Geschichte der Elementarmathematik: Band 4 Ebene Geometrie [2., verb. und sehr verm. Auflage. Reprint 2011] 9783111626932, 9783111248820


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German Pages 238 [244] Year 1923

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Ebene Geometrie.
A. Allgemeiner Teil
1. Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Elementargeometrie
2. Die Sprache der Geometrie. Figuren
3. Definitionen, Axiome, Postulate. – Allgemeine Fachausdrücke
B. Besonderer Teil
1. Die gerade Linie. Der Winkel
2. Das Dreieck. – Die Kongruenz
3. Die Konstruktionsaufgaben
4. Das Viereck. Allgemeine Vielecke
5. Der Kreis
6. Die Flächenberechnung und Flächenvergleichung
7. Die Lehre von der Ähnlichkeit
8. Die regelmäßigen Polygone
9. Die Kreisberechnung
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Geschichte der Elementarmathematik: Band 4 Ebene Geometrie [2., verb. und sehr verm. Auflage. Reprint 2011]
 9783111626932, 9783111248820

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GESCHICHTE DER

ELEMENTARMATHEMATIK IN S Y S T E M A T I S C H E R

DARSTELLUNG

MIT B E S O N D E R E R B E R Ü C K S I C H T I G U N G DER F A C H W Ö R T E R VON

DR. JOHANNES TROPFKE DIREKTOR DER KIRSCHNF.R- OBERREALSCHULE ZU BERLIN

VIERTER

EBENE

BAND

GEOMETRIE

Z W E I T E , V E R B E S S E R T E UND SEHR VERMEHRTE AUFLAGE

B E R L I N UND L E I P Z I G 1923 VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER

VERLEGER

WALTER DE GRUYTER & C O . VORMALS G. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG · J . G U T T E N T A G . BUCHHANDLUNG • GEORG REIMER · KART, J . TRÜBNER . VEIT

VERLAGS& COMP.

Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten.

Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.

Inhalt. Ebene Geometrie. Seite

A. Allgemeiner Teil 1. Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Elementargeometrie 2. Die Sprache der Geometrie. Figuren 3. Definitionen, Axiome, Postulate. — Allgemeine Fachausdrücke B. Besonderer Teil 1. Die gerade Linie. Der Winkel 2. Das Dreieck. — Die Kongruenz 3. Die Konstruktionsaufgaben 4. Das Viereck. Allgemeine Vielecke 5. Der Kreis 6. Die Flächenberechnung und Flächenrergleichung 7. Die Lehre von der Ähnlichkeit 8. Die regelmäßigen Polygone 9. Die Kreisberechnung

.

3— 44 3— 13 13— 21 21—44

44—238 44— 60 60— 78 78— 92 92—105 105—126 . . 126—154 154—181 131—195 195—288

E B E N E GEOMETRIE

TKOPFSK, G e s c h i c h t e .

ΙΛ'.

2. A u l .

1

Α. Allgemeiner Teil. I. Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Elementargeometrie. Zwei Jahrtausende auf- und abwogender Geschichte haben an dem System der Elementargeometrie nicht zu rütteln vermocht. Was der Alexandriner E U K L I D um 325 vor unserer Zeitrechnung schrieb, ist auch heute in Inhalt und Form der eiserne Bestand der Schulmathematik; ja, sein Lehrbuch wird, wenigstens in England, noch zuweilen unmittelbar dem Unterricht untergelegt. Nur wenige Zusätze und Fortsetzungen sind dem Euklidischen System eingegliedert, mehreres Unnötige ist ausgeschieden worden. Was der junge Grieche, der erwartungsvoll an die Tür mathematischer Weisheit klopfte, durchdenken, lernen und üben mußte, das arbeitet mit gleicher Andacht in der heutigen Zeit der strebsame Quartaner und Tertianer durch. Welch bewunderungswürdiges Genie, einzig in der Geschichte der Mathematik, muß E U K L I D S Hand geführt haben, da er ein solches Meisterstück, wie aus einem Gusse, zu schaffen vermochte! Solche Fragen staunender Anerkennung drängten und drängen sich jedem seiner Jünger unwillkürlich auf. Der Geschichtsforscher ist kritischer. Nie ist eine Geistestat unvermittelt in die Welt getreten, sondern Forscher auf Forscher trugen, jeder nach seiner Kraft, das ihrige dazu bei, bis das Werk im Glänze dastand. Ist der, der es schließlich krönte, der Baumeister? Griechische Mitteilungen verweisen selbst den Ursprung der Geometrie in das Land der Nilanwohner, nach Ägypten. Die Erzählung, daß bei diesen die Geometrie allmählich durch die stets zu wiederholenden, von den jährlichen Überschwemmungen bedingten Landvermessungen entstand, ist bei H E B O D O T 1 als Hypothese, bei 1

HERODOT, Hisioriae,

lib. II, cap. 109, ed. DIETSCH, L e i p z i g 1882, S. 168.

1*

4

Allgemeiner Teil.

Späteren 2 als Tatsache überliefert worden. Der Anblick der majestätischen Pyramiden- und Tempelbauten (bis 4000 v. Chr. zurück), ihre genaue Durchforschung in Bauart, Ausschmückung und Inschriften, die wissenschaftliche Durchsicht der gefundenen Papyrusrollen, besonders des unter dem Namen „Rechenbuch des AHMES" bekannt gewordenen Papyrus Rhind 3 (2000—1700 v. Chr.) geben überraschende Aufschlüsse über ägyptische Kenntnisse in der Geometrie. Ziemlich genaue Versuche in der Kreisquadratur, schwierigere Flächenberechnungen, wie am gleichschenkligen Dreieck und gleichschenkligen Trapez durch Näherungsformeln, Zerlegung von Figuren in leichter zu berechnende, ja Anfänge einer Ähnlichkeitslehre bilden den Gipfelpunkt der gefundenen Resultate. Aber hierin besteht nach der Ansicht bewährter Forscher nicht das einzige Verdienst der Ägypter; man muß annehmen, daß sie schon geometrische Lehrbücher besaßen, wie uns ein solches für das Rechnen durch einen glücklichen Zufall erhalten ist, und in diesen muß sich im Zusammenhang mit dem gleichsam schon fachmännisch erteilten geometrischen Unterricht eine feste, berufsmäßige formale Sprache und Satzanordnung herausgebildet haben, deren Anfänge im Rechenbuch des AHMES nachzuweisen sind, deren Ausläufer aber jene starr gefügte Euklidische Form bildet, die in ihrer Zweckmäßigkeit zu allen Zeiten rühmend anerkannt wurde. Im Geiste der lernbegierigen, wissensdurstigen Griechen trat eine Neugeburt ägyptischer Wissenschaft ein. Zur Erweiterung trug auch das Eindringen babylonischer4 Gelehrsamkeit bei. Aus dieser stammt so mancherlei, was zu den Grundlagen griechischer Mathematik gehört, wie die Lehre von den Eigenschaften paralleler Linien, die Konstruktion des regelmäßigen Sechseckes, die Einteilung des Kreises in 360 Teile und verschiedene Sätze aus der Kreisund Dreieckslehre. Oeometrica, cap. 2, 23; Opera 4, ed. HEIBERG 1483 , S. 177, Z. 6 f., S. 399, Z. 12 f. STBABONIS Geographica, lib. 16, cap. 2, § 2 4 , ed. MÜLLER-DIDOT, II, Paris 1877, S. 644, Z. 48—56, lib. 17, cap. 1, § 3, S. 699, Ζ. 54 bis S. 670, Z. 7. EDDEMI Fragment a14, S . 113. DIODORI Bibliotheca Historica, I, 81, ed. 3 DINDORFF-VOGEL, Bd. I, Leipzig 1888, S. 136. — Ein mathematisches Handbuch der alten Ägypter, Papyrus Rhind des Britischen Museums, übersetzt und erklärt von Aue. EISENLOHB, Leipzig 1877. — 4 j)j e babylonische praktische Mathematik ist fast völlig unerforscht. Die größte Zahl der vorhandenen Keilschrifttexte ist noch gar nicht veröffentlicht, aber auch das Veröffentlichte ist nur zum Teil erklärt. Man darf also noch auf unerwartete Aufschlüsse über die antike Mathematik hoffen. 2

HEBON,

Oberblick

über die geschichtl.

Entwicklung

der Elementargeomeirie.

5

In besseren Boden als den griechischen konnte die Geometrie nicht verpflanzt werden. Mit Feuereifer gaben sich die aufstrebenden griechischen Schulen dem neuen Wissenszweige hin, den berühmte Gelehrte, wie THALES von Milet (um 6 2 4 — 5 4 8 ) und PYTHAGORAS (um 580 Samos — 501 Kroton, Megapontum), von ihren Reisen aus fremden Ländern mitgebracht hatten. Zu den Erfindungen und Entdeckungen, die diesen Reisenden als Eigentum zugeschrieben werden, haben der Hauptsache nach solche gesammelten Mitteilungen besonders aus Ägypten und Babylon den Anstoß gegeben. Bestimmte Überlieferungen5 verknüpfen mit dem Namen des THALES den Lehrsatz von der Gleichheit der Scheitelwinkel und der Basiswinkel im gleichschenkligen Dreiecke, die Halbierung des Kreises durch den Durchmesser, die Kongruenz zweier Dreiecke bei Übereinstimmung in einer Seite und den zwei anliegenden Winkeln. Viel weniger bestimmt sind die Angaben über die Verdienste des PYTHAGORAS um die Geometrie. Die spätere Überlieferung ist oft allzu leicht geneigt, ihm Entdeckungen zuzuschreiben, die seinen Schülern, selbst späteren, zukommen. Schon zu ARISTOTELES' Zeit waren die Leistungen des PYTHAGORAS von denen seiner Schüler nicht mehr zu trennen. Die Überschätzung des Meisters hält scharfer Kritik nicht stand.® 20 Jahre nach dem Tode des PYTHAGORAS hat OINOPIDES (um 4 9 0 v. Chr.) eine genaue Konstruktion für die Aufgabe, von einem Punkte auf eine Gerade ein Lot zu fällen, gegeben.7 Wie kann da dem PYTHAGORAS die Entdeckung des Irrationalen, die geometrische Konstruktion der fünf regelmäßigen Körper zugeschrieben werden, ja auch nur der Quadratensatz am rechtwinkligen Dreieck in seiner theoretischen Reinheit? Die Benutzung von Proportionen muß man ihm zuschreiben, auch die Kenntnis regelmäßiger Körper hat er besessen, aber wohl nur auf Grund ihrer technischen Herstellung, nicht in Verbindung mit tieferen geometrischen Wahrheiten. Auch die Quadrateigenschaft 3 2 + 4 2 = 5', selbst am rechtwinkligen Dreieck, vielleicht auch noch andere ähnliche Zahlen wird er gekannt haben. Erst der Schule des Meisters verdankt die Mathematik, als reine selbständige Wissenschaft von der steten Verbindung mit 5 PBOKLOS (410 n. Chr. Byzanz — 485 Athen) gibt in seinem Kommentar zu EUKLID historische Erläuterungen, die er der Geschichte der Geometrie des EDDEMOS (um 334 v. Chr.; vgl. S. 7) entnommen hat. Zu THALES vgl. PBOCLI DIADOCHI in primum EUKLIDIS Elementorum librum commcntarii, ed. G. FBIEDLEIN, Leipzig 1873, 299, 3—4; 250, 20 fF.; 157, 10 ff.; 852, 14 ff. — 6 Vgl. H.VOGT, Die Geometrie des Pythagoras, Bibl. math. 93, 1908/09, S. 65 ff. — 7 PROCLUS5, S. 283.

6

Allgemeiner

Teil.

der Praxis losgelöst, die hauptsächliche Förderung. Diese Schule beherrschte die Lehre von den Parallellinien, die Winkelsätze des Dreiecks, die Kongruenz und Flächengleichheit von Dreiecken und benutzte diese zu den sogenannten Verwandlungsaufgaben. Erst sie fand den Pythagoreischen Lehrsatz und die stetige Teilung. Von HIPPOKBATES (um 440 v. Chr.), der mit der Pythagoreischen Schule in Verbindung stand, stammt die älteste uns erhaltene griechische mathematische Schrift, die Abhandlung über die Möndchen,8 ein wichtiger, allerdings mißlungener Versuch der Kreisquadratur. HIPPOKBATES ist bereits die Lehre vom Kreise und den Winkeln im Kreise völlig geläufig. Seine Beweisart ist allerdings noch altertümlich. Die Beweise bis zu seiner Zeit waren mehr Erfahrungsbeweise, zerlegt in viele einzelne Sonderfälle. Die vielgerühmte griechische Strenge setzt erst mit HIPPOKBATES selbst ein. In peinlicher Genauigkeit wird die Voraussetzung gefaßt, mit ängstlicher Erwägung aller nur möglichen Einwürfe die Konstruktion der entsprechenden Figuren entworfen, auf jeden Hilfssatz beim Beweis mit breiter Umständlichkeit eingegangen, da man seine Kenntnis bei dem Zuhörer nicht voraussetzen durfte. Diesem äußerst fühlbaren Mangel aller Vorkenntnisse half HIPPOKBATES selbst ab, indem er zum erstenmal „Elemente" zusammenstellte.9 Ihre Abfassung muß nach seiner Möndchenschrift erfolgt sein, da er sich in letzterer trotz mehrfacher Gelegenheit nicht auf sie bezieht. Gegen Ende des Jahrhunderts, fast 100 Jahre nach dem Tode des Meisters, wird in der Pythagoreischen Schule eine folgenschwere Entdeckung gemacht, die des Irrationalen: daß es nämlich Strecken gebe, denen keine Zahl zukomme.10 Dem Lehrer P L A T O N S , THEODOBOS VON K Y B E N E (um 410 v. Chr.), gelang der Nachweis der Irrationalität für |/2, ]/3 bis ]/l7 und damit induktiv für alle Wurzeln aus Nichtquadratzahlen. Den weiteren Ausbau der neuen Lehre vollführte P L A T O N S Altersgenosse T H E A I T E T (um 390 v. Chr.) und sein Schüler EUDOXOS (410—356 v. Chr.). PLATON selbst (429—348 v. Chr. Athen) widmete sich der Grundlegung und Methodik der Mathematik; indem er jeden Satz auf Vordersätze zurückführte, gelangte er schließlich zu den Definitionen, Axiomen und Postulaten. Ihm wird der Ausbau der analytischen Methode wie der indirekten Beweisform zugeschrieben;11 besondere Sätze, die einen Fortschritt im geometrischen 8

Oer Bericht des SIMPLICIUS über die Quadraturen des ANTIPHON und des weitere Literatur. — 9 PBOCLUS5, S. 66, 7. — die Griechen das Irrationale entdeckt? Novae Symbolae Joacliiraicae. Halle 1907. — 11 PROCLÜS5, S. 211, 18 bis 212, 4. RUDIO,

HIPPOKBATES11706; daselbst S. 79 10 Vgl. G. JUNGE, Wann haben

Überblick über die geschiehil. Entwicklung

der Elementargeometrie.

7

System bilden, werden nicht auf ihn zurückgeführt. Einer seiner Schüler, L E O N (um 370 v. Chr.), stellte zum zweitenmal Elemente zusammen,12 da die des H E P P O K B A T E S inzwischen reichlich veraltet sein mochten; etwa drei Jahrzehnte später (um 340 v. Chr.) geht T H E U 13 D I O S wiederum an diese Arbeit. Die Entwicklung der Mathematik hatte solch energischen Verlauf genommen, daß auch ein historischer Uberblick nötig wurde. E U D E M O S (um 334 v. Chr.), ein älterer, hervorragender Schüler des A B I S T O T E L E S , verfaßte eine Geschichte der Mathematik, die durch Auszüge späterer Gelehrter 11 uns in kleinen Bruchstücken erhalten ist. Alles bis dahin Geleistete trat aber in den Schatten, als E U K L I D (geb. etwa 365 v. Chr., Lehrer in Alexandria) sein großes Werk [στοιχεία, Elementa)15 der Öffentlichkeit übergab (etwa zwischen 330 und 320 v. Chr.). Aus der vollendeten JTorm, in der er seine Zusammenstellung ausführte, ist zu erklären, daß die Werke seiner Vorgänger innerhalb der nächsten Menschengeneration verschwanden und kaum die Namen ihrer Verfasser übrig blieben. E U K L I D ist ό στοιχειώτης, der Elementenschreiber κατ έξοχήν! Die neue Lehre vom Irrationalen, bisher nur im geistigen Besitz der führenden Mathematiker, mußte in das allgemeine System hineingearbeitet und in die Elemente aufgenommen werden. E U K L I D kam diesem Bedürfnisse nach; die Anordnung seiner Elemente spiegelt den geschichtlichen Verlauf, den gewaltigen Einfluß der jüngsten Entdeckungen deutlich wieder.16 Die alte Proportionslehre mit dem bisherigen Zahlbegriff war unhaltbar geworden. E U K L I D vermied sie daher in den ersten Büchern grundsätzlich; wo bis dahin Beweise mit Hilfe von Proportionen üblich gewesen waren — so beim Quadratensatz im rechtwinkligen Dreieck — erfand er neue rein geometrische Beweise. Die Bücher I, II, ΠΙ, IV, VI dürften die geometrischen Resultate der Arbeiten in der Pythagoreischen Schule, die Bücher VII—IX deren arithmetische Untersuchungen wiedergeben. Die strenge neue Proportionslehre des E U D O X O S , die wegen ihrer Schwierigkeit nicht an den Anfang paßte, brachte er erst im V. Buch. Mit weiterer Benutzung der arithmetischen Bücher VII—IX steigt PBOCLUS 5 , S . 6 6 , 1 9 f f . — 1 3 PBOCLUS 5 , S . 6 7 , 1 2 . — 1 4 PROKLOS (410 Konstantinopel — 4 8 5 Athen), EUTOKIOS und SIMPLICIUS (beide in der ersten Hälfte dea sechsten Jahrhunderts), zusammengestellt durch L. SPENGEL, 1. Aufl. Berlin 1 8 6 6 4 , 2. Aufl. Berlin 1 8 7 0 : EUDEMI Fragmenta, quae supermini. — 1 5 EÜCLIDIS Opera omnia, ed. J . L. HEIBERQ und H . MENGE, Leipzig 1 8 8 3 — 1 8 9 5 ; J. L. H E I 16 BEBG, Literargeschiehtliche Studien über EUCLID, Leipzig 1 8 8 2 . — Nach PAUL TANNERY, La geomctrie grecqtie, Paris 1 8 8 7 ; G . JUNGE, Bibl. math. 12 3 , 12

1911/12, S. 354/55.

8 er dann auf zur eigentlichen Lehre vom Irrationalen, die er, wohl in Anlehnung an T H E A I T E T , im X . Buch auseinandersetzt; in diesem Buche werden wir auch den größten Teil der selbständigen Arbeiten E U K L I D S ZU suchen haben. Anderseits kann man nicht behaupten, daß der Inhalt der ersten neun Bücher zielbewußt nur für das X. Buch zugerichtet sei. Wichtige Bestandteile der damaligen Mathematik, wie der Satz von der unbegrenzten Menge der Primzahlen und die Berechnung der vollkommenen Zahlen finden sich im IX. Buch (S. 20 und 36), ohne als Voraussetzung zu Ableitungen im X. Buche erforderlich zu sein. Buch X I und XII sind stereometrisch; das letztere trägt den Stempel der Exhaustionsmethode, die auf HIPPOKBATES zurückgeht. Buch XIII knüpft an das IV. Buch an und handelt von den regelmäßigen Vielecken und Vielflachen. Was E U K L I D im einzelnen den älteren Elementenzusammenstellungen entnommen hat, ist bei dem Mangel jeder früheren Literatur schwer festzustellen. Geringe Anhaltspunkte kann man aus den Schriften des A M S T O T E L E S , der ungefähr 20 Jahre älter als 17 E U K L I D ist, entnehmen. Bei A M S T O T E L E S finden sich viele Stellen, an denen er auf mathematische Sätze, die anscheinend aus älteren Lehrbüchern genommen sind, Bezug nimmt; es sind meist Sätze, die ihrem Inhalte nach zum Stoff der ersten drei Euklidischen Bücher gehören. Auch Proportionslehre wird erwähnt, Stereometrie nur selten. E U K L I D hat aber auch nicht alles aufgenommen, was an elementarmathematischen Sätzen zu seiner Zeit bekannt war; so unterdrückte er u. a. den Satz von den Lunulae des HIPPOKBATES, wohl in Erkenntnis seiner Nichtverwendbarkeit bei der Kreisquadratur, ferner den Satz von der Außenwinkelsumme im Dreieck.18 Solche nicht aufgenommene Sätze, deren elementarer Charakter jedoch feststand, nannte die Folgezeit στοιχειώδη (elementenartig).18 Die schnelle Verbreitung und ausschließliche Anerkennung des Euklidischen Werkes wurde oben erwähnt. Alle auf uns gekommenen griechischen Handschriften bis auf eine einzige 19a haben als gemeinsamen Ausgangspunkt eine Bearbeitung des T H E O N von Alexandria (um 365 n. Chr.), der an der ursprünglichen Fassung Änderungen durch Einfügung von Zusätzen, kleinen Erläuterungen usw., nicht immer zum Besten des Ganzen, vornahm. Auch einige arabische Handschriften gehen auf einen älteren Text zurück. 17

Mathematisches xu ABISTOTELES, Abh. Gesch. Math. 1 8 , Leipzig ff. — ' 8 HEIBERQ, Math, zu A B I S T . 1 7 S . 2 6 . — ' 9 P B O C L U S 6 , S . 7 2 . — * Vatikanhandschrift Nr. 190. Vgl. EUCLIDIS Opera, ed. HEIBEBG I, S.V. J.

1904, 19

L.

HEIBERQ,

S. 18

Oberblich über die geschichtl.

Entwicklung

der Elementargeomelrie.

9

Die Wichtigkeit solcher Zusammenfassungen pflegt darin zu liegen, daß hinterher die systematisierte, in ihrem Bestand gefestigte Wissenschaft einen ungeahnten Aufschwung nimmt. Man denke an die glänzenden Leistungen des ein Halbjahrhundert nach E U K L I D lebenden ARCHIMEDES (287—212 ν. Chr., Syrakus), die in einer Reihe einzelner, hochwichtiger Abhandlungen verteilt sind. Seine Quadratur des Kreises, der Ellipse und der Parabel, die erschöpfende Aufstellung der halbregelmäßigen Körper, die Kubatur der Kugel und anderer Rotationskörper zeugen von einer Gewandtheit, die in der damaligen Zeit und noch heute geradezu bewunderungswürdig erscheint. Man vergleiche ferner die Erfolge seines jüngeren Zeitgenossen APOLLONIOS VON P E B G E (zwischen 250 und 200 in Alexandria, dann in Pergamum), des Verfassers der Κωνικά, jenes großen Fundamentalwerkes über die Kegelschnitte, und man wird ermessen können, welch hohe Stufe der Entwicklung die Mathematik auf Euklidischer Grundlage erreichte. Mit H E B O N von Alexandria (erstes Jahrh. v. Chr.), dem Vertreter der praktischen und technischen Geometrie (siehe Bd. I, S. 150; II, S. 48 f., 135f.; III, S. 36) wird der Gipfelpunkt griechischer Mathematik überschritten; wir erwähnen von ihm nur jene bekannte Vorschrift, den Flächeninhalt eines Dreiecks aus den drei Seiten zu berechnen, der neben vielen anderen Berechnungs- und Ausmessungsregeln zum erstenmal in seinem Werke zu finden ist, aber wahrscheinlich auf A H C H I MEDES zurückgeht. H E K O N S Schriften sind schon im Altertum in vielfach abweichender Form verbreitet gewesen. Man nimmt an, daß es sich meistens um Nachschriften seiner Vorlesungen, die sich von Generation zu Generation in seinen Schülerkreisen vererbten, handelt; persönlich scheint er nur wenig veröffentlicht zu haben. Nach dem Beginn unserer Zeitrechnung werden die Namen bedeutenderer Vertreter der Geometrie immer seltener. Nur MENELAOS von Alexandria (um 98 n. Chr.), dem wir in der Geschichte der sphärischen Geometrie wiederbegegnen werden — er soll nach arabischen Gelehrten auch ein Buch über die Elemente der Geometrie verfaßt haben20 — CLAUDIUS PTOLEMAJEUS (beobachtete zwischen 125 und 151 n. Chr. in Alexandria), dessen Hauptverdienste auf dem Gebiete der Astronomie liegen, und schließlich P A P P O S (Ende des dritten Jahrhunderts n. Chr., Alexandria), der in der Hauptsache eine kompilatorische Tätigkeit entwickelte, vermochten 20

Nach

ALBIRÜ.NI,

S.

H.

SDTER,

Bibl. Math. 11„ 1910/11,

S.

31, Aufg. 1.

10

Allgemeine)· Teil.

ihre Namen in der Geschichte der Geometrie in Erinnerung zu halten, wie die nach ihnen benannten Lehrsätze beweisen. Griechenlands Blüte war vorbei. Die Römer wußten als Erben das Überkommene nicht zu bewahren, geschweige denn fortzubilden. Bedauerlich schwach ist das Verständnis, das in den Kreisen römischer Agrimensoren Heronischer Feldmeßkunst entgegengebracht wurde. Zu besserer Entwicklung gelangte ein anderer Ausläufer griechischer Geometrie, der in Indiens fruchtbarem Boden Wurzeln schlug. Es ist viel gestritten worden, ob die indische Mathematik griechische Bestandteile aufweist, ob sie aus sich allein entstanden ist oder ob sie sogar überschüssige Kraft nach Alexandrien hat abfließen lassen. Die neuere Forschung glaubt nicht an überwiegend selbständige21 indische Leistungen (vgl. Kate). Man hat zwischen einer älteren und jüngeren Periode der indischen Mathematik zu unterscheiden. In der letzteren, deren mathematische Untersuchungen eingeschaltete Kapitel in den großen astronomischen Werken Äbyabhatas (geb. 476 n. Chr.)183, Brahmagpptas (geb. 598 n. Chr.)185, Bhäskabas (geb. 1114 n. Chr.)185 bilden, ist griechischer, im besonderen Heronischer Einschlag unverkennbar. Einen anderen Charakter hat die altindische Geometrie, die mit dem strengen altertümlichen Opferkultus zusammenhängt. Für den Bau der Altäre hatten sich rituelle Vorschriften in Maß und Anordnung (Sulvasütras) gebildet, die auf das peinlichste innegehalten werden mußten, sollten die Opfer günstig ablaufen. Für die Grundrisse wurden genaue Flächenvergleichungen, Verwandlungen und Berechnungen angestellt, die die Kenntnis des sogenannten Pythagoreischen Lehrsatzes, irrationaler Wurzelgrößen, des Gnomons verraten. Wenn es richtig ist,21 daß die Überlieferung dieser geometrischen Vorschriften in dem Äpastamba-Ssulvasütra vielleicht schon dem fünften vorchristlichen Jahrhundert entstammt, Beispiele ganzer Zahlen für rechtwinklige Dreiecke sogar bis in das achte Jahrhundert hinaufreichen, so scheint zu folgen, daß der indische Geist hier selbständig schöpferisch gewesen ist, vielleicht eher Spuren von ihm nach dem Westen gelangt sind.22 Aber grundverschieden ist 21

Α. Β Ork, Das Apastamba-Sulba-Satra, Ztschr. d. deutsch, morgenländ. Geaellsch. 55, 1901, S. 513 ff. — G. R. Kate (vgl. Bd. I, S. 15 und Anm. 95; Bd. II, Anm. 760) sucht das hohe Alter der Sulvasütras zu widerlegen. Dadurch würde griechischer Einfluß wiederum angenommen werden können. Die Sulvasütras sind in drei Fassungen erhalten, die den Verfassern Baudäyana, Apastamba und KätyXyana zugeschrieben werden; sie weichen untereinander so stark ab, daß man bei dem Fehlen alter Handschriften schließlich gar nicht weiß, was ursprünglicher Bestand ist. — 2 2 Bübk21, S. 575, Anm. 1.

Überblick über die geschichtl. Entioicklung

der Elementargeometrie.

11

die indische und griechische Betrachtungsart. Dem Inder fehlt systematische Auffassung, der Aufschwung zu abstrakter Theorie. Der Inder kennt nicht das Zurückgehen auf Definitionen, Axiome usw. Was ihm an Spekulation fehlt, ergänzt er durch die Anschauung, so daß bei gar nicht leichten Sätzen das einzige Wort „Siehe!", das der anschaulich gezeichneten Figur beigefügt ist, den ganzen Beweis für die ausgesprochene Behauptung ersetzen kann, ein Verfahren, unmöglich für strenge, griechische Geometrie! Dem Inder ist eine glückliche Induktion genügend für Aufstellung eines Lehrsatzes. Sein Quadratensatz, den er übrigens nicht am rechtwinkligen Dreieck, sondern am Rechteck aufstellte, wurde an mehreren, im Anschauunge verfahre η gefundenen Zahlenbeispielen entdeckt: er wird sofort allgemein ausgesprochen; nach einem streng deduktiven Beweis, in dem der griechische Geist gipfelt, fragt die indische Mathematik nicht. Ein zweites, für die Mathematik der Inder charakteristisches Hilfsmittel ist die algebraische Behandlung geometrischer Probleme, die den Vorzug besitzt, ihre anerkannte Meisterschaft in der algebraischen Analysis auf ein ihnen weniger genehmes Gebiet übertragen zu können. Wirkliche Erweiterungen des Bestandes der Elementargeometrie sind in der jüngeren indischen Mathematik nicht zu verzeichnen; nur auf eine Verallgemeinerung der Heronischen Dreiecksformel für Sehnenvierecke wird aufmerksam zu machen sein. Seltener werden wir in der Geschichte der Elementargeometrie auf spätere Zeiten verweisen müssen. Die Araber pflegten griechische und indische Kenntnisse mit großem Interesse. Ihre Erfolge in der Geometrie der Kegelschnitte gehören indes nicht mehr der Elementargeometrie an; für diese finden wir nur in der graphischen Lösung kubischer Aufgaben, in der Theorie der Vielflache und der Konstruktionsaufgaben erwähnenswerte Resultate. Was das Abendland unmittelbar aus dem Altertum durch Vermittlung von BOETIUS (480 Rom — 5 2 4 Pavia; Staatsmann und Gelehrter) und GEBBEBT (940 Auvergne — 1 0 0 3 Rom; seit 9 9 9 Papst Sylvester II) übernahm, ist herzlich wenig und beschränkt sich auf Auszüge aus EUKLID und auf Stoffe aus der praktischen ausmessenden Geometrie, wie sie die römischen Agrimensoren schon dürftig genug aus HERONS Schriften entlehnt hatten. Erst über arabische und auch jüdische Autoren hinweg gelangte griechische Geometrie in reinerer Form zum Abendlande. Direkte lateinische Ubersetzungen griechischer Mathematiker gibt es bis zur Renaissance nur sehr wenige; die vereinzelt vorhandenen waren nur auf kleine Ländergebiete, wie Unteritalien, und selbst dort auf seltene Hand-

12 Schriften, beschränkt. Von Euklidübersetzungen kennt man Bruchstücke aus dem vierten Jahrhundert;23 andere Bruchstücke enthalten die Schriften des BOETIÜS (480—524 n. Chr.); dritte Reste (aus dem zehnten Jahrhundert) wurden von M. CUBTZE2* gefunden und veröffentlicht. Eine weitere uns bekannt gewordene Ubersetzung, von J. L . HEIBEBG nachgewiesen, 2 5 wurde von ATELHABD VON BATH

(um 1120 n. Chr.) bei seiner Übersetzung eines arabischen Euklidtextes220 benutzt. Eine sehr umfangreiche Ubersetzungstätigkeit nach direkten der

Quellen

entwickelte

lateinische H a n d s c h r i f t e n

1269/70 WILHELM VON MOEBBECKE, v o n ABCHIMEDES,

EUTOKIOS, HEEON,

PTOLEMAEUS herstellte. Lateinische Übersetzungen aus dem Arabischen sind ungleich verbreiteter, so von EUKLID, PTOLEMAEUS, ABCHIMEDES U. a. durch GERHARD VON CBEMONA (1114 — 1187 Toledo), von

der

Sphärik

des

THEODOSIOS

durch

PLATO

VON T I V O L I

(um

1120) u. a. Aus diesen schöpfte fast ausschließlich die abendländische Wissenschaft. Hätte sich nicht ATELHABD VON BATH — und gleiches ist für die Euklidübersetzung GEBHABD VON CBEMONA s nachzuweisen 26 —

an eine direkte Übersetzung, die die griechischen Fachwörter zumeist beibehalten hatte, angelehnt, so würde der jetzige Sprachschatz viel weniger griechische, weit mehr lateinische Ausdrücke besitzen.27 Auch in der Geometrie wie in anderen Gebieten der so weiten Mathematik

muß LEONARDO VON PISA (1220, Practica

geometriaeI489)

und ganz besonders JOBDANUS NEMOBABIUS (T 1237 ?, De

triangulis111155)

wegen der zusammenfassenden Behandlung des von ihren Vorgängern übernommenen Stoffes genannt werden. Ihre arabischen Quellen sind erst zum Teil bekannt; so hat LEONARDO den Liber embadorumISi2b

lateinischen

des

SAVASORDA

Übersetzung

(um

1100 n. Chr.,

Barcelona)

des PLATO VON TIVOLI (1145)

in

der

ausgiebig

benutzt. Die erste in deutscher Sprache geschriebene Geometrie stammt aus dem Ende des vierzehnten Jahrhunderts und ist unter dem Namen der Geometria Culmensis bekannt28 Der unbekannte Verfasser, der zu ihrer Niederschrift von dem Hochmeister KONBAD VON JUNGINGEN

angeregt wurde, fugte der ursprünglich lateinischen Ausarbeitung eine ziemlich freie deutsche Ubersetzung bei. Der Inhalt ist rein 23 CANTOR, l 3 , S. 565.— 24 ANABITIÜS, ed. CUBTZE " S5S , S. XIV ff. — 25 Ztschr. Math. Ph. 35, 1890, S. 48 ff. — 26 CANTOB, 1», S. 908. — 27 BJÜKNBO, Archiv f. d. Gesch. d. Nat. u. d. Technik, Bd. I, 1909, S. 385 ff. — 28 Geometria Culmensis. Ein agronomischer Traktat aus der Zeit des Hochmeisters CONRAD VON JDNGINGEN (1393—1407), herausg. von D. H. MENDTHAL, Leipzig 1886.

Die Sprache der Geometrie.

Figuren.

13

feldmesserischer Natur und nur dazu bestimmt, die Kegeln und Vorschriften der damals sehr handwerksmäßig betriebenen Feldmeßkunst zusammenzufassen. Während die Arbeiten PEUBBACHS ( 1 4 2 3 — 1 4 6 1 , Universität Wien) und REGIOMONTANS (1436 Königsberg in Oberfranken — 1 4 7 6 Rom; Wien, Italien, Nürnberg) ein eifriges Studium guter römischer und griechischer Quellen verraten, zeigen die geometrischen Kapitel des WIDMANN sehen Rechenbuches von 1489 1 1 4 5 nur Spuren indirekter28* Beschäftigung mit den römischen Agrimensoren. Wurde auch allmählich der alte Bestand wiedergewonnen, so blieb doch das Tempo in der Weiterbildung ein sehr langsames. Erst das sechzehnte und besonders das siebzehnte Jahrhundert brachte einen wesentlichen Fortschritt. VIETAS ( 1 5 4 0 — 1 6 0 3 ) Schriften, auf die in der Algebra so oft hinzuweisen war, sind auch hier zu nennen. DESCABTES' große Entdeckung (1637, La Geometrie) verband die Geometrie mit der Algebra und schuf in der analytischen Geometrie (siehe deren Geschichte Bd. VI) ein fruchtbares Mittel, das der Mathematik zu ungeahnten Triumphen verhalf. Infinitesimalbetrachtungen, deren erste Verwendung, aufgebaut auf Archimedischen Leistungen, uns in 11329 KEPLEBS Stereometria doliorum von 16 1 5 und in CAVALIEBIS Geometria indivisibilibus continuorum nova quadam ratione promota von 1635 11330 entgegentreten, vereinigten sich mit der analytischen Geometrie, um schließlich als köstliche Frucht die Differential- und Integralrechnung zu zeitigen. Aber auch auf dem Wege der antiken Geometrie lernte man weiterwandern, und in der projektiven Geometrie wurde eine neue Wissenschaft geschaffen, die die tiefsten Einblicke in das Wesen der Raumlehre erschloß. Das neunzehnte Jahrhundert brachte kritische Durcharbeitungen der Grundlagen und in den sogenannten nichteuklidischen Geometrien entstanden allgemeine, von den besonderen Eigenschaften unseres Raumes unabhängige geometrische Systeme, die heute auch in der Physik eine Rolle zu spielen begonnen haben. 2. Die Sprache der Geometrie.

Figuren.

Im Gegensatz zu der Algebra ist die Ausdrucksweise, deren man sich in der Geometrie bedient, wenig ausgebildet; sie ist auf der Stufe stehen geblieben, in der sich die Algebra von der Zeit DIOPHANTS bis zum Auftreten VIETAS befand (vgl. Bd. II, S. 6—7). Die Beweise werden in mehr oder minder breiten Auseinander28

" Vgl. Gr. ENESTEÖM, Bibl. math. 8 3 , 1907—1908, S. 197.

14 Setzungen vorgeführt, unter Benutzung abkürzender Zeichen, stellenweise unterbrochen von algebraähnlichen Rechnungen. Das Ideal einer symbolischen Geometrie, das mannigfach angestrebt wird, dürfte sich kaum erreichen lassen. Die Algebra geht bei ihren Rechnungen immer wieder auf die wenigen Grundoperationen zurück, deren Anwendung fast stets ohne weitere Einschaltung eines begleitenden Textes aus den Rechnungsresultaten selbst klar ist; bei komplizierteren Operationen genügt die Anführung der gerade benutzten Formel. Anders in der Geometrie. Die Zusammenziehung vieler Schlüsse in e i n e Denk- oder Anschauungsoperation, die Formulierung von Lehrsätzen, die stete Berufung auf bereits bewiesene Sätze, die nicht in der durchsichtigen Gestalt einer Formel uns entgegentreten, machen es vielfach unmöglich, ohne erläuternden Wortlaut auszukommen. Die beigefügten Zeichnungen können zwar erheblich zur Kürzung des Beweises beitragen; doch bedürfen auch sie zumeist einer Beschreibung, da verwickeitere Figuren über den Verlauf der vorgenommenen Konstruktion nur wenig unmittelbar verraten. Hierin tritt aber gerade der außerordentliche Vorteil algebraischer Formeln klar zutage. F i g u r e n kannte bereits das altägyptische Rechenbuch des AHMES29 (zwanzigstes bis achtzehntes Jahrhundert v. Chr.). In ihm begegnet dem Leser u. a. die Figur eines gleichschenkligen Dreiecks, das eigentümlicherweise nicht auf der Basis stehend, wie wir es gewöhnt sind, sondern liegend, mit der Spitze nach rechts, gezeichnet ist und an seinen Seiten die betreffenden Maßzahlen trägt. Zuweilen wird einer Figur auch die Maßzahl des Inhalts eingeschrieben. Das Hineinschreiben der Maßzahlen finden wir auch bei dem griechischen Feldmesser HEBON (erstes Jahrhundert v. Chr.); es bestärkt dies den Geschichtsforscher darin, die HEBON sehe Sammlung als aus ägyptischen Quellen stammend aufzufassen. Bei den Griechen hatte sich, vielleicht seit der Zeit der Pythagoreer, die Gewohnheit herausgebildet, die Ecken der Figuren mit Buchstaben zu bezeichnen. EUDEMOS (um 334 v. Chr.) gibt in seiner Geschichte der Mathematik Ableitungen des HIPPOKBATES (um 440 v. Chr.), die sich auch in Sprache und Form eng dem älteren Original anlehnen. Während EUKLID in seinen Elementen το χ (sc. σημεΐον), ή AB (sc. εύ&εΐα) = das χ, die AB, sagt, drückt sich HIPPOKBATES, oder wenigstens EUDEMOS aus: το έφω χ = der (Punkt), bei welchem χ (eteht); ή ktp rt AB 5 ALPH. BORELLI, EUcLIDSS restitutus, Pisa 1658, S. 12. — 106 Nouveaux Elemens de Geometrieim, 2. Aufl. 1690, S. 6, Axiomes XXII u. ΧΧΠΙ. Vgl. über ARNAULD: K. BOPP, Abh. Gesch. Math. 14, 1902, S. 248 f. — 1 0 7 Mathesis theoretica, Rostock u. Greifswald 1760, S. 201, Arithm. § 15. — 1 0 8 Daselbst S. 202, § 18. — 1 0 9 L. W. GILBERT, Die Geometrie1153β, I, Halle 1798. — 1 , 0 Vorlesungen über die Anfangsgründe der Mathematik, 2 Bde., Dresden 1810—1811, II, § 56. — 1,1 Anmerkungen %u seinem Lehrbuch der MathematikII405, S. 105 u. 110. 99

32

Allgemeiner

Teil.

Die Geschichte der Fachwörter für die grundlegenden Begriffe usw. erfordert ausführlichere Darstellung. Unter μα&ήματα faßte PLATONs Akademie alle Lehrgegenstände des wissenschaftlichen Unterrichts zusammen. Die Schule des ARISTOTELES spezialisierte das Wort und faßte mit ihm nur die Logistik (Rechenkunst) und Arithmetik (wissenschaftliche Zahlenlehre), Geometrie der Ebene und des Raumes, Musik und Astronomie zusammen.112 Die Trennung zwischen praktischer und theoretischer Wissenschaft, die PLATON in der Scheidung zwischen Logistik und Arithmetik eingeführt hatte, nahm AEISTOTELES bei der Geometrie vor, indem er die Geodäsie der reinen Geometrie gegenüberstellte.112® Eine Definition für „Mathematik" gibt schon HERON,113 ebenso auch eine Erklärung für die Entstehung des Wortes.114 Unter Mathematiker (ό μα&ηματιχός) versteht PLATON (429 bis 348 v. Chr.) jeden Lernbegierigen,115 ARISTOTELES (384—322 v. Chr., Athen) den der Mathematik Kundigen.116 In der Folgezeit wird in diesem Sinne häufig Geometer gebraucht, so bei CASSIODORUS (475 bis 570), der zum Unterschied die Feldmeßkunst disciplina gromatica,

den Feldmesser agrwmnsor nennt.117 GERBERT (940 Auvergne — 1003 Rom; seit 999 Papst Sylvester) unterscheidet zwischen geo· metricus, dem gelehrten Mathematiker,118 und geometra, dem Feld119 messer. Die Franzosen nennen noch heute einen Mathematiker c/eometre, die Engländer geometer, wir den Feldmesser Geometer. In deutsche Schriften tritt das Wort Mathematik mit dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts ein, so bei GRAMMATEUS (1518) 1,0 und KÖBEL (1518).121 DÜRER sagt 1525 öie 2Tiatyemattct,m 1771 ADELUNG öer ZTTatfyematifer;123 in der Bearbeitung von A R I S T O T E L E S 1 2 , Anal, post I , 1 3 ; ed. BEKKER I , S. 7 8 rechts, Z . 3 6 f.; Phys. II, 2, S. 194 links, Z. 7 f. — 1 1 2 * ARISTOTELES, Metaphys. II, 2; Akademieausgabe 18 , II, 1831, S. 997 rechts, Z. 26—27, 32. — »3 Defmitiones, Opera IV 1488 , ed. HEIBERG S. 162, Z. 26 ff., S. 163, Z. 26 ff. — n* Definitiones, Opera IV 1488 , S. 110, Z. Iff., S. 161, Z. 17 ff. — 116 Timaeus 88B, Dialogi IV, ed. HERMANN, Leipzig 1907, S. 401. — 1 , 6 Berl. Ak.-Ausg. 1 \ I, 8. 639 rechts, Z. 7; II, S. 1142 links, Z. 12, 17. — 117 V. MORTET, Revue de Philologie, de Litt6rature et Nouvelle Serie 27, 1903, S. 68 ff. — 1 , 8 Opera omnia ed. BUBNOW1", S. 55, Z. 7. — 119 Ed. CURTZE, Abh. Gesch. Math. VII, 1895, S. 86, Z. 31, ähnlich planimetra S. 89, Z. 4. — >2» 2tyn new fünlilid? Sud;, 1518'«, Bl. 0?tj r°, Z. 8: jn b'füft mattjematica. — 121 Das neu) Sedjepüdjlein1090, Oppenheym 1518, Bl. XXVHI r°, Ζ. 1 v . u . : bett Stnreidjen Kunjinettt ber ITlatliematic. — 1 2 2 DttbenDeyfuTtg11834, Bl. € 5 r°. — ' 2 3 J . C H R . A D E L U N G , Versuch eines vollständigen grammatischkritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart, Leipzig 1774—1786; III, Leipzig 1777, Sp. 402, Z. 6: ber ifiatbematifer beffer Illatliematicus. 112

Definitionen, RÜDOLFFS

Coß

matifcfye lini'.

Axiome, Postulate. — Allgemeine Fachausdrücke.

1553 bildet

STIFEL

33

das Adjektivum ein 2Tlatfye*

124

Das Wort Geometrie ist bereits in der altgriechischen mathematischen Schule der eigentlichen Bedeutung Feldmessung entwachsen. Auf den Ursprung des Wortes weist H E B O N (um 1 0 0 v. Chr.) hin.125 PLATON faßt Geometrie schon ganz allgemein: Του γαρ άει οντοζ

-η γεωμετρική

γνώσίς

έστιν

(Die Geometrie ist die Kenntnis

des ewig Seienden).12® Als deutsches Fremdwort ist es im Mittelhochdeutschen geometric = Feldmeßkunst bereits um 1200 nachweisbar.127 Die ältesten Drucke, die anonyme (Seometrie 6eutfdj128 und das Rechenbuch von W I D M A N (1489) 1 2 9 benutzen es in der Bedeutung Mathematik. GRAMMATEUS ( 1 5 1 8 ) bildet das Adjektivum geometrisch.130 Die deutsche Übersetzung Meßkimst ( K E P L E B 16 1 6 ) 1 7 8 3 umfaßt nicht den vollen Begriff und verschwand bald wieder. Das Wort P l a n i m e t r i e hat erst am Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Bedeutung von ,Geometrie der Ebene' angenommen, so bei MEINEBT (1790). 1 3 1 Ursprünglich bezeichnete es nur die Flächenmessungslehre. H U G O PHYSICUS ( 1 1 6 5 ) teilt die praktische Geometrie ein in altimetria, planimetria, cosmimetria.132 I m Tractatus quadrantis des ROBEBTUS ANGLICUS ( 1 2 7 1 , deutsche Übersetzung

147 7)133 und bei anderen tritt für das letztere Wort Stereometria ein. Altsprachler stießen sich an der Verbindung von lateinischen und griechischen Wortteilen; so trennt C. SCHOTT ( 1 6 7 4 ) 1 3 4 Euthymetrie, Epipedometrie und Stereometrie, aber ohne Anklang zu finden. G. VITALI ( 1 6 6 8 ) führt in seinem mathematischen Lexicon1349 das Wort Planimetrie überhaupt nicht auf, sondern trennt Geometrie Coßim, BI. 173 r°, Z. 7 v. u. — '25 Metrica, Opera III" 05 , ed. SCHÖNE, S . 2 : Ή πρώτη γεωμετρία, ώς δ παλαιός ημ&ς διδάσκει λόγος, πεοι τας iv τ// γ>) μετρήσεις χαί διανομής χατησχολείιο, ο&εν xai γεωμετρία εχλή&η. (In ihren Anfängen beschäftigte sich die Geometrie, wie die alte Erzählung nns lehrt, mit den Landvermessungen und Landteilungen, wovon sie auch Geometrie genannt wurde). — 1 2 6 ϋολιτεία VII, 527 Β. Dialogi IV, ed. HERMANN, Leipzig 1907, S. 217, Z . 26. — ™ SCHIRMER 1 4 6 , S . 26. — 1 2 8 Staats-Bibl. Berlin, Inkunabel Nr. 1876 (gedruckt zwischen 1483 und 1485). — 1 2 9 Rechenbuch 1 " 5 (βγ§. — 1 3 1 F B . MEINERT, Lehrbuch der Mathematik1'*, II, Halle 1790, 132 S . 3 : Von den ebenen Figuren oder die Planimetrie. — Ed CÜRTZE 87, Monats133 hefte f. Math. u. Phys. 8, 1897, S. 195. — Ed. CURTZE118», Abh. Gesch. Math. IX, 1899, S . 45. — 1 3 4 Cursus maihematicus, 1674.1818 — 1 3 4 " G. VITALI, Lexicon mathematicum, Paris 1668 nn , S. 210, 469. Die zweite Auflage (Rom 1690) hat im Artikel Planum, (S. 634—635) die Definition: Planimetria dicitur facultas, quae agit de planorum dimensione. RDDOLFFS

TKOPFKE, Geschichte.

IV.

2. Aufl.

3

34 ( = Ebenenlehre) und Stereometrie. Noch bei B. F. THIBAUT, (1831)135 kommt Planimetrie im älteren Sinne vor, auch noch Longimetrie. Das Wort D e f i n i t i o n (definitio) stellt sich sofort in den ersten lateinischen Übersetzungen für das Aristotelisch-Euklidische ορος ein, 136 so bei MABTIANUS CAPPELLA (470 n. Ch.), Es ist heute noch nicht durch das deutsche E r k l ä r u n g , das H. HOFFMANN ( 1 6 5 3 ) 1 3 7 wählt, verdrängt. Das speziellere , W o r t e r k l ä r u n g ' benutzt schon 1 6 9 4 PIBCKENSTEIN; 138 nicht schlecht wäre auch das von ihm empfohlene 2iufjlegung gewesen. Auch A x i o m (χοινη 'έννοια bei EUKLID; όξίωμα bei ABISTOTELES 139 u n d HEBON; 1 4 0 axiomata, communes conceptiones b e i BOETIUS; comm. notiones bei COMMANDINUS, 1 5 7 0 , Euklidausgabe) ist durch das deutsche G r u n d s a t z , das J . CH. STUBM (1670) im Deutfcfyett 2ircfyimei>es11 535 (Vorbericht) und nach ihm sogleich HOBCHE (1695, Algebra)1*1 und S. REYHEB ( 1 6 9 9 ) 4 1 verwendet, noch immer nicht verdrängt. Z u s a t z (für Corrolarium) ist ein Vorschlag von HOBCHE (1695). 1 4 1

Ebenso kämpft das Fremdwort P o s t u l a t (αίτημα bei EUKLID, lat. petitio oder postulatum bei BOETIUS) mit dem deutschen F o r d e r u n g , das wiederum von J . CH. STUBM (16 70) 11635 gebildet wurde. Das deutsche Wort A n m e r k u n g für σχόλιον (scholium) tritt erst mit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts in die mathematischen Lehrbücher ein.142 Das Wort D i m e n s i o n (griechisch διάστασις)143 tritt im Fachsinne erst im zehnten Jahrhundert auf. BOETIUS (480 Rom — 5 2 4 Pavia) 144 und GEBBEBT ( 9 4 0 — 1 0 0 3 Rom) haben intervallum; gleichzeitig hat der letztere aber schon dimensio im modernen Sinne 145 135

5. Auflage, Orundriß der reinen MathematikII84, S. 318, Anm. — 1 3 6 MAB9S 3 TIANUS C A P E L L A 1 4 4 0 , S . 557. — C e u t f d j e r » Eeutfdj-Hebenber «Euclibis84, S. 3, Z. 2. — 139 Akademieausgabe 12 , 997a, 11, 13 u. oft. — 1*0 Opera 4, ed. HEIBEBQ148', S. 112, Z. 15, S. 158, Z. 18. — Vgl. sein Verzeichnis der Kunstwörter 57 . — , 4 2 1799 G R Ü S O N 1 6 2 , Grundriß, Halle I , S . 3; 1860 M Ö N N I C H " ' , Handbuch, Berlin I , S . 5. A n m e r k u n g erseheint nach M . H E Y N E , Deutsches Wörterbuch, 1905, Leipzig I , S . 104, zuerst 1466 bei SCHOTTEL 5 5 , später bei RABENER und KLOPSTOCK. — 1 4 3 A R I S T O T E L E S 1 8 , Topica, Z, Akad.-Ausg. I , Berlin 1831, S . 142, Z. 2 5 u. ö.; H E R O N 3, Metrica1*05, ed. SCHÖNE, S . 94, Z. 2; 1 87 I3S0 T H E O N SMYRNAEUS · , ed. H I L L E R , S . 112. — 141 Inst. Arithm. , 88, 15: Tria intervalla sunt longitudo, latitude, allitudo. Das bei ihm auftretende demensio heißt einfach Abmessung, ζ. B. 89, 20. Eine Stelle aus der sogenannten Ars geometriae S. 403 mit dimensio ist erheblich jünger (elftes Jahrhundert). — ,45 Ed. BUBNOW 1 S . 52: Solidum corpus est quidquid tribus intervallis seu dimensionibus porrigitur.

Definitionen,

Axiome, Postulate. — Allgemeine Fachausdrücke.

35

und führt damit das Wort ein. Ein Geometriefragment aus dem neunten Jahrhundert148 schreibt mensura. Nach GEBBEET findet man fast ausschießlich dimensio (GEBHABD VON CREMONA, Anaritiusiibersetzung, zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts;147 HUGO PHT148 SICUS, Ende des zwölften Jahrhunderts, dann LEONABDO VON PISA, SACBOBOSCO, ROBERTUS ANGLICUS U. a. m.). In deutsch geschriebenen Büchern tritt Dimension erstmalig in der STIFEL sehen Ausgabe der Coß von RUDOLFE 1 5 5 3 auf.149 Verdeutschungen wie itusftrecfung (HOLTZMANN 1562 1 δ 0 ) haben kein Glück gehabt. Nebenbei sei erwähnt, daß die Besprechung einer vierten Dimension in einem Schullehrbuche zuerst bei FE. MEINEST 1 7 9 0 gefunden wird.151 Die Einteilung des Beweisverfahrens in 1. Lehrsatz, 2. Voraussetzung, 3. Behauptung, 4. Beweis, 5. Beschränkung geht auf die altgriechische Mathematik zurück. Allerdings gebraucht EUKLID ( 3 3 0 — 3 2 0 v. Chr.) Fachwörter dieser Art nie, wenngleich sie zu seiner Zeit und lange vorher sicher allgemein üblich waren. ARISTOTELES ( 3 8 4 — 3 2 2 v. Chr.) erwähnt einmal den indirekten Beweis: ij εις το άδ'υνατόν άπόόειξις 152 = Hinweis auf das Unmögliche. Erst HEBON (erstes Jahrhundert v. Chr.) und dann PEOKLOS (410 bis 4 8 5 n. Chr.) und MAETIANUS CAPELLA (470 n. Chr.) geben uns fast gleichzeitig, der letztere auch lateinisch, die üblichen Fachwörter, allerdings nicht völlig übereinstimmend; doch können in verschiedenen Schulen und bei den einzelnen Schriftstellern Verschiedenheiten in Gebrauch gewesen sein. HEBON 153 und PBOKLOS 164 zählen auf: πρότασις

(1), έκ&εσις

(2), διορισμός

(5), κατασκευή

(6)

(Vorbereitung, Konstruktion), άπόδειξις (4), συμπέρασμα (7) (Schluß), MABTIANUS CAPELLA überliefert πρό&εσις (1), διορισμός (5), κατασκευή (6), έπίδειξις (4), συμπέρασμα (7) und übersetzt propositum determinatio (5), dispositio (6), demonstratio comprobatioque (4),

clusion65

(1); con-

Mit geringen Abwandlungen herrscht schließlich später

vor: propositio (1), hypothesis minatio (5).15E Vgl. S. 81.

(2), thesis (3), demonstratio

(4),

deter-

146

Ed. CURTZE, Zentralbl. f. Bibliothekswesen 16, 1896, S . Πδ, Z. 7: Cuneta haee tria mensure sociata solidü corpus perfidunt. — , 4 7 Ed. C U B T Z E 1 1 3 6 3 , S. 3, Z. 23—25. Aber Lib er trium fratrum, ed. CURTZE1179, S. 116: quantitates. — Pract.geom., ed. CURTZE132. — 1 4 9 Bl. 9 r«, Z. 10 IJ23 . — 150 Die Scdjs Cgrfte SILBER E U C L I D I S 1 4 9 3 . — 1 5 1 M E I N E R T 1 3 4 , Lehrbuch der Mathematik, Π 1 3 Ί , § 2 2 6 , ANM. — «2 Ävalvx. νστ. Α. 11; Akad.-Ausg.1 * I, Berlin 1831, S. 77a, Z. 22.— ' 5 3 Definitiones, Opera I V 1 4 8 3 , ed. H E I B E B Q , S . 120, Z. 23. — 1 5 4 PROCLUS, ed. FRIEDLEIH 6 , S . 2 0 3 .



« 5 MABTIANUS C A P E L L A 1 4 4 0 , e d . K O P P , S . 7 1 6 .

P. ΗέκιοοΝΕ, Carsus mathematicus, 1634—1642, Bd. II1794*, S. 13.

3*



'56 V g l .

36

Allgemeiner Teil.

Yon vielen Verdeutschungsversuchen haben sich allmählich befestigt L e h r s a t z (1648, M. D O E G E N ; 1 6 7 1 6 7 0 , J . CH. STUBM158), Vorauss e t z u n g (1791, J . H . VOIGT),159 B e h a u p t u n g (1831, G. S . K L Ü G E L ) , 1 6 0 Beweis (1670, J. CH. STUBM).158 Die deutschen Wörter Voraussetzung und Behauptung sind etwas spät eingetreten; Torher hatte CHRISTIAN VON WOLFF Bedingung und Aussage, schließlich doch ohne Erfolg, geprägt.161 Die Wörter Beweis und Lehrsatz werden als selbständige Artikel im Mathematischen Lexicon von 1734 angeführt, aber in 163 W O L F E S erster Auflage von 1 7 1 6 nur im Register mit Verweisung auf die Artikel „Demonstratio" und „Theorema". Das Wort R a u m gebraucht KEPLER 1 6 1 6 in seiner deutsch geschriebenen 2Tteffe Kurtft.162 Bei EUKLID bedeutet στερεόν oder genauer σχήμα στερεόν einen Körper; σώμα, wie ARISTOTELES 1 6 3 vorher schon neben στερεόν gesagt hatte, vermeidet EUKLID. HERON (100 ν. Chr.)1®4 ist freier darin; bei ihm kommt auch τόπος vor.165 Spätere bevorzugen σ&μα, so PROKLOS ( 4 1 0 — 4 8 5 n. Chr.). Hierfür stellt sich im Lateinischen sofort corpus, für στερεόν solidum ein: so bei MARTIANÜS CAPELLA (470 n. Chr.),166 CASSIODOBUS ( 4 7 5 — 5 7 0 ) , 1 6 7 168 BOETIUS (480 Rom — 5 2 4 Pavia) . GERHARD VON CREMONA ( 1 1 1 4 bis 1187) bildet neu corporeus, corporalis.1ββ K ö r p e r ist eine Entlehnung des lateinischen corpus, das zunächst in dieser Form auch in deutschen Schriften erscheint (1489 WIDMAN von Eger),170 dann als Cörper ( 1 5 1 8 KÖBEL; hier auch das Adjektivum corperlicfy;171 corporen im Titel von A. DÜRERS Pnöetn>eYjung11334) sich den fremdartigen Anfangsbuchstaben bis ins achtzehnte Jahrhundert (z.B. 1747 SEGNER)172 rettet, aber zähe alle Verdeutschungsversuche vereitelt hat, die allerdings oft allzu starker Phantasie entsprungen waren, wie öte Dolle leibhaftige ^igur (KEPLER 1616), 6er £eirf)nam (HABS173 DÖRFFER 1 6 0 1 651), ein öidjtes Stucf (BUBKHABDT Y. PIBCKENSTEIN M . D O E G E N , Heutiges tages Übliche Kriges Bau-Kunst, Amsteldam 1648, Vorwort, Dolmetscher unter L. — 1 6 8 (Eeutfcfyer itrdfimebes, Nürnberg 1670 IIe85 , Vorbericht. — 1 5 9 Vgl. S C H I R M E R 1 4 · , S . 76. — 1 6 0 Mathematisches Wörterbuchuli3, 4 V. 78 — 161 Vgl. PIUR"" , S. 35, 45. — « 2 JHeffe Kunft S. 8, Ζ. 5 v. u. 1 ' 8 3 . — 1 6 3 H E I B E R O , Mathematisches xu ABISTOTELES S . 1 0 . — 1 6 4 H E R O N 4 1 4 8 3 , ed. H E I B E R G , Ζ. B. Def. 11, S. 22. — >65 Ebendaselbst. — 166 £>e nuptiis lib. VI 1410 , 1508 Nr. 708, S. 470. — '67 Ed. MIGNE , 12 07: solidus. — 168 jnst Arithm II, 4, S . 88: soliditas, corpus solidum. — 169 Uber trium fratrumI179, ed. C U R T Z E , 116, 117. — Rechenbuch 1146 , Teil 3, (£ 3) r°, Z. 15: Corpus if± eyn aufs ung bie man mifjt παφ leng preyt cnb tiejf aber bicf. — , 7 t Ηβφεπρϋφ[βίπ Ιββ0 , •heim 1518, S. 28, Z. 21, 13. — « 2 VorlesungenIi70b, 1747, S. 529. — 12S0 ' F E L I X M Ü L L E R , Abh. Gesch. Math. IX, Leipzig 1899 , S. 330. 157

Definitionen, Axiome, Postulate. — Allgemeine Fachausdrücke.

37

1689). m Aus dem neunzehnten Jahrhundert erst stammen Wortbildungen wie K a u m g r ö ß e n (C. F . A . JACOBI 1834 11942 ) und R a u m f o r m e n (A. TELLKAMPF 1829)175 und zuletzt R a u m g e b i l d e . Das W o r t G r ö ß e geht auf das Aristotelische μέγε&ος (lat. magnitude) zurück (vgl. Bd. I I , S. 51). Für F l ä c h e gebrauchen diePythagoreer χροιά(*= Haut, Farbe; PLATON (429—348 v. Chr.) hat nur ίπίηεδον, bald für Fläche, bald für E b e n e . Bei ARISTOTELES kommt έπιφάνεια hinzu. EUKLID scheidet streng zwischen Ιπίπεδον = Ebene und Επιφάνεια = Fläche. Die eine Stelle ( X I def. 11), in der ECTKLID ίπιφώνεια für Ebene sagt, scheint altertümlich zu sein; die betreffende Definition ist vielleicht eine Entlehnung aus einer früheren Elementenzusammenstellung.176 Das W o r t ίπιπεδιχός — zweidimensional ist eine sehr späte Bildung (SIMPLICIUS, erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts n. Chr.).177 Für Επιφάνεια tritt im Lateinischen superficies, für Ιπίπεδον planum ein (MAETIANUS CAPELLA 470 n. Chr.).178 Planum tritt übrigens schon bei dem Feldmesser BALBUS (um 100 n. Chr.)179 auf, bei dem sich auch das seltene summitas für Fläche, summitas plana für Ebene vorfindet. 180 BOETIUS und GEEBEBT benutzen ganz gelegentlich planities.1*1 Das deutsche W o r t F l ä c h e treffen wir in mathematischem Sinne bei WIDMAN von Eger (1489, Rechenbuch),182 E b e n e 1477 in einer deutschen Übersetzung des Traetatus quadrantis des ROBEBTUS ANGLICUS.183 In einer deutsch geschriebenen feldmesserischen Schrift um 1400 wird statt Ebene gesagt pelt oder flccijt gcoilöe, Pelöung. 184 Kunöurtg bedeutet bei KEPLER185 eine krumme Fläche. Das W o r t O b e r f l ä c h e ist bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts noch nicht von dem allgemeineren W o r t e abgetrennt. Es entsteht 1648 188 zugleich mit dem Worte A b s t a n d (S. 39) wird aber erst im achtzehnten Jahrhundert durch das Vorbild CHR. VON WOLFFS üblicher.187 Nicht viel später taucht der Kunstausdruck G r u n d Handgriffe des Zirckels und Lineals, Augsburg 1689, S. 191. — 175 Vorschule1'95, § 230. — 176 HEIBERG, Mathematisches zu ARISTOTELES17, S. 8. — " 7 FR. RÜDIO, Der Bericht des SIMPLICIÜS"708, S. 148. — , 7 8 De nuptiis, Nr. 708, 7211M0. — 179 Die Schriften der römischen FeldmesserIS03, I, S. 97. — , a 0 Daselbst S. 99; noch einmal in einer Handschrift aus dem elften Jahrhundert, Codex lat. Mon. 14836, ed. M. CÜRTZE, Abh. Gesch. Math. VII, 1895, S. 122, Z. 43, S. 123, Z. 46; ebenso in der gefälschten Boetiushandschrift, vgL CANTOR I s , S. 587. — '8« Ed.BüBNOw157, S. 56. — 182 Bl. (£ 3 ) N " : Superficies aber fledj. — 183 M. CÜRTZE, Abh. Gesch. Math. IX, 1899I1M, S. 53: lüiltu alfo meffen bie eben tn [eng unb in preite. — 184 Herausgeg. von Dr. MENDTHAL28, S. 19, 65. — WBCTTeffeKnnfl1789, S. 113. — 186 DOEGEN157, im Vorwort: Anzeiger der fremden Wöhrter unter A. — ' 8 7 Pinn"274, S. 37. 174

38

Allgemeiner Teil.

f l ä c h e auf. W . SCHMIDT (1539) sagt in seiner Euklidübersetzung188 noch öie rnter unb öie ober fledj; J. CH. STÜRM schlägt 1670 unser Wort Grundfläche189 neben Grundscheibe vor. DÜRER hatte 1525190 HOLTZMANN

Grund,

1562 1 9 1

und KEPLER

1616 1 9 2 Boden

gebraucht.

SEGNER (1747) bildet noch Obergrundfläche193 beim Prisma, wofür wir heute Deckfläche sagen. Schon HERON (um 100 v. Chr.) hatte getrennte Bezeichnungen für Grund- und Deckfläche in 'έδρα ( = Sitz) und ίφέδρα,19*

SAVASOBDA (um 1100 n. Chr.) basis und

summitas.195

Die L i n i e n teilten PLATON (429—348 Athen) und ARISTOTELES (384 Stagira — 322 Chalkis), wie PROKLOS berichtet,198 ein in εύ&εΐαι (gerade), περιφερείς (gebogenlinige) und μιχταί (gemischtlinige). In EUKLIDS Elementen treten nur die Gerade, εν&εΐα (sc. γραμμή), und der Kreis, κύκλος, auf. Vor PLATON wurden vielleicht noch die κεκλασμέναι (gebrochene Linien) besonders aufgeführt, was aus einzelnen Andeutungen in EUKLIDS Elementen geschlossen werden kann.197 Weniger theoretisch äußert sich HERON: die Linien seien entweder gerade oder nicht; von den Nichtgeraden seien die einen die sogenannten Kreisbogenlinien, die anderen die Schneckenlinien (iXtxoetdeig), die dritten die krummen (καμπνλαή. Die alten gebrochenen Linien holt HERON in def. 14 bei den Winkeln nach. Die lateinische Übersetzung ist linea (von llnum = Lein, nicht von linere = streichen, also ,Leine', nicht ,Strich'198); schon HORAZ199 erwähnt den Gegensatz rectum und curvum, den er in der Schule gelernt habe; bei dem Feldmesser BALBUS (Anfang des zweiten Jahrhunderts n. Chr. 1 7 9 ) heißt e s : Linearum ferens,

Die

flexuosum.

gerade

TIANUS CAPELLA auch directa.

genera sunt tria, rectum,

Linie

heißt

linea

recta,

B e i GERBERT 2 0 0 heißen d i e

dreum-

b e i MARkrummen

Linien lineae curvae. In lateinischen Handschriften des Mittelalters wird oft linia statt linea geschrieben; so ist das deutsche L i n i e , das schon in der Geometria Oulmensis (1400)184 auftritt, ganz verständlich. L i n i e bürgerte sich so schnell ein, daß ganz gute Verdeutschungen wie Riß, Strich, Zug gar nicht aufkamen, ©ecaöe 188

SCHMID11186, S. 25, Z. 5. —

189

Archimedesübersetzung" 535 , Vorbericht;

dann PH. NAUDIS, Gründe der Meßkunst, Berlin 1706, S. 184 u. ö., noch nicht 1653 19«

bei

H.

HOFFMANN®».

HOLTZMANN,



>9°

DÜKER,

1562 m( > 8 , S . 154, N r . 4.



Dubertneyfung11884, 192

96 PBOCLUS,

S . 1 0 3 5 , Z . 21 ff. —

ARISTOTELES", S. 1 2 — 1 4 . —

1st)

1814,

II,

S.

166.



» 9

Ep.

197

V g l . HEIBERO,

V g l . M . C . P . SCHMIDT, 2,

44.



200

Ed.

Mathe-

Kulturhist. BUBNOW 1 5 7 ,

Definitionen, Axiome, Postulate. — Allgemeine Fachausdrücke.

39

£tnte sagt 1489 WIDMAN von Eger; 2 0 1 das substantivierte d i e G e r a d e ist 1616 einmalig bei KEPLER,202 dann nicht vor 1689 (BURKHARD VON PIRCKENSTEIN)203 anzutreffen. G e r a d l i n i g bildet der letztere im Ceutfcf^re0enöen EUCLIDES.204 S t r e c k e kommt wieder 1616 bei KEPLER vor. 202 Unter den neueren Mathematikern hat es J. STEINER (1796 Schweiz — 1863 Berlin) bevorzugt und verbreitet. 205 Das Wort S t r a h l hat erstmalig J. MALCONETUS (1700) 206 für radius, dann E. G. FISCHER (1829) 207 für radius vector bei Polargleichungen. Die Verwendung von S t r e c k e und S t r a h l im jetzigen Sinne verdankt man J. STEINER (1832). 208 In die Elementarlehrbücher führt J. H. TR. MÜLLER die neuen Begriffe ein. 109 Das Werkzeug, mit dem gerade Linien gezogen werden, nennt die eometria öeutfcfj (um 1485) £irtial oder Κίφίίφάδ. 2 1 0 Das Wort A b s t a n d ist eine in der Kriegssprache gebildete Übersetzung des lateinischen distantia (vgl. Abstand nehmen!), erstmalig in DÖGENS Kriegsbaukunst (Amsterdam 1648). 167 In die Mathematik führt es CHR. VON 211 WOLFF ein (neben Weite und E n t f e r n u n g ) ; in der ersten Zeit deutscher mathematischer Druckschriften sagte man Distanz oder Weite. 212 Mit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wird A b s t a n d bekannter, seitdem es KLÜGEL 1805 1 1 1 4 3 in sein Wörterbuch aufgenommen hatte; immerhin bleibt es vor der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts noch selten. 213 20' Bl. (b 6) r° im Rechenbuch 1145 . — 202 OTeffe Kunft, S. 114, Erklärung der Wörter 1783 . — 2 0 3 Handgriffe1689, S. 9, Z. 8. — 204 s . 7 54 : (Serab-Itnifdje Jiguren. — 205 ζ . B. Geom. Konstruktionen, ausgeführt mittels der geraden Linie und Eines festen Kreises, als Lehrgegenstand auf höheren Unterrichtsanstalten und xur praktischen Benutzung, Berlin 1833; Werke™, S. 470ff. Vgl. J . H. TB. MÜLLER, Lehrbuch der Mathematik, II, 1, Halle 1844, S. 411 a. — 206 Selbstlehrende Geometria, Frankfurt 1700, S. 20. — 207 Lehrbuch der Elementarmathematik, Bd. IV I I 9 E , 1829, S. 261. — 208 J AKO B STEIDER 1832, Systematische Entwicklung887 (Einleitende Begriffe, Nr. 1, II); Werke™, I, 8. 237. — 2°9 Lehrbuch d. Math.205, II, 1. Abschn. I, § 25«; S. 4, Abschn. I, § I I a : Eine solche Linie wird oft schlechthin eine Gerade und (nach STEINERS Vorgang) wenn sie begrenzt ist, eine Strecke, und wenn sie halb begrenxt ist, ein Strahl genannt. — 210 Inkunabel Nr. 1876 li8 , Berlin, Staatsbibl., S. 3. — 211 Vgl. PIUR"" 4 , S. 39, 45. — 212 GRAJIMATEUS, Eeehenbuch (1518)143, BL. irt. — 893 892« Programm Kgl. Gymnasium Stuttgart, 1853, S. 18. — Ann. math. p. appl. 19, Nismes 1829, S . 86; STEINER, Gesammelte Werke™, I, S. 213. — 89* Lehrbuch der Geometrieeo3, S. 118. TKOPFKE, Geschichte.

IV. 2. Aufl.

8

114

Besonderer Teil.

besserte die französische Mißbildung durch das einfache a n geschriebener Kreis.895 Bei zwei Kreisen spricht LEHMUS ( 1 8 2 0 ) 8 9 6 zuerst kurz von der Z e n t r a l e n , während sonst — und noch viel später — Z e n t r a l l i n i e gesagt wird. Die erste D e f i n i t i o n des K r e i s e s gibt PLATON (429—348 v. Chr., Athen) in seinem Dialog Parmenides:897 „Rund ist doch wohl das, dessen äußerste Teile überall vom Mittelpunkt aus gleich weit entfernt sind." Sehr ähnlich drückt sich EUKLID (lib. I, def. 15) aus: 8 9 8 „Kreis ist eine ebene, von einer einzigen Linie gebildete Figur, in welcher die von dieser Linie nach einem innerhalb der Figur befindlichen Punkte gezogenen Geraden sämtlich einander gleich sind." Im Gegensatz zu Kugel, Kegel, Zylinder (EUKLID X I , def. 14, 18, 21), für die die Drehungsdefinitionen gegeben sind, erklärt EUKLID den Kreis nicht genetisch. Erst HERON898" gibt die genetische 898b Definition; PBOKLOs und A L N A I E I Z I 8 9 8 0 streifen sie nur. CLAVIUS 2 4 2 (Euklidausgabe 1574 ) nimmt die genetische Erklärung wieder auf. BOBELLI (1658) hebt in seinem EUKLIDES restitutus106 hervor, daß diese den bei EUKLID fehlenden Existenzbeweis für den Kreis liefere, und ändert demgemäß den Euklidischen Text ab; ihm folgt ABNAULD (1612 Paris — 1694 Brüssel) in seinen Elementen von 16 6 7. 899 D a ß ein K r e i s durch e i n e n D u r c h m e s s e r h a l b i e r t wird, soll nach PBOKLOS 9 0 0 eine Entdeckung des THALES sein. E s wird 895 Lehrbuch der Mathematik1™3, I, Anhang, I X . Abschn. Nr. 123, S. 3 4 7 ; 1844, Lehrbuch II, 1, S. 185. — 896 Lehrbuch der Geometrie61, S. 191, § 270, danach K . P . L . W O L F F , Lehrbuch der Geometrie, Berlin 1833 u. a. — 8 9 7 PLATON, Parmenides, 137 E , ed. ASTHJS, Bd. Π Ι , Leipzig 1821, S. 32, Ζ. 1 : ΣτρογγνΙον γέ πού ί'στι τον to, ον ην χα έσχατα πανταχ^ άπο τον μέσον ίσον άπέχη. 898 EUKLID, I, def. 15, ed. HBIBEEQ, I 1 6 , S. 4, Ζ. 9 — 1 3 : Κνχλος έστί σχήμα επίπεδον υπό μιας γραμμής περιεχόμενον, προς ην άφ ενός σημείου των εντός τον σχήματος κειμένων πασαι αί προσπίπτονσαι εν&εϊάι ϊσαι άλλήίαις εισίν. Ebenso HERON, Geometrien, def. 29, ed. HULTSCH, S. 15. — 8 9 8 » H E B O N , Opera 4 I 4 8 S , ed. HELBERG, Def. 27, S. 3 2 : Γίνεται de χνχλος, επαν εν&εΐα έν τω αντίο έπιπέδω υπάρχουσα μένοντος τοΰ ενός πέρατος τω έτέοω περιενεχ&εΐσα εις το αυτό πάλιν άποχαταστα&η, ο&εν ηρξατο φέρεσ&αι (Ein Kreis entsteht, wenn eine Gerade, indem sie in derselben Ebene bleibt, während der eine Endpunkt festliegt, mit dem anderen herumgeführt wird, bis sie wieder in dieselbe L a g e zurückgebracht wird, von wo sie sich zu bewegen anfing). — 898·' PROCLUS5, S. 154, Z . 21 f. — 8 9 8 ο A N A R I T I U S » 8 6 3 , S . 17, Z . 22 f. — 8 9 9 Nachdruck von 1 6 9 0 I M , S. 150. — 900 PROCLIJS5, S. 157, Ζ. 10—11: To μεν ουν διχοτομεϊα&αι τον χνχλον im'o της διαμέτρον πρώτον Θαλήν έχεΐνον άποδείξαί φασιν (Daß der Kreis durch einen Durchmesser in zwei gleiche Teile zerlegt wird, soll der bekannte THALES zuerst bewiesen haben).



Der Kreis.

115

sich hiermit ebenso wie mit den anderen mitgeteilten Forschungen des T H A I E S verhalten (s. o. S. 5, 69). Übrigens hat man auf Baudenkmälern der älteren Herrscherdynastien Ägyptens verzierende Figuren gefunden, die die Teilung des Kreises in zwei, vier und mehr gleiche Teile als sehr früh bekannt beweisen.901 Die S ä t z e von der L a g e der S e h n e n zum M i t t e l p u n k t und den G r ö ß e n v e r h ä l t n i s s e n m e h r e r e r S e h n e n in b e z u g auf i h r e A b s t ä n d e vom M i t t e l p u n k t bilden einen wichtigen Bestandteil des dritten Buches der Euklidischen Elemente. Die hier gegebene W i e d e r a u f f i n d u n g des verloren g e d a c h t e n M i t t e l p u n k t e s e i n e s Kreises unterscheidet sich von der unsrigen, die zwei Sehnen voraussetzt, darin, daß das Mittellot, auf nur einer Sehne errichtet, beiderseitig bis zur Peripherie verlängert und der so entstehende Durchmesser halbiert wird. Der erforderliche Beweis (ΠΙ, 1) wird indirekt geführt. Unsere Konstruktion wird im Altertum nicht erwähnt, auch nicht im Euklidkommentar des Arabers ALNAHÜZI11353 (um 900 n. Chr.). Es ist aber kein Zweifel, daß sie in technischen Kreisen bekannt war. Erst im fünfzehnten Jahrhundert (©eometria öeutfcf), um 1483) 902 wird sie angegeben. ABU'LWAFA (940 Persien — 998 Bagdad) halbiert den gegebenen Kreisbogen AC in B, errichtet in Α auf AB und in C auf CB Lote, die sich in D treffen; der Halbierungspunkt von BD liefert die Kreismitte.90® Von den Sätzen, die die Lagen des Kreismittelpunktes zu einer Sehne betreffen, gibt E U K L I D in ΠΙ, 3 nur den Satz von der Verbindungslinie des Zentrums mit der Sehnenmitte und den von dem Lot, das vom Zentrum auf die Sehne gefällt wird. Die anderen beiden Umkehrungen holt BOBELLI in dem EUCLIDES restitutus von 1658, in einen Satz zusammengezogen, gewissenhaft nach.904 Spätere Verfasser sind wieder mehr oder weniger unvollständig. Erst in neuester Zeit wird aus methodisch-systematischen Gründen Vollständigkeit angestrebt. Ähnliche Sätze lassen sich auch von der Tangente aussprechen, je nachdem der Berührungsradius als Verbindungslinie, als gefälltes oder errichtetes Lot angesehen wird. Den ersten und dritten Fall bringt E U K L I D ΙΠ, 18, 19. Den ausgelassenen Satz, daß ein Lot vom Mittelpunkt des Kreises auf die Tangente gefällt wird, schiebt R A M U S (1569) ein.905 90» CANTOR, l 8 , S. 109. Vgl. Bd. I, S. 36, — 902 S. 6 , , s . — »03 Journ. Asiatique, 5S, Paris 1855Me, S. 323, Nr. 9. Vgl. L. RODET, Bull. bibl. stor. sc. mat. 16, 1883, S. 534. — 90+ II 105 , prop. XIX, S. 85. — 905 Qe0m.in, lib. XV, prop. 15, Nr. 3, Basel 1569, S. 109, Ζ. 1. 8*

Besonderer Teil.

116

E U K L I D untersucht die Längen der Verbindungsstrecken eines inneren oder äußeren Punktes mit den Punkten des Kreisumfangs und stellt ihre Maxima und Minima fest (ΙΠ, 7, 8). Wieder verschieden von der unsrigen ist seine Z e i c h n u n g e i n e r T a n g e n t e von einem g e g e b e n e n P u n k t e A an einen K r e i s mit dem Mittelpunkt M: E U K L I D (ΠΙ, 17) schlägt um Μ mit ΜΑ einen konzentrischen Kreis und errichtet im Schnittpunkte Β der Geraden ΜΑ mit dem gegebenen Kreise ein Lot, das den Hilfskreis in C trifft. Die Verbindungslinie MC liefert dann den gesuchten Berührungspunkt D. — Unsere moderne Konstruktionsart, die den Punkt D durch einen über ΜΑ zu errichtenden Halbkreis ermittelt, scheint zuerst in den Euklidauszügen des Wiener Universitätsprofessors JOHANN VOEGELIN (F 1549) 9 0 8 vorzukommen; dann tritt sie in der Euklidausgabe des CLAVIUS (1574) 9 0 7 und in der schon mehreremal rühmend hervorgehobenen Geometria rotundi von

Kg. 1.

FINK (1583)908

auf.

Sie

gefiel offenbar; denn in der Folgezeit findet sich die Euklidische Zeichnung immer selte-

ner — noch bei SCHWENTER ( 1 6 1 8 ) m 8 5 , K Ä S T N E R ( I 7 6 4 ) I 2 5 9 a , T B A L L E S ( 1 7 8 8 ) 1 1 1 0 B 0 , THIBAÜT ( 1 8 0 1 ) 1 1 8 4 — , während die moderne Art überwiegt, so TACQUET (1665) 1 2 7 0 a , MEISSNER (169 6) 3 0 8 , NAUDÖ (1706) 1 8 9 , VARIGNON (17 3 4 ) 1 1 2 5 8 , SEGNER ( 1 7 4 7 j I 2 7 0 b , B L A I S E ( 1 7 5 3 ) π θ 3 4 , KARSTEN (17 6 0 ) 1 0 7 , DE L A C A I L L E (17 6 2 ) 1 1 7 7 3 , BERTRAND ( 1 7 7 8 ) " 9 3 9 , MEINERT ( 1 7 9 ' i ) 1 3 4 ,

GILBERT ( 1 7 9 8 ) I I B 3 e ,

BUGGE-TOBIESEN

(1800)1716,

(1810) u. a. Abweichend schlägt TELLKAMPF (1829) 9 0 9 um Μ einen Kreis mit doppeltem Radius und um Α einen solchen mit AM\ die Verbindungslinien ihrer Schnittpunkte mit Μ liefern die Tangentenberührungspunkte. LEONHARDI

110

Elementale geometricum ex EUCLIDIS geometria, 1. Aufl. 1 5 2 8 ; Aufl. Witteb. 1536, Ekmenta geometriae II, 7, Bl. 21 v°. — 9 0 7 Ausg. v. 1590, Coloniae 24 -, III, ρτορ. 31, Scholium S. 167. — 9 » 8 Basel 1583 8 2 9 , lib. II, § 8, S. 32. — 906

909

Vorschule1™, § 263, 3.

Der

Kreis.

117

Sehr interessant ist eine Lösung ohne Benutzung des Zirkels, die W O L D E G K W E L A N D (1614—1641, Hamburg) in einer kleinen Abhandlung 1640910 gibt. Vom gegebenen äußeren Punkte aus werden zwei Sekanten durch den Kreis, die eine durch den Mittelpunkt, gelegt. Die durch die Schnittpunkte der Sekanten bestimmten Seiten des entstehenden Kreisvierecks werden bis zu ihrem Schnittpunkt verlängert. Die Verbindungslinie desselben mit dem Schnittpunkte der Diagonalen gibt auf der Kreisperipherie die gesuchten Berührungspunkte. Wir haben hier den bekannten Tangentensatz aus der Polarentheorie erstmalig vor uns, den man bisher dem GTBEGOBIUS VON ST. VINCENTIUS (1647) zuschrieb (vgl. S. 180). Die Verbindungslinie ist die Polare, der gegebene Punkt außerhalb des Kreises der Pol. W E L A N D tritt einen ausführlichen Beweis an, aber immer mit der Voraussetzung, daß die eine Sekante Durchmesser ist, wovon sich ST. VINCENTIUS allerdings auch nicht frei machte; die Anregung zu seiner Schrift schreibt W E L A N D seinem Lehrer JOACHIM JUNGE (1587—1657, Gießen, Kostock) zu. Bei GBEGOBIUS VON S T . VINCENTIUS fehlt auch die Anwendung auf die Tangentenkonstruktion. Den Satz, daß die beiden Tangentenstücke zwischen dem gegebenen Punkt und den Berührungspunkten einander gleich sind, führt E U K L I D nicht an, gewiß als unnötig für die späteren Sätze seines Systems. Bei ABCHIMEDES (287—212 v. Chr.) wird er aber gelegentlich verwendet.911 Der Euklidkommentator ALNAIBIZI (um 912 900 n. Chr.) schreibt den Satz dem H E B O N (um 100 n. Chr.) zu. Unabhängig hiervon tritt er in der neueren Zeit auf, wenn auch nur bei einzelnen Autoren, so HOLTZMANN (1562),913 E A M U S (1569),914 SIMON M A K I U S (1610), 915 A B N A U L D (1667), 910 PABDIES (1671), 917 M E I NEST (1790). 918

Die bei E U K L I D fehlende Umkehrung, wonach der Mittelpunkt des Kreises auf der Halbierungslinie des Tangentenwinkels liegt, holt PAPPOS im siebenten Buch seiner Συναγωγή 019 nach, ebenso eine noch weitere mögliche Umkehrung.920 Strena mathematica, Lugd. Bat. 1640. — 8 , 1 ABCHIMEDES , KVKL μετρ., prop. I , Werke, ed. HEIBERG I 1 , S . 260; ed. NIZZE S . 110. In EUKLIDS Phaenomena (prop. X X I V , ed. GBEQOBIUS, Oxoniae 1703, S . 618) ist er auch angedeutet. — 8 « A N A B I T I U S " 8 " , S . 130, Z . 22—25. — Euklidübersetzung1493, S. 93, Z. 8. — 9 , 4 Geom.879 XV, prop. 17, Nr. 1. — 8« Euklidtibersetzung6S, S. 91, Z. 4—5. — 8 , 6 Ausgabe von 16901714; Nouv. Siemens IX, pr. II. — Siemens™, L. IV, § 7, S. 25. — 9 , 8 Lehrbuchisl, II, § 135. — 18 9 ' 9 P A P P U S , V I I , prop. 9 7 , ed. HÜLTSCH, § 159, S . 822, Z . 5 ff. — 9 2 0 P A P P O S 1 9 , VII, prop. 112, ed. HULTSCH, S . 842. 910 WOLDECKIUS WELAKDÜS, 17

118

An zwei Kreise die gemeinsame Tangente zu ziehen, wurde für den Fall der äußeren Tangenten von CABDANO ( 1 5 0 1 — 1 5 7 6 ) 9 2 1 erledigt; seine Zeichnung, die von der unsrigen abweicht, übernahm CLAVIUS ( 1 5 3 7 — 1 6 0 2 , Bamberg) 1 5 7 4 . 9 2 2 Gr. C E V A ( 1 6 7 8 ) 9 2 3 behandelt auch die inneren Tangenten; für beide begnügt er sich, die Lage ihres Schnittpunktes auf der Zentralen durch Proportionsberechnung festzulegen. Die späteren Mathematiker bringen auch nicht einmal die äußeren Tangenten. Erst 1765 behandeln V. Ric924 CATO und H. SALADINO beide Fälle wieder rechnerisch und konstruieren dann den erhaltenen algebraischen Ausdruck mit Hilfe beliebiger paralleler Radien, womit sie der Theorie der Ähnlichkeitspunkte vorgreifen. M E I E B HIRSCH 9 2 5 gibt 1 8 0 5 die Entfernungen des Tangentenschnittpunktes durch , r + r' ' r +V an. Eine geometrische Konstruktion für beide Tangenten zeigt 926 CBELLE (1826), aber wiederum nicht nach der modernen Art, sondern mit Hilfe von Ähnlichkeitsstrahlen; ebenso verfährt 1829 TELLKAMPP. 927 Für diese Zeichnung hatte schon G R E G O B I Ü S VON S T . V I N C E N T I U S ( 1 6 4 7 ) 9 2 8 die erforderlichen geometrischen Beziehungen abgeleitet, ohne aber die naheliegende Folgerung für eine Konstruktion zu ziehen. Erst D . C. L . L E H M U S ( 1 8 18) 9 2 9 und J . A. G R U 930 NERT ( 1 8 3 4 ) haben die heute gebräuchliche Figur. Den Satz von dem r e c h t e n Winkel zwischen der T a n gente und dem B e r ü h r u n g s r a d i u s setzt A B C H Y T A S VON T A B E N T (um 4 3 0 — 3 6 5 v. Chr.) gelegentlich bei seiner Konstruktion der Würfelverdoppelung931 voraus. H I P P O K R A T E S (um 4 4 0 v. Chr.) benutzt in seiner Schrift von den Möndchen932 den allgemeinen Satz vom P e r i p h e r i e w i n k e l und Zentriwinkel auf gleichem Bogen; E U K L I D behandelt (TU, 20 und 21) ihn in der uns geläufigsten Form durch Zerlegung mittels eines Durchmessers von der Spitze des Peripheriewinkels aus und Zurückfuhren auf den Satz vom Opus novum de proportionibm, prop. 212, Scholium, S. 245. Vgl. 6 . W E B T Ztschr. math.-nat. Unterr. 32, Leipzig 1901, S. 113. — 9 2 2 Euklidausgabe 4 ", III, 17, Scholium; Coloniae 1590, S. 147. CLAVII Opera1***, S. 127—128. — 9 2 3 De lineis rectis se invicem secantibus statiea construction Mailand 1678, II, pv. 16, Lemma VI, S. 52. — 8 2 4 Institutiones analyticae, Bononiae 1765, I, 9 § 12—14, S. 78—79. — 9 2 6 Sammlung geometrischer Aufgaben, 2 Teile, Berlin 1805—1807, II, § 27a. — 9 2 6 Lehrbuch"™, I, Anhang, S. 504, § 398(9. — 9 " Vorschule1™, § 270, 10. — 9 2 8 Opus QeometricumIIllM, III, 1, prop. 24, S. 183. — 9 2 9 Lehrbuch51, Berlin 1818, § 228, S. 128—129. — 9 3 0 Lehrbuch der Mathematik für mittl. Klassen, Brandenburg 1834, II. Eb. Geometrie § 236. — 9 3 1 ARCHIMEDES, Π70β ITLJ, S. 98 ff. — 9 3 2 RÜDIO, Bibl. math. 3„, 1902, S. 46; derselbe, Urkunden , S. 53. 921

HEIM,

Der Kreis.

119

Außenwinkel an der Spitze eines gleichschenkligen Dreiecks. Die Umkehrung, daß die Scheitelpunkte gleicher Winkel über derselben Strecke einen Kreisbogen als geometrischen Ort bilden, war sicher im Altertum bekannt; vielleicht wurde sie von APOLLONIOS an die Spitze seiner verlorenen Schrift über die ebenen Orter gestellt. Tatsächlich finden wir sie erst bei CLAVIUS in der Euklidbearbeitung (1574) eingefügt 933 Den Satz vom S e h n e n v i e r e c k beweist EUKLID, indem er die Diagonalen AC und DB zieht und darauf aufmerksam macht, daß die Winkel BDC und BAG, ebenso die Winkel BD Α und Β CA gleich sind, daß man also, statt die Winkel ADCOUA ABC zu addieren, auch die drei Winkel Β AC und BCA und Α Β C zusammenlegen könne; als Winkel eines Dreiecks betragen diese aber zusammen Fig. 8. zwei Rechte. Der heute zumeist übliche Gang des Beweises, demgemäß der Mittelpunkt des Kreises Μ mit Α und C verbunden und die beiden entstehenden Zentriwinkel mit den Peripheriewinkeln A DC und ABC in Verbindung gebracht werden, setzt voraus, daß der Satz vom Zentriwinkel und Peripheriewinkel über gleichem Bogen auch auf konvexe Zentriwinkel ausgedehnt werde. Dies ist in EUKLID S Elementen noch nicht geschehen, sondern wird erst durch HEBON (erstes Jahrh. v. Chr.) nachgeholt, bei dem wir dann auch den zweiten Beweis vom Sehnenviereckssatz zuerst antreffen.934 Den

Satz vom S e h n e n t a n g e n t e n w i n k e l beweist (ΙΠ, 32), wie wir heute auch, mit Hilfe eines vom Berührungspunkte ausgehenden Durchmessers, durch den Komplementwinkel entstehen; hier gibt er auch sofort die Verallgemeinerung auf den stumpfen Sehnentangentenwinkel und im Anschluß daran die K o n s t r u k t i o n , über e i n e r Sehne einen K r e i s zu z e i c h n e n , der e i n e n g e g e b e n e n P e r i p h e r i e w i n k e l faßt (EUKLID ΠΙ, 33). EUKLID

Die U m k e h r u n g des S a t z e s vom S e h n e n v i e r e c k und vom S e h n e n t a n g e n t e n w i n k e l ist im Altertum nicht anzutreffen. 933

III, 21, Scholium»«, Opera omnia 1612 > , 3 I , I, S. 132. Comm."3™, S. 133.



934

ANARITII

120

Besonderer

Teil.

Wiederum ergänzt sie CLAVIUS (1574); 9 3 5 die erstere hatte allerdings schon vorher gelegentlich REGIOMONTANUS 936 in einem Briefe (1464) erwähnt; die zweite behandelt VIETA ( 1 5 4 0 — 1 6 0 3 ; Paris, franz. Staatsbeamter) im Pseudo-Mesolabum von 1595 987 noch einmal ausführlich. Sehr alt ist der Sonderfall des Peripheriewinkelsatzes, daß der Winkel im Halbkreis ein Rechter ist. Diesmal ist es nicht PROKLOS, sondern eine Geschichtsschreiberin zur Zeit NEEOS, P A M PHILE,938 die ihn als von THALES herrührend mitteilt. Das Anekdotenhafte der Erzählung geht schon aus dem unvermeidlichen Opfer eines Stieres hervor, zu dem sich der Entdecker aus Freude aufgeschwungen haben soll. Unmöglich ist es jedoch nicht, daß die besondere Eigenschaft des Winkels im Halbkreis der Zeit des THALES, vielleicht schon der vor THALES, geläufig war, nachdem es sich als nicht unwahrscheinlich herausgestellt hat, daß der Satz von der Winkelsumme im Dreieck vorpythagoreisch ist. In E U K L I D S Beweis (ΠΙ, 31) werden der Scheitel des Winkels und der Mittelpunkt des Kreises miteinander verbunden und so zwei gleichschenklige Dreiecke gebildet. Aus der Gleichheit der Basiswinkel im Zusammenhang mit dem Satze von der Winkelsumme im Dreieck wird die Behauptung bewiesen. Vielleicht ist diese ansprechende Beweisform Eigentum EUKLIDS. ARISTOTELES, der etwa 20 Jahre älter war, kannte anscheinend diesen Beweis noch nicht. Wenigstens benutzt er gelegentlich939 eine umständlichere Beweisform; er greift den besonderen Peripheriewinkel im Halbkreis heraus, dessen Schenkel gleich lang sind, fällt das Lot vom Scheitel zum Mittelpunkt, so daß zwei kleine rechtwinklige gleichschenklige Dreiecke entstehen, deren Basiswinkel je 45° sind, und sich der ganze Peripheriewinkel zu 90° ergibt. Von diesem schließt er nach dem allgemeinen Peripheriewinkelsatz auf jeden Winkel im Halbkreis. Die Umkehrung findet sich bei JORDANUS NEMOBABIUS (+ 1237?), De iriangulis.94,0 935 ΠΙ»« p r 0 p, 22, scholium u. prop. 32, scholium; Elementa, Col. 1590, S. 154, 168; Opera14·32, I, S. 133, 145. — 9 3 6 Briefwechsel, ed. CüRTze1308, S. 247. — 937 Paris 1595 Adjtmeta capitula, prop. II; Opera, ed. SCHOOTEN1188, S. 275—276. — 938 DIOGENES LAERTIUS 5Β3, I, 24, § 3, S. 6, Z. 26—27. — 9 3 9 ARISTOTELES, ed. BEKKEB", 94", Ζ. 28 f.; 1051% Ζ. 2 6 f . V g l . HEIBERG, Math, zu ARISTOTELES17,

S. 21. — 9 4 0 Ed. CUBTZE35, S. 1, 19/20: In omni triamgulo, si ab opposito angulo ad medium basis ducta linea dimidio eiusdern equalis fuerit, erit ille angulus rectus (Wenn die von einer Ecke eines beliebigen Dreiecks zur Mitte der Gegenseite gezogene Gerade gleich deren Hälfte ist, so ist der Winkel ein Rechter).

Der Kreis.

121

Das Wort Z e n t r i w i n k e l ( E U K L I D : ή προς τώ κέντρο) γωνία, angulus ad centrum, Winkel am Mittelpunkt) bildete L. C H B . STUBM (1707). 941 Es wurde bald so gebräuchlich, daß es in W O L F F S Mathem. Lexikon von 1734 1 1 1 4 1 aufgenommen ist (noch nicht im Text von W O L F F S erster Auflage von 1716, sondern nur im Register mit Verweis auf den Artikel .Angle de cercle'). 193 Die Bezeichnung M i t t e l p u n k t s w i n k e l , die PIBCKENSTELN schon 1694 5 4 anwendet, greifen G. F E . H I L D E B B A N D T (1785) 942 , J. J. A. I D E (1803) 943 und A. L. CBELLE ( 1 8 2 6 ) 9 4 4 gelegentlich auf. 945 CBELLE bringt auch U m f a n g s w i n k e l . Leider sind Zentriwinkel und P e r i p h e r i e w i n k e l ( E U K L I D : ή iv τώ τμι)ματ ι γωνία, angulus in periphena,945a Winkel im Abschnitt), wie seit J. F B . HAESELEK (17 7 7) 946 der Winkel im Abschnitt genannt wird, heute noch viel zu viel in Übung. Das deutsche Wort A b s c h n i t t s w i n k e l wird im Mathem. Lexicon von 17 3 4 947 schon aufgeführt (noch nicht in W O L F F S erster Auflage von 1716, sondern nur im Register mit Verweis auf den Artikel , Angulus segmenti'). Es wird erst seit Κ A IMPLY (1855) 948 bekannter. S e h n e n t a n g e n t e n w i n k e l scheint eine ganz moderne Wortbildung zu sein(?); doch sagt R A M U S (1569) schon angulus secantis et contiguae949 (Winkel der Sekante und Tangente). Bei E U K L I D kann, da der Tangentenstreckensatz (vgl. S. 117) fehlt, natürlich auch nicht der S a t z vom T a n g e n t e n v i e r e c k gesucht werden, der aussagt, daß die Summen je zweier Gegenseiten einander gleich sind. Vor dem dreizehnten Jahrhundert ist sein Auftreten nicht nachzuweisen; erst bei JOBDANUS NEMOBABIUS (+ 1237?) wird er abgeleitet. 950 JOBDAJSTUS fügt hinzu, daß das einem Kreise umgeschriebene Parallelogramm gleichseitig ist. Die Umkehrung des allgemeinen Satzes wird erst im neunzehnten Jahrhundert ausgesprochen ( D U B B A N D E , 1815). 961 Die Sätze vom Tangenten· und vom Sehnenviereck entsprechen einander und werden daher im heutigen Unterricht oft nebeneinander behandelt; so verfährt schon 1618 B. B B A M E B . 9 5 2 941 liurßer Begriff136®, II, 65. — 9 « Handbuch der reinen Größenlehre"19U, I, § 331. — 9 4 3 Anfangsgründe218, II, Berlin 1803, § 115, 119. — 9 4 4 EltmentelUsi, I, S. 236. — 946 Daselbst S. 234. — 945» BAMUS, Arithmetiea et (/eometriea379, ed SCHÖNER 1599, Geom. S. 113. — 9 4 8 AnfangsgründeΙ3ΒΒ, II, §181, S. 192; wahrscheinlich schon früher. — 947 S. 9" M t . — 948 _ LR> 3 949 RAMUS916', S. 119, Satz 20; Ausgabe 1569, S. 119—120. — 960 De triangulises, IV, 5, S. 30: Omnis quadrilateri circa dreulum descripti duo quaelibet latera opposita sunt equalia reliquis pariter aeceptis. — 961 DUBBANDE, Ann. math. p. appl. 6, 1815/16, S. 49. Vgl. auch STEINER, J. r. a. Math. 32, 1846, S. 305; Werke 2 287 , S. 383. — 9B 2 Cgttidie gcometrifdje Quaestiones958, S. 11, 12.

Besonderer Teil.

122

Vierecke, die zugleich Sehnen- und Tangentenvierecke sind, sogenannte b i z e n t r i s c h e V i e r e c k e , werden erst seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts untersucht. Sind r und ρ die betreffenden Kreisradien, m die Zentrale der beiden Kreise, so ist ζ. B. nach N. Fuss (17 98): 953 (r2_

= 2i>Z(r2 + m 2 ).

Weitere geometrische Sätze und Maßbeziehungen geben Poncelet (1822) 9 5 4 und van Swinden-Jacobi (1834). 965 G. Dostor findet 1868

~]/abcd als Inhalt aus den vier Seiten. 956 Eine V e r a l l g e m e i n e r u n g des T a n g e n t e n v i e r e c k s a t z e s auf S e c h s e c k e usw. ist durch den französischen Mathematiker 967 Η. P i t o t (1725) erfolgt, desgleichen für den W i n k e l s a t z im S e h n e n s e c h s e c k 1803 durch Cabnot (1753—1823). 9 5 8 Als historisch wichtig, wenn auch dem Stoff nach nicht hergehörig, sei die Geschichte der erst nach langen Mühen gelösten A u f g a b e , a u s v i e r S e i t e n a, b, e, d e i n S e h n e n v i e r e c k zu k o n s t r u i e r e n , hier eingeschaltet. Gestellt hat sie am Ausgang des Mittelalters Regiomontauus 059 (1464) in einem Briefe an den Astronomen Bianchini in Ferrara; er forderte, einem gegebenen Kreise ein Sehnenviereck einzuschreiben, dessen Seiten sich wie 4 : 7 : 1 3 : 1 7 verhalten. In einem zweiten Briefe vom 5. Π. 1464 zeigt er eine Berechnungsart für die Diagonalen. Bei anderer Gelegenheit (Brief vom 4. VII. 1471) suchte Regiomontauus sogar Schwerpunkt und Fläche zu bestimmen. Sind x, y die Diagonalen, a, b, c, d die Seiten, so ist nach dem Ptolemäischen Lehrsatz xy = ac + bd. Regiomontan gibt nun die neue Beziehung — = a f ° und be° ° y ab + cd rechnet aus beiden Beziehungen χ und y einzeln. Der umbeschriebene Kreis ist aus einem der durch χ, bzw. y gebildeten Dreiecke leicht zu finden. Die Auswertung des Flächeninhaltes war, wie wir später sehen werden (Bd. V, Trigonometrie IV), bereits dem Inder Bbahmagupta (geb. 598) bekannt, der die Formel: F = j/(s - a)(s - b)(s - c)(s

—'d),

963 Nova Acta Petrop. 13 ad annos 1795 et 1796, Petrop. 1802, S. 166. — 96* Proprietes projeetives87S, IV, 1, § 486 f., S. 283. — 965 Elemente" Nr. 618 ff., S. 250—251. — 9 6 6 Arch. Math. Phys."48, 1868, S. 32 7. — 957 Hist. Μέιη. math. phye. Ac. sc. Paris, 1725 (Paris 1727); Μέιη., S. 45—47: Proprietes elementaires des polygenes irreguliers circonscrits autour du cercle. — 968 Oeom. d. pos.™, chap. 304, th£or. 35, S. 346. — 969 Brieftceehsel Regiomontass13«8, ed. Cubtze, S. 236, 248—250.

123 w o 2 s = a + 6 + c + rf, gab. Ein anderes Zahlenbeispiel 2 5 , 3 3 , 6 0 , 1 6 führt S I M O N J A C O B (f 1564) in seinem Rechenbuch (1552 verfaßt, 1565 gedruckt)980 an, das um so merkwürdiger ist, als die Diagonalen 52 und 39 und der Kreisdurchmesser 65 ebenfalls rationale Zahlen sind. Irgendwelche Bezugsquelle ist nicht bekannt. Eine wirkliche Lösung gab 1585 der italienische Mathematiker G. B. B E N E D E T T I (1530—1590). 961 Mit Zirkel und Lineal führte endlich V I E T A (1540 bis 1603, Paris, franz. Staatsbeamter) in einer Abhandlung vom Jahre 1596, Pseudo-Mesolabum et alia quaedam adjuncta capitula,962 die erstrebte Konstruktion durch. Eine besondere Schrift widmete 1598 J O H A N N E S R I C H T E R (gen. P K A E T O B I U S ; 1537—1616, Professor der Mathematik in Wittenberg und Altdorf) diesem Gegenstande; 963 er stellte die bisherigen Lösungen zusammen, zeigte eine neue rechnerische Behandlung und erörterte besonders die Frage nach solchen Sehnenvierecken, die rationale Seiten und Diagonalen haben. 1618 berechnete B B A M E B in einem Sehnenviereck, dem zugleich ein Kreis mit gegebenem Radius eingeschrieben ist, Seiten, Inhalt und Abstand der Mittelpunkte, wenn erstens eine Seite und die Lage des Berührungspunktes des Inkreises auf ihr gegeben ist 9 6 4 oder zweitens zwei anstoßende Seiten bekannt sind.965 E r kennt auch die erwähnte Inhaltsformel.96® Auf analytischem Wege bearbeitete S N E L L I U S (1581—1626, Professor an der Universität Leiden) die Aufgabe (siehe Bd. V, Trigonometrie), ferner 1626 A L B E B T G I R A B D (f 1633, Niederlande). Der letztere legte das Hauptgewicht auf die Berechnung des zugehörigen Kreisradius. 967 Zwei hierher gehörige Konstruktionen bringt J O H . A E D Ü S E E (162 7) 968 und bezieht sich bei der einen auf die Geometria des MABOLOIS; 989 die andere ist V I E T A nachgebildet. Auch J . C H E . S T U R M hat 1689 eine algebraisch-geo960 (GIN 1LEN) cnb toolgegriinbet Hcd/enbucb11 i 3 2 , 1 8 3 0 ; vgl. GR. ENESTBÖM, Bibl. math. 1 2 S , 1 9 1 1 — 1 2 , S. 84. — 9 6 1 Diversarwn speculationum math.ematica.rum et physicarum Uber, Taurini 1 5 8 5 ; vgl. CHASLEB, Aperf. hist., übersetzt von SOHNCKE883,

S. 4 9 6 . —

9

62

VIETA,

ed.

SCHOOTEN«88,

S. 2 7 5 — 2 7 9 , cap. I , De construendo quadrilatero,

S. 2 5 8 — 2 8 5 ,

besonders

quod sit in circulo. —

963 CHABLES, Aperg. hist., SOHNCKE683, S. 4 9 7 — 4 9 9 ; vgl. LUDOLPH VAN CEÜLEN, Fundamenta arithmetica et geometriea, Lugd. Bat. 1 6 1 5 , lateinisch von WILLEBBOBD SNELLIUS, Z u s a t z z n m lib. V, probl. 1, 2 , S. 1 8 9 — 1 9 0 . —

9 6

* fitlidje geo·

metrifdje Quaestiones,5S, Frage XIII. — 8 6 5 Ebendaselbst Frage XII. — 9 6 7 966 Frage X V . — CHASLES, Ap. hist.W3\ SOHNCKE S . 4 9 2 , Note 120. Logarithmisch führt H. BRIGGS ( 1 6 2 4 ) zuerst die Berechnung durch, Arithmetica logarithmica 1 6 2 4 I I S 8 T , Cap. X X I I I , S. 6 3 f. — 9 68 Oeorn. theor. et pract.83ϊ, B u c h V I I , S a t z 3 1 , S. 1 8 7 — 1 8 8 . —

prop. 73, S. 57.

9 6 9

D e u t s c h e A u s g a b e von GIRABD ( 1 6 2 9 ) 8 8 4 ,

124

metrische Lösung gegeben.970 Von neueren konstruktiven Lösungen sind die von G. LAMÜ ( 1 7 9 3 — 1 8 7 0 , Paris)971 und K. GEIGEB 972 ZU erwähnen. VAN SWINDEN-JACOBI (1834) nahmen die Aufgabe in den Stoff der Schulmathematik auf.973 Der Zusammenhang zwischen gleichen Bogen, Zentriwinkeln, Peripheriewinkeln und Sehnen in gleichen Kreisen wird von EUKLID in den Sätzen 2 6 — 2 9 des dritten Buches seiner Elemente behandelt, das gegenseitige Verhalten zweier Kreise zueinander, je nach ihrer Lage in den Sätzen 1 0 — 1 3 , speziell in Satz 11 und 12 das Berühren zweier Kreise. Über die Berührung von Kreisen soll ARCHIMEDES ( 2 8 7 — 2 1 2 v. Chr., Syrakus) ein besonderes Werk geschrieben haben.974 Vielleicht enthielt es schon Aufgaben, die man als Apollonisches Berührungsproblem zusammenfaßt. In diesem wird verlangt, einen Kreis zu zeichnen, der drei Bedingungen erfüllen soll, deren jede sein kann, entweder erstens durch einen gegebenen Punkt zu gehen, zweitens eine gegebene Gerade oder drittens einen gegebenen Kreis zu berühren. Das Apollonische Buch I l s g l έπαψών 976 ist leider auch nicht erhalten. Als man in neuerer Zeit den Versuch machte, die Lösungen der Alten wieder zu finden, war es kein Geringerer als VIETA, der eine allgemeine Auflösung mit Zirkel und Lineal lieferte.976 Die Aufgabe, zu drei gegebenen Kreisen den äußeren Berührungskreis zu finden, hatte auch PAPPOS (Ende des dritten Jahrhunderts n. Chr., Alexandria) im vierten Buche seiner Συναγωγή behandelt.977 Dem Stoff der Schulmathematik gliedert zuerst A. L. CRELLE (1826) die Apollonische Berührungsaufgabe an,978 danach J . A. GBUNERT (1834). 9 7 9 FERMAT (1638) löst die entsprechende räumliche Aufgabe, die berührende Kugel zu vier gegebenen zu

970 Mathesis enucleata, des difj&rentes methodes

Nürnberg 1689, employees

S.

pour

391—396. — resoudre

Paris 1818 (Neudruck, Paris 1903), S. 18. — Geschichte

der Aufgabe

„Ein

Sehnenviereck

aus

972

97'

Gr. L A M £ ,

les problemes

de

Examen geometrie.

Eine neue Lösung und die

seinen

Seiten

xu

konstruieren".

Progr. Gymn. Landshut (Bayern) 1900/1901. — 9 7 3 S. 17 511 — 9 7 4 J. L. H E I B B E G , 9 7 6 Quaestiones Archimedeae, Hauniae 1879, S . 29. — PAPPUS 18 , ed. HULTSCH I I , S . 647. — 9ie ApoUonius Gallus, Paris 1600; VIETA, Opera11"*, S . 325—346.— 9 7 7 P A P P U S , I V , 15, ed. HULTSCH, I , S . 200. Zur neueren Geschichte vgl. E. KOETTER, Die Entieicklung der synthetischen Geometrie, Jahresber. d. Dtsch. Math.-Vereinigung 5,11, Leipzig 1901, S. 109 ff. — 97 « ElementeII485, I, 1826, § 290 u n d 399.



979

Geometrie § 404—407.

Lehrbuch

der

Mathematik

f . mittl.

Kl.930.

II.

Ebene

Der

Kreis.

125

finden.980 F B . NEUMANN (1825)981 und J. STEINEB (1826)982 fassen bei der ebenen Aufgabe auch das Schneiden unter gegebenem Winkel ins Auge. Geometrographische Lösungen der zehn Hauptfälle lieferte H E B M . BODENSTEDT (1906).988 Interessant ist eine andere Aufgabe des PAPPOS,981 von drei Punkten einer Geraden aus drei neue Gerade so zu ziehen, daß sie in einem gegebenen Kreise ein eingeschriebenes Dreieck bilden. In der schwierigeren Form, daß die drei gegebenen Punkte beliebige Lage haben, wurde sie von FB. M. CA985 STILLON (17 76), dann mit der weiteren Verallgemeinerung auf η Punkte und ein ra-Eck 1788 von A N N I B A L E GIOBDANO aus Ottajano gelöst.986 J. V. PONCELET (1788—1867, Paris) führte eine weitere Verallgemeinerung durch, indem er statt des Kreises einen allgemeinen Kegelschnitt zugrunde legte (182 2).987 S. A. J. LHUILLER ersetzte 1809 das Dreieck durch ein Polygon.988 J. D. GEBGONNE behandelte 1810 die polare Aufgabe, einem Kreis ein η-Eck zu umschreiben, dessen Ecken auf gegebenen Geraden liegen.989 Die Aufgabe, einem g e g e b e n e n Dreieck drei sich gegens e i t i g berührende K r e i s e einzuschreiben, stellte und löste 990 1 8 0 3 zuerst G. MALFATTI (1731 Ala — 1 8 0 7 Ferrara); es gelang ihm aber nur auf schwierigem, rechnerischen Wege. Die erhaltenen Resultate konstruierte er nachträglich geometrisch. Eine geometrische Lösung dieser sogenannten Malfattischen Aufgabe 980

FERMAT, De contactibus sphaericis\

Varia opera'5™, S. 74—88; CEuvres Ι15",

S. 5 2 — 6 9 . A u c h DESCARTES b e h a n d e l t e g l e i c h z e i t i g m i t P r o b l e m ; s i e h e ζ. B . CEuvres de DESCABTES, Χ Ι Ι β β , S. 660. —

FERMAT (1638) d a s FE. NEUMANN, De

981

tactionibus atquc intersecationibus eirculorum et in piano et in sphaero sitorum, spfiaerarum atque conorum ex eodem vertice pergentium commentaiio geometrica. Isis, Berlin 1826, S. 349—367, 466—489. — 9 8 2 Einige geometrische Betrachtungen»91, Nr. 3, Oes. Werke™, I, S- 20. — 983 z. math. nat. Unt. 37, 1906, S. 89—102. Genauere Geschichte vgl. M. ZACHARIAS, Encykl. d. math. Wiss. Π Ι , Α Β 9, L e i p z i g 1921, S. 1 1 0 2 — 1 1 0 3 . — 985

884

PAPPUS, lib. V I Γ. 182, Bd. I I 1 8 ,

S. 848. — Sur un problems de geometrie plane, Nouv. m6m. de l'Acad. d. sc., ann£e 1776, Berlin 1779, S. 265—283. — 8 8 8 Bd. IV der Memorie di Mat e Fis. della Society Italiana, Verona 1788, S. 4—17; vgl. Ztschr. Math. Phys., Bd. 37, Leipzig 1892, Hist.-lit. Abt., S. 216—217. — 9 8 ? J. V. PONCELET, Tratte des propr. proj.373, Sect. IV., Chap. III, Nr. 557 f., S. 349 f. — 988 Siemens 30 g. 2 34ff.; Heronische Formel angewendet z. B. S. 248. — «03« S. 268—274. — «032 S. 274—286. — «033 s. 286—300. — «034 g. 300—310. — «035 g. 310—318. — «°36 g. 819 bis 330. — «037 H E R O N I S Opera 3, Bationes dimetiendi et eommentatio dioptrica, ed.

H . SCHÖNE,

Leipzig 1903,

S.

1—149.

Die Flächenberechnung und Flächenvergleiehung.

181

der erforderlichen Maßeinheiten und begründet, warum quadratische Maße gewählt werden. Dann lehrt er die Berechnung eines Rechtecks mit der heute noch üblichen Zerlegung in Maßquadrate durch entsprechende Parallelschnitte. Er zeigt, daß das rechtwinklige Dreieck (Beispiel: Katheten 3, 4) die Hälfte eines Rechtecks ist, ebenso das gleichschenklige Dreieck (Beispiel: 10, 10, 12). Bei beiden benutzt er den Pythagoreischen Lehrsatz. An dem ungleichseitigen Dreieck prüft er mit Hilfe von o ' ^ i ' - l - c ! die Größe des Winkels α und damit den Verlauf der anliegenden Höhen, die innerhalb oder außerhalb des Dreiecks fallen können. Im spitzwinkligen Dreieck 13, 14, 15, dann im stumpfwinkligen 13, 11, 20 wird Höhe und Inhalt berechnet Die Heronische Flächenformel wird erläutert am Beispiel 7, 8, 9, dann allgemein geometrisch be· wiesen; weitere Beispiele sind 13, 14, 15 und 8, 10, 12. Inzwischen wird auch auf das hierbei so notwendige näherungsweise Quadratwurzelziehen eingegangen. Beim Trapez zieht er durch eine der nichtparallelen Seiten die Parallele zur Gegenseite und berechnet die Mittellinie. Ist das Trapez rechtwinklig, so lehrt er, aus den drei senkrecht zueinander stehenden Seiten (6, 11, 12) die vierte geneigte zu berechnen. Es folgen das gleichschenklige Trapez 13, 6, 13, 16, dann die schiefwinkligen 13, 6, 20, 27 und 13, 6, 20, 17 (die Parallelen sind fettgedruckt). Rhombus und Rhomboid werden nur gestreift. Eingehender wird das unregelmäßige Vieleck behandelt; für das Viereck 13, 10, 20, 17 und •φ: (10, 20) = 90° wird eine zweifache Zerlegung vorgenommen durch eine Diagonale oder eine Höhe. Ungenaue Formeln fehlen ganz. Die im vorstehenden gegebene Übersicht über die Flächenberechnungen H E B O N S läßt es unnötig erscheinen, in ähnlicher Weise über die betreffenden Verfahren der römischen Feldmesser (erstes bis sechstes Jahrhundert n. Chr.)1303, denen sich GEHBEBT (f 1003)1038 anschließt, Bericht zu erstatten, ebenso aber auch über die der indischen Mathematiker, wie ÄHYABHATA (geb. 4 7 6 n. Chr.) und BBAHMAGUPTA (geb. 598 n. Chr.), da gerade bei diesen Aufgaben die indischen Schriften die Anlehnung an H E E O N auf das deutlichste zeigen; auf die altindische, vielleicht selbständig entwickelte, durch sakrale Vorschriften bedingte Flächenlehre wurde S. 10 hingewiesen. So wiederholt sich die angenäherte Vierecksformel (S. 128), dann H E B O N S genaue D r e i e c k s f o r m e l } / s ( s — a ) ( s — c ) (vgl. Bd. V, Trigonometrie IV, D. 5), >039

ED.

BUBNOW107, S.

78

ff.

GEBBEBT

beginnt absichtlich mit dem recht-

winkligen Dreieck. 9*

Besonderer Teil.

132

ferner die Berechnung der Rhombusfläche durch das halbe Produkt der Diagonalen 1039 und vieles andere. Kennzeichnend für die indische Geometrie ist die Benutzung geschickt gezeichneter Figuren, durch die die gegebene Berechnungsformel von selbst klar wird und ein Beweis sich erübrigt. So ist der Berechnung eines Dreiecks durch das halbe Produkt aus Grundlinie und Höhe die nebenstehende Figur beigezeichnet und kein anderer Vermerk zugefügt, als das einfache Wort: „Sehet". Offenbar soll der Leser aus der sofort ersichtlichen Kongruenz der beiden durch die Höhe entstandenen Dreieckspaare die Gleichheit des Dreiecks mit dem Rechteck von Fig. 9. halber Höhe und gleicher Grundlinie von selbst erkennen.1040 Aus der Flächenmessung HEBONS entwickelt sich durch die Neigung zu ihrer abstrakten Fortführung eine höhere Art der rechnenden Geometrie, die sich allmählich vollständig von der Praxis loslöst. Es werden zusammengesetzte Aufgaben ersonnen, die schließlich die streng geometrische Auffassung des Dimensionsprinzips außer acht lassen. Die im Buch Π Ι der Metrica einleitend gegebenen Flächenteilungsaufgaben halten sich noch im Rahmen der Feldmeßkunst. Es werden Dreiecke oder Vierecke durch Transversalen von Eck- oder Seitenpunkten aus nach vorgeschriebenem Verhältnis geteilt. E U E L I D hatte solche Aufgaben in einer seiner verloren gegangenen Schriften geometrisch behandelt, HERON löst sie hier rechnerisch. Aber wenn HEKON einen Punkt im Dreieck sucht, dessen Verbindungslinien mit den drei Ecken gleiche Teildreiecke bilden, oder gar auf jeder Seite eines gegebenen Dreiecks je einen Punkt berechnet, so daß das Verbindungsdreieck vorgeschriebenen Flächeninhalt hat, die anstoßenden Eckdreiecke aber flächengleich sind, so sind dies Probleme, die mit der Praxis nichts mehr zu tun haben. Noch abstrakter ist eine Aufgabe, die allerdings aus einer späteren Überarbeitung (vgl. S. 129) einer Heronischen Schrift stammt, 1041 aus der Summe der Kreisfläche, des Kreisumfangs und des Durchmessers diese einzelnen Stücke zu berechnen. ed. HEIBEBO, S. 270; BHÄSXABA 184 , Lllävati, ch. V I , Bei GANESA (um 1545 n. Chr.), einem Kommentator des BHISKABA; Lllävaü, ch. V I , S . 1 6 4 1 8 5 , ,S. 70, Note 4. — 1 0 4 1 Geometriea, Opera 1039

HERON,

Oeom., Op.

sect 174, S. 74. —

4Ι4Β:),

,040

4 1 W \ ed. HEIHER« S. 390, Z. 9 f f . ; v g l . B d . I I I , S. Π9.

Die FläcJienbereohming tend Flächenvergleichung.

133

Solche Größen verschiedener Dimension konnte ein griechischer Mathematiker wie EUKLID nicht zu einer Summe zusammenziehen. Bei HERON ist die reine Geometrie nicht mehr Selbstzweck; rechnerisches Interesse führt zu einer Art Algebraisierung, wie wir sie (vgl. II, Anm. 5, S. 91 f.; III, S. 22, 35f., 99f.) wiederholt kennen lernten. Auf diesem Gebiete findet Heronische Wissenschaft in der Folgezeit Fortführung bei den Arabern. Ihre Gelehrsamkeit faßt der Liber mibadorum des jüdischen Gelehrten SAVASORDA (ABRAHAM BAR CHIJJA; geb. um 1 1 0 0 n. Chr., Barcelona) zusammen, den PLATO VON TIVOLI ( 1 1 4 5 ) unter Aufsicht des Verfassers in das Lateinische übersetzte.1323B. SAVASORDA beginnt mit dem Quadrat, berechnet aus dem Inhalt die Diagonale, aus der Diagonale die Seite, versteigt sich dann aber sofort zu ungeometrischen Aufgaben, in denen Summe, bzw. Differenz des Inhaltes und des Vierlachen der Seite gegeben sind, um Beispiele für quadratische Gleichungen zu geben. Die weiteren Aufgaben bei anderen Figuren führen zumeist sogar auf zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten quadratischer Natur, ohne aber Neues für die Flächenlehre selbst zu liefern. SAVASOBDAS Buch ist die Hauptquelle, aus der LEONARDO VON PISA (f 1 2 5 0 ? ) bei seiner Flächenmessung schöpft. Die Figur 9, die SAVASORDA auf unbekannten Wegen aus indischer Mathematik zugeflossen ist, 1044 findet sich genau auch bei LEONARDO.10'*3 Die Practica geomelriae1489 LEONARDOS wiederum wird Fundgrube der abendländischen Feldmeßkunst. Aber wie wenig wird sie bis zum fünfzehnten Jahrhundert ausgenutzt! Erst Männer wie RAMUS ( 1 5 1 5 bis 1 5 7 2 , Paris), CLAVIUS ( 1 5 3 7 — 1 6 0 2 , Bamberg, Rom), SCHWENTER ( 1 5 8 5 — 1 6 2 6 , Altdorf) bringen die praktische Geometrie auf eine neue Höhe. Wir gehen zu Einzelheiten über. D i e S ä t z e von der F l ä c h e n g l e i c h h e i t 1 0 4 4 der P a r a l l e l o gramme und D r e i e c k e sind bereits den Pythagoreern (sechstes bis fünftes Jahrhundert v. Chr.) geläufig gewesen, wie wir aus ihren Flächenanlegungen ersehen werden. EUKLID hat sie am Schluß des ersten Buches zusammengestellt; er beweist die Hauptsätze über Parallelogramme und Dreiecke erst für dieselben Grundlinien (I, 35, 37), dann für gleiche (I, 36, 38), zeigt, daß llächengleiche Dreiecke auf gleichen Grundlinien zwischen Parallellinien gelegt «o« Ed. CuETzEI3,ab, Abh. Gesch. Math. 12, 1902, S. 53. — , 0 4 3 Seritti II 1499 , S. 35 unten am Band. — Über die modernen Auffassungen der Flächengleichheit, die bei EUKLID rein aus der Anschauung genommen ist, vgl. M . ZACHAEIAB, Encyklop. cl, math. W. III, A„B 9, Leipzig. 1914, S . 9t6—922.

134

Besonderer Teil.

werden können (I, 39, 40), und stellt das Größenverhältnis von Parallelogrammen und Dreiecken fest (I, 41). Kleinigkeiten holt 243 CLAVIÜS ( 1 5 7 4 ) in seiner Euklidbearbeitung nach; wie, daß flächengleiche Parallelogramme von gleicher Höhe auf gleicher Basis stehen,1015 ferner die beiden Umkehrungen des Satzes, daß ein Dreieck die Hälfte von einem Parallelogramm mit gleicher Grundlinie und Höhe ist,1049 In VI, 1 lehrt EUKLID, daß sich die Flächen gleich hoher Dreiecke wie die Grundlinien verhalten; aber es fehlt der entsprechende Satz für gleiche Grundlinien. Bei 1047 ABCHIMEDES ( 2 8 7 — 2 1 2 v. Chr., Syrakus), der ihn mehrfach benutzt, stellt er sich indes ein. PAPPOS überliefert den Satz, daß sich die Flächen zweier Dreiecke, die in einem Winkel übereinstimmen, wie die Produkte der einschließenden Seiten verhalten (mit Umkehrung).1048 Der Satz von den E r g ä n z u n g s p a r a l l e l o g r a m m e n (EUKLID I, 43) führte bei den Alten seit EUKLID den Namen Satz vom Gnomon; er ist spätestens zur Zeit des PYTHAGOBAS entstanden. Unter Gnomon verstand man ursprünglich einen senkrecht gestellten Stab, aus dessen Schattenlinie die Zeit erkannt werden konnte; dann übertrug man Gnomon allgemein auf ein Lot und weiter auf einen künstlich hergestellten rechten Winkel, wie er beim Zeichnen benutzt wird. Die Pythagoreer nannten infolge der Ähnlichkeit mit diesem Instrument Gnomon diejenige Bestfläche, die man erhält, wenn man aus einem Quadrat an einer Ecke ein kleineres Grenzquadrat herausschneidet, eine Bezeichnung, die EUKLID schließlich auf entsprechende Parallelogrammfiguren verallgemeinerte. Das Euklidische Fachwort παραπληρώματα für Ergänzungsparallelogramme wird im Lateinischen durch complementa, selten durch supplementa, wie bei HOLTZMANN ( 1 5 6 2 ) 1 4 9 3 BOUBDIN ( 1 6 3 9 ) 1 0 4 9 , LAMY (1692) 504 wiedergegeben. Für die von den Diagonalen geschnittenen Teilparallelogramme versucht RAMUS ( 1 5 6 9) 1050 ein besonderes Wort, diagonalia, einzuführen; es wird aber nur von wenigen Verfassern angenommen. HOLTZMANN ( 1 5 6 2 ) übersetzt complementum deutsch mit (Erfüllung,1051 SIMON MABIUS ( 1 6 1 0) 1052 mit Ausfüllung; A B «»•8 Operaun,

1,1612, S. 64. — «0*6 Daselbst I, prop. 41, Scholion, Opera I'««,

S. 70. — W « ARCHIMEDES17, ed. HEIBERO 2 , , 8 . 336, Z. 5 — 8 ; I „ S. 406, Z. 7 ff.; I„ S. 306, Z. 2ff.— ««β Collectionis liber VII, prop. 146 und 190, ed. HULTSCH18, II, Berlin 1877, S. 895, 945. — 1049 P. BOUBDIN, Prima geometriae elementa,

Paris 1639; I, 26. — «WO Geometriae lib. X 47 ·, Ausg. 1569, 8, S. 77; 1599, 8. 76. — WM Ewxxp-ÜbersetsuBgJ«13, S.S2. — WM EUKLID-Übersetjung", S. 4.

Die Flächenberecfinung

und Fläckenvergleichung.

185

(162 7)1063 bildet (ErfüIIparallelogramm, REYHER (1699) ^üll* fledjen.1054 Ergänzung wird seit MICHELSEN (1780)1055 üblich; G I L B E S T (1798) spricht schon gelegentlich von Ergänzungsrechtecken.1066 Unser zusammengesetztes Wort E r g ä n z u n g s p a r a l l e l o gramme stellt sich erst 1839 in J. F. KBOLLS Grundriß ein.1047

DÜSEB

Der Satz selbst wird in alle umfangreichen Euklidbearbeitungen aufgenommen, fehlt indes oft bei kürzeren Auszügen. Zuweilen wird kein Fachwort benutzt, so von A B N A U L D ( 1 6 9 0 ) , I T U K A B S T E N ( 1 7 6 0 ) 1 1 1 " . Die Umkehrung des Satzes weist C L A V I U S 1 0 5 8 J . P E L E T I E B (155 7)1059

zu.

Das erste Buch E U K L I D S wird gekrönt durch den Pythagoreischen Lehrsatz ( I , 4 7 ; Umkehrung I , 48). 1 0 8 0 Der von E U K L I D '053 Oeom. theor. et pract.33*, S. 11·, Nr. XVIII. — «54 Ceutfd;. «liclibes 4 ', S. 8, Nr. XXXV. — , 0 B 5 Anfangsgründe™, § 89. — '»66 Geometrie"™, III, Lehre. 8, Zusatz 1. — «057 Grundriß d. Math.1™9, Eislcben 1839, S. 115; von KAMBLY6* in späteren Auflagen übernommen, Ζ. B. 1870, II. Planim. § 114, noch nicht 1855, II, 3. Aufl. — '068 Opera I 1 4 " , S. 72. — , 0 B 9 Demonstratimmm in Eucimis elementa geometriea libri sex, Lugduni 1557. — '060 EUKLID I, 47, ed. HELBERG L13, S. 110, Z. 10—13: Έν τοις ός&ογωνίοις τρίγωνοι; το Ά,-IÖ τη; τήν όζ&ήρ γωνίαν ύποτεινονσης πλευράς τετράγωνον 'ίσον εστί τοις άπό των την ός&ήν γωνίαν πεςιεχονσών πλευρών τετραγώνοις. (In den rechtwinkligen Dreiecken ist das Quadrat über der den rechten Winkel überspannenden Seite gleich den Quadraten über den diesen rechten Winkel einschließenden Seiten.) Bei HEBOK, Geometriea,, Op. 4 U 8 3 , ed. HEIBEBO S. 214, Z. 29 f. in algebraischer Forin: Ίστέον de ώς παντός όο&ογωηου τριγώνου οι πολνπλασιασμοί των δύο πλευρών της όρ&ής γωνίας ϊσοι είσι τω πολνπλασιασμω της λοιπής της νποΐΒίνονση;. (Wisse, daß bei jedem rechtwinkligen Dreiecke die Quadrate der zwei Seiten am rechten Winkel gleich sind dem Quadrat der letzten, gegenüberliegenden Seite.) Im PseudoBOETIUS (11. Jahrh. n. Chr.), cd. FBIBDLEIN 13T0, S. 384: In triangulis, in quibus anus rectus est angulus, quadratum quod a latere rectum angulum subtendente describitur, aequum est his quadratis, quae a continentibus rectum angulum lateribus conscribunlur. (In Dreiecken, in denen ein Winkel ein Rechter ist, ist das Quadrat, das von der den rechten Winkel überspannenden Seite beschrieben wird, gleich den Quadraten, die von den den rechten Winkel enthaltenden Seiten beschrieben werden.) Bei dem Araber ALNAIRTZI (ANARITIUS; um 900 n. Chr.) in einer lateinischen Übersetzung durch GEBHABD VON CREMONA, Mitte des zwölften Jahrhunderts" 3 3 3 , S. 84: Omnis trianguli orthogonii quadratum, factum ex latere subtenso angulo recto equale est coniunctioni duorum quadratorum, que fiunt ex duobus lateribus, que continent angulum rectum. (In jedem rechtwinkligen Dreieck ist das aus der überspannten Seite gebildete Quadrat gleich der V e r e i n i g u n g der beiden Quadrate, die aus den beiden Seiten gebildet werden, welche den rechten Winkel

enthalten).

RAMÜS (1569)

Geom.

lib. X I I , 5 ;

ed.

SCHOHEBDS

1599"·,

S. 83: Si basis trianguli subtendit rectum, aequt potest eruribus. (Wenn die Grundlinie eines Dreiecks einen Rechten überspannt, ist sie gleich den

136 angeführte B e w e i s , der noch h e u t e a l l g e m e i n üblich i s t , zeigt die Gleichheit eines j e d e n Kathetenquadrats m i t den aus der Hypotenuse u n d den entsprechenden Kathetenprojektionen gebildeten Rechtecken, die z u s a m m e n gerade das H y p o t e n u s e n q u a d r a t bilden. N a c h A u s s a g e des PBOKLOS1061 ( 4 1 0 — 4 8 5 n. Chr.; B y z a n z , Athem ist dieser B e w e i s E i g e n t u m E U K L I D S . V o n den Euklidischen Hilfslinien g e h e n n a c h H E E O N 1 0 6 2 die beiden von den Scheiteln der spitzen W i n k e l nach den gegenüberliegenden Quadratecken gezogenen Geraden und die H ö h e des D r e i e c k s durch einen P u n k t A n e t w a zwölf S t e l l e n 1 0 0 3 liegen uns aus der antiken Literatur Nachrichten über geometrische L e i s t u n g e n des PYTHAGOEAS vor. Schenkeln im Quadrat genommen [juossc = im Quadrat genommen sein; potentia— Quadrat]). Oder noch kürzer: Hypotenusa potest cathetos, vgl. GILBERT, Geometrient"i Halle 1798, Teil I , Buch I I I , Satz 4, Anm. 2. JOACHIM JUNGK (1627), Geometria empiriea4β1, S. 18, Nr. 26: Bina quadrata e catkctis simul sumpia aequantur quadrato hypotenusae (Die beiden Kathetenquadrate gleichen zusammengenommen dem Hypotenusenquadrat). — D e u t s c h e F a s s u n g e n : Geometria Culmmsis (um 1400) ,ä , S. 33: 2H30 roirt bas oierfante öelb, gc= ineffen es ber langen want, aljo gros als by beybe cirfaute, by bo werben ge* ineffen von ben cjroeit tuenben bes gereit, by bo c^ufamene treten in bem reebiett tcynfel. Bechenbuch des SIMON JACOB, Frankfurt 1565 1M ", S. 284: [ 7n> W e n Q

n

>

m

) daselbst, Satz 11. }

Ganz selbständig wird JORDANUS ZU diesen Sätzen nicht gekommen sein; wahrscheinlich dienten ihm arabische Quellen, die wir nicht näher kennen, als Vorlage. Zu einer wirklichen Kreisquadratur nutzte JORDANUS seine Sätze nicht aus. In der Eegel werden bei späteren Schriftstellern Sätze über regelmäßige Polygone nur zu diesem Zwecke abgeleitet. Verschiedene, eigentlich hierher gehörende Polygonformeln werden deshalb auch erst in der Geschichte der Kreisquadratur angeführt werden, damit doppelte Erwähnungen unterbleiben. Die erste Formel des JORDANUS ist ihrer Wichtigkeit wegen oft wiederholt worden. So ist sie im Algorism/us proportionum von «433 Al Käfi fll Hisäb, hrsgeg. von HOCHHEIM1673, II, S. 26. — I 4 3 4 De triangulistb,

ed. CÜBTZE, 8. 42—43.

D i e Formel ist genau für η = 3, 4, 6.



1435 Vgl. M. CÜRTZE, Ztschr. Math. Phys. 42, 1897, hiet-lit. Abt. S. 150—152. — >436 ]je

triangulis86,

ed. CUKTZE, S. 31 ff. D e r W o r t l a u t für F o r m e l 1 lautet

ζ. B.: Inter quaslibet duas fiyuras poligonias equilateras et similes, et quarum una in cireulo inseripta, alia circumscripta fuerit, proporeionalis consistit, que duplo plurium laterum existms infra eundem circulum describiiur (Zwischen zwei beliebigen, gleichseitigen und ähnlichen Polygonen, von denen das eine dem Kreis eingeschrieben, das andere ihm umgeschrieben ist, ist dasjenige Polygon (mittlere) Proportionale, welches mit der doppelten Seitenzahl demselben Kreis eingeschrieben wird). Beweis für η = 3 und 4.

Besonderer Teil.

192

Ν. OBESME (um 1 3 2 3 — 1 3 8 2 ; zuletzt Bischof von Lisieux) anzutreffen; 1487 unabhängig stellte sie W . SNELLIUS ( 1 5 8 1 — 1 6 2 6 , Leiden) in der Gyclometria 1621 noch einmal auf.1138 Sie erscheint ferner — mit Beweis für η = 3 — in der Geometria theorica et practica des 1439 J O H . A B D Ü S E B (16 2 7), dann in der Geometrie des MABOLOYS (1628), dentsch herausgegeben von GIRABD.1440 Die Formel:

oder in anderer Form: '



/ 4- j"

nach welcher L„ «τι das harmonische Mittel zwischen i„„ ζ η und I λ ist,* stammt von dem englischen Mathematiker JAMES GBEGOBY (1638 bis 1675, Edinburgh), der sie 1667 in der Schrift Vera drculi et hyperbolae guadraturaliil ableitete; in L E G E N D B E S Elementen (Paris 17 94) 1442 nimmt sie die Gestalt an:

Eine ähnliche Beziehung, wie die Formel zwischen den Inhalten angibt, besteht auch — nach SNELLIUS' (1621) Oyclometria — für die Umfange: 5

·

U

in'Wi«

=

U

-ln-Un·

Den bei SNELLIUS fehlenden Beweis holt C H E . HÜYGENS (1654) nach.1443 Durch diese Formeln ist die Berechnung von Inhalt und Umfang aller der regelmäßigen Polygone ermöglicht, deren Seitenzahl ein Produkt einer Potenz von 2 mit den Euklidischen Grundzahlen 2, 3, 5 und 15 ist, und zwar nur mit Hilfe von Quadratwurzeln, wie bei geometrischer Ausführung nur Winkelhalbierungen nötig sind. Bis zum Schluß des achtzehnten Jahrhunderts hielt man damit den Bestand der konstruierbaren, bzw. mit Quadratwurzeln berechenbaren regelmäßigen Vielecke für erschöpft In allen Lehrbüchern des achtzehnten Jahrhunderts wird far die übrigen ra-Ecke die Anwendung des Winkelmessers, mit dem die leicht zu ermittelnden 1437 Algorismus proportionum11

m

, ed. C U B T Z E , S. 11, Anm. 6. — 1 4 3 8 Cyelometria, Lugd. Batav. 1621, prop. 9. — ' « 9 Buch VII" 2 , Satz 29, S. 185 verso. '440 s. 64, Theorem VII83*. — «441 Vera drc. et hyp. quadr. Padua 1667, abgedruckt in H Ü Y G E N S ' Opera Varia, Vol. II, Lugd. Bat. 1724, S. 407—462; die angeführte Formel, S. 418, prop. V. — 1 4 4 2 Übersetzung v. CBELLE11854, 2. Aufl., Berlin 1833, Buch IV, S. 13. — '443 H Ü Y G E N S , De cireuli magnitudine inventaS3S, 1654, Satz XIII, Opera rnria Lugd. Bat. 1724, Vol. II, S. 351-387.

193

Zentriwinkel eingetragen werden sollen, vorgeschrieben. So sagt noch 1798 KLÜGEL,1444 nachdem er die Konstruktion des Sechsecks, Vierecks und Fünfecks gezeigt hat: „Außer diesen Vielecken kann man keine geometrisch verzeichnen, sondern nur mechanisch." Zu dieser Zeit (1796) hatte aber bereits GAUSS ( 1 7 7 7 — 1 8 5 5 , Göttingen) sein großes Werk Disquisitiones arithmetical in Angriff genommen, das eine Fortführung und Erledigung der Untersuchung über konstruierbare, regelmäßige Polygone bringen sollte.1446 zeigte hierin,144® daß der Kreis dann und n u r dann in η gleiche Teile, allein mit Zirkel und Lineal, geteilt werden könne, wenn η eine Primzahl von der Form 2M + 1 ist. Es läßt sich leicht einsehen, daß m hier eine Potenz von 2, etwa m = 2*, sein muß. Wäre nämlich m = 2^ m 1 , wo m1 eine ungerade Zahl sei, so ist 2M + 1 = (22/')™i + 1 eine Summe, die nach bekannten Sätzen durch 2 2 " + 1 teilbar, also keine Primzahl ist. Setzt man k = 1, so ergibt η = 5 das Fünfeck, dessen Zeichnung bereits bekannt war. k = 2 liefert hingegen einen neuen Fall, da » = 1 7 eine Primzahl ist. Daß das regelmäßige Siebzehneck konstruiert werden könne, war vollständig neu. Die wirkliche geometrische Durchführung gaben CH. F. v. PFLEIDEREB (1802), 1 4 4 6 8 M. G. v. PAUCKEB (1814) 1447 und EBCHINGEB (1825), 1 4 4 8 durch Rechnung nahm LEGENDBE zum erstenmal die Siebzehnteilung vor.1449 Eigenartig ist die geometrische Behandlungsweise bei CHE. V. STAUDT (184 2) 1450 und H . SCHBÖTEB (1873), 1 4 5 1 da sie sich auf Benutzung des Lineals und eines festen Kreises beschränken. Mit dem Zirkel allein gelang GAUSS

1444 Anfangsgründe, S. 114II1ME. — '446 Disquisitiones arithmetieae, 1801II5IJ, Abschn. 365; Werke l I M e , S. 461. — 1446 l n dem Tagebuch von GAUSS — vgl. F. KLEIN, Math. Ann. 57, 1903, S. 6, zu 1 — wird der 30. März 1796 als der Tag der Entdeckung angegeben. Die erste Veröffentlichung fand im Intelligenxblatt der Allg. Literaturxeitung (Jena) NR. 66 vom 1. Juli 1796 statt. Hinweise auf die GAUSS sehe Entdeckung drangen sofort in die Elementarlehrbücher ein, so in LACBOIX' Anfangsgründe der Georn., 1806, Berlin, Übersetzung von Ε . M. HAHN 1395 , S . 127, § 148.



1446·

GAUSS,

Werke

2, 1, 191, S . 120.



1447 M. G. v. PAUCKER, De dinisione geometrica peripherica circuit in XVIIpartes aequales, 1814. Derselbe, Die ebene Geometrie der geraden Linie und des Kreises I, Königsberg 1823. Vgl. die Anzeigen von GAUSS in den Gött. gel. Anzeigen von 1825; GAUSS' Werke, 2 I M 0 , S. 186—187. —

1448

EBCHINGEB, Geo-

metrische Konstruktion des regelm. Siebxehnecks 1825. Vgl. R. GOLDENEINQ, Die elementargeometr. Konstruktionen des regelm. Siebxehnecks, Leipzig 1915 (daselbst Literatur S. 67—69). — ,4 49 Elemente der Trigonometrie Anhang VII; CBELLBS Übersetzung, 1833, S. 420FL. — 1 4B0 J. r. ang. Math. 24, Berlin 1842, S. 251. — «451 J. r . ang. Math. 75, Berlin 1872, S. 13—24. TaOFFKB, Geschichte. IV. 2. Aufl.

13

194

Besonderer Teil.

1896 L. G Ü B A B D 1452 und 1898 G. MULSOW 1463 eine Lösung. Die geometrographische Konstruktion gab R. GÜNTSCHE (1903),1454 auch eine solche mit dem Zirkel allein (1905). 1 4 6 5 Ähnlich wie A B C H I MTIDES' Kugel und Zylinder hatte G A U S S auf seinem Grabdenkmal die Figur des Siebzehnecks gewünscht, ein Beweis, wie hoch er selbst seine Entdeckung einschätzte. Der Wunsch ist ihm nicht erfüllt worden; doch hat man bei dem Denkmal in Braunschweig 1466 GAUSS' Statue auf ein Siebzehneck gestellt. Für k = 3 ist η = 257, also wiederum eine Primzahl. Die zugehörige Polygonkonstruktion hat F. J . EICHELOT ( 1 8 0 8 — 1 8 7 5 , Königsberg) bearbeitet.1457 Auch k = 4 führt auf eine Primzahl N = 65 537. Die sehr schwierigen Untersuchungen der auftretenden Irrationalitäten hat J . H E B M E S in Angriff genommen; ihre Ergebnisse sind jedoch nicht veröffentlicht worden.1458 Daß die Form η — 22'; + 1 nicht ausschließlich Primzahlen liefert, zeigt k = 5. In diesem Falle ist n = 4294967297 und kann in 641-6700417 zerlegt werden.1469 Nichtprimzahlen ergeben sich ferner noch für k = 6, 9, 11, 12, 18, 23, 36, 38, soweit man bis jetzt weiß.1460 Näherungskonstruktionen der regelmäßigen Vielecke, die nicht den Euklidischen Grundzahlen entsprachen, sind zu allen Zeiten versucht worden. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Jahrtausende die Näherung s7 = } s , , die J O B D A N U S NEMOEABIUS (F 1 2 3 7 ? ) als indisch bezeichnet.1461 Es kennt sie der Perser ABU'LWAFÄ' (940—998, Bagdad);1462 es kennt sie aber auch schon der Alexandriner H E B O N (um 1 0 0 Y. Chr.),1463 ja verwendet sie ohne Beweis, so daß noch ältere Herkunft anzunehmen ist. Vielleicht geht sie zurück auf ABCHIMEDES (F 2 1 2 , Syrakus), dem eine leider nicht erhaltene Schrift über das Siebeneck zugeschrieben wird.1464 Wir finden die Zeichnung des Siebenecks wieder bei LEONARDO DA VINCI ( 1 4 5 2 1452 Math. Ann. 48, 1897, S. 390. — 1 4 5 3 MASCHERONISCA«? Konstruktionen, Programm Gymnasium Schwerin 1898, nach M. BRÜCKNER, Vielecke und Vielflache™2, S. 21. — 1454 Archiv d. Math. u. Phys. 4„, 1903, Anhang S 10—16. — ' « δ Daselbst, 9 , , 1905, S. 257. — »456 V g l . WEBER U. WELLSTEIN I, 3 1 5 4 2 , 1909, S. 363.

— "467 J. R. ang. Math. 9, Berlin 1832, S. 1—26, 146—161, 209—330, 337—356. — 1458 Handschriftlich im Seminar von Göttingen, nach FELIX KLEIN, Vorträge über Elementargeometrie, 1895 1 ' 12 ", S. 13. — 1459 EULER, Comm. Ac. Petr. 6, 1732/33 (1738), S. 104 (vorgelegt 26. IX. 1732); Opuscula analytica, Petrop. 1783, Bd. I, S. 244. — '460 Vgl. Encycl. sc. math.1»20», Tome I , vol. 3, fasc. 1, Paris-Leipzig 1906, S. 51/52. — '461 De triangulis85, ed. CURTZE, S. 43 bis 44. — 1*62 Ed. F. WOEPCKE, Journal Asiatique, Paris 1855, 5 5 ME S. 329 u. 332. — 1463 Metrica,

ed. SCHÖNE1205, Opera

J. L. HEIBERQ, Quaestiones Archimedeae9'4,

3, S. 54, Z. 1 3 — 1 4 . — 1464 V g l .

S. 29, Z. 6 v. u.

195

bis 1 5 1 9), 1 4 6 5 bei REGIOMONTAN ( 1 4 3 6 — 1 4 7 6 ) , 1 4 6 6 in einer anonymen Geometriehandschrift aus dem Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts,1467 in der (Seometria öeutfcfy (um 1 4 8 4 ) , 1 4 6 8 in DÜBEBS Dn6et= rocyfuttg ber meffung mit öem jircfcl un5 ridjtfdjcyt von 152 5,1469 in SCHWENTEBS Geometria practica ( 1 6 4 1 ) , 1 4 7 0 bei PIRCKENSTEIN ( 1 6 9 8 ) und anderen. Genauere Zeichnungen werden durch Bewegungsgeometrie geliefert. Eine arabische lehrt JOBDANUS NEMOBABIUS 1472 (F 1 2 3 7 ? ) ; in der neuesten Zeit beschäftigte sich F Ä B B E B 1 4 7 3 mit solchen. Zeichnungen von Neunecken und höheren Vielecken gaben auch LEONARDO DA VINCI und DÜBEB, ferner VIETA ( 1 5 9 5 ) . Eine Neuneckskonstruktion DÜBEBS und eine Fünfeckskonstruktion von ihm „mit unverrücktem Zirkel"647 war in damaligen Baukreisen allgemein bekannt, wie ihr Vorkommen in einer älteren Nürnberger Handschrift,14748 bzw. in der ©eometria öeutfdj648 beweist. Allgemeine Kreisteilungsverfahren geben bei vorgeschriebenem Radius C. RENALDINI ( 1 6 6 8 ) , 1 4 7 5 bei vorgeschriebener Vielecksseite LE CLEBCK 1 4 7 1

1 4 7 4

(1669).1476

9. Die Kreisberechnung.1477

Bereits die ältesten mathematischen Überlieferungen enthalten Versuche, die Kreisfläche, bzw. die Kreislinie durch bekannte Maße auszudrücken. In jenem altehrwürdigen Rechenbuche des Ägypters AHMES 3 , das aus dem zwanzigsten bis siebzehnten Jahrhundert v. Chr. stammt und, eigener Angabe des Verfassers nach, auf noch ältere Schriften sich stützt, wird zum erstenmal eine Quadratur des Kreises vorgenommen.1478 Die dort gegebene Vorschrift, welche 8 /9 des Durchmessers als Seite eines gleich großen Quadrates wählt, entspricht einem Werte π = = 3,1605, ist also von geradezu 2 s , S . 298. — 1 4 6 6 Vgl. M. CÜBTZE, Z . Math. Phys. 42, Leipzig 1897, hist.-lit. Abt., S. 150. — " 6 7 M. CÜRTZE, Abh. z. Gesch. d. math. Wiss. VIII, 1898, S. 55 U D t e n . — '468 Aufg. 3 « 8 . — " 6 9 Bl. 1 coscc

"ISO ' η

werden durch Berechnung der auftretenden trigonometrischen Funktionen ausgewertet. 1559 Dem J a h r e 1593 gehört auch eine Schrift des Niederländers A D B I A E N VAN KOOMEN ( 1 5 6 1 — 1 6 1 5 , Loewen), Ideae mathematicae, an, in der mit Hilfe von Polygonberechnung π sogar bis auf 15 Dezimalstellen fortgeführt wird. Das zuletzt betrachtete Polygon h a t 1500 Η ES 3 · 5 · 2 Μ Seiten. Auf demselben Wege erhöhte LUDOLPH VAN CEULEN ( 1 5 4 0 — 1 6 1 0 , Leiden) die Kenntnis der genauen Stellen noch 1654 VIBTA, Opera"89, ed. SCHOOTEN, Lugd. Bat. 1646, S. 3 9 2 , Z. 7 . Im Originaldruck von 1593111Μ9, Bl. 25 v° (cap. XV) ist der Dezimalbruch in der Form ge schrieben 314,159 JQQQQÖ» w °bei der Kreisdurchmesser d — 100,000 angenommen wird. — «66 VIETA" 88 , ed. SCHOOTEN, S . 392, prop. ΠΙ. — ,BB6 Daselbst S.400, Corollarium; Originalausg. von 1593IIM9, Bl. 12 v°. — ,BB7 F. KUDIO, Z.Math. Phys. 36, 1891, Hist.-lit. Abt., S. 139—140. — 1B68 Universalium inspeetionum. Uber singularis, 1579loeo, S. 66; Anhang zum Canon mathematicus. — 1669 K. HUNR/ITH, Z. Math. Phys., Supplem. 1899, S . 237—238. — « 6 0 CANTOR 2», S . 597.

Die

Kreisberechnung.

217

weiter.1591 In seinen Fundamenta arithmetiea et geometrica, lateinisch von WILLEBRORD SNELLIUS (1615), 1 5 " 2 gibt er 3 2 Stellen; er erzählt, daß er sie mit Unterstützung seines Schülers PETES CORNELIUS berechnet habe. W i e SNELLIUS 1 6 2 1 im Cyclometriaus mitteilt, verdankt man LÜDOLPH VAN CEULEN noch drei weitere Stellen.15®3 Die drei letzteren Stellen sind auf seiner Grabschrift in der Peterskirche zu Leiden verzeichnet. Daß nach ihm die Zahl π häufig die LUDOLPHsche Zahl heißt, ist kaum berechtigt. Der bekannte Bruch π — f f f wurde im Abendland Eigentum des ADRIAEN ANTHONISZ (1527 Metz — 1607) Berichte seines Sohnes ADRIAEN METIUS in einer Schrift, et geometricae practica von 1 6 1 1 , angenommen.1564 Er dadurch gefunden, daß er die in einer Streitschrift gegen berechneten Grenzen: J 1UD

bisher als nach dem Arithmeticae hatte ihn DUCHESNE

Ν ^ S 1^120

durch einen Mittelwert mit Hilfe von Addition der einzelnen Zähler und Nenner ersetzte, ein Verfahren, das ADRIAEN METIUS auch noch anderweitig, so 1 6 2 6 in seinen Arithmetici libri II et geomeirici VI empfahl.1566 Die außerordentliche Genauigkeit 3 , 1 4 1 5 9 2 9 , die den Bruch bei seiner geringen Ziffernanzalil zu einem so brauchbaren macht, mag ANTHONISZ an dem LÜDOLPH sehen Wert hinterher erkannt haben. Indes scheint auf die Aufstellung dieses Bruches f f 5, wie auch selbst der VIETA sehen 9 Dezimalstellen ein deutscher Mathematiker VALENTINUS OTHO ( 1 5 5 0 ? Magdeburg — 1 6 0 5 ? Heidelberg; Professor in Wittenberg) Vorrechte erheben zu dürfen. Es wird erzählt,156® daß OTHO beide Werte seinem Gönner PRAETORIUS im Jahre 1 5 7 3 vorgelegt habe, um von ihm weitere Empfehlungen an den durch seine großen Tabellenwerke berühmten Mathematiker »661 CASTOR 2», S. 590. — « 6 2 Lugd. Bat. 1615, Buch IV, 2. Zeteiwi, S. 144. — 1563 CANTOR 2Ä, S. 599. — , Β β 4 Arithmeticae et geometricae practica, Francq. 1611, S. 45, Z. 5. Genauer Bericht S. 134, Z. 17FF : Unde praestat assumere eam peripheriae et diametri proportionem quam ante annos aliquot repperit pater meus . .., qui Archimedeis demonstrationibus invenit proportionem peripheriae euiusvis circuit ad sieam diametrum esse 3F',R'.T, id est ^ quae quidem proportio minoribus constat ter minis, quam ea, quam posuit M. LÜDOLPH A COLN, a qua tarnen distat minori differentia quam j g-jFiTcrö (Es empfiehlt sich, hier ein Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser anzuführen, welches vor einigen Jahren mein Vater gefunden hat. Mit Archimedischem Beweisgang fand er das Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser zu 3 ,'^, d. h. ein Wert, der weniger Ziffern enthält, als der, deu der Meister LDDOLI'H VON CÜLN gegeben hat, von ihm aber um weniger als γττ^—,-ΰ abweicht). — 1666 Daselbst ϊίβ , S. 51. — « 8 6 Vgl. M. CCRTZE, Ztschr. Math'. Pliys. 40, Leipzig 1S95, S. 13.

218 Wittenberg) zu erlangen. RHAETICUS habe daraufhin auch den jungen OTHO als Mitarbeiter angenommen und ihn später sogar als Erben seiner wissenschaftlichen Arbeiten eingesetzt Den Bruch soll O T H O als Mittelwert zwischen dem Archimedischen Ζ-*- und dem Ptolemäischen j-^l durch Subtraktion der Zähler und Nenner voneinander gefunden haben.1597 Obgleich die Erkenntnis, daß eine unbedingte Genauigkeit für die Kreisquadratur nicht zu erzielen sei, sich immer mehr Bahn brach, gab es noch Schriftsteller, die eine genaue Lösungsmethode finden zu können glaubten. So gibt der dänische Astronom CHBISTIAN LONGOMONTANUS ( 1 5 6 2 — 1 6 4 7 ) eine geometrische Konstruktion, die eine vorzügliche Annäherung bietet; für einen Kreis von 1 m Durchmesser beträgt der Fehler weniger als 1 mm, da sich π = 3 , 1 4 1 8 1 ergibt. Aber genau ist sie nicht, wie er anspruchsvoll behauptet. 1588 Noch etwas genauer (π = 3 , 1 4 1 5 ) ist eine Zeichnung von Α . A . KOCHANSKY aus dem Jahre 1 6 8 5 . 1 5 ® 9 Solche Prahlereien riefen, besonders wenn sie von scheinbar autoritativer Stelle ausgingen, selbstverständlich sofort Gegnerschaft hervor, die einen Meinungsstreit mit Antworten und Gegenantworten veranlaßten. Das Gute in diesen Disputen war, daß auch zuweilen Männer von wirklicher Fähigkeit eingriffen und dem besprochenen Thema eine entschiedene Förderung zuteil werden ließen. Einen solchen Anstoß gab ein umfassendes Werk des Niederländers GREGOBIÜS VON SANKT VINCENTIÜS ( 1 5 8 4 Brügge — 1667 Gent), Opus geomeiricum quadraturae cireuli et seclionum coni111134 von 1 6 4 7 (verfaßt 1 6 2 5 ) . 1 5 7 0 Den hierin vorgeschlagenen vier neuen Methoden entstanden heftige Gegner und warme Fürsprecher. Unter den ersteren befand sich C H E . HUYGENS ( 1 6 2 9 — 1 6 9 5 ; Haag, zeitweilig Paris). Nachdem er 1651 in einer kleinen Schrift die Methode des 1571 GBEGOBIUS bekämpft hatte, veröffentlichte er 1 6 5 4 seine eigenen Untersuchungen in der Abhandlung De cireuli magnitudine inventa (Neugefundenes über die Größe des Kreises).1572 War bisher ein RHAETIOUS ( 1 5 1 4 — 1 5 7 6 ,

Chinese Tau CH'INO-CHIH (428—499) soll den Wert bereits gekannt haben. Vgl. Y. MIKAMI, The development of mathematics in China and, Japan, Abh. Gesch. Math. 30, 1912, S. 50; Bibl. math. 10,, 1909—1910, S. 196. Die chinesischen Datierungen dürften noch nicht ganz sicher sein. — 1 5 6 8 CANTOR 2', S. 712—713. — «569 Acta Erud. 1685, S. 394—398. CANTOR 2 j , S. 21. — s 1 5 7 0 Vgl. auch CANTOR 2 , S. 713. — 157 ' Exetasis Cyclometriae clarissimi Gregorii a S. Vineentio, Anhang zur Schrift Theoremata de quadraturn hyperboles, ellipsis, et circuit ex dato portionum gravitatis eentro, Leiden 1651; 1 HUYGENS, Opera varia"* Lugd. Batav. 1724, Bd. II, S. 328—340. — aufgetreten (vgl. S . 1 9 1 ) . J . GREGORY steckt sich aber ein noch viel weiteres Ziel, nämlich zu beweisen, daß mit den Mitteln der Algebra das Kreisproblem gar nicht genau gelöst werden könne; damit entstand überhaupt eine neue Fragestellung, die die Mathematik damals allerdings noch nicht erledigen konnte. 16 ™ Zu den Gegnern des GREGORIUS VON SANCX VINCENTIUS gehörte ferner DESCARTES ( 1 5 9 6 — 1 6 5 0 ) . Wenn DESCARTES auch selbst nichts über Kreisberechnung veröffentlichte und sich nur gelegentlich in einem Brief an Fachgenossen 1577 abfällig über GREGORIUS aussprach, so hat man doch in seinem Nachlasse Notizen gefunden, die von ernster Beschäftigung mit diesem Thema zeugen. 1578 Sein hierin kurz niedergelegter Ideengang begegnet sich mit einem oben (S. 213) erwähnten Verfahren des CCSAKÜS. AUS einem Quadrat wird ein umfanggleiches Achteck, aus diesem ein umfanggleiches Sechzehneck abgeleitet usw. und dieses Verfahren so lange fortgesetzt, bis der Unterschied des Polygons vom Kreise unter die beabsichtigte Grenze MOBARIUS

erste

(F 1 2 3 7 ? ) ,

Vgl. W . K O C H , Unterrichtsbl. f. Math. 10, 1904, S . 133; CANTOR 4', S . 422. — « 7 5 QuadraturaIM1, Prop. I V u. V , S. 417 u. 418. In X I X , S. 447 ist η auf 13 Stellen genau angegeben. — 1 6 7 6 Vgl. G . H E I N B I C H , Bibl. math. 2 a , 1901, 1877 8 . 7 7 ff. — 1649, Brief an FRAXCISCUS V. S C H O O T S N ; (Euvres de D E S C A R T E S , ed. A D A M et T A N N E R Y 11 5, 1903, 8. 338. — 1 6 7 8 (Euvres de D E S C A R T E S , Ö χ A

1 2

χ* 3

,

Η

Τ

xh 5

1-3 2·4

. Τ

χ1 7

1·3·5 2·4·Β

Τ

, 1- . . . ' · · '

,

aus der er ~ durch χ = -i- auf 14 Dezimalen auswertete.1593 β a Andere kehrten zur allgemeinen GBEGORY sehen Reihe zurück. So setzte der Astronom ABBAHAM SHARP (1651—1742), der durch die Berechnung der BBIGGS sehen Logarithmen auf 60 Stellen noch anderweitig bekannt ist (Bd. Π, S. 187): a = arctg χ = y , also 's >

und fand mittels der so aufgestellten Reihe: ™ 6

=

1

i / I3 i i _ J L + _ J Κ

\

3·3

3»·5

ι

3«.7 ~

Ϊ

\

34·9

"'}

verhältnismäßig leicht den Wert von π auf 72 Dezimalstellen. Unmittelbar darauf vollzog JOHN MACHIN (F 1 7 5 1 ; London, Astronom) eine Umformung der GBEGOBY sehen Reihe mittels des Additionstheorems: arctg χ + arctg y = arctg TT 1 1 und zerlegte in 4 arctg - — arctg — - , so daß sich ergab: 4

Ο

" =, 4 ( λ _ 4

. 3-ft 3 ~

_(_1 \ 239 W . JONES

veröffentlichte die

1

5·55

_ .

, 7·57 ~

\ "'}

L_ . 3·239 3

Τ

MACHIN sehe

L_ + 5·239 6

Reihe

1

7·239' (1706)

ohne Ableitung

in seiner

Synopsis palmariorum matheseos1187 und benutzte dabei •692 Ebendaselbst: II fautplus de trois cms operations etpresque un Litre entier, pour trouver settlement le rapport de 100 ά 314. NEWTON bemerkte bereits in einem Briefe vom 24. X . 1676 a n OLDENBURG, daß, wenn man π mit dieser Reihe auf 20 Stellen erhalten wolle, man 5000 Millionen Glieder zusammenziehen m ü s s e ; bei A n w e n d u n g der a r c sin-Reihe wären f ü r arc sin 45 0 n u r 55—60 Glieder zu nehmen. Gommere. epistoiieum" m , Nr. L X , S. 134—136. — , B 9 A Commere. epistol.11 L,S , S. 135—136. TROPFKK, Geschichte. IV. 2. Aull.

15

226

Besonderer

Teil.

auch zum erstenmal den Buchstaben π für das Verhältnis des Kreieumfangs zum Durchmesser (vgl. S. 232). Fast gleichzeitig gab J . HERAT Α NN in einem Briefe an LEIBNIZ vom 2 1 . V I I I . 1706

die-

selbe Herleitung und teilte die weitere Zerlegung mit: γ = 2 arctg i - — arctg γ •

1594

Der neue Wert MACHINS für π besaß 100 Dezimalstellen. DE LAGNY1591 erhöhte 1717 diese Zahl mit dem Verfahren, das SHABP eingeschlagen hatte, auf 127. EULEB, der 1738 den Reihenberechnungen eine ganze Abhandlung widmete und das MACHEN sehe Zerlegungsverfahren weiter ausbaute,1595 setzte in seiner Introductio von 1748159E: π

= arctg x + arctg y ,

also: Α Λ

tgT

für

ι — xy

X

l

=

und erhielt: 1 3·2 3

1 3-3»

+ 5·2δ

+1

7-2'

1

1

5·3 5

7·3 7

1

+

9·2 β

+1

9·3 β

— &c

1

(nach dem Originaldruck).

— &c

Die schnellste Annäherung bietet die Reihe 31 =

28 10

1 +

2 V loo/

T

3.5 V100^ ~ · · *J

144 30336 1 + A U M _ U ± i -V imnnn I · 3.5 ^100000 \L] 100000 [ • 3g I\100000) ) die EULER 17 7 9 1 5 9 7 durch Einführung der von ihm 1 7 5 5 1 5 9 7 a ge-

fundenen Reihe: arctg χ «

1 + x' 1 + 1

(

χί

\ +, t i (

U + x'J

x

* V +i

3-5 \ i + x'J

2-4,6

(

x

* V

3 . 5 . 7 U + X*J

3

in η = 20 arctg —- + 8 arctg — erhielt, eine Entwicklung, die iibriι ιy gens 1776 auch von CHABLES HUTTON veröffentlicht,1598 später noch 1684 Vgl. G. ENESTBÖM, Bibl. math. 73, 1906—1907, S. 305. — «96 Comm. Petr. Ac. 9, 1737 (1744), S. 222 ff. (vorgelegt 20. Febr. 1738); De variis methodis circuit quadraturam numeris proxime exprimendi. Eine methodische Ableitung dieser und ähnlicher Formeln gibt TH. MEYER, Zeitschr. f. math, und nat. Unterricht 35, 1904, 8. Iff. — ««β Introductio1 I, cap. VIII, Nr. 142, S. 107. — 1697 Nova Acta Petr. XI, 1793 (1798), S. 139, § 11 (vorgelegt 17. Juni 1779). — 1697* Institutional cale. diff.u "«, S. 318. V g l G. ENKSTRÖM, Bibl. math. 11„ 1910—11, S. 180. — «98 Philos. Transact, vol. 46, 1776, S. 476 f.

227 oft wiedergegeben wurde.1599 Eine weitere Fortführung bis zur 140TEN Stelle verdankt man VEGA (1794), der seine Berechnungen zuerst mit der oben angeführten EITLES sehen Formel, dann zur Nachprüfung mit j = 2 · arctg — -f- arctg y ausführte.1600 Die DE LAGNT sehen 117 Dezimalstellen wurden hierdurch bestätigt, bis auf die 113^, in der eine 7 statt einer 8 stand. In EULEBS Introductio (1748), worin der LAGNT sehe Wert abgedruckt war, ist derselbe Fehler anzutreffen, ebenso in einer 1 7 7 0 erschienenen Abhandlung LAMBEBTS ( 1 7 2 8 — 1 7 7 7 ; Berlin, Oberbaurat).1619 GAUSS

empfahl die beiden Formeln:1601

f = 12 arctg ~

+ 8 arctg ~

- 5 arctg

= 12 arctg -^- + 20 arctg -V + 7 arctg - ^ - + 24 arctg ~ Der Rechenkünstler ZACHARIAS lieferte 1844 nach einer Formel:

DASE ( 1 8 2 4 — 1 8 6 1 ,



Hamburg)

γ = arctg-i- + arctg y + arctg y , die ihm von dem Wiener Mathematiker L. Κ SCHULZ VON STEASSvorgeschrieben war, π auf 2 0 0 Dezimalstellen, und zwar in einer Zeit von kaum zwei Monaten.1602 Mit den von 1603 WILLIAM RUTHEBFOBD (1824) berechneten 2 0 8 Stellen ist nur bis TEN zur 152 Stelle Übereinstimmung vorhanden; DASES Ziffern stellten sich aber als richtig heraus, als THOMAS CLAUSEN ( 1 8 0 1 — 1 8 8 5 , Dorpat) 2 5 0 Stellen veröffentlichte.1604 Wenn RICHTEB in Elbing 1605 5 0 0 Stellen, W. SHANKS (1873—74) sogar 707 Dezimalen berech1606 neten, so ist dies eine Arbeit, deren Erfolg in keinem Verhältnis zu der darauf verwendeten Zeit und Mühe steht. Schon 100 Stellen NITZKT ( 1 8 0 3 — 1 8 5 2 )

"99 Vgl. J. W. L. GLAISHER, The Mess. Math. 2, 1873, S. 119 ff. — «00 Thesaurus logarithmorum1110M, S. 633; vgl. VON BEAUNMÜHL, Gesch. II"»*0, S. 155. — «01 Werke Π"4®, S. 525. — Veröffentlicht im J. r. ang. Math., Berlin 27, 1844, S. 198. — «03 phil. transact. 1841, Pars I, S. 281—283 mit der

Formel ~ = 4-arctg—— a r c t g + arctg-I-. 4 Ο TU ο? 06



1604

SCHDMACHKB,

Astron.

Nachrichten 25, Kol. 207. — 'β Arch. Math. Phys. Greifswald 25, 1855, S. 472. — «OS Proc. Roy. Soc., London 1873—1874, Bd. 21 und 22. 15·

228

Besonderer Teil.

bedeuten eine Genauigkeit, die sich der menschliche Geist nicht vorzustellen vermag. 1607 Eine viel größere Mannigfaltigkeit von Reihenentwicklungen ergab sich für EULEB, als er den Zusammenhang der trigonometrischen Funktionen mit der Exponentialfunktion gefunden hatte (vgl. Bd. II, S. 85, 126). Seine Untersuchungen sind in mehreren Abhandlungen zerstreut, 1608 werden dann aber in der Introductio (1748) noch einmal im Zusammenhang vorgeführt. Als Verallgemeinerungen der LEIBNIZ sehen Reihe findet EULEB folgende unendlichen Summen: 1

π* 8 = 1 +

71» 1 = 1 - 1 + ~W 3» T 5< π* . 96 = 1 +

+

1 "7s"

+



1 "7s"

+

1 1 51 + 7* usw. 1609

+

Ferner leitet er ab: π e-'j/if 1

η 27

=

1 + 8

1 2 - f 1 2*

+

i

71» 1 16-J/3 ~ 2» " 7

+

1 10

1 + J8s ~ 10«

1 3 + 8 1610 usw.

1 w

+..

• ·

+ . .• ·

>

1

+..

>607 j n (j en Lehrbüchern, auch den heutigen, wird leider selten angegeben, wie groß die Genauigkeit ist, die mit einer bestimmten Stellenzahl von π erreicht wird. Eine Ausnahme macht V. I D E I E B in der Übersetzung der Anfangsgründe der Geometrie von LACROIX ao8, 1828, Berlin § 156, 8. 121, Anm.; er weist darauf hin, daß bei einem siebenstelligen η der Erdumfang nur einen Fehler von 2 Fuß aufweist. C . F. A. JACOBI (1884), Übersetzung der VAN SwiNDENBchen Elemente119**, § 332, Zus. 8. 324, bemerkt, daß bei 21 Dezimalen der Erdäquator nur um 28 ·10~ η eines Sandkörnchens, von denen 200 auf einen Zoll gehen, abweiehen könnte. — 1 6 0 8 Comm. Ac. Petropol. 9, 1737 (1744), S. 160—188: Variae obsermtiones circa series infvnüas, S. 222—236 (vorgelegt 25. IV. 1737): De variis modis circ-uli quadraturam numeris proxime exprimendi (vorgelegt 20. II. 1738); Comm. Ac. Petropol. 11,1739 (1750), S. 116ff. (vorgelegt 23. III. 1759): Consideratio progressionis cuiusdam ad circuit quadraturam inveniendum, idoneae; vgl. auch Opuscula analytica, Bd. I, 1783II,oes, S. 346—347: Variae observationes circa angulos in progressione geometricu progredientes (vorgelegt 15. XI. 1773); Nova Acta Ac. Petropol. 1793 (1798), 8. 133—149, 150—154 (vorgelegt 1779). — '609 EITLER, Introductio11", 1748,1, 8, § 175. — '«Ο IntroductioI, 8, § 176.

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Kreiebereohnung.

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1 5* 1 5
622 LEOENTBE 3 M , Üliments de geometrie, 1. Aufl. 1 7 9 4 , Note IV. — '623 EULEB, Opuseula analytica, Bd. I I , 1785 1544 : De relatione inter ternas pluresve quantitates instituenda, § 12, S. 98 (vorgelegt 14. VIII. 1775: Unde sententia satis certa videtur, quod peripheria circuli tarn peculiare genus quantiiatum transcendentium eonstituat, ut cum nullis aliis quantitatibus, sive surdis sive alius generis transeendentibus nullo modo se eomparari patiatw (Die Ansicht scheint genügend befestigt zu sein, daß die Kreisperipherie eine so eigentümliche Art transzendenter Größen darstellt, daß sie mit keinen anderen Größen, seien es Wurzelgrößen' oder andere Transzendenten, irgendwie sich vergleichen läßt). — '624 Comptes rendus Bd. 7 7 , Paris 1 8 7 3 , HEBMITE, Sur la fonction exponentielle, S . IS—24, 7 4 — 7 9 , 2 2 6 — 2 8 3 , 2 8 5 — 2 9 2 ; 1 8 7 4 als selbständige Schrift erschienen.

232 eingeschlagene Beweisführung gelang es endlich F. LINDEMANN (geb. 1852; Freiburg, Königsberg, München) im Jahre 1882, das gleiche τοη der Zahl η darzulegen.1625 Sein Beweis wurde mehrfachen Vereinfachungen unterworfen, so 1885 durch K. WEIEBSTBASS (1815 bis 1897, Berlin) 1628 und 1893 durch D . HILBEBT (geb. 1862; Königsberg, Göttingen).1837 Besonders durch A . HÜBWITZ (geb. 1859; Königsberg) und P. GOBDAN (1837—1912; Erlangen) nahm er eine ganz elementare Form an. 1628 So ist nun das jahrtausendalte Problem der Kreisquadratur zu einem endgültigen Abschluß gebracht. Die Beantwortung der gestellten Aufgabe war negativ, aber viel allgemeiner, als diese ursprünglich aufgefaßt wurde. Nicht nur mit Zirkel und Lineal ist die Herstellung eines dem Kreise üächeiigleiclien Quadrates unmöglich, sondern auch nicht einmal mit algebraischen Kurven irgendwelcher Art kann eine Lösung erreicht werden. Die älteren Bearbeiter hatten nicht im mindesten geahnt, welche Schwierigkeit in der anscheinend harmlosen Aufgabe lag, die erst nach rastlosesten Bemühungen mit den feinen Hilfsmitteln moderner Wissenschaft bezwungen werden konnte. Nachzuholen ist noch die G e s c h i c h t o des B u c h s t a b e n s π, dessen ausschließlicher Gebrauch für die Größe des Verhältnisses zwischen Kreisumfang und Durchmesser heute jedem Mathematiker geläufig ist. Verwendung fand η in diesem Sinne zuerst in WILLIAM JONES' Synopsis palmariorum matheseos von 1 7 0 6 . 1 8 2 9 Die Wahl dieses Buchstabens ist wahrscheinlich durch ein Symbol OUGHTBED S ( 1 5 7 4 — 1 6 6 0 ) π für semiperipheria (Halbkreis) — ähnlich δ für semidiameter (Halbmesser) — veranlaßt worden.1630 In seiner Claris maihematicae (zuerst in der Ausgabe von 1 6 4 7 ) , einem früher sehr Ber. Ak. Berlin, 2, 1882, S. 679—682; F. L I N D E M A N N , Über die LVDOLPH sc/rc Zahl·, Math. Aunalen 1882, Bd. 20, S. 212—225, Über die Zahl π. — « 2 6 Ber. Berl. Ak. 5, 1885, S. 1067—1085: Zu L I N D E H A N N S Abhandlung: über die L U D O L P H seke Zahl. — 162* G ö t t Nachr. 1893, S. 113—116; Math. Ann. 43, 1893, S. 216ff'. — '628 Gött. Nachr. 1893, S. 153—155; Math. Ann., 43, 1893, S. 220—224. Vgl. F . E N R I Q U E S , Fragen der Fkmentargeometrie, Bd. I I , deutsch von F L E I S C H E R , Leipzig 1907, Y I I I . Art.; G. H E S S E N B E B O , Transzendenz von e und n, LeipzigBerlin 1912. — »629 Einzige Stelle"» 7 , S. 263, Z. 10 v. u.; S. 243, Z. 6 v. u. gebraucht J O N E S π als Abkürzung für Peripherie. Die auf S. 263 für η von J O N E S gegebenen Ableitungen stammen, wie er selbst anführt, von J O H N M A C H I N (T 1731, London). Auf diesen dürfte danach vielleicht die Einführung des Symbole π zurückgehen. — '630 O U G H T B E D , Theorematum in libris A B C B I M E D I S de Sphaera et Cylindro Dcclaratio, Osoniac 1663, Vorbemerkui)g*u. Abgedruckt in Opuscula mathematical Oson. I6761™-. 1625

Die Kreisberechnung.

233

stark verbreiteten Elementarbuche der Mathematik, findet sich geradezu die Proportion: 1831 7 . 2 2 : : ά. π : : 1 1 3 . 3 5 5 ,

[modern: 7 : 2 2 = S.n = 11:355]. 1832

ISAAK BABBOW benatzte dieses δ. π wiederholt. Ähnlich deutete DAVID GBEGOBY (1684) das Verhältnis des Kreisumfangs

zum Eadius mit — an. 1883 Q JONES' Zeichen fand keine Nachahmung; erst EULEKS Vorbild schlug durch. Zum erstenmal erscheint π gedruckt bei EULER in einer 1736 erschienenen Schrift, Mechanica sive motus seientia analytics cxposita·, 1834 bis dahin war der betreffende Zahlenwert durch ρ angedeutet worden. 1835 Von EÜLER, nicht zum wenigsten infolge seines ausgedehnten Briefwechsels, giDg das neue Symbol bald zu anderen Mathematikern über; es findet sich von 1739 an bei CHE. GOLDBACH, v o n 1 7 4 0 a n bei JOHANN BERNOULLI, von 1 7 4 2 an bei NIKOLAUS BERNOULLI. 1638 Zu allgemeinerer Annahme gelangte η vor allem durch EULEBS großes Hauptwerk, die Introductio von 1 7 4 8 . 1 8 0 9 Wesentlich für die Verbreitung war auch, daß sich 1259a KÄSTNEB ( 1 7 1 9 — 1 8 0 0 , Göttingen) in seinen Anfangsgründen , die

in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts das herrschende Lehrbuch waren, der neuen Übung sofort anschloß; ihm folgte v. KARSTEN 1 2 0 9 U. a. Immerhin war bei KÄSTNER der Gebrauch von η noch nicht so gefestigt, daß es ausschließlich in der neuen Bedeutung verwendet worden wäre. Es finden sich Stellen, 1887 an denen π bei Substitutionen (ζ. B. sin A = p\ cos Λ = π) gleichwertig mit anderen Buchstaben algebraisch verwertet wurde. Ist das Verhältnis des Kreisumfangs zum Durchmesser bekannt, so ergibt sich damit die Lösbarkeit mehrerer anderer Aufgaben, 1631 Aufl. von 1667, Oxoniae'" ea , cap. XVIII, § 16; noch nicht in der 1. Aufl. von 1631. — '832 FL. CAJOBI, William Oughtred, 19161"47, S . 82. — 1 6 3 3 Exercitatio geometricauma, S. 14, Z. 7; auch Phil. Trans. XIX, Nr. 231, London,

S. 652. — 1834 Petropol. 1736, I, S. 115: Denotante igitur 1 : π rationem diametri ad peripheriam, erit AMC = \ α π: S. 119: Si enim est m = -J-, terminus 7t

renpondens invenitur —, denotante 1 : η rationem diametri ad peripheriam und ähnlich noch neunmal S. 123, 251, 260, 267; II, S. 70, 284—285, 304, 411, 492. Die häufige Wiederholung der Definition soll dem Leser das neue Symbol, das EULEB besonders zu gefallen scheint, genau einprägen. Vgl. G. ENESTBÖM, Bibl. math. 53, 1904, S. 207—208. — 1 β 3 Β Ζ. Β. noch Comm. Ac. Petr. 7, 1734 bis 35 (1740), S. 126, § 7 (gelesen 5. XII. 1735). — 1 8 3 6 Nach RUDIO, KrcismcenmgW7T, S. 53. — 1637 z. ß. Anfamgsgründc von 1764 ΙίΜ ", I, S. 385.

234

Besonderer Teil.

wie die Berechnung des Inhalts des ganzen Kreises oder einzelner Sektoren, der Bogen, einer Ringfläche nsw. Es war im Zusammen· hang der Geschichte der Zahl % nicht zu umgehen, auch bereits die I n h a l t s b e r e c h n u n g des K r e i s e s mit einzubeziehen. Der Satz, daß Kreisflächen sich wie die Quadrate der Durchmesser verhalten, ist nach dem Zeugnis des ECTDEMOB (um 334 Y. Chr., Athen) von HIPPOKBATES VON CHIOS (um 440 v. Chr.) zuerst bewiesen worden; desgleichen der entsprechende Satz für ähnliche Kreissegmente, die sich wie die Quadrate ihrer Sehnen verhalten. 1638 HIPPOKBATES scheint sich dabei jener sogenannten Exhaustionsmethode 1939 (vgl. S. 199) bedient zu haben, die unsere heutige Infinitesimalrechnung im ersten Keime in sich trug. Denselben schwerfälligen Gang der Beweisführung schlug EUKLID (um 325 v. Chr.) im zweiten Satz des zwölften Buches ein. Daß die Größe des Verhältnisses zwischen Kreisfläche und Halbmesserquadrat dieselbe ist wie zwischen Kreisumfang und Durchmesser, hatte DEINOSTBATOS (um 335 v. Chr.) bereits vorausgesetzt, ARCHIMEDES (287—212 ν. Chr., Syrakus) aber erst bewiesen (vgl. S. 201 ff.). Dieser hat auch gelegentlich den Satz benutzt, daß sich Sektoren von gleichen Winkeln wie die Quadrate der Eadien verhalten.1640 D i e B e r e c h n u n g der Größe eines Bogens oder eines S e k t o r s aus dem Radius und dem zugehörigen Zentriwinkel kann, falls die Aufgabe für den Vollkreis gelöst ist, auf Grund des 33. Satzes im Buch V I der Euklidischen Elemente, 1841 der die Proportionalität beider zum Zentriwinkel zeigt, angestellt werden. Wirkliche Berechnungen werden aber bekanntlich in dem Euklidischen Werke nirgends vorgenommen; wir können sie nur in HEBONS Schriften erwarten (erstes Jahrhundert v. Chr.). In der Tat finden wir hier eine große Reihe von Aufgaben durchgeführt, die dem Leser als Normalbeispiele dienen sollen. Mehrere Kapitel der Metrica und der allerdings überarbeiteten (vgl. S. 129) Geometrica enthalten ausschließlich Berechnungen der drei Größen u (Umfang), i (Inhalt) und d (Durchmesser) auseinander.1843 Für die B e 838 RDDIO, Urkunden11704 S. 48, Z. 7—9. — «639 Über die Exhauetionsmethode, HANKEL1134, S. 121 ff. — ' 6 « ARCHIMEDES, Opera11, S. 102, Z. 30F.: At γΰ(,

in των κέντρων τοντον ίχοντι τον λόγον δυνάμει ποτ άλλάλα;. — E d . HEIBEBQ 2 I5)1 , S. 178. — '642 HEBON, Geometrica, Opera cap. 17, 21. So wird in cap. 17 nach folgenden Vorschriften gerechnet:

§5.

§ 1. i = —τ— ,

§ 2. i—

2

i = d? (l - A j , § 6. d

·~

2

,

7ω 32 '

235

Die Kreisberechnung.

rechnung eines Segmentes aus der Sehne s und der Höhe h kennt HEKON mehrere Formeln, die indes nur mehr oder weniger gute Annäherangen darstellen. Die älteren griechischen Mathematiker, die für η sich mit dem Werte 3 begnügten, hatten die Formel:

benutzt. Der genauere Wert π » 3} ließ zu dieser Formel eine Ergänzung hinzutreten: 1643 s+h

L

Μ

.

nach der in den Geometrioaleii verfahren wird. Dieselbe Rechenvorschrift finden wir bei den römischen Feldmessern wieder.1®" Für ein Segment, das größer als ein Halbkreis ist, wird in griechischen Schriften nach der Vorschrift gerechnet: 1β4β

oder aber man sucht mittels:

—¥

η

den Durchmesser, berechnet den Inhalt des Vollkreises und zieht von diesem das nach der ersten Formel zu findende kleinere Er=-^--7, vgl. Opera 4'"", ed.

§ 8. w = 3d + HEIBEKG,

§

S. 332—339.

9. u = (u + J) - ~ ( w + d); Dazu cap. 21, § 8 d

S. 380, Z. 6—14; ebenso Metrica, Opera 3 1 -05, ed. SCHÖNE, S. 68. — 1,05 1 6 4 3 Nach einer Angabe H E R O N S in Beinen Metrica, Opera 3 , ed. SCHÖNE, 1 483 Leipzig 1903, S . 72, X X X ff. — 1Β44 Oeometrica, Opera 4 , ed. HEIBEBO, cap. 19, § 5, S. 360, Ζ. 1 ff. In den Metrica, Opera 3 I i 0 S , S . 74 f., gibt HERON Ableitungen und Gebrauchsanweisungen fiir diese Segmentenformeln; die genauere sei nur dann verwendbar, wenn die Basis β kleiner ist als das Dreifache der Höhe h. Ist die Basis mehr als dreimal so groß wie A, dann empfiehlt HERON (Metrica, Opera 8 IS05 , I, 32, ed. SCHÖNE, S . 80, Z. 7—9) die Formel: ed.

HEIBEBO,

y s · h + -i- s · h , die auch für Kreissegmente größer als der Halbkreis, ebenso wie für Parabelsegmente Gültigkeit besitze. — 1 6 4 5 Rom. FeldmesserI80S, S. 366 (die hier aus8 -f- h geführte Rechnung ist unrichtig, da versehentlich — - — nicht mit h, sondern a

mit h — 1 multipliziert ist). HEIBEBO, § 2 9 , 8 . 1 8 6 , Z . 4 FF.



'646 j)c Mensuris,

HEBONIS

Opera 5" 4 ί β , ed.

Besonderer

gänzungssegment ab.1817 benutzt:

Teil.

Für den Bogen wird einmal die Formel

b =

^-,18*8

an anderer Stelle1649 aber: , _ ( . + „ ( ! _ Α ) ( ι + Α). Inhaltlich scheint die Sektorformel s = ^ δ r bereite im vierten Jahrhundert v. Chr. bekannt gewesen zu sein. Bei D B I N O S T B A T O S (um 335 n. Chr.)1630 wenigstens wird diese Beziehung ohne Beweis wie selbstverständlich angenommen. Ein strenger Beweis liegt in der Ableitung, die A R C H I M E D E S für den Kreisinhalt gibt. Rechnerische Verwertung ist bei den griechischen Mathematikern, soweit die Uberlieferung reicht, nicht nachzuweisen. P T O L E M Ä U S (Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr.) benutzt einmal die Proportion u-.b — i: S: „es verhalten sich die Kreise zu den Bogen wie die Kreisflächen zu den Flächen der von den Bogen überspannten Sektoren."1851 Im Liber trium frairum1179 (Verfasser sind die Perser M U H A M M E D , A ^ M B D und H A S A N , erste Hälfte des neunten Jahrhunderts n. Chr.; Bagdad) wird unsere Formel neben der Ptolemäischen Proportion1652 ausdrücklich aufgenommen.1658 Wird hierbei vielleicht versehentlich der Ausdruck Dreieck (siehe den Wortlaut in Anm. 1653) benutzt, so faßt S A V A S O R D A (jüdischer Gelehrter, um 1100 n. Chr.; Barcelona) mit Bedacht den Sektor als Dreieck auf, dessen Grundlinie der Bogen uud dessen Höhe der Radius ist 1651 Unsere Formel kennt, natürlich immer nur inhaltlich, ferner L E O N A R D O V O N P I S A (1220);1665 aber auch die Ptolemäische Proportion u-.b = i: S ist bei ihm nach,647

Ocomeirica, HERONIS Opera 41183, cap. 20, § 1, S. 362, Z. 9 ff. — 1 6 4 8 Daselbst cap. 19, § 2, S. 358, Z. 4 ff. — ' S « De Mensuris, HERONIS Opera 5ΙΜ5β, § 33, S. 188, Z. 13 ff. — «660 P A P P U S " , Coll. IV, prop. 26, ed. HULTSCH, 1, S. 257f.; vgl. E. HOPPE, Math. u. Astr. im klass. Altertumlle", S. 185—186. — 165 ' Σννιαξις VI, 7 181 . Übersetzung von MANITTOS115', S. 387, Z. 6—9. — 1 8 5 2 Übersetzung von GERHARD VON CREMONA11711, ed. CÜRTZE S. 19, Z. 5 ff. — 1 6 5 3 Ed. CCRTZE 1 1 7 0 S. 123: Est embadum Indus trianyuli (!), quam continet iste areus et due lineae, que protracte sunt ab extremitatibus eius ad centrum, illud, quod fit ex multiplicaeimie medietatis dyame/ri circuli in medietatem areus assumpti ex eo (Es handelt sich um den Inhalt des Dreiecks (!), das der Bogen und zwei von seinen Endpunkten nach dem Mittelpunkt gezogene Geraden begrenzen; ihn erhält man aus der Multiplikation des halben Durchmessers mit der Hälfte des betreffenden Bogens). — 1 6 6 4 Liber embadorum,3"b, 1145 von PLATO VON ,β6Β TIVOLI übersetzt, ed. CURTZE, S. 104, Ζ. 3—5. — Practica gcomctr>rre, Scritti II" 99 , 8. ICO, Z. 13.

Die

Kreisbereohnung.

237

zuweisen,1656 ebenso wie in einer anonymen Abhandlung aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts.1857 Die Sektorberechnung wird auch in der Folgezeit, bis auf die neuesten Lehrbücher, nicht allzu häufig vorgenommen (FINK, 1 5 8 8 ; 1 6 5 8 STEVIN, 1 5 8 5 ; 1 6 5 9 NAUDfi, 1 7 0 6 1 6 6 ° ) .

Die Berechnung einer R i n g f l ä c h e zwischen zwei konzentrischen Kreisen ist auch in griechischen Schriften anzutreffen.1061 Charakteristisch ist der für Ring gewählte Ausdruck ϊτνς ( = Schildrand);16®2 an anderer Stelle wird στεφάνη (Kranz) benutzt.1663 Ringflächen werden von späteren Verfassern sehr selten berücksichtigt; erst in der Neuzeit wird auf ihre Berechnung wieder eingegangen (KÄSTNEB, 1 7 6 4 ; 1 6 6 4 HILDEBBANDT, 1 7 8 5 ; 1 6 6 5 CLAIBAUTBIEBLING, 1 7 9 3 ; 1 6 6 6 MÖNNICH, 1 8 0 0 ; 1 6 6 7 THIBAUT, 1 8 0 1 ; 1 Β Β Β LEHMÜS, 1 8 1 8 ; 1 6 6 9 GBUNERT, 18 34 1 6 7 0 ). Das deutsche Wort Kreisring stellt

sich dabei von selbst ein. Das zwei sich schneidenden Kreisen gemeinsame Flächenstück berechnet bereits PTOLEMAEUS in den Σΰνταξις (Kapitel über die Sonnenfinsternisse).1671 Ihm folgt REGIOMONTANUS ( 1 4 3 6 — 1 4 7 6 ) in einem Brief an BIANCHINI aus dem Jahre 1464, 1 6 7 2 und der Verfasser der oben erwähnten Abhandlung aus dem fünfzehnten Jahrhundert.1®73 In der letzteren wird auch die Fläche zwischen drei sich berührenden Kreisen berechnet,1674 sogar um diese drei Kreise ein Tangentendreieck, um dieses wiederum ein umschriebener Kreis konstruiert und nun jedes einzelne Teilflächenstück berechnet.1675 Angenäherte Kreisquadraturen, bzw. -Rektifikationen sind in großer Zahl im Laufe der Zeit, mehr oder weniger gute, gefunden worden. Wir lernten S. 2 1 6 eine solche von VIETA kennen '666 Daselbst S. 100, Z. 18. — '667 CURTZE. Abh. Gesch. Math. 8, 1898, Nr. 5, 829 S . 3 7 . — «668 Geometria rotundi , VIII, 5, S . 121. — '669 STEVIN, (Eueres, M. 14811 GIRABD , 1634, II. Litre de la geometrie, prop. 13, S. 378. — '660 Gründe der Meßktmst,80, 170G 8 - 9 , § 3 8 4 , S . 1 2 1 . — 1661 HEBON, Geometrica, cap. 1 0 0 , § 1, ed. HULTSCH, S . 1 3 0 , Z . 2 4 — 2 6 . — ' 6 6 2 Ebendaselbst S . 1 3 1 , Z . 13. In den Meiriea I, 2 6 , ed. SCHÖNE 1 2 0 6 , S . 6 8 leitet HEBON die Formel FJ- • 4 · (2 Ρ + b)b ab, wo ρ der innere Kadius, b die Breite des Ringes ist. — ' 6 6 3 Opera HERONIS 4 , 4 9 S , ed. HEIBERG, S . 3 6 , Z . 2 1 , Def. 3 7 . — ' 6 6 4 Anfangsgründe'™*, I, 2, S . 2 8 2 . — 1666 Handbuch der reinen Größenlehre11130, I, § 4 4 0 . — '666 Übersetzung von CLAIBAUTB Anfangsgründen durch BIEULINO84®, 5. Aufl., I l l , Nr. VIII. — '667 Eandb. d. Math.™, I, S. 426, Nr. 314. — '668 Grtmdriß"84, S. 242. '669 Lehrb. d. Geometrie™, Berlin S. 173, Z. 29t. — '670 Lehrbuch d. Math. f . rnittl. Klaas.9B0, II. Eb. Geom., § 4 3 3 . — '671 VI. 7 . ; Übers, von MASITIUS 1 1 5 4 , S. 3 8 6 . — «672 Ed. CURTZE1308, S. 2 5 7 ff., 2 8 3 ff. — '673 s. 4 4 (vgl. Anm. 1657). — '674 Daselbst S. 48. — '676 Daselbst S. 52—54.

238 (vgl. auch KOCHANSKT, S. 2 1 8 ) . Interessant und für Bogen nicht zu großer Winkel von annehmbarer Genauigkeit ist eine einfache Zeichnung von HOTGENS ( 1 6 5 4 ) , 1 6 7 6 die heute noch viel verwendet wird. Ist AB' der zu streckende Bogen, so verlängere man den Durchmesser AG um r bis D, dann schneidet die Verbindungslinie DB' auf der Tangente in Α die Strecke AB = arc AB' ab.1®"

Die

HUTGENS sehe

Zeichnung geht auf die Näherungsformel des zurück. Andere Konstruktionen sammelt C. F. A. JACOBI (1834) in seiner Übersetzung der SWINDEN sehen Elemente.™"19 Für das neunzehnte Jahrhundert gibt M. SIMON (1906) eine Zusammenstellung.1679 CUSANUS

1676 De drculi magnitudine838, Lehrsatz XIII. — 1 6 7 7 Noch besser (in bezug auf Genauigkeit und Platzbeanspruchung) ist eine Geradstreckung von L. BUBMESTIB, Sitz.-Ber. Ak. Wiss. München, 1919 (1920), S. 431f. — S. 225 ue *'. 10 1679 Elementar-Geometrie im 19. Jahrhundert ™, S. 64—69.

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