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German Pages 207 [216] Year 1980
de Gruyter Lehrbuch
Familienrecht von
Dr. Dieter Henrich
o. Professor an der Universität Regensburg
Dritte, neubearbeitete Auflage
w DE
G
1980 "Walter de Gruyter • Berlin • New York
CIP-Kurzt ite lauf nähme der Deutschen
Bibliothek
Henrich, Dieter: Familienrecht / von Dieter Henrich. - 3., neubearb. Aufl. - Berlin, New York : de Gruyter, 1980. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-008169-5
© Copyright 1979 b y Walter de Gruyter & C o . , vormals G . J . Göschen'sehe Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & C o m p . , 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der U b e r setzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und D r u c k : Saladruck, 1000 Berlin 36 Buchbindearbeiten: Berliner Buchbinderei Wübben & C o . , 1000 Berlin 42
Vorwort zur dritten Auflage Die Reform des Familienrechts ist seit dem Erscheinen der letzten Auflage dieses Lehrbuchs weitergegangen. Der Gesetzgeber hat das Gesetz zur Reform des Rechts der elterlichen Sorge verabschiedet. Die Rechtsprechung hat mit der Exegese des 1. Eherechtsreformgesetzes und des Adoptionsgesetzes begonnen. Insbesondere zum 1. Eherechtsreformgesetz ist eine Vielzahl von - häufig kontroversen - Entscheidungen ergangen: ein Indiz für die zahlreichen Schwächen dieses Gesetzes. Zwar konnte manche Kontroverse durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs inzwischen beendet werden, aber dafür sind neue Unklarheiten aufgedeckt und neue Kontroversen durch die Judikatur provoziert worden. All das hat mich bewogen, eine Neuauflage vorzulegen. Wiederum - wie schon in den letzten Auflagen - habe ich mich bemüht, Stoffvermehrungen durch Kürzungen an anderer Stelle auszugleichen und jeglichen Ballast von der Darstellung fernzuhalten. Angesichts der zunehmenden, auch wissenschaftlichen Bedeutung des Familienrechts sind mir solche Kürzungen nicht immer leichtgefallen und auch darüber, was ich für Ballast hielt, werden manche Familienrechtler anders denken. Aber ich meine, auch dem Familienrecht ist mehr gedient, wenn ein Student ein Kurzlehrbuch durcharbeitet, als wenn er vor einer zu umfangreichen Darstellung kapituliert. Regensburg, im Oktober 1979 Dieter
Henrich
Inhalt §
1. Einleitung. Grandbegriffe
§
2. Das Verlöbnis
§
3. Die Ehe
§
4. Die Form der Eheschließung
I. Abschnitt:
Eherecht
§
5. Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung
§
6. Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe
§
7. Die eheliche Lebensgemeinschaft
§
8. Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebens-
§
9. Unterhaltsansprüche
gemeinschaft § 10. Rechtszwang gegen den Ehegatten und Schutz gegenüber einer Ehestörung durch Dritte § 11. Das gesetzliche Ehegüterrecht § 12. Der Zugewinnausgleich § 13. Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister § 14. Die Ehescheidung § 15. Die Folgen der Scheidung II. Abschnitt: Kindschafts- und
Verwandtschaftsrecht
§ 16. Abstammung § 17. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen § 18. Die elterliche Sorge
.
Inhalt § 19. Schranken der elterlichen Sorge, Verhinderung an ihrer Ausübung, Maßnahmen zum Schutz des Kindes, Verteilung der elterlichen Sorge nach der Scheidung oder bei Getrenntleben der Eltern
139
§ 20. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
151
§ 21. Legitimation nichtehelicher Kinder
162
§ 22. Annahme als Kind-Adoption
166
III. Abschnitt:
Vormundschaftsrecht
§ 23. Die Vormundschaft
176
§ 24. Die Pflegschaft
185
Sachregister
189
Paragraphenverzeichnis
202
§ 1. Einleitung. Grundbegriffe I. Die Familie Der Begriff der Familie wird im Gesetz nicht definiert. Im natürlichen Sprachgebrauch wird unter „Familie" teils die sog. Großfamilie, teils die sog. Kleinfamilie verstanden. Großfamilie (früher: Sippe) ist die Gemeinschaft aller Blutsverwandten. Kleinfamilie sind die Ehegatten und die Kinder. Das Gesetz beschränkt sich im wesentlichen auf eine Regelung der Beziehungen, die zwischen den Mitgliedern der Kleinfamilie bestehen. Es unterscheidet hier wiederum zwischen den Beziehungen der Ehegatten zueinander (Eherecht) und den Beziehungen zwischen den Eltern und Kindern (Kindschaftsrecht). Die Zugehörigkeit zu der Großfamilie hat - von der Unterhaltspflicht abgesehen - kaum noch rechtliche Relevanz. Darüber hinaus regelt das 4. Buch des BGB auch das Recht der Vormundschaft und der Pflegschaft. II. Verwandtschaft und Schwägerschaft 1.
Verwandtschaft
Verwandtschaft bedeutet regelmäßig Blutsverwandtschaft. Ausnahmen: Ein Verwandtschaftsverhältnis kann auch durch gerichtliches Dekret begründet werden, nämlich bei der Annahme als Kind (Adoption). Außerdem besteht ein Verwandtschaftsverhältnis kraft Rechtsscheins, solange die Ehelichkeit eines scheinehelichen Kindes (d. h. eines Kindes, das nicht vom Ehemann seiner Mutter abstammt) nicht wirksam angefochten worden ist. Unterschieden wird zwischen Verwandtschaft in gerader Linie und Verwandtschaft in der Seitenlinie. In gerader Linie sind Personen verwandt, die voneinander abstammen, § 1589 S. 1 (Vater-Sohn, GroßvaterEnkel). In der Seitenlinie sind Personen verwandt, die gemeinsam von einer dritten Person abstammen, § 1589 S. 2 (Geschwister, Vettern, Onkel und Neffe). Bei den Seitenverwandten ist wiederum zu unterscheiden zwischen vollhürtigen und halbbürtigen Verwandten. Vollbürtige Geschwister haben beide Eltern gemeinsam, halbbürtige nur einen Elternteil. 1
§ 1 113
Einleitung
Der Begriff „ S t i e f v e r w a n d t s c h a f t " ist kein Terminus technicus. Man versteht darunter sowohl halbbürtige Verwandte (Stiefbruder) als auch Personen, die überhaupt nicht miteinander verwandt sind (Stiefvater - Stiefkind). Die Nähe der Verwandtschaft wird nach Graden bemessen. Der jeweilige Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der die Verwandtschaft vermittelnden Geburten, § 1589 S. 3. Man zeichnet zu diesem Zweck einen Stammbaum, der bis zu dem gemeinsamen Vorfahren zurückreicht. Beispiel: A
B
C
D
E
D ist mit seinem Vater B im ersten, mit seinem Großvater A im zweiten, mit seinem Onkel C im dritten und mit seinem Vetter E im vierten Grade verwandt. Merke: Ehegatten sind als solche nicht miteinander verwandt. 2. Schwägerschaft Schwägerschaft besteht zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten, § 15901,1. Dagegen sind die Verwandten des einen Ehegatten mit den Verwandten des anderen Ehegatten nicht verschwägert. Beispiele: Der Ehemann ist mit den Eltern, Geschwistern usw. seiner Frau verschwägert. Dagegen sind die Geschwister des Ehemannes mit den Geschwistern der Ehefrau nicht verschwägert. Stiefvater und Stieftochter sind wiederum miteinander verschwägert, nicht verwandt.
Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist, § 1590 II. „Ehe vergeht, Schwägerschaft besteht." Der Ehemann bleibt also mit der Schwester seiner Frau verschwägert, auch wenn er sich von seiner Frau hat scheiden lassen. 3. Rechtliche Bedeutung Rechtliche Bedeutung haben Verwandtschaft und Schwägerschaft insbesondere 2
Grundbegriffe
§ 1 III 2
a) im Familienrecht: Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig, § 1601. Zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie darf keine Ehe geschlossen werden, § 4 I, 1 EheG. Verwandte und Verschwägerte haben gewisse Rechte, wenn ein Kind unter Vormundtschaft gestellt wird (Berücksichtigung bei der Auswahl des Vormunds, § 1779 II, 3, Anhörung in wichtigen Angelegenheiten, § 1847); b) im Erbrecht: Verwandte (nicht Verschwägerte!) haben ein gesetzliches Erbrecht; c) im Prozeßrecht: Verwandte und Verschwägerte haben ein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. z.B. § 383 ZPO, § 52 StPO); d) im Strafrecht: Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie sind „Angehörige" ( § 1 1 I Nr. 1 a StGB). III. Rechtsquellen 1. Das Familienrecht ist im wesentlichen enthalten im vierten Buch des BGB. Ergänzend sind insbesondere von Bedeutung: . a) das Ehegesetz (Schönfelder Nr. 43) mit verschiedenen Durchführungsverordnungen (besonders wichtig: die sog. Hausratsverordnung, Schönfelder Nr. 44); b) das Jugendwohlfahrtsgesetz (Schönfelder Nr. 46); c) das Gesetz über die religiöse Kindererziehung (Schönfelder Nr. 47); d) im Bereich des Verfahrensrechts die §§ 606-687 ZPO (Verfahren in Ehesachen, Kindschaftssachen, Unterhaltssachen nichtehelicher Kinder und Entmündigungssachen), das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Vormundschaftssachen, §§ 35 ff. FGG) und das Personenstandsgesetz (Beurkundung des Pesonenstandes). 2. Die wichtigsten Änderungen des Familienrechts seit Inkrafttreten BGB
des
1921: Gesetz über die religiöse Kindererziehung; 1922: Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (Einführung der Amtsvormundschaft!); 1938: Ehegesetz (Eheaufhebung statt Eheanfechtung, Ermöglichung der Ehescheidung nach dreijähriger Heimtrennung); 1946: Ehegesetz (Reinigung des EheG 1938 von nationalsozialistischen Bestandteilen); 3
§ 1 III 3
Einleitung
1953: Inkrafttreten des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 II GG). Alles dem Gleichberechtigungsgrundsatz entgegenstehende Recht tritt außer Kraft (Art. 117 I GG); 1958: Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes (Ausfüllung der Lücken, die durch das Inkrafttreten von Art. 3 II GG geschaffen worden waren, Einführung des neuen gesetzlichen Güterstandes der sog. Zugewinngemeinschaft) ; 1961: Familienrechtsänderungsgesetz (Erschwerung der Ehescheidung durch stärkere Berücksichtigung des Widerspruchs des beklagten Ehegatten, einzelne Verbesserungen des Rechts der nichtehelichen Kinder, Reformen im Bereich des Adoptionsrechts); 1970: Inkrafttreten des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder; 1976/77: Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (Reform des Scheidungsrechts und der Scheidungsfolgen, Namensrecht, weitere Anpassung der persönlichen Ehewirkungen an die Gleichberechtigung, Familiengerichte), Inkrafttreten teils 1976, teils 1977; Adoptionsgesetz, Inkrafttreten am 1. 1. 1977. 1980: Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge. 3. Der Schutz von Ehe und Familie durch das Grundgesetz Nach Art. 6 I GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Diese Vorschrift enthält (nach der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts) a) eine Institutsgarantie (Ehe und Familie dürfen nicht „abgeschafft" werden), b) eine Verbürgung des Rechtes und der Freiheit, die Ehe mit einem selbstgewählten Partner einzugehen, c) ein Grundrecht auf Schutz vor störenden Eingriffen des Staates und d) eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte Ehe und Familie betreffende Recht (BVerfG, FamRZ 1968, 582; FamRZ 1971, 414; FamRZ 1974, 126). Nach Art. 6 II GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht, über deren Betätigung die staatliche Gemeinschaft wacht. In diesen Vorschriften wird die Familie verstanden als geschlossener, eigenständiger Lebensbereich. Die Verfassung verpflichtet den Staat, diese Einheit und Selbstverantwortlichkeit der Familie zu respektieren. Art. 6 GG gibt der Familie also nicht nur einen Anspruch auf staatlichen Schutz, er schützt die Familie auch vor unzulässigen Eingriffen des Staates. Auf diesen Schutz vor staatlichen Eingriffen pflegen sich Eltern insbeson4
Grundbegriffe
§ 1 IV 6
dere im Rahmen des sog. Elternrechts zu berufen. Wie weit dieser Schutz reicht, hat das BVerfG sehr klar ausgesprochen: Das Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinderistzwarein Grundrecht, aber ein Grundrecht, das den Eltern auch Pflichten auferlegt. Art. 6 II GG schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer natürlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Eltern, die sich dieser Verantwortung entziehen, können sich auf den Schutz des Art. 6 II GG nicht berufen (BVerfG, FamRZ 1968, 584).
IV. Literatur 1. Die umfassendste systematische Darstellung des Familienrechts enthalten die großen Lehrbücher von Dolle (Familienrecht, Bd. I [1964], Bd. II [1965]) und Gernhuber (Lehrbuch des Familienrechts, 2. Aufl. 1971). 2. Eine vorzügliche kürzere Darstellung des Familienrechts bietet das Kurzlehrbuch vonBeitzke, Familienrecht, 20. Aufl. 1978.Firsching, Familienrecht und andere Rechtsgebiete in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 4. Aufl. 1979, ist ein Handbuch für die Rechtspraxis. 3. Die umfassendste Kommentierung des Familienrechts enthalten die 10./II. und die im Erscheinen begriffene 12. Aufl. des Kommentars von Staudinger. An Kommentarliteratur sind weiter zu nennen: Soergel-Siebert (Bd. 5, 10. Aufl. 1971), BGB-RGRK, 12. Aufl. (im Erscheinen), der Münchener Kommentar (Bd. 5 [1978]), die Kurzkommentare vonPalandt und Erman, sow'it Bastian/ Roth-Stielow/Schmeiduch, 1. EheRG (1978) und Odersky, Nichtehelichengesetz, 4. Aufl. 1979. 4. Von neueren Monographien seien nur die wichtigsten genannt: Müller-Freienfels, Ehe und Recht (1962);Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger (1970); Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970); Jayme, Die Familie im Recht der unerlaubten Handlungen (1971); Gernhuber, Neues Familienrecht (1977); Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts (1977). 5. Fallsammlungen sollen die Lehrbücher ergänzen. Es liegen vor in der Reihe Schönfelder, Prüfe Dein Wissen: Beitzke, Familienrecht, 6. Aufl. 1970. In der Reihe „Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen" des C. F. Müller-Verlages: Henrich, BGB-Familienrecht, 1969. 6. An Zeitschriften, die sich insbesondere mit Fragen des Familienrechts beschäftigen, sind zu nennen: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ); Das Standesamt (StAZ); Der Amtsvormund (DAV); Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt (ZBIJugR); Recht der Jugend (RdJ). 5
§ 2 11
I. Abschnitt: Eherecht
I. ABSCHNITT: EHERECHT § 2. Das Verlöbnis Fall: Balduin und Kunigunde sind verlobt. Durch Zufall erfährt Kunigunde, daß Balduin mit einigen anderen Frauen intime Beziehungen unterhält. Sie tritt daraufhin vom Verlöbnis zurück. Die Aufregung führt bei ihr zu einem Nervenzusammenbruch, zu Magenbeschwerden, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen. 1. Kann sie wegen dieser Gesundheitsschäden Schadensersatz und ein Schmerzensgeld verlangen? 2. Muß sie den Verlobungsring zurückgeben, den Balduin ihr geschenkt hatte?
I. Der Verlöbnistatbestand Von einem Verlöbnis spricht man, wenn zwei Personen verschiedenen Geschlechts einander die Ehe versprechen. Ein solches gegenseitiges Versprechen bedarf keiner besonderen Form. Weder brauchen Ringe gewechselt, noch Anzeigen verschickt zu werden. Diese feierlichen Formen erleichtern lediglich den Nachweis des Verlöbnisses. Merke: Das eigentliche Verlöbnis geht der feierlichen Verlobung regelmäßig voraus. Über die Rechtsnatur des Verlöbnisses herrscht lebhafter Streit. Folgende Ansichten werden vertreten: 1. Die Verlobung ist ein gewöhnlicher Vertrag. Sie beruht auf zwei korrespondierenden Willenserklärungen (Vertragstheorie; h. M., vgl. etwa Soergel-Lange, § 1297 Bern. 2). Problem: Liegen zwei Willenserklärungen vor? Die Willenserklärung ist bekanntlich eine Willensäußerung, die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist, der deswegen eintritt, weil er gewollt ist. Nach dem Gesetz bestehen die Rechtsfolgen des Verlöbnisses lediglich darin, daß bei einem Rücktritt vom Verlöbnis eine Pflicht zum Ersatz des negativen Interesses entstehen kann und daß dann, wenn die Eheschließung unterbleibt, Geschenke unter bestimmten Voraussetzungen zurückverlangt werden können. Diese Rechtsfolgen treten aber unabhängig davon ein, ob sie gewollt waren oder nicht. Gewollt ist allein die zukünftige Eheschließung. Auf Eingehung der Ehe kann jedoch nicht geklagt werden, § 1297 I. Nun ist zwar die Erzwingbarkeit der versprochenen Leistung kein notwendiges Wesensmerkmal eines Vertrages (die Leistung persönlicher Dienste kann z . B . ebenfall nicht erzwungen werden, § 888 II ZPO). 6
Das Verlöbnis
§213
Aber: Ist eine vertraglich versprochene Leistung nicht erzwingbar, so ist bei einer schuldhaften Nichtleistung das positive Interesse zu ersetzen. Bei einem Bruch des Verlöbnisses billigt das Gesetz jedoch nur Ersatz des negativen Interesses zu. Diese Besonderheiten erwecken Zweifel an der Richtigkeit der h. M. 2. Die Verlobung ist ein familienrechtlicher Vertrag (Staudinger-Dietz, Vorbem. 23 ff. vor § 1297). War die Braut minderjährig und hat sie sich ohne Zustimmung ihrer Eltern verlobt, so hat sie nach der h. M. keine Schadensersatzansprüche, wenn der Bräutigam vom Verlöbnis zurücktritt; denn aus einem schwebend unwirksamen Vertrag können keine Rechtsfolgen hergeleitet werden. Diese offensichtliche Lücke versucht die Theorie des familienrechtlichen Vertrags zu schließen. Sie sieht in der Verlobung zwar einen Vertrag, aber einen Vertrag sui generis, der den Regeln des Allgemeinen Teils nicht in allen Beziehungen unterliegt. Insbesondere soll zur Eingehung des Verlöbnisses nicht gem. §§ 107, 108 Geschäftsfähigkeit der Brautleute erforderlich sein. An ihre Stelle soll nach einer Ansicht eine besondere Verlöbnisfähigkeit treten, die jeder haben soll, der die zur Erkenntnis der Bedeutung des Eheversprechens erforderliche geistige und sittliche Reife besitzt, nach einer anderen Meinung eine analoge Anwendung des § 30 EheG (die Ehe eines beschränkt Geschäftsfähigen ist aufhebbar). Nach der letztgenannten Ansicht ist die Verlobung eines Minderjährigen nicht schwebend unwirksam, sondern schwebend wirksam (so Staudinger-Dietz, Vorbem. 32 vor $ 1297). Gegen die Theorie des familienrechtlichen Vertrages sprechen dieselben Bedenken wie gegen die allgemeine Vertragstheorie. 3. Die Verlobung ist kein Vertrag, sondern ein gesetzliches Rechtsverhältnis (Canaris, Das Verlöbnis als „gesetzliches" Rechtsverhältnis, AcP 1965, 1 ff.). Nach dieser - jüngsten - Theorie ist das Verlöbnis kein Vertrag, sondern ein gesetzliches Rechtsverhältnis ohne primäre Leistungspflicht, das seine Grundlage in der Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen findet. Das Verlöbnis kommt nach dieser These zustande durch die Schaffung des Vertrauenstatbestandes, also die (erkennbare) Bereitschaft zur Eheschließung, und das (erkennbare) Vertrauen des Partners hierauf (Canaris a. a. O., 15). Fragen: Erweckt ein junger Mann, der zwei Jahre lang mit einem Mädchen „geht", nicht (zumindest in bestimmten Kreisen) den Anschein, er habe die Absicht zur Eheschließung? Wird das Mädchen nicht darauf „vertrauen"? Kann man die beiden aber deswegen schon als verlobt ansehen, obgleich nie ein Eheversprechen abgegeben worden ist? Weiter: Ein Vertrauenstatbestand kann auch einseitig gesetzt werden. Will man ein Ver7
§ 2 11 1
I. Abschnitt: Eherecht
löbnis annehmen, wenn nur ein Teil den Anschein erweckt hat, die Ehe eingehen zu wollen, ohne daß der andere Teil seinerseits eine entsprechende Absicht bekundet hat? Und zuletzt: Von welchem Zeitpunkt an beginnt das Verlöbnis? 4. Stellungnahme Für die zuletzt genannte Theorie vom Verlöbnis als gesetzlichem Rechtsverhältnis spricht ihre Lebensnähe. Liebende, die sich gegenseitig die Ehe versprechen, haben nicht das Bewußtsein, rechtsgeschäftlich zu handeln oder gar, einen Vertrag abzuschließen. Andererseits kann auf eine zeitliche Fixierung des Verlöbnisbeginns nicht verzichtet werden. Diese zeitliche Fixierung ergibt sich aus dem wechselseitigen Eheversprechen, d. h. der erklärten Bereitschaft, den Partner heiraten zu wollen. Voraussetzung eines solchen Eheversprechens ist, daß der Erklärende eine verständnisvolle Einsicht in das Wesen des Verlöbnisses hat. Die Partner müssen sich wechselseitig die Ehe versprochen haben. Nichts zwingt jedoch dazu, die beiden Erklärungen nur als Willenserklärungen im rechtstechnischen Sinn gelten zu lassen. Zu beachten ist nämlich folgendes: Die Verlobung erschöpft sich nicht in dem Versprechen späterer Eheschließung, sie begründet auch eine soziale Beziehung zwischen den Verlobten, den sog. Brautstand. Dieser Brautstand (oft ebenfalls „Verlöbnis" genannt) ist die eigentliche Basis für die vom Gesetz gewährten Schadensersatzansprüche. Der Status als Verlobter, der durch die Verlobung begründet wird, aber diesen einmaligen Einigungsakt überdauert, verpflichtet zu einem bestimmten Verhalten. Wer diesen Statuspflichten zuwiderhandelt, enttäuscht inanspruchgenommenes Vertrauen. Der Brautstand ist damit ein Rechtsverhältnis, das zwar einen gegenseitigen Austausch von Eheversprechen voraussetzt, nicht jedoch einen Vertrag; denn seine Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob sie gewollt waren oder nicht. Insofern kann man in der Tat mit Canaris in bezug auf das Verlöbnis - als einer sozialrechtlichen Dauerverbindung - von einem gesetzlichen Rechtsverhältnis sprechen. Man muß lediglich ergänzend hinzufügen, daß dieses Rechtsverhältnis zu seiner Vorbedingung den gegenseitigen Austausch von Eheversprechen hat, die aber keine rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen zu sein brauchen. II. Gültigkeitsvoraussetzungen 1. Geschäftsfähigkeit - Verlöbnisfähigkeit Nach der herrschenden Vertragstheorie bedarf ein Minderjähriger zu einer Verlobung gem. § 107 der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter. 8
Das Verlöbnis
§2112
Ist der „Verlobungsvertrag" vom Minderjährigen ohne diese Einwilligung geschlossen worden, so ist er schwebend unwirksam. Seine Wirksamkeit hängt von der Genehmigung der gesetzlichen Vertreter ab, § 1081. Das bedeutet: Durch die Anwendung der Vorschriften, die ihn schützen sollen, kann der Minderjährige um seine Ansprüche gebracht werden - ein merkwürdiges Ergebnis! Nach der Theorie vom familienrechtlichen Vertrag brauchen die Verlobten nicht voll geschäftsfähig zu sein. Teils wird eine auf bloßer Einsicht beruhende besondere Verlöbnisfähigkeit vorausgesetzt, teils läßt man beschränkte Geschäftsfähigkeit genügen, die dann zu einem schwebend wirksamen Verlöbnis führen soll. Frage: Kann in diesem letzteren Fall aus dem schwebend wirksamen Verlöbnis ein unwirksames Verlöbnis werden? Staudinger-Dietz, Vorbem. 35f. vor § 1297: Der beschränkt Geschäftsfähige kann, solange der gesetzliche Vertreter nicht zugestimmt hat, seine Erklärung widerrufen (Widerruf ist kein Rücktritt!). Dem gesetzlichen Vertreter steht ein solches Widerrufsrecht nicht zu. Der Widerruf ist ebenso wie die Rücktrittserklärung höchstpersönlich. Der voll geschäftsfähige Partner kann ebenfalls - wie im Fall der Eheschließung mit einem Minderjährigen (§ 30 I EheG) - seine Erklärung nicht widerrufen. Er hat nur die Möglichkeit des Rücktritts (mit den Konsequenzen der §§ 1298ff.). Aber: Nach § 301, 2 EheG kann, solange der Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nur sein gesetzlicher Vertreter die Aufhebung der Ehe begehren. Wendet man § 30 EheG analog an, so muß man (zumindest auch) dem gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit geben, die Verlobungserklärung des Minderjährigen zu widerrufen. Nach der Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses kommt das Verlöbnis zustande, ohne daß es auf die Geschäftsfähigkeit ankäme, weil eben kein rechtsgeschäfdiches, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis vorliegt. Danach kann selbst ein Geschäftsunfähiger die Rechtsfolgen der §§ 1298 ff. geltend machen. Knüpft man dagegen, wie wir es für richtig halten, die Entstehung des gesetzlichen Rechtsverhältnisses an ein wechselseitiges Eheversprechen, so muß man wiederum zwar keine Geschäftsfähigkeit, wohl aber die zur Erkenntnis der Bedeutung des Eheversprechens erforderliche geistige und sittliche Reife verlangen. 2. Gesetzesverstoß -
Sittenwidrigkeit
Nach h. M. ist eine Verlobung, die gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt, nichtig, §§ 134, 138, z. B. die Verlobung eines noch Verheirateten oder bereits Verlobten (RGZ 170, 72; 105, 245). 9
§ 2 III 3
I. Abschnitt: Eherecht
Demgegenüber besagt die Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses: Die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Vorschriften sind nicht anwendbar. Fall: Ein verlobtes Mädchen lernt einen anderen Mann kennen. Es beschließt, die frühere Verlobung zu lösen. Ehe die Rücktrittserklärung dem früheren Partner zugeht und damit wirksam wird, kommt eine zweite Verlobung zustande. Die Partner verkehren intim miteinander. Soll der Schadenersatzanspruch des Mädchens, wenn der zweite Partner vom Verlöbnis grundlos zurücktritt, davon abhängen, ob die Verlobung einen Tag vor oder einen Tag nach der Auflösung des ersten Verlöbnisses stattgefunden hat? Hier führt die Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses offensichtlich zum befriedigenderen Ergebnis. III. A l l g e m e i n e V e r l ö b n i s w i r k u n g e n 1. Durch die Verlobung wird der Brautstand (das Verlöbnis), ein personenrechtliches Verhältnis, begründet, das als voreheliches Gemeinschaftsverhältnis zur Ehe führen soll. Ob damit auch eine Rechtspflicht zur Eheschließung entsteht, ist bestritten. Die Befürworter einer Rechtspflicht zur Eheschließung verweisen auf die Notwendigkeit eines „Rücktritts" als Mittel der Lösung des Verlöbnisses (vgl. Beitzke, § 5 II, 1), die Gegner argumentieren damit, daß jeder Verlobte jederzeit vom Verlöbnis zurücktreten könne, daß also die Erfüllung der „Pflicht" vom Belieben der Verlobten abhänge. Das aber, so sagen sie, sei mit dem Wesen einer Rechtspflicht unvereinbar (vgl. Canaris, AcP 165, Praktische Bedeutung hat dieser Streit nicht. Entscheidend ist, daß aus einem Verlöbnis jedenfalls nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden kann, § 1297 I. 2. Verlobte sind Angehörige i. S. des StGB. Beispiel: X erlangt Kenntnis von einem bevorstehenden Bankraub. Die Räuber, denen das wiederum zu Ohren kommt, bemächtigen sich der Braut des X und drohen ihm: „ W e n n Sie plaudern, stirbt die Braut!" Lies §§ 1 3 8 , 3 5 , 11 I N r . l a S t G B ! Oder: Die Braut erfährt, daß ihr Verlobter einen Raub plant. Sie zeigt die Tat trotz § 138 StGB nicht an. O b von einer Strafe abgesehen werden kann, hängt davon ab, ob sich die Braut ernstlich bemüht hat, den Verlobten von der Tat abzuhalten, § 139 III StGB. Lies ferner:
§§ 247, 258 VI StGB.
3. Verlobte haben ebenso wie nahe Verwandte und Verschwägerte ein Zeugnisverweigerungsrecht im Zivil- und Strafprozeß (vgl. z . B . § 383 ZPO, § 52 StPO). 10
Das Verlöbnis
§ 2 IV 3
IV. Der Rücktritt vom Verlöbnis und seine Folgen 1. Das Verlöbnis kann jederzeit durch den Rücktritt eines Verlobten aufgelöst werden. Zu unterscheiden ist zwischen einem grundlosen und einem begründeten Rücktritt. Der grundlose Rücktritt verpflichtet zum Schadensersatz, der begründete Rücktritt nicht. Der Rücktritt ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die keiner Form bedarf und nur vom Verlobten selbst abgegeben werden kann. Zum Rücktritt eines beschränkt Geschäftsfähigen ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die Entscheidung, einen Menschen nicht heiraten zu wollen, muß (ebenso wie die Entscheidung, einen Menschen heiraten zu wollen) allein den Verlobten überlassen werden. 2. Der grundlose Rücktritt Grundlos ist der Rücktritt, wenn er ohne wichtigen Grund erfolgt, vgl. § 1298 III. Wie der grundlos Zurücktretende wird behandelt, wer durch sein Verschulden dem anderen einen wichtigen Rücktrittsgrund gibt, § 1299, Z. B. durch seine Untreue den anderen zur Lösung des Verlöbnisses veranlaßt. Ebenso muß behandelt werden, wer schuldhaft einen Rücktrittsgrund gibt und dann selbst aus wichtigem Grund zurücktritt, z.B. wegen einer durch Untreue erworbenen Geschlechtskrankheit. Wichtige Gründe sind z.B.: Untreue, Mißhandlungen, Beleidigungen (auch Beleidigungen Angehöriger), schwere Krankheit, schwere Charakterfehler. Kein wichtiger Grund ist der selbstverschuldete Irrtum über die Vermögensverhältnisse des anderen Teils. Ebenfalls ist kein wichtiger Grund i. S. des Gesetzes die Uberzeugung, nicht zueinander zu passen, obgleich gerade dies der wichtigste Grund ist! Aber hier fehlt es an der Nachprüfbarkeit. 3. Die Schadensersatzpflicht gem. §§ 1298ff. Ein grundloser Rücktritt verpflichtet den Zurücktretenden zu Schadensersatz. Der Ersatzanspruch geht nicht auf das positive Interesse, sondern nur auf das negative Interesse. Zu ersetzen sind nicht die Vorteile, die die Ehe gebracht hätte, sondern die Nachteile, die man nicht erlitten hätte, wenn man den späteren Rücktritt vorhergesehen hätte; vgl. Staudinger-Dietz, § 1298 Anm. 24. Ersatzberechtigt sind: (1) der Verlobte und (2) die Eltern oder Personen, die anstelle der Eltern gehandelt haben. 11
§ 2 IV 3
I. Abschnitt: Eherecht
Eltern oder Dritte können nur Ersatz des Schadens verlangen, der daraus erwachsen ist, daß sie während der Verlobungszeit in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind (§ 1298 I, 1): Kosten des Verlobungsschmauses, der Verlobungsanzeigen, der Aussteuer. Der verlassene Verlobte kann darüber hinaus auch das sonstige Vertrauensinteresse ersetzt verlangen (§ 1298 I, 2), etwa den Schaden, den er dadurch erlitten hat, daß er in Erwartung der Ehe eine Stellung oder eine Wohnung aufgegeben hat. Zu ersetzen sind in diesem Fall nur angemessene Aufwendungen oder Schäden, die durch angemessene Maßnahmen entstanden sind (§ 1298 II). Immaterielle Schäden werden grundsätzlich nicht ersetzt. Eine Ausnahme statuiert § 1300: Eine unbescholtene Braut, die ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet hat, kann wegen ihres immateriellen Schadens eine billige Entschädigung in Geld verlangen (Kranzgeld). Streitfragen: a) Wann ist eine Braut unbescholten? Unbescholtenheit bedeutet Unversehrtheit der Geschlechtsehre, nicht Jungfräulichkeit (Witwe mit Kind!). Nach heute herrschender Meinung führt jeder freiwillig gewährte nichteheliche Verkehr zur Bescholtenheit, gleichgültig, ob er verborgen geblieben oder bekannt geworden ist (vgl. BGH, FamRZ 1972, 464; O L G Düsseldorf, FamRZ 1972, 463; Gernhuber, § 8 V, 2). Nach Ansicht ihrer Gegner wird diese Auffassung dem Ziel des § 1300 nicht gerecht, der verlassenen Braut nämlich für ihre verminderten Heiratsaussichten einen Ausgleich zu gewähren. Diesen Ausgleichsanspruch, so meinen sie, verdiene die Braut nur dann nicht, wenn ihre Heiratsaussichten durch den Verkehr mit dem Verlobten nicht vermindert werden konnten, weil sie schon zuvor wegen eines ausgesprochen unsittlichen Lebenswandels gering waren (vgl. RGZ 149,147 und neuerdings Ott, MDR 1973, 105). b) Ist § 1300
verfassungsgemäß?
§ 1300 wird zwar einhellig als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Nur vereinzelt wird jedoch Verfassungswidrigkeit behauptet (z.B. O L G Hamburg, FamRZ 1972, 461: Zubilligung einer Entschädigung läuft auf eine Entwürdigung der Frau hinaus). Feststeht, daß noch immer die Frau durch den Bruch eines Verlöbnisses schwerer betroffen wird als der Mann (Minderung der Heiratsaussichten, insbesondere wenn sie ein nichteheliches Kind hat!). Aus diesem Grund hält die h. M. § 1300 mit Art. 3 II GG für vereinbar; vgl. BGH, FamRZ 1974, 524. 12
Das Verlöbnis
§ 2 V
c) Ist auch ein minderjähriger Verlobter schadensersatzpflichtig? Die Frage stellt sich dann, wenn man entgegen der h. M. annimmt, daß die Verlobung eines Minderjährigen auch dann gültig sein kann, wenn der gesetzliche Vertreter ihr nicht zugestimmt hat. Nach der Lehre vom Verlöbnis als familienrechtlichem Vertrag kann der Minderjährige seine Verlobungserklärung widerrufen. Ein solcher Widerruf soll nach dieser Ansicht das Verlöbnis rückwirkend auflösen. Die §§ 1298-1300 sind in diesem Fall nicht anwendbar (Staudinger-Dietz, § 1298 Anm. 5). Erfolgt kein Widerruf, so entstehen Schadensersatzansprüche, ggf. auch gegen den Minderjährigen. Canaris: Der grundlos zurücktretende Minderjährige haftet nicht. Die Rechtsordnung hat sich in allen Fällen eines Prinzipienwiderstreits für den Satz entschieden: „Schutz mangelnder Geschäftsfähigkeit geht vor Vertrauensschutz" (AcP 165, 19). Aber: Der Satz, ein Minderjähriger dürfe nicht mit Ersatzpflichten belastet werden, gilt nur im Vertragsrecht, nicht bei gesetzlichen Rechtsverhältnissen. Hier bestimmt sich seine Verantwortlichkeit nach S 828. Ob der minderjährige Partner schadensersatzpflichtig wird, hängt darum von seiner Einsichtsfähigkeit ab. 4. Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung können neben den Ansprüchen aus den S§ 1298 ff. nur geltend gemacht werden, wenn der Sachverhalt über den Bruch der Verlöbnistreue hinaus eine unerlaubte Handlung des Verlöbnispartners ergibt; vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1962, 429. V. Der Anspruch auf Herausgabe der Brautgeschenke Alle Endigungsgründe des Verlöbnisses außer der Heirat - also grundloser und begründeter Rücktritt, Aufhebung im wechselseitigen Einverständnis, Tod - erzeugen grundsätzlich einen Anspruch jedes Verlobten auf Herausgabe der Brautgeschenke (= Geschenke während des Verlöbnisses) nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, S 1301 S. 1. Die Vorschrift ist nicht zwingend. Für den Fall des Todes eines Verlobten ist sogar im Zweifel der Ausschluß der Rückforderung als gewollt anzusehen, $ 1301 S. 2. Problem: Kann den Rückforderungsanspruch auch geltend machen, wer die Eheschließung wider Treu und Glauben verhindert hat? Konkret: Ist $815 anwendbar? 13
§ 2 VI
I. Abschnitt: Eherecht
§ 815 2. Alt. baut auf dem Kondiktionsanspruch des § 812 I, 2, 2. Alt. auf. Seine entsprechende Anwendung auch auf den Anspruch aus § 1301 würde voraussetzen, daß der dieser Bestimmung zugrunde liegende Sachverhalt dem Anwendungsbereich der sog. condictio causa data, causa non secuta zumindest rechtsähnlich ist. Das ist indessen nicht der Fall. § 8121, 2, 2. Alt. betrifft die Fälle, in denen der Empfänger einer Leistung mit der Leistung zu einem bestimmten Verhalten veranlaßt werden soll, das nicht erzwungen werden kann. Die finale Verknüpfung zwischen Leistung und bezwecktem Erfolg macht die in § 812 I, 2, 2. Alt. vorausgesetzte Zweckvereinbarung zu einem entgeltlichen Geschäft. Demgegenüber ist eine Schenkung kein entgeltliches Geschäft. Sie wird vielmehr gerade dadurch gekennzeichnet, daß die Vermögensmehrung einverständlich ohne „Gegenleistung" erfolgen soll. Richtig ist zwar, daß im Fall des § 1301 die Partner bei der Schenkung regelmäßig von der Erwartung der Eheschließung ausgehen. Diese Erwartung wird jedoch nicht zum Vertragsinhalt. Vielmehr baut der Geschäftswille der Parteien erst auf der gemeinsamen Vorstellung vom künftigen Zustandekommen der Ehe auf. Das heißt aber nichts anderes, als daß der Gesetzgeber in § 1301 generell die Erwartung der Eheschließung unterstellt und stets als rechtlich relevante Geschäftsgrundlage der Schenkung ansieht. Der Anspruch aus § 1301 ist seiner Rechtsnatur nach somit kein Kondiktionsanspruch, sondern eine „Spielart des Wegfalls der Geschäftsgrundlage" (Dolle I, § 6 VII, 2). Seine Verweisung auf das Bereicherungsrecht bestimmt - zum Schutz des Schuldners - nur den Umfang der Herausgabepflicht (§§ 818ff.). Eine entsprechende Anwendung des § 815 ist daher abzulehnen (Dölle a. a. O . ; anders jedoch die wohl h. M., BGHZ 45, 258; Staudinger-Dietz, § 1301 Anm. 11; Gernhuber, § 8 VI, 1). Echte Bereicherungsansprüche sind dagegen denkbar, wenn ein Verlobter in Erwartung einer ihm in Aussicht gestellten Eheschließung unentgeltlich im Geschäft oder Betrieb des anderen mitgearbeitet hat, es aber entgegen dieser Erwartung zur Trennung kommt; vgl. O L G Stuttgart, FamRZ 1977, 545. VI. Hinweise für die Lösung des Ausgangsfalles Zu Frage 1: a) Ergibt sich eine Anspruchsgrundlage aus den §§ 1298 ff. ? Sind Heilungskosten „Aufwendungen" oder „Maßnahmen" in Erwartung der Ehe? (Nein!) b) §§ 823ff.? Im Verhalten des B könnte eine bedingt vorsätzliche oder fahrlässige Gesundheitsverletzung gesehen werden. Aber: § 1298 ist gegenüber den §§ 823 ff. lex spe14
Die Ehe
§312
cialis. Liegt nichts weiter vor als ein Bruch der Verlöbnistreue, so können daraus keine Deliktsansprüche abgeleitet werden. 2« Frage 2: Die Antwort ergibt sich aus den Ausführungen zu Abschnitt V. Eingehende Lösung des Falles in: Henrich, Fälle und Lösungen, S. 1 ff.
§ 3. D i e E h e
I. Zum Begriff der Ehe 1. Im geltenden Recht wird die Ehe nicht definiert. Im Schrifttum ist lebhaft umstritten, was zum Begriff und Wesen der Ehe gehört. Die h. M. sagt (vgl. Staudinger-Dietz, Einleitung 86 ff. vor EheG): Die Ehe ist eine vor jedem Recht gegebene Erscheinung des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft. Das Bild der Ehe, das ihrer Erscheinung und Wertung innerhalb der menschlichen Gemeinschaft zugrunde liegt, ist in besonders starkem Maß von ethischen Vorstellungen geprägt. Von diesem Bild geht auch das Recht aus und hat der Gesetzgeber auszugehen. Es bestimmt den Gehalt der rechtlichen Ordnung der Ehe. Dieses - vom Recht nur zum Teil gestaltete - Bild der Ehe ist in erster Linie gemeint, wenn man von der Institution der Ehe spricht. Die Ehe ist, so wie sie sich aus christlich-europäischer Tradition entwickelt hat, die Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau. Nur die monogame Ehe ist,, Ehe". Sie ist Lebensgemeinschaft in doppeltem Sinn: sie ist umfassend und sie ist auf lebenslange Gemeinschaft hin angelegt. In ihrer konkreten Erscheinung als eheliche Gemeinschaft zwischen zwei individuellen Personen ist die Ehe aber auch ein Rechtsverhältnis, dessen Gestalt und Wirkung sowohl durch die Individualität der Personen wie durch die rechtliche Konzeption der Institution bestimmt wird. Die Ehe kommt durch einen Vertrag (Eheschließung) zustande, ist aber selbst kein Vertragsverhältnis. 2. Die hier vorgetragene h. M. fordert zur Kritik heraus. Die merkwürdige Aussage, daß die Ehe zwar durch einen Vertrag, nämlich die Eheschließung, zustande kommt, aber kein Vertragsverhältnis ist, ist kirchlichen Ursprungs. Nach den Lehren der Kirchen sollte die Ehe zwar durch einen Vertrag (consensus) geschlossen werden, gleichzeitig aber als natürliche und göttliche Einrichtung dem Willen der Vertragsschließenden entzogen sein. Sowohl nach katholischem als auch nach evangelischem Kirchenrecht stand den Eheleuten weder über die Ehezwecke, noch über die Ehedauer, noch über die Auflösung der Ehe, noch über die ehemännliche Vorrangstellung das Verfügungsrecht zu. 15
§312
I. Abschnitt: Eherecht
Das Naturrecht der Aufklärung unterstellte demgegenüber die Ehe gänzlich dem Vertragsrecht (vgl. D. Schwab, Die Familie als Vertragsgesellschaft im Naturrecht der Aufklärung, Quaderni Fiorentini 1972, 357ff.). Allein die Ehegatten sollten den Inhalt ihrer Ehe bestimmen. Vorgegebene Ehezwecke (Erzeugung von Nachkommenschaft) wurden abgelehnt (z. B. durch Fichte), desgleichen eine von Natur aus gegebene Pflicht zur ehelichen Treue, zum ständigen Zusammenleben sowie die Vorrangstellung des Mannes (Thomasius). Auch Kant hielt die Ehe noch solchermaßen für einen Vertrag. Das 19. Jahrhundert brachte wiederum eine Umkehr. Nunmehr hieß es z.B. bei Hegel: „Unter den Begriff vom Vertrag kann die Ehe nicht subsumiert werden; diese Subsumtion ist in ihrer - Schändlichkeit, muß man sagen - bei Kant aufgestellt." (Sämtliche Werke, Bd. 7, 132.) Unter seinem Einfluß stehen die Autoren, die auch heute wiederum sagen, Verträge seien nur bezüglich solcher Gegenstände möglich, die der selbstverantwortlichen Bestimmung durch die einzelnen Rechtsgenossen mindestens der Art nach zugänglich sind, und das sei gerade bei der Ehe nicht der Fall. Nur der Abschluß der Ehe sei frei, der Inhalt der Ehe, ihre rechtliche Ausgestaltung, sei der freien Disposition der Eheleute ebensowenig zugänglich wie die Auflösung der Ehe. In Wahrheit sei deswegen die Ehe eine überindividuelle Institution, ebenso wie Staat und Kirche überindividuelle Institutionen seien (Raiser, in: 100 Jahre deutsches Rechtsleben, Juristentagsfestschrift Bd. I, 107f.). Das Problematische dieser Auffassung besteht darin, daß der Inhalt der Ehe dann vorrechtlich bestimmt werden muß, d. h. einer Weltanschauung entnommen wird. Weltanschauungen aber sind austauschbar. Welche soll fiir die Ehe gelten? Etwa die Auffassung der katholischen oder der evangelischen Kirche? Auch der Nationalsozialismus bejahte die Institutionenlehre und verknüpfte gerade mit der Ehe ganz bestimmte Vorstellungen. Deswegen empfiehlt sich gegenüber der These, die Ehe sei eine Institution, Zurückhaltung (vgl. Wolf, J Z 1967, 749, 751; Müller-Freienfels, J Z 1974, 305ff., 312f.). Hinzu kommt, daß die gegen die Vertragsnatur der Ehe aufgestellte Behauptung, die Ehe sei der Disposition der Eheleute entzogen, heute nicht mehr akzeptiert werden kann. Zwar ist die Gestaltungsfreiheit der Ehegatten nicht so groß wie die Gestaltungsfreiheit der Partner eines schuldrechtlichen Vertrages. Insbesondere können die Ehegatten nach geltendem Recht die Ehe nicht durch einen bloßen Vertrag wieder aufheben. Im Rahmen der Gesetze können die Ehegatten jedoch über den Inhalt ihrer konkreten Ehe entscheiden: Ob sie Kinder haben wollen oder nicht (str.), ob die Frau berufstätig sein soll oder nicht usw. Daß die privatautonome Ge16
Die Ehe
staltung der Ehe durch die Ehegatten bisher wenig Verteidiger fand, mag mit der bis vor kurzem herrschenden patriarchalischen Eheauffassung zusammenhängen. Es gab früher keine freie Einigung, sondern ein Bestimmungsrecht des Mannes und eine Gehorsamspflicht der Frau. Die Idee der Gleichberechtigung sollte auch hier einen Wandel schaffen. Zusammenfassend läßt sich feststellen: Gegen die Konzeption der Ehe als „Institution" sprechen gewichtige Bedenken. Auf der anderen Seite sind die Gründe, die angeblich gegen die Vertragsnatur der Ehe sprechen, nicht überzeugend. Das führt zu dem Schluß: Die Ehe des bürgerlichen Rechts ist ein vertraglich begründetes privatrechtliches Verhältnis, das zwar nicht frei widerrufbar ist, dessen Inhalt im übrigen jedoch im Rahmen der Gesetze von den Ehegatten bestimmt werden kann. II. Charakteristische Merkmale der Ehe des bürgerlichen Rechts Nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers darf eine Ehe nur geschlossen werden zwischen einem Mann und einer Frau. Sie ist auf ungeteilte Lebensgemeinschaft gerichtet und auf Lebenszeit angelegt. Mehr läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch hier werden häufig darüber hinausgehende Behauptungen aufgestellt, z.B.: „Die Ehe ist ihrem Wesen nach unauflöslich" (vgl. BGHZ 18, 13, 17; BGH, FamRZ 1960, 188; Wilkens, Theologische Erwägungen zur Ehescheidung, FamRZ 1969, 57, 59). Oder: „Die Ehe ist ihrem Wesen nach zur Erzeugung und Erziehung von Kindern bestimmt" (so die katholische Lehre: vgl. Enzyklika „Casti connubii" Pius XI. [1930]; ebenso die Auffassung der nationalsozialistischen Rechtslehre: vgl. RGR-Kommentar zum BGB, Bd. IV, 9. Aufl. 1940, Vorbem. vor § 1 EheG, S. 23; ähnlich noch heute: Dölle I, § 51, 3). Aus diesen Behauptungen werden dann Konsequenzen gezogen, beispielsweise, daß alle Vorschriften, die eine Scheidung gestatten, restriktiv, eng, auszulegen seien, oder daß eine Einigung der Ehegatten, keine Kinder haben zu wollen, nichtig sei. Indessen haben alle diese Ansichten im geltenden Recht keine Grundlage. Aus dem Gesetz ergibt sich, daß die Ehe unter bestimmten Voraussetzungen geschieden werden kann. Daran hat sich der Richter zu halten. Er hat in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Scheidung möglich ist. Bei dieser Prüfung darf er nicht unter Berufung auf das „Wesen der Ehe" die Vorschriften extensiv oder restriktiv auslegen. Und unter keinen Umständen darf er sich auf das Wesen einer Ehe berufen, die nicht die Ehe des bürgerlichen Rechts ist. Aus dem Gesetz ergibt sich weiter, daß die Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind (§ 1353). Dazu rechnet auch die Ge17
§411
I. Abschnitt: Eherecht
schlechtsgemeinschaft. Nicht verpflichtet sind die Ehegatten zur Zeugung von Kindern. Entscheiden sie sich, keine Kinder haben zu wollen, dann verstoßen sie damit nicht gegen das Wesen der Ehe. III. Eheähnliche Gemeinschaften Neben der Ehe gewinnen zunehmend eheähnliche Gemeinschaften praktische Bedeutung. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Verbindungen, die zwischen Mann und Frau eingegangen werden, werden nicht vor dem Standesbeamten eingegangen und sind darum keine Ehen. Die Gründe für diese Abkehr von der Ehe sind vielfältig. Es mag die Ablehnung überkommener Moralvorstellungen eine Rolle spielen oder die Furcht, bei ungesicherter Zukunft Verantwortung zu übernehmen. Zu beobachten ist auch eine starke Prädominanz des Gefühls und die - gefühlsmäßige - Ablehnung einer rechtlichen Bindung über die Dauer der gegenseitigen Liebe hinaus. Was auch immer die Gründe sein mögen, für jede eheähnliche Gemeinschaft gilt: Vor dem Recht ist sie - als solche - unbeachtlich. Das Recht verbietet lediglich, Partner einer solchen Verbindung sozialrechtlich besser zu stellen als Ehepartner (§ 122 BSHG), beläßt im übrigen aber die Rechtsvorteile, die es Ehegatten gewährt, allein bei diesen. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft können nicht verlangen, rechtlich Eheleuten gleichgestellt zu werden. Wer auf eine Rechtsposition freiwillig verzichtet, kann sich nicht später auf sie berufen wollen. Lediglich im vermögensrechtlichen Bereich können vertraglich Vorkehrungen getroffen werden, die dem Partner einen gewissen Schutz vor Ubervorteilung oder in Notfällen gewähren. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft haben deswegen keine gegenseitigen Unterhaltsansprüche kraft Gesetzes, können aber Unterhaltsverträge abschließen. Sie haben bei Beendigung ihrer Beziehungen keine güterrechtlichen Ansprüche, können aber u. U . Rechte geltend machen, die auch Unverheirateten zustehen können (aus dem Bestehen einer BGB-Gesellschaft oder aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder-bei Zuwendungen - wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage). Sie haben kein Erbrecht kraft Gesetzes, können sich aber gegenseitig testamentarisch bedenken.
§ 4. Die Form der Eheschließung I. Geschichtliche Entwicklung 1. Wenn man vom Frauenraub absieht, der schon im Ausgang der Völkerwanderung unterdrückt wurde, darf man als germanische Form der Eheschließung die Sippenvertragsehe bezeichnen. Sie war die herrschende 18
Die Forni der Eheschließung
§415
Form bis ins hohe Mittelalter. Die Ehe wurde geschlossen zwischen dem Mann und der Sippe der Braut. Der Mann gab der durch den Muntwalt vertretenen Sippe der Braut eine Freundesgabe, den sog. Muntschatz. Mit der Annahme des Muntschatzes wurde die Sippe der Braut zur Ubergabe der Braut verpflichtet („Kaufehe"). Die Brautübergabe fand in feierlicher Form statt. Ihr folgten die Heimführung in das Haus des Mannes, das offenkundige Beschreiten des Ehebettes und am Morgen nach der Brautnacht die Überreichung der Morgengabe durch den Mann, der dadurch die Frau als Hausfrau anerkannte. 2. Neben der Sippenvertragsehe hatte eine weite Verbreitung die sog. Friedelehe. Die Friedelehe kam ohne einen Muntvertrag zustande, konnte demzufolge auch gegen den Willen der Sippe der Braut geschlossen werden. Ehebegründend wirkte hier allein der Konsens der Brautleute. 3. Unter dem Einfluß der Kirche, insbesondere nachdem sich die Ansicht von der Sakramentsnatur der Ehe durchgesetzt hatte, wurde der Konsens der Brautleute das entscheidende Element der Eheschließung: (Konsensus facit nuptias. Als Spender des Sakraments wurden die Gatten angesehen, nicht der Priester. Die Beiwohnung bedeutete nur noch „Vollziehung" der Ehe, die damit nach kirchlicher Lehre unauflöslich wurde. Diese Lehre hatte die nachteilige Folge, daß auch heimliche Ehen gültig geschlossen werden konnten. Um diesem Mißstand abzuhelfen, schrieb das Konzil von Trient (1563) die Mitwirkung eines Geistlichen und zweier Zeugen vor. Ein Verstoß gegen diese Formvorschrift sollte fortan zur Nichtigkeit der Ehe führen. 4. Nach der Lehre der evangelischen Kirche spenden sich die Ehegatten nicht gegenseitig ein Sakrament, vielmehr wird die Ehe durch die Handlung der Trauungsperson (Geistlicher, Standesbeamter) geschlossen. Die Handlung bestand ursprünglich in dem Zusammensprechen und der Segnung. Heute nimmt die Kirche nur noch die Segnung vor. Auf das Zustandekommen der Ehe ist die Segnung jedoch ohne Einfluß. 5. Die Ziviltrauung der modernen Zeit erscheint erstmals in den Niederlanden (16. Jh.) und Großbritannien (17. Jh.). Allgemein durchgesetzt hat sie sich im 19. Jahrhundert. Man unterscheidet: a) die Zwangszivilehe (eine Ehe kann nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden): Sie wurde eingeführt in Frankreich 1792, in Preußen 1874, im Deutschen Reich 1875 und gilt ferner in Belgien, in den Niederlanden, in Luxemburg, in Österreich, in der Schweiz und in den sog. sozialistischen Staaten. h) dit fakultative Zivilehe (die Eheschließenden haben die Wahl, ob sie vor einem Standesbeamten oder vor einem Geistlichen die Ehe schließen wollen): Sie gilt u. a. in Italien, Portugal, Skandinavien, England und einem Großteil der USA. 19
§4113
I. Abschnitt: Eherecht II. Die Formvorschriften des EheG
Das EheG enthält eine Reihe von Formvorschriften. Ihre Nichtbeachtung kann teils zur Folge haben, daß eine Ehe überhaupt nicht existiert, teils, daß sie nichtig ist. Es gibt aber auch Formvorschriften, deren Nichtbeachtung auf die Gültigkeit der Ehe keinen Einfluß hat (Soll-Vorschriften). 1. Die Formvorschrift, bei deren Nichtbeachtung eine Ehe nicht zustande kommt, enthält § 11 EheG. Danach kommt eine Ehe nur zustande, wenn die Eheschließung vor dem Standesbeamten stattgefunden hat. Beachte: Ein Standesbeamter kann nur innerhalb seines Bezirks tätig werden. Außerhalb seines Bezirks ist er nicht Standesbeamter, eine vor ihm geschlossene Ehe somit eine Nichtehe (sofern nicht § 11 II EheG eingreift). Die Eheschließung vor einem Geistlichen begründet keine Ehe. Man spricht auch hier von einer Nichtehe oder einem matrimonium non existens. Eine Ausnahme für Ausländer enthält § 15 a EheG. 2. Formvorschriften, bei deren Nichtbeachtung eine Ehe nichtig ist. Der Begriff der Nichtigkeit ist bei einer Ehe ein anderer als bei sonstigen Rechtsgeschäften. Bei gewöhnlichen Rechtsgeschäften bedeutet Nichtigkeit, daß sich jedermann auf die Nichtigkeit berufen kann und daß das Rechtsgeschäft keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Dagegen kann sich auf die Nichtigkeit einer Ehe nicht jedermann von Anfang an berufen. Eine Berufung auf die Nichtigkeit einer Ehe ist vielmehr erst dann zulässig, wenn die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist, § 23 EheG. Bis zur Nichtigerklärung besteht die Ehe. Man spricht darum statt von nichtigen Ehen besser von vernichtbaren Ehen. Außerdem ist eine nichtige Ehe nicht ohne Rechtsfolgen. Insbesondere sind Kinder, die in einer nichtigen Ehe geboren werden, ehelich und bleiben es auch dann, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird. Nichtig ist eine Ehe, wenn die Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgeschriebenen Form stattgefunden hat, § 17 I EheG. Nach § 13 I EheG müssen die Verlobten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Diese Erklärungen müssen gem. § 13 II EheG unbedingt und unbefristet sein. Also: Eine Eheschließung durch Stellvertreter oder Boten (sog. „Handschuhehe") ist nichtig, desgl. nach h. L. auch eine Eheschließung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung (Dölle I, § 18 Vl;Palandt-Diederichsen, § 13 EheG Anm. 3b). 3. Formvorschriften, deren Nichtbeachtung die Gültigkeit der Ehe nicht berührt (Soll-Vorschriften): a) Aufgebot, § 12 EheG: 20
Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung
§ 5 II 1
Das Aufgebot ist ein öffentlicher Hinweis auf die bevorstehende Eheschließung. Es wird eine Woche lang am Standesamt ausgehängt, § 3 PStG. Veraltet und überflüssig! b) Eheschließung vor dem zuständigen Standesbeamten. Zuständig ist der Standesbeamte, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 15 EheG. c) Eheschließung vor zwei Zeugen, § 14 EheG. d) Der Standesbeamte soll an die Verlobten einzeln und nacheinander die Frage richten, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen. Nach der Bejahung soll er aussprechen, daß die Verlobten nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute seien, § 14 EheG in Verbindung mit § 184 II, 2 der Dienstanweisung für Standesbeamte. e) Die Eheschließung soll in das Heiratsbuch eingetragen werden, § 14 II EheG i. V. mit § 9 PStG. Anschließend legt der Standesbeamte ein sog. Familienbuch an, § 12 PStG.
§ 5. Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung I. Voraussetzungen, bei deren Fehlen keine Ehe vorliegt 1. Ehen gibt es nur zwischen Mann und Frau. Zwei Männer können einander ebensowenig heiraten wie zwei Frauen. 2. Jeder Ehegatte muß vor dem Standesbeamten erklären, den anderen heiraten zu wollen. Bei einem Dissens kommt keine Ehe zustande.
II. Voraussetzungen, bei deren Fehlen eine Ehe nichtig ist Beachte: Nichtig i. S. des EheG bedeutet nicht absolut nichtig ( = ohne jede Rechtswirkung), sondern vernichtbar (s. o. § 4 II, 2). 1. Die einzelnen Voraussetzungen a) Geschäfts- und Urteilsfähigkeit der Verlobten: Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig war oder sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand, §§ 2, 18 EheG. Das Mindestmaß geistiger Reife oder Klarheit, das für jedes Rechtsgeschäft verlangt wird, ist natürlich auch Vorbedingung des Eheschlusses. Eine Eheschließung im Vollrausch ist somit nichtig.
h) Kein Ehegatte darf z. Z. der Eheschließung mit einem Dritten ratet sein, §§ 5, 20 EheG:
verhei21
§5112
I. Abschnitt: Eherecht
Niemand darf eine Ehe eingehen, bevor seine frühere Ehe für nichtig erklärt oder (durch Tod, Aufhebung oder Scheidung) aufgelöst worden ist. Heiratet er trotzdem, so ist seine zweite Ehe bigamisch und damit vernichtbar. Die zweite Ehe ist bigamisch auch dann, wenn der Eheschließende seinen ersten Ehegatten irrtümlich für tot gehalten hat. Aber: Wird ein verschollener Ehegatte - irrtümlich -für tot erklärt, so wird damit (gem. § 9 I VerschG) sein Tod und infolgedessen auch die Auflösung seiner Ehe vermutet (die Ehe jedoch noch nicht aufgelöst). Der zurückgebliebene Ehegatte kann sich aufgrund dieser Vermutung wieder verheiraten. In diesem Fall wird dann mit der zweiten Eheschließung die erste Ehe aufgelöst, es sei denn, daß beide Partner der zweiten Ehe bei der Eheschließung wußten, daß der für tot Erklärte den Zeitpunkt der Todeserklärung überlebt hat, § 38 EheG. c) Kein Ehegatte darf mit dem anderen in einem verbotenen Grade verwandt oder verschwägert sein, §§ 4, 21 EheG: Eine Ehe ist verboten zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie, § 4 I, 1 EheG. Verwandtschaft bedeutet hier Blutsverwandtschaft. Das Eheverbot besteht auch dann fort, wenn infolge einer Adoption (§ 1755) das Verwandtschaftsverhältnis des adoptierten Kindes zu seinen bisherigen Blutsverwandten erloschen ist, § 4 I, 2 EheG i. d. F. des Adoptionsgesetzes vom 2. 7. 1976. 2. Dispensable und indispensable
Eheverbote
Von den Eheverboten, die im Fall ihrer Nichtbeachtung die Nichtigkeit der Ehe zur Folge haben, sind einige dispensabel, andere indispensabel. a) Keine Befreiung ist möglich vom Eheverbot der Blutsverwandtschaft, keine Befreiung auch vom Eheverbot der Doppelehe. b) Dagegen kann Befreiung erteilt werden vom Eheverbot der Schwägerschaft. Die Befreiung erteilt das Vormundschaftsgericht. Sie ist regelmäßig zu erteilen. Versagt werden darf sie nur dann, wenn wichtige Gründe der Eingehung der Ehe entgegenstehen. Bei der Frage, was wichtige Gründe sind, ist vom Sinn des Eheverbots auszugehen. Das Eheverbot basiert auf sittlichen Erwägungen. Das bedeutet, daß die Befreiung nur versagt werden darf, wenn die Eheschließung vom sittlichen Standpunkt aus als besonders anstößig erscheint. Das bloße Bestehen der Schwägerschaft rechtfertigt dieses sittliche Verdikt noch nicht. Danach, ob die Ehe voraussichtlich Bestand haben wird (die typische Frage, die bei der Befreiung vom Erfordernis der Ehemündigkeit gestellt wird), darf hier nicht gefragt werden; vgl. Staudinger-Dietz, § 4 EheG Anm. 45; § 6 Anm. 51 ff.; str. 22
Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung
§ 5 III 2
Zur Befreiung von Eheverboten, die lediglich als Sollvorschriften ausgestaltet sind, s. u. V. 3. Einige nichtige Ehen können geheilt werden, andere nicht a) Geheilt werden kann eine Ehe, die mangels Geschäfts- oder Urteilsfähigkeit eines Verlobten nichtig ist. Eine solche Ehe ist nämlich als von Anfang an gültig anzusehen, wenn der Ehegatte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit, der Bewußtlosigkeit oder der Störung der Geistestätigkeit zu erkennen gibt, daß er die Ehe fortsetzen will, § 18 II EheG. h) Geheilt werden kann eine Ehe zwischen Verschwägerten. Sie ist von Anfang an als gültig anzusehen, wenn die Befreiung von dem Verbot nachträglich bewilligt wird, § 21 II EheG. c) Nicht heilbar ist eine Ehe zwischen Blutsverwandten und nicht heilbar ist eine bigamische Ehe. Die bigamische Ehe bleibt also auch dann nichtig, wenn die erste Ehe später durch Tod oder Scheidung aufgelöst wird. Keine formlose „Bestätigung" durch Fortsetzung! Aber: In - seltenen - Ausnahmefällen kann die Ehenichtigkeitsklage wegen unzulässiger Rechtsausübung abgewiesen werden; BGHZ 30,140; 37, 51; BGH, FamRZ 1975, 332. III. Voraussetzungen, bei deren Fehlen eine Ehe aufhebbar ist 1. Eine Aufhebung kommt in Betracht, wenn die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters in die Eheschließung fehlte oder die Eheschließung auf einem Irrtum, einer arglistigen Täuschung oder einer Drohung beruht, sowie wenn ein fälschlich für tot erklärter Ehegatte wieder auftaucht, dessen Gatte eine neue Ehe geschlossen hatte. Merke: Aufhebung bedeutet nicht Vernichtung ex tunc, sondern Auflösung ex nunc. In den Wirkungen gleicht also die Aufhebung einer Scheidung. Der Unterschied: Die Scheidung erfolgt aus Gründen, die während der Ehe entstanden sind, die Aufhebung aus Gründen, die im Zeitpunkt der Eheschließung bereits bestanden haben. Im Fall des Irrtums, der arglistigen Täuschung und der Drohung tritt die Aufhebung an die Stelle der Anfechtung. Die Anfechtung einer Ehe gibt es nicht. 2. Aufhebung wegen fehlender Einwilligung des gesetzlichen Vertreters Zu einer Eheschließung bedarf ein beschränkt Geschäftsfähiger der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, § 3 I EheG, d. h. regelmäßig seiner Eltern. Wird die Ehe ohne diese Einwilligung geschlossen, so ist sie 23
§ 5 III 3
I. Abschnitt: Eherecht
nicht schwebend unwirksam (§ 108 ist nicht anwendbar), sondern schwebend wirksam. Die Aufhebung kann verlangen: solange die Geschäftsbeschränktheit andauert, nur der gesetzliche Vertreter, § 30 I, 2 EheG; wenn der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte voll geschäftsfähig geworden ist, nur er selbst, § 30 I, 1 EheG. Die Aufhebung kann nicht mehr verlangt werden, wenn der gesetzliche Vertreter die Ehe genehmigt oder der Ehegatte, nachdem er unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will, § 30 II EheG. Verweigert der gesetzliche Vertreter die Einwilligung in die Eheschließung oder die Genehmigung der Ehe ohne triftige Gründe, so kann der Vormundschaftsrichter sie auf Antrag des Verlobten, der der Einwilligung bedarf, bzw., bei Verweigerung der Genehmigung der Ehe, auf Antrag eines Ehegatten ersetzen, §§ 3 III, 30 III EheG. 3. Aufhebung
wegen
Irrtums
Ausgangsfall: Moritz und Frieda sind seit dem 2. September 1964 verheiratet. Sie kannten sich seit Anfang Juni 1964. Ende Juni k a m es zwischen ihnen z u m ersten geschlechtlichen Verkehr. Einige Wochen später eröffnete Frieda dem Moritz, daß sie sich schwanger fühle. Mit Rücksicht auf die Schwangerschaft beschleunigten die beiden die Heirat. Als am 9. Januar 1965 Frieda einer gesunden Tochter das Leben schenkt, schließt Moritz aus diesem frühen Zeitpunkt der Geburt, daß das Kind nicht von ihm abstammen könne. A u s Enttäuschung darüber trennt er sich von seiner Frau und erhebt Aufhebungsklage. Gleichzeitig ficht er die Ehelichkeit des Kindes an. Die Nichtehelichkeit wird rechtskräftig festgestellt.
Ein Irrtum macht die Ehe insbesondere dann aufhebbar, wenn ein Ehegatte sich über solche persönliche Eigenschaften des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten, § 32 I EheG. Persönliche Eigenschaften sind Merkmale, die eine bestimmte Person kennzeichnen. Das können körperliche, sittliche, geistige oder seelische Merkmale sein. Persönliche Eigenschaften sind z. B. unheilbare Krankheiten, Impotenz, Unfruchtbarkeit, Trunksucht, sexuelle Hemmungslosigkeit. Keine persönlichen Eigenschaften sind: Zugehörigkeit zu einer Rasse oder zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft (sie kennzeichnen nicht eine bestimmte Person). Zur Aufhebung berechtigt nur ein erheblicher Irrtum: Wenn eine Kleinbäuerin einen krankhaften Hang zum Schlafen hat, ist anzunehmen, daß 24
Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung
§ 5 III 4
der irrende Ehegatte bei Kenntnis der Sachlage sie nicht geheiratet hätte; vgl. B G H , N J W 1957, 1517. Vorausgesetzt wird sowohl subjektive Erheblichkeit des Irrtums („bei Kenntnis der Sachlage") als auch objektive Erheblichkeit („bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe"). Bestritten ist, ob die Schwangerschaft einer Frau eine persönliche Eigenschaft darstellt. Die überwiegende Auffassung verneint die Frage mit der Begründung, eine persönliche Eigenschaft müsse etwas Dauerndes, die Persönlichkeit Bestimmendes sein; die Schwangerschaft sei dagegen etwas Vorübergehendes. Trotzdem läßt man bei einem Irrtum über die Schwangerschaft die Aufhebung zu. Unterschieden werden dabei zwei Fälle: (1) Der Mann glaubt irrtümlich, die Frau sei schwanger oder nicht schwanger. (2) Der Mann glaubt irrtümlich, die Frau sei von ihm schwanger, in Wahrheit ist die Frau von einem anderen Mann schwanger. Im ersten Fall sagt man, die Schwangerschaft sei nicht nur ein wesendicher, nicht zufälliger Bestandteil der Persönlichkeit, sondern auch geeignet, das Wesen der Frau über die Zeit der eigentlichen Schwangerschaft hinaus zu prägen (Dölle I, § 26 B I, 4d). Persönliche Verhältnisse, die derart in der Persönlichkeit begründet sind, seien persönlichen Eigenschaften gleichzustellen. Im zweiten Fall argumentiert man, die aus der Schwangerschaft folgende seelische Bindung der Mutter an das Kind gehöre ebenfalls zu diesen persönlichen Verhältnissen, die den persönlichen Eigenschaften gleichstünden (OLG Hamm, FamRZ 1966, 150). Einfacher wäre es, würde man die Schwangerschaft als persönliche Eigenschaft der Frau ansehen, was sie im natürlichen Sprachgebrauch ja auch ist. Die Entscheidung über die Aufhebbarkeit der Ehe würde dann im zweiten Stadium des Prüfungsverfahrens fallen, bei der Frage nämlich, ob der Irrtum über die Schwangerschaft objektiv („bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe") und subjektiv („bei Kenntnis der Sachlage") für die Eheschließung erheblich ist, bzw. im konkreten Fall erheblich war. Im Ausgangsfall wären wohl beide Fragen zu bejahen. Die Aufhebung der Ehe ist ausgeschlossen, wenn der Ehegatte nach Entdeckung des Irrtums zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will oder wenn sein Verlangen nach Aufhebung mit Rücksicht auf die bisherige Gestaltung des ehelichen Lebens als sittlich nicht gerechtfertigt erscheint, § 32 II EheG. In letzterem Fall spricht man von einer „Bewährung" der Ehe. 4. Aufhebung
wegen arglistiger
Täuschung
Erforderlich ist eine Täuschung über solche Umstände, die den Ehegatten bei Kenntnis der Sachlage und richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten, § 33 I EheG. Beispiele: Vorhandensein nichtehelicher Kinder, Vorspiegelung der Absicht, sich kirchlich trauen zu lassen. 25
§ 5 IV
I. Abschnitt: Eherecht
Keine Aufhebung gibt es bei einer Täuschung über die Vermögensverhältnisse, § 33 III EheG. Auch bei einer arglistigen Täuschung ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn der Ehegatte nach Entdeckung der Täuschung zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will, § 33 II EheG. 5. Auft>ebung wegen Drohung Beachten Sie den Wortlaut des § 34 EheG: Der Ehegatte muß zur Eingehung der Ehe „widerrechtlich durch Drohung" bestimmt worden sein (also nicht: durch eine widerrechtliche Drohung!). Frage: Wann ist die Bestimmung zur Eheschließung durch eine Drohung widerrechdich? Antwort: Nicht nur, wenn die angedrohten Mittel selbst widerrechtlich oder unsittlich sind (Einsperren der Tochter), sondern auch dann, wenn sie zu dem erstrebten Erfolg der Eheschließung in keinem erträglichen Verhältnis stehen, wie z. B. die Drohung eines vermögenden Vaters gegenüber dem Sohn mit seiner Enterbung. Dagegen wird man die Drohung des verwitweten Vaters, erneut zu heiraten, wenn ihm der Sohn die gewünschte Schwiegertochter nicht ins Haus bringe, nicht als widerrechtliche Bestimmung zur Eheschließung ansehen können. 6. Wiederauftauchen eines fälschlich für tot erklärten Gatten Die Todeserklärung begründet bekanntlich die Vermutung, daß der für tot Erklärte gestorben und damit auch seine Ehe aufgelöst sei. Die erneute Eheschließung des zurückgebliebenen Ehegatten ist rechtswirksam (s. o. II, lb). Aber: Wenn der fälschlich für tot Erklärte wieder auftaucht, muß sein früherer Ehegatte die Möglichkeit haben, in die alte Ehe zurückzukehren. Deshalb erklärt § 39 I EheG in diesem Fall die neue Ehe für aufhebbar. IV. Erschöpfende Aufzählung Die Gründe, aus denen eine Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben werden kann, sind im Gesetz erschöpfend aufgezählt, §§ 16, 28 EheG. Weitergehende Vorschriften des Allgemeinen Teils sind damit ausgeschlossen. Also: Kein Angriff auf die Ehe in den Fällen einer dem Gegner bekannten Mentalreservation (§ 116 S. 2), der Scheinerklärung (§ 117) und der nicht ernstlichen Erklärung (§ 118). Auch § 138 macht eine Ehe nicht nichtig (Geldheirat!). Aber: Unsittliche oder gegen das Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft verstoßende Nebenabreden sind nichtig. 26
Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung
§ 5 V 3
Beispiel: Beide Ehegatten vereinbaren, daß die Eheschließung nur einem Kind den Status eines ehelichen Kindes verschaffen soll, im übrigen aber keine eheliche Gemeinschaft begründet, die Ehe vielmehr alsbald wieder geschieden werden soll.
V. Voraussetzungen, bei deren Fehlen zwar keine Ehe geschlossen werden darf, die die Gültigkeit der Eheschließung aber nicht berühren 1. Ehemündigkeit Eine Ehe soll nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden, § 1 I EheG. Da das Eheverbot die Gültigkeit einer trotzdem geschlossenen Ehe nicht berührt, besteht seine einzige Wirkung darin, daß der Standesbeamte die Trauung verweigern muß, wenn er die fehlende Ehemündigkeit eines Ehegatten feststellt. Von dem Eheverbot kann Befreiung erteilt werden, wenn der Antragsteller, gleichgültig, ob Mann oder Frau, das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein zukünftiger Ehegatte volljährig ist, § 1 II EheG. Bei der Befreiung, der sog. Ehemündigerklärttng, prüft das Vormundschaftsgericht in erster Linie, ob die beabsichtigte Ehe Bestand verspricht. Der Wunsch des geschwängerten Mädchens, das Kind in einer Ehe zur Welt zu bringen, wird häufig hinter einem solchen Antrag stehen, spielt bei der Entscheidung aber kaum eine Rolle. 2. Einwilligung des Personensorgeberechtigten Steht dem gesetzlichen Vertreter nicht gleichzeitig die Personensorge für den Minderjährigen zu (typischer Fall vor dem Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes : Vormund - uneheliche Mutter; heute selten), so ist auch die Einwilligung des Personensorgeberechtigten erforderlich, § 3 II EheG. Aber: Während die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters die Ehe aufhebbar macht, ist die fehlende Einwilligung des Personensorgeberechtigten auf die Wirksamkeit der Ehe ohne Einfluß. Außerdem kann die Einwilligung ersetzt werden, § 3 III EheG. 3. Keine Adoptivverwandtschaft oder -schwägerschaft Personen, die in einem solchen Grade miteinander verwandt oder verschwägert sind, daß sie einander nicht heiraten dürften, wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft auf einer blutmäßigen Abstammung beruhte ( § 4 1 EheG), sollen einander auch dann nicht heiraten, wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft auf einer Adoption beruht, § 7 I, 1 EheG. Also keine Heirat zwischen Adoptivvater und Adoptivtochter oder 27
§612
I. Abschnitt: Eherecht
zwischen Adoptivgeschwistern! Das Eheverbot gilt nur so lange, wie das Annahmeverhältnis besteht, § 7 I, 2 EheG. Von diesem Eheverbot kann das Vormundschaftsgericht Befreiung erteilen. Die Befreiung ist nur zu versagen, wenn wichtige Gründe der Eingehung der Ehe entgegenstehen, § 7 II EheG. Dazu, was wichtige Gründe sind, vgl. oben II, 2b. 4. Wartezeit Eine Ehefrau soll nicht vor Ablauf von 10 Monaten nach der Auflösung ihrer früheren Ehe eine neue Ehe eingehen, § 8 I EheG. Grund: Zweifel darüber, ob ein innerhalb dieser Frist geborenes Kind vom ersten oder zweiten Mann stammt, sollen vermieden werden.
Befreiung ist zulässig, § 8 II EheG. 5. Auseinandersetzungszeugnis des Vormundschaftsrichters Durch eine Eheschließung können Rechte eines Kindes aus erster Ehe oder eines nichtehelichen Kindes beeinträchtigt werden. Deshalb verlangt § 9 EheG die Vorlage eines Zeugnisses über eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung. 6. Fehlen eines Ehefähigkeitszeugnisses für Ausländer Die Voraussetzungen für eine Eheschließung richten sich nach deutschem IPR nach dem Heimatrecht der Eheschließenden. Da der deutsche Standesbeamte nicht das Recht aller Länder zu kennen braucht, wird von Ausländern verlangt, daß sie ein Zeugnis ihres Heimatlandes dafür beibringen, daß der Ehe kein Hindernis entgegensteht, § 10 EheG.
§ 6. Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe I. Die Nichtigerklärung 1. Vorläufige Wirksamkeit Bis zu ihrer Nichtigerklärung hat die nichtige Ehe im wesentlichen die Wirkungen einer gültigen Ehe. D. h.: Kinder aus einer solchen Ehe sind ehelich, es entstehen Unterhaltsansprüche und -pflichten, stirbt ein Ehegatte, so hat der andere ein Erbrecht (bei einer bigamischen Ehe des Mannes haben also bei seinem Tode beide Frauen ein Erbrecht!). 2. Klageberechtigung Klageberechtigt sind der Staatsanwalt, jeder Ehegatte (auch der Bösgläu28
Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe
§614
bige!), bei Doppelehe auch der Ehegatte der früheren Ehe. Wenn die Ehe aufgelöst ist, kann nur der Staatsanwalt die Klage erheben, § 24 I EheG. Sind beide Gatten gestorben, kann eine Nichtigkeitsklage nicht mehr erhoben werden, § 24 II EheG (wichtig für die Erben!). 3.
Verfahren
Die Nichtigkeitsklage gehört zu den „Ehesachen", § 606ff. ZPO. Das Verfahren in Ehesachen weist gegenüber dem gewöhnlichen Zivilprozeß Besonderheiten auf. So gibt es z. B. kein Versäumnisurteil, das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören, Ermittlungen können von Amts wegen angestellt werden. Das Urteil, das die Ehe für nichtig erklärt, ist ein Gestaltungsurteil. Beachte: Soll dieNichtexistenz einer Ehe festgestellt werden, so kann unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO (Feststellungsinteresse!) eine Feststellungsklage erhoben werden. Aber: Auf die Nichtexistenz einer Ehe kann man sich auch ohne ein entsprechendes Feststellungsurteil berufen. 4. Wirkungen der
Nichtigerklärung
Durch die Nichtigerklärung wird die Ehe vernichtet. Weil indessen Geschehenes nicht ungeschehen gemacht werden kann, hat die Nichtigerklärung nur in Ausnahmefällen andere Wirkungen als eine Ehescheidung. a) Kinder bleiben ehelich, §§ 1591, 1719. b) Vermögensrechtlich treten grundsätzlich dieselben Folgen ein wie bei einer Scheidung, § 26 I EheG . Nur dann, wenn ein Ehegatte die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt hat, also die Ehe böswillig geschlossen hat, kann der andere, gutgläubige Ehegatte für die Zukunft statt der Scheidungsfolgen die Nichtigkeitsfolgen wählen. Er kann binnen sechs Monaten nach der Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils erklären, daß die für den Scheidungsfall vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen für die Zukunft ausgeschlossen sein sollen, § 26 II EheG. Waren beide Ehegatten bei der Eheschließung bösgläubig, so bleibt es beim Grundsatz des Abs. 1, also bei der Maßgeblichkeit der Scheidungsfolgen. Beispiel: Ein verarmter und kranker Heiratsschwindler hat eine vermögende Frau geheiratet und dabei seine Bindung durch eine erste Ehe verschwiegen. Wird die Ehe für nichtig erklärt, so kann die Frau ihre Unterhaltspflicht durch eine Erklärung nach § 26 II EheG beenden.
Auch bei grundsätzlicher Geltung der Scheidungsfolgen ist eine Ausnahme zu beachten. Im Fall einer bigamischen Ehe nämlich hat der bösgläubige Ehegatte, also derjenige, der die Ehenichtigkeit bei der Eheschließung gekannt hat, insoweit keine Ansprüche auf Unterhalt und Versorgungsausgleich, als diese Ansprüche entsprechende Rechte des Ehegatten der früheren Ehe beeinträchtigen würden, § 26 III EheG. 29
§6114
I. Abschnitt: Eherecht
Beachte: Die Option des gutgläubigen Ehegatten für die Nichtigkeitsfolgen wirkt nur für die Zukunft. Vorgänge, die in der Vergangenheit liegen, können durch sie nicht mehr berührt werden. Deshalb hat die Nichtigerklärung auch auf Rechtsgeschäfte, die ein Ehegatte vor der Nichtigerklärung mit einem Dritten geschlossen hat, keinerlei Auswirkungen. 5. Statistik Ehenichtigkeitsurteile sind sehr selten. Ihre Zahl geht ständig zurück. Wurden im Jahre 1950 noch 834 Ehen für nichtig erklärt, so waren es im Jahre 1974 nur noch 37 (gegenüber 98 584 Ehescheidungen). II. Die Aufhebung der Ehe 1. Bis zur Aufhebung ist die aufhebbare Ehe voll gültig. 2. Klageberechtigung Klageberechtigt ist hier nicht der Staatsanwalt (kein öffentliches Interesse!), sondern nur der durch den Aufhebungsgrund geschützte Ehegatte: der beschränkt Geschäftsfähige, wenn er volljährig geworden ist (vorher: sein gesetzlicher Vertreter), der Irrende, der Getäuschte, der Bedrohte. 3.
Verfahren
a) Klagefrist: Die Aufhebungsklage kann nur innerhalb eines Jahres erhoben werden von dem Zeitpunkt an, in dem der Aufhebungsberechtigte von dem Aufhebungsgrund erfährt, bzw. die Klageerhebung ihm zugemutet werden kann (Beseitigung der Zwangslage!), § 35 I, II EheG. b) Ehesache: Auch die Klage auf Aufhebung einer Ehe ist eine Ehesache i. S. der §§ 606 ff. ZPO. Das Gericht kann von Amts wegen Ermittlungen anstellen, Tatsachen, die nicht vorgebracht worden sind, gegen den Willen des die Auflösung begehrenden Ehegatten jedoch nur insoweit berücksichtigen, als sie geeignet sind, der Aufrechterhaltung der Ehe zu dienen, § 616 ZPO. Das Urteil ist ein Gestaltungsurteil. 4. Wirkungen der Aufhebung Die Rechtsfolgen der Aufhebung sind regelmäßig dieselben wie die der Scheidung, § 37 I EheG. Zur ausnahmsweisen Ausschließung der Scheidungsfolgen durch den redlichen gegenüber dem bösgläubigen Ehepartner vgl. §§ 37 II, 39 II EheG. 30
Die eheliche Lebensgemeinschaft 5.
§711
Statistik
E b e n s o wie Ehenichtigkeitsurteile sind auch Aufhebungsurteile zunehmend seltener geworden. Wurden im Jahre 1950 noch 7 6 7 Ehen aufgehoben, so waren es im Jahre 1974 nur noch 73.
§ 7. Die eheliche Lebensgemeinschaft Ausgangsfälle: (1) Balduin und Kunigunde haben 1962 geheiratet. Sie wohnen in einem Haus, das Balduins Tante gehört. Diese Tante und Balduins Mutter wohnen ebenfalls in diesem Haus. Die Frauen vertragen sich nicht. Sie gehen sich aus dem Weg. Andererseits steht Balduin ganz unter dem Einfluß seiner Mutter und seiner Tante, bei denen er sich sehr häufig aufhält. Kann Kunigunde, die darunter leidet, von Balduin einen Wohnungswechsel verlangen? (2) Moritz und Frieda haben 1956 geheiratet. Im Jahre 1957 erhielt Moritz von seiner Mutter im Weg vorweggenommener Erbfolge ein Grundstück zu Eigentum übertragen. Auf diesem Grundstück bauten die Eheleute mit gemeinsamen Ersparnissen ein Wohnhaus. 1972 übertrug Moritz das Grundstück in einem „Ubergabevertrag" auf Frieda. Frieda wurde als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Kann nach der Scheidung seiner Ehe Moritz diese , Schenkung" widerrufen? (3) Der Fabrikant Fridolin heiratet 1960 seine kaufmännische Angestellte Beate. Beate arbeitet auch nach ihrer Eheschließung weiter nebenher im Betrieb mit schon deswegen, weil die Ertragslage zu wünschen übrig läßt. Ihre Haupttätigkeit besteht in der Buchführung. Zeitlich wird sie dadurch nicht allzusehr beansprucht. Sie ist auch an keine bestimmte Arbeitszeit gebunden. 1970 wird die Ehe geschieden. Nun verlangt Beate für ihre Mitarbeit während der Ehe eine Vergütung von 36 000 D M ( = 300 D M monatlich). Mit Recht? D u r c h die Eheschließung wird zwischen den Ehegatten ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet. Die Ehegatten werden zu der „ehelichen Lebensgemeinschaft" verbunden. Daraus ergeben sich für sie sowohl Rechte als auch Pflichten. A u c h nach außen hin wird diese Gemeinschaft, insbesondere durch den gemeinsamen Ehenamen, als solche erkennbar. I. N a m e und Staatsangehörigkeit 1. Der
Name
Die Familie führt einen gemeinsamen N a m e n . Dieser E h e - und Familienname war gem. § 1355 a. F . der N a m e des Mannes. Die Frau konnte allerdings dem N a m e n des Mannes ihren Mädchennamen hinzufügen. Die Vorschrift wurde schon vor dem Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes von vielen für gleichberechtigungs- und damit verfassungs31
§ 7 1 1
I. Abschnitt: Eherecht
widrig gehalten. Das 1. EheRG hat diesen Bedenken Rechnung getragen. Nach § 1355 n. F. bestimmen die Ehegatten bei der Eheschließung, welchen gemeinsamen Namen (Ehenamen) sie führen wollen, wobei zum gemeinsamen Namen der Geburtsname des Mannes oder der Geburtsname der Frau bestimmt werden kann. Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde der Verlobten zur Zeit der Eheschließung einzutragen ist, § 1355 II, 3. Damit ist folgendes gemeint: Im Geburtenbuch werden Namensänderungen des Kindes, die auf einer Legitimation, einer Adoption, einer behördlichen Namensänderung, einer Namensänderung der Mutter usw. beruhen, als Randvermerke eingetragen, § 30 PStG. Wird eine Geburtsurkunde ausgestellt, so ist der Name einzutragen, den das Kind zur Zeit der Ausstellung der Urkunde als Geburtsname führt. Ist also das Kind der Eheleute Meier von dem Ehepaar Huber adoptiert worden, so lautet nach der Adoption der Geburtsname des Kindes nicht mehr Meier, sondern Huber. Beachte: Eine Eheschließung läßt den Geburtsnamen unberührt. Der Standesbeamte soll die Verlobten vor der Eheschließung befragen, ob sie eine Erklärung darüber abgeben wollen, welchen Ehenamen sie führen werden, § 13 a EheG. Geben sie keine Erklärung ab, so wird der Geburtsname des Mannes zum Ehenamen, § 1355 II, 2. Offenbar schließt das Gesetz hier aus dem Herkommen auf einen vermutlichen Willen der Ehegatten. Derjenige Ehegatte, dessen Geburtsname nicht zum Ehenamen wird, kann seinen Namen, und zwar entweder seinen Geburtsnamen oder den Namen, den er zur Zeit der Eheschließung zuletzt geführt hat, dem Ehenamen voranstellen (also nicht mehr, wie früher, anfügen), § 1355 III. Beispiel: Wenn das Fräulein Meier zuerst einen Herrn Huber geheiratet und dessen Namen übernommen hat und nach dessen Tod einen Herrn Bauer und bei dieser Eheschließung vereinbart hat, daß der Name Bauer der Ehename werden soll, so kann die Ehefrau diesem Namen entweder den Namen Meier voranstellen oder den Namen Huber. Sie heißt dann, je nachdem, entweder Meier-Bauer oder Huber-Bauer. Nach früherem Recht behielt die Ehefrau nach dem Tod des Mannes dessen Namen bei. Nur nach einer Ehescheidung konnte sie ihren Geburtsnamen, unter Umständen auch einen früheren Ehenamen wieder annehmen. Nach neuem Recht kann auch ein verwitweter Ehegatte durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er zur Zeit der Eheschließung geführt hat, § 1355 IV. Hat sich im obigen Beispielsfall die Frau Bauer, geb. Meier, verwitwete Huber, für den Namen Huber-Bauer entschieden, so hat sie nach dem Tod ihres Mannes drei Möglichkeiten: Sie kann den Namen Huber-Bauer beibehalten, sie kann ihren Geburtsnamen Meier wieder annehmen oder sie kann sich für den Namen Huber entscheiden, den sie bis zu ihrer Eheschließung mit Herrn Bauer geführt hat. 32
Die eheliche Lebensgemeinschaft
§ 7 III 1
2. Staatsangehörigkeit Nach § 6 RuStAG i. d. F. des Gesetzes vom 19. 8. 1957 hatten Ausländerinnen, die einen Deutschen heirateten, einen Anspruch auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestanden Zweifel. Es wurde gefordert, auch dem Ausländer, der eine Deutsche heirate, einen Anspruch auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu geben. Der Gesetzgeber hat diesen Bedenken durch das Gesetz vom 8. 9. 1969 Rechnung getragen, zugleich aber die Einbürgerung sowohl für Ehemänner als auch für Ehefrauen erschwert, um Eheschließungen nur zum Zweck des Staatsangehörigkeitserwerbs (sog. Staatsangehörigkeitsehen) einen Riegel vorzuschieben (typischer Fall: ausländische Dirnen heiraten ihren deutschen Zuhälter und machen dann ihren Rechtsanspruch auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit geltend, um einer Ausweisung zu entgehen). Eine Einbürgerung ist nunmehr nur noch unter den Voraussetzungen des § 6 RuStAG möglich ( § 9 1 RuStAG n. F.), d. h. der Antragsteller muß einen unbescholtenen Lebenswandel geführt, an dem Ort seiner Niederlassung eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden haben und muß außerdem imstande sein, an diesem Ort sich und seine Angehörigen zu ernähren. II. Erb- und Pflichtteilsrechte und sonstige Nebenfolgen 1. Mit der Eheschließung werden beide Ehegatten gegenseitig erb- und pflichtteilsberechtigt, § 1931, § 2303 II. 2. Ehegatten sind Angehörige i. S. des Strafgesetzbuches, § 11 I Nr. 1 a StGB (wichtig insbesondere im Fall des § 35 StGB). Sie haben ein Zeugnisund Gutachtenverweigerungsrecht; vgl. etwa § 383 ZPO, § 52 StPO. III. Die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft 1. Die Ehe verpflichtet beide Ehegatten zur Herstellung einer vollen Lebensgemeinschaft, § 1353 I, 2. a) Volle Lebensgemeinschaft heißt geistige Gemeinschaft und körperliche Gemeinschaft, häusliche Gemeinschaft und Geschlechtsgemeinschaft. Jeder Ehegatte ist verpflichtet, alle Hindernisse zu beseitigen, die dieser ehelichen Lebensgemeinschaft entgegenstehen. Beispiel: Die Ehegatten haben Schwierigkeiten beim ehelichen Verkehr, die durch eine Operation beseitigt werden können. Hier ist der betreffende Ehegatte gemäß § 1353 verpflichtet, diese Operation vornehmen zu lassen, wenn zu erwarten ist, daß durch die Operation eine Zerrüttung der Ehe behoben oder vermieden wird und eine volle, wahre eheliche Gemeinschaft ermöglicht wird (BGH, FamRZ 1967, 33).
33
§ 7 III 2
I. Abschnitt: Eherecht
b) Häusliche Gemeinschaft bedeutet gemeinschaftlichen Wohnsitz. Nach früherem Recht teilte die Ehefrau kraft Gesetzes den Wohnsitz des Mannes, § 10 a. F. B G B . Heute müssen sich die Ehegatten einigen, wo der Wohnsitz sein soll. Dabei können objektive Umstände eine Rolle spielen. So wird etwa, wenn nur ein Ehegatte einen Beruf ausübt, der Wohnsitz grundsätzlich dort zu nehmen sein, wo der Ehegatte erwerbstätig ist. Nach der Aufhebung des § 10 a. F. sind jedoch auch getrennte Wohnsitze möglich (sie sind dann nicht selten, wenn beide Ehegatten berufstätig sind). Wie die Möglichkeit getrennter Wohnsitze allerdings in Einklang mit dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft gebracht werden kann, ist eine ungeklärte Frage. c) Jeder Ehegatte hat ein Recht zum Mitbesitz an der Ehewohnung, auch wenn die Wohnung im Alleineigentum eines Ehegatten steht. Auch dieses Besitzrecht ergibt sich unmittelbar aus dem Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft. Die Konstruktion eines stillschweigenden Gebrauchsüberlassungsvertrages, deren sich der B G H einmal bediente ( B G H Z 12, 380), ist gekünstelt und überflüssig; vgl. Gernhuber, Das eheliche Vermögensrecht und die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, FamRZ 1959, 469. Problem: Kann ein Ehegatte die Ehewohnung ohne weiteres kündigen oder (bei Wohnungseigentum) veräußern? Ist z. B. der Ehemann alleiniger Mieter oder Eigentümer, so ist die Kündigung oder die Veräußerung wirksam. Die Frau kann sich dem Vermieter oder dem Erwerber gegenüber nicht auf ihr Besitzrecht berufen. Aber: Die Kündigung oder die Veräußerung kann gegen § 1353 verstoßen. Kein Ehegatte darf dem anderen die Lebensgrundlagen unzumutbar beschneiden. Die Frau kann gegen den Ehemann eine Unterlassungsklage erheben oder eine einstweilige Verfügung erwirken; vgl. Staudinger-Felgentraeger, Vorbem. 26 vor § 1414. 2. Wegfall der Verpflichtung
zu ehelicher
Lebensgemeinschaft
Ein Ehegatte braucht dem Verlangen des anderen nach Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht Folge zu leisten: a) wenn sich dieses Verlangen als Mißbrauch darstellt, § 1353 II, 1. Alt.; Beispiel: Der Mann ist geschlechtskrank und verlangt von der Frau den ehelichen Verkehr. b) wenn die Ehe gescheitert ist, § 1353 II, 2. Alt., m. a. W. die Scheidung beantragt werden könnte; c) wenn eine einstweilige Anordnung des Gerichts, die in einem Nichtigkeits-, Aufhebungs- oder Scheidungsprozeß ergangen ist, das Getrenntleben gestattet (§ 620 Ziff. 5 ZPO). 34
Die eheliche Lebensgemeinschaft
§ 7 IV 1
3. Auf die Feststellung des Rechts zum Getrenntleben kann werden; vgl. O L G Bremen, FamRZ 1978, 775.
geklagt
IV. Gemeinschaftliche Angelegenheiten und eigener Bereich 1. Gemeinschaftliche
Angelegenheiten
Es gibt kaum Dinge in einer Ehe, die nicht mehr oder weniger beide Ehegatten angehen. Andererseits verlangt die Individualität eines jeden Ehegatten ihren eigenen Entfaltungsraum. Eine Abgrenzung zwischen diesem höchstpersönlichen und dem gemeinschaftlichen Bereich läßt sich nur schwer treffen. In etwa kann man sagen, daß eine Angelegenheit gemeinschaftlich ist, wenn sie einen deutlich fühlbaren Einfluß auf die Gestaltung des ehelichen Lebens auszuüben vermag, dergestalt, daß ein Mitspracherecht des anderen Ehegatten als richtig und notwendig empfunden wird (Dolle I, § 34 III, 1). Dazu gehört etwa die Bestimmung von Wohnort und Wohnung. Weitere gemeinschaftliche Angelegenheiten sind der Zuschnitt des Haushalts und insbesondere auch die Erziehung der Kinder. Uber alle gemeinschaftlichen Angelegenheiten entscheiden die Ehegatten gemeinsam. § 1354 a. F., der die Entscheidungsbefugnis dem Mann übertrug, ist durch den Gleichberechtigungsgrundsatz außer Kraft gesetzt und vom Gleichberechtigungsgesetz ersatzlos gestrichen worden. Das bedeutet: Nach geltendem Recht kann kein Ehegatte einen Streit über eine gemeinschaftliche Angelegenheit durch eine einseitige Entscheidung beenden. Vielmehr sind die Ehegatten gehalten, sich um eine Einigung zu bemühen. Daß sie dabei auf die Meinung des anderen Rücksicht nehmen müssen, ergibt sich aus § 1353, der Generalklausel des Eherechts. Für die Einigung gibt es keinen Ersatz. Weder hat ein Ehegatte das Recht eines sog. Stichentscheids - noch im Regierungsentwurf des Gleichberechtigungsgesetzes war ein solcher Stichentscheid des Mannes vorgesehen; Begründung: abendländische Tradition! - , noch kann - grundsätzlich - das Vormundschaftsgericht den Streit durch eine Entscheidung schlichten. Der Ehegemeinschaft muß zugemutet werden, daß die Lebenspartner sich über gemeinschaftliche Fragen verständigen, ohne daß einem von ihnen oder gar einem Dritten eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt wird. Verträgt die konkrete Ehe die Entscheidungslosigkeit nicht, so bleibt als ultima ratio nur die Scheidung (Dölle I, § 34 I, 1 b). Der Grundsatz, daß das Vormundschaftsgericht keine Möglichkeit hat, Ehestreitigkeiten zu entscheiden, erleidet eine Ausnahme dort, wo es um die Angelegenheiten eines Kindes geht. Hier dürfen die Eltern nicht auf die Scheidung als ultima ratio verwiesen werden. Vielmehr soll die Ehe der Eltern im Interesse des Kindes gerade intakt bleiben. Freilich muß das Vormundschaftsgericht in einem solchen Fall nicht stets eine Entscheidung 35
§ 7 IV 3
I. Abschnitt: Eherecht
treffen. Es wird zunächst prüfen, ob die Angelegenheit wichtig genug ist, einen gerichtlichen Eingriff zu rechtfertigen. Ist das der Fall, so kann das Vormundschaftsgericht einem Ehegatten die Entscheidung übertragen, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, § 1628 I, 1. 2. Der eigene Bereich Im eigenen Bereich ist grundsätzlich jeder Ehegatte autonom: Religion, Weltanschauung, politische Betätigung, berufliche Tätigkeit, aber auch Kleidung und Frisur (Bart oder kein Bart?) sind Dinge, in denen jeder Ehegatte allein entscheidet und jedenfalls grundsätzlich auch allein entscheiden kann. In Extremfällen (Universitätsprofessor beschließt, Gammler zu werden) können eigene Angelegenheiten aber wieder zu gemeinschaftlichen Angelegenheiten werden, insbesondere wenn sie die gemeinschaftliche Lebensform berühren. Zum eigenen Bereich gehört auch die Verwaltung des eigenen Vermögens. Aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft wird aber die Pflicht abgeleitet, daß die Ehegatten sich gegenseitig über den Bestand ihres Vermögens unterrichten. Sie haben wohlgemerkt keine Auskunftsansprüche im rechtstechnischen Sinn. Sie können nicht Rechnungslegung fordern. Sie können nur verlangen, daß der Ehepartner sie darüber unterrichtet, wie sich sein Vermögen im wesentlichen zusammensetzt. Wenn also ein Ehegatte jede Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse verweigert, dann verletzt er die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft; vgl. BGH FamRZ 1976, 516. 3. Die Führung des Haushalts Nach früherem Recht erstreckte sich die Entscheidungsbefugnis des Mannes auch auf die Führung des Haushalts. Das Gleichberechtigungsgesetz wies die Haushaltsführung dem eigenen Bereich der Frau zu. Danach führte die Frau den Haushalt ,,in eigener Verantwortung". Der Mann hatte lediglich noch das Wirtschaftsgeld zur Verfügung zu stellen. Diese Lösung entsprach dem Typ der Hausfrauenehe. Sie trug - in diesem Bereich - dem Gleichberechtigungsgebot Rechnung. In der Tat läßt es sich mit dem Gedanken der Gleichberechtigung durchaus vereinbaren, daß dann, wenn der Mann berufstätig ist und die Frau nicht, sie in Fragen der Haushaltsführung allein entscheidet. Der Gesetzgeber kann aber - angesichts des Gleichberechtigungsgrundsatzes - diese Funktionsverteilung den Ehegatten nicht zwingend vorschreiben. Die Ehegatten müssen sich auch dahin entscheiden können, daß die Frau berufstätig ist und der Mann den Haushalt führt. Dem entspricht es, wenn nunmehr das 1. Eherechtsreformgesetz es den Ehegatten überläßt, die Haushaltsführung in gegenseitigem Einvernehmen 36
Die eheliche Lebensgemeinschaft
§ 7 IV 5
zu regeln. Die Ehegatten können - sie müssen es nicht - sich dahin einigen, daß ein Ehegatte die Haushaltsführung übernehmen soll. In diesem Fall leitet dann dieser Ehegatte, sei es der Mann oder sei es die Frau, den Haushalt in eigener Verantwortung, § 1356. Einigen sich die Ehegatten nicht, so gibt es niemanden, der den Haushalt „führt". Hier greift dann die Generalklausel des § 1353 ein. Beide Ehegatten müssen dazu beitragen, daß ihr Haushalt nicht verkommt. Welche Rechtsnatur eine Einigung der Ehegatten über die Haushaltsführung hat (Realakt, geschäftsähnliche Handlung oder Rechtsgeschäft), ist ungeklärt, desgleichen, welche Folgen ein Bruch einer getroffenen Vereinbarung hat. Schadensersatzansprüche sollten jedenfalls ausgeschlossen sein (a. A. Diederichsen, NJW 1977, 217, 219). Statt ihrer bietet sich die Herstellungsklage an (s. u. § 10 I). 4. Das Recht eines jeden Ehegatten
auf
Berufstätigkeit
Es entsprach dem Leitbild der Hausfrauenehe, wenn das frühere Recht die Berufstätigkeit des Mannes als selbstverständlich unterstellte und nur eine Berufstätigkeit der Frau regeln zu müssen glaubte. Die Frau sollte wohlgemerkt noch nach dem Gleichberechtigungsgesetz - nur erwerbstätig sein dürfen, wenn und soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Das 1. Eherechtsreformgesetz hat diese offensichtlich verfassungswidrige Regelung beseitigt: Nunmehr wird beiden Ehegatten ein Recht auf Erwerbstätigkeit zugestanden, bei beiden jedoch verbunden mit der Verpflichtung, bei der Wahl und Ausübung der Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen, § 1356. Praktisch heißt das etwa: Sind beide Ehegatten berufstätig, so sollen sie nach Möglichkeit versuchen, am gleichen Ort ihre Tätigkeit auszuüben. Oder: Betreibt ein Ehegatte ein kleines Ladengeschäft, das wirtschaftlich nur geführt werden kann, wenn der andere Ehegatte dabei mithilft, so widerspricht es der gebotenen Rücksichtnahme, wenn dieser seine Mitarbeit verweigert und eine andere Erwerbstätigkeit aufnimmt (es sei denn, daß durch seine Tätigkeit der Unterhalt der Familie besser gewährleistet wird als durch das Ladengeschäft). Oder: Man weiß heute, daß Kinder psychische Schäden davontragen können, wenn ihnen in ihren ersten Lebensmonaten die Mutter fehlt. Auch das sollte die Mutter bei der Berufswahl berücksichtigen, wobei flankierende Maßnahmen auf dem Gebiet des Mutterschutzes ihr die Entscheidung leicht machen sollten. 5. Verträge
zwischen
Ehegatten
Ehegatten können wie unverheiratete Personen Verträge miteinander schließen: Kaufverträge, Schenkungsverträge, Geschäftsbesorgungsver37
§7
IV 5
I. Abschnitt: Eherecht
träge, Arbeitsverträge, Gesellschaftsverträge. Eine Sonderstellung nehmen die Güterverträge ein. Von ihnen wird später die Rede sein. Problematisch sind diese Verträge oft deswegen, weil die Ehegatten ein bestimmtes Verhaken zunächst nicht rechtsgeschäftlich qualifizieren und erst später, im Konfliktfall, einen Vertragsabschluß behaupten. Schwierigkeiten tauchen ferner dann auf, wenn familienrechtliche und angebliche - vertragliche Beziehungen miteinander konkurrieren, wenn z . B . eine Arbeitspflicht sich sowohl aus dem Familienrecht ergibt als auch aus einem - angeblich geschlossenen - Dienst-, Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag. Die Konkurrenz kann praktische Bedeutung haben, wenn es um das Entgelt geht. Das Vertragsrecht wird oft auch deswegen bemüht, weil die Ehegatten über die güterrechtlichen Verhältnisse irrige Auffassungen haben. Viele glauben, daß der gesetzliche Güterstand, die sog. Zugewinngemeinschaft, eine echte Gütergemeinschaft sei. Diese Auffassung ist jedoch falsch (s. u. § 11 II). Haben die Ehegatten in der Annahme, daß das beiderseitige Vermögen gemeinschaftlich sei, in einem konkreten Fall darauf verzichtet, ausdrücklich Miteigentum zu vereinbaren, so kann häufig nur mit Hilfe schuldrechtlicher Konzeptionen das von beiden Ehegatten ursprünglich gewollte Ergebnis erreicht werden. Beispiel: Die Ehegatten legen ihre Ersparnisse zusammen und kaufen oder bauen gemeinschaftlich ein Haus. Kein Zweifel, daß die Ehegatten das Haus gemeinschaftlich kaufen und daran Bruchteilseigentum begründen können! Wie steht es aber, wenn nur ein Ehegatte als Käufer in Erscheinung tritt? Hier wird man annehmen können, daß dann, wenn die Ehegatten sich einig waren, das Haus gemeinschaftlich erwerben zu wollen, der Ehegatte, der als Käufer aufgetreten ist, nach Auftragsvorschriften verpflichtet ist, dem anderen Ehegatten das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herauszugeben, d. h. ihm Miteigentum zu verschaffen (vgl. BGH, FamRZ 1960, 58). Baut der Ehegatte ein Haus auf seinem Grundstück unter Verwendung von Ersparnissen seiner Frau, wird man die gleiche Konstruktion verwenden. Die Ehegatten betrachten den Hausbau als ihre gemeinschaftliche Sache. Beide wollten wohl auch letzlich mitberechtigt sein. Zwar trat nach außen hin nur der Mann als Bauherr auf. Im Innenverhältnis war er jedoch Beauftragter. Das Alleineigentum, das er zunächst erlangt, ist mehr, als ihm zufallen soll. Ein Miteigentumsanteil gebührt der Frau. Diesen hat er darum gem. § 667 an die Frau herauszugeben. Dabei bestimmt sich die Größe des Anteils mangels einer entsprechenden Vereinbarung nach dem Verhältnis der beiderseitigen Aufwendungen; vgl. Henrich, FamRZ 1975, 533. Nicht tragfähig ist die Begründung des BGH, der in einem solchen Fall daraus, daß der Bau eine Gemeinschaftsleistung sein sollte, die Anwendbarkeit der §§ 741 ff. BGB hergeleitet und erklärt hat, nach § 742 stünden den Ehegatten gleiche Anteile zu (BGH, FamRZ 1969, 78). Mit Hilfe der §§ 741 ff. kann nämlich nicht die Entstehung von Miteigentum begründet werden. Diese Vorschriften setzen vielmehr das Bestehen von Miteigentum bereits voraus. 38
Die eheliche Lebensgemeinschaft
§ 7 V1
Beachte: Macht ein Ehegatte dem anderen eine Zuwendung, so ist Rechtsgrund der Zuwendung entweder eine gesetzliche Verpflichtung (z. B. die Unterhaltspflicht) oder ein Rechtsgeschäft (z. B. Schenkung). Die Ehe als solche ist kein Rechtsgrund. Wird darum die Ehe aufgelöst, kann aus diesem Umstand kein Bereicherungsanspruch hergeleitet werden ( B G H , J R 1977, 22). In Ausnahmefällen kann jedoch ein Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen, wenn eine Zuwendung im Vertrauen auf den Fortbestand der ehelichen Gemeinschaft erfolgte, freilich nur dann, wenn die gesetzlichen Regelungen des Zugewinnausgleichs nicht zu einem billigen Vermögensausgleich führen ( B G H , D B 1977, 1181). Die Herleitung dieses Anspruchs aus § 242 setzt einen auf andere Weise nicht zu beseitigenden unerträglichen Rechtszustand voraus.
V. Mitarbeit eines Ehegatten im Geschäft des anderen 1. § 1356 II a. F. verpflichtete jeden Ehegatten, im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten mitzuarbeiten, soweit dies nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten lebten, der Ublichkeit entsprach. Das 1. Eherechtsreformgesetz hat diese Vorschrift beseitigt. In der Sache hat sich dadurch nicht viel geändert. Die Lücke, die der Gesetzgeber mit der Streichung aufgerissen hat, wird durch § 1353 geschlossen. Die Probleme, die unter der Geltung des § 1356 II a. F. diskutiert wurden, sind zum großen Teil geblieben. Zwei Fragen sind nach wie vor zu beantworten: Unter welchen Umständen ist ein Ehegatte verpflichtet, im Betrieb des anderen mitzuarbeiten? Und: Steht ihm dafür ein Entgelt zu? Früher machte man—in Anlehnung an den Gesetzeswortlaut - die Pflicht zur Mitarbeit von ihrer Üblichkeit abhängig. Heute wird man aus der bloßen Ublichkeit keine Verpflichtung mehr ableiten können. Entscheidend sind zwei andere Gesichtspunkte: dizSicherungd.es Familienunterhalts und die in § 1356 n. F. ausdrücklich gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie. Kann z.B. ein kleines Ladengeschäft oder ein landwirtschaftlicher Betrieb nur wirtschaftlich geführt werden, wenn beide Ehegatten zusammenarbeiten oder fehlt einem Ehegatten geeignetes Personal für eine Vertrauensstellung, die der Partner ausfüllen könnte, so sind die jeweiligen Ehepartner aufgrund ihrer Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, sowie aufgrund des Gebots zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils zur Mitarbeit verpflichtet, wenn nicht triftige Gründe entgegenstehen, vgl. B G H , DB 1974, 1957. Triftige Gründe, die Mitarbeit zu verweigern, kann etwa ein Ehegatte haben, der bereits eine andere Berufstätigkeit ausübt. Er kann nicht ohne weiteres verpflichtet sein, seinen eigenen Beruf aufzugeben. Hier sind widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen. 39
§ 7 V 2
I. Abschnitt: Eherecht
Früher wurde vielfach angenommen, bei der „üblichen" Mitarbeit von Ehegatten handle es sich stets um eine weisungsgebundene Hilfstätigkeit (BGH, FamRZ 1963,281; 1967, 618). Diese Auffassung widersprach schon damals nicht nur dem Gedanken der gleichberechtigten Partnerschaft (vgl. Soergel-Lange, § 1356 Bern. 18), sondern auch der Realität. Richtig war und ist, daß die Mitarbeit des Ehegatten sowohl weisungsgebunden als auch gleichgeordnet oder leitend sein kann. 2. Sehr umstritten war und ist noch immer, ob und wenn ja, wann für diese Mitarbeit ein Entgelt beansprucht werden kann. § 1356 II a. F. schwieg zu diesem Punkt. In Rechtsprechung und Literatur herrscht Streit. Einig ist man sich lediglich darin, daß Ehegatten ein Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis vereinbaren können, das als Ausgleich für die Mitarbeit Lohn- oder Gewinnansprüche entstehen läßt. Gesellschaftsverträge werden vornehmlich geschlossen, wenn Ehegatten ein Handelsgeschäft betreiben (OHG, KG). Arbeitsverträgen liegen weniger steuerliche Erwägungen zugrunde (meist führt das Splitting zu einem niedrigeren Steuersatz als die getrennte Veranlagung bei Anerkennung von Arbeitsverhältnissen) als vielmehr sozialversicherungsrechtliche Vorteile (Erwerb sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche bei Krankheit, Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, sowie auf Altersrente). Was aber soll geschehen, wenn es an einer ausdrücklichen - schuldrechtlichen - Vereinbarung fehlt? Die Gerichte bejahen nicht selten einen stillschweigenden Vertragsabschluß. Meist soll auf diese Weise der Ehefrau, die im Geschäft des Mannes mitgearbeitet hat, eine Gewinnbeteiligung verschafft werden. Weil sich zur Befriedigung dieses Anliegens das Gesellschaftsrecht eher eignet als das Arbeitsrecht, wird ein konkludenter Abschluß eines Arbeitsvertrages selten, ein konkludenter Abschluß eines Gesellschaftsvertrages dagegen recht häufig behauptet. Die Rechtsprechung läßt diese Behauptung gelten, wenn ein besonderer, über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehender Gesellschaftszweck nachgewiesen wird (z.B. „durch beiderseitige Arbeit und Hingabe wirtschaftlicher Mittel . . . das Geschäft zur Entfaltung zu bringen"; BGH, FamRZ 1960, 105, 107 und öfter; zuletzt BGH, DB 1974, 1956). Gegen diese Lösung wird eingewandt, wenn ein Ehegatte im Geschäft des anderen mitarbeite, fehle regelmäßig bei den beiden der Wille, sich rechtsgeschäftlich zu binden. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Bindungswille sei aber Grundbedingung für die Annahme eines Vertragsverhältnisses (Gernhuber, § 20 II 3; Fe««, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger [1970], 212). Daran ist richtig, daß es in der Tat nicht angeht, den stillschweigenden Willen der Ehegatten durch einen hypothetischen Willen zu ersetzen. Andererseits geht es aber zu weit, dem mitarbeitenden Ehegatten grundsätzlich den Bindungswillen abzusprechen. Ein Ehegatte, der im 40
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§ 7 V2
Geschäft des anderen mitarbeitet, will - heute öfter als früher - dabei auch Rechtsansprüche erwerben, notfalls durchsetzbare Ansprüche auf Beteiligung am erwirtschafteten Gewinn. Daß er sich über die rechtliche Qualifizierung dieses Anspruchs keine Gedanken macht, darf ihm nicht schaden. Es genügt, wenn sich das Verhaken der Eheleute eindeutig einem bestimmten Vertragsverhältnis zuordnen läßt. Als solches Vertragsverhältnis kommt wegen seiner größeren Flexibilität ein Gesellschaftsvertrag eher in Frage als ein Arbeitsvertrag. Im übrigen ist gegenüber der Annahme eines stillschweigenden Arbeitsvertrages deswegen Vorsicht geboten, weil ein solches Arbeitsverhältnis sich auch zum Nachteil des mitarbeitenden Ehegatten auswirken kann: Sein Vergütungsanspruch kann von Gläubigern gepfändet werden (vgl. in diesem Zusammenhang § 850h II ZPO: Bei unentgeltlichen oder geringfügig vergüteten Verwandten-Beschäftigungsverhältnissen wird zugunsten zwangsvollstreckender Gläubiger eine angemessene Vergütung fingiert!), er muß Lohnsteuer zahlen, es müssen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden usw. In den Fällen eines stillschweigend abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages wird regelmäßig eine sog. Innengesellschaft vorliegen (Kennzeichen: kein Gesamthandsvermögen, Geschäfte werden nach außen im Namen eines Gesellschafters geschlossen und gehen lediglich nach innen für Rechnung der Gesellschaft); vgl. als Beispielsfall OLG Karlsruhe, FamRZ 1973, 649 mit Anm. Fenn. Eines ist allerdings zu bedenken: Viele Eheleute werden die Grundlage für ihren Rechtsanspruch im Familienrecht vermuten. Deswegen kann es bei ihnen am Bewußtsein fehlen, eine - schuldrechtliche — Sonderverbindung einzugehen. Fehlt es an einem Vertrag, so soll nach h. M. der mitarbeitende Ehegatte kein Entgelt beanspruchen können. Das Familienrecht, so sagt man, kennt keinen Ausgleich für geleistete Mitarbeit. Ein Ausgleich zwischen den Ehegatten soll - freilich nur im gesetzlichen Güterstand - erst bei Auflösung der Ehe (bzw. des Güterstandes) erfolgen; vgl. BGHZ 46, 385. Dem steht eine in der Literatur verbreitete Auffassung gegenüber, die dem mitarbeitenden Ehegatten auch bei Fehlen eines Vertrages einen Ausgleichsanspruch gewähren will. Das Eheverständnis der Gegenwart, so wird gesagt, verlange eine Beteiligung des mitarbeitenden Ehegatten, wenn die gemeinsame Arbeit von Erfolg gekrönt ist. Den Ehegatten zu einer solchen Beteiligung zu verhelfen, sei Aufgabe des Familienrechts, Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch sei § 1353 (so vor allem Gernhuber, § 20 II und FamRZ 1959, 465ff.). Frage: Wird nicht der gesetzliche Güterstand aufgeweicht, wenn dem mitarbeitenden Ehegatten neben dem Anspruch auf Ausgleich des Zuge41
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I. Abschnitt: Eherecht
winns noch ein zusätzlicher Anspruch auf Gewinn eingeräumt wird? Kann dem mitarbeitenden Ehegatten aus einer familienrechtlichen Norm ein vermögensrechtlicher Anspruch zugesprochen werden, welcher der ausschließlich im Haushalt tätigen Frau in jedem Fall versagt bleiben muß (vgl. Fenn, a. a. O., S. 224f.; Dölle I, § 64 III)? Antwort: Der güterrechtliche Ausgleichsanspruch und der Ausgleichsanspruch für geleistete Mitarbeit haben verschiedene Zwecke. Beim ersten geht es nicht darum, der Frau eine Beteiligung am „miterarbeiteten" Gewinn zu verschaffen, sondern sie dafür zu entschädigen, daß sie-wegen der Führung des Haushalts - auf einen Erwerb verzichtet hat. Deswegen spielt es für den güterrechtlichen Ausgleich keine Rolle, ob und inwieweit der ausgleichsberechtigte Ehegatte im einzelnen Fall zur Erzielung des Gewinns beigetragen hat (Dölle I, § 48 II). Demgegenüber soll der Ausgleichsanspruch für geleistete Mitarbeit ,,die gerechte Verteilung der in gemeinsamer Arbeit beider Gatten geschaffenen Werte" gewährleisten (Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand [1970], 184). Wegen dieser verschiedenen Zielsetzung schließen sich die beiden Ausgleichsansprüche gegenseitig nicht aus. Es bleibt somit nur die Frage nach dem Rechtsgrund des Anpruchs. Ihn auf § 1353 zu stützen, schafft Unbehagen. Mehr leuchtet Liebs Vorschlag ein (a. a. O., S. 187), die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften analog anzuwenden; denn schließlich handelt es sich auch bei der Ehegattenmitarbeit um eine gemeinsame Zweckverfolgung, um eine gemeinsame, Werte schaffende Tätigkeit. VI. Hinweise für die Lösung der Ausgangsfälle 1. Fall: Lies Abschnitt III 1 b und Abschnitt IV 1. Es handelt sich um eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Die Ehegatten müssen sich einigen. Kunigunde hat nur einen Anspruch darauf, daß Balduin sich unter Würdigung der von ihr vertretenen Auffassung redlich um eine Einigung bemüht; vgl. O L G Düsseldorf, FamRZ 1969, 153 und Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 5. 2. Fall: Lies Abschnitt IV 5. Es geht um die rechtliche Qualifikation des „Übergabevertrags". Dieser kann nicht als eine reine Schenkung angesehen werden. Vielmehr gebührte der Frieda von Anfang an ein Miteigentumsanteil nach den Vorschriften des Auftragsrechts. Eine Schenkung liegt nur bezüglich des zunächst dem Moritz zustehenden Miteigentumsanteils vor. Nur diesen Anteil kann darum Moritz unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückverlangen. Vgl. BGH, FamRZ 1969, 78 und FamRZ 1972, 201, sowie Henrich, FamRZ 1975, 533. 3. Fall: Lies Abschnitt V. Beate war zur Mitarbeit verpflichtet (kleinerer Fabrikationsbetrieb mit ungünstiger Ertragslage). Darauf kommt es jedoch nicht an. Nach h. M. ist zu fragen: Wurde zwischen den Ehegatten ein Vertrag geschlossen? Diese Frage ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Insbesondere kann aus bloßer Mithilfe
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Vermögensrechtliche Außenwirkungen
§812
noch nicht auf den stillschweigenden Abschluß eines Gesellschaftsvertrages geschlossen werden. Damit kann Beate für ihre Mitarbeit - jedenfalls nach herrschender Meinung- kein Entgelt beanspruchen; vgl. Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 7.
§ 8. Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft I.
Eigentumsvermutungen
1. Ein Ehemann zahlt seine Schulden nicht. Der Gerichtsvollzieher kommt und pfändet ein Gemälde „Kahnfahrt im Mondenschein". Die Frau widerspricht der Pfändung und erklärt: „ D a s Bild gehört m i r . " Rechtslage? Für den Gläubiger eines Ehegatten ist es praktisch ausgeschlossen nachzuweisen, daß eine Sache, die sich in der ehelichen Wohnung befindet, dem einen oder dem anderen Ehegatten gehört. Deswegen hat das B G B für diesen Fall eine Vermutung aufgestellt (§ 1362): Die im Besitz eines oder beider Gatten befindlichen Sachen werden zugunsten der Gläubiger des Mannes oder der Frau als Eigentum des jeweiligen Schuldners angesehen. Will in unserem Beispielsfall also die Frau der Pfändung widersprechen, dann muß sie diese Vermutung widerlegen, etwa durch den Nachweis, daß sie das Bild mit in die Ehe gebracht hat. Der Nachweis, daß sie einmal Eigentümerin war, genügt. Von einem Recht, das einmal bestanden hat, wird das Fortbestehen vermutet (BGH, WM 1975, 1307).
Eine ähnliche Vermutung kannte schon das römische Recht, die sog. praesumptio Muciana. Mit diesem Namen pflegt die Eigentumsvermutung des § 1362 auch heute noch belegt zu werden. Die Vermutung gilt uneingeschränkt nur dann, wenn die Ehegatten zusammenleben. Leben die Ehegatten getrennt, dann gilt die Vermutung nur dann, wenn sich die Sache im Besitz des Schuldners befindet. Es wird hier also aus dem Besitz auf das Eigentum geschlossen (ebenso wie in § 1006 I, 1). Befindet sich die Sache im Besitz des Ehegatten, der nicht der Schuldner ist, dann gilt die Vermutung nicht, § 1362 I, 2. 2. Eine zweite Vermutung enthält § 1362 II: Für diz ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen wird vermutet, daß sie dem Gatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Während sich auf die Vermutung des § 1362 I nur die Gläubiger eines Ehegatten berufen können, wirkt die Vermutung des § 1362 II auch zugunsten eines jeden Ehegatten. Beispiel: Eine Ehe wird geschieden. Der Ehemann verlangt alle Schmuckgegenstände zurück, die er während der Ehe gekauft oder geerbt und die seine Frau getra-
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§ 8 11 1
I. Abschnitt: Eherecht
gen hat und die sich noch in ihrem Besitz befinden. Begründung: Er habe diese Gegenstände der Frau nicht geschenkt, sondern nur zum Gebrauch überlassen. Widerspricht die Frau dieser Behauptung, so muß sie nachweisen, daß die Schmuckgegenstände ausschließlich zu ihrem persönlichen Gebrauch bestimmt waren. Gelingt ihr dieser Beweis, dann spricht die Vermutung des § 1362 II für ihr Eigentum. Bei dieser Beweisführung kann sie sich nicht auf einen Erfahrungssatz berufen („Frauenschmuck ist in der Regel zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch der Frau bestimmt"). Es reicht auch nicht aus, wenn sie nachweisen kann, daß sie den Schmuck gelegentlich getragen hat. Maßgebend ist allein, ob die Schmuckstücke ihr vom Mann zur beliebigen Benutzung überlassen worden waren. Vgl. BGH, N J W 1959, 142 (Kapitalanlage) und BGH, FamRZ 1971, 24 (Erbstück). 3. § 1362 wird ergänzt durch § 739 Z P O . In dieser Vorschrift ist bestimmt, daß im Falle der Vermutung des § 1362 für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer gilt. Nach §§ 808, 809 Z P O ist nämlich eine Pfändung nur zulässig bei Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten befinden, der zur Herausgabe der Sache bereit ist. Beispiel: Die Eheleute M und F haben einen BMW. Den Wagen fährt meistens die Frau. Kann dieser Wagen wegen Schulden des M gepfändet werden? a) § 1362 I: Es wird vermutet, daß der Wagen dem Schuldner (M) gehört. b) Wenn es § 739 ZPO nicht gäbe, könnte F der Pfändung widersprechen. Sie könnte sagen: Der Wagen befindet sich in meinem Alleingewahrsam oder zumindest in meinem Mitgewahrsam. Ich bin zu der Herausgabe nicht bereit, §§ 808, 809 ZPO. Diese Möglichkeit wird durch § 739 ZPO ausgeschlossen.
II. Die Schlüsselgewalt Ausgangsfall: Moritz, von Beruf Eisenbahner, ist seit 1958 verheiratet. Aus seiner Ehe gingen bis 1966 fünf Kinder hervor. Im Januar 1967 suchte seine Ehefrau Frieda den Arzt auf und ließ sich empfängnisverhütende Pillen verschreiben. Sie wollte ebenso wie ihr Mann keine weiteren Kinder mehr haben. Der Arzt verschrieb Eugynon. Der Apotheker verlas sich und händigte der Frau das Magenpräparat Enzynorm aus. Frieda las zwar die Aufschrift „Magenpräparat", hielt dies aber für eine geschickte Tarnung. Naturgemäß konnte die regelmäßige Einnahme des Magenpräparates die Geburt des sechsten Kindes nicht verhindern. Moritz verlangt nun vom Apotheker Schadensersatz dafür, daß er dem ungewollten Kind Unterhalt leisten muß. Mit Recht? 1.
Rechtsentwicklung
Nach § 1357 ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Diese sog. Schlüsselgewalt stand ursprünglich nur der Frau zu. Die Frau hatte den Haushalt zu führen. Sie hatte aber regelmäßig keine eigenen Mittel, sondern nur einen Anspruch auf ein Haushalts44
Vermögensrechtliche Außenwirkungen
§8112
geld gegen den Mann. Der Mann war also letztlich derjenige, an den sich die Gläubiger halten mußten. Man konnte aber vom Mann nicht erwarten, daß er seiner Frau für jedes Rechtsgeschäft Vollmacht erteilen würde, und eine solche ständige Bitte um Vollmachterteilung der Frau auch nicht zumuten. Außerdem war es zum Schutz der Gläubiger notwendig, ihnen ein Zugriffsrecht gegen den Mann zu eröffnen. Daraus erklärt sich das Rechtsinstitut der Schlüsselgewalt: aus Rechtsgeschäften der Frau, die innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises lagen, wurde (grundsätzlich allein) der Mann sowohl berechtigt als auch verpflichtet. Diese Schlüsselgewalt allein der Frau war geschaffen für die Hausfrauenehe. Nicht erfaßt war der Fall der Doppelverdienerehe und auch nicht der Fall, daß der Mann den Haushalt führte, die Frau aber berufstätig war. Im letztgenannten Fall half man sich entweder durch die Konstruktion einer stillschweigenden Bevollmächtigung oder durch die analoge Anwendung des § 1357 a. F. („Frau" i. S. des Gesetzes ist der jeweils den Haushalt führende Ehegatte). Die neue Fassung, die das 1. Eherechtsreformgesetz gebracht hat, verwirklicht das Gleichberechtigungsgebot auch im Bereich der Schlüsselgewalt. Gleichgültig, wer also für die Familie handelt, Mann oder Frau, jeder bindet nunmehr durch sein Geschäft auch den anderen Ehegatten, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Dem Gläubiger haften beide Ehegatten als Gesamtschuldner. Die gesamtschuldnerische Haftung verbessert die Position des Gläubigers, verschlechtert aber (im Fall der Hausfrauenehe) die Lage der Frau. 2. Die Rechtsnatur der a)
Schlüsselgewalt
Innenverhältnis
Ursprünglich, als sie noch die „Geschäfte des Mannes" führte, hielt man die Frau für seine Beauftragte. Sie wurde für verpflichtet angesehen, den Weisungen des Mannes zu folgen, ihm über die abgeschlossenen Geschäfte Auskunft zu erteilen, Rechnung zu legen und das Erlangte herauszugeben. Schon das Gleichberechtigungsgesetz gab diese Konzeption auf. Die Frau, die den Haushalt „führt", braucht vom Mann keine Weisungen entgegenzunehmen. Dabei ist es geblieben. Ehegatten, die für den angemessenen Lebensbedarf der Familie sorgen, handeln nicht als Beauftragte ihres Ehepartners. Sie sind lediglich - aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353) - gehalten, bei der Geschäftsführung aufeinander Rücksicht zu nehmen. Sie haben den Wünschen des Ehepartners in angemessener Weise Rechnung zu tragen, sie müssen ihn über wichtige Geschäfte unterrichten und sie-müssen darauf achten, daß sie die vom Familieneinkommen her gesteckten Grenzen nicht überschreiten. 45
§8112 b)
I. Abschnitt: Eherecht
Außenverhältnis
Früher hielt man die Schlüsselgewalt für eine gesetzliche Vertretungsmacht. Gegen eine solche Einordnung spricht heute, daß die Ehegatten eigenverantwortlich handeln und daß sie nicht nur den Ehepartner, sondern auch sich selbst durch ihre Geschäfte berechtigen und verpflichten. Es empfiehlt sich darum, statt von einer Vertretungsmacht von einer gesetzlichen Ermächtigung zu sprechen (vgl. Erman-Heckelmann, § 1357 Rdz. 14). Uberschreitet ein Ehegatte die Grenzen der Schlüsselgewalt, d. h. schließt er Geschäfte, die nicht zum angemessenen Lebensbedarf der Familie gehören, so ist § 1357 unanwendbar. In die Lücke treten die allgemeinen Vertretungsvorschriften. Wer im eigenen Namen Geschäfte schließt, die von der Schlüsselgewalt gar nicht mehr gedeckt werden, berechtigt und verpflichtet nur sich selbst (§ 164). Macht dagegen ein Ehegatte beim Vertragsschluß deutlich, nur oder auch für seinen Ehepartner handeln zu wollen, so kommt es, wenn § 1357 nicht eingreift, auf das Vorliegen einer besonderen Bevollmächtigung an. Fehlt sie, so gelten die §§ 177, 179. Unklar ist nach geltendem Recht die Rechtslage, wenn ein minderjähriger Ehegatte Rechtsgeschäfte im Rahmen der Schlüsselgewalt abschließt. Früher sagte man: Eine Ehefrau braucht ebensowenig wie ein Vertreter (§ 165) voll geschäftsfähig zu sein, weil sie sich selbst nicht verpflichtet. Nunmehr, nachdem das Gesetz auch eine Selbstverpflichtung des handelnden Ehegatten vorsieht, muß eine Vorschrift weichen: entweder der Satz, daß ein Minderjähriger sich ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht verpflichten kann (§ 108) oder der Satz, daß ein Ehegatte sich in jedem Fall bei Schlüsselgewaltsgeschäften mitverpflichtet. M. E. geht der Minderjährigenschutz vor: aus Geschäften des minderjährigen Ehegatten wird nur der andere Ehegatte berechtigt und verpflichtet. c) Sachenrechtliche
Konsequenzen
Aus Schlüsselgewaltgeschäften werden beide Ehegatten „berechtigt". „Berechtigt" bedeutet hier nicht allein forderungsberechtigt, sondern auch dinglich berechtigt. Mit der Ubereignung einer Sache an einen Ehegatten wird automatisch auch der andere Eigentümer. Es entsteht also Miteigentum (zu gleichen Teilen) an allen Sachen, die zum Lebensbedarf der Familie angeschafft werden; str., wie hier Palandt-Diederichsen, § 1357 Anm. 3 a; zur Gegenmeinung (Eigentum desjenigen, von dem die Mittel stammen) s. Wacke, FamRZ 1977, 525; wiederum anders Beitzke (§ 12 V, 4): Primär soll derjenige Eigentümer werden, an den der Vertragspartner leisten wollte, hilfsweise - bei einer Leistung an den, den es angeht - der, für den der Gegenstand bestimmt ist. Bei Erwerb von Einrichtungsgegenständen soll Miteigentum nach den jeweiligen Finanzierungsbeiträgen entstehen. 46
Vermögensrechtliche Außenwirkungen
§ 8 11 3
3. Der Umfang der Schlüsselgewalt Schlüsselgewalt haben die Ehegatten für alle Geschäfte, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie getätigt werden. Früher sprach das Gesetz von den Geschäften, die innerhalb des häuslichen Wirkungskreises liegen. Die neue Formel ist teils enger, teils weiter. Enger ist sie insofern, als jetzt die Angemessenheit besonders betont wird. Indessen wurden von der Rechtsprechung auch schon früher unangemessene Rechtsgeschäfte aus dem Bereich der Schlüsselgewalt ausgenommen. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß nach früherem Recht für die Frage, ob ein Geschäft noch zum häuslichen Wirkungskreis gehörte, auf den tatsächlichen Zuschnitt der Lebensführung abgestellt wurde, nicht auf den Zuschnitt, wie er sein sollte. Die neue Formel spricht für eine Umorientierung, die Bedürfnisse der Praxis sprechen dagegen. Der Geschäftspartner eines Ehegatten kann die Angemessenheit eines Geschäfts nur nach dem Lebensstil der Ehegatten abschätzen, den er kennt, nicht nach den ihm unbekannten tatsächlichen Vermögensverhältnissen. Weiter ist die neue Formel insofern, als sie statt vom häuslichen Wirkungskreis vom Lebensbedarf spricht. Unter der Geltung des früheren Rechts wurde z . B . das Mieten einer Wohnung oder die Aufnahme eines Darlehens als nicht mehr in den Rahmen des häuslichen Wirkungskreises fallend angesehen. Selbst bei Teilzahlungsgeschäften hielten viele § 1357 a. F. für unanwendbar. Unter den Begriff „Geschäfte für den angemessenen Lebensbedarf" lassen sich alle diese Geschäfte ohne Schwierigkeit subsumieren. Ob es richtig ist, den Bereich der Schlüsselgewaltgeschäfte so weit auszudehnen, ist eine andere Frage. Rechtspolitisch wäre es besser, diesen Bereich eher einzuschränken. Jede Ausdehnung führt hin zum Güterstand der Güter-(und Haftungs-)gemeinschaft, also weg vom gesetzlichen Güterstand, unter dessen Geltung kein Ehegatte für die Schulden des anderen einstehen muß. Am gesetzlichen Güterstand als der vom Gesetzgeber für grundsätzlich als richtig erachteten Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Ehegatten hat sich aber jede Gesetzesauslegung auszurichten. Das spricht für eine restriktive Interpretation des Begriffs „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs". Unstreitig sind „angemessen" die Geschäfte, die schon bisher von der Schlüsselgewalt der Frau gedeckt waren: Kauf von Lebens- und Genußmitteln (auch dann, wenn durch längeres „Anschreiben lassen" eine größere Schuld entstanden ist; vgl. O L G Köln, OLGZ1971,155), Anschaffung von Kleidern (hier spielt der Begriff der „Angemessenheit" eine Rolle: Der Kauf eines Nerzmantels ist nur in wenigen Familien eine „angemessene" Bedarfsdeckung!), Erwerb von Hausratsgegenständen, Geschäfte, die im Zusammenhang mit der Ausbildung, Erziehung oder Betreuung der Kinder stehen (Verpflichtung eines Nachhilfelehrers, Zuziehung eines Arztes). Auch wenn ein Ehegatte selbst den Arzt aufsucht, gehört der Vertrag, den er schließt, zur angemessenen Bedarfsdeckung (vgl. B G H , FamRZ 1967, 276).
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§ 8 II 5
I. Abschnitt: Eherecht
Keine Schlüsselgewalt haben Ehegatten, die getrennt leben (§ 1357 III). Ebenso wie es bei getrennt lebenden Ehegatten keinen „Familienunterhalt" gibt, sondern nur wechselseitige Unterhaltsansprüche der Ehegatten und Ansprüche der Kinder gegen die Eltern, so gibt es dann, wenn die Ehegatten getrennt leben, auch keinen „Lebensbedarf der Familie", sondern nur einen Bedarf der einzelnen Familienmitglieder. 4. Aufhebung
der
Schlüsselgewalt
Nach § 1357 II kann jeder Ehegatte die Schlüsselgewalt des anderen aufbeben oder einschränken. Die Erklärung muß entsprechend § 168 S. 3 entweder dem anderen Ehegatten oder dem Dritten gegenüber erfolgen. Dritten gegenüber wirkt die Erklärung aber nur, wenn sie diesen bekannt oder im Güterrechtsregister eingetragen war. Beispiel: Eine Dame kauft in einem Pelzgeschäft einen Leopardenmantel für 10 000 DM und sagt zu dem Geschäftsinhaber: „Die Rechnung schicken Sie bitte meinem Mann." Der Geschäftsinhaber kennt den Ehegatten. Er weiß, daß dieser ein bedeutendes Unternehmen betreibt, eine sehr geräumige Villa bewohnt und einen großen Mercedes fährt. Was wird er tun? (1) Er wird prüfen, ob das Geschäft in den Rahmen der Schlüsselgewalt fällt. Diese Frage ist zu bejahen. Der äußere Zuschnitt der Lebensführung, nach dem allein Außenstehende die Angemessenheit eines Geschäfts zu beurteilen vermögen, spricht dafür. (2) Wenn er sichergehen will, muß er weiter prüfen, ob der Mann die Schlüsselgewalt nicht aufgehoben oder eingeschränkt hat, d. h. er muß in das Güterrechtsregister Einsicht nehmen. (Allerdings: Welcher Kaufmann wird das tun?) Wenig Sinn hat es, wenn ein Mann die Aufhebung der Schlüsselgewalt in einer Zeitungsanzeige bekannt gibt („Ich erkläre hiermit, daß ich für die Schulden meiner Ehefrau nicht aufkomme"). Will er sich darauf berufen, so muß er nachweisen, daß der Vertragspartner der Frau diese Anzeige gelesen hat. 5. Hinweise für die Lösung des Ausgangsfalls Den Vertrag mit dem Apotheker hat die Frau geschlossen. Der Ehemann kann deswegen einen vertraglichen Schadensersatzanspruch (aus c. i. c. oder positiver Forderungsverletzung) nur geltend machen, wenn er aus dem Rechtsgeschäft der Frau berechtigt worden ist. Problem: Gehört der Kauf der „Pille" zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie? Die Antwort kann nicht anders lauten als bei der Frage, ob die Zuziehung eines Arztes von der Schlüsselgewalt gedeckt ist (s. o. 3). Ob der Mann daneben auch einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, hängt davon ab, ob er in einem der in § 823 I geschützten Rechte oder Rechtsgüter verletzt worden ist. Die Frage ist streitig: Heldrich (Schadensersatz bei fehlgeschlagener Familienplanung, JuS 1969, 455, 461) hält eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Selbstbestimmungsrecht in Fragen der Kinderplanung) für gegeben, die überwiegende Meinung ist jedoch gegenteiliger Ansicht (Mer48
Unterhaltsansprüche
§ 9 I 2
tens, Ein Kind als Schadensfall, FamRZ 1969, 252; Loewenheim, Probleme der Produktenhaftung, N J W 1969, 1754; Henrich, Fälle und Lösungen, S. 44f.). Eine Erörterung der eigentlichen Problematik des Falles, die vornehmlich im Bereich der Vertragshaftung aktuell wird, nämlich, ob der Mann einen ersatzfähigen Schaden erlitten hat, gehört nicht in den Rahmen dieser Darstellung. Deswegen nur einige Stichworte: Vermögensminderung? (Ja! Belastung mit Unterhaltsleistungen.) Schadensersatzanspruch? (Die wohl überwiegende Meinung sagt ja; vgl. neben dem L G Itzehoe, FamRZ 1969, 90, das den Ausgangsfall entschieden hat, namentlich Heldrich a. a. O . ; in der Rechtsprechung zuletzt O L G Celle N J W 1978, 1688; zu den Bedenken dagegen s. die sorgfältig begründete Entscheidung O L G Bamberg, N J W 1978,1685, sowie Henrich, Fälle und Lösungen, S. 43). Mitschuld? (Uberwiegende Auffassung: Schadensteilung; a. A. - das Mitverschulden der Frau darf nicht zu hoch veranschlagt werden - D . u. A. Giesen, FamRZ 1969, 319f.).
§ 9. Unterhaltsansprüche I. Unterhalt, wenn die Ehegatten zusammen leben 1. Nach§ 1360 S. 1 sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Das heißt: Jeder Ehegatte muß zum Familienunterhalt beitragen. Das gilt nicht nur für die Doppelverdienerehe, sondern auch für die Hausfrauenehe. Bei der Hausfrauenehe braucht allerdings die Frau regelmäßig keine Geldleistungen zu erbringen. Sie erfüllt ihre Unterhaltspflicht dadurch, daß sie den Haushalt führt. Führt der Mann den Haushalt, gilt dasselbe für ihn, § 1360, S. 2. Der Unterhaltsanspruch ist nicht auf die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten beschränkt. Geschuldet ist ein Beitrag zum „Familienunterhalt". Zur Familie gehören auch die Kinder. Gibt der Mann der Frau weniger Haushaltsgeld, als sie braucht, um sich und die Kinder zu unterhalten, so kann die Frau gegen den Mann auf Leistung der zusätzlich benötigten Unterhaltsbeträge klagen. Der Unterhaltsanspruch der Kinder ist im Gesetz besonders geregelt. Die Kinder haben gegen ihre Eltern eigene Unterhaltsansprüche - ebenso wie die hilfsbedürftigen Eltern gegen ihre Kinder; vgl. §§ 1601 ff. Die Kinder können ihre Unterhaltsansprüche darum nicht unmittelbar aus den §§ 1360, 1360a herleiten. § 1606 III stellt jedoch insoweit einen Einklang mit § 1360 her, als er feststellt, daß die Mutter ihren Unterhaltsbeitrag in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. 2. Der Umstand, daß beide Ehegatten verpflichtet sind, zum Familienunterhalt beizutragen, besagt nicht, daß sie gleichartige Beiträge zu leisten haben. Die Beiträge können vielmehr nach Art und Maß durchaus ver49
§914
I. Abschnitt: Eherecht
schieden sein. Das trifft insbesondere im Fall einer Hausfrauenehe zu, in welcher der Mann die Geldmittel für den Familienunterhalt zu beschaffen hat und die Frau ihren Beitrag durch die Führung des Haushalts und die Pflege und Erziehung der Kinder erbringt. Sind beide Ehegatten berufstätig, so müssen auch beide Geldmittel zum Familienunterhalt beisteuern; vgl. BGH, FamRZ 1967, 380. Die Höhe der von den beiden Ehegatten zu erbringenden Geldbeträge hängt dann einmal von der Höhe der jeweiligen Einkünfte von Mann und Frau ab und zum anderen davon, wie weit ein Ehegatte daneben noch den Haushalt versorgt. Praktische Bedeutung haben die §§ 1360, 1360 a vor allem dann, wenn ein Ehegatte von einem Dritten getötet oder körperlich verletzt wird, so daß sein Unterhaltsbeitrag der Familie verlorengeht. Bei Tötung eines Ehegatten steht dem anderen ein Schadensersatzanspruch nach § 844 II zu (vgl. BGHZ 51, 109), bei Verletzung eines Ehegatten kann dieser den der Familie entstehenden Schaden selbst geltend machen. Dagegen kann sich ein Ehemann, wenn seine Frau getötet oder verletzt wird, nicht mehr auf § 845 berufen (die Frau ist dem Mann nicht mehr „zur Leistung von Diensten" verpflichtet). 3. Die Unterhaltspflicht des Ehegatten geht der Unterhaltspflicht der Verwandten vor, solange der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet, § 1608. Grundsätzlich kann also der Ehemann den Unterhalt nicht mit der Begründung verweigern, die Ehefrau möge sich an ihre reichen Eltern halten. Ebenso geht der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten den Unterhaltsansprüchen der sonstigen Verwandten grundsätzlich vor. Der Ehemann kann also nicht seinen Unterhaltsbeitrag mit dem Argument verweigern, er müsse zunächst seine armen Eltern unterhalten. Nur der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen unverheirateten Kindes besitzt den gleichen Rang wie der Unterhaltsanspruch des Ehegatten, § 1609 II, 1. 4. Art und Umfang der
Unterhaltsgewährung
a) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist (§ 1360a II, 1), d. h. grundsätzlich durch Naturalleistung: der verdienende Ehegatte muß für eine Wohnung sorgen, der nicht verdienende Ehegatte muß den Haushalt führen. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im voraus zur Verfügung zu stellen, § 1360 a II, 2. Das heißt: Die Frau, die den Haushalt führt, kann am Ersten eines jeden Monats vom Mann ein Haushaltsgeld verlangen. b) Der Umfang des Unterhaltsanspruchs richtet sich nach den Bedürfnissen, wobei die Bedürfnisse wiederum von den Vermögensverhältnissen 50
Unterhaltsansprüche
§916
der Ehegatten abhängen. Gedeckt werden müssen durch den Unterhalt insbesondere die Kosten des Haushalts, die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und der Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder (§ 1360a I). Ferner hat der nicht verdienende Ehegatte einen Anspruch auf ein Taschengeld. Problem: Muß die Ehefrau erspartes Wirtschaftsgeld dem Mann zurückgeben? Nach dem Wortlaut des § 1360 b scheint es so zu sein, als sei die Frage zu verneinen. Indessen handelt es sich bei der Gewährung von Wirtschaftsgeld um eine Vorschußleistung. Der Mann will - im Zweifel - nicht mehr geben, als was die Frau tatsächlich benötigt. Darum kann er einen Uberschuß herausverlangen. § 1360b betrifft nur definitive Unterhaltsleistungen: Der Mann kauft z. B. mehr Kleider für die Frau, als sie braucht.
5. Insbesondere: Unterhalt der Stiefkinder Beispiel: Die Frau hat aus erster Ehe ein Kind mit in die zweite Ehe gebracht. Wer ist unterhaltspflichtig? a) Die Mutter, § 1601. b) Kann die Mutter gem. § 1360 verlangen, daß ihr Mann auch diesem seinem Stiefkind Unterhalt leistet? Das Stiefkind gehört nicht zur Familie (ebensowenig wie die Schwiegermutter oder eine kranke Tante). Das ergibt sich eindeutig aus § 1360a I. Der Mann ist also nach dem Gesetz nicht unterhaltspflichtig. Eine Unterhaltspflicht kann sich darum nur aus einem Vertrag ergeben. Werden Stiefkinder in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so pflegen die Gerichte für die Dauer der häuslichen Gemeinschaft häufig eine stillschweigende Übernahme der Unterhaltsverpflichtung durch den Stiefvater oder die Stiefmutter anzunehmen, jedenfalls dann, wenn der Stiefvater für sie Lohnsteuerermäßigung oder Kindergeld in Anspruch nimmt; vgl. BVerwG, M D R 1960, 526; Soergel-Lange, Bern. 7 vor § 1601. Zur Zurückhaltung mahnt O L G Nürnberg, FamRZ 1965, 217: Die bloße Aufnahme des Kindes in die häusliche Gemeinschaft ist für sich allein noch kein Indiz für den (stillschweigenden) Abschluß eines Unterhaltsvertrags.
6.
Prozeßkosten
Für Schulden eines Ehegatten hat der andere nur einzustehen, wenn die Verbindlichkeiten aus Schlüsselgewaltsgeschäften herrühren. Für Schadensersatzverbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung eines Ehegatten braucht der andere Ehegatte nicht einzustehen. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Prozeßkosten. Von diesem Grundsatz macht § 1360a IV eine Ausnahme: Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Ehegatte vom anderen einen Prozeßkostenvorschuß verlangen. Beispiel: Die Frau will die Scheidung ihrer Ehe beantragen oder wegen Verletzung ihrer Ehre oder ihres Persönlichkeitsrechts auf Unterlassung, 51
§911 2
I. Abschnitt: Eherecht
Widerruf oder Schadensersatz klagen. Das Gericht setzt einen Termin zur mündlichen Verhandlung erst an, wenn die Frau die Prozeßgebühr bezahlt hat, § 111 GKG. Desgleichen wird ein Anwalt zunächst einen Kostenvorschuß verlangen. Hat die Frau keine eigenen Mittel, so darf der Mann diese Klage nicht dadurch unmöglich machen, daß er der Frau die dafür benötigten Mittel verweigert. Darum bestimmt § 1360 a IV: Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist. Der Begriff „persönliche Angelegenheiten" ergibt sich aus seinem Gegensatz: den vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Jedoch ist die Abgrenzung mitunter schwierig. Auch vermögensrechtliche Ansprüche können persönliche Angelegenheiten sein, wenn sie eine genügend enge Verbindung zur Person des betreffenden Ehegatten haben (BGH, FamRZ 1964,197). Das trifft insbesondere zu, wenn wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts Schadensersatz verlangt wird, aber auch Schadensersatzansprüche wegen Körperverletzung gehören hierher; bei Erbstreitigkeiten ist die Zugehörigkeit zu den „persönlichen Angelegenheiten" zweifelhaft. II. Unterhalt, wenn die Ehegatten getrennt leben 1. Getrenntleben im Rechtssinn (§ 1361) bedeutet, daß zwischen den Eheleuten die eheliche Gemeinschaft aufgehoben ist. Also: Bloßes Getrenntleben genügt nicht. Andererseits gibt es ein Getrenntleben sogar dann, wenn die Ehegatten noch unter einem Dach wohnen, § 1567 I (s. u. § 14 III 2). 2. Leben die Ehegatten getrennt, so hat dies für die Unterhaltsansprüche folgende Konsequenzen: a) Der Anspruch auf einen Beitrag zum Familienunterhalt wandelt sich in einen persönlichen Unterhaltsanspruch. Ein bedürftiger Ehegatte kann vom anderen „den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt" verlangen, § 1361 I. Der Grund, weswegen sich die Ehegatten getrennt haben, spielt für ihre Unterhaltsansprüche grundsätzlich keine Rolle. b) Ein Ehegatte, der bei der Trennung nicht erwerbstätig war, muß sich nach der Trennung nicht notwendig seinen Unterhalt selbst verdienen, es sei denn, daß dies nach seinen persönlichen Verhältnissen von ihm erwartet werden kann (das trifft etwa für eine Ehefrau zu, die bei der Eheschließung ihre Berufstätigkeit aufgegeben hat und ohne Schwierigkeiten in ihren frü52
Rechtszwang gegen den Ehegatten
§ 10 I 1
heren Beruf wieder zurückkehren kann) oder die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten eine solche Wiederaufnahme der Berufstätigkeit geboten erscheinen lassen, § 1361 II. c) Der volle Unterhaltsanspruch wandelt sich um in einen Anspruch auf e'mea„billigen" Unterhaltsbeitrag oder entfällt gänzlich, wenn der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht oder seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten aus sonstigen schwerwiegenden Gründen, z.B. weil der Berechtigte den Verpflichteten und die Kinder ohne rechtfertigenden Grund verlassen hat und jetzt mit einem anderen Partner zusammenlebt (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 1977, 814 und OLG Hamburg, MDR 1978, 316, aber auch OLG Bremen, NJW 1978, 1331), grob unbillig wäre. Trotz der Beseitigung des Schuldprinzips ist also die Berücksichtigung ehelichen Fehlverhaltens nicht gänzlich ausgeschlossen (BGH FamRZ 1979, 569). Ausnahme: Der Berechtigte ist wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert, § 1361 III i. V. m. § 1579 I Ziff. 2-4, II. Beachte: § 1361 III verweist nicht auf § 1579 I Ziff. 1. Eine kurze Ehedauer schließt deswegen Unterhaltsansprüche nicht aus (BGH FamRZ 1979, 571).
§ 10. Rechtszwang gegen den Ehegatten und Schutz gegenüber einer Ehestörung durch Dritte I. Rechtszwang gegen den Ehegatten Ausgangsfall: Kunigunde und ihr Ehemann Balduin sind Miteigentümer eines Hauses. Im ersten Stock dieses Hauses gibt es zwei Wohnungen, die den Treppenaufgang und den Vorplatz gemeinsam haben. In der einen wohnt Kunigunde mit ihren Kindern, in die andere hat sich Balduin mit seiner Freundin Franziska zurückgezogen. Kunigunde findet diesen Zustand unerträglich. Sie klagt gegen Balduin mit dem Antrag, er möge der Franziska verbieten, seine Wohnräume weiterhin zu betreten. Wird sie mit dieser Klage Erfolg haben?
1. Die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens Handelt ein Ehegatte dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353) zuwider, so kann der andere gegen ihn auf Herstellung des ehelichen Lebens klagen. Man pflegt hier von einer „Herstellungsklage" zu sprechen. Bei der Klage ist genau anzugeben, wozu der Ehegatte verurteilt werden soll. Der Klageantrag muß also l a u t e n : , , . . . den Ehegatten zu verurteilen, 53
§ 10 12
I. Abschnitt: Eherecht
das eheliche Leben dadurch wieder herzustellen, daß er in die eheliche Wohnung zurückkehrt, daß er den Geschlechtsverkehr wieder aufnimmt, daß er es aufgibt, allabendlich mit seinen Freunden Trinkgelage zu veranstalten" usw. Die Herstellungsklage gehört zu den Ehesachen i. S. der §§ 606ff. ZPO. Wichtig: Das Urteil, das den Ehegatten zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verurteilt, ist nicht vollstreckbar, § 888 II ZPO. Dem Ehegatten kann also nicht für den Fall der Zuwiderhandlung eine Geldstrafe oder Haft angedroht werden. Das Urteil hat nur eine moralische Wirkung. Deswegen kommt der Klage keine große praktische Bedeutung zu. Umstritten ist die Frage, ob mit der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens auch die Unterlassung von Ehebruch und sonstigem ehewidrigem Verhalten verlangt werden kann. Das Reichsgericht sagte nein: In der Zivilprozeßordnung werde zwischen der Erwirkung von unvertretbaren Handlungen und der Erzwingung von Unterlassungen unterschieden. Die Erzwingung einer Unterlassung richte sich nach § 890 ZPO. Weil in dieser Vorschrift eine dem § 888 II ZPO entsprechende Ausnahme fehle, in der Ehe jeder Zwang aber unzulässig sei, könne es keine Klage auf Unterlassung von Ehebruch oder sonstigem ehewidrigem Verhalten geben (RGZ 151, 159, 162). Die neuere Lehre lehnt diese formale Unterscheidung mit Recht ab. Oft ist es nur eine Frage der Formulierung, ob vom Beklagten ein Tun oder ein Unterlassen begehrt wird (z.B. „den ehewidrigen Verkehr mit der X zu unterlassen" oder „alle Beziehungen zu der X abzubrechen"). Die bloße Formulierung darf aber nicht entscheidend sein. Darum kann mit der Herstellungsklage auch ein Unterlassen begehrt werden. Für diesen Unterlassungsanspruch gilt jedoch ebenso wie für einen Anspruch auf ein positives Tun das Vollstreckungsverbot des § 888 II ZPO (Staudinger-Hüb ner, Vorbem. 44 vor § 1353; Beitzke, § 12 III, 3a). 2. Deliktische
Unterlassungsklagen
a) Gegen jeden Eingriff in ein durch § 823 I geschütztes Rechtsgut oder Recht und gegen jede Verletzung eines Schutzgesetzes i. S. des § 823 II kann der Betroffene grundsätzlich den sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch geltend machen. Frage: Bestehen solche Unterlassungsansprüche auch zwischen Ehegatten? Früher sagte man: Stellen unerlaubte Handlungen zugleich Eheverfehlungen dar, deretwegen die Ehe geschieden werden könnte, so sollen die Ehegatten sich scheiden lassen. Ein ehegemäßes Verhalten darf nicht mit den Mitteln des Deliktsrechts erzwungen werden. Nach geltendem Recht gibt es zwar keine Eheverfehlung mehr. Geblieben ist aber die Unerzwing54
Rechtszwang gegen den Ehegatten
§1012
barkeit der Herstellungsklage. Eine deliktische Unterlassungsklage ist vollstreckbar. Daraus ergibt sich der Grundsatz: soweit die deliktische Unterlassungsklage der Herstellung des ehelichen Lebens dienen soll, ist sie unzulässig. Von diesem Grundsatz muß jedoch dann eine Ausnahme gelten, wenn der Rechtsgüterschutz den Schutz der Ehe eindeutig überwiegt. Das wird etwa bei Körperverletzungen oder bei geschäftsschädigenden Äußerungen regelmäßig der Fall sein. Bloße Beleidigungen dagegen, insbesondere solche im Intimbereich, können nicht mit Hilfe der deliktischen Unterlassungsklage unterbunden werden. b) Der Schutz des räumlich-gegenständlichen
Bereiches der Ehe
Der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe ist eine Erfindung des BGH zu dem Zweck, die Ehefrau im häuslichen Bereich gegen das Eindringen von Nebenbuhlerinnen zu schützen. Gemeint ist damit der Bereich, der „die äußere sachliche Grundlage für das gemeinsame Ehe- und Familienleben abgibt und zugleich den einzelnen Familienmitgliedern die Entfaltung ihrer Persönlichkeit ermöglichen soll", einfacher: die Ehe- und Familienwohnung, unter Umständen auch das Geschäft, in dem der Ehegatte mitarbeitet (BGHZ 6, 360, 365; BGH, LM Nr. 2 zu § 823 [Af] BGB). Dieser räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe ist nach der Auffassung des BGH ein geschütztes Rechtsgut, dessen Verletzung mit einer quasinegatorischen Unterlassungsklage begegnet werden kann. Der BGH glaubt, diese Konstruktion mit Art. 6 GG rechtfertigen zu können: Ehe und Familie seien zu schützen. Soweit es sich um die Erhaltung und Reinhaltung des äußeren ehelichen Lebensraumes - „um den Schutz des häuslichen Herdes" - handle, sei der Schutz der Ehe und der Familie nur dadurch möglich, daß der in einem Recht auf diesen Lebensraum verletzte Ehegatte in eben diesem Recht geschützt werde. Insbesondere die Ehefrau bedürfe dieses Schutzes, wenn es ihr durch Angriffe des Ehemannes oder eines Dritten auf den äußeren ehelichen Lebensbereich dauernd unmöglich gemacht werde, sich darin entsprechend ihrer Stellung als Ehefrau und Mutter so zu bewegen und zu betätigen, daß ihre Frauenwürde, ihr Persönlichkeitsrecht und ihre Gesundheit unangetastet blieben. Offengelassen hat der BGH, ob das Recht des Ehegatten auf diesen Bereich als absolutes Recht i. S. des § 823 I zu gelten habe oder ob Art. 6 GG als Schutzgesetz i. S. des § 823 II anzusehen sei. Ob mit dieser Konstruktion ein Schutz gegen dritte Ehestörer gewährleistet werden kann, wird noch zu prüfen sein. Gegen den Ehegatten kann diese Unterlassungsklage m. E. nicht erhoben werden. Da der Schutz der Ehe hier eindeutig im Vordergrund steht, schließt die - nicht vollstreckbare 55
§1013
I. Abschnitt: Eherecht
- Herstellungsklage jeden - vollstreckbaren - deliktischen Unterlassungsanspruch aus (Beitzke, § 12 III, 3 a; a. A. jedoch die h. M.). 3. Vermögensrechtliche Ansprüche a) Ansprüche auf vermögensrechtliche Leistungen, die sich aus der Ehe ergeben, aber nicht unmittelbar die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft zum Ziel haben, sondern sich unabhängig vom Bestehen einer solchen Gemeinschaft verwirklichen lassen - hauptsächlich also die Ansprüche auf Geldleistungen - werden regelmäßig durch eine Forderungsklage (Unterhaltsklage) nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO geltend gemacht (Beispiele: Klage auf Zahlung von Taschengeld, Klage auf Zahlung des Haushaltsgeldes, Klage auf Schadensersatz wegen unberechtigter Verweigerung der Zustimmung zur gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung; vgl. BGH, DB 1977, 1184). Für diese auf Geld gerichteten Ansprüche gelten die Erwägungen nicht, die für die besondere Behandlung der Ansprüche auf Herstellung des ehelichen Lebens angestellt worden sind. Hier ist eine Vollstreckung notwendig. Daß es sich bei der Unterhaltsklage nicht um eine Herstellungsklage handelt, läßt sich dem Gesetz entnehmen, das zwischen Ehesachen und Streitigkeiten, welche die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen, deutlich unterscheidet (vgl. §§ 23 a, 23 b I GVG). b) Nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO sind auch Schadensersatzansprüche geltend zu machen, deren Grund außerhalb des Eherechts liegt (Beispiel: Schadensersatzansprüche aus einem Kfz-Unfall). Hier können die Ehegatten wie einander fremde Personen gegeneinander klagen, soweit nicht die Geltendmachung dieser Ansprüche dem Wesen der Ehe widerstreitet. Dem Wesen der Ehe widerstreitet z. B. die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, wenn der haftende Ehepartner dadurch wesentliche Nachteile erleiden würde, die über die mit der Erstattung des Schadens notwendig verbundene Vermögenseinbuße hinausgingen. Ob ein Ehegatte vom anderen bei einer fahrlässigen Körperverletzung Schmerzensgeld verlangen kann, ist bestritten, aber jedenfalls nicht grundsätzlich auszuschließen; vgl. BGH, DB 1973,1847. Praktische Bedeutung hat diese Frage vor allem dann, wenn ein Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen werden soll (§ 3 Nr. 1 PflVG) oder wenn ein Zweitschädiger, der dem verletzten Ehegatten vollen Ersatz geleistet hat (einschließlich eines Schmerzensgeldes), beim mitverantwortlichen Ehegatten Regreß nimmt. c) Bei jeder Schadensersatzklage eines Ehegatten gegen den anderen spielt der Haftungsmaßstab eine Rolle. Nach § 1359 haben Ehegatten bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Sie haften also nur für diligentia quam in suis. 56
Rechtszwang gegen den Ehegatten
§ 10 II 1
Beachte: § 1359 ist anwendbar, wenn ein Ehegatte Pflichten verletzt, die sich aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft oder aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben, wohl auch dann, wenn er im häuslichen Bereich einen Schaden anrichtet, etwa eine dem Ehepartner gehörende wertvolle Vase zerstört. § 1359 ist dagegen nicht anwendbar in Fällen, in denen sich die Ehegatten wie beliebige Dritte gegenüberstehen: so etwa, wenn die Gatten miteinander einen schuldrechtlichen Vertrag geschlossen haben oder ein Ehegatte den anderen fahrlässig verletzt hat, z. B. bei einem Unfall im Straßenverkehr; letzteres strittig, vgl. BGH, DB 1973, 1847. d) Beachte ferner: Die Verjährung aller Ansprüche zwischen Ehegatten ist während der Dauer der Ehe gehemmt, § 204. 4. Hinweise für die Lösung des
Ausgangsfalles
a) Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens möglich, aber Urteil nicht vollstreckbar, § 888 II ZPO (s. o. 1). b) Deliktische Unterlassungsklage (mit der Möglichkeit der Vollstreckung) nur zulässig, wenn man den „räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe" als Schutzobjekt i. S. des § 823 I oder § 823 II ansieht. Die h. M. tut das (vgl. BGH, LM Nr. 1 b zu § 823 [Af] BGB). Zu den Bedenken dagegen s. o. 2b.
II. Der Schutz gegenüber einer Ehestörung durch Dritte Ausgangsfall: Ein Ehemann hat die Ehelichkeit eines von seiner Ehefrau geborenen Kindes angefochten. Die Nichtehelichkeit wird rechtskräftig festgestellt, die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben (§ 93c ZPO). Dem Ehemann sind Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 1100 DM entstanden. Außerdem hat er aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts dem Kind einen Prozeßkostenvorschuß in Höhe von 300 DM geleistet. Diese Beiträge, insgesamt 1400 DM, verlangt er nun vom Erzeuger des Kindes. Mit Recht? 1. Deliktische
Schadensersatzansprüche
Deliktische Schadensersatzansprüche gegen einen Ehestörer setzen voraus, daß dieser in ein nach § 823 I geschütztes Rechtsgut oder Recht eingegriffen oder ein Schutzgesetz i. S. von § 823 II verletzt oder den Ehegatten sittenwidrig geschädigt hat. Frage: Wird durch den Ehestörer ein (absolutes) Recht des unbeteiligten Ehegatten verletzt? Gelegentlich liest man, die „ E h e " sei ein „sonstiges Recht" i. S. des § 823 I (vgl. z . B . L G Berlin, FamRZ 1968, 652). Diese Behauptung ist schon deswegen unrichtig, weil die Ehe als solche kein Recht ist. Die Ehe ist ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis. Aus diesem Gemeinschaftsverhältnis entstehen Rechte und Pflichten. Die Rechte, die mit der Eheschließung entstehen, sind aber mit der Ehe nicht identisch. 57
§ 10 I I 1
I. Abschnitt: Eherecht
Eine verbreitete Meinung hält zwar nicht die Ehe, wohl aber das Recht der Gatten auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft für ein sonstiges Recht i. S. des § 823 I (BGH, NJW 1956, 1149; Dolle I, § 32 III, 1; Jayme, Die Familie im Recht der unerlaubten Handlungen, S. 254). Aber: Das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft gründet sich auf § 1353, der nur von einem Recht gegenüber dem anderen Ehegatten spricht, also ein relatives Recht begründet. Relative Rechte werden aber nach § 823 I nicht geschützt (h. M., anders Löwisch, Der Deliktschutz relativer Rechte, 1970, S. 173ff.). Im Schrifttum versucht man, diesen Einwand teilweise dadurch zu überspielen, daß man eine Doppelnatur dieses Rechts annimmt: Im Verhältnis der Ehegatten zueinander sei das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft ein relatives Recht, Dritten gegenüber habe das Recht auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft dagegen absoluten Charakter (vgl. K. H. Schwab, NJW 1956,1149; Gernhüber, § 171,4). Der rechtfertigende Grund für diese Annahme bleibt unklar. Er dürfte wohl letztlich auf die Auffassung zurückgehen, daß die Ehe eine zu schützende „Institution" sei, also mehr als ein bloßes (relativ wirkendes) personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis (vgl. etwa O L G Celle, FamRZ 1964, 366). In späteren Entscheidungen des BGH ist nicht mehr von der Verletzung eines absoluten Rechts die Rede. Statt dessen wird betont, daß die Verpflichtungen, die einem Ehegatten dem anderen Ehegatten gegenüber aus der Ehe obliegen, dem Wesen der Ehe entsprechend persönliche Verpflichtungen sind und deswegen nur durch den Ehegatten, nicht auch durch einen Dritten, verletzt werden können (BGHZ 23, 279, 281; 26, 217, 221). Lehnt man den absoluten Charakter des Rechts auf Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ab, so scheidet eine Haftung nach § 823 I aus, weil der Ehestörer kein geschütztes Recht verletzt hat. Bejaht man ein solches absolutes Recht, so bleibt immer noch die Frage, ob Schadensersatzansprüche nicht durch die Sonderregelungen des Eherechts ausgeschlossen werden oder ob der Ersatz bloßer im Zusammenhang mit der Ehestörung stehender Vermögensnachteile noch vom Schutzbereich einer Norm erfaßt ist, die den Bestand der Ehe zum Gegenstand hat (letzteres Argument stammt von Esser, SchR II, § 107 II, 2b; ähnlich auch BGH, FamRZ 1972, 33, 34). Die Rechtsprechung, die früher ein absolutes Recht bejahte, schloß Schadensersatzansprüche mit der Begründung aus, durch solche Schadensersatzansprüche gegen den Ehestörer werde auf den mitschuldigen Ehegatten ein mittelbarer Zwang ausgeübt. Dies jedoch sei nicht zulässig (vgl. RGZ 72,130; BGHZ 23, 217ff., 281 f.; 26, 220f.; dagegen Beitzke, MDR 1957, 408; LG Augsburg, FamRZ 1971, 170). 58
Rechtszwang gegen den Ehegatten
§10112
Die Gründe, die gegen eine Haftung als Folge der Verletzung des Rechts auf Ungestörtheit der ehelichen Lebensgemeinschaft sprechen, schließen es übrigens auch aus, dem verletzten Ehegatten einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuzuerkennen; vgl. BGH, FamRZ 1973 , 295. Eine Haftung aus $ 823 II läßt sich ebenfalls nicht begründen. § 172 StGB a. F. (Ehebruch) kommt nach der Aufhebung dieser Bestimmung als Schutzgesetz nicht mehr in Betracht, § 185 StGB scheidet als Schutzgesetz deswegen aus, weil der eingetretene Vermögensschaden (Belastung mit Unterhaltsverpflichtungen, Kosten der Anfechtung) außerhalb des Schutzzwecks dieser Norm liegt (vgl. Dölle I, § 32 III, 2a), und bei Art. 6 G G wird man annehmen müssen, daß auch er nicht vor solchen finanziellen Belastungen schützen will, ganz abgesehen davon, daß die Anwendung des Art. 6 GG schon wegen seines schwer konkretisierbaren Inhalts Bedenken auslösen müßte (vgl. Beitzke, § 12 III 3b). Für eine Haftung nach $ 826 schließlich wird es in aller Regel an dem Schädigungsvorsatz fehlen. Der Ehestörer handelt normalerweise aus anderen Gründen als dem, dem betroffenen Ehegatten einen Schaden zufügen zu wollen. Immerhin ist das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes nicht schlechthin auszuschließen. 2. Anspruch auf Beseitigung einer Ehestörung und auf künftiger Störungen
Unterlassung
Nachdem der BGH Schadensersatzansprüche wegen einer Ehestörung kategorisch ablehnt, verwundert es zunächst, daß er - in einem begrenzten Rahmen - einen Störungsbeseitigungs- und Unterlassungsanspruch anerkennt, nämlich bei einem Eingriff in den sog. „räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe" (zu diesem Begriff s. o. 1,2 b). Ob dieser Rechtsprechung gefolgt werden kann, hängt davon ab, ob man für den behaupteten Anspruch eine tragfähige Anspruchsgrundlage findet. In der Rechtsprechung glaubt man den Anspruch vor allem auf Art. 6 GG (Schutzgesetz i. S. von § 823 II) stützen zu können (BGH, FamRZ 1963, 555; KG, FamRZ 1965, 330; O L G Nürnberg, FamRZ 1966, 511). Dagegen läßt sich einwenden, daß es hier nicht um den Schutz der Ehe geht, sondern um den Schutz eines Ehegatten, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit und dessen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit verletzt worden sind. Bemerkenswert ist, daß der Schutzanspruch sich sogar dann durchsetzt, wenn durch das Abwehrverfahren die Ehe gefährdet wird (vgl. Dölle I, § 32 II, 1). Die Literatur favorisiert als Rechtsgrundlage § 823 l(Gernhuber, § 171, 1; Staudinger-Hübner, Vorbem. 53 vor § 1353.) Hier stößt die Umschreibung des verletzten Rechtsgutes oder Rechtes auf Schwierigkeiten. Der 59
§ 10 II 3
I. Abschnitt: Eherecht
, ,räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe" als solcher ist kein „sonstiges Recht". Auch ob die personenrechtliche Zuordnung der Ehegatten und ihre Verbindung zu geschlechtlicher Treue als Schutzobjekt eines absoluten Rechts angesehen werden können (so Gernhuber, § 171, 2), ist zweifelhaft. Worum es geht, hat der BGH selbst ausgesprochen: Es geht um den Schutz des Ehegatten in seinem Persönlichkeitsbereich; der Ehegatte soll davor geschützt werden, daß sein Ansehen in der Öffentlichkeit beeinträchtigt wird; geschützt werden sollen seine Ehre und seine Würde und schließlich auch der Bereich, den er zur Entfaltung seiner Persönlichkeit braucht. Schutzobjekt ist also das besondere Persönlichkeitsrecht des Ehegatten, eine spezifische Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hinzutreten können weitere Ansprüche, insbesondere ein Besitzschutzanspruch. Versteht man den „räumlich-gegenständlichen Bereich" so, dann bestehen gegen einen Schutzanspruch keine Bedenken. Der in diesem Bereich verletzte Ehegatte kann sowohl auf Beseitigung der Störung als auch auf Unterlassung künftiger Störungen klagen. Scheitern kann seine Klage lediglich dann, wenn es ihm nicht um den Schutz des äußeren ehelichen Lebensbereiches, sondern um die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft geht; denn in diesem Fall will er mit Zwang etwas erreichen, was nach § 888 II ZPO nicht erzwungen werden darf; vgl. O L G Frankfurt, N J W 1974, 2325. 3. Hinweise für die Lösung des
Ausgangsfalles
a) Anspruch aus unerlaubter Handlung? § 823 I scheidet aus: keine Verletzung eines absoluten Rechts (sehr Str.); § 823 II scheidet ebenfalls aus: weder Art. 6 G G noch § 185 StGB wollen vor Vermögensschäden im Zusammenhang mit einer Ehestörung Schutz gewähren; § 826 kommt deswegen nicht in Betracht, weil dem Ehebrecher kaum jemals ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden kann. b) Trotzdem bleibt der Ehemann nicht gänzlich ohne Schutz: Seine Aufwendungen sind nämlich Unterhaltszahlungen an das Kind. Das gilt jedenfalls für den geleisteten Prozeßkostenvorschuß. Es gilt darüber hinaus aber auch für die dem Scheinvater entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten. Die Klärung der Abstammung ist für das Kind so wichtig, daß die dafür aufgewendeten Kosten als zu seinem Lebensbedarf gehörend angesehen werden können ( B G H , FamRZ 1972, 33). Das Kind kann somit diese Kosten vom wirklichen Vater - sobald dessen Vaterschaft feststeht - ersetzt verlangen. Sein Anspruch geht gem. § 1615 b I kraft Gesetzes auf den Scheinvater über (s. u. § 20 VII, 2 a). Vgl. auch Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 4.
60
Das gesetzliche Ehegüterrecht
§11 I
§ 11. Das gesetzliche Ehegüterrecht I. Geschichtliche Entwicklung Das Ehegüterrecht hat es mit der Frage zu tun: Was geschieht mit dem Vermögen der Ehegatten nach der Eheschließung? Auf diese Frage gibt es zwei extreme Antworten: (1) Es geschieht überhaupt nichts. Es bleibt bei einer Trennung der Gütermassen. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen weiterhin selbständig. (2) Die Lebensgemeinschaft wird zu einer Gütergemeinschaft, die beiderseitigen Vermögen werden gemeinschaftliches Vermögen. Zwischen diesen extremen Möglichkeiten gibt es eine Reihe von mittleren Lösungen: Eine teilweise Vergemeinschaftung, Zuweisung der Verwaltungsbefugnis an einen Ehegatten, keine Vergemeinschaftung aber späterer Ausgleich. Im römischen Recht herrschte Gütertrennung. Der Mann hatte jedoch die Lasten der Ehe zu tragen. Als Beitrag dafür übereignete ihm die Frau oder ein Angehöriger der Frau bestimmte Vermögensgegenstände (dos). Bei der Auflösung der Ehe, namentlich im Fall der Scheidung, hatte der Mann die dos an den Geber zurückzuerstatten. Dieses sog. Dotalsystem wurde in das Gemeine Recht übernommen. Es galt in Teilen Deutschlands noch bis 1900. Ein anderes System: Es besteht Gütertrennung, aber der Mann verwaltet das Vermögen der Frau und hat auch während der Dauer der Ehe die Nutznießung dieses Vermögens. Dieses System (Verwaltung und Nutznießung oder kurz: Verwaltungsgemeinschaft) hatte vor 1900 in Deutschland die weiteste Verbreitung (vor allem in Norddeutschland). Die allgemeine Gütergemeinschaft (die Vermögen der Gatten verschmelzen zu einem Vermögen, dem sog. Gesamtgut) war vor 1900 ebenfalls in ganz Deutschland verbreitet mit besonderen Schwerpunkten in Ostund Westpreußen. Abwandlungen dieser vollkommenen Gütergemeinschaft bildeten die sog. Errungenschaftsgemeinschaft und die sog. Fahrnisgemeinschaft. Bei der Errungenschaftsgemeinschaft wurde nur das Vermögen gemeinschaftlich, das die Ehegatten während der Ehe erwarben, die vorehelichen Vermögen blieben getrennt. Bei der Fahrnisgemeinschaft wurde neben der Errungenschaft auch das bewegliche voreheliche Vermögen der beiden Ehegatten gemeinschaftliches Vermögen. Errungenschaftsgemeinschaft und Fahrnisgemeinschaft galten bis 1900 in vielen Variationen überwiegend in Süddeutschland, die Errungenschaftsgemeinschaft vor allem in Bayern und Württemberg, die Fahrnisgemeinschaft vor allem in Baden. Die Zersplitterung vor dem Inkrafttreten des BGB war heillos. Von Ort zu Ort galten verschiedene Rechte, teilweise sogar von Ortsteil zu Ortsteil. 61
§ 1 1 II
I. Abschnitt: Eherecht
In manchen Orten galt darüber hinaus verschiedenes Recht für die verschiedenen Stände. Dieser Rechtszersplitterung machte das BGB ein Ende. Es erklärte das am weitesten verbreitete System, nämlich die Verwaltungsgemeinschaft, zum gesetzlichen Güterstand: Die Vermögen des Mannes und der Frau blieben auch nach der Eheschließung getrennt. Das sog. eingebrachte Vermögen der Frau wurde jedoch vom Mann verwaltet. Er hatte daran auch die Nutznießung; d. h. die Erträge dieses Vermögens flössen in sein Vermögen - zum Ausgleich dafür, daß er für den Familienunterhalt aufzukommen hatte. Die Frau behielt nur die Verfügungsgewalt über ihr sog. Vorbehaltsgut. Neben diesem gesetzlichen Güterstand gab es im BGB noch vier weitere Güterstände: die Gütertrennung, die insbesondere dann eintrat, wenn die Ehegatten durch Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen hatten, sowie drei vertragliche Güterstände: die allgemeine Gütergemeinschaft, die Fahrnisgemeinschaft und die Errungenschaftsgemeinschaft. Nach dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes konnte der gesetzliche Güterstand nicht mehr bestehen bleiben. An seine Stelle trat zunächst die Gütertrennung. Das Gleichberechtigungsgesetz führte als gesetzlichen Güterstand die sog. Zugewinngemeinschaft ein. Sie gilt, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbaren. An ihrer Statt können durch Vertrag Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbart werden. Weggefallen sind die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft. Vertragliche Modifikationen der Gütergemeinschaft sind jedoch möglich, u. a. auch solche, die in etwa der alten Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnisgemeinschaft entsprechen. Es wird also der gesetzliche Güterstand, die Zugewinngemeinschaft, den Ehegatten nicht aufgezwungen. Sie gilt nur dispositiv, ihre Regelung ist nachgiebiges Recht. Die Gatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse nach § 1408 durch Vertrag abweichend regeln (s. u. § 13 III). II. Die Zugewinngemeinschaft. Grundgedanken Die Zugewinngemeinschaft, seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes gesetzlicher Güterstand, steht zwischen der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft. Solange die Zugewinngemeinschaft währt, bleiben die Vermögen der Ehegatten getrennt. Nach der Beendigung des Güterstandes, sei es durch den Tod eines Ehegatten, sei es durch Scheidung oder sei es durch vertragliche Aufhebung oder Urteil, wird der Zugewinn, den die Gatten erzielt haben, ausgeglichen. Dieser Ausgleich des Zugewinns ist ein Ausdruck der allumfassenden Lebens- und Schicksalsgemeinschaft der Ehegatten, Konsequenz der modernen Vorstellung, daß die Ehe62
Das gesetzliche Ehegüterrecht
§ 1 1 II
gatten in einem genossenschaftsähnlichen Verhältnis stehen, daß ihre Arbeit gleichen Wert hat. Der Ausgleich findet auf verschiedene Weise statt. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, so verzichtet man regelmäßig darauf, den Zugewinn zu berechnen. Statt dessen erhöht man den gesetzlichen Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel des Nachlasses, § 1371 I. Eine Errechnung des Zugewinns findet normalerweise nur statt, wenn die Ehe aus anderen Gründen aufgelöst wird (Aufhebung, Scheidung) oder wenn der Güterstand durch Vertrag oder ein Urteil auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns aufgehoben wird, § 1372. Hier wird dann dem Ehegatten, der während der Ehe keinen Zugewinn erzielt hat oder dessen Zugewinn niedriger ist als der Zugewinn des anderen Ehegatten, eine schuldrechtliche Ausgleichsforderung zuerkannt. Praktisch bedeutet das, daß der Grundgedanke des Zugewinnausgleichs im Normalfall wieder preisgegeben und durch eine schematische Bevorzugung des überlebenden Ehegatten ersetzt wird. Beispiele: 1. M und F heiraten. Im Zeitpunkt der Eheschließung haben beide kein Vermögen. Im Verlauf der Ehe erwirbt der Mann ein Vermögen von 100 000 DM. Die Frau erwirbt nichts. Die Ehe bleibt kinderlos. a) Der Mann stirbt zuerst: Gesetzliches Erbrecht der Frau: Die Frau erhält die Hälfte des Nachlasses = 50 000 DM (§ 1931 I, 1). Die andere Hälfte des Nachlasses fällt an die Eltern oder Geschwister des Mannes. Der Ausgleich des Zugewinns geschieht dadurch, daß der Erbteil gem. § 1371 I um ein Viertel des Nachlasses erhöht wird: Die Frau erhält 75 000 DM. Die Eltern oder Geschwister bekommen lediglich 25 000 DM. Bei einem wirklichen Ausgleich wäre folgendermaßen zu verfahren: Die Frau bekommt die Hälfte des Zugewinns ( = 50 000 DM) vorweg. Der Rest ist der Nachlaß. An diesem Nachlaß hat die Frau ein Erbrecht in Höhe von '/2 ( = 25 000 DM). Zusammen würde die Frau also 75 000 DM erhalten. Der Rest (25 000 DM) würde an die Eltern oder Geschwister des Mannes fallen. Hier führt die erbrechtliche Lösung somit zum gleichen Ergebnis wie die güterrechdiche Lösung. b) Die Frau stirbt zuerst: In diesem Fall behält der Mann seinen Zugewinn ganz. Die Eltern oder Geschwister der Frau bekommen nichts. 2. M und F bringen je ein Kind aus einer früheren Ehe mit in die Ehe. a) Der Mann stirbt zuerst: Erbrechtliche Lösung: gesetzlicher Erbteil der Frau = 'U des Nachlasses (§ 1931 I, 1) = 25 000 DM; Erhöhung um ein weiteres Viertel gemäß § 1371 I; Summe: 50 000 DM. Die verbleibenden 50 000 DM fallen an das Kind des Mannes aus erster Ehe. Bei einer güterrechtlichen Lösung müßte die Frau die Hälfte des Zugewinns ( = 50 000 DM) + '/4 des verbleibenden Nachlasses ( = 12 500 DM) erhalten, zu63
§ 11 III 1
I. Abschnitt: Eherecht
sammen also 62 500 D M . Das Kind des Mannes aus erster Ehe bekäme 37 500 DM.
b) Die Frau stirbt zuerst: Erbrechtliche Lösung: Nachlaß = 0. Der Mann behält seinen Zugewinn ganz. Nach seinem Tod bekommt sein Kind aus erster Ehe 100 000 D M . Das Kind der Frau aus erster Ehe geht leer aus. Bei einer güterrechtlichen Lösung würde der Anspruch der Frau auf die Hälfte des Zugewinns (50 000 DM) den Nachlaß bilden. Von diesem Nachlaß stünde dem Mann ein Viertel ( = 12 500 DM) zu, dem Kind der Frau aus erster Ehe 3/< ( = 37 500 DM). Diese Gegenüberstellung zeigt deudich: Durch die erbrechtliche Lösung werden die Angehörigen, insbesondere die Kinder des Ehegatten, der keinen Zugewinn erzielt hat, in krasser Weise benachteiligt.
III. Nähere Ausgestaltung der Gütertrennung während der Dauer des Güterstandes 1. Während der Dauer des Güterstandes bleiben das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau getrennt. Das gilt sowohl für das Vermögen, das die Ehegatten bei der Eheschließung bereits haben als auch für das Vermögen, das die Ehegatten während der Ehe erwerben, § 1363 II, 1. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbständig und kann darüber auch, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, frei verfügen, § 1364. Aus der Verpflichtung der Gatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich aber für sie die Verpflichtung, bei Ausübung ihrer Vermögensrechte dieser Gemeinschaft Rechnung zu tragen, inbes. zum angemessenen Unterhalt der Familie beizutragen, ihr Vermögen also so zu verwalten, daß sie ihren Unterhaltspflichten nachkommen können. Ein Verstoß gegen diese allgemeinen Pflichten kann bei einem güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht geben, § 1381. Daneben enthalten die §§ 1365-1369 einige Verfügungsbeschränkungen für besondere Fälle, in denen ein Verstoß die Unwirksamkeit der Verfügung zur Folge hat. Eine Rechtspflicht, dem anderen Ehegatten über den Stand des eigenen Vermögens Auskunft zu erteilen, sieht das Gesetz nur bei Beendigung des Güterstandes vor. Will jedoch ein Ehegatte bei bestehender Ehe wissen, wie groß etwa das Vermögen des anderen Ehegatten ist oder wieviel er im Monat verdient, so würde es rechter ehelicher Gesinnung widersprechen, würde ihm eine Auskunft verweigert werden. Ein solches Auskunftsverlangen, das selbstverständlich nicht so weit geht wie das Recht auf Auskunft nach Beendigung des Güterstandes (§ 1379), kann darum auf § 1353 gegründet werden; vgl. Staudinger-Thiele, § 1379 Rz.2. Weigert sich ein Ehegatte grundlos und beharrlich, über den Stand seines Vermögens Auskunft zu geben, so gibt § 1386 III dem anderen Ehegatten das Recht, auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns zu klagen. 64
Das gesetzliche Ehegüterrecht
§ 11 I I I 4
2. Die Bildung von gemeinschaftlichem Vermögen ist bei der Zugewinngemeinschaft nicht ausgeschlossen. Gemeinschaftliches Vermögen entsteht nicht kraft Gesetzes, es kann aber durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung begründet werden. In manchen Fällen kann man eine solche Vereinbarung unterstellen, etwa wenn während der Ehe aus beiderseitigen Ersparnissen ein Sparkonto angelegt oder Hausrat angeschafft wird. Bei der Anschaffung von Hausrat ist allerdings § 1370 zu beachten: Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, werden Eigentum des Ehegatten, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände gehört haben (dingliche Surrogation). Bei dem Miteigentum, das hiernach (insbesondere) an Hausratsgegenständen entstehen kann, handelt es sich um Bruchteilseigentum, nicht um Gesamthandseigentum. Die Ehegatten können nicht stillschweigend eine partielle Gütergemeinschaft begründen und auch der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages kann bei der bloßen Anschaffung von Hausrat nicht unterstellt werden (so mit Recht Baur, SachenR, 10. Aufl. § 51 V4bgegen O L G München, N J W 1972, 542). Fall: Beide Ehegatten sind berufstätig. Der Mann stellt das Haushaltsgeld zur Verfügung. Er kann deswegen nichts ersparen. Die Frau zahlt ihr Einkommen auf ein Konto ein, um die Grundlage für den späteren Bau eines Eigenheims zu schaffen. Wem gehört das Geld auf der Bank? Antwort: Im Zweifel beiden Ehegatten! Die Grundlage der Bruchteilsgemeinschaft ist hier eine stillschweigende Verrechnungsabrede der Parteien des Inhalts, daß die ersparten Gelder, obwohl formal den Einkünften der Ehefrau entstammend, beiden Parteien zustehen sollen; vgl. BGH, FamRZ 1966, 442. 3. Nach § 1364 verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbständig. Es steht aber nichts im Wege, daß ein Ehegatte dem anderen sein ganzes Vermögen oder Teile zur Verwaltung überläßt. Für einen solchen Vertrag gelten die Vorschriften des Auftrags oder des Geschäftsbesorgungsvertrages, also die §§ 662 ff. Der Auftrag ist jederzeit widerruflich, § 671. § 671 ist an sich zwar abdingbar. Aber: Zwischen Ehegatten kann die Widerruflichkeit nur durch förmlichen Ehevertrag ausgeschlossen werden, § 1413. Und selbst dann bleibt ein Widerruf aus wichtigem Grund noch zulässig. 4.
Besitzverhältnisse
An Hausrat und Ehewohnung besteht regelmäßig Mitbesitz. Alleinbesitz haben die Ehegatten normalerweise nur an den zum persönlichen Gebrauch dienenden und an den unter alleinigem Verschluß stehenden Sachen. 65
§ 11 IV 1
I. Abschnitt: Eherecht
IV. Verfügungsbeschränkungen Ausgangsfälle: (1) Der verheiratete Kaufmann K bestellt zu Urkunde des Notars N für die Firma F eine Grundschuld in Höhe von 30 000 DM an seinem Grundstück. Durch die Belastung wird der Verkehrswert des Grundstücks im wesendichen ausgeschöpft. Sonstiges nennenswertes Vermögen hat K nicht. N beantragt den Vollzug der Urkunde. Der Rechtspfleger weigert sich, die Eintragung zu verfügen, ehe nicht die Zustimmung der Ehefrau des K zu dieser Belastung beigebracht worden sei. Mit Recht? (2) Eine Ehefrau (F) hat von ihren Eltern ein Fernsehgerät geschenkt bekommen. Der Ehemann (M) fürchtet einen nachteiligen Einfluß auf die Kinder und verkauft und übereignet das Gerät ohne Wissen der F an seinen Freund (D), der ihn für den Eigentümer hält. Als F das Gerät von D herausverlangt, erklärt dieser, er habe gutgläubig Eigentum an dem Gerät erworben. Hilfsweise macht er geltend, es stehe ihm so lange ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis er den gezahlten Kaufpreis in Höhe von 600 DM zurückerhalten habe.
l.Da die bloße Verpflichtung der Gatten, bei Ausübung ihrer Vermögensrechte der ehelichen Gemeinschaft Rechnung zu tragen, keinen ausreichenden Schutz vor willkürlichen Verfügungen gibt, hat das Gesetz gewisse Verfügungsbeschränkungen aufgestellt. Die Beschränkung besteht darin, daß grundsätzlich der andere Ehegatte der Verfügung zustimmen muß. Von der Zustimmung des anderen Ehegatten sind abhängig (1) Verfügungen über das Vermögen im ganzen, § 1365, (2) Verfügungen über Haushaltsgegenstände, § 1369. Uber sein „ Vermögen im ganzen" verfügt nicht nur derjenige, der ausdrücklich sein Gesamtvermögen als Objekt des Geschäfts bezeichnet, sondern auch derjenige, der nur über einen einzelnen Gegenstand oder über mehrere einzelne Gegenstände verfügt, wenn nur diese Gegenstände praktisch sein gesamtes Vermögen darstellen (so die herrschende „Einzeltheorie", BGHZ 35, 135; 43,174; Staudinger-Thiele § 1365 Rz. 17, im Gegensatz zu der sog. „ Gesamttheorie"). Ob letzteres der Fall ist, entscheidet eine wirtschafdiche Betrachtungsweise. Arbeits- und Renteneinkommen bleiben dabei nach h. M. außer Betracht (vgl. dazu ausführlich Sandrock, Festschrift für F. W. Bosch, 1976, 841 ff., 843ff.). Typischer Anwendungsfall: Übertragung eines Bauernhofes oder eines gewerblichen Unternehmens an einen Abkömmling im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Wird nicht über das Gesamtvermögen, sondern über einen einzelnen Gegenstand oder über einzelne Gegenstände verfügt, so ist § 1365 allerdings nur anwendbar, wenn der Vertragspartner weiß, daß es sich bei dem Vermögensgegenstand um praktisch das ganze Vermögen des Ehegatten handelt oder zumindest die Verhältnisse des Verfügenden kennt, aus denen er einen entsprechenden Schluß ziehen kann (so - im Interesse der Sicherheit 66
Das gesetzliche Ehegüterrecht
§ 1 1 IV 1
des Rechsverkehrs - die herrschende „subjektive Theorie", BGHZ43,177; Staudinger-Thiele, § 1365 Rz. 21 ff., im Gegensatz zur „objektiven Theorie", die zum Schutz der Familie § 1365 immer dann anwenden will, wenn ein Gegenstand objektiv das gesamte Vermögen ausmacht; Gemhuber, § 35 II, 6). Eine teleologische Reduktion des § 1365 ergibt sich ferner auch aus der sog. Ausschöpfungslehre. Sie besagt, daß eine Belastung (= Verfügung) des (Grund =)Vermögens dann nicht unter § 1365 fällt, wenn der Wert des belasteten Gegenstandes durch die Belastung nicht ausgeschöpft wird. Wichtig: Zustimmungsbedürftig ist nicht erst das Verfügungsgeschäft, sondern bereits das Verpflichtungsgeschäft. Insofern ist die übliche Bezeichnung „Verfügungsbeschränkungen" nicht ganz korrekt. Es handelt sich um Veräußerungsverbote, und zwar nicht um relative Veräußerungsverbote (i.S. des § 135), sondern um absolute Veräußerungsverbote (BayObLG, FamRZ 1967, 337). Ein gutgläubiger Erwerb, wie er bei relativen Veräußerungsverboten möglich ist (§ 135 II), ist hier ausgeschlossen. Geprüft wird in erster Linie das Verpflichtungsgeschäft. Ist das Verpflichtungsgeschäft wirksam, so ist in aller Regel für das Verfügungsgeschäft keine weitere Genehmigung mehr erforderlich. Die Zustimmung zum Verpflichtungsgeschäft deckt auch das Verfügungsgeschäft. War das Verpflichtungsgeschäft auch ohne Zustimmung wirksam, so ist zu unterscheiden: Verpflichtungsgeschäfte, die vor der Eheschließung eingegangen werden, können auch noch nach der Eheschließung ohne Zustimmung des Ehegatten erfüllt werden (§ 1365 I, 2 handelt nur von dem Fall, daß ein „Ehegatte" sich ohne Zustimmung des anderen „Ehegatten" verpflichtet hat). Bedurfte das Verpflichtungsgeschäft deshalb keiner Zustimmung, weil im Zeitpunkt der Verpflichtung der Ehegatte noch über anderes Vermögen verfügte, so unterfällt die Erfüllung dann dem § 1365, wenn z.Z. der Verfügung der Verfügungsgegenstand praktisch das gesamte Vermögen des Verfügenden ausmachte. War das Verpflichtungsgeschäft wirksam, weil der Vertragspartner nicht wußte, daß es sich um ein Geschäft i. S. des § 1365 handelte, so muß die Verpflichtung auch erfüllt werden. Spätere Kenntnis kann dem Vertragspartner nicht mehr schaden. Festzuhalten ist also: Zustimmungsbedürftig sind Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte dann, wenn sie entweder das Vermögen im ganzen (praktisch das ganze Vermögen) oder Gegenstände des ehelichen Hausrats betreffen. Die Verfügung über andere Gegenstände, mögen sie auch noch so wichtig sein, rechtfertigt die Anwendung dieser Vorschrift nicht. So ist z.B. die Verfügung über die Familienwohnung nicht zustimmungsbedürftig, wenn der Verfügende daneben noch anderes Vermögen hat - ein seltsames Ergebnis, wenn man bedenkt, daß die Verfügung über Einrichtungsgegenstände zustim67
§ 11 IV 2
I. Abschnitt: Eherecht
mungsbedürftig ist. Der andere Ehegatte kann sich lediglich auf § 1353 berufen (vgl. O L G Nürnberg, FamRZ 1962, 473 und oben § 7 III, lc). Ob der Verfügende eine Gegenleistung erhält, spielt für die Anwendbarkeit der §§ 1365 ff. keine Rolle. Er bedarf der Zustimmung seines Ehegatten auch dann, wenn das Geschäft ihm wirtschaftliche Vorteile bringt (arg. e § 1365 II: Wäre § 1365 auf unentgeltliche Geschäfte beschränkt, so wäre § 1365 II praktisch bedeutungslos); vgl. B G H Z 35, 135. Uber die Zweckmäßigkeit des § 1369 in der vorliegenden Fassung kann man geteilter Meinung sein.
Beispiele: Der Ehemann verkauft die Eigentumswohnung, in der die Familie wohnt - die Zustimmung der Ehefrau ist nicht erforderlich (wenn nicht § 1365 eingreift). Die Ehefrau will (nachdem die Kinder groß geworden sind) das Kinderbett, den Kinderwagen, den Laufstall verkaufen - der Ehemann muß zustimmen! Der Ehemann verkauft sein Auto - die Zustimmung der Ehefrau ist nur dann erforderlich, wenn sie den Kraftwagen mitbenutzt hat.
O b § 1369 auch dann gilt, wenn die Ehegatten getrennt leben, ist umstritten. Die herrschende Meinung bejaht die Anwendbarkeit mit dem Hinweis, gerade getrennt lebende Ehegatten seien besonders schutzbedürftig (vgl. Soergel-Lange, § 1369 Bern. 3). Aber: Getrennt lebende Ehegatten haben keinen „ehelichen Haushalt". Damit fehlt ein Tatbestandsmerkmal für die Anwendung des § 1369 (vgl. Gembuber, § 35 III, 4). 2. Die Zustimmung des Ehegatten kann nach § 182 dem verfügenden oder sich verpflichtenden Ehegatten oder dem Dritten gegenüber erklärt werden. Die Zustimmung zu dem Verpflichtungsgeschäft deckt auch das Verfügungsgeschäft. Sie kann also nach dem Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts nicht mehr widerrufen werden. Wäre es anders, dann könnte der Dritte aus dem (gültigen) Verpflichtungsgeschäft klagen und dann in das Vermögen des Ehegatten vollstrecken. Wird die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert, dann kann sie durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Ehegatten ersetzt werden, §§ 1365 II, 1369 II. Die fehlende Einwilligung macht einen Vertrag schwebend unwirksam, aber durch Genehmigung heilbar, § 1366 I. Ein einseitiges Rechtsgeschäft (z. B. Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses, wenn der Gesellschaftsanteil praktisch das gesamte Vermögen ausmacht) ist dagegen, wenn die Zustimmung fehlt, unheilbar nichtig, § 1367. Bei Verträgen hat der Dritte während des Schwebezustandes zwei Möglichkeiten: Er kann einmal den Vertrag widerrufen, freilich nur dann, wenn er nicht gewußt hat, daß sein Vertragspartner verheiratet war oder wenn dieser wahrheitswidrig die Einwilligung seines Ehepartners behauptet und der Dritte dieser Behauptung vertraut hat, § 1366 II. Der Dritte kann aber auch den abschließenden Ehegatten auffordern, die erforderliche Geneh68
Das gesetzliche Ehegüterrecht
§ 1 1 IV 4
migung des anderen Ehegatten zu beschaffen. Hier muß dann der andere Ehegatte seine Genehmigung dem Dritten gegenüber erklären. Die Genehmigung gilt als verweigert, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt wird, § 1366 III. 3. Die §§ 1365ff. finden nur Anwendung, solange die Ehe (bzw. der Güterstand) besteht. Das bedeutet nicht, daß schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte mit Beendigung der Ehe in jedem Fall voll wirksam würden. Zwar ist es richtig, daß der verfügende Ehegatte nach Beendigung der Ehe erneut und nun auch voll wirksam über den Gegenstand verfügen könnte. D e r Unterschied zwischen einer erneuten Verfügung und der rückwirkenden Heilung eines früheren Rechtsgeschäfts liegt aber darin, daß die rückwirkende Heilung Auswirkungen haben kann auf den Zugewinnausgleich, während diese Gefahr bei einer Neuvornahme des Rechtsgeschäfts nicht besteht. Beispiel: M will sich von seiner Frau trennen. Er verkauft - ohne Wissen seiner Frau - ein größeres Grundstück (Bauerwartungsland), das praktisch sein gesamtes Vermögen ausmacht, um mit dem Erlös in einer anderen Stadt eine Eigentumswohnung zu erwerben. Ein Jahr danach erhebt er die Scheidungsklage. Inzwischen ist aus dem Bauerwartungsland Bauland geworden, der Wert um 100 Prozent gestiegen. Kann nunmehr, nachdem die Ehe geschieden worden ist, die Frau ihre Genehmigung noch verweigern? Die Rechtsprechung nahm früher an, daß schwebend unwirksame Geschäfte mit der Auflösung der Ehe zu voll wirksamen Geschäften erstarken. Die Literatur kritisierte, daß dadurch die Rechte der Frau verkürzt würden. Ihr hat sich nun der B G H angeschlossen (FamRZ 1978, 396). Die H ö h e des Anspruchs der Frau auf Zugewinnausgleich bestimmt sich danach, wie groß im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags das Vermögen ihres Mannes war. Hat sich dieses Vermögen infolge der Veräußerung vermindert, so würde sich auch ihr Ausgleichsanspruch vermindern, wenn sie die Veräußerung gegen sich gelten lassen müßte. Nur dann konvalesziert ein schwebend unwirksames Rechtsgeschäft mit Beendigung des Güterstandes zu voller Wirksamkeit, wenn die Interessen des anderen Ehegatten durch das Wirksamwerden nicht berührt werden können, etwa wenn der zustimmungsberechtigte Ehegatte stirbt: die §§ 1365ff. bezwecken nicht den Schutz der Erben; vgl. Gemhttber, § 35 IV, 7. 4. Für die Verfügung gilt das gleiche wie für den schuldrechtlichen Vertrag. Die fehlende Einwilligung macht die Verfügung schwebend unwirksam, die Verweigerung der Genehmigung hat die endgültige Nichtigkeit zur Folge, wenn die Genehmigung nicht durch das Vormundschaftsgericht ersetzt wird. Die Nichtigkeit wirkt gegenüber jedermann (vgl. B G H Z 40, 218). Der gute Glaube des Dritten an die Verfügungsbefugnis des Ehegat69
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ten wird nicht geschützt. § 135 II ist nicht anwendbar. Absolutes Veräußerungsverbot! Der Verfügende kann vindizieren. E r braucht sich den Einwand des venire contra factum proprium nicht entgegenhalten zu lassen, weil die Vorschriften das Interesse des anderen Ehegatten schützen wollen. Aber nicht nur der Verfügende, sondern auch der andere Ehegatte kann den Gegenstand der Verfügung herausverlangen. Beide Gatten haben die sog. revokatorische Klage (§ 1368). Der zustimmungsberechtigte Ehegatte macht damit freilich kein eigenes Recht geltend, sondern ein fremdes Recht im eigenen Namen (Prozeßstandschaft); vgl. Soergel-Lange, § 1368 Anm. 9. 5. Hinweise für die Lösung der Ausgangsfälle: Fall 1: a) K hat nicht „über sein Vermögen verfügt", sondern lediglich sein Grundstück belastet. Frage: Kann auch die Verfügung über einen einzelnen Gegenstand eine Verfügung über das Vermögen im ganzen sein? Die Frage ist mit der herrschenden „Einzeltheorie" zu bejahen. b) Wann ist die Belastung eines Grundstücks eine Verfügung über das Vermögen im ganzen? Die Belastung eines Grundstücks ist eine Verfügung über das Grundstück. Bildet das Grundstück im wesentlichen das ganze Vermögen des Verfügenden, so wäre bei einer buchstabengetreuen Auslegung des § 1365 jegliche Belastung des Grundstücks eine Verfügung über das Vermögen im ganzen. Hier hat sich jedoch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise durchgesetzt. Eine Belastung des - das ganze Vermögen ausmachenden - Grundstücks fällt nur dann unter § 1365, wenn die Belastung den Verkehrswert des Grundstücks ganz oder im wesentlichen ausschöpft (BayObLGZ 1967, 89; Staudinger-Thiele, § 1365 Rz. 47).Das ist hier der Fall. c) Spielt es eine Rolle, ob der Vertragspartner des Ehegatten weiß, daß es sich bei dem Verfügungsobjekt um praktisch das gesamte Vermögen des Verfügenden handelt? Die objektive Theorie sagt nein, die herrschende subjektive Theorie sagt ja. d) Kommt es auf die Kenntnis des Vertragspartners im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts an oder ist die Kenntnis zur Zeit der Vollendung des Erwerbstatbestandes entscheidend? Fehlte dem Vertragspartner bei Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts die erforderliche Kenntnis, so ist das Verpflichtungsgeschäft wirksam und muß deswegen auch erfüllt werden. Spätere Kenntnis kann ihm nicht mehr schaden (BayObLGZ 1967, 87, 91; Tiedtke, FamRZ 1975, 65; a.A. Lange, JuS 1974, 766). e) Ergebnis: Wußte F bei Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts nicht, daß es sich bei dem Grundstück um praktisch das gesamte Vermögen des K handelte, so war das Geschäft auch ohne die Einwilligung des Ehegatten voll wirksam. Die Eintragung kann deswegen nicht vom Nachweis der Zustimmung des anderen Ehegatten abhängig gemacht werden (ausführliche Lösung bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 11). 70
Der Zugewinnausgleich
§12 1
Fall 2: a) Problem: § 1369 betrifft Verfügungen eines Ehegatten über ihm gehörende Haushaltsgegenstände. Ist die Vorschrift auch dann - analog - anwendbar, wenn ein Ehegatte über Haushaltsgegenstände verfügt, die dem anderen Ehegatten gehören? Die Frage ist bestritten. Die Befürworter einer analogen Anwendung berufen sich auf den Schutzzweck des § 1369 (OLG Köln, MDR 1968, 586; Dolle I, § 53 III; Gemhuber, § 35 III, 1; Palandt-Diederichsen, § 1369 Anm. 1). Die Gegner argumentieren: Eine Ausweitung des § 1369 würde die Verkehrssicherheit gefährden (müßten dann nicht auch Haushaltsgegenstände einbezogen werden, die keinem Ehegatten gehören, sondern einem Ehegatten nur leih- oder mietweise überlassen worden sind?). Außerdem ist sie praktisch nicht geboten (Verfügung des Nichteigentümers ist Verfügung eines Nichtberechtigten, darum grundsätzlich unwirksam, § 185; gutgläubiger Erwerb scheitert daran, daß an Hausratsgegenständen die Ehegatten regelmäßig Mitbesitz haben; dem Eigentümer ist die Sache dann abhanden gekommen); vgl. Rittner, Die Bedeutung des § 1369 BGB im Handelsrecht, FamRZ 1961, 185ff., 191 ff.; Staudinger-Thiele, § 1369 Rz. 34ff. b) Nimmt man an, daß D deswegen kein Eigentum erworben hat, weil das Gerät der F abhanden gekommen ist, so kann D den Kaufpreis gem. §§ 4401,323 III von M herausverlangen. Wendet man § 1369 analog an, so kann D seinen Herausgabeanspruch unmittelbar auf § 812 I, 1 gründen, da in diesem Fall auch das Verpflichtungsgeschäft als unwirksam angesehen werden müßte. In beiden Fällen hat D aber nur gegen M Ansprüche. Gegenüber dem Herausgabeanspruch der F kann er deswegen kein Zurückbehaltungsrecht (§ 273) geltend machen. Vgl. dazu die ausführliche Lösung bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 12.
§ 12. Der Zugewinnausgleich I. Der Zugewinnausgleich zu Lebzeiten beider Gatten Ausgangsfall: Balduin und Kunigunde waren von 1945-1961 miteinander verheiratet. Im Jahre 1959 begann Kunigunde mit Balduins Neffen Nepomuk ein intimes Verhältnis. Im Dezember 1959 und im Juni 1961 brachte sie zwei Töchter zur Welt, als deren Vater Nepomuk festgestellt wurde. Nachdem seine Bitten, die Beziehungen zu Nepomuk abzubrechen, nichts halfen, erhob Balduin am 21.2.1961 Scheidungsklage. Die Ehe wurde geschieden. - Balduins Mutter gehört ein kleines landwirtschaftliches Anwesen. Balduin und Kunigunde lebten seit dem Beginn ihrer Ehe auf dem Hof und bewirtschafteten das Anwesen gemeinsam, bis Balduin eine Stelle bei der Gemeindeverwaltung bekam. Für ihre Arbeit erhielten Balduin und Kunigunde von Balduins Mutter freie Kost und Wohnung, aber keinen Barlohn. - Im Jahre 1949 erwarb Balduin einen Acker von 1600 m2 Größe. Den Kaufpreis von 700 DM stellte seine Mutter zur Verfügung, sie zahlte den Betrag unmittelbar an den Verkäufer. Bei Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes, am 1.7.1958, hatte das Grundstück einen Wert von 11 200 DM. Danach stieg sein Wert weiter, weil Nachbargrundstücke durch eine Firma aufgekauft wurden. Schließlich, im Oktober 1960, verkaufte Balduin das Grundstück an die Firma für 32 000 DM. - Kunigunde
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§ 1 2 13
I. Abschnitt: Eherecht
fordert nun von Balduin die Hälfte des erzielten Zugewinns, nämlich 10 400 DM. Muß Balduin diesen Betrag zahlen?
1. Ein wirklicher Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns erfolgt regelmäßig nur, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Gatten beendet wird, also durch Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe, sowie durch Aufhebung des Güterstandes durch Vertrag oder durch Urteil auf vorzeitigen Zugewinnausgleich, § 1372. Wird der Güterstand durch den Tod eines Gatten beendet, so erfolgt ein solcher „güterrechtlicher" Ausgleich nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer ist, § 1371 II. 2. In den Fällen eines güterrechtlichen Ausgleichs wird dem Ehegatten, der keinen oder einen geringeren Zugewinn in der Ehe erzielt hat, eine Ausgleichsforderung gegen den Gatten, der den größeren Zugewinn erzielt hat, zugebilligt. Die Ausgleichsforderung beträgt die Hälfte des Betrages, um den der Zugewinn des einen Gatten den des anderen übersteigt, § 1378 I. Errechnet wird der Zugewinn durch Vergleich des Anfangsvermögens, d. h. des Vermögens bei Eintritt des Güterstandes, mit dem Endvermögen, d.h. dem Vermögen bei Beendigung des Güterstandes, § 1373. 3. Nähere Berechnung des Zugewinns a) Beispiel: Anfangsvermögen des Mannes: 10 000 DM; Endvermögen: 100 000 DM. Anfangsvermögen der Frau: 20 000 DM; Endvermögen: 40 000 DM. Zugewinn des Mannes folglich: 90 000 DM; Zugewinn der Frau: 20 000 DM. Ergebnis: Die Frau hat gegen den Mann einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 70 000 : 2 = 35 000 DM. Variation: Der Zugewinn des Mannes beruht auf seinem Arbeitsverdienst. Der Zugewinn der Frau beruht darauf, daß sie von ihren Eltern nach der Eheschließung Möbel im Wert von 10 000 DM bekommen hat und von ihrem Mann Wertpapiere im Wert von 10 000 DM. Grundsatz 1: Der Zugewinnausgleich geht auf die Vorstellung zurück, daß jeder Zugewinn des einen Ehegatten indirekt auch auf der Mitarbeit des anderen Ehegatten beruht (der Mann hätte nicht so viel ersparen können, wenn die Frau nicht „kostenlos" den Haushalt geführt hätte!). Darum gilt Vermögen, das einem Ehegatten unentgeltlich oder aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen zugewendet worden ist, regelmäßig nicht als Zugewinn. Schenkungen, Ausstattungen, Erbschaften werden deswegen dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, § 1374 II. Grundsatz 2: Hat ein Ehegatte den anderen in großzügiger Weise schon bei bestehendem Güterstand an seinem Zugewinn beteiligt, so muß sich der 72
Der Zugewinnausgleich
§ 1 2 13
ausgleichsberechtigte Ehegatte diese Vorausempfänge grundsätzlich anrechnen lassen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Gelegenheitsgeschenke und solche Zuwendungen, bei denen nachgewiesen werden kann, daß sie nach dem Willen des Zuwendenden von der Anrechnung ausgenommen sein sollten, § 1380 I. Hätte M die Wertpapiere seiner Frau nicht übertragen, so wäre sein Endvermögen und damit sein Zugewinn um 10 000 DM höher. Der Wert der Papiere ist deswegen seinem Zugewinn hinzuzurechnen, § 1380 II. Ausstattung (Möbel) und Schenkungen (Wertpapiere) sind kein ausgleichspflichtiger Zugewinn. Vom Zugewinn der F sind somit 20 000 DM abzuziehen. Rechnerisch geschieht dies dadurch, daß ihrem Anfangsvermögen 20 000 DM hinzugezählt werden, § 1374 II. Daraus ergibt sich folgende Lösung: Anfangs vermögen des M: 10 000 DM; Endvermögen 100 000 DM. Dem Endvermögen wird hinzugerechnet, was M seiner Frau als Vorausleistung zugewendet hat, § 1380 II. Wertpapiere sind keine Gelegenheitsgeschenke und gelten darum im Zweifel als ausgleichspflichtige Vorausleistung. Endvermögen somit: 100 000 DM + 10 000 DM = 110 000 DM. Zugewinn: 110 000 DM (Endvermögen) - 10 000 DM (Anfangsvermögen) = 100 000 DM. Anfangsvermögen der F: 20 000 DM. Dem Anfangsvermögen wird hinzugerechnet, was die F nach der Eheschließung als Ausstattung von ihren Eltern bekommen hat, nämlich die Möbel im Wert von 10 000 DM, sowie die Wertpapiere im Wert von ebenfalls 10 000 DM. Das Anfangs vermögen der F beträgt somit 40 000 DM, das Endvermögen ebenfalls 40 000 DM, der Zugewinn ist gleich null. Der Ausgleichsanspruch der F entspricht der Hälfte des Betrages, um den der Zugewinn des M ihren eigenen Zugewinn übersteigt, also 100 000 DM : 2 = 50 000 DM. Auf diesen Anspruch muß sie sich gem. § 1380 I anrechnen lassen, was sie als Vorempfang erhalten hat, also den Wert der Papiere (10 000 DM). Insgesamt hat die F somit gegen M einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 40 000 DM. Hätte M bei der Schenkung der Wertpapiere bestimmt, daß die Schenkung auf die Ausgleichsforderung nicht angerechnet werden solle, so wäre § 1380 nicht anwendbar. Der Zugewinn des M würde lediglich 90 000 DM betragen, der Ausgleichsanspruch der F dementsprechend 45 000 DM. Diesen Anspruch könnte die F dann aber in voller Höhe geltend machen. b) Unbillige Konsequenzen Zu merkwürdigen Ergebnissen führt die herrschende Meinung, wenn die Zuwendungen eines Ehegatten an den anderen seinen Zugewinn übersteigen. Der Gesetzgeber hat nämlich versäumt, für diesen Fall eine Rücker73
§ 12 I 3
I. Abschnitt: Eherecht
stattungspflicht des begünstigten Ehegatten vorzusehen. Angenommen der Ehemann baut mit seinen Ersparnissen (Wert: 100 000 DM) auf dem Grundstück der Frau, das diese von ihren Eltern geerbt hat (Wert: 50 000 DM), ein Haus, ohne Miteigentümer werden zu wollen. Hatten beide Ehegatten kein Anfangs vermögen und ist bei Beendigung des Güterstandes außer dem Haus auch kein Endvermögen vorhanden, so sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Anfangsvermögen des Mannes: 0; Endvermögen: 0. Dem Endvermögen wird allerdings der Wert der Zuwendung an die Frau (100 000 DM) hinzugerechnet. Rechnerischer Zugewinn des Mannes somit: 100 000 DM. Anfangsvermögen der Frau: 0; Endvermögen: 150 000 DM (Wert des bebauten Grundstücks). Dem Anfangs vermögen werden der Wert des ererbten Grundstücks und des darauf gebauten Hauses hinzugerechnet. Der Wert des Anfangsvermögens ist somit gleich dem Wert des Endvermögens. Rechnerisch hat die Frau demzufolge keinen Zugewinn erzielt. Auf ihren Ausgleichsanspruch in Höhe von 50 000 DM muß sie sich allerdings den Wert dessen anrechnen lassen, was der Mann für den Hausbau aufgewendet hat. Im Ergebnis kann sie darum nichts verlangen. Sie braucht aber nach den güterrechtlichen Regeln auch nichts herauszugeben. Diese krasse Benachteiligung des Mannes läßt sich nur ausgleichen, wenn man dem Mann die Möglichkeit gibt, die Zuwendung rückgängig zu machen. Als Grundlage für eine solche Rückgängigmachung k o m m t - bei Auflösung der Ehe durch Scheidung - Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (vgl. Lieb, Ehegattenmitarbeit, S.129, sowie unten § 15 II 3). c) Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen Vermögen ist das Aktivvermögen abzüglich der Schulden. Wenn also ein Ehegatte Wertpapiere im Werte von 10 000 DM in die Ehe mitbringt, aber 4000 DM Schulden hat, so beträgt sein Anfangsvermögen 6000 DM. Die Verbindlichkeiten können aber nur bis zur Höhe des Aktivvermögens abgezogen werden. Das Anfangsvermögen ist also mindestens null, § 13741. Das Hauptproblem des Zugewinnausgleichs ergibt sich aus der Schwierigkeit, das Anfangsvermögen nach längerer Ehedauer noch festzustellen. Diese Schwierigkeit war es, die den Gesetzgeber veranlaßt hat, bei Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten auf die wirkliche Errechnung des Zugewinns zu verzichten und den Zugewinnausgleich durch eine schematische Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ein Viertel des Nachlasses zu ersetzen. In anderen Fällen versucht das Gesetz die Berechnungsschwierigkeiten dadurch zu verringern, daß es die Gatten auf die Möglichkeit verweist, ein gemeinsames Verzeichnis zu errichten, in dem der Bestand und der Wert des Anfangs Vermögens festgestellt werden und das dann im Verhältnis der 74
Der Zugewinnausgleich
§ 1 2 13
Ehegatten zueinander die Vermutung der Richtigkeit für sich hat, § 1377. Wichtiger noch ist § 1377 III: Ist kein Verzeichnis aufgenommen, so wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß kein Anfangs vermögen vorhanden war, daß also mit anderen Worten das gesamte Vermögen Zugewinn ist. Im übrigen haben die Ehegatten die Möglichkeit, während des Ehescheidungsprozesses für den Fall der Auflösung der Ehe Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich zu treffen. Solche Verträge bedürfen allerdings der notariellen Beurkundung, § 1378 III, 2. Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Gatten bei Beendigung des Güterstandes nach Abzug der Schulden verbleibt, § 1375. Jeder Ehegatte ist verpflichtet, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Vermögens Auskunft zu geben, § 1379. Jeder Gatte muß dem anderen auf Verlangen ein Bestandsverzeichnis vorlegen (§ 260), das auch den Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten angibt. d)
Bewertungsmaßstäbe
Was die Bewertungsmaßstäbe angeht, so ist grundsätzlich der Verkehrswert maßgebend, für einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb der Ertragswert, § 1376. Der Ertragswert errechnet sich aus dem jährlichen Reingewinn. Der Ertragswert ist ein Vielfaches des jährlichen Reingewinns. Einzelheiten sind in Landesgesetzen geregelt, Art. 137 EGBGB. Üblicherweise geht man von dem 25fachen Betrag des jährlichen Reingewinns aus. Häufig muß ein Ehegatte, um den Ausgleichsanspruch des anderen befriedigen zu können, Vermögensgegenstände veräußern. Ist bei einer solchen Veräußerung der Verkehrswert nicht zu erzielen, so tritt - für die Berechnung des Endvermögens - an seine Stelle der Veräußerungswert (vgl. Soergel-Lange, § 1376 Bern. 7). Das hat Bedeutung insbesondere dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Beteiligung an einer Handelsgesellschaft aufgeben muß; vgl. dazu Rittner, FamRZ 1961, 505ff., 515. e)
Wertsteigerung
Ein und derselbe Gegenstand kann bei Beendigung des Güterstandes einen höheren Wert haben als zu Beginn des Güterstandes. Das kann auf zwei Gründen beruhen: einem wirklichen Wertzuwachs oder einem scheinbaren Wertzuwachs. Wenn beispielsweise Ackerland zu Bauland wird, dann ist sein Wert wirklich gestiegen. Wenn dagegen ein Kaufkraftschwund bei Sachwerten zu einem höheren Geldwert führt, dann liegt nur eine scheinbare Wertsteigerung vor. 75
§1214
I. Abschnitt: Eherecht
In den Fällen einer wirklichen Wertsteigerung ist es nahezu einhellige Auffassung, daß die Wertsteigerung einen ausgleichspflichtigen Vermögenszuwachs darstellt (BGHZ 46, 343). Ob auch bei einer scheinbaren Wertsteigerung eine Ausgleichspflicht entsteht, war dagegen lange Zeit umstritten. Heute hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß bei einer scheinbaren Wertsteigerung keine Ausgleichspflicht entsteht. Aus dem Grundgedanken der Zugewinngemeinschaft folgt, daß der andere Ehegatte nur an einem echten Vermögenszuwachs beteiligt werden soll (BGH, NJW 1974, 137). f ) Substanzverlust Die Ehefrau hat eine Aussteuer mitbekommen im Wert von 20 000 DM. Der Ehemann hat in die Ehe nichts mit eingebracht. Bei der Ehescheidung hat der Ehemann ein Vermögen von 75 000 DM, die Möbel der Frau haben infolge der Abnutzung nur noch einen Wert von 5000 DM. Sie selbst hat Ersparnisse aus ihrer Berufstätigkeit in Höhe von 20 000 DM. Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch? Zugewinn des Mannes: 75 000 DM; Zugewinn der Frau: 25 000 DM (Endvermögen) -20 000 DM (Anfangsvermögen) = 5000 DM. Der Ausgleichungsanspruch beträgt somit (75 000 DM - 5000 DM) : 2 = 35 000 DM. Beachte: Die Ersparnisse der Frau werden also zunächst dazu verwendet, den Substanzverlust des Anfangsvermögens auszugleichen. 4. Sicherung des Zugewinnausgleichs Die Sicherung des Zugewinnausgleichs versucht das Gesetz zu gewährleisten: a) Durch die bereits erwähnte Auskunftspflicht über den Stand des Endvermögens, § 1379. b) Durch Zurechnung von gewissen, von einem Ehegatten vorgenommenen Vermögensminderungen zu seinem Endvermögen. Hinzuzurechnen sind (§ 1375 II): (1) Unentgeltliche Zuwendungen, durch die der Ehegatte nicht einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandsrücksicht entsprochen hat (Beispiele: Der Ehemann hat seiner Freundin eine Eigentumswohnung gekauft, Abkömmlingen Zuwendungen gemacht, die eine Erbfolge vorwegnehmen). (2) Verschwendetes Vermögen (Beispiel: Der Ehemann hat 10 000 DM in einer Spielbank verspielt). (3) Vermögensminderungen in der Absicht, den anderen Gatten zu benachteiligen (Beispiel: Die Ehefrau verbrennt Hundertmarkscheine). 76
Der Zugewinnausgleich
§ 1 2 15
Die Hinzurechnung findet aber nur dann statt, wenn diese Vermögensminderungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes vorgenommen wurden. Eine Hinzurechnung findet nicht statt, wenn der andere Ehegatte mit der Vermögensminderung einverstanden war, § 1375 III. c) Durch einen Bereicherungsanspruch gegen Personen, denen der andere Ehegatte in der Absicht, seinen Gatten zu benachteiligen, Zuwendungen gemacht hat. Einen solchen Bereicherungsanspruch hat ein Ehegatte dann, wenn der andere Ehegatte ihm ausgleichspflichtig wäre, aber wegen der Vermögensminderungen, die er vorgenommen hat, nichts leisten kann. Beispiel: Zugewinn der Frau ist gleich null. Der Mann hat ein Jahr vor der Scheidung seinen gesamten bis dahin erzielten Zugewinn in Höhe von 20 000 DM seiner Freundin geschenkt. Ausgleichsanspruch der Frau: 10 000 DM. Vom Mann ist nichts zu bekommen. Hier hat die Frau einen Bereicherungsanspruch gegen die Freundin, § 1390 I. Ob die Freundin die Benachteiligungsabsicht gekannt hat, spielt bei einer unentgeltlichen Zuwendung keine Rolle, § 1390 I. Handelt es sich um ein entgeltliches Rechtsgeschäft, das der Ehegatte in Benachteiligungsabsicht vorgenommen hat (z.B. Verkauf einer Sache weit unter ihrem wirklichen Wert), so entsteht ein Bereicherungsanspruch gegen den Dritten nur dann, wenn er die Benachteiligungsabsicht nachweislich gekannt hat, § 1390 II.
5. Wahrung der Interessen des Ausgleichspflichtigen Die Interessen des Ausgleichspflichtigen werden durch die §§ 1381 bis 1383 gewahrt. Hier ist besonders wichtig § 1381 I: Der Ausgleichsschuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung ganz oder zum Teil einredeweise verweigern, wenn der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Eine solche grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat, § 1381 II; so, wenn der Mann schuldhaft seiner Arbeit nicht nachgegangen ist oder einen übermäßigen Teil seines Arbeitseinkommens für sich verbraucht hat oder wenn die Frau ihren Haushaltspflichten nicht nachgekommen ist. Eheverfehlungen nicht wirtschaftlicher Natur des Gläubigers berechtigen den Schuldner der Ausgleichsforderung grundsätzlich nicht dazu, die Erfüllung der Forderung zu verweigern, es sei denn, daß sie sich auf die wirtschaftliche Situation der Ehegatten ausgewirkt haben, etwa wenn ein Ehegatte den anderen verlassen und längere Zeit von ihm getrennt gelebt hat; vgl. BGHZ 46, 350. Zu berücksichtigen sind dagegen in jedem Fall die 77
§12
17
I. Abschnitt: Eherecht
Einkommens- und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten und ihre unterhaltsrechtliche Versorgungslage. Würde der Ausgleichspflichtige infolge der Ausgleichszahlung in eine Nodage geraten, während der ausgleichsberechtigte Ehegatte in seiner Versorgung nicht gefährdet ist, so kann § 1381 geltend gemacht werden; vgl. B G H , F a m R Z 1973, 254. 6. Die Klage auf vorzeitigen
Ausgleich
des
Zugewinns
Die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns soll vor allem den Ausgleichsberechtigten sichern. Aber auch der Ausgleichspflichtige kann sich ihrer bedienen, um eine ungerechtfertigte Beteiligung des anderen Gatten am Zugewinn auszuschließen. Die Klage kann erhoben werden: a) wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben, von jedem Ehegatten; b) wenn der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, daß er sie auch in Zukunft nicht erfüllen wird, § 1386 I ; c) wenn der andere Ehegatte ohne Zustimmung seines Partners über sein Vermögen im ganzen verfügt oder sich zu einer solchen Verfügung verpflichtet hat und deswegen eine erhebliche Gefährdung der künftigen Ausgleichsforderung zu besorgen ist, §§ 1386 II Ziff. 1, 1365; d) wenn der andere Ehegatte sein Vermögen durch Verschwendung, unentgeltliche Zuwendungen an Dritte oder in der Absicht der Benachteiligung des Ausgleichsberechtigten vermindert hat und eine erhebliche G e fährdung der künftigen Ausgleichsforderung zu besorgen ist, §§ 1386 II Ziff. 2, 1375; e) wenn der andere Ehegatte sich beharrlich und grundlos weigert, über sein Vermögen Auskunft zu geben, § 1386 III. Mit der Rechtskraft eines solchen Urteils wird der Güterstand aufgehoben; an die Stelle der Zugewinngemeinschaft tritt Gütertrennung, § 1388. 7. Hinweise
für die Lösung
des
Ausgangsfalls
a) Kunigunde hat Anspruch auf einen güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns, § 1372. Beachte: Für die Berechnung des Anfangsvermögens kommt es hier nicht auf den Zeitpunkt der Eheschließung an, sondern auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gleichberechtigungsgesetzes (1.7.1958); denn erst von diesem Zeitpunkt an tritt zwischen den Ehegatten der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte Balduins Grundstück („sein Vermögen") einen Wert von 11 200 DM. b) Zum Problem, ob Wertzuwachs Zugewinn darstellt, s.o. 3e. c) Zur Frage, ob das ehewidrige Verhalten Kunigundes ihren Mann berechtigt, die Erfüllung der Ausgleichsforderung zu verweigern, s. o. 5. 78
Der Zugewinnausgleich
§ 12 II 2
d) Lösung: Das ehebrecherische Verhältnis hat sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Für diesen Zeitraum bestand zwischen den Ehegatten keine echte Ehegenossenschaft. Andererseits hat das ehebrecherische Verhältnis aber auch nur zwei Jahre gedauert - bei einer Gesamtdauer der Ehe von sechzehn Jahren. Außerdem hat Kunigunde durch ihre Mitarbeit auf dem Hof den Ankauf des Grundstücks mit ermöglicht. Fazit: Kunigunde kann nicht den vollen Ausgleich des Zugewinns verlangen, Balduin andererseits die Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht gänzlich verweigern. Ein teilweiser Ausgleich erscheint angemessen. Vgl. im übrigen die ausführlichen Lösungshinweise bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 13.
II. Der Zugewinnausgleich beim Tod eines Gatten 1. Beim Tod eines Gatten wird der Zugewinnausgleich nicht errechnet, sondern ersetzt durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft. Dies gilt auch dann, wenn der Verstorbene gar keinen Zugewinn erzielt oder der Uberlebende den größeren Zugewinn erzielt hat, § 1371. Die Erhöhung kommt auch einem Gatten zugute, der den Ausgleich wegen pflichtwidrigen Verhaltens i. S. des §1381 gar nicht verdient hat. Das Steuerrecht übernimmt diese Fiktion eines Zugewinns nicht (mehr). Steuerfrei bleibt nur der Betrag, den der überlebende Ehegatte bei güterrechdicher Abwicklung der Zugewinngemeinschaft als Ausgleichsforderung geltend machen könnte (§ 5 I ErbStG).
2. Eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils setzt voraus, daß der überlebende Ehegatte überhaupt Erbe wird. Wird er das nicht, sei es, weil er vom Erblasser enterbt worden ist oder die Erbschaft ausgeschlagen hat (§ 1371 III) oder zur Zeit des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933), oder sei es, weil er erbunwürdig ist (§ 2339) oder auf die Erbschaft verzichtet hat (§ 2346), so tritt an die Stelle der erbrechtlichen Lösung die güterrechtliche (§ 1371 II). Dann kann der überlebende Gatte eine Ausgleichsforderung geltend machen, wie sie ihm zustünde, wenn die Ehe nicht durch Tod, sondern einen anderen Umstand beendet worden wäre. Hat der überlebende Ehegatte durch Vertrag mit dem Erblasser auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet (§ 2346), ist er durch Urteil für erbunwürdig erklärt worden (§§ 2339ff., 2345) oder ist ihm mit Recht der Pflichtteil entzogen worden (§ 2335), so erhält er nur den Zugewinnausgleich nach der güterrechtlichen Lösung (aber: § 1381 beachten!). Ist der überlebende Ehegatte lediglich enterbt worden oder hat er die Erbschaft ausgeschlagen, so „kann" er nach § 1371 II, III den güterrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen, daneben aber auch noch den 79
§ 12
II 2
I. Abschnitt: Eherecht
nach dem gewöhnlichen (d.h. nicht gem. § 1371 I erhöhten) Erbteil berechneten Pflichtteil verlangen. Beispiel: Der Nachlaß des Erblassers im Wert von 100 000 DM besteht zur Gänze aus Zugewinn. Der Erblasser hat testamentarisch seine Kinder zu Alleinerben eingesetzt und die Ehefrau enterbt. In diesem Fall kann die Ehefrau Ausgleich des Zugewinns nach den §§ 1373 ff. verlangen, daneben aber noch ihren kleinen Pflichtteil aus dem nicht erhöhten Erbteil. Der güterrechtliche Ausgleichsanspruch ist 50 000 DM wert. Die verbleibenden 50 000 DM bilden den Nachlaß. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 I, 2). Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten ist (neben Abkömmlingen) ein Viertel des Nachlasses (§ 1931 I, 1). Die Ehefrau kann somit neben dem güterrechdichen Ausgleich (50 000 DM) noch ein Achtel des Nachlasses, also 6250 DM (50 000 : 8) verlangen. Wie die Formulierung ,,kann . . . verlangen" zu verstehen ist, war lange Zeit bestritten. Ein Teil der Lehre argumentierte: D e r überlebende Ehegatte, der nicht Erbe wird und dem auch kein Vermächtnis zusteht, hat ein Wahlrecht: er kann den güterrechtlichen Ausgleich und den aus dem nicht erhöhten Erbteil errechneten Pflichtteil (den sog. „kleinen Pflichtteil") verlangen. Er braucht sich aber für diese Möglichkeit nicht zu entscheiden, sondern kann statt dessen auch den sog. großen Pflichtteil wählen, d. h. unter Verzicht auf den güterrechtlichen Ausgleichsanspruch - den Pflichtteil, der sich aus dem um ein Viertel des Nachlasses erhöhten Erbteil errechnet (vgl. etwa Heinr. Lange, N J W 1957, 1381). Beispiel: Der Ehemann stirbt acht Tage nach der Eheschließung. Zugewinn wurde nicht erzielt. Der Wert des Nachlasses beträgt 100 000 DM. Der Erblasser hat seinen Sohn aus erster Ehe zum Alleinerben eingesetzt, die Ehefrau enterbt. Nach § 1371 II kann in diesem Fall die Ehefrau neben dem Ausgleich des Zugewinns (Wert = 0) den kleinen Pflichtteil verlangen. Sie bekommt damit (gem. §§ 19311,1,2303) ein Achtel von 100 000 DM = 12 500 DM. Hätte sie das Recht, statt dessen auch den sog. großen Pflichtteil zu wählen, so könnte sie das Doppelte verlangen, nämlich 25 000 DM [('/ 4 gem. § 1931 I, 1 + '/« gem. § 1371 I):2]. Die heute h. M . lehnt dieses Wahlrecht ab (vgl. B G H 2 42, 182). Sie liest den § 1371 II folgendermaßen: „ W e n n der überlebende Ehegatte den Zugewinnausgleich verlangen kann, weil er weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist, so steht ihm, falls er überhaupt pflichtteilsberechtigt ist, nur der kleine Pflichtteil zu." Für die h. M . spricht folgende Erwägung: Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit der Regelung des § 1371 eine generelle Erhöhung des Ehegattenerbrechts einführen wollte; denn sonst hätte er auch das Erbrecht derjenigen Ehegatten erhöhen müssen, die nicht im gesetzlichen Güterstand leben. Der Gesetzgeber bezweckte mit § 1371 vielmehr, den überlebenden Ehegatten in pauschaler F o r m am Zugewinn des verstorbenen Ehegatten zu beteiligen. Jede gesetzliche Bestimmung, die in Einzelfällen dazu führen kann, daß ein Ehegatte aus dem Nachlaß ohne Grund (weil nämlich 80
Der Zugewinnausgleich
§ 12 II 3
kein Zugewinn erzielt worden ist) mehr erhält, als ihm nach den erbrechtlichen Regeln zustünde, muß so eng wie möglich interpretiert werden. 3. Die Regelung des § 1371 II, III gibt dem überlebenden Ehegatten nach dem Gesagten folgende Befugnisse: a) Hat der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen getroffen, ist der überlebende Ehegatte also gesetzlicher Erbe, so kann er wählen, ob er es bei dem gesetzlich vorgesehenen schematischen Zugewinnausgleich der erbrechtlichen Lösung belassen oder ob er die Erbschaft ausschlagen und sich für die güterrechtliche Lösung entscheiden will. Wählt er den güterrechtlichen Ausgleich, so kann er gem. § 1371 III zusätzlich noch den (kleinen) Pflichtteil verlangen. Nach § 1371 III kann der Ehegatte, der die Erbschaft ausschlägt, den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde. Damit ist folgendes gemeint: Nach den erbrechtlichen Vorschriften (§§ 2303 ff.) kann ein Pflichtteilsberechtigter den Pflichtteil verlangen, wenn er durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen worden ist. Wer eine ihm zugefallene Erbschaft ausschlägt, kann grundsätzlich keinen Pflichtteil verlangen, es sei denn, daß die besonderen Voraussetzungen der §§ 2306, 2307 vorliegen. Aus § 1371 III ergibt sich somit, daß ein Ehegatte, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, auch dann den Pflichtteil verlangen kann, wenn die Voraussetzungen der §§ 2306, 2307 nicht vorliegen. § 1371 III durchbricht die erbrechdichen Regeln aber nur in dem Fall, daß ein Ehegatte die Erbschaft ausschlägt. Von diesem Ausnahmefall abgesehen, gelten die Pflichtteilsvorschriften (§§ 2303 ff.) auch für das Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Das bedeutet: Ein Ehegatte kann kein Pflichtteilsrecht geltend machen, wenn (1) er durch Vertrag mit dem Erblasser auf sein gesetzliches Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat (§ 2346) oder (2) der Erblasser ihm den Pflichtteil entzogen hat (§ 2335) oder (3) er rechtskräftig für erbunwürdig erklärt worden ist (§§ 2339, 2342) oder (4) zur Zeit des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933). b) Hat der Erblasser den überlebenden Ehegatten enterbt und ihm auch kein Vermächtnis zugewandt, so kann der überlebende Ehegatte den güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns und den (kleinen) Pflichtteil verlangen, § 1371 II. Auch hier ist der Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen, wenn einer der oben genannten erbrechtlichen Ausschließungsgründe vorliegt. c) Ist dem überlebenden Ehegatten ein Erbteil oder ein Vermächtnis durch eine Verfügung von Todes wegen zugewandt, so kann er sich damit 81
§ 12 II 3
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begnügen. Er hat aber einen Anspruch darauf, daß er mindestens den Pflichtteil erhält. Der Pflichtteil errechnet sich hier - weil die Voraussetzungen des § 1371 II, III nicht gegeben sind - aus dem nach § 1371 erhöhten Erbteil. D . h . : Bleibt der Wert des Vermögens, das ihm der Erblasser zugewandt hat, hinter dem großen Pflichtteil zurück, so kann der überlebende Ehegatte eine Pflichtteilsergänzung verlangen (§§ 2305, 2307). Er kann aber auch die Erbschaft oder das Vermächtnis ausschlagen und dann den Anspruch auf den Zugewinnausgleich sowie den kleinen Pflichtteil geltend machen (§§ 1371 III, 2307). Ist der überlebende Ehegatte durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbteil nicht größer ist als der große Pflichtteil (2306 I, 1). In jedem Fall kann der überlebende Ehegatte aber auch eine ihm zugewendete Erbschaft oder ein ihm zugewendetes Vermächtnis ausschlagen und dann nach § 1371 III den Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil verlangen. Beispiele: (1) Ein Nachlaß in Höhe von 80 000 D M besteht ausschließlich aus Zugewinn. Der Erblasser wird überlebt von seiner Frau und seiner Tochter. Gesetzliches Erbrecht der Frau: V4 (§ 1931 I, 1) + Vi (§ 1371 I) = V 2 = 40 000 D M . Schlägt die Frau die Erbschaft aus, so kann sie - vorausgesetzt, daß sie selbst keinen Zugewinn erzielt hat - die Hälfte des Zugewinns (40 000 D M ) und dazu den kleinen Pflichtteil (Ys von 40 000 D M = 5000 D M ) verlangen, zusammen also 45 000 D M . Die Ausschlagung bringt ihr mehr ein als das gesetzliche Erbrecht! (2) Der Ehemann setzt durch Testament seine Frau zu V 8 , seine Tochter zu 7/s des Nachlasses als Erben ein. Hier kann die Frau die Erbschaft ausschlagen und gem. § 1371 I I I Ausgleich des Zugewinns und den kleinen Pflichtteil verlangen. Sie kann sich aber auch auf § 2305 berufen und von der Tochter die Vervollständigung des Pflichtteils verlangen, wobei hier der große Pflichtteil zugrunde zu legen ist [( 1 / 4 + '/ 4 ) :2 = Ausschlaggebend wird bei dieser Wahl sein, in welcher Höhe der Nachlaß aus Zugewinn besteht. Ist der Nachlaß im Wert von 80 000 D M zur Gänze Zugewinn, so ist es für die Frau günstiger, den Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil zu wählen, als eine Pflichtteilsergänzung bis zum Wert des großen Pflichtteils. Ist der Zugewinn gering, so kann für die Frau der Pflichtteilsergänzungsanspruch günstiger sein. Umschließt beispielsweise der Nachlaß im Wert von 80 000 D M nur einen Zugewinn im Wert von 20 000 D M , so kann die Frau, wenn sie den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, insgesamt 20 000 D M verlangen (V 4 von 80 000 DM). Schlägt die Frau die Erbschaft dagegen aus, so erhält sie die Hälfte des Zugewinns (10 000 D M ) und '/ e des verblei-
82
Der Zugewinnausgleich benden Nachlaßrestes, 18 750 DM.
also (70 000:8
=)
8750 D M ,
§ 12 II 4 zusammen
somit
Der überlebende Ehegatte hat also eine Reihe von Wahlmöglichkeiten, die ihm die Entscheidung sehr erschweren können. Hinzu kommt, daß die Ausschlagungsfrist nur sechs Wochen beträgt (§ 1944 I) und innerhalb der Frist oft keine hinreichende Klarheit über den Bestand und den Wert des Nachlasses und die Höhe des Zugewinns des Verstorbenen zu erlangen sein wird und infolgedessen nicht zu übersehen ist, ob der Ausgleichsanspruch zuzüglich des kleinen Pflichtteils günstiger ist als der erhöhte gesetzliche Erbteil oder als das letztwillig Zugewandte zuzüglich einer etwaigen Pflichtteils ergänzung. 4. Die Stellung der
Stiefkinder
Die Erhöhung des Ehegattenerbteils verschlechtert die Position der nicht gemeinschaftlichen Abkömmlinge, d.h. der Kinder oder Kindeskinder, die entweder einer früheren Ehe des verstorbenen Ehegatten entstammen oder nichteheliche Kinder oder Adoptivkinder des Erblassers sind. Das gilt namentlich bei dem Tod desjenigen Ehegatten, der keinen Zugewinn erzielt hat, weil hier die Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten der inneren Rechtfertigung entbehrt. Diese Benachteiligung versucht § 1371IV dadurch auszugleichen, daß er die Kinder des Erblassers, die nicht zugleich Kinder des überlebenden Ehegatten sind, unter bestimmten Voraussetzungen an dem Viertel des Nachlasses, das dem überlebenden Ehegatten zusätzlich zufließt, teilhaben läßt. Diese Kinder können nämlich von dem überlebenden Ehegatten die Mittel verlangen, die sie für eine angemessene Ausbildung benötigen, allerdings nur aus dem zusätzlichen Viertel und nur dann, wenn sie entsprechend bedürftig sind. Bedürftig ist, wer seine Ausbildung nicht aus eigenem Vermögen bestreiten kann und auch keine liquiden Unterhaltsansprüche gegen dritte Personen hat (vgl. Staudinger-Thiele § 1371 Rz. 105 ff.). Dagegen kann die Bedürftigkeit nicht mit dem Argument verneint werden, das Kind könne sich die Mittel zu seiner Ausbildung selbst verdienen. Die Ausbildung verlangt Einsatz der ganzen Person. Für eine Erwerbstätigkeit bleibt daneben kein Raum; Str., a. A. Staudinger-Thiele, § 1371 Rz. 107.
Das Gesetz erkennt den Ausbildungsanspruch des Stiefkindes aber nur an, wenn der überlebende Gatte den schematisch erhöhten Erbteil erhält, also gesetzlicher Erbe geworden ist. Was er als eingesetzter Erbe oder als Vermächtnisnehmer erhält, ist durch den Ausbildungsanspruch nicht belastet. Der überlebende Gatte kann durch Ausschlagung der Erbschaft den Eintritt der Verpflichtung verhindern. Da der Ausbildungsanspruch unter Umständen eine starke Belastung des überlebenden Gatten bedeuten kann, wird dieser sich überlegen müssen, ob es nicht vorteilhafter für ihn ist, 83
§13 1
I. Abschnitt: Eherecht
wenn er die Erbschaft ausschlägt und dadurch den Pflichtteil (ein Achtel) samt Zugewinnausgleich erhält, ohne an die Stiefkinder etwas zahlen zu müssen.
§ 13. Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister I. Gütertrennung Das Wesen der Gütertrennung besteht darin, daß die Gatten in vermögensrechtlicher Hinsicht sich so gegenüberstehen, wie wenn sie nicht verheiratet wären. Die Vermögen bleiben getrennt. Jeder Gatte kann über sein Vermögen frei verfügen. Ein Ausgleich findet nicht statt. Gemildert wird diese starre Trennung lediglich durch die allgemeinen Ehewirkungen, also die Verpflichtung zu ehelicher Lebensgemeinschaft und deren Folgen, die Schlüsselgewalt und die Unterhaltspflichten. Die Gütertrennung gibt es sowohl als vertraglichen Güterstand als auch als subsidiär geltenden gesetzlichen Güterstand. Vertraglicher Güterstand ist die Gütertrennung dann, wenn sie als solche vereinbart wird, § 1408. Als subsidiärer gesetzlicher Güterstand gilt sie dann, wenn der eigentliche gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft von den Ehegatten von vornherein vertraglich ausgeschlossen oder später aufgehoben wird, sei es durch Urteil (§ 1388) oder sei es durch Vertrag, wenn die Ehegatten dabei keinen anderen Güterstand vereinbaren (§ 1414). Als Ausschluß oder Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes wird es angesehen, wenn die Ehegatten den Zugewinnausgleich oder den Versorgungsausgleich (§§ 1567ff.) ausschließen. Gütertrennung tritt ferner dann ein, wenn die Ehegatten zunächst Gütergemeinschaft vereinbart hatten und diese Gütergemeinschaft dann später durch Urteil oder Vertrag aufgehoben wird (§§ 1449 1,1470 I, 1414 S.2). Daß nicht nur der Ausschluß des Zugewinnausgleichs, sondern auch der Ausschluß des Versorgungsausgleichs Gütertrennung zur Folge hat, überrascht deswegen, weil in allen anderen Fällen, in denen eine Gütertrennung eintritt, ein Versorgungsausgleich stattfindet. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs bedeutet deswegen zwar Gütertrennung, die Vereinbarung der Gütertrennung bedeutet aber nicht den Ausschluß des Versorgungsausgleichs ! Ihren Sinn findet diese Bestimmung in der Erwägung, daß dem Ehegatten, der den anderen nicht an seinen späteren Versorgungsbezügen partizipieren lassen will, nicht die Hoffnung verbleiben soll, vom Zugewinn des anderen unter Umständen profitieren zu können. Dieser Gedanke hätte es freilich nahegelegt, in dem Ausschluß des Zugewinns 84
Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister
§ 13 II 1
(oder der Vereinbarung der Gütertrennung) auch einen Ausschluß des Versorgungsausgleichs zu sehen, zumal der Versorgungsausgleich die konsequente Weiterentwicklung des Zugewinnausgleichs darstellt. Rechtspolitisch ist diese Regelung deswegen nicht unbedenklich, weil der Ehegatte, der den Ausschluß des Versorgungsausgleichs durchsetzt, regelmäßig auch der ist, der in der Ehe den größeren Zugewinn erzielt, meist also der Mann. Dem ohnehin schwächeren Teil (meist der Frau) wird damit nicht nur der Teilhabeanspruch an den Versorgungsbezügen des anderen entzogen, sondern auch der Anspruch auf (erbrechtlichen oder güterrechtlichen) Ausgleich des Zugewinns. II. Die Gütergemeinschaft 1. Die Gütergemeinschaft ist ein vertraglicher Güterstand, d. h. sie setzt einen entsprechenden Ehevertrag der Ehegatten voraus. Sie tritt niemals kraft Gesetzes ein. Das Wesen der Gütergemeinschaft besteht in der Erweiterung der Lebensgemeinschaft zur Gütergemeinschaft. Das gesamte Vermögen, das die Gatten bei Eingehung der Ehe haben oder später erwerben, wird grundsätzlich gemeinschaftliches Vermögen, Gesamtgut, das den Ehegatten zur gesamten Hand zusteht, § 1416. Beachte: Die Bereicherung, die ein Ehegatte bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft erfährt, gilt steuerrechtlich als eine Schenkung ( § 7 1 Nr. 4 ErbStG)!
Gesamthandsgemeinschaft bedeutet: Die Gemeinschaft besteht nicht an den einzelnen Gegenständen eines Vermögens, sondern an einem ganzen Sondervermögen. Jedem Gesamthänder steht nur ein Anteil an dem gemeinschaftlichen Vermögen zu. Im Hinblick auf die einzelnen Sachen ist jeder Gesamthänder Eigentümer der ganzen Sache, jedoch beschränkt dadurch, daß der andere Gesamthänder ebenfalls Eigentümer der ganzen Sache ist. Die Gesamthandsgemeinschaft der Ehegatten ist die engste Gesamthand, die es gibt. Kein Ehegatte kann über seinen Anteil am Gesamtgut verfügen, erst recht nicht über einen Anteil an den einzelnen Gegenständen (denn einen solchen Anteil gibt es gar nicht!). Auch die Teilung kann nicht verlangt werden, § 1419. Selbst bei Beendigung der Gütergemeinschaft wird nicht danach gefragt, wer das Vermögen in das Gesamtgut eingebracht hat. Das Vermögen wird unter die Ehegatten zu gleichen Teilen verteilt, § 1476. Zwischenfrage: Welche anderen Gesamthandsgemeinschaften gibt es? Wie unterscheiden sie sich von der Gesamthand bei der Gütergemeinschaft? Lies §§ 719 und 2033! Was ist in § 719 I abdingbar, was nicht? Beachte demgegenüber: In § 1419 I kann nichts abbedungen werden! Die Vermögensverschmelzung hat eine Kehrseite. Da das Gesamtgut die Hauptmasse des Vermögens der Ehegatten bildet, muß es grundsätzlich 85
§ 13
II 2
I. Abschnitt: Eherecht
den Gläubigern eines Ehegatten auch als Haftungsobjekt dienen, unbeschadet der persönlichen (gesamtschuldnerischen) Haftung der Ehegatten ($$ 1437, 1459). Von dem Grundsatz der Vermögensverschmelzung gibt es Ausnahmen. Ein Teil des Vermögens der Ehegatten bleibt persönliches Vermögen oder kann zumindest persönliches Vermögen bleiben, nämlich das sog. Sondergut und das sog. Vorbehaltsgut. D . h.: In einer Gütergemeinschaft kann es fünf Vermögensmassen geben: das Gesamtgut, das Sondergut des Mannes, das Sondergut der Frau, das Vorbehaltsgut des Mannes und das Vorbehaltsgut der Frau. Die Gütergemeinschaft ist an sich auf vermögensrechtlichem Gebiet der vollkommenste Ausdruck einer idealen Ehe. Ehegatten sollen alles miteinander teilen! Freilich beruht die Vereinbarung der Gütergemeinschaft nicht immer auf rein idealen Beweggründen. Aus dem aus der Rechtsgeschichte bekannten Satz: „ W e m ich meinen Leib gönne, dem gönne ich auch mein G u t " , wird nicht selten die Umkehrung: „ W e m ich meinen Leib gönne, der soll mir auch sein Gut gönnen." Verbreitet ist die Gütergemeinschaft auch heute noch namentlich in bäuerlichen Kreisen Süddeutschlands. In den Städten wird sie nur noch selten vereinbart. 2. Die
Gütermassen
a) Das
Gesamtgut
Das Gesamtgut umfaßt das ganze Vermögen der Gatten, sowohl das beim Eintritt der Gütergemeinschaft vorhandene als auch das später erworbene - soweit es nicht ausnahmsweise Sonder- oder Vorbehaltsgut ist, § 1416. Die Vermutung spricht also für Gesamtgut. Die Vergemeinschaftung erfolgt ipso iure mit dem Eintritt des Güterstandes bzw. mit dem späteren Erwerb eines Vermögensgegenstandes. Die Übertragung des Vermögens auf die Gesamthand geschieht also nicht durch ein besonderes Rechtsgeschäft. Beispiele: (1) M ist Eigentümer eines Hauses. Er heiratet und vereinbart Gütergemeinschaft. Im gleichen Augenblick verliert er das Alleineigentum und wird Miteigentümer des Gesamtgutes, zu dem dann auch das Haus gehört, zur gesamten Hand. Das Grundbuch wird unrichtig. Jeder Gatte kann vom anderen verlangen, daß er die Erklärungen abgibt, die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlich sind, § 1416 III. (2) M, der mit F in Gütergemeinschaft lebt, kauft ein Haus. Das Haus kann er kaufen entweder für die Gesamthand oder für sich. Kauft er das Haus für die Gesamthand, so werden im Grundbuch die Ehegatten als in Gütergemeinschaft mitberechtigt eingetragen. Kauft er das Haus für sich und läßt er sich auch im 86
Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister
§ 1 3 II 3
Grundbuch eintragen, so geht das Eigentum zwar zunächst auf ihn über, aber im selben Augenblick tritt die Gesamthand als Rechtsnachfolgerin kraft Gesetzes an seine Stelle. D. h.: Im selben Augenblick, in dem er durch die Eintragung Eigentümer wird, wandelt sich das Alleineigentum in Miteigentum zur gesamten Hand. Das Grundbuch ist unrichtig und muß berichtigt werden. Problem: Der Mann ist als Alleineigentümer - zu Unrecht - eingetragen. Er veräußert das Haus an einen Dritten. Wird der Dritte Eigentümer? Ja - kraft guten Glaubens, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit des Grundbuchs gekannt hat, § 892. O b die Gütergemeinschaft im Güterrechtsregister eingetragen war, spielt keine Rolle. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs geht vor.
b) Sondergut Sondergut eines Gatten sind die Gegenstände seines Vermögens, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (§ 1417 II), z.B. unpfändbare Lohn- oder Gehaltsansprüche, der Anspruch auf Schmerzensgeld, Rentenansprüche aus der Sozialversicherung, ein Nießbrauch. Werden Gehälter, Renten, Schmerzensgelder etc. jedoch ausbezahlt, so fallen diese Beträge in das Gesamtgut (§ 1417 III, 2: Verwaltung „für Rechnung des Gesamtgutes"). c) Vorbehaltsgut Vorbehalts gut entsteht aufgrund eines Rechtsgeschäfts, sowie durch Surrogation, § 1418. Die Ehegatten können durch Ehevertrag Gegenstände (z.B. ein Hausgrundstück) zum Vorbehaltsgut erklären. Desgleichen ist Vorbehaltsgut, was durch Bestimmung eines Dritten in letztwilliger Verfügung oder bei unentgeltlicher Zuwendung zum Vorbehaltsgut erklärt worden ist. Hat auf diese Weise ein Ehegatte Vorbehaltsgut, so wird alles, was er aufgrund eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Gegenstandes oder durch Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht, wiederum Vorbehaltsgut {Surrogation), § 1418. 3. Die Verwaltung und die Haftung des Gesamtgutes a) Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den sie Gütergemeinschaft vereinbaren, zugleich bestimmen, wer das Gesamtgut verwalten soll, der Mann oder die Frau. Treffen sie keine solche Bestimmung, so obliegt die Verwaltung ihnen beiden, § 1421. Die gemeinschaftliche Verwaltung ist die Regel. Sie wird in etwa 80 bis 90 % aller Fälle gewählt. b) Haben die Ehegatten die gemeinschaftliche Verwaltung gewählt, so können sie nur zusammen über das Gesamtgut und die Gegenstände des Gesamtgutes verfügen, § 1450. Die Verfügung eines Ehegatten ist in der Regel nur wirksam, wenn sie mit Zustimmung des anderen Ehegatten er87
§ 1 3 III
I. Abschnitt: Eherecht
folgt. Verpflichtungsgeschäfte eines Gatten ohne Mitwirkung (Bevollmächtigung) des anderen sind zwar voll wirksam, verpflichten aber grundsätzlich nur den Handelnden persönlich mit seinem Vorbehalts- und Sondergut, ohne eine Haftung des Gesamtgutes zu begründen. (Dabei ist allerdings zu beachten, daß eine Vollmacht nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erteilt werden kann. Auch eine Duldungsvollmacht kann zu einer Verpflichtung des anderen Ehegatten führen.) Hat ein Ehegatte ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten über Gegenstände des Gesamtgutes verfügt, so hat der andere Ehegatte die selbständige revokatorische Klage, §§ 1453, 1455 Ziff. 8. 4. Ende der Gütergemeinschaft und Fortsetzung Die Gütergemeinschaft endet mit der Auflösung der Ehe; sie kann ferner beendet werden durch Ehevertrag (§ 1408) und durch Aufhebungsurteil, §§ 1449, 1470. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst und sind gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, so kann die Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Gatten und den Abkömmlingen fortgesetzt werden. Eine solche „fortgesetzte Gütergemeinschaft" tritt allerdings nur dann ein, wenn die Ehegatten in einem Ehevertrag eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Solche Vereinbarungen kommen allerdings heute kaum noch vor (nur in etwa zwei Prozent der Gütergemeinschaftsverträge).
III. Eheverträge Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag regeln, § 1408. Der Vertrag heißt Ehevertrag. Er muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden, § 1410. Problem: Was kann vereinbart werden, was nicht? Beispiel: Können die Ehegatten vereinbaren, daß ihr gesamter künftiger Erwerb in das Eigentum eines Ehegatten fallen soll? Nein! § 310 steht entgegen. Das gleiche gilt für eine Vereinbarung, wonach (entsprechend dem früheren gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung) dem Ehemann die Nutznießung des gegenwärtigen und des künftigen Vermögens der Frau zustehen soll. Diese Auffassung ist freilich nicht unbestritten. Manche Autoren sagen, § 310 sei auf Schuldverträge zugeschnitten und auf Eheverträge nicht anwendbar. Statt dessen wird die Anwendung von § 138 empfohlen: Ein Vertrag, der den gesamten künftigen Erwerb eines Ehegatten dem anderen zuspricht, vernichtet die Freiheit der Persönlichkeit; vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 Anm. 59f. 88
Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister § 1 3 III 3
Also: Vertragsfreiheit nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze! Außerdem: Der Ehevertrag muß sich im Rahmen der vom BGB zur Verfügung gestellten Typen halten. Demnach können die Parteien folgende Vereinbarungen treffen: 1. Ausschluß oder Beseitigung des gesetzlichen Güterstandes oder des Zugewinnausgleichs oder des Versorgungsausgleichs oder einer vereinbarten Gütergemeinschaft. Folge: Gütertrennung. 2. Vereinbarung von Gütergemeinschaft oder Gütertrennung. 3. Abweichungen innerhalb des gewählten Güterstandes von nicht zwingenden Sätzen. Beispiele: a) Bestimmte Gegenstände können - im Rahmen einer Gütergemeinschaft - zu Vorbehaltsgut erklärt werden (§ 1418 II Ziff. 1). b) Es kann - im Rahmen einer Gütergemeinschaft - festgestellt werden, wer das Gesamtgut verwalten soll (§ 1421 S. 1). c) Bei der Zugewinngemeinschaft kann unter Aufrechterhaltung der Verfügungsbeschränkungen der Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung ausgeschlossen oder beschränkt werden, z.B. hinsichtlich des Zugewinns aus dem Geschäftsvermögen (vgl. die Auslegungsregel des § 1414 S.2). Ebenso ist es zulässig, die Quote der Zugewinnbeteiligung für den Fall der Scheidung zu verändern ( S t a u d i n g e r - F e l g e n t r a e g e r , § 1408 Anm. 61) oder die erbrechdiche Lösung des Zugewinnausgleichs auszuschließen oder die den überlebenden Ehegatten treffende Quote herabzusetzen (eine Erhöhung würde die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte Dritter beeinträchtigen; vgl. Soergel-Gaul, § 1408 Bern. 16). d) Für nicht zulässig gehalten werden von der wohl h. M. sog. Mischgüterstände, d. h. Güterstände, bei denen charakteristische Merkmale zweier Güterstände miteinander vermengt werden. Beispiele: Im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft kann kein Gesamtgut begründet werden, im Rahmen einer Gütergemeinschaft können nicht die Verfügungsbeschränkungen der Zugewinngemeinschaft für das Vorbehaltsgut für anwendbar erklärt werden (§ 137!); vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 Anm. 65. Teilweise spricht man von einem - unzulässigen - Mischgüterstand auch in den Fällen, in denen die Ehegatten unter Beibehaltung der Zugewinngemeinschaft im übrigen (Verfügungsbeschränkungen!) den Zugewinn gänzlich ausschließen (Gütertrennung + Zugewinngemeinschaft); vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 Anm. 70, 85.
In der Praxis überwiegen die auf Gütertrennung gerichteten Eheverträge. Gütergemeinschaften werden ungleich seltener vereinbart. Am seltensten sind die Eheverträge, die eine Modifikation der Zugewinngemeinschaft enthalten. Im Verhältnis zum gesetzlichen Güterstand bildet der vertragli89
§ 1 4 11
I. Abschnitt: Eherecht
che Güterstand eine relativ seltene Ausnahme. Der Anteil der Ehen, in denen der gesetzliche Güterstand gilt, wird auf über 95 Prozent geschätzt. IV. Güterrechtsregister Das Güterrechtsregister soll Dritten die Möglichkeit verschaffen, sich vor allem — über die güterrechtlichen Verhältnisse von Ehegatten zu unterrichten. Zur gesetzlichen Regelung vgl. §§ 1558-1563. Wichtig ist: 1. Eingetragen werden können nur solche güterrechtlichen Tatsachen (insbesondere Vereinbarungen), die eine Außenwirkung entfalten, d. h. die Rechtsstellung der Ehegatten zu Dritten zu beeinflussen vermögen (BGH, WM 1976, 582; im einzelnen ist vieles streitig; vgl. Staudinger-Felgentraeger, Vorbem. 6ff. zu §§ 1558-1563). 2. Es besteht keine Eintragungspflicht. 3. Dem Schweigen des Registers darf man vertrauen, nicht aber seinen positiven Angaben (sog. „negative Publizität"). Das heißt: Haben die Ehegatten Gütergemeinschaft mit Gesamtgutsverwaltung durch den Mann vereinbart, die Vereinbarung jedoch nicht in das Güterrechtsregister eintragen lassen, so kann sich die Frau, wenn der Mann Vermögensgegenstände einem gutgläubigen Dritten schenkt, diesem gegenüber nicht auf die fehlende Verfügungsmacht des Mannes (§ 1427) berufen (§ 1412). [Beachte jedoch § 935! Hatte zuvor der Mann die Vermögensgegenstände in Besitz genommen, § 1422?] Oder: Ist im Güterrechtsregister Gütertrennung eingetragen, haben die Ehegatten inzwischen aber den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wiederhergestellt, so muß die Frau trotz § 1369 es gegen sich gelten lassen, wenn der Mann an einen gutgläubigen Dritten ihm gehörende Hausratsgegenstände veräußert, § 1412 II. 4. Die Publizitätsfunktion des Güterrechtsregisters schließt einen gutgläubigen Erwerb im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs (§ 892) nicht aus. Veräußert der im Grundbuch fälschlich als Alleineigentümer eingetragene Ehemann trotz der im Güterrechtsregister eingetragenen Gütergemeinschaft ein Grundstück, so wird der gutgläubige Erwerber geschützt.
§ 14. Die Ehescheidung I. Geschichtliche Entwicklung - Statistik 1. Das römische und das ältere deutsche Recht kannten die Scheidung durch privaten nicht an gerichtliche oder priesterliche Mitwirkung geknüpften Vertrag oder einseitige Erklärung. 90
Die Ehescheidung
§ 14 I 1
Im 10 Jh. erlangte die Kirche die Gerichtsbarkeit in Ehescheidungssachen. Damit wurde das kirchliche Recht und damit der Grundsatz von der Unauflöslichkeit der Ehe maßgebend. Die Reformatoren, die die sakramentale Natur der Ehe leugneten, ließen die Scheidung dem Bande nach wegen Ehebruchs zu. Damit war die erste Bresche geschlagen, andere Gründe folgten: die böswillige Verlassung (desertio), die quasi-desertio usw. Während die Scheidung zuerst durch einseitige private Erklärung erfolgte, verlangte die protestantische Lehre später die nachfolgende obrigkeitliche Feststellung, daß die Ehe geschieden sei. Noch später wurde die trennende Kraft in den obrigkeitlichen Ausspruch selbst verlegt. Die Aufklärungszeit des 18. Jh. sah die Ehe als bloßes bürgerlich-rechtliches Vertragsverhältnis an (contractus civilis) und ebnete dadurch einem neuen staatlichen überkonfessionellen Scheidungsrecht die Bahn. Am scheidungsfreundlichsten war unter den partikularrechtlichen Regelungen die des preußischen A L R , das u. a. für die kinderlose Ehe die gegenseitige Einwilligung und für alle Ehen einseitige unüberwindliche Abneigung als Scheidungsgründe anerkannte.
Das Personenstandsgesetz vom 6.2.1875 beseitigte die kirchliche Gerichtsbarkeit in Ehesachen dort, wo sie noch bestand, ließ das materielle zersplitterte Scheidungsrecht aber mit einer Ausnahme unverändert; es bestimmte nur, daß an Stelle der vom bisherigen Recht etwa vorgesehenen Trennung von Tisch und Bett stets die Auflösung der Ehe dem Bande nach auszusprechen sei. Das BGB brachte eine einheitliche Ordnung des materiellen Scheidungsrechts. Es erkannte als Scheidungsgründe vier Fälle schuldhafter Verletzung der ehelichen Pflichten an, nämlich a) Ehebruch, b) Lebensnachstellung, c) bösliches Verlassen, d) schuldhafte Zerrüttung der Ehe durch schwere Pflichtverletzung oder ehrloses oder unsittliches Verhalten, dazu, als einzige Ausnahme vom Verschuldensprinzip, die unheilbare Geisteskrankheit. Im Jahre 1938 wurde das Scheidungsrecht aus dem B G B herausgenommen und im Ehegesetz neu geregelt. Dabei wurden die Scheidungsgründe erheblich vermehrt. Wichtigste Neuerung war die Einführung der Ehescheidung wegen unheilbarer Ehezerrüttung nach dreijähriger Heimtrennung ohne das Erfordernis eines Verschuldens. Das EheG wurde 1946 von nationalsozialistischen Bestandteilen gereinigt - neu verkündet. Auf ihm beruhte das Ehescheidungsrecht bis zum l.Eherechtsreformgesetz. 91
§ 14 II 2
I. Abschnitt: Eherecht
Das 1. Eherechtsreformgesetz hat das Scheidungsrecht auf eine völlig neue Basis gestellt. An die Stelle des seit der Reformationszeit herrschenden Verschuldensprinzips ist nun das Zerrüttungsprinzip getreten. Eine Ehe wird nicht geschieden, weil ein Ehegatte gegen eine Verhaltenspflicht schuldhaft verstoßen hat, sondern allein deswegen, weil die Ehe zerrüttet ist, die Ehegatten nicht mehr „miteinander können". Eine Ehescheidung wegen Eheverfehlungen gibt es nicht mehr. 2. Im Jahre 1976 wurden 108 258 Ehen geschieden. Das ist die höchste Zahl seit 1950. Innerhalb von 12 Jahren hat sich die Zahl der Scheidungen verdoppelt. Die Scheidungsanfälligkeit ist am höchsten bei Ehen mit 3- bis 5jähriger Dauer. II. Die Grundstrukturen des Scheidungsrechts nach dem 1. Eherechtsreformgesetz 1. Das 1. Eherechtsreformgesetz kennt nur noch einen einzigen Scheidungsgrund: die unheilbare Zerrüttung der Ehe. Das Gesetz spricht von der Scheidbarkeit einer „gescheiterten" Ehe, § 1565. Diese Formulierung ist deswegen nicht glücklich, weil sie dazu verleitet, jede Ehe als einen „Versuch" zu betrachten. Eine Ehe soll aber nicht als „Versuch" begonnen, sondern von den Eheleuten „auf Lebenszeit" geschlossen werden (§ 1353 I). Die Gemeinschaft der Ehegatten kann zerstört werden durch äußere Einflüsse ebenso wie durch menschliches Versagen der Ehegatten. Diese Zerstörung läßt sich am besten mit dem Wort „unheilbare Zerrüttung" ausdrücken. 2. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung erreichen, daß nicht mehr - wie früher - bei jeder Ehescheidung „schmutzige Wäsche" gewaschen würde. Er hat aus diesem Grund neben einem Generalklauseltatbestand (§ 1565) zwei Vermutungstatbestände geschaffen, bei deren Vorliegen das „Scheitern" der Ehe unwiderlegbar vermutet wird: (1) Die Ehegatten leben seit drei Jahren getrennt, § 1566 II. (2) Die Ehegatten leben seit einem Jahr getrennt und wollen beide die Scheidung, § 1566 I. Ein Hauptgrund, weswegen früher ein Ehegatte (meist die Ehefrau) sich gegen eine Scheidung wehrte, war die oft ungenügende Versorgung. Im neuen Ehescheidungsrecht nehmen deswegen die Unterhalts- und Versorgungsansprüche breiten Raum ein. Der bedürftige Ehegatte (aber auch nur der wirklich bedürftige Ehegatte) soll Unterhalt verlangen können, gleichgültig, ob er zum „Scheitern" der Ehe beigetragen hat oder nicht. Darüber hinaus ist vorgesehen, daß die Versorgungsrechte, die einem Ehegatten während der Ehe zugewachsen sind, nach dem Grundsatz des Zugewinnausgleichs beiden Ehegatten gleichermaßen zugute kommen. 92
Die Ehescheidung
1. Der
§ 14 III 1
III. Die Scheidungsvoraussetzungen im einzelnen Grundtatbestand
Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie „gescheitert" ist, § 15651, 1. „Gescheitert" ist eine Ehe, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 I, 2. Lebensgemeinschaft ist nicht dasselbe wie häusliche Gemeinschaft. Sie kann auch dann noch gegeben sein, wenn die Ehegatten getrennt leben. Ein Ende findet sie erst dann, wenn die Ehegatten jegliche ehelichen Beziehungen abgebrochen haben oder zumindest ein Ehegatte sich vom anderen definitiv abgewandt hat. Aber selbst dann kann die Ehe noch nicht geschieden werden. Hinzu kommen muß die fehlende Aussicht einer Wiederherstellung. Solange noch Chancen einer Heilung der Ehe bestehen, ist die Scheidung ausgeschlossen. Der Richter muß der Ehe also eine Prognose stellen. Dazu wird er regelmäßig die Ursachen erforschen müssen, die zur Zerrüttung geführt haben. Erst dann, wenn diese Untersuchung ergibt, daß zwischen den Ehegatten eine völlige Entfremdung eingetreten ist, die es als ausgeschlossen erscheinen läßt, daß die Ehegatten jemals wieder eheliche Beziehungen zueinander aufnehmen, kann die Scheidung ausgesprochen werden. Auf den Grundtatbestand des § 1565 werden sich diejenigen Ehegatten berufen, welche die Fristen des § 1566 nicht abwarten wollen. Indessen sind die Voraussetzungen des § 1565 nicht leicht zu beweisen. Es genügt nicht die Behauptung eines oder beider Ehegatten, die Lebensgemeinschaft bestehe nicht mehr und werde auch nicht wiederhergestellt werden. Das Gericht muß vielmehr durch Tatsachen davon überzeugt werden, daß die Ehe gescheitert ist. Solche Tatsachen sind - wie die Judikatur seit dem Inkrafttreten des 1. EheRG zeigt - in erster Linie solche, die eine schuldhafte Eheverfehlung i. S. des früheren Rechts darstellen (vgl. z . B . OLG Düsseldorf, FamRZ 1978, 26: übermäßiger Alkoholgenuß, Tätlichkeiten, ehewidrige Beziehungen). Zwar kann auch ein schicksalhafter Verlauf oder eigenes Fehlverhalten des die Scheidung beantragenden Ehegatten angeführt werden; aber das ist eher Theorie. In der Rechtsprechung finden sich dafür kaum Beispiele (vgl. dazuOtte, JA 1979,15). In diesem Punkt hat der Gesetzgeber sein Ziel, die Scheidung zu entemotionalisieren, das Schuldprinzip aus dem Scheidungsrecht zu eliminieren, nicht erreicht. Sehr umstritten ist die Auslegung von § 1565 II: Leben die Ehegatten noch zusammen oder jedenfalls noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Gestritten wird darüber, unter welchen Voraussetzungen von einem Getrenntleben der Eheleute gesprochen 93
§ 14 III 1
I. Abschnitt: Eherecht
werden kann, was „Fortsetzung der E h e " bedeutet und in welchen Fällen die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte darstellt. a) Getrenntleben setzt gem. § 1567 I, 1 voraus, daß zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft besteht und zumindest ein Ehegatte sie auch erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Meinungsverschiedenheiten gibt es nicht über das subjektive Erfordernis, wohl aber über das objektive Kriterium. Diese Meinungsverschiedenheiten haben ihren Ursprung in § 15671,2: Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Wann leben Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt? Nur dann, wenn die Ehegatten in verschiedenen Räumen wohnen und schlafen und kein Wort miteinander reden? Wie steht es, wenn die Frau noch für ihren Mann kocht und wäscht und sein Zimmer versorgt? Manche Gerichte möchten - in Abkehr von der früheren strengeren Rechtsprechung - im zuletzt genannten Fall eine häusliche Trennung nicht ausschließen (vgl. O L G München, FamRZ 1978, 596: jedenfalls dann, wenn die Hilfeleistungen aus bloß wirtschaftlichen oder hygienischen Gründen vorgenommen werden), um Eheleuten, die sich aus wirtschaftlichen Gründen keine doppelte Haushaltsführung leisten können, die Scheidung nicht unnötig zu erschweren. Dem wird aber mit Recht entgegengehalten, daß die erstrebte Scheidung ja doch einmal zu dieser räumlichen Trennung führen wird (vgl. Schwab, FamRZ 1979,14,17). Darum sollte an der strengen Auffassung festgehalten werden, die eine völlige Separierung der beiderseitigen Lebensbereiche verlangt (mit der selbstverständlichen Einschränkung, daß die gemeinsame Benutzung von Flur und Küche oder Bad und gelegentliche Absprachen über deren Benutzung die Trennung nicht auszuschließen vermögen; vgl. B G H , FamRZ 1978, 671). b) „Fortsetzung der Ehe" bedeutet nach einer Meinung Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, nach einer anderen lediglich Aufrechterhaltung des (formellen) Ehebandes. Die Vertreter der erstgenannten Auffassung argumentieren, das Gesetz wolle nicht inhaltslos gewordene Ehen formal (nur dem Bande nach) aufrechterhalten. Die Eheband-Theorie bedeute praktisch eine Scheidungssperre, weil kaum ein Fall denkbar sei, in dem einem Ehegatten nicht ein einjähriges Zuwarten zugemutet werden könne. § 1565 II habe lediglich den Sinn, vorschnelle Scheidungsentschlüsse zu bremsen, die Eheleute zu einer Überlegung anzuhalten. Wenn allerdings Gründe vorliegen, die die Fortsetzung einer echten Ehe unzumutbar machen, müsse und solle die Ehe auch geschieden werden (vgl. etwa K G , FamRZ 1978, 897 und Schwab, FamRZ 1979, 14, 19, jeweils m.w.N.). 94
Die Ehescheidung
§ 14 III 2
Die Vertreter der Eheband-Theorie meinen demgegenüber, eine Ehe könne nur geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Wenn die Ehe gescheitert sei, könne die Fortsetzung einer ehelichen Lebensgemeinschaft von keinem Ehegatten verlangt werden. Deshalb könne in § 1565 II nur die Aufrechterhaltung des formellen Ehebandes gemeint sein (vgl. O L G Zweibrücken, FamRZ 1978, 896 m.w.N.). Die Argumente der Eheband-Theorie haben zwar den Anschein der Schlüssigkeit; sieht man aber näher zu, dann zeigt sich, daß ihre Vertreter nicht konsequent handeln. Liegen in der Person des anderen Ehegatten gewichtige Gründe vor, so scheiden sie die Ehe, obgleich ein Aufrechterhalten des formellen Ehebandes bis zum Ablauf der Jahresfrist keine unzumutbare Härte darstellen würde. Sie treffen damit den Willen des Gesetzgebers, der die Scheidung im ersten Ehejahr ja nicht ausschließen wollte, sondern nur für diesen Zeitraum eine besonders sorgfältige Prüfung vorschrieb, ob nicht doch Chancen bestünden, die Ehe zu retten. Dem entspricht es, wenn im Rahmen des § 1565 II gefragt wird: Ist die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft wirklich nicht mehr zumutbar? c) Die Fortsetzung einer gescheiterten Ehe stellt immer eine Härte dar. § 1565 II verlangt mehr: Es müssen gravierende Gründe vorliegen, die dem Ehegatten die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft subjektiv unerträglich machen. Das bedeutet: Nicht jede Ehewidrigkeit macht die Fortsetzung der Ehe unzumutbar. Es muß sich auch nicht um eine Eheverfehlung handeln (z. B. kann auch Unmöglichkeit der Ausübung des ehelichen Verkehrs ein Grund i.S. des § 1565 II sein; vgl. OLG Hamm, FamRZ 1979, 37). Regelmäßig werden es aber schwere Eheverfehlungen sein, mit denen die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe begründet wird: schwere Tätlichkeiten, dauerndes Sichbetrinken, fortlaufende, schwere Beleidigungen, ehewidrige Beziehungen, insbesondere wenn der Ehegatte mit dem Ehebruchspartner zusammenlebt und eine Rückkehr zur Familie ablehnt oder die Beziehungen so gestaltet, daß der andere Ehegatte in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht wird. 2. Die Zerrüttungsvermutung bei einseitigem Scheidungsverlangen Die Feststellung, daß eine Ehe unheilbar zerrüttet und eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht zu erwarten ist, muß der Richter aufgrund von Indizien treffen. Ein wichtiges Indiz ist die häusliche Trennung. Leben Ehegatten längere Zeit häuslich getrennt, ohne durch äußere Umstände (etwa aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen) dazu gezwungen zu sein, so besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß ihre Ehe zerrüttet ist. Diese tatsächliche Vermutung wandelt § 1566 II in eine gesetzliche Vermutung um: es wird-und zwar unwider95
§ 14
III 3
I. Abschnitt: Eherecht
legbar- vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben. Der Begriff „getrennt leben" ist ebenso zu verstehen wie in § 1565 II (s.o. III, la). Die Trennung muß nicht ununterbrochen angedauert haben. Versöhnungsversuche der Ehegatten sollen nach Möglichkeit gefördert werden. Wenn die Eheleute - probeweise - die häusliche Gemeinschaft wieder aufnehmen, sollen sie nicht befürchten müssen, daß bei einem Scheitern des Versuches die Trennungsfrist von neuem zu laufen beginnt. Darum bestimmt § 1567 II, daß ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, die in § 1566 bestimmten Fristen nicht unterbricht oder hemmt. Liegen die Voraussetzungen des § 1566 II vor, so ist der Richter der Pflicht enthoben, von Amts wegen zu ermitteln, ob die Ehe unheilbar zerrüttet ist. Der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, ist nicht mehr genötigt, die ehelichen Verhältnisse offenzulegen. Das Verfahren wird dadurch versachlicht und die Scheidung erleichtert. 3. Die Zerrüttungsvermutung
bei einverständlicher
Scheidung
Beantragen beide Ehegatten die Scheidung, so wird die Zerrüttungsvermutung, die sich aus längerem Getrenntleben ergibt, verstärkt. Man kann davon ausgehen, daß die Ehegatten ihre Lage meist besser beurteilen können als ein Außenstehender, besser auch als der Richter. Der Gesetzgeber hat dieser tatsächlichen Situation dadurch Rechnung getragen, daß er dann, wenn beide Ehegatten die Scheidung beantragen, oder der Ehegatte, der die Scheidung nicht beantragt hat, der Scheidung zustimmt, schon bei einjährigem Getrenntleben der Ehegatten die Zerrüttungsvermutung eingreifen läßt, § 1566 I. Auch hier ist die Vermutung unwiderlegbar. Nicht ganz unproblematisch ist die Gleichsetzung von Scheidung auf Antrag beider Ehegatten und Scheidung auf Antrag eines Ehegatten mit Zustimmung des anderen. Die Erfahrung lehrt, daß nicht jeder Ehegatte, welcher der Scheidung „zustimmt", auch wirklich geschieden werden will. Oft wird er seine Zustimmung nur erteilen aus Trotz oder Verzweiflung oder aufgrund des psychischen Drucks, den sein Partner auf ihn ausübt. Vielfach wird die Zustimmung auch - wie schon früher bei den sog. Konventionalscheidungen - „erkauft" werden um den Preis einer günstigen Scheidungsfolgenregelung. Trotzdem ist § 1566 I eine sinnvolle Regelung. Gäbe es diese Zerrüttungsvermutung nicht, so wäre eine entsprechend weitherzige Auslegung des Scheidungsgrundtatbestandes die sichere Folge. Die Richter würden dann ebenso häufig und aufgrund einer ebenso oberflächlichen Prüfung eine unheilbare Zerrüttung konstatieren, wie sie früher unter der Geltung des § 43 EheG eine unheilbare Zerrüttung aufgrund ei96
§ 14 I I I 5
Die Ehescheidung
ner schweren Eheverfehlung feststellten. Gegenüber einer solchen Praxis ist die Zerrüttungsvermutung des § 1566 I zweifellos das kleinere Übel. Schließlich wird durch ihn ein Gespräch vor dem Richter nicht ausgeschlossen. Der Richter hat zu prüfen, ob beide Ehegatten wirklich scheidungswillig sind und beide die Konsequenzen ihres Entschlusses auch übersehen. 4. Ansprüche auf alleinige Benutzung der
Ehewohnung
Wenn Ehegatten sich - zur Vorbereitung einer Scheidung - trennen wollen, entsteht gelegentlich Streit darüber, wer die eheliche Wohnung verlassen soll. Während es dem Mann meist nicht schwerfällt, aus der ehelichen Wohnung auszuziehen und sich ein eigenes Zimmer zu mieten, ist ein solcher Auszug für die Frau, insbesondere, wenn sie Kinder zu versorgen hat, ungleich schwieriger. Diesem Umstand hat bei geschiedenen Ehegatten die sog. Hausratsverordnung Rechnung getragen, die dem Richter die Befugnis gibt, auf Antrag die Rechtsverhältnisse an der Wohnung und dem Hausrat zu regeln (s. u. § 15 II 2). Für Ehegatten, die noch nicht geschieden sind, fehlt eine entsprechende Regelung. In der Rechtsprechung sieht man darin zum Teil eine Gesetzeslücke und versucht, diese durch analoge Anwendung von § 1361a III, IV und § 18 a HausratsVO zu schließen (so etwa O L G Frankfurt, FamRZ 1978, 191 und O L G München, FamRZ 1979, 429). Dem wird jedoch entgegengehalten, daß die HausratsV O ausdrücklich bei getrennt lebenden Ehegatten nur eine Hausratsverteilung, nicht aber eine Entscheidung darüber zulasse, wer künftig die Ehewohnung bewohnen solle. Diese klare Regelung, so wird gesagt, schließt eine analoge Anwendung aus ( O L G Bremen, FamRZ 1978, 775). Das O L G Bremen hält folgenden Weg für gangbar: Ein Ehegatte, der eine richterliche Regelung der Rechtsverhältnisse an der ehelichen Wohnung wolle, brauche lediglich nach § 6061 ZPO einen Antrag auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben zu stellen. Nach Anhängigwerden dieser Ehesache könne über die Ehewohnung durch einstweilige Anordnung (§ 620 Ziff. 7 ZPO) entschieden werden (a. a. O . , S.776; ebenso O L G Frankfurt, FamRZ 1979, 428). Dem wiederum halten das O L G Karlsruhe (NJW 1978, 2100) und das O L G München (a. a. O . ) entgegen, daß ein Rechtsschutzinteresse für eine solche Klage nur gegeben ist, wenn das Recht zum Getrenntleben bestritten wird. Was aber soll geschehen, wenn beide Ehegatten sich trennen wollen, aber keiner die eheliche Wohnung verlassen will? Ist hier nicht doch die analoge Anwendung der §§ 1, 18 a HausratsVO der beste Weg? 5. Die Härteklausel Ein Ehegatte, der nicht geschieden werden will, wird zunächst, wenn das Scheitern der Ehe nicht unwiderlegbar vermutet wird, nachzuweisen ver97
§ 14 IV 2
I. Abschnitt: Eherecht
suchen, daß seine Ehe nicht zerrüttet oder die eingetretene Zerrüttung noch heilbar ist. Mißlingt dieser Nachweis oder besteht eine unwiderlegliche Vermutung des Scheiterns der Ehe, so bleibt ihm noch eine Möglichkeit, die Scheidung zu verhindern. Er muß nachweisen, daß die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen noch minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder daß die Scheidung für ihn aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise als geboten erscheint, ungeachtet dessen, daß sie gescheitert ist, § 1568 I. Das ist die sog. Härteklausel. Um sie ist im Gesetzgebungsverfahren viel gestritten worden. Große praktische Bedeutung wird sie kaum erlangen. Sie ist als Ausnahme gedacht (wie ihr Wortlaut überdeutlich erkennen läßt) und wird auch nur in Ausnahmefällen die Scheidung einer unheilbar zerrütteten Ehe verhindern. Daß es solche Ausnahmen immerhin gibt, zeigt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in FamRZ 1979, 422. Im übrigen kann die Härteklausel die Scheidung der Ehe nicht gänzlich verhindern, sondern lediglich verzögern. Wenn nämlich die Trennungszeit länger als fünf Jahre gedauert hat, ist eine Berufung auf die Härteklausel ausgeschlossen, § 1568 II.
IV. Der Scheidungsprozeß 1. Bis zum Erlaß des 1. Eherechtsreformgesetzes war der Scheidungsprozeß ein streitiges Verfahren. Es gab einen Kläger und einen Beklagten, häufig (nämlich im Fall einer Widerklage) auch zwei Kläger und zwei Beklagte. Ein Ehegatte mußte gegen den anderen selbst dann klagen, wenn dieser ebenfalls geschieden sein wollte. Der Fall, daß die Ehegatten sich bereits vor dem Prozeß einigten, wer „die Schuld übernehmen" sollte, war deswegen nicht selten. Nach dem nunmehr geltenden Recht wird nicht mehr auf Scheidung geklagt. Das Scheidungsverfahren wird vielmehr durch einen Antrag eingeleitet, der sowohl von einem der Ehegatten als auch von beiden gestellt werden kann, § 1564 S. 1. Dementsprechend heißt es in der Zivilprozeßordnung: Das Verfahren auf Scheidung wird durch Einreichung einer Antragsschrift anhängig, § 622 I ZPO. 2. Entsprechend dem Charakter der Ehe ist das Antragsrecht höchstpersönlicher Natur. Auch der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte kann den Antrag stellen, ohne zuvor oder danach seinen gesetzlichen Vertreter fragen zu müssen. Er ist für das Scheidungsverfahren prozeßfähig, § 607 I ZPO. Nur für den Geschäftsunfähigen muß der gesetzliche Vertreter das 98
Die Ehescheidung
§ 14 IV 4
Verfahren führen, bedarf dazu aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 607 II ZPO. 3. Das Scheidungsverfahren gehört zu den Ehesachen (§§ 606ff. ZPO), einer Verfahrensart, die sich gegenüber gewöhnlichen Verfahren in vielen Beziehungen unterscheidet. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht hat ein eigenes Ermittlungsrecht. Es kann zur Aufrechterhaltung der Ehe auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht worden sind (ob es von dieser Befugnis Gebrauch machen wird, ist eine andere Frage!), § 616 ZPO. Die Dispositionsmaxime ist beschränkt. Ehefeindliche Tatsachen dürfen nicht als wahr unterstellt werden, wenn sie nicht bestritten werden, § 617 ZPO. Das Gericht kann das Verfahren von Amts wegen aussetzen, wenn nach seiner Uberzeugung Aussicht auf Fortsetzung der Ehe besteht (gegen den Widerspruch beider Ehegatten aber nur dann, wenn die Ehegatten noch nicht länger als ein Jahr getrennt leben und insgesamt auf die Dauer von höchstens einem Jahr, bzw. bei einer mehr als dreijährigen Trennung auf die Dauer von höchstens sechs Monaten), § 614 II, IV ZPO. Das Ehescheidungsverfahren findet vor den Familiengerichten statt (§ 606 ZPO), die bei den Amtsgerichten neu gebildet wurden (§ 23 b GVG). Dem Verfahren muß heute nicht mehr - wie früher - ein Sühneversuch vorangehen, doch soll das Gericht, wenn es das Verfahren aussetzt, den Ehegatten nahelegen, eine Eheberatungsstelle in Anspruch zu nehmen, § 614 V ZPO. Besonders geregelt ist in den §§ 620-620 g ZPO der Erlaß einstweiliger Anordnungen. Das Gericht kann - auf Antrag eines der Ehegatten - durch solche Anordnungen die elterliche Sorge über ein gemeinschaftliches Kind und den persönlichen Umgang des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind regeln, die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil anordnen, bestimmen, wie im Verhältnis der Ehegatten zueinander für den Unterhalt eines Kindes zu sorgen ist, das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, den Unterhalt eines Ehegatten sicherstellen, sowie über die Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats und die Herausgabe oder Benutzung der zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten oder eines Kindes bestimmten Sachen entscheiden und schließlich einen Ehegatten zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses verpflichten. Wichtig ist: Die Frage, wem die elterliche Sorge über ein gemeinschaftliches Kind zustehen soll, kann das Gericht auch von Amts wegen durch einstweilige Anordnung regeln. 4. Die wichtigste Neuerung auf dem Gebiet des Scheidungsverfahrensrechts ist - neben der Einrichtung der Familiengerichte - die Entscheidungskonzentration, die gleichzeitige Erledigung der Scheidung und der Scheidungsfolgen. Vor dem 1. Eherechtsreformgesetz wurde im Schei99
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IV 4
I. Abschnitt: Eherecht
dungsverfahren nur über die Scheidung entschieden (von den einstweiligen Anordnungen abgesehen). Die Regelung des Sorgerechts und des persönlichen Umgangs mit den Kindern blieb dem Vormundschaftsgericht vorbehalten, über Unterhaltsfragen hatten die Amtsgerichte zu entscheiden, desgleichen über die Zuweisung der Ehewohnung und die Verteilung des Hausrats. Nunmehr bestimmt § 623 I ZPO: Soweit in Familiensachen (elterliche Sorge, persönlicher Umgang des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind und gegenüber dem Ehegatten, Versorgungsausgleich, Ehewohnung und Hausrat, Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, Verfahren nach den BGB-§§ 1382,1383; vgl. § 621 ZPO) eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, ist hierüber gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden. Das bedeutet: Gegen den Willen eines Partners kann eine Scheidung nunmehr erst dann ausgesprochen werden, wenn die vor allem von diesem Partner für regelungsbedürftig gehaltenen Scheidungsfolgen gerichtlich geklärt sind. Auch der Partner, der der Scheidung selbst nicht widersprechen kann (z.B. weil die Ehegatten seit mehr als drei Jahren getrennt leben und deswegen die Zerrüttungsvermutung eingreift), kann auf diese Weise erreichen, daß nicht zunächst einmal die Ehe geschieden wird und erst danach die Scheidungsfolgen geregelt werden. Er braucht nur den Antrag zu stellen, daß über diese Fragen eine Entscheidung herbeigeführt wird. In jedem Fall - und das ist besonders wichtig - wird in das Scheidungsverfahren die Regelung der elterlichen Sorge über die gemeinschaftlichen Kinder und die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 1587b mit einbezogen (§ 623 III ZPO). Die Gefahr übereilter Scheidungen ist besonders groß, wenn beide Ehegatten die Scheidung wollen. Hier ist § 630 ZPO bedeutsam: Der Antrag auf Scheidung nach § 1565 i. V. m. § 1566 I muß enthalten - die Mitteilung, daß der andere Ehegatte der Scheidung zustimmt oder in gleicher Weise die Scheidung beantragt, - den gemeinsamen und übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten zur Regelung der elterlichen Sorge über die gemeinschaftlichen Kinder und über die Regelung des persönlichen Umgangs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, - die Einigung der Ehegatten über die Regelung der Unterhaltspflichten gegenüber ihren Kindern, - die Einigung der Ehegatten über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 100
Die Folgen der Scheidung
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- die Einigung der Ehegatten über die Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und Hausrat. Es wird damit also der Scheidungsausspruch von der Regelung der wichtigsten Scheidungsfolgen abhängig gemacht. Können sich die Ehegatten über die Scheidungsfolgen nicht einigen, werden sie versuchen, § 630 ZPO zu umgehen. Eine solche Umgehung ist möglich, wenn nämlich der Scheidungsantrag nicht auf die Vermutung des § 1566 I gestützt wird, sondern auf die Generalklausel des § 1565 I (vgl. OLG Köln, FamRZ 1978, 25).
§ 15. Die Folgen der Scheidung I. Nachwirkungen der Ehe zwischen den geschiedenen Gatten Mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils ist die Ehe aufgelöst. Das bedeutet aber nicht, daß die Ehegatten nunmehr einander so gegenüberstehen, als seien sie niemals miteinander verheiratet gewesen. Die aufgelöste Ehe hat Nachwirkungen. 1. Name Der geschiedene Ehegatte behält den Ehe- und Familiennamen grundsätzlich bei. Er kann durch (öffentlich beglaubigte) Erklärung gegenüber dem Standesbeamten aber auch seinen Geburtsnamen oder einen anderen Namen wieder annehmen, den er bis zur Eheschließung geführt hat, § 1355 IV. Anders als nach früherem Recht kann seit dem Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes kein Ehegatte mehr dem anderen Ehegatten die Weiterführung seines Namen nach der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen verbieten oder beim Vormundschaftsgericht einen entsprechenden Antrag stellen. 2. Unterhaltspflichten a) Das frühere Recht verknüpfte den Unterhaltsanspruch mit der Schuld an der Scheidung. Wer allein oder überwiegend schuldig geschieden wurde, hatte keinen Unterhaltsanspruch. Wurde die Ehe wegen schwerer Ehezerrüttung nach dreijähriger Heimtrennung geschieden und enthielt das Urteil keinen Schuldausspruch, so traf den Kläger eine Unterhaltspflicht, wenn dies der Billigkeit entsprach. b) Nach geltendem Recht gibt es keine Scheidung wegen Verschuldens mehr. Die Schuld an der Scheidung soll deswegen auch im Unterhaltsrecht keine Rolle mehr spielen. Der Grundgedanke der neuen Regelung ist der, 101
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daß jeder geschiedene Ehegatte dann, wenn er bedürftig ist, aber auch nur dann, vom anderen Unterhalt verlangen kann. Im einzelnen heißt das: aa) Können die Ehegatten nach der Scheidung selbst für ihren Unterhalt sorgen, so haben sie keinen Unterhaltsanspruch (§ 1569). Es wird von ihnen also grundsätzlich erwartet, daß sie weiterhin erwerbstätig bleiben oder von ihrem Vermögen leben. bb) Auf die Möglichkeit, sich den Unterhalt selbst zu verdienen, braucht sich ein Ehegatte nicht verweisen zu lassen, wenn (1) er ein gemeinschaftliches Kind pflegt oder erzieht und diese Tätigkeit ihn so sehr beansprucht, daß von ihm eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, § 1570; (2) er im Zeitpunkt der Scheidung oder bei Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes so alt oder krank ist, daß von ihm eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, §§ 1571, 1572; (3) er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, § 1573 I; (4) seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit weggefallen sind, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern, § 1573 IV, 1; (5) von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Dabei dürfen schwerwiegende Gründe nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben, § 1576 (sog. „positive Billigkeitsklausel"). cc) Wenn ein Ehegatte trotz der genannten Erschwerungen imstande ist, seinen Unterhalt wenigstens teilweise zu verdienen, vermindert sich die Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten entsprechend. Die Unterhaltspflicht endet gänzlich, wenn die Bedürftigkeit des anderen Ehegatten entfällt (die Kinder werden selbständig, der Ehegatte findet eine Arbeit oder wird nach einer Krankheit wieder gesund). Nur soweit und solange der eine Ehegatte bedürftig ist, kann er Unterhalt beanspruchen. dd) Ein Ehegatte, der bei der Scheidung nicht berufstätig war, muß nicht jede beliebige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Er ist nur zu einer „angemessenen" Erwerbstätigkeit verpflichtet. Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Dabei sind die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehungeines gemeinschaftlichen Kindts zu berücksichtigen, § 15741, II. ee) Ein Ehegatte soll sich ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen, soweit dies für die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit erfor102
Die Folgen der Scheidung
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derlich und ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist, § 1574 III. Hat er in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schuloder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen, so kann er nach der Scheidung diese oder eine andere seinen Anlagen entsprechende Ausbildung (wieder) aufnehmen, falls diese eine seinen Unterhalt nachhaltig sichernde Erwerbstätigkeit zum Ziel hat, und bis zu deren Abschluß vom anderen Ehegatten Unterhalt verlangen. Voraussetzving der Ausbildungsfinanzierung ist, daß ein erfolgreicher Abschluß zu erwarten steht. Außerdem besteht der Anspruch nur für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen - unter Berücksichtigung ehebedingter Verzögerungen — abgeschlossen werden kann, § 1575. c) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den Lebensverhältnissen, § 1578 I, 1. Es kommt also, ebenso wie für die Frage, ob eine Erwerbstätigkeit „angemessen" ist, auf den sozialen Status an, den die Ehegatten im Laufe ihrer Ehe erreicht haben, nicht auf den Status, den sie vor der Eheschließung hatten. Der Unterhalt umfaßt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf ($ 1578 I, 2). Reicht das Einkommen eines Ehegatten nicht aus, ihm den Standard zu erhalten, wie er vor der Scheidung bestand, so hat er gegen den anderen Ehegatten einen „Aufstockungsanspruch" (§ 1573 II). Hat z.B. eine gut verdienende Ärztin einen armen Maler geheiratet und ist dieser nach der Scheidung nicht im Stande, durch seine Malerei soviel zu verdienen, wie nötig wäre, um den Lebensstandard, wie er in der Ehe unmittelbar vor der Scheidung geherrscht hat, aufrechtzuerhalten, so kann er die Differenz zwischen seinem tatsächlichen und dem nötigen Einkommen von seiner früheren Frau als Unterhaltsbeitrag verlangen. In manchen (Härte-)fällen vermindert sich allerdings die Unterhaltspflicht auf einen Betrag, der der Billigkeit entspricht (§ 1579 I), und zwar wenn aa) die Ehe nur von kurzer Dauer war und der Bedürftige auch nicht für längere Zeit wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte, bb) der Berechtigte sich einer schweren Straftat gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht oder cc) seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder dd) ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die drei bisher genannten Gründe (sog. „negative Härtekausel"). Bei dem „Generalklauselersatz" („ein anderer Grund") ist streitig, ob hierbei auch das Verhalten eines Ehegatten berücksichtigt werden kann, das zum Scheitern der Ehe geführt hat. Die Abkehr vom Verschuldensprinzip spricht gegen eine solche 103
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I. Abschnitt: Eherecht
Berücksichtigung, Gerechtigkeitsgesichtspunkte sprechen dafür. Die Judikatur pflegt überwiegend schwerwiegende schuldhafte Eheverfehlungen zu berücksichtigen, falls sie eindeutig zum Scheitern der Ehe geführt haben; vgl. O L G Hamburg, FamRZ 1978, 37; O L G Köln, N J W 1979, 768.
Die Minderung tritt nicht ein, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, § 1579 II. d) Neben der Bedürftigkeit des Berechtigten kommt es für den Unterhaltsanspruch auch auf die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten an. Die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten kann entweder deswegen fehlen, weil der Verpflichtete nicht die Mittel hat, für sich und den geschiedenen Ehegatten ausreichend zu sorgen, oder deswegen, weil er noch andere Ansprüche zu befriedigen hat, seien es Ansprüche aus Vertrag oder unerlaubter Handlung oder Unterhaltsansprüche unverheirateter Kinder oder - wenn er sich erneut verheiratet hat - seines zweiten Ehegatten. Hier gilt: aa) Ist der Verpflichtete nicht leistungsfähig, d. h. ist er außerstande, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts Unterhaltsleistungen an den früheren Ehegatten zu erbringen, so wandelt sich dessen Anspruch auf vollen Unterhalt um in einen Anspruch auf eine billige Leistung, § 1581, S. 1. Dabei kommt es auf die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten an. Es wird hier gefragt: Wieviel kann jeder Ehegatte zu seinem Lebensunterhalt beitragen? Dabei müssen sich die Ehegatten unter Umständen auch zu „unangemessener" Erwerbstätigkeit bequemen. Notlagen verlangen erhöhte Anstrengungen und auch Opfer. bb) Bei der Frage nach der Leistungsfähigkeit sind auch Unterhaltsansprüche minderjähriger unverheirateter Kinder des Pflichtigen oder - bei Wiederverheiratung - des zweiten Ehegattten zu berücksichtigen. Aber: Nur die Unterhaltsansprüche minderjähriger unverheirateter Kinder stehen dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten im Rang gleich, §§ 1582 II, 1609 II. Die Ansprüche des neuen Ehegatten gehen in der Regel dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach. Man sagt: Wird von dem geschiedenen Ehegatten verlangt, daß er zur Sicherung seines Unterhalts seine Möglichkeiten ausschöpft, so kann ein Gleiches auch vom neuen Ehegatten des Verpflichteten verlangt werden. Der unterhaltspflichtige Ehemann kann darum nicht etwa mit seiner zweiten Frau eine Hausfrauenehe vereinbaren und dann gegenüber seiner ersten Ehefrau erklären, er sei nicht imstande, zwei Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Beispiel: Ein Ehemann ist seiner geschiedenen Frau, seiner zweiten Frau, einem minderjährigen unverheirateten Kind aus der ersten Ehe und einem minderjährigen unverheirateten Kind aus der zweiten Ehe unterhaltspflichtig. Wenn der Unterhaltsbedarf der beiden Frauen mit je 600 DM und der Unterhaltsbedarf der Kinder mit je 200 DM angenommen wird und das Einkommen des Mannes 1900 DM beträgt, so
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§ 1 5
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ist der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau folgendermaßen zu berechnen: Zunächst ist vom Einkommen des Mannes dessen eigener angemessener Bedarf abzuziehen. Wird dieser Bedarf mit 800 D M angenommen, so verbleiben 1100 D M . Da diese Summe nicht ausreicht, um die Bedürfnisse aller Unterhaltsberechtigten zu decken, müssen diese eine Kürzung hinnehmen, § 1581. Weil Ehefrauen und Kinder im Range einander gleichstehen (§ 1609 II) und nur zwischen den Ehefrauen ein Rangverhältnis besteht, ist zunächst der Anspruch der Kinder festzustellen. Zu diesem Zweck wird die zur Verfügung stehende Summe im Verhältnis des jeweils festgestellten Bedarfs ( 6 0 0 : 6 0 0 : 2 0 0 : 2 0 0 ) aufgeteilt. Dabei ergibt sich, daß jedes Kind ein Achtel der Summe, d.h. 137,50 D M , beanspruchen kann. Aus der verbleibenden Summe (1100 - 275 = 825 D M ) wird zunächst der Unterhalt für die geschiedene Frau gedeckt. Die geschiedene Frau könnte danach ihren vollen Bedarf (600 D M ) erhalten. Die zweite Frau muß sich mit dem Rest (225 DM) zufrieden geben. Damit ist die Rechnung aber noch nicht zu Ende. D a die Unterhaltsansprüche der beiden Kinder dem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau gleichrangig sind, geht es nicht an, daß die geschiedene Frau ihren vollen Unterhaltsbedarf erhält, während die Kinder sich mit einem Bruchteil ihres Unterhaltsbedarfs zufrieden geben müssen. Es ist deswegen die Summe dessen, was die erste Frau und die beiden Kinder zusammen erhalten (600 + 137,50 + 137,50 = 875), noch einmal aufzuteilen, und zwar im Verhältnis 6 : 2 : 2 . Bei dieser nochmaligen Aufteilung verbleiben der ersten Ehefrau lediglich 525 D M , während die beiden Kinder jeweils 175 D M beanspruchen können; vgl. Dieckmann, FamRZ 1977, 164.
Die Situation ist allerdings eine andere, wenn der neue Ehegatte nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann, sei es wegen der Pflege oder Erziehung eines Kindes oder sei es wegen Alters oder Krankheit oder anderer Gebrechen oder sei es deswegen, weil er keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Hier hat der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nur in drei Fällen einen Vorrang gegenüber dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten, nämlich dann, wenn er entweder ein gemeinschaftliches Kind betreut oder wenn die Ehe von langer Dauer war oder wenn er seinen Unterhaltsanspruch auf die Härteklausel des § 1576 stützen kann, § 1582 I, 2. In jedem Fall geht also der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten vor, wenn der geschiedene Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind aus der ersten Ehe betreut oder wenn die erste Ehe von langer Dauer war oder die Härteklausel eingreift. Von diesen Fällen abgesehen, hat der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auch dann den Vorrang vor dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten, wenn dieser sich selbst unterhalten kann. Kann vom zweiten Ehegatten keine Erwerbstätigkeit verlangt werden, so stehen die Unterhaltsansprüche der beiden Ehegatten, von den oben genannten drei Sonderfällen abgesehen, einander im Rang gleich. cc) Ist ein Ehegatte nicht leistungsfähig, so tritt seine Unterhaltspflicht gegenüber dem früheren Partner - abweichend von der Regel - hinter die 105
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I. Abschnitt: Eherecht
Unterhaltspflicht der Verwandten des früheren Ehegatten zurück; er kann also seinen früheren Partner auffordern, sich zunächst an seine leistungsfähigen Eltern oder Kinder zu halten, § 1584. e) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat oder dem Tod des Berechtigten, § 1586 I. Er erlischt nicht mit dem Tod des Verpflichteten. Hier geht die Unterhaltspflicht als Nachlaß Verbindlichkeit auf die Erben des Unterhaltspflichtigen über. Allerdings haften die Erben nur beschränkt, nämlich bis zur Höhe des Betrags, der dem Berechtigten als Pflichtteil zugestanden hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre, § 1586 b. Zu den komplizierten Problemen, die dann auftreten, wenn auch die zweite Ehe geschieden wird und Unterhaltsansprüche gegen den ersten Ehegatten wieder aufleben (§ 1586a), vgl. Dieckmann, FamRZ 1977, 166 ff. f ) Zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, § 6211 Ziff. 5 ZPO. Die Entscheidung kann in einem besonderen Prozeß getroffen werden, jedoch ist dann, wenn ein Ehegatte dies beantragt, über den Unterhaltsanspruch gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden, § 623 I ZPO. Wollen beide Ehegatten nach einjähriger Trennung geschieden werden (§ 15661), so muß bereits die Antragsschrift die Einigung der Ehegatten über eventuelle Unterhaltspflichten enthalten, § 630 I Ziff. 3 ZPO. Dem Scheidungsantrag soll erst stattgegeben werden, wenn die Ehegatten bezüglich dieser Unterhaltspflicht einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt haben, § 630 III ZPO. g) Die Ehegatten können die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung auch vertraglich regeln, § 1585 c. Auch ein gänzlicher Verzicht auf Unterhalt nach der Scheidung ist möglich. Verträge dieser Art werden häufig im Zusammenhang (und zur Erleichterung) der Ehescheidung geschlossen, können aber auch schon vor der Eheschließung vereinbart werden. II. Vermögenskorrekturen aus Anlaß der Ehescheidung 1. Versorgungsausgleich a) Nach früherem Recht erwarb ein Ehegatte, der während der Ehe nicht oder nicht voll erwerbsfähig war, regelmäig keine oder nur eine im Vergleich zu der Versorgung des anderen Ehegatten geringfügige eigene Altersund Invaliditätssicherung. Darin lag eine offensichtliche Benachteiligung der Ehefrau, die wegen der Führung des Haushalts oder der Kindererziehung nicht erwerbstätig war oder sein konnte. Diese Unbilligkeit hat das 1. Eherechtsreformgesetz beseitigt. Versorgungsanwartschaften, die einem Ehegatten während der Ehe zugewachsen sind, sollen nunmehr nach 106
Die Folgen der Scheidung
§ 1 5 II 1
dem Grundsatz des Zugewinnausgleichs beiden Ehegatten gleichermaßen zugute kommen, § 1587. Dabei sind unter Versorgungsanwartschaften sowohl Anwartschaften nach öffentlichem Recht (Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Anwartschaften auf beamtenrechtliche Versorgung) als auch privatrechtlich begründete Versorgungsanwartschaften (Anwartschaften aufgrund betrieblicher Ruhegeldzusagen, Rentenanwartschaften aus der privaten Rentenversicherung) zu verstehen, § 1587a II. Daß der Versorgungsausgleich auf den Zuwachs während der Ehe beschränkt wird, hat folgenden Grund: Versorgungsansprüche (Beamtenpensionen z . B . ) werden nach der sog. ruhegehaltsfähigen Dienstzeit berechnet. J e länger die ruhegehaltsfähige Dienstzeit, desto höher das Ruhegehalt. War der Ehegatte, dem der Versorgungsanspruch zusteht, nur während eines Teiles seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeit verheiratet, so wäre es unbillig, den anderen Ehegatten am gesamten Ruhegehalt teilhaben zu lassen (wie er ja auch bei dem Zugewinnausgleich nur an dem während der Ehe erzielten Zugewinn partizipiert). Beispiel: Ein 32jähriger Beamter wird nach 1 ljähriger Ehe geschieden. Seine ruhegehaltsfähige Dienstzeit beträgt im Zeitpunkt der Scheidung ebenfalls 11 Jahre. Bei seiner Pensionierung (mit 65 Jahren) würde seine ruhegehaltsfähige Dienstzeit also 44 Jahre betragen. Von diesen 44 Jahren war er 11 Jahre verheiratet. Folglich hat er ein Viertel seiner Ruhegehaltsbezüge auszugleichen. Beläuft sich sein Ruhegehalt auf 2400 DM, so unterliegt also ein Betrag von 600 DM der Ausgleichspflicht. Bezieht der Mann ein 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld), so ist der Monatsbetrag um ein Zwölftel zu erhöhen. Auszugleichen sind damit 650 DM. Hat die Frau keine eigenen Versorgungsansprüche erworben, so sind folglich nach der Pensionierung des Mannes 325 DM monatlich an sie abzuführen. b) Die technische Durchführung des Versorgungsausgleichs hängt von dem Versorgungsträger ab, gegen den der Anspruch des ausgleichspflichtigen Ehegatten gerichtet ist. Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte Versorgungsanrechte in den gesetzlichen Rentenversicherungen erworben, so überträgt das Familiengericht einen Teil dieser Rentenanwartschaften auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten, § 1587b I. Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte als Beamter oder Arbeitnehmer in einem beamtenähnlichen Dienstverhältnis Versorgungsanrechte erworben, so begründet das Familiengericht für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung, § 1587b II. In beiden Fällen entstehen also für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung: im einen Fall werden ihm Rentenanwartschaften des ausgleichspflichtigen Ehegatten übertragen, im anderen Fall Rentenanwartschaften zu seinen Gunsten neu begründet (und die Versorgungsanrechte des anderen entsprechend gemin107
§ 1 5 II 1
I. Abschnitt: Eherecht
dert). Kann der Ausgleich weder auf dem Wege der Anwartschaftsübertragung nach § 1587b I noch auf dem der Anwartschaftsbegründung nach § 1587 b II erfolgen, sind also in der Ehezeit Versorgungsanrechte weder in den gesetzlichen Rentenversicherungen noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aufgebaut, ist vielmehr die Vorsorge für den Fall des Alters oder der Invalidität auf andere Weise, etwa durch eine betriebliche Altersversorgung oder eine Lebensversicherung getroffen worden, so hat der ausgleichspflichtige Ehegatte durch Entrichtung von Beiträgen Anwartschaftsrechte für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in einer gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen, § 1587b III. Nun gibt es Fälle, in denen ein Versorgungsausgleich durch Wertausgleich von Anwartschaften oder Versorgungsaussichten („Rentensplitting") nicht möglich oder ausgeschlossen ist. So kann z. B. eine Rentenanwartschaft in einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr begründet werden, wenn der Berechtigte bereits die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld erfüllt. Ferner darf der Monatsbetrag einer Rentenanwartschaft einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen. Wenn darum der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits eine Rentenanwartschaft hat und deren Monatsbetrag zusammen mit dem Monatsbetrag der auf ihn zu übertragenden oder zu seinen Gunsten zu begründenden Rentenanwartschaft diesen Höchstbetrag übersteigen würde, ist die Übertragung oder Neubegründung einer Rentenanwartschaft ausgeschlossen. In diesen, sowie in einigen weiteren Fällen (insbesondere auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587 b III auferlegten Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften nicht erbracht hat) erfolgt ein sog. schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, § 1587f. Bei einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat der eine Ehegatte an den anderen eine Geldrente zu zahlen, § 1587 g I, 1. Diese sog. Ausgleichsrente kann allerdings erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das 65. Lebensjahr vollendet hat, § 1587g I, 1. c) Diese Vorschriften über den Versorgungsausgleich sind nicht zwingendes Recht. Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich durch Ehevertrag ausschließen, § 1408 II, 1. Ob die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, den Versorgungsausgleich auszuschließen, auch die Möglichkeit einschließt, in einem Ehevertrag eine andere als die gesetzlich vorgesehene Ausgleichsregelung zu vereinbaren, ist streitig, aber mit der h. M zu bejahen (vgl. v. Maydell, FamRZ 1978, 749ff.: argumentum a maiore ad minus). Der (ehevertragliche) Ausschluß des Versorgungsausgleichs darf allerdings nicht im Zusammenhang mit einer Ehescheidung erfolgen. Er ist 108
Die Folgen der Scheidung
§ 15 II 2
unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird, § 1408 II, 2. Wollen die Ehegatten im Zusammenhang mit einer Scheidung den Versorgungsausgleich in anderer Weise als im Gesetz vorgesehen regeln, so bedarf ein entsprechender Vertrag neben der notariellen Beurkundung noch der Genehmigung des Familiengerichts, § 1587o. Das Gericht hat zu prüfen, ob durch die getroffene Vereinbarung die angemessene Versorgung der Ehegatten noch gewährleistet ist. Streitig ist in diesem Zusammenhang, ob im Rahmen des § 1587o der Versorgungsausgleich gänzlich ausgeschlossen werden kann. Die Frage läßt sich nicht generell beantworten. Die Gerichte werden einen gänzlichen Ausschluß wohl nur dann genehmigen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte dafür einen Ausgleich erhält (z. B. im Rahmen der Unterhaltsvereinbarung oder der Vermögensauseinandersetzung; vgl. § 1587o II, 4) oder wenn die Ehegatten etwa gleiche Anwartschaften oder Aussichten erwirtschaftet haben; vgl. Bergner, N J W 1977, 1748 und A G Münster, N J W 1978, 1592.
d) Ähnlich wie im Unterhaltsrecht gibt es auch beim Versorgungsausgleich Härteklauseln, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichsverpflichtung ausschließen (§§ 1587c, 1587h) 2. Ehewohnung und Hausrat Ein wichtiges Problem ist auch die Auseinandersetzung der Gatten hinsichtlich der gemeinschaftlichen Wohnung und des Hausrats. Rechtsgrundlage dafür bildet die 6. DVO zum EheG vom 21.10.1944 in der Fassung des 1. EheRG, die sog. Hausratsverordnung. Danach gilt: a) Wenn die Gatten sich anläßlich der Scheidung nicht darüber einigen können, wer von ihnen die Ehewohnung künftig bewohnen und wer die Wohnungseinrichtung und den sonstigen Hausrat erhalten soll, so regelt der Richter auf Antrag die Rechtsverhältnisse an der Wohnung und dem Hausrat, § 1 HausratsVO. Zuständig ist das Familiengericht, bei dem die Scheidungssache anhängig ist, bzw., wenn keine Scheidungssache anhängig ist, das Familiengericht, in dessen Bezirk die Ehegatten zuletzt gemeinsam gewohnt haben, § 11 Hausrats VO. Die Regelung erfolgt unbeschadet der besonderen Vorschrift des § 621 a ZPO im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 13 HausratsVO. b) Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, § 2 HausratsVO. Ist ein Ehegatte Eigentümer des Hauses, in dem sich die Ehewohnung befindet, so soll die Wohnung dem anderen Gatten nur zugewiesen werden, wenn dies notwendig ist, um unbillige Härten zu vermeiden, § 3 HausratsVO. Bei einer Mietwohnung kann der Richter bestimmen, daß ein von beiden Gatten eingegangenes Mietverhältnis von einem Gatten allein fortgesetzt wird oder 109
§ 1 6 11
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
daß ein Ehegatte an Stelle des anderen in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis eintritt, § 5 HausratsVO. c) Den beiden Gatten gemeinsam gehörenden Hausrat verteilt der Richter gerecht und zweckmäßig. Hausrat, der während der Ehe angeschafft wurde, gilt als gemeinsames Eigentum, es sei denn, daß das Alleineigentum eines Gatten feststeht. Die Gegenstände gehen in das Alleineigentum des Gatten über, dem der Richter sie zuteilt. Je nach der Sachlage ist diesem die Zahlung eines Kaufpreises oder einer Ausgleichssumme aufzuerlegen, § 8 Hausrats VO. Der Richter kann auch einen im Alleineigentum eines Gatten stehenden Gegenstand dem anderen zuweisen, wenn dieser auf seine Weiterbenutzung angewiesen ist und dem anderen Gatten die Überlassung zuzumuten ist. In diesem Fall kann der Richter einen Zwangsmietvertrag diktieren oder bei Notwendigkeit einer endgültigen Auseinandersetzung sogar das Eigentum gegen angemessenes Entgelt übertragen, § 9 Hausrats V O . 3. Widerruf von Schenkungen Nach früherem Recht konnte nach einer Scheidung, bei der ein Ehegatte für alleinschuldig erklärt wurde, der andere Schenkungen, die er ihm gemacht hatte, widerrufen. Diese Möglichkeit ist mit dem Inkrafttreten des 1. EheRG entfallen. Will ein Ehegatte heute Schenkungen widerrufen, muß er dem anderen groben Undank nachweisen (§ 530). Unter bestimmten Voraussetzungen kann er auch Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend machen; s . o . § 7 IV 5 sowie Kühne, FamRZ 1978, 221.
II. ABSCHNITT: KINDSCHAFTS- U N D VERWANDTSCHAFTSRECHT
§ 16. Abstammung I. Die eheliche Abstammung 1.
Grundsätzliches
Jedes Kind hat einen Vater und eine Mutter und über sie noch weitere Verwandte. Diese Beziehung zwischen einem Kind und seinen Eltern und den sonstigen Verwandten ist nicht nur eine natürliche, blutmäßige, sondern auch eine rechtliche. Voraussetzung dafür, daß sie entsteht, ist die Feststellung der Abstammung. Die Abstammung eines Kindes von seiner Mutter festzustellen, ist nicht schwer. Dagegen wußten schon die Römer: 110
Abstammung
§ 1 6 12
Pater semper incertus. Das Recht muß also Regeln insbesondere für die Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem Vater aufstellen. Mit der Feststellung der Abstammung (hier verstanden als blutmäßige Abstammung) könnte sich das Recht an sich zufrieden geben. Es tut aber mehr. Es unterscheidet zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Das hat seinen Grund nicht nur darin, daß für die Abstammung eines Kindes vom Ehemann seiner Mutter eine Vermutung spricht, die Feststellung darum im Normalfall unproblematisch ist, sondern auch darin, daß die Rechte eines ehelichen Kindes andere sind als die Rechte eines nichtehelichen Kindes. Von der ehelichen oder nichtehelichen Abstammung hängt z.B. ab, wem die elterliche Sorge über das Kind zusteht, wessen Namen und Staatsangehörigkeit das Kind erwirbt, wie es mit seinen Unterhalts- und Erbansprüchen bestellt ist u. a. m. Darum sind Kriterien erforderlich, aus denen sich ergibt, welche Kinder als ehelich anzusehen sind und welche nicht. Der Gesetzgeber darf sich aber nicht darauf beschränken, die Voraussetzungen der ehelichen Abstammung zu bestimmen, er muß auch den Weg bezeichnen, auf dem die zunächst für die Ehelichkeit eines in einer Ehe geborenen Kindes sprechende Vermutung widerlegt werden kann, und er muß schließlich die Frage beantworten, ob jedermann die Nichtehelichkeit eines Kindes geltend machen kann oder ob nur bestimmte Personen ein Anfechtungsrecht haben sollen. 2. Voraussetzungen der ehelichen Abstammung Ehelich sind alle Kinder, deren Eltern im Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet sind (auch wenn sie erst einen Tag vor der Geburt geheiratet haben!) oder - wenn ihre Ehe vor der Geburt durch Tod, Scheidung oder gerichtliche Aufhebung aufgelöst oder durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist - im Zeitpunkt der Zeugung miteinander verheiratet waren. Es müssen also zwei Voraussetzungen gegeben sein: (1) Geburt während der Ehe oder innerhalb einer bestimmten Frist nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe und (2) Zeugung durch den Ehemann der Mutter. Von diesen beiden Voraussetzungen läßt sich die erste ohne Schwierigkeiten feststellen. Dagegen ist die zweite Voraussetzung der Ehelichkeit, daß nämlich die Mutter das Kind vom Ehemann empfangen hat, schwieriger nachzuweisen. Das Gesetz hilft sich deshalb mit einer Ehelichkeitsvermutung, die genau gesehen in zwei Vermutungen zerfällt: a) in eine Beiwohnungsvermutung, b) in eine Vaterschaftsvermutung. 111
§ 1 6 12
a) Die
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Beiwohnungsvermutung
Die Beiwohnungsvermutung geht davon aus, daß der Mann seiner Frau innerhalb der sog. Empfängniszeit beigewohnt habe, § 1591 II, 1. Die Empfängniszeit ist der Zeitraum, der für die Erzeugung eines Kindes nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft in Betracht kommt; als Empfängniszeit gilt die Zeit vom 181. bis 302. Tag vor der Geburt unter Einschluß dieser Tage, § 1592 I. Daß der Mann seiner Frau beigewohnt hat, wird allerdings (vom Ausnahmefall des § 1591 II, 2 abgesehen) nur vermutet, wenn und soweit die Empfängniszeit in die Ehe fällt. Der Gesetzgeber kann keine Vermutung aufstellen, daß unverheiratete Personen geschlechtlich miteinander verkehren. Liegt die Empfängniszeit vor der Eheschließung oder wird die Beiwohnungsvermutung für den in die Ehe fallenden Teil der Empfängniszeit widerlegt, so hat das Kind die voreheliche Beiwohnung zu beweisen. Das Fehlen der Vermutung in diesem Fall bedeutet selbstverständlich nicht, daß ein Kind, das innerhalb von fünf Monaten nach dem Eheschluß geboren wird, als nichtehelich gilt. Der Standesbeamte, dem die Geburt eines Kindes angezeigt wird, wird das Kind als ehelich eintragen, wenn seine Eltern miteinander verheiratet sind, gleichgültig, wann die Ehe geschlossen wurde. Die fehlende Vermutung hat Konsequenzen nur dann, wenn die Ehelichkeit des Kindes angefochten wird. In diesem Fall braucht nämlich der Ehemann nicht die Vermutung zu widerlegen, daß er mit der Mutter des Kindes geschlechtlich verkehrt habe. Die Frage, ob ein Verkehr stattgefunden hat, unterliegt freier richterlicher Beweiswürdigung.
Gegen die Beiwohnungsvermutung ist der einfache Gegenbeweis zulässig, daß der Mann der Frau innerhalb der Empfängniszeit nicht beigewohnt hat. b) Die
Vaterschaftsvermutung
Die Vaterschaftsvermutung geht von der Ursächlichkeit der Beiwohnung für die Erzeugung des Kindes aus. Es wird also vermutet, daß das Kind bei der - vermuteten - Beiwohnung gezeugt worden ist. Auch hier ist der Gegenbeweis zugelassen. Dabei müssen Umstände dargetan werden, wonach die Empfängnis vom Ehemann offenbar unmöglich ist, § 1591 I, 2. Offenbar unmöglich ist die Empfängnis dann, wenn sie in hohem Grade unwahrscheinlich ist; vgl. BGHZ 7, 116. Es genügt also noch nicht der Nachweis, daß die Frau während der Empfängniszeit mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt hat, wohl aber z. B. der Nachweis, daß die Frau, als sie zum erstenmal mit ihrem Mann geschlechtlich verkehrte, bereits schwanger war, oder der Nachweis, daß ein nach dem Tod des Ehemannes geborenes Kind nach seinem Reifegrad nicht mehr von dem verstorbenen Ehemann gezeugt sein kann, wie z. B. ein Sieben-Monats-Kind, das neun Monate nach dem Tod des Ehemannes geboren wird.
112
Abstammung
§ 1 6 13
Für den Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit kommt der Blutuntersuchung große Bedeutung zu. Nach § 372a ZPO haben alle Beteiligten die Pflicht, die Entnahme von Blutproben in familienrechtlichen Streitigkeiten zu dulden, und zwar ohne Rücksicht auf ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht. Wenn sich bei dem Kind eine Blutgruppe oder Blutfaktoren feststellen lassen, die bei der Mutter und deren Ehemann fehlen, kann dieser nicht der Erzeuger sein. Die Unmöglichkeit der Vaterschaft kann u. U. auch durch ein erbbiologisches Gutachten dargetan werden; vgl. BGH, NJW 1954, 83; FamRZ 1961, 306. 3. Die Geltendmachung der Nichtehelichkeit a) Hier lautet der wichtigste Satz: „Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb von 302 Tagen nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Unehelichkeit festgestellt ist", § 1593. Dieser Satz wird durch einen zweiten ergänzt: Die Ehelichkeit eines Kindes kann nur angefochten werden (1) von dem Mann, der als sein ehelicher Vater gilt, (2) nach dem Tod des Mannes von seinen Eltern und (3) unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Kind selbst. Das heißt: Wird die Ehelichkeit von diesen Personen nicht angefochten, so kann sich niemand auf die Nichtehelichkeit des Kindes berufen, mag sie noch so offenkundig sein. Das gilt auch für die Anfechtungsberechtigten selbst. So kann z.B. der Scheinvater des Kindes, d.h. der Ehemann der Mutter, die das Kind im Ehebruch empfangen hat, die an das Kind gezahlten Unterhaltsbeträge vom Erzeuger so lange nicht ersetzt verlangen, als die Ehelichkeit noch nicht angefochten und die Nichtehelichkeit noch nicht rechtskräftig festgestellt ist. b) Das Hauptinteresse an der Beseitigung der Ehelichkeit des Kindes hat der Mann, der als sein Vater gilt. Die Anfechtung der Ehelichkeit steht darum grundsätzlich ihm allein zu, § 1594 I. Die Eltern des Mannes können die Ehelichkeit anfechten, wenn die Anfechtung der Ehelichkeit durch den Mann durch dessen Tod vereitelt worden ist. D.h.: Den Eltern steht das Anfechtungsrecht zu, wenn der Mann gestorben ist, ohne von der Geburt des Kindes Kenntnis erlangt zu haben, ferner, wenn der Mann innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des Kindes (d. h. innerhalb der Frist, in der er die Ehelichkeit hätte anfechten können) gestorben ist, ohne die Ehelichkeit angefochten zu haben. Im letzteren Fall ist das Anfechtungsrecht der Eltern aber ausgeschlossen, wenn feststeht, daß der Mann die Ehelichkeit des Kindes nicht anfechten wollte, § 1595 a. 113
§ 1 6 13
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Dem Kind steht ein Anfechtungsrecht nur in bestimmten Fällen zu (§ 1596 I), nämlich wenn: (1) der Mann gestorben oder für tot erklärt ist, ohne sein Anfechtungsrecht verloren zu haben, (2) die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt ist oder wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben und nicht zu erwarten ist, daß sie die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen, (3) die Mutter den Mann geheiratet hat, der das Kind gezeugt hat (hier ist die Anfechtung der Ehelichkeit Voraussetzung für eine Legitimation), (4) die Anfechtung wegen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels oder wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind sittlich gerechtfertigt ist oder (5) die Anfechtung wegen einer schweren Erbkrankheit des Mannes sittlich gerechtfertigt ist (Verminderung der Heiratsaussichten!). Beachte: Die Mutter des Kindes kann die Ehelichkeit nicht anfechten. Das hängt damit zusammen, daß ein nichteheliches Kind seiner Mutter gegenüber die Stellung eines ehelichen Kindes hat. Durch die Anfechtung wird nur das Rechtsband zwischen dem Kind und seinem Vater und dessen Verwandten zerschnitten. Darum hat das Gesetz nur diesen Personen ein Anfechtungsrecht eingeräumt. c) Die Anfechtung durch den Majin oder seine Eltern erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Anfechtungsklage gegen das Kind. Das Kind ficht die Ehelichkeit an durch Klage gegen den Ehemann bzw. den früheren Ehemann der Mutter, § 1599 I. Nach dem Tod des Kindes erfolgt die Anfechtung durch Antrag auf Feststellung der Nichtehelichkeit. Über den Antrag entscheidet das Vormundschaftsgericht. Das gleiche gilt, wenn das Kind nach dem Tod des Mannes seine Ehelichkeit anficht, § 1599 II. d) Die Ausübung des Anfechtungsrechts ist regelmäßig an eine Ausschlußfrist gebunden. Der Mann muß die Ehelichkeit binnen zwei Jahren anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er Kenntnis von den Umständen erlangt, die für die Nichtehelichkeit des Kindes sprechen (etwa einem Ehebruch der Mutter während der Empfängniszeit), frühestens aber mit der Geburt des Kindes, § 1594 I, II. Ein Versuch, die zeitliche Beschränkung der Anfechtung für verfassungswidrig erklären zu lassen, scheiterte am Bundesverfassungsgericht (BVerfG FamRZ 1975, 82). Für die Eltern gilt eine Ausschlußfrist von einem Jahr. Hier beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem ein Elternteil Kenntnis vom Tod des Mannes und von der Geburt des Kindes erlangt, § 1595a I, 4 u. 5. Für das Anfechtungsrecht des Kindes gilt in den Fällen des § 15961 Ziff. 1-3 ebenfalls eine Ausschlußfrist von zwei Jahren, in den übrigen Fällen ist das Anfechtungsrecht nicht fristgebunden. Soweit das Anfechtungsrecht 114
Abstammung
§ 16 II 1
fristgebunden ist, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen, die für seine Nichtehelichkeit sprechen, und von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt, der es zur Anfechtung berechtigt (solange das Kind noch minderjährig ist, kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an!), § 1596 II. e) Die Anfechtung ist ein höchstpersönlicher Akt. Darum ist eine Anfechtung durch einen gewillkürten Vertreter nicht zulässig, § 1595 I. Für ein minderjähriges Kind kann nur der gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit anfechten. Er bedarf dazu aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 15971), das vor der Erteilung der Genehmigung zu prüfen hat, ob die Anfechtung im Interesse des Kindes liegt. Vor der Entscheidung ist auch das Jugendamt zu hören; vgl. § 48 J W G . Gesetzlicher Vertreter wird in den Fällen des § 1596 I Ziff. 1-3 meistens die Mutter sein. Ist der Scheinvater Alleininhaber oder Mitinhaber des elterlichen Sorgerechts, so muß ein Pfleger bestellt werden, §§ 1629 II, 1795 II, 181,1909. Will ein Vormund oder ein Pfleger die Ehelichkeit anfechten, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nur erteilen, wenn die Mutter des Kindes einwilligt, § 1597 III. Hat der gesetzliche Vertreter (regelmäßig: die Mutter) in den Fällen des § 15961 Ziff. 1-3 die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind, sobald es volljährig geworden ist, seine Ehelichkeit innerhalb von zwei Jahren selbst anfechten, § 1598. Beachte: Hat das Kind keine eigenen Mittel, so kann es vom unterhaltspflichtigen (Schein-)Vater einen Prozeßkostenvorschuß verlangen. Die Pflicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses folgt - wie bei allen Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten - aus der Unterhaltspflicht (s. u. § 20 V1). Das Kind setzt sich mit einem solchen Verlangen zwar in einen scheinbaren Widerspruch mit seiner Behauptung, es stamme von diesem Mann nicht ab. Der Gesetzgeber hat - mit der Einführung des § 1593 - solche scheinbaren Widersprüche aber in Kauf genommen; vgl. KG, NJW 1971, 197.
f) Für das Verfahren im Anfechtungsprozeß gelten die besonderen Vorschriften der sog. Statusprozesse, §§ 641 ff. ZPO.
II. Die nichteheliche Abstammung 1.
Grundsätzliches
Etwa 7 Prozent aller Kinder in der Bundesrepublik werden nichtehelich geboren. 1978 waren es 40141, 6,6 % mehr als im Jahr zuvor. Ebenso wie die eheliche Abstammung ist auch die nichteheliche Abstammung für eine Reihe von Rechtsverhältnissen bedeutsam. Von ihr hängt namendich ab, ob das Kind gegen seinen Vater (und umgekehrt der 115
§ 1 6 II 1
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Vater gegen das Kind!) einen Unterhaltsanspruch und ein Erbrecht geltend machen kann. Nach früherem Recht erschöpften sich die Beziehungen zwischen einem nichtehelichen Kind und seinem Vater in einer - schuldrechtlich ausgestalteten - Unterhaltspflicht des Vaters. Ansonsten galten Kind und Vater „nicht als verwandt" (§ 1589 II a. F.). Diesen unbefriedigenden Rechtszustand hat das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19.8.1969 („Nichtehelichengesetz") beseitigt, das am 1.7.1970 in Kraft getreten ist. Nach diesem Gesetz besteht auch zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater ein familienrechtliches Band. Der ominöse § 1589 II wurde ersatzlos gestrichen. Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des früheren Rechts war die natürliche Erzeugung. Die Erzeugung brauchte aber vom Kind nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen zu werden. Hatte der Inanspruchgenommene der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt, so wurde seine Vaterschaft vermutet. Diese Vermutung konnte nur auf zweierlei Weise widerlegt werden (§ 17171a.F.): Einmal - wie bei ehelichen Kindern - durch den Nachweis, daß nach den Umständen die Mutter das Kind unmöglich aus der Beiwohnung empfangen haben konnte (z.B. weil sie bereits schwanger war oder das Kind eine Blutgruppe hatte, die weder die Mutter noch der Inanspruchgenommene hatten) oder durch den Nachweis, daß auch ein anderer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hatte (die sog. exceptio plurium oder Mehrverkehrseinrede). Diese Rechtslage schloß nicht aus, daß nicht der wirkliche Vater, sondern ein anderer für den Unterhalt des Kindes aufkommen mußte. Die Frau, die mit mehreren Männern geschlechtlich verkehrt hatte, konnte sich zunächst den zahlungskräftigsten aussuchen. Solange diesem weder der Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit der Abstammung noch der Nachweis des Mehrverkehrs gelang, mußte er zahlen. Die Kehrseite dieser Regelung, die man für notwendig hielt, um dem Kind einen „Zahlvater" zu verschaffen, war, daß ein Urteil auf Unterhaltszahlung nicht die Vaterschaft verbindlich feststellen konnte. Verbindlich festgestellt wurde durch das Urteil nur die Unterhaltsverpflichtung, nicht die Vaterschaft. Das Urteil wirkte deswegen auch Rechtskraft nur zwischen den Prozeßparteien. Wollte das Kind eine verbindliche Feststellung der Vaterschaft erreichen, so mußte es auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung klagen (§ 640 a.F. ZPO). Dafür galtjedoch nicht die Vermutung des § 17171 a. F. Wegen der daraus resultierenden Beweisschwierigkeiten (und auch deshalb, weil mit der Feststellung keine materiellen Vorteile für das Kind verbunden waren), wurden solche Klagen von den nichtehelichen Kindern nur sehr selten erhoben. 116
Abstammung
§ 16 II 2
Die neue Konzeption, die zwischen einem Vater und seinem nichtehelichen Kind ein familienrechtliches Band knüpft, setzt eine allgemein verbindliche Feststellung der Vaterschaft voraus. Eine solche kann auf zweierlei Weise getroffen werden: einmal durch eine Anerkennung der Vaterschaft und zum anderendurcheinegerichtlicheEntscheidung,§1600aS. 1. Während die gerichtliche Feststellung der „Istvaterschaft" - wie gesagt - auch schon bisher möglich war, ist die verbindliche Feststellung durch Anerkennung neu. Ein Vaterschaftsanerkenntnis gab es zwar auch schon nach früherem Recht. Durch ein solches Vaterschaftsanerkenntnis wurde aber nicht die Vaterschaft festgestellt, sondern dem Anerkennenden allein das Recht genommen, in einem späteren Unterhaltsprozeß die Mehrverkehrseinrede zu erheben.
Anerkennung der Vaterschaft und gerichtliche Feststellung haben konstitutive Wirkung. Vor der Anerkennung oder der gerichtlichen Feststellung können die Rechtswirkungen der Vaterschaft nicht geltend gemacht werden, § 1600a S.2. 2. Die Anerkennung der Vaterschaft a) Die Feststellung der Vaterschaft durch Anerkennung setzt zweierlei voraus: die Anerkennung durch den Vater und die Zustimmung des Kindes (§ 1600c I). Die Zustimmung des Kindes ist als Sicherung dagegen erforderlich, daß jemand das Kind anerkennt, der gar nicht der wirkliche Vater ist. Nur allzu leicht könnte sonst eine Adoption umgangen werden. Vom Vater wird eine unbedingte und unbefristete Erklärung verlangt, in der er seine Vaterschaft anerkennt (§ 1600b I). Die Erklärung muß in der Form einer öffentlichen Urkunde erfolgen (§ 1600e I). Für die Beurkundung sind neben dem Notar (§ 1 BeurkG, § 20 BNotO) auch die Amtsgerichte (§ 62 BeurkG, § 641 c ZPO), die Standesbeamten (§ 29a PStG) und die Jugendämter zuständig (§ 49 I Nr. 1 JWG). Die Zustimmung des Kindes ist dem Anerkennenden oder dem Standesbeamten gegenüber zu erklären, § 1600 c II. Auch für sie ist öffentliche Beurkundung vorgeschrieben, § 1600e I. Selbst erklären kann das Kind seine Zustimmung aber erst dann, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat. Vorher kann nur sein gesetzlicher Vertreter der Anerkennung zustimmen. Und auch das Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, braucht für die Zustimmung, solange es noch minderjährig ist, die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1600d II. Die letzte Entscheidung über die Zustimmung zur Anerkennung liegt also bei dem gesetzlichen Vertreter des Kindes. Gesetzlicher Vertreter in dieser Frage ist hier - falls eine Amtspflegschaft besteht (zum Ausschluß der Amtspflegschaft vgl. § 1707) - nicht die Mutter des Kindes, sondern ein Pfleger (meist das Jugendamt; vgl. §§ 1706,1709). Der Gesetzgeber fürch117
§ 1 6 II 2
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
tete offenbar einen Interessenkonflikt. (Wird die Mutter nein sagen, wenn ein Mann, der sie heiraten will, die Vaterschaft aus Gefälligkeit anerkennt, ohne in Wahrheit der Vater zu sein?) Die Zustimmung der Mutter wird nicht verlangt. Ihr ist lediglich eine beglaubigte Abschrift der Anerkennungserklärung zu übersenden, § 1600e II. Ist sie mit der Anerkennung nicht einverstanden, so kann sie die Anerkennung anfechten. Anerkennender und Zustimmender müssen ihre Erklärungen selbst abgeben. Sie können keinen Bevollmächtigten schicken, § 1600d III. Der Vater des Kindes muß die Anerkennung auch dann selbst erklären, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Es kann also nicht sein gesetzlicher Vertreter für ihn die Vaterschaft anerkennen. Die Anerkennung ist ein höchstpersönliches Geschäft. Allerdings braucht der Geschäftsbeschränkte für die Anerkennung die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§ 1600d I). b) Entspricht die Anerkennung den genannten Voraussetzungen, so kann sie nur durch eine Anfechtung, verbunden mit einer gerichtlichen Feststellung, daß der Mann nicht der Vater des Kindes ist, wieder vernichtet werden, § 1600f I. Das bedeutet: Eine bewußt wahrheitswidrige Anerkennung der Vaterschaft ist nicht nichtig! Enthielte § 1600f I nicht das Wort „ n u r " , so käme man über § 169 S t G B (Personenstandsfälschung) und § 134 B G B zur Nichtigkeit der bewußt wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung!
Anfechtungsberechtigt sind der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, die Mutter und das Kind, außerdem die Eltern des Mannes (nach dessen Tode), § 1600g. Der Kreis der Anfechtungsberechtigten ist also fast der gleiche wie bei einem ehelichen Kind. Ausnahme: Bei einem nichtehelichen Kind hat auch die Mutter ein Anfechtungsrecht. Sie muß die Möglichkeit haben zu verhindern, daß jemand sich als Vater des Kindes ausgibt, ohne es in Wahrheit zu sein. Hält man ihre Zustimmung zur Anerkennung für entbehrlich, kann man ihr doch nicht das Recht nehmen, die Vaterschaft des Anerkennenden zu bestreiten. Die Anfechtungsfrist beträgt für den Mann, seine Eltern und die Mutter ein Jahr, für das Kind zwei Jahre. Für den Mann und grundsätzlich auch für das Kind beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem ihm die Umstände bekannt geworden sind, die gegen die Vaterschaft sprechen, für die Eltern des Mannes ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem einem Elternteil der Tod des Mannes und die Anerkennung bekannt geworden sind, und für die Mutter des Kindes schließlich läuft die Frist von dem Zeitpunkt an, in dem ihr die Anerkennung bekannt geworden ist, §§ 1600 h, 1600i. 118
Abstammung
§ 16 II 3
Ebenso wie bei der Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes muß auch bei der Anfechtung der Anerkennung eines nichtehelichen Kindes - jedenfalls grundsätzlich - eine Vermutung widerlegt werden. Es wird nämlich vermutet, daß das Kind von dem Mann gezeugt ist, der die Vaterschaft anerkannt hat. Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn der Mann anficht und geltend macht, seine Anerkennungserklärung leide unter einem Willensmangel nach § 119 I (in der Praxis kaum vorstellbar) oder nach § 123 (arglistige Täuschungen sind keine Seltenheit). Hier ist es zunächst Sache des Kindes zu beweisen, daß der Mann der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat. Nur wenn dieser Beweis geführt werden kann, muß der Mann seinerseits die weitere Vermutung entkräften, daß das Kind aus dieser Beiwohnung stammt, §§ 1600m, 1600o II. 3. Die Feststellung der Vaterschaft durch gerichtliche
Entscheidung
a) Durch gerichtliche Entscheidung muß die Vaterschaft dann festgestellt werden, wenn der Vater des Kindes die Vaterschaft nicht anerkennt oder seine Anerkennung deswegen nicht wirksam wird, weil die Zustimmung des Kindes verweigert wird. Auf die Feststellung klagen kann sowohl das Kind (d.i. der Normalfall), das dabei regelmäßig durch einen Pfleger vertreten wird (§ 1706), als auch der Erzeuger (wenn die Zustimmung verweigert wird), § 1600n I. Zuständig ist das Amtsgericht, § 23 a GVG. Das Verfahren ist ein Statusprozeß i. S. der §§ 640ff. ZPO. Die Mutter ist zum Termin zu laden, § 640e ZPO. Nach dem Tode des Mannes oder des Kindes tritt an die Stelle der Feststellungsklage ein Antrag an das Vormundschaftsgericht. Antragsberechtigt ist beim Tod des Mannes das Kind, beim Tod des Kindes die Mutter, § 1600n II. Die Abstammung kann auf zwei Wegen vom Gericht festgestellt werden. Der erste ergibt sich aus § I6OO0 I, der zweite aus § I6OO0 II. Nach § 1600 o I ist als Vater der Mann festzustellen, der das Kind erzeugt hat. Für eine solche Feststellung ist erforderlich, daß die Abstammung voll, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen wird. Der Beweis wird in aller Regel mit wissenschaftlichen Gutachten geführt. Kann die Abstammung nicht nach § I6OO0 I festgestellt werden (sprechen etwa die Gutachten nur von einer hohen Wahrscheinlichkeit), so ist auf § I6OO0 II zurückzugreifen. Nach dieser Vorschrift wird grundsätzlich vermutet, daß derjenige der Vater ist, welcher der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Hier ist also zunächst die Beiwohnung zu beweisen. Dabei ist es nicht zulässig, zum Beweis der Beiwohnung auf Gutachten zurückzugreifen, die den als Vater in Anspruch genommenen Mann „mit hoher Wahrscheinlichkeit" als Vater bezeichnen. Aus einer 119
§ 1 6 II 3
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Ähnlichkeit zwischen dem Kind und dem als Vater in Anspruch genommenen Mann, die dem Richter noch nicht die Uberzeugung der Abstammung verschafft hat, kann nicht auf eine Beiwohnung als Grundlage der Abstammung geschlossen werden (BGH FamRZ 1976, 24). Für den Beweis der Beiwohnung kommt es in erster Linie auf die Aussage der Mutter an. Wird diese Aussage bestritten, so hat das Gericht zu prüfen, ob es aufgrund einer Würdigung der Beweisaufnahme die Uberzeugung gewinnen kann, daß die Aussage der Kindesmutter über einen Geschlechtsverkehr mit dem in Anspruch Genommenen wahr ist. Steht nach Überzeugung des Gerichts die Beiwohnung fest, wird nach § 1600o II, 1 vermutet, daß der Beischläfer jder Vater des Kindes ist. Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn nach Würdigung aller Umstände „schwerwiegende Zweifel" an der Vaterschaft verbleiben, § I6OO0 II, 2. Schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben insbesondere, aber nicht nur, wenn ein Mehrverkehr der Mutter feststeht oder mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden muß und der oder die anderen Beischläfer - z. B. weil sie nicht mehr zu ermitteln oder gestorben sind nicht in die Untersuchung einbezogen werden können (vgl. O L G Düsseldorf, FamRZ 1971, 379; BGH, N J W 1973, 2249). In diesen Fällen muß dann die Feststellungsklage bzw. der Antrag an das Vormundschaftsgericht abgewiesen werden. Gilt die Vermutung, so bleibt dem Mann nur die Möglichkeit, sie durch wissenschaftliche Gutachten zu widerlegen. Dabei muß er nachweisen, daß er nicht der Vater des Kindes sein kann. In Betracht kommen hier vornehmlich Blutgruppen- und Tragezeitgutachten. In den Blutgruppengutachten wird untersucht, ob das Kind eine Blutgruppe oder bestimmte Blutmerkmale hat, die sich weder bei der Mutter noch bei dem Beklagten finden, also von einem Dritten herrühren müssen. In den Tragezeitgutachten wird auf den Reifegrad des Kindes abgestellt. Liegt der bewiesene Beischlaf neun Monate zurück, ist das Kind aber ein Sieben-Monats-Kind, so kann es nicht aus diesem Beischlaf stammen. Zu beachten ist: Da es sich um einen Statusprozeß handelt, gilt das Amtsermittlungsprinzip (§§ 640 1 , 6 1 6 1 ZPO). Das Gericht kann von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht worden sind. b) Die Feststellung der Vaterschaft durch eine gerichtliche Entscheidung kann nicht durch eine Anfechtung wieder beseitigt werden. Hier gibt es nur den Weg der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang § 641 i Z P O : Danach findet nämlich eine Restitutionsklage gegen ein rechtskräftiges Urteil, in dem über die Vaterschaft entschieden ist, außer in den Fällen des § 580 ZPO auch dann statt, wenn die Partei ein neues Gutachten über die Vaterschaft vorlegt, das 120
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen
§ 1 7 II 1
entweder allein oder in Verbindung mit den in dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde.
§ 17. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen Ausgangsfall: Ein Bauer hat zwei Söhne: Konrad und Balduin. Der 1931 geborene Konrad macht sich 1958 selbständig. 1959 übergibt der Vater den Hof dem Balduin. 1962 erhebt Konrad gegen Balduin Klage auf Zahlung von 15 430 D M als Ausgleich für seine Mitarbeit in der Zeit vom 1.7.1948 bis 31.12.1957. Er trägt vor, er habe während dieser Zeit seine ganze Arbeitskraft für den Hof eingesetzt und in bar lediglich seit dem 1.1.1957 ein Taschengeld von 30 DM monatlich erhalten. Er habe sich zunächst einer anderen Tätigkeit widmen wollen, sei aber auf Bitten des Vaters auf dem Hof geblieben. Der Vater habe ihm schon 1948 und später noch öfter erklärt, einer der Söhne werde den Hof bekommen, der andere solle einen Hof pachten und werde dann zum Ausgleich Inventar vom elterlichen Hof erhalten. Keiner der Söhne werde um seinen wohlverdienten Lohn kommen. In dieser Erwartung habe er auf dem Hof gearbeitet. Durch seine Mitarbeit seien erhebliche Werte geschaffen worden. Das, was er bisher dafür bekommen habe, liege weit unter dem üblichen Lohn eines Landarbeiters. Balduin hält die Klage nicht für begründet. Er meint, Konrad sei nach dem Gesetz zu unentgeltlicher Mitarbeit verpflichtet gewesen. Wer hat recht?
I. Grundsätzliches D a s Verhältnis zwischen Eltern und Kindern wird hauptsächlich geprägt durch die elterliche Sorge, die bei ehelichen Kindern den Eltern, bei nichtehelichen Kindern der Mutter obliegt. N e b e n der elterlichen Sorge bestehen zwischen dem K i n d und seinen Eltern oder (bei einem nichtehelichen Kind) seiner Mutter aber auch noch andere familienrechtliche Beziehungen. Diese Rechtsbeziehungen ergeben sich z . T . aus der A b s t a m m u n g , z . T . sind sie Folge der Hausgemeinschaft, z . T . beeinflussen sie die Persönlichkeitssphäre, z . T . haben sie vermögensrechtliche Bedeutung.
II. Allgemeine Rechtswirkungen der Abstammung im persönlichen Bereich
1. Die Staatsangehörigkeit
des Kindes
D a s eheliche Kind erhält nach § 4 I Ziff. 1 R u S t A G die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn auch nur ein Elternteil Deutscher ist. D a s nichteheliche Kind erhält die Staatsangehörigkeit seiner Mutter, § 4 I Ziff. 2 R u S t A G . 121
§17112
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
2. Der Name des Kindes a) Der Name des ehelichen Kindes Das eheliche Kind erhält den Ehenamen seiner Eltern, § 1616. Diese Fassung hat § 1616 durch das 1. EheRG erhalten. Nach dem früheren Recht bekam das eheliche Kind den Familiennamen seines Vaters.
b) Der Name des nichtehelichen Kindes Das nichteheliche Kind erhält den Familiennamen, den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes führt, wenn sie verheiratet ist, den Ehenamen der Mutter, § 1617 I, 1. Der gem. § 1355 III dem Ehenamen vorangestellte Name kann als höchstpersönlicher Familiennamensbestandteil nicht auf das Kind übertragen werden, § 16171,2. Wenn also die Ehegatten den Namen des Mannes als Ehenamen gewählt haben und die Frau diesem Namen ihren Geburtsnamen vorangestellt hat, so bekommt ihr nichteheliches Kind nicht diesen Doppelnamen, sondern lediglich den zum Ehenamen gewordenen Namen des Mannes.
Diesen Namen behält das Kind auch dann, wenn der Ehemann der Mutter die Ehelichkeit des Kindes mit Erfolg angefochten hat. Der Ehemann der Mutter kann also nicht verlangen, daß das Kind nach der Feststellung seiner Nichtehelichkeit den Geburtsnamen der Mutter zu führen habe. Ändert sich der Name der Mutter, so ist zu unterscheiden: (1) Heiratet die Mutter den Vater des Kindes und wählen die Ehegatten als Ehenamen den Namen des Mannes, so erhält auch das Kind diesen Namen, wenn es noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Ist es älter als vierzehn Jahre, so erhält es den Namen nur dann, wenn es sich der Namensänderung durch Erklärung anschließt, § 1720. (2) Heiratet die Mutter einen anderen Mann als den Vater des Kindes und bekommt sie infolge dieser Eheschließung einen anderen Namen, so erstreckt sich diese Namensänderung nicht auf das Kind, § 1617 III. (3) Ändert sich der Familienname der Mutter aus anderen Gründen, z. B. durch Wiederannahme des Geburtsnamens nach Scheidung der Ehe (§ 1355 III), so erstreckt sich diese Änderung auf den Namen des nichtehelichen Kindes in jedem Fall dann, wenn das Kind noch nicht fünf Jahre alt ist. Ist das Kind älter als fünf Jahre, so nimmt es an der Namensänderung der Mutter nur dann teil, wenn es sich der Namensänderung durch eine gegenüber dem Standesbeamten abzugebende Erklärung anschließt, § 1617 II. Diese Erklärung hat das Kind selbst abzugeben, wenn es das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat; es braucht dazu allerdings die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist es noch nicht vierzehn Jahre alt, so ist zu unterscheiden: für das Kind, das noch nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, kann nur sein gesetzlicher Vertreter handeln. In der Spanne zwischen dem siebenten und 122
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen
§ 17 II 2
dem vierzehnten Lebensjahr kann die Erklärung sowohl von dem gesetzlichen Vertreter als auch vom Kind selbst mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgegeben werden. Beachte zur Vertretung des Kindes die §§ 1706 Ziff. 1 und 1707! Grund für diese Regelung ist das Interesse, das ein Kind an einer Namenskontinuität haben kann (man denke an die Schwierigkeiten, die auftreten können, wenn die Zeugnisse, die für das Fortkommen des Kindes von Bedeutung sind, auf einen anderen Namen lauten als den, den das Kind später führt). (4) Ist im Zeitpunkt der Namensänderung der Mutter das Kind bereits verheiratet, so ist die Namensänderung ohne Bedeutung, wenn nicht der Name des nichtehelichen Kindes, sondern der Name seines Ehegatten der Ehe- und Familienname geworden ist. Ist der Geburtsname des nichtehelichen Kindes zum Ehe- und Familiennamen geworden, so erstreckt sich die Namensänderung seiner Mutter auf den Ehe- und Familiennamen nur dann, wenn beide Ehegatten gemeinsam sich dieser Namensänderung anschließen, § 1617 IV. c) Die Einbenennung durch die Mutter und deren Ehemann Heiratet die Mutter nach der Geburt des Kindes einen anderen Mann als den Vater des Kindes, so bleibt nach dem Gesagten der Name des Kindes auch dann unberührt, wenn sich der Name der Mutter ändert. Die Mutter und ihr Ehemann können aber dem Kind ihren gemeinsamen Ehenamen erteilen, § 1618 I, 1. Eine solche „Einbenennung" hat den Zweck, die Namenseinheit innerhalb der Familie herzustellen. Erwünschter Nebenzweck ist häufig, die Tatsache der Nichtehelichkeit zu verschleiern. Die Einbenennung geschieht durch öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem Standesbeamten. Für ihre Wirksamkeit ist die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für das Kind kann sein gesetzlicher Vertreter handeln. Ist das Kind allerdings vierzehn Jahre alt, so kann es die Einwilligung nur selbst erteilen, braucht dazu aber noch die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1618. Beachte zur Vertretung des Kindes die §§ 1706 Ziff. 1 und 1707! d) Die Einbenennung durch den Vater des Kindes Das früher geltende Recht kannte nur eine Einbenennung durch den Ehemann der Mutter. Das Nichtehelichengesetz hat auch dem Vater des Kindes das Recht eingeräumt, dem Kind seinen Namen zu erteilen, § 1618 I. Mutter und Kind müssen aber ihre Einwilligung geben, wenn die Einbenennung wirksam werden soll. Der Sinn dieser Regelung leuchtet nicht recht ein. Wächst das Kind bei seiner Mutter auf, so zerstört die Einbenennung die - erwünschte - Namensgleichheit zwi-
123
§ 1 7 III 1
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
sehen Mutter und Kind. Wächst das Kind bei seinem Vater auf, so hat dieser die Möglichkeit der Ehelicherklärung oder Adoption. Einer dritten Möglichkeit, dem Kind seinen Namen zu erteilen, bedarf es nicht; vgl. Henrich, Personenstandsrechtliche Aspekte der Reform des Rechts der unehelichen Kinder, StAZ 1968, 149ff., 153 ff.
3. Der Wohnsitz des Kindes Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz seiner Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen, § 11 S. 1. Da bei nichtehelichen Kindern allein der Mutter das Personensorgerecht zusteht, heißt das, daß nichteheliche Kinder den Wohnsitz der Mutter teilen.
III. Folgen der Zugehörigkeit zum elterlichen Hausstand 1. Nach § 1619 ist ein Kind, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten. a) Die Mitarbeitspflicht des Kindes im elterlichen Hauswesen oder Geschäft ist also von zwei Voraussetzungen abhängig: (1) Zugehörigkeit zum elterlichen Hausstand. Dem elterlichen Hausstand gehört ein Kind an, wenn es dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Bloßes Wohnen im Elternhaus genügt nicht. Ist das Kind außerhalb des Hauses berufstätig, so hat es den „Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen" nicht im elterlichen Hausstand. (2) Entweder Erziehung durch die Eltern (das betrifft minderjährige Kinder) oder Unterhaltsgewährung durch die Eltern (das ist bedeutsam, wenn die Kinder volljährig geworden sind). b) Sind diese Voraussetzungen gegeben, so besteht zwischen den Eltern und dem Kind ein familienrechtliches Verhältnis, aufgrund dessen das Kind zu Dienstleistungen verpflichtet ist. Für diese Dienste kann das Kind nach einhelliger Auffassung kein Entgelt verlangen ( B G H , FamRZ 1965, 431; Fenn, Die juristische Qualifikation der Mitarbeit bei Angehörigen und ihre Bedeutung für die Vergütung, FamRZ 1968,291, 292). Andererseits dürfen die Dienste nur in einem solchen Umfang gefordert werden, daß die Ausbildung des Kindes darunter nicht leidet; vgl. B G H , FamRZ 1960, 359; ferner auch § 1 JugArbSchG. c) Durch die Bestimmung des § 1619 wird nicht ausgeschlossen, daß ein Kind, obwohl es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern unterhalten wird, mit seinen Eltern einen Vertrag schließt, aus dem sich ein Vergütungsanspruch ergibt; vgl. Dölle II, § 90 III. Eine solche Vereinba124
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen
§171112
rang braucht nicht notwendig ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend getroffen werden. In Frage kommen hier namentlich Dienst-, Arbeits- oder Gesellschaftsverträge. Beachte: An sich müßte dem Minderjährigen für den Abschluß eines solchen Vertrages ein Pfleger bestellt werden. Aber: Die Pflegerbestellung kann hier (im Fall eines Arbeitsvertrages, nicht im Fall eines Gesellschaftsvertrages; vgl. §§ 113, 1822 Ziff. 3, 1643 I) durch eine Ermächtigung nach § 113 ersetzt werden; vgl. Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, S.282f.
Wer das Bestehen vertraglicher Beziehungen behauptet, trägt dafür die Beweislast. Der bloße Umstand, daß ein Sohn voll im Betrieb seiner Eltern mitarbeitet, reicht für die Annahme eines Vertragsverhältnisses noch nicht aus. Man wird weiter fragen müssen: Hat der Vater oder haben die Eltern dem Kind einen wirklichen Lohn ausbezahlt und für das Kind Beiträge zur Sozialversicherung geleistet? Wurden Lohnsteuern entrichtet? Ausdrücklich werden Arbeits- oder Gesellschaftsverträge häufig (zumindest auch) aus steuerlichen Gesichtspunkten geschlossen. Arbeitslohn kann als Betriebsausgabe abgesetzt werden; die Progression der Einkommensteuer wird aufgehalten durch die Verteilung des Gewinns auf mehrere Schultern; sind Kinder Mitgesellschafter, so braucht für den Zuwachs der stillen Reserven keine Erbschaftssteuer entrichtet zu werden usw. Auch sozialversicherungsrechtliche Vorteile spielen oft eine Rolle. Der stillschweigende Abschluß eines Vertrages wird regelmäßig von dem mitarbeitenden Kind behauptet, welches nach einiger Zeit eine Vergütung für seine Mitarbeit erhalten möchte. Die Arbeitsgerichte neigen dazu, in einem solchen Fall § 612 als Anspruchsgrundlage heranzuziehen (vgl. etwa BAG, AP Nr. 13, 15, 20, 22, 23 und 24 zu § 612 BGB). Indessen wird es hier oft an einem rechtsgeschäftlichen Bindungswillen der Partner, vor allem der Eltern, fehlen. Meistens liegt der Fall so, daß dem Kind irgendeine Gegenleistung (spätere Hof- oder Geschäftsübernahme) zwar nicht rechtsverbindlich versprochen, aber doch in Aussicht gestellt worden ist. Schlägt diese Erwartung später fehl, so kann das Kind einen Bereicherungsanspruch geltend machen (§ 812 I 2, 2. Alt.); vgl. BGH, FamRZ 1965, 317; FamRZ 1966, 25; Dölle II, § 90 III, 5; kritisch zur Anwendung des § 612: Canaris, Atypische faktische Arbeitsverhältnisse, BB 1967, 165; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 71 ff. 2. Macht ein volljähriges Kind, das dem elterlichen Hausstand angehört, Aufwendungen zur Bestreitung der Kosten des Haushalts, so wird vermutet, daß es dabei nicht die Absicht hatte, Ersatz zu verlangen, § 1620. Gäbe es diese Auslegungsregel nicht, so könnte sich das Kind, das z. B. auf eigene Kosten Lebensmittel für den elterlichen Haushalt einkauft, auf § 683 (Geschäftsführung ohne Auftrag) berufen. 125
§ 1 7 IV 3
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
§ 1620 gilt nicht, wenn sich aus der Art und Weise der Leistung ergibt, daß das Kind den Eltern nur etwas vorschießen wollte (Beispiel: Das Kind bezahlt in Abwesenheit der Eltern eine Rechnung). IV. Vermögensrechtliche Hilfspflichten und Hilfeleistungen /. Unterhalt Eltern und Kinder sind Verwandte in gerader Linie und deswegen gemäß § 1601 verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Wegen der Einzelheiten s.u. § 20. 2. Aussteuer Nach früherem Recht hatten Töchter gegen ihre Eltern im Fall der Verheiratung einen Anspruch auf Aussteuer, d. h. auf Zuwendung der zur angemessenen Einrichtung des Haushalts gehörenden Gegenstände. Diese Vorschrift ist durch das Gleichberechtigungsgesetz ersatzlos gestrichen worden. 3. Ausstattung Statt der Aussteuer gibt es nunmehr die sog. Ausstattung. Unter Ausstattung versteht das Gesetz eine Zuwendung, die einem Kind von den Eltern mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung gemacht wird und über den gewöhnlichen Unterhalt hinausgeht, § 1624. a) Die Ausstattung ist im Verhältnis zur Aussteuer der weitere Begriff. Die Aussteuer ist eine besondere Art der Ausstattung, auf die die Tochter nach früherem Recht einen Anspruch hatte. Nachdem der Aussteueranspruch der Tochter beseitigt worden ist, weil heute die Töchter geradeso wie die Söhne eine Berufsausbildung erhalten, bleibt es jetzt der freien Entscheidung der Eltern überlassen, ob und inwieweit sie einer Tochter eine Aussteuer als Ausstattung geben können oder wollen, ebenso wie es ihnen überlassen bleibt, ob sie dem Sohn oder der Tochter, die ihr Examen bestanden haben, die Mittel zur Einrichtung einer Anwaltskanzlei oder einer ärztlichen Praxis geben wollen. b) Ein Anspruch auf eine derartige Zuwendung besteht also nicht. Ausstattung ist eine freiwillige Leistung. Dessenungeachtet entspricht eine derartige elterliche Hilfeleistung der sitdichen Idee der Familiengemeinschaft. Sie gilt deshalb im Zweifel nicht als Schenkung. Als Schenkung wird sie nur dann angesehen, wenn sie das den Vermögensverhältnissen der Eltern und den sonstigen Umständen entsprechende Maß übersteigt, § 1624 I. 126
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen
§ 17 V 4
Konsequenzen: Das Versprechen einer Ausstattung ist nicht formbedürftig (§ 518); eine gewährte Ausstattung kann nicht wegen Undanks widerrufen werden (§ 530); es braucht keine Schenkungssteuer bezahlt zu werden. Sehr bestritten ist, ob eine Ausstattung von den Gläubigern der Eltern wegen Gläubigerbenachteiligung angefochten werden kann (§ 3 Ziff. 3 AnfG; § 32 Ziff. 1 KO). Die herrschende Meinung sagt ja: Angefochten werden können „unentgeltliche Verfügungen". Dieser Begriff ist umfassender als der der Schenkung. Auch wenn darum die Ausstattung keine Schenkung sein sollte, muß hier doch das Interesse des Kindes hinter die Interessen der Konkursgläubiger zurücktreten; vgl. BGH FamRZ 1978, 398. c) Als Ausstattung kommt nicht nur eine Geldzuwendung in Betracht, sondern alles, was einem Kind mit Rücksicht auf die Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von einem Elternteil zugewandt wird. Beispiele: Den Kindern wird freie Wohnung gewährt; der Vater der Braut zahlt Schulden des künftigen Ehemanns; der Sohn, der eine Arztpraxis eröffnen will, erhält die Einrichtung oder einen Kraftwagen; Staudinger-Gotthardt, § 1624 Anm. 8 ff. d) Die Ausstattung darf, wenn das Kind eigenes Vermögen hat, diesem Vermögen entnommen werden. Wenn der Elternteil, der die Ausstattung gewährt, das Kindesvermögen verwaltet, ist im Zweifel anzunehmen, daß die Ausstattung aus diesem Vermögen gewährt wird, § 1625. 4.
Mitgift
Von der Ausstattung zu unterscheiden ist die Mitgift. Der Begriff „Mitgift" wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendet, findet sich aber nicht im Gesetz. Mitgift ist eine Vermögensgabe, die einer Frau mit Rücksicht auf ihre Verheiratung zugewendet wird. Eine Mitgift kann der Frau von den Eltern gegeben werden und fällt dann unter den Begriff der Ausstattung. Sie kann aber auch von Dritten (Großvater, Onkel) gegeben werden und ist dann meist eine Schenkung. Wird ein Mitgiftversprechen gegenüber dem Mann anläßlich der bevorstehenden Verehelichung abgegeben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Versprechen zugunsten der Frau abgegeben worden ist, also ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegt.
V . H i n w e i s e z u r L ö s u n g des Ausgangsfalles 1. Wieso klagt Konrad gegen Balduin und nicht gegen seinen Vater? (§ 419!) 2. Kein Vergütungsanspruch für gemäß § 1619 geleistete Dienste (s. o. III, 1 b). 3. Anhaltspunkte weder für einen Dienst- oder Arbeitsvertrag noch für ein Gesellschaftsverhältnis (s.o. III, 1 c). 4. Bereicherungsanspruch setzt fehlgeschlagene Erwartung voraus. Was wurde
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§ 1 8 II
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
versprochen? [Ausstattung mit Inventar], Ist diese Erwartung fehlgeschlagen? [Nur dann, wenn kein Anspruch besteht.] 5. Ausstattungsversprechen ist formlos gültig (s.o. IV, 3b). D a Konrad keinen Hof gepachtet hat, kann er mit landwirtschaftlichem Inventar nichts anfangen. Nach Sinn und Zweck des Versprechens kann er dafür einen Ausgleich in Geld verlangen. Eingehende Lösungshinweise bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 14.
§ 18. Die elterliche Sorge I. Wesen Unter elterlicher Sorge versteht das Gesetz das Recht und die Pflicht der Eltern, für das minderjährige Kind zu sorgen. Dieses Sorgerecht umfaßt die Sorge für die Person (Personensorge) und die Sorge für das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge), sowie seine Vertretung, §§ 1626, 1629 I. Früher sprach der Gesetzgeber - in Anklang an die patria potestas des römischen Rechts-von „elterlicher Gewalt". Freilich hatte diese elterliche Gewalt mit der patria potestas des römischen Rechts wenig mehr gemein. Die patria potestas gab dem Hausvater ein Herrschaftsrecht über das Kind mit Gewalt über Leben und Tod. Die elterliche Gewalt gab den Eltern dagegen - ähnlich der Munt des germanischen Rechts - nicht nur Rechte, sondern legte ihnen vor allen Dingen Pflichten auf. Die Sorge für das Kind stand im Vordergrund der Eltern-Kind-Beziehung, nicht das „Herrschaftsrecht". Insofern ist die Umwandlung des Begriffs „elterliche Gewalt" in „elterliche Sorge", wie das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge sie gebracht hat, zwar treffend, bringt aber in der Sache nichts grundlegend Neues.
II. Elterliche Sorge und Elternrecht Nach Art. 6 II G G sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Dieses Elternrecht ist nicht dasselbe wie die elterliche Sorge. Es ist ein echtes Grundrecht, das gem. Art. 1 III G G Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht bindet; BVerfGE 4, 52, 57; 7, 320; 10, 59. Die Eltern dürfen sich gegen jeden staatlichen Akt wehren, der sie in diesem Grundrecht verletzt. So wäre z . B . ein Gesetz, wonach alle Kinder den Eltern weggenommen und in staatlichen Anstalten erzogen werden können, ohne daß den Eltern die Möglichkeit bliebe, die Kinder in ihrem Sinn zu beeinflussen, verfassungswidrig. Das Elternrecht ist allerdings ein Grundrecht, das den Eltern auch eine Pflicht auferlegt. Zur Pflege und Erziehung der Kinder sind die Eltern nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Diese Verpflichtung ist ein 128
Die elterliche Sorge
§ 18 III 1
Wesensbestandteil des Elternrechts. Auf den Schutz des Grundgesetzes können sich deswegen Eltern nicht berufen, die sich dieser Verantwortung entziehen; vgl. BVerfG, FamRZ 1968, 578, 584. Entziehen sich die Eltern ihrer Verantwortung, so muß der Staat die Kinder schützen. Es tritt dann die „öffentliche Jugendhilfe" ein; denn: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit" (§ 1 JWG). Im schlimmsten Fall („wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen", Art. 6 III GG) - aber auch nur dann - hat der Staat sogar ein Recht, die Kinder den Eltern wegzunehmen. Art. 6 II GG schützt nach herkömmlicher Auffassung nur die Eltern eines ehelichen Kindes. Bei einem nichtehelichen Kind hat nur die Mutter das Elternrecht, nicht der Vater. Rechtfertigen läßt sich diese Unterscheidung nicht nur mit dem Schutz der Ehe, sondern auch mit den Erkenntnissen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Danach nämlich vermag die biologische Beziehung allein eine psychologische Bindung nicht herzustellen. Aus psychologischer Sicht sind Eltern diejenigen Erwachsenen, die sich in gemeinsamer Sorge um das Kind bemühen und mit ihm zusammen leben; vgl. Lempp, N J W 1972, 315. Da der nichteheliche Vater sich regelmäßig um das Kind nicht bemüht und auch nicht mit ihm zusammen lebt, besteht zwischen ihm und dem Kind häufig auch keine psychische Bindung. In den Fällen, in denen eine echte psychische Bindung besteht, weil die Eltern ohne verheiratet zu sein - mit dem Kind zusammen leben, ist die gesetzliche Regelung unbefriedigend. Ob und wieweit geschiedene Eltern sich auf den Fortbestand ihres Elternrechts berufen können, ist streitig. Berücksichtigt man neben der biologischen auch die psychische Bindung, so spricht vieles dafür, daß ein geschiedener Elternteil, der mit dem Kind nicht mehr zusammen lebt, sich auch nicht mehr auf ein „natürliches" Elternrecht berufen kann.
III. Die eigenverantwortliche Ausübung der elterlichen Sorge durch die Eltern 1. Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung auszuüben, § 1627. Das heißt: Die Verantwortung für alle Maßnahmen und Entscheidungen, die in den Rahmen der elterlichen Sorge fallen, tragen allein die Eltern, und zwar bei ehelichen Kindern beide Eltern gemeinsam. Bei nichtehelichen Kindern ist die Alleinverantwortliche die Mutter. Kein Elternteil kann auf die elterliche Sorge verzichten; auch nicht auf Einzelbestandteile der elterlichen Sorge. Auch eine Übertragung der elterlichen Sorge, sei es auf Dritte, sei es auf den anderen Elternteil, ist nicht zulässig. [Auch bei der Adoption findet keine Übertragung statt. Die elterliche Sorge 129
§ 18 III 3
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
der natürlichen Eltern endet kraft Gesetzes. Die Adoptiveltern erwerben die elterliche Sorge originär.] Die Eltern können lediglich die Ausübung der elterlichen Sorge (in jederzeit widerruflicher Weise) auf einen Dritten oder einen Elternteil übertragen. Eine solche Übertragung der Ausübung enthebt die Eltern freilich nicht der Verpflichtung, darüber zu wachen, daß derjenige, der nunmehr die elterliche Sorge ausübt, dies auch in der rechten Weise tut. 2. Die Eltern eines ehelichen Kindes haben die elterliche Sorge in gegenseitigem Einvernehmen auszuüben, § 1627. Das bedeutet nicht, daß jede Einzelmaßnahme von den Eltern gemeinsam beschlossen und gemeinsam ausgeführt werden muß. Das wäre in der Praxis auch gar nicht möglich. Es genügt, wenn sich die Eltern über die Grundsätze einig sind, nach denen sie die elterliche Sorge ausüben wollen. Häufig wird sich zwischen den Eltern eine natürliche Aufgabenteilung einspielen. Handelt dann ein Elternteil allein, so wird er sich auf das mutmaßliche Einverständnis des anderen Teils oder (Dritten gegenüber) auf eine stillschweigende Bevollmächtigung berufen können. Im Bereich der Vertretung kommt auch eine Duldungsvollmacht in Frage; vgl. LArbG Düsseldorf, FamRZ 1967, 47. Nur wichtige Entscheidungen (Schul- und Berufswahl, Konfession) müssen die Eltern grundsätzlich (Eilfälle, z . B . eine dringend notwendige Operation, ausgenommen) gemeinsam treffen. Können sich die Eltern über eine Frage der elterlichen Sorge, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so bleibt als Ausweg nur die Anrufung des Vormundschaftsgerichts, welches dann die Entscheidung einem Elternteil übertragen kann, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, § 16281. Vor einer Entscheidung soll das Vormundschaftsgericht jedoch darauf hinwirken, daß sich die Eltern auf eine dem Wohl des Kindes entsprechende Regelung einigen, § 1628 II. 3. Die Vertretung des Kindes ergibt sich aus dem Sorgerecht. Sind beide Eltern sorgeberechtigt, vertreten sie darum das Kind gemeinschaftlich, § 1629 I, 2 (es sei denn, daß in einem Streitfall das Vormundschaftsgericht einem Elternteil die Entscheidung übertragen hat, §§ 16281,16291, 3). Hat ein Elternteil das Kind allein vertreten, ohne vom anderen ausdrücklich oder stillschweigend bevollmächtigt worden zu sein und liegt auch keine Duldungsvollmacht vor, so gelten die Regeln über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177, 178). Das Rechtsgeschäft ist in der Schwebe, kann jedoch durch Genehmigung des anderen Elternteils regelmäßig noch wirksam werden; vgl. Gernhuher, § 50 III, 2. Für einen Schaden, den die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind zufügen, haften sie nach § 1664 (Anspruchsgrundlage, nicht nur Haftungsmaßstab! Str.). Nach dieser Vorschrift haben die Eltern für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Für grobe Fahrlässigkeit haften die Eltern jedoch in jedem Falle, § 277. 130
Die elterliche Sorge
§ 1 8 IV
§ 1664 gilt nicht für Schadenszufügungen, die nicht mit der Ausübung der elterlichen Sorge zusammenhängen, z.B. bei schuldhaft herbeigeführten Unfällen im Straßenverkehr; im einzelnen ist vieles streitig, vgl. SoergelLange, § 1664 Bern. 4. Haben sich die Eltern zur Erfüllung ihrer Pflichten anderer Personen bedient (Arzt, Rechtsanwalt, Hauspersonal), und entsteht dem Kind durch ein Verschulden dieser Personen ein Schaden, so ist zu unterscheiden: Für die Auswahl und die Überwachung der Hilfsperson haften die Eltern nach § 1664. Haben die Eltern die Hilfsperson sorgfältig ausgesucht, so haften sie für ein Verschulden dieser Person nur dann (§§ 1664, 278), wenn die Zuziehung der Hilfsperson nicht unbedingt notwendig war, mit anderen Worten, wenn die Eltern auch selbst hätten tätig werden können. Die Eltern haften darum z.B. dem Kind für eine grob fahrlässige Verletzung durch eine Hausangestellte, jedoch nicht für eine grobe Fahrlässigkeit des das Kind behandelnden Arztes; vgl. Staudinger-Donau, § 1664 Anm. 19ff. Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner, § 1664 II.
IV. Die Achtung vor dem Willen des Kindes Wenn Eltern die elterliche Sorge ausüben, brauchen sie - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - ihre Kinder nicht zu fragen. So jedenfalls sagte man früher. Heute gebietet aber nicht nur das Grundgesetz den Respekt auch vor der kindlichen Würde und kindlichen Persönlichkeit, sondern es geht auch das neue Verständnis des Elternrechts als pflichtgebundenes Recht in diese Richtung. Zu schützen ist der Jugendliche nicht nur „nach außen", sondern auch „nach innen", nämlich gegen eine seinem Entwicklungsstand nicht mehr angemessene Abhängigkeit. So gesehen ist die Volljährigkeit nur der letzte Punkt eines allmählichen Abbaues der elterlichen Sorge. Dieser allmähliche Abbau kommt an verschiedenen Stellen im Gesetz zum Ausdruck, etwa bei der religiösen Erziehung, bei Namensfragen, bei der Zustimmung zu einer Anerkennung durch den nichtehelichen Vater, zu einer Ehelicherklärung oder zu einer Adoption oder bei der Testamentserrichtung. Man wird indessen darüber hinaus dem Kind Anhörungs- und Mitentscheidungsrechte in allen Angelegenheiten einräumen müssen, die seine Persönlichkeitssphäre stark berühren, vorausgesetzt, es hat das für eine solche Mitsprache nötige Alter erreicht. Das betrifft etwa Fragen der Ausbildung, der Berufswahl, des Abschlusses von Arbeitsverträgen, der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen wegen Verletzung der Persönlichkeit u. dergl. mehr. Das Gesetz formuliert (sehr vorsichtig) : Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem 131
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
verantwortungsbewußtem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an, § 1626 II (i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung-des Rechts der elterlichen Sorge). Diese Anhörungs- und Mitspracherechte der Kinder sind gerichtlich durchsetzbar. Bei Meinungsverschiedenheiten kann das Vormundschaftsgericht auf Anregung eines Kindes den Eltern einen Teilbereich der elterlichen Sorge (z.B. das Berufsbestimmungsrecht) entziehen und auf einen Pfleger übertragen oder die erforderlichen Erklärungen der Eltern ersetzen (vgl. etwa § 1631a in Fragen der Ausbildung und der Berufswahl). V. Das Ende der elterlichen Sorge 1. Die elterliche Sorge endet mit dem Tod des Kindes, mit seiner Volljährigkeit (§ 1626 I) und mit seiner Adoption (§ 1755) - nicht aber mit der Heirat des minderjährigen Kindes, § 1633. Heirat macht nicht mündig! 2. Die elterliche Sorge eines Elternteils endet mit seinem Tod. Bei einem ehelichen Kind erwirbt in diesem Fall der andere Elternteil die alleinige elterliche Sorge, § 1681 I, 1. Bei einem nichtehelichen Kind muß ein Vormund bestellt werden, § 1773. 3 Die elterliche Sorge eines Elternteils endet ferner, wenn nach einer Scheidung oder bei Getrenntleben der Eltern das Familiengericht bestimmt, daß die elterliche Sorge dem anderen Ehegatten zustehen soll, §§ 1671, 1672. 4. Die elterliche Sorge eines Elternteils endet schließlich dann, wenn ihm sämtliche Bestandteile der elterlichen Sorge entzogen werden. Eine solche Entziehung ist die schärfste Maßnahme, die das Vormundschaftsgericht bei einer Gefährdung des Kindeswohls treffen kann, § 1666 (s. dazu unten § 19 IV). Im zuletzt genannten Fall gehen die entzogenen Rechte nicht in jedem Fall kraft Gesetzes auf den anderen Elternteil über. Ein Ubergang kraft Gesetzes ist zwar vorgesehen für den Fall, daß die gesamte elterliche Sorge, die Personensorge oder die Vermögenssorge einem Elternteil entzogen wird; jedoch muß hier das Vormundschaftsgericht eine abweichende Entscheidung treffen, wenn das Wohl des Kindes dies erfordert, § 16801. Leben die Eltern zusammen, so wird häufig die Gefahr bestehen, daß der seiner Sorge entkleidete Elternteil die Entscheidungen des anderen Elternteils in einer für das Kind nachteiligen Weise beeinflußt. Hält das Vormundschaftsgericht einen Übergang der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil aus Grund für nicht vertretbar, so bestellt es einen Vormund oder Pflegdiesem eK Endet die elterliche Sorge eines Elternteils, dem diese Sorge nach einer Ehescheidung oder Trennung der Eltern übertragen worden war, sei es, 132
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daß er stirbt, sei es daß ihm die elterliche Sorge entzogen wird, so hat das Vormundschaftsgericht die elterliche Sorge dem anderen Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohl des Kindes widerspricht, §§ 1680 II, 1681 I, 2.
VI. Die Personensorge 1. Als Hauptinhalt der Personensorge bezeichnet § 16311 das Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Das ist selbstverständlich keine erschöpfende Aufzählung. Zum Personensorgerecht gehören anerkanntermaßen auch - das Recht, dem Kind einen Vornamen zu geben, - das Recht und die Pflicht, über die Ausbildung (Schulbesuch, Lehre) zu bestimmen und sie zu überwachen. [Dabei ist auf die Eignung und die Neigung des Kindes Rücksicht zu nehmen. In Zweifelsfällen soll der Rat eines Lehrers oder einer anderen geeigneten Person eingeholt werden (§ 1631a I)], - das Recht, einer Eheschließung (§ 3 EheG) zuzustimmen, - das Recht und die Pflicht, über die Gesundheit des Kindes zu wachen, insbesondere für eine ärztliche Behandlung zu sorgen und über die Vornahme einer Operation zu bestimmen. [Der Minderjährige kann allerdings in die Operation auch selbst einwilligen, wenn er nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag; vgl. BGHZ 29, 33; a. A. Staudinger-Donau, § 1626 Anm. 76 ff. Nach erlangter Einsichtsfähigkeit kann er auch nicht mehr gegen seinen Willen allein aufgrund elterlicher Entscheidung operiert werden; vgl. Soergel-Lange, § 1626 Bern. 13.], - das Recht und die Pflicht, angemessene Zuchtmittel anzuwenden, die den Umständen, der Individualität und dem Alter des Kindes anzupassen sind. Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind in jedem Fall unzulässig, § 1631 II. Eine körperliche Züchtigung eines Kindes nach der Pubertät wird im allgemeinen nicht mehr als erzieherisch vertretbar anzusehen sein; vgl. Engler, FamRZ 1969, 65. Gegen Überschreitungen wird das Kind - oft freilich nur theoretisch - geschützt durch § 1666: Das Vormundschaftsgericht ist zum Einschreiten verpflichtet. Außerdem können sich die Eltern strafbar machen, § 223b StGB. Eltern können die Ausübung ihres Züchtigungsrechts übertragen (z.B., wenn das Kind bei Pflegeeltern aufwächst oder ein Elternteil erneut heiratet und der Stiefvater oder die Stiefmutter miterziehen sollen). Wieweit fremde Personen ein Züchtigungsrecht aus §§ 677 ff. herleiten können, ist bestritten. Regelmäßig wird sich der Züchtigende nicht auf das mutmaßliche Einverständnis des Erziehungsberechtigten berufen können; vgl. Soergel-Lange, S 1631 Bern. 13. 133
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
2. Das Erziehungsrecht schließt das Recht zur religiösen Erziehung ein. Die religiöse Erziehung ist in einem besonderen Gesetz geregelt, nämlich im Reichsgesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15.7.1921 (RKEG). Danach entscheidet über die religiöse Erziehung eines Kindes in erster Linie die freie Einigung der Eltern, soweit ihnen das Personensorgerecht zusteht. Die Einigung ist jederzeit widerruflich und wird durch den Tod eines Gatten gelöst, § 1 R K E G . Verträge über die religiöse Erziehung (etwa bei der Eheschließung) sind gem. § 4 R K E G ohne bürgerliche Wirkung, d.h. nicht durchsetzbar. Sind sich die Eltern nicht oder nicht mehr einig, so gelten nach § 2 I R K E G die Vorschriften des B G B über das Recht der Personensorge. Das heißt, den Eltern, die sich nicht einigen können, bleibt nur der Weg zum Vormundschaftsgericht. O b die Bestimmung des religiösen Bekenntnisses freilich überhaupt justitiabel ist, ist sehr bestritten. Der Richter darf in keinem Fall eine Religion gegen die andere abwägen. Nur pädagogische Gesichtspunkte dürfen, wie in § 2 III, 2 R K E G ausdrücklich betont wird, für seine Entscheidung ausschlaggebend sein, z. B. die Erwägung, daß bei mehreren Kindern eine einheitliche religiöse Erziehung wünschenswert ist; vgl. Glässing, FamRZ 1962, 350. In der Praxis wird die Entscheidung des Richters dadurch erleichtert, daß der Streit der Eltern meist erst bei der Schuleinschreibung vor die Gerichte getragen wird. Zu diesem Zeitpunkt hat aber die religiöse Erziehung des Kindes in aller Regel bereits eingesetzt. Der Richter kann sich dann auf pädagogische Erkenntnisse berufen, etwa darauf, daß ein Wechsel in der religiösen Erziehung nach Möglichkeit vermieden werden sollte, oder darauf, daß der Ehegatte, der sich bisher tatsächlich um die religiöse Erziehung des Kindes gekümmert hat, die bessere Gewähr für eine religiöse Erziehung bietet als der andere.
Das Kind unterliegt der religiösen Erziehung bis zum vollendeten 14. Lebensjahr. Von da ab steht ihm die Entscheidung darüber frei, zu welchem religiösen Bekenntnis es stehen will. Nach Vollendung des ^ . L e bensjahres kann ein Konfessionswechsel nicht mehr gegen seinen Willen bestimmt werden, § 5 R K E G . Nach Art. 7 II G G haben die Erziehungsberechtigten das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. Dieses Bestimmungsrecht endet jedoch ebenfalls mit der Religionsmündigkeit des Kindes. Die Eltern können das Kind nicht zwingen, an dem Religionsunterricht eines Bekenntnisses teilzunehmen, zu dem es sich nicht mehr bekennt. Sie können nach h.M. das 14 Jahre alte Kind noch nicht einmal zwingen, weiterhin an dem Religionsunterricht seines Bekenntnisses teilzunehmen. Denn zur Entscheidung über das Religionsbekenntnis gehörtjedenfalls nach h. M. - auch die Bestimmung über die Teilnahme am Religionsunterricht; vgl. Maunz-Dürig-Herzog, G G 3. Aufl., Art 7 Anm. III, 1; B G H Z 21, 340, 351 f. 134
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Eine abweichende Regelung gilt in Bayern. Die bayerische Verfassung hat - vor dem Grundgesetz - in Abänderung des RKEG das Alter, von dem an der Minderjährige über seine Teilnahme am Religionsunterricht und an kirchlichen Handlungen und Diensten selbst entscheiden kann, auf 18 Jahre heraufgesetzt (Art. 137 BV). Diese Änderung gilt als partielles Bundesrecht weiter (Art. 125 Nr. 2 GG). 3. Das Recht und die Pflicht, das Kind zu beaufsichtigen, soll dazu dienen, s o w o h l Schädigungen des Kindes als auch Schädigungen Dritter durch das K i n d zu verhüten (vgl. § 832 !). D e r Aufsichtspflicht unterliegen grundsätzlich auch der briefliche Verkehr und der persönliche Umgang des K i n des, § 1632 II. Aber: Von ihrem Aufsichtsrecht sollen die Eltern bei älteren Kindern nur mit einer gewissen Zurückhaltung Gebrauch machen. Auch das Kind hat das Recht auf eine Eigensphäre, in welche die Eltern nicht ohne Not eingreifen sollten. Haben die Eltern Anlaß zu der Sorge, daß ihr Kind durch den Umgang mit einem anderen Menschen gefährdet werde (Liebhaber der Tochter!), so können sie gegen diesen auf Unterlassung des Umgangs klagen. Die Eltern dürfen jedoch den Kindern, wenn sie älter geworden sind, den Umgang mit anderen Menschen nicht willkürlich verbieten. Auch wird man ihnen nicht mehr das unbeschränkte Recht zubilligen können, Briefe zu öffnen, die an ein bald volljähriges Kind gerichtet sind, oder jeden unbeaufsichtigten Ausgang zu verbieten, wenn nicht besondere Umstände eine derartige Maßnahme zur Abwendung einer Gefahr nahelegen; vgl. Engler, FamRZ 1969, 65. 4. A u f g r u n d ihres Rechtes, den Aufenthalt können die Eltern die Herausgabe des Kindes ihnen widerrechtlich vorenthält, § 1632 I.
des Kindes zu bestimmen, v o n jedem verlangen, der es
Der Satz scheint selbstverständlich. Das Interesse des Kindes verlangt jedoch nach einer Einschränkung. Beispiel: Die Mutter, die sich jahrelang um ihr nichteheliches Kind nicht gekümmert hat, das bei Pflegeeltern aufgewachsen ist, verlangt das Kind heraus, obgleich dieses der Mutter völlig fremd gegenübersteht und lieber bei den Pflegeeltern bleiben möchte; vgl. KG, FamRZ 1965, 448. Hier kann das Vormundschaftsgericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeeltern anordnen, daß das Kind bei den Pflegeeltern verbleibt, wenn und solange für eine solche Anordnung die Voraussetzungen des § 1666 I, 1 gegeben sind, § 1632 IV. D e r Herausgabeanspruch richtet sich nicht nur gegen einen Außenstehenden, sondern besteht auch gegenüber dem Ehegatten. Beispiel: Nach einer Scheidung wird das Kind dem Vater zugesprochen. Die Mutter gibt es nicht heraus. Beachte: W ä h r e n d für die Entscheidung über die Herausgabe grundsätzlich das Vormundschaftsgericht zuständig ist, entscheidet über einen H e r ausgabestreit zwischen den Eltern das Familiengericht, § 1632 III. Bei der Entscheidung ist grundsätzlich zu prüfen, ob das Kindeswohl dem Herausgabeverlangen entgegensteht. Hält das Gericht Gründe, die gegen die Herausgabe sprechen, f ü r gegeben, so wird regelmäßig eine Ä n d e r u n g der Ent135
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Scheidung über die Zuteilung der elterlichen Sorge in Erwägung zu ziehen sein; vgl. KG, FamRZ 1971, 585. Wehren sich der Anspruchsgegner und/oder das Kind gegen eine gerichtlich angeordnete Herausgabe, so kann nach dem Wortlaut des § 33 II, 1 F G G Gewalt gebraucht werden. Hier ist indessen insbesondere bei älteren Kindern größte Zurückhaltung geboten; vgl. BGH, FamRZ 1977, 126. Auf dem Aufenthaltsbestimmungsrecht beruht auch das Recht der Eltern, ein Kind in einem Heim oder in einer Anstalt unterzubringen. In diesem Zusammenhang wurde früher darüber gestritten, ob die Unterbringung dann, wenn sie mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist (Unterbringung in einer Nervenheilanstalt oder einer geschlossenen Erziehungsanstalt), die Genehmigung des Vormundschaftsgericht voraussetzt. Der Gesetzgeber hat diese Frage im Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge nunmehr bejaht, § 1631 b. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; hier ist dann die Genehmigung unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erfordert.
5. Die Personensorge endet als Bestandteil der elterlichen Sorge mit dieser (s. o. V). Darüber hinaus endet die tatsächliche Personensorge (nicht das Vertretungsrecht und nicht die Vermögensverwaltung!) für ein minderjähriges Kind kraft Gesetzes mit dessen Verheiratung, § 1633. Und schließlich kann die Personensorge einem Elternteil unter den Voraussetzungen des § 1666 (Gefährdung des Kindeswohls) entzogen werden. Zu der Frage, ob in diesem Fall die Personensorge auf den anderen Elternteil übergeht oder ob ein Pfleger bestellt werden muß, s.o. V, 4.
VII. Das Recht zum persönlichen Umgang 1. Eheliche Kinder Ein Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, insbesondere also ein geschiedener Ehegatte, behält die Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kinde, § 16341,1. Zweck dieses früher sog. Verkehrsrechts ist es, einer Entfremdung vorzubeugen und dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen. Dieser Zweck kann aber nach den Erkenntnissen der Kinder- und Jugendpsychiatrie bei Kleinkindern und Kindern im Grundschulalter nur dann erreicht werden, wenn die Elternteile nicht mehr in Auseinandersetzung miteinander stehen, ihre Scheidung also „bewältigt" haben. Ist das nicht der Fall, so führt das Besuchsrecht häufig zu einer Antipathie zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil; vgl. Lempp, N J W 1972, 315. Der Gesetzgeber legt beiden Eltern, sowohl dem Sorgeberechtigten als auch demjenigen, dem die Personensorge nicht zusteht, die Pflicht auf, alles 136
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zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert, § 1634 I, 2. Uber den Umfang und die Ausgestaltung des Umgangs entscheidet in erster Linie die Vereinbarung der Eltern, bzw., wenn die Personensorge einem Vormund oder Pfleger zusteht, die Vereinbarung mit diesem. Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet — nach Anhörung des zuständigen Jugendamtes, § 48 JWG - das Familiengericht, desgleichen, wenn ein Elternteil sich an eine früher getroffene Vereinbarung nicht mehr halten will. Üblich ist es, das Kind dem umgangsberechtigten Elternteil etwa ein- oder zweimal im Monat für einige Stunden zu überlassen. Bei der Entscheidung ist stets das Wohl des Kindes zu bedenken. Besteht die Gefahr eines schädlichen Einflusses oder hat das Kind eine lebhafte Abneigung gegen den umgangsberechtigten Elternteil, so ist das Umgangsrecht zu beschränken, u. U. sogar gänzlich abzulehnen. Möglich ist auch ein Ausschluß auf bestimmte Zeit (OLG Stuttgart, N J W 1978, 1593). Das Wohl des Kindes ist wichtiger als das Liebesbedürfnis des umgangsberechtigten Elternteils; vgl. Giesen, RdJ 1972, 166; sehr str. Der umgangsberechtigte Elternteil kann aber jederzeit Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen. Die Auskunft ist zu erteilen, wenn dies mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist, § 1634 III. Häufig ist es dem Personensorgeberechtigten Elternteil nicht recht, wenn der umgangsberechtigte Elternteil das Kind mit sich nach Hause nimmt und es dabei auch mit seinem neuen Ehegatten zusammenbringt. Der Personensorgeberechtigte Elternteil kann indessen solche Kontakte nicht verbieten. Während der Dauer des Umgangs übt der nicht Personensorgeberechtigte Elternteil das Recht nach § 1632 II aus. Nur das Familiengericht kann diese Befugnis einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1634 II. 2. Nichteheliche
Kinder
Der Vater eines nichtehelichen Kindes hatte früher kein Recht zu einem persönlichen Umgang mit dem Kind. Das Nichtehelichengesetz, das ja auch das Ziel verfolgt, das Band zwischen Kind und Vater enger zu knüpfen, sieht ein Umgangsrecht vor, freilich von schwächerer Kraft als das Umgangsrecht der Eltern eines ehelichen Kindes. An die Stelle der Einigung der Eltern tritt die einseitige Bestimmung des Personensorgeberechtigten (d. h. regelmäßig der Mutter). Der Personensorgeberechtigte bestimmt, ob und in welchem Umfang dem Vater Gelegenheit gegeben werden soll, mit dem Kind persönlich Umgang zu pflegen. Ist der Vater mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, so soll in geeigneten Fällen das Jugendamt zwischen beiden vermitteln. Und schließlich kann das Vormundschaftsge137
§ 1 8 VIII 3
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
rieht eine Entscheidung treffen, wenn es der Auffassung ist, daß ein persönlicher Umgang mit dem Vater dem Wohl des Kindes dient, § 1711. Das wird regelmäßig dann zu bejahen sein, wenn der Vater den persönlichen Umgang aus echter Zuneigung erstrebt, insbesondere, wenn zwischen ihm und dem Kind eine psychische Bindung besteht, etwa weil er längere Zeit mit der Mutter und dem Kind zusammen gelebt hat. VIII. Die Vermögenssorge 1. Das Recht und die Pflicht der Eltern, für das Vermögen des Kindes zu sorgen, die sog. Vermögenssorge, umfaßt grundsätzlich alle tatsächlichen und rechtlichen Fürsorgemaßnahmen für die Erhaltung, Verwertung und Vermehrung des Kindesvermögens. Die Eltern können das Vermögen des Kindes in Besitz nehmen (in diesem Fall sind die Eltern Besitzmittler), sie können es verwalten, sie können Rechte, die zum Vermögen des Kindes gehören, im Namen des Kindes geltend machen (die Vermögenssorge umschließt auch das Recht, das Kind in Vermögensangelegenheiten zu vertreten, § 1629 I), sie können aber auch kraft.ihres Verwaltungsrechts im eigenen Namen handeln, sie können über die Gegenstände des Kindesvermögens verfügen, sie können das Kind durch Rechtsgeschäfte verpflichten. Allerdings sind die Schranken im Bereich der Vermögenssorge enger als im Bereich der Personensorge. Zu einer Reihe von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften bedürfen die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (s.u. § 19 I, 3b). 2. Erwerben die Eltern mit Mitteln des Kindes bewegliche Sachen, Inhaberpapiere (z.B. Aktien), Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind, oder Rechte, die durch bloßen Abtretungsvertrag übertragen werden können (z. B. einfache Forderungen), so findet dingliche Surrogation statt, § 1646. Das Erworbene wird unmittelbar Eigentum oder Recht des Kindes, gleichgültig, wie die Eltern aufgetreten sind. Das gilt nur dann nicht, wenn nachgewiesen wird, daß die Eltern den Gegenstand im eigenen Namen und ausschließlich für sich selbst erworben haben. In diesem Fall, sowie dann, wenn die Eltern mit Mitteln des Kindes ein Grundstück erworben haben, wächst dem Kind ein obligatorischer Anspruch auf Abtretung oder Ersatz zu.
3. Ursprünglich war mit der elterlichen Sorge das Nutznießungsrecht am Kindesvermögen verbunden. Das Gleichberechtigungsgesetz hat diese Regelung beseitigt. Die Einkünfte des Kindesvermögens sollen dem Kind zustehen und nicht in das Vermögen der Eltern fallen (und dadurch möglicherweise ihren Gläubigern zugute kommen!). Nur in Ausnahmefällen können die Eltern Vermögenseinkünfte des Kindes auch für den eigenen Unterhalt und den Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Geschwister des Kindes heranziehen, § 1649 II, 1. 138
Schranken der elterlichen Sorge
§1912
4. Die Vermögenssorge endet als Bestandteil der elterlichen Sorge mit dieser (s. o. V). Darüber hinaus endet die Vermögenssorge eines Elternteils kraft Gesetzes, wenn er in Konkurs fällt, § 1670. Und schließlich kann auch die Vermögenssorge ebenso wie die Personensorge einem Elternteil durch das Vormundschaftsgericht unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden, § 1666 II.
§ 19. Schranken der elterlichen Sorge, Verhinderung an ihrer Ausübung, Maßnahmen zum Schutz des Kindes, Verteilung der elterlichen Sorge nach der Scheidung oder bei Getrenntleben der Eltern I. Schranken der elterlichen Sorge 1. Allgemeine
Schranken
Die elterliche Sorge und die Vertretungsmacht der Eltern erstrecken sich nicht auf die Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist, § 1630 I. Ein Pfleger ist dem Kind insbesondere dann zu bestellen, wenn beide Eltern oder - bei nichtehelichen Kindern - die Mutter an der Ausübung der elterlichen Sorge tatsächlich verhindert sind (z. B. durch Krankheit) oder die Eltern aus rechtlichen Gründen ein bestimmtes Rechtsgeschäft nicht für das Kind vornehmen können. Bei nichtehelichen Kindern treten die in § 1706 Ziff. 1-3 genannten Angelegenheiten hinzu (s. dazu unter II). 2. Schranken der
Vertretungsmacht
a) Abgesehen von den Fällen, in denen dem Kind ein Pfleger bestellt worden ist, sind die Eltern - wegen eines möglichen Interessenwiderstreits - von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen in denselben Fällen, in denen nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen ist, § 1629 II, 1. Diese Verweisung bedeutet: Die Eltern dürfen keine In-sich-Geschäfte abschließen, es sei denn, daß ihnen das Selbstkontrahieren gestattet ist (vgl. etwa § 3 III Berufsbildungsgesetz: Schließen Eltern mit ihrem Kind einen Berufsausbildungsvertrag, so sind sie von dem Verbot des § 181 befreit) oder es sich um bloße Erfüllungsgeschäfte handelt, §§ 1795 II, 181. Außerdem darf kein Elternteil in Vertretung des Kindes gegenüber seinem Ehegatten oder gegenüber einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person ein Rechtsgeschäft vornehmen (oder einem Rechtsgeschäft des Kindes die 139
§1912
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
erforderliche Zustimmung erteilen); auch hier wiederum sind bloße Erfüllungsgeschäfte ausgenommen, § 1795 I Ziff. 1. Ein von den Eltern ohne gesetzliche Vertretungsmacht abgeschlossener Vertrag ist schwebend unwirksam (kann also durch die Genehmigung des später bestellten Pflegers noch wirksam werden). Beispiel: Die Mutter des Kindes kann (nach dem Tod des Vaters) in Vertretung des Kindes ein Grundstück, das dem Kind gehört, weder an sich, noch an ihren zweiten Ehemann, noch an ihre Eltern, noch an Geschwister des Kindes verkaufen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Neuinterpretation des § 181 durch den B G H , der das Selbstkontrahierungsverbot auf die Fälle eines möglichen Interessenkonflikts zwischen Vertreter und Vertretenen beschränkt hat. Das heißt: Eltern sind an der Vornahme eines In-sich-Geschäfts dann nicht gehindert, wenn das Geschäft (z. B. eine Schenkung) dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt; vgl. B G H , J Z 1973, 284 und Blomeyer, AcP 172, 1, l l f f . ; B a y O b L G , FamRZ 1974, 659; B G H , FamRZ 1975, 480.
Auch in einem Rechtsstreit kann ein Elternteil das Kind nicht vertreten, wenn er selbst, sein Ehegatte oder eine Person, mit der er in gerader Linie verwandt ist, der Gegner ist, § 1795 I Ziff. 3. Ausnahme: Leben die Eltern des Kindes getrennt oder ist die Scheidung ihrer Ehe beantragt, so kann, wenn eine Personensorgeregelung noch nicht getroffen worden ist, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen, § 1629 II, 1, 2. HS.; bei der Geltendmachung eines solchen Unterhaltsanspruches steht also § 1795 I Ziff. 3 der Unterhaltsklage nicht entgegen. Wird der Unterhaltsanspruch geltend gemacht, solange die Scheidungssache anhängig ist, so kann ein Elternteil die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil aber nur im eigenen Namen (d. h. im Wege der Prozeßstandschaft) geltend machen, § 1629 III, 1 (Grund: das Kind soll aus dem Scheidungsverfahren herausgehalten werden). Schließlich können die Eltern das Kind auch nicht vertreten, wenn sie eine (z. B. durch eine Hypothek oder Bürgschaft) gesicherte Forderung, die dem Kind gegen einen Elternteil zusteht, übertragen oder belasten oder wenn sie die Sicherung aufrieben oder mindern wollen. Dasselbe gilt, wenn das Kind zu einer solchen Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung verpflichtet werden soll, § 1795 I Ziff. 2. b) Die Eltern sind des weiteren von der Vertretung ausgeschlossen, soweit ihnen die Vertretungsmacht durch das Vormundschaftsgericht für einzelne Angelegenheiten oder einen Kreis einzelner Angelegenheiten entzogen worden ist, § 1629 II, 3 i.V. mit § 1796. Eine solche Maßnahme wird das Vormundschaftsgericht dann treffen, wenn in einer bestimmten Angelegenheit eine Interessenkollision besteht, der Elternteil aber nicht kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. 140
Schranken der elterlichen Sorge
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Beispiel: Die Mutter, der nach der Scheidung die elterliche Sorge übertragen worden ist, schließt in Vertretung des Kindes einen Vertrag mit ihrem neuen „Lebensgefährten", mit dem sie nicht verheiratet ist. c) Sind die Eltern gemäß §§ 1629 II, 1795, 1796 von der Vertretung ausgeschlossen, so ist ein Pfleger zu bestellen. Das gilt auch dann, wenn nur in der Person eines Elternteils ein Ausschlußgrund vorliegt. Das heißt: Ist ein Elternteil aufgrund der genannten Vorschriften rechtlich gehindert, das Kind zu vertreten, so erstarkt keineswegs die elterliche Sorge des anderen Elternteils zur Alleinsorge. Das zeigt deutlich § 1678 I, wonach nur bei einer tatsächlichen Verhinderung (Abwesenheit, Krankheit) eines Elternteils oder bei einem Ruhen seiner elterlichen Sorge (z. B. wegen Geschäftsunfähigkeit, § 1673 I) die elterliche Sorge des anderen zur Alleinsorge erstarkt; vgl.BGH,FamRZ 1972,498; Dölle II,§ 921,4b; a.K.Gernhuber,%5Q\,A. d) Eine weitere Beschränkung des Vertretungsrechts der Eltern ergibt sich aus den §§ 112, 113. Haben die Eltern ihr minderjähriges Kind zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts oder zum Eintritt in ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis ermächtigt, so ist ihre Vertretungsmacht in dem Bereich ausgeschlossen, in dem der Minderjährige aufgrund dieser Ermächtigung unbeschränkt geschäftsfähig ist. e) Die Vertretungsmacht der Eltern ist ferner durch das Schenkungsverbot des § 1641 beschränkt. Die Eltern können nicht in Vertretung des Kindes Schenkungen machen (oder einer Schenkung durch das Kind zustimmen). Ausgenommen sind lediglich Pflicht- und Anstandsschenkungen. Schenkungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. f ) Gewisse Rechtshandlungen kann nur das Kind persönlich vornehmen (mit gewissen Ausnahmen, wenn das Kind geschäftsunfähig ist): Eheschließung, Antrag auf Ehescheidung (§ 607 I ZPO), Abschluß eines Ehevertrags (§ 1411 I, 3), Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes (§ 1595), Anerkennung eines Kindes (§ 1600d), Anfechtung der Anerkennung (§ 1600k), Antrag auf Ehelicherklärung (§ 1728), Errichtung eines Testaments (§ 2064), Abschluß eines Erbvertrages (§ 2274), Erbverzicht (§ 2347). In all diesen Fällen ist eine Vertretung durch die Eltern ausgeschlossen. g) Schranken der Vertretungsmacht ergeben sich schließlich auch daraus, daß in einer Reihe von meist vermögensrechtlichen Geschäften die Eltern die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts einholen müssen, § 1643. 3. Schranken im Bereich der
Vermögenssorge
a) Grundsätzlich untersteht das gesamte Vermögen des Kindes der elterlichen Vermögenssorge. Ausgenommen sind Vermögensgegenstände, die dem Kind geschenkt oder durch eine Verfügung von Todes wegen zuge141
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wendet worden sind, wenn der Schenker oder der Erblasser das Verwaltungsrecht der Eltern ausgeschlossen hat (§ 1638). Außerdem ist die Schranke des § 1630 (Pfleger!) zu beachten. b) Vermögen, welches das Kind von Todes wegen oder sonst anläßlich eines Sterbefalles erwirbt, oder das ihm als Abfindung anstelle von Unterhalt gewährt oder unentgeltlich zugewendet wird, haben die Eltern, soweit das Vermögen ihrer Verwaltung unterliegt, grundsätzlich zu verzeichnen und das Verzeichnis mit der Versicherung, daß es richtig und vollständig sei, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Diese Verpflichtung besteht nur dann nicht, wenn der Wert eines Vermögenserwerbes DM 10 000 nicht übersteigt oder der Erblasser durch letztwillige Verfügung oder der Zuwendende bei der Zuwendung eine abweichende Anordnung getroffen hat, § 1640. Ein Verzeichnis des Kindesvermögens ist ebenfalls anzufertigen, wenn die Eltern des Kindes nicht oder nicht mehr miteinander verheiratet sind und der Elternteil, dem die Vermögenssorge zusteht, die Ehe mit einem Dritten schließen will. Besteht in diesem Fall zwischen den Eltern und dem Kind eine Vermögensgemeinschaft, so ist grundsätzlich eine Auseinandersetzung herbeizuführen, § 1683. Und schließlich kann auch das Vormundschaftsgericht von den Eltern jederzeit verlangen, daß sie ein Vermögensverzeichnis einreichen, wenn das Kindes vermögen gefährdet erscheint, § 1667. c) Ein Vormund muß jährlich über seine Vermögensverwaltung Rechnung legen, § 1840. Dazu sind die Eltern nicht verpflichtet. Sie müssen lediglich bei Beendigung ihrer Vermögenssorge, wenn sie dem Kind das Vermögen herausgeben müssen, über ihre Verwaltung Rechenschaft ablegen, § 1698. d) Grundsätzlich können die Eltern frei darüber entscheiden, wie sie das Vermögen des Kindes anlegen wollen, ob in Wertpapieren, Goldmünzen, Briefmarken usw. Das Gesetz schreibt lediglich vor, daß das der elterlichen Verwaltung unterliegende Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen ist (soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist), § 1642. e) Für eine Reihe wichtiger Vermögensgeschäfte bedürfen die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Genehmigungsbedürftig sind (§ 1643 I, II): (1) Gewisse Grundstücksgeschäfte (§ 1821). So brauchen die Eltern z.B. die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts, wenn sie ein Grundstück des Kindes verkaufen, übereignen oder belasten wollen oder für das Kind ein Grundstück kaufen wollen. (2) Geschäfte, die sich auf das gesamte Vermögen oder auf eine Erbschaft beziehen (§ 1822 Ziff. 1). Hier ist die Genehmigung des Vormund142
Schranken der elterlichen Sorge
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schaftsgerichts etwa erforderlich, wenn die Eltern das Kind zu einer Verfügung über sein Vermögen im ganzen verpflichten oder wenn die Eltern für das Kind eine Erbschaft ausschlagen wollen. Ausnahme: Ist das Kind nur deswegen erbberechtigt, weil seine Eltern die Erbschaft ausgeschlagen haben, so können die Eltern auch ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Erbschaft für das Kind ausschlagen. Beispiel: Der Großvater des Kindes stirbt. Sein Nachlaß ist überschuldet. Gesetzlicher Erbe ist der Vater des Kindes. Das Kind wird Erbe nur dann, wenn der Vater ausschlägt. In diesem Fall können die Eltern die Erbschaft für das Kind ausschlagen, ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen zu müssen. (3) Verträge über ein Erwerbsgeschäft (Kauf oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts, Abschluß eines Gesellschaftsvertrags zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, § 1822 Ziff. 3). Beachte: Auch der Eintritt in eine bestehende Personalgesellschaft oder das Ausscheiden aus ihr ist genehmigungsbedürftig (der Eintretende erwirbt einen Gesamthandsanteil an dem Erwerbsgeschäft, insofern ist der Erwerb eines Anteils am Geschäft dem Erwerb des Geschäfts im ganzen gleichzusetzen; BGHZ 17, 160), desgl. der Erwerb oder die Veräußerung aller Geschäftsanteile einer GmbH (zwar wird der Minderjährige durch den Erwerb nicht selbst Träger des Erwerbsgeschäfts, es kann sich aber für ihn nach den Grundsätzen über die Ein-Mann-Gesellschaft eine Haftung ergeben; vgl. Staudinger-Engler, §§ 1821, 1822 Anm. 68), nach der überwiegenden Meinung sogar schon eine solche Beteiligung, welche die Herrschaft über die GmbH verleiht (vgl. Staudinger-Engler, a. a. O., Anm. 69). Nicht genehmigungsbedürftig ist der Erwerb oder die Veräußerung von Aktien. Die Gesellschaftsverträge, zu deren Abschluß § 1822 Ziff. 3 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangt, sind grundsätzlich nur solche auf Eingehung einer Personalgesellschaft; denn nur sie werden „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" eingegangen. Bei einer GmbH betreiben nicht die Gesellschafter das Erwerbsgeschäft, sondern die GmbH. Dessenungeachtet bejaht die wohl h. M. auch hier die Genehmigungsbedürftigkeit zumindest dann, wenn der Minderjährige über die Kapitaleinlage hinaus ein Unternehmerrisiko übernimmt (vgl. Staudinger-Engler, a.a.O., Anm. 80). (4) Gewisse Kreditgeschäfte und die Übernahme lichkeit, § 1822 Ziff. 8 und 10.
einer fremden
Verbind-
Beispiele: Aufnahme eines Darlehens, Bürgschaft. (5) Die Begebung eines Wechsels, § 1822 Ziff. 9. (6) Die Erteilung einer Prokura, § 1822 Ziff. 11. (7) Verträge, durch die das Kind zu wiederkehrenden Leistungen über das 18. Lebensjahr hinaus verpflichtet wird (Miet- oder Pachtverträge, Abzahlungsgeschäfte), wenn das Vertragsverhältnis länger als ein Jahr über diesen Zeitraum hinaus fortdauern soll, § 1822 Ziff. 5. f) Auch dann, wenn es nicht um den Kauf eines Erwerbsgeschäfts geht, sondern um den bloßen Betrieb, soll, bzw. muß die Zustimmung des Vor143
§ 1 9 II 1
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
mundschaftsgerichts eingeholt werden. Die Eltern sollen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen, wenn sie ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen wollen, § 1645. Sie müssen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen, wenn sie das Kind ermächtigen wollen, ein Erwerbsgeschäft selbständig zu betreiben, § 112. g) Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist keine Unterart der Zustimmung i.S. der §§ 182ff., sie ist überhaupt keine privatrechtliche, sondern eine Staatswillenserklärung, die auch, wenn sie vorher erteilt wird, Genehmigung heißt und nicht Einwilligung; sie ergänzt die Vertretungsmacht der Eltern und kann nur diesen gegenüber erklärt werden, §§ 1643 III, 1828. Eine Erklärung des Vormundschaftsgerichts, eine Genehmigung sei nicht erforderlich (Negativattest), steht einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht gleich; vgl. Soergel-Germer, § 1828 Bern. 18.
Die Vornahme eines genehmigungsbedürftigen Geschäfts ohne die vorherige Genehmigung macht ein einseitiges Rechtsgeschäft ohne weiteres nichtig; der Adressat darf die Erklärung sogar als unwirksam zurückweisen, wenn die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorgelegt wird, §§ 1634 III, 1831. Bei Verträgen ist nachträgliche Genehmigung möglich. Beachte: Eine nachträgliche Genehmigung wird dem Vertragspartner gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm von den Eltern mitgeteilt wird, §§ 1643 III, 1829 I, 2. Die Eltern haben es also in der Hand, den geschlossenen Vertrag scheitern zu lassen, obgleich das Vormundschaftsgericht seine Genehmigung nachträglich noch erteilt hat. Sie brauchen dem Vertragspartner lediglich die Genehmigung nicht mitzuteilen. Der Vertragspartner kann die Eltern zu dieser Mitteilung nicht zwingen. Er kann lediglich die Eltern zur Mitteilung über die Genehmigung auffordern. Wird die Genehmigung dann nicht innerhalb von zwei Wochen mitgeteilt, so gilt die Genehmigung als verweigert (obgleich sie erteilt worden ist!), §§ 1643 III, 1829 II.
II. Besondere Schranken für die elterliche Sorge der nichtehelichen Mutter 1. Der Gesetzgeber hat es für richtig gehalten, der nichtehelichen Mutter für bestimmte Angelegenheiten einen Pfleger an die Seite zu stellen und dadurch ihre elterliche Sorge zu beschränken. Zum Aufgabenkreis dieses Pflegers gehören (§ 1706): a) die Feststellung der Vaterschaft und alle sonstigen Angelegenheiten, die die Feststellung oder Änderung des Eltern-Kind-Verhältnisses (Beispiele: Ehelicherklärung, Adoption) oder des Familiennamens des Kindes betreffen; b) die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und die Verfügung über diese Ansprüche; 144
Schranken der elterlichen Sorge
§ 19 III 1
c) die Regelung von Erb- und Pflichtteilsrechten, die dem Kind im Fall des Todes des Vaters und seiner Verwandten zustehen. Die Regelung des § 1706 war im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt lebhaft umstritten. Manchen war der Zuständigkeitsbereich des Pflegers zu groß, anderen zu klein. Zum Teil hat man vorgeschlagen, den Zuständigkeitsbereich des Pflegers auf die Vaterschaftsfeststellung zu beschränken, insbesondere die Namensangelegenheiten herauszunehmen, andere Vorschläge gingen dahin, dem Pfleger zusätzlich zu der Feststellung der Vaterschaft die gesamte Vermögensverwaltung zu übertragen. Die Fassung, die § 1706 schließlich erhalten hat, ist somit ein echter Kompromiß, der im ganzen als vernünftig bezeichnet werden muß. Das Verhältnis der Mutter zum Vater ist nicht selten gespannt. Oft ist es der Mutter unangenehm, mit dem Vater wieder in Verbindung zu treten. Wehrt sich der Vater gegen eine Inanspruchnahme, müssen Prozesse geführt werden. Darin ist aber die Mutter in aller Regel unerfahren. Würden ihr diese Geschäfte nicht abgenommen, so würden häufig die Rechte des Kindes nicht mit dem genügenden Nachdruck vertreten werden. 2. Den Bedenken gegen diese Beschränkung der elterlichen Sorge der Mutter hat das Gesetz dadurch Rechnung getragen, daß es das Vormundschaftsgericht ermächtigt, auf Antrag der Mutter a) anzuordnen, daß die Pflegschaft nicht eintritt, b) die Pflegschaft aufzuheben, c) den Wirkungskreis des Pflegers zu beschränken, § 1707. Nachdem der Mutter schon vor dem Inkrafttreten des N E G auf ihren Antrag die volle elterliche Sorge übertragen werden konnte, hätte es einen Rückschritt bedeutet, wenn der Gesetzgeber diese Möglichkeiten abgeschnitten hätte. 3. Hat das Vormundschaftsgericht nicht angeordnet, daß die Pflegschaft nicht eintreten soll, so wird mit der Geburt des Kindes das Jugendamt Pfleger, es sei denn, daß bereits vor der Geburt ein Pfleger bestellt worden ist (daß eine Pflegschaft auch bereits für eine Leibesfrucht bestellt werden kann, ergibt sich aus § 1912 1) oder das Kind eines Vormunds bedarf (weil die Mutter aus rechtlichen Gründen, z.B. wegen Minderjährigkeit, die elterliche Sorge nicht ausüben kann, s.u. III, 2c), § 1709.
III. Die Verhinderung der Eltern an der Ausübung der elterlichen Sorge 1. Tatsächliche und rechtliche Verhinderung Von einer Verhinderung der Eltern an der Ausübung der elterlichen Sorge spricht man dann, wenn die Eltern nicht nur an einem bestimmten 145
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Handeln für das Kind gehindert sind (wie in den Fällen, in denen ihre elterliche Sorge beschränkt ist), sondern generell für kürzere oder längere Zeit ihre elterliche Sorge nicht ausüben können. Die Gründe einer solchen Verhinderung können tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein. Eine tatsächliche Verhinderung liegt z.B. vor, wenn ein Elternteil schwer krank oder vorübergehend abwesend ist. Aus Rechtsgründen ist ein Elternteil an der Ausübung der elterlichen Sorge verhindert, wenn er geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsunfähig ist oder wegen körperlicher Gebrechen gemäß § 1910 einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten hat. Das Gesetz spricht hier von einem Ruhen der elterlichen Sorge, § 1673. Ist eine tatsächliche Verhinderung eines Elternteils von längerer Dauer (verbüßt der Vater z.B. eine längere Freiheitsstrafe), so hat das Vormundschaftsgericht diese - länger dauernde - Verhinderung festzustellen. Diese Feststellung hat dann ebenfalls das Ruhen der elterlichen Sorge zur Folge, § 16741. Konsequenz: Solange die elterliche Sorge ruht, braucht die tatsächliche Verhinderung im Einzelfall nicht mehr festgestellt zu werden. Die Feststellung des Vormundschaftsgerichts dient darum der Rechtssicherheit. 2. Rechtsfolgen der Verhinderung a) Ist ein Elternteil tatsächlich verhindert, die elterliche Sorge auszuüben, oder ruht seine elterliche Sorge, so übt der andere Teil die elterliche Sorge allein aus, § 1678 I. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der andere Elternteil vor der Verhinderung Mitinhaber der elterlichen Sorge war. Darum geht z. B. bei einer Verhinderung der nichtehelichen Mutter die elterliche Sorge nicht auf den Erzeuger über. Sind die Eltern des Kindes geschieden oder leben sie getrennt und war die elterliche Sorge einem Elternteil übertragen (§§ 1671,1672), so hat die Verhinderung des Elternteils, dem die elterliche Sorge übertragen war, ebenfalls nicht zur Folge, daß nunmehr der andere Elternteil kraft Gesetzes die elterliche Sorge erhält. Normalerweise wird hier ein Pfleger bestellt. Nur dann, wenn es sich um ein Ruhen der elterlichen Sorge handelt und keine Aussicht besteht, daß der Grund des Ruhens wegfallen werde, hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem anderen Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohl des Kindes widerspricht, § 1678 II. b) Eine Besonderheit gilt, wenn die elterliche Sorge eines Elternteils deswegen ruht, weil er beschränkt geschäftsfähig ist. In diesem Fall behält nämlich dieser Elternteil das Recht der Personensorge, freilich ohne das Vertretungsrecht. Allerdings geht bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern die Meinung des gesetzlichen Vertreters vor, es sei denn, daß die elterliche Sorge nur wegen Minderjährigkeit ruht, § 1673 II, 2, 3. Ausnahme: Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem minderjährigen Elternteil und einem Vormund oder Pfleger geht die Meinung des 146
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minderjährigen Elternteils vor (typischer Fall: die nichteheliche Mutter ist noch minderjährig!), § 1673 II, 4. c) Sind beide Eltern oder ist bei einem nichtehelichen Kind die Mutter an der Ausübung der elterlichen Sorge verhindert, so trifft das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßnahmen, § 1693 (Bestellung eines Pflegers oder eines Vormundes). Ist die nichteheliche Mutter bei der Geburt des Kindes minderjährig oder ruht ihre elterliche Sorge aus anderen Gründen, so wird das Jugendamt mit der Geburt des Kindes Vormund, § 1791 c I. Man spricht hier von einer gesetzlichen Amtsvormundschaft. Hier braucht also ein Vormund nicht eigens bestellt zu werden. Die Amtsvormundschaft tritt nur dann nicht ein, wenn bereits vor der Geburt des Kindes ein Vormund bestellt war. Daß eine solche Bestellung bereits vor der Geburt möglich ist, ergibt sich aus § 1774 S.2.
IV. Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts zum Schutz des Kindes 1. Die Ausübung der elterlichen Sorge unterliegt der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Aber diese Aufsicht ist keine ständige, das Gericht schreitet nur ein in gewissen Fällen, soweit sie zu seiner Kenntnis kommen. Hält ein Jugendlicher Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts gegen seine Eltern für geboten, so kann er sich sowohl an das Jugendamt als auch an das Vormundschaftsgericht mit der Anregung wenden, ein Verfahren nach §§ 1666, 1666 a einzuleiten. Da das Vorgehen gegen den Vater oder die Mutter in natürliche Beziehungen eingreift, ist dem Gericht ein behutsames Vorgehen zur Pflicht gemacht. Ehe es eine Entscheidung nach §§ 1666, 1666 a trifft, hat es die Eltern stets persönlich anzuhören, um mit ihnen zu klären, wie die Gefährdung des Kindeswohls abgewendet werden kann. Nur wenn es um eine Schutzmaßnahme im Bereich der Vermögenssorge geht, kann auf eine persönliche Anhörung verzichtet werden, § 50 a I F G G . Maßnahmen, die in die elterliche Sorge eingreifen, sind wieder aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht. Länger dauernde Maßnahmen sind in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, § 1696. 2. Die Fälle, in denen das Vormundschaftsgericht eingreifen muß, weil die Eltern aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert sind, die elterliche Sorge auszuüben oder weil sie in einem konkreten Fall das Kind nicht vertreten können, sind bereits genannt worden (s.o. I, 2; III). 3. Von sich aus muß das Vormundschaftsgericht des weiteren dann Maßnahmen treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl 147
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
des Kindes durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, § 1666. Ein Mißbrauch des Personensorgerechts liegt z . B . dann vor, wenn Eltern ihr Kind mißhandeln oder so häufig schlagen, daß das Kind ängstlich, verstört und verschüchtert wird; vgl. O L G Stuttgart, FamRZ 1974, 538. Zum Mißbrauch des Personensorgerechts durch Abmeldung eines Jugendlichen von der höheren Schule bei mangelnder Rücksichtnahme auf die eigenen Wünsche und Neigungen des Auszubildenden vgl. O L G Karlsruhe, FamRZ 1974, 661.
Als Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts kommen neben der Beschränkung oder Entziehung der Personensorge (bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht auch der Vermögenssorge, § 1666 III) Gebote, Verbote, Auflagen und Anordnungen in Betracht. Das Gericht kann auch Erklärungen der Eltern oder eines Elternteils ersetzen, sowie Maßnahmen auch mit Wirkung gegenüber einem Dritten treffen. Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind jedoch nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann, § 1666 a. Bei einer Gefährdung des Kindesvermögens wird danach gefragt, ob ein Elternteil die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt hat oder zu verletzen droht. Außerdem kann das Vormundschaftsgericht Schutzmaßnahmen treffen, wenn ein Elternteil in Vermögensverfall geraten ist, § 16671. Als Beispiele möglicher Maßnahmen nennt das Gesetz hier die Anordnung der Einreichung eines Vermögensverzeichnisses oder einer Rechnungslegung (§ 1667 II), die Anordnung, daß das Geld des Kindes in bestimmter Weise anzulegen ist (§ 1667 III), sowie die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§ 1667 IV). Erforderlichenfalls kann dem Elternteil, der das Vermögen des Kindes gefährdet, die Vermögenssorge ganz oder teilweise entzogen werden (§ 1667 V). 4. Maßnahmen zum Schutz des Kindes ermöglicht neben den genannten Vorschriften des BGB auch das JWG. So kann für einen Minderjährigen, dessen leibliche, geistige oder seelische Entwicklung gefährdet oder geschädigt ist, ein Erziehungsbeistand bestellt werden, § 55 J W G . Als Erziehungsbeistand soll eine Persönlichkeit bestellt werden, die über die nötigen pädagogischen und psychologischen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Eltern beraten und dem Minderjährigen mit Rat und Hilfe beistehen zu können; vgl. § 58 J W G .
Grundsätzlich ist die Bestellung eines Erziehungsbeistandes zwar von einem Antrag der Sorgeberechtigten (also beider Eltern!) abhängig (§ 56 I JWG), das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Bestellung auch dann 148
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anordnen, wenn nur ein Personensorgeberechtigter oder wenn das Jugendamt einen entsprechenden Antrag stellt, § 57 JWG. Neben der Erziehungsbeistandschaft kennt das J W G noch die sog. Freiwillige Erziehungshilfe und die Fürsorgeerziehung. Freiwillige Erziehungshilfe gewährt das Landesjugendamt auf schriftlichen Antrag der Personensorgeberechtigten, §§ 62, 63 JWG. Man versteht darunter die mit Einverständnis und Unterstützung der Erziehungsberechtigten auf öffentliche Kosten durchgeführte Erziehung des Minderjährigen in einem Heim oder einer Familie. Fürsorgeerziehung ordnet das Vormundschaftsgericht an (auf Antrag eines Personensorgeberechtigten, des Jugendamts oder des Landesjugendamts, aber auch von Amts wegen), wenn der Minderjährige geistig, sittlich oder körperlich zu verwahrlosen droht oder verwahrlost ist und keine ausreichende andere Erziehungsmaßnahme gewährt werden kann, §§ 64, 65 JWG. Hier kommt es nicht mehr auf das Einverständnis und die Bereitschaft der Personensorgeberechtigten an, die öffentliche Erziehung zu unterstützen. Erziehungsbeistand und Fürsorgeerziehung können im übrigen auch als Erziehungsmaßnahme im Rahmen des Jugendstrafrechts vom Jugendgericht angeordnet werden (§§ 5 ff. JGG). 1977 hatten 7321 Jugendliche einen Erziehungsbeistand, 18 134 Jugendlichen wurde Freiwillige Erziehungshilfe gewährt und 5208 Jugendliche standen unter Fürsorgeerziehung.
V. Die Verteilung der elterlichen Sorge bei Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder bei Getrenntleben der Eltern 1. Wird eine Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so kann die elterliche Sorge nicht mehr von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt werden. Die Eltern trennen sich. Das Kind kann nur bei einem Elternteil bleiben. Aus diesem Grund muß eine Entscheidung darüber getroffen werden, wem nunmehr die elterliche Sorge zustehen soll. Das Gesetz hat diese Entscheidung - im Interesse des Kindes - nicht der freien Einigung der Eltern überlassen, wenn es dieser Einigung auch große Bedeutung beimißt, sondern verlangt in jedem Fall eine Entscheidung des Familiengerichts, § 1671 I. Da die elterliche Sorge mehrere Bestandteile umfaßt, wäre es an sich denkbar, einen Teil der elterlichen Sorge dem Vater, einen anderen Teil der Mutter zu übertragen. Eine solche Aufspaltung ist aber nur ausnahmsweise und nur in einer Form zulässig: Wenn die Vermögensinteressen des Kindes es erfordern, kann einem Elternteil die Personensorge und dem anderen die Vermögenssorge (ganz oder teilweise) übertragen werden, § 1671 IV. 149
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Eine weitere Aufteilung der elterlichen Sorge ist unzulässig, D. h.: Das Gericht kann z. B. nicht der Mutter das Recht der Personensorge zuteilen, dem Vater jedoch das Recht zur religiösen Erziehung des Kindes oder dem einen Teil die Personensorge ohne die gesetzliche Vertretung, dem anderen den übrigen Teil der elterlichen Sorge, insbesondere die gesetzliche Vertretung; vgl. O L G Hamm, FamRZ 1972, 469. Unzulässig ist es auch, die gesamte elterliche Sorge beiden Ehegatten zu übertragen - mit der Maßgabe, daß bei Streitigkeiten das Vormundschaftsgericht oder das Familiengericht entscheiden soll - und zwar selbst dann, wenn beide Eltern das vorschlagen. Ein Streit wäre hier unvermeidlich; vgl. B a y O b L G , FamRZ 1964, 523. Gelegentlich wollen sich die Eltern nicht für einen längeren Zeitraum binden. Sie schlagen deswegen vor, die elterliche Sorge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einem Elternteil zu übertragen, für die spätere Zeit aber noch einmal das Familiengericht entscheiden zu lassen. Ein solcher Vorschlag der Eltern wird von den meisten Gerichten aber nicht akzeptiert (vgl. B a y O b L G , D A Vorm. 1976, Sp. 328; s. aber auch O L G Karlsruhe, N J W 1977, 1731.
2. Die Eltern haben von Rechts wegen die Möglichkeit, sich über die Zuteilung der elterlichen Sorge zu einigen. Denn eine gütliche Einigung wird in vielen Fällen die beste Gewähr für eine dem Wohl des Kindes entsprechende Regelung bieten. Die Einigung bindet zwar das Familiengericht nicht, hat aber doch gewisse Rechtswirkungen. Von einem gemeinsamen Vorschlag der Eltern darf nämlich das Gericht nur dann abweichen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1671 III, also nicht bereits, wenn es eine andere Lösung für besser hält. Machen die Eltern keinen gemeinsamen Vorschlag oder billigt das Gericht ihren Vorschlag nicht, so hat das Gericht selbständig zu entscheiden. Es hat dann die Regelung zu treffen, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 II. Bei der Frage, ob die Eltern für die Erziehungsaufgabe geeignet sind, kann nach der Ablösung des Schuldprinzips durch das Zerrüttungsprinzip nicht mehr auf die Schuld am Zerbrechen der Ehe abgestellt werden. Das schließt natürlich nicht aus, daß eheliches Fehlverhalten insoweit berücksichtigt werden kann, als es zugleich auch eine elterliche Pflichtverletzung darstellt (Vernachlässigung, Alkoholismus, Gewalttätigkeit u.a.m.). Auch das Kind wird gehört, § 50b F G G . Seine Bindungen, insbesondere an seine Eltern und Geschwister, sind zu berücksichtigen. Bei Jugendlichen über 14 Jahren sollte die Entscheidung nicht gegen ihren Willen erfolgen, falls ihr Wohl nicht zwingend eine andere Lösung verlangt, § 1671 III, 2. Wie die Statistik zeigt, wachsen die meisten Kinder bei ihren geschiedenen Müttern auf und nur verhältnismäßig wenige bei ihren geschiedenen Vätern; vgl. Luther, RdJ 1972, 161, 162. 3. Während der Dauer der elterlichen Sorge kann das Familiengericht seine Anordnungen jederzeit ändern, wenn es dies im Interesse des Kindes für angezeigt hält, § 1696, d.h. wenn triftige, das Wohl des Kindes nach150
Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 2 0 II 1
haltig berührende Gründe vorliegen; vgl. BayObLG, FamRZ 1962, 166. 4. Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, so werden sie sich vielfach darüber verständigen, bei wem die Kinder verbleiben und aufwachsen sollen. Da die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge durch die Trennung erschwert wird, überläßt dann ein Gatte dem anderen häufig die Ausübung der elterlichen Sorge allein, so daß dieser die Erziehungsfragen allein entscheiden und das Kind auch aufgrund einer allgemeinen Ermächtigung allein vertreten kann. Da eine solche Einigung nicht immer möglich ist und zudem den überlassenden Elternteil nicht von seiner Verantwortlichkeit für die elterliche Sorge, die unverzichtbar ist, entbindet, eröffnet § 1672 dem Familiengericht die Möglichkeit, dem einen oder anderen Teil die elterliche Sorge entsprechend den für die Auflösung der Ehe gegebenen Vorschriften des § 1671 zuzuteilen und damit zugleich den von der Ausübung der elterlichen Sorge Ausgeschlossenen von seiner Verantwortlichkeit zu entbinden. Anders als nach § 1671 entscheidet das Familiengericht in einem solchen Fall grundsätzlich nur auf Antrag eines Elternteils. Es entscheidet von Amts wegen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Auch hier hat ein gemeinsamer Vorschlag der Eltern den Vorrang. Liegt eine Einigung der Eltern nicht vor, muß das Familiengericht nach Ermittlung des Sachverhalts sich für die Regelung entscheiden, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
§ 20. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten I. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten im allgemeinen Nahe Verwandte sind verpflichtet, sich gegenseitig zu unterstützen. Das BGB nennt diese Unterstützungspflicht „Unterhaltspflicht" und beschränkt sie auf Verwandte in gerader Linie, § 1601. Unter Seitenverwandten, z.B. Geschwistern, besteht also keine Unterhaltspflicht, ebensowenig unter Verschwägerten, wie z.B. Schwiegereltern und Schwiegerkindern. Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Verwandten ergänzen die Vorschriften über den Familienunterhalt (§§ 1360 ff.), sowie über den Unterhalt getrennt lebender (§ 1361) oder geschiedener Ehegatten ($$ 1569 ff.). II. Die Voraussetzungen der Unterhaltspflicht 1. Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten Unterhaltsberechtigt ist nur, wer unterhaltsbedürftig ist, d.h., wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, § 1602 I. 151
§ 2 0 III 1
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Wer eigenes Vermögen hat oder arbeiten kann, ist grundsätzlich nicht bedürftig, es sei denn, daß ihm eine Verwertung seiner Arbeitskraft nicht zugemutet werden kann. Beispiel: Dem Studenten kann nicht zugemutet werden, sich sein Studium selbst zu verdienen, solange die Eltern leistungsfähig sind; denn jede Nebentätigkeit hindert ihn an seiner Hauptaufgabe, dem Studium.
Eine bevorzugte Stellung hat das minderjährige unverheiratete (eheliche sowohl als nichteheliche) Kind gegenüber seinen Eltern. Es braucht nämlich, wenn es Vermögen hat, den Stamm des Vermögens nicht anzugreifen. Es kann vielmehr Unterhalt insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag der ihm zumutbaren Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen, § 1602 II. Die freiwillige Leistung Dritter befreit nicht von der Unterhaltspflicht, auch nicht die Unterstützung durch die Sozialhilfe (§ 2 BSHG) oder öffentliche Studienförderungsmittel für bedürftige Studenten (BAFöG). 2. Leistungsfähigkeit des Inanspruchgenommenen Unterhaltsverpflichtet ist grundsätzlich nur, wer leistungsfähig ist. Die Selbsterhaltung geht vor. Unterhaltspflichtig ist darum nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, § 1603 I. Dabei werden strenge Maßstäbe angelegt. Veranschlagt wird nicht, was der Unterhaltspflichtige tatsächlich verdient, sondern was er durch zumutbare Arbeit verdienen kann. Auch hier nimmt das minderjährige unverheiratete Kind eine Sonderstellung ein. Ihm gegenüber trifft die Eltern eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Sie dürfen ihren eigenen Unterhalt nicht voranstellen, sondern müssen alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig verwenden, § 1603 II, 1. Diese Verpflichtung tritt nur dann nicht ein, wenn der Unterhalt des Kindes aus dem Stamm seines Vermögens bestritten werden kann oder ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter (etwa der Großvater) vorhanden ist, § 1603 II, 2. III. Reihenfolge der Unterhaltspflichtigen Die Unterhaltspflichtigen sind in einer bestimmten Reihenfolge zum Unterhalt verpflichtet. 1. Zunächst haftet vor den Verwandten der Ehegatte, § 1608 S. 1. Die Haftung des Ehegatten wird allerdings gemildert, wenn seine Unterhaltspflicht mit der Unterhaltspflicht von Verwandten zusammentrifft. Er 152
Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 2 0 IV
gilt nämlich in diesem Fall schon dann als leistungsunfähig, wenn er dem anderen Gatten bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen (z.B. Unterhaltspflichten gegenüber nichtehelichen Kindern) nicht ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt gewähren kann, § 1608 S.2. D.h., er kann hier den bedürftigen Gatten an seine leistungsfähigen Verwandten verweisen. Abweichend von der Regel haften in diesem Fall die Verwandten vor dem Ehegatten. 2. Die (ehelichen und nichtehelichen) Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig, § 1606 I. 3. Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren (§ 1606 II), die Kinder also vor den Enkeln, die Eltern vor den Großeltern. Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (also nicht gesamtschuldnerisch), § 1606 III, 1. Insbesondere, wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden oder nicht miteinander verheiratet sind, ist § 1606 III, 2 von Bedeutung: Die Mutter erfüllt ihre Verpflichtung, zum Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. 4. Für alle Gruppen gilt: Ein leistungsfähiger Verwandter ist als nicht vorhanden zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die Unterhaltspflicht der gleich nahen Verwandten erhöht oder ein entfernterer Verwandter unterhaltspflichtig wird, § 1607 I. Beachte: Wer an Stelle eines leistungsunfähigen Verwandten unterhaltspflichtig wird, erfüllt mit der Unterhaltsleistung eine eigene Verbindlichkeit, nicht die Schuld des Leistungsunfähigen. Er kann darum den Leistungsunfähigen nicht regreßpflichtig machen, wenn dieser wieder zu Vermögen kommt. Wer dagegen an Stelle eines leistungsfähigen Verwandten Unterhalt leistet, hat diesem gegenüber regelmäßig Ersatzansprüche. Als Anspruchsgrundlagen kommen in Betracht: Geschäftsführung ohne Auftrag (Geschäftsführerwille prüfen!), ungerechtfertigte Bereicherung (zweifelhaft; vgl. Larenz, SchR II, § 68 III d 1), unerlaubte Handlung (§ 826: Der Unterhaltspflichtige macht einen Dritten glauben, er, der Dritte, sei mit dem Berechtigten verwandt oder der Unterhaltspflichtige sei leistungsunfähig) oder cessio legis (§ 91 II BSHG, §§ 36, 37 BAFöG, § 1607 II, 2). Zu den Besonderheiten bei der Unterhaltszahlung an ein nichteheliches Kind s.u. VII, 2a. IV. Reihenfolge der Unterhaltsberechtigten Es ist denkbar, daß ein Unterhaltspflichtiger von mehreren Bedürftigen in Anspruch genommen wird. Dann muß er ihnen allen Unterhalt gewäh153
§20 V 1
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
ren, soweit er dazu imstande ist. Ist er dazu außerstande, schreibt das Gesetz auch hier eine Rangordnung vor: 1. An erster Stelle ist den minderjährigen (ehelichen und nichtehelichen) unverheirateten Kindern Unterhalt zu leisten, dann folgen die volljährigen und die verheirateten Kinder, sodann die übrigen Abkömmlinge (Enkel) und erst danach die Verwandten der aufsteigenden Linie, wobei unter diesen wiederum die näheren den entfernteren vorgehen, § 1609 I. 2. Der Ehegatte steht den minderjährigen unverheirateten Kindern gleich; anderen Kindern und den übrigen Verwandten geht er vor, § 1609 11,1.
Ist die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so geht der unterhaltsberechtigte Gatte den volljährigen oder verheirateten Kindern sowie den übrigen Verwandten des Unterhaltspflichtigen ebenfalls vor, § 1609 II, 2. Im Verhältnis zu den minderjährigen unverheirateten Kindern entscheidet die Billigkeit (§ 1581); regelmäßig werden sich alle Beteiligten eine entsprechende Herabsetzung des ihnen zukommenden Unterhalts gefallen lassen müssen. Zur Rangfolge zwischen dem Unterhaltsanspruch des Ehegatten und dem Unterhaltsanspruch eines früheren Ehegatten vgl. § 1582 und oben § 15 I, 2 d (grundsätzlich geht der Unterhaltsanspruch des früheren Ehegatten dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten vor).
V. Der Inhalt des Unterhaltsanspruchs 1. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf - einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf- und zwar entsprechend der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610. Grundsätzlich kann dieser also angemessenen, d.h. auskömmlichen Unterhalt verlangen, bei dem nicht bloß auf die unter allen Umständen zu befriedigenden Bedürfnisse zu sehen ist, sondern auch auf seine Lebensstellung. Diese wird beeinflußt durch eine Reihe von Umständen, wie Lebensstellung und Vermögensverhältnisse der Eltern oder Anlagen, Ausbildung und Berufswahl des Bedürftigen. Was dementsprechend zu leisten ist, kann nur aufgrund der Verhältnisse des einzelnen Falles entschieden werden. Ob die Kosten für ein Hochschulstudium zum angemessenen Unterhalt gehören, wurde früher davon abhängig gemacht, ob das Studium „standesgemäß" sei. Heute kann es nicht mehr auf den Stand der Eltern ankommen, sondern nur noch auf die entsprechende Befähigung des Kindes. Daneben wird allerdings noch zu berücksichtigen sein, ob und inwieweit den Eltern die Finanzierung zugemutet werden kann. Kinder, welche an einer Hochschule studieren wollen, sind bereits volljährig, also nicht mehr gem. § 1603 II, 1 privilegiert. Die Eltern brauchen ihren eigenen angemessenen Unterhalt deshalb nicht zu gefährden, um dem Kind ein Hochschulstudium zu ermöglichen; vgl. Jung, FamRZ 1974, 513. Sind die Eltern zu der Finanzierung des Studiums nicht in der Lage, so greifen allerdings meist die staatlichen Förderungsmaßnahmen (BAFöG) ein; vgl. Gemhuher, § 41 VI, 3. Die Kosten für eine
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Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 20 V 3
zweite Ausbildung, insbes. ein Zweitstudium, können den Eltern nur dann auferlegt werden, wenn zwingende Gründe einen Berufswechsel erfordern (Gesundheit, zunächst erlernter Beruf bietet keine ausreichende Lebensgrundlage mehr, erste Ausbildung beruhte auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes); vgl. BGH FamRZ 1977, 629. Heiratet das Kind, dann hat für seine Ausbildungskosten in erster Linie der Ehegatte aufzukommen. Die Ausbildungskosten rechnen zu den „persönlichen Bedürfnissen" i.S. des § 1360a I. Die Eltern haften dann nur noch subsidiär, § 1608; vgl. Knorn, FamRZ 1966, 603; Jung, FamRZ 1974, 513. Zum Lebensbedarf rechnen auch die Kosten zur Durchführung eines Rechtsstreits, der eine persönliche Angelegenheit betrifft. Der Unterhaltspflichtige hat diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht (vgl. § 1360 a IV); str.; vgl. BVerwG, FamRZ 1974, 370. Zugunsten von Scheidungswaisen und von Kindern, deren Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben, hat das Gesetz für die Fälle, in denen die Kinder, die bei dem einen Elternteil leben, vom anderen Unterhalt verlangen, einen Mindestlebensbedarf festgesetzt: Bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres können sie mindestens den Betrag verlangen, der für ein nichteheliches Kind derselben Altersstufe als sog. Regelbedarf festgesetzt ist, § 1610 III (s. u. VII, 3). Durch diese Bestimmung wird dem Kind für die Höhe des Regelbedarfs die Darlegungs- und Beweislast genommen und damit seine Stellung im Prozeß verbessert. In den gesetzlich nicht geregelten Fällen greift die Rechtsprechung meist auf Tabellen zurück, die von einzelnen Gerichten beschlossen worden sind und von Zeit zu Zeit auf den neuesten Stand gebracht werden. Am weitesten verbreitet ist die sog. Düsseldorfer Tabelle; vgl. N J W 1977, 289. 2. Ist der Unterhaltsberechtigte durch ein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er z. B. aufgrund einer Straftat seine Stellung verloren, so kann er nicht den angemessenen Unterhalt verlangen. Hier braucht der Verpflichtete nur einen Unterhaltsbeitrag in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem nunmehr von ihm in Anspruch Genommenen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltsverpflichtung kann in diesem Fall sogar gänzlich entfallen, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, § 1611 I. Ausnahmen: All das gilt jedoch nicht für die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern, § 1611 II. 3. Der Unterhalt ist regelmäßig durch eine Geldrente monatlich im voraus zu leisten, § 1612 I, III. Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann der Verpflichtete verlangen, daß ihm die Unterhaltsgewährung in anderer Art gestattet wird, § 1612 I, 2. 155
§ 20 V 4
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Beispiele: Der junge Bauer, dem die Geldzahlung schwerfällt, erbietet sich seinen Eltern gegenüber zur Naturalverpflegung; der Enkel will den dem Trunk ergebenen Großvater in einem Heim unterbringen.
Die Eltern haben ganz allgemein unverheirateten (auch volljährigen!) Kindern gegenüber das Recht, zu bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus sie Unterhalt gewähren wollen, § 1612 II, 1. Meist werden sie die Naturalverpflegung wählen. Dieses Bestimmungsrecht der Eltern hängt - solange die Kinder noch minderjährig sind - mit dem Recht und der Pflicht der Eltern zur Erziehung der Kinder zusammen. Der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern soll es den Kindern nicht ermöglichen, sich der elterlichen Erziehung zu entziehen. Volljährige Kinder müssen die Naturalverpflegung akzeptieren, wenn und weil die Eltern dadurch wirtschaftlich entlastet werden. Persönliche Spannungen rechtfertigen nicht ohne weiteres eine Änderung dieser Unterhaltsbestimmimg (OLG Karlsruhe, FamRZ 1976, 641). Wählen die Eltern die Naturalverpflegung aber vornehmlich deswegen, weil sie auf das volljährige Kind noch erzieherisch einwirken wollen, und führt dies zu einer Zerrüttung des familiären Verhältnisses oder liegen andere besondere Gründe vor, so kann auf Antrag des Kindes das Vormundschaftsgericht die Bestimmung der Eltern ändern, § 1612 II, 2; vgl. KG, FamRZ 1969, 610; O L G Bremen, FamRZ 1976, 642 und 702; BayOblG, FamRZ 1977, 263. Eine Ausnahme vom Grundsatz des elterlichen Bestimmungsrechts gilt für Kinder aus geschiedenen Ehen, für Kinder, deren Eltern getrennt leben, und für nichteheliche Kinder, sowie dann, wenn einem Elternteil aus anderen Gründen die Personensorge nicht zusteht. Hier hat der Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht (z. B. der nichteheliche Vater), grundsätzlich keine Wahlbefugnis, es sei denn, das Kind lebt - ausnahmsweise - in seinem Haushalt, § 1612 II, 3. Beachte: Leisten Eltern ihrem unverheirateten Kind Unterhalt in natura und haben sie damit von ihrem Bestimmungsrecht i. S. des § 1612 II, 1 Gebrauch gemacht, so kann ein Anspruch auf Geldunterhalt vor dem Prozeßgericht erst geltend gemacht werden, nachdem das Vormundschaftsgericht die Bestimmung der Eltern geändert hat; vgl. O L G Zweibrücken, FamRZ 1979, 64.
4. Unterhaltsleistungen sollen dem Unterhalt dienen. Wegen dieser Zweckgebundenheit, sowie um den Schuldner vor Forderungen zu schützen, auf die er sich nicht einrichten konnte, sieht das Gesetz vor, daß Unterhaltsansprüche nicht für die Vergangenheit geltend gemacht werden können: In praeteritum non vivitur. Davon macht das Gesetz zwei Ausnahmen: Zum einen kann Unterhalt auch für die Vergangenheit (oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung) von dem Zeitpunkt an verlangt werden, zu dem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unter156
Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 20 V 8
haltsanspruch rechtshängig geworden ist, § 1613 I. Und zum anderen kann im Fall eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (z. B. Kosten einer Operation) Erfüllung auch für die Vergangenheit verlangt werden, § 1613 II.
5. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden, § 1614 I. Jede Vereinbarung, durch welche der Unterhaltsanspruch gemindert oder aufgehoben werden soll, auch die entgeltliche, auch die im Vergleichswege, ist nichtig, § 134 (Ausnahme: § 1615e; s. u. VII, 2d). Zulässig ist nur die nähere Regelung des Unterhaltsbetrages in den Grenzen der Angemessenheit. Eine Vorausleistung befreit den Pflichtigen bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für drei Monate, § 1614 II. Wenn ein Dritter an Stelle des Unterhaltspflichtigen dem Berechtigten Unterhalt gewährt, so hat er den Erstattungsanspruch des Geschäftsführers ohne Auftrag gegen den Pflichtigen, falls er diesem die Übernahme der Geschäftsführung so bald wie möglich angezeigt hat; vgl.§ 679. § 1613 steht dem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Der Geschäftsführer muß sich u. U . allerdings vom Pflichtigen entgegenhalten lassen, daß er den Unterhaltsberechtigten mit den erforderlichen Mitteln versehen habe und infolge zulässiger Vorausleistung für die kritische Zeit gar nicht mehr unterhaltspflichtig gewesen, folglich auch nicht durch den Geschäftsführer von einer Verbindlichkeit befreit worden sei. Derselbe Einwand kann dem Träger der Sozialhilfe entgegengehalten werden, auf den der Unterhaltsanspruch des Unterstützten gem. §§ 90, 21 B S H G übergegangen ist.
6. Der Unterhaltsanspruch ist unabtrethar (§ 400) und nur beschränkt pfändbar (§ 850b I Ziff. 2 ZPO); gegen ihn kann nicht aufgerechnet werden, § 394. Soweit er auf künftige Leistung gerichtet ist, unterliegt er nicht der Verjährung, § 194 II. Nur rückständige Ansprüche verjähren in vier Jahren, § 197 (beachte dazu aber § 204: Hemmung der Verjährung). 7. Der Unterhaltsanspruch erlischt grundsätzlich mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, § 1615 I. Beim Tode äes Berechtigten hat der Pflichtige allerdings noch die Beerdigungskosten zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht vom Erben zu erlangen ist, § 1615 II.
Der Unterhaltsanspruch erlischt ferner, wenn seine Voraussetzungen (Bedürftigkeit des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) entfallen. 8. Tritt nach der Rechtskraft eines zum Unterhalt verpflichtenden Urteils eine wesentliche Veränderung der für den Inhalt des Urteils maßgebend gewesenen Verhältnisse ein, so ist jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Änderung des Urteils zu verlangen, § 323 ZPO. Um das Prozeßrisiko des Unterhaltsbedürftigen zu vermindern (Frage: Besteht ein Abänderungsanspruch, wenn ja: in welcher Höhe?) hat der Gesetzgeber das Gesetz zur vereinfachten Abänderung von Unterhaltsrenten 157
§ 2 0 VII 1 II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht erlassen (BGBl. 1976 I, 2029). Nach dem in das BGB neu eingefügten § 1612 a wird die Bundesregierung immer dann, wenn infolge erheblicher Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Anpassung der Unterhaltsrenten geboten erscheint, durch eine Anpassungsverordnung den Prozentsatz bestimmen, um den Unterhaltsrenten zu erhöhen (gegebenenfalls auch herabzusetzen) sind. Der Unterhaltsberechtigte kann dann eine entsprechende Anpassung der an ihn zu zahlenden Unterhaltsrente verlangen.
VI. Unterhaltsverträge Nicht selten wird die Unterhaltsleistung vertraglich geregelt. Hat die Regelung nur die gesetzliche Unterhaltspflicht zum Gegenstand, so bedarf sie keiner Form, bedeutet aber im allgemeinen nur die Feststellung der Unterhaltsrente ihrer Höhe nach, unabhängig von den Verhältnissen der Beteiligten, ohne den Unterhaltsanspruch der Anwendbarkeit der wesentlichen für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch maßgebenden Vorschriften zu entziehen; die §§ 1614 und 1615 bleiben maßgebend, nicht aber § 1613, der den Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit nur für bestimmte Ausnahmefälle anerkennt; RGZ 164, 65. Bei wesentlichen Veränderungen in der Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit einer Partei können sich die Vertragspartner auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Darüber hinaus gilt bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere infolge inflationärer Entwicklungen, auch hier § 1612 a. Nicht nur dann, wenn die Unterhaltshöhe durch gerichtliche Entscheidung festgesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn sie sich aus einer Vereinbarung oder einer Verpflichtungsurkunde ergibt, kann eine Anpassung um den in der Anpassungsverordnung festgesetzten Prozentsatz verlangt werden.
VII. Besondere Vorschriften für das nichteheliche Kind und seine Mutter 1. Grundsätze Nichteheliche Kinder sind mit ihren Eltern ebenso verwandt wie eheliche Kinder. Darum gelten die Vorschriften über die Unterhaltsansprüche und Unterhaltspflichten von Verwandten grundsätzlich auch für sie, § 1615a. Die besondere Situation des nichtehelichen Kindes erfordert jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel. Die wichtigste Besonderheit ist die Einführung des sog. Regelunterhalts, den das Kind als Mindestunterhalt (unabhängig von seiner Bedürftigkeit und der Leistungsfähigkeit des Vaters) verlangen kann. Ansprüche gegen den Vater hat nicht nur das nichteheliche Kind, sondern - in einem beschränkten Umfang - auch die Mutter. 158
Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 20 VII 2
2. Abweichungen von den allgemeinen Vorschriften a) Ersatzansprüche wegen geleisteten Unterhalts Wer an Stelle eines vorrangig Verpflichteten Unterhalt leistet, kann diesen regelmäßig nur dann regreßpflichtig machen, wenn die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (s.o. III, 4). Der Geschäftsführerwille wird aber z.B. dem Scheinvater so lange fehlen, wie er sich noch für den wirklichen Vater des Kindes hält. Außerdem könnte argumentiert werden, daß, solange die wahre Abstammung des Kindes noch nicht festgestellt worden ist, die Mutter oder ihre Eltern oder ihr Ehemann mit der Unterhaltsleistung keine fremde, sondern eine eigene Verpflichtung erfüllen. Um hier und in ähnlichen Fällen nicht den nichtehelichen Vater grundlos zu privilegieren, sieht das Gesetz eine cessio legis vor: Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater geht, soweit an Stelle des Vaters ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehemann der Mutter dem Kind Unterhalt gewährt, auf diesen über, § 1615 b I, 1. Beachte: Der Unterhaltsanspruch gegen den wirklichen Vater kann erst geltend gemacht werden, wenn dessen Vaterschaft feststeht, § 1600 a. Diese Feststellung kann der Scheinvater nicht erzwingen. Ihm steht kein Klagerecht zu. Weigert sich das Kind, den wirklichen Vater feststellen zu lassen, so wird man dem Scheinvater, wenn er die Ehelichkeit des Kindes mit Erfolg angefochten hat, das Recht einräumen müssen, die gezahlten Unterhaltsbeträge von dem Kind zu kondizieren. Schwierigkeiten bereitet hier freilich die Frage, was mit der cessio legis geschieht, wenn das Kind später doch seinen wirklichen Vater feststellen läßt. Liegt in der Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs durch den Scheinvater zugleich eine Erklärung, eine spätere Legalzession nicht zu akzeptieren? Vgl. zu dieser Frage Stolterfoth, Der Scheinvaterregreß, FamRZ 1971, 341.
h) Der angemessene Unterhalt Nach allgemeinem Unterhaltsrecht ist der Unterhaltspflichtige zur Zahlung des angemessenen Unterhalts verpflichtet. Welcher Betrag angemessen ist, bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Diese wiederum hängt bei einem ehelichen Kind von der Lebensstellung seiner Eltern ab. Bei einem nichtehelichen Kind wurde der Unterhalt nach bisherigem Recht nach der Lebensstellung der Mutter bemessen. Das Nichtehelichengesetz stellt klar, daß es auch bei nichtehelichen Kindern auf die Lebensstellung beider Eltern ankommt, § 1615 c. Bei unterschiedlicher Lebensstellung entscheidet der Mittelwert; vgl. Lange, NJW 1970, 301. c) Unterhalt für die Vergangenheit Nach allgemeinem Unterhaltsrecht gilt der Satz: In praeteritum non vivitur. Bei nichtehelichen Kindern kann dieser Satz deswegen nicht gelten, weil die Vaterschaft mit der Geburt des Kindes in vielen Fällen noch nicht 159
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
feststeht. Der Vater kann sich seiner Unterhaltspflicht nicht dadurch entziehen, daß er die Feststellung der Vaterschaft möglichst lange verzögert. Darum bestimmt § 1615 d, daß das Kind von seinem Vater Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind, bevor die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt war, auch für die Vergangenheit verlangen kann. d) Unterhaltsvereinbarungen Nach den allgemeinen Regeln kann ein Unterhaltsberechtigter nicht für die Zukunft auf den Unterhalt verzichten. Demgegenüber schließt § 1615e für das nichteheliche Kind nur einen unentgeltlichen Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft aus. D.h., daß zwischen dem Kind (das dabei regelmäßig durch einen Pfleger vertreten wird, § 1706) und seinem Vater oder Verwandten des Vaters nicht nur Vereinbarungen über die Höhe des Unterhalts und die Zahlungsmodalitäten getroffen werden können, sondern daß der Unterhaltsanspruch auch durch eine Abfindung ersetzt werden kann. Da bei einer solchen Vereinbarung stes erhebliche Interessen des Kindes auf dem Spiel stehen, schreibt § 1615e II die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vor. O b die bloße Verpflichtungserklärung des nichtehelichen Vaters, Unterhalt in bestimmter Höhe zu zahlen, ein einseitiges schuldbestätigendes Anerkenntnis ist (und deswegen keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf) oder in Wahrheit eine Vereinbarung darstellt, ist bestritten. Tatsache ist: Meist wird die Höhe der „anerkannten" Unterhaltsverpflichtung vom Amtspfleger errechnet, das Ergebnis dem Vater mit der Bitte mitgeteilt, sich beim Jugendamt einzufinden und in öffentlicher Urkunde eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Trotzdem wird man hier nicht von einer Vereinbarung sprechen können. Durch die gewählte Form wird nämlich deutlich zu erkennen gegeben, daß eine vertragliche Bindung des Kindes nicht gewollt war. Weil das Kind aber vertraglich nicht gebunden wird, fehlt es auch an der Schutzbedürftigkeit, die allein die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung rechtfertigen würde; vgl. Odersky, Zur rechtsgeschäftlichen Festlegung der Höhe des vom nichtehelichen Vater zu leistenden Unterhalts, FamRZ 1971, 137.
3. Der Regelunterhalt Das allgemeine Unterhaltsrecht knüpft die Unterhaltspflicht an zwei Voraussetzungen: Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Kindern gegenüber haften die Eltern gleichrangig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Würden diese Sätze auch für den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gelten, so hätte dies in vielen Fällen zur Folge, daß sich der Vater auf seine Leistungsunfähigkeit oder auf die Mithaftung der Mutter für den Unterhalt berufen würde. Langwierige Unterhaltsprozesse wären unvermeidlich. Um dem zu entgehen, schreibt das Gesetz vor, daß der Vater - unabhängig von seiner Lei160
Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
§ 20 V I I 4
stungsfähigkeit und vorrangig vor der Mutter - dem Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zunächst einmal den sog. Regelunterhalt schuldet, § 1615f I, 1. Regelunterhalt ist der zum Unterhalt eines Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderliche Betrag, vermindert um Kindergeld, Kinderzuschläge und ähnliche Zahlungen, § 1615 f I, 2. Die Höhe dieses Betrages wird jeweils von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung festgesetzt, § 1615f II. Die Bundesregierung stützt sich dabei auf ein alle zwei Jahre zu erstattendes Gutachten des statistischen Bundesamts (Art. 12 § 24 NichtehelichenG). Derzeit gilt als Regelbedarf eines Kindes bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres ein Monatsbetrag von 188 DM, vom 7. bis 12. Lebensjahr ein Monatsbetrag von 228 DM, vom 13. bis 18. Lebensjahr ein Monatsbetrag von 270 DM (RegelbedarfVO 1979). Um Härtefällen zu begegnen, sieht § 1615 h die Möglichkeit einer Herabsetzung des Regelunterhalts vor, wenn der Regelunterhalt wesentlich den Betrag übersteigt, den der Vater dem Kind nach den allgemeinen Unterhaltsregeln leisten müßte. Außerdem können rückständige Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind, bevor der Vater die Vaterschaft anerkannt hat oder durch gerichtliche Entscheidung zur Leistung von Unterhalt verpflichtet worden ist, auf Antrag des Vaters gestundet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, § 1615i I. Rückständige Unterhaltsbeträge, die länger als ein Jahr vor Anerkennung der Vaterschaft fällig geworden sind, können auf Antrag des Vaters sogar erlassen werden, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist, § 1615 II. 4. Ansprüche der Mutter a) Die Mutter hat gegen den Vater ihres nichtehelichen Kindes einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Enthindung und, falls infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere Aufwendungen notwendig werden (Umstandskleider, Kosten für ärztliche Untersuchungen während der Schwangerschaft), auch auf Ersatz der dadurch entstehenden Kosten, es sei denn, daß diese Kosten durch Leistungen des Arbeitgebers oder durch Versicherungsleistungen gedeckt werden, § 1615k. b) Darüber hinaus hat der Vater der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren, § 161511. Dieser Zeitraum, in dem der Vater der Mutter Unterhalt gewähren muß, vergrößert sich, wenn die Mutter infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit außerstande ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, oder deswegen nicht 161
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oder nur beschränkt erwerbstätig sein kann, weil sonst das Kind nicht versorgt werden könnte. Hier beginnt die Unterhaltspflicht des Vaters bereits (frühestens) vier Monate vor der Entbindung und dauert bis (spätestens) ein Jahr nach der Entbindung, § 16151 II.
§ 21. Legitimation nichtehelicher Kinder Nichteheliche Kinder können auf dreierlei Weise ehelich werden: durch die Heirat ihrer Eltern, durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters und durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes.
I. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe 1. Allgemeines Nach dem Vorbild des römischen und kanonischen Rechts ist in den Rechtsordnungen fast aller Länder anerkannt, daß ein nichteheliches Kind die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt, wenn seine Eltern einander heiraten. Man spricht in diesem Fall von einer legitimatio per subsequens matrimonium. Dementsprechend bestimmt §1719 S. 1: „Ein nichteheliches Kind wird ehelich, wenn sich der Vater mit der Mutter verheiratet; dies gilt auch, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird." Die Legitimation durch nachfolgende Ehe hat große praktische Bedeutung. Nach Schätzungen werden fast 40 % aller nichtehelich geborenen Kinder durch eine spätere Eheschließung ihrer Eltern legitimiert (vgl. Jansen-Knöpfel, Das neue Unehelichengesetz, S.292).
2. Voraussetzungen Voraussetzungen der Legitimation sind lediglich, daß die Nichtehelichkeit des Kindes und die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter feststehen. Gilt das Kind als eheliches Kind eines anderen (z. B. des früheren Ehemannes der Mutter), so wird es durch die Heirat seiner Eltern nicht legitimiert. Hier muß zunächst seine Ehelichkeit angefochten werden. Mit der Rechtskraft des Urteils, das die Nichtehelichkeit des Kindes feststellt, gilt das Kind dann - rückwirkend - als nichtehelich. Damit ist der Weg frei für die Feststellung, daß das Kind mit der Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist. Feststehen muß darüber hinaus die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter. Die Eheschließung hat Legitimationswirkung nur dann, wenn der Ehemann die Vaterschaft entweder mit Zustimmung des Kindes anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§§ 1600a ff.). 162
Legitimation nichtehelicher Kinder
§ 2 1 II 1
Ob die Vaterschaft vor (so die Regel) oder nach der Eheschließung festgestellt wird, spielt keine Rolle. Eine nachträgliche Feststellung der Vaterschaft wirkt auf den Zeitpunkt der Eheschließung zurück. O b die Ehe der Eltern gültig ist oder nicht, ist für die Frage der Legitimation unerheblich. § 1719 stellt ausdrücklich klar, daß das Kind auch dann ehelich bleibt, wenn die Ehe, durch die es legitimiert worden ist, später für nichtig erklärt wird.
3.
Wirkungen
Ein durch die nachfolgende Ehe seiner Eltern legitimiertes Kind hat in jeder Beziehung die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes. Es erhält den Ehenamen, den seine Eltern führen; wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat allerdings nur dann, wenn es sich der Namensänderung durch Erklärung anschließt, § 1760. Der Vater erlangt neben der Mutter die elterliche Sorge. 4.
Anfechtung
Eheliche Kinder verlieren ihren Status mit der Anfechtung der Ehelichkeit. Bei legitimierten Kindern soll nach dem Willen des Gesetzes nicht die Ehelichkeit angefochten werden; vielmehr muß hier die Feststellung der Vaterschaft beseitigt werden. Das geschieht, wenn die Feststellung der Vaterschaft auf einer Anerkennung beruht, durch eine Anfechtung der Anerkennung (§§ 1600f-1600 m). Eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft kann dagegen nur im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO) beseitigt werden.
II. Legitimation durch Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters 1. Allgemeines Neben der Legitimation durch nachfolgende Ehe hatte schon das römische Recht eine Legitimation durch kaiserliches Rescript (legitimario per rescriptum principis) ausgebildet, die in Deutschland als Recht des Kaisers und der Landesherren ausgeübt wurde. Das BGB übernahm diese Form der Legitimation „durch Verfügung der Staatsgewalt", machte sie zunächst aber von einem Antrag des Vaters abhängig. Die Möglichkeit einer Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes wurde erst durch das Nichtehelichengesetz eingeführt. Die Ehelicherklärung durch Verfügung der Staatsgewalt hat den Sinn, dem Kind auch in den Fällen die Stellung eines ehelichen Kindes zu verschaffen, in denen eine Eheschließung zwischen den Eltern nicht möglich ist (z.B. weil die Mutter gestorben ist oder der Eheschließung ein Eheverbot entgegensteht) oder die Eltern nicht heiraten wollen. 163
§ 2 1 II 4
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
Große praktische Bedeutung hat sie nicht. So wurden beispielsweise im Land Bayern im Jahre 1965 bei 13 873 nichtehelichen Geburten nur 63 Kinder auf Antrag des Vaters für ehelich erklärt (vgl. Jansen-Knöpfel, Das neue Unehelichengesetz, S. 298), im ganzen Bundesgebiet waren es im selben Jahr 324 Kinder.
2. Voraussetzungen Voraussetzungen der Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters sind a) die Nichtehelichkeit des Kindes, b) ein Antrag des Vaters, § 1723, und c) die Einwilligung des Kindes, seiner Mutter (wenn das Kind minderjährig ist) und der Ehefrau des Vaters, § 1726 I. 3. Die
Ehelicherklärung
Die Ehelicherklärung geschieht durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts. Das Vormundschaftsgericht hat dem Antrag stattzugeben, wenn die Ehelicherklärung dem Wohl des Kindes entspricht und keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen, § 1723. Das Gericht kann also nicht die Ehelicherklärung mit der Begründung verweigern, die Eltern hätten die Möglichkeit, einander zu heiraten (kein Zwang zur Ehe!). Aber: Leben die Eltern im Konkubinat, so ist es fraglich, ob die Ehelicherklärung dem Wohl des Kindes entspricht. Schließlich verliert die Mutter damit alle Rechte. Das kann, wenn die Eltern zusammen leben, zu Konfliktsituationen führen, die im Interesse des Kindes vermieden werden sollten; vgl. Staudinger-Bökelmann, § 1734 Anm. 19.
Die Ehelicherklärung ist unanfechtbar. Das Gericht kann sie nicht zurücknehmen, auch wenn sich später herausstellt, daß das Vorliegen gesetzlicher Voraussetzungen zu Unrecht angenommen worden war, § 56 a I, 2 FGG, § 1735 S. 1. Die Ehelicherklärung wird nur dann (rückwirkend) unwirksam, wenn durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt wird, daß der Mann nicht der Vater des Kindes ist, § 1735 S.2. 4. Wirkungen Durch die Ehelicherklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, § 1736. Infolge des damit verbundenen Überwechseins in die Familie des Vaters (das Kind erhält jetzt auch den Familiennamen des Vaters, § 1737), ändern sich die Beziehungen des Kindes zu seiner Mutter. Die Mutter verliert das Recht und die Pflicht, die elterliche Sorge auszuüben, § 1738. Ihre Unterhaltspflicht bleibt grundsätzlich bestehen, tritt aber hinter die des Vaters zurück, § 1739. Ob sie weiterhin das Recht hat, mit dem Kind persönlichen Umgang zu pflegen (§ 1634), ist bestritten, aber wohl zu bejahen; vgl. Staudinger-Bökelmann, § 1738 Anm. 5; a. A. Dolle II, § 111 V, 5a. 164
Legitimation nichtehelicher Kinder
§ 21 III 2
Endet oder ruht die elterliche Sorge des Vaters oder wird ihm die Personensorge entzogen, so kann das Vormundschaftsgericht der Mutter die Ausübung der elterlichen Sorge zurückübertragen, § 1738 II.
III. Legitimation durch Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes 1. Allgemeines Grundsätzlich kann ein nichteheliches Kind nur durch die Eheschließung seiner Eltern oder durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters ehelich werden. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz eine Ausnahme zugunsten von solchen nichtehelichen Kindern, deren Eltern miteinander verlobt waren, deren Heirat aber durch den Tod eines Elternteils verhindert worden ist. Diese Ausnahme kann damit gerechtfertigt werden, daß die „Brautkinder" soziologisch betrachtet ehelichen Kindern näherstehen als nichtehelichen. Wäre der Vater nicht gestorben, so wäre die Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlossen und das Kind dadurch legitimiert worden. In aller Regel bestehen zwischen der Mutter des Kindes und der Familie des Vaters auch freundschaftliche Beziehungen. Das Kind wird durchweg von der Familie des Vaters als verwandt betrachtet und angenommen. Die Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes wurde durch das Nichtehelichengesetz eingeführt. Dem bis dahin geltenden Recht war sie unbekannt. 2. Voraussetzungen Voraussetzungen der Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes sind (S§ 1740 a, 1740 b): a) die Nichtehelichkeit des Kindes, b) die Feststellung der Vaterschaft, c) ein durch den Tod eines Elternteils aufgelöstes Verlöbnis der Eltern, d) ein Antrag des Kindes und e) die Einwilligung des überlebenden Elternteils. Ist der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben, ohne seine Vaterschaft anerkannt zu haben (daß eine Anerkennung schon vor der Geburt möglich ist, ergibt sich aus § 1600b II), so kann sie auf Antrag des Kindes vom Vormundschaftsgericht festgestellt werden, § 1600n II.
§ 1740 a ermöglicht eine Ehelicherklärung nicht nur dann, wenn der Vater stirbt, sondern auch dann, wenn die Mutter stirbt. Das Kind braucht in diesem Fall also nicht einen Antrag auf Ehelicherklärung durch den Vater abzuwarten, sondern kann das Verfahren auch von sich aus in Gang bringen. In jedem Fall ist Voraussetzung, daß das Verlöbnis der Eltern durch den Tod eines Elternteils aufgelöst worden ist. Ist das Verlöbnis auf andere Wei165
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II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
se, insbesondere durch den Rücktritt eines Verlobten, aufgelöst worden, so kann das Kind seine Ehelicherklärung nicht beantragen. Den Antrag für das Kind stellt sein gesetzlicher Vertreter (gem. § 1706 Ziff. 1 regelmäßig der Pfleger). Nur dann, wenn das Kind bereits 14 Jahre alt ist, muß es den Antrag selbst stellen, § 1740 c. Die Einwilligungserklärung des Uberlebenden Elternteils muß von diesem persönlich abgegeben werden. Er braucht dazu - wenn er noch minderjährig ist - nicht die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1740 b. Die Einwilligungserklärung kann nicht ersetzt werden. Nur dann, wenn der Elternteil zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist, kann auf sie verzichtet werden. Den Interessen der Angehörigen des Verstorbenen trägt das Gesetz dadurch Rechnung, daß es die Anhörung der Eltern des Verstorbenen und - falls der Vater des Kindes gestorben ist - auch seiner ehelichen Kinder vorschreibt, § 1740d.
3. Wirkungen a) Das auf seinen Antrag für ehelich erklärte Kind steht einem Kind gleich, das durch Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist, § 1740 f. Grundsätzlich bekommt (oder behält) es den Namen des überlebenden Elternteils. Auf seinen Antrag hin hat ihm das Gericht jedoch den Namen des verstorbenen Elternteils zu erteilen. Dazu ist allerdings die Zustimmung des überlebenden Elternteils erforderlich, § 1740f II. b) Bekommt das Kind den Namen des verstorbenen Elternteils, so kann auch der überlebende Elternteil beantragen, daß ihm der - neue - Familienname des Kindes erteilt werde, § 1740g. Auf diese Weise kann z.B. die Mutter eines nichtehelichen Kindes nach dessen Ehelicherklärung den Namen ihres Verlobten zuerteilt bekommen.
§ 22. Annahme als Kind - Adoption I. Begriff - Allgemeines Die Annahme als Kind oder Adoption ist die künstliche Schaffung eines Eltern-Kind-Verhältnisses ohne Rücksicht auf biologische Abstammung. Sie erfolgt auf Antrag dessen, der ein Kind annehmen will, durch gerichtliches Dekret (bis zum Inkrafttreten des Adoptionsgesetzes, d.h. bis zum 1.1.1977, durch Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Adoptivkind). Ein solches Dekret ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die wiederum mit dem Zweck der Adoption zusammenhängen. Diese Interdependenz von Voraussetzungen und Zweck kommt in der Geschichte der Adoption deutlich zum Ausdruck. Ursprünglich verband der Gesetzgeber mit der Adoption nur eine Vorstellung: sie sollte dem Annehmenden Ersatz für fehlende eheliche Abkömmlinge bieten und so die Fortsetzung der Fa166
Annahme als Kind - Adoption
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milie ermöglichen. Die Konsequenz: Der Annehmende durfte keine ehelichen Abkömmlinge haben und mußte älter als 50 Jahre sein. Heute sieht der Gesetzgeber in der Adoption vor allem eine Fürsorgemaßnahme für das Kind, dem in einer Familie die Grundlage für eine gedeihliche Entwicklung gegeben werden soll. Die soziale Bedeutung der Adoption steht im Vordergrund. Dieser Auffassungswandel führte zu einer Milderung der ursprünglich strengen Voraussetzungen der Adoption. Den Wunsch, Kinder zu adoptieren, haben vor allem jüngere Ehepaare. Adoptiert werden fast nur noch Klein- und Kleinstkinder. Diese Kinder sind bei jüngeren Ehepaaren auch am besten aufgehoben. Aus diesen Gründen hat das Familienrechtsänderungsgesetz 1961 das Alterserfordernis von 50 Jahren beseitigt und noch andere Erleichterungen geschaffen. Diese Erleichterungen haben zu einer erheblichen Zunahme der Adoptionen geführt. Während z. B. in den Jahren 1920-1933 jährlich etwa 4000 Kinder adoptiert wurden, betrug die Zahl der Adoptionen im Jahre 1978 11 224.
Jede gesetzliche Regelung der Adoption muß sich mit dem Spannungsverhältnis auseinandersetzen, das zwischen den leihlichen Verwandten des Kindes und den neuen Verwandten besteht, die durch die Adoption an die Stelle der Blutsverwandten treten sollen. Der Gesetzgeber konnte sich ursprünglich weder zu einer radikalen Loslösung des Kindes aus seiner natürlichen Familie entschließen, noch dazu, den Schwerpunkt der Beziehungen in der natürlichen Familie zu belassen. Er schlug einen Mittelweg ein. Angenommene Kinder sollten eine Doppelstellung haben. Auf der einen Seite wurden ihnen grundsätzlich die Rechte und Pflichten aus der Zugehörigkeit zur natürlichen Familie belassen und den leiblichen Eltern nur die elterliche Sorge genommen; auf der anderen Seite wurde das Kind nicht völlig in die Familie des Annehmenden eingegliedert. Die Wirkungen der Annahme wurden auf den Annehmenden beschränkt, dem in der Hauptsache nur die Erziehungsrechte zugesprochen, ein Erbrecht gegenüber dem Kind aber versagt wurde. Diese Kompromißlösung führte zu Schwierigkeiten. Immer mehr Adoptiveltern legten Wert auf eine völlige Loslösung des Kindes aus seiner natürlichen Familie. Dem hat nun das Adoptionsgesetz vom 7. 7.1976 mit der Einführung der sog. Volladoption Rechnung getragen. Allerdings gilt diese Volladoption nur für den Normalfall der Adoption: die Annahme eines Minderjährigen. Die Volljährigenadoption, die es nach wie vor geben soll, folgt eigenen Regeln. II. D i e Annahme Minderjähriger 1. Voraussetzungen
auf selten des
Annehmenden
a) Die Adoption soll dem Kind die Möglichkeit verschaffen, in einer Familie aufzuwachsen. Deshalb soll der Normalfall der Adoption die An167
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nähme des Kindes durch ein Ehepaar sein. Eheleute sollen ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Allein annehmen kann ein Ehegatte ein Kind nur in Ausnahmefällen, nämlich (1) wenn das Kind sein nichteheliches Kind ist; (2) wenn das Kind das leibliche Kind seines Ehegatten ist; (3) wenn der andere Ehegatte ein Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, § 1741 II. b) Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen, § 1741 III, 1. Also keine gemeinschaftliche Adoption durch Personen, die nicht miteinander verheiratet sind! Wenn der Annehmende allerdings später heiratet, kann das Kind auch von seinem Ehegatten noch adoptiert werden, S 1742. c) Verwandtschaft ist keine Voraussetzung, aber auch kein Hindernis für eine Adoption. Im Jahre 1976 wurden 27 % der adoptierten Kinder von Verwandten adoptiert. Ein nichteheliches Kind kann sogar von seinem Vater oder seiner Mutter adoptiert werden, § 1741 III, 2. d) Wer ein Kind adoptieren will, muß voll geschäftsfähig und grundsätzlich mindestens 25 Jahre alt sein. Nehmen Ehegatten ein Kind an, so genügt es, wenn ein Ehegatte das 25. Lebensjahr vollendet hat und der andere wenigstens 21 Jahre alt ist. Bereits mit 21 Jahren kann jemand sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten adoptieren, § 1743. e) Der Annehmende soll in der Regel das Kind eine angemessene Zeit vor der Adoption in Pflege gehabt haben, § 1744. f ) Das Adoptionsdekret setzt einen Antrag des Annehmenden voraus. Der Antrag muß vom Annehmenden persönlich gestellt werden und notariell beurkundet sein. Bedingungen oder Befristungen machen den Antrag nichtig, § 1752. 2.
Einwilligungen
Die Annahme darf nur erfolgen, wenn bestimmte Einwilligungserklärungen vorliegen. a) Einwilligen müssen zunächst die Eltern des Kindes, bzw., bei einem nichtehelichen Kind, seine Mutter, § 1747 I, II, 1. Die Einwilligung des nichtehelichen Vaters ist nicht notwendig, jedoch hat der nichteheliche Vater eine Art Vorhandrecht. Hat er die Ehelicherklärung des Kindes beantragt oder selbst einen Antrag auf Adoption des Kindes gestellt, so haben Adoptionsdekrete zugunsten Dritter zu unterbleiben, solange über den Antrag des Vaters noch nicht abschlägig entschieden ist. Nur ein Adoptionsantrag der nichtehelichen Mutter geht dem Antrag des Vaters vor. Um Störungen eines Adoptionsverfahrens durch entsprechende Anträge des nichtehelichen Vaters vorzubeugen, kann von ihm eine Verzichtserklärung erbeten werden. Der nichteheliche Vater kann nämlich auf 168
Annahme als Kind - Adoption
§ 22 II 2
sein Antragsrecht in bindender Weise verzichten. Die Verzichtserklärung bedarf der öffentlichen Beurkundung, § 1747 II, 2-5. Die Einwilligungserklärung der Eltern bzw. der nichtehelichen Mutter kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Die Annehmenden müssen im Zeitpunkt der Einwilligung bereits feststehen, der Einwilligende braucht sie aber nicht zu kennen, § 1747 III. Man spricht hier von einer sog. Inkognitoadoption. Unzulässig ist dagegen eine BlankoEinwilligung, z. B. eine Einwilligung in eine Adoption durch eine von der Adoptionsvermittlungsstelle erst noch auszuwählende Person. Haben die Eltern bzw. die nichteheliche Mutter ihre Einwilligung in die Annahme erklärt, so verlieren sie die Befugnis, ihre elterliche Sorge über das Kind auszuüben (abgesehen von dem Fall, daß ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten adoptieren will). Ihre elterliche Sorge ruht, § 17511, 1. Meist wird das Kind sich in diesem Zeitpunkt bereits in der Obhut und Pflege der Adoptiveltern befinden (vgl. § 1744). Weil aber diesen die elterliche Sorge erst mit der Adoption übertragen wird, obliegt die Ausübung der elterlichen Sorge bis zu diesem Zeitpunkt regelmäßig dem Jugendamt, das gem. § 1751 I, 2 zum Vormund des Kindes wird. b) Einwilligen muß sodann das Kind. Das Kind hat persönlich einzuwilligen, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat, braucht dazu allerdings die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (das ist nach dem Gesagten regelmäßig das Jugendamt). Für ein Kind, das noch nicht 14 Jahre als ist, gibt der gesetzliche Vertreter die Einwilligungserklärung ab, § 1746 I. Bestritten ist, ob bei der Annahme des Kindes einer Frau durch deren Ehemann die Mutter die Einwilligungserklärung für ihr Kind als dessen gesetzliche Vertreterin abgeben kann, oder ob sie daran durch § 17951 Ziff. 1 gehindert ist. Da die Adoption nicht mehr - wie früher - ein Rechtsgeschäft ist, sondern durch Dekret erfolgt, dürfte eine solche Hinderung zu verneinen sein; vgl. O L G Hamm, FamRZ 1978, 945.
Ein 14 Jahre altes Kind kann seine Einwilligung bis zum Wirksamwerden des Adoptionsdekrets (d.h. bis zum Zugang des Adoptionsbeschlusses, § 56e S.2 FGG) widerrufen, und zwar auch gegen den Willen seines gesetzlichen Vertreters, § 1746 II. c) Will ein Ehegatte ein Kind allein annehmen, so ist dazu die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich, § 1749 I, 1. Praktische Bedeutung hat diese Regelung nur in den Fällen, in denen ein Ehegatte sein nichteheliches Kind adoptieren will (§ 1741 II, 2); denn wenn er das Kind seines Ehegatten adoptieren will, muß dieser schon als Elternteil seine Einwilligung erklären. d) Einwilligen muß schließlich auch der Ehegatte des Anzunehmenden, wenn dieser verheiratet ist, § 1749 II, ein Fall, der bei der Adoption Minderjähriger selten gegeben sein wird. 169
§ 2 2 II 4
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
e) Die Einwilligurigen sind jeweils von den einwilligungsberechtigten Personen in notariell beurkundeter Form gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklären. Sie müssen unbedingt und unbefristet sein und sind unwiderruflich. Sie verlieren ihre Kraft, wenn der Antrag zurückgenommen oder die Annahme versagt wird, § 1750. 3. Verzicht auf Einwilligungen und ihre Ersetzung Bestimmte Einwilligungen sind unverzichtbar, auf andere kann u.U. verzichtet werden und wiederum andere sind unter bestimmten Voraussetzungen ersetzbar. a) Unverzichtbar ist die Einwilligung des Kindes, soweit seine persönliche Einwilligung erforderlich ist. b) Entbehrlich ist die Einwilligung eines Elternteils oder des Ehegatten des Annehmenden, wenn der Elternteil oder der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist, §§ 1747 IV, 1749 III. c) Ersetzt werden kann die Einwilligung (oder die Zustimmung) eines Vormundes oder Pflegers, soweit ein solcher für das Kind handelt, wenn sie ohne triftigen Grund verweigert wird, § 1746 III. Verweigert ein Elternteil seine Einwilligung, so kann das Vormundschaftsgericht sie nicht bereits dann ersetzen, wenn es die Gründe dafür nicht für überzeugend hält, sondern nur, wenn der Elternteil (1) seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt oder (2) durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist. Außerdem muß in diesen Fällen das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen, § 1748 I, 1. Die Einwilligung kann ferner ersetzt werden, wenn (3) die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des sich gegen die Adoption sträubenden Elternteils anvertraut werden kann, § 1748 I, 2 und schließlich (4) wenn der Elternteil wegen besonders schwerer geistiger Gebrechen zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre, § 1748 III. Verweigert der Ehegatte des Annehmenden seine Einwilligung, so ist zu prüfen, ob berechtigte Interessen dieses Ehegatten und seiner Familie der Annahme entgegenstehen. Ist das nicht der Fall, so kann das Vormundschaftsgericht die Einwilligung ersetzen, § 1749 I, 2, 3. 4. Rechtsverhältnisse zwischen der Einwilligung der Eltern und dem Ausspruch der Annahme 170
Annahme als Kind - Adoption
§ 2 2 II 5
Im Regelfall wird ein Adoptionsdekret erst erlassen, wenn der Annehmende das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat, § 1744. In dieser Phase können die leiblichen Eltern die elterliche Sorge nicht mehr ausüben (schon deswegen nicht, weil sie in zahlreichen Fällen, nämlich bei der Inkognito-Adoption, gar nicht wissen, wo sich das Kind aufhält), während andererseits den Annehmenden, die das Kind in Pflege haben, die elterliche Sorge noch nicht zusteht. Diese Zwischenphase regelt das Gesetz wie folgt: a) Sobald ein Elternteil in die Annahme eingewilligt hat, ruht, wie schon erwähnt, seine elterliche Sorge. Seine Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kind darf er nicht mehr ausüben. Das Jugendamt wird Vormund (es sei denn, daß der andere Elternteil - etwa bei geschiedener Ehe - die elterliche Sorge allein ausübt oder ein Vormund bereits bestellt ist), § 17511. Diese Rechtsfolgen treten nur dann nicht ein, wenn ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten annehmen will, § 1751 II. b) Sobald die Eltern die erforderliche Einwilligung erteilt haben und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel einer Adoption aufgenommen ist, wird der Annehmende gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig. Seine Unterhaltspflicht geht der Unterhaltspflicht der Verwandten des Kindes vor. Will ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten adoptieren, so geht die Unterhaltspflicht der Ehegatten der Unterhaltspflicht der Verwandten des Kindes vor, sobald die Ehegatten das Kind in ihre Obhut aufgenommen haben und die erforderliche Einwilligung der Eltern des Kindes vorliegt, § 1751 IV. 5. Der
Annahmebeschluß
Die Adoption geschieht durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts. Das Vormundschaftsgericht prüft, ob die Voraussetzungen in der Person des Annehmenden, sowie die erforderlichen Einwilligungen vorliegen. Es hat sodann nachzuforschen, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, daß zwischen dem oder den Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, § 17411. Hat der oder haben die Annehmenden Kinder, so sind sowohl deren Interessen als auch die Situation des Adoptivkindes, das in eine Familie mit Kindern aufgenommen werden soll, zu berücksichtigen. Die Annahme darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen oder wenn zu befürchten ist, daß Interessen des Anzunehmenden durch Kinder des Annehmenden gefährdet werden. Dabei sollen allerdings vermögensrechtliche Interessen nicht ausschlaggebend sein, § 1745. Das Vormundschaftsgericht hat eine gutachtliche Äußerung der Adoptionsvermittlungsstelle, die das Kind vermittelt hat, darüber einzuholen, ob 171
§ 2 2 II 6
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
das Kind und die Familie des Annehmenden für die Annahme geeignet sind. Ist keine Adoptionsvermittlungsstelle tätig geworden, so ist eine gutachtliche Äußerung des Jugendamts oder irgendeiner Adoptionsvermittlungsstelle einzuholen, § 56d FGG. Mit einem Kind, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, also in die Annahme nicht persönlich einwilligen muß, kann das Vormundschaftsgericht persönlich Fühlung nehmen, § 56c FGG. 6. Wirkungen der Annahme Eine Adoption hat Auswirkungen auf zwei Rechtskreise: auf die Beziehungen des Kindes zum Annehmenden und dessen Verwandten und auf die Beziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Verwandten. a) Die Stellung des Kindes gegenüber dem Annehmenden (1) Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten. In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, § 1754. Diese Adoptionswirkungen sind, anders als nach dem bisherigen Recht, nicht auf das Kind und den oder die Annehmenden beschränkt; d.h., das Kind hat auch gegenüber den Verwandten des Annehmenden dieselbe Stellung wie ein leibliches Kind des Annehmenden. Diese völlige Eingliederung des Kindes in die Familie des Annehmenden hat Folgen für die Staatsangehörigkeit und den Namen des Kindes. (2) Ein minderjähriges Kind, das nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat, erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn es von einem Deutschen als Kind angenommen wird, § 6 RuStAG. Andererseits verliert ein Deutscher die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn er von einem Ausländer adoptiert wird und dadurch die Staatsangehörigkeit des Annehmenden erwirbt, es sei denn, daß er mit einem deutschen Elternteil verwandt bleibt, § 27 RuStAG. (3) Das Kind erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden (wenn dieser verheiratet ist, seinen Ehenamen, also nicht auch den nach § 1355 III dem Ehenamen vorangestellten Namen), § 17571. Auf Antrag des Annehmenden und mit Einwilligung des Kindes kann das Vormundschaftsgericht zusammen mit dem Ausspruch der Annahme dem neuen Familiennamen des Kindes dessen bisherigen Familiennamen hinzufügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Unter denselben Voraussetzungen kann das Vormundschaftsgericht auch den Vornamen des Kindes ändern, § 1757 II. 172
Annahme als Kind - Adoption
§ 2 2 II 7
b) Die Stellung des Kindes gegenüber seinen leiblichen Verwandten Hier gibt es eine Regel und verschiedene Ausnahmen. Die Regel lautet: Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten, § 1755 I, 1. Ausnahmen: (1) Nimmt ein Ehegatte das nichteheliche Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein, § 1755 II. Adoptiert also z . B . ein Ehemann das nichteheliche Kind seiner Frau, so bleibt das Kind mit seiner Mutter und deren Verwandten selbstverständlich weiterhin verwandt. Es gilt ja als gemeinschaftliches Kind der beiden Ehegatten, § 1754 I. Nur seine Verwandtschaftsbeziehungen zum nichtehelichen Vater und dessen Verwandten erlöschen. (2) Sind die Annehmenden mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt, wird also ein Kind z . B . von seinen Großeltern oder von einem Onkel oder einer Tante adoptiert, so erlischt nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu seinen Eltern, § 1756 I. M. a. W.: Das Kind bleibt bei einer Adoption durch die nächsten Angehörigen seiner Eltern mit den Verwandten der Eltern weiterhin verwandtschaftlich verbunden. Nur im Verhältnis zu seinen Eltern erlöschen die aus der Eltern-Kind-Beziehung folgenden Rechte und Pflichten. (3) Nimmt ein Ehegatte das eheliche Kind seines Ehegatten an, dessen frühere Ehe durch Tod aufgelöst ist, so bleibt das Kind mit den Verwandten des verstorbenen Elternteils weiterhin verwandt, § 1756 II. Das Kind steht in diesem Fall also in drei Verwandtschaftskreisen: Es ist verwandt mit den Verwandten seiner leiblichen Eltern und mit den Verwandten des Stiefelternteils, von dem es adoptiert worden ist. 7. Aufhebung
des
Annahmeverhältnisses
Nach früherem Recht war ein Annahmevertrag nichtig, wenn eines der besonderen adoptionsrechtlichen Gültigkeitserfordernisse fehlte, er unterlag außerdem den allgemeinen Bestimmungen über Willenserklärungen und Verträge. Insbesondere konnten die verschiedenen Willenserklärungen angefochten werden. Diese unbefriedigende Rechtslage wurde durch das Adoptionsgesetz vom 7.7.1976 geändert. Nachdem das Annahmeverhältnis nicht mehr auf einem Vertrag beruht, können jetzt nicht mehr Simulation oder Sittenwidrigkeit als Nichtigkeitsgrund angeführt oder aufgrund eines Irrtums (z.B. über wesentliche Eigenschaften des Angenommenen) oder einer arglistigen Täuschung die zum Vertrag führenden Willenserklä173
§ 2 2 II 7
II. Abschnitt: Kindschafts- und Verwandtschaftsrecht
rungen angefochten werden. Als Dauerrechtsverhältnis kann das Annahmeverhältnis nunmehr nur noch mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden, § 1764. Die Aufhebung des Annahmeverhältnisses hat ebenso wie seine Begründung durch das Vormundschaftsgericht zu geschehen und ist nur in ganz bestimmten Fällen zulässig (§§ 1759ff.), nämlich - bei fehlendem Antrag, - bei Fehlen der Einwilligung des Kindes oder der erforderlichen Einwilligung eines Elternteils, - aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes. a) Antrag und Einwilligung „fehlen" auch dann, wenn sie unwirksam sind. Unwirksam sind sie (nur) dann, wenn der Erklärende (1) zur Zeit der Erklärung sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand, wenn der Antragsteller geschäftsunfähig war oder das geschäftsunfähige oder noch nicht 14 Jahre alte Kind die Einwilligung selbst erteilt hat, (2) nicht gewußt hat, daß es sich um eine Annahme als Kind handelt, oder wenn er dies zwar gewußt hat, aber einen Annahmeantrag nicht hat stellen oder eine Einwilligung zur Annahme nicht hat abgeben wollen oder wenn sich der Annehmende in der Person des anzunehmenden Kindes oder wenn sich das anzunehmende Kind in der Person des Annehmenden geirrt hat, (3) durch arglistige Täuschung über wesentliche Umstände zur Erklärung bestimmt worden ist, (4) widerrechtlich durch Drohung zur Erklärung bestimmt worden ist, (5) die Einwilligung vor Ablauf der in § 1747 III, 1 bestimmten Frist erteilt hat, § 1760 II. Aber selbst in diesen Fällen ist das Annahmeverhältnis nicht in jedem Fall aufzuheben (vgl. §§ 1760 III-V, 1761). Insbesondere darf das Annahmeverhältnis nicht aufgehoben werden, wenn dadurch das Wohl des Kindes erheblich gefährdet würde, es sei denn, daß überwiegende Interessen des Annehmenden die Aufhebung erfordern, § 1761 II. Außerdem ist das Annahmeverhältnis in diesen Fällen nicht von Amts wegen aufzuheben, sondern nur, wenn der Antragsberechtigte, nämlich der, ohne dessen Antrag oder Einwilligung das Kind angenommen worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist einen Aufhebungsantrag stellt, §§ 1760 I, 1762. b) Von Amts wegen kann das Annahmeverhältnis nur aufgehoben werden, wenn die Aufhebung aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1763 I. Aber auch hier macht das Gesetz eine Einschränkung: Das Annahmeverhältnis darf nur aufgehoben werden, wenn (bei einer Aufhebung nur im Verhältnis zu einem Elternteil) der andere Ehegatte oder wenn ein leiblicher Elternteil bereit ist, die Pflege und Erzie174
Annahme als Kind - Adoption
§ 2 2 III 3
hung des Kindes zu übernehmen und dies auch ohne Gefährdung des Kindeswohls vermag oder wenn die Aufhebung eine erneute Adoption des Kindes ermöglichen soll, § 1763 III. c) Mit der Aufhebung des Annahmeverhältnisses erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten. Gleichzeitig leben die Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den leiblichen Verwandten und die sich aus ihnen ergebenden Rechte und Pflichten, mit Ausnahme der elterlichen Sorge, wieder auf, § 1764 II, III. Das Vormundschaftsgericht hat den leiblichen Eltern die elterliche Sorge zurückzuübertragen, wenn und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht; anderenfalls bestellt es einen Vormund oder Pfleger, § 1764 IV.
III. Die Annahme Volljähriger Die Annahme Volljähriger unterscheidet sich von der Annahme Minderjähriger in einer Reihe von Punkten. 1. Vorausgesetzt wird ein Antrag sowohl des Annehmenden als auch des Anzunehmenden. Der Anzunehmende wird also nicht lediglich um seine Einwilligung gebeten. Eine Einwilligung der Eltern des Anzunehmenden entfällt, nicht dagegen die Einwilligung der Ehegatten des Annehmenden und des Anzunehmenden, § 1768. 2. Besonders betont wird, daß die Annahme sittlich gerechtfertigt sein muß. Auch durch die Volljährigenadoption soll ein echtes Eltern-KindVerhältnis hergestellt werden. Daran dürfte es fehlen, wenn ein 25jähriger Mann ein 18jähriges Waisenkind adoptieren möchte. Typische Fälle einer Volljährigenadoption sind die, daß ein kinderloser Unternehmer oder Hofeigentümer einen Neffen adoptiert, um ihm dann das Unternehmen oder den Hof zu vererben (Steuerersparnis!). Nach dem Gesetz ist eine sittliche Rechtfertigung insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist, etwa weil der Anzunehmende schon vor seiner Volljährigkeit als Pflegekind bei dem Annehmenden gelebt hat, § 1767. 3. Der wesentlichste Unterschied zwischen der Minderjährigenadoption und der Volljährigenadoption liegt in den Wirkungen. Die Volljährigenadoption ist im Zweifel keine Volladoption! Ihre Wirkungen erstrecken sich grundsätzlich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Auch der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Angenommenen, dessen Ehegatte wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert. Auf der anderen Seite bleibt der Angenommene mit seinen bisherigen Verwandten weiterhin verwandtschaftlich verbunden. Die Rechte und Pflichten aus diesen Ver175
§ 23 I
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
wandtschaftsverhältnissen bleiben bestehen. Allerdings geht die Unterhaltspflicht des Annehmenden der Unterhaltspflicht der leiblichen Verwandten vor, § 1770. Aber: Das Vormundschaftsgericht kann beim Ausspruch der Annahme unter gewissen Umständen bestimmen, daß sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten sollen (§ 1772), m. a. W. eine Volladoption dekretieren, nämlich wenn a) ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden vom Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird. Beispiel: Ein Ehepaar kommt bei einem Unfall ums Leben. Ein befreundetes kinderloses Ehepaar adoptiert die Kinder der Verunglückten. Von den Kindern ist eines zehn, das andere vierzehn und das dritte achtzehn Jahre alt. Hier ist es sinnvoll, wenn alle Kinder den gleichen Rechtsstatus erhalten; b) der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist, ein bereits bestehendes ElternKind-Verhältnis also lediglich eine rechtliche Form erhalten soll; c) der Annehmende sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten annimmt. 4. In den zuletzt genannten Fällen kann das AdoptionsVerhältnis nur in sinngemäßer Anwendung der für die Minderjährigenadoption geltenden Vorschriften aufgehoben werden, § 1772a. E. Soweit es sich bei der Volljährigenadoption um keine Volladoption handelt, kommt eine Aufhebung darüber hinaus in Frage, wenn der Annehmende und der Angenommene die Aufhebung gemeinsam beantragen und ein wichtiger Grund vorliegt.
III. ABSCHNITT: VORMUNDSCHAFTSRECHT § 23. Die Vormundschaft I. Begriff und Aufgabe Die Vormundschaft dient der Fürsorge und Vertretung schutzbedürftiger Personen, die entweder trotz ihrer Minderjährigkeit nicht unter elterlicher Sorge stehen (Altersvormundschaft) oder trotz ihrer Volljährigkeit einer besonderen Fürsorge bedürfen (Vormundschaft über Volljährige). Die Altersvormundschaft soll die fehlende Familienfürsorge, namentlich die elterliche Sorge, ersetzen. Deshalb setzt sie nur ein, wenn ein Kind überhaupt nicht unter elterlicher Sorge steht - die Eltern sind tot oder unbekannt, die nichteheliche oder verwitwete Mutter ist noch minderjährig oder wenn die Eltern die elterliche Sorge verloren haben, § 1773. 176
Die Vormundschaft
§ 2 3 II
Bei Volljährigen, die der elterlichen Sorge entwachsen sind, ist Voraussetzung einer Vormundschaft die Entmündigung, § 1896. Die Vormundschaft ist zwar ein Amt, der Vormund aber kein Staatsbeamter, sondern nur der Träger einer Amtsstellung. Weil der Vormund dem Mündel als Fremder gegenübertritt, bedarf er einer stärkeren Überwachung ais die Eltern. Diese Überwachung geschieht durch das Vormundschaftsgericht. Als Vormundschaftsgerichte fungieren die Amtsgerichte. Zuständigkeit und Verfahren sind im FGG geregelt. Aufsicht über den Vormund bedeutet nicht Bevormundung des Vormunds. Der Vormund hat seine Aufgaben grundsätzlich selbständig und selbstverantwortlich zu erfüllen. Das Vormundschaftsgericht ist, abgesehen von der Ernennung und Entlassung des Vormundes, beschränkt auf die Aufsicht über dessen Amtsführung und die Entscheidung über die Genehmigung wichtiger Rechtsgeschäfte. Ein Recht zum eigenmächtigen Eingriff hat es nur ausnahmsweise. II. Einzel- und Berufs- oder Amtsvormundschaft Wenn die Vormundschaft ein Amt ist, so gewinnt die Frage der Auswahl der geeignetsten Persönlichkeiten für dieses Amt besondere Bedeutung. In dieser Richtung hat das BGB versagt. Das BGB ging nämlich davon aus, daß sich ungefähr jedermann zum Vormund eigne. Die Vorschriften über Fähigkeit und Tauglichkeit (§§ 1780 ff.) sind nur die Zusammenstellung einiger Ausschlußgründe. Das BGB kannte grundsätzlich nur die Einzelvormundschaft, die als unentgeltliches Ehrenamt zu führen ist, § 1836 (,, Dilettantenvormundschaft"). Die Einzelvormundschaft erwies sich bald als ungenügend. Einzelvormünder waren insbesondere in der Großstadt schwer zu finden. Die Personen, die sich zur Übernahme der Vormundschaft bereit erklärten, waren vielfach den Aufgaben dieses verantwortungsvollen Amtes nicht gewachsen. Diesen Mängeln half der Gesetzgeber ab durch das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz vom 9. Juli 1922. In diesem Gesetz wurde die Amtsvormundschaft der Jugendämter eingeführt. Damit hat der Staat seine Verpflichtung zur Fürsorge für alle schutzbedürftigen Minderjährigen nicht nur anerkannt, sondern in einer sehr anerkennenswerten Weise auch erfüllt. Neben dem Jugendamt gibt es noch eine weitere Form einer Berufsvormundschaft, nämlich die sog. Vereinsvormundschaft. Es sind somit zu unterscheiden: 1. die Einzelvormundschaft, 2. die Amtsvormundschaft, 3. die Vereins Vormundschaft. 177
§ 23 III 2
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
Bei der Amtsvormundschaft wiederum wird unterschieden zwischen der gesetzlichen Amtsvormundschaft und der bestellten Amtsvormundschaft. Gesetzliche Amtsvormundschaft: Mit der Geburt eines nichtehelichen Kindes, das (z. B. wegen Minderjährigkeit der Mutter) eines Vormundes bedarf, wird das Jugendamt Vormund (es sei denn, daß bereits vor der Geburt ein Vormund bestellt worden ist), § 1 7 9 1 c l , 1. Ergibt sich erst später aus einer gerichtlichen Entscheidung, daß das Kind nichtehelich ist und bedarf das Kind dann eines Vormundes, so wird das Jugendamt in dem Zeitpunkt Vormund, in dem die Entscheidung rechtskräftig wird, § 1791 c 1,2. Bestellte Amtsvormundschaft: Das Jugendamt kann zum Vormund eines Minderjährigen bestellt werden, wenn kein geeigneter anderer Vormund vorhanden ist, § 1791b I, 1. Vereinsvormundschaft: Rechtsfähige Vereine (z.B. Vereinigungen für Jugendwohlfahrt, karitative und konfessionelle Vereinigungen) können zum Vormund bestellt werden, wenn sie vom Landesjugendamt hierzu für geeignet erklärt worden sind, § 1791a I, 1. Im Jahre 1976 standen 74 508 Minderjährige unter Amtsvormundschaft. Davon waren 60 % nichtehelich.
III. Die Begründung der Vormundschaft über Minderjährige 1. Das
Bestellungsprinzip
Nach der - ursprünglichen - Regelung des B G B tritt eine Vormundschaft nicht kraft Gesetzes ein und auch nicht - wie im römischen und im mittelalterlichen deutschen Recht - kraft testamentarischer Anordnung, sondern allein kraft einer richterlichen Bestellung. Von diesem sog. Bestellungsprinzip gibt es seit dem Jugendwohlfahrtsgesetz die bereits genannte Ausnahme der gesetzlichen Amtsvormundschaft des Jugendamtes; vgl. jetzt § 1791c. 2. Das Vormundschaftsgericht hat - abgesehen von den Fällen der gesetzlichen Amtsvormundschaft - den Vormund auszuwählen, ist aber in der Wahl nicht völlig frei. Bestimmte Personen sind von vornherein unfähig (z.B. Geisteskranke oder Entmündigte, § 1780), andere sollen nicht zum Vormund bestellt werden, nämlich die sog. Untauglichen (Minderjährige, der Gemeinschuldner während der Dauer des Konkurses, wer durch letztwillige Anordnung der Eltern des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist, §§ 1781, 1782). Aber auch aus dem Kreis der danach Tauglichen kann das Vormundschaftsgericht regelmäßig nicht frei den wählen, der ihm am geeignetsten erscheint, sondern muß die Ansprüche gewisser Personen auf Bestellung zum Vormund berücksichtigen, falls dadurch nicht das Interesse des Mündels gefährdet wird. Das Gesetz spricht hier von einer Berufung zur Vor178
Die Vormundschaft
§ 2 3 IV 1
mundschaft. Als Vormund ist berufen, wer von den Eltern des Mündels als Vormund benannt ist (§ 1776). Die Benennung muß durch letztwillige Verfügung erfolgen, § 1777. Erst wenn kein Berufener vorhanden ist, wählt das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Jugendamts frei eine geeignete Persönlichkeit aus - unter möglichster Berücksichtigung von Verwandten und Verschwägerten, sowie der Konfession des Mündels, § 1779. 3. Wer vom Vormundschaftsgericht als Vormund ausgewählt worden ist, hat die Vormundschaft grundsätzlich zu übernehmen, § 1785. Die Gründe, aus denen die Übernahme einer Vormundschaft abgelehnt werden kann, sind im Gesetz in § 1786 aufgezählt (z.B. Vollendung des 60. Lebensjahres, Belastung durch eigene Kinder). 4. Die Bestellung des Vormundes erfolgt durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft, § 1789. Nach der Bestellung erhält der Vormund die sog. Bestallung, d. h. eine öffentliche Urkunde des Vormundschaftsgerichts über sein Amt, § 1791. Die Bestallung dient dazu, daß sich der Vormund im Rechtsverkehr und bei der Führung von Rechtsstreitigkeiten ausweisen kann. 5. In der Regel wird für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur ein Vormund bestellt. Mehrere Vormünder (Mitvormünder) soll das Vormundschaftsgericht nur dann bestellen, wenn besondere Gründe (z.B. eine besonders schwierige und umfangreiche Vermögensverwaltung) eine solche Bestellung nahelegen, § 1775. Vom Mitvormund zu unterscheiden ist der Gegenvormund. Ein Gegenvormund soll immer dann bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist. Ist das Jugendamt Vormund, so kann kein Gegenvormund bestellt werden, § 1792.
IV. Die Führung der Vormundschaft 1. Der Wirkungskreis des Vormundes im allgemeinen Der Vormund soll Elternstelle beim Mündel vertreten. Seine Sorge hat daher im wesentlichen den gleichen Inhalt wie die elterliche Sorge. „Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu vertreten", heißt es in S 1793. Anders als die Eltern haftet der Vormund dem Mündel gegenüber nicht bloß für die Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten, sondern für jede 179
§ 23 IV 2
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
Fahrlässigkeit, § 1833. Seine Pflichtverletzung ist als solche keine unerlaubte Handlung, sondern die Verletzung eines durch die Bestellung begründeten gesetzlichen Dauerschuldverhältnisses. Hat sich der Vormund zur Erfüllung seiner Pflichten der Unterstützung dritter Personen bedient, so ist zu unterscheiden: Hätte der Vormund selbst tätig werden müssen, handelt es sich m. a. W. um eine Angelegenheit, die den persönlichen Einsatz des Vormunds erforderte, so haftet er für jeden Schaden, den die Hilfsperson anrichtet, gleichgültig, ob diese ein Schuldvorwurf trifft oder nicht. Hätte der Vormund auch selbst tätig werden können, so haftet er für ein Verschulden der Hilfsperson nach § 278. Handelt es sich dagegen um Aufgaben, deren Erfüllung vom Vormund nicht erwartet werden konnte (ärztliche Behandlung, Durchführung eines Rechtsstreits), so haftet der Vormund nur für ein Verschulden bei der Auswahl der Hilfsperson oder ihrer Überwachung. 2. Die Sorge für die Person Die Personensorge umfaßt die gleichen Angelegenheiten und hat den gleichen Inhalt wie die der Eltern, § 18001 i. V. mit §§ 1631-1633. Sie umfaßt also das Recht und die Pflicht, den Mündel zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen, § 1631 I. Auf Antrag hat das Vormundschaftsgericht den Vormund in geeigneten Fällen zu unterstützen, § 1631 III. Längere Zeit umstritten war die Frage, ob das Aufenthaltsbestimmungsrecht den Vormund berechtigt, den Mündel in einem geschlossenen Heim oder einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Die Praxis hatte gegen eine solche Unterbringung zunächst keine Bedenken. Das BVerfG erblickte darin aber einen Verstoß gegen Art. 104 II G G ; BVerfGE 10, 302. Die Folge dieses Beschlusses ist § 1800 II: Eine Unterbringung des Mündels, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nun nur noch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. A u s welchen Gründen die Unterbringung erfolgt, ob zu Heil- oder Pflegezwecken oder nur aus erzieherischen Gründen, spielt dabei keine Rolle; Str., a. A . Soergel-Germer, § 1800 Bern. 9.
Das Sorgerecht umfaßt an sich auch das Recht, über die religiöse Erziehung des Mündels zu bestimmen. Regelmäßig obliegt dem Vormund aber nicht die Bestimmung der Religion, sondern nur die Durchführung der religiösen Erziehung. Meist wird er dem gleichen Bekenntnis wie der Mündel angehören. Gehört er einem anderen Bekenntnis an, so kann ihm die Sorge für die religiöse Erziehung entzogen werden, § 1801 I. Zur Erstbestimmung der Religion bedarf er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 3 II, 2 RKEG. Auf das religiöse Bekenntnis oder die Weltanschauung des Mündels und seiner Familie ist auch dann Rücksicht zu nehmen, 180
Die Vormundschaft
§ 2 3 IV 4
wenn das Jugendamt oder ein Verein als Vormund über die Unterbringung des Mündels entscheidet, § 1801 II. 3. Die Sorge für das
Vermögen
Auch die Vermögenssorge des Vormunds hat grundsätzlich den gleichen Inhalt wie die der Eltern. Ihr Zweck ist Erhaltung des Vermögens und nutzbringende Verwertung im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung. Geld, das zum Vermögen des Mündels gehört, muß der Vormund verzinslich anlegen, § 1806. Die Art der Anlage ist dem Vormund nicht völlig freigegeben. Es ist ihm vielmehr eine sog. mündelsichere Anlage vorgeschrieben. Das B G B zählt in § 1807 die zugelassenen Anlegungsarten auf, beläßt aber dem Landesrecht einen gewissen Spielraum zur näheren Bestimmung und Ergänzung. Als mündelsicher sind z . B . anerkannt Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht (Pfandbriefe!), Staatsanleihen und die Anlage bei einer öffentlichen Sparkasse. Ein Grundpfand gilt im allgemeinen als mündelsicher, wenn die Belastung ein Halb bis zwei Drittel des Grundstückswertes nicht übersteigt; vgl. Soergel-Germer, § 1807 Bern. 6. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormund eine andere Anlegung als die gesetzlich angeordnete gestatten. Die Erlaubnis soll nur verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde, § 1811. Das Vormundschaftsgericht muß also prüfen, ob die vom Vormund beabsichtigte Anlage der vom Gesetz vorgeschriebenen gleichwertig ist, d.h. die gleiche Sicherheit und die gleichen wirtschaftlichen Vorteile bietet. Nicht notwendig ist, daß die beabsichtigte Anlage für den Mündel vorteilhafter ist als die gesetzlich vorgeschriebene. So ist z. B. die Anlage von Mündelgeld bei einer Großbank zu gestatten, da diese Anlage der Anlage bei einer Sparkasse gleichwertig ist.
4. Der
Genehmigungszwang
a) Der Selbständigkeit des Vormunds sind für zahlreiche Rechtsgeschäfte Schranken dadurch gezogen, daß er zu ihrer Vornahme die Genehmigung eines Gegenvormunds oder des Vormundschaftsgerichts einholen muß. Der Ausdruck Genehmigung umfaßt dabei sowohl die vorherige wie die nachfolgende Zustimmung. Das Erfordernis der Genehmigung ist regelmäßig i.S. einer Beschränkung der Vertretungsmacht des Vormunds vorgeschrieben; für Rechtsgeschäfte, denen die erforderliche Genehmigung fehlt, gelten ähnliche Regeln wie für Rechtsgeschäfte, die ein Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommen hat, §§ 1829-1831. Gleichgültig ist es für das Erfordernis der Genehmigung, ob der Vormund selbst handelt oder nur seine Zustimmung zu einem vom Mündel vorgenommenen Rechts-
181
§ 23 IV 4
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
geschäft gibt; sonst wäre die Umgehung des Genehmigungszwangs ohne weiteres möglich. Einer Umgehung auf dem Umweg über § 110 beugt § 1824 ausdrücklich vor, indem er bestimmt, daß der Vormund Gegenstände, zu deren Veräußerung eine Genehmigung erforderlich ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines vom Mündel geschlossenen Vertrages oder zur freien Verfügung überlassen darf.
b) Die Genehmigung eines Gegenvormundes (oder des Vormundschaftsgerichts) ist erforderlich zur Verfügung über die zum Kapitalvermögen (im Gegensatz zum Grundstücksvermögen) des Mündels gehörigen Ansprüche; über bewegliche Sachen des Mündels kann der Vormund - abgesehen von Geld und Wertpapieren - grundsätzlich frei verfügen, § 1812. Die Konsequenzen sind merkwürdig: Der Vormund kann danach bewegliche Sachen des Mündels ohne die Genehmigung des Gegenvormundes verkaufen und übereignen. Will er dagegen die Kaufpreisforderung einziehen (die Einziehung ist nach h. M. eine Verfügung), so braucht er die Genehmigung, es sei denn, daß der Betrag 300 D M nicht übersteigt (§ 1813).
c) Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist vorgeschrieben sowohl für bestimmte Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die die Person des Mündels betreffen, als auch für alle wichtigeren Rechtsgeschäfte, die sein Vermögen angehen. Von den die Person betreffenden Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen seien genannt etwa die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes (§ 640b Z P O ) , die Bestimmung über die religiöse Erziehung des Kindes (§ 3 II R K E G ) , der Antrag, den Mündel aus der deutschen Staatsangehörigkeit zu entlassen (§ 19 I RuStAG). Die Vermögensverwaltungsgeschäfte, die das Vormundschaftsgericht genehmigen muß, sind im wesentlichen in den §§ 1821 und 1822 aufgezählt. Zu den Rechtsgeschäften, zu denen auch die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfen (s. o. § 1 9 1 , 4 ) , treten vor allem hinzu Pachtverträge über ein Landgut oder über einen gewerblichen Betrieb, sowie Lehr-, Dienst- oder Arbeitsverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden. Das Vormundschaftsgericht erteilt die Genehmigung gegenüber dem Vormund, nicht gegenüber dem Mündel und auch nicht gegenüber dem Dritten, § 1828. Dem Dritten gegenüber wird die Genehmigung erst wirksam, wenn sie ihm vom Vormund mitgeteilt wird oder der Vormund dem Dritten gegenüber aufgrund der Genehmigung das Rechtsgeschäft vornimmt. Die Mitteilung der Genehmigung steht im Belieben des Vormundes. Der Vormund kann damit das Wirksamwerden eines Vertrages verhindern, obgleich das Vormundschaftsgericht ihm gegenüber die Genehmigung erklärt hat; vgl. R G Z 130, 151. Persönlich belangen - als falsus procurator analog § 179 - kann der Dritte den Vormund nur dann, wenn dieser bei dem Abschluß eines Vertrages der Wahrheit zuwider behauptet hat, das Vormundschaftsgericht habe die Genehmigung bereits
182
Die Vormundschaft
§ 23 IV 5
erteilt; vgl. Döüe\\,% 128 VI, 6ccc;a. A. (§ 179 ist nicht anwendbar; die §§ 1829ff. enthalten eine Sonderregelung) Staudinger-Engler, § 1830 Anm. 11.
5. Ausschluß der Vertretungsmacht Die Vertretungsmacht des Vormundes ist in einer Reihe von Fällen ausgeschlossen: Sie umfaßt nicht die Rechtsgeschäfte, für die der Mündel die Stellung eines unbeschränkt Geschäftsfähigen hat, § 112, 113. Sie erstreckt sich nicht auf die Angelegenheiten, für die ein Pfleger bestellt ist, § 1794. Wegen der Gefahr einer Interessenkollision ist dem Vormund das Selbstkontrahieren nur im Rahmen des § 181 gestattet, § 1795 II. Er darf also nicht im Namen des Mündels mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft vornehmen, außer wenn es ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (oder keine Gefahr einer Interessenkollision besteht; s. o. § 19 I, 2a). Er darf darum auch mehrere Mündel nicht vertreten, wenn sie miteinander ein Rechtsgeschäft vornehmen, z.B. einen Gesellschaftsvertrag schließen wollen. Auch das Geriebt kann ein Selbstkontrahieren nicht gestatten. Das führt z.B. bei der Erbauseinandersetzung zwischen Geschwistern (für die ja nur ein Vormund bestellt wird, § 1775) oft zu einer wahren Pflegerhäufung. Das ist zwar unpraktisch, aber eine unabweisbare Folge des geltenden Rechts; vgl. Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 17.
Außerdem entzieht § 1795 I Nr. 1 u. 3 dem Vormund ausdrücklich die Vertretungsbefugnis für Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und den nächsten Angehörigen des Vormundes — mit Ausnahme der Erfüllungsgeschäfte. Weiter ist dem Vormund die Vertretungsmacht entzogen, wenn er selbst der Schuldner des Mündels aus einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung ist und es sich um die Übertragung oder Belastung dieser Forderung oder um die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheiten handelt, § 1795 I Nr. 2. Endlich kann das Vormundschaftsgericht auch in anderen Fällen dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen, wenn das Interesse des Mündels in erheblichem Gegensatz steht zum Interesse des Vormundes oder eines von ihm vertretenen Dritten oder seines Gatten oder eines seiner Verwandten in gerader Linie, § 1796. Nimmt der Vormund trotz Ausschluß der Vertretungsmacht ein Rechtsgeschäft vor, so beurteilen sich die Rechtsfolgen regelmäßig nach den §§ 177ff. Einseitige Rechtsgeschäfte sind schlechthin nichtig, Verträge können durch Genehmigung eines Pflegers - und, soweit sie rein vorteil183
§ 23 VI 1
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
haft sind, durch die des Mündels selbst - wirksam werden. Gegebenenfalls haftet der V o r m u n d als falsus procurator nach § 179. Läßt der Sachverhalt klar ersehen, daß der Vormund die Vertretungsmacht zu seinem eigenen Nutzen oder zu dem eines anderen mißbraucht, so ist zwar die Vertretungsmacht nicht ausgeschlossen, doch kann der Dritte, der diese mißbräuchliche Ausnutzung erkannt hat oder bei einiger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, sich wegen seines unlauteren Verhaltens auf die Vertretungsmacht nicht berufen, d. h. aus dem Rechtsgeschäft keine Rechte herleiten; vgl. R G Z 52, 99; 71, 222; 75, 301; noch weitergehend R G Z 85, 353.
V. Ende der Vormundschaft 1. D i e V o r m u n d s c h a f t endet mit Wegfall ihrer Voraussetzungen (§ 1882), ohne daß grundsätzlich ein besonderer A u f h e b u n g s a k t nötig wäre - also: a) mit dem T o d des M ü n d e l s ; b) mit der Volljährigkeit des M ü n d e l s ; c) mit Eintritt oder Wiedereintritt der elterlichen Sorge. Beispiele: Annahme als Kind (§ 1754), Legitimation durch Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters, § 1736. Für die Legitimation durch nachfolgende Ehe trifft § 1883 eine Sonderregelung: Die Vormundschaft endet erst dann, wenn ihre Aufhebung vom Vormundschaftsgericht angeordnet wird; denn hier muß zunächst geprüft werden, ob die Legitimationswirkungen auch wirklich eingetreten sind. Bei einer Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes gilt dagegen wieder die Regel obgleich § 1740 f. das Kind einem durch nachfolgende Ehe legitimierten Kind gleichstellt. Hier steht nämlich mit der Ehelicherklärung die Legitimationswirkung fest. D i e Vormundschaft endet ferner, wenn das Ruhen der elterlichen Sorge aufhört (die minderjährige unverheiratete oder verwitwete Mutter z . B . volljährig wird) oder das Vormundschaftsgericht einem Elternteil die Vertretungsmacht, die es ihm entzogen hatte, wieder zurücküberträgt. 2. Das Amt des Vormundes
endet
a) ohne weiteres mit d e m T o d oder der Entmündigung des V o r m u n d e s , § 1885; b) mit der Entlassung des V o r m u n d e s durch das Vormundschaftsgericht, § 1886 ff.
VI. Die Vormundschaft über Volljährige 1. Ein Volljähriger erhält nur dann einen V o r m u n d , wenn er digt ist, § 1896. 184
entmün-
Die Pflegschaft
§ 24 II 2
2. Grundsätzlich finden auf die Vormundschaft über Volljährige die Vorschriften über die Vormundschaft über Minderjährige Anwendung, § 1897. Zu den Abweichungen vgl. §§ 1898ff.
§ 24. Die Pflegschaft I. Begriff und Aufgabe Die Pflegschaft ist vormundschaftsähnliche Fürsorge mit begrenzterem Aufgabenkreis. Sie soll folgende Aufgaben erfüllen: 1. Ergänzung der elterlichen oder vormundschaftlichen Fürsorge in solchen Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind. 2. Hilfeleistung und Interessenschutz in solchen Fällen, in denen - weil es nur um einen begrenzten Aufgabenkreis geht - ein Vormund nicht bestellt wird oder bestellt zu werden braucht. 3. Vorläufiger Schutz in den Fällen, in denen eine Vormundschaft notwendig, ein Vormund aber noch nicht bestellt ist. 4. Schutz der Interessen unbekannter Beteiligter.
II. Arten der Pflegschaft Entsprechend den verschiedenen Aufgaben der Pflegschaft gibt es mehrere Arten einer Pflegschaft. 1. Die
Ergänzungspflegschaft
Wer unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger, § 1909 I. Beispiel: Der Vormund will mit dem Mündel einen Kaufvertrag schließen (§S 1795 II, 181).
2. Die Gebrechlichkeitspflegschaft Eine Gebrechlichkeitspflegschaft kann für einen Volljährigen bestellt werden, der infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag. § 1910 unterscheidet zwei Fälle: a) Jemand kann infolge körperlicher Gebrechen, insbesondere, weil er taub, blind oder stumm ist, seine Angelegenheiten nicht besorgen, § 19101. b) Jemand kann infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen einzelne seiner Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten nicht besorgen, § 1910 II. 185
§ 24 II 5
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
In beiden Fällen braucht keine Vormundschaft bestellt zu werden: im ersten Fall deswegen nicht, weil körperliche Gebrechen allein eine Entmündigung nicht rechtfertigen, im zweiten Fall deswegen nicht, weil ein Fürsorgebedürfnis nur für einzelne Angelegenheiten besteht. Wichtig ist § 1910 III: Die Pflegschaft darf nur mit Einwilligung des Gebrechlichen angeordnet werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist. Nicht möglich ist eine Verständigung in der Regel dann, wenn der Pflegebedürftige geschäftsunfähig ist (beachte: Wer geisteskrank ist, ist geschäftsunfähig, auch wenn er nicht entmündigt ist, § 112 Ziff. 2). Wird die Pflegschaft ohne Einwilligung des Pflegebedürftigen angeordnet, so spricht man von einer Zwangspflegschaft. Die Zwangspflegschaft vertritt in der Praxis nicht selten die Entmündigung. Dieser gegenüber hat sie den Vorteil, daß sie weniger in die Sphäre des Betroffenen eingreift (Entmündigung ist ein „Makel"), außerdem flexiblere und schnellere Überprüfungs- und Abänderungsmöglichkeiten bietet als etwa das Anfechtungs- und Aufhebungsverfahren im Entmündigungsprozeß. Der Pflegling hat Anspruch auf rechtliches Gehör und ein selbständiges Beschwerderecht sowohl gegen die Anordnung der Pflegschaft als auch gegen die Verweigerung ihrer Aufhebung; vgl. BGH NJW 1978, 992. Da die Pflegschaft auf die Geschäfts- und Prozeßfähigkeit des Pfleglings keinen Einfluß hat, bleibt dieser neben dem Pfleger handlungsfähig; der Pfleger hat die Stellung eines vom Staat ernannten Bevollmächtigten. Ist freilich der Pflegling geschäftsunfähig, dann hat der Pfleger die Stellung eines gesetzlichen Vertreters; vgl. BGH, FamRZ 1967, 620. 3. Die vorläufige Pflegschaft Eine vorläufige Pflegschaft wird dann angeordnet, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, der Bestellung eines Vormundes aber noch Hindernisse im Wege stehen, § 1909 III. 4. Die Abwesenheitspflegschaft Ein Abwesenheitspfleger wird bestellt für einen Abwesenden, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder der an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist, § 1911. 5. Die Pflegschaft für eine Leibesfrucht Eine Leibesfrucht erhält zur Wahrung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger, § 1912 I, 1. In Betracht kommen hier vor allen Dingen erbrechtliche Ansprüche. Man denke etwa an den Fall, daß das erzeugte, aber noch nicht geborene Kind als Nacherbe ein186
Die Pflegschaft
§ 24 II 6
gesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist. Vgl. in diesem Zusammenhang die §§ 1923 II, 2108 I, 2 1 1 4 f f . , 2 1 4 7 f f . Auch wenn die Voraussetzungen des § 1912 1 , 1 nicht vorliegen, kann - auf Antrag des Jugendamtes oder der werdenden Mutter - ein Pfleger bestellt werden, wenn anzunehmen ist, daß das Kind nichtehelich geboren wird, § 1912 I, 2. Das geschieht etwa dann, wenn der nichteheliche Vater schon vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft anerkennt (§ 1600 b II), wozu das Gesetz die Zustimmung des Kindes verlangt (§ 1600 c).
Ein Pfleger wird nicht bestellt, wenn die Rechte der Leibesfrucht von den Eltern wahrgenommen werden können, d.h. in den Fällen, in denen den Eltern die elterliche Sorge zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre, § 1912 II. 6. Die Pflegschaft für unbekannte oder ungewisse Beteiligte Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer bestimmten Angelegenheit der Beteiligte ist, so kann dem Beteiligten für diese Angelegenheit, soweit ein Fürsorgebedürfnis besteht, ein Pfleger bestellt werden, § 1913. Beispiel: Jemand setzt die Kinder seines Bruders als Erben ein. Der Bruder ist z.Z. des Erbfalls zwar verheiratet aber noch kinderlos. In diesem Fall ist gem. § 2101 im Zweifel anzunehmen, daß die Kinder als Nacherben eingesetzt sind. Der Nachlaß fällt zunächst an die gesetzlichen Erben, § 2105. Zur Wahrung der Interessen der noch nicht gezeugten Kinder kann gem. § 1913 ein Pfleger bestellt werden.
187
Sachregister (Die Zahlen verweisen auf die Paragraphen des Buches und deren Unterabschnitte)
A Abfindung des nichtehelichen Kindes 20 VII 2 Absolute Veräußerungsverbote für Ehegatten 11 IV 1, 4 Abstammung 16; als Grundlage der Verwandtschaft 1 I I I ; eheliche A. 161; nichtehelicheA.1611; Klage auf Feststellung der blutmäßigen A. 16 II 1; Rechtswirkungen im persönlichen Bereich 17 II Abwesenheitspflegschaft 24 II 4 Adoption (s. Annahme als Kind) Adoptionsdekret 22 II 5 Adoptiwerwandtschaft als Eheverbot 5V 3 Änderungen des Familienrechts 1 III 2 Alleinbesitz der Ehegatten 11 III 4 Allgemeine Gütergemeinschaft 11 I Altersvormundschaft 23 I Amtsvormundschaft 19 III 2; 23 II Anerkennung der Vaterschaft 16 II 2 Anfangsvermögen 12 I 2, 3, 7 Anfechtung der Ehe 5 III 1; der Ehelichkeit eines Kindes 16 I 3; der Anerkennung eines Kindes 1 6 I I 2 ; 2 1 I 4 Anfechtungsklage 16 I 3 Angehörige i. S. des StGB, Verwandte 1 II 3; Ehegatten 7 II 2; Verlobte 2 III 2 Anlage von Geld des Kindes 19 I 3; 19 IV 3; des Mündels 23 IV 3 Annahme als Kind 22; Begriff - Allgemeines 22 I; Annahme Minderjähriger 22 II; Voraussetzungen auf seiten des Annehmenden 22 II 1; Einwilligungen 22 II 2; Verzicht auf Einwilli-
gungen und ihre Ersetzung 22 II 3; Annahmebeschluß 22 II 5; Wirkungen der Annahme 22 II 6; Aufhebung des Annahmeverhältnisses 22 II 7; Annahme Volljähriger 22 III Anstandsschenkung des Kindes oder aus dem Vermögen des Kindes 1 9 1 2 Antrag auf Feststellung der Nichtehelichkeit 16 I 3 Arbeitspflicht des hausangehörigen Kindes 17 III 1 Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten 7 I V 5; 7 V 2; zwischen Eltern und Kind 17 III 1 Arglistige Täuschung als Eheaufhebungsgrund 5 III 1, 4 Aufenthaltsbestimmungsrecht 18 VI 1, 4 Aufgebot 4 II 3 Aufhebbarkeit der Ehe 5 III Aufhebung der Ehe 6 II; der ehelichen Gemeinschaft 14 III 1; des Adoptionsverhältnisses 22 II 7 Auflösung der alten Ehe bei irriger Todeserklärung durch Wiederverheiratung 5 II 1 Aufsichtsrecht und -pflicht der Eltern 18 VI 1, 3; des Vormundschaftsgerichts 19 IV; des Vormunds 23 IV 2 Aufstockungsanspruch 15 I 2 Auftragsverhältnis zwischen Ehegatten 7 IV 5; 7 VI; 8 II 2; 11 III 3 Aufwendungen für den elterlichen Haushalt 17 III 2 Ausbildung des Kindes, Anspruch auf Mittel für angemessene A. des Stiefkindes 12 II 4; Mitspracherecht des 189
Sachregister Kindes 18 IV; Bestimmung und Überwachung 18 VI 1; Kosten 20 V 1 Auseinandersetzungszeugnis, Fehlen als Eheverbot 5 V 5 Ausgleich des Zugewinns (s. Zugewinnausgleich) Ausgleich für geleistete Mitarbeit (s. Entgelt) Auskunftspflicht der Ehegatten 7 IV 2; 11 III 1; 12 I 3, 4 Ausländer, Eheschließung 4 II 1 Ausschlagung einer Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten 12 II 2; durch die Eltern 19 I 3 Ausschluß der Vertretungsmacht der Eltern 19 12; des Vormundes 23 IV 5 Ausschluß des Zugewinnausgleichs (s. Zugew inn ausgleich) Ausschöpfungslehre 11 IV 1 Ausstattung 17 IV 3, 4 Ausstattungsversprechen 17 IV 3; 17 V Aussteuer 17 IV 2, 3 Auswahl des Vormundes 23 III 2 B Beaufsichtigung (s. Aufsichtsrecht) Bedürftigkeit als Voraussetzung des Ausbildungsanspruchs der Stiefkinder 12 II 4; als Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs unter Verwandten 20 II 1 Beerdigungskosten 20 V 7 Befreiung von Eheverboten 5 II 2; 5 V 1 , 4 Beiwohnung, Beweis 16 II 3 Beiwohnungsvermutung 16 I 2 Bereicherungsanspruch bei Auflösung des Verlöbnisses 2 V; bei Auflösung der Ehe 7IV 5; zur Sicherung des Zugewinnausgleichs 12 14; wegen geleisteter Dienste 2 V; 17 III 1; 17 V Berichtigung des Grundbuchs bei der Gütergemeinschaft 13 II 2 Berufstätigkeit, Recht auf B. 7 IV 4 Berufsvormundschaft 23 II Berufswahl 18 IV 190
Berufung zur Vormundschaft 23 III 2 Besitz an Hausrat und Ehewohnung 7 III 1; 11 III 4 Besitzrecht der Eltern am Kindesvermögen 18 VIII Bestallung des Vormundes 23 III 4 Bestandsverzeichnis 12 I 3 Bestätigung einer nichtigen Ehe 5 II 3 Bestellung des Vormundes 23 III 4; eines Mit- oder Gegenvormundes 23 III 5; eines Pflegers (s. Pflegerbestellung) Bestellungsprinzip bei der Vormundschaft 23 III 1 Bewährung der Ehe 5 III 3 Bewertungsmaßstäbe 12 I 3 Bewußtlosigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3 Bigamie als Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Blankoeinwilligung in die Adoption 22 II 2 Blutgruppengutachten 16 I 2; 16 II 3 Blutmäßige Abstammung (s. Abstammung) Blutuntersuchung 16 I 2 Blutsverwandtschaft als Eheverbot 5 II 1,2,3 Bösliches Verlassen als Scheidungsgrund 14 I 1 Brautgeschenke, Rückgabe bei Auflösung des Verlöbnisses 2 V Brautkinder 21 III 1 Brautstand 2 I 4; 2 III 1 Briefzensur 18 VI 3 Bürgschaft 19 I 3 C Consensus facit nuptias 4 1 3 D Darlehensaufnahme 19 I 3 Deliktische Schadensersatzansprüche wegen Ehestörung durch Dritte 10 II 1
Sachregister Deliktische Unterlassungsklagen 10 I 2, 4 Dienstleistungspflicht des hausangehörigen Kindes 17 III 1 Dienstvertrag zwischen Eltern und Kindern 17 III 1; 17 V Dilettantenvormundschaft 23 II Diligentia quam in suis, Haftung des Ehegatten 10 I 3; der Eltern 18 III 3 Dingliche Surrogation 11 III 2; 13 II 2; 18 VIII 2 Dispensable Eheverbote 5 II 2 Dissens bei der Eheschließung 5 12 Doppelehe, Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Doppelverdienerehe 8 II 1; 9 I 1 Dos 11 I Dotalsystem I I I Drohung als Eheaufhebungsgrund 5 III 1,5 Düsseldorfer Tabelle 20 V 1 Duldungsvollmacht 18 III 2, 3 E Ehe, Begriff 3 I; Vertrag oder Institution 312; charakteristische Merkmale 3 II Eheähnliche Gemeinschaft 3 III Eheaufhebung (s. Aufhebung) Eheband-Theorie 14 III 1 Eheberatungsstelle 14 IV 3 Ehebruch, Klage auf Unterlassung 1011 Ehefähigkeitszeugnis, Fehlen als Eheverbot für Ausländer 5 V 6 Ehegüterrecht (s. Eheliches Güterrecht) Eheherstellungsklage (s. Herstellungsklage) Ehehindernisse (s. Eheverbote) Eheliche Abstammung 16 I Eheliche Lebensgemeinschaft 3 II; 7; 14 III 1; Verpflichtung zur Herstellung der e. L. 7 III; 7 IV 2; Wegfall der Verpflichtung zur e. L. 7 III 2; vermögensrechtliche Außenwirkungen 8; Klage auf Herstellung 1011; Recht auf ungestörten Fortbestand 10 II 1
Ehelicherklärung 19 II 1; auf Antrag des Vaters 21 II; auf Antrag des Kindes 21 III Eheliches Güterrecht, Geschichte 11 I (s. auch Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung, Gütergemeinschaft) Eheliche Wohnung, Streit über Benutzung 14 III 4; s. auch Ehewohnung Ehelichkeit 16 I Ehelichkeitsanfechtung (s. Anfechtung der Ehelichkeit) Ehelichkeitsvermutung 16 I 2 Ehemündigkeit 5 V 1 Ehename 7 I 1; 15 I 1 Ehenichtigkeitsklage (s. Nichtigkeitsklage) Ehesachen 6 I 3; 6 II 3; 10 I 1; 14 IV 3 Ehescheidung 14; geschichtliche Entwicklung 14 I 1; Statistik 14 I 2; Grundstrukturen 14 II; Scheidungsvoraussetzungen 14 III; Grundtatbestand 14 III 1; Scheidungsprozeß 14 IV; Scheidungsfolgen 15 Ehescheidungsantrag 14 IV 1, 2 Eheschließung, Form, geschichtliche Entwicklung 4 I; geltendes Recht 4 II; Voraussetzungen des Zustandekommens einer Ehe 4 II 1; Nichtigkeitsgründe 4 II 2; Eheschließung durch Stellvertreter oder Boten 4 II 2; Sollvorschriften 4 II 3 Eheschließung, sachliche Voraussetzungen 5; Geschlechtsverschiedenheit 5 1 1 ; Konsens 5 1 2 ; Nichtigkeitsgründe 5 II; Aufhebungsgründe 5 III; erschöpfende Aufzählung im Gesetz 5 IV; Sollvorschriften 5 V Ehestörung durch Dritte 10 II Ehestreitigkeiten, Schlichtung durch das Vormundschaftsgericht 7 IV 1 Eheverbote 5 II 1, 2; 5 V Eheverfehlung (s. Schuldhafte E.) Ehevertrag 11 I; 13 III; 15 II 1 Ehewidriges Verhalten, Klage auf Unterlassung 10 I 1; als Indiz für das Scheitern der Ehe 14 III 1
191
Sachregister Ehewohnung, Mitbesitz jedes Ehegatten 7 III 1; 11 III 4; Verfügung über die E. 11 IV 1; Zuweisung bei einem Streit über die Benutzung 14 III 4; während des Scheidungsprozesses 14 IV 3; nach der Scheidung 14 IV 4; 15 II 2 Ehezerrüttung 14 II 1; 14 III 1, 2 Eigener Bereich der Ehegatten 7 IV 2 Eigentumsvermutungen 8 I Einbenennung 17 II 2 Eingebrachtes Vermögen I I I Einigung über die Haushaltsführung 7 IV 3 Einrede des Mehrverkehrs (s. exceptio plurium) Einrichtungsgegenstände 8 II 2 Einstweilige Anordnungen in Ehesachen während des Scheidungsprozesses 14 IV 3 Einverständliche Scheidung 14 III 3 Einwilligung, des gesetzlichen Vertreters in die Eheschließung 5 III 1, 2; 18 VI 1; des Personensorgeberechtigten in die Eheschließung 5 V 2; E. in die Ehelicherklärung 21 II 2; 21 III 2; E. in die Adoption 22 II 2 Einzeltheorie 11 IV 1, 5 Einzelvormundschaft 23 II Elterliche Sorge 18; Wesen 18 I; elterliche Sorge und Elternrecht 18 II; eigenverantwortliche Ausübung 18 III; allmählicher Abbau 18 IV; Ende 18 V; Personensorge 18 VI; Vermögenssorge 18 VIII; Schranken 191; besondere Schranken für die nichteheliche Mutter 19 II; Verhinderung der Eltern an der Ausübung 19 III; Regelung durch einstweilige Anordnung 14 IV 3; Verteilung bei Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder bei Getrenntleben der Eltern 14 IV 4; 19 V; nach der Legitimation 21 I 3; 21 II 4 Eltern-Kind-Verhältnis 17 Elternrecht 1 III 3; 18 II 192
Empfängnis vom Ehemann, offenbare Unmöglichkeit 16 I 2 Empfängniszeit 16 I 2; 16 II 3 Endvermögen 12 I 2, 3; Zurechnung zum E. 12 I 4 Entbindungskosten 20 VII 4 Enterbung des Ehegatten 12 II 2, 3 Entgelt für geleistete Mitarbeit 7 V 2 ; 17
111 1
Entscheidungskonzentration 14 IV 4 Entscheidungsrecht in der Ehe 7 IV 1 Entziehung der (Bestandteile der) elterlichen Sorge 18 V 4 Erbbiologisches Gutachten 16 I 2 Erbrecht des Ehegatten 6 I 1; 7 II 1 Erbrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs 11 II; 12 II Ergänzungspflegschaft 24 II 1 Ernstlichkeit, Mangel beim Eheschluß 5 IV Errungenschaftsgemeinschaft 11 I Ertragswert 12 I 3 Erwerbsgeschäft, Betrieb durch das Kind 19 I 2, 3; Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht 19 I 3; Beginn im Namen des Kindes 19 I 3 Erwerbstätigkeit der Ehegatten 7 IV 4 Erziehung 18 VI 1; Recht des Kindes auf E. 18 II Erziehungsanstalt 18 VI 4 Erziehungsbeistandschaft 19 IV 4 Erziehungsrecht und -pflicht der Eltern 18 VI 1 Exceptio plurium 16 II 1 F Fahrnisgemeinschaft 11 I Fakultative Zivilehe 4 1 5 Familie, Begriff 1 I Familienbuch 4 II 3 Familiengericht 14 IV 3 Familienname 7 1 1 Familienplanung 8 II 5 Familienunterhalt 7 V 1; 8 II 3; 9 11, 2; 9 112 Familienwohnung (s. Ehewohnung)
Sachregister Feststellung der Vaterschaft durch Anerkennung 16 II 1, 2; durch gerichtliche Entscheidung 16 II 3; Beseitigung im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens 16 II 3; Aufgabe des Pflegers 19 II 1 Form der Eheschließung (s. Eheschließung) Fortgesetzte Gütergemeinschaft 13 II 4 Fortsetzung der Ehe 14 I I I 1 Frauenraub 4 1 1 Freiheitsentziehung 18 VI 4 Freiwillige Erziehungshilfe 19 IV 4 Friedelehe 4 I 2 Führung des Haushalts (s. Haushaltsführung) Führung der Vormundschaft 23 IV Fürsorgeerziehung 19 IV 4 G Gebrechlichkeitspflegschaft 24 II 2 Geburtenbuch 7 1 1 Geburtsname 7 I 1; 15 I 1; 22 II 6 Geburtsurkunde 7 1 1 Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohles des Kindes 19 IV 3; eines Minderjährigen 19 I V 4; des Vermögens des Kindes 19 IV 3 Gegenstände des persönlichen Gebrauchs 8 I 2; 11 III 4 Gegenvormund 23 III 5 Geistesgestörtheit, als Ehenichtigkeitsgrund 5 II 1 Geld, Anlage 19 I 3; 23 I V 3 Geltendmachung der Nichtigkeit der Ehe 4 II 2; derNichtehelichkeit eines Kindes 16 I 3 Gemeinschaftliche Angelegenheiten der Ehegatten 7 IV 1; 7 VI Gemeinschaftliche Annahme eines Kindes 22 II 1 Gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten 11 III 2 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts 19 I 3
Genehmigungszwang für Geschäfte der Eltern 18 V I I I 1 ; 1 9 1 3 ; des Vormundes 23 IV 4 Gesamtgut 11 I ; 13 I I 1, 2; Verwaltung 13 II 3; Haftung 13 II 1, 3 Gesamthandsgemeinschaft der Ehegatten 13 I I 1 Gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten 8 II 1; 13 II 1; der Eltern 18 III 3 Gesamttheorie 11 IV 1 Geschäftsbesorgungsrecht (s. Schlüsselgewalt) Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Ehegatten 7 IV 5; 11 III 3 Geschäftsunfähigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3; eines Elternteils 19 III 1 Gescheiterte Ehe 14 II 1; 14 III 1 Geschenke während des Verlöbnisses 2 V Geschlechtsgemeinschaft, Verpflichtung zur G . 7 III 1 Geschlossene Anstalt 18 VI 4 Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten 7 IV 5; 7 V 2; 7 V I ; zwischen Eltern und Kindern 17 III 1; 17 V Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten, Erhöhung um ein Viertel des Nachlasses 11 II; 12 II Gesetzliches Ehegüterrecht 11 (s. Zugewinngemeinschaft) Gesetzliche Vertreter, Eltern 18 I ; Vormund 23 IV 1; s. auch Vertretungsmacht Getrenntleben der Ehegatten 7 III 2, 3; 9 II; 14 II 2; 14 III 1, 2; 14 IV 3 Grad der Verwandtschaft 1 II 1 Großer Pflichtteil 12 II 2, 3 Großfamilie 1 I Grundgesetz, Schutz von Ehe und Familie 1 III 3 Grundstücksgeschäfte, Genehmigungszwang bei der Vermögensverwaltung der Eltern 19 I 3; des Vormunds 23 IV 4 Gute Sitten (s. Sittenwidrigkeit)
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Sachregister Gütergemeinschaft 13 II; Gütermassen 13 II 2; Ende 13 II 4; Fortsetzung 13 II 4 Güterrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs 11 II; 12 I 2; 12 II 2, 3 Güterrechtlicher Ausgleichsanspruch (s. Zugewinnausgleich) Güterrechtsregister 8 II 4; 13 IV Gütertrennung 11 I; 13 I H Härteklausel 14 III 5; 15 I 2; 15 II 1 Häusliche Gemeinschaft 7 III 1; 14 III 1, 2 Häusliche Trennung 14 III 1, 2 Häuslicher Wirkungskreis (Schlüsselgewalt) 8 II 3 Haftung des Gesamtguts 13 II 1, 3 Haftungsmaßstab für die Haftung der Ehegatten 10 I 3; der Eltern 18 III 3; des Vormundes 23 IV 1 Halbbürtige Verwandtschaft 1 II 1 Handelsgeschäft (s. Erwerbsgeschäft) Handschuhehe 4 II 2 Hausfrauenehe 7 I V 3, 4; 8 II 1; 9 11, 2 Haushaltsführung 7 I V 3; 7 V 2; 9 1 1 , 2 , 4 Haushaltsgegenstände (s. Hausrat) Haushaltsgeld 9 I 1, 4; 10 I 3 Hausrat, Miteigentum der Ehegatten 11 III 2; Mitbesitz 11 III 4; zustimmungsbedürftige Verpflichtungsund Verfügungsgeschäfte 11 IV 1; Benutzung während des Scheidungsprozesses 14 IV 3; Verteilung nach der Scheidung 14 IV 4; 15 II 2 Hausstand, Folgen der Zugehörigkeit zum elterlichen H. 17 III Heilung nichtiger Ehen 5 II 3 Heimliche Ehen 4 1 3 Heimunterbringung 18 VI 4 Heiratsbuch 4 II 3 Herausgabe der Brautgeschenke 2 V Herausgabe des Kindes 18 VI 4 Herstellungsklage 7 IV 3; 10 I 1, 4
194
Hilfspflichten und Hilfeleistungen zwischen Eltern und Kindern 17 IV Hochschulstudium, Finanzierung durch die Unterhaltspflichtigen 20 V 1 I Immaterieller Schaden, Anspruch auf Ersatz bei grundlosem Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV 3 Impotenz, Eheaufhebungsgrund 5 III 3 Indispensable Eheverbote 5 II 2 Inkognito-Adoption 22 II 2 Innengesellschaft 7 V 2 In praeteritum non vivitur 20 V 4 Institutionenlehre 3 1 2 Interessenkollision 19 I 2; 23 IV 5 Inventarisierung des Kindesvermögens 19 I 3 Irrtum beim Eheschluß 5 III 1, 3 Ist-Vaterschaft 16 II 1
J Jugendamt, Anrufung 19 IV 1; J. als Pfleger eines nichtehelichen Kindes 19 II 3; J. als Amtsvormund 23 II K Kaufehe 4 I 1 Kinder, Verteilung nach der Scheidung (s. elterliche Sorge) Kindesvermögen, Verwendung der Einkünfte 18 V I I I 3 ; Inventarisierung 19 I 3; Gefährdung 19 IV 3 Kindeswille 18 IV Kindeswohl, Gefährdung 19 IV 3 Kirchliche Eheschließung 4 1 5 Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens 10 I 1, 4 Kleiner Pflichtteil 12 II 2, 3 Kleinfamilie 1 I Konkubinat (s. Eheähnliche Gemeinschaft) Konkurs eines Elternteils 18 VIII 4
Sachregister Kontrolle der Vermögensverwaltung der Eltern 19 I 3 Konzil von Trient 4 1 3 Kranzgeld 2 IV 3 Kreditaufnahme, Genehmigungspflicht 19 I 3 L Lebensbedarf 8 II 3, 5; 15 I 2; 20 V 1 Lebensgemeinschaft (s. eheliche L.) Legitimation, durch nachfolgende Ehe 211; durch Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters 21 II; durch Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes 21 III Legitimatio, per subsequens matrimonium 21 I 1; per rescriptum principis 22 II 1 Leibesfrucht, Pflegschaft für eine L. 24 115 Leistungsfähigkeit als Voraussetzung der Unterhaltspflicht unter geschiedenen Ehegatten 15 I 2; unter Verwandten 20 II 2 Leistungsverweigerungsrecht 11 III 1 Literatur zum Familienrecht 1 IV
M Mangel der Ernstlichkeit beim Eheschluß 5 IV Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts zum Schutze des Kindes 19 IV Matrimonium non existens 4 II 1 Mehrverkehrseinrede (s. exceptio plurium) Mentalreservation 5 IV Mischgüterstände 13 III 3 Mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge 19 IV 3 Mißbrauch des Rechts auf eheliche Lebensgemeinschaft 7 III 2 Mißhandlung des Kindes 19 IV 3 Mitarbeit im Beruf oder Geschäft des anderen Gatten 7 V ; 7 VI; im elterlichen Hauswesen oder Geschäft 17 III 1
Mitbesitz der Ehegatten an Hausrat und Ehewohnung 7 III 1; 11 III 4 Miteigentum der Ehegatten 7 I V 5; 7 VI; 8 II 2; 11 III 2 Mitentscheidungsrechte des Kindes 18 IV Mitgift 17 IV 4 Mitvormund 23 III 5 Morgengabe 4 1 1 Mündelsichere Anlage von Geld durch den Vormund 23 IV 3 Munt 18 I Muntschatz 4 1 1
N Nacherbe, Pflegerbestellung für den N . 24 116 Nachwirkungen der Ehe zwischen den geschiedenen Gatten 15 I Name des geschiedenen Ehegatten 15 I 1; des Kindes 17 II 2; des legitimierten Kindes 2 1 1 3 ; 21 II 4; 21 III 3; des Adoptivkindes 22 II 6; (s. auch Ehename; Familienname) Natürliches Elternrecht (s. Elternrecht) Naturalverpflegung 20 V 3 Nebenabreden bei der Eheschließung 5 IV Negativattest 19 I 3 Negative Härteklausel (s. Härteklausel) Negative Publizität des Güterrechtsregisters 13 IV 3 Nichtehe 4 II 1; 6 I 3 Nichteheliche Abstammung (s. Abstammung) Nichteheliche Kinder, Geltendmachung der Nichtehelichkeit 16 I 3; Abstammung 16 II; Verwandtschaft mit dem Vater 16 II 1; Feststellung der Vaterschaft 16 II 1, 2, 3; elterliche Sorge 171; 18 III 1; Staatsangehörigkeit 17 II 1; Name 17 II 2; Wohnsitz 17 II 3; Unterhalt 20 VII; Legitimation 21; Vormundschaft 23 II Nichtehelichengesetz 16 II 1 195
Sachregister Nichtige Ehe, Nichtigkeitsgründe 4 II 2; 5 II; Notwendigkeit einer Nichtigkeitsklage 4 II 2; Heilung 5 II 3; vorläufige Wirksamkeit 6 1 1 Nichtigerklärung einer Ehe 6 I; Klageberechtigung 6 1 2 ; Verfahren 6 1 3 ; Wirkungen 6 1 4 Nichtigkeitsklage 6 I 2, 3; Abweisung wegen unzulässiger Rechtsausübung 5 II 3 Nichtigkeitsurteil 6 I 3, 5 Nießbrauchbestellung am ganzen Vermögen 13 III Nutznießung des Mannes I I I ; der Eltern 18 VIII 3 O Objektive Theorie 11 IV 1, 5 Obligatorische Zivilehe 4 1 5 öffentliche Jugendhilfe 18 II öffentlicher Glaube des Grundbuchs bei der Gütergemeinschaft 13 II 2 Operation eines Kindes 18 VI 1 P Patria potestas 18 I Personensorge 18 VI; während des Eheprozesses 14 IV 3; Ende 18 VI 5; Entziehung 18 VI 5; im Fall der Scheidung 19 V 1; für den Mündel 23 IV 2 Personensorgerecht, Einschränkung, Entziehung, Mißbrauch 19 IV 3 Persönliche Eigenschaften, Irrtum bei der Eheschließung 5 III 3 Persönlicher Umgang (s. Umgangsrecht) Persönlichkeitsrecht 8 II 5; 10 I 2; 10 II 1,2 Pfleger für nichteheliche Kinder 19 II; Anordnung des Nichteintritts der Pflegschaft, Aufhebung der Pflegschaft, Beschränkung des Wirkungskreises des Pflegers 19 II 2; (s. auch Pflegschaft) Pflegerbestellung 18 V 4 ; 18 VI 5; 19 11, 2; 19 II; 19 III 2
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Pflegschaft 24; Begriff und Aufgabe 24 I; Ergänzungspflegschaft 24 II 1; Gebrechlichkeitspflegschaft 24 II 2; vorläufige Pflegschaft 24 II 3; Abwesenheitspflegschaft 24 II 4; Pflegschaft für eine Leibesfrucht 24 II 5; Pflegschaft für unbekannte und ungewisse Beteiligte 24 II 6 Pflichtteilsanspruch der Ehegatten 7 II 1; P. und Zugewinnausgleich 12 II 2, 3 Pflichtteilsergänzung 12 II 3 Positive Billigkeitsklausel 15 I 2 Praesumptio Muciana 8 1 1 Prokuraerteilung 19 I 3 Prozeßkostenvorschuß 9 16; 10 II 3; 14 IV 3; 16 I 3; 20 V 1 Publizitätsfunktion des Güterrechtsregisters 13 IV 4
Q Quasinegatorische sprüche 10 I 2
Unterlassungsan-
R Räumlich-gegenständlicher Bereich der Ehe 10 I 2, 4; 10 II 2 Rechenschaftsablegung der Eltern 1913 Rechnungslegung der Eltern 19 IV 3; des Vormundes 19 I 3 Recht auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft 10 II 1 Recht zum Getrenntleben 7 III 3 Rechtliche Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Sorge 19 III 1 Rechtsquellen des Familienrechts 1 III Regelbedarf 20 V 1; 20 VII 3 Regelunterhalt 20 VII 1, 3 Reihenfolge, der Unterhaltsberechtigten 9 I 3; 15 I 2; 20 IV; der Unterhaltspflichtigen 9 I 3; 20 III Religiöse Erziehung 18 VI 2; 23 IV 2 Rentensplitting 15 II 1 Restitutionsklage 16 II 3 Revokatorische Klage 11 IV 4; 13 II 3
Sachregister Ringwechsel beim Verlöbnis 2 I Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV Ruhen der elterlichen Sorge 19 III 1, 2 S Sakrament, Ehe als S. 4 I 3 Schadensersatzansprüche, wegen Verlöbnisbruchs 2 IV 3; wegen Belastung mit Unterhaltsansprüchen 8 II 5; Geltendmachung zwischen Ehegatten 10 I 3 (s. auch Ehestörung) Scheidung (s. Ehescheidung) Scheidungsfolgen 15 Scheidungsprozeß 14 IV Scheidungsvoraussetzungen (s. Ehescheidung) Scheinerklärung beim Eheschluß 5 IV Scheinvater, Ansprüche gegen den nichtehelichen Erzeuger 10 II; 20 VII 2 Scheitern der Ehe 14 II 2 Schenkung, Ausstattung als Sch. 17 IV 3; als verwaltungsfreies Kindesvermögen 19 I 3 Schenkungen, während des Brautstandes 2 V; während der Ehe 7 IV 5; 7 VI; aus dem Vermögen des Kindes 19 I 2 Schlüsselgewalt 8 II; Rechtsnatur 8 II 2; Umfang 8 II 3; Aufhebung 8 II 4 Schmerzensgeldanspruch gegen den Ehegatten 10 I 3 Schrifttum des Familienrechts 1 IV Schuldhafte Eheverfehlung 14 III 1; 15 I 2; 19 V 2 Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs 10 l'2, 4 Schwägerschaft 1 II 2; Bedeutung 1 II 3; Sch. als Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Schwangerschaft als persönliche Eigenschaft 5 III 3 Schwere Eheverfehlung 14 III 1 Schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft 16 II 3 Seitenverwandte I U I ; keine Unterhaltspflicht zwischen S.20 I
Selbständige Vermögensverwaltung (s. Vermögensverwaltung) Selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (s. Erwerbsgeschäft) Selbstkontrahieren, der Eltern 19 I 2; des Vormunds 23 IV 5 Sicherheit, Aufhebung oder Minderung durch den Vormund 23 IV 5 Sicherheitsleistung 19 IV 3 Sicherung des Zugewinnausgleichs 12 I 4 Simulation (s. Scheinerklärung) Sippe 1 I Sippenvertragsehe 4 1 1 Sittenwidrigkeit, des Verlöbnisses 2 II 2; der Eheschließung 5 IV Sondergut bei der Gütergemeinschaft 13 II 1, 2 Sorgerecht (s. Personensorgerecht) Sorgerechtsanordnungen während eines Eheprozesses 14 IV 3 Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten, Haftungsmaßstab für Ehegatten 10 I 3; für Eltern 18 III 3 Sparkasse, Anlage von Geld 23 IV 3 Staatsangehörigkeit der Ehegatten 7 1 2 ; des Kindes 17 II 1; des adoptierten Kindes 22 II 6 Staatsangehörigkeitsehe 7 1 2 Standesbeamter, Mitwirkung beim Eheschluß 4 II 1; Zuständigkeit 4 II 3 Statusprozesse 16 I 3; 16 II 3 Stellvertretung beim Eheschluß 4 II 2 Stichentscheid 7 IV 1 Stiefkinder 1 II 1; 9 I 5; 12 II 4 Stiefverwandtschaft 1 II 1 Stillschweigende Verträge 7 V 2 Störung der Geistestätigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3 Subjektive Theorie 11 IV 1, 5 Sühneversuch 14 IV 3 Surrogation (s. dingliche Surrogation) T Taschengeld 9 I 4; 10 I 3 Tatsächliche Personensorge 18 VI 5 197
Sachregister Tatsächliche Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Sorge 19 III 1, 2 Tauglichkeit zum Vormund 23 III 2 Todeserklärung, Wiederverheiratung nach irrtümlicher T. 5 II 1; 5 III 1, 6 Tötung eines Ehegatten 9 1 2 Tragezeitgutachten 16 II 3 U Übernahme einer fremden Verbindlichkeit 19 I 3 Übliche Mitarbeit 7 V 1 Umgangsrecht (s. Verkehrsrecht) Unbekannte und ungewisse Beteiligte, Pflegschaft für 24 II 6 Unbescholtenheit, Voraussetzungen des Kranzgeldanspruchs der Braut 2 IV 3 Uneheliche Kinder (s. nichteheliche Kinder) Unentgeltliche Zuwendung (s. Schenkung) Unerlaubte Handlung des Verlobten 2 IV 4 Unfähigkeit zur Vormundschaft 23 III 2 Unfruchtbarkeit als Eheaufhebungsgrund 5 III 3 Ungeborenes Kind (Pflegschaft) 24 II 5 Ungestörter Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft 10 II 1 Unheilbare Ehezerrüttung (s. Ehezerrüttung) Unmöglichkeit der Empfängnis, offenbare 16 I 2 Untauglichkeit zur Vormundschaft 23 III 2 Unterbringung des Kindes (Mündels) in einem Heim oder einer Anstalt 18 VI 4; 23 IV 2 Unterhalt, angemessener 20 V 1; 20 VII 2; Vorausleistung 20 V 3; für die Vergangenheit 20 V 4; 20 VII 2; Änderungsklage 20 V 8; durch Dritte oder Nachverpflichtete, Erstattungsanspruch 20 VII 2 198
Unterhaltsanspruch, der Ehegatten (s. Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten); des ehelichen Kindes 9 I 1; Inhalt 20 V ; Verjährung 20 V 6; Erlöschen 20 V 7; des nichtehelichen Kindes 20 VII; Geltendmachung durch einen Eltern teil 19 I 2; durch den Pfleger 19 II 1; Übergang 20 VII 2; der nichtehelichen Mutter 20 V I I 4 Unterhaltsberechtigte, Reihenfolge 9 I 3; 20 IV Unterhaltsgewährung, Art und Umfang 9 I 4 ; 20 V Unterhaltsklage 10 I 3 Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten 9 I; getrennt lebender Ehegatten 9 II; während der Dauer des Scheidungsprozesses 14 IV 3; Regelung im Eheprozeß 14 IV 4; nach der Scheidung 15 I 2; Erlöschen 15 I 2; Vererblichkeit 15 I 2 Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind 14IV 4; 17IV 1; 20 II; des nichtehelichen Vaters 20 VII Unterhaltspflicht zwischen Verwandten 20; Voraussetzungen 20 II; Reihenfolge der Pflichtigen 9 1 3 ; 20 III; der Berechtigten 9 I 3; 20 IV; Inhalt des Anspruchs 20 V; vertragliche Regelung 20 VI Unterhaltsurteil, Abänderung 20 V 8 Unterhaltsverträge 3 III; 9 15; 15 12; 20 VI; zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater 20 VII 2 Unterhaltsverzicht 20 V 5; 20 VII 2 Unterlassungsklage (s. deliktische Unterlassungsklagen, Ehebruch, eheliche Lebensgemeinschaft, Ehestörung) Unzumutbare Härte 14 III 1 V Vaterschaft, Anerkennung 16 II 1, 2 Vaterschaftsfeststellung (s. Feststellung der Vaterschaft)
Sachregister Vaterschaftsvermutung 16 I 2; bei nichtehelichen Kindern 16 II 1, 2, 3 Veräußerungsverbote für Ehegatten 11 IV 1, 4 Vereinsvormundschaft 23 II Verfügung eines Ehegatten über das Vermögen im ganzen 1 1 I V 1 , 5; über Haushaltsgegenstände 11 IV 1; über die Familienwohnung 11 IV 1; über Gegenstände, die dem anderen Gatten gehören 11 IV 5 Verfügungsbeschränkungen der Gatten bei der Zugewinngemeinschaft 11 III 1; 11 IV; bei der Gütergemeinschaft 13 II 3 Verfügungsgeschäfte der Eltern über das Kindesvermögen 18 VIII 1; des Vormundes über Mündelvermögen 23 IV 4 Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten 7 V 2; 7 VI; des hausangehörigen Kindes 17 III 1; 17 V Verhinderung der Eltem an der Ausübung der elterlichen Sorge 19 III Verjährung der Ansprüche zwischen Ehegatten 10 I 3 Verkehrsrecht der Eltern mit ehelichen Kindern 18 V I I 1 ; des Vaters mit seinem nichtehelichen Kind 18 VII 2; Regelung im Eheprozeß durch einstweilige Anordung 14 IV 3; Regelung zusammen mit der Scheidung 14IV 4 Verkehrswert 12 I 3 Verletzung eines Ehegatten 9 1 2 Verlöbnis, Rechtsnatur 2 I; Form 2 I; Gültigkeitsvoraussetzungen 2 II; Verlöbnisfähigkeit 2 II 1; Gesetzesverstoß und Sittenwidrigkeit 2 II 2; Wirkungen 2 III; Rücktritt 2 IV; Schadensersatzpflicht bei grundlosem Rücktritt 2 IV 3 Verlobungsring 2 I Vermögen 12 I 3 Vermögenseinkünfte des Kindes 18 VIII 3 Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft 8
Vermögenssorge 18 VIII; Schranken 19 I 3; Ende, Entziehung 18 VIII 4; 19 IV 3 Vermögensverwaltung, selbständige V. im gesetzlichen Güterstand 11 III 1; Überlassung der V. 11 III 3; V. im Güterstand der Gütergemeinschaft 13 II 3; der Eltern 18 VIII 1; s. auch Vermögenssorge Vermögensverzeichnis 12 I 3; 19 I 3; 19 IV 3 Vermutung der Beiwohnung 16 I 2 Vernachlässigung des Kindes 19IV 3; 19 V 2 Vernichtbarkeit der Ehe 4 II 2; 5 II Verpflichtungsgeschäfte über das Vermögen im ganzen und Haushaltsgegenstände 11 IV 1 Verpflichtung zur Übernahme der Vormundschaft 23 III 3 Versagen der Eltern 19 IV 3 Verschuldensprinzip 14 I 1; 15 I 2 Verschwägerte (s. Schwägerschaft) Versöhnungsversuche 14 III 2 Versorgungsausgleich 15 II 1; Ausschluß 13 III; 15 II 1; vertragliche Abänderung 15 II 1 Verteilung der elterlichen Sorge bei Auflösung der Ehe und bei Getrenntleben der Eltern (s. elterliche Sorge) Verträge zwischen Ehegatten 7 IV 5 Vertragliche Güterstände 13 I; 13 II Vertragsfreiheit, beschränkt bei Regelung des Güterstandes 13 III Vertragstheorie beim Verlöbnis 2 1 1 Vertreter (s. gesetzliche Vertreter) Vertretung des Ehegatten 8 II 2 Vertretungsmacht, der Eltern 18 I; 18 VIII 1; gemeinschaftliche Vertretung 18 III 3; Vertretung ohne Vertretungsmacht 18 III 3; Ausschluß wegen Interessenwiderstreits 19 I 2; Entziehung durch das Vormundschaftsgericht 19 I 2; Schranken 19 I 2; 22 II 2; des Vormundes 23 IV 1; Ausschluß der V. des Vormundes 23 IV 5 199
Sachregister Verwaltung (s. Vermögensverwaltung) Verwaltung des Gesamtgutes 13 II 3 Verwaltungsgemeinschaft 11 I Verwandtschaft 1 II 1; Bedeutung 1 II 3; Eheverbot der V. 5 II 1, 2, 3; V. als Grundlage einer Unterhaltspflicht 20 Verzicht auf Unterhalt 20 V 5 Vollbürtige Seitenverwandte 1 II 1 Volljährigenadoption 22 III Vorausempfänge 12 I 3 Vorbehaltsgut 11 I; 13 II 1, 2 Vorläufige Pflegschaft 24 II 3 Vormund, amtsrechtliche Stellung 23 I ; Überwachung 2 3 1 ; Benennung 23 III 2; Berufung zur Vormundschaft 23 III 2; Auswahl 23 III 2 ; Unfähigkeit und Untauglichkeit 23 III 2; Verpflichtung zur Übernahme der Vormundschaft 23 III 3; Bestellung und Bestallung 23 III 4; Bestellung eines Mitvormundes oder Gegenvormundes 23 III 5; Wirkungskreis 23 IV 1; Vertretungsmacht 23 IV 1; Haftung 23 IV 1; Ausschluß der Vertretungsmacht 23 IV 5; Mißbrauch der Vertretungsmacht 2 3 I V 5; Entlassung 23 V 2; Führung der Vormundschaft (s. Vormundschaft) Vormundschaft 23; Begriff und Aufgabe 23 I ; Begründung 23 III; Führung 23 I V ; Sorge für die Person 23 IV 2; Sorge für das Vermögen 2 3 I V 3; Anlage von Mündelgeld 2 3 I V 3; Genehmigungszwang 23 IV 4; Gegenvormund 23 III 5; 2 3 I V 4; Ende 23 V Vormundschaft über Volljährige 23 V I Vormuiidschaftsgericht, Entscheidung, wenn die Eltern sich nicht einigen können 7 IV 1; Einschreiten bei Gefährdung eines Minderjährigen 18 V I 1; 19 IV; Einschreiten bei Verhinderung der Eltern 19 III 2; Anordnung der Fürsorgeerziehung 19 IV 4; Mitwirkung bei der Personenfürsorge 23 I V 2, 4; bei der Vermögensverwaltung 19 I 3; 23 I V 4, Genehmigungsrecht 19 I 3
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Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 19 I 3; 23 I V 4; Rechtsnatur 23 IV 4; Rechtsfolgen bei Fehlen der Genehmigung 23 IV 4, 5 Vorname des Kindes, Beilegung 18 VI 1 Vorzeitiger Ausgleich des Zugewinns 11 III 1; 12 I 6 W Wartezeit, Eheverbot 5 V 4 Wechsel, Genehmigungspflicht 19 I 3 Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Auflösung der Ehe 7 I V 5; 7 V I ; 15 II 3 Wertzuwachs 12 I 3, 7 Wesen der Ehe 3 II Wichtiger Grund für den Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV 2 Widerrechtliche Drohung beim Eheschluß 5 III 5 Widerruf von Schenkungen 15 II 3 Wiederaufnahme des Verfahrens 16 II 3 Wiederverheiratung als Endigungsgrund der Unterhaltspflicht des geschiedenen Gatten 15 I 2 Wiederverheiratung nach irrtümlicher Todeserklärung 5 I I 1; 5 III 6 Willensmängel bei der Eheschließung 5 111 3, 4, 5; bei der Anerkennung der Vaterschaft 16 II 2 Wirtschaftsgeld (Haushaltsgeld) der Frau 9 I 1, 4; 10 I 3 Wohnsitz, der Ehegatten 7 III 1; 7 I V 1 ; des Kindes 17 II 3 Wohnung (s. Ehewohnung) Z Zahlvater 16 II 1 Zerrüttung der Ehe (s. Ehezerrüttung) Zerrüttungsvermutung 14 III 2, 3 Zeugnisverweigerungsrecht der Verwandten und Verschwägerten 1 II 3; der Verlobten 2 III 3; der Ehegatten 7 112 Ziviltrauung 4 1 5
Sachregister Zuchtmittel, Züchtigungsrecht 18 VI 1 Zugehörigkeit zum elterlichen Hausstand 17 III 1 Zugewinn, Berechnung 12 I 2, 3; Bewertungsmaßstäbe 12 I 3; Wertzuwachs als Z. 1213, 7; Steuerpflichtigkeit 12 II 1 Zugewinnausgleich 12; zu Lebzeiten beider Ehegatten 11 II; 12 I; beim Tod eines Gatten 11 II; 12 II; Vereinbarungen über den Z. 12 I 3; Sicherung 1 2 1 4 ; Verweigerung bei grober Unbilligkeit 12 I 5, 7; Klage auf vorzeitigen Z. 12 I 6; Ausschluß 13 III
Zugewinngemeinschaft 11 I; 11 II; Eintritt 1217; Ende 1211; Ausschluß 13 III Zustimmung zu Verfügungen über das Vermögen im ganzen oder über Haushaltsgegenstände 11IV 1, 2; zur Anerkennung der Vaterschaft 16 II 2 Zuwendungen eines Ehegatten an den anderen 7 IV 5 Zuwendungen eines Ehegatten an Dritte und Zugewinnausgleich 12 I 4 Zwangspflegschaft 24 II 2 Zwangszivilehe 4 1 5
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Paragraphenverzeichnis (Die fetten Zahlen bedeuten die Paragraphen des Gesetzes, die mageren die Paragraphen des Buches und deren Unterabschnitte) Anfechtungsgesetz (AnfG) 3: 17 IV 3 Bayerische Verfassung (Bay Verf) 137: 18 VI 2 Berufsbildungsgesetz 3: 19 I 2 Beurkundungsgesetz (BeurkG) 1: 16 112 62: 16 II 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 10 a. F.: 7 III 1 11: 17 II 3 107: 2 I 2; 2 II 1 108: 2 12; 2 I I I ; 5 III 2; 8 112 110: 23 IV 4 112:1912, 3 ; 2 3 I V 5 ; 2 4 I I 2 113:17 III 1; 1912; 23IV 5 116: 5 IV 117: 5 IV 118: 5 IV 119: 16 II 2 123: 16 II 2 134: 2 II 2; 4 II 2; 16 II 2; 20 V 5 135: 11 IV 1, 3, 4 202
137: 13 III 138:: 2 II 2; 5 IV; 13 III 164:: 8 II 2 165:: 8 II 2 168:: 8 II 4 177:: 8 II 2; 18 III 3 177ff.: 23 IV 5 178: 18 III 3 179: 8 II 2; 23 IV 4, 5 181: 1613; 1912; 2 3 I V 5 ; 24 II 1 182: 11 IV 2 182ff.: 19 I 3 185: 11 I V 5 194: 20 V 6 197: 20 V 6 204: 10 I 3; 20 V 6 260: 12 I 3 273: 11 I V 5 277: 18 III 3 278: 18 III 3; 23 IV 1 310: 13 III 323: 11 IV 5 394: 20 V 6 400: 20 V 6 419: 17 V 1 440: 11 IV 5 518: 17 IV 3 530: 15 II 3; 17 IV 3 612: 17 III 1 662 ff. : 11 III 3 667: 7 IV 5 671: 11 III 3 677ff.: 18 VI 1 679: 20 V 5
683: 17 III 2 719: 13 II 1 741 ff.: 7 IV 5 742: 7 IV 5 812: 2 V; 11 IV 5; 17 III 1 815: 2 V 818ff.: 2 V 823: 8 II 5; 10 12, 4; 10 II 1,2, 3 823ff.: 2 VI 826: 10 II 1, 3; 20 III 4 828: 2 IV 3 832: 18 VI 3 844:9I2 845: 9 I 2 892: 13 II 2; 13 IV 4 935: 13 IV 3 1006: 8 I 1 1297: 2 I 1; 2 III 1 1297: 2 I 1; 2 III 1 1298: 2 IV 2; 2 IV 3; 2 VI 1298 ff.: 2 II 1; 2 I V 3; 2 I V 4; 2 VI 1299: 2 IV 2 1300: 2 IV 3 1301: 2 V 1353:311; 7 III 1,2; 7 I V 1 , 3; 7 V 1 , 2 ; 8 1 1 2 ; 1 0 I I ; 10 II 1; 11 III 1; 11IV1; 14 II 1 1354 a. F.: 7 IV 1 1355: 7 I I ; 15 I I ; 17 II 2; 22 II 6 1356: 7 IV 3, 4; 7 V 1, 2 1357: 8 II 1, 2, 3, 4
Paragraphenverzeichnis 1359: 10 I 3 1360: 9 I 1, 2, 5 1360ff.: 20 I 1360a: 9 I 1, 2, 4, 5, 6; 20 V 1 1360 b: 9 I 4 1361: 9 II 1, 2; 20 I 1361a: 14 III 4 1362: 8 I, 1, 2, 3 1363: 11 III 1 1364: 11 III 1, 3 1365: 11 I V I , 2, 5; 12 I 6 1365 ff. : 11 III 1; 11IV1, 3 1366: 11 IV 2 1367: 11 IV 2 1368: 11 IV 4 1369:11IV1,2, 5; 13IV 3 1370: 11 III 2 1371:1111; 12 I I ; 12 I I I , 2, 3, 4 1372: 11 II; 12 I 1, 7 1373: 12 I 2, 3 1373 ff.: 12 112 1374: 12 I 3 1375: 12 I 3, 4, 6 1376: 12 I 3 1377: 12 I 3 1378: 12 I 2, 3 1379: 11 III 1; 12 I 3, 4 1380: 12 I 3 1381:111111; 12 15; 12 II 1,2 1381 ff.: 12 15 1382: 14 IV 4 1383: 14 IV 4 1386: 11 III 1; 12 16 1388: 12 I 6; 13 I 1390: 12 I 4 1408:11 1; 131; 13II4; 13 III; 15 II 1 1410: 13 III 1411: 19 12 1412: 13 IV 3 1413: 11 III 3 1414: 13 I; 13 III 1416: 13 II 1, 2
1417: 13 II 2 1418: 13 II 2; 13 III 1419: 13 II 1 1421: 13 II 3; 13 III 1422: 13 IV 3 1427: 13 IV 3 1437: 13 II 1 1449: 13 I; 13 II 4 1450: 13 II 3 1453: 13 II 3 1455: 13 II 3 1459: 13 II 1 1470: 13 I; 13 II 4 1476: 13 II 1 1558ff.: 13 IV 1564: 14 IV 1 1565:14II 1,2; 14III1; 14 IV 4 1566:14II2; 14 III 1,2, 3; 14 IV 4; 15 I 2 1567: 9 II 1; 14 III 1, 2 1568: 14 III 5 1569: 15 I 2 1569ff.: 20 I 1570: 15 I 2 1571: 15 I 2 1572: 15 I 2 1573: 15 I 2 1574: 15 I 2 1575: 15 I 2 1576: 15 I 2 1578: 15 I 2 1579 : 9 II 2; 15 I 2 1581: 15 I 2; 20 IV 2 1582: 15 I 2; 20 IV 2 1584: 15 I 2 1585c: 15 I 2 1586: 15 I 2 1586 a: 15 I 2 1586 b: 15 I 2 1587: 15 II 1 1587 ff. : 13 I 1587 a: 15 II 1 1587b: 14 IV 4, 15 II 1 1587c: 15 II 1 1587 f: 15 II 1
1587 g: 15 II 1 1587h: 15 II 1 1587o: 15 II 1 1589 a. F.: 16 II 1 1589: 1 II 1 1590: 1 II 2 1591: 6 I 4; 16 I 2 1592: 16 I 2 1593:16 I 3 1594: 16 I 3 1595: 16 I 3; 19 I 2 1595 a: 16 I 3 1596: 16 I 3 1597: 16 I 3 1598: 16 I 3 1599: 16 I 3 1600 a: 16 II 1; 20 VII 2 1600 a ff. : 21 I 2 1600b: 16 II 2; 21 III 2; 24 II 5 1600c: 16 II 2; 24 II 5 1600d: 16 II 2; 19 I 2 1600 e: 16 II 2 1600 f: 16 II 2 1600 f ff. : 21 I 4 1600 g: 16 112 1600 h: 16 II 2 1600 i: 16 II 2 1600k: 19 I 2 1600 m: 16 112 1600n: 16 II 3; 21 III 2 1600o: 16 II 2, 3 1601: I I I 3; 9 I 5; 17 I V I ; 20 I 1601 ff.: 9 I 1 1602: 20 II 1 1603: 20 II 2; 20 V 1 1606: 9 I 1; 20 III 2, 3 1607: 20 III 4 1608: 913;20III1;20V1 1609: 9 I 3; 15 I 2; 20 IV 1, 2 1610: 20 V 1 1611: 20 V 2 1612: 20 V 3 1612a: 20 V 8; 20 VI 203
Paragraphenverzeichnis 1613: 20 V 4, 5; 20 VI 1670: 18 VIII 4 1614: 20 V 5; 20 VI 1671: 18 V 3; 19 III 2; 19 V 1615: 20 V 7; 20 VI 1,2,4 1615 a: 20 VII 1 1672: 18 V 3; 19 III 2; 19 V 1615b: 10 II 3; 20 VII 2 4 1615c: 20 VII 2 1673: 19 I 2; 19 III 1, 2 1615d: 20 VII 2 1674: 19 III 1 1615e: 20 V 5; 20 VII 2 1678: 19 I 2; 19 III 2 1615Í: 20 VII 3 1680: 18 V 4 1615h: 20 VII 3 1681: 18 V 2, 4 1615 i: 20 VII 3 1683: 19 I 3 1615k: 20 VII 4 1693: 19 III 2 16151: 20 VII 4 1696: 19 I V I ; 19 V 3 1616: 17 II 2 1698: 19 I 3 1617: 17 II 2 1706: 16 II 2, 3; 17 II 2; 19 1618: 17 II 2 I 1; 19 II 1; 20 VII 2; 21 1619: 17 III 1; 17 V 2 III 2 1620: 17 III 2 1707: 16 112; 17 II 2; 181; 1624: 17 IV 3 19 II 2 1625: 17 IV 3 1709: 16 II 2; 19 II 3 1626: 18 I; 18 IV; 18 V 1 1711: 18 VII 2 1627: 18 III 1, 2 1717a. F.: 16 II 1 1628: 7 IV 1; 18 III 2, 3 ,1719: 6 I 4; 21 I 1, 2 1629: 16 I 3; 18 I; 18 III 3 1720: 17 II 2 18 VIII 1; 19 I 2 1723: 21 II 2, 3 1630: 19 I 1, 3 1728: 19 I 2 1631: 18 VI 1; 23 IV 2 1735: 21 II 3 1631a: 18 IV, 18 VI 1 1736: 21 II 4; 23 V 1 1631b: 18 VI 4 1737: 21 II 4 1631 ff.: 23 IV 2 1738: 21 II 4 1632: 18 VI 3, 4; 18 VII 1 1739: 21 II 4 1633: 18 V I ; 18 VI 5 1740a: 21 III 2 1634: 18 VII 1; 21 II 4 1740 b: 21 III 2 1638: 19 I 3 1740c: 21 III 2 1640: 19 I 3 1740d: 21 III 2 1641: 19 I 2 1740f: 21 III 3; 23 V 1 1642: 19 I 3 1740 g: 21 III 3 1643: 17 III 1; 19 12, 3 1741: 22 II 1, 2, 5 1645: 19 I 3 1742: 22 II 1 1646: 18 VIII 2 1743: 22 II 1, 2, 4 1649: 18 VIII 3 1744: 22 II 1, 2, 4 1664: 18 III 3 1745: 22 II 5 1666: 18; 18 V 4; 18 VI 1, 1746: 22 II 2, 3 4,5;18VIII4;19IV1,3 1747: 22 II 2, 3, 7 1748: 22 II 3 1666 a: 19 IV 1, 3 1749: 22 II 2, 3 1667: 19 I 3; 19 IV 3
204
1750: 22 II 2 1751: 22 II 2, 4 1752: 22 II 1 1754: 22 II 6; 23 V 1 1755: 5 I I I ; 18 V I ; 22 116 1756: 22 II 6 1757: 22 II 6 1759ff.: 22 II 7 1760: 21 I 3; 22 II 7 1761: 22 II 7 1762: 22 II 7 1763: 22 II 7 1764: 22 II 7 1767: 22 III 2 1768: 22 III 1 1770: 22 III 3 1772: 22 III 3, 4 1773: 18 V 2; 23 I 1774: 19 III 2 1775 : 23 III 5; 23 IV 5 1776 : 23 III 2 1777: 23 III 2 1779: 1 II 3; 23 III 2 1780: 23 III 2 1780ff.: 23 II 1781: 23 III 2 1782: 23 III 2 1785: 23 III 3 1786: 23 III 3 1789: 23 III 4 1791: 23 III 4 1791a: 23 II 1791b: 23 II 1791c: 19 III 2; 23 II; 23 III 1 1792: 23 III 5 1793: 23 IV 1 1794: 23 IV 5 1795:16 1 3; 19 12; 22112; 23 IV 5; 24 II 1 1796: 19 I 2; 23 IV 5 1800: 23 IV 2 1801: 23 IV 2 1806: 23 IV 3 1807: 23 IV 3 1811: 23 IV 3
Paragraphenverzeichnis 1812: 23 IV 4 1813: 23 IV 4 1821: 19 I 3; 23 IV 4 1822:17 I U I ; 19 13; 23IV 4 1824: 23 IV 4 1828: 19 I 3; 23 IV 4 1829: 19 I 3 1829ff.: 23 IV 4 1831: 19 I 3 1833: 23 IV 1 1836: 23 II 1840: 19 I 3 1847: 1 II 3 1882: 23 V 1 1883: 23 V 1 1885: 23 V 2 1886ff.: 23 V 2 1896: 23 I; 23 VI 1 1897: 23 VI 2 1898ff.: 23 VI 2 1909: 16 I 3; 24 II 1, 3 1910: 19 III 1; 24 II 2 1911: 24 II 4 1912: 19 III 1; 24 II 2 1911: 24 II 4 1912: 19 II 3; 24 II 5 1913: 24 II 6 1923: 24 II 5 1931:7111; 11 II; 12II2,3 1933: 12 II 2, 3 1944: 12 II 3 2033: 13 II 1 2064: 19 I 2 2101: 24 II 6 2105: 24 II 6 2108: 24 II 5 2114ff.: 24 II 5 2147ff.: 24 II 5 2274: 19 I 2 2303: 7 II 1; 12 II 2 2303ff.: 12 II 3 2305: 12 II 3 2306: 12 II 3 2307: 12 II 3 2335: 12 II 2, 3
2339: 12 II 2, 3 2339 ff.: 12 112 2342: 12 II 3 2345: 12 II 2 2346: 12 II 2, 3 2347: 19 I 2
13 a: 7 1 1 14: 4 II 3 15: 4 II 3 15 a: 4 II 1 16: 5 IV 17: 4 II 2 18: 5 II 1, 3 Einführungsgesetz zum 20: 5 II 1 21: 5 II 1, 3 BGB (EGBGB) 23: 4 II 2 137: 12 I 3 24: 6 I 2 26: 6 I 4 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BA- 28: 5 IV 30: 2 I 2; 2 II 1; 5 III 2 FöG) 32: 5 III 3 36: 20 III 4 33: 5 III 4 37: 20 III 4 34: 5 III 5 35: 6 II 3 Bundesnotarordnung 37: 6 II 4 (BNotO) 38: 5 II 1 20: 16 II 2 39: 5 III 6; 6 II 4 43 a. F.: 14 III 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Sechste Durchführungs2: 20 II 1 verordnung zum Ehe21: 20 V 5 gesetz (HausratsVO) 90: 20 V 5 1: 14 III 4; 15 II 2 91: 20 III 4 2: 15 II 2 122: 3 III 3: 15 II 2 5: 15 II 2 Dienstanweisung für 8: 15 II 2 Standesbeamte (DA) 9: 15 II 2 184: 4 II 3 11: 15 II 2 13: 15 II 2 Ehegesetz (EheG) 18 a: 14 III 4 1: 5 V 1 2: 5 II 1 Erbschaftssteuergesetz 3: 5 III 2; 5 V 2 ; 18 VI 1 (ErbStG) 4: 1 II 3; 5 II 1; 5 V 3 5: 12 II 1 5: 5 II 1 6: 12 I 1 7: 5 V 3 7: 13 II 1 8: 5 V 4 9: 5 V 5 Gesetz über die Angele10: 5 V 6 genheiten der freiwilli11: 4 II 1 gen Gerichtsbarkeit 12: 4 II 3 (FGG) 13: 4 II 2 33: 18 VI 4 205
Paragraphenverzeichnis 35 ff.: 1 III 1 50 a: 19 IV 1 50b: 19 V 2 56 a: 21 II 3; 22 II 2 56c: 22 II 5 56 d: 22 II 5 56e: 22 II 2 Gerichtskostengesetz (GKG) 111:9I6
63: 19 IV 4 64: 19 IV 4 65: 19 IV 4 Konkursordnung (KO) 32: 17 IV 3 Nichtehelichengesetz (NEG) Art. 12 § 24: 20 VII 3
139: 2 III 2 169: 16 II 2 172 a. F.: 10 II 1 185: 10 II 1, 3 223 b: 18 VI 1 247: 2 III 2 258: 2 III 2 Strafprozeßordnung (StPO) 52: 1 II 3; 2 III 3; 7 II 2
Personenstandsgesetz (PStG) Verschollenheitsgesetz Gerichtsverfassungsgesetz 3: 4 II 3 (VerschG) (GVG) 9: 4 II 3 9: 5 II 1 23 a: 10 I 3; 16 II 3 12:4 II 3 23b: 10 13; 14 IV 3 29 a: 16 II 2 Zivilprozeßordnung 30: 7 I 1 (ZPO) 53: 4 II 1 Grundgesetz (GG) 93c: 10 II 1: 18 II 256: 6 I 3 Pflichtversicherungsgesetz 3: 1 III 2; 2 IV 3 323: 20 V 8 6: IUI 3; 1012; 10 II 1,2, (PflVG) 372 a: 16 I 2 3; 18 II 3: 10 I 3 383: 1 II 3; 2 III 3; 7 II 2 7: 18 VI 2 578ff.: 16 II 3; 21 I 4 104: 23 IV 2 Reichs- und Staatsange- 580: 16 II 3 117: 1 III 2 hörigkeitsgesetz (Ru- 606: 14 III 4; 14 IV 3 125: 18 VI 2 StAG) 606 ff.: 1 III 1; 613; 6 II 3; 4: 17 II 1 10 1 1; 14 IV 3 Jugendarbeitsschutzgesetz 6: 7 I 2; 22 II 6 607: 14 IV 2; 19 I 2 (JArbSchG) 9: 7 12 614: 14 IV 3 1: 17 III 1 19: 23 IV 4 616:6113; 14IV3;16II3 27: 22 II 6 617: 14 IV 3 Jugendgerichtsgesetz 620: 7 III 2; 14 III 4 Gesetz Uber die religiöse 620 ff.: 14 IV 3 OGG) 5ff.: 19 IV 4 Kindererziehung 621: 14 IV 4; 15 I 2 (RKEG) 621a: 15 II 2 Jugendwohlfahrtsgesetz 1: 18 VI 2 622: H I V 1; 16 IV 1 2: 18 VI 2 623: 14 IV 4; 15 I 2 (JWG) 3: 23 IV 2, 4 630: 14 IV 4; 15 I 2 1: J8 II 4: 18 VI 2 640a. F.: 16 II 1 48: 16 I 3; 18 VII 1 5: 18 VI 2 640: 16 II 3 49: 16 II 2 640ff.: 16 II 3 55: 19 IV 4 Strafgesetzbuch (StGB) 640 b: 23 IV 4 56: 19 IV 4 11: 1 II 3; 2 III 2; 7 II 2 640 e: 16 II 3 57: 19 IV 4 35: 2 III 2; 7 II 2 641 ff.: 16 I 3 58: 19 IV 4 138: 2 III 2 641c: 16 II 2 62: 19 IV 4 206
Paragraphenverzeichnis 641 i: 16 II 3 739: 8 I 3 808: 8 I 3
809:8 1 3 850b: 20 V 6 850h: 7 V 2
888:211; 1011, 3, 4; 10 II 2 890: 10 I 1
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Walter de Gruyter Berlin-New York Praxis des neuen Familienrechts Referate und Berichte der Großen Arbeitstagung des Fachverbandes der Berliner Stadtvormünder e. V. vom 28. November bis 2. Dezember 1977 in Berlin Klein-Oktav. 308 Seiten. 1978. Kartoniert DM 19,80 (Sammlung Göschen, Band 2854)
Inhalt: Gerhard Schaplow, Vorwort - Antje Huber, Grußwort. — Ilse Reichel, Grußwort. — Walter Zarbock, Die Bedeutung der Amtsvormundschaft nach den Reformen im Familien- und Kindschaftsrecht. - Wilfried Schlüter, Besondere Probleme des Unterhalts minderjähriger Kinder unter besonderer Berücksichtigung der verfahrensrechtlichen Änderungen. - Helmut Engler, Das neue Adoptionsrecht - hält es das Versprochene? — Eduard Tack, Adoptionsvermittlung — neue Chance für sozial benachteiligte Kinder. — Günther Beitzke, Internationales Kindschaftsrecht. - Dieter Giesen, Ehe- und Familienrecht Schwerpunkt Scheidungsfolgen. — Paul Kirchhot, Die Grundrechte des Kindes und das natürliche Elternrecht. — Gottfried Knöpfet, Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge. - Gerhard Hopf, Ein Jahr Unterhaltsvorschüsse in Österreich. — Victor Huvale, Erste Erfahrungen mit der Hamburger Unterhaltsvorschußkasse. — Wilfried Schlüter, Unterhaltsrecht - Eine noch ungelöste Aufgabe für den Gesetzgeber. — Ergebnisprotokolle: Arbeitsgruppe A (Adoptionsrecht), B (Unterhaltsrecht), C (Elterliche Sorge). Preisänderung vorbehalten