB/Wellenhofer § 1600d Rn. 98; Palandt/Götz § 1600d Rn. 12. 83 Vgl. dazu unter a). 84 BVerfG NJW 2003, 2151.
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
211
liche Verantwortungsübernahme nicht.85 Jedoch ist es bei der Regelvermutung des Zusammenlebens nicht zwingend, dass die häusliche Gemeinschaft von rechtlichem Vater und Kind zum Zeitpunkt der Anfechtung noch Bestand hat,86 vielmehr ist ausreichend, wenn durch das Zusammenleben ein Vertrauensverhältnis derart begründet wurde, dass es nach wie vor die Bezugswelt des Kindes prägt, z.B. durch einen intensiven Umgang.87 Ob die rechtlichen Eltern noch immer zusammenleben, ist dabei irrelevant.88 Der leibliche Elternteil selbst, der die Anfechtung betreibt, muss keine sozial-familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut haben. 89 Bei einer Stiefkindadoptionssituation ist nach den möglichen Konstellationen zu differenzieren:90 In den Stieffamilien, die infolge des Versterbens des rechtlichen Vaters entstanden sind und in denen dieser mit der Mutter verheiratet war, wird in den meisten Fällen eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung für das Kind aufgrund der Ehe zum Zeitpunkt des Todes anzunehmen sein und eine Widerlegung der Regelannahme für den leiblichen Elternteil mit der Begründung, es habe sich um eine Scheinehe gehandelt, schwierig sein. Auch in den – wohl eher seltenen – Fällen, in denen eine Vaterschaft eines Dritten beispielsweise aufgrund der Vermutung nach § 1592 Nr. 1 BGB besteht, da die Mutter des Kindes zur Zeit der Geburt mit einem anderen Mann als dem leiblichen Vater des Kindes verheiratet war, von dem sie sich aber hat scheiden lassen, ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Vaterschaftsanfechtung daran scheitern wird, dass eine während der Ehe mit der Mutter des Kindes aufgebaute sozial-familiäre Beziehung zum Kind noch Bestand hat. Vom Fehlen einer sozial-familiären Beziehung i.S.d. § 1600 Abs. 2 BGB wird man etwa nur in folgendem, äußert konstruiert klingenden Fall ausgehen können: Eine Vaterschaft im Rechtssinne besteht nicht, der Stiefvater möchte eine Anerkennung der Vaterschaft gem. § 1594 BGB 85
Erman/Hammermann § 1600 Rn. 12; MünchKommBGB/Wellenhofer § 1600 Rn. 8. Vgl. den Wortlaut von § 1600 BGB: „zusammengelebt hat“; ebenso OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1674. 87 MünchKommBGB/Wellenhofer § 1600 Rn. 12. 88 OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1674; Zorn, Das Recht der elterlichen Sorge, S. 56. 89 Bei Bestehen einer solchen ist ein Anfechtungsrecht auch bei einer parallel existierenden sozial-familiären Beziehung zum rechtlichen Vater begründend, wenn das Kindeswohl nicht entgegensteht, AG Herford FamRZ 2008, 1270. 90 In dem Fall, dass eine Vaterschaft im Rechtssinne nicht besteht und der Stiefvater die Vaterschaft des Kindes nach § 1594 BGB anerkannt hat – sog. verdeckte Stiefkindadoption, dazu näher in Kapitel 1, unter B. I. – handelt es sich gerade nicht um eine Adoption, sodass dieses Vorgehen auch nicht an eine Einwilligung des leiblichen Vaters gebunden ist. In einem solchen Fall wird die theoretische Möglichkeit der Anfechtung der Vaterschaft gem. § 1600 BGB praktisch in sämtlichen Fällen an der sozial-familiären Beziehung des Stiefvaters zum Kind scheitern. 86
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
nicht vornehmen, sondern das Kind adoptieren, der leibliche Vater erlangt Kenntnis von der beabsichtigten Stiefkindadoption, Stiefvater und Mutter des Kindes bewegen deshalb einen Dritten zur Anerkennung der Vaterschaft gem. § 1594 BGB,91 um zu verhindern, dass der leibliche Vater von seinem Einwilligungsrecht nach § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB Gebrauch macht. Der Dritte dürfte in einem solchen Fall eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind nicht aufgebaut habe, wenn die Anerkennung zeitnah vor der Einleitung des Stiefkindadoptionsverfahrens erfolgte. 3. Entbehrlichkeit der Einwilligung Ist ein einwilligungsberechtigter externer Elternteil, dessen Elternschaft festgestellt oder nach § 1747 Abs. 1 S. 2 BGB glaubhaft gemacht wurde, unauffindbar, so ist seine Einwilligung nach § 1747 Abs. 4 BGB entbehrlich. Bei Stiefkindadoptionen kann dies insbesondere bei Stieffamiliengründung nach unehelicher Geburt oder infolge von Scheidung der Fall sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Aufenthalt des Einwilligungsberechtigten dauernd unbekannt ist. Hiervon wird grundsätzlich ausgegangen, wenn sich der Aufenthalt trotz angemessener Ermittlungen der Ordnungsbehörden über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg nicht bestimmen lässt.92 4. Form der Einwilligung Sind die Eltern nach § 1746 als gesetzliche Vertreter und nach § 1747 BGB als Eltern einwilligungs- und zustimmungsberechtigt, reicht die Abgabe einer Erklärung aus, da sich das vom Elternteil wahrzunehmende Wohl des Kindes aus seiner Sicht einheitlich beurteilt, eine Mischung eigener und fremder Interessen ist dabei nicht auszuschließen.93 Hierin äußert sich die bereits dargestellte Problematik, dass eine Willensvertretung des Kindes schwer losgelöst von der eigenen Motivation der die Adoption anstrebenden Elternteile erfolgen kann.94
91
Hierzu in Kapitel 1, unter B. I. Vgl. OLG Köln DAVorm 1998, 936 f.; BAGLJÄ, Empfehlungen zur Adoption, unter 9.3.2, S. 39; Bamberger/Roth/Enders § 1747 Rn. 19.1. 93 MünchKommBGB/Maurer § 1746 Rn. 10; Staudinger/Frank (2007) § 1746 Rn. 7. 94 Zur Problematik bei Stiefkindadoptionen De’Ath Respresenting Children 1996, Heft 1, 20 (28). 92
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
213
III. Die elterliche Berechtigung zur Einwilligung nach englischem Recht Entscheidende95 Voraussetzung für den Erlass eines Adoptionsbeschlusses ist auch im englischen Recht nach Sec. 47 (2) ACA 2002, dass das Gericht vom Vorliegen oder der Ersetzung der Einwilligung der Eltern (oder eines guardian) in die Adoption überzeugt ist.96 Dabei kommen auch Adoptiveltern als einwilligungsberechtigte Personen in Betracht, da das englische Adoptionsrecht, wie dargestellt, ein Verbot der Zweitadoption nicht kennt.97 Sec. 52 (6) ACA 2002 bestimmt, dass mit „Eltern“ nur jene gemeint sind, die Inhaber der parental responsibility sind. 1. Verheiratete Eltern Somit sind die Mutter, die das Kind zur Welt gebracht hat, vgl. Sec. 2 (1) und (2)(a) CA 1989, und der Vater, der mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes98 verheiratet war, vgl. Sec. 2 (1) CA 1989, oder diese nachträglich geheiratet hat, Sec. 2 (1), (3) CA 1989, Legitimacy Act 1976 Sec. 2, Sec. 1 Family Law Reform Act 1987, einwilligungsberechtigt. 2. Der unverheiratete Vater In England hat sich die Anzahl der außerhalb einer Ehe geborenen Kinder innerhalb der letzten 25 Jahre vervierfacht, sodass heutzutage zwei Fünftel aller Kinder als uneheliche Kinder zur Welt kommen. Ein Großteil dieser Eltern lebt in einer unehelichen Lebensgemeinschaft.99 Zwar weist die Position, die Väter in außerehelichen Lebensgemeinschaften einnehmen, eine hohe Diversität auf, jedoch kommen zahlreiche Forscher zu dem Ergebnis, dass sich ein Großteil der nichtehelichen Partnerschaften hinsichtlich der aus ihr folgenden Elternschaft schwer von einer solchen unterscheiden 95 Zur Bedeutung der Einwilligungsthematik im Adoptionsprozess vgl. Cooke CFLQ 1997, 259. 96 Sec. 47 (2) ACA 2002 verwendet den Begriff des elterlichen “consent”. Der Adoption Act 1976 hatte diesen Begriff durch “agreement” ersetzt, um einen bewussten Versuch zu unternehmen, sich von der Vorstellung zu lösen, elterliche Rechte seien Besitzrechte gegenüber dem Kind. Diese Neuformulierung fand in der Praxis jedoch keine Umsetzung, vgl. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 850. Der ACA 2002 passt sich somit der Rechtspraxis durch die Wiederaufnahme des consent-Begriffs an, vgl. dazu auch Cooke CFLQ 1997, 259. 97 Bridge/Swindells, Adoption, S. 146. 98 Der „Zeitpunkt der Geburt“ umfasst den Zeitraum der Befruchtung oder Empfängnis, die zur Geburt führt, bis zum Ende derselben, vgl. Sec. 1 (2) und (4) Family Law Reform Act 1987. Ferner werden von Sec. 1 (3) Family Law Reform Act 1987 die Fälle erfasst, in denen das Kind als ehelich nach Sec. 1 (unwirksame Ehe, Ehepartner gehen von Wirksamkeit aus) oder 10 des Legitimacy Act 1976 gilt, adoptiert wurde oder ihm anderweitig gesetzlich die Ehelichkeit zugesprochen wird. 99 Collier/Sheldon, Fragmenting Fatherhood, S. 178.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
lässt, die durch Eheschließung formalisiert wurde.100 Somit gibt es eine nicht geringe Anzahl nichtehelicher Väter, die die Erziehungsaufgabe gegenüber ihrem Kind wahrgenommen haben und deren Beteiligung – kommt es zu einer Trennung von der Partnerin und beabsichtigt deren neuer Partner die Adoption des Kindes – an einem solchen Adoptionsverfahren in Frage steht. Innerhalb der Stiefkindadoptionen machen demnach solche von unehelichen Kindern nach wie vor einen erheblichen Anteil aus.101 a) Einwilligungsrecht Dem unverheirateten Vater102 steht ein Einwilligungsrecht nicht unmittelbar zu.103 Er ist nur dann einwilligungsberechtigt, wenn er Inhaber der parental responsibility ist.104 aa) Überblick über die historische Entwicklung der Einwilligungsberechtigung Eine solche Beschränkung des Kreises der Einwilligungsberechtigten sah das englische Adoptionsrecht nicht schon immer vor. Der Adoption of Children Act 1926 regelte in Sec. 2 (3), dass ein Adoptionsbeschluss nur erlassen werden sollte “with the consent of every person or body who is a parent or guardian of the infant in respect of whom the application is made or who has the actual custody of the infant or who is liable to contribute to the support of the child.”
Nach der Neufassung des Adoption of Children Act aus dem Jahr 1950 war der Kreis der Einwilligungsberechtigten weiter gefasst: Nach dessen Sec. 2 (4)(a) war die Einwilligung eines jeden Elternteils oder Vormunds des Kindes erforderlich; ferner stand ein Einwilligungsrecht allen Personen zu, 100
Collier/Sheldon, Fragmenting Fatherhood, S. 178. In der Studie von Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 3.4, S. 34, hielten sich die Stiefkindadoptionsanträge bezüglich unehelicher und ehelicher Kinder in etwa die Waage. 102 Zu beachten ist die Bereitschaft der Gerichte, nach Sec. 21 (3) des Family Law Reform Act 1969, abgeändert durch den Child Support, Pensions- and Social Security Act 2000, Vaterschaftstests auch dann – und ggf. gegen den Willen des Kindes oder der Mutter und deren Partner – anzuordnen, wenn dies zur Folge haben kann, dass zusätzlich zur sozialen Familieneinheit ein weiterer Elternteil eingeführt wird, vgl. Collier/Sheldon, Fragmenting Fatherhood, S. 199. 103 Siehe bereits Re M (An infant) All ER 1955, Bd. 2, 911; Re C (Adoption: Parties) FLR 1995, Bd. 2, 483. Zur Einwilligung des nichtehelichen Vaters im USamerikanischen Recht vgl. Merkt, in: Dopffel (Hrsg.), Kindschaftsrecht im Wandel, S. 492–495. 104 Zu den Voraussetzungen, nach denen er diese erlangen kann, sogleich unter bb). 101
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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die aufgrund eines Urteils oder Vergleichs verpflichtet waren, zum Unterhalt des Kindes beizutragen. Die Qualifizierung zum Elternteil knüpfte hierbei hinsichtlich des Kindesvaters ebenso wie heute an die Ehelichkeit an: Einem nichtehelichen Vater, der zwar nach dem im Jahr 1950 abgeänderten Adoption of Children Act als mit dem Kind verwandt galt,105 wurde die Elternstellung nicht zugesprochen.106 Die Mutter hingegen war ohne Rücksicht auf eine Ehelichkeit Elternteil im Sinne des neugefassten Adoption of Children Act. Nichteheliche Väter konnten aber aufgrund ihrer – in einem Urteil oder Vergleich festgestellten – Pflicht zur Unterhaltsleistung gegenüber dem Kind ein Einwilligungsrecht erlangen, Sec. 2 (4) Adoption Act 1950. Diese Regelung wurde jedoch als nicht befriedigend eingestuft, da zahlreiche nichteheliche Väter auch ohne ein gerichtliches Urteil oder einen Vergleich freiwillig den Unterhalt des Kindes bestritten oder dazu beitrugen, wohingegen eine tatsächliche Zahlung sowie die Anteilnahme an dem Wohlergehen und der Entwicklung des Kindes nicht zwangsläufig mit einer gerichtlich bestätigten Unterhaltsbeitragsverpflichtung einhergingen. Konsequenz dieser Regelung soll zudem gewesen sein, dass Mütter unehelicher Kinder den Vätern gegenüber einen Verzicht hinsichtlich der gerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen erklärten, um einer etwaigen Vereitelung einer anvisierten Adoption durch diese vorzubeugen.107 Um dem Willen unehelicher Väter, die dem Kind freiwillig Unterstützung zukommen ließen und denen mangels entsprechender Verpflichtung kein Einwilligungsrecht zustand, hinreichend Rechnung zu tragen, gingen zahlreiche Gerichte dazu über, diese Väter im gleichen Maße wie das zu adoptierende Kind im Adoptionsverfahren anzuhören.108 Ein ähnliches Vorgehen hatte auch der für Adoptionen zuständige Ausschuss des Home Office109 empfohlen, der eine Beteiligung des freiwillig Unterhalt leistenden Vaters durch Einholung seiner Meinung zur Adoption vorschlug, solange dieser Interesse an der Erziehung und Entwicklung des Kindes zeigte. Offen blieb jedoch, ob eine negative Stellungnahme des Vaters die Wirkung entfalten sollte, eine Adoption zu verhindern. Der Adoption Act 1958 sah von dem Erfordernis der Einwilligung eines dem Kind gegenüber zum Unterhalt Verpflichteten ab,110 diese Person soll-
105
Vgl. Sec. 45, “relative” (b). Re M (An infant) All ER 1955, Bd. 2, 911; James, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 39 (50, Fn. 14). 107 Vgl. Zeiler, Die Voraussetzungen der Adoption in England, S. 28. 108 Vgl. die zitierten Entscheidungen bei Blom-Cooper MLR 1956, 202 (203, Fn. 7). Vgl. z.B. Re P (A Minor) H v H Fam Law 1974, 73. 109 Report of the Departmental Committee on the Adoption of Children (Hurst Report), 1954, Cmd. 9248, S. 26. 110 Vgl. Sec. 4 (1)(a) im Vergleich zu Sec. 2 (4)(a). 106
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
te aber im Adoptionsverfahren angehört werden.111 Jedoch war der guardian ad litem auch dann, wenn der uneheliche Vater des Kindes nicht zum Unterhalt des Kindes beitrug, verpflichtet, das Gericht davon in Kenntnis zu setzen, wenn der sich als Vater ausgebende Mann wünschte, angehört zu werden.112 Die Intensität der Ermittlungen des Putativvaters durch die guardians ad litem und Gerichte variierte stark.113 Nach dem Adoption Act 1976 war die Einwilligung des unehelichen Vaters in die Adoption weiterhin nicht erforderlich. Er erhielt nur dann eine guardian-Stellung und damit ein Einwilligungsrecht, wenn er erfolgreich die custody oder eine parental rights order114 für das Kind beantragt hatte.115 Die Adoption Rules 1984116 schrieben aber vor, dass der nichteheliche Vater am Adoptionsverfahren zu beteiligen war, wenn er durch einen Gerichtsbeschluss oder eine Vereinbarung verpflichtet war, zum Unterhalt des Kindes beizutragen. Dadurch sollte er ein Recht zur Anhörung117 und Berufung erhalten.118 Auf die gleiche Weise konnte der uneheliche Vater – nach dem Ermessen des Gerichtes – auch unabhängig von einer Unterhaltsleistung am Verfahren beteiligt werden, zum Beispiel dann, wenn er einen Umgang mit dem Kind pflegte.119 Gleichzeitig wurden die adoption agencies angewiesen, den unehelichen Vater vom Adoptionsverfahren in Kenntnis zu setzen, wenn sie dies im Sinne des Kindeswohls für angemessen erachteten und ihnen der Aufenthaltsort des Vaters bekannt war; ferner sollten so viele Informationen wie möglich über ihn ermittelt und dem Gericht präsentiert werden.120 In einigen Gerichten etablierte sich die Praxis, dass die Unterschrift des nichtehelichen Vaters auf dem Einwilligungsformular für erforderlich gehalten wurde.121 Darüber hinaus gaben die Adoption Rules 1984 vor, dass der Bericht der Adoptionsagenturen Aussagen über die Wünsche und Empfindungen “[of] each natural parent including 111
Vgl. z.B. Rule 17 (c) Adoption High Court Rules 1971. Vgl. Adoption (High Court) Rules 1971, Schedule 2, unter 9. 113 Vgl. Cretney, Principles of Family Law, 1. Aufl., S. 348 m.w.N. 114 Nach Sec. 4 des Family Law Reform Act 1987. 115 Vgl. Sec. 72 (1) unter “guardian” (b). Diese konnte er nach Sec. 9 des Guardian of Minors Act 1971 beantragen, vgl. Sec. 107 (1) und Schedule 3, unter 39 (d) des CA 1975, was sich jedoch in Bezug auf Stiefkindadoptionen als nicht passend erwies. 116 Rule 15 (1)(h), S.I. 1984/265. 117 Vgl. Rule 23 (1). 118 Richards, Adoption, S. 86. 119 Vgl. Rule 15 (3) Adoption Rules 1984. 120 Vgl. Reg. 7 (3) und 12 (2)(f) Adoption Agency Regulations 1983. Eine Verpflichtung des guardian ad litem zur Ermittlung des unehelichen Vaters und zu seiner Inkenntnissetzung von der Adoption war in der Rechtsprechung zunächst noch verneint worden, vgl. Re Adoption Application 41/61 No. 2 All ER 1963, Bd. 2, 1082. 121 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52; ebenso Grey/Blunden, A survey of Adoption in Great Britain, S. 68. 112
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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where appropriate the father who was not married to the child’s mother at the time of his birth” zu enthalten habe.122 Diese Regel wurde jedoch so interpretiert, dass sie den Adoptionsagenturen und Sozialarbeitern einen Ermessensspielraum eröffnete, ob und in welchem Maße sie ihr folgten.123 Dementsprechend variierte die gerichtliche Praxis stark.124 bb) Erwerb der elterlichen Verantwortung durch den nichtehelichen Vater Aufgrund der Koppelung der Einwilligungsbefugnis an das Sorgerecht im englischen Recht ist eine Analyse des Sorgerechtserwerbs durch uneheliche Väter in England erforderlich, die im Folgenden vorgenommen wird. Es soll dabei zum einen untersucht werden, auf welchem Wege und wie häufig nichteheliche Väter unabhängig von einer bevorstehenden Adoption in der Praxis das Sorgerecht für ihre Kinder erwerben sowie ob und wie der nichteheliche Vater sich eine Einwilligungsbefugnis im bereits eingeleiteten Adoptionsverfahren durch den Erwerb des Sorgerechts verschaffen kann. Sec. 2 (2) des CA 1989 bestimmt, dass allein die Mutter Sorgerechtsinhaberin ist, wenn Vater und Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet sind.125 Der CA 1989 stellt jedoch Mittel zur Verfügung, mit deren Hilfe der nichteheliche Vater die parental responsibility erlangen kann: Er kann diese erwerben, indem er die Mutter nachträglich heiratet,126 eine entsprechende parental responsibility-Vereinbarung mit der Mutter trifft, indem das Gericht ihm eine parental responsibility order zuspricht, er als wirksam bestellter guardian des Kindes tätig wird,127 er eine residence order erlangt, bei der nach Sec. 12 (1) CA 1989 gleichzeitig eine separate parental responsibility order zu erlassen ist, oder er als Vater nach dem Births and Deaths Registration Act 1953 registriert wurde, vgl. die durch Sec. 111 des ACA 2002 abgeänderte Sec. 4 (1) des CA 1989. Als Rechtsfolge verleiht die Inhaberschaft der parental responsibility dem unehelichen Vater den Status eines Elternteils im Sinne der Adoptionsgesetzgebung, d.h. der Vorschriften Sec. 21, 47 (2) und Sec. 56 (6) des 122
Rule 22 (1). Re L (A Minor) (Adoption: Procedure) FLR 1991, Bd. 1, 171; Re C (Adoption: Parties) FLR 1995, Bd. 2, 483, wo der erstinstanzliche Richter davon ausgegangen war, zur Beteiligung des nicht sorgeberechtigten Vaters am Verfahren verpflichtet zu sein. 124 Grey/Blunden, A Survey of Adoption in Great Britain, S. 68. 125 Dieser Regelung wurde Menschenrechtskonformität attestiert, vgl. B v UK v. 14.09.1999 – 36337/97 FLR 2000, Bd. 1, 1. 126 Zur gesetzlichen Fundstelle siehe oben unter 1. 127 Vgl. Sec. 5 (6). Zum guardian muss er von der Mutter des Kindes oder von einem Gericht bestellt worden sein; die Wirksamkeit dieser Bestellung hängt dabei vom Versterben der Mutter des Kindes ab, vgl. die Bestimmungen der Sec. 5 des CA 1989. 123
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
ACA 2002,128 sodass ihm das Recht der Einwilligung in eine Adoption zusteht.129 (1) Parental responsibility agreement Ähnlich dem gemeinsamen Sorgerechtserwerb durch Erklärung im deutschen Recht kann eine Vereinbarung zwischen Mutter und unehelichem Vater diesem in England nach Sec. 4 (1)(b) die parental responsibility vermitteln. Formale Voraussetzungen hierfür ist, dass die Parteien ein entsprechendes Formular vor einem Familiengericht, einem County Court oder dem Principal Registry unterzeichnen.130 Die teilweise vor der Einführung der Regelungen geäußerten Zweifel an der Inanspruchnahme dieses Instrumentes – gestützt auf die Überlegung, dass bei einer intakten außerehelichen Gemeinschaft eine Motivation für eine entsprechende Vereinbarung insbesondere bei den Paaren fehle, die sich bewusst gegen eine Formalisierung ihres Zusammenlebens durch das Eheinstitut entschieden haben, und dass es regelmäßig an der Kenntnis vom Ungleichgewicht der elterlichen Rechtspositionen131 oder der Mög-
128
Umkehrschluss aus Sec. 12 (3)(b) CA 1989. Auf die weiteren Rechtsfolgen wird hier nicht näher eingegangen, da sie für die vorliegende Fragestellung nicht von Relevanz sind. Zu sämtlichen Änderungen der Rechtsposition eines unehelichen Vaters durch die Bewilligung der parental responsibility siehe Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 420; kritisch zur Notwendigkeit der Implementierung des Instituts der parental responsibility für uneheliche biologische Väter vgl. Eekelaar Fam Law 2001, 426. Vgl. auch Re A (A Minor) (Parental Responsibility) FCR 1996, Bd. 1, 562 (563); Re S (A Minor) (Parental Responsibility) FCR 1995, Bd. 3, 564; Re P (A Minor) (Parental Responsibility Order) FLR 1994, Bd. 1, 578; Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 419 f. Während das Zusammen- oder Getrenntleben der Eltern keinerlei Auswirkung auf die Dauer der Wirkung einer parental responsibility order oder eines entsprechenden agreements hat, endet sie in jedem Falle, wenn das Kind volljährig wird, vgl. Sec. 91 (7) und (8) CA 1989. Vor dem Erreichen der Volljährigkeit des Kindes kann ein Ende lediglich durch eine gerichtliche Anordnung herbeigeführt werden, wenn ein entsprechender Antrag einer sorgeberechtigten Person oder – gerichtlich genehmigt – des Kindes selbst vorliegt, vgl. Sec. 4 (2A), (3) CA 1989. Bei seiner Entscheidung über den Entzug der parental responsibility hat das Gericht das Kindeswohl entsprechend dem Sec. 1 (1) CA 1989 als paramount heranzuziehen und sich davon zu vergewissern, dass eine entsprechende Anordnung besser wäre als ihr Unterlassen, vgl. Sec. 1 (5) CA 1989; siehe auch Re P (Terminating Parental Responsibility) FLR 1995, Bd. 1, 1048. 130 Vgl. Art. 3 Parental Responsibility Agreement Regulations 1991, geändert durch S.I. 1994/3157 sowie S.I. 2005/2008. 131 Einen solchen Kenntnismangel konnte Pickford feststellen, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 143 (147). 129
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
219
lichkeit eines agreements132 mangelt – haben sich bestätigt:133 In der Praxis wurde diese Möglichkeit zur Erlangung der parental responsibility nur zögerlich und begrenzt wahrgenommen;134 aufgrund der Neuerung, nach der uneheliche Väter automatisch die parental responsibility im Wege der Eintragung auf der Geburtsurkunde erlangen, ist einen weiterer Rückgang der Zahlen zu erwarten.135 Somit erwirbt nur ein geringer Anteil unehelicher Väter von vornherein das Sorgerecht mittels einer solchen Vereinbarung. Wenn ein Stiefkindadoptionsverfahren bereits eingeleitet wurde, kann der uneheliche Vater sein Einwilligungsrecht nicht durch eine parental responsibility-Vereinbarung mit der Mutter begründen, da diese ja gerade den Erwerb des Sorgerechts durch ihren neuen Partner und nicht durch den leiblichen Vater anstrebt. (2) Parental responsibility order Nach Sec. 4 (1)(a) des CA 1989 kann das Gericht eine parental responsibility-Anordnung zu Gunsten eines unehelichen Vaters treffen, wenn dieser einen entsprechenden Antrag stellt. Ist die Vaterschaft des Antragstellers zweifelhaft oder gar umstritten, ist Voraussetzung für das Verfahren nach Sec. 4 (1)(a), dass diese zunächst festgestellt wird.136 In der Regel beantragt ein unehelicher Vater eine gerichtliche Anordnung der parental responsibility lediglich dann, wenn die Mutter eine Registrierung des Vaters oder eine parental responsibility-Vereinbarung verweigert, was in den meisten Fällen darauf zurückzuführen sein wird, dass die Partnerschaft von Mutter und unehelichem Vater beendet worden ist oder eine solche nie begründet wurde. In solchen Fällen, in denen der Vater seine elterliche Verantwortung nicht in vollem Maße aktiv ausüben kann, kann Hintergrund einer gerichtlichen Anordnung der parental responsibility lediglich sein, die Elternposition und die Rolle anzuerkennen, die der Vater im Kind des Lebens zu spielen vermag, unabhängig von der Intensität, mit welcher diese gelebt wird. Darüber hinaus kann mit der Beantragung einer parental responsibility order auch der Zweck des Erwerbs der Einwilligungsberechtigung bei einer anstehenden Adoption seines Kindes verfolgt werden. 132 Diese Bedenken konnten tatsächlich nachgewiesen werden, vgl. Pickford, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 143 (152). Vgl. auch Douglas, An Introduction to Family Law, S. 59. 133 Vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 206 f. 134 Vgl. Douglas, An Introduction to Family Law, S. 59. Heutzutage werden jährlich ca. 3.000 solcher agreements registriert, vgl. Herring, Family Law, S. 358; Pickford, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 143 (145). 135 Dazu sogleich unter (4). 136 Vgl. Re F (A Minor) (Blood Tests: Parental Rights) Fam 1993, 314.
220
Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Für die gerichtliche Entscheidung über den Erlass einer parental responsibility order, bei der dem Kindeswohl nach Sec. 1 (1) die größte Bedeutung beizumessen ist,137 wurden in der Entscheidung Re H138 folgende Kriterien entwickelt: Zu ermitteln sind (1.) der Einsatz, den der Vater bis dato dem Kind gegenüber erbracht hat (commitment), (2.) der Grad der Bindung zwischen Vater und Kind (attachment) sowie (3.) die Gründe des Vaters für die Beantragung des Sorgerechts (motivation). Dabei etablierte sich die Vermutung, dass von einer Kindeswohlentsprechung auszugehen sei, wenn ein unehelicher Vater die genannten Kriterien erfüllt.139 Gegen eine entsprechende Vermutung und damit die Beschränkung der Prüfung allein auf das Kriterium, ob der Vater sich als ein hingebungsvoller Vater erwiesen hat, wurde in der späteren Entscheidung Re H140 bestimmt, dass die “Re H”-Kriterien zwar als eine Anfangsüberlegung von Bedeutung seien, die Anordnung der parental responsibility jedoch auch von der gerichtlichen Anwendung des paramountcy tests abhängig sei und damit von der Frage, ob eine parental responsibility order zu Gunsten des nichtehelichen Vaters dem Wohl des Kindes entspricht.141 Dennoch verfolgen die Gerichte den Ansatz, einem Antrag selbst dann stattzugeben, wenn die tatsächliche Ausübung der elterlichen Verantwortung durch den Vater auf das Minimalste beschränkt ist, wie etwa auf den Erwerb der Einwilligungsberechtigung für ein anstehendes Adoptionsverfahren bezüglich des Kindes, es sei denn, schwerwiegende Gründe machen eine Verweigerung erforderlich.142 Die Tatsache, dass das Gericht in einem solchen Fall ohnehin die Ersetzung der Einwilligung beabsichtigte, stünde der Gewähr der parental responsibility order dabei nicht entgegen.143 So wurde im Fall Re O144 einem unehelichem Vater aufgrund seiner Bemühungen um das Kind, von dessen Existenz er erst spät erfuhr, eine parental responsibility order vom erstinstanzlichen Richter explizit zugebilligt, um ihn am Adoptionsverfah137 Re H (Parental Responsibility) FLR 1998, 855 (859); vgl. dazu Re G (A Minor) (Parental Responsibility Order) FLR 1994, Bd. 1, 504 (508). 138 Re H (Minors) (Illegitimate Children: Father: Parental Rights) (No. 2) FLR 1991, Bd. 1, 214 (218). 139 Vgl. Re G (A Minor) (Parental Responsibility Order) FLR 1994, Bd. 1, 504 (508). 140 (Parental Responsibility) FLR 1998, Bd. 1, 855. 141 Siehe auch Re M (Handicapped child: parental responsibility) FCR 2001, Bd. 3, 454 (455), wo es heißt: “Parental responsibility is not a reward for the father for his commitment to and involvement with [the child] but an order which would only be made in [the child’s] best interest.” 142 Douglas, An Introduction to Family Law, S. 60. 143 Vgl. Re H and another (Minors) (Adoption: putative father’s rights) All ER 1989, Bd. 2, 353; Re H (Illegitimate Children: Father: Parental Rights) (No 2) FLR 1991, Bd. 1, 214; Re H and another (Minors) (Adoption: putative father’s rights) (No 3) All ER 1991, Bd. 2, 185 f. 144 (Adoption: Withholding Agreement) FLR 1999, Bd. 1, 451.
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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ren als Einwilligungsberechtigten zu beteiligen, obwohl in der gleichen Entscheidung unmittelbar darauf diese Einwilligung aus Kindeswohlgründen ersetzt wurde.145 Die Gerichte betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung, die es für das Kind hat, den Vater zu kennen, zumindest aber zu wissen, dass dieser das Kind anerkennt.146 Statistische Erhebungen zeigen, dass Anträgen auf eine parental responsibility order gewöhnlich stattgegeben wird.147 Die Zahl dieser Anträge ist im Laufe der Zeit stark angestiegen: Während es im 2.762 im Jahr 1992 waren, wurden 10.522 Anträge im Jahr 2004 gestellt,148 im Jahr 2005 waren es jedoch nur 8.835 Anordnungen, die ergingen.149 Dennoch beantragt damit lediglich ein geringer Anteil der unehelichen Väter insgesamt eine solche order.150 Die bis 2004 gestiegene Nachfrage wird auf ein fundamentales Missverständnis der Rechtsnatur einer solchen Anordnung zurückgeführt, da erwartet wird, mit der order die Befugnis zur Einmischung in die Angelegenheiten des täglichen Lebens zu erlangen, wenn das Kind beim anderen Sorgeberechtigten lebt.151 Dennoch ist für viele die auf diesem Wege erfolgte rechtliche Anerkennung ihrer Elternschaft von großer Bedeutung,152 insbesondere im hier untersuchten Zusammenhang des Erwerbs der Befugnis zur Einwilligung in die Adoption. (3) Inhaberschaft einer residence order Auch im Wege der bereits erläuterten residence order ist der Erwerb des Sorgerechts für den unehelichen Vater möglich, da das Gericht dazu verpflichtet ist, eine parental responsibility zeitgleich mit der residence order 145
Vgl. näher zur Ersetzung der Einwilligung in dieser Entscheidung in Fn. 310. Douglas, An Introduction to Family Law, S. 60. 147 Im Jahr 2000 wurden 6 % aller Anträge zurückgewiesen, 2002 handelte es sich bei den nicht stattgegebenen Anträgen um 4 %, während es 2004 2 % waren, vgl. Butler/Douglas/Lowe/Noaks/Pithouse JCL 1993, 157. Zurückweisungen der Anträge erfolgten in Fällen, in denen der uneheliche Vater eine Gefängnisstrafe verbüßte (Re P (Parental Responsibility) FLR 1997, Bd. 2, 722, ein Kind brutal misshandelt hatte, Re H (Parental Responsibility) FLR 1998, Bd. 1, 855, oder das Gericht davon ausging, der Vater würde das Sorgerecht nutzen, um die mütterliche Erziehung zu stören, Re M (Contact: Parental Responsibility) FLR 2001, Bd. 2, 342 (343). 148 Vgl. Department for Constitutional Affairs, Judicial Statistics 2004, Tabelle 5.4. 149 Vgl. Ministry of Justice, Judicial and Court Statistics 2006, Tabelle 5.4. 150 Butler/Douglas/Lowe/Noaks/Pithouse JCL 1993, 157 (158). 151 Vgl. Re S (A Minor) (Parental Responsibility) FCR 1995, Bd. 3, 564; Re S (Parental Responsibility) FLR 1995, Bd. 2, 648 (657), wo der Richter festhielt, parental responsibility orders “have become one of those little growth industries born of misunderstanding. Misunderstanding arises from a failure to appreciate that, in essence, the granting of a parental responsibility order is the granting of status.” 152 Pickford, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 143 (149 ff.). 146
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
anzuordnen, vgl. Sec. 12 (1) CA 1989. Zwar wird in den meisten Fällen der Stiefkindadoption das Kind bei der Mutter leben, jedoch sind auch – wie für den ehelichen Vater des Kindes dargestellt – seltene Fälle denkbar, in denen dem unehelichen Vater nach der Trennung von der Mutter des Kindes eine (joint) residence order gerichtlich zuerkannt wurde, die bestimmt, dass das Kind – wechselnd – sowohl bei der Mutter bzw. der Stieffamilie als auch im Haushalt des Vaters seinen Lebensmittelpunkt haben soll.153 (4) Registrierung als Vater Der CA 1989 sieht seit der Geltung des Adoption and Children Acts 2002 als ein zusätzliches Mittel zur Erlangung des Sorgerechts die Registrierung als Vater des Kindes entsprechend der Sec. 10 (1)(a)–(c) und 10A (1)(a)– (c) des Birth and Deaths Registration Act 1953 vor. Grundsätzlich hat allein die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes die Pflicht, die Registrierung der Geburt des Kindes vorzunehmen, wobei die sonst erforderliche Eintragung des Namens eines Vaters durch den Registrierbeamten bei Nichtehelichkeit unterbleiben soll, vgl. Sec. 10 (1) Birth and Deaths Registration Act 1953. Eine Eintragung des nichtehelichen Vaters erfolgt ausnahmsweise nach Sec. 10 (1)(a)–(c) lediglich dann, wenn der Mann, der sich selbst als Vater des Kindes ausgibt, mit dessen Mutter gemeinsam einen entsprechenden Antrag stellt. Möglich ist auch eine Beantragung der Registrierung durch die Mutter oder den sich als Vater ausgebenden Mann, wenn Erklärungen des jeweils anderen Elternteils vorliegen, die die Vaterschaft bestätigen.154 Eine nachträgliche Registrierung des Vaters – d.h. wenn eine solche zum Zeitpunkt der Registrierung der Mutter unterblieben ist – ist nach Sec. 10A (1)(a)–(c) dann möglich, wenn bis dahin kein anderer Mann als Vater registriert wurde, und steht unter der Bedingung, dass die Mutter zustimmt.155 Zu beachten ist, dass diese Bestimmungen nicht rückwirkend gelten, vgl. Sec. 111 (7) ACA 2002, sodass allein uneheliche Väter, die nach dem 1. Dezember 2003156 als Väter registriert wurden, automatisch das Sorgerecht durch ihre Registrierung erlangen. Somit können uneheliche Väter, die vor dem Jahr 2003 als Väter registriert worden sind,
153 Vgl. hierzu die bereits – in Kapitel 1, unter A. IV. 2. b) aa) – erwähnte Entscheidung Re H (Shared Residence: Parental Responsibility) FLR 1995, Bd. 2, 883. 154 Diese müssen nach Sec. 4 (2) CA 1989 den Formvorschriften der Parental Responsibility Agreement Regulations 1991, S.I. 1991/1478, geändert durch S.I. 1994/3157 sowie S.I. 2005/2088, entsprechen. 155 Hierzu ausführlich Carell, Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters im Elternkonflikt, S. 79 ff. 156 Datum des Inkrafttretens von Sec. 111, vgl. ACA 2002 (Commencement No. 4) Order 2003, S.I. 2003/3079, unter 2. (2)(a).
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
223
lediglich im Wege einer Re-Registrierung die parental responsibility erlangen, die jedoch den genannten Voraussetzungen unterliegt.157 Nachdem 86 % aller nichtehelichen Geburten im Jahr 2009 von beiden Elternteilen gemeinsam registriert wurden158 – wobei drei Viertel der Registrierenden angaben, im gleichen Haushalt zusammenzuleben –, lässt sich voraussagen,159 dass Sec. 111 ACA 2002 die tatsächliche Auswirkung haben wird, dass ca. vier Fünfteln der unehelichen Väter – zumindest in der Zukunft (entsprechend der fehlenden Rückwirkung) – ohne weiteres Zutun die parental responsibility zustehen wird.160 Damit einhergehend ist auf lange Sicht von einer Reduktion der oben dargestellten parental responsibility agreements und orders auszugehen. Darüber hinaus hat die Regierung die Implementierung der Registrierung des unehelichen Vaters als Regelfall aufgrund einer Vermutung vorgeschlagen, die lediglich in Ausnahmefällen, wie der Zeugung des Kindes aufgrund einer Vergewaltigung der Mutter oder Streitigkeiten über die Vaterschaft, widerlegt werden kann,161 was ebenfalls zu einer Ausweitung des Sorgerechtserwerbs durch nichteheliche Väter führen wird.162
157 Booth/Bond Fam Law 2006, 578 (580 f.) kritisieren diese Bestimmung: Der uneheliche Vater, der sich als sorgender Elternteil des Kindes erwiesen hat und auch als Vater bei der Geburt registriert worden ist, werde gegenüber einem nach Dezember 2003 registrierten unehelichen Vater benachteiligt, der automatisch die parental responsibility auch dann zugesprochen bekommt, wenn sich später herausstellen sollte, dass er keine tatsächliche Sorge übernimmt und keine Bindung zum Kind aufbaut. 158 ONS, Social Trends 41 – Households and families, Tabelle 7. Die Zahlen blieben dabei gegenüber den Vorjahren konstant. Die Befürchtung, dass die Neuregelung uneheliche Väter von einer Registrierung abhalten und sogar im Allgemeinen die Zahlen der Geburtseintragungen reduzieren könnte, vgl. Lord Chancellor’s Consultation Paper, The Law on Parental Responsibility for Unmarried Parents, unter 39 ff., hat sich damit nicht bestätigt. 159 Bainham, Children – The Modern Law, S. 6. 160 Wobei 45.000 Registrierungen – und damit 7 % sämtlicher Geburten – pro Jahr ohne die Angabe des väterlichen Namens erfolgen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass 45 % der nichtregistrierten Väter mit ihrem Kind zumindest in Kontakt stehen, vgl. Department for Work and Pensions, Joint birth registration: Promoting parental responsibility, Cm. 7160, 2007, unter 2., S. 3. 161 Vgl. Department for Work and Pensions, Joint birth registrations: Recoding responsibility, Cm. 7293, 2008, unter 25., 27., S. 11 f. Hintergrund dieses Reformvorschlags ist die Erwartung, uneheliche Väter durch die Registrierung zu einem größeren Verantwortungsgefühl gegenüber ihrem Kind zu bewegen. Dem Kind soll – unabhängig davon, ob es mit beiden Elternteilen zusammenlebt – vermittelt werden, dass beide Verantwortung für seine Erziehung übernehmen, a.a.O., unter 16 f., S. 8; zu den Ausnahmen des geplanten Grundsatzes der gemeinsamen Registrierung vgl. O’Malley NLJ 2008, 1397 (1398). 162 Collier/Sheldon, Fragmenting Fatherhood, S. 191.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
b) Beteiligung am Adoptionsverfahren Ist der uneheliche Vater nicht Inhaber der parental responsibility und damit nicht zur Einwilligung berechtigt, gilt er auch nicht automatisch als Partei des Adoptionsverfahrens.163 Vielmehr steht es im Ermessen des Gerichtes, ihn am Adoptionsverfahren zu beteiligen.164 Auch hat die Adoptionsvermittlungsstelle den leiblichen Vater lediglich dann in das Adoptionsverfahren einzubeziehen und zu beraten, wenn dessen Identität bekannt ist und seine Beteiligung als angemessen eingestuft wird,165 worüber sie ggf. eine Entscheidung des High Court herbeiführen kann.166 Jedoch obliegt es dem Gericht und der Jugendbehörde nach Sec. 1 (4)(f) ACA 2002, im Rahmen der Kindeswohlermittlung die Wünsche und das Befinden der Verwandten, mithin auch der leiblichen Eltern, vgl. Sec. 1 (8) ACA 2002, zu berücksichtigen. Im Regelfall ist daher der uneheliche Vater vom Adoptionsverfahren in Kenntnis zu setzen.167 Mit der Entscheidung Re H; Re G168 wurde eine grundsätzliche gerichtliche Praxis eingeführt, nach der der Richter in einem Adoptionsverfahren den leiblichen, nicht mit der Mutter verheirateten Vater über das Adoptionsverfahren zu informieren hat, es sei denn, das Gericht ist der begründeten Auffassung, dies sei nicht angemessen.169 Das Spektrum einer Beteiligung ist dabei sehr weit: Im Stiefkindadoptionsfall Re G170 wurde vom Court of Appeal festgehalten: “[…] it is incumbent upon the court to recognise that the natural father, lacking parental responsibility and lacking the statutory right to refuse consent, must be evaluated on a 163
Rule 23 Family Procedure (Adoption) Rules 2005. Vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 289. Das Gericht kann nach Rule 23 (3)(a) FP(A)R 2005 jederzeit jede Person zum Verfahrensbeteiligten machen; des Weiteren hat das Gericht zu Beginn des Verfahrens zu überlegen, welche Personen als Partei des Verfahrens zu berücksichtigen sind, vgl. Rule 26 (1)(c) FP(A)R 2005, zudem kann es Anordnungen zur Ermittlung der Eltern treffen, vgl. Rule 26 (1)(f) FP(A)R 2005. 165 Rule 14 (3) und (4) Adoption Agency Regulations 2005. 166 Rule 108 Family Procedure (Adoption) Rules 2005. 167 Vgl. Lord, The Adoption Process in England, S. 32. Nach Re B (A Child) (Parentage: Knowledge of Proceedings) FCR 2004, Bd. 1, 473, sollen auch solche Personen vom Adoptionsverfahren in Kenntnis gesetzt werden, von deren Vaterschaft lediglich ausgegangen wird. 168 (Adoption: Consultation of Unmarried Fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646 (655). 169 Vgl. ebenso Re C (Adoption: Disclosure to Father) Fam Law 2006, 624; Re J (Adoption: Contacting Father) FLR 2003, Bd. 1, 933; Dame Butler-Sloss in Re B (Adoption by One Natural Parent to Exclusion of Other) FLR 2001, Bd. 1, 589 (600); Re M (Adoption: Rights of Natural Father) FLR 2001, Bd. 1, 745; Re S (A child) (Adoption Proceedings: Joinder of Father) FCR 2001, Bd. 1, 158. 170 (Adoption Order) FLR 1999, Bd. 1, 400 (403); siehe auch Re R (Adoption: Father’s Involvement) FLR 2001, Bd. 1, 302 (306) sowie Re H; Re G (Adoption: Consultation of unmarried fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646 (655). 164
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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wide spectrum. There will be cases in which the father will have very little merit, and accordingly, very little entitlement to consideration. At the other end of the scale, there will be cases in which the natural father should be given what will be something akin to the statutory right that Sec. 16 of the Adoption Act 1976 confers [consent].”
Hier wird deutlich, dass die Beteiligung eines nicht verheirateten Vaters am Adoptionsverfahren, der nicht Inhaber der parental responsibility ist, davon abhängt, ob eine gelebte Vater-Kind-Beziehung besteht, er elterlicher Verantwortung für das Kind übernommen hat, bzw. – in den Worten des Art. 8 EMRK – davon, dass ein Familienleben zwischen Vater und Kind existiert.171 So wurden dem Vater in der Entscheidung Re H aufgrund des Zusammenlebens der leiblichen Eltern über einen längeren Zeitraum und seines gelebten Bekenntnisses zum Kind auch nach Beendigung der Partnerschaft mit der Mutter die Berechtigung zur Kenntniserlangung vom Adoptionsverfahren sowie die Einräumung einer Stellung als Verfahrensbeteiligter zuerkannt, da in einer entsprechenden Versagung dieser Stellung eine Verletzung von Art. 8 der EMRK gesehen wurde.172 In einem Fall der Entscheidung Re H; Re G hingegen konnte ein tatsächlich gelebtes Familienleben sowie eine Bindung zwischen Vater und Kind nicht festgestellt werden, sodass ein väterliches Recht aus Art. 8 EMRK nicht abgeleitet wurde, was zur Folge hatte, dass auch die Inkenntnissetzung des nichtehelichen Vaters vom Adoptionsverfahren nicht als notwendig erachtet wurde.173 Im Stiefkindadoptionsfall Re G174 wiederum hatte der nichteheliche Vater seit der Geburt regelmäßigen Umgang mit dem Kind gepflegt, den die Mutter nach drei Jahren beendet hatte, woraufhin der Vater eine contact order und parental responsibility order für das Kind beantragte, ehe die Mutter und der Stiefvater einen Adoptionsantrag stellten. Der leibliche Vater verfolgte seinen Antrag hinsichtlich der parental responsibility, die ihm ein formales Einwilligungsrecht vermittelt hätte, allein deshalb nicht weiter, da er sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, das Sicherheitsbedürfnis der Mutter weiter zu intensivieren. Sein commitment gegenüber dem Kind war nach der richterlichen Einschätzung trotz mangelnder Berechtigung zur Einwilligung nicht nur überhaupt, sondern als ein aus-
171 172
(660).
Vgl. dazu unter A. I. 1. Re H; Re G (Adoption: Consultation of unmarried fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646
173 Re H; Re G (Adoption: Consultation of unmarried fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646 (660 f.); im Fall Re M (Adoption: Rights of Natural Father) FLR 2001, Bd. 1, 745, wurde das Kindeswohl aufgrund zahlreicher Verurteilungen des Vaters wegen Gewaltdelikten als Rechtfertigung für die Entscheidung gegen eine Inkenntnissetzung des Vaters herangezogen. 174 (Adoption Order) FLR 1999, Bd. 1, 400.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
schlaggebender Gesichtspunkt bei der Entscheidung über die Beteiligung am Adoptionsverfahren zu berücksichtigen.175 c) Ermittlungspflicht der Jugendbehörde oder des Gerichts bei Unkenntnis des leiblichen Vaters? In den Fällen, in denen sich die Mutter dazu entscheidet, die Identität des leiblichen Vaters nicht preiszugeben, treten die Rechte des nichtehelichen Vaters auf Beteiligung am Adoptionsverfahren und das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung, das im englischen Recht nicht als Grundsatz festgeschrieben ist,176 regelmäßig hinter dem in England traditionell verankerten Recht der Mutter auf Geheimhaltung des Erzeugernamens und Nichtinkenntnissetzung des leiblichen Vaters von der Geburt des Kindes zurück.177 Während in Re B178 der Jugendbehörde noch weitreichende Ermittlungen hinsichtlich des leiblichen Vaters auferlegt worden waren, wurde eine ebensolche Ermittlungspflicht in einer aktuellen Entscheidung kürzlich verneint: Eine absolute Pflicht zu weiterreichenden Untersuchungen zur Ermittlung der Identität des Vaters oder der väterlichen Familie und dessen bzw. deren Konsultation bestünde nicht.179 Zwar sei der bloße Wunsch der Mutter, den Erzeuger des Kindes geheimzuhalten, als alleiniger Grund für eine Verweigerung eines Anhörungsrechts des Vaters im Regelfall nicht ausreichend.180 Jedoch könne es unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein, das Geheimhaltungsinteresse der Mutter zu respektieren.181 In der Praxis schützen die Gerichte die mütterlichen Geheimhaltungsinteressen recht umfassend und gewähren nicht selten Adoptionsbeschlüsse ohne Ermittlung und Anhörung des leiblichen Vaters.182 Diese Rechtsprechung fußt dabei weniger auf dogmatischen Gründen, sondern wird vielmehr mit pragmatischen Überlegungen gerechtfer175
Ebenda, S. 403 f. Vgl. Herring, Family Law, S. 375. Vgl. aber Re H (A Minor) (Blood Tests: Parental Rights) FCR 1996, Bd. 3, 201 (218), wo mit Verweis auf Art. 7 der UN-KinderrechteKonvention geurteilt wurde: “Every child has the right to know the truth unless his welfare clearly justifies the cover-up.” 177 Bainham, Children – The Modern Law, 289. 178 (Adoption by One Natural Parent To Exclusion of Other) FLR 2001, Bd. 1, 589. 179 Re L (Adoption: Contacting Natural Father) FLR 2008, Bd. 1, 1079. 180 Vgl. aber den Fall Re B (Adoption by One Natural Parent: Exclusion of Other) FLR 2001, Bd. 1, 589 (601). 181 Damit wurde der Urteilsspruch in Z County Council v R. FLR 2001, Bd. 1, 365, bestätigt. 182 O’Malley NLJ 2008, 1397. Allerdings gibt es nach O’Malley auch Gerichte, die den Putativvater zu beteiligen erwägen, wenn auch in Re H; Re G (Adoption: Consultation of Unmarried Fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646 (662), ausgeführt wurde: “If the mother refuses to disclose the identity of the father, her reasons must be carefully considered […].” 176
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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tigt:183 So wird beispielsweise argumentiert, aus einer Verzögerung des Adoptionsverfahrens aufgrund der Konsultation des leiblichen Vaters oder dessen Familie könne dem Kindeswohl Schaden erwachsen.184 Im Fall Re L185 wurde das Argument vorgebracht, eine Inkenntnissetzung des Vaters von der Existenz des Kindes könne zur Folge haben, dass die Mutter ihre Einwilligung in die Fremdadoption verweigere, was mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sei.186 Auch in der Entscheidung Re P187 wurde die Ermittlung und Inkenntnissetzung des leiblichen Vaters von der Existenz und Adoption des Kindes unter die Bedingung gestellt, dass sie mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Ebenso wie in Deutschland werden in der englischen Rechtsprechung effektive Mechanismen zur Erzwingung der Preisgabe des Namens des leiblichen Vaters verneint. In der Entscheidung Re H; Re G188 hielt der Richter fest, dem Gericht fehle es an einer Ermächtigung zur Zwangseinwirkung auf die Mutter, sodass von einer entsprechenden richterlichen Zwangsanordnung, den Namen des Vaters und seine Adresse zu offenbaren, abgesehen wurde. Auch in Z County Council v R189 wurde ausgeführt: “There is no power to compel her to reveal the identity […].” In Re L190 äußerte der Richter, der zunächst angeordnet hatte, die Mutter habe die Daten preiszugeben, nach der Anhörung der Mutter aber von weiteren Zwangsschritten absah, Zweifel an der Auffassung, rechtliche Mittel zur Erzwingung der Namensoffenbarung bestünden nicht. Vielmehr erkannte er solche zwar an, da den richterlichen Anordnungsbefugnissen in England 183
O’Malley NLJ 2008, 1397. Vgl. Re C (A child) v XYZ County Council and EC, FLR 2008, Bd. 1, 1294, wo Arden LJ (S. 1297) ausführte: “When a decision requires to be made about the long-term care of a child whom a mother wishes to be adopted, there is no duty to make enquiries which it is not in the interests of the child to make, and enquiries are not in the interest of the child simply because they will provide more information about the child’s background […].” In der gleichen Entscheidung (S. 1310) führte Thorpe LJ aus: “[…] the ultimate veto remains with the mother.” 185 (A Minor) (Adoption: Procedure) FLR 1991, Bd. 1, 171. 186 Vgl. ähnlich Z County Council v R FLR 2001, Bd. 1, 365 (368), wo die Ermittlungspflicht verneint wurde, da die Mutter androhte, auf ihre Kooperation mit der Jugendbehörde hinsichtlich des Adoptionsverfahrens zu verzichten, wenn ihrem Geheimhaltungswunsch nicht entsprochen werde. Hier stand die Inkenntnissetzung auch anderer Verwandter des Kindes in Frage, bezüglich derer die Mutter aber darlegen konnte, dass diese nicht die Sorge für das Kind übernehmen könnten, sodass das Gericht zu dem Schluss kam, das Kindeswohl erfordere deren Inkenntnissetzung nicht, S. 372. Zur Beachtung der Kindesinteressen und -rechte in diesem Zusammenhang vgl. Bainham Fam Law 2002, 279 (282 ff.). 187 (Adoption) (Natural Father’s Rights) FLR 1994, Bd. 1, 771. 188 (Adoption: Consultation of Unmarried Fathers) FLR 2001, Bd. 1, 646 (660). 189 FLR 2001, Bd. 1, 365 (366). 190 (Adoption: Contacting Natural Father) FLR 2008, Bd. 1, 1079 f. 184
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
keine Grenzen gesetzt seien, jedoch fänden diese ihre Grenzen in der Umsetzbarkeit in der Praxis und der Frage, ob sie “appropriate and prudent” seien.191 So ließ der Richter nicht nur Zweifel an der Effektivität einer möglichen Zeugenvernehmung der Mutter samt Eidesleistung sowie daran verlauten, sie ins Kreuzverhör zu nehmen, sondern äußerte zudem die Bedenken: “There is something deeply unattractive and unsettling in the idea that a woman in the mother’s position should be cross-examined in order to compel her to reveal the name of her child’s father [… and] as to the nature, extent and duration of her relationship with the father.”192
Ein solches inquisitorisches Vorgehen könne nicht mit der – wenn auch starken – Überzeugung gerechtfertigt werden, hierbei im Sinne des Kindeswohls zu agieren.193 Es bliebe daher dem Gericht und der Jugendbehörde nichts anderes als der Versuch übrig, die Mutter ohne rechtlichen Zwang von der Preisgabe der Vaterdaten zu überzeugen.194 d) Rechtliche Vaterschaft eines Dritten Besteht eine rechtliche Vaterschaft eines Dritten und erlangt der leibliche Vater Kenntnis von der beabsichtigten Adoption durch den Stiefvater, muss er, um eine Beteiligung am Adoptionsverfahren zu erlangen, zunächst beweisen, dass das Kind biologisch von ihm abstammt. Eine solche Vaterschaftsfeststellung ist im englischen Recht während des Adoptionsverfahrens ohne Einschränkung möglich. Denn das englische Recht fußt auf dem Prinzip der biologischen Wahrheit,195 sodass in einem solchen Fall im Adoptionsverfahren eine inzidente Prüfung der Vaterschaft stattfindet.196 IV. Vergleichende Stellungnahme Das englische Recht stellt bei der Einwilligungsberechtigung auf die biologische Elternschaft ab, wobei diese allein nicht ausreicht, sondern vielmehr der zur Einwilligung Berechtigte auch Inhaber der elterlichen Verantwortung sein muss. Anders als das deutsche Recht differenziert das englische Recht bei der elterlichen Berechtigung zur Einwilligung damit 191
Ebenda, S. 1084. Ebenda, S. 1085. 193 Ebenda, S. 1086. 194 Ebenda, S. 1086. 195 Dazu Helms FamRZ 2010, 1 (3 f.). 196 Gleiches gilt für die Fälle einer verdeckten Stiefkindadoption, in denen der biologische Vater die Scheinvaterschaft des Stiefvaters durch eine Feststellung der biologischen Abstammungsbeziehung beseitigen kann. 192
B. Einwilligungsrecht des externen leiblichen Elternteils
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zwischen ehelichen und unehelichen Vätern. Somit ist der Kreis der Einwilligungsberechtigten im englischen Recht enger gefasst als jener des deutschen Rechts, wo eine solche Berechtigung unabhängig davon besteht, ob der leibliche Vater noch oder überhaupt jemals ein Sorgerecht innehatte,197 da das Einwilligungsrecht als Ausfluss der leiblichen Elternstellung verstanden wird.198 Es geht daher im Schutze der Rechte des leiblichen Vaters über das englische Recht hinaus, wenn es erst bei der Ersetzung der Einwilligung nach der Inhaberschaft des Sorgerechts differenziert und im Falle des Fehlens eines solchen die grundsätzlich erleichterten Voraussetzungen für die Einwilligungsersetzung nach § 1748 Abs. 4 BGB ausreichen lässt.199 De facto kann aber auch in Deutschland der leibliche Vater, der nicht mit der Mutter verheiratet ist, durch den rechtlichen Vater, der die Elternstellung durch die Ehe mit der Mutter des Kindes oder im Wege der wirksamen Vaterschaftsanerkennung erlangt hat, verdrängt und seines Einwilligungsrechtes beraubt werden, wenn sein Anfechtungsrecht aufgrund einer familiären Beziehung des als Vater geltenden Mannes zum Kind ausgeschlossen ist. Dass nach dem ACA 2002 dem unehelichen Vater nach wie vor ein Einwilligungsrecht nur dann zusteht, wenn er ein Sorgerecht innehat – dessen Erwerb durch die Gesetzesänderung zwar erweitert wurde, ohne dass jedoch allen unverheirateten Vätern automatisch ein Sorgerecht zugebilligt wird –, wird in der Literatur kritisch bewertet: “[... T]he tide, which sought to sweep away the distinctions between illegitimacy and legitimacy for the child, has not yet reached the high water mark of eliminating the distinction between the married and unmarried father.”200
Begründet wird die Beibehaltung der Differenzierung zwischen ehelichen und unehelichen Vätern damit, dass die Rolle des unehelichen Vaters sehr unterschiedlich ausfallen könne: Seine Verbindung zum Kind könne sich auf die rein genetische Ebene beschränken, er könne jedoch auch einen vollen elterlichen Part im Leben des Kindes übernommen haben, wobei lediglich auf den Akt der Eheschließung verzichtet wurde. Daraus, ersterem die gleichen Sorgerechte und -pflichten zuzubilligen wie letzterem, würde ein beachtliches soziales Übel resultieren.201 Diese Rechtfertigung 197
Vgl. BayObLG FamRZ 2005, 1587; 2004, 397;1994, 1348 (1349). Erman/Saar § 1747 Rn. 2; Staudinger/Frank (2007) § 1747 Rn. 10; Soergel/Liermann § 1747 Rn. 11; s. auch BT-Drucks. 7/3061, S. 36. 199 Die „Koppelung von Sorgerecht und Einwilligungsersetzung“ als den „unterschiedliche[n] Normbereich von elterlicher Sorge (§ 1626 BGB) und natürlichem Elternrecht (Art. 6 II 1 GG) verwisch[end]“ kritisierend Lipp JZ 2006, 96 (97). 200 Bridge/Swindells, Adoption, S. 221. 201 Re H (Illegitimate Children: Father: Parental Rights) (No. 2) FLR 1991, 214 (218). 198
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
wurde vom EGMR als vereinbar mit Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK eingestuft.202 Hierbei wird jedoch verkannt, wie sehr die Herstellung oder Beibehaltung eines nach Art. 8 EMRK erforderlichen faktischen Familienlebens nicht allein vom Einsatz und Interesse des Vaters abhängt, sondern maßgeblich von der Mutter mitgestaltet wird. Vielfach finden der Beziehungsabbruch von Vater und Kind oder die mangelnde Entwicklung eines Vater-Kind-Verhältnisses – insbesondere dann, wenn die Beziehung des Vaters zur Mutter des Kindes bereits vor dessen Geburt abgebrochen ist – ihren Ursprung in der Person der Mutter, die die Entscheidungsgewalt hat, ob sie einen entsprechenden Umgang oder überhaupt eine Information des genetischen Vaters von der Geburt des Kindes wünscht oder ablehnt.203 Ferner erscheint die Differenzierung des englischen Rechts nach der Inhaberschaft der parental responsibility bei der Frage der Einwilligungsberechtigung aus dem Grund als sehr fragwürdig, dass ein die elterliche Sorge innehabender unehelicher Vater den entscheidenden Rechtsgewinn der Einwilligungsbefugnis auch dann genießt, wenn er keinerlei Zuneigung zum und Interesse am Kind demonstriert. Dies scheint gegenüber einem sich ohne Formalisierung um das Kind kümmernden oder um Umgang bemühten, aber an der Ausübung gehinderten, nichtehelichen Vater als ungerechtfertigte Besserstellung. Die Verweigerung eines Einwilligungsrechts mit der mangelnden Beziehung des nicht sorgeberechtigten biologischen Vaters zum Kind zu rechtfertigen, erweist sich daher im Hinblick auf Art. 8 EMRK als äußerst zweifelhaft.204 Diese Feststellung des gegenüber dem deutschen Recht beschränkten Kreises der Einwilligungsberechtigten in England kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Zum einen muss der Unterschied im Zusammenhang mit den Regelungen des englischen Rechts zum für das Einwilligungsrecht entscheidenden Sorgerechtserwerb durch uneheliche Väter gesehen werden. Wie aufgezeigt, verfügt das englische Recht hier über vielfältige Optionen des Erwerbs der parental responsibility durch uneheliche Väter – bereits zum Zeitpunkt der Geburt über die Registrierung, aber auch zur Erlangung eines Einwilligungsrechtes, wenn ein Adoptionsverfahren bereits in die Wege geleitet wurde –, sodass die Zahl derjenigen unehelichen Väter, denen ein Einwilligungsrecht nicht zusteht, faktisch gering ausfällt. Darüber hinaus ist der uneheliche Vater nicht gänzlich vom Adoptionsverfahren ausgeschlossen, wenn er die formale Berechtigung zur Einwilligung nicht innehat, da das Gericht zu dessen Beteiligung am Verfahren und der Berücksichtigung seiner Wünsche sowie seiner Beziehung 202
Vgl. B v UK v. 14.09.1999 – 36337/97 FLR 2000, Bd. 1, 1 (5). So auch Bainham, Children – The Modern Law, S. 291. 204 So auch Carell, Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters im Elternkonflikt in Deutschland und England, S. 303. 203
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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zum Kind verpflichtet ist – wenn auch dem englischen ebenso wie dem deutschen Recht hierbei Grenzen gesetzt sind, wenn die Mutter die Preisgabe des Namens des Vaters verweigert. Zum anderen kann der Vergleich des Schutzes des unehelichen Vaters bei der Adoption seines Kindes durch den Stiefelternteil in beiden Rechtsordnungen nur im Zusammenhang mit der Rechtslage und Praxis der gerichtlichen Hinwegsetzung über den unehelich-väterlichen Willen beurteilt werden, da der eigentliche Zugewinn der Einwilligungsbefugnis gerade darin liegt, die Einwilligung in die Adoption zu verweigern. Im Folgenden soll analysiert werden, wie weit der Schutz dieser Berechtigung zur Einwilligungsverweigerung in beiden Rechtsordnungen ausgestaltet ist.
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
I. Einführung Wie dargestellt untersteht die Adoption in beiden Rechtsordnungen dem Erfordernis, dass die leiblichen Eltern der Adoption zustimmen. Dass diese ihre Einwilligung verweigern, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass damit auch die Adoption unterbleibt:205 Aus Gründen des Fürsorgedankens, der dem Institut der Adoption in England wie in Deutschland zugrunde liegt, ist in Ausnahmefällen ein Hinwegsetzen über den elterlichen Willen möglich, sodass die Adoption unter Ersetzung der Einwilligung der leiblichen Elternteile dekretiert werden kann. Da die Adoption wie dargelegt mit dem absoluten Verlust der Elternstellung des externen leiblichen Elternteils einhergeht, bedarf eine Hinwegsetzung über einen der Adoption entgegenstehenden Willen der Einwilligungsberechtigten besonderer Rechtfertigung. Im Fall Johansen v Norway206 hat der EGMR deutlich gemacht, dass bei einer Adoption gegen den Willen der Berechtigten ein faires und ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen der leiblichen Eltern und denen des Kindes geschaffen werden muss. Eine Rechtfertigung könne allein dann angenommen werden, wenn die Adoption im Interesse des Kindes zwingend erforderlich sei.207 In den Entscheidungen Söderbäck v Schweden208 und Kuijper v Nie205 Bei etwa 6 % sämtlicher Minderjährigenadoptionen kommt es in Deutschland zur Ersetzung der Einwilligung, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 5. 206 EGMR Johansen/Norwegen v. 07.08.1996 – 17383/90, EHRR 1996, 33. 207 Bridge/Swindells, Adoption, S. 154. 208 EGMR Söderbäck/Schweden v. 28.10.1998 – 24484/94, ECHR 1998-VII, 33.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
derlande209, denen eine Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils als Sachverhalt zugrunde lag, legte der EGMR jedoch einen weniger strengen Maßstab an als bei Drittadoptionen. Zwar hob der EGMR auch in diesen Fällen hervor, dass der außenstehende Elternteil durch die Stiefkindadoption der Möglichkeit eines Familienlebens mit dem Kind dauerhaft beraubt werde. Für eine Verhältnismäßigkeit dieses schwerwiegenden Eingriffs in das Familienleben nach Art. 8 EMRK reichte in beiden Fällen jedoch aus, dass der externe leibliche Elternteil hinreichend am Adoptionsverfahren beteiligt worden war, die Stiefkindadoption der rechtlichen Absicherung und Konsolidierung der bereits über einen längeren Zeitraum bestehenden intensiven Familienbeziehung des Kindes zum Stiefvater diente und der leibliche Vater lediglich unregelmäßigen Kontakt zu seinem Kind gehabt hatte. Auch wenn der EGMR in einer aktuelleren Stiefkindadoptionsentscheidung Eski v Österreich210 einen strengeren Maßstab bei der Einwilligungsersetzung heranzog, gelangte er im konkreten Fall ebenfalls zum Ergebnis der Rechtfertigung der Einwilligungsersetzung, wobei auch hier die Argumente der Absicherung der Verankerung des Kindes in der neuen Familieneinheit ausschlaggebend waren. II. Einwilligungsersetzung nach deutschem Recht Gelangt das Gericht nach deutschem Recht zu dem Ergebnis, dass eine Stiefkindadoption dem Kindeswohl dient,211 willigt der leibliche Elternteil aber nicht in die Adoption seines Kindes ein, besteht die Möglichkeit, auf Antrag des Kindes212 – regelmäßig durch den sorgeberechtigten Elternteil vertreten – die fehlende elterliche Einwilligung nach § 1748 BGB213 gerichtlich zu ersetzen. Wie auch vom EGMR betont, ist bei der Ersetzung der Einwilligung eine Abwägung der widerstreitenden Interessen von leiblichem Elternteil und Kind vonnöten, in der sich das natürliche Elterngrundrecht des Art. 6 Abs. 2 GG und das Recht des Kindes auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie der Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG gegenüberstehen. Bei jeder Ersetzungsentscheidung hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehend Berücksichtigung zu finden.214
209
EGMR Kuijper/Niederlande v. 3.3.2005 – 64848/01. EGMR Eski/Austria v. 25.1.2007 – 21949/03, FLR 2007, Bd. 1, 1650. 211 Zu dessen Fragwürdigkeit siehe Kapitel 2, unter B. II. 2. 212 Beschwerdeberechtigt ist hingegen nicht der Stiefvater, vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1282. 213 Zu den verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dieser Norm vgl. Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 7 ff. 214 BVerfG NJW 1968, 2233 (2235). 210
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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1. Die Einwilligungsersetzungsgründe des § 1748 Abs. 1 bis 3 BGB Im deutschen Recht war eine Ersetzung der elterlichen Einwilligung im BGB zunächst nicht vorgesehen, Teile der Rechtsprechung setzten sich dennoch in Ausnahmefällen über den elterlichen Willen hinweg,215 bis schließlich durch das FamRÄndG v. 11.8.1961 – nach heftigen, v.a. verfassungsrechtliche Aspekte aufgreifenden Diskussionen – erstmals in § 1747 Abs. 3 BGB a.F. ein Ersetzungsgrund kodifiziert wurde.216 Im Folgenden werden zunächst die Ersetzungsgründe des § 1748 BGB dargestellt, die Anwendung finden, wenn der außenstehende leibliche Elternteil Inhaber des Sorgerechts ist oder einmal war, ehe gesondert auf die Regelung des § 1748 Abs. 4 BGB eingegangen wird, die jene Fälle betrifft, in denen der externe leibliche Elternteil als unehelicher Vater nie Inhaber der elterlichen Sorge war. a) Anhaltende gröbliche Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit Die Ersetzung der Einwilligung ist möglich, wenn der leibliche Elternteil seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend – alternativ auch besonders schwerwiegend, vgl. § 1748 Abs. 1 S. 2 BGB217 – gröblich verletzt oder aber seine Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind durch sein Verhalten demonstriert hat und „das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereichen würde“, vgl. § 1748 Abs. 1 S. 1 BGB. Im Stiefkindadoptionsfall sind die Pflichten, hinsichtlich derer sich der leibliche Elternteil eine Verletzung vorwerfen lassen kann, häufig be215
Vgl. z.B. OLG Hamburg FamRZ 1957, 379 (380). Vgl. dazu ausführlich Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 2 ff. Auch nach der Implementierung der Ersetzungsmöglichkeit in § 1747 Abs. 3 BGB-1962 hielten die Gerichte am Vorrang des Elternrechts fest und legten – nachdem das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Norm bestätigt hatte, NJW 1968, 2233 – diese Norm einschränkend aus, vgl. Willutzki ZKJ 2007, 18 f.; das Kindeswohl konnte sich gegen den Elternwillen schwerlich durchsetzen, vgl. Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 4. Die Norm wurde mit lediglich marginalen Änderungen in das Adoptionsgesetz von 1976 als § 1748 BGB integriert, die Absätze 3 und 4 erhielten ihre endgütige Fassung 1992 bzw. wurden 1998 eingefügt, vgl. Willutzki ZKJ 2007, 18 (19). 217 Diese besonders schwere Pflichtverletzung setzt ein elterliches Fehlverhalten voraus, das einem kriminellen Verhalten gegenüber dem Kind gleichkommt; zudem muss eine voraussichtlich dauernde Unmöglichkeit gegeben sein, das Kind dem Elternteil anzuvertrauen, vgl. § 1748 Abs. 1 S. 2 BGB; ob das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereicht, ist in Fällen des § 1748 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu prüfen, vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 2006 (2007); zu den äußerst seltenen Fällen, in denen dieser Ersetzungsgrund eingreift (schwerwiegende Misshandlung mit Todesfolge oder Erschießen der Mutter durch den Vater vor den Augen des Kindes sowie Entführung der Kinder durch den geschiedenen Vater in den Urwald von Bolivien), vgl. Oberloskamp, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 869 (876); OLG Brandenburg FamRZ 2007, 2006. 216
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
schränkt: Ist er nicht (mehr) sorgeberechtigt, reduzieren sich seine elterlichen Pflichten auf die Zahlung von Unterhalt und die Wahrnehmung des Umgangsrechtes.218 Allein hinsichtlich dieser Pflichten darf sich der leibliche Elternteil keine gröbliche Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit vorwerfen lassen, will er die Möglichkeit einer Ersetzung seiner Einwilligung ausschließen.219 Eine „gröbliche Pflichtverletzung“ entspricht im Wesentlichen einem Sorgerechtsmissbrauch bzw. einer Vernachlässigung i.S.d. § 1666 BGB.220 Grund für die Ersetzung ist in diesen Fällen ein von der üblichen Elternverantwortung stark abweichendes Verhalten, das Ausdruck eines schwerwiegenden elterlichen Versagens gegenüber dem Kind ist.221 Nach überwiegender Ansicht stellt die bloße Nichtzahlung von Unterhalt keine „gröbliche Pflichtverletzung“ dar, vielmehr muss sie nach überwiegender Ansicht von schwerwiegenden Umständen begleitet werden, wie etwa dem Hervorrufen eines tatsächlichen Notleidens des Kindes.222 Das Kind wird jedoch in der Stiefkonstellation überwiegend durch Unterhaltsleistungen des anderen leiblichen Elternteils oder des Stiefelternteils aufgefangen, sodass eine faktische Kindeswohlgefährdung in der Regel zu verneinen ist.223 Auch das Nichtpflegen eines Umgangs des Vaters mit dem Kind wird nur in seltenen Fällen eine grobe Pflichtverletzung darstellen, da sich ein solch unterbliebener Umgang regelmäßig mit einer problematisch gestalteten Beziehung der beteiligten Erwachsenen – interner leiblicher Elternteil, externer und Stiefelternteil –, d.h. der Erschwerung des Kontaktes durch die Mutter, begründen lassen wird.224 Gleichgültig verhält sich ein Elternteil, wenn er gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung teilnahmslos ist, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn er über einen längeren Zeitraum hinweg mit dem Kind keinen Kontakt pflegt, wenn ihn das Kind und sein Schicksal nicht interessieren oder wenn es an einer persönlichen Zuwendung völlig mangelt.225 Hierbei handelt es sich um eine subjektive Einstellung des Elternteils zum 218
Vgl. OLG Köln FamRZ 1990, 1152; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 831. BayObLG FamRZ 2005, 541; 2002, 1142 (1144); 1994, 1348 (1349); Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 23 m.w.N. 220 BayObLG FamRZ 2005, 541. 221 Willutzki ZKJ 2007, 18 (20). 222 BayObLG FamRZ 2005, 541; 2004, 397 (397 f.); 1998, 55; 1984, 935 (936); 1984, 417 (419); OLG Schleswig NJW-RR 1994, 585; a.A. Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 19. 223 So auch Willutzki ZKJ 2007, 18 (21); Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 44. 224 Vgl. OLG Köln BeckRS 2012, 03710; BayObLG FamRZ 2005, 541 (542); 2004, 397; Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 44. 225 BayObLG FamRZ 2005, 541 (542); 2004, 397 (398); 1998, 55; 1994, 1348 (1349); MünchKommBGB/Maurer § 1748 Rn. 18 f.; Soergel/Liermann § 1748 Rn. 17 f.; Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 26. 219
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Kind, bei der aufgrund der Schwierigkeiten, die sich bei der Nachprüfung dieser inneren Einstellung ergeben, objektiv feststellbare Tatsachen den – eindeutigen226 – Schluss zulassen müssen, dass das Kind dem Elternteil gleichgültig ist.227 Wie bereits festgestellt, unterhalten viele externe leibliche Elternteile nach wie vor einen – wenn auch teilweise beschränkten – Kontakt zu ihrem Kind,228 eine Gleichgültigkeit wird jedoch auch in den Fällen, in denen es in einer Stieffamiliensituation zu einem Kontaktabbruch des externen leiblichen Elternteils zu seinem Kind gekommen ist, selten feststellbar sein, da der externe leibliche Elternteil sich bezüglich des Unterlassens einer persönlichen Begegnung mit dem Kind häufig darauf berufen kann, dass diese von dem anderen leiblichen Elternteil erschwert oder unterbunden wurde.229 Gleichsam kann ein reduzierter Kontakt auch Ausdruck von Rücksichtnahme des Vaters gegenüber dem Kind sein.230 Auch wenn das Kind einen Kontakt zum externen Elternteil ablehnt, lässt sich aus der bloßen Akzeptanz dieses Kindeswillens keine Gleichgültigkeit des Elternteils ableiten.231 Eine eindeutige Annahme von Gleichgültigkeit wird in Stiefkindadoptionsfällen daher häufig nicht möglich sein.232 Lediglich in seltenen schwerwiegenden Ausnahmefällen elterlichen Versagens wird sich eine tatsächlich intrinsisch motivierte Gleichgültigkeit in Fällen der Stiefkindadoption feststellen lassen.233 b) Unverhältnismäßiger Nachteil Gelangt man dennoch zu einer Annahme einer gröblichen Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit, ist eine Ersetzung der Einwilligung des leiblichen Elternteils nach § 1748 Abs. 1 BGB lediglich dann möglich, wenn das Unterbleiben der Adoption einen unverhältnismäßiger Nachteil für das Kind darstellt. Damit reicht die Erfüllung eines der dargestellten Tatbestände der elterlichen Pflichtverletzung nicht aus, vielmehr muss die Erset-
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BayObLG FamRZ 2005, 541 (542). BT-Drucks. 7/421, S. 8; BayObLG FamRZ 2004, 397 (398); 1998, 55 (56). 228 Siehe dazu ausführlich unter A. II. 229 BayObLG FamRZ 2005, 541 (542). 230 Nach BayObLG FamRZ 2004, 397 (398), lässt „objektiv mehrdeutiges Verhalten, das sowohl auf Rücksichtnahme auf das Kind als auch auf Gleichgültigkeit beruhen kann, […] nur dann den Schluss auf eine Gleichgültigkeit zu, wenn das Motiv der Rücksichtnahme ausgeschlossen werden kann.“ 231 OLG Köln BeckRS 2012, 03710. 232 Vgl. z.B. BayObLG FamRZ 2005, 541 (542); FamRZ 2004, 397 (398). 233 Vgl. einen älteren Fall, in dem der geschiedene Vater seine Einwilligung von der Zahlung von 5.000 DM abhängig machen wollte. Da er damit seine „böswillige“ Gesinnung zum Ausdruck gebracht hatte, wurde seine verweigerte Einwilligung ersetzt, LG Hamburg FamRZ 1957, 379. 227
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
zung der Einwilligung auch aus der Kindesperspektive geboten sein.234 Das Vorliegen eines solchen Nachteils ist zu ermitteln, indem die gesamten Lebensumstände und die mögliche Entwicklung des Kindes mit und ohne Adoption miteinander prognostisch verglichen und gegeneinander abgewogen werden.235 Dabei ist der Nachteil des Kindes bei einem Unterbleiben der Adoption mit dem schwerwiegenden Eingriff des Verlustes der Elternstellung durch die Adoption in das Elternrecht in Relation zu setzen.236 Hier kann das Ausbleiben der rechtlichen Vorteile des Erlangens eines zuverlässigen Unterhaltsschuldners und eines gesetzlichen Erbrechts sowie der Annahme des Namens oder der Staatsangehörigkeit des Stiefvaters zwar gegebenenfalls einen Nachteil begründen, jedoch muss der Nachteil auch unverhältnismäßig sein. Dafür kommt es wesentlich darauf an, ob eine volle rechtliche Integration des Kindes in die neue Familie in seinem „geistig-seelischen Interesse“ zu fordern ist237 und ob das Interesse des externen Elternteils an der Aufrechterhaltung seiner rechtlichen Beziehung zum Kind keines Schutzes mehr bedarf.238 In der in Bezug auf Adoptionen eines Stiefkindes nicht eindeutigen Rechtsprechung wird der unverhältnismäßige Nachteil einerseits mit der Begründung verneint, dass auch ohne eine Adoption das wohlbehütete und umsorgte Aufwachsen des Kindes beim leiblichen Elternteil und Stiefelternteil gesichert sei,239 andererseits mit der Begründung einer Kumulation sämtlicher oben genannter rechtlicher Vorteile, gekoppelt mit einer günstigen Kindesentwicklung aufgrund „dauernder Zugehörigkeit zu seiner Familie“, bejaht.240 In einer Entscheidung des OLG Schleswig, in der die Adoption des Kinds durch den Stiefelternteil kurz vor dem Tod des internen leiblichen Elternteils beantragt worden war, wurde die Nichtersetzung der Einwilligung damit begründet, dass der Aspekt, dass es dem Kindeswohl zweifelsohne am besten diene, in der Familie des Stiefvaters zu verbleiben, „noch nicht die Voraussetzungen des § 1748 BGB“ erfülle.241 In der Literatur wird die Unverhältnismäßigkeit der Nachteilhaftigkeit des Unterbleibens der Adoption in den meisten Fällen einer Stiefkindadoption verneint und nur dann angenommen, wenn der außenstehende leibliche Elternteil durch sein Verhalten eine solche Verunsicherung des Kindes in seiner faktischen Lebenssituation in der Stieffamilie herbeiführt, dass das Kind vor unberechtigtem Kontakt zum 234
Willutzki ZKJ 2007, 18 (23). MünchKommBGB/Maurer § 1748 Rn. 37. 236 Willutzki ZKJ 2007, 18 (23). 237 Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 45. 238 Willutzki ZKJ 2007, 18 (24). 239 BayObLG FamRZ 2004, 397 (399); Willutzki ZKJ 2007, 18 (24). 240 BayObLG FamRZ 2005, 1587; NJW-RR 1994, 903 (905) mit Verweis auf BVerfG NJW 1968, 2233. 241 FamRZ 1994, 1351 (1352). 235
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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Elternteil geschützt werden muss.242 Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Umgang des Elternteils mit dem Kind vom Gericht aus Unvereinbarkeitsgründen mit dem Kindeswohl versagt wurde, der Elternteil dennoch ständig Verfahren nach § 1696 Abs. 1 BGB anzuregen versucht. In Anbetracht der Tatsache, dass es nicht leicht fallen wird, der Stiefkindadoption überhaupt eine Kindeswohldienlichkeit abzugewinnen, dürfte es sich schwer begründen lassen, dass sich das Aufwachsen des Kindes in der faktischen Stieffamilie gegenüber einem solchen in der durch Adoption formalisierten als unverhältnismäßig nachteilig darstellt.243 c) Pflege- und Erziehungsunfähigkeit Eine Ersetzbarkeit der Einwilligung bei Pflege- und Erziehungsunfähigkeit des leiblichen Elternteils aufgrund besonders schwerer geistiger oder seelischer Gebrechen244 kommt in Stiefkindadoptionsfällen nicht in Betracht, da die kumulative Voraussetzung, dass ohne die Adoption das Aufwachsen in einer Familie unterbliebe und eine schwere Entwicklungsgefährdung beim Kind zu erwarten wäre, vgl. § 1748 Abs. 3 BGB, nicht erfüllt ist, da das Kind auch ohne die Adoption in der Stieffamilie aufwächst.245 2. Einwilligungsersetzung nach § 1748 Abs. 4 BGB Der seit dem 1.7.1998 geltende Ersetzungstatbestand des § 1748 Abs. 4 BGB beschränkt sich in seinen Voraussetzungen auf das Einhergehen des Unterbleibens der Adoption mit einem unverhältnismäßigen Nachteil für das Kind, ohne ein elterliches Fehlverhalten oder eine elterliche Unfähigkeit zu fordern. Diese Ersetzungserleichterung greift bei nichtehelichen Vätern ein, deren Kind durch einen Stiefvater adoptiert werden sollen und die zu keinem Zeitpunkt die elterliche Sorge für das Kind getragen haben.246 a) Kritik an der Norm Die Norm des § 1748 Abs. 4 BGB war von Beginn an verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Es wurde unter anderem kritisiert, der Gesetzgeber habe übersehen, dass dem Vater eines nichtehelichen Kindes gemäß 242
Willutzki ZKJ 2007, 18 (24); Enders FPR 2004, 60 (62). So auch Enders FPR 2004, 60 (62). 244 Hierzu BGH NJW 1997, 585. 245 So auch Enders FPR 2004, 60 (62). 246 Hintergrund dieser Regelung war die Verfassungswidrigkeit der vorangehenden Rechtslage, nach der dem nichtehelichen, nicht sorgeberechtigten Vater des Kindes bei einer Adoption durch den Ehemann der Mutter weder ein Einwilligungsrecht zustand noch eine Abwägung mit seinen Belangen stattfand, vgl. BVerfG NJW 1995, 2155 ff. 243
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§ 1626a Abs. 1 BGB a.F. gar keine Möglichkeit eröffnet wurde, gegen den Willen der Mutter Mitinhaber der elterlichen Sorge zu werden.247 Ferner reiche ein alleiniges Abstellen auf die Sorgerechtszuständigkeit zur Ermittlung eines elterlichen Verantwortungsbewusstseins nicht aus.248 Die Privilegierung eines sorgeberechtigten Vaters, der Kind und Mutter kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes verlassen hat, gegenüber einem nichtsorgeberechtigten Vater, der mit der Mutter in einer Familiengemeinschaft gelebt hat und sich nach wie vor um das Kind kümmert, sei nicht gerechtfertigt.249 b) Unsicherheiten bei der Auslegung des Begriffs „unverhältnismäßiger Nachteil“ Unsicherheiten bestanden von Beginn an bei der Auslegung des Begriffs des „unverhältnismäßigen Nachteils“. Insbesondere war unklar, welches Gewicht den Interessen des Vaters – trotz des gesetzlichen Nichtabstellens auf ein väterliches (Fehl-)Verhalten – zukommen sollte, da der Gesetzeswortlaut allein auf die Auswirkungen für das Kindeswohl als Entscheidungsmaßstab Bezug nimmt.250 Zur Frage, welche Anforderungen an die Auslegung und Gewichtung der Kindesinteressen gegenüber jenen des leiblichen Vaters bei Stiefkindadoptionen zu stellen sind, ist lediglich eine geringe Anzahl von Entscheidungen ergangen.251 Das OLG Karlsruhe ging in einer Entscheidung vom 26.5.2000252 davon aus, das Unterbleiben der Adoption stelle für das Kind einen unverhältnismäßigen Nachteil bereits dann dar, wenn die Abwägung der Interessen des Kindes mit denen des Vaters zum Ergebnis gelangt, dass das Interesse des Kindes an der Adoption überwiegt. Bestehe keine Vater-KindBeziehung, weil der Vater die Mutter noch während der Schwangerschaft verlassen und die Mutter Kontakte des Kindes zum Vater unterbunden hat, so überwiege das Kindesinteresse am ungestörten Aufwachsen im Verbund der Stieffamilie die Interessen des Vaters. Demgegenüber weigerte sich das BayObLG gegen eine Festlegung entsprechend der Auslegungsregel des OLG Karlsruhe und jener des vorentscheidenden Landgerichts, das einen besonders großen Nachteil für das Kindeswohl als Rechtfertigung für die Einwilligungsersetzung forderte. Stattdessen nahm es eine umfassende 247 Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 59; Frank FamRZ 1998, 393 (394); Soergel/Liermann BGB, 13. Aufl. § 1748 Rn. 41. 248 Lipp JZ 2006, 96 (97); Finger JR 2005, 139 (142). 249 Lipp JZ 2006, 96 (97). 250 Lipp JZ 2006, 96 (97). 251 Vgl. BayObLG FamRZ 2005, 1587 f.; FamRZ 2002, 486 ff.; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 573 ff.; OLG Saarbrücken FamRZ 2005, 1586 f. 252 OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 573 (574).
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Abwägung der Kindes- und Elterninteressen unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vor,253 in die es auch das natürliche Elternrecht des Vaters mit einbezog. Das OLG Saarbrücken254 und wiederum das BayObLG255 betonten256 (dagegen) in Fällen, in denen das Kind seit dem Säuglingsalter über einen längeren Zeitraum hinweg ohne Kontakt zum leiblichen Vater in der Stiefvaterfamilie gelebt hatte, den Kindesinteressen käme bei der im Rahmen von § 1748 Abs. 4 BGB erforderlichen umfassenden Abwägung mit den Elterninteressen, „entscheidende Bedeutung“ zu. Das Kindesinteresse daran, dass die tatsächliche familiäre Situation keine Veränderung erfahre, könne das elterliche Interesse überwiegen.257 Von der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe beabsichtigte das OLG Celle258 eine Abweichung dahingehend, dass ein geringerer Nachteil des leiblichen Vaters nicht ausreichend sei; vielmehr müsse dem Kind durch das Unterbleiben der Adoption ein besonders großer Nachteil drohen, da-
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BayObLG FamRZ 2002, 486 (487), wobei es das Ergebnis der Abwägung durch das LG bestätigte, das einen unverhältnismäßigen Nachteil im konkreten Fall nicht hatte feststellen können, da sich – unter Berücksichtigung der abstrakten Vorteile der rechtlichen Integration durch eine Adoption – die konkreten Lebensumstände des Stiefkindes durch die Adoption kaum änderten. Zudem sei die Einbindung des Kindes in den Familienverbund durch das Verwandtschaftsband zur Mutter dauerhaft und rechtlich gesichert und das Umgangsrecht seitens des leiblichen Vaters bis dato problemlos wahrgenommen worden, dessen Interessen an dem Erhalt des Verwandtschaftsverhältnisses zum Kind Gewicht beizumessen sei. 254 OLG Saarbrücken FamRZ 2005, 1586 (1587). 255 BayObLG FamRZ 2005, 1587 (1588). 256 Mit Verweis auf die Entscheidung des BayObLG FamRZ 2004, 1812, zur Einwilligungsersetzung bei einer Adoption durch Pflegeeltern. 257 Verweis auf EGMR FamRZ 2002, 1393 (1396). 258 Dem OLG Celle lag zur Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde: Der nichteheliche Vater hatte sich vor der Geburt des Kindes von der Mutter getrennt; er bemühte sich um einen Umgang mit seinem Kind ab dem Zeitpunkt, als dieses ein halbes Jahr alt war. Die Mutter und das Jugendamt verweigerten den Umgang. Seinem Antrag auf eine Umgangsregelung beim Familiengericht folgte wenige Tage später der Antrag des Ehemannes der Mutter, das Stiefkind zu adoptieren. Im Verfahren zur Ersetzung der Einwilligung des Vaters maß das AG Nienburg, Beschluss v. 28.6.2001 – 5/9 XVI 3/00, dem Interesse des Kindes an der Adoption den gleichen Wert bei wie dem Interesse des Vaters an einer Umgangsregelung, sodass mangels Überwiegens der Kindesinteressen die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils und somit auch die Ersetzung der Einwilligung verneint wurden. Das LG Verden, Beschluss v. 25.7.2002 – 1 T 146/01, hingegen begründete die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils des Unterbleibens der Adoption damit, dass das Kind durch einen etwaigen Umgang mit dem Vater aus seiner Familie herausgerissen werde, dass bereits die Kenntnis davon, dass der Stiefelternteil nicht der leibliche Elternteil sei, zu einer erheblichen Verunsicherung des Kindes geführt habe und dass von einem Profitieren des Kindes von einer bis dato nicht existenten Vater-Kind-Beziehung nicht auszugehen sei.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
mit eine Ersetzung der Einwilligung gerechtfertigt sei,259 sodass es die Sache dem BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorlegte. c) Die Entscheidung des BGH vom 23.3.2005 Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, das Kriterium des „unverhältnismäßigen Nachteils“ des Ausbleibens der Adoption ermögliche die Berücksichtigung der Belange sowohl des Kindes als auch des Vaters, bei deren Abwägung gegeneinander das Unterbleiben der Adoption dem Kind nur dann zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereiche, wenn die Adoption einen so erheblichen Vorteil für das Kind biete, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestände.260 Ein bloßes Überwiegen der Kindesinteressen könne hingegen eine Einwilligungsersetzung nicht rechtfertigen.261 In der erforderlichen Einzelfallprüfung sei auf Seiten des Kindes zu prüfen, wie sehr die rechtliche Absicherung der Integration des Kindes in die Familie den Interessen des Kindes diene; hinsichtlich des Vaters sei zu prüfen, ob ein gelebtes Vater-Kind-Verhältnis bestehe oder bestanden habe und, falls dies nicht der Fall sei, welches die Gründe dafür seien.262 Bei der Adoption eines Stiefkindes begründe das Interesse an einer rechtlichen Absicherung der existenten Stiefeltern-Kind-Beziehung in der Regel – und insbesondere dann, wenn mit der Adoption vorrangig das Ziel verfolgt wird, Umgangsmöglichkeiten des leiblichen Vaters für die Zukunft auszuschließen – einen solch erheblichen Vorteil nicht, der mit dem vollständigen Verlust der Elternstellung durch den Vater samt Umgang mit dem Kind einhergeht.263 Der BGH weist die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geäußerten Bedenken gegen § 1748 Abs. 4 BGB zurück. Durch das Tatbestandsmerkmal des „unverhältnismäßigen Nachteils“ werde eine verfassungsgemäße Interessenabwägung gewährleistet. Er rechtfertigt die strengeren Voraussetzungen für eine Einwilligungsersetzung bei Stiefkindadoptionen damit, dass der leibliche Vater bei einer Stiefkindadoption schlechter stehe als bei einer Dritt- oder Fremdadoption, bei der er gemäß §§ 1672 Abs. 1, 1747 Abs. 3 Nr. 2, 1751 Abs.1 S. 6 BGB (jeweils a.F.; 259 So auch zur Abwägung im Falle der Adoption eines Kindes durch Pflegeeltern OLG Stuttgart FamRZ 2005, 542 (545). 260 BGH NJW 2005, 1781. 261 BGH NJW 2005, 1781 (1782 f.). 262 BGH NJW 2005, 1781 (1783). Im zu entscheidenden Fall stellte der BGH die amtsgerichtliche Entscheidung gegen die Ersetzung der Einwilligung wieder her, mit der Begründung, die Nutzung der Adoption als Mittel zur Vereitelung des Umgangsrechtes des leiblichen Vaters vermöge eine Einwilligungsersetzung nicht zu rechtfertigen. 263 BGH NJW 2005, 1781 (1783).
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aktuell: §§ 1671 Abs. 2, 1747 Abs. 3 Nr. 3 BGB) die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich selbst beantragen könne, ohne dass eine Zustimmung der Mutter erforderlich wäre.264 Die Rechtsauffassung des BGH hat das BVerfG in seinen Entscheidungen vom 29.11.2005265 und vom 27.4.2006266 bestätigt. Es hat ausgeführt, dass nur bei einer derart restriktiven Interpretation der Vorschrift des § 1748 Abs. 4 BGB die gesetzliche Regelung als verfassungskonform angesehen werden könne und so eine Ungleichbehandlung zwischen ehemals sorgeberechtigten und nicht sorgeberechtigten leiblichen Vätern vermieden werde. Außerdem hat es hervorgehoben, dass eine Einwilligungsersetzung selbst in den Fällen, in denen eine gelebte Vater-Kind-Beziehung nicht besteht, lediglich dann in Betracht kommt, wenn das Fehlen oder der Abbruch einer solchen Beziehung der eigenen Sphäre des Vaters zugeordnet werden kann.267 Auf diese Weise wird – wenn auch § 1748 Abs. 4 BGB ein elterliches Fehlverhalten gerade nicht als Voraussetzung für eine Einwilligungsersetzung vorschreibt – das väterliche Vorverhalten dennoch mitberücksichtigt, sodass eine Angleichung der Anforderungen der Ersetzung der Einwilligung nichtehelicher an jene ehelicher Väter erfolgt.268 In der Literatur wird die Rechtsprechung des BGH teilweise als die Belange und das Wohl des Kindes verkennend und vernachlässigend, allein die Rechtsposition des leiblichen Vaters stärkend kritisiert, die verfassungsrechtlich nicht zwingend, rechtlich nicht zutreffend und rechtspolitisch verfehlt sei und dazu führe, dass Stiefkindadoptionen künftig seltener und schwieriger als bisher durchzuführen seien.269 Es wird kritisiert, BVerfG und BGH wollten mithilfe der engen Grenzen der Ersetzbarkeit der Einwilligung der Tendenz des generellen Vorrangs biologischer Elternschaft vor sozialer folgen, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass damit eine Vielzahl von Kindern in permanenter Ungewissheit über die Gestaltung ihres zukünftigen Lebens aufwüchsen.270 Andere Stimmen begrüßen die Entscheidung hingegen. Sie stärke nicht nur das Elternrecht des natürlichen Vaters nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, sondern erhalte auch die in der konkreten Familiensituation bestehenden Strukturen, was in Anbetracht des sozialen Wertewandels und der nicht gesicherten Beständigkeit der Stiefehe aus Gründen des Kindeswohls geboten sei.271 Die Entscheidung gebe „bei minderjährigen Kindern eine 264
BGH NJW 2005, 1781 (1783). FamRZ 2006, 94 ff. 266 FamRZ 2006, 1355 f. 267 BVerfG FamRZ 2006, 94 (95); FamRZ 2006, 1355. 268 BVerfG FamRZ 2006, 94 (95). 269 Peschel-Gutzeit NJW 2005, 3324 (3326). 270 Willutzki ZKJ 2007 18 (28). 271 Rösler/Reimann FamRZ 2006, 1356 (1357). 265
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Handhabe dagegen, dass Fakten geschaffen werden, die es noch belohnen, wenn der nichteheliche Vater aus seiner Beziehung zu seinem Kind verdrängt wird.“272 Die ohnehin in der amtsgerichtlichen Praxis praktizierte Zurückhaltung bei der Ersetzung von Einwilligungen in Stiefkindadoptionen werde durch das Urteil gestärkt.273 3. Zusammenfassende Stellungnahme Durch das Erfordernis, dass der Vater das Scheitern der Vater-KindBeziehung selbst zu verantworten haben muss, damit seine Einwilligung nach § 1748 Abs. 4 BGB ersetzt werden kann, wird in Stiefkindadoptionsfällen der bei der Einwilligungsersetzung herangezogene Maßstab in sämtlichen Konstellationen der gleiche sein, sodass es keinen Unterschied mehr macht, ob es sich um einen ehelichen oder unehelichen externen leiblichen Elternteil handelt.274 Die restriktiven Vorgaben von BGH und BVerfG dürften zur Folge haben, dass Einwilligungen bei Adoptionen ehelicher wie unehelicher Kinder nur selten ersetzt werden. Lediglich bei schwerwiegendem elterlichen Fehlverhalten gegenüber dem Kind oder dem vom Vater zu verantwortenden Scheitern einer Vater-Kind-Beziehung und erheblichen Vorteilen, die der Stiefkindadoption in Bezug auf das Kindeswohl zuzusprechen sind, ist eine Stiefkindadoption gegen den Willen des außenstehenden leiblichen Elternteils möglich. So hielt auch das OLG Köln in einer aktuellen Entscheidung eine Einwilligungsersetzung für nicht gerechtfertigt, in der das Kind jeglichen Kontakt zum leiblichen Vater, den es als „gehasst“ bezeichnete, aus tiefer Abneigung und Feindseligkeit ablehnte.275 Diese restriktive Auslegung des Begriffs des „unverhältnismäßigen Nachteils“ ist nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Sie steht auch im Einklang mit den in Kapitel 2 dargestellten Zweifeln an der Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption im Allgemeinen, die insbesondere bei Vorhandensein eines sich der elterlichen Verantwortung bewussten und diese wahrzunehmen bereiten externen biologischen Elternteils greifen, und ist daher zu begrüßen.
272
Heitmann jurisPR-FamR 1/2006 Anm. 2, unter D. Heitmann jurisPR-FamR 1/2006 Anm. 2, unter C, D, auch mit Verweis auf BayObLG FamRZ 1989, 429; vgl. auch BayObLG FamRZ 1994, 1348; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 542; OLG Schleswig FamRZ 1994, 1351; OLG Köln FamRZ 1990, 1152. 274 Staudinger/Frank (2007) § 1748 Rn. 59. 275 OLG Köln BeckRS 2012, 03710. 273
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III. Elterninteressen und Kindeswohl im Rahmen der Ersetzung der Einwilligung nach englischem Recht Ehe auf die aktuelle Rechtslage und Praxis der Einwilligungsersetzung in England im Allgemeinen und bei Stiefkindadoptionen im Besonderen eingegangen wird, soll zunächst in einem historischen Überblick dargestellt werden, welche Entwicklung die Gewichtung von Kindes- und elterlichen Interessen im enlischen Recht und in der Praxis der Ersetzung der elterlichen Einwilligung genommen hat. 1. Historische Entwicklung der Kindeswohlberücksichtigung Im Gegensatz zum deutschen Recht sah das englische Recht bereits seit der ersten Adoptionsgesetzgebung 1926 Gründe vor, aufgrund derer die Ersetzung der elterlichen Einwilligung möglich sein sollte. Der Verzicht auf eine nach dem Adoption of Children Act 1926, Sec. 2 (3) erforderliche Einwilligung war zunächst nur dann möglich, wenn – unter indirekter Berücksichtigung des Kindeswohls – festgestellt wurde, dass der Einwilligungsberechtigte das Kind ausgesetzt oder verlassen hatte, unauffindbar oder nicht in der Lage war, seine Einwilligung abzugeben. Eine Einwilligungsersetzung war auch möglich, wenn eine Person, die zum Unterhalt gegenüber dem Kind verpflichtet war, die Erfüllung dieser Verpflichtung fortgesetzt unterlassen oder verweigert hatte, oder es sich bei ihr um eine Person handelte, “whose consent ought, in the opinion of the court and in all the circumstances, to be dispensed with.”276 Diese Einwilligungsverzichts- bzw. -ersetzungsgründe wurden von der herrschenden Meinung als abschließend eingestuft und trotz des eingeräumten weiten Ermessens277 selten angewandt sowie eng ausgelegt,278 bis der High Court im Jahre 1947 überraschend entschied, dass auf jede Einwilligung – d.h nicht nur diejenige einer unterhaltspflichtigen Person – verzichtet werden könne, wenn dem Gericht diese Einwilligung den Umständen nach verzichtbar erschien.279 Dem Gericht sollte ein weitestmöglicher Ermessensspielraum zustehen.280 Mit dieser Rechtsprechung wurden 276
Letzterer Ersetzungsgrund war entgegen der Tomlin Committee Bill, in der eine Beschränkung von Einwilligungsersetzungen auf Ausnahmefälle favorisiert wurde, eingefügt worden, vgl. dazu Cretney, in: Cretney (Hrsg.), Law, Law Reform and the Family, S. 184 (193). 277 H v H KB 1947, 463 (466). 278 Cretney, in: Rose (Hrsg.), Consensus Ad Idem, S. 251 (260); ders., Principles of Family Law, 2. Aufl., S. 397; ders., in: Cretney (Hrsg.), Law, Law Reform and the Family, S. 184 (193 f.); Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 2, S. 22. 279 Harris v Hawkins All ER 1947, Bd. 1, 312. 280 Lord Goddard in Harris v Hawkins All ER 1947, Bd. 1, 312 (313).
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die Grenzen des Wortlauts von Sec. 2 (3) Adoption of Children Act 1926 deutlich überschritten. Daraufhin erfolgte durch die Neugestaltung des Adoption Act 1950 eine Präzisierung des Gesetzeswortlauts, die eine entsprechend weite Auslegung der Gerichte in Gesetzesform goss: Neben den genannten Ersetzungsgründen sah Sec. 3 (1)(c) eine weitere Ersetzungsmöglichkeit für alle Einwilligungsberechtigten vor, wenn die einwilligungsberechtigte Person die Einwilligung unbegründeterweise verweigerte (unreasonable withholding). Ziel der Implementierung dieses Grundes war es, die Kindesinteressen im Rahmen der Einwilligungsersetzung zu verankern und den Fokus der Gerichte auf das Kindeswohl zu lenken;281 lediglich in außergewöhnlichen Fällen sollte der Ersetzungsgrund greifen.282 Dennoch maßen die Gerichte dem Kindeswohl bei der Einwilligungsersetzung überwiegend keine entsprechende Bedeutung bei.283 Vielmehr wurde die Beurteilung, ob die Adoption dem Kindeswohl dient, zumeist getrennt von jener der Begründetheit der Verweigerung der Einwilligung behandelt.284 Im frühen case law etablierte sich die verbreitete Praxis, dass eine Ersetzung wegen unbegründeter Verweigerung lediglich auf ein Fehlverhalten des Elternteils gestützt werden konnte,285 wobei die Gerichte sich selten über den elterlichen Willen hinwegsetzten.286 Eine unbegründete Verweigerung konnte nicht bereits dann angenommen werden, wenn dem Kindeswohlergehen mit dem Erlass eines Adoptionsbeschlusses besser gedient war als mit dem Verbleib des Kindes bei seinen leiblichen Eltern.287 Zu dieser Zeit, in der das Kindeswohl bereits als zentrales Kriteri281
Richards, Adoption, S. 90; Cretney, Principles of Family Law, 1. Aufl., S. 354. Re K (an infant), Rogers and Another v Kuzmicz All ER 1952, Bd. 2, 877. 283 Vgl. Re F All ER, Bd. 1 1957, 819; Re K (an infant), Rogers and Another v Kuzmicz All ER 1952, Bd. 2, 877; vgl. aber Re L (An Infant) The Times July 19, 1962. 284 Richards, Adoption, S. 91; Cretney, Principles of Family Law, 1. Aufl., S. 354. 285 Re W (An Infant) QB 1970, Bd. 2, 589 (600); Re C(L) (An infant) QB 1965, Bd. 2, 449 (470 f.); Hitchcock v W.B. and others All ER 1952, Bd. 2, 119 (123): “[…] the circumstances in which consent may be dispensed with under s 3 (1)(a) and s 3 (1)(b) are where a parent has, by his own act of parental misbehaviour, disqualified himself from having his refusal of consent attended to.” 286 Vgl. z.B. Hitchcock v W.B. and others All ER 1952, Bd. 2, 119 ff., wo der Vater des Kindes als ehemaliger Gefängnisinsasse das Gericht durch sein “honest desire to remain the parent of the child” beeindruckte, sodass ihm anstelle der durch die Pflegeeltern beantragten Adoption das Sorgerecht zuerkannt wurde, obwohl er dem Kind keine Unterkunft für ein Zusammenleben bieten konnte: “[…] he cannot be said to be acting unreasonably in withholding his consent, notwithstanding that he may have to put the child into some kind of institution, although it would, naturally, be better for the infant to have the benefit of a home life, if possible, rather than to be in an institution.”, S. 123. 287 Hitchcock v W.B. and others All ER 1952, Bd. 2, 119 (122 f.); Re K. (an infant), Rogers and Another v Kuzmicz All ER 1952, Bd. 2, 877 (885): “[…] we would say, first, that the withholding of a parent’s consent to an adoption order cannot be held unreasonable merely because the order if made would conduce to the welfare of the child”; vgl. 282
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um auch des Adoptionsrechts gesetzlichen Niederschlag erfahren hatte, hatte es sich bei der Einwilligungsersetzung dem uneingeschränkten Vorrang entgegenstehender berechtigter Elterninteressen unterzuordnen.288 Trotz einer zusätzlichen Erweiterung der Ersetzungsgründe durch den Adoption Act 1958289 waren Einwilligungsersetzungen in den 1960er Jahren nur sehr selten Gegenstand einer Gerichtsentscheidung.290 In der Praxis blieb es dabei, dass die Gerichte einen Adoptionsantrag in der Regel ablehnten, wenn ein Elternteil seine Einwilligung verweigerte.291 Lediglich wenn die Adoption gegen den Willen des leiblichen Elternteils auf lange Sicht in krasser Diskrepanz zum Kindeswohl stand, wurde teilweise eine Ersetzung der Einwilligung als gerechtfertigt eingestuft.292 Dies änderte sich jedoch in den 1970er Jahren, als Entscheidungen ergingen, die eine Berücksichtigung des Kindeswohls bei der Beurteilung proklamierten, ob ein Elternteil seine Einwilligung unbegründet verweigerte oder nicht.293 So wurde in der Entscheidung Re W294 des House of Lords festgelegt, dass eine Verweigerung der Einwilligung auch ohne ein schuldhaftes oder egoistisches Verhalten der leiblichen Eltern als unbegründet gewertet werden aber in der Entscheidung Re D (An Infant) All ER 1958, Bd. 1, 427 (431) bezüglich eines unehelichen Putativvaters, der die Mutter des Kindes ermordet hatte: “[…] it is clear that in a case such as this, the primary consideration, if not the only one, must be the welfare of the infant.” 288 Vgl. Hitchcock v W.B. and others All ER 1952, Bd. 2, 119 (123) “The welfare of the child is, of course, of indirect importance […] but the child’s welfare is no longer the sole test.” Nach James, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857– 1957, S. 39 (51, Fn. 17) schien die Anwendung der eng ausgelegten Ersetzungsgründe gänzlich ohne eine “paramount consideration of the welfare of the infant” zu erfolgen; vgl. auch Zeiler, Die Voraussetzungen der Adoption in England, S. 37. 289 Eine Ersetzung der Einwilligung war auch bei einer grundlosen, andauernden Verletzung elterlicher Pflichten möglich, vgl. Sec. 5 (2). 290 Vgl. Rowe/Cain/Hundleby/Keane, Long-term Fostering and the Children Act, S. 23: “Agencies seldom recommended prospective adopters to resist natural parents who changed their minds and claimed their children back and, without an initial consent, cases were almost never brought to court”; vgl. ebenso Cretney, Principles of Family Law, 1. Aufl., S. 351 m.w.N.: Im Jahr 1966 wurde bei 9.614 von adoption agencies vermittelten Kindern 205 Kinder von ihren Müttern vor dem Adoptionsverfahren zurückgefordert, bei denen lediglich 34 Einwilligungsersetzungsverfahren in Gang gesetzt wurden und bei denen in nur 12 Fällen das Gericht die Einwilligung ersetzte. 291 Cretney, in: Rose (Hrsg.), Consensus Ad Idem, S. 251 (262). 292 Re C(L) (An Infant) QB 1965, Bd. 2, 449. 293 Vgl. Re B (CHO) (An Infant) QB 1971, Bd. 1, 437; vgl. auch den Stiefkindadoptionsfall Re D (Minors) (Adoption by Parent) All ER 1973, Bd. 3, 1001 (1006): “The welfare of the children, while not the first or sole deciding factor, is nonetheless a requisite consideration”, wenngleich das Kindeswohl hier als Argument gegen die Ersetzung der elterlichen Einwilligung herangezogen wurde. 294 (An Infant) AC 1971, 682 (683).
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könne.295 In dieser richtungsweisenden Entscheidung wurde die Interpretation des Ersetzungsgrundes wie folgt festgelegt:296 “[…] the test is reasonableness and nothing else. It is not culpability. It is not indifference. It is not failure to discharge parental duties. It is reasonableness in the context of the totality of the circumstances.”
Hinsichtlich des Kindeswohls wurde ausgeführt: “But, although welfare per se is not the test, the fact that a reasonable parent does pay regard to the welfare of the child must enter into the question of reasonableness as a factor. It is relevant in all cases if and to the extent that a reasonable parent would take it into account. It is decisive in those cases where a reasonable must so regard it.”297
Wenn zwar dem Kindeswohl damit als ein von einem vernünftigen und verantwortungsbewussten Elternteil zu berücksichtigender Aspekt im Rahmen der Einwilligungsersetzung Bedeutung beigemessen wurde, so wurde betont, dass das Kindeswohl auf der Einwilligungsersetzungsebene anders als bei sorgerechtlichen Entscheidungen nicht als einziger oder primärer Gesichtspunkt zu gelten habe.298 Der Weg hin zu einer Abwägung der kindlichen und elterlichen Interessen innerhalb der Einwilligungsersetzungsentscheidung war dennoch eingeschlagen. Konsequenz dieser geänderten Interpretation war, dass Gerichte mit steigender Tendenz Einwilligungen ersetzten, wenn Kindeswohlgründe dies und damit den Adoptionsbeschluss indizierten.299 Auch in Sec. 16 (2)(b) Adoption Act 1976 wurde der Ersetzungsgrund der unbegründeten Verweigerung – neben einer weiteren Ausdifferenzierung einzelner Ersetzungsgründe – beibehalten. Während fünf der sechs Ersetzungsgründe auf ein elterliches Fehlverhalten Bezug nahmen, stellte der Grund des unreasonably withholding einen weiten Auffanggrund dar, der in den überwiegenden Fällen zur Anwendung kam.300 Der Grundsatz, 295
Vgl. ebenso bereits auch Re L (An Infant) The Times July 19, 1962. AC 1971, 682 (799). In dieser Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass bei der Frage der “reasonableness” kein Gericht dazu befugt sei, die elterliche Sicht durch eine eigene zu substituieren: “The question in any given case is whether a parental veto comes within a band of possible reasonable decisions and not whether it is right or mistaken. Not every reasonable exercise of judgement is right, and not every mistaken exercise of judgement is unreasonable.”, S. 700. 297 Ebenda, S. 699. 298 AC 1971, 682 (718); Bromley, Family Law, 8. Aufl., S. 427. 299 Cretney, in: Rose (Hrsg.), Consensus Ad Idem, S. 251 (262); Bridge JCL April 1992, 72 (74); vgl. z.B. Re C(L) All ER 1964, Bd. 3, 483. 300 Vgl. Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (368); Second Report to the Parliament on the CA 1975, Tabelle B, S. 15; Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 2, S. 26, wo die häufige Heranziehung von Ersetzungsgrund (b) teilweise auf die Wahl der Vermittlungsagenturen zurückgeführt wurde: “In such difficult circumstances with so many conflicting interests at stake it is 296
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dass das Kindeswohl im gesamten Adoptionsverfahren, vgl. Sec. 6 des Adoption of Children Act 1976, als first, nicht jedoch als paramount consideration Berücksichtigung zu finden hatte,301 fand zwar auch nach der Neuregelung des Adoptionsrechts keine Anwendung auf den Einwilligungsersetzungsgrund der unbegründeten Verweigerung der Einwilligung.302 Dennoch war das Kindeswohl bei der Entscheidung, welches elterliche Verhalten als begründet oder unbegründet zu qualifizieren war, weiterhin im Sinne der Entscheidung Re W zu berücksichtigen.303 So führte Ormrod in Re H304 aus: “[…] the relative importance of the welfare of the children is increasing rather than diminishing in relation to dispensing with consent.”
Damit hatte sich das Kindeswohl als gewichtiger Aspekt bei der Beurteilung, ob eine gerichtliche Hinwegsetzung über den Willen des Einwilligungsberechtigten geboten war, mit der Begründung etabliert, dass sich ein reasonable parent am Wohl des Kindes orientiert.305 Da dieser jedoch nicht von Sec. 6 adressiert und damit auch nicht verpflichtet war, dem Kindeswohl innerhalb seiner Erwägungen den Stellenwert einer first consideration zukommen zu lassen, konnten die Gerichte auch nach wie vor die Ersetzung einer Einwilligung nicht allein auf die Begründung stützen, dass die Adoption dem Kindeswohl diente.306 Eine Verweigerung der Einwilligung konnte demnach auch dann gerechtfertigt sein, wenn das Gericht die Adoption als das beste Mittel zur Sicherung des Kindeswohls ein-
understandable that agencies may prefer to let both parents and child down lightly by selecting a ground which now rests heavily on the child’s welfare rather than on parental misbehaviour.”; Bainham, Children – The Modern Law, S. 291. 301 Siehe dazu oben in Kapitel 2, unter B. II. 2. a). 302 In Re P (An Infant) (Adoption: Parental Consent) Fam 1977, 25, wurde die mangelnde Anwendbarkeit damit begründet, dass es sich bei der Frage der Einwilligungsersetzung zwar zweifelsohne um eine Entscheidung des Gerichts „in Bezug auf die Adoption eines Kindes“ handelte – vgl. Sec. 6 Adoption Act 1976 –, das Gericht jedoch auf dieser Prüfungsstufe alleine die Interessen des einwilligungsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen habe, der nicht dazu verpflichtet sei, dem Kindeswohl Vorrang einzuräumen. 303 Re P (An Infant) (Adoption: Parental Consent) Fam 1977, 25. 304 Infants (Adoption: Parental Consent) WLR 1977, Bd. 1, 471. 305 Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (368 f.); Bainham, Children – The Modern Law, S. 292. 306 Bromley, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 359 (369). Vgl. auch Re B (An infant) (Adoption: Parental Consent) Fam 1976, 161 (166), wo der Richter ausführte: “The welfare of the child is to be regarded as of first importance in an objective assessment to the reasonableness or unreasonableness of a parent, but is not to be paramount in the sense that it will rule upon or determine the course to be followed.”
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stufte.307 Der Versuch, mit diesem Ersetzungsgrund eine möglichst gerechte Abwägung der elterlichen mit den Kindesinteressen herbeizuführen, brachte aufgrund der Weite und Undefiniertheit der Regelung sowie den damit einhergehenden Interpretationszweifeln das meiste case law hervor.308 Die Gerichte waren in dieser Zeit in Bezug auf die Kindeswohlgewichtung gespalten:309 Während in der Rechtsprechung, wie dargestellt, seit der Entscheidung Re W einerseits die Tendenz herrschte, aus Kindeswohlgründen Einwilligungen erleichtert und vermehrt zu ersetzen,310 brachten andere Gerichte eine elternorientierte Rechtsprechung hervor, die auch über die Annahme hinaus, dass das Kindeswohl eine Adoption erforderte, Raum für eine begründete Verweigerung der elterlichen Einwilligung sahen.311 In Re C bestand Uneinigkeit zwischen den richterlichen Ansichten. Zum einen wurde angeführt, dass die stärkere Gewichtung des Kindeswohls eine nicht ausreichende Berücksichtigung der elterlichen 307 Bridge JCL April 1992, 72 (74); Re H; Re W (Adoption: Parental Agreement) FLR 1983, Bd. 4, 614 (616). 308 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 2, S. 33; Richards, Adoption, S. 90. Vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 292; dazu ausführlich Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, 9. Aufl., S. 638 ff. 309 Bainham, Children – The Modern Law, S. 292. 310 Vgl. Re O (Adoption: Withholding Agreement) FLR 1999, Bd. 1, 451. Hier wurde aus Kindeswohlgründen die Verweigerung der Einwilligung durch den Vater als unbegründet zurückgewiesen, da das Kind bereits seit seinem zweiten Lebensmonat in einer nun die Adoption beantragenden fürsorglichen Pflegefamilie aufgewachsen war. Der Court of Appeal führte aus, Maßstab bei der Entscheidung sei ein vernünftiger, sich um das Kind sorgender Elternteil, wobei ein solcher das Kindeswohl an die erster Stelle setzen würde. Letzteres gebiete aus Sicherheitsgesichtspunkten den Erlass eines Adoptionsbeschlusses. Siehe auch Re MW (Adoption: Surrogacy) FCR 1996, Bd. 3 128 (134), in der der Richter die Rechtsprechung in Re W so interpretierte, dass für eine Ersetzung die Vorteile der Adoption für das Wohl des Kindes von einem solch starken Gewicht seien müssten, dass die Hinwegsetzung über den elterlichen Willen gerechtfertigt sei. Siehe auch Re M (Care Order: Freeing Application) FLR 2004, Bd. 1, 826; Re A (Adoption: Mother’s Objections) FLR 2000, Bd. 1, 665; Re B (Adoption: Father’s Objections) FLR 1999, Bd. 2, 215; Re B (A Minor) (Adoption: Parental Agreement) FLR 1990, Bd. 2, 383. Diese Tendenz als die Gerichtspraxis dominierend bezeichnend Richards, Adoption, S. 89. 311 Vgl. z.B. Lord Reid in O’Connor v A&B WLR 1971, Bd. 1, 1227 (1229 f.), der ausführte: “The test is an objective test – would a reasonable parent have withheld consent? […] No doubt the child’s interests come first and in some cases they may be paramount. But I see no reason why the claims of the natural parents should be ignored. […] So to balance these claims is no easy task. […] we cannot be certain what will be in the child’s best interest in the long run. That seems to me to be an additional reason for giving considerable weight in proper cases to the claims of the natural parents and of the adoption family.” Siehe auch Re E (Minors) (Adoption: Parental Agreement) FLR 1990, Bd. 2, 397 sowie die bereits erwähnte Entscheidung Re H; Re W (Adoption: Parental Agreement) FLR 1983, Bd. 4, 614.
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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Einwilligungsverweigerung und ein social engineering zur Folge haben könnte;312 die anderen Richter hingegen maßen den für das Kindeswohl entscheidenden Vorteilen einer Adoption bei ihrer Einwilligungsersetzungsentscheidung mehr Bedeutung bei,313 wenn auch in der konkreten Entscheidung beide Voten zum gleichen Ergebnis kamen. In der Entscheidung Re M314 aus dem Jahr 1997 wies der Court of Appeal eine Ersetzung der Einwilligung zurück, da eine Mutter, die ihre Einwilligung entsprechend dem kindlichen Willen, nicht adoptiert zu werden, verweigere, nicht als unreasonable zu qualifizieren sei.315 Hier wurde die Frage nach der Ersetzung der Einwilligung mit der Frage verknüpft, ob nicht alternative Anordnungen – vorliegend eine residence order316 – einem Ausgleich des der Adoption widersprechenden leiblichen Elternteils und des Kindeswohls eher zuträglich seien. Aber auch in dieser Entscheidung gab es ein abweichendes Votum, in dem dafür plädiert wurde, das Kindeswohl und die Vorteile der Adoption rechtfertigten eine Nichtberücksichtigung des elterlichen Willens.317 In Re O318 wiederum führte der Court of Appeal aus, Maßstab bei der Entscheidung sei ein vernünftiger, sich um das Kind sorgender Elternteil, der das Kindeswohl an die erste Stelle setze. In der Entscheidung Re B319, in der die Parteien mit einer residence order für die Pflegemutter und einer parental responsibility order mit einem vereinbarten Umgangsrecht zugunsten des leiblichen Vaters des Kindes zufrieden waren, die Adoptionsagentur die Pflegemutter jedoch zu einer Adoption bewog, betonte der Court of Appeal, dass die Gewährung eines Adoptionsbeschlusses unter Berücksichtigung des Rechts des Vaters auf Anerkennung seines Familienlebens mit dem Kind gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK in dem Falle ausscheide, in dem bereits eine Vereinbarung gefunden wurde, die sämtliche Beteiligte zufrieden stellt, für eine Adoption mithin keine Notwendigkeit besteht. Das Gericht führte weiter aus, dass dann nicht von 312
(A Minor) (Adoption: Parental Agreement: Contact) FLR 1993, Bd. 2, 260 (269). Ebenda, S. 271. 314 (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570 ff. Hier hatte die zum Zeitpunkt des Adoptionsantrages 12-jährige Tochter einer unverheirateten Mutter bereits drei Jahre lang in Pflegschaft gelebt, ehe Mutter, Tochter und die Jugendbehörde den Adoptionswunsch des Pflegeelternpaares nicht weiter unterstützten. Die die Adoption beantragenden Pflegeeltern hatten deutlich gemacht, dass sie eine weitere Betreuung des Kindes nur unter der Voraussetzung der Gewährung eines Adoptionsbeschlusses übernehmen würden, woraufhin das Gericht unter Ersetzung der Einwilligung der Mutter den Adoptionsbeschluss erlassen hatte. 315 Ebenda, S. 604. 316 Hierzu ausführlich in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) dd) (1). 317 Ebenda, S. 611. 318 (Adoption: Withholding Agreement) FLR 1999, Bd. 1, 451. Zum Sachverhalt siehe Fn. 310. 319 (Adoption Order) FLR 2001, Bd. 2, 26. 313
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
einer unbegründeten Verweigerung der Einwilligung ausgegangen werden könne, wenn der leibliche Elternteil eine von zwei sich widersprechenden, begründeten Ansichten vertrete.320 Als Abwägungsfaktor wurde insbesondere auch der Kontakt zum leiblichen Elternteil mitberücksichtigt: Die Wahrscheinlichkeit der Ersetzung der Einwilligung war geringer, wenn das Kind Kontakt zum/zu den leiblichen Elternteil/-en unterhielt und der Erhalt dieses Kontaktes für das Kindeswohl als förderlich angesehen wurde.321 Es etablierte sich eine gerichtliche Praxis,322 dass in Fällen, in denen Eltern der Adoption nicht zustimmten, in einem zweistufigen Verfahren zunächst zu klären war, ob die Adoption dem Kindeswohl entsprach, ehe in einem weiteren Schritt festgestellt wurde, ob sich eine Ersetzung der Einwilligung als angemessen erwies.323 2. Aktuelle Rechtslage Die gesetzlichen Regelungen zur Einwilligungsersetzung (dispensing with consent) haben eine erhebliche Abänderung durch den ACA 2002 erfahren. Sec. 52 (1) des ACA 2002 bestimmt, das seine Einwilligungsersetzung nur dann zulässig ist, wenn das Gericht davon überzeugt ist, “(a) the parent or guardian cannot be found or is incapable of giving consent, or (b) the welfare of the child requires the consent to be dispensed with.”
Die Einwilligungsersetzungsmöglichkeiten hat Sec. 52 (1) ACA 2002 nunmehr also auf lediglich zwei Fallgruppen reduziert. Bei beiden Ersetzungsgründen hat das Gericht nach Sec. 1 (2) des ACA 2002 das Kindeswohl als paramount consideration zu berücksichtigen und die checklist der Sec. 1 (4) anzuwenden. a) Unauffindbarkeit oder Unfähigkeit zur Erteilung der Einwilligung Beim ersten Ersetzungsgrund handelt es sich ren Rechtslage324 integrierten, jedoch sehr einer gerichtlichen Entscheidung gegen den rechtigten.325 Dieser im Zusammenhang mit 320
um einen schon in der früheselten beanspruchten Grund Willen der EinwilligungsbeStiefkindadoptionen von un-
Ebenda, S. 26. Vgl. Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 2, S. 47; vgl. auch Re M (Minors) (Adoption: Parent’s Agreement) FLR 1985, 921. 322 Vgl. bereits Re B (A Minor) (Adoption: Jurisdiction) All ER 1975, 449 (461); Re R (A Minor) (Adoption: Parental Agreement) FLR 1987, Bd. 1, 391; Re D (A Minor) (Adoption: Freeing Order) FLR 1991, Bd. 1, 48; Re C (A Minor) (Adoption: Parental Agreement: Contact) FLR 1993, Bd. 2, 260. 323 Vgl. Re C (A Minor) (Adoption: Parental Agreement: Contact) FLR 1993, Bd. 2, 260; Josling/Levy, Adoption of Children, S. 4. 324 Vgl. Adoption Act 1926, Sec. 2 (3); Adoption Act 1976, Sec. 16 (2)(a). 325 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 2, S. 26. 321
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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ehelichen Kindern relevante Ersetzungsgrund findet Anwendung, wenn der Aufenthaltsort einer einwilligungsberechtigten Person unbekannt und dessen Feststellung unmöglich ist. Dabei hat die Rechtsprechung deutlich gemacht, dass das Vorliegen dieses Ersetzungsgrundes nicht ohne Weiteres angenommen werden darf: In Re F (R)326 wurde bestimmt, dass eine Unauffindbarkeit lediglich dann angenommen werden kann, wenn nachgewiesen wurde, dass sämtliche zumutbaren und angemessenen Schritte unternommen worden sind, den Elternteil ausfindig zu machen. Darunter fallen Nachforschungen an der letzten bekannten Adresse, Nachfragen bei Verwandten und die Inanspruchnahme behördlicher Hilfe, wie zum Beispiel vom Department of Work and Pensions, der Passport Agency sowie dem Council Tax Office;327 auch die Ermittlung mittels eines Zeitungsinserates wird für notwendig erachtet.328 Eine Unauffindbarkeit kann jedoch auch dann vorliegen, wenn zwar der Aufenthaltsort einer Person bekannt ist, jedoch keine praktischen Mittel zur Kommunikation mit dem Einwilligungsberechtigten bestehen.329 b) “The welfare of the child requires the consent to be dispensed with” Der zweite Ersetzungsgrund des ACA 2002 stellt ein Novum im englischen Recht dar, das das Kindeswohlprinzip in die Mitte des schwierigen Fragenkomplexes des gerichtlichen Hinwegsetzens über den elterlichen Willen stellt.330 Damit verstärkt der ACA 2002 den kindzentrierten Ansatz des englischen Adoptionsrechtes.331 Die Einwilligung kann dann ersetzt werden, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Er wird in fast allen Adoptionsfällen gegen den elterlichen Willen zur Anwendung kommen. Nach der Gesetzesänderung stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis dieser Ersetzungsgrund zur Prüfung der Adoptionsvoraussetzung der Kindeswohlentsprechung nach Sec. 1 (2) ACA 2002 steht. Während – wie dargestellt – nach altem Recht eine zweistufige Prüfung stattfand, bei der zunächst festgestellt wurde, ob die Adoption dem besten Interesse des Kindes entspricht, und in einem zweiten Schritt geklärt wurde, ob kindeswohlorientierte Gründe für eine Ersetzung der elterlichen Einwilligung bestanden,332 macht die Implementierung dieses Ersetzungsgrundes eine Diffe326
(An Infant) QB 1970, Bd. 1, 385 (389). Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 856; Richards, Adoption, S. 90. 328 Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 847. 329 Re A (Adoption of a Russian Child) FLR 2000, Bd. 1, 539; Re R (Adoption) WLR 1967, Bd. 1, 34 (39 f.). 330 Bainham, Children – The Modern Law, S. 294; Bridge/Swindells, Adoption, S. 149. 331 Vgl. Department of Health, Adoption: A New Approach, Cm. 5017, unter 1.21. 332 Auch wenn diese beiden Aspekte gemeinsam zur Anhörung gebracht werden konnten, vgl. Re K (A Minor) (Adoption: Procedure) FLR 1986, Bd. 1, 295. 327
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
renzierung zwischen den beiden Stufen obsolet: Hat das Gericht festgestellt, dass die Adoption dem Kindeswohl – als Prinzip höchster Wichtigkeit – dient, so ist die Entscheidung präjudiziert, dass dieses Kindeswohl die Ersetzung der Einwilligung des Elternteils erfordert. Damit wird die zweistufige Prüfung nunmehr auf die Frage nach der Förderlichkeit der Adoption für das Kindeswohl reduziert.333 Als Konsequenz dieses Zusammenspiels von Sec. 1 (2) und Sec. 52 (1) ACA 2002 wird in der Literatur daher eine signifikante Erosion der Bedeutung der leiblichen Eltern im Adoptionsverfahren konstatiert.334 Durch die Ausdehnung des Prinzips des Vorranges des Kindeswohls auf die Ersetzung der elterlichen Einwilligung sei das Gericht – trotz der gravierenden Konsequenz der irreversiblen Trennung des Kindes von seinem leiblichen Elternteil – ermächtigt, sich gänzlich über die elterlichen Wünsche hinwegzusetzen, auch wenn diese nachvollziehbar seien.335 Damit sei eine fundamentale Veränderung des englischen Adoptionsrechtes herbeigeführt worden.336 Das Prinzip habe “the potential for bringing a strong flavour of social engineering against the birth family”.337 Dem Elternteil sei die Möglichkeit genommen worden, seine – begründete – Einwilligungsverweigerung effektiv als Veto im Adoptionsprozess einzusetzen.338 Mit der Rege333 Bainham, Children – The Modern Law, S. 295; Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 855; Bridge/Swindells, Adoption, 111 f.; so bereits 1977 Stamp LJ in der Entscheidung Re P (An Infant) (Adoption: Parental Consent) Fam 1977, 25 (28): “If […] the court concludes that the welfare of the child will best be served by making the required order and then going on to the test of the reasonableness of the withholding of consent, determines whether it is reasonable by giving first consideration to the need to promote the welfare of the child, there can hardly, as I see it, be room for a reasonable withholding of consent.” Anders, die beiden Ebenen der Kindeswohlprüfung trennend, McFarlane/Reardon, Child Care and Adoption Law, unter 6.79. 334 Bridge/Swindells, Adoption, S. 152; ebenso Bainham, Children – The Modern Law, S. 295; Lindley/Wyld CFLQ 1996, 327 (330 f.); anders Cullen/White A&F 1992, Heft 4, 7, die noch das Fehlen einer Bezugnahme des Adoption Law Review auf den paramountcy test auch bei der Ersetzung von Einwilligungen als problematisch hinsichtlich der Berücksichtigung der kindlichen Interessen einstuften. 335 Review of Adoption Law, unter 7.1, S. 16; Bridge/Swindells, Adoption, S. 152. 336 Zum Verhältnis der elterlichen Interessen zu denen des Kindes in früheren Zeiten vgl. Re H (A Minor) (Adoption: Non-Patrial) Fam 1982, 121: “In their time, welfare was not given by statute the same prominence as it is given [now … in] s 7 of the Adoption Act 1958 […] welfare was placed second of the three matters in respect of which the court had to be satisfied before making the adoption order. The first was that the consents of those whose consent was necessary had been obtained; the second was that the order, if made, would be for the welfare of the infant; and the third was that the applicant had not received or any other person made or given or agreed to make any payment or reward in consideration of adoption.” 337 Bridge/Swindells, Adoption, S. 152. 338 Bridge/Swindells, Adoption, S. 153.
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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lung sei der Weg eröffnet worden, ein Kind von einem Elternpaar zu einem anderen zu verschieben, allein aus dem Grund, dass letzteres sich als besseres Elternpaar erweist.339 Diese Befürchtung ist jedoch zurückzuweisen, da in der englischen Gerichtspraxis der Wert des Heranwachsens des Kindes bei seinen leiblichen Eltern in der Konzeption des Kindeswohls tief verwurzelt ist.340 Ferner wird überzeugend vorgetragen, die Verwendung des gleichen Kindeswohltestes auf beiden Entscheidungsebenen habe nicht zwingend die Folge, dass mit Beantwortung der ersten Stufe gleichsam die zweite mitbeantwortet sei: Es gebe Fälle, in denen es dem besten Interesse des Kindes entspreche, zwar adoptiert zu werden, jedoch nicht gegen den Willen seiner leiblichen Eltern. Dennoch wird die Gefahr erkannt, dass in der Praxis eine Assimilierung der beiden Entscheidungsebenen zu erwarten ist.341 Zur Frage, ob der Stimme des leiblichen Elternteils nach der neuen Rechtslage genügend Bedeutung beigemessen wird, ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Kindeswohlprüfung nach der bereits dargestellten Sec. 1 (4)(f) ACA 2002 auch die Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern einen wichtigen Faktor darstellt, sodass das durch das Zusammenspiel von Sec. 1 (2) und Sec. 52 (1) ACA 2002 kreierte Ungleichgewicht zu Lasten der leiblichen Familie teilweise beseitigt wird.342 Lowe und Douglas gehen davon aus, der Gesetzgeber habe sich von der Erwartung leiten lassen, über die checklist der Sec. 1 (4)(c) des ACA 2002 werde eine ausreichende Balance zwischen den Interessen der Eltern und denen des Kindes hergestellt.343 Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass auch Sec. 1 (4)(c), nach der das Gericht dazu verpflichtet ist, die Auswirkungen abzuschätzen, die die Trennung des Kindes von seiner leiblichen Familie mit sich bringen, einen Verlust des elterlichen Beteiligungsstatus im Adoptionsverfahren kompensiert. Darüber hinaus wird vorgetragen, der Wortlaut der Sec. 52 (1) ACA 2002 beinhalte einen zusätzlichen Schutzmechanismus für die Wahrung der Interessen der leiblichen Eltern, indem die Formulierung „er339
Cooke CFLQ 1997, 259 (262) m.w.N. Re KD (A Minor) (Access: Principles) FLR 1988, Bd. 2, 139 (141). Dort heißt es: “The best person to bring up a child is the natural parent. It matters not whether the parent is wise or foolish, rich or poor, educated or illiterate, provided the child’s moral and physical health is not endangered.” 341 Cooke CFLQ 1957, 259 (263). 342 So auch Lowe/Douglas, Bromely’s Family Law, S. 856, 859; ebenso Cullen CFLQ 2005, 475 (unter “Placement Orders”); anders aber Harris-Short CFLQ 2001, 405 (420), die der Ansicht ist, dass dadurch die Berücksichtigung der elterlichen Interessen allein innerhalb des Rahmens der Kindeswohlprüfung erfolgt und somit eine getrennte, eigenständige Gewichtung der elterlichen Interessen nicht möglich ist. 343 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 857; ebenso Paton, in: Thorpe/Cowton (Hrsg.), Children Act 10 years on, S. 55 (61). 340
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
fordere“ (requires) und nicht „erzwinge“ (compel) gewählt worden sei.344 Die Frage sei nicht, ob das Kindeswohl einen Adoptionsbeschluss, sondern ob das Kindeswohl die Ersetzung der Einwilligung erforderlich mache.345 Auch wenn ein Bewusstsein der Gerichte hinsichtlich der Gefahr des social engineering antizipiert wird, wird dennoch die Frage aufgeworfen, ob es rechtmäßig ist, ihnen einen derart extensiven Ermessensspielraum zuzubilligen.346 In einer aktuellen Entscheidung347, in der der Court of Appeal eine Einwilligungsersetzung bestätigte, indem er die Auffassung des Beschwerdeführers zurückwies, der Wortlaut von Sec. 52 (1)(b) („requires“) und das Elternrecht aus Art. 8 der EMRK machten eine gegenüber einem einfachen Kindeswohltest erweiterte Prüfung erforderlich, führte der Richter aus, die Kindeswohlprüfungsvorgabe von Sec. 1 (2) ACA 2002 komme keinem bloßen simple welfare test gleich. Im Gegensatz zu Sec. 1 des CA 1989 verlange die Prüfung hier eine komplexe Analyse und Prognose des Wohls des Kindes über dessen Kindheit hinaus während seiner gesamten Lebenszeit.348 Die extensive checklist der Sec. 1 (4) ACA 2002 stelle eine Kompatibilität der Regelung mit den elterlichen Rechten des Art. 8 EMRK her.349 Zur Frage, nach welchem Grundsatz die elterlichen und kindlichen Interessen bei der Einwilligungsersetzung in Ausgleich zu bringen sind, führte das Gericht aus: “Judges approaching the question of dispensation under the section must, it seems to us, ask themselves the question to which s 52 (1)(b) of the 2002 Act gives rise, and answer it by reference to s 1 of the same Act, and in particular by a careful consideration of all matters identified on s 1 (4).”350
Das Gericht sprach sich damit gegen eine Erweiterung der Prüfung durch zusätzliche Qualifikationen aus, der Wortlaut der Sec. 52 ACA 2002 sei schlicht zu befolgen.351 Aus pragmatischer Sicht wird dieser Rechtsprechung Simplizität und Klarheit attestiert,352 es bleiben jedoch Zweifel bestehen, ob den elterlichen Interessen ausreichende Berücksichtigung beigemessen wird.
344
Bridge/Swindells, Adoption, S. 152; ähnlich Herring, Family Law, S. 695. Swindells/Heaton, Adoption: The modern procedure, S. 18. 346 Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 859. 347 Re P (Children) (Adoption: Parental Consent) FCR 2008, Bd. 2, 185. 348 Ebenda, S. 217 f. 349 Ebenda, S. 186. 350 Ebenda, S. 218. 351 Ebenda, S. 217. 352 Langdale/Weston Fam Law 2008, 769 (770). 345
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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3. Praxis der Einwilligungsersetzungen in Stiefkindadoptionsverfahren Während die Gerichte früher eine Adoption im Regelfall grundsätzlich nicht bewilligten, wenn die leiblichen Eltern dieser nicht zustimmten, weisen Einwilligungsersetzungen über die Jahre hinweg steigende Tendenz auf: Im Jahr 1978 handelte es sich noch bei 6,3 %353 aller Adoptionsbeschlüsse um solche, bei denen das Gericht die elterliche Einwilligung ersetzte, im Jahr 1983 waren es bereits 11 %,354 während es sich in den Jahren 1986 bis 1988 um 19 % handelte.355 So kommen Studien zu dem Ergebnis, dass Adoptionsanträge heutzutage selten aufgrund der Einwilligungsverweigerung der leiblichen Eltern zurückgewiesen werden; praktisch gesehen münden nahezu sämtliche Anträge in einem Adoptionsbeschluss – unabhängig davon, ob sie einvernehmlich sind oder nicht.356 Die Zahl der Entscheidungen, in denen die Abwägung der Interessen des die Einwilligung in die Adoption verweigernden Elternteils gegen das Kindeswohl die Zurückweisung des Adoptionsantrags zum Ergebnis hat, fällt demnach im Allgemeinen sehr gering aus.357
353 In absoluten Zahlen: 673, vgl. Second Report to the Parliament on the CA 1975, Tabelle B, S. 15. 354 In absoluten Zahlen: 956, vgl. Second Report to the Parliament on the CA 1975, Tabelle B, S. 15. 355 Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.11, S. 24. Ein Großteil dieser Einwilligungsersetzungen wurde in sog. freeing-Verfahren vorgenommen, mit denen bezweckt wurde, das Sorgerecht in Fremdadoptionsfällen zunächst auf die Vermittlungsstelle zu übertragen. Die Vermittlungsstelle konnte somit das Kind bei Adoptionsbewerbern platzieren in der Gewissheit, dass die Voraussetzungen der Einwilligung oder deren Ersetzung für eine finale Adoption vorlag, vgl. Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 837. Im Second Report to the Parliament on the CA 1975, S. 13, wurde erklärt, diese Zunahme spiegele eine größere Bereitschaft der Adoptionsagenturen wider, Adoptionen auch gegen eine elterliche Opposition in Betracht zu ziehen, wenn dies für das Kindeswohl als förderlich angesehen wurde und Gründe für eine Einwilligungsersetzung vorlagen; anders Parker, Adoption Now, S. 71, 136, der eine angemessene Berücksichtigung elterlicher Interessen anzweifelt, als Erklärungsversuch jedoch die Vermutung anstellt, dass die einer Adoption widersprechenden Eltern anwaltlich schlecht vertreten wurden oder aber die Adoptionsagenturen bereits vorselektiert hatten, sodass lediglich solche Adoptionsfälle vor das Gericht gelangten, deren positiver Ausgang zu erwarten war. 356 Vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.9 S. 20, 241: Insgesamt wurden in weniger als 1 % der Fälle Anträge zurückgewiesen; alle 426 Stiefkindadoptionsanträge der Studie wurden positiv beschieden. 357 Als Beispiele dienen Re N (A Minor) (Adoption) FLR 1990, Bd. 1, 58; Re E (A Minor) (Adoption) FLR 1989, Bd. 1, 126, und der bereits diskutierte Fall Re H; Re W (Adoption: Parental Agreement) FLR 1983, Bd. 4, 614; Re PA (an infant) All ER 1971, Bd. 3, 522; Murch/Lowe/Brokowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.15(c), 2.15(d), S. 28.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Im Zusammenhang mit Stiefkindadoptionen sind gerichtliche Auseinandersetzungen heutzutage, wie auch nach der alten Rechtslage, als sie noch mehr als 50 % der Adoptionen ausmachten, nur selten zu beobachten.358 Lediglich in wenigen Fällen handelt es sich um umstrittene Einwilligungsersetzungen,359 auch wenn Stiefkindadoptionen diesbezüglich als eigene Fallgruppe anerkannt sind.360 Bereits früh wurde in Stiefkindadoptionsfällen eine restriktive Handhabe bei der Ersetzung von Einwilligungen praktiziert; die Gerichte erwiesen sich als äußerst zurückhaltend, die Erfüllung eines Einwilligungsersetzungsgrundes anzunehmen.361 So wurde beispielweise bereits in der Entscheidung Re D362 aus dem Jahr 1973 festgelegt, der Ersetzungsgrund der dauerhaften, unbegründeten Missachtung der elterlichen Pflichten sei bei einer Stiefkindadoption nicht schon dann erfüllt, wenn sich der externe leibliche Elternteil aufgrund der Zerrüttung der Ehe vorübergehend von der Familie zurückgezogen habe. Insbesondere in den Fällen, in denen der außenstehende leibliche Elternteil eine Beziehung zum Kind unterhielt oder sein Umgangsinteresse bekundete, waren Einwilligungsersetzungen sehr selten.363 Lediglich in den wenigsten Ausnahmefällen, so hieß es, könne man davon ausgehen, dass die Stiefkindadoption gegen den Willen des präsenten und protestierenden leiblichen Elternteils dem Kindeswohl entspreche.364 So wurde in der Entscheidung Re M365 die Verweigerung der Einwilligung des leiblichen Vaters, dessen Scheidung von der Mutter auf Gewalttätigkeiten ihr gegenüber basierte, in die Adoption seines Kindes durch die Mutter und den Stiefelternteil als berechtigt eingestuft, da dieser nicht willens war, den Verlust sämtlicher elterlicher Rechte gegenüber dem Kind durch die Adoption hinzunehmen. Zum glei-
358
S. 25.
Vgl. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.12,
359 Vgl. President’s Adoption Committee, Delay in Adoption Proceedings, S. 7; Grey/Blunden, A Survey of Adoption in Great Britain, S. 70 f. Im Allgemeinen waren von sämtlichen Adoptionen lediglich 5 % dergestalt umstritten, dass der bzw. die leiblichen Eltern der Adoption nicht zustimmten, vgl. Maclay, in: Lewis (Hrsg.), Child Adoption, S. 218 (225). 360 Vgl. Cooke CFLQ 1997, 259. 361 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (430); dies. AALR 1976, 259 (262). 362 (Minors) (Adoption by Parent) All ER 1973, Bd. 3, 1001 (1002, 1006). 363 Vgl. Cretney/Masson, Principles of Family Law, 5. Aufl., S. 558; als Beispiel hierfür die bereits erwähnten Fälle Re H (Minors) The Times November 15, 1974; ähnlich Re G (TJ) (An Infant) All ER 1963, Bd. 1, 20. Vgl. aber Rawlings MLR 1982, 637 (650). 364 Vgl. Re W (A Minor), kommentiert in JoP, 19. Februar 1977, notes of the week, S. 106 (107). 365 (An Infant) SJ 1970, 264.
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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chen Ergebnis gelangte das Gericht in Re W366, wo ein inhaftierter Vater der Adoption seines Sohnes durch Mutter und Stiefelternteil nicht zustimmte. Eine Einwilligungsersetzung unterblieb hier aus Gründen des Erhalts des Bandes zwischen Sohn und Vater, stattdessen wurde eine joint custody zugunsten des Stiefelternteils angeordnet. In einer weiteren Stiefkindadoptionsentscheidung Re B367 wurde ausgeführt: “It is quite wrong to use the adoption law to extinguish the relationship between the protesting father and the child, unless there is some really serious factor which justifies the use of the statutory guillotine.”
Zur Frage, wann der biologische Vater seine Einwilligung unberechtigt verweigert, wurde in derselben Entscheidung festgestellt: “[…] it is only where the welfare of the child so overwhelmingly requires adoption, that the father can and should be deprived of his parental status.368[…] The right question was, not how sincere the father was as to his future role in the upbringing of the child, but whether his decision that he wished his own son to remain in law his son was honest.”369
Zwar wurde im Ausnahmefall Re D370 die erstinstanzliche Entscheidung durch das House of Lords bestätigt, der homosexuelle leibliche Vaters des vom Stiefvater zu adoptierenden Kindes verweigere seine Einwilligung unbegründet (unreasonable withholding), da er als Homosexueller seinem Kind zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft etwas bieten könne und es als reasonable parent vor den Problemen, die mit der Homosexualität verknüpft seien, zu schützen habe.371 Dies geschah jedoch unter Betonung, eine Einwilligungsersetzung bei Stiefkindadoptionen käme nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.372 Als weiterer außergewöhnlicher Fall darf der bereits dargestellte Stiefkindadoptionsfall Re B373 verstanden werden, in dem – ebenfalls unter Betonung des Ausnahmecharakters der Entscheidung374 – entschieden wurde, das Kindeswohl erfordere aufgrund vorangegangener Entführungen des Kindes durch den Vater, der Masse an vom Vater initiierten Verfahren, der Angst des Sohnes vor weiteren Entführungen, dessen Ablehnung der väterlichen Post und Geschenke sowie seines 366
(A Minor) The Times November 26, 1976. (Minor) (Adoption by Parent) All ER 1975, Bd. 2, 449 (462). 368 Ebenda, S. 459. 369 Ebenda, S. 464. 370 (An Infant) (Parent’s Consent) All ER 1977, Bd. 1, 145. 371 Ebenda, S. 145. 372 Ebenda, S. 150. Vgl. auch den Stiefkindadoptionsfall Re B (A Minor) (Adoption by Parent) Fam 1975, 127, in dem ein Richter ausführte: “Only in very rare and exceptional cases would it be possible to say that adoption against the wishes of a present and expostulating parent was for the welfare of the child”, S. 146. 373 (Adoption: Father’s Objections) FCR 1999, Bd. 3, 522. 374 Ebenda, S. 523 (“comparatively unusual”). 367
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Wunsches, durch die Adoption Sicherheit und Stabilität in der Stieffamilie zu erleben, eindeutig die Adoption durch den Stiefvater und ein verständiger Elternteil hätte seine Einwilligung in die Adoption nicht verweigert. Auch in der Entscheidung Re EH and MH375 wurde betont, dass einem Stiefkindadoptionsantrag gegen den Willen des leiblichen Elternteils in der Regel nicht stattzugeben sei. Es wurde aber erläutert, dass zwar das Gericht in Stiefkindadoptionsfällen dazu verpflichtet sei, die besonderen Umstände bei der Frage der Kindeswohldienlichkeit zu berücksichtigen, dennoch würden die gleichen Prinzipen im Rahmen der Ersetzung der Einwilligung gelten wie bei Fremdadoptionen.376 Im Fall Re T377 wurde die Einwilligung des geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters mangels Ermittelbarkeit ersetzt, nachdem die Mutter angegeben hatte, den Aufenthaltsort des Vaters nicht bestimmen zu können. Der Vater erfuhr jedoch sechs Jahre später von der Adoption seines Kindes durch den neuen Ehemann seiner geschiedenen Frau. Seine gerichtliche Beschwerde gegen die Adoption nach Kenntniserlangung wurde vom Court of Appeal unter dem Aspekt in Erwägung gezogen, dass die Beweise der Mutter für ihre Unkenntnis vom Aufenthaltsort des Vaters nicht überzeugten. In der Untersuchung von Masson, Norbury und Chatterton aus dem Jahr 1978 konnte festgestellt werden, dass bei 60 der 559 Stieffamilien, deren Entstehen auf eine vorangegangene Scheidung der leiblichen Eltern zurückzuführen war, die Stiefkindadoption ohne die Einwilligung des außenstehenden leiblichen Elternteils angeordnet wurde; überwiegender Hintergrund für die erfolgten Einwilligungsersetzungen waren mangelnde Ermittelbarkeit der Einwilligungsberechtigten oder aber, dass diese keine Rolle mehr im Leben des Kindes spielten.378 Lediglich in neun Fällen wurden die Adoptionsanträge aufgrund der Einwilligungsverweigerung zurückgewiesen.379 Auch in der Studie von Murch, Lowe, Brokowski, Copner und 375 (Step-parent Adoption) Fam Law 1993, 187. Auch wenn in der Entscheidung Re PJ (Adoption: Practice on Appeal) FLR 1998, Bd. 2, 252, die erstinstanzliche Annahme, der Vater habe seine Einwilligung in die Adoption des Kindes unberechtigterweise verweigert, vom Court of Appeal zurückgewiesen wurde, wurde die Adoption nicht zurückgenommen. Die Aufhebung der Adoption wurde als zu schmerzhaft für die Kinder eingestuft; diese hätte zudem unterschiedliche Abstammungsverhältnisse bei den Geschwistern zur Folge gehabt, da sie nur bei einem der Kinder – aufgrund der Volljährigkeit des anderen – möglich gewesen wäre. 376 Ebenda, S. 188. Im konkreten Fall wurde die Einwilligung jedoch aus Gründen der eindeutigen Wünsche der 12 und 15 Jahre alten Kinder, auch rechtlich in die Stieffamilie eingegliedert zu werden, sowie des nicht mehr aktiven Kontaktes der Kinder zum leiblichen Vater, den die Kinder bei Interesse mit Erreichen der Volljährigkeit wieder aufzunehmen in der Lage seien, ersetzt. 377 (A Minor) v. 15.11.1995, Official Transcripts (1990–1997). 378 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52. 379 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 52.
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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Griew wurden über 80 % der Stiefkindadoptionsanträge positiv beschieden, kein einziger der 426 Anträge wurde zurückgewiesen, jedoch zogen 10 % der Stiefeltern ihren Antrag zurück oder verfolgten diesen nicht weiter und in 6 % der Fälle wurde die Entscheidung des Gerichtes auf unbestimmte Zeit verschoben.380 In dieser Studie waren die Stiefkindadoptionen in lediglich 2 % der Fälle bei der letzten Anhörung umstritten.381 Auch heute noch werden umstrittene Stiefkindadoptionsfälle gegen den Willen des leiblichen Elternteils, insbesondere von ehemals mit der Mutter des Kindes verheirateten Vätern, als Seltenheit eingestuft.382 IV. Vergleichende Stellungnahme Im Vergleich zum englischen Recht, wo die Einwilligung des leiblichen Elternteils in die Adoption ersetzt werden kann, wenn das Kindeswohl dies erfordert, stellt das deutsche Gesetz für die Ersetzung von Einwilligungen höhere Hürden auf: Selbst wenn die Adoption dem Kindeswohl dient, wird auf einer eigenständigen zweiten Stufe gem. § 1748 BGB geprüft, ob sich der Elternteil, dessen Einwilligung ersetzt werden soll, einen elterlichen Pflichtverstoß vorwerfen lassen muss; zudem muss das Unterbleiben der Adoption mit einem „unverhältnismäßigen Nachteil“ für das Kind einhergehen. Allein im Falle der Nichtehelichkeit und fehlenden Sorgeberechtigung des Elternteils reduziert sich diese Bedingungskumulation auf letzteren Aspekt, sodass die Einwilligungsersetzung bereits dann möglich ist, wenn dem Kind durch das Unterbleiben der Adoption ein „unverhältnismäßiger Nachteil“ entstünde. Die Rechtsprechung stellt jedoch zum Schutze der Rechte des einwilligungsberechtigten Elternteils hohe Anforderungen an die Annahme eines solchen unverhältnismäßigen Nachteils für das Kind, womit sie den letzteren Ersetzungsgrund de facto den anderen Ersetzungsgründen gleichstellt. Es lässt sich demnach ein Unterschied zwischen den Wertungen der beiden Rechtsordnungen bezüglich der Kollision der Eltern- und Kindesinteressen bei der Einwilligungsersetzung feststellen: Während das englische Gesetzesrecht, bestätigt durch das common law, dem Kindeswohl nunmehr den Vorrang gewährt, scheint das deutsche Recht bei der Abwägung der elterlichen Interessen mit jenen des Kindes den Schutz der Rechtsposition 380 381
S. 25.
Pathways to Adoption, Tabelle 2.9, S. 20. Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, Tabelle 2.12,
382 Vgl. Bailey-Harris Fam Law 1998, 453; Pickford JCL 1992, 138 (139); Re M (Minors) (Adoption) FLR 1991, Bd. 1, 458; Re PJ (Adoption: Practice on Appeal) FLR 1998, Bd. 2, 252; McFarlane/Reardon, Child Care and Adoption Law, unter 6.22; Masson/Bailey-Harris/Probert, Cretney’s Principles of Family Law, S. 873; Butler-Sloss in Re B (Adoption: Father’s Objections) FLR 1999, Bd. 2, 215.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
der einwilligungsberechtigten Personen zu betonen.383 Jedoch weist auch die deutsche Regelung bei Stiefkindadoptionen Konformität mit den dargestellten Erkenntnissen der psychosozialen Wissenschaften zu den positiven Auswirkungen des Beziehungserhalts zum außenstehenden leiblichen Elternteil auf, wenn der leibliche Elternteil seine Einwilligung aufgrund seines Interesses am Beziehungserhalt zum Kind nicht erteilt, da in einem solchen Fall von der Kindeswohldienlichkeit der Adoption häufig nicht auszugehen sein wird. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das aktuelle englische Recht durch seine bereits dargestellte anders gelagerte Ausgestaltung der Vorgaben zur Kindeswohlprüfung bei einer Stiefkindadoption seltener das Ergebnis zulässt, dass diese dem Kindeswohl dient. In den wenigen Fällen, in denen nach der englischen Gesetzeslage eine solche Dienlichkeit – unter Berücksichtigung der Beziehung zum leiblichen Elternteil bereits im Rahmen der Kindeswohlprüfung – angenommen werden kann, setzt sich dieses Kindeswohl dann in der Regel auch gegen entgegenstehende Interessen des außenstehenden leiblichen Elternteils durch. In beiden Rechtsordnungen stellt sich die Herstellung eines gerechten Ausgleichs zwischen den Kindes- und elterlichen Interessen bei einer Adoption als äußerst schwierig dar. Angesichts der im Falle einer Stiefkindadoption nur geringfügigen Auswirkung der Adoption auf die tatsächliche Struktur der Stieffamilie erscheint es gerechtfertigt, den der Stiefkindadoption entgegenstehenden Interessen des externen leiblichen Elternteils ein größeres Gewicht zukommen zu lassen als in Fällen der Drittadoption.384 Anders sieht dies – wie dargestellt – der EGMR, von dessen Haltung der BGH und das BVerfG in ihren Entscheidungen zur verfassungskonformen Auslegung von § 1748 Abs. 4 BGB385 zutreffenderweise abweichen.386 Steht das Kind nach wie vor in einer Beziehung zu seinem leiblichen Elternteil und möchte dieser daran festhalten, so wird – wie dargestellt – meist schon die Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption zu verneinen sein. Aber auch ein nur sporadischer Kontakt lässt nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass ein Hinwegsetzen über die elterlichen Interessen gerechtfertigt ist, denn eine Reduktion des Umgangs lässt sich häufig auf die die Haltung des internen leiblichen Elternteils zurückführen. Eine Ablehnung des Kontaktes durch das Kind selbst kann auch aus einer Manipulation durch den internen Elternteil herrühren. Ebenso ist es möglich, dass der Verzicht auf ein gerichtliches Einklagen eines Umgangs gegen 383 So auch Peschel-Gutzeit, wenn sie kritisiert, in den Ersetzungsentscheidungen nach § 1748 Abs. 4 BGB ginge es vor allem um den Schutz der Elternrechte, die Kindesinteressen und -belange würden eher reflexhaft erwähnt, NJW 2005, 3324 (3326). 384 So auch Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 71; Frank, Grenzen der Adoption, S. 78 f. 385 Siehe dazu I. 2. c). 386 So auch Rixe FPR 2008, 222 (229).
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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den Willen des mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils Ausdruck von Sensibilität ist, die Lebensrealität des Kindes in der Stieffamilie zu akzeptieren.387 Der Argumentation des EGMR in den in der Einleitung zu diesem Kapitel erläuterten Entscheidungen ist somit nicht zuzustimmen. Eine zwingende Erforderlichkeit der Stiefkindadoption für das Kindeswohl kann aufgrund der Tatsache, dass das Kind auch ohne die Adoption harmonisch in der Stieffamilie aufwächst, lediglich in äußersten Ausnahmefällen angenommen werden und begründet keinen reduzierten Maßstab der Rechtfertigung der Hinwegsetzung über den Willen des leiblichen Elternteils. Dennoch lässt sich die Frage aufwerfen, ob die Kindesinteressen bei der Einwilligungsersetzung in Deutschland ausreichend Berücksichtigung finden. Der BGH benennt das Kindeswohl in seinen Ausführungen zu den berücksichtigungsfähigen Interessen im Rahmen der Abwägungsentscheidung nicht explizit, vielmehr geht er auf das Motiv der Mutter ein, den Ausschluss des Umgangsrechts des leiblichen Elternteils durch die Adoption herbeizuführen. Seitens der Mutter war im vom BGH entschiedenen Fall angegeben worden, das Kind begegne den Besuchen seines leiblichen Vaters mit Angst. Dieser Tatsache sprach der BGH die Begründung einer Notwendigkeit der Verrechtlichung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses ab. Er verwies hingegen auf das mütterliche Erziehungsversagen, da diese ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sei, dem Kind einen Beziehungsaufbau zu seinem anderen leiblichen Elternteil zu ermöglichen und die innere Verbundenheit der beiden zu fördern. Eine Lösung für dieses Problem könne gerade nicht in einer Adoption des Kindes durch den Ehemann der Mutter gesehen werden.388 Hinsichtlich der väterlichen Interessen verweist der Senat darauf, dass die Beweggründe für das väterliche Verhalten in Bezug auf die Entwicklung und den Erhalt einer Beziehung für das Kind ebenso bedeutend seien wie die Motive für die Verweigerung der Einwilligung – ohne dabei näher auf das Vater-Kind-Verhältnis im konkreten Fall einzugehen. Die Begründung des Urteils des BGH erweckt den Anschein, als ginge es hier um die Abwägung zwischen den Interessen des leiblichen Vaters und jenen der Mutter, da der Senat überwiegend auf die Motive für die Einwilligungsverweigerung seitens des Vaters sowie auf das Fehlverhalten der Mutter eingeht.389 Es scheint, als würde damit die Bedeutung der sonst bei der Feststellung der Kindeswohldienlichkeit herangezogenen Kriterien der rechtlichen Integration des Kindes in eine „normale“ Familie reduziert.390 Hier ist eine Ermittlung der der Kindeswohlprüfung zugrunde 387
Vgl. Re PJ (Adoption: Practice on Appeal) FLR 1998, Bd. 2, 252 (258). BGH NJW 2005, 1781 (1783). 389 Vgl. BVerfG FamRZ 2006, 1355 (1355); ähnlich, den fehlenden Bezug der Argumentation zu den Kindesinteressen kritisierend, Maurer FamRZ 2006, 96 (97). 390 So auch Rösler/Reimann FamRZ 2006, 1356 (1357); Willutzki ZKJ 2007, 18 (28). 388
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
zu legenden tatsächlichen seelischen Befindlichkeit des Kindes zu fordern, die auch von der „normativen Kraft des Faktischen“ geprägt sein kann.391 Bezüglich der englischen Rechtslage hingegen ist fraglich, ob die Verankerung der Berücksichtigung der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern in der welfare checklist ausreicht, die Wahrung der elterlichen Interessen hinreichend abzusichern, wenn die Adoption gegen den Willen des außenstehenden leiblichen Elternteils beantragt wird. Dass die Beziehung zu den leiblichen Eltern als gewichtiger Faktor im Rahmen der Kindeswohlprüfung eine Rolle spielt, sagt schließlich nichts darüber aus, welches Gewicht dem Kindeswohl gegenüber den elterlichen Interessen, die einer Adoption entgegenstehen, zukommt. Diesbezüglich hat man sich die Systematik des Adoptionsrechtes vor Augen zu führen: Die Kindesinteressen sind bei der Frage, ob eine Adoption durchzuführen ist, als paramount consideration ausschlaggebend. Dem Schutz der elterlichen Interessen dient das Einwilligungsrecht. Verweigert ein Elternteil diese Einwilligung, soll in England eine Adoption dennoch möglich sein, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Der englische Gesetzgeber sieht damit vor, dass dem Kindeswohl grundsätzlich ein gegenüber den Elterninteressen stärkeres Gewicht beizumessen ist. Fraglich ist nun, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit sich das Kindeswohl gegen die elterlichen Interessen durchzusetzen vermag. Wenn auch hier der paramountcy test der Sec. 1 (2) ACA 2002 gilt, dürfen neben dem Kindeswohl zwar auch andere Faktoren in die Abwägung einbezogen werden, allein ausschlaggebend bei der Entscheidung ist aber das Kindeswohl. Diese Gewichtung der Kindesinteressen hat die oben beschriebene, von der Literatur kritisierte Abwertung der Rechtsposition biologischer Eltern zur Folge. Würde man jedoch bei der Abwägung im Rahmen der Einwilligungsersetzung das Kindeswohl lediglich als einen relevanten Faktor einstufen, der andere Faktoren, wie die elterlichen Interessen, nicht überwiegt, stünde dies im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention.392 Es ist daher eine Prüfung erforderlich, die ausgleichend und flexibel elterliche und kindliche Interessen berücksichtigt, ohne dabei einseitig eines der Interessen stärker zu gewichten. In Betracht kommt ein Ausgleich, nach dem dem Kindeswohl gegenüber den Elterninteressen als wichtigster Faktor Bedeutung zukommt. Ein solcher Ausgleich entspräche der nach alter Rechtslage in Sec. 6 Adoption Act 1976 festgeschriebenen first consideration sowie der Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen des Ersetzungsgrundes reasonable withholding, nach 391
Maurer FamRZ 2006, 96 (97). Art. 3 (1): „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ 392
C. Stiefkindadoption gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils
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der dem Kindeswohl die Bedeutung einzuräumen war, die ein vernünftiger Elternteil ihm beimessen würde.393 Ferner könnte ein gerechter Ausgleich zwischen elterlichen und Kindesinteressen dadurch herbeigeführt werden, dass zwar dem Kindeswohl die größte Bedeutung beigemessen wird, die Einwilligungsersetzung aber allein dann vorgenommen werden darf, wenn dies für die Kindesinteressen nicht lediglich besser, sondern signifikant vorteilhafter ist als ein Unterbleiben der Adoption.394 Eine Prüfungsvorgabe, die die beiden letztgenannten Ansätze kombiniert, wäre von Vorteil, da sich durch sie sicherstellen ließe, dass sich das Kindeswohl auch in Fällen starker elterlicher Interessen durchsetzen kann, während in Ausnahmefällen die elterliche Opposition gegen die Adoption das – wenn auch sehr gewichtige – Kindeswohl zu überlagern vermag.395 Dieser gerechte Ausgleich, nach dem kindliche wie elterliche Interessen nicht nur stark, sondern gewichtig genug sein müssen, um sich gegen die jeweils anderen Interessen durchzusetzen, war in England im Vorfeld der Gesetzesreform vorgeschlagen worden, als es hieß, das Gericht müsse der Überzeugung sein, “that the advantages to the child of becoming part of a new family are so significantly greater than the advantages of any alternative option as to justify overriding the wishes of a parent or guardian”396. Eine gesetzliche Verankerung eines solchen Entscheidungsmaßstabs wird in England für sinnvoll erachtet.397 In diesem Sinne hat die deutsche Rechtsprechung nunmehr eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs „unverhältnismäßiger Nachteil“ dergestalt vorgenommen, dass die Adoption einen solch erheblichen Vorteil für das Kind bieten muss, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestünde – auch wenn hiermit, ähnlich der Formulierung des früheren englischen Gesetzesrechts, auf einen „verständigen (reasonable) Elternteil“ abgestellt wird, was erneuten Auslegungsspielraum eröffnet. Bei der rechtsvergleichenden Betrachtung muss Beachtung finden, dass die englischen Gerichte trotz der Geltung der dargestellten Einwilligungsvorgaben auch für Stiefkindadoptionen – zumindest bisher – ebenso wie nunmehr in Deutschland Zurückhaltung bei der Ersetzung der elterlichen Einwilligung in die Stiefkindadoption üben. Trotz unterschiedlicher ge393
Cooke CFLQ 1997, 259 (265). So der Review of Adoption Law, unter 12.6, S. 26 f.; BAAF, Response to the Review of Adoption Law, S. 20. 395 Cooke CFLQ 1997, 259 (266). 396 Review of Adoption Law, unter 12.6, S. 26; ebenso Adoption: The Future, Cm. 2288, unter 5.5; vgl. ebenso Richter Callman in Re MW (Adoption: Surrogacy) FCR 1996, Bd. 3, 128 (134). 397 So auch Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 859; ebenso Lindley/Wyld Fam Law 1996, 543. 394
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
setzlicher Ausgestaltung und Gewichtung der Interessen von leiblichem Elternteil und Kind ist somit die Gerichtspraxis in beiden Rechtsordnungen bei Stiefkindadoptionen gegen den Willen des externen Elternteils ähnlich restriktiv.
D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption
Auf die Bedeutung des Beziehungserhalts des Kindes zu seinem außenstehenden leiblichen Elternteil und die Frage, ob ein Recht des Kindes auf Umgang mit diesem besteht, wurde bereits eingegangen.398 Auch aus der Perspektive des außenstehenden leiblichen Elternteils kann der Beziehungsabbruch zum Kind durch die Adoption mit negativen seelischen Konsequenzen einhergehen.399 Vor einem ungewollten Verlust seines Elternrechtes verbunden mit einem Beziehungsabbruch ist dieser zwar grundsätzlich in beiden Ländern durch sein Einwilligungsverweigerungsrecht geschützt. Wie aufgezeigt, kann es jedoch zu einer Ersetzung seiner Einwilligung kommen. Aber selbst in solchen Fällen, in denen der leibliche Elternteil, der eine Eltern-Kind-Beziehung zu seinem leiblichen Kind unterhalten hat, aus Gründen des Kindeswohls in die Adoption des Kindes eingewilligt hat, muss er dem Kind nicht zwangsläufig mit Gleichgültigkeit gegenüberstehen, sondern kann an dessen Entwicklung weiterhin eine Teilhabe wünschen,400 indem ihm eine Umgangsmöglichkeit mit dem Kind gewährt wird und er Informationen über das Befinden des Kindes erhält.401 398
Vgl. in Kapitel 2, unter H. Bei Fremdadoptionen berichten leibliche Väter von zahlreichen, teilweise lang anhaltenden emotionalen und physischen Beeinträchtigungen aufgrund der Tatsache, dass sie ihr Kind zur Adoption freigegeben haben, vgl. Clapton, Birth fathers and their Adoption Experiences, S. 106 ff. 400 In Bezug auf Fremdadoptionen, vgl. Clapton, Birth fathers and their Adoption Experiences, S. 129 ff. 401 Solche Interessen konnten in der Studie von Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 51, ebenso festgestellt werden wie die Planung der Beteiligten, dem außenstehenden leiblichen Elternteil auch nach der Adoption Umgang mit dem Kind zu gewähren. Inwieweit diese Vereinbarungen realisiert wurden, wurde in der Studie jedoch nicht untersucht. Anders Lüderitz, Adoption, S. 80, der mit Bezug auf nichteheliche Väter noch von einer ohnehin lediglich losen Verbindung zum Kind und vom Bezeugen des Desinteresses an einem solchen durch die Erteilung der Einwilligung ausging. Der Erhalt des Kontaktes zum Kind kann dem Elternteil das Gefühl vermitteln, nach wie vor an der Entwicklung des Kindes teilzuhaben; durch den Umgang kann er dem Kind zeigen, ihm nicht gleichgültig gegenüberzustehen, Lowe/Murch/Borkowski/ Weaver/Beckford/Thomas, Supporting Adoption, S. 280; Pannor/Baran Child Welfare 1984, 245 (246); Pfaffinger, Geheime und offene Formen der Adoption, S. 213 f. m.w.N. 399
D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption
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Wie bereits dargestellt, erlöschen nach dem Grundsatz der Volladoption sämtliche rechtlichen Beziehungen des außenstehenden leiblichen Elternteils zum Kind. Aus der nicht mehr existenten Abstammungsbeziehung ist es dem Vater genauso unmöglich, ein Recht auf Auskunft und Umgang mit dem Kind abzuleiten. Es wird untersucht, ob sich ein solches Umgangsund Auskunftsrecht dem geltenden Rechtsrahmen auch unabhängig vom Bestehen der Abstammungsbeziehung entnehmen lässt. I. Umgangsrecht nach der Adoption in Deutschland Das Umgangsrecht ist seit 1998 vom Sorgerecht abgekoppelt, sodass auch einem Nichtsorgeberechtigten ein Umgangsrecht eingeräumt werden kann. Ein solches ist für den leiblichen Elternteil im Falle einer Adoption jedoch grundsätzlich nicht vorgesehen. Ein Umgangsrecht des leiblichen Elternteils nach einer Stiefkindadoption ließe sich de lege lata aus zwei Normen ableiten:402 aus § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB, nach dem ein Umgang mit Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, dem Wohl des Kindes förderlich ist, wenn die Aufrechterhaltung dieser Bindungen der Kindesentwicklung dienlich ist, und aus § 1685 Abs. 2 BGB, der denjenigen Bezugspersonen ein Umgangsrecht einräumt, die tatsächliche Verantwortung für das Kind tragen oder getragen haben. 1. Vereinbarungen Der Weg über eine mögliche Vereinbarung zwischen den Parteien ist mit den bereits dargestellten Grenzen und Risiken belastet.403 2. § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB § 1626 Abs. 3 BGB ist als Auftrag an die Sorgerechtsinhaber zu verstehen, das Kind gemäß § 1 Abs. 1 SGB VIII zu einem gemeinschaftsfähigen Menschen zu erziehen, indem es im Rahmen eines vernünftig ausgeübten Umgangsbestimmungsrechtes der Eltern nach § 1632 Abs. 2 BGB Kontakte mit anderen Menschen pflegt. Da die Norm allein die Sorgerechtsinhaber adressiert, wird eine direkte Ableitung von Umgangsrechten aus
in Bezug auf Mütter; Young/Neil, in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 85 (97). Dieser Aspekt wurde in der Studie von Smith/Logan von den leiblichen Eltern als Hauptvorteil des Umgangs genannt, vgl. in: Neil/Howe (Hrsg.), Contact in adoption and permanent foster care, S. 105 (115). 402 Hoffmann JAmt 2003, 453 (457 f.). 403 Siehe in Kapitel 2, unter H. III. 1. b).
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
§ 1626 Abs. 3 BGB als nicht möglich erachtet,404 teilweise aber nicht von vornherein ausgeschlossen.405 Jedenfalls nach § 1666 BGB kann das Familiengericht bei Umgangsverhinderungen, die eine Kindeswohlgefährdung darstellen, Umganganordnungen treffen.406 Auch in Bezug auf den Umgang des leiblichen Elternteils mit dem Kind wird eine solche Anordnung für möglich gehalten.407 In der Rechtsprechung wurde eine solche Anordnung jedoch mangels Sorgerechtsmissbrauchs in einem Fall abgelehnt, in dem die Mutter den Umgang des nichtehelichen leiblichen Vaters zum Kind verweigerte, da sie mit ihrem neuen Partner eine neue Familie aufgebaut hatte, deren Zusammenleben durch die Existenz „zweier Väter“ gestört würde.408 3. § 1685 Abs. 2 BGB a) Der biologische Vater als Umgangsberechtigter nach § 1685 Abs. 2 BGB Der biologische, aber nicht rechtliche Vater fand in § 1685 Abs. 2 BGB a.F. keine Erwähnung. Das BVerfG409 hat jedoch im Jahr 2003 entschieden, dass dieser den in § 1685 Abs. 2 BGB enthaltenen Anforderungen an diejenigen, denen das Umgangsrecht eröffnet wird, durchaus entsprechen kann, sofern das Kind eine persönliche Beziehung zu ihm unterhält. Dem Auftrag des BVerfG, § 1685 Abs. 2 BGB durch eine Gesetzesänderung mit Art. 6 Abs. 1 des GG in Einklang zubringen,410 ist der Gesetzgeber gefolgt, indem er in der Neufassung des § 1685 Abs. 2 BGB allen Bezugspersonen, die für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen oder getragen haben, – unter bestimmten Voraussetzungen – eine Umgangsberechtigung zuerkannt hat. Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen leiblichem Vater und Kind liegt nur dann vor, wenn eine tatsächliche Verantwortungsübernahme durch den Vater eine soziale Beziehung mit dem Kind begründet hat,411 er somit als enge Bezugsperson des Kindes zu qualifizieren ist.412 404 Vgl. OLG Bamberg FamRZ 1999, 810; Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (104). 405 OLG Rostock FamRZ 2005, 744 im Falle eines vom Großelternteil des durch den Stiefelternteil adoptierten Kindes angestrebten Umgangs. 406 OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 1161 (Tanten und Onkel des Kindes); OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 937; OLG Köln FamRZ 1998, 695 (696); OLG Celle FamRZ 1998, 110 (112). 407 Palandt/Götz § 1755 Rn. 3; Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (104). 408 OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1582; LG Köln FamRZ 1996, 433. 409 BVerfG FamRZ 2003, 816 (824). 410 BVerfG FamRZ 2003, 816 (825). 411 BVerfG FamRZ 2004, 1705. 412 OLG Celle NJW 2005, 78.
D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption
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b) Umgangsberechtigung auch nach einer Adoption? Trotz dieser grundsätzlichen Qualifizierung des biologischen Elternteils als Umgangsberechtigter i.S.d. § 1685 Abs. 2 BGB stellt sich weiterhin die Frage, ob ihm ein solches Umgangsrecht auch nach erfolgter Stiefkindadoption zusteht. Diese Frage wird in der Rechtsprechung mit Verweis auf einen Widerspruch zu der aus dem Volladoptionsgrundsatz resultierenden absoluten Beendigung sämtlicher rechtlicher Beziehungen gemäß § 1755 Abs. 1 BGB teilweise verneint.413 In einem Urteil des OLG Schleswig, das allerdings keinen Fall einer Stiefkindadoption betraf, gestaltete sich bereits die Anwendbarkeit der Vermutungsregel des längeren Lebens in einer häuslichen Gemeinschaft mit der Kindesmutter als problematisch, da das Kind bereits 19 Tage nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden war. Aber auch ungeachtet einer etwaigen Begründung einer familiären Beziehung lehnte das Gericht eine Zuordnung der leiblichen Mutter nach der Adoption ihres Kindes zu den von § 1685 Abs. 2 a.F. genannten Umgangsberechtigten aufgrund des Grundsatzes der Volladoption ab.414 Hinter dem Kindesinteresse an einer vollständigen Integration in die Adoptivfamilie müsse das Interesse der Mutter an einem Umgangsrecht nach der Adoption zurückstehen.415 Das OLG Stuttgart zog in einem Stiefkindadoptionsfall § 1685 Abs. 2 BGB zur Begründung für ein Umgangsrecht nach der Adoption zwar heran, ließ aber explizit die Frage offen, ob ein das Kind zur Adoption freigebender Elternteil dem geschützten Personenkreis der Vorschrift unterfällt, da im zu entscheidenden Fall bereits das Vorliegen der Voraussetzung der Kindeswohldienlichkeit verneint wurde.416 In der Literatur wird vertreten, die Einräumung eines Umgangsrechts des früheren Elternteils verhindere die Realisation der in § 1754 Abs. 1 BGB angeordneten rechtlichen Gleichstellung des Adoptivkindes mit einem gemeinschaftlichen Kind der Ehegatten.417 Disponiere ein Elternteil über sein Elternrecht durch die Einwilligung in die Adoption seines Kindes, sei er nicht ebenso schutzwürdig wie ein biologischer Vater, der an der Herstellung einer sozial-familiären Beziehung gehindert sei.418 Hier wird vertreten, dass allein den rechtlichen Eltern die Entscheidungsbefug413 OLG Schleswig FamRZ 2004, 1057. Vgl. auch AG Reinbeck FamRZ 2004, 55, wo aufgrund des kurzen Betreuungszeitraums durch die Mutter bereits die Voraussetzungen von § 1685 BGB als nicht erfüllt angesehen und die alleinige Entscheidungskompetenz den Adoptiveltern zugewiesen wurde; Enders FPR 2004, 60 (63); Binschus ZfF 2005, 257 (260). 414 OLG Schleswig FamRZ 2004, 1057 (1058). 415 OLG Schleswig FamRZ 2004, 1057 (1058). 416 OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 76 (77 f.). 417 Enders FPR 2004, 60 (63). 418 Staudinger/Rauscher (2006) § 1685 Rn. 10 d.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
nis über die Aufrechterhaltung des Kontaktes des Kindes zum früheren Elternteil zustehen solle.419 Auch bei einer Stiefkindadoption sei eine vom Grundsatz der Volladoption abweichende Bewertung de lege lata sachlich nicht gerechtfertigt.420 Ferner wird die Notwendigkeit einer Zuordnung der ihr Kind zur Adoption freigebenden leiblichen Eltern zu den in § 1685 Abs. 2 BGB genannten Bezugspersonen mit dem Argument verneint, die Erfüllung der Regelvermutung von § 1685 Abs. 2 S. 2 BGB, aber auch eine anderweitige Begründung einer familiären Beziehung sei bei einer regelmäßig bereits kurze Zeit nach der Geburt erfolgenden Freigabe des Kindes zur Adoption nicht möglich.421 Bei dieser Argumentation werden jedoch gerade die vielen Adoptionsfälle außer Acht gelassen, denen eine lange Phase des Zusammenlebens als Primärfamilie vorausgeht, insbesondere Stiefkindadoptionsfälle, bei denen der außenstehende Elternteil häufig die Stellung einer Bezugsperson für das Kind innehatte oder nach wie vor innehat.422 Zudem erscheint es nicht gerechtfertigt, dass der leibliche Vater eines Kindes, der mit der Mutter nicht verheiratet war und der ohne Anerkenntnis der Vaterschaft in einer sozial-familiären Beziehung zum Kind Verantwortung für dieses getragen hat, zum Kreis der Umgangsberechtigten nach § 1685 Abs. 2 BGB gehört, während dies für einen rechtlichen Elternteil nach der Adoption des Kindes nicht gilt.423 So wird vorgetragen, dass sich aus dem Gesetz nicht ergebe, dass die Rechtsstellung eines leiblichen Elternteils, dessen Kind adoptiert worden ist, schlechter ausgestaltet sei als diejenige ehemaliger Pflege- oder Stiefeltern, die bereits nach der alten Rechtslage explizit als Umgangsberechtigte in § 1685 Abs. 2 BGB genannt wurden.424 Auch könnten leibliche Eltern, die ihre Stellung nach § 1755 Abs. 1 BGB verloren hätten, nicht anders behandelt werden als der biologische Vater.425 Den Rechtsgedanken des § 1626 Abs. 3 BGB heranziehend,426 ist § 1685 Abs. 2 BGB daher dergestalt zu verstehen bzw. verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch der leibliche Elternteil nach der Adoption zum Kreis der Umgangsberechtigten zählt.427 Denn die Voraussetzungen, denen nach 419
Enders FPR 2004, 60 (63). Enders FPR 2004, 60 (63). 421 Staudinger/Rauscher (2006) § 1685 Rn. 10 d. 422 So auch Hoffmann JAmt 2003, 453 (457). 423 MünchKommBGB/Maurer Vor § 1741 Rn. 40. 424 Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (104). 425 MünchKommBGB/Finger § 1685 Rn. 6 m.w.N. 426 MünchKommBGB/Maurer Vor § 1741 Rn. 40. 427 So auch Hoffmann JAmt 2003, 453 (459) de lege ferenda zur alten Rechtslage; Büte, Das Umgangsrecht bei Kindern geschiedener oder getrennt lebender Eltern, S. 150; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil III, Rn. 288. Bei der Stiefkindadoption steht der Umgangsberechtigung auch nicht das Offenbarungs- und Ausfor420
D. Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption
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§ 1685 Abs. 2 BGB die Umgangsberechtigung unterliegt, bieten einen hinreichenden Schutz der Interessen aller Beteiligten:428 Aufgrund des Erfordernisses der sozial-familiären Beziehung kommen als Umgangsberechtigte allein die leiblichen Elternteile in Betracht, die vor der Stiefkindadoption tatsächlich über einen bestimmten Zeitraum hinweg Verantwortung für das Kind getragen haben. Des Weiteren ist zentrale Voraussetzung für die Gewähr eines Umgangs dessen Kindeswohldienlichkeit, vgl. § 1685 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Halbs. 2 BGB. Die Kindeswohldienlichkeit wird dabei nicht wie im Rahmen des Elternumgangs nach § 1684 BGB vermutet, sondern sie muss positiv festgestellt werden.429 Der den Umgang Beantragende trägt hierfür die Feststellungslast.430 Liegt die sozial-familiäre Beziehung bereits längere Zeit zurück, so ist eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich.431 Dem Richter obliegt es bei der Prüfung der Kindeswohldienlichkeit des Umgangs nach der Adoption – ähnlich wie bei Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit der Adoption –, die im konkreten Einzelfall relevanten ambivalenten Interessen und Bedürfnisse des Kindes zu ermitteln, die sich im Spannungsfeld der Bedeutung der Verankerung in einer beständigen Familienkonstellation und der für die Identitätsbildung ausschlaggebenden Kenntnis der Abstammung sowie des Wissens bewegen, vom biologischen Elternteil nicht leichtfüßig aufgegeben worden zu sein. Zwar wird die Entscheidung, dass die Adoption dem Wohle des Kindes dient, in den Fällen, in denen das Kind eine enge emotionale Bindung zu seinem externen leiblichen Elternteil unterhält, – wie dargestellt – äußerst seltener Ausnahmefall sein, jedoch kann sich in den wenigen Fällen, in denen die Adoption aus Kindeswohlgründen erforderlich ist, die so erreichte „offene Adoptionsform“ als angemessen darstellen, da sie dem Kind die Stabilitäts- und Sicherheitsvorteile der Adoption vermittelt und gleichzeitig den Schutz seiner emotionalen Beziehungen zum leiblichen Elternteil und weiteren Bezugspersonen in dessen Familienstamm gewährt. Damit nähert sich das Familiensystem, in dem das Kind lebt, der von der psychosozialen Wissenschaft aus Sicht des Kindeswohls favorisierten Stieffamilienform der „Zwei-Kern-Familie“ an,432 in der das Kind Umgang zur Ursprungs- und Stieffamilie erhält, wenn auch – in Abgrenzung zu der idealisierten Stieffamilienform – ein Transfer der Abstammungsbeziehung erfolgt ist. Aufgrund der bereits dargestellten Forschungsergebnisse, dass schungsverbot des § 1758 BGB entgegen, da es im Vergleich zur Fremdadoption an zu offenbarenden Tatsachen mangelt, Hoffmann JAmt 2003, 453 (459). 428 Ähnlich MünchKommBGB/Finger § 1685 Rn. 6: „Einzelheiten sind bei der Prüfung des Kindeswohls zu berücksichtigen.“ 429 OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 76 (78). 430 Vgl. OLG Koblenz FamRZ 2000, 1111. 431 OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 76 (78). 432 Ebenso von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 113.
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
die Gewähr einer positiven kindlichen Entwicklung nach der Scheidung oder Trennung der leiblichen Elternteile am wahrscheinlichsten ist, wenn dem Kind beide Elternteile nach der Trennung weiterhin zur Verfügung stehen,433 kann es der Gesetzgeber aus Kindeswohlgründen nicht verantworten, die Entscheidung, ob dem Kind ein Umgang mit seinem leiblichen Elternteil nach einer Stiefkindadoption gewährt wird oder nicht, allein in die Disposition der neuen Ehe- bzw. Lebenspartner zu stellen, die bei dieser Frage ihre persönliche Einstellung gegenüber dem externen Elternteil wohl kaum ausklammern und zugunsten des Kindeswohls zurückstellen werden. Denn wie bereits dargestellt, geht es den eine Stiefkindadoption Beantragenden nicht selten auch um die Ersetzung und das Hinausdrängen des externen leiblichen Elternteils aus dem Leben des Kindes, sodass ihr Interesse an einem Kontakterhalt gering ausfällt, weswegen auch vertragliche Vereinbarungen in der Regel nicht zustande kommen oder deren Durchsetzbarkeit fraglich ist. Auch dem vom OLG Schleswig angeführten Argument, der Ausschluss der Umgangsberechtigung sei aufgrund des Grundsatzes der Volladoption gerechtfertigt, da er der Realisation der Integration des Kindes in die Adoptivfamilie diene,434 kann mit den bereits dargestellten sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen entgegengehalten werden, dass es für die Anbindung des Kindes an die Adoptivfamilie durchaus förderlich ist, wenn das Kind zum leiblichen Elternteil einen Umgang aufrechterhält.435 Zwar sieht § 1685 Abs. 2 BGB die Zustimmung der rechtlichen Eltern zur Umgangsberechtigung als Voraussetzung einer solchen gerade nicht vor, der Volladoptionsgrundsatz gebietet es aber, dass bei der konkreten Ausgestaltung des Umgangsrechts besonders auch auf den etwaig entgegenstehenden Willen der Stiefpartner Rücksicht genommen wird. So hat das Gericht bei seinen nach §§ 1685 Abs. 3, 1684 Abs. 3 S. 1 BGB möglichen umgangskonkretisierenden Anordnungen die Einflussnahme, die der leibliche Elternteil durch eine Umgangsberechtigung nach der Adoption in die Sphäre der Stieffamilie erlangt, zu berücksichtigen und die Intensität des Umgang entsprechend anzupassen. II. Umgangsrecht nach der Adoption in England Auch wenn, wie dargestellt, ein Kontakt des Kindes zum externen leiblichen Elternteil nach der Adoption in England primär aus Kindeswohlüber-
433 Kurdek/Blisk/Siesky Developmental Psychology 1981, 565 f.; Fischer ZfJ 1997, 235 (236); Bar-Hava/Pryor CFLQ 1998, 257 (268). 434 OLG Schleswig FamRZ 2004, 1057 (1058); auch Johannsen/Henrich/Jaeger § 1685 Rn. 3c. 435 Dazu in Kapitel 2, unter H. I.
E. Fazit
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legungen gerichtlich in Erwägung gezogen werden soll,436 so besteht darüber hinaus für den leiblichen Elternteil die Möglichkeit, über Sec. 8 CA 1989 einen entsprechenden Umgang parallel zur Adoption zu beantragen, vgl. Sec. 26 (5) ACA 2002. Der Adoptionsantrag und der Antrag des leiblichen Elternteils werden dann gemeinsam verhandelt und beschieden.437 Zwar verliert der leibliche Elternteil durch die Adoption sämtliche Rechte und damit auch das Recht zur Beantragung einer contact order nach Sec. 8 CA 1989. Er kann sich jedoch auch nach der Adoption um gerichtliche Erlaubnis bemühen (leave to the court), eine contact order zu beantragen, vgl. Sec. 10 (1)(a)(ii) und Sec. 10 (9) CA 1989. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Erlaubnis gewähren werden kann, hat der High Court restriktiv beantwortet: Adoptionsbeschlüsse seien “intended to be permanent and final”; die Frage nach einem Kontakt solle nicht rückwirkend wieder eröffnet werden, “unless there is some fundamental change in circumstances.”438 III. Vergleichende Stellungnahme In England steht dem externen leiblichen Elternteil ein Recht auf Beantragung eines Kontaktes zum Kind nach der Adoption zu, das er bereits im laufenden Adoptionsverfahren und mit gerichtlicher Genehmigung auch nach dessen Abschluss geltend machen kann. In Deutschland lässt sich ein Umgangsrecht des externen leiblichen Elternteils nach der Adoption seines Kindes durch den Stiefelternteil aus § 1685 Abs. 2 BGB ableiten.
E. Fazit E. Fazit
Der Schutz der Interessen des leiblichen Elternteils ist in beiden Rechtsordnungen unterschiedlich ausgestaltet. Während das deutsche Recht bei der Einwilligungsberechtigung nicht zwischen ehelichen und unehelichen leiblichen Vätern differenziert und sogar dem Vaterschaftsprätendenten ein Einwilligungsrecht zubilligt, sieht das englische Recht ein solches nur für den Vater vor, der die elterliche Sorge innehat. Aufgrund der geänderten Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten für nichteheliche Väter ist jedoch in der 436 Vgl. auch der Psychiater in Re F (A Minor) (Adoption: Parental Consent) All ER 1982, Bd. 1, 321 (331): “I think it is very important to keep the option of contact open for every adopted child. The option needs to be taken up at the child’s request, rather than anybody else’s request. In other words, the child sets the pace.” 437 Vgl. den Stiefkindadoptionsfall G v G (Children: Concurrent Application) FLR 1993, Bd. 2, 306, in dem der leibliche Vater eine contact order parallel zum gemeinsamen Antrag von Mutter und Stiefvater auf Adoption des Kindes beantragte. 438 Re C (A Minor) (Adopted Child: Contact) FLR 1993, Bd. 2, 431 (436).
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Kapitel 3: Der externe leibliche Elternteil
Praxis davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der nichtehelichen Väter durch die Registrierung als Elternteil das elterliche Sorgerecht bereits nach der Geburt erlangt. Aber auch wenn ein Adoptionsverfahren bereits in die Wege geleitet wurde, kann eine gerichtliche Anordnung der parental responsibility allein aus dem Grund erfolgen, dass der Vater ein Einwilligungsrecht erlangt. Zudem ist die Praxis in England dazu übergegangen, den unehelichen leiblichen Vater auch ohne formales Einwilligungsrecht am Adoptionsverfahren zu beteiligen. In beiden Rechtsordnungen gestaltet sich die Beteiligung des leiblichen Vaters am Adoptionsverfahren als problematisch, wenn die Mutter dessen Namenspreisgabe verweigert. Aufgrund der dem § 1748 Abs. 1 bis 3 BGB zu entnehmenden engen Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung im Stiefkindadoptionsfall und der restriktiven gerichtlichen Interpretation des § 1748 Abs. 4 BGB ist zu erwarten, dass eine Stiefkindadoption gegen den Willen des leiblichen Elternteils in Deutschland lediglich in Ausnahmefällen dekretiert wird. In England bleibt hingegen abzuwarten, ob die Rechtsprechung auch nach der Reform des Einwilligungsrechts, die eine Ersetzung der Einwilligung aus Kindeswohlgründen erleichtert hat, an ihrer restriktiven Haltung gegenüber Stiefkindadoptionen gegen den Willen des leiblichen Elternteils festhalten wird. Dem externen leiblichen Elternteil steht in England das Recht zu, während des Adoptionsverfahrens einen Antrag auf Erlass einer Umgangsanordnung zu seinen Gunsten zu stellen, womit er die ohnehin bestehende Verpflichtung des Gerichtes forcieren kann, Überlegungen anzustellen, ob Maßnahmen zu treffen sind, die bestimmten Personen Kontakt zum Kind ermöglichen.439 Auch nach Durchführung der Adoption kann er sich um eine gerichtliche Genehmigung zur Beantragung einer Umgangsanordnung bemühen. In Deutschland lässt sich ein entsprechendes Antragsrecht des externen leiblichen Elternteils aus § 1685 Abs. 2 BGB ableiten.
439
Hierzu ausführlich in Kapitel 2, unter H. III. 2. b).
Kapitel 4
Lösungsansätze Kapitel 4: Lösungsansätze
A. Regelung des Stiefkindverhältnisses, insbesondere stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption? A. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?
I. Einführung Wie in Kapitel 1 aufgezeigt, hält das deutsche Recht für das Verhältnis von Stiefkind und Stiefelternteil lediglich fragmentarische Regelungen bereit.1 Die Forderung nach rechtlicher Anerkennung von sozialer Elternschaft2 allgemein – im Speziellen derjenigen zwischen Stiefkind und Stiefelternteil – ist zwar vom Gesetzgeber noch nicht in umfassender Form berücksichtigt worden, jedoch kommt in den seit 1998 und 2001 geltenden Regelungen, die sich dieser Thematik annehmen, zum Ausdruck, dass sich das moderne Familienrecht nicht mehr der konkret gelebten Realbeziehung entziehen kann.3 Vermehrt wurde gefordert, die fragmentarischen Regelungen mithilfe eines einheitlichen Gesamtkonzeptes gesetzlich zu ergänzen und zu korrigieren, um im Sinne des Kindeswohls das Bedürfnis von Stiefeltern nach Durchführung einer Stiefkindadoption zu reduzieren.4 Vielfach wird angenommen, die Stiefkindadoption verliere de facto umso mehr an Bedeutung, je differenzierter das Stiefkindverhältnis selbst Inhalt einer die konkreten 1 Coester sprach 1994 noch von „symbolischen Zugeständnissen“ und einer Ignoranz gegenüber dem familiären Näheverhältnis zwischen Stiefelternteil und Kind, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (136). 2 Staudinger/Salgo (2009) § 1682 Rn. 2; von Puttkamer, Stieffamilien und Sorgerecht, S. 106 ff.; Coester JZ 1992, 809 (816). 3 Vgl. Schwenzer, Vom Status zur Realbeziehung, 1987, S. 274 ff.; Salgo FPR 2004, 76 (77). Die Widersprüchlichkeit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hervorhebend, nach der durch die kulturelle Liberalisierung die Auflösung und die Eingehung neuer Partnerschaften erleichtert wurden, jedoch eine Bereitschaft hinsichtlich einer gesellschaftlichen Anerkennung sowie institutionellen Verankerung der sich als Konsequenz daraus ergebenden multiplen Elternschaft ausblieb, Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (123). 4 Vgl. Frank, Grenzen der Adoption, S. 21–110; Muscheler FamRZ 2004, 913 (919 ff.); Conradi FamRZ 1980, 103 f. m.w.N.; Schwenzer, Gutachten zum 59. DJT, Bd. I, A 1 (A 99).
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Kapitel 4: Lösungsansätze
Bedürfnisse dieser Familiensituation angemessen berücksichtigenden gesetzlichen Regelung sei.5 Muscheler liest einen entsprechenden Zusammenhang aus den Statistiken des Statistischen Bundesamtes zu Minderjährigenadoptionen ab, indem er den Rückgang der Stiefkindadoptionszahlen um 20 % zwischen den Jahren 1994 und 1998 auf eine intensive öffentliche Diskussion der Kindschaftsrechtsreform samt Regelung stiefelterlicher Rechte und Pflichten zurückführt, die die Fachberatung bereits im Vorfeld der Implementierungen von 1998 dazu bewogen haben könne, auf eine Reduktion des Adoptionswunsches bei Stiefeltern hinzuwirken; den erneuten Anstieg der Zahlen ab 1999 führt er auf eine Ernüchterung wegen der mangelnden Reichweite der Neuregelungen für Stiefeltern zurück.6 Schon seit Langem werden immer wieder Reformvorschläge zur Ausgestaltung des Rechtes der Stieffamilie vorgebracht und diskutiert.7 Insbesondere werden im Zusammenhang mit der Stiefkindadoptionsproblematik die Implementierung einer umfänglichen stiefelterlichen sorgerechtlichen Befugnis genannt und Lösungsansätze hinsichtlich der Verankerung sowie Ausgestaltung eines solchen stiefelterlichen Sorgerechts aufgezeigt. 8 5 Muscheler FamRZ 2004, 913 (916); ders. StAZ 2006, 189 (192); Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (224); Enders FPR 2004 60 (64); von Puttkamer/Radziwill KindPrax 2000, 19; Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (145); Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (66); Schotten, Die Stiefkindadoption, S. 161; Cullen/White A&F 1992, Heft 4, 7 (11); ähnlich Kirk/McDaniel J Soc Policy 1984, 75 (82); Rusch, Rechtliche Elternschaft, S. 138; vgl. auch Schwenzer EJCL 2007, Vol. 11.3, S. 1 (20), wobei nicht klar wird, ob die Autorin die rechtliche oder gesellschaftliche Anerkennung der sozialen Elternschaft meint. 6 StAZ 2006, 189 (193); FamRZ 2004, 913 (916). Ähnlich führt Fendrich ZfJ 2005, 283 (285) den leichten Rückgang der Stiefkindadoptionszahlen der letzten Jahre auf die rechtliche Besserstellung des Stiefelternteils und auf die kritische Einstellung der Adoptionsvermittlung gegenüber dieser Adoptionsform zurück. 7 So zum Beispiel – hinsichtlich des stiefelterlichen Unterhaltsrechts: von Puttkamer/Radziwill KindPrax 2000, 19 (20); Muscheler StAZ 2006, 189 (199); Kremer, Das Stiefkind im Unterhaltsrecht, S. 176 f.; Muscheler FamRZ 2004, 913 (919); von der Weiden FuR 1991, 249 (252 ff.); Frank, Grenzen der Adoption, S. 35 ff. – in erbrechtlicher Hinsicht: von Puttkamer/Radziwill, KindPrax 2000, 19 (20); kritisch hierzu Bundesministerin a.D. Zypries im Interview, in: FK 2004, Heft 5, 16 (17); ebenso Muscheler FamRZ 2004, 913 (919). – zur Einführung eines (starken) Status der „Stiefkindschaft“: von Puttkamer/Radziwill KindPrax 2000, 19 (20); Muscheler StAZ 2006, 189 (198 f.). 8 Vgl. die zusammenfassenden Darstellungen bei Mülders, Sorgerechtliche Befugnisse bei faktischer Elternschaft, S. 173 ff.; Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 313 ff.; Veit FPR 2004, 67 (69); von der Weiden FuR 1991, 249 (254 f.); Review of Adoption Law, unter 19.8, S. 40; Coester-Waltjen, in: Hofer/Klippel/Walter (Hrsg.), FS Schwab, S. 761 (764), auch bei gemeinsamer Sorge der leiblichen Eltern, jedoch unter der Bedingung der Beschränkung auf eine Ausübungsübertragung mit primärer Entschei-
A. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?
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Es gilt zu untersuchen, ob diese Annahme von den Ergebnissen der Analyse des englischen Rechts gestützt wird. Hierzu werden die Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten durch den Stiefelternteil, die diesem in England – anders als in Deutschland – über mehrere Jahrzehnte hinweg zustanden, mit ihren jeweiligen Voraussetzungen überblicksartig dargestellt, ehe deren tatsächlicher Gebrauch durch Stiefeltern untersucht wird. II. Die Entwicklung der Möglichkeiten des Erwerb des Sorgerechts durch Stiefeltern in England Neben der Möglichkeit, eine Verrechtlichung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses und damit den Erwerb des Sorgerechts für das Stiefkind im Wege der Beantragung einer Stiefkindadoption zu erwirken, sah das englische Recht bereits vor der Einführung von Sec. 4A CA 1989 durch den ACA 2002 alternative Formen der Beteiligung des Stiefelternteils am Sorgerecht für das Kind vor.9
dungskompetenz des Sorgeberechtigten. Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 100, spricht der Stiefkindadoption sogar eine Eignung zur Kompensation der nur „rudimentären bürgerlich-rechtlichen Ausgestaltung der rechtlichen Situation der Stieffamilie“ ab. 9 Wenn auch mit der Heirat von internem leiblichen Elternteil und Stiefelternteil keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten des Stiefelternteils begründet wurden, vgl. Re N (Minors) (Parental Rights) Fam 1974, 40; Tubb v Harrison ER 1790, 926 f. Auch in Deutschland war seit dem 13. Jahrhundert in vereinzelten Partikularrechten, in denen das Institut der sog. Einkindschaft verankert war, eine rechtliche Beteiligung des Stiefelternteils an der Sorge für das Stiefkind möglich. Da die Einkindschaft jedoch primär erb- und vermögensrechtlichen Ursprungs war, da mit ihr eine diesbezügliche Gleichstellung von Stiefkindern und stiefehelichen Kindern bezweckt wurde, sahen nur wenige Partikularrechte weiter reichendere Wirkungen vor, Bluntschli, Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 306; Stobbe/Lehmann, Handbuch des Deutschen Privatrechts, Bd. 4, S. 304 f., S. 319. So zum Beispiel das ALR, wo der Stiefelternteil durch die Einkindschaft auch in die persönlichen Rechte und Pflichten des leiblichen Elternteils des Kindes einrückte, vgl. §§ 720, 732 f., 752. Im Laufe der Zeit war die Einkindschaft jedoch seltener in neueren Partikularrechten verankert, zudem ging auch ihre Praxis zurück, sodass man sich im Rahmen der Schaffung des BGB gegen die Implementierung des Instituts der Einkindschaft entschied, Schott, Kindesannahme – Adoption – Wahlkindschaft, S. 160 f.; Boehmer, Rechtsstellung des Stiefkindes, S. 12 f.; Bluntschli, Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 310 f.; Motive zum BGB, Bd. 4, S. 487 ff. Das BGB von 1900 beinhaltete keine Normen, mittels derer eine Beteiligung des Stiefelternteils am Sorgerecht für das Kind möglich war. Es bestand lediglich die Möglichkeit der Ableitung sorgerechtlicher Befugnisse vom leiblichen Elternteil im Wege einer Ermächtigung, dazu Mühlen, Die Rechtstellung der Stiefkinder, S. 21 ff.; Boehmer, Die Rechtsstellung des Stiefkindes, S. 3 ff.
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Kapitel 4: Lösungsansätze
1. Guardianship Im Falle des Versterbens des mit dem Stiefelternteil zusammenlebenden leiblichen Elternteils stand bereits seit Langem10 die schon beschriebene Beteiligung Dritter, und damit auch des Stiefelternteils, an der Sorge für das Kind über das Institut des guardianship zur Verfügung. Da diese jedoch an die Voraussetzung des Ausfalls zumindest eines Sorgeberechtigten des Kindes geknüpft war und ist, fehlte der Vormundschaft die Eignung einer Verrechtlichung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses unter Einbeziehung des internen leiblichen Elternteils. 2. Wardship Auch war es dem Stiefelternteil möglich, das Kind zum ward of the court zu machen. Eine wardship order hatte zur Folge, dass das Gericht die Sorge oder Vormundschaft erlangte und Personensorge und Aufsicht einer zum guardian bestimmten Person übertragen konnte.11 Zu einem solchen guardian konnte das Gericht auch einen Stiefelternteil (gemeinsam mit seinem Ehepartner) berufen, da der Stiefelternteil als faktischer Elternteil die Voraussetzung eines Interesses am und der Beziehung zum Kind regelmäßig erfüllte.12 Ein solches Vorgehen zugunsten eines Stiefelternteils kam allerdings nur in denjenigen Fällen in Betracht, in denen mindestens einer der beiden leiblichen Elternteile des Kindes verstorben war; es war sehr unwahrscheinlich in jenen Fällen, in denen beide Elternteile des Kindes lebten und das Scheidungsgericht bereits Anordnungen betreffend des Sorgerechts getroffen hatte.13 3. Joint custody order des Scheidungsgerichts; custodianship; child of the family Zumindest theoretisch stand seit dem Matrimonial Causes Act 1950 einem Stiefelternteil die Möglichkeit offen, gemeinsam mit einem geschiedenen – nicht jedoch unehelichen – leiblichen Elternteil die Sorge für das Kind auszuüben, wenn er beim Scheidungsgericht einen Antrag auf (Neu-)Regelung des Sorgerechts stellte und das Gericht diesem stattgab, vgl. Sec. 26. Voraussetzung dafür war jedoch, dass der Stiefelternteil die Genehmigung des Gerichtes für eine entsprechende Intervention hinsichtlich
10
Vgl. hierzu Bromley, Family Law, 1. Aufl., S. 330. Re W Ch 1964, 202 (208). 12 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (427). 13 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (428). 11
A. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?
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eines Sorgerechtsantrages beantragte.14 Wurde ihm dieses Eingreifen gerichtlich erlaubt, musste er das Gericht davon überzeugen, dass es das Kindeswohl erforderte, ihm (gemeinsam mit dem internen leiblichen Elternteil) die joint custody zu gewähren – eine nicht leicht zu überwindende Hürde.15 Mit Inkrafttreten der Matrimonial Proceedings (Children Act) 1958 wurden die scheidungsgerichtlichen Kompetenzen dergestalt erweitert, dass die Scheidungsgerichte Sorgerechtsregelungen zugunsten von Stiefeltern erlassen konnten, wenn das Stiefkind als ein child of the family akzeptiert und in die Stiefehe integriert worden war, vgl. Sec. 1.16 Wie bereits angesprochen, eröffnete der Children Act 1975 – parallel zu den beschriebenen Vorschriften für die Gerichte, zwischen einer Stiefkindadoption und der joint custody nach Sec. 10 (3) Children Act 1975 sowie einer custodianship nach Sec. 37 (1) Children Act 1975 abzuwägen – einem Stiefelternteil grundsätzlich die Möglichkeit, auch eigeninitiativ anstelle eines Adoptionsantrages einen Antrag auf Erlass einer custodianship order zu stellen. Voraussetzung hierfür war, dass der Stiefelternteil für drei Monate mit dem Kind zusammengelebt hatte, 17 der das Sorgerecht innehabende Elternteil zustimmte und die Anordnung dem Kindeswohl als first and paramount consideration gemäß Sec. 1 des nach Sec. 33 (9) CA 1975 anwendbaren Guardianship of Minors Act 1971 entsprach. Ohne die Einwilligung des leiblichen Elternteils war ihm die Antragstellung nach der Übernahme tatsächlicher Sorge über drei Jahre hinweg möglich, vgl. Sec. 33 (3)(a) und (c) Children Act 1975. Eine solche custodianship des Stiefelternteils konnte jedoch dann nicht beantragt werden, wenn in einem vorausgegangenen Scheidungsverfahren eine Sorgerechtsregelung getroffen worden war, vgl. Sec. 33 (5) Children Act 1975, was – im Gegensatz zu heute – bei nahezu allen Scheidungen der Fall war, da das Gericht zur Sicherstellung der Gewährleistung des kindlichen Wohls durch eine Sorgerechtsentscheidung verpflichtet war, vgl. Sec. 41 Matrimonial Causes Act 1973. Jedoch konnte der Stiefelternteil in solchen Fällen nach wie vor auf dem bereits dargestellten Weg die Übertragung der joint custody beantragen, wobei ihm diesbezüglich ein eigenes Antragsrecht gesetzlich zugebilligt wurde.18 Der Richter des Scheidungsgerichtes, das bei der Scheidung der leiblichen Eltern eine Sorgerechtsregelung getroffen hatte, hatte seine 14 Da laut Sec. 72 (3) Matrimonial Causes Rules 1968 allein ein Vormund oder eine die custody oder care order innehabende Person einen Antrag ohne gerichtliche Genehmigung stellen konnte. 15 Maidment, in: Eekelaar/Katz (Hrsg.), Marriage and Cohabitation in Contemporary Societies, S. 420 (428). 16 Später dann Sec. 52 (1) Matrimonial Causes Act 1973. 17 Sec. 33 (3)(a)(ii). 18 Vgl. Matrimonial Causes Rules, 92 (3).
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Kapitel 4: Lösungsansätze
Entscheidung, diese Regelung zu einer joint custody zugunsten des internen leiblichen und Stiefelternteils abzuändern, am Kindeswohl auszurichten. Wurde dieser Antrag des Stiefelternteils vom anderen leiblichen Elternteil nicht bestritten, so wurde die joint custody in der Regel gewährt.19 Stiefeltern von unehelichen Kindern oder von solchen, deren anderer leiblicher Elternteil verstorben war, konnten das Sorgerecht gem. Sec. 33 (1), (3)(a) Children Act 1975 im Wege der Beantragung einer custodianship erwerben, da Sec. 33 (5) nicht zur Anwendung kam, vgl. Sec. 33 (8).20 4. Residence order Der die Regelung des Children Act 1975 aufhebende CA 1989 enthielt keine speziellen Vorschriften für Stiefeltern in Bezug auf den Erwerb der parental responsibility. Auch im Zusammenhang mit dem Erwerb elterlicher Rechte als Alternative zu Stiefkindadoptionen wurden Stiefeltern nicht mehr gesondert als antragsberechtigte Gruppe aufgeführt, nachdem die Vorschriften, die das Gericht zu einer Abwägungsentscheidung zwischen einer Stiefkindadoption und einer joint custody oder custodianship anhielten, – wie bereits dargestellt – abgeschafft wurden. Allerdings stand dem Stiefelternteil der Weg des Sorgerechtserwerbs offen, der sämtlichen anderen Dritten, die nicht Elternteil des Kindes waren, zustand: Er konnte das Sorgerecht mittels einer residence order21 nach Sec. 8 CA 1989 erlangen. Qualifiziert zur Beantragung einer residence order war der Stiefelternteil nach Sec. 10 (5)(a) CA 1989 als “any party to a marriage (whether or not subsisting) in relation to whom the child is a child of the family”.22 Alternativ dazu hatte – wie heute auch noch – der Stiefelternteil die Möglichkeit, ein Antragsrecht dadurch zu erlangen, dass er mindestens drei Jahre lang mit dem Kind zusammengelebt hatte, vgl. Sec. 10 (5)(b), oder entsprechende Einwilligungen der Inhaber der elterlichen Sorge vorweisen konnte, vgl. Sec. 10 (5)(c)(iii). Andernfalls war er auf eine gerichtliche Zustimmung zur Antragstellung angewiesen. Darüber hinaus konnte das Gericht auch damals schon kraft seines umfassenden Wächteramts ohne einen entsprechenden Antrag eine residence order zugunsten Dritter und damit auch eines Stiefelternteils erlassen, wenn es dies im Sinne des Kindeswohls für erforderlich erachtete, vgl. Sec. 10 (1)(b) CA 1989. Der An19
Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (154) m.w.N. Ausführlich zu dieser Regelung und deren Schwachpunkten siehe in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) bb) (2). 21 Hierzu ausführlich in Kapitel 1, unter A. IV. 2. b) aa); Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) cc) (1) (a) und dd) (1). 22 Diese Regelung bezweckte, sämtliche Stiefelternteile auf eine gleiche Ebene mit dem – geschiedenen, unehelichen oder verwitweten – Elternteil zu stellen; vgl. Bainham, Children – The Modern Law, S. 233. 20
A. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?
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trag auf Anordnung einer residence order primär zur Erlangung der parental responsibility wurde von den Gerichten – wie bereits dargestellt23 – unterschiedlich beschieden. III. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption? Dass in England Stiefeltern von den genannten Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten und die Gerichte von ihren diesbezüglichen Kompetenzen während der 1950er und 1960er Jahre Gebrauch machten, ist mangels einer Thematisierung in der Literatur und Rechtsprechung dieser Zeit nicht anzunehmen.24 Zahlen, wie häufig es in der Gerichtspraxis zu entsprechenden Anträgen und Anordnungen kam, liegen nicht vor. Die zu dieser Zeit überstark ausgeprägten Zahlen von Stiefkindadoptionsanträgen und ihre unproblematische gerichtliche Gewährung lassen darauf schließen, dass kein Bedarf an anderweitigen Verrechtlichungsformen bestand. Auch die explizit als Alternative zur Stiefkindadoption implementierten Institute der joint custody und custodianship stellten zur Zeit ihrer Geltung keine weit verbreitete Alternative für Stieffamilien dar.25 Im Vergleich zu den Antragszahlen der Stiefkindadoptionen fielen die Zahlen der Anträge bezüglich einer custodianship im Allgemeinen sehr gering aus.26 In einer rechtstatsächlichen Studie, die den Gebrauch der custodianship untersuchte, handelte es sich lediglich bei einem Bruchteil der Beantragenden um Stiefeltern.27 Auch wurde festgestellt, dass lediglich sehr wenige Stiefeltern, de23
Siehe in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) cc) (1) (c) und (2). Vgl. von Puttkamer, Stieffamilien und Sorgerecht, S. 94. 25 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, Yours or Ours?, S. 85; Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 24 f.; Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (155); ebenso Hodson/Goddard Fam Law 1990, 68 (70); Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 4.49, S. 36; Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 9.57; Bromley/Lowe, Bromley’s Family Law, 8. Aufl., S. 421; Richards, Adoption, S. 96; Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (234); Clerc, Die Stiefkindadoption, S. 159; Lyon JSWL 1989, 138 (145). 26 In den Jahren der Geltung des Instituts wurden 1987 insgesamt 331 Anträge auf eine custodianship gestellt, 559 Anträge waren es im Jahr 1988 und 349 im Jahr 1989, von denen im Jahr 1987 295 positiv beschieden wurden, 1988 214 und 1989 252, vgl. The Stationary Office, Judicial Statistics 1987, S. 46; 1988, S. 62; 1989, S. 61, wobei diese nicht allein Stiefeltern betrafen, da die custodianship auch Verwandten und Pflegeeltern zur Verrechtlichung ihrer Position zustand und überwiegend von diesen genutzt wurde, vgl. hierzu Law Com, Report No. 172, Family Law, Review of Child Law, Guardianship and Custody, unter 4.49, S. 36. Bullard/Malos/Parker schätzen, dass zwischen 1986 und 1988 1000–2000 custodianship orders insgesamt erlassen wurden, Custodianship, unter 9.10. 27 Bei den 62 Anträgen, die der Studie zugrunde lagen, wurde allein fünf von einer Stiefmutter gestellt, vgl. Bulard/Malos/Parker, Custodianship, unter 4.62. 24
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Kapitel 4: Lösungsansätze
ren Plan und Wunsch, ihr Stiefkind zu adoptieren, gerichtlich nicht entsprochen wurde, anstelle der Adoption eine joint custody beantragten.28 Ebenso wurde der nach Inkrafttreten des CA 1989 mögliche Sorgerechtserwerb im Wege einer residence order in der Praxis insgesamt nur selten angenommen, was auf mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz und Kenntnis zurückgeführt wird.29 Auch aktuell wird der Anteil von Stiefeltern als Begünstigte einer parental responsibility order gering eingeschätzt,30 sodass von der explizit für Stiefeltern implementierten Möglichkeit des Sorgerechtserwerbs nach Sec. 4A CA 1989 bisher kein reger Gebrauch gemacht wird. Als Erklärung für die geringe Inanspruchnahme der Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten durch Stiefeltern wurde zum einen mangelnde Kenntnis – im Vergleich zur Adoption – vermutet,31 die – wenn überhaupt – meist erst im Laufe eines Adoptionsverfahrens erlangt wurde,32 wenn sich die Familie bereits auf eine Adoption eingestellt hatte und sich daher resistent gegen den Vorschlag einer Alternative erwies.33 Ferner wurden die Komplexität der Institute und die beschränkte Reichweite der rechtlichen Konsequenzen, insbesondere die fehlende Möglichkeit der Namensänderung ohne die Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils oder Bewilligung durch das Gericht, sowie ihre Widerruflichkeit als Hemmnis eingestuft.34 Zudem hatte die Tatsache, dass auch bei einer custodianship eine detaillierte Ermittlung samt Bericht durch den Sozialarbeiter erfolgte,35 abschreckende Wirkung auf das Antragsverhalten.36 In dem auf diesem Wege möglichen Erwerb des Sorgerechts wurde auch deshalb keine echte Alternative für eine Adoption gesehen, da sie nicht das Bedürfnis nach
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Vgl. Second Report to the Parliament on the CA 1975, S. 23. Review of Adoption Law, unter 6.4., S. 15. 30 Scherpe RabelsZ 2009, 935 (940). 31 Bullard Fam Law 1991, 188; vgl. den Fall bei Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 4.60. 32 Zum gleichen Ergebnis gelangte die schottische Studie von Phillips A&F 1992, Heft 2, 16 (17), bezüglich einer äquivalenten Regelung des schottischen Rechts. 33 Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (235). Vgl. auch Bullard Fam Law 1991, 188. 34 Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 23. Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 415 f. So auch Bainham, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 25 (36). Ähnlich Bissett-Johnson, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (359). 35 Vgl. Custodianship (Reports) Regulations 1985, S.I. 1985/792, abgeändert durch die Custodianship (Reports) (Amendment) Regulations, S.I. 1985/1494. 36 Masson LA Januar 1986, 7 (8); dies., in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (235); vgl. den Bericht einer Stiefmutter in Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 4.6.3. 29
A. Stiefelterliches Sorgerecht als Alternative zur Stiefkindadoption?
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rechtlicher Sicherheit für den Stiefelternteil zu befriedigen vermochte.37 Teilweise waren damals sogar Befürchtungen verbreitet, das Kind könne aufgrund der Überprüfbarkeit einer custody order den Begünstigten leicht weggenommen und dem ehemaligen Ehegatten zugesprochen werden.38 Jedoch scheint insbesondere folgender Aspekt ausschlaggebend zu sein: Die wenigen Studien zur Stiefkindadoption, die aus dem angloamerikanischen Rechtskreis stammen, haben aufgezeigt, dass zwar die mit der Stiefkindadoption bezweckte Statusänderung für einige nicht unbedeutend war, es aber bei vielen an der Kenntnis über die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen der Adoption mangelte, vielmehr emotionale Gründe wie die Steigerung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Familieneinheit sowie der Wunsch, wie eine normale Familie zu erscheinen, ausschlaggebende Motive für die Beantragung einer Stiefkindadoption waren.39 Hier wird deutlich, dass es Stiefeltern, die die Adoption ihres Stiefkindes beantragen, – entgegen der verbreiteten Annahme – weniger darauf ankommt, elterliche Rechte und Pflichten zu erlangen und zu begründen – was eben auch auf anderem Wege als über einen Adoptionsbeschluss möglich wäre –, sondern dass darüber hinaus der Wunsch dominant ist, ein Elternteil des Kindes zu „sein“,40 d.h. der psychologische und symbolische Gehalt der Adoption, die den Stiefelternteil zu einem echten Elternteil werden lässt, ausschlaggebend ist.41 Diese These lässt sich auch auf die Studie von Edwards, Gillies und Ribbens McCarthy stützen, in der ein Großteil der Stiefeltern zwar Interesse an einem rechtlichen Status bekundete, etwa ein Drittel dieses Teils jedoch sowohl die Adoption als auch den Erwerb der parental responsibility favorisierte, ein Drittel eine Adop37 Vgl. Phillips A&F 1992, 16 (18). Dabei handelte es sich um allgemeine Bedenken gegenüber dem Institut, nicht nur um jene von Stiefeltern, vgl. Bullard/Malos/Parker, Custodianship, unter 6.47. 38 Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, 227 (231). 39 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 49; Ganong/Coleman/ Fine/McDaniel Family Relations 1998, 63 (67). Ausführlich zu den Motiven der Antragsteller in Kapitel 2, unter B. III. 2. a). 40 So auch Frank FamRZ 2007, 1693 (1696), bei dem die befragten Stiefväter antworteten: „Ich will, dass das Kind das meine wird.“; vgl. auch Bissett-Johnson, in: Baxter/Eberts (Hrsg.), The Child and the Courts, S. 335 (348). 41 So auch Bainham, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 25 (36); ebenso Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (95); vgl. auch Bernard, Remarriage, S. 220: “Although adoption involves powerful legal sanctions, its impact on the assimilation process is probably primarily symbolic. […] It is doubtful if the kind of man who is willing to adopt his wife’s children would be any less conscientious in his behaviour toward children without the legal sanction of adoption. His ‘fathership’ is not improved by formalization of the relationship. It is the symbolic aspect of the adoption that is important.” Vgl. auch Re J, abgedruckt in Association of Child Care Officers, Adoption – The Way Ahead, S. 84 ff., dazu ausführlicher in Kapitel 2, Fn. 557.
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Kapitel 4: Lösungsansätze
tion unter Ablehnung der parental responsibility-Alternative angemessen fand, während wiederum ein Drittel den Erwerb der parental responsibility bevorzugte und eine Stiefkindadoption ablehnte.42 Die Beweggründe für eine Stiefkindadoption sind, wie dargestellt, weniger rational als vielmehr emotional bestimmt. Das Einrücken in die vollwertige Elternposition – unter Ausschluss des externen leiblichen Elternteils – soll und kann lediglich im Wege der Begründung einer Abstammungsbeziehung und damit über die Adoption erfolgen. So sehr auch alternative Institute zur Vermittlung von elterlichen Befugnissen der Adoption angenähert werden: Aufgrund ebendieser eindeutigen Zuordnung durch die Adoption, die Adoptiveltern umfassende und endgültige Sicherheit bezüglich ihres Status verschafft, ist das Vertrauen darauf, dass weniger weitreichende Alternativinstitute von den an einer Adoption interessierten Stiefeltern beantragt werden, nicht begründet.43 Folglich wird auch in England trotz der Stärkung der stiefelterlichen Rechtsposition durch den ACA 2002 in der Literatur die Frage aufgeworfen, ob die durch ihn eingeführten alternativen Sorgerechtserwerbsmöglichkeiten tatsächliche Auswirkungen auf die Zahlen der Stiefkindadoptionen haben werden.44 Dass sich der stiefelterliche Sorgerechtserwerb als eine echte Alternative für Stiefkindadoptionen in Deutschland eignet, muss mit einem Blick auf die Rechtswirklichkeit in England zumindest für die wohl überwiegenden Fälle bezweifelt werden.45 42
Vgl. Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (94). Vgl. das Zitat des erstinstanzlichen Richters im Fall Re M (Adoption or Residence Order) FLR 1998, Bd. 1, 570 (582): “I am sorry, a residence order is nowhere near so final as an adoption order, it really is different. It can always be varied or altered or interfered with, it is not the same animal[…] There is a degree of insecurity about a residence order which does not exist with an adoption order, it is subject to interference at every stage, is it not, in a way an adoption order is not.” Vgl. auch die Studie von Smith/Logan, bei der ein Großteil der befragten (Fremd-)Adoptiveltern, die einen post-adoption contact des Kindes zu den leiblichen Eltern zuließen, eine Alternativanordnung anstelle einer Adoption jedoch ablehnten, die ihnen zwar volle elterliche Rechte zubilligen, anders als ein Adoptionsbeschluss jedoch die biologischen Eltern nicht ihrer Elternstellung berauben würde, CFLQ 2002, 281 (296); ihnen würde dadurch nicht das gleiche Maß an Sicherheit und Kontrolle zuteil wie bei einer Adoption. 44 Allen, Making Sense of the New Adoption Law, S. 101; ähnlich skeptisch Cullen CFLQ 2005, 475 (unter “Matters not foreshadowed in the White Paper”); ebenso Priest JCL 1993, 56 (59); Bainham, Children – The Modern Law, S. 265 f. Vgl. aber HarrisShort/Miles, Family Law, S. 683, die den Sorgerechtserwerb des Stiefelternteils nach Sec. 4A als “effective means of recognizing and supporting the social parenting role played by many step-parents, without undermining the importance of the child’s relationship with both legal parents” bezeichnen. 45 Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass der formalen Zuweisung der parental responsibility in England eine weniger große Bedeutung zukommt, da die elterliche Verantwortung nicht exklusiv den Eltern des Kindes vorbehalten ist, sondern grund43
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I. Einführung Neben der vermehrt geforderten Einführung eines stiefelterlichen Sorgerechts mit dem Ziel, eine Reduktion des Bedürfnisses nach Durchführung einer Adoption des Stiefkindes herbeizuführen, muss das Adoptionsrecht über eigene Mechanismen verfügen, um die Dekretierung von Stiefkindadoptionen auf jene Fälle zu reduzieren, in denen sich die Adoption als adäquate Maßnahme im Sinne des Kindeswohls darstellt.46 Paulitz konstatierte Ende der 1990er Jahre, es habe sich zwar bei Adoptionsfachkräften teilweise immerhin die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Stiefkindadoption keine reine Formsache sei, sondern ebenso wie eine Fremdadoption einer ernsthaften und gewissenhaften Prüfung bedürfe,47 gleichzeitig bestünde aber noch eine erhebliche Diskrepanz zwischen diesem Bewusstsein und den sich daraus ableitenden Handlungsweisen der Richter und Fachkräfte.48 Auch wenn die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter bereits in ihren Empfehlungen Skepsis gegenüber einer unreflektierten Annahme der Kindeswohldienlichkeit in Stiefkindadoptionsfällen äußert, werden die Stimmen aus der Praxis, die eine defizitäre Rechtslage bezüglich der Stiefkindadoption beklagen, lauter. Auch Muscheler kommt zu dem Ergebnis: „Die frühe Flucht in den starken Status ‚Adoption‘ verdient legislative Skepsis.“49 So bedarf die Gerichtspraxis gezielter Impulse, die Prüfung des Kindeswohls bei Stiefkindadoptionen erhöhten Anforderungen zu unterstellen. Zwar geht von der Entscheidung des BGH zur Einwilligungsersetzung, in der betont wird, dass nicht per se davon ausgegangen werden könne, dass die Adoption durch einen Stiefelternteil dem Wohl des Kindes dient, eine solche Impulswirkung aus, sodass eine erhöhte Zurückhaltung der Familiengerichte zumindest gegenüber solchen Stiefkindadoptionen zu erwarten ist, die gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils beantragt wersätzlich von jeder Person erworben werden kann, die für das Kindeswohl von Relevanz und förderlich ist. 46 Ähnlich Priest JCL 1993, 56 (59), die für eine Reduktion der Stiefkindadoptionen eine Bereitschaft der Gerichte verlangt, klar zwischen den Fällen zu differenzieren, in denen Adoptionen in Stieffamilien angemessen oder aber Alternativanordnungen angebrachter sind. 47 So auch Licht im Interview, FK 2004, Heft 5, 34 (35). 48 Paulitz ZfJ 1997, 311 (314). Dieses Umdenken könnte auch für den Rückgang der absoluten Stiefkindadoptionszahlen zwischen 1994 und 1998 verantwortlich sein, a.A. Muscheler, vgl. unter A. I. Vgl. auch Röchling FamRZ 2007, 963 (964), der aus der Praxis bestätigt, die wirklichen Interessen des Kindes bei dieser Adoptionsform würden von den beteiligten Erwachsenen und Professionellen ignoriert. 49 Muscheler StAZ 2006, 189 (192).
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den. Jedoch darf dieser allgemein gehaltenen Formulierung des BGH, wie oben ausgeführt, entnommen werden, dass die gerichtliche Praxis insbesondere in den Fällen, in denen alle Beteiligten der Adoption zustimmen, eine andere Handhabe wählt. Die englische Gerichtspraxis kann hier als Beispiel dafür dienen, dass eine Änderung der Gerichtspraxis selbst dann mit Schwierigkeiten verbunden ist, wenn ein gesetzgeberischer Auftrag dazu vorliegt – der im englischen case law ja gerade explizit zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung implementiert wurde:50 Trotz der gesetzlichen Implementierung der gerichtlichen Pflicht, Stiefkindadoptionsanträge zurückzuweisen, wenn sie dem Kindeswohl nicht dienten, wurde von einigen Gerichten von der bis dato praktizierten unkomplizierten Gewährung von Adoptionsbeschlüssen nur teilweise abgewichen. Gründe hierfür waren insbesondere, dass die Vorgaben zur Ausübung des Ermessens nicht eindeutig waren und die Beurteilung der Frage, ob die Adoption im konkreten Fall ein angemessenes Institut zur Verrechtlichung der Stieffamilienkonstellation darstellt, eine komplexe, psychosoziale Fähigkeiten erfordernde Aufgabe ist. So wird auch heute noch in England das Fehlen konkreter Kriterien für den Umgang der Gerichte mit einvernehmlichen Stiefkindadoptionsanträgen bemängelt.51 Dass legislative Impulse im Bereich des Adoptionsrechtes auch faktische Auswirkungen auf das Antragsverhalten von Stiefeltern haben können, offenbart der Blick auf die Entwicklung der Antragszahlen in England. Ungeachtet dessen, dass die englische Gerichtspraxis den – nach dem Wortlaut nicht ausreichend eindeutigen – gesetzgeberischen Auftrag, wie erläutert, uneinheitlich umsetzte oder diesen teilweise gänzlich ignorierte, weisen die Zahlen der Stiefkindadoption seit der ersten Gesetzesreform 1975 sinkende Tendenz auf. Dies findet – wie bereits angesprochen – darin Begründung, dass wesentlich weniger Anträge auf Durchführung einer solchen Adoption gestellt wurden und werden. Zurückführen lässt sich diese – insbesondere 1976 drastische – Änderung des Adoptionsantragsverhaltens bezüglich eines Stiefkindes zum einen auf das sich in den 1970er und 1980er Jahren dramatisch ändernde Wesen der Familie, der Struktur und Dynamik familiären Lebens in Großbritannien:52 Während in den 1970er Jahren eine Veränderung von Beziehungsmustern dadurch evo-
50 Zur Funktion parlamentarischer Gesetze in England vgl. Henrich/Huber P., Einführung ins englische Recht, S. 11. 51 O’Halloran, The Politics of Adoption, S. 56: “But in the UK there has been little evidence of suitability criteria being applied by the judiciary to refer uncontested stepparent applications to marital proceedings.” 52 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (156); vgl. auch Lewis IJLPF 2004, 235 (236).
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ziert wurde, dass insbesondere die Scheidungszahlen stark anstiegen53 und die Zahlen des nichtehelichen Zusammenlebens zunahmen,54 wurde in den 1980er Jahren eine Loslösung der Elternschaft von der bis dato mit dieser als unzertrennlich verknüpft eingestuften Ehe eingeläutet.55 Die Zahlen nichtehelicher Geburten und jene alleinerziehender Eltern stiegen seit den 1960er Jahren rapide an,56 ebenso nahm die Zahl rekonstruierter Familien durch Wiederheirat stark zu.57 Durch diese Pluralisierung existierte nunmehr neben der klassischen Nuklearfamilie eine hohe Diversität an Formen familiären Zusammenlebens.58 Der Anteil der Kinder, die in rekonstruierten Familien aufwuchsen, vergrößerte sich.59 Es änderten sich in dieser Zeit die gesellschaftlichen Vorstellungen bezüglich Ehe, Scheidung und Kindeserziehung;60 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder dem Single-Dasein wurde vermehrt eine Alternative für das Institut der Ehe 53
Haskey Population Trends 1988, Heft 4, 21; Maclean/Richards, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 259 (261). 54 Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (35 f.). Seit den 1970er Jahren akzeptierten sowohl die Gerichte als auch die Gesetzgebung zunehmend das nichteheliche Zusammenleben, vgl. Freeman, in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 173 (179). 55 Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (34). 56 Golombok/Spencer/Rutter J Child Psychol Psychiat 1983, 551; Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (160 ff.); Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (39 f.); Haskey Population Trends 1994, Heft 4, S. 5 (7); ders. Population Trends 1982, Heft 1, 4 (6 f.). 57 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (164); Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (36); Leete Population Trends 1979, Heft 1, 4 (9); Leete/Anthony Population Trends 1979, Heft 2, 5 (8 f.), konnten in ihrer Studie feststellen, dass 1979 die Hälfte der Geschiedenen innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Scheidung erneut heirateten; ein Großteil von ihnen tat dies bereits innerhalb des ersten Jahres, nicht selten bereits nach drei Monaten; Frauen mit Kindern waren dabei ebenso vertreten wie solche ohne Kinder. 58 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (157). Vgl. auch Eversley/Bonnerjea, in: Rapoport/Forgarty/ Rapoport (Hrsg.), Families in Britain, 75 (92). Vgl. auch Cabinet Office, Building on Progress: Families, S. 15: “By the 1980s, families were in a transition from a society in which there was a single overriding norm of what a family should be like to a society in which a plurality of norms were recognised as legitimate.” 59 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (157). 60 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (156); Parker, Adoption Now, S. 2; Triseliotis/Feast/Kyle, The Adoption Triangle Revisted, S. 5.
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gesehen.61 Ehe und Elternschaft galten für einen Großteil der Bevölkerung nicht länger als untrennbar mit einander verknüpft.62 So fanden die unterschiedlichen Formen familiären Zusammenlebens, die Stellung als uneheliches Kind,63 das Aufwachsen in einem Haushalt mit nur einem Elternteil, das Zusammenleben von Stieffamilien auch ohne Formalisierung durch die Ehe oder eine Annahme des Kindes durch den Stiefelternteil zunehmend gesellschaftliche Akzeptanz und Anerkennung,64 während früher Kinder unter dem Stigma der Unehelichkeit zu leiden hatten,65 Geschiedene Vorurteilen ausgesetzt waren66 und die traditionelle Ehe eine hohe Popularität aufwies.67 So wie im Allgemeinen die Zahlen der Adoptionen aufgrund von Verhütungsmitteln, Abtreibungsmöglichkeiten, der toleranteren gesellschaftlichen Haltung gegenüber nichtehelichen Geburten und eines Politikwechsels, der unehelichen Müttern die Inanspruchnahme von sozialen Sicherungsleitungen ermöglichte, drastisch zurückgingen,68 dürfte die Akzeptanz der verschiedenen alternativen Familienformen das Bedürfnis nach Verrechtlichung und Formalisierung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses reduziert haben. Damit einhergehend dürfte die Verdrängung oder Tabuisierung der besonderen Familienkonstellation überwiegend nicht mehr als notwendig erachtet worden sein. Auch die in den 1990 Jahren und aktuell 61 Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (34); die Anzahl der Kinder, die von Paaren großgezogen werden, die in einer stabilen nichtehelichen Partnerschaft leben, ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen, vgl. Haskey Population Trends 1996, Heft 3, 7 (10). 62 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (159); Douglas, An Introduction to Family Law, S. 44; Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (34). 63 Keating, A Child for Keeps, S. 207; Parker, Adoption Now, S. 1; Ball, in: Hill/Shaw (Hrsg.), Signposts in Adoption, S. 71 (72); Nissel, in: Rapoport/Fogarty/ Rapoport (Hrsg.), Families in Britain, S. 95 (100); Lewis IJLPF 2004, 235 (237). 64 Clarke, L./Henwood, in: Kaufmann (Hrsg.), Family Life and Family Policy in Europe, Bd. 1, S. 155 (191); Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (51); Triseliotis/Feast/Kyle, The Adoption Triangle Revisted, S. 5; Ringen (Hrsg.), in: Kamerman/Kahn (Hrsg.), Family Change and Family Policies in Great Britain, Canada, New Zealand, and the United States, S. 29 (45); anders – die Anfang der 1980er Jahre nach wie vor existente Stigmatisierung und Tabuisierung von Stieffamilien hervorhebend – Ferri, Stepchildren, S. 121; ebenso – die langsame Anpassung der moralischen Attitüden gegenüber Scheidung und Wiederheirat betonend – Brown, The Step-family, S. 5. 65 Charles/Davies/Harries, Families in transition, S. 26; Parker, Adoption Now, S. 1; Lambert/Streacher sahen uneheliche Kinder in Stieffamilien einem doppeltem Stigma ausgesetzt, Children in Changing Families, S. 127. 66 Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (51). 67 Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (32); zur Stigmatisierung sämtlicher von der Nuklearfamilie abweichender Familienkonstellationen vgl. Lambert/Streacher, Children in Changing Families, S. 25 f. 68 Keating, A Child for Keeps, S. 207; Leete Population Trends 1978, Heft 4, 9 (13).
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niedrigen sowie nach wie vor sinkenden Zahlen von Stiefkindadoptionen69 lassen sich auf das Nachlassen des Bedürfnisses, die Beziehungen innerhalb der Stieffamilie in eine rechtliche Form zu gießen, zurückführen. Dabei steht deren Entwicklung diametral zu den seit den 1990er Jahren weiter steigenden Zahlen der von einer Scheidung ihrer Eltern betroffenen Kinder70 und den konstanten Wiederverheiratungszahlen geschiedener Frauen,71 die einen starken Anstieg ehelicher Stieffamilienkonstellationen zur Folge haben. In einer aktuellen englischen Studie zu Stieffamilien konnte festgestellt werden, dass fast 80 % der Stieffamilien sich niemals oder nur gelegentlich als „Stieffamilie“ wahrnahmen, da sie das Gefühl hatten, eine ganz „normale“ Familie zu sein; lediglich ein geringer Anteil identifizierte sich als Stieffamilie.72 In dieser Studie, in der 184 Familien mit 233 Kindern untersucht wurden, war lediglich eine Stiefkindadoption durchgeführt worden; die Hälfe der Familien hatte diese Möglichkeit nicht in Erwägung gezogen, ein kleiner Teil verfügte über keine Kenntnis hinsichtlich dieser Verrechtlichungsmöglichkeit.73 Der Großteil der Familien, in denen eine Stiefkindadoption angedacht worden wurde, entschied sich dagegen; vielfach wurde die Adoption nicht als ein notwendiger Schritt eingestuft.74 Jedoch dürfte der drastische Rückgang der Antragszahlen nach 1975 nicht nur durch den gesellschaftlichen Wandel in England – der in ähnlicher Form später auch in Deutschland stattfand –, sondern mittelbar auch durch die Regelung der Sec. 10 (3) des Children Act 1975 bedingt gewesen sein, da die Rechtsberatung die Familien, die eine Adoption durchzuführen 69
Vgl. Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (47). Zwar weisen auch die Zahlen nichtehelicher Geburten in dieser Zeit nach wie vor steigende Tendenz auf, jedoch vergrößerte sich bereits in den 1990er Jahren der Anteil der Familien, in denen die leiblichen Eltern des Kindes auch ohne eheliche Formalisierung zusammenlebten, vgl. Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (52). 70 ONS, FM 2 Series 2002, Tabelle 4.10; vgl. ebenso die Übersicht bei Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (47). 71 Auch wenn die Wiederverheiratungsrate geschiedener Frauen in England in der Zeit von 1986–1996 um 37 % gesunken ist, blieben die absoluten Zahlen der wiederverheirateten Frauen relativ konstant (1986 waren es 80.000, 1996 79.000), vgl. Gibson, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 31 (47 f.). 72 Vgl. Smith CFLQ 2003, 185 (189). 73 Smith CFLQ 2003, 185 (195). 74 “At the practical level it doesn’t make any difference.” Als Gründe wurden zudem Probleme mit dem außenstehenden leiblichen Elternteil angegeben, von dessen Einwilligungsverweigerung ausgegangen wurde oder mit dem jeglicher Kontakt vermieden werden sollte, vgl. Smith CFLQ 2003, 185 (195 f.). Mit dem geringen Interesse der Verrechtlichung der Stiefeltern-Kind-Beziehung korrelierte in der Studie das geringe Bestreben nach Realisierung einer Namensänderung beim Kind; lediglich ein geringer Anteil hatte – formell oder informell – eine Anpassung des Kindesnamens an den des Stiefelternteils vorgenommen, a.a.O., S. 196.
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Kapitel 4: Lösungsansätze
beabsichtigten, darauf hinwies, dass mit einer Gewährung eines Stiefkindadoptionsbeschlusses “as a rubber stamp”, was bis dato gerichtliche Praxis war,75 nicht mehr zu rechnen sei.76 Vielmehr wurde den Beteiligten spätestens nach Ingangsetzung des Adoptionsverfahrens durch ein Schreiben des social welfare department verdeutlicht, dass eine gerichtliche Prüfung erfolgen würde, die in der Zurückweisung des Antrags münden könnte.77 Zudem waren die Stiefehepartner verpflichtet, die Gründe zu benennen, weswegen sie eine Adoption einer gemeinsamen custody vorzogen.78 Diese Tatsachen dürften eine entmutigende Wirkung bezüglich der Stellung eines Antrags oder sogar das Zurückziehen eines solchen veranlasst haben.79 Zudem dürfte die Ungewissheit hinsichtlich des Erfolges des Antrags dazu geführt haben, dass die Inkaufnahme des aufwendigen Adopti75 Vgl. Masson, Memorandum of Evidence submitted to the Select Committee on the Adoption and Children Bill 2001, Minutes of Evidence, Appendix 25, May 2001; Grey und Blunden, A Survey of Adoption in Great Britain, S. 81, fanden heraus, dass 94 % der Stiefkindadoptionsanträge in einer Dekretierung mündeten; Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (231, Fn. 10), stellte für das Jahr 1975 eine Erfolgsrate von 92,6 % bei Stiefkindadoptionsanträgen fest; Law Com, WP No. 91, S. 146. 76 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 69. Vgl. auch den Bericht von Hoy A&F 1985, Heft 3, 51 (52) (Stiefkindadoption nach Versterben eines Elternteils) sowie den Bericht des an einer Adoption interessierten Stiefvaters in der Studie von Burgoyne/Clark, Making a go of it: A study of stepfamilies in Sheffield, S. 176, vgl. ebenso JoP 12. Februar 1977, 97 f.; so auch Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 56 f. 77 Anderson-Ford/Halsey, JoP 1981, 530, beschreiben, dass bei einem Großteil der Gerichtsmitarbeiter, Sozialarbeiter und sogar teilweise bei County Court-Richtern die Auffasung vorherrschend war, mit dem CA 1975 sei ein Verbot von Stiefkindadoptionen implementiert worden. Dies bewegte die Autoren zur Annahme, Stiefkindadoptionsanträge wären ggf. dergestalt verhindert worden, dass das Gerichtspersonal Antragsteller vom Einreichen eines Antrags abhielte, indem es ihnen mitteilte, dass eine adoption order nicht erlassen werden könne, da einer der beiden ein Stiefelternteil des Kindes sei. Ähnlich, eine hohe Wahrscheinlichkeit annehmend, dass die Adoptionsantragsteller direkt an das Scheidungsgericht verwiesen wurden, Bevan/Parry, Children Act 1975, S. 57. Vgl. auch Rawlings MLR 1982, 637 (640, Fn. 20). Dieselbe berichtet davon, dass die restriktive Interpretation von Sec. 10 (3) CA 1975 durch Re S – hierzu ausführlich in Kapitel 2, unter B. IV. 2. b) bb) (1) (b) – in der Informationsbroschüre der British Agencies for Adoption and Forstering für Stiefeltern 1977 abgedruckt wurde (“whatever the procedures are in your locality the question to be decided by the court is whether in their opinion adoption will safeguard and promote the welfare of the child better than the alternatives.”), vgl. a.a.O., S. 641. 78 Adoption Rules S.I. 1984/265, Schedule 2. 79 So auch Murch/Lowe/Borkowski/Copner/Griew, Pathways to Adoption, S. 22. Brown, The Step-family, S. 31, ging davon aus, dass Unverständnis und Ärger die Reaktion auf die Gesetzesänderung gewesen sein mögen, da plötzlich die Wünsche der Stiefehepartner hinterfragt und diesen nicht entsprochen wurde, vgl. ebenso den Bericht von Hoy A&F 1985, Heft 3, 51 (52) (Stiefkindadoption nach Versterben eines Elternteils).
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onsverfahrens inklusive eines Gesprächs mit einem Gerichtsmitarbeiter und einem Anwalt, der Prüfung durch einen Sozialarbeiter sowie einer gerichtlichen Voruntersuchung80 und der abschließenden Gerichtsverhandlung als nicht gerechtfertigt empfunden wurde, sodass von einem Antrag abgesehen wurde.81 Weiter lässt sich der radikale Einbruch der Stiefkindadoptionszahlen damit erklären, dass aufgrund der Einführung einer Alternative für Stiefkindadoptionen in der Beratung vermehrt auf sämtlichen Rechtsfolgen der Adoption eingegangen wurde, bezüglich derer es den Beteiligten – wie die Studie von Masson, Norbury und Chatterton zeigt – teilweise an Kenntnis mangelte.82 Der Gesetzesänderung kann demnach zumindest in praktischer Hinsicht Auswirkung auf die Stiefkindadoptionszahlen attestiert werden.83 Obwohl nach Sec. 3 (1) des Adoption Act 1958 ein Adoptionsantrag lediglich in den Fällen dekretiert werden konnte, in denen zumindest einer der Antragsteller über drei Monate hinweg die tatsächliche Sorge für das Kind ausgeübt hatte – was in Stiefkindadoptionsfällen kein Hindernis dargestellt hätte, gleich mit der Eheschließung auch die Adoptionsanordnung zu erlassen –, wurden die Antragsteller bei einigen Gerichten dahingehend beraten, einen Antrag erst dann zu stellen, wenn beide Ehegatten gemeinsam über mindestens drei Monate die tatsächliche Sorge für das Kind ausgeübt hatten. Teilweise wurde sogar das Abwarten eines einjährigen Verheiratetseins von den Antragstellern verlangt und die Entscheidung über einen Antrag bis zum Ablauf dieses Jahres aufgeschoben.84 Diese Praxis dürfte dazu geführt haben, dass der Wunsch zurückgedrängt wurde, die Stiefkindadoption so schnell wie möglich durchzuführen, und mag als Erklärung für den Rückgang der Antragszahlen dergestalt herangezogen werden, dass den Beteiligten in dieser Zeitspanne, in der sie das Zusammenleben als Stieffamilie erfolgreich meisterten, bewusst wurde, dass eben die80 Die Verfahrensregelungen wurden dergestalt abgeändert, dass Sachverhalte, die von der Regelung der Sec. 10 (3) CA 1975 betroffen waren, einem Richter vorzulegen waren, und dass diese Anträge nicht weiter verfolgt werden sollten, es sei denn der Richter befürwortete dies; damit kam es de facto zu einer gerichtlichen Voruntersuchung, vgl. Cretney, Principles of Family Law, 4. Aufl., S. 434 f. 81 So einige Antragsteller in der Studie von Masson/Norbury/Chatterton, vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (232), vgl. auch den Bericht von Hoy A&F 1985, Heft 3, 51 (52) (Stiefkindadoption nach Versterben eines Elternteils). 82 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47. 83 So auch Rawlings MLR 1982, 637 (639); Masson, in: Bean (Hrsg.), Adoption, S. 146 (155). 84 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, Anmerkung 14 zu Kapitel 5, S. 116. Ohnehin musste dem guardian ad litem die Möglichkeit gegeben werden, den Zustand der Ehe zu eruieren, vgl. Adoption (County Court) Rules 1976, Schedule 2, unter 1 (e).
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ses Gelingen der Familienkonstellation nicht notwendigerweise an die Durchführung einer Stiefkindadoption geknüpft war.85 Ferner kann diese Praxis jedoch auch dazu geführt haben, dass die Euphorie des Zusammenlebens unmittelbar nach der Eheschließung, die zur Beantragung einer Adoption als “the thing to do” geführt haben mag, reduziert wurde. Diese Erklärung steht im Einklang mit den Ergebnissen der Studie von Masson, Norbury und Chatterton, die hinsichtlich der Motive für eine Stiefkindadoption feststellten, dass es den Beteiligten weniger darum ging, die Rechtsstellung des Stiefelternteils zu festigen, als dass die Adoption häufig überwiegend als ein Schritt eingestuft wurde, der allgemein im Zusammenhang mit einer Eheschließung zu absolvieren sei.86 Der Stiefelternteil realisierte und akzeptierte in dieser Zeit, bereits mit der Eheschließung nicht nur die Verantwortung für seine Ehefrau, sondern auch für deren Kinder übernommen zu haben, sodass die Stiefkindadoption lediglich als reine Formalität galt87 und Erstaunen darüber aufkam, wenn die an der Stiefkindadoption Interessierten herausfanden, dass diese von einer Entscheidung des Gerichtes abhing.88 Flankiert wurde diese Praxis von der den Betroffenen offenstehenden Möglichkeit der bereits erläuterten informellen Namensänderung,89 die Stieffamilien bereits im ersten Ehejahr nutzen konnten, um nach außen den Anschein einer Kernfamilie zu erwecken, was ebenfalls zum Zurückdrängen des Bedürfnisses geführt haben wird, eine Stiefkindadoption zu beantragen. So zeigt der Blick auf die Entwicklung der Stiefkindadoptionspraxis in England, dass sich trotz mangelnder Umsetzung gesetzlicher Restriktionen eine Entmutigung zur Beantragung einer Stiefkindadoption bereits dadurch herbeiführen lässt, dass aufgrund gesetzgeberischer Impulse ein aktives Bewusstsein für die Problematik bei sämtlichen Beteiligten wächst und diese eine ausgeprägte Sensibilität gegenüber der Thematik entwickeln. Im Folgenden werden verschiedene Lösungswege vorgestellt, die als Grundlage für gesetzgeberische Impulse verstanden werden dürfen. Eine
85 Ähnlich Priest JCL 1993, 56 (59) zur Idee, dass ein Erfordernis des längeren Zusammenlebens vor Beantragung der Stiefkindadoption samt Nutzung von residence orders oder parental responsibility agreements/orders als Interim-Regelungen das Bedürfnis der Weiterverfolgung des Stiefkindadoptionsvorhabens reduzieren dürfte. 86 Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 47. 87 So auch die Feststellung von Goodacre, Adoption Policy and Practice, S. 143. 88 So auch Masson/Norbury/Chatterton, Mine, yours or ours?, S. 48 f. 89 Vgl. Masson/Norbury/Chatterton, Mine. yours or ours?, S. 48. Dazu ausführlich in Kapitel 1, unter A. VI. 2. Ein gerichtliches Verfahren war wie oben beschrieben lediglich dann notwendig, wenn die leiblichen Eltern des Kindes geschieden waren und der andere Elternteil der Einbenennung widersprach, vgl. Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (230, Fn. 7).
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geforderte „drastische Einschränkung“90 der Praxis der Stiefkindadoption ließe sich de lege ferenda in verschiedenen Richtungen erreichen:91 Denkbar wäre ein generelles Verbot der Stiefkindadoption, eine Modifikation der Rechtsfolgen einer solchen sowie die Änderung ihrer Voraussetzungen. Diese drei Lösungswege werden mit ihren jeweiligen Konsequenzen im Folgenden näher erörtert. II. Verbot der Stiefkindadoption 1. Argumente für eine generelle Unzulässigkeit der Stiefkindadoption a) Ungeeignetheit der Adoption Mit Blick auf das Abweichen der Stiefkindadoption vom gesetzgeberischen kindesorientierten Leitbild und auf das hohe Risiko des Scheiterns von Stiefehen lässt sich die Auffassung vertreten, dass sich die Adoption als ein ungeeignetes Institut für die Verrechtlichung der Stiefeltern-KindBeziehung erweist, sodass sie als Anwendungsfall aus dem Adoptionsrecht herauszunehmen wäre.92 Denn der Stiefkindadoption kann von vornherein keine Eignung zur Erfassung der stieffamiliären Familienstruktur, in der das Kind regelmäßig zu mehr als zwei Erwachsenen Beziehungen unterhält, zugesprochen werden.93 Die schwierige Frage des angemessenen Ausgleichs der Rechte von Stiefelternteil und externem leiblichem Elternteil lässt sich nicht mit dem Institut der Adoption beantworten, nachdem dieses dem Kindeswohl dienen soll und aufgrund seiner Einseitigkeit zu einem Ausgleich konfligierender Interessen sowie dem gesetzgeberischen Leitbild des Erhalts des gemeinsamen Sorgerechts nach Trennung und Scheidung von vornherein im Widerspruch steht. Die von Stieffamilien bei der Gestaltung ihres Familienlebens praktizierte Orientierung an einer Kernfamilie wird durch das „Angebot“ der Stiefkindadoption, verstärkt, indem mit ihr die Möglichkeit geschaffen wird, „aus der Vielfalt der familiären Bezüge immer wieder erneut eine ‚Kernfamilie‘ herauszuschneiden und zu isolieren“.94 Eine Ermutigung zu einem solchen „Neustart“-Verhalten durch das Gesetz ist in Anbetracht des für das Kindeswohl zentralen Kontinuitätsbedürfnisses von
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Schwenzer, Gutachten zum 59. DJT, Bd. I, A 1 (A 99). So auch Muscheler FamRZ 2004, 913 (915). 92 So Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (239). 93 Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (137), bezeichnet die Stiefkindadoption als „konzeptionell unbefriedigend“, hinsichtlich der Trennung vom außenstehenden leiblichen Elternteil als „sachwidrig und unproportional“. 94 Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (140); ders. FamRZ 1995, 1245 (1250). 91
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Kindern nicht verständlich.95 Der Blick auf die Rechtswirklichkeit in England hat gezeigt, wie sehr das Bedürfnis nach und der Gebrauch eines rechtlichen Institutes von seinem Angebot und seinen Voraussetzungen abhängt. Das Gesetz würde sich mit einer Abschaffung der Stiefkindadoption vielmehr an der Haltung des Großteils der Stieffamilien orientieren, die keine Notwendigkeit für die Durchführung einer Adoption sehen, da sie die Regelungen des Rechtes der Stieffamilie als ihre Bedürfnisse ausreichend abdeckend einstufen, sie ihr Interesse an der Aufrechterhaltung der Beziehung des Kindes zum anderen leiblichen Elternteil als unvereinbar mit der Durchführung einer Stiefkindadoption sehen96 und diese aufgrund der lediglich symbolhaften Bedeutung der Adoption für ein ohnehin intaktes Stiefeltern-Kind-Verhältnis für überflüssig erachten.97 b) Sinnvollere Verwendung der Ressourcen Auch Ressourcenaspekte sprechen für ein Verbot der Stiefkindadoption: Der mit der Durchführung einer Stiefkindadoption verbundene Ressourcenaufwand könnte erfolgreicher und effektiver in die Unterstützung der Gestaltung von Stieffamilien und ihrer besonderen Komplexität der Beziehungsgeflechte investiert werden. So lässt sich fordern, dass anstelle der Option der Stiefkindadoption Angebote ausgeweitet und intensiviert werden sollten,98 die es Kindern, Eltern und Stiefeltern ermöglichen, den familialen Übergang von der Primär- zur Fortsetzungsfamilie erfolgreich zu meistern, wenn die Stiefkonstellation auf eine Scheidung oder Trennung der leiblichen Eltern zurückgeht. So sollte durch den Einsatz von Mediatoren und Psychologen bei der Scheidung und Wiederverheiratung verstärkt darauf hingewirkt werden, die Beteiligten in die Richtung der bereits beschriebenen „erweiterten Stieffamilienkonstellation“ zu bewegen, die sich für das Kindeswohl aufgrund des Erhaltes hoher Beziehungsqualitäten zu sämtlichen Bezugspersonen und des um Kooperation und Kommunikation bemühten Umgangs aller Beteiligten mit der Situation als förderlichste Ausgestaltung des komplexen Beziehungsgefüges darstellt.99 Besondere Bedeutung für eine gelungene Stieffamilienkonstellation wächst bereits – 95
So auch Masson, in: Freeman (Hrsg.), State, Law, and the Family, S. 227 (237). Dies gaben Studienteilnehmer bei Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (94) an. 97 Edwards/Gillies/Ribbens McCarthy IJLPF 1999, 78 (94). 98 Vgl. den bereits bestehenden Anspruch von Vätern und Müttern nach § 17 SGB VIII auf Beratung bei Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung durch das Jugendamt. 99 Vgl. Smith CFLQ 2003, 185 (195); so auch Fisher, in: Dimmock (Hrsg.), A Step in Both Directions?, S. 52 (58). 96
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wie dargelegt – der Gestaltung der Beziehung der leiblichen Eltern nach der Trennung zu. Wie sich herausstellte, gehen Auseinandersetzungen nicht nur dem Scheidungsprozess der leiblichen Eltern voraus, sondern auch nach einer Trennung bleiben die Konflikte streitbarer Elternteile häufig bestehen, was sich für die betroffenen Kinder aufgrund einer Unterminierung des Anpassungsprozesses an die neue Familiensituation als belastend erweist und auch der erfolgreichen Bewältigung der Reorganisation in der Stieffamilie entgegensteht.100 Insbesondere ein negatives Verhältnis zum außerhalb lebenden Elternteil oder der Abbruch dieser Beziehung stellt einen sozialen Risikofaktor für das Kind dar.101 Nach der Scheidung oder Trennung – verstärkt durch eine Wiederheirat – wird meist der Weg einer unabhängigen, das Konfliktpotenzial reduzierenden „parallelen Elternschaft“ gewählt, der es an Kooperation und Konsensbildung der beiden Elternteile mangelt.102 Es wäre völlig verfehlt, nach Beendigung des Scheidungs- bzw. Trennungsprozesses eine Bewältigung sämtlicher Beziehungsprobleme zwischen den leiblichen Eltern und ein harmonisches Miteinander zerstrittener und verletzter Geschiedener bzw. Getrennter anzustreben. Es sollten jedoch Hilfestellungen zur Verfügung gestellt und bestehende ausgebaut werden, die Beziehung der geschiedenen Ehepartner nicht hinsichtlich ihrer aufgegebenen Partnerschaft, jedoch hinsichtlich der sie nach wie vor verbindenden Elternstellung auf ein kooperatives Muster, d.h. auf ein Mindestmaß an Kooperation, Kommunikation und Konsensbildung zur Förderung des Kindeswohls zu beruhigen103 und darauf vorzube100
Walper/Gerhard, in: Behnken/Zinnecker (Hrsg.), Kind – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 522 (530) m.w.N.; Amato J Marriage Fam 1993, 23 (30 f.). 101 Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (302); Napp-Peters, in: Hahn/Lomberg/Offe (Hrsg.), Scheidung und Kindeswohl, S. 13 (18); Fischer ZfJ 1997, 235 (236); Parkinson, Separation, Divorce and Families, S. 57 f.; Griebel, in: LWL (Hrsg.), Tagungsdokumentation „Stiefkindadoption“, S. 64 f. m.w.N. 102 Furstenberg/Cherlin, Geteilte Familien, S. 68 f. 103 So auch Furstenberg/Cherlin, Geteilte Familien, S. 73 f.; 116; ebenso Salgo, in: Furstenberg/Cherlin (Hrsg.), Geteilte Familien, S. 214; Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (302, 309); Buchholz-Graf, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Scheidungsfamilien, S. 11 (14); vgl. auch Sieder, Patchworks, S. 339; Fischer ZfJ 1997, 235 (245); so auch Pryor/Seymor CFLQ 1996, 229 (241). Vgl. auch die Leitsätze des OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 40: „Elternschaft und Partnerschaft sind im Blick auf elterliche Sorge für ein (minderjähriges) Kind auseinander zu halten. Getrennt lebende Eltern sind verpflichtet, im Rahmen der elterlichen Sorge Konsens zu suchen und zu finden. Aus dieser Pflicht können Eltern nicht entlassen werden, solange ihnen ein gemeinsames Erziehungshandeln zum Wohle des Kindes zumutbar und die darauf gerichtete Erwartung nicht unbegründet erscheint.“ Vgl. ferner § 1626 Abs. 3 BGB, nach dem der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel dem Wohle des Kindes dient. Die Schwierigkeit der Trennung der Paar- und der Eltern-Ebene hervorhebend und allgemein kritisch gegenüber der – sozialwissenschaftlich abgesicherten – mediatorischen Zielvorstellung der „untrennbaren Familie“ Barone,
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reiten, dass die Gründung einer Stieffamilie bevorstehen kann. Dies entspricht dem Grundsatz des Erhaltes des gemeinsamen Sorgerechts,104 der als juristisches Modell jedoch nicht ausreicht, Befindlichkeitsstörungen bei Kindern abzuwenden, vielmehr auch psychosozial durch einen konfliktreduzierten Austragungsstil der Beteiligten flankiert werden muss.105 So können die aus dem Trennungsprozess der Eltern resultierenden Depressionen und Aggressionen106 des Kindes in ihrer Intensität und Dauer durch die glaubhafte Versicherung, dass dem Kind trotz der Trennung beide Elternteile erhalten bleiben, sowie durch einen intensiven Kontakt des Kindes zu dem den Haushalt verlassenden leiblichen Elternteil reduziert werden.107 Daher werden Aufklärungsangebote bezüglich der Frage, was unter gemeinsamer Elternschaft und elterlicher Sorge zu verstehen ist, verlangt, insbesondere zur Erzeugung einer klaren Vorstellung bei den Beteiligten, was sie als Elternteile leisten wollen und können. Ferner werden Hilfestellungen bei der Trennung ihrer bisher gelebten Partnerrolle von der zukünftigen Elternrolle108 als erforderlich angesehen.109 Auch wenn Studien hinsichtlich der Signifikanz der Steigerung des Wohlergehens der Beteiligten durch Mediationsverfahren keine eindeutigen Ergebnisse liefern konnten, ließ sich zumindest nachweisen, dass eine Mediation die Akzeptanz der gefundenen Ergebnisse durch die beteiligten Eltern gegenüber einem gein: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis?, S. 18 (21 f.). Trotz der Tatsache, dass mittlerweile im Scheidungsfall bei 9 von 10 Familien das gemeinsame Sorgerecht erhalten bleibt, wird davon ausgegangen, dass das Bewusstsein von Eltern nach wie vor von der Vorstellung der Beendigung von Elternschaft bei Trennung geprägt ist; auf einen Bewusstseinswandel ist mit sämtlichen Mitteln der Unterstützung und Beratung hinzuwirken, so auch Willutzki, in: Kreft/Mielenz/Trauernicht/Jordan (Hrsg.), FS Münder, S. 378 (395). 104 Hintergrund des Grundsatzes des Erhalts des gemeinsamen Elternechtes ist gerade das Ziel, Streitigkeiten um das Kind und den Verlust eines Elternteils für das Kind durch die Scheidung zu vermeiden, vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 63. 105 Vgl. Balloff ZfJ 1996, 266 (268). 106 Vgl. dazu Braun, in: Lehmkuhl/Lehmkuhl (Hrsg.), Scheidung – Trennung – Kindeswohl, S. 64. 107 Sieder, Patchworks, S. 287. 108 Zur Möglichkeit der Eigenständigkeit der familiären Subsysteme der Partnerbeziehung und der Eltern-Kind-Beziehung trotz der Vernetzung der beiden Ebenen, vgl. Hetherington Journal of Family Psychology, 1993, Heft 7, 39 (43 ff.); ebenso NappPeters, Familien nach der Scheidung, S. 11. Dazu auch Emery, Renegotiating Family Relationships, S. 33 ff. 109 Fischer ZfJ 1997, 235 (243), die beschreibt, dass Familien oftmals ohne Wissen um die sich ergebenden Veränderungen und den Umgang mit diesen zu einer Trennungsfamilie werden. Zu den konkreten Hilfestellungen und Beratungen der Jugendhilfe basierend auf den Bedürfnissen der Scheidungsbetroffenen, a.a.O., S. 235 (243 ff.). Vgl. zur Forderung nach Hilfestellung ebenso Brebeck, in: Heiliger/Hack (Hrsg.), Vater um jeden Preis, S. 122 (133); Wohlfahrt, Stieffamilien – eine Lebensform, S. 55 ff.
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richtlichen Verfahren erhöht.110 Daher spricht einiges für die Intensivierung und den Ausbau – oder sogar eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme111 – solcher Mediations-, Therapie- und Beratungsangebote112 in- und außerhalb der Erziehungs- und Familienberatung gem. § 28 SGB VIII113.114 Mithilfe dieser kann es Eltern bereits nach der Scheidung oder Trennung gelingen, eine möglichst konfliktfreie Kommunikationsform zu finden sowie die Beziehung des Kindes zu beiden Eltern zu akzeptieren, diese nicht zu belasten, sondern zu unterstützen, da dies dem Kindeswohl dient115 und der Integration des Stiefelternteils in die neue Familie – wie dargestellt – zum Vorteil gereicht.116 Gleichfalls sollten auch die Kinder vermehrt in diese Mediationsangebote miteinbezogen werden.117 So konnten Unterstüt110 Emery, Renegotiating Family Relationships, S. 188 ff. Mithilfe von Mediation/Scheidungsberatung können insbesondere bei Beratungsmodellen (z.B. „Kölner Problemorientiertes Beratungsmodell“), bei denen das Kindeswohl als Motiv zugrunde gelegt wird, Konsens zwischen den leiblichen Eltern hergestellt und ein kooperatives Miteinander zugunsten des Kindeswohls herbeigeführt werden, vgl. Schmidt-Denter, in: Walper/Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung, S. 292 (303); Pryor/Seymor CFLQ 1996, 229 (241) m.w.N. 111 So etwa Salgo, in: BT-Protokoll der 77. Sitzung des Rechtsausschusses vom 24.2.1997, S. 63 f. Zu verpflichtenden Programmen bei familiären Veränderungsprozessen in den USA vgl. ausführlich Jall, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Stieffamilien, S. 204 ff.; kritisch gegenüber Zwangsberatung oder Zwangsmeditation Balloff/Walter Psychologie in Erziehung und Unterricht 1991, 81 (94). 112 Zum begleiteten Umgang in Stieffamilien vgl. Klotmann, in: Klinkhammer/Prinz/ Klotmann (Hrsg.), Handbuch Begleiteter Umgang, S. 269 ff. 113 Zum gestiegenen Beratungsaufwand der Jugendämter im Zusammenhang mit elterlicher Trennung und Scheidung vgl. Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, S. 409 f. Zur Ausgestaltung solcher Beratungsangebote und den Kooperationsformen zwischen Jugendhilfe und Gericht zur Sicherstellung, dass auch solche Eltern erreicht werden, die die Beratungsangebote von sich aus nicht in Anspruch nehmen, vgl. Aust-Glück/Janzen/Lossen/Pfahler/Ramming/Vergho, in: BuchholzGraf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Stieffamilien, 46 ff.; Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.), Das Kindschaftsrecht: Umsetzung durch Kooperation, S. 16–70; Janzen, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Stieffamilien, S. 65 ff.; Böhm/ScheuererEnglisch, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Stieffamilien, S. 121 (132 ff.). 114 So auch Buchholz-Graf, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Scheidungsfamilien, S. 11 (16, 19). 115 Walper/Gerhard, in: Behnken/Zinnecker (Hrsg.), Kind – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 522 (534); Staub/Felder, Scheidung und Kindeswohl, S. 99, 199; Fischer ZfJ 1997, 235 (236); Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, S. 402, 412. 116 Pryor/Seymor CFLQ 1996, 229 (239); Smith/Robertson/Dixon/Quigley/Whitehead, A Study of Stepchildren and Step-parenting, S. 6 f. m.w.N.; Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (58). 117 Vgl. Niesel Familiendynamik 1995, 155 (167), die nur geringe Auswirkungen von durch Mediation erreichten Scheidungsvereinbarungen von geschiedenen Eltern gegen-
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zungsangebote für betroffene Kinder in Form von Gruppeninterventionsprogrammen, in denen ein Austausch und die Inanspruchnahme professioneller Hilfe ermöglicht wurde, in den USA bereits seit den 1970er Jahren erfolgreich zur Scheidungsbewältigung der Kinder beigetragen. 118 Aber auch bei dem Prozess des Zusammenwachsens der Stieffamilie sollten – möglichst frühzeitig119 – Beratungs- und Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen,120 die – insbesondere aufgrund der bereits beschriebenen Tatsache, dass es für Stiefeltern an gesellschaftlich anerkannte Normen und Verhaltensmuster mit fest umschriebenen institutionalisierten Rollenerwartungen und Aufgaben mangelt121 – die Beteiligten auf ihre (neue) Rolle im familialen System vorbereiten und für die der Stieffamilie inhärenten Konfliktpotenziale sensibilisieren.122 Wie dargestellt, wird vielfach die Eigenschaft als Stieffamilie nicht nur nach außen und intern verdrängt sowie verschleiert, sondern der Stieffamilie fehlt oft auch das Bewusstsein, als eine solche „besonderen Bedingungen familialen Zusammenlebens und familialer Konflikte zu unterliegen.“123 Döring konnte in einer Studie zur sozialen Vaterschaft in Stieffamilien eine nicht seltene Inanspruchnahme von Beratung und Therapie im Zusammenhang mit stieffamiliären Fragestellungen durch Stiefväter sowie ein großes Interesse gegenüber der Beüber solchen, die ein klassisches Scheidungsverfahren durchlaufen hatten, auf die Befindlichkeit von Kindern feststellen konnte. 118 Schmidt-Denter/Schmitz Psychologie in Erziehung und Unterricht 1997, S. 13 (20 ff.); Walper/Gerhard, in: Behnken/Zinnecker (Hrsg.), Kind – Kindheit – Lebensgeschichte, S. 522 (532); zu den seit den 1990er Jahren auch im deutschsprachigen Raum angebotenen Gruppenarbeiten mit Scheidungs- und Trennungskindern vgl. Walter, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Stieffamilien, S. 169 ff. 119 Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (65). 120 Vgl. auch Griebel, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 53 (69 f.). So auch Staub/Felder, Scheidung und Kindeswohl, S. 171, die einen Mangel an frühzeitiger Beratung von Stieffamilien – im Vergleich zu Angeboten für Adoptionsbewerber und Pflegeeltern – beklagen. 121 Vgl. Cherlin Am J Sociol 1978, 634 (642 ff., 645); Wilk, in: Walper/Schwarz (Hrsg.), Was wird aus den Kindern?, S. 121 (122 f., mit Bezug auf Stiefväter 124 f., 139); Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 134; Robinson/Smith, Step by Step – Focus on Stepfamilies, S. 211. 122 Ähnlich Parkinson, Separation, Divorce and Families, S. 133, 135. Nach wie vor sind auch unter den Beteiligten von Stieffamilien Mythen verbreitet, denen es entgegenzuwirken gilt, wie z.B. dass sich der Anpassungsprozess unmittelbar erfolgreich bewerkstelligen lässt oder das Verhältnis zum Stiefelternteil sich um so besser entwickelt, je eher der außenstehende leibliche Elternteil dem Kind vorenthalten wird, vgl. die Zusammenfassung von Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 110; ebenso Maddox, The Half-Parent, S. 140 ff. 123 Griebel, in: LVR/LWL (Hrsg.), Dokumentation 1. NRW-Fachtag Adoption, S. 47 (59).
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teiligung an einer Selbsthilfegruppe feststellen.124 Aber auch der interne leibliche Elternteil trägt nicht nur im Hinblick auf die Gestaltung des Verhältnisses zum anderen leiblichen Elternteil des Kindes eine große Verantwortung, sondern kann hinsichtlich seiner bedeutenden Rolle125 bei der erfolgreichen Integration des Stiefelternteils in das neue Familiengefüge auf Hilfe angewiesen sein. Studien erwecken den Eindruck, dass Stieffamilien ihre Probleme möglichst lange unter Verschluss halten und staatliche Unterstützungsangebote nur zurückhaltend in Anspruch nehmen.126 Gleichwohl sollten Stieffamilien möglichst früh auf ihre rechtliche Situation hingewiesen werden und zu einem frühen Zeitpunkt dazu angehalten werden, Abstand von der Idee zu nehmen, eine Stiefkindadoption anzustreben. 2. Bedenken gegen das Verbot der Stiefkindadoption Gegen eine solche generelle Unzulässigkeit der Stiefkindadoption spricht allerdings, dass die Stiefkindadoption in Deutschland über einen hohen Symbolwert127 verfügt, schafft sie doch in Fällen, in denen sie angebracht ist, eindeutige Verhältnisse und vermittelt dem Kind das Gefühl, vollständig und eindeutig in einer Familie sicher verankert und auch vom Stiefelternteil als Kind akzeptiert zu sein.128 Ein generelles Verbot würde auch solche – wenn auch seltenen – Fälle erfassen, in denen die erläuterte Kritik an der Stiefkindadoption keine Relevanz entfaltet,129 wenn nämlich der externe leibliche Elternteil früh verstorben oder gänzlich unauffindbar ist oder sich einer Beziehung zum Kind vollständig entzogen hat,130 in denen sich also aus der sonst üblichen Dreierbeziehung des Kindes zu zwei leiblichen und einem sozialen Elternteil kein Konfliktpotenzial mehr ergeben 124 So hatten 35 % der befragten Stiefväter bereits fachliche Hilfe angenommen, 78 % bekundeten Interesse an Selbsthilfegruppen, vgl. Döring, Soziale Vaterschaft in Stieffamilien, S. 289. Vgl. auch die Studie von Smith, in der die Hälfte der Eltern in Stieffamilien angaben, Hilfe hinsichtlich zumindest eines ungelösten Problems innerhalb des Familiengefüges zu benötigen, CFLQ 2003, 185 (196 f.). 125 Beckh/Walper, in: Bien/Hartl/Teubner (Hrsg.), Stieffamilien in Deutschland, S. 201 (207). 126 Vgl. Smith CFLQ 2003, 185 (197). 127 Frank, Grenzen der Adoption, S. 80 ff.; Muscheler FamRZ 2004, 913 (915). 128 Vgl. Maddox, The Half-Parent, S. 169; Inter-Departmental Review of Adoption Law: Discussion Paper No. 1, S. 58 f. Das Argument des Wunsches der Stieffamilienmitglieder, eine „richtige Familie zu sein“, gegen eine völlige Abschaffung der Stiefkindadoption anführend, Schwenzer, Gutachten zum 59. DJT, Bd. I, A 1 (A 99). 129 So auch Lowe, in: Katz/Eekelaar/Maclean (Hrsg.), Cross Currents, S. 307 (336). 130 So auch Bainham, in: Bainham/Day Sclater/Richards (Hrsg.), What Is a Parent?, S. 25 (43); Boos-Hersberger, Die Stellung des Stiefelternteils im Kindsrecht bei Auflösung der Stieffamilie im amerikanischen und im schweizerischen Recht, S. 53.
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Kapitel 4: Lösungsansätze
kann und sich deshalb die Stiefkindadoption wegen ihres Absicherungseffektes für das Kind prinzipiell als vorteilhaft einstufen lässt.131 III. Änderung der Rechtsfolgen der Stiefkindadoption 1. Abkehr vom Grundsatz der Volladoption in Stiefkindadoptionsfällen a) Argumente für eine Abkehr vom Grundsatz der Volladoption in Stiefkindadoptionsfällen Die Statusänderung der adoptio plena war bereits seit ihrer Einführung der Kritik ausgesetzt, wobei damals materielle Aspekte zugunsten oder zulasten der Adoptiveltern und deren Verwandten im Vordergrund standen.132 Heutzutage knüpft die Kritik daran an, dass eine Veränderung verwandtschaftlicher Positionen im Zweifel grundsätzlich vermieden werden sollte, da die Normalität eines Eltern-Kind-Verhältnisses ebenso wie die daran anknüpfenden wesentlichen Rechtsfolgen des Unterhalts-, Sorge- und Erbrechts auf der Abstammung basierten, die nicht zur Disposition der Beteiligten gestellt werden dürfe.133 Die „Fiktion einer zweiten Geburt“134 und die Ersetzung der biologischen Eltern- und Verwandtschaft durch eine rechtlich konstruierte stellten für das Kind hinsichtlich seiner Identitätswahrung grundsätzlich eine psychosoziale Belastung dar.135 Die Statusänderung durchschneide faktische Lebenslinien136 und verdränge die tatsächlichen Abstammungsverhältnisse, was das Kind als Angriff auf seine Identität verstehen könne.137 Das Festhalten an diesem Grundsatz des Durchtrennens der rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Eltern lässt sich als statisch, eltern-, aber nicht kindbezogen und als nicht notwendige Leugnung des für die Identität des Kindes zentralen Elements der Kenntnis seiner Herkunft und biologische Abstammung in Frage stellen.138 Kritisiert werden kann, dass diese Leugnung nicht dem Bedürfnis des Kindes nach
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So auch Lowe/Douglas, Bromley’s Family Law, S. 848; Muscheler FamRZ 2004, 913 (915); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (145); Koffman, BCICLR 1984, 468 (513); für die Beibehaltung der Stiefkindadoption als aliud zu einer Verrechtlichung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses Drischmann, Sorgerecht in Stieffamilien, S. 101. 132 Vgl. dazu ausführlich von Schlieffen, Offene Adoptionsformen, S. 22 ff. 133 Enders FPR 2004 60 (61). 134 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (220). 135 Enders FPR 2004, 60 ( 61). 136 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (221). 137 Enders FPR 2004, 60 (61). 138 Vgl. Ross, in: Scoular (Hrsg.), Family Dynamics – Contemporary Issues in Family Law, S. 105 (107).
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Adoptiveltern gerecht wird, die für das Kind im Ganzen,139 d.h. auch bezüglich seiner Identität, Vergangenheit, Verwandtschaft und seines biologischen Ursprungs, Verantwortung übernehmen sollen.140 Gleichzeitig geht das gesteigerte Sicherheitsempfinden, das dem Kind durch die Adoption vermittelt werden soll, mit dem Verkraften der negativen Erfahrung einher, vom leiblichen Elternteil als Kind aufgegeben und verlassen worden zu sein. In England wird der Grundsatz insbesondere im Zusammenhang mit Adoptionen von Kindern über dem Säuglingsalter kritisiert, da die rechtliche Leugnung der Herkunftsverwandtschaft mit der Realität vieler informeller Verbindungen des Kindes zur Ursprungsfamilie nach der Adoption nicht im Einklang stehe.141 Während früher Adoptionen zur Kindeswohlförderung und Absicherung der Erziehung des Kindes während der gesamten Kindheit eingesetzt wurden, wird heute eine Adoption häufig als Mittel verwandt, Unordnungen im Hinblick auf Elternschaft kurzfristig zu beseitigen, wie sich in der Stiefkindadoptionskonstellation zeigt. Es ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Dynamik und Transition des modernen Familienlebens davor zu warnen, sich durch eine in ihren Rechtsfolgen starre Adoption eines der Elternteile zu entledigen und dabei dessen subjektiven Einfluss auf die Identitätsentwicklung des Kindes zu ignorieren. Besonders bei Stiefkindadoptionen lässt sich das mit der Adoption einhergehende Auslöschen der Identität, die sich aus der biologischen Verbindung ableitet, als Argument gegen den Volladoptionsgrundsatz anführen,142 da dieser in seiner Exklusivität der Wandelbarkeit und Entwicklung des Kindes in Bezug auf die Identifikation mit Personen seines familiären Umfeldes nicht gerecht wird.143 Die Problematik der Stiefkindadoption ließe sich daher durch eine Abkehr vom Grundsatz der Volladoption mit ihren radikalen Einschnitten in das Verhältnis zum externen leiblichen Elternteil entschärfen,144 indem für Stiefkindadoptionen eine sog. „schwache“ Adoptionsform geschaffen würde.145 139
Die Vollständigkeit der Annahme für die Identitätsfindung des Kindes betonend Feast Fam Law 2000, 387. 140 Ross, in: Scoular (Hrsg.), Family Dynamics – Contemporary Issues in Family Law, S. 105 (107). 141 Ross, in: Scoular (Hrsg.), Family Dynamics – Contemporary Issues in Family Law, S. (105) 112. 142 Wald, The Remarried Family, S. 168. 143 Dimmock A&F 1997/1998, Heft 4, 49 (53, 55). 144 Diese Option bereits benennend BVerfG NJW 1995, 2155 (2157). 145 Eine solche denkt Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (117) an; ebenso Licht in: FK 2004, Heft 5, 34 (35); vgl. auch Bosch FamRZ 1984, 829 (839) sowie die Forderung im Antrag „Adoptionen von minderjährigen Kindern fördern“, BTDrucks. 16/12293, S. 3, unter Nr. 6.
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b) Bedenken gegen eine schwache Adoptionsform für Stiefkindadoptionsfälle Bedenken gegenüber einer schwachen Adoptionsform lassen sich entsprechend den Erkenntnissen der psychosozialen Wissenschaften nicht mehr mit dem Argument begründen, dass parallele Bindungen zur Adoptiv- wie Ursprungsfamilie der gesunden Entwicklung des Kindes und damit dem Kindeswohl grundsätzlich entgegenstehen.146 Dennoch stellt eine schwache Adoptionsform keine Lösung für die Problematik der Stiefkindadoption dar: Die Folge einer solchen schwachen Adoptionsform im Sinne des § 1707 BGB – wie die Adoption vor der Implementierung des Volladoptionsgrundsatzes ausgestaltet war – wäre, dass das Kind in erbrechtlicher und unterhaltsrechtlicher Hinsicht mit seinem Ursprungselternteil auch über die Adoption hinaus verbunden bliebe.147 Dem adoptierten Stiefkind geht es aber gerade nicht um den Erhalt oder die Absicherung finanzieller Rechtspositionen,148 sondern vielmehr um Bedürfnisse in emotionaler, identitätsstiftender und entwicklungspsychologischer Hinsicht. Es wird auch häufig – wie dargestellt – dem außenstehenden leiblichen Elternteil weniger um die Verfestigung einer dem Elternstatus gleichkommenden Rechtsposition gehen als um emotionale Beziehungsaspekte. Ferner mangelt es aufgrund der Aufrechterhaltung von Rechtsbeziehungen bei der schwachen Adoptionsform an einer eindeutigen rechtlichen Zuordnung des Kindes, um die es den Stiefehepartnern ja gerade geht und die in Ausnahmefällen zum Wohle des Kindes notwendig sein kann. Die auf diesem Wege beschränkte Zubilligung einer elterlichen Rechtsposition käme einer sorgerechtlichen Beteiligung des Stiefelternteils nahe, deren Wirksamkeit zur Befriedigung stiefelterlicher Interessen – wie dargestellt – fraglich ist. Zu beachten ist zudem, dass der Grundsatz der Volladoption im Allgemeinen ein Charakteristikum im englischen – bereits seit seiner Kodifizierung 1926 – und modernen deutschen Adoptionsrecht – seit 1976 – darstellt, das nach wie vor als notweniger Schritt für die Sicherheit angesehen wird, die dem Kind durch die Adoption vermittelt werden soll.149 Er soll den Beteiligten zum Wohle des Kindes verdeutlichen, dass eine Adoption die dauerhafte, endgültige und vollumfängliche Übernahme elterlicher 146
Vgl. so noch BT-Drucks. 7/3061, S. 19; 7/5087, S. 7. Eine solche schwache Adoptionsform (simple) kennt das französische Recht, bei der das Kind namens- und erbrechtlich an die leibliche Familie gebunden bleibt. 148 So auch Willekens, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stieffamilien, Pflegefamilien, Tagesmütter, S. 59 (67). 149 Zu der Implementierung der Volladoption für Minderjährige im deutschen Adoptionsgesetz von 1976 war es aufgrund der Ratifikation des Europäischen Adoptionsübereinkommens vom 24.4.1967 durch die BRD gekommen, der in Art. 10 die Volladoption als Regelformvorgabe einer Minderjährigenadoption zu entnehmen ist. 147
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Verantwortung bedeutet.150 Die Einführung einer schwachen Adoptionsform für Stiefkindadoptionen ist daher abzulehnen, da sie das Bedürfnis der Beteiligten – insbesondere des Kindes – nach persönlichem und emotionalem Beziehungserhalt nicht zu befriedigen vermag. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, dass das – als prinzipienstark zu qualifizierende151 – Adoptionsrecht von seinen zentralen Grundsätzen zugunsten einer Adoptionsform abweicht, die es zwar vorsieht, deren Gebrauch jedoch im Spannungsfeld zu seinem Leitbild steht. Wenn es – was nach jahrzehntelanger Forderung zu erwarten ist – zu einer noch umfassenderen Regelung des Rechtes der Stieffamilie kommen sollte, würde es zudem an einem Bedürfnis nach einer schwachen Adoptionsform mangeln.152 2. Modifikation des Volladoptionsgrundsatzes in Stiefkindadoptionsfällen Entsprechend den allgemeinen Zweifeln, die dem Grundsatz der Volladoption aus verfassungsrechtlicher Sicht und aus Kindeswohlgründen entgegengebracht werden, ist durch eine an § 1626 Abs. 3 BGB orientierte bzw. verfassungskonforme Auslegung von § 1685 Abs. 2 BGB in Stiefkindadoptionsfällen der Volladoptionsgrundsatz in Richtung einer „offenen Adoption“ zu modifizieren, bei der dem außenstehenden leiblichen Elternteil des adoptierten Kindes das Weiterverfolgen der Entwicklung des Kindes und das Aufrechterhalten eines Kontaktes ermöglicht wird, wenn dies dem Kindeswohl dient und er eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind nachweisen kann. 3. Widerruflichkeit oder Aufhebbarkeit des Adoptionsbeschlusses Es ließe sich andenken, für Stiefkindadoptionsfälle, in denen die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft keinen Bestand mehr hat, eine Widerrufsmöglichkeit des Adoptionsbeschlusses oder eine Erleichterung der Aufhebung einer Adoption zu implementieren.153 In England war eine solche Aufhebbarkeit von Stiefkindadoptionsfällen im Falle des Scheiterns der Stiefehe im Review of Adoption Law154 vorgeschlagen worden, sie konnte sich jedoch im Gesetzgebungsprozess nicht durchsetzen,155 was sich damit erklären lässt, dass der Grundsatz der Unaufhebbarkeit von Adoptionsbeschlüssen in England sehr konsequent prak150
Muscheler FamRZ 2004, 913 (915). Vgl. Wagenitz ZfJ 1991, 241 (245). 152 Ebenso Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (146). 153 Allgemein zur Aufhebbarkeit von Adoptionsverhältnissen Stöcker FamRZ 1974, 568 f.; eine erleichterte im Allgemeinen erwartend Wollek UJ 1999, 147 (154). 154 Review of Adoption Law, unter 19.4, S. 39. 155 Vgl. Adoption: The Future, Cm. 2288, unter 4.5 f. 151
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Kapitel 4: Lösungsansätze
tiziert wird.156 Von diesem in England in strikter Weise angewandten Grundsatz wurde bisher nur in zwei Ausnahmefällen abgewichen.157 Beachtenswert ist jedoch, dass eine einer Aufhebung der Adoption gleichkommende Entscheidung in einem Stiefkindadoptionsfall erlassen wurde, in dem das Gericht einer Berufung (appeal out of time) eines leiblichen Vaters stattgab, nachdem die Mutter des Kindes kurz nach der Adoption der Kinder durch den Stiefelternteil verstorben war und der Stiefvater sich von der Situation des Alleinerziehens der Kinder überfordert fühlte. Rechtsdogmatisch wurde diese Entscheidung mit Kindeswohlaspekten und einer irrtumsbedingten Ungültigkeit158 der Einwilligungserklärung des leiblichen Vaters begründet, der seine Einwilligung zur Adoption nicht erteilt hätte, hätte seine geschiedene Frau ihm nicht ihre fortgeschrittene Krebserkrankung verschwiegen; es sei davon auszugehen, dass das Gericht bei Verweigerung der Einwilligung den Adoptionsbeschluss nicht erlassen hätte.159 Ist es in Deutschland zum Ausspruch einer Adoption gekommen, so ist der Adoptionsbeschluss unanfechtbar, ebenso sind Abänderungen und eine Wiederaufnahme nach § 197 Abs. 3 FamFG ausgeschlossen. Aufhebungen von Adoptionen sieht das deutsche Recht lediglich in den in § 1760 BGB und § 1763 BGB normierten Ausnahmefällen vor; sie kommen als ultima ratio allein bei schwersten beiderseitigen Störungen innerhalb des Annahmeverhältnisses in Betracht, wenn das Kindeswohl dies zwingend erfor156
Während eine allgemeine Widerruflichkeit von Adoptionsbeschlüssen 1921 und 1954 noch vorgeschlagen worden war, hat sich der Grundsatz der Unwiderruflichkeit eines Adoptionsdekretes in England aus Gründen des Kindeswohls verfestigt, vgl. James, in: Graveson/Crane (Hrsg.), A Century of Family Law 1857–1957, S. 39 (53). Die Reduktion der Ernsthaftigkeit einer Stiefkindadoption durch Einführung einer Widerrufsmöglichkeit im Falle von Scheidung oder Tod hervorhebend Cullen/White A&F 1992, Heft 4, 7 (11). 157 Herring, Family Law, S. 702. Vgl. zum einen die Entscheidung Re B FCR 1995, Bd. 3, 671 f., in der das Gericht den Antrag eines nunmehr 35-Jährigen, der als Säugling von einem jüdischen Elternpaar in der Annahme adoptiert worden war, es handele sich um ein jüdisches Kind, aber tatsächlich muslimischer und römisch-katholischer Abstammung war, auf Aufhebung der Adoption zurückwies mit dem Hinweis “to allow considerations such as those put forward in this case to invalidate an otherwise properly made adoption order would, in my view, undermine the whole basis on which adoption orders are made, namely that they are final and for life as regards the adopters, the natural parents, and the child.” 158 Der Grundsatz der Unwirksamkeit einer Einwilligung wegen Irrtums und Täuschung wurde in der Entscheidung Robinson v Robinson All ER 1982, Bd. 2, 699, begründet. 159 Re M (Minors) (Adoption) FLR 1991, Bd. 1, 458 (459 f.), unter Betonung des Ausnahmecharakters dieser Entscheidung. Kritisch zur Anwendung der Unwirksamkeitsregelungen im Rahmen von Adoptionsverfahren Pickford JCL 1992, 138.
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dert.160 In der Praxis sind Adoptionsaufhebungen daher äußerst selten.161 Die Abweichung von einem der zentralen Grundsätze auch des deutschen Adoptionsrechtes, das zugunsten des Kindeswohls eine eindeutige und vor allem endgültige Zuweisung des Kindes zu einem Elternpaar oder Elternteil vorsieht und nur in wenigen Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen die Aufhebung eines Adoptionsdekretes billigt,162 und die Berücksichtigung des Wunsches der Stiefeltern, sich des adoptierten Stiefkindes bei Zerbrechen der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft wieder „zu entledigen“, sind mit dem Kindeswohl nicht vereinbar. Auch hier gilt, dass das Adoptionsrecht nicht Lockerungen von seinen grundlegenden Prinzipien zugunsten einer Adoptionsform vorsehen sollte, die seinem Leitbild nicht entspricht. Ferner ginge von einer solchen Regelung ein Anreiz zur Beantragung einer Stiefkindadoption durch solche Stiefeltern aus, die sich bisher von der Dauerhaftigkeit der Rechtsfolgen der Adoption abschrecken ließen. Gleichfalls birgt eine solche Regelung die Gefahr, dass Adoptionsbeschlüsse auch bei Unsicherheiten hinsichtlich der Kindeswohldienlichkeit ergingen, da diese schließlich später wieder zurückgenommen werden könnten.163 Eine erleichterte Aufhebbarkeit der Stiefkindadoption im Falle des Scheiterns der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ist demnach abzulehnen.164 IV. Änderung der Voraussetzungen der Stiefkindadoption Das Ziel der Reduktion der kindeswohl- und damit zweckentfremdeten Verwendung des Instituts der Stiefkindadoption lässt sich wohl am geeignetsten im Wege der Modifikation der Adoptionsvoraussetzungen erreichen.165
160
Eckebrecht FPR 2001, 357 (367). Im Jahr 1999 waren es allein 18 Fälle, d.h. 0,36 % sämtlicher Adoptionen, vgl. Kunze FPR 2001, 339 (339); auch im Jahr 2009 wurden lediglich 17 Adoptionen aufgehoben, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2009, Tabelle 6. Im Jahr 2011 waren es sogar nur sieben Adoptionen, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, Adoptionen 2011, Tabelle 6. 162 Vgl. §§ 1759, 1760, 1763 BGB, nach denen eine Aufhebung nur aufgrund fehlender Erklärungen oder aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes möglich ist. 163 So auch BAAF, Response to the Review of Adoption Law, unter 19; ebenso Priest JCL 1993, 56 (58). 164 So auch Coester JZ 1992, 809 (816). 165 Im Allgemeinen für eine Verschärfung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Stiefkindadoption auch Dethloff, Familienrecht, S. 461. 161
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Kapitel 4: Lösungsansätze
1. Stellenwert des Kindeswohls Eine solche Modifikation sollte sich an der früheren und auch aktuellen englischen Rechtslage orientieren, die die Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall gesetzlich an strengere Maßstäbe knüpft. Es muss ein derart ausgestalteter gesetzlicher Rahmen bestehen, dass dem Gericht die Möglichkeit eröffnet wird, einen Antrag auch dann zurückzuweisen, wenn alle Beteiligten der Stiefkindadoption zustimmen.166 Das Gericht ist zwar bereits nach der aktuellen Gesetzeslage dazu verpflichtet, von einem Adoptionsdekret abzusehen, wenn die Adoption dem Kindeswohl nicht dient. Wie dargestellt, ist das Kindeswohlerfordernis bei der Subsumtion unter die Kriterien, die hierfür in der Rechtsprechung des BGH und von der Rechtswissenschaft unter Berücksichtigung auch der psychosozialwissenschaftlichen Erkenntnisse aufgestellt worden sind, in Stiefkindadoptionsfällen nur im Ausnahmefall erfüllt. So ließe sich annehmen, dass das Kindeswohlkriterium in seiner derzeitigen Ausgestaltung in § 1741 BGB ausreichend sei, um der Problematik der Stiefkindadoption angemessen zu begegnen. Wie erläutert, bestehen jedoch ernstliche Zweifel, ob die von den Jugendämtern und Gerichten erwartete restriktive Haltung bei der Entscheidung über Stiefkindadoptionsanträge tatsächlich praktiziert wird. Fraglich ist, in welcher Form die Normierung einer strengeren Kindeswohlprüfung im Stiefkindadoptionsfall erfolgen könnte. Eine kodifizierte Konkretisierung der im Rahmen der Kindeswohlprüfung zu berücksichtigenden Kriterien im Falle einer Stiefkindadoption wäre dem deutschen Adoptionsrecht fremd. Es bietet sich vielmehr eine Anhebung des Stellenwerts des Kindeswohls dergestalt an, dass § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB um den Zusatz erweitert wird, dass ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten allein dann annehmen kann, „wenn dies aus Gründen des Kindeswohls zwingend erforderlich ist“. So würde die Schwelle der Dienlichkeit deutlich angehoben und ein gesetzgeberischer Impuls gesetzt, der der Praxis Orientierung und Hilfestellung gibt, auch gegenüber den emotional involvierten Stiefeltern die Ablehnung eines Adoptionsbeschlusses zu rechtfertigen, wenn ein solcher keinen Mehrwert gegenüber dem unveränderten Verbleib des Kindes in der Stieffamilie hätte, mit ihm primär kindeswohlfremde, stiefpartnerliche Motive verfolgt würden und eine bestehende Beziehung des Kindes zu seinem anderen biologischen Elternteil beendet würde. 2. Beschränkung des Personenkreises Im Rahmen der Änderung der Voraussetzungen der Stiefkindadoption ließe sich ferner eine Beschränkung auf diejenigen Kinder andenken, die rechtlich oder tatsächlich über lediglich einen leiblichen Elternteil verfü166
Ähnlich BAAF, Response to the Review of Adoption Law, unter 19.
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gen.167 Denn in solchen Fällen, in denen der andere leibliche Elternteil gar nicht erst feststeht oder so früh verstorben ist bzw. sich seiner Elternposition bewusst entledigt hat, dass das Kind keine Erinnerungen an ihn hat, ist eine Störung der Identitätsbildung beim Kind im Wege des Austausches dieses Elternteils durch den Stiefelternteil nicht gegeben. 3. Normierung einer Mindestdauer der Adoptionspflege sowie der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft Um sicherzustellen, dass die Adoption allein aus Gründen des Kindeswohls und auch unabhängig von dem Bestehen der Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft betrieben wird, ist eine gesetzliche Normierung einer Mindestzeit der Adoptionspflege nach § 1744 BGB geboten.168 Diese sollte sich an den Ergebnissen sozialwissenschaftlicher Studien orientieren, nach denen eine Prognose über die Beständigkeit einer Stiefpartnerschaft erst nach dem Zusammenleben der Partner über vier Jahre möglich ist169 und das Zusammenwachsen von Stieffamilien aufgrund des erhöhten Reorganisationsaufwandes des Familiensystems etwa fünf bis sieben Jahre in Anspruch nimmt, in denen sich ein Stiefeltern-Kind-Verhältnis allmählich entwickeln und stabilisieren kann.170 Auch in Fällen, in denen Stiefkindadoptionen infolge des Todes des leiblichen Elternteils beantragt werden, sollte auf eine solche Frist nicht verzichtet werden, da auch hier die Zweitfamilie vor der zeitintensiven Aufgabe des Aufbaus eines beständigen Familiensystems steht.171 Die Absicherung der Beständigkeitsprognose ließe sich auch dadurch erreichen, dass die Antragstellung des Stiefelternteils an den Nachweis geknüpft wird, dass die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren Bestand hatte.172 Dadurch dürften überstürzte Anträge auf Stiefkindadoptionen in der „Flitterwochenphase“ der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft vermieden werden.173 Gleichsam könnte 167 Bach, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 210 (225); Coester, in: Horstmann (Hrsg.), Stieffamilie/Zweitfamilie, S. 133 (145). 168 Paulitz ZfJ 1997, 311 (313); Enders FPR 2004 63; Muscheler FamRZ 2004, 913 (916); so auch Wollek UJ 1999, 147 (154); kritisch hierzu Bundesministerin a.D. Zypries im Interview, FK 2004, Heft 5, 16 (17). 169 Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.), Beratung von Stieffamilien, S. 173. 170 Hetherington/Jodl, in: Booth/Dunn (Hrsg.), Stepfamilies, S. 55–79; Peuckert, Familienformen im sozialen Wandel, S. 392 f. 171 A.a. Muscheler FamRZ 2004, 913 (916), der die rechtliche Fixierung eines „angemessenen“ Zusammenlebenszeitraums ausreichen lassen will. 172 Vgl. bereits den Hinweis von zur Nieden, Adoption und Adoptionsvermittlung, S. 37, auf das holländische Adoptionsgesetz, das bereits Mitte des 20. Jahrhunderts eine Mindestdauer der Ehe von fünf Jahren als Voraussetzung einer jeden Adoption vorsah. 173 Priest JCL 1993, 56 (59).
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eine solche Anforderung auch dazu beitragen, dass sich das Bedürfnis nach Beantragung einer Stiefkindadoption reduziert, da sich das durch die Adoption häufig angestrebte gesteigerte Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Stieffamilie in diesem Zeitraum auf natürlichem Wege einstellt und eine formale Fixierung überflüssig erscheint.174 Sinnvoller erscheint es jedoch, hier klar zwischen der Mindestdauer von Ehe bzw. Lebenspartnerschaft und der Pflegezeitdauer zu differenzieren. So wird es Fälle geben, in denen die Übernahme der tatsächlichen Pflege für das Stiefkind durch den Stiefelternteil bereits dann erfolgt, wenn die leiblichen Eltern des Kindes formal noch ehelich verbunden sind, das Scheidungsverfahren sich aber noch zeitlich hinzieht, sodass eine erneute Eheschließung bzw. Verpartnerung mit dem Stiefelternteil vorerst ausgeschlossen ist. Ferner kann es aber auch zu einer Eheschließung bzw. Eintragung als Lebenspartner kommen, ohne dass ein sofortiges Zusammenleben mit dem Kind erfolgt, sodass die Anforderungen an die Adoptionspflege nicht erfüllt sind. Daher ist kumulativ für die Einführung einer Mindestdauer von Ehe bzw. Lebenspartnerschaft und Adoptionspflege zu plädieren. Hat die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft im Rahmen der Mindestdauer Bestand, wird in vielen Fällen auch das Erfordernis der Pflegezeit erfüllt sein, da der Stiefelternteil häufig bereits vor einer Formalisierung seiner Partnerschaft mit dem leiblichen Elternteil Verantwortung und Pflege für das Kind übernimmt. Pflege und Erziehung des Kindes sind damit nicht zwangsläufig auf den Rahmen der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft beschränkt. Sollten sich die Rekonstruktion des Zusammenlebens des Kindes mit dem Stiefelternteil als schwierig erweisen oder Zweifel an entsprechenden Angaben der Beteiligten bestehen, so lässt sich als fiktiver Zeitpunkt des Beginns des Pflegezeitraums der Zeitpunkt der Eheschließung bzw. Verpartnerung annehmen. Eine Mindestadoptionspflegedauer sollte dabei – in Abweichung vom Beschluss des AG Elmshorn175, das eine einjährige Adoptionspflegezeit für nicht erforderlich gehalten hat – auch in der Lebenspartnerschaft gelten, in der das Kind aus einer künstlichen Insemination hervorgeht. 4. Einwilligung des externen Elternteils Aufgrund der Integration des unehelichen und auch des noch nicht als ein solcher feststehenden Vaters in den Kreis der Einwilligungsberechtigten sowie aufgrund der engen Einwilligungsersetzungsvorgaben von Gesetz und Rechtsprechung sind der Schutz und die Berücksichtigung der Interes174
Hierfür spricht die Studie von Röhr-Sendlmeier/Grubel, in der bei Stieffamilien, die über einen Zeitraum von drei Jahren zusammengelebt hatten, das Gefühl „zusammenzugehören“, ausgeprägter war, ZfFF 2004, 56 (65). 175 Beschluss vom 20.12.2010 (46 F 9/10), vgl. dazu BT-Drucks. 17/6589, S. 51 f.
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sen des leiblichen Elternteils im Falle einer Stiefkindadoption zumindest in denjenigen Fällen, in denen dieser von der Existenz des Kindes und dem des Adoptionsverfahrens Kenntnis erlangt, verfassungs- und menschenrechtskonform und somit wirksam ausgestaltet. Ein Reformbedarf besteht daher nicht. 5. Verfahrensbeistandschaft und familienpsychologisches Gutachten Sofern die Interessen eines Kindes dies erfordern, d.h. diese in einem erheblichen Gegensatz zu denen seines gesetzlichen Vertreters stehen, hat das für das Adoptionsverfahren zuständige Familiengericht einen Verfahrensbeistand für das Kind zu bestellen, vgl. § 191 FamFG. Ein solcher Interessensgegensatz wird dann angenommen, wenn Anlass zur Annahme besteht, dass eine Stiefkindadoption zum Zweck erfolgt, den externen leiblichen Elternteil zu „eliminieren“.176 Hier wäre eine Erweiterung in der Form möglich, dass in sämtlichen Stiefkindadoptionsfällen, in denen der andere leibliche Elternteil nicht verstorben ist, ein Verfahrensbeistand anzuordnen ist.177 Damit könnte eine ausreichende Berücksichtigung der kindlichen Interessen ermöglicht und eine Interessenkollision des internen leiblichen Elternteils, der als gesetzlicher Vertreter des Kindes seine Zustimmung zur Adoption erteilen muss, verhindert werden. Überzeugender erscheint es jedoch, im Stiefkindadoptionsfall die Einholung eines kinder- oder familienpsychologischen Sachverständigengutachtens verfahrensrechtlich vorzuschreiben.178 Ein solches ließe die im Einzelfall schwierige richterliche Entscheidung über der zwingenden Erforderlichkeit der Stiefkindadoption für das Wohl des Kindes auf einer fachkompetenten Einschätzung fußen. Auf diese Art dürfte zusätzlich dem Risiko begegnet werden, dass die Empfehlung der am Adoptionsprozess beteiligten Fachkräfte aufgrund des bei Stiefkindadoptionen unklar und erleichtert erscheinenden Handlungsmaßstabes auf einer eher befürwortenden Haltung gegenüber der Stiefkindadoption basiert.179 Im Gutachten kann festgestellt werden, ob das Kindeswohl die auch rechtliche Verankerung in der Stieffamilie aus Sicherheitsgründen tatsächlich erfordert, inwieweit mit dieser eine Beziehung zum außenstehenden Elternteil zerstört würde und auf welchen Motiven der Adoptionswunsch des Stiefelternteils beruht. 176
MünchKommBGB/Maurer § 1746 Rn. 24. Oberloskamp, in: Paulitz (Hrsg.), Adoption, S. 101 (107), noch zum nach altem Recht geltenden ‚Verfahrenspfleger‘. Dieser Vorschlag fand in der Praxis Widerhall, vgl. Röchling FamRZ 2007, 963 (964). 178 Ebenso der Familienrichter Weber, in: epd-Protokolldienst (Hrsg.), Stiefelternund Verwandtenadoptionen, S. 2 (3). 179 Vgl. dazu in Kapitel 2, unter J. III. 177
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Kapitel 4: Lösungsansätze
C. Fazit C. Fazit
Die Eignung der mehrfach vorgeschlagenen Implementierung eines stiefelterlichen Sorgerechts zur Reduktion des Bedürfnisses nach Durchführung einer Stiefkindadoption ist zweifelhaft, denn der Blick auf die Rechtswirklichkeit in England hat gezeigt, dass Stiefeltern dort von den parallel zur Adoption bestehenden Möglichkeiten des Erwerbs des elterlichen Sorgerechts kaum Gebrauch machen und gemacht haben. Dies bestätigt die in Kapitel 2 dargelegte These, dass der mit der Adoption einhergehende Rechtserwerb in den überwiegenden Fällen nicht das primäre Motiv für die Beantragung einer Stiefkindadoption darstellt, sondern vielmehr andere Zwecke dominieren, wie der psychologische und symbolische Gehalt der Adoption und der Wunsch nach einem Ausschluss des externen Elternteils aus dem Familiengefüge. Das Adoptionsrecht selbst muss derart konzipiert sein, dass – unabhängig davon, wie groß das Bedürfnis nach Durchführung einer Stiefkindadoption ist, d.h. wie viele entsprechende Anträge gestellt werden, – lediglich diejenigen Ausnahmefälle dekretiert werden, in denen die Stiefkindadoption aus Kindeswohlgründen tatsächlich geboten erscheint. Nicht wenige Argumente sprechen für ein gänzliches Verbot der Stiefkindadoption, jedoch würde dieses auch gerade jene seltenen Ausnahmefälle erfassen, in denen aus Kindeswohlgründen tatsächlich die Notwendigkeit einer Adoption gegeben ist. Eine sog. schwache Adoptionsform, die erbrechtliche und unterhaltsrechtliche Beziehungen des Kindes zu seinem externen leiblichen Elternteil aufrechterhält, eignet sich nicht zur Lösung des zentralen Problems der Stiefkindadoption, nämlich dass dem Kind dieser Elternteil in sozialer und identitätsbildender Hinsicht entzogen wird. Es ist daher vorzuschlagen, die Voraussetzungen der Stiefkindadoption im deutschen Recht dergestalt abzuändern, dass Stiefkindadoptionen nur in solchen Fällen zulässig sind, in denen sie sich für das Kindeswohl als „zwingend erforderlich“ erweisen. Zudem sollte verfahrensrechtlich die Einholung eines kinder- oder familienpsychologischen Gutachtens vorgeschrieben werden. Des Weiteren ist die Festsetzung einer Mindestdauer der Stiefehe bzw. Lebenspartnerschaft und der Adoptionspflege vor Beantragung der Adoption geboten.
Kapitel 5
Zusammenfassung Kapitel 5: Zusammenfassung
A. Zusammenfassende Thesen A. Zusammenfassende Thesen
I. Kapitel 1 Weder das deutsche noch das englische Recht sieht ein geschlossenes System zur Regelung der Beziehungen der Beteiligten in und außerhalb einer Stieffamilie vor. Allein einzelne Normen nehmen jeweils Bezug auf diese Familienform. In Deutschland, wo das Sorgerecht an die Abstammungsbeziehung gekoppelt ist, steht dem Stiefelternteil lediglich ein sog. kleines Sorgerecht zu, wenn der interne leibliche Elternteil alleiniger Sorgerechtsinhaber ist. In solchen Fällen ist seine Mitentscheidungsbefugnis jedoch inhaltlich auf alltägliche Angelegenheiten beschränkt. Dies hat zur Folge, dass ein Stiefelternteil in Deutschland dadurch zu einer Stiefkindadoption motiviert werden kann, dass er über die durch sie begründete Abstammungsbeziehung zum Kind das volle Sorgerecht erlangt. Denn im – hinsichtlich der Rechtsfolgen ähnlich ausgestalten – deutschen und englischen Adoptionsrecht werden die stiefelterlichen Interessen nach rechtlicher Anerkennung des Einsatzes als sozialer Elternteil im Wege einer Stiefkindadoption umfassend abgedeckt. In England steht dem Stiefelternteil darüber hinaus die Option offen, das Sorgerecht auch ohne Begründung einer Abstammungsbeziehung im Wege einer Vereinbarung mit dem bzw. den leiblichen Eltern oder durch eine gerichtliche Anordnung zu erlangen. Er erhält so eine in Bezug auf die elterliche Sorge gleichwertige Rechtsposition neben den beiden leiblichen Elternteilen, wenn diese ebenfalls Inhaber der parental responsibility sind. II. Kapitel 2 Wird die Stiefkindadoption – wie unter I. beschrieben – primär als Instrument genutzt, elterliche Rechte gegenüber einem Kind zu erwerben, widerspricht dies dem kindzentrierten Leitbild des deutschen und englischen Adoptionsrechts, das die Adoption als ein Institut versteht, mit dem elternlosen, fürsorgebedürftigen Kindern das Aufwachsen in einer Familie er-
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Kapitel 5: Zusammenfassung
möglicht werden soll. Die Stiefkindadoption steht in einem Spannungsfeld zum Leitbild des Adoptionsrechts, da das Stiefkind bezogen auf die Elternschaft häufig keinen Mangel leidet, sondern vielmehr in den meisten Fällen sogar über drei Elternteile verfügt. Die Motivation der Stiefeltern, die eine Adoption beantragen, ist häufig nicht am Kindeswohl orientiert. Sie wird vielmehr nicht selten primär um der Stiefpartnerschaft willen oder aus zweckfremden Gründen beantragt, wie etwa dem Willen zur Verdrängung des externen leiblichen Elternteils aus seiner Rechtsposition. Aus Sicht der Stieffamilienforschung und Kinderpsychologie stehen der Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption, mit der die Ersetzung des außenstehenden leiblichen Elternteils bezweckt wird, erhebliche Zweifel entgegen. Diese Zweifel an der Kindeswohldienlichkeit der Stiefkindadoption werden dadurch verstärkt, dass Stiefehen ein höheres Scheiternsrisiko in sich bergen als Erst-Ehen, worauf das Adoptionsrecht keine Rücksicht nimmt. Im Falle der in beiden Ländern zulässigen Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Lebenspartner werden die Bedenken in Bezug auf die Kindeswohldienlichkeit zudem durch die Folgen einer sozialen Stigmatisierung des Kindes verstärkt. In Deutschland und England birgt die Stiefkindadoption in der Vermittlungs- und Verfahrenspraxis die Gefahr, dass ihre Dienlichkeit für das Kindeswohl gegenüber Fremdadoptionen erleichtert angenommen wird, weshalb die Fachkräfte von der Rechtsprechung und übergeordneten Institutionen explizit auf den sogar erhöhten Ermittlungs- und Beratungsaufwand hingewiesen werden. Das deutsche Adoptionsrecht gibt für Stiefkindadoptionen keinen gesonderten Prüfungsrahmen in Bezug auf das allgemeine Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit vor. Bei der Subsumtion unter die zu diesem Erfordernis in der Rechtsprechung und Literatur entwickelten allgemeinen Maßstäbe kann bei Stiefkindadoptionen nur in Ausnahmefällen eine Kindeswohldienlichkeit bejaht werden. Denn die Adoption des Stiefkindes lässt in der Regel keine merklich bessere Persönlichkeitsentwicklung erwarten, da sich die tatsächlichen Lebensumstände meist nicht ändern und dem Kind auch ohne eine Adoption die sozialen Vorteile der Stieffamilie zugutekommen. Ob es sich bei den jährlich 2.000 bis 2.500 Stiefkindadoptionen um jene seltenen Fälle handelt, bei denen die Änderung der rechtlichen Ausgestaltung des Stiefeltern-Kind-Verhältnisses der tatsächlichen Lebenssituation des Kindes derart positiv zuträglich ist, dass ihm eine – bis dahin nicht vorhandene – Stabilität und Sicherheit vermittelt wird, ist zu bezweifeln. In England wurde schon früh ein gesetzgeberischer Versuch unternommen, die Zahl der Stiefkindadoptionen zu reduzieren, indem das allgemein gültige Kindeswohlprinzip von einer Regelung flankiert wurde, die die Gerichte anhielt, eine Stiefkindadoption nicht zu beschließen, wenn sich
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eine alternative Anordnung, die einer gemeinsamen elterlichen Sorge des Stiefehepaars gleichkam, für das Kindeswohl als angemessener erwies. Die Analyse der Rechtsprechung hat allerdings ergeben, dass dieser gesetzgeberische Auftrag von den Gerichten nur sehr uneinheitlich umgesetzt wurde. Die infolge der Gesetzesänderung radikal gesunkenen Stiefkindadoptionszahlen resultierten weniger aus einer gerichtlichen Zurückhaltung gegenüber Stiefkindadoptionsbeschlüssen als vielmehr aus einem stark reduzierten Antragsverhalten. Dieses wurde nicht nur durch den Ende der 1970er Jahre einsetzenden sozialen Wandel, sondern mittelbar durch die gesetzlichen Gestaltungsversuche evoziert, indem insbesondere die Rechtsberatung die Antragsteller auf den geänderten Prüfungsmaßstab der Gerichte hinwies. Nachdem das englische Recht aufgrund mangelnder Effizienz die gesonderte Vorgabe der Konkretisierung des Kindeswohlprinzips für Stiefkindadoptionen abgeschafft hatte, sah es mit dem CA 1989 die Möglichkeit vor, Alternativanordnungen zugunsten des Stiefelternteils anstelle einer Adoption zu treffen. Mit dem aktuell gültigen ACA 2002 ist diese Möglichkeit nunmehr als Pflicht des Gerichtes für sämtliche Adoptionen ausgestaltet und wird als effektive Maßnahme zur weiteren Reduktion von Stiefkindadoptionen eingestuft. Die allgemeinen Voraussetzungen des Ehe- bzw. Partnerschaftsstatus des Antragstellers und der Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses, das Erfordernis der Einwilligung des Kindes und des vorangegangenen Adoptionspflegeverhältnisses schützen die kindlichen Interessen im Falle einer Stiefkindadoption in Deutschland dagegen nur zum Teil hinreichend. Problematisch erscheint, dass die Stiefehe bzw. Stieflebenspartnerschaft ebenso wie das vorangehende Pflegeverhältnis an keine Mindestdauer geknüpft ist, kann doch der Mehrwert einer Stiefkindadoption nur in der Stabilität des Familiengefüges liegen, die das Sicherheitsbedürfnis des Kindes befriedigt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Willensbildung des Kindes bei einer Stiefkindadoption den Zwängen der Erwartungen von leiblichem und Stiefelternteil unterliegt. Auch aus dem Grund, dass das Kind die Folgen der Adoption häufig nicht umfänglich abschätzen kann, ist es äußerst problematisch, dem Willen des Kindes bei der gerichtlichen Entscheidung primäre Bedeutung zukommen zu lassen. In England gestaltet sich problematisch, dass Adoptionen auch von nichtehelichen Stiefelternteilen beantragt werden können. Auch ist die Länge des der Adoption vorausgehenden Zusammenlebens von Kind und Stiefelternteil gegenüber anderen non agency- Adoptionen auf nur sechs Monate reduziert sowie eine mehrmalige Adoption eines Kindes gesetzlich nicht ausgeschlossen. Gegenüber dem deutschen Recht erweist sich das englische Adoptionsrecht jedoch dergestalt fortschrittlich, dass es die Möglichkeit einer gerichtlichen Anordnung eines Umgangs des Adoptiv-
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kindes mit seinem leiblichen Elternteil nach der Adoption vorsieht. Für einen solchen Umgang besteht in Stiefkonstellationen jedoch lediglich in Ausnahmefällen überhaupt ein Anwendungsbereich. Denn wenn eine intakte Beziehung des Kindes zum externen Elternteil existiert, wird die Adoption des Stiefkindes in der Regel schon am Erfordernis der Kindeswohldienlichkeit scheitern. III. Kapitel 3 Dem externen leiblichen Elternteil steht in Deutschland ein Recht zur Einwilligung in die Stiefkindadoption unabhängig davon zu, ob er Inhaber der elterlichen Sorge ist. Erst bei der Frage der Ersetzung der Einwilligung in die Adoption differenziert das deutsche Gesetz nach der Sorgeberechtigung. Das Gesetz, das eine erleichterte Ersetzung der Einwilligung des nichtehelichen und nicht sorgeberechtigten Elternteils vorsieht, ist nach der Rechtsprechung von BVerfG und BGH verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Adoption gegen den Willen des Elternteils lediglich dann erfolgen kann, wenn die Adoption dem Kind einen so erheblichen Vorteil bietet, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestehen würde. In England wird hingegen bei der Einwilligungsberechtigung nach der Sorgeberechtigung differenziert. Eine solche steht nur dem Elternteil zu, der auch Inhaber der elterlichen Sorge ist. In Anbetracht der geänderten Rechtslage, nach der der Erwerb des Sorgerechts für uneheliche Väter – insbesondere durch eine Registrierung – leichter möglich ist, und der Tatsache, dass dem unehelichen Vater das Sorgerecht im Laufe eines Adoptionsverfahrens zur Erlangung der Einwilligungsbefugnis gerichtlich zugesprochen werden kann, ist de facto häufig von einer Gleichstellung mit ehelichen Vätern auszugehen. Bei der Einwilligungsersetzung werden eheliche und uneheliche Väter in England gleich behandelt. Eine Adoption kann gegen deren Willen angeordnet werden, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Dient die Stiefkindadoption dem Kindeswohl, müsste sich dieses nach der neuen Gesetzeslage auch häufig gegen den entgegenstehenden elterlichen Willen durchsetzen. Dennoch erweist sich die englische – ebenso wie nunmehr die deutsche – Rechtsprechung bei der Ersetzung der Zustimmung zu einer Stiefkindadoption als zurückhaltend. In beiden Rechtsordnungen stehen keine Instrumentarien zur Erzwingung der Preisgabe des Namens eines unehelichen Vaters, der vom Kind oder der beabsichtigten Adoption keine Kenntnis hat, zur Verfügung, sodass dieser, wenn auch in beiden Ländern Nachforschungen zu seiner Ermittlung angestrengt werden, nicht am Adoptionsverfahren beteiligt werden kann, wenn die Mutter des Kindes über seine Identität schweigt.
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Das englische Recht sieht ein Antragsrecht des externen Elternteils vor, nach der Adoption Kontakt zum Kind zu halten. Auch in Deutschland lässt sich ein solches Umgangsrecht aus § 1685 Abs. 2 BGB ableiten. IV. Kapitel 4 Die häufig als Lösung für das Problem der Stiefkindadoption vorgeschlagene umfassende Regelung des Stiefkindverhältnisses, insbesondere die Einführung eines stiefelterlichen Sorgerechts, erweist sich – wie die rechtsvergleichende Analyse ergeben hat – nur in denjenigen Fällen als wirkliche Alternative zu einer Stiefkindadoption, in der diese tatsächlich aus Gründen der Aufwertung der Rechtsposition des Stiefelternteils – wie in Ziffer 1 dargestellt – beantragt wird. In England wurde und wird dementsprechend von den Möglichkeiten des Erwerbs der elterlichen Sorge durch den Stiefelternteil außerhalb einer Adoption kaum Gebrauch gemacht. Wie die Untersuchung der Rechtsentwicklung in England bestätigt hat, muss das Adoptionsrecht für die überwiegenden Fällen, in denen mit der Stiefkindadoption primär andere Zwecke, insbesondere deren Symbolhaftigkeit, verfolgt werden, selbst Lösungen bereithalten, um Stiefkindadoptionen auf die Fälle zu reduzieren, in denen sie dem Kindeswohl tatsächlich dienen. Für ein gänzliches Verbot der Stiefkindadoption lassen sich zwar Argumente ins Feld führen, es würde aber auch solche Ausnahmefälle erfassen, in denen die Adoption aus Kindeswohlgründen geboten erscheint. Eine sog. schwache Adoptionsform, die erbrechtliche und unterhaltsrechtliche Beziehungen des Kindes zu seinem externen leiblichen Elternteil aufrechterhält, löst das zentrale Problem der Stiefkindadoption, dass nämlich dem Kind dieser Elternteil als Bezugsperson und als wichtiger Faktor für seine Identitätsbildung entzogen wird, nicht. Falls eine Stiefkindadoption im Ausnahmefall geboten erscheint, ermöglicht § 1685 Abs. 2 BGB eine Modifikation des Volladoptionsgrundsatzes dahingehend, dass ein Umgang von Kind und externem leiblichen Elternteil – wie im englischen Recht – nach der Adoption möglich ist, wenn dies dem Kindeswohl dient. Es ist vorzuschlagen, die Voraussetzungen der Stiefkindadoption im deutschen Recht dergestalt abzuändern, dass Stiefkindadoptionen nur in solchen Fällen zulässig sind, in denen sie sich für das Kindeswohl als „zwingend erforderlich“ erweisen. Durch diese erhöhte Anforderung kann der Problematik begegnet werden, dass in der Praxis dem eigentlich ausreichend gestalteten Rechtsrahmen häufig nicht Rechnung getragen und vor allem in den Fällen eine Kindeswohldienlichkeit der Adoption vorschnell angenommen wird, in denen auch der externe Elternteil der Adoption zustimmt. Als Hilfestellung für das Gericht erscheint es sinnvoll, ver-
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fahrensrechtlich die Einholung eines kinder- oder familienpsychologischen Gutachtens vorzuschreiben, in dem die Notwendigkeit der Stiefkindadoption für das Kindeswohl, insbesondere ihr sicherheitsstiftender Aspekt, unter Berücksichtigung vor allem der Beziehung zum außenstehenden Elternteil festgestellt wird. Flankiert werden sollten solche Änderungen von der – kumulativen – Festsetzung einer Mindestdauer der Stiefehe bzw. Lebenspartnerschaft und der Adoptionspflege vor Beantragung der Adoption, um präventiv dem hohen Scheiternsrisiko von Stiefpartnerschaften zu begegnen, auf das das Adoptionsrecht nach der Adoption keine Rücksicht nimmt und auch in Zukunft – wie etwa durch die Implementierung einer Widerruflichkeit eines Stiefkindadoptionsbeschlusses – nicht nehmen sollte.
B. Schlussbemerkung B. Schlussbemerkung
Familiale Lebensformen und staatliche Gesetzgebung stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. Zum einen entwickelt sich das Familienrecht aufgrund des Druckes durch die sich ändernden familialen Lebensverhältnisse sowie sich wandelnden ethischen und gesellschaftlichen Überzeugungen bezüglich familiärer Lebensformen; andererseits wird auch die familiale Wirklichkeit der Rechtsbeziehungen von Familienangehörigen entscheidend durch das Familienrecht geprägt, gestaltet, gesteuert und beeinflusst. Dass das Familienrecht nicht nur zum Spiegel der sozialen Wirklichkeit wird, sondern durchaus auch gestalterischen Einfluss auf die soziale Wirklichkeit hat, zeigt der Blick auf die Entwicklung der Stiefkindadoptionszahlen in England: Auch wenn der Versuch, die Gerichte mittels einer Gesetzesreform zu einer einheitlichen Zurückhaltung gegenüber Stiefkindadoptionen zu bewegen, scheiterte, so lässt sich der radikale Rückgang der Zahlen dennoch mittelbar auf die Auswirkungen, die die Reform auf das Antragsverhalten der Stiefehepaare hatte, zurückführen. Der deutsche Gesetzgeber muss sich die Frage stellen, ob sich das Adoptionsrecht der geänderten Adoptionswirklichkeit, in der der Anteil der Stiefkindadoptionen steigt und diese die Minderjährigenadoption dominiert, anpasst, indem er seine Privilegien für diese Adoptionsform aufrechterhält, oder ob er sein gestalterisches Potential einsetzt, den Gebrauch der Stiefkindadoption gänzlich auszuschließen, zurückzudrängen oder aber effektiv das Bedürfnis nach einer solchen zu reduzieren. Der Vergleich der deutschen und englischen Rechtslage zu dieser Fragestellung hat ergeben, dass es nicht allein einer Rechtsregelungsänderung als vielmehr des Umdenkens und der Sensibilisierung sämtlicher mit Stieffamilien zusammenarbeitender Fachkräfte und an der Beratung dieser Familien zur Gestaltung ihres familialen Systems beteiligten Institutionen,
B. Schlussbemerkung
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des Jugendamtes und der Gerichte bedarf. Hierfür sind legislative Impulse notwendig. Zudem sollte das Schulungsangebot für die an Stiefkindadoptionen beteiligten Fachkräfte und Richter zur Sensibilisierung bezüglich der Besonderheiten dieser Adoptionsform ausgebaut werden, indem Kompetenzen hinsichtlich der Fragestellungen vermittelt werden, was im Rahmen der Prüfung des Kindeswohls bei Stiefkindadoptionen besonders zu beachten ist, ob Alternativen vorhanden sind, die dem Kindeswohl zuträglicher sind und wie sich offene Adoptionsformen bei Stiefkindadoptionen gestalten lassen. In rechtstatsächlicher Hinsicht mangelt es nicht nur in Deutschland an sozialwissenschaftlichen Studien zur Thematik der Stiefkindadoption. Aus adoptionsrechtlicher Sicht sind solche Untersuchungen, die Befragungen von Gerichten, Jugendämtern und Stieffamilien einbeziehen, von großer Bedeutung. Besonders anzuregen sind Längsschnittstudien, die ermitteln, wie sich Stiefkindadoptionen auf die Beteiligten, insbesondere das Wohl der adoptierten Kinder langfristig auswirken. Untersuchenswert ist ferner eine Gegenüberstellung von Beziehungen in Stieffamilien, in denen eine Adoption vorgenommen wurde, und solchen, die diese nicht in Erwägung gezogen haben oder sich gegen sie entschieden.
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Sachregister Sachregister Sachregister
Abstammungsbeziehung, 15, 37, 42 f., 46, 48, 53, 68, 81, 84, 92, 122, 196, 204, 228, 265, 269, 282, 309 – Fiktion, 68, 84 Abstammungsverhältnis, 43, 46, 53, 55, 86, 106, 160, 186, 258, 298 – Fiktion, 55 adoptio minus quam plena, siehe Adoption, „schwache“ adoptio plena, siehe Volladoption Adoption – des Stiefkindes, siehe Stiefkindadoption – Fremdadoption, siehe dort – geschlossene, 166, 168, 175, siehe auch system of privacy – Leitbild, 1, 50 ff., 55 f., 145, 148, 152, 156, 191 f., 291, 301, 303, 309 f. – offene, 85, 167 ff., 174, 178, 183, 315 – „schwache“, 53, 299 ff., 308, 313 – Volladoptionsgrundsatz, siehe dort Adoption Act 1976, 4, 26, 46, 98 f., 101, 107 f., 117, 119 f., 128, 149, 155, 176, 178, 213, 216, 225, 246 f., 250, 262 adoption agency, 97 f., 161, 216, 245 Adoption and Children Act 2002, 4, 19 f., 22, 26, 38, 44 ff., 54, 68, 97 ff., 101, 123 ff., 127, 129, 132 f., 149 f., 154 f., 161, 166, 175, 181 ff., 186 f., 213, 217 f., 222 ff., 229, 250 ff., 262, 271, 275, 282, 311 – Sec. 1, 97 ff., 124, 127, 133, 147, 161, 175, 224, 250 ff., 262 – Sec. 26 (5), 175, 182, 271 – Sec. 46 (6), 175, 182 f. Adoption of Children Act 1926, 45, 98, 100 f., 214, 243 f. Adoptionspflege, 5, 92, 152 ff., 159, 186, 193, 305 f., 308, 311, 314, siehe auch settling in
– bei der Stiefkindadoption, 152 ff. – Mindestdauer, 154, 193, 305, 308, 311, 314 Adoptionsvermittlung, 2, 94, 144, 184 f., 189 f., 274 Adoptionsvermittlungsstelle, 94, 124, 152, 184 f., 190, 207, 224 außenstehender Elternteil, siehe externer leiblicher Elternteil Betreuungsverhältnis, siehe Adoptionspflege und settling in Birth and Deaths Registration Act 1953, 4, 44, 222 British Association for Adoption and Fostering, 188 Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, 2, 94, 185, 207, 283 child of the family, 14, 26 f., 68, 73, 103, 108, 276 f. Children Act 1975, 37, 45, 97, 99, 104, 106 ff., 113 ff., 128, 216, 277 f., 287 ff. – Sec. 10 (3), 104, 107 f., 109 ff., 116, 118, 128, 277, 287 ff. Children Act 1989, 4, 13 f., 19 ff., 26, 31, 37 ff., 43 f., 46, 62 ff., 96 f., 99, 118 ff., 124 ff., 170, 175, 178 ff., 197 f., 213, 217 ff., 222, 254, 271, 275, 278, 280, 311 – Sec. 1, 20, 26 f., 32, 39, 62 ff., 65, 96, 120, 127, 175, 179, 218, 220, 254 – Sec. 4A, 13, 19 f., 22, 275, 280, 282 – Sec. 8, 21, 26 f., 63, 119 f., 125, 178, 271, 278 civil partnership, 20, 132 Civil Partnership Act 2004, 22, 131
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Sachregister
contact order, 27, 119, 175, 178 ff., 182, 198, 225, 271, siehe auch postadoption contact custody (order), 19, 37, 45, 56, 99, 107, 109, 111, 115, 214, 216, 277, 281, 288 – joint c., 107 ff., 110 f., 113, 118 f., 257, 276 ff., 279 f. custodianship (order), 115 ff., 118 ff., 276 ff., 279 f. Einbenennung, 28 ff., 35, 58, 72, 112, 290, siehe auch Namensrecht Einwilligung in die Adoption, 3, 23, 26, 38, 46, 49, 116 f., 156 ff., 166, 175, 177, 204 ff., 212, 214 ff., 227, 231, 306, 312 – Entbehrlichkeit, 212 – Ersetzung, siehe Einwilligungsersetzung – Verweigerung, 104 f., 112, 117, 159 f., 163, 204, 227, 231, 235, 244 ff., 248, 252, 255 ff., 261 ff., 264, 287, 302 Einwilligungsrecht in Deutschland – des externen leiblichen Elternteils, 205 ff., 228 ff. – des internen leiblichen Elternteils, 206 – des Stiefkindes, 156 ff., 163, 311 Einwilligungsrecht in England – des externen leiblichen Elternteils, 213 ff., 228 ff. – des Stiefkindes, 161 ff., 193 – des unehelichen Vaters, 214 ff., 217 ff., 228 ff. Einwilligungsersetzung in Deutschland, 232 ff. – Abwägung der Kindes- und Elterninteressen, 232, 238 ff., 259 f., 261, 263 – bei unehelichem Vater ohne Sorgerecht, 237 ff. – Gerichtspraxis bei Stiefkindadoptionen, 238 ff., 242 – „unverhältnismäßiger Nachteil“, 29, 233, 235 f., 237 ff., 242, 259, 263 – wegen anhaltender gröblicher Pflichtverletzung, 233 ff. – wegen Gleichgültigkeit, 233 ff. – wegen Pflege- und Erziehungsunfähigkeit, 237
Einwilligungsersetzung in England, – Abwägung der Kindes- und Elterninteressen, 246 ff., 255, 262 ff. – Gerichtspraxis bei Stiefkindadoptionen, 255 ff. – historische Entwicklung der Ersetzungsgründe und Kindeswohlberücksichtigung, 243 ff. – Re W (An Infant), 245 ff. – “The welfare of the child requires the consent to be dispensed with”, 251 ff. – unreasonable withholding, 244 ff., 249, 257 – wegen Unauffindbarkeit/Unfähigkeit, 250 Eltern-Kind-Verhältnis, 145 ff., 152 ff., 185, 189, 192, 311 Elternschaft – homosexuelle, 133 ff. – Stief-, siehe Stiefelternteil externer leiblicher Elternteil, 2, 24 f., 30, 37, 45, 48, 74 f., 80 f., 83 ff., 87, 93, 95, 117, 126, 131, 142, 158, 163, 166 ff., 168 ff., 172 ff., 174 ff., 194 ff., 282 f., 297, 299, 306 ff., 310, 312 f. – Beziehung zum Stiefkind, 199 ff. – Einwilligungsrecht, siehe dort – Rechtsstellung vor der Adoption, 194 ff. – Versterben/Tod, 8 f., 11 f., 26, 29 f., 66, 86, 107, 115 ff., 164, 171, 175, 188, 211, 288 f. Fremdadoption, 52, 54, 87, 92, 94 f., 101, 111, 121, 124, 146, 150, 152, 154, 159, 174, 180, 186, 189 f., 192, 227, 240, 255, 258, 264, 269, 283, 310 guardian, 19, 26, 38, 45, 49, 59, 126, 213 f., 216 f., 250, 263, 276 – ad litem, 101, 105, 111, 187 f., 216, 289 – appointed by the court, 26 – special g., 38, 125 – testamentary g., 26 guardianship, 26, 99, 276
Sachregister Inkognitoadoption, 85, 173, siehe auch Adoption, geschlossene Insemination, 142 f., 209 f., 306 Jugendamt, 87, 132, 154, 158, 184 f., 189 f., 191 f., 208 f., 239, 292, 315 Kettenadoption, 53, 133, 164 f., 213 Kindeswohl – Begriff im deutschen Recht, 57 ff. – Erfordernis im deutschen Adoptionsrecht, 89 ff. – Erfordernis im englischen Adoptionsrecht, 96 ff. – paramount consideration, 61 ff., 97 f., 99, 120, 218, 245, 247, 250, 252, 262, 270, siehe auch paramountcy test – paramountcy test, 97, 99, 220, 252, 262, siehe auch Kindeswohl, paramount consideration – Prinzip im englischen Recht, 59 ff. – Stellenwert im englischen Recht, 63 f. – und homosexuelle Elternschaft, 133 ff., 137 ff. – und Stiefkindadoption, siehe Stiefkindadoption – welfare test, siehe dort leiblicher Elternteil – externer, siehe externer leiblicher Elternteil – interner, 20, 25 f., 35 ff., 44 ff., 68, 76, 78, 80, 86, 89, 93, 101, 148 f., 151, 157 ff., 163 f., 169, 198 ff., 206, 234, 236, 275 ff., 297, 307, 309 local authority, 98, 187 f. Namensrecht – nach erfolgter Stiefkindadoption in Deutschland 47 – nach erfolgter Stiefkindadoption in England, 47 f. – stieffamiliäres in Deutschland, siehe Einbenennung – stieffamiliäres in England, 30 ff. nichteheliche Lebensgemeinschaft, 8, 148 ff., 213, 285 f. nichteheliche Stieffamilie, 10 f., 148 ff., 311
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nichtehelicher Vater, siehe unehelicher Vater nichteheliches Kind, siehe uneheliches Kind no order consideration/principle, 127, 179 parental responsibility – agreement, 218 f. – Dauer und Verlust, 22, 25 f. – Erwerbsmöglichkeiten des Stiefelternteils, 19 ff., 275 ff. – Erwerbsmöglichkeiten des unehelichen Vaters, siehe unehelicher Vater – Inhalt 18, 23 – order, 219 ff. – Registrierung, 222 – residence order, siehe dort placement, 155, 186 post-adoption contact, 179 ff., 282 – gerichtliche Praxis, 175 ff., 181 f. – geschichtliche Entwicklung, 175 ff. – Re C (A Minor) (Adoption Order: Conditions), 177 f. – Re P (Placement Orders: Parental Consent), 181 f. – Recht des externen leiblichen Elternteils, 270 f. – Recht des Kindes, 174 ff. – tatsächliche Praxis, 180 f. Putativvater, 216, 226, 245 – Ermittlungspflicht in Deutschland, 207 ff. – Ermittlungspflicht in England, 226 ff. Registrierung als Elternteil, siehe unehelicher Vater residence order, 20 ff., 26 f., 31, 38, 119 ff., 122 ff., 125 f., 162, 188, 198, 217, 221 f., 249, 278 ff., 282, 290 Review of Adoption Law, 161, 178, 301 Scheidungsraten/-zahlen, 1, 9, 22, 87 f., 150, 285 Schwägerschaft, 12, 14 f., 18, 45, 67, 148, 152 f. settling in, 154 ff., siehe auch Adoptionspflege Sorgeerklärung, 170, 197
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Sachregister
Sorgerecht – des Stiefelternteils, siehe Stiefelternteil und Sorgerecht, „kleines“ – „kleines“, 16 ff. siehe auch Stiefelternteil – rechtsgeschäftliche Übertragung, 15 f. – Symbolwert, 41 f. Sorgerechtserwerb – des Stiefelternteils, siehe Stiefelternteil – des unehelichen Vaters, siehe unehelicher Vater sozial-familiäre Beziehung, 43 f., 210 ff., 266 ff., 301 step-parent, 13, 100, 107, 109 f., 113, 237, 282, 284, siehe auch Stiefelternteil step-parent adoption, 12, siehe Stiefkindadoption Stiefehe, 26, 33, 35, 45, 67, 69 f., 89, 104, 123, 147 f., 150, 164, 200, 203, 241, 277, 301, 303, 305 f., 308, 311, 314, siehe auch Stieflebenspartnerschaft – Scheitern, 7, 25 f., 69, 73, 79, 87 ff., 104, 123, 143, 150, 291, 301, 303, 310, 314 Stiefeltern-Kind-Beziehung, 1, 5 ff., 9, 11 ff., 37, 52, 70, 79 f., 86, 89, 240, 287, 291, siehe auch Stieffamilie – historischer Überblick, 8 ff. – psychosoziale und emotionale Aspekte, 5 ff., 66 ff., 77 ff., siehe auch Stieffamilie und Stiefkindadoption – rechtliche Einordnung, 12 ff. Stiefelternteil – als Vormund, 14, 18, 25, 37 – Begriffsbestimmung, 7 f., 12 f. – Namensrecht in Deutschland, 28 ff., siehe auch Einbenennung – Namensrecht in England, 30 ff. – Rechte bei Versterben des internen Elternteils, 23 ff. – Rolle und Interessen, 5 ff., siehe auch Stiefkindadoption, Motivation der Stiefpartner – Status in Deutschland, 14 – Status in England, 14 – Unterhaltspflicht in Deutschland, 67 f., 71 f., 274
– Unterhaltspflicht in England, 68, 103, 108 Stieffamilie, 1, 3, 5 ff., 7 ff., 13, 25, 29, 33, 35, 37 f., 41, 44, 47 f., 51, 54, 66 f., 70 f., 74, 76 f., 78 ff., 83, 85 ff., 92 f., 96, 103 f., 111, 118, 121, 125, 127, 141 f., 146 ff., 150, 159, 162, 166, 169, 171 ff., 185, 188 ff., 191, 196, 198, 199 ff., 202 ff., 206, 209, 211 f., 222, 235 ff., 258, 260 ff., 269 f., 274 f., 279, 283 f., 286 f., 289 f., 291 ff., 296 f., 301, 304 ff., 309 ff., 314 – „Als-ob-Normalfamilie“, 82 ff., 173 – „erweiterte“, 80 ff., 292, siehe auch Zwei-Kern-Familie – komplexe, 13, 67 – primäre, 13 – scheiternde, 79, 85, 150, 191 – sekundäre, 13 – Stiefmutterfamilie, 8 ff., 11, 84, 206 – Stiefvaterfamilie, 9, 11, 8, 84, 199, 206, 239 – tatsächliches Vorkommen, 8 ff. – uneheliche, 10, 148 ff. Stieflebenspartnerschaft, 47, 67, 69 f., 71, 87 ff., 129 ff., 147 f., 150, 193, 301, 303, 305 f., 311, siehe auch Stiefehe Stiefkind, 50 ff. – Anhörung, 160 f. – Beteiligung am Adoptionsverfahren in England, 161 f. – Einwilligung, siehe Einwilligungsrecht – Erbrecht in Deutschland, 68, 71, 274 – Erbrecht in England, 68, 73, 105 – tatsächliches Vorkommen, 8, 10 f., 48 Stiefkindadoption – Alternativen, 48, 107, 115, 118 ff., 123 ff., 129, 188, 273 ff., 279 ff., 289, 311, 313 – Eltern- und Umgangsrechte nach erfolgter S. in Deutschland und England, 46 ff. – gegen den Willen des externen leiblichen Elternteils, 231 ff., siehe auch Einwilligungsersetzung – Gerichtspraxis in Deutschland, 94 ff.
Sachregister – Gerichtspraxis in England, 100 ff., 109 ff., 116 ff., 120 ff., 127 ff. – in der gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft in Deutschland, 129 ff., 132 ff., 150 f., 164 – in der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft in England, 131 f., 132 ff., 150 f. – Motivation der Stiefpartner, 73 ff., 106, 281 f., 290 – Namensrecht nach erfolgter S., siehe Namensrecht – no order principle, siehe dort – Privilegierungen, 52 – psychosozialwissenschaftliche Bedenken, 77 ff. – Re D (Minors), 111 f. – Re H (Minors), 105 – Re J, 103 – Re M, 105 – Re S (Infants) (Adoption by Parent), 109 f. – Scheitern, 87 f. – statusrechtliche Folgen in Deutschland und England, 44 ff. – use of full range of power, siehe dort – Verbot, 106, 291 ff., 297 f., 308, 313 – „verdeckte“, 43 f., 211, 228 – Voraussetzungen, 56 ff., 145 ff., 148 ff., 152 ff., 156 ff., 191 ff., 204 ff. – Vorteile, 66 ff., 236 – Widerruflichkeit/Aufhebbarkeit, 87 f., 123, 301 ff. – Zahlen in Deutschland, 1, 54 f., 130, 274, 283 – Zahlen in England, 101 ff., 113 ff., 118, 122 f., 132, 279, 282, 284, 287, 289, 311, 314 – Zweckwidrigkeit, 50 ff. Stiefmutter, 5, 12 f., 81 ff., 175, 206, 279 f., siehe auch Stiefelternteil Stiefmutterfamilie, siehe Stieffamilie Stiefvater, 5 f., 9 ff., 13, 21, 43, 47, 66, 70, 74 ff., 79, 83 ff., 88, 92, 103, 110 ff., 146, 160, 198 f., 204, 206, 209, 211 f., 225, 228, 232, 237, 257 f., 271, 281, 288, 296 f., 302, siehe auch Stiefelternteil Stiefvaterfamilie, siehe Stieffamilie
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Stigmatisierung – der Stieffamilie, 82, 286 – Homosexueller, 133 – unehelicher Kinder, 76, 99, 103, 286 – von Kindern in homosexuellen Partnerschaften, 133, 140 f., 144, 191, 310 suitability report, 187 Sukzessivstiefkindadoption, siehe Kettenadoption system of privacy, 175 Umgang – Praxis in Deutschland, 173 f. – Praxis in England, 175 ff., 180 f. – Vor- oder Nachteil nach erfolgter Adoption, 166 ff. Umgangsrecht – Anwendungsbereich nach erfolgter Stiefkindadoption, 168 ff., 193, 312 – des externen leiblichen Elternteils nach erfolgter Adoption in Deutschland, 265 ff., 271 f., 301, 313 – des externen leiblichen Elternteils nach erfolgter Adoption in England, siehe post-adoption contact – durch Vereinbarung, 173, 265 – des Kindes nach erfolgter Adoption in Deutschland, 172 ff. – des Kindes nach erfolgter Adoption in England, siehe post-adoption contact uneheliche Geburt, 1, 7, 11, 96, 170, 212, 285 ff. unehelicher Vater, 36, 41, 94, 102, 104, 170, 187, 194 f., 197 ff., 205 ff., 210, 213 ff., 217 ff., 224 ff., 233, 237, 239, 241 f., 264, 266, 271 f., 306, 312 – Beteiligung am Adoptionsverfahren in England, 224 ff. – Einwilligungsersetzung, siehe Einwilligungsersetzung – Einwilligungsrecht, siehe Einwilligungsrecht – parental responsibility agreement, 218 f. – parental responsibility order, 219 ff. – Putativvater, siehe dort – Re H; Re G (Adoption: Consultation of Unmarried Father), 224 ff. – Registrierung, 222
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Sachregister Volladoptionsgrundsatz – Abkehr vom V. bei Stiefkindadoptionen, 298 ff. – in Deutschland, 48, 166, 183, 265, 267 f. 270 – in England, 45, 48, 166, 183, 174 ff. – Modifikation bei Stiefkindadoptionen, 301, 313
– residence order, 221 f., siehe auch dort – Sorgerechtserwerb in Deutschland, 196 f. – Sorgerechtserwerb in England, 217 ff. – Umgangsrecht in Deutschland, 197 – Umgangsrecht in England, 197 f. uneheliches Kind, 8, 10, 12, 74, 83, 100 ff., 115 ff., 166 f., 199, 213 f., 237, 242, 250 f., 278, 286, siehe auch uneheliche Geburt use of full range of powers, 123 ff.
wardship, 276 welfare checklist, 20, 65 f., 96, 147, 161, 163, 175, 191, 262
Vaterschaftsanerkenntnis, 43, 210, 268 Vaterschaftsprätendent, 209 f., 271 Verbleibensanordnung, 23 ff. Volladoption, 53, 300, siehe auch Volladoptionsgrundsatz
Zwei-Kern-Familie, 80, 269, siehe auch Stieffamilie, „erweiterte“ Zweitadoption, siehe Kettenadoption Zweitfamilie, 82, 305, siehe auch Stieffamilie