Familienrecht [2., völlig neubearb. Aufl. Reprint 2019] 9783111587493, 9783110071788


245 73 16MB

German Pages 220 Year 1977

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
§ 1. Einleitung. Grundbegriffe
I. Abschnitt: Eherecht
§ 2. Das Verlöbnis
§ 3. Die Ehe
§ 4. Die Form Der Eheschließung
§ 5. Die Sachlichen Voraussetzungen Der Eheschließung
§ 6. Die Nichtigerklärung Und Die Aufhebung Einer Ehe
§ 7. Die Eheliche Lebensgemeinschaft
§ 8. Vermögensrechtliche Außenwirkungen Der Ehelichen Lebensgemeinschaft
§ 9. Unterhaltsansprüche
§ 10. Rechtszwang Gegen Den Ehegatten Und Schutz Gegenüber Einer Ehestörung Durch Dritte
§ 11. Das Gesetzliche Ehegüterrecht
§ 12. Der Zugewinnausgleich
§ 13. Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister
§ 14. Die Ehescheidung
§ 15. Die Folgen Der Scheidung
II. Abschnitt: Kindschafts- Und Verwandtschaftsrecht
§ 16. Abstammung
§ 17. Das Verhältnis Zwischen Eltern Und Kindern Im Allgemeinen
§ 18. Die Elterliche Gewalt
§ 19. Schranken Der Elterlichen Gewalt, Verhinderung An Ihrer Ausübung, Maßnahmen Zum Schutz Des Kindes, Verteilung Der Elterlichen Gewalt Nach Der Scheidung Oder Bei Getrenntleben Der Eltern
§ 20. Die Unterhaltspflicht Zwischen Verwandten
§ 21. Legitimation Nichtehelicher Kinder
§ 22. Annahme Als Kind - Adoption
III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht
§ 23. Die Vormundschaft
§ 24. Die Pflegschaft
Sachregister
Paragraphenverzeichnis
Recommend Papers

Familienrecht [2., völlig neubearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783111587493, 9783110071788

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

de Gruyter Lehrbuch

FAMILIENRECHT

Dr. Dieter Henrich o. Professor an der Universität Regensburg

Zweite, völlig neubearbeitete Auflage

w DE

G

1977 Walter de Gruyter • Berlin • New York

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Henrich , Dieter Familienrecht. - 2., völlig neubearb. Aufl. - Berlin, New York: de Gruyter, 1977. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-007178-9

© C o p y r i g h t 1977 by Walter de Gruyter & C o . , vormals G . J . Göschen'sehe Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm o d e r ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,

vervielfältigt oder verbreitet

Printed in Germanv. Satz und Druck: Walter de Gruyter Sc C o . , 1000 Berlin 30 Buchbindearbeiten: Wübben 8£ C o . , 1000 Berlin 42

werden.

VORWORT Das Familienrecht ist in diesem Jahr vom Gesetzgeber in grundlegenden Bereichen reformiert worden. Diese Änderungen haben mich veranlaßt, eine neue Auflage des Familienrechtslehrbuchs vorzulegen. Zwar sind noch nicht alle beschlossenen Reformen in Kraft getreten. Sie werden aber in Kraft sein, wenn die Studenten, die jetzt die Vorlesung Familienrecht hören, ihr Examen machen werden. Ich habe deswegen sowohl das Erste Eherechtsreformgesetz als auch das Adoptionsgesetz so dargestellt, als ob sie bereits geltendes Recht wären. Diese Darstellungsweise erschien vertretbar, weil bis zum Inkrafttreten des Adoptionsgesetzes (1. 1. 1977) nur noch wenige Wochen, bis zum Inkrafttreten der entscheidenden Teile des Ersten Eherechtsreformgesetzes ( 1 . 7 . 1977) nur noch wenige Monate verstreichen werden. Das Studienbuch wendet sich vor allem an den Studenten. Davon ausgehend, daß der Student nicht mehr den gesamten Stoff des Familienrechts zu beherrschen braucht, daß das Familienrecht vielmehr nur noch in seinen Grundzügen Gegenstand der Prüfung sein soll, habe ich mich bemüht, die Darstellung von allem Ballast freizuhalten. Dort freilich, wo es um Probleme geht, die in der Prüfung erfahrungsgemäß eine Rolle zu spielen pflegen oder die die Grundlagen des Familienrechts berühren, wo also eine vertiefte Erörterung geboten ist, findet sie auch statt. Regensburg, im Oktober 1976

Dieter

Henrich

V

INHALT

§

1. Einleitung. Grundbegriffe

I. Abschnitt: §

2. Das Verlöbnis

§

3. Die Ehe

1

Eherecht 6 15

§

4. Die F o r m der Eheschließung

18

§

5. Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung

21

§

6. Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe

29

§

7. Die eheliche Lebensgemeinschaft

32

§

8. Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft

§

44

9. Unterhaltsansprüche

51

§ 10. Rechtszwang gegen den Ehegatten und Schutz gegenüber einer Ehestörung durch Dritte

55

§ 1 1 . Das gesetzliche Ehegüterrecht

63

§ 1 2 . Der Zugewinnausgleich

74

§ 1 3 . Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister

87

§ 14. Die Ehescheidung

94

§ 1 5 . Die Folgen der Scheidung II. Abschnitt:

Kindschafts-

§ 16. Abstammung

103 und

Verwandtschaftsrecht 112

§ 17. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen 123 § 1 8 . Die elterliche Gewalt

130 VII

§ 1 9 . Schranken der elterlichen Gewalt, Verhinderung an ihrer Ausübung, Maßnahmen zum Schutz des Kindes, Verteilung der elterlichen Gewalt nach der Scheidung oder bei Getrenntleben der Eltern

143

§20. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

156

§ 2 1 . Legitimation nichtehelicher Kinder

167

§ 2 2 . Annahme als Kind - Adoption

172

III. Abschnitt:

Vormundschaftsrecht

§ 2 3 . Die Vormundschaft

183

§ 24. Die Pflegschaft

192

Sachregister

195

Paragraphenverzeichnis

208

VIII

§ 1. Einleitung. Grundbegriffe I. Die Familie Der Begriff der Familie wird im Gesetz nicht definiert. Im natürlichen Sprachgebrauch wird unter „Familie" teils die sog. Großfamilie, teils die sog. Kleinfamilie verstanden. Großfamilie (früher: Sippe) ist die Gemeinschaft aller Blutsverwandten. Kleinfamilie sind die Ehegatten und die Kinder. Das Gesetz beschränkt sich im wesentlichen auf eine Regelung der Beziehungen, die zwischen den Mitgliedern der Kleinfamilie bestehen. Es unterscheidet hier wiederum zwischen den Beziehungen der Ehegatten zueinander (Eherecht) und den Beziehungen zwischen den Eltern und Kindern (Kindschaftsrecht). Die Zugehörigkeit zu der Großfamilie hat - von der Unterhaltspflicht abgesehen - kaum noch rechtliche Relevanz. Darüber hinaus regelt das 4. Buch des BGB auch das Recht der Vormundschaft und der Pflegschaft. II. Verwandtschaft und Schwägerschaft 1. Verwandtschaft Verwandtschaft bedeutet regelmäßig Blutsverwandtschaft. Ausnahme (Begründung eines Verwandtschaftsverhältnisses durch gerichtliches Dekret): Annahme als Kind (Adoption). Unterschieden wird zwischen Verwandtschaft in gerader Linie und Verwandtschaft in der Seitenlinie. In gerader Linie sind Personen verwandt, die voneinander abstammen, § 1589 S. 1 (Vater - Sohn, Großvater - Enkel). In der Seitenlinie sind Personen verwandt, die gemeinsam von einer dritten Person abstammen, § 1589 S. 2 (Geschwister, Vettern, Onkel und Neffe). Bei den Seitenverwandten ist wiederum zu unterscheiden zwischen vollbürtigen- und halbbürtigen Verwandten. Vollbürtige Geschwister haben beide Eltern gemeinsam, halbbürtige nur einen Elternteil. Der Begriff ,,Stiefveru;andtschaft" ist kein Terminus technicus. Man versteht darunter sowohl halbbürtige Verwandte (Stiefbruder) als auch Personen, die überhaupt nicht miteinander verwandt sind (Stiefvater Stiefkind). 1

§1

113

Einleitung

Die Nähe der Verwandtschaft wird nach Graden bemessen. Der jeweilige Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der die Verwandtschaft vermittelnden Geburten, § 1589 S. 3. Man zeichnet zu diesem Zweck einen Stammbaum, der bis zu dem gemeinsamen Vorfahren zurückreicht. Beispiel: A

B

C

D

E

D ist mit seinem Vater B im ersten, mit seinem Großvater A im zweiten, mit seinem Onkel C im dritten und mit seinem Vetter E im vierten Grade verwandt. Merke: Ehegatten sind als solche nicht miteinander verwandt. 2. Schwägerschaft Schwägerschaft besteht zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten, § 1590 I, 1. Dagegen sind die Verwandten des einen Ehegatten mit den Verwandten des anderen Ehegatten nicht verschwägert. Beispiele: Der Ehemann ist mit den Eltern, Geschwistern usw. seiner Frau verschwägert. Dagegen sind die Geschwister des Ehemannes mit den Geschwistern der Ehefrau nicht verschwägert. Stiefvater und Stieftochter sind wiederum miteinander verschwägert, nicht verwandt.

Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist, § 1590 II. „Ehe vergeht, Schwägerschaft besteht". Der Ehemann bleibt also mit der Schwester seiner Frau verschwägert, auch wenn er sich von seiner Frau hat scheiden lassen. 3. Rechtliche

Bedeutung

Rechtliche Bedeutung haben Verwandtschaft und Schwägerschaft insbesondere i

Grundbegriffe

§ 1 III 2

a) im Familienrecht: Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig, § 1601. Zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie darf keine Ehe geschlossen werden, § 4 I, 1 EheG. Verwandte und Verschwägerte haben gewisse Rechte, wenn ein Kind unter Vormundschaft gestellt wird (Berücksichtigung bei der Auswahl des Vormunds, § 1779 II, 3, Anhörung in wichtigen Angelegenheiten, § 1847); b) im Erbrecht: Verwandte (nicht Verschwägerte!) haben ein gesetzliches Erbrecht; c) im Prozeßrecht: Verwandte und Verschwägerte haben ein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. z. B. § 383 ZPO, § 52 StPO); d) im Strafrecht: Verwandte sind „Angehörige" (§ 35 I StGB).

III.

Rechtsquellen

1. Das Familienrecht ist im wesentlichen enthalten im vierten Buch des B G B . Ergänzend sind insbesondere von Bedeutung: a) das Ehegesetz (Schönfelder Nr. 43) mit verschiedenen Durchführungsverordnungen (besonders wichtig: die sog. Hausratsverordnung, Schönfelder Nr. 44); (Schönfelder Nr. 46); b) das Jugendwohlfahrtsgesetz c) das Gesetz Uber die religiöse Kindererziehung (Schönfelder Nr. 47); d) im Bereich des Verfahrensrechts die §§ 606-687 ZPO (Verfahren in Ehesachen, Kindschaftssachen, Unterhaltssachen nichtehelicher Kinder und Entmündigungssachen), das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Vormundschaftssachen, §§ 35 ff. FGG) und das Personenstandsgesetz (Beurkundung des Personenstandes). 2. Die wichtigsten Änderungen des Familienrechts seit Inkrafttreten des BGB 1921: Gesetz über die religiöse Kindererziehung; 1922: Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (Einführung der Amtsvormundschaft!); 1938: Ehegesetz (Eheaufhebung statt Eheanfechtung, Ermöglichung der Ehescheidung nach dreijähriger Heimtrennung); 3

§ 1 III 3

Einleitung

1946: Ehegesetz (Reinigung des EheG 1938 von nationalsozialistischen Bestandteilen); 1953: Inkrafttreten des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 II GG). Alles dem Gleichberechtigungsgrundsatz entgegenstehende Recht tritt außer Kraft (Art. 117 I GG); 1958: Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes (Ausfüllung der Lücken, die durch das Inkrafttreten von Art. 3 II GG geschaffen worden waren, Einführung des neuen gesetzlichen Güterstandes der sog. Zugewinngemeinschaft); 1961: Familienrechtsänderungsgesetz (Erschwerung der Ehescheidung durch stärkere Berücksichtigung des Widerspruchs des beklagten Ehegatten, einzelne Verbesserungen des Rechts der nichtehelichen Kinder, Reformen im Bereich des Adoptionsrechts); 1970: Inkrafttreten des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder; 1976/77: Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (Reform des Scheidungsrechts und der Scheidungsfolgen, Namensrecht, weitere Anpassung der persönlichen Ehewirkungen an die Gleichberechtigung, Familiengerichte), Inkrafttreten teils 1976, teils 1977; Adoptionsgesetz, Inkrafttreten am 1.1. 1977. J. Der Schutz von Ehe und Familie durch das Grundgesetz Nach Art. 6 I GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Diese Vorschrift enthält (nach der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts) a) eine Institutsgarantie (Ehe und Familie dürfen nicht „abgeschafft" werden), b) eine Verbürgung des Rechtes und der Freiheit, die Ehe mit einem selbstgewählten Partner einzugehen, c) ein Grundrecht auf Schutz vor störenden Eingriffen des Staates und d) eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte Ehe und Familie betreffende Recht (BVerfG, FamRZ 1968, 582; FamRZ 1971, 414; FamRZ 1974, 126). Nach Art. 6 II GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht, über deren Betätigung die staatliche Gemeinschaft wacht. In diesen Vorschriften wird die Familie verstanden als geschlossener, eigenständiger Lebensbereich. Die Verfassung verpflichtet den Staat, diese Einheit und Selbstverantwortlichkeit der Familie zu respektieren. Art. 6 GG gibt der Familie also nicht nur einen Anspruch auf staatlichen Schutz, er schützt die Familie auch vor unzulässigen Eingriffen 4

Grundbegriffe

§ 1 IV 6

des Staates. Auf diesen Schutz vor staatlichen Eingriffen pflegen sich Eltern insbesondere im Rahmen des sog. Elternrechts zu berufen. Wie weit dieser Schutz reicht, hat das BVerfG sehr klar ausgesprochen: Das Recht der Eltern auf die Pflege und Erziehung ihrer Kinder ist zwar ein Grundrecht, aber ein Grundrecht, das den Eltern auch Pflichten auferlegt. Art. 6 II GG schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer natürlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Eltern, die sich dieser Verantwortung entziehen, können sich auf den Schutz des Art. 6 II G G nicht berufen (BVerfG, FamRZ 1968, 584). IV. Literatur 1. Die umfassendste systematische Darstellung des Familienrechts enthalten die großen Lehrbücher von Dölle (Familienrecht, Bd. I [1964], Bd. II [1965] und Gemhuher (Lehrbuch des Familienrechts, 2. Aufl. 1971). 2. Eine vorzügliche kürzere Darstellung des Familienrechts bietet das Kurzlehrbuch von Beitzke, Familienrecht, 18. Aufl. 1976. 3. Die umfassendste Kommentierung des Familienrechts enthält die 10./11. Aufl. des Kommentars von Staudinger. Es fehlt darin lediglich noch die Kommentierung von einem Teil des EheG. An Kommentarliteratur sind weiter zu nennen: Soergel-Siehert, 10. Aufl. 1971, BGBRGRK, 12. Aufl. (im Erscheinen), die Kurzkommentare von Palandt und Erman, sowie Odersky, Nichtehelichengesetz, 3. Aufl. 1973. 4. Von neueren Monographien seien nur die wichtigsten genannt: Wolf-Lüke-Hax, Scheidung und Scheidungsrecht (1959); Müller-Freienfels, Ehe und Recht (1962); Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger (1970); Lieb, Die Ehegattenmitarbeit (1970); Jayme, Die Familie im Recht der unerlaubten Handlungen (1971). 5. Fallsammlungen sollen die Lehrbücher ergänzen. Es liegen vor in der Reihe Schönfelder, Prüfe Dein Wissen: Beitzke, Familienrecht, 6. Aufl. 1970. In der Reihe „Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen" des C. F. Müller-Verlages: Henrich, BGB-Familienrecht, 1969. 6. An Zeitschriften, die sich insbesondere mit Fragen des Familienrechts beschäftigen, sind zu nennen: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ); Das Standesamt (StAZ); Der Amtsvormund (DAV); Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt (ZBIJugR); Recht der Jugend (RdJ). 5

§2 1 1

I. Abschnitt: Eherecht

I. A B S C H N I T T : E H E R E C H T

§ 2. Das Verlöbnis /W/: Balduin und Kunigunde sind verlobt. Durch Zufall erfährt Kunigunde, daß Balduin mit einigen anderen Frauen intime Beziehungen unterhält. Sie tritt daraufhin vom Verlöbnis zurück. Die Aufregung führt bei ihr zu einem Nervenzusammenbruch, zu Magenbeschwerden, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen. 1. Kann sie wegen dieser Gesundheitsschäden Schadensersatz und ein Schmerzensgeld verlangen? 2. Muß sie den Verlobungsring zurückgeben, den Balduin ihr geschenkt hatte?

I. Der Verlöbnistatbestand Von einem Verlöbnis spricht man, wenn zwei Personen verschiedenen Geschlechts einander die Ehe versprechen. Ein solches gegenseitiges Versprechen bedarf keiner besonderen F o r m . Weder brauchen Ringe gewechselt, noch Anzeigen verschickt zu werden. Diese feierlichen Formen erleichtern lediglich den Nachweis des Verlöbnisses. Merke: Das eigentliche Verlöbnis geht der feierlichen Verlobung regelmäßig voraus. U b e r die Rechtsnatur des Verlöbnisses herrscht lebhafter Streit. Folgende Ansichten werden vertreten: 1. Die Verlobung ist ein gewöhnlicher Vertrag. Sie beruht auf zwei korrespondierenden Willenserklärungen (Vertragstheorie; h. M., vgl. etwa Soergel-Lange, § 1297 Bern. 2). Problem: Liegen zwei Willenserklärungen vor? Die Willenserklärung ist bekanntlich eine Willensäußerung, die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet ist, der deswegen eintritt, weil er gewollt ist. Nach dem Gesetz bestehen die Rechtsfolgen des Verlöbnisses lediglich darin, daß bei einem Rücktritt vom Verlöbnis eine Pflicht zum Ersatz des negativen Interesses entstehen kann und daß dann, wenn die Eheschließung unterbleibt, Geschenke unter bestimmten Voraussetzungen zurückverlangt werden können. Diese Rechtsfolgen treten aber unabhängig davon ein, ob sie gewollt waren oder nicht. Gewollt ist allein die zukünftige Eheschließung. Auf Eingehung der Ehe kann jedoch nicht geklagt werden, § 1297 I. N u n ist zwar die Erzwingbarkeit der versprochenen Leistung kein notwendiges Wesensmerkmal eines Vertrages (die Leistung persönlicher Dienste kann z. B. ebenfalls nicht erzwungen werden, § 888 II ZPO). 6

Das Verlöbnis

§2 1

3

Aber: Ist eine vertraglich versprochene Leistung nicht erzwingbar, so ist bei einer schuldhaften Nichtleistung das positive Interesse zu ersetzen. Bei einem Bruch des Verlöbnisses billigt das Gesetz jedoch nur Ersatz des negativen Interesses zu. Diese Besonderheiten erwecken Zweifel an der Richtigkeit der h. M. 2. Die Verlobung ist ein familienrechtlicher Vertrag (StaudingerDietz, Vorbem. 23 ff. vor § 1297). War die Braut minderjährig und hat sie sich ohne Zustimmung ihrer Eltern verlobt, so hat sie nach der h. M. keine Schadensersatzansprüche, wenn der Bräutigam vom Verlöbnis zurücktritt; denn aus einem schwebend unwirksamen Vertrag können keine Rechtsfolgen hergeleitet werden. Diese offensichtliche Lücke versucht die Theorie des familienrechtlichen Vertrags zu schließen. Sie sieht in der Verlobung zwar einen Vertrag, aber einen Vertrag sui generis, der den Regeln des Allgemeinen Teils nicht in allen Beziehungen unterliegt. Insbesondere soll zur Eingehung des Verlöbnisses nicht gem. §§ 107, 408 Geschäftsfähigkeit der Brautleute erforderlich sein. An ihre Stelle soll nach einer Ansicht eine besondere Verlöbnisfähigkeit treten, die jeder haben soll, der die zur Erkenntnis der Bedeutung des Eheversprechens erforderliche geistige und sittliche Reife besitzt, nach einer anderen Meinung eine analoge Anwendung des § 30 EheG (die Ehe eines beschränkt Geschäftsfähigen ist aufhebbar). Nach der letztgenannten Ansicht ist die Verlobung eines Minderjährigen nicht schwebend unwirksam, sondern schwebend wirksam (so Staudinger-Dietz, Vorbem. 32 vor § 1297). Gegen die Theorie des familienrechtlichen Vertrages sprechen dieselben Bedenken wie gegen die allgemeine Vertragstheorie. 3. Die Verlobung ist kein Vertrag, sondern ein gesetzliches Rechtsverhältnis (Canaris, Das Verlöbnis als „gesetzliches" Rechtsverhältnis, AcP 1965, l f f . ) . Nach dieser - jüngsten - Theorie ist das Verlöbnis kein Vertrag, sondern ein gesetzliches Rechtsverhältnis ohne primäre Leistungspflicht, das seine Grundlage in der Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen findet. Das Verlöbnis kommt nach dieser These zustande durch die Schaffung des Vertrauenstatbestandes, also die (erkennbare) Bereitschaft zur Eheschließung, und das (erkennbare) Vertrauen des Partners hierauf

(Canaris a. a. O., 15).

Fragen: Erweckt ein junger Mann, der zwei Jahre lang mit einem Mädchen „geht", nicht (zumindest in bestimmten Kreisen) den Anschein, er habe die Absicht zur Eheschließung? Wird das Mädchen nicht darauf „vertrauen"? Kann man die beiden aber deswegen schon als verlobt ansehen, obgleich nie ein Eheversprechen abgegeben worden ist? 7

§2 1 4

I. Abschnitt: Eherecht

Weiter: Ein Vertrauenstatbestand kann auch einseitig gesetzt werden. Will man ein Verlöbnis annehmen, wenn nur ein Teil den Anschein erweckt hat, die Ehe eingehen zu wollen, ohne daß der andere Teil seinerseits eine entsprechende Absicht bekundet hat? Und zuletzt: Von welchem Zeitpunkt an beginnt das Verlöbnis? 4.

Stellungnahme

Für die zuletzt genannte Theorie vom Verlöbnis als gesetzlichem Rechtsverhältnis spricht ihre Lebensnähe. Liebende, die sich gegenseitig die Ehe versprechen, haben nicht das Bewußtsein, rechtsgeschäftlich zu handeln oder gar, einen Vertrag abzuschließen. Andererseits kann auf eine zeitliche Fixierung des Verlöbnisbeginns nicht verzichtet werden. Diese zeitliche Fixierung ergibt sich aus dem wechselseitigen Eheversprechen, d. h. der erklärten Bereitschaft, den Partner heiraten zu wollen. Voraussetzung eines solchen Eheversprechens ist, daß der Erklärende eine verständnisvolle Einsicht in das Wesen des Verlöbnisses hat. Die Partner müssen sich wechselseitig die Ehe versprochen haben. Nichts zwingt jedoch dazu, die beiden Erklärungen nur als Willenserklärungen im rechtstechnischen Sinn gelten zu lassen. Zu beachten ist nämlich folgendes: Die Verlobung erschöpft sich nicht in dem Versprechen späterer Eheschließung,.sie begründet auch eine soziale Beziehung zwischen den Verlobten, den sog. Brautstand. Dieser Brautstand (oft ebenfalls „Verlöbnis" genannt) ist die eigentliche Basis für die vom Gesetz gewährten Schadensersatzansprüche. Der Status als Verlobter, der durch die Verlobung begründet wird, aber diesen einmaligen Einigungsakt überdauert, verpflichtet zu einem bestimmten Verhalten. Wer diesen Statuspflichten zuwiderhandelt, enttäuscht inanspruchgenommenes Vertrauen. Der Brautstand ist damit ein Rechtsverhältnis, das zwar einen gegenseitigen Austausch von Eheversprechen voraussetzt, nicht jedoch einen Vertrag; denn seine Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob sie gewollt waren oder nicht. Insofern kann man in der Tat mit Carums in bezug auf das Verlöbnis - als einer sozialrechtlichen Dauerverbindung - von einem gesetzlichen Rechtsverhältnis sprechen. Man muß lediglich ergänzend hinzufügen, daß dieses Rechtsverhältnis zu seiner Vorbedingung den gegenseitigen Austausch von Eheverprechen hat, die aber keine rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen zu sein brauchen.

8

Das Verlöbnis

II.

§ 2 11 1

Gültigkeitsvoraussetzungen

1. Geschäftsfähigkeit - Verlöbnisfähigkeit Nach der herrschenden Vertragstheorie bedarf ein Minderjähriger zu einer Verlobung gem. § 107 der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter. Ist der „Verlobungsvertrag" vom Minderjährigen ohne diese Einwilligung geschlossen worden, so ist er schwebend unwirksam. Seine Wirksamkeit hängt von der Genehmigung der gesetzlichen Vertreter ab, § 108 I. Das bedeutet: Durch die Anwendung der Vorschriften, die ihn schützen sollen, kann der Minderjährige um seine Ansprüche gebracht werden — ein merkwürdiges Ergebnis! Nach der Theorie vom familienrechtlichen Vertrag brauchen die Verlobten nicht voll geschäftsfähig zu sein. Teils wird eine auf bloßer Einsicht beruhende besondere Verlöbnisfähigkeit vorausgesetzt, teils läßt man beschränkte Geschäftsfähigkeit genügen, die dann zu einem schwebend wirksamen Verlöbnis führen sott. Frage: Kann in diesem letzteren Fall aus dem schwebend wirksamen Verlöbnis ein unwirksames Verlöbnis werden? Staudinger-Dietz, Vorbem. 35 f. vor § 1297: Der beschränkt Geschäftsfähige kann, solange der gesetzliche Vertreter nicht zugestimmt hat, seine Erklärung widerrufen (Widerruf ist kein Rücktritt!). Dem gesetzlichen Vertreter steht ein solches Widerrufs recht nicht zu. Der Widerruf ist ebenso wie die Rücktrittserklärung höchstpersönlich. Der voll geschäftsfähige Partner kann ebenfalls - wie im Fall der Eheschließung mit einem Minderjährigen (§ 30 I EheG) - seine Erklärung nicht widerrufen. Er hat nur die Möglichkeit des Rücktritts (mit den Konsequenzen der §§ 1298 ff.). Aber: Nach § 30 I, 2 EheG kann, solange der Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nur sein gesetzlicher Vertreter die Aufhebung der Ehe begehren. Wendet man § 30 EheG analog an, so muß man (zumindest auch) dem gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit geben, die Verlobungserklärung des Minderjährigen zu widerrufen. Nach der Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses kommt das Verlöbnis zustande, ohne daß es auf die Geschäftsfähigkeit ankäme, weil eben kein rechtsgeschäftliches, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis vorliegt. Danach kann selbst ein Geschäftsunfähiger die Rechtsfolgen der §§ 1298 ff. geltend machen. Knüpft man dagegen, wie wir es für richtig halten, die Entstehung des gesetzlichen Rechtsverhältnisses an ein wechselseitiges Eheversprechen, so muß man wiederum zwar keine Geschäftsfähigkeit, wohl aber die zur Erkenntnis der Bedeutung des Eheversprechens erforderliche geistige und sittliche Reife verlangen. 9

§ 2 III 2

I. Abschnitt: Eherecht

2. Gesetzesverstoß Sittenwidrigkeit Nach h. M. ist eine Verlobung, die gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt, nichtig, §§ 134, 138, z. B. die Verlobung eines noch Verheirateten oder bereits Verlobten (RGZ 170, 72; 105, 245). Demgegenüber besagt die Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses: Die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Vorschriften sind nicht anwendbar. Fall: Ein verlobtes Mädchen lernt einen anderen Mann kennen. Es beschließt, die frühere Verlobung zu lösen. Ehe die Rücktrittserklärung dem früheren Partner zugeht und damit wirksam wird, kommt eine zweite Verlobung zustande. Die Partner verkehren intim miteinander. Soll der Schadensersatzanspruch des Mädchens, wenn der zweite Partner vom Verlöbnis grundlos zurücktritt, davon abhängen, ob die Verlobung einen Tag vor oder einen Tag nach der Auflösung des ersten Verlöbnisses stattgefunden hat? Hier führt die Theorie des gesetzlichen Rechtsverhältnisses offensichtlich zum befriedigenderen Ergebnis. III. Allgemeine

Verlöbniswirkungen

1. Durch die Verlobung wird der Brautstand (das Verlöbnis), ein personenrechtliches Verhältnis, begründet, das als voreheliches Gemeinschafts Verhältnis zur Ehe führen soll. O b damit auch eine Rechtspflicht zur Eheschließung entsteht, ist bestritten. Die Befürworter einer Rechtspflicht zur Eheschließung verweisen auf die Notwendigkeit eines „Rücktritts" als Mittel der Lösung des Verlöbnisses (vgl. Beitzke, § 5 II, 1), die Gegner argumentieren damit, daß jeder Verlobte jederzeit vom Verlöbnis zurücktreten könne, daß also die Erfüllung der „Pflicht" vom Belieben der Verlobten abhänge. Das aber, so sagen sie, sei mit dem Wesen einer Rechtspflicht unvereinbar (vgl. Canaris, AcP 165, 4f.). Praktische Bedeutung hat dieser Streit nicht. Entscheidend ist, daß aus einem Verlöbnis jedenfalls nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden kann, § 1297 I. 2. Verlobte sind Angehörige

i. S. des StGB.

Beispiel: X erlangt Kenntnis von einem bevorstehenden Bankraub. Die Räuber, denen das wiederum zu Ohren kommt, bemächtigen sich der Braut des X und drohen ihm: „ W e n n Sie plaudern, stirbt die Braut!" Lies §§ 138, 35 StGB! Oder: Die Braut erfährt, daß ihr Verlobter einen Raub plant. Sie zeigt die Tat trotz § 138 StGB nicht an. O b von einer Strafe abgesehen werden kann, hängt davon ab, ob sich die Braut ernstlich bemüht hat, den Verlobten von der Tat abzuhalten, § 139 III StGB.

10

Das Verlöbnis

§ 2 IV 3

Lies femer: §§ 247, 258 VI StGB. 3. Verlobte haben ebenso wie nahe Verwandte und Verschwägerte ein Zeugnisverweigerungsrecht im Zivil- und Strafprozeß (vgl. z. B. § 383 Z P O , § 52 StPO). IV.

Der Rücktritt vom Verlöbnis und seine Folgen

1. Das Verlöbnis kann jederzeit durch den Rücktritt eines Verlobten aufgelöst werden. Zu unterscheiden ist zwischen einem grundlosen und einem begründeten Rücktritt. Der grundlose Rücktritt verpflichtet zum Schadensersatz, der begründete Rücktritt nicht. Der Rücktritt ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die keiner Form bedarf und nur vom Verlobten selbst abgegeben werden kann. Zum Rücktritt eines beschränkt Geschäftsfähigen ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die Entscheidung, einen Menschen nicht heiraten zu wollen, muß (ebenso wie die Entscheidung, einen Menschen heiraten zu wollen) allein den Verlobten überlassen werden. 2. Der grundlose

Rücktritt

Grundlos ist der Rücktritt, wenn er ohne wichtigen Grund erfolgt, vgl. § 1298 III. Wie der grundlos Zurücktretende wird behandelt, wer durch sein Verschulden dem anderen einen wichtigen Rücktrittsgrund gibt, § 1299, z. B. durch seine Untreue den anderen zur Lösung des Verlöbnisses veranlaßt. Ebenso muß behandelt werden, wer schuldhaft einen Rücktrittsgrund gibt und dann selbst aus wichtigem Grund zurücktritt, z. B. wegen einer durch Untreue erworbenen Geschlechtskrankheit. Wichtige Gründe sind z. B.: Untreue, Mißhandlungen, Beleidigungen (auch Beleidigungen Angehöriger), schwere Krankheit, schwere Charakterfehler. Kein wichtiger Grund ist der selbstverschuldete Irrtum über die Vermögensverhältnisse des anderen Teils. Ebenfalls ist kein wichtiger Grund i. S. des Gesetzes die Überzeugung, nicht zueinander zu passen, obgleich gerade dies der wichtigste Grund ist! Aber hier fehlt es an der Nachprüfbarkeit. 3. Die Schadensersatzpflicht

gem. §§

1298ff.

Ein grundloser Rücktritt verpflichtet den Zurücktretenden zu Schadensersatz. 11

§ 2 IV 3

I. Abschnitt: Eherecht

Der Ersatzanspruch geht nicht auf das positive Interesse, sondern nur auf das negative Interesse. Zu ersetzen sind nicht die Vorteile, die die Ehe gebracht hätte, sondern die Nachteile, die man nicht erlitten hätte, wenn man den späteren Rücktritt vorhergesehen hätte; vgl. StaudingerDietz, § 1298 Anm. 24. Ersatzberechtigt sind: (1) der Verlobte und (2) die Eltern oder Personen, die anstelle der Eltern gehandelt haben. Eltern oder Dritte können nur Ersatz des Schadens verlangen, der daraus erwachsen ist, daß sie während der Verlobungszeit in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind (§ 1298 I, 1): Kosten des Verlobungsschmauses, der Verlobungsanzeigen, der Aussteuer. Der verlassene Verlobte kann darüber hinaus auch das sonstige Vertrauensinteresse ersetzt verlangen (§ 1298 I, 2), etwa den Schaden, den er dadurch erlitten hat, daß er in Erwartung der Ehe eine Stellung oder eine Wohnung aufgegeben hat. Zu ersetzen sind in diesem Fall nur angemessene Aufwendungen oder Schäden, die durch angemessene Maßnahmen entstanden sind (§ 1298 Immaterielle Schäden werden grundsätzlich nicht ersetzt. Eine Ausnahme statuiert § 1300: Eine unbescholtene Braut, die ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet hat, kann wegen ihres immateriellen Schadens eine billige Entschädigung in Geld verlangen (Kranzgeld). Streitfragen: a) Wann ist eine Braut unbescholten? Unbescholtenheit bedeutet Unversehrtheit der Geschlechtslehre, nicht Jungfräulichkeit (Witwe mit Kind!). Nach heute herrschender Meinung führt jeder freiwillig gewährte nichteheliche Verkehr zur Bescholtenheit, gleichgültig, ob er verborgen geblieben oder bekannt geworden ist (vgl. B G H , FamRZ 1972, 464; OLG Düsseldorf, FamRZ 1972, 463; Gemhuber, § 8 V, 2). Nach Ansicht ihrer Gegner wird diese Auffassung dem Ziel des § 1300 nicht gerecht, der verlassenen Braut nämlich für ihre verminderten Heiratsaussichten einen Ausgleich zu gewähren. Diesen Ausgleichsanspruch, so meinen sie, verdiene die Braut nur dann nicht, wenn ihre Heiratsaussichten durch den Verkehr mit dem Verlobten nicht vermindert werden konnten, weil sie schon zuvor wegen eines ausgesprochen unsittlichen Lebenswandels gering waren (vgl. RGZ 149, 147 und neuerdings Ott, MDR 1973, 105).

12

§2

Das Verlöbnis

V

b) Ist § 1300 verfassungsgemäß? § 1300 wird zwar einhellig als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Nur vereinzelt wird jedoch Verfassungswidrigkeit behauptet (z. B. O L G Hamburg, FamRZ 1972, 461: Zubilligung einer Entschädigung läuft auf eine Entwürdigung der Frau hinaus). Feststeht, daß noch immer die Frau durch den Bruch eines Verlöbnisses schwerer betroffen wird als der Mann (Minderung der Heiratsaussichten, insbesondere wenn sie ein nichteheliches Kind hat!). Aus diesem Grund hält die h. M. § 1300 mit Art. 3 II G G für vereinbar; vgl. B G H , FamRZ 1974, 524. c) Ist auch ein minderjähriger

Verlobter

schadensersatzpflichtig?

Die Frage stellt sich dann, wenn man entgegen der h. M. annimmt, daß die Verlobung eines Minderjährigen auch dann gültig sein kann, wenn der gesetzliche Vertreter ihr nicht zugestimmt hat. Nach der Lehre vom Verlöbnis als familienrechtlichem Vertrag kann der Minderjährige seine Verlobungseiklärung widerrufen. Ein solcher Widerruf soll nach dieser Ansicht das Verlöbnis rückwirkend auflösen. Die §§ 1298-1300 sind in diesem Fall nicht anwendbar (StaudingerDietz, § 1298 Anm. 5). Erfolgt kein Widerruf, so entstehen Schadensersatzansprüche, ggf. auch gegen den Minderjährigen. Canaris: Der grundlos zurücktretende Minderjährige haftet nicht. Die Rechtsordnung hat sich in allen Fällen eines Prinzipienwiderstreits für den Satz entschieden: „Schutz mangelnder Geschäftsfähigkeit geht vor Vertrauensschutz" (AcP 165, 19). Aber: Der Satz, ein Minderjähriger dürfe nicht mit Ersatzpflichten belastet werden, gilt nur im Vertragsrecht, nicht bei gesetzlichen Rechtsverhältnissen. Hier bestimmt sich seine Verantwortlichkeit nach § 828. O b der minderjährige Partner schadensersatzpflichtig wird, hängt darum von seiner Einsichtsfähigkeit ab. 4. Schadensersatzansprüche

aus unerlaubter

Handlung

Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung können neben den Ansprüchen aus den §§ 1298ff. nur geltend gemacht werden, wenn der Sachverhalt über den Bruch der Verlöbnistreue hinaus eine unerlaubte Handlung des Verlöbnispartners ergibt; vgl. O L G Düsseldorf, FamRZ 1962, 429. V. Der Anspruch auf Herausgabe

der

Brautgeschenke

Alle Endigungsgründe des Verlöbnisses außer der Heirat - also grundloser und begründeter Rücktritt, Aufhebung im wechselseitigen Einverständnis, Tod - erzeugen grundsätzlich einen Anspruch jedes 13

§2 V

I. Abschnitt: F.herecht

Verlobten auf Herausgabe der Brautgeschenke (= Geschenke während des Verlöbnisses) nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, ,§ 1301 S. 1. Die Vorschrift ist nicht zwingend. Für den Fall des Todes eines Verlobten ist sogar im Zweifel der Ausschluß der Rückforderung als gewollt anzusehen, § 1301 S. 2. Problem: Kann den Rückforderungsanspruch auch geltend machen, wer die Eheschließung wider Treu und Glauben verhindert hat? Konkret: Ist § 815 anwendbar? § 815 2. Alt. baut auf dem Kondiktionsanspruch des § 812 I, 2, 2. Alt. auf. Seine entsprechende Anwendung auch auf den Anspruch aus §1301 würde voraussetzen, daß der dieser Bestimmung zugrundeliegende Sachverhalt dem Anwendungsbereich der sog. condictio causa data, causa non secuta zumindest rechtsähnlich ist. Das ist indessen nicht der Fall. § 812 I, 2, 2. Alt. betrifft die Fälle, in denen der Empfänger einer Leistung mit der Leistung zu einem bestimmten Verhalten veranlaßt werden soll, das nicht erzwungen werden kann. Die finale Verknüpfung zwischen Leistung und bezwecktem Erfolg macht die in § 812 I, 2, 2. Alt. vorausgesetzte Zweckvereinbarung zu einem entgeltlichen Geschäft. Demgegenüber ist eine Schenkung kein entgeltliches Geschäft. Sie wird vielmehr gerade dadurch gekennzeichnet, daß die Vermögensmehrung einverständlich ohne „Gegenleistung" erfolgen soll. Richtig ist zwar, daß im Fall des § 1301 die Partner bei der Schenkung regelmäßig von der Erwartung der Eheschließung ausgehen. Diese Erwartung wird jedoch nicht zum Vertragsinhalt. Vielmehr baut der Geschäftswille der Parteien erst auf der gemeinsamen Vorstellung vom künftigen Zustandekommen der Ehe auf. Das heilst aber nichts anderes, als daß der Gesetzgeber in § 1301 generell die Erwartung der Eheschließung unterstellt und stets als rechtlich relevante Geschäftsgrundlage der Schenkung ansieht. Der Anspruch aus § 1301 ist seiner Rechtsnatur nach somit kein Kondiktionsanspruch, sondern eine „Spielart des Wegfalls der Geschäftsgrundlage" (Dölle I, § 6 VII, 2). Seine Verweisung auf das Bereicherungsrecht bestimmt - zum Schutz des Schuldners - nur den Umfang der Herausgabepflicht (§§ 818ff.). Eine entsprechende Anwendung des § 815 ist daher abzulehnen (Dölle a. a. O.; anders jedoch die wohl h. M., BGHZ 45, 258; Staudinger-Dietz, § 1J01 Anm. 11; Gemhuber, § 8 VI, 1).

14

Die Ehe

§3 11

VI. Hinweise für die Lösung des Ausgangsfalles Zu Frage 1: a) Ergibt sich eine Anspruchsgrundlage aus den §§ 1298ff.? Sind Heilungskosten „ A u f w e n d u n g e n " oder „Maßnahmen" in Erwartung der Ehe? (Nein!) b) § § 823ff.? Im Verhalten des B könnte eine bedingt vorsätzliche oder fahrlässige Gesundheitsverletzung gesehen werden. Aber: § 1298 ist gegenüber den §§ 823 ff. lex specialis. Liegt nichts weiter vor als ein Bruch der Verlöbnistreue, so können daraus keine Deliktsansprüche abgeleitet werden.

Zu Frage 2: Die Antwort ergibt sich aus den Ausführungen zu Abschnitt V. Eingehende Lösung des Falles in: Henrich, Fälle und Lösungen, S. 1 ff.

§ 3. D i e E h e I. Zum Begriff der Ehe 1. Im geltenden Recht wird die Ehe nicht definiert. Im Schrifttum ist lebhaft umstritten, was zum Begriff und Wesen der Ehe gehört. Die h. M . sagt (vgl. Staudinger-Dietz, Einleitung 86ff. vor EheG): Die Ehe ist eine vor jedem Recht gegebene Erscheinung des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft. Das Bild der Ehe, das ihrer Erscheinung und Wertung innerhalb der menschlichen Gemeinschaft zugrundeliegt, ist in besonders starkem Maß von ethischen Vorstellungen geprägt. Von diesem Bild geht auch das Recht aus und hat der Gesetzgeber auszugehen. Es bestimmt den Gehalt der rechtlichen Ordnung der Ehe. Dieses - vom Recht nur zum Teil gestaltete - Bild der Ehe ist in erster Linie gemeint, wenn man von der Institution der Ehe spricht. Die Ehe ist, so wie sie sich aus christlich-europäischer Tradition entwickelt hat, die Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau. Nur die monogame Ehe ist „Ehe". Sie ist Lebensgemeinschaft in doppeltem Sinn: sie ist umfassend und sie ist auf lebenslange Gemeinschaft hin angelegt. In ihrer konkreten Erscheinung als eheliche Gemeinschaft zwischen zwei individuellen Personen ist die Ehe aber auch ein Rechtsverhältnis, dessen Gestalt und Wirkung sowohl durch die Individualität der Personen wie durch die rechtliche Konzeption der Institution bestimmt wird 4 Die Ehe kommt durch einen Vertrag (Eheschließung) zustande, ist aber selbst kein Vertrags Verhältnis. 15

§ 3 12

I. Abschnitt: Eherecht

2. Die hier vorgetragene h. M. fordert zur Kritik heraus. Die merkwürdige Aussage, daß die Ehe zwar durch einen Vertrag, nämlich die Eheschließung, zustande kommt, aber kein Vertragsverhältnis ist, ist kirchlichen Ursprungs. Nach den Lehren der Kirchen sollte die Ehe zwar durch einen Vertrag (consensus) geschlossen werden, gleichzeitig aber als natürliche und göttliche Einrichtung dem Willen der Vertragsschließenden entzogen sein. Sowohl nach katholischem als auch nach evangelischem Kirchenrecht stand den Eheleuten weder über die Ehezwecke, noch über die Ehedauer, noch über die Auflösung der Ehe, noch über die ehemännliche Vorrangstellung das Verfügungsrecht zu. Das Naturrecht der Aufklärung unterstellte demgegenüber die Ehe gänzlich dem Vertragsrecht (vgl. D. Schwab, Die Familie als Vertragsgesellschaft im Naturrecht der Aufklärung, Quademi Fiorentini 1972, 357ff.). Allein die Ehegatten sollten den Inhalt ihrer Ehe bestimmen. Vorgegebene Ehezwecke (Erzeugung von Nachkommenschaft) wurden abgelehnt (z. B. durch Fichte), desgleichen eine von Natur aus gegebene Pflicht zur ehelichen Treue, zum ständigen Zusammenleben sowie die Vorrangstellung des Mannes (Thomasius). Auch Kant hielt die Ehe noch solchermaßen für einen Vertrag. Das 19. Jahrhundert brachte wiederum eine Umkehr. Nunmehr hieß es z. B. bei Hegel: „Unter den Begriff vom Vertrag kann die Ehe nicht subsumiert werden; diese Subsumtion ist in ihrer - Schändlichkeit, muß man sagen - bei Kant aufgestellt". (Sämtliche Werke, Bd. 7, 132). Unter seinem Einfluß stehen die Autoren, die auch heute wiederum sagen, Verträge seien nur bezüglich solcher Gegenstände möglich, die der selbstverantwortlichen Bestimmung durch die einzelnen Rechtsgenossen mindestens der Art nach zugänglich sind, und das sei gerade bei der Ehe nicht der Fall. Nur der Abschluß der Ehe sei frei, der Inhalt der Ehe, ihre rechtliche Ausgestaltung, sei der freien Disposition der Eheleute ebensowenig zugänglich wie die Auflösung der Ehe. In Wahrheit sei deswegen die Ehe eine überindividuelle Institution, ebenso wie Staat und Kirche überindividuelle Institutionen seien (Raiser, in: 100 Jahre deutsches Rechtsleben, Juristentagsfestschrift Bd. I, 107f.). Das Problematische dieser Auffassung besteht darin, daß der Inhalt der Ehe dann vorrechtlich bestimmt werden muß, d. h. einer Weltanschauung entnommen wird. Weltanschauungen aber sind austauschbar. Welche soll für die Ehe gelten? Etwa die Auffassung der katholischen oder der evangelischen Kirche? Auch der Nationalsozialismus bejahte die Institutionenlehre und verknüpfte gerade mit der Ehe ganz bestimmte Vorstellungen. Deswegen empfiehlt sich gegenüber der These, die Ehe sei eine Institution, Zurückhaltung (vgl. Wo//, JZ 1967, 749, 751; Müller-Freienfels, JZ 1974, 305ff„ 312f.). 16

Da- Ehe Hinzu kommt, daß die gegen die Vertragsnatur der Ehe aufgestellte Behauptung, die Ehe sei der Disposition der Eheleute entzogen, heute nicht mehr akzeptiert werden kann. Zwar ist die Gestaltungsfreiheit der Ehegatten nicht so groß wie die Gestaltungsfreiheit der Partner eines schuldrechtlichen Vertrages. Insbesondere können die Ehegatten nach geltendem Recht die Ehe nicht durch einen bloßen Vertrag wieder aufheben. Im Rahmen der Gesetze können die Ehegatten jedoch über den Inhalt ihrer konkreten Ehe entscheiden: Ob sie Kinder haben wollen oder nicht (str.), ob die Frau berufstätig sein soll oder nicht usw. Daß die privatautonome Gestaltung der Ehe durch die Ehegatten bisher wenig Verteidiger fand, mag mit der bis vor kurzem herrschenden patriarchalischen Eheauffassung zusammenhängen. Es gab früher keine freie Einigung, sondern ein Bestimmungsrecht des Mannes und eine Gehorsamspflicht der Frau. Die Idee der Gleichberechtigung sollte auch hier einen Wandel schaffen. Zusammenfassend läßt sich feststellen: Gegen die Konzeption der Ehe als „Institution" sprechen gewichtige Bedenken. Auf der anderen Seite sind die Gründe, die angeblich gegen die Vertragsnatur der Ehe sprechen, nicht überzeugend. Das führt zu dem Schluß: Die Ehe des bürgerlichen Rechts ist ein vertraglich begründetes privatrechtliches Verhältnis, das zwar nicht frei widerrufbar ist, dessen Inhalt im übrigen jedoch im Rahmen der Gesetze von den Ehegatten bestimmt werden kann. II.

Charakteristische

Merkmale

der Ehe des bürgerlichen

Rechts

Nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers darf eine Ehe nur geschlossen werden zwischen einem Mann und einer I-rau. Sie ist auf ungeteilte Lebensgemeinschaft gerichtet und auf Lebenszeit angelegt. Mehr läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch hier werden häufig darüber hinausgehende Behauptungen aufgestellt, z. B.: „Die Ehe ist ihrem Wesen nach unauflöslich" (vgl. B G H Z 18, 13, 17; B G H , FamRZ 1960, 188; Wilkens, Theologische Erwägungen zur Ehescheidung, FamRZ 1969, 57, 59). Oder: „Die Ehe ist ihrem Wesen nach zur Erzeugung und Erziehung von Kindern bestimmt" (so die katholische Lehre: vgl. Enzyklika „Casti connubii" Pius XI. [1930]; ebenso die Auffassung der nationalsozialistischen Rechtslehre: vgl. RGR-Kommentar zum BGB, Bd. IV, 9. Aufl. 1940, Vorbem. vor § 1 EheG, S. 23; ähnlich noch heute: Dolle I, § 5 I, 3). Aus diesen Behauptungen werden dann Konsequenzen gezogen, beispielsweise, daß alle Vorschriften, die eine Scheidung gestatten, restriktiv, eng, auszulegen seien, oder daß eine Einigung der Ehegatten, keine 17

§413

I. Abschnitt: Eherecht

Kinder haben zu wollen, nichtig sei. Indessen haben alle diese Ansichten im geltenden Recht keine Grundlage. Aus dem Gesetz ergibt sich, daß die Ehe unter bestimmten Voraussetzungen geschieden werden kann. Daran hat sich der Richter zu halten. Er hat in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Scheidung möglich ist. Bei dieser Prüfung darf er nicht unter Berufung auf das „Wesen der Ehe" die Vorschriften extensiv oder restriktiv auslegen. Und unter keinen Umständen darf er sich auf das Wesen einer Ehe berufen, die nicht die Ehe des bürgerlichen Rechts ist. Aus dem Gesetz ergibt sich weiter, daß die Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind (§ 1353). Dazu rechnet auch die Geschlechtsgemeinschaft. Nicht verpflichtet sind die Ehegatten zur Zeugung von Kindern. Entscheiden sie sich, keine Kinder haben zu wollen, dann verstoßen sie damit nicht gegen das Wesen der Ehe.

§ 4. Die Form der Eheschließung I. Geschichtliche Entwicklung 1. Wenn man vom Frauenraub absieht, der schon im Ausgang der Völkerwanderung unterdrückt wurde, darf man als germanische Form der Eheschließung die Sippenvertragsehe bezeichnen. Sie war die herrschende Form bis ins hohe Mittelalter. Die Ehe wurde geschlossen zwischen dem Mann und der Sippe der Braut. Der Mann gab der durch den Muntwalt vertretenen Sippe der Braut eine Freundesgabe, den sog. Muntschatz. Mit der Annahme des Muntschatzes wurde die Sippe der Braut zur Übergabe der Braut verpflichtet („Kaufehe"). Die Brautübergabe fand in feierlicher Form statt. Ihr folgten die Heimführung in das Haus des Mannes, das offenkundige Beschreiten des Ehebettes und am Morgen nach der Brautnacht die Überreichung der Morgengabe durch den Mann, der dadurch die Frau als Hausfrau anerkannte. 2. Neben der Sippenvertragsehe hatte eine weite Verbreitung die sog. Friedelehe. Die Friedelehe kam ohne einen Muntvertrag zustande, konnte demzufolge auch gegen den Willen der Sippe der Braut geschlossen werden. Ehebegründend wirkte hier allein der Konsens der Brautleute. 3. Unter dem Einfluß der Kirche, insbesondere nachdem sich die Ansicht von der Sakramentsnatur der Ehe durchgesetzt hatte, wurde der Konsens der Brautleute das entscheidende Element der Eheschließung: Consensus facit nuptias. Als Spender des Sakraments wurden die Gatten 18

§ 4 II 1

Die F o r m der Eheschließung

angesehen, nicht der Priester. Die Beiwohnung bedeutete nur noch „Vollziehung" der Ehe, die damit nach kirchlicher Lehre unauflöslich wurde. Diese Lehre hatte die nachteilige Folge, daß auch heimliche Ehen gültig geschlossen werden konnten. Um diesem Mißstand abzuhelfen, schrieb das Konzil von Trient (1563) die Mitwirkung eines Geistlichen und zweier Zeugen vor. Ein Verstoß gegen diese Formvorschrift sollte fortan zur Nichtigkeit der Ehe führen. 4. Nach der Lehre der evangelischen Kirche spenden sich die Ehegatten nicht gegenseitig ein Sakrament, vielmehr wird die Ehe durch die Handlung der Trauungsperson (Geistlicher, Standesbeamter) geschlossen. Die Handlung bestand ursprünglich in dem Zusammensprechen und -der Segnung. Heute nimmt die Kirche nur noch die Segnung vor. Auf das Zustandekommen der Ehe ist die Segnung jedoch ohne Einfluß. 5. Die Ziviltrauung der modernen Zeit erscheint erstmals in den Niederlanden (16. Jh.) und Großbritannien (17. Jh.). Allgemein durchgesetzt hat sie sich im 19. Jahrhundert. Man unterscheidet: a) die Zwangszivilehe (eine Ehe kann nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden): Sie wurde eingeführt in Frankreich 1792, in Preußen 1874, im Deutschen Reich 1875 und gilt ferner in Belgien, in den Niederlanden, in Luxemburg, in Österreich, in der Schweiz und in den sog. sozialistischen Staaten. b) die fakultative Zivilehe (die Eheschließenden haben die Wahl, ob sie vor einem Standesbeamten oder vor einem Geistlichen die Ehe schließen wollen): Sie gilt in Italien, Portugal, Skandinavien, England und einem Großteil der USA. c) Die kirchliche Eheschließung ist in unserem Kulturbereich nur noch in wenigen Ländern zwingend vorgeschrieben, so z. B. in Griechenland, in Spanien (dort allerdings nur für Katholiken), in einigen Provinzen Kanadas und zwei Einzelstaaten der USA.

II. Die Formvorschriften

des

EheG

Das EheG enthält eine Reihe von Formvorschriften. Ihre Nichtbeachtung kann teils zur Folge haben, daß eine Ehe überhaupt nicht existiert, teils, daß sie nichtig ist. Es gibt aber auch Formvorschriften, deren Nichtbeachtung auf die Gültigkeit der Ehe keinen Einfluß hat (Soll-Vorschriften). 1. Die Formvorschrift, bei deren Nichtbeachtung eine Ehe nicht zustande kommt, enthält § 11 EheG. Danach kommt eine Ehe nur zustande, wenn die Eheschließung vor dem Standesbeamten stattgefunden' hat. 19

§ 4 II 3

I. Abschnitt: Eherecht

Beachte: Ein Standesbeamter kann nur innerhalb seines Bezirks tätig werden. Außerhalb seines Bezirks ist er nicht Standesbeamter, eine vor ihm geschlossene Ehe somit eine Nichtehe (sofern nicht § 11 II EheG eingreift). Die Eheschließung vor einem Geistlichen begründet keine Ehe. Man spricht auch hier von einer Nichtehe oder einem matrimonium non existens. Eine Ausnahme für Ausländer enthält § 15a EheG. 2. Formvorschriften, bei deren Nichtbeachtung eine Ehe nichtig ist Der Begriff der Nichtigkeit ist bei einer Ehe ein anderer als bei sonstigen Rechtsgeschäften. Bei gewöhnlichen Rechtsgeschäften bedeutet Nichtigkeit, daß sich jedermann auf die Nichtigkeit berufen kann und daß das Rechtsgeschäft keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. 'Dagegen kann sich auf die Nichtigkeit einer Ehe nicht jedermann von Anfang an berufen. Eine Berufung auf die Nichtigkeit einer Ehe ist vielmehr erst dann zulässig, wenn die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist, § 23 EheG. Bis zur Nichtigerklärung besteht die Ehe. Man spricht darum statt von nichtigen Ehen besser von vernichtharen Ehen. Außerdem ist eine nichtige Ehe nicht ohne Rechtsfolgen. Insbesondere sind Kinder, die in einer nichtigen Ehe geboren werden, ehelich und bleiben es auch dann, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird. Nichtig ist eine Ehe, wenn die Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgeschriebenen Form stattgefunden hat, § 17 I EheG. Nach § 13 I EheG müssen die Verlobten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Diese Erklärungen müssen gem. § 13 II EheG unbedingt und unbefristet sein. Also: Eine Eheschließung durch Stellvertreter oder Boten (sog. „Handschuhehe") ist nichtig, desgl. nach h. L. auch eine Eheschließung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung (Dolle I § 18 VI; PalandtDiederichsen, § 13 EheG Anm. 3b). 3. Formvorschriften, deren Nichtbeachtung die Gültigkeit der Ehe nicht berührt (Soll-Vorschriften). a) Aufgebot, § 12 EheG: Das Aufgebot ist ein öffentlicher Hinweis auf die bevorstehende Eheschließung. Es wird eine Woche lang am Standesamt ausgehängt, § 3 PStG. Veraltet und überflüssig! b) Eheschließung vor dem zuständigen Standesbeamten. Zuständig ist der Staridesbeamte, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 15 EheG. c) Eheschließung vor zwei Zeugen, § 14 EheG. 20

D i e sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung

§ 5 II 1

d) Der Standesbeamte soll an die Verlobten einzeln und nacheinander die Frage richten, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen. Nach der Bejahung soll er aussprechen, daß die Verlobten nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute seien, § 14 EheG in Verbindung mit § 1 8 4 II, 2 der Dienstanweisung für Standesbeamte e) Die Eheschließung soll in das Heiratsbuch eingetragen werden, § 14 I I EheG i. V. mit § 9 PStG. Anschließend legt der Standesbeamte ein sog. Familienbuch an, § 12 PStG.

§ 5. Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung I. Voraussetzungen,

bei deren Fehlen keine Ehe

vorliegt

1. Ehen gibt es nur zwischen Mann und Frau. Zwei Männer können einander ebensowenig heiraten wie zwei Frauen. Tritt allerdings eine Geschlechtsumwandlung erst später ein - etwa auf Grund eines operativen Eingriffs - , so kann dies nichts daran ändern, daß zunächst einmal eine Ehe bestanden hat. Die Ehe kann deswegen nur ex nunc aufgelöst werden. Von den beiden Möglichkeiten der Auflösung ex nunc (Aufhebung oder Scheidung) bietet sich in einem solchen Fall die Aufhebung wegen Irrtums über eine persönliche Eigenschaft (die Möglichkeit einer Geschlechtsumwandlung dürfte als Anlage bereits im Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden gewesen sein) eher an als die Scheidung. 2. Jeder Ehegatte muß vor dem Standesbeamten erklären, den anderen heiraten zu wollen. Bei einem Dissens kommt keine Ehe zustande.

II.

Voraussetzungen,

hei deren Fehlen eine Ehe nichtig ist

Beachte: Nichtig i. S. des EheG bedeutet nicht absolut nichtig ( = ohne jede Rechtswirkung), sondern vernichtbar (s. o. § 4 II, 2). 1. Die einzelnen Voraussetzungen a) Geschäfts- und Urteilsfähigkeit der Verlobten: Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig war oder sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand, §§ 2, 18 21

§ 5 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

EheG. Das Mindestmaß geistiger Reife oder Klarheit, das für jedes Rechtsgeschäft verlangt wird, ist natürlich auch Vorbedingung des Eheschlusses. Eine Eheschließung im Vollrausch ist somit ebenso nichtig wie eine Eheschließung in Agonie.

b) Kein Ehegatte darf z. Zt. der Eheschließung mit einem Dritten verheiratet sein, §§ 5, 20 EheG: Niemand darf eine Ehe eingehen, bevor seine frühere Ehe für nichtig erklärt oder (durch Tod, Aufhebung oder Scheidung) aufgelöst worden ist. Heiratet er trotzdem, so ist seine zweite Ehe bigamisch und damit vernichtbar. Die zweite Ehe ist bigamisch auch dann, wenn der Eheschließende seinen ersten Ehegatten irrtümlich für tot gehalten hat. Aber: Wird ein verschollener Ehegatte - irrtümlich - für tot erklärt, so wird damit (gem. § 9 I VerschG) sein Tod und infolgedessen auch die Auflösung seiner Ehe vermutet (die Ehe jedoch noch nicht aufgelöst). Der zurückgebliebene Ehegatte kann sich aufgrund dieser Vermutung wieder verheiraten. In diesem Fall wird dann mit der zweiten Eheschließung die erste Ehe aufgelöst, es sei denn, daß beide Partner der zweiten Ehe bei der Eheschließung wußten, daß der für tot Erklärte den Zeitpunkt der Todeserklärung überlebt hat, § 38 EheG. c) Kein Ehegatte darf mit dem anderen in einem verbotenen Grade verwandt oder verschwägert sein, § § 4 , 21 EheG: Eine Ehe ist verboten zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie, § 4 I, 1 EheG. Verwandtschaft bedeutet hier Blutsverwandtschaft. Das Eheverbot besteht auch dann fort, wenn infolge einer Adoption (§ 1755) das Verwandtschaftsverhältnis des adoptierten Kindes zu seinen bisherigen Blutsverwandten erloschen ist § 4 1 , 2 EheG i. d. F. des Adoptionsgesetzes vom 2. 7. 1976. Das Verbot der Schwägerschaft wird von Ramm (Eheverbot und Ehenichtigkeit, J Z 1963, 47ff., 81 ff. für verfassungswidrig gehalten, weil es gegen das Grundrecht auf Eheschließung (An. 2, 6 G G ) verstoße. Nun ist zwar richtig, daß das Eheverbot der Schwägerschaft, ebenso wie das Eheverbot der Verwandtschaft, auf sittlichen Uberzeugungen beruht, daß man zu seiner Verteidigung auf das „Wesen der Ehe" Bezug nimmt, daß rationale Gründe (z. B. medizinischer Natur: Nachkommenschutz) aber fehlen. Dem Gesetzgeber ist es jedoch nicht verwehrt, bei der Gesetzgebung auf die sittlichen Vorstellungen der Mehrheit der Bürger Rücksicht zu nehmen. Ändern sich diese Uberzeugungen, so wird auch das Gesetz sich ändern müssen. Es geht jedoch zu weit, jedes Gesetz für verfassungswidrig zu halten, das mit geänderten sittlichen Uberzeugungen nicht mehr übereinstimmt (wobei noch nachzuprüfen wäre, ob sich in bezug auf das Eheverbot der Schwägerschaft die sittliche Uberzeugung der Mehrheit des Volkes

Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung

§ 5 II 3

wirklich geändert hat). Von der h. M. wird deswegen mit Recht die Verfassungsmäßigkeit des § 4 I EheG bejaht; vgl. BVerwGE 10,240; O L G Hamm, FamRZ

1963, 248; Staudinger-Dietz, § 4 EheG Anm. 30.

2. Dispensable und indispensable Eheverbote Von den Eheverboten, die im Fall ihrer Nichtbeachtung die Nichtigkeit der Ehe zur Folge haben, sind einige dispensabel, andere indispensabel. a) Keine Befreiung ist möglich vom Eheverbot der Blutsverwandtschaft, keine Befreiung auch vom Eheverbot der Doppelehe. b) Dagegen kann Befreiung erteilt werden vom Eheverbot der Schwägerschaft. Die Befreiung erteilt das Vormundschaftsgericht. Sie ist regelmäßig zu erteilen. Versagt werden darf sie nur dann, wenn wichtige Gründe der Eingehung der Ehe entgegenstehen. Bei der Frage, was wichtige Gründe sind, ist vom Sinn des Eheverbots auszugehen. Das Eheverbot basiert auf sittlichen Erwägungen. Das bedeutet, daß die Befreiung nur versagt werden darf, wenn die Eheschließung vom sittlichen Standpunkt aus als besonders anstößig erscheint. Das bloße Bestehen der Schwägerschaft rechtfertigt dieses sittliche Verdikt noch nicht. Danach, ob die Ehe voraussichtlich Bestand haben wird ( die typische Frage, die bei der Befreiung vom Erfordernis der Ehemündigkeit gestellt wird), darf hier nicht gefragt werden; vgl. Staudinger-Dietz, § 4 EheG Anm. 45; § 6 Anm. 51 ff.; str. Zur Befreiung von Eheverboten, die lediglich als Sollvorschriften ausgestaltet sind, s. u. V. 3. Einige nichtige Ehen können geheilt werden, andere nicht a) Geheilt werden kann eine Ehe, die mangels Geschäfts- oder Urteilsfähigkeit eines Verlobten nichtig ist. Eine solche Ehe ist nämlich als von Anfang an gültig anzusehen, wenn der Ehegatte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit, der Bewußtlosigkeit oder der Störung der Geistestätigkeit zu erkennen gibt, daß er die Ehe fortsetzen will, § 18 II EheG. b) Geheilt werden kann eine Ehe zwischen Verschwägerten. Sie ist von Anfang an als gültig anzusehen, wenn die Befreiung von dem Verbot nachträglich bewilligt wird, § 21 II EheG. c) Nicht heilbar ist eine Ehe zwischen Blutsverwandten und nicht heilbar ist eine bigamische Ehe. Die bigamische Ehe bleibt also auch dann nichtig, wenn die erste Ehe später durch Tod oder Scheidung aufgelöst wird. Keine formlose „Bestätigung" durch Fortsetzung! Aber: In - seltenen - Ausnahmefällen kann die Ehenichtigkeitsklage wegen unzulässiger Rechtsausübung abgewiesen werden; BGHZ 30, 140; 37, 51; BGH, FamRZ 1975 , 332. 23

§ 5 III 2 III.

I. Abschnitt: F.herecht

Voraussetzungen,

bei deren Fehlen eine Ehe aufhebbar ist

1. Eine Aufhebung kommt in Betracht, wenn die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters in die Eheschließung fehlte oder die Eheschließung auf einem Irrtum, einer arglistigen Täuschung oder einer Drohung beruht, sowie wenn ein fälschlich für tot erklärter Ehegatte wieder auftaucht, dessen Gatte eine neue Ehe geschlossen hatte. Merke: Aufhebung bedeutet nicht Vernichtung ex tunc, sondern Auflösung ex nunc. In den Wirkungen gleicht also die Aufhebung einer Scheidung. Der Unterschied: Die Scheidung erfolgt aus Gründen, die während der Ehe entstanden sind, die Aufhebung aus Gründen, die im Zeitpunkt der Eheschließung bereits bestanden haben. Im Fall des Irrtums, der arglistigen Täuschung und der Drohung tritt die Aufhebung an die Stelle der Anfechtung. Die Anfechtung einer Ehe gibt es nicht. 2. Aufhebung wegen fehlender Einwilligung des gesetzlichen Vertreters Zu einer Eheschließung bedarf ein beschränkt Geschäftsfähiger der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, § 3 I EheG, d. h. regelmäßig seiner Eltern. Wird die Ehe ohne diese Einwilligung geschlossen, so ist sie nicht schwebend unwirksam (§ 108 ist nicht anwendbar), sondern schwebend wirksam. Die Aufhebung kann verlangen: solange die Geschäftsbeschränktheit andauert, nur der gesetzliche Vertreter, § 30 I, 2 EheG; wenn der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte voll geschäftsfähig geworden ist, nur er selbst, § 30 I, 1 EheG. Die Aufhebung kann nicht mehr verlangt werden, wenn der gesetzliche Vertreter die Ehe genehmigt oder der Ehegatte, nachdem er unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will, § 30 II EheG. Verweigert der gesetzliche Vertreter die Einwilligung in die Eheschließung oder die Genehmigung der Ehe ohne triftige Gründe, so kann der Vormundschaftsrichter sie auf Antrag des Verlobten, der der Einwilligung bedarf, bzw., bei Verweigerung der Genehmigung der Ehe, auf Antrag eines Ehegatten ersetzen §§ 3 III, 30 III EheG. Was „triftige G r ü n d e " sind, ist umstritten. Der Streit geht vornehmlich darum, o b die Entscheidung ausschließlich am Interesse des Minderjährigen auszurichten ist (so Staudinger-Dietz, § 3 EheG Anm. 119) oder ob daneben - freilich nur in zweiter Linie - auch Interessen der Eltern oder der Familie berücksichtigt werden k ö n n e n (so B G H Z 21, 340). Triftige G r ü n d e können z. B. sein: schlechter Ruf oder Vorstrafen des Verlobten, ein sehr erheblicher Altcp.unterM.hitd, der 24

Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung

§ 5 III 3

U m s t a n d , daß nach dem Heimatrecht des Mannes die Stellung der Frau besonders schlecht ist u. a. m.

J. Aufhebung

wegen

Irrtums

Ausgangsfall: M o r i t z und Frieda sind seit dem 2. September 1964 verheiratet. Sie kannten sich seit Anfang J u n i 1964. Ende Juni kam es zwischen ihnen zum ersten geschlechtlichen V e r k e h r . Einige Wochen später eröffnete Frieda dem M o r i t z , daß sie sich schwanger fühle. M i t Rücksicht auf die Schwangerschaft beschleunigten die beiden die Heirat. Als am 9. J a n u a r 1965 Frieda einer g e s u n d e n Tochter das Leben schenkt, schließt Moritz aus diesem frühen Zeitp u n k t der G e b u r t , daß das Kind nicht von ihm abstammen könne. Aus Entt ä u s c h u n g d a r ü b e r trennt er sich von seiner Frau und erhebt Aufhebungsklage. Gleichzeitig ficht er die Ehelichkeit des Kindes an. Die Nichtehelichkeit wird rechtskräftig festgestellt.

Ein Irrtum macht die Ehe insbesondere dann aufhebbar, wenn ein Ehegatte sich über solche persönliche Eigenschaften des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten, § 32 I EheG. Persönliche Eigenschaften sind Merkmale, die eine bestimmte Person kennzeichnen. Das können körperliche, sittliche, geistige oder seelische Merkmale sein. Persönliche Eigenschaften sind z. B. unheilbare Krankheiten, Impotenz, Unfruchtbarkeit, Trunksucht, sexuelle Hemmungslosigkeit. Keine persönlichen Eigenschaften sind: Zugehörigkeit zu einer Rasse oder zu einer Religionsgemeinschaft (sie kennzeichnen nicht eine bestimmte Person). Zur Aufhebung berechtigt nur ein erheblicher Irrtum: Wenn eine Kleinbäuerin einen krankhaften Hang zum Schlafen hat, ist anzunehmen, daß der irrende Ehegatte bei Kenntnis der Sachlage sie nicht geheiratet hätte; vgl. BGH, NJW 1957, 1517. Verlangt wird sowohl objektive als auch subjektive Erheblichkeit des Irrtums. Zu fragen ist darum beispielsweise: (1) Ist ein krankhafter Hang einer Frau zum Schlafen generell geeignet, einen Mann bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abzuhalten (objektive Erheblichkeit)? (2) Hätte das krankhafte Schlafbedürfnis den konkreten Ehegatten bei Kenntnis der Sachlage von der Eingehung der Ehe abgehalten (subjektive Erheblichkeit)? Die erste Frage kann wohl bejaht werden, bei der zweiten kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an: Bei einem Kleinbauern wird die subjektive Erheblichkeit zu bejahen sein, bei einem Matrosen, der seine Frau nur wenige Tage im Jahre sieht, kann man sie verneinen. 25

§ 5 III 4

I. Abschnitt: Eherecht

Fehlende Jungfräulichkeit ist zwar ein körperliches Merkmal, hält jedoch bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe niemand von der Eingehung der Ehe ab. Man denke etwa an die Heirat einer verwitweten Frau. Hinzukommen müssen in einem solchen Fall stets sittliche Merkmale. Bestritten ist, ob die Schwangerschaft einer Frau eine persönliche Eigenschaft darstellt. Die überwiegende Auffassung verneint die Frage mit der Begründung, eine persönliche Eigenschaft müsse etwas Dauerndes, die Persönlichkeit Bestimmendes sein; die Schwangerschaft sei dagegen etwas Vorübergehendes. Trotzdem läßt man bei einem Irrtum über die Schwangerschaft die Aufhebung zu. Unterschieden werden dabei zwei Fälle: (1) Der Mann glaubt irrtümlich, die Frau sei schwanger oder nicht schwanger. (2) Der Mann glaubt irrtümlich, die Frau sei von ihm schwanger, in Wahrheit ist die Frau von einem anderen Mann schwanger. Im ersten Fall sagt man, die Schwangerschaft sei nicht nur ein wesentlicher, nicht zufälliger Bestandteil der Persönlichkeit, sondern auch geeignet, das Wesen der Frau üfcer die Zeit der eigentlichen Schwangerschaft hinaus zu prägen (Dölle I, § 26 B I, 4d). Persönliche Verhältnisse, die derart in der Persönlichkeit begründet sind, seien persönlichen Eigenschaften gleichzustellen. Im zweiten Fall argumentiert man, die aus der Schwangerschaft folgende seelische Bindung der Mutter an das Kind gehöre ebenfalls zu diesen persönlichen Verhältnissen, die den persönlichen Eigenschaften gleichstünden (OLG Hamm, FamRZ 1966, 150). Einfacher wäre es, würde man die Schwangerschaft als persönliche Eigenschaft der Frau ansehen, was sie im natürlichen Sprachgebrauch ja auch ist. Die Entscheidung über die Aufhebbarkeit der Ehe würde dann im zweiten Stadium des Prüfungsverfahrens fallen, bei der Frage nämlich, ob der Irrtum über die Schwangerschaft objektiv und subjektiv für die Eheschließung erheblich ist, bzw. im konkreten Fall erheblich war. Im Ausgangsfall wären wohl beide Fragen zu bejahen. Vgl. im einzelnen Henrich, Fälle und Lösungen, S. 5 ff. D i e Aufhebung der Ehe ist ausgeschlossen, wenn der Ehegatte nach E n t d e c k u n g des Irrtums zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will oder wenn sein Verlangen nach Aufhebung mit Rücksicht auf die bisherige Gestaltung des ehelichen Lebens als sittlich nicht gerechtfertigt erscheint, § 32 II E h e G . In letzterem Fall spricht man von einer „Bewährung" der Ehe. 4.

Aufhebung

wegen

arglistiger

Täuschung

Erforderlich ist eine Täuschung über solche Umstände, die den Ehegatten bei Kenntnis der Sachlage und richtiger Würdigung des Wesens der E h e von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten, § 33 I E h e G . Beispiele: Vorhandensein nichtehelicher Kinder, Vorspiegelung der Absicht, sich kirchlich trauen zu lassen. Keine Aufhebung gibt es bei einer Täuschung über die verhältnisse, § 33 III E h e G . 26

Vermögens-

Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung

§ 5 IV

Auch bei einer arglistigen Täuschung ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn der Ehegatte nach Entdeckung der Täuschung zu erkennen gegeben hat, daß er die Ehe fortsetzen will, § 33 II EheG. 5. Aufhebung wegen Drohung Beachten Sie den Wortlaut des § 34 EheG: Der Ehegatte muß zur Eingehung der Ehe „widerrechtlich durch Drohung" bestimmt worden sein (also nicht: durch eine widerrechtliche Drohung!). Frage: Wann ist die Bestimmung zur Eheschließung durch eine D r o h u n g widerrechtlich? Antwort: Nicht nur, wenn die angedrohten Mittel selbst widerrechtlich oder unsittlich sind (Einsperren der Tochter), sondern auch dann, wenn sie zu dem erstrebten Erfolg der Eheschließung in keinem erträglichen Verhältnis stehen, wie z. B. die Drohung eines vermögenden Vaters gegenüber dem Sohn mit einer Enterbung. Dagegen wird man die D r o h u n g des verwitweten Vaters, erneut zu heiraten, wenn ihm der Sohn die gewünschte Schwiegertochter nicht ins Haus bringe, nicht als widerrechtliche Bestimmung zur Eheschließung ansehen können. 6. Wiederauftauchen eines fälschlich für tot erklärten Gatten Die Todeserklärung begründet bekanntlich die Vermutung, daß der für tot Erklärte gestorben und damit auch seine Ehe aufgelöst sei. Die erneute Eheschließung des zurückgebliebenen Ehegatten ist rechtswirksam (s. o. II, 1 b). Aber: Wenn der fälschlich für tot Erklärte wieder auftaucht, muß sein früherer Ehegatte die Möglichkeit haben, in die alte Ehe zurückzukehren. Deshalb erklärt § 39 I EheG in diesem Fall die neue Ehe für aufhebbar.

IV. Erschöpfende

Aufzählung

Die Gründe, aus denen eine Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben werden kann, sind im Gesetz erschöpfend aufgezählt, §§ 16, 28 EheG. Weitergehende Vorschriften des Allgemeinen Teils sind damit ausgeschlossen. Also: Kein Angriff auf die Ehe in den Fällen einer dem Gegner bekannten Mentalreservation (§ 116 S. 2), der Scheinerklärung (§ 117) und der nicht ernstlichen Erklärung (§ 118). Auch § 138 macht eine Ehe nicht nichtig (Geldheirat!). Aber: Unsittliche oder gegen das Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft verstoßende Nebenabreden sind nichtig. 27

§ 5 V3

I. Abschnitt: Eherecht

Beispiel: Beide Ehegatten vereinbaren, d a ß die Eheschließung n u r einem Kind d e n Status eines ehelichen Kindes verschaffen soll, im übrigen aber keine eheliche G e m e i n s c h a f t b e g r ü n d e t , die Ehe vielmehr alsbald wieder geschieden w e r d e n soll.

V. Voraussetzungen, bei deren Fehlen zwar keine Ehe geschlossen Verden darf, die die Gültigkeit der Eheschließung aber nicht berühren 1.

Ehemündigkeit

Eine Ehe soll nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden, § 1 I EheG i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 3 1 . 7 . 1974. Da das Eheverbot die Gültigkeit einer trotzdem geschlossenen Ehe nicht berührt, besteht seine einzige Wirkung darin, daß der Standesbeamte die Trauung verweigern muß, wenn er die fehlende Ehemündigkeit eines Ehegatten feststellt. Von dem Eheverbot kann Befreiung erteilt werden, wenn der Antragsteller, gleichgültig, ob Mann oder Frau, das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein zukünftiger Ehegatte volljährig ist, § 1 II EheG. Bei der Befreiung, der sog. Ehemündigerklärung, prüft das Vormundschaftsgericht in erster Linie, ob die beabsichtigte Ehe Bestand verspricht. Der Wunsch des geschwängerten Mädchens, das Kind in einer Ehe zur Welt zu bringen, wird häufig hinter einem solchen Antrag stehen, spielt bei der Entscheidung aber kaum eine Rolle. 2. Einwilligung des Sorgeberechtigten Steht dem gesetzlichen Vertreter nicht gleichzeitig die Sorge für die Person des Minderjährigen zu (typischer Fall vor dem Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes: Vormund - uneheliche Mutter; heute selten), so ist auch die Einwilligung des Sorgeberechtigten erforderlich, § 3 II EheG. Aber: Während die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters die Ehe aufhebbar macht, ist die fehlende Einwilligung des Sorgeberechtigten auf die Wirksamkeit der Ehe ohne Einfluß. Außerdem kann die Einwilligung ersetzt werden, § 3 III EheG. 3. Keine Adoptiwerwandtschaft

oder

-schwägerschaft

Personen, die in einem solchen Grade miteinander verwandt oder verschwägert sind, daß sie einander nicht heiraten dürften, wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft auf einer blutmäßigen Abstammung beruhte ( § 4 1 EheG), sollen einander auch dann nicht heiraten, wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft auf einer Adoption 28

Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Khe

§ 6 I 1

b e r u h t , § 7 I, 1 EheG i. d. F. des Adoptionsgesetzes vom 2. 7. 1976. D a s Eheverbot gilt nur so lange, wie das Annahmeverhältnis besteht, § 7 I, 2 E h e G . V o n diesem Eheverbot kann das Vormundschaftsgericht Befreiung erteilen. Die Befreiung ist nur zu versagen, wenn wichtige Gründe der E i n g e h u n g der Ehe entgegenstehen, § 7 II E h e G . Dazu, was wichtige G r ü n d e sind, vgl. oben II, 2 b. 4.

Wartezeit

E i n e Frau soll nicht vor Ablauf von 10 Monaten nach der Auflösung ihrer früheren E h e eine neue Ehe eingehen, § 8 I EheG. Grund: Zweifel darüber, o b ein innerhalb dieser Frist geborenes Kind vom ersten oder vom zweiten M a n n stammt, sollen vermieden werden.

Befreiung ist zulässig, § 8 II E h e G . 5. Auseinandersetzungszeugnis

des

Vormundschaftsrichters

D u r c h eine Eheschließung können Rechte eines Kindes aus erster Ehe o d e r eines nichtehelichen Kindes beeinträchtigt werden. Deshalb verlangt § 9 E h e G die Vorlage eines Zeugnisses über eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung. 6. Fehlen eines Ehefähigkeitszeugnisses

für

Ausländer

D i e Voraussetzungen f ü r eine Eheschließung richten sich nach deutschem IPR nach dem Heimatrecht der Eheschließenden. Da der deutsche Standesbeamte nicht das Recht aller Länder zu kennen braucht, wird von Ausländern verlangt, daß sie ein Zeugnis ihres Heimatlandes d a r ü b e r beibringen, daß d e r Ehe kein Hindernis entgegensteht, § 10 EheG.

§ 6. Die Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe I. Die 1. Vorläufige

Nichtigerklärung

Wirksamkeit

Bis zu ihrer Nichtigerklärung hat die nichtige Ehe im wesentlichen die W i r k u n g e n einer gültigen Ehe. D . h . : Kinder aus einer solchen Ehe sind ehelich, es entstehen Unterhaltsansprüche und -pflichten, stirbt ein Ehegatte, so hat d e r andere ein Erbrecht (bei einer bigamischen Ehe des M a n n e s haben also bei seinem Tode beide Frauen ein Erbrecht!). 29

§6 1 4

I. Abschnitt: Eherecht

2. Klageberechtigung Klageberechtigt sind der Staatsanwalt, jeder Ehegatte (auch der Bösgläubige!), bei Doppelehe auch der Ehegatte der früheren Ehe. Wenn die Ehe aufgelöst ist, kann nur der Staatsanwalt die Klage erheben, § 24 I EheG. Sind beide Gatten gestorben, kann eine Nichtigkeitsklage nicht mehr erhoben werden, § 24 II EheG (wichtig für die Erben!). 3. Verfahren Die Nichtigkeitsklage gehört zu den „Ehesachen", §§ 606ff. ZPO. Das Verfahren in Ehesachen weist gegenüber dem gewöhnlichen Zivilprozeß Besonderheiten auf. So gibt es z. B. kein Versäumnisurteil, das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören, Ermittlungen können von Amts wegen angestellt werden. Das Urteil, das die Ehe für nichtig erklärt, ist ein Gestaltungsurteil. Beachte: Soll die Nichtexistenz einer Ehe festgestellt werden, so kann unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO (Feststellungsinteresse!) eine Feststellungsklage erhoben werden. Aber: Auf die Nichtexistenz einer Ehe kann man sich auch ohne ein entsprechendes Feststellungsurteil berufen. 4. Wirkungen der Nichtigerklärung Durch die Nichtigerklärung wird die Ehe vernichtet. Weil indessen Geschehenes nicht ungeschehen gemacht werden kann, hat die Nichtigerklärung nur in Ausnahmefällen andere Wirkungen als eine Ehescheidung. a) Kinder bleiben ehelich, §§ 1591, 1719. b) Vermögensrechtlich treten grundsätzlich dieselben Folgen ein wie bei einer Scheidung, § 26 I EheG i. d. F. des 1. EheRG. Nur dann, wenn ein Ehegatte die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt hat, also die Ehe bösgläubig geschlossen hat, kann der andere, gutgläubige Ehegatte für die Zukunft statt der Scheidungsfolgen die Nichtigkeitsfolgen wählen. Er kann binnen sechs Monaten nach der Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils erklären, daß die für den Scheidungsfall vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen für die Zukunft ausgeschlossen sein sollen, § 26 II EheG. Waren beide Ehegatten bei der Eheschließung bösgläubig, so bleibt es beim Grundsatz des Abs. 1, also bei der Maßgeblichkeit der Scheidungsfolgen. Beispiel: Ein verarmter und kranker Heiratsschwindler hat eine vermögende Frau geheiratet und dabei seine Bindung durch eine erste Ehe verschwiegen. Wird die Ehe für nichtig erklärt, so kann die Frau ihre Unterhaltspflicht durch eine Erklärung nach § 26 II EheG beenden. 30

D i e Nichtigerklärung und die Aufhebung einer Ehe

§ 6 II 3

Auch bei grundsätzlicher Geltung der Scheidungsfolgen ist eine Ausnahme zu beachten. Im Fall einer bigamischen Ehe nämlich hat der bösgläubige Ehegatte, also derjenige, der die Ehenichtigkeit bei der Eheschließung gekannt hat, insoweit keine Ansprüche auf Unterhalt und Versorgungsausgleich, als diese Ansprüche entsprechende Rechte des Ehegatten der früheren Ehe beeinträchtigen würden, § 26 III EheG. Beachte: Die Option des gutgläubigen Ehegatten für die Nichtigkeitsfolgen wirkt nur für die Zukunft. Vorgänge, die in der Vergangenheit liegen, können durch sie nicht mehr berührt werden. Deshalb hat die Nichtigerklärung auch auf Rechtsgeschäfte, die ein Ehegatte vor der Nichtigerklärung mit einem Dritten geschlossen hat, keinerlei Auswirkungen. 5.

Statistik

Ehenichtigkeitsurteile sind sehr selten. Ihre Zahl geht ständig zurück. Wurden im Jahre 1950 noch 834 Ehen für nichtig erklärt, so waren es im Jahre 1974 nur noch 37 (gegenüber 98584 Ehescheidungen).

II. Die Aufhebung

der Ehe

1. Bis zur Aufhebung ist die aufhebbare Ehe voll gültig. 2.

Klageberechtigung

Klageberechtigt ist hier nicht der Staatsanwalt (kein öffentliches Interesse!), sondern nur der durch den Aufhebungsgrund geschützte Ehegatte: der beschränkt Geschäftsfähige, wenn er volljährig geworden ist (vorher: sein gesetzlicher Vertreter), der Irrende, der Getäuschte, der Bedrohte. 3.

Verfahren

a)

Klagefrist:

Die Aufhebungsklage kann nur innerhalb eines Jahres erhoben werden von dem Zeitpunkt an, in dem der Aufhebungsberechtigte von dem Aufhebungsgrund erfährt, bzw. die Klageerhebung ihm zugemutet werden kann (Beseitigung der Zwangslage!), § 35 I, II EheG. b)

Ehesache:

Auch die Klage auf Aufhebung einer Ehe ist eine Ehesache i. S. der §§ 606ff. ZPO. Das Gericht kann von Amts wegen Ermittlungen anstellen, Tatsachen, die nicht vorgebracht worden sind, gegen den Willen 31

§7

I. Abschnitt: Eherecht

des die A u f l ö s u n g begehrenden Ehegatten jedoch nur insoweit berücksichtigen, als sie geeignet sind, der Aufrechterhaltung der Ehe zu dienen, § 6 1 6 Z P O . Das Urteil ist ein Gestaltungsurteil.

4. Wirkungen der

Aufhebung

D i e Rechtsfolgen der A u f h e b u n g sind regelmäßig dieselben wie die der Scheidung, § 37 I E h e G . Zur ausnahmsweisen Ausschließung der Scheidungsfolgen durch den redlichen gegenüber dem bösgläubigen Ehepartner vgl. §§ 3 7 II, 39 II EheG i. d. F. des 1. EheRG. 5.

Statistik

Ebenso wie Ehenichtigkeitsurteile sind auch Aufhebungsurteile zunehmend seltener geworden. Wurden im Jahre 1950 noch 7 6 7 Ehen aufgehoben, so w a r e n es im Jahre 1974 nur noch 73.

§ 7. Die eheliche Lebensgemeinschaft Ausgangsfälle: (1) Balduin und Kunigunde haben 1962 geheiratet. Sie wohnen in einem Haus, das Balduins Tante gehört. Diese Tante und Balduins Mutter wohnen ebenfalls in diesem Haus. Die Frauen vertragen sich nicht. Sie gehen sich aus dem Weg. Andererseits steht Balduin ganz unter dem Einfluß seiner Mutter und seiner Tante, bei denen er sich sehr häufig aufhält. Kann Kunigunde, die darunter leidet, von Balduin einen Wohungswechsel verlangen? (2) Moritz und Frieda haben 1956 geheiratet. Im Jahre 1957 erhielt Moritz von seiner Mutter im Weg vorweggenommener Erbfolge ein Grundstück zu Eigentum übertragen. Auf diesem Grundstück bauten die Eheleute mit gemeinsamen Ersparnissen ein Wohnhaus. 1972 übertrug Moritz das Grundstück in einem „Ubergabevertrag" auf Frieda. Frieda wurde als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Kann nach der Scheidung seiner Ehe Moritz diese „Schenkung" widerrufen? (3) Der Fabrikant Fridolin heiratet 1960 seine kaufmännische Angestellte Beate. Beate arbeitet auch nach ihrer Eheschließung weiter nebenher im Betrieb mit - schon deswegen, weil die Ertragslage zu wünschen übrig läßt. Ihre Haupttätigkeit besteht in der Buchführung. Zeitlich wird sie dadurch nicht allzu sehr beansprucht. Sie ist auch an keine bestimmte Arbeitszeit gebunden. 1970 wird die Ehe geschieden. Nun verlangt Beate für ihre Mitarbeit während der Ehe eine Vergütung von 36000 DM (= 300 DM monatlich). Mit Recht? D u r c h die Eheschließung wird zwischen den Ehegatten ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet. Die Ehegatten werden zu der „ehelichen Lebensgemeinschaft" verbunden. Daraus ergeben sich 32

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§7 11

f ü r sie sowohl Rechte als auch Pflichten. Auch nach außen hin wird diese Gemeinschaft, insbesondere durch den gemeinsamen Ehe- und Familiennamen, als solche erkennbar. I. Name 1. Der

und

Staatsangehörigkeit

Name

D i e Familie f ü h r t einen gemeinsamen N a m e n . Dieser Ehe- und Familienname w a r gem. § 1355 a. F. der Name des Mannes. Die Frau k o n n t e allerdings dem N a m e n des Mannes ihren Mädchennamen hinzufügen. D i e Vorschrift wurde schon vor dem Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes von vielen f ü r gleichberechtigungs- und damit verfassungswidrig gehalten. D a s 1. E h e R G hat diesen Bedenken Rechnung getragen. N a c h § 1355 n. F. bestimmen die Ehegatten bei der Eheschließung den gemeinsamen Ehe- und Familiennamen, wobei zum gemeinsamen N a m e n der Geburtsname des Mannes oder der Geburtsname der Frau bestimmt werden kann. Geburtsname ist der N a m e , der in die G e b u r t s u r k u n d e der Verlobten zur Zeit d e r Eheschließung einzutragen ist, § 1355 II, 3. Damit ist folgendes gemeint: Im G e b u r t e n b u c h w e r d e n N a m e n s ä n d e r u n g e n des Kindes, die auf einer Legitimat i o n , einer A d o p t i o n , einer behördlichen Namensänderung, einer Namensänder u n g d e r M u t t e r u s w . beruhen, als Randvermerke eingetragen, § 30 PStG. Wird eine G e b u r t s u r k u n d e ausgestellt, so ist der N a m e einzutragen, den das Kind zur Zeit d e r Ausstellung der U r k u n d e als Geburtsname f ü h r t . Ist also das Kind der E h e l e u t e Meier v o n dem Ehepaar H u b e r adoptiert w o r d e n , so lautet nach der A d o p t i o n der G e b u r t s n a m e des Kindes nicht mehr Meier, sondern H u b e r . Beachte: Eine Eheschließung läßt den Geburtsnamen unberührt.

D e r Standesbeamte soll die Verlobten vor der Eheschließung bef r a g e n , o b sie eine Erklärung darüber abgeben wollen, welchen Eheu n d Familiennamen sie führen werden, § 13 a EheG i. d. F. des 1. E h e R G ) . G e b e n sie keine Erklärung ab, so wird der Geburtsname des M a n n e s z u m Ehe- und Familiennamen, § 1355 II, 2. O f f e n b a r schließt das Gesetz hier aus dem H e r k o m m e n auf einen vermutlichen Willen der Ehegatten. Derjenige Ehegatte, dessen Geburtsname nicht zum F.heu n d Familiennamen wird, kann seinen Namen, und zwar entweder seinen G e b u r t s n a m e n oder den N a m e n , den er zur Zeit der Eheschließung zuletzt geführt hat, dem neuen Ehe- und Familiennamen voranstellen (also nicht m e h r , wie f r ü h e r , anfügen), § 1355 III. Beispiel: W e n n das Fräulein Meier zuerst einen H e r r n H u b e r geheiratet und dessen N a m e n ü b e r n o m m e n hat und nach dessen T o d einen H e r r n Bauer und bei dieser Eheschließung vereinbart wird, daß der N a m e Bauer der Ehe- und

33

§ 7 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

F a m i l i e n n a m e w e r d e n soll, so kann die Ehefrau diesem N a m e n entweder den N a m e n Meier voranstellen o d e r den N a m e n H u b e r . Sie heißt dann, je nachdem, e n t w e d e r Meier-Bauer oder H u b e r - B a u e r .

N a c h f r ü h e r e m Recht behielt die Ehefrau nach dem T o d des Mannes dessen N a m e n bei. N u r nach einer Ehescheidung konnte sie ihren G e b u r t s n a m e n , unter Umständen auch einen früheren Ehenamen wieder a n n e h m e n . N a c h neuem Recht kann auch ein verwitweter Ehegatte d u r c h Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen o d e r den N a m e n wieder annehmen, den er zur Zeit der Eheschließung g e f ü h r t hat, § 1355 IV. H a t sich im o b i g e n Beispielsfall die Frau Bauer, geb. Meier, verwitwete H u b e r , f ü r d e n N a m e n H u b e r - B a u e r entschieden, so hat sie nach dem T o d ihres Mannes drei Möglichkeiten: Sie kann den N a m e n Huber-Bauer beibehalten, sie kann ihren G e b u r t s n a m e n Meier wieder annehmen oder sie kann sich für den N a m e n H u b e r entscheiden, den sie bis zu ihrer Eheschließung mit H e r r n Bauer geführt hat.

2.

Staatsangehörigkeit

N a c h § 6 R u S t A G i. d. F. des Gesetzes vom 19. 8. 1957 hatten Ausländerinnen, die einen Deutschen heirateten, einen Anspruch auf Erw e r b der deutschen Staatsangehörigkeit. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestanden Zweifel. Es wurde gefordert, auch dem Ausl ä n d e r , der eine Deutsche heirate, einen Anspruch auf E r w e r b der deutschen Staatsangehörigkeit zu geben. D e r Gesetzgeber hat diesen Bedenken durch das Gesetz vom 8. 9. 1969 R e c h n u n g getragen, zugleich aber die Einbürgerung sowohl f ü r E h e m ä n n e r als auch f ü r Ehefrauen erschwert, um Eheschließungen n u r z u m Z w e c k des Staatsangehörigkeitserwerbs (sog. Staatsangehörigkeitsehen) einen Riegel vorzuschieben (typischer Fall: ausländische Dirnen heiraten ihren deutschen Zuhälter und machen dann ihren Rechtsa n s p r u c h auf E r w e r b der deutschen Staatsangehörigkeit geltend, um einer A u s w e i s u n g zu entgehen). Eine Einbürgerung ist nunmehr nur noch unter den Voraussetzungen des § 6 RuStAG möglich (§ 9 I R u S t A G n. F.), d. h. der Antragsteller muß einen unbescholtenen Lebenswandel geführt, an dem O r t seiner Niederlassung eine eigene W o h n u n g o d e r ein U n t e r k o m m e n gefunden haben und m u ß außerdem imstande sein, an diesem O r t sich und seine Angehörigen zu ernähren. II.

Erb- und Pflichtteilsrechte

und sonstige

Nebenfolgen

1. Mit der Eheschließung werden beide Ehegatten gegenseitig erbund pflichtteilsberechtigt, § 1931, § 2303 II. 34

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§ 7 III 1

2. Ehegatten sind Angehörige i. S. des Strafgesetzbuches (wichtig insbesondere im Fall des § 35 StGB). Sie haben ein Zeugnis- und Gutachtenverweigerungsrecht; vgl. etwa § 383 ZPO, § 52 StPO.

III.

Die Verpflichtung

zur ehelichen

Lebensgemeinschaft

1. Die Ehe verpflichtet beide Ehegatten zur Herstellung einer vollen Lebensgemeinschaft, § 1353 I, 2. a) Volle Lebensgemeinschaft heißt geistige Gemeinschaft und körperliche Gemeinschaft, häusliche Gemeinschaft und Geschlechtsgemeinschaft. Jeder Ehegatte ist verpflichtet, alle Hindernisse zu beseitigen, die dieser ehelichen Lebensgemeinschaft entgegenstehen. Beispiel: D i e Ehegatten haben Schwierigkeiten beim ehelichen Verkehr, die durch eine O p e r a t i o n beseitigt werden können. Hier ist der betreffende Ehegatte g e m ä ß § 1353 verpflichtet, diese Operation vornehmen zu lassen, wenn zu erwarten ist, daß durch die Operation eine Zerrüttung der Ehe behoben oder vermieden wird und eine volle, wahre eheliche Gemeinschaft ermöglicht wird ( B G H , F a m R Z 1967, 33).

b) Häusliche Gemeinschaft bedeutet gemeinschaftlichen Wohnsitz. Nach früherem Recht teilte die Ehefrau kraft Gesetzes den Wohnsitz des Mannes, § 10 a. F. B G B . Heute müssen sich die Ehegatten einigen, wo der Wohnsitz sein soll. Dabei können objektive Umstände eine Rolle spielen. So wird etwa, wenn nur ein Ehegatte einen Beruf ausübt, der Wohnsitz grundsätzlich dort zu nehmen sein, wo der Ehegatte erwerbstätig ist. Nach der Aufhebung des § 10 a. F. sind jedoch auch getrennte Wohnsitze möglich (sie sind nicht dann selten, wenn beide E;.hegatten berufstätig sind). Wie die Möglichkeit getrennter Wohnsitze allerdings in Einklang mit dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft gebracht werden kann, ist eine ungeklärte Frage. c) Jeder Ehegatte hat ein Recht zum Mitbesitz an der Ehewohnung, auch wenn die Wohnung im Alleineigentum eines Ehegatten steht. Auch dieses Besitzrecht ergibt sich unmittelbar aus dem Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft. Die Konstruktion eines stillschweigenden Gebrauchsüberlassungsvertrages, deren sich der BGH einmal bediente ( B G H Z 12, 380), ist gekünstelt und überflüssig; vgl. Gemhuber, Das eheliche Vermögensrecht und die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, FamRZ 1959, 469. Problem: Kann ein Ehegatte die Ehewohnung ohne weiteres kündigen oder (bei Wohnungseigentum) veräußern? 35

§ 7 IV 1

I. Abschnitt: Hherecht

Ist z. B . der Ehemann alleiniger Mieter oder Eigentümer, so ist die Kündigung oder die Veräußerung wirksam. Die Frau kann sich dem Vermieter oder dem Erwerber gegenüber nicht auf ihr Besitzrecht berufen. Aber: Die Kündigung oder die Veräußerung kann gegen § 1353 verstoßen. Kein Ehegatte darf dem anderen die Lebensgrundlagen unzumutbar beschneiden. Die Frau kann gegen den Ehemann eine Unterlassungsklage erheben oder eine einstweilige Verfügung erwirken; vgl. Staudinger-FeIgentraeger, Vorbem. 26 vor § 1414. 2.

Wegfall

der Verpflichtung

zu ehelicher

Lebensgemeinschaft

Ein Ehegatte braucht dem Verlangen des anderen nach Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht Folge zu leisten: a) wenn sich dieses Verlangen als Mißbrauch 1. A l t . ;

darstellt, § 1353 II,

Beispiel: D e r Mann ist geschlechtskrank und verlangt von der Frau den ehelichen Verkehr.

h) wenn die Ehe gescheitert ist, § 1353 II, 2. Alt., m. a. W. die Scheidung beantragt werden könnte; c) wenn eine einstweilige Anordnung des Gerichts, die in einem Nichtigkeits-, Aufhebungs- oder Scheidungsprozeß ergangen ist, das Getrenntleben gestattet (§ 620 Ziff. 5 ZPO). 3. Auf die Feststellung des Rechts zum Getrenntleben kann geklagt werden.

IV.

Gemeinschaftliche

1. Gemeinschaftliche

Angelegenheiten

und eigener

Bereich

Angelegenheiten

Es gibt kaum Dinge in einer Ehe, die nicht mehr oder weniger beide Ehegatten angehen. Andererseits verlangt die Individualität eines jeden Ehegatten ihren eigenen Entfaltungsraum. Eine Abgrenzung zwischen diesem höchstpersönlichen und dem gemeinschaftlichen Bereich läßt sich nur schwer treffen. In etwa kann man sagen, daß eine Angelegenheit gemeinschaftlich ist, wenn sie einen deutlich fühlbaren Einfluß auf die Gestaltung des ehelichen Lebens auszuüben vermag, dergestalt, daß ein Mitspracherecht des anderen Ehegatten als richtig und notwendig empfunden wird (Dölle I, § 34 III, 1). Dazu gehört etwa die Bestimmung von Wohnort und Wohnung. Weitere gemeinschaftliche Angelegenheiten sind der Zuschnitt des Haushalts und insbesondere auch die Erziehung der Kinder. 36

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§ 7 IV 2

Über alle gemeinschaftlichen Angelegenheiten entscheiden die Ehegatten gemeinsam. § 1354 a. F., der die Entscheidungsbefugnis dem Mann übertrug, ist durch den Gleichberechtigungsgrundsatz außer Kraft gesetzt und vom Gleichberechtigungsgesetz ersatzlos gestrichen worden. Das bedeutet: Nach geltendem Recht kann kein Ehegatte einen Streit über eine gemeinschaftliche Angelegenheit durch eine einseitige Entscheidung beenden. Vielmehr sind die Ehegatten gehalten, sich um eine Einigung zu bemühen. Daß sie dabei auf die Meinung des anderen Rücksicht nehmen müssen, ergibt sich aus § 1353, der Generalklausel des Eherechts. Für die Einigung gibt es keinen Ersatz. Weder hat eine Ehegatte das Recht eines sog. Stichentscheids - noch im Regierungsentwurf des Gleichberechtigungsgesetzes war ein solcher Stichentscheid des Mannes vorgesehen; Begründung: abendländische Tradition! - , noch kann grundsätzlich - das Vormundschaftsgericht den Streit durch eine Entscheidung schlichten. Der Ehegemeinschaft muß zugemutet werden, daß die Lebenspartner sich über gemeinschaftliche Fragen verständigen, ohne daß einem von ihnen oder gar einem Dritten eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt wird. Verträgt die konkrete Ehe die Entscheidungslosigkeit nicht, so bleibt als ultima ratio nur die Scheidung (Dolle I, § 34 I, l b ) . Der Grundsatz, daß das Vormundschaftsgericht keine Möglichkeit hat, Ehestreitigkeiten zu entscheiden, erleidet eine Ausnahme dort, wo es um die Angelegenheiten eines Kindes geht. Hier dürfen die Eltern nicht auf die Scheidung als ultima ratio verwiesen werden. Vielmehr soll die Ehe der Eltern im Interesse des Kindes gerade intakt bleiben. Freilich muß das Vormundschaftsgericht in einem solchen Fall nicht stets eine Entscheidung treffen. Es wird zunächst prüfen, ob die Angelegenheit wichtig genug ist, einen gerichtlichen Eingriff zu rechtfertigen. Ist das der Fall, so kann das Vormundschaftsgericht einem Ehegatten die Entscheidungsbefugnis zuweisen (Dölle II, § 91 III, 2d). 2. Der eigene Bereich Im eigenen Bereich ist grundsätzlich jeder Ehegatte autonom: Religion, Weltanschauung, politische Betätigung, berufliche Tätigkeit, aber auch Kleidung und Frisur (Bart oder kein Bart?) sind Dinge, in denen jeder Ehegatte allein entscheidet und jedenfalls grundsätzlich auch allein entscheiden kann. In Extremfällen (Universitätsprofessor beschließt, Gammler zu werden) können eigene Angelegenheiten aber wieder zu gemeinschaftlichen Angelegenheiten werden, insbesondere wenn sie die gemeinschaftliche Lebensform berühren. 37

§ 7 IV 4

1. Abschnitt: Eherecht

Z u m eigenen Bereich gehört auch die Verwaltung des eigenen Vermögens. Aus dem G e b o t der ehelichen Lebensgemeinschaft wird aber die Pflicht abgeleitet, daß die Ehegatten sich gegenseitig über den Bestand ihres Vermögens unterrichten. Sie haben wohlgemerkt keine Auskunftsansprüche im rechtstechnischen Sinn. Sie können nicht Rechnungslegung fordern. Sie können nur verlangen, daß der Ehepartner sie darüber unterrichtet, wie sich sein Vermögen im wesentlichen zusammensetzt. Wenn also ein Ehegatte jede Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse verweigert, dann verletzt er die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft; vgl. O L G Hamburg, FamRZ 1967, 100.

3. Die Führung des Haushalts N a c h früherem Recht erstreckte sich die Entscheidungsbefugnis des M a n n e s auch auf die Führung des Haushalts. Das Gleichberechtigungsgesetz wies die Haushaltsführung dem eigenen Bereich der Frau zu. D a n a c h führte die Frau den Haushalt „in eigener Verantwortung". Der M a n n hatte lediglich noch das Wirtschaftsgeld zur Verfügung zu stellen. Diese Lösung entsprach dem T y p der Hausfrauenehe. Sie trug - in diesem Bereich - dem Gleichberechtigungsgebot Rechnung. In der Tat läßt es sich mit dem Gedanken der Gleichberechtigung durchaus vereinbaren, daß dann, wenn der Mann berufstätig ist und die Frau nicht, sie in Fragen der Haushaltsführung allein entscheidet. D e r Gesetzgeber kann aber - angesichts des Gleichberechtigungsgrundsatzes - diese Funktionsverteilung den Ehegatten nicht zwingend vorschreiben. Die Ehegatten müssen sich auch dahin entscheiden können, daß die Frau berufstätig ist und der Mann den Haushalt führt. Dem entspricht es, wenn nunmehr das 1. Eherechtsreformgesetz es den Ehegatten überläßt, die Haushaltsführung in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln. Die Ehegatten können - sie müssen es nicht - sich dahin einigen, daß ein Ehegatte die Haushaltsführung übernehmen soll. In diesem Fall leitet dann dieser Ehegatte, sei es der Mann oder sei es die Frau, den Haushalt in eigener Verantwortung, § 1356. Einigen sich die Ehegatten nicht, so gibt es niemanden, der den Haushalt „führt". Hier greift dann die Generalklausel des § 1353 ein. Beide Ehegatten müssen dazu beitragen, daß ihr Haushalt nicht verkommt.

4. Das Recht eines jeden Ehegatten auf

Berufstätigkeit

Es entsprach dem Leitbild der Hausfrauenehe, wenn das frühere R e c h t die Berufstätigkeit des Mannes als selbstverständlich unterstellte und nur eine Berufstätigkeit der Frau regeln zu müssen glaubte. Die Frau sollte — wohlgemerkt noch nach dem Gleichberechtigungsgesetz nur erwerbstätig sein dürfen, wenn und soweit dies mit ihren Pflichten 38

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§ 7 IV

5

in Ehe und Familie vereinbar war. Das 1. Eherechtsreformgesetz hat diese offensichtlich verfassungswidrige Regelung beseitigt: Nunmehr wird beiden Ehegatten ein Recht auf Erwerbstätigkeit zugestanden, bei beiden jedoch verbunden mit der Verpflichtung, bei der Wahl und Ausübung der Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen, § 1356. Praktisch heißt das etwa: Sind beide Ehegatten berufstätig, so sollen sie nach Möglichkeit versuchen, am gleichen Ort ihre Tätigkeit auszuüben. Oder: Betreibt ein Ehegatte ein kleines Ladengeschäft, das wirtschaftlich nur geführt werden kann, wenn der andere Ehegatte dabei mithilft, so widerspricht es der gebotenen Rücksichtnahme, wenn dieser seine Mitarbeit verweigert und eine andere Erwerbstätigkeit aufnimmt (es sei denn, daß durch seine Tätigkeit der Unterhalt der Familie besser gewährleistet wird als durch das Ladengeschäft). Oder: Man weiß heute, daß Kinder psychische Schäden davontragen können, wenn ihnen in ihren ersten Lebensmonaten die Mutter fehlt. Auch das sollte die Mutter bei der Berufswahl berücksichtigen, wobei flankierende Maßnahmen auf dem Gebiet des Mutterschutzes ihr die Entscheidung leicht machen sollten. 5. Verträge zwischen

Ehegatten

Ehegatten können wie unverheiratete Personen schließen: Kaufverträge, Schenkungsverträge, verträge, Arbeitsverträge, Gesellschaftsverträge. nehmen die Güterverträge ein. Von ihnen wird

Verträge miteinander GeschäftsbesorgungsEine Sonderstellung später die Rede sein.

Problematisch sind diese Verträge oft deswegen, weil die Ehegatten ein bestimmtes Verhalten zunächst nicht rechtsgeschäftlich qualifizieren und erst später, im Konfliktfall, einen Vertragsabschluß behaupten. Schwierigkeiten tauchen ferner dann auf, wenn familienrechtliche und - angebliche - vertragliche Beziehungen miteinander konkurrieren, wenn z. B. eine Arbeitspflicht sich sowohl aus dem Familienrecht ergibt als auch aus einem - angeblich geschlossenen - Dienst-, Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag. Die Konkurrenz kann praktische Bedeutung haben, wenn es um das Entgelt geht. Das Vertragsrecht wird oft auch deswegen bemüht, weil die Ehegatten über die güterrechtlichen Verhältnisse irrige Auffassungen haben. Viele glauben, daß der gesetzliche Güterstand, die sog. Zugewinngemeinschaft, eine echte Gütergemeinschaft sei. Diese Auffassung ist jedoch falsch (s. u. § 11 II). Haben die Ehegatten in der Annahme, daß das beiderseitige Vermögen gemeinschaftlich sei, in einem konkreten Fall darauf verzichtet, ausdrücklich Miteigentum zu vereinbaren, so kann 39

§7 V 1

I. Abschnitt: Eherecht

häufig nur mit Hilfe schuldrechtlicher Konzeptionen das von beiden Ehegatten ursprünglich gewollte Ergebnis erreicht werden. Beispiel: D i e Ehegatten legen ihre Ersparnisse zusammen und kaufen oder bauen gemeinschaftlich ein Haus. K e i n Zweifel, daß die Ehegatten das H a u s gemeinschaftlich kaufen und daran Bruchteilseigentum begründen können! Wie steht es aber, wenn nur ein Ehegatte als Käufer in Erscheinung tritt? Hier wird man annehmen können, daß dann, wenn die Ehegatten sich einig waren, das Haus gemeinschaftlich erwerben zu w o l l e n , der Ehegatte, der als Käufer aufgetreten ist, nach Auftragsvorschriften verpflichtet ist, dem anderen Ehegatten das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herauszugeben, d. h. ihm Miteigentum zu verschaffen (vgl. B G H , F a m R Z 1960, 58). B a u t der Ehegatte ein Haus auf seinem Grundstück unter Verwendung von Ersparnissen seiner Frau, wird man die gleiche Konstruktion verwenden. Die Ehegatten betrachten den Hausbau als ihre gemeinschaftliche Sache. Beide wollten wohl auch letztlich mitberechtigt sein. Zwar trat nach außen hin nur der Mann als B a u h e r r auf. Im Innenverhältnis war er jedoch Beauftragter. Das Alleineigentum, das er zunächst erlangt, ist m e h r , als ihm zufallen soll. Ein Miteigentumsanteil g e b ü h r t der Frau. Diesen hat er darum gem. § 667 an die Frau herauszugeben. D a b e i bestimmt sich die G r ö ß e des Anteils mangels einer entsprechenden Vereinb a r u n g nach dem Verhältnis der beiderseitigen Aufwendungen; vgl. Henrich, F a m R Z 1975, 5 3 3 . Nicht tragfähig ist die Begründung des B G H , der in einem solchen Fall daraus, daß der Bau eine Gemeinschaftsleistung sein sollte, die A n w e n d b a r k e i t der §§ 741 ff. B G B hergeleitet und erklärt hat, nach § 742 stünden den Ehegatten gleiche Anteile zu ( B G H , F a m R Z 1969, 78). Mit Hilfe der §§ 741 ff. kann nämlich nicht die Entstehung von Miteigentum begründet werden. Diese Vorschriften setzen vielmehr das Bestehen von Miteigentum bereits voraus.

V. Mitarbeit

eines Ehegatten

im Geschäft des anderen

1. § 1356 II a. F. verpflichtete jeden Ehegatten, im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten mitzuarbeiten, soweit dies nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten lebten, der Üblichkeit entsprach. Das 1. Eherechtsreformgesetz hat diese Vorschrift beseitigt. In der Sache hat sich dadurch nicht viel geändert. Die Lücke, die der Gesetzgeber mit der Streichung aufgerissen hat, wird durch § 1353 geschlossen. Die Probleme, die unter der Geltung des § 1356 II a. F. diskutiert wurden, sind zum großen Teil geblieben. Zwei Fragen sind nach wie vor zu beantworten: Unter welchen Umständen ist ein Ehegatte verpflichtet, im Betrieb des anderen mitzuarbeiten? Und: Steht ihm dafür ein Entgelt zu? Früher machte man - in Anlehnung an den Gesetzeswortlaut - die Pflicht zur Mitarbeit von ihrer Üblichkeit abhängig. Heute wird man aus der bloßen Üblichkeit keine Verpflichtung mehr ableiten können. Entscheidend sind zwei andere Gesichtspunkte: die Sicherung des Familien40

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§7V

2

Unterhalts und die in § 1356 n. F. ausdrücklich gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie. K a n n z. B. ein kleines Ladengeschäft oder ein landwirtschaftlicher Betrieb n u r wirtschaftlich geführt werden, wenn beide Ehegatten zusammenarbeiten oder fehlt einem Ehegatten geeignetes Personal für eine Vertrauensstellung, die der Partner ausfüllen könnte, so sind die jeweiligen Ehepartner aufgrund ihrer Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, sowie aufgrund des Gebots z u r Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils zur Mitarbeit verpflichtet, wenn nicht triftige G r ü n d e entgegenstehen, vgl. B G H , DB 1974, 1957. Triftige G r ü n d e , die Mitarbeit zu verweigern, kann etwa ein Ehegatte h a b e n , der bereits eine andere Berufstätigkeit ausübt. Er kann nicht o h n e weiteres verpflichtet sein, seinen eigenen Beruf aufzugeben. H i e r sind widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen. F r ü h e r w u r d e vielfach angenommen, bei der „üblichen" Mitarbeit von Ehegatten handle es sich stets um eine weisungsgebundene Hilfstätigkeit ( B G H , F a m R Z 1963, 281; 1967, 618). Diese Auffassung widersprach schon damals nicht nur dem Gedanken der gleichberechtigten Partnerschaft (vgl. Soergel-Lange, § 1356 Bern. 18), sondern auch der Realität. Richtig war und ist, daß die Mitarbeit des Ehegatten sowohl weisungsgebunden als auch gleichgeordnet oder leitend sein kann. 2, Sehr umstritten war u n d ist noch immer, o b und wenn ja, wann f ü r diese Mitarbeit ein Entgelt beansprucht werden kann. § 1356 II a. F. schwieg zu diesem P u n k t . In Rechtsprechung und Literatur herrscht Streit. Einig ist man sich lediglich darin, daß Ehegatten ein Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis vereinbaren können, das als Ausgleich für die Mitarbeit L o h n - oder Gewinnansprüche entstehen läßt. Gesellschaftsverträge werden vornehmlich geschlossen, wenn Ehegatten ein Handelsgeschäft betreiben ( O H G , KG). Arbeitsverträgen liegen weniger steuerliche Erwägungen z u g r u n d e (meist führt das Splitting zu einem niedrigeren Steuersatz als die getrennte Veranlagung bei Anerkennung von Arbeitsverhältnissen) als vielmehr sozialversicherungsrechtliche Vorteile ( E r w e r b sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche bei Krankheit, Erwerbsunfähigkeit. Arbeitslosigkeit, sowie auf Altersrente). Was aber soll geschehen, wenn es an einer ausdrücklichen - schuldrechtlichen - Vereinbarung fehlt? D i e Gerichte bejahen nicht selten einen stillschweigenden Vertragsahschluß. Meist soll auf diese Weise der Ehefrau, die im Geschäft des M a n n e s mitgearbeitet hat, eine Gewinnbeteiligung verschafft werden. Weil sich z u r Befriedigung dieses Anliegens das Gesellschaftsrecht eher eignet als das Arbeitsrecht, wird ein konkludenter Abschluß eines Arbeitsvertrages selten, ein konkludenter Abschluß eines Gesellschafts41

§7

V2

I. Abschnitt: Eherecht

Vertrages dagegen recht häufig behauptet. Die Rechtsprechung läßt diese B e h a u p t u n g gelten, wenn ein besonderer, über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehender Gesellschaftsziceck nachgewiesen wird (z. B. „ d u r c h beiderseitige Arbeit und Hingabe wirtschaftlicher Mittel . . . das Geschäft z u r Entfaltung zu b r i n g e n " ; B G H , F a m R Z 1960, 105, 107 und öfter; zuletzt B G H , D B 1974, 1956). G e g e n diese Lösung wird eingewandt, wenn ein Ehegatte im Geschäft des anderen mitarbeite, fehle regelmäßig bei den beiden der Wille, sich rechtsgeschäftlich zu binden. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Bindungswille sei aber G r u n d b e d i n g u n g f ü r die Annahme eines Vertragsverhältnisses (Gemhuber, § 20 II 3; Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger [1970], 212). Daran ist richtig, daß es in der Tat nicht angeht, den stillschweigenden Willen der Ehegatten durch einen hypothetischen Willen zu ersetzen. Andererseits geht es aber zu weit, d e m mitarbeitenden Ehegatten grundsätzlich den Bindungswillen abzusprechen. Ein Ehegatte, der im Geschäft des anderen mitarbeitet, will h e u t e öfter als f r ü h e r - dabei auch Rechtsansprüche erwerben, notfalls d u r c h s e t z b a r e A n s p r ü c h e auf Beteiligung am erwirtschafteten Gewinn. D a ß er sich ü b e r die rechtliche Qualifizierung dieses Anspruchs keine G e d a n k e n m a c h t , darf ihm nicht schaden. Es genügt, w e n n sich das Verhalten der Eheleute eindeutig einem bestimmten Vertragsverhältnis z u o r d n e n läßt. Als solches Vertragsverhältnis k o m m t wegen seiner größeren Flexibilität ein Gesellschaftsvertrag eher in Frage als ein Arbeitsvertrag. Im ü b r i g e n ist gegenüber der Annahme eines stillschweigenden Arbeitsvertrages deswegen Vorsicht geboten, weil ein solches Arbeitsverhältnis sich auch z u m Nachteil des mitarbeitenden Ehegatten auswirken kann: Sein Vergütungsanspruch kann von Gläubigern gepfändet werden (vgl. in diesem Z u s a m m e n h a n g § 850h II Z P O : Bei unentgeltlichen oder geringfügig vergüteten Verwandten-Beschäftigungsverhältnissen wird zugunsten zwangsvollstreckender Gläubiger eine angemessene Vergütung fingiert!), er m u ß Lohnsteuer zahlen, es müssen Sozialversicherungsbeiträge a b g e f ü h r t werden usw. In den Fällen eines stillschweigend abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages wird regelmäßig eine sog. Innengesellschaft vorliegen (Kennzeichen: kein Gesamthandsvermögen, Geschäfte werden nach außen im N a m e n eines Gesellschafters geschlossen und gehen lediglich nach innen f ü r R e c h n u n g d e r Gesellschaft); vgl. als Beispielsfall O L G Karlsruhe, F a m R Z 1973, 649 mit A n m . Fenn. Eines ist allerdings zu bedenken: Viele Eheleute werden die G r u n d lage f ü r ihren Rechtsanspruch im Familienrecht vermuten. Deswegen 42

Die eheliche Lebensgemeinschaft

§7V

kann es bei ihnen am Bewußtsein fehlen, eine - schuldrechtlicbe Sonderverbindung einzugehen.

2 -

Fehlt es an einem Vertrag, so soll nach h. M. der mitarbeitende Ehegatte kein Entgelt beanspruchen können. Das Familienrecht, so sagt man, kennt keinen Ausgleich für geleistete Mitarbeit. Ein Ausgleich zwischen den Ehegatten soll - freilich nur im gesetzlichen Güterstand erst bei Auflösung der Ehe (bzw. des Güterstandes) erfolgen; vgl. B G H Z 46, 385. Dem steht eine in der Literatur verbreitete Auffassung gegenüber, die dem mitarbeitenden Ehegatten auch bei Fehlen eines Vertrages einen Ausgleichsanspruch gewähren will. Das Eheverständnis der Gegenwart, so wird gesagt, verlange eine Beteiligung des mitarbeitenden Ehegatten, wenn die gemeinsame Arbeit von Erfolg gekrönt ist. Den Ehegatten zu einer solchen Beteiligung zu verhelfen, sei Aufgabe des Familienrechts. Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch sei § 1353 (so vor allem Gernbuber, § 20 II und FamRZ 1959, 465ff.). Frage: Wird nicht der gesetzliche Güterstand aufgeweicht, wenn dem mitarbeitenden Ehegatten neben dem Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns noch ein zusätzlicher Anspruch auf Gewinn eingeräumt wird? Kann dem mitarbeitenden Ehegatten aus einer familienrechtlichen Norm ein vermögensrechtlicher Anspruch zugesprochen werden, welcher der ausschließlich im Haushalt tätigen Frau in jedem Fall versagt bleiben muß (vgl. Fenn, a . a . O . , S. 224f.; Dölle I, § 6 4 III)? Antwort: Der güterrechtliche Ausgleichsanspruch und der Ausgleichsanspruch für geleistete Mitarbeit haben verschiedene Zwecke. Beim ersten geht es nicht darum, der Frau eine Beteiligung am „miterarbeiteten" Gewinn zu verschaffen, sondern sie dafür zu entschädigen, daß sie - wegen der Führung des Haushalts - auf einen Erwerb verzichtet hat. Deswegen spielt es für den güterrechtlichen Ausgleich keine Rolle, ob und inwieweit der ausgleichsberechtigte Ehegatte im einzelnen Fall zur Erzielung des Gewinns beigetragen hat (Dölle I, § 48 II). Demgegenüber soll der Ausgleichsanspruch für geleistete Mitarbeit „die gerechte Verteilung der in gemeinsamer Arbeit beider Gatten geschaffenen Werte" gewährleisten {Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand [1970], 184). Wegen dieser verschiedenen Zielsetzung schließen sich die beiden Ausgleichsansprüche gegenseitig nicht aus. Es bleibt somit nur die Frage nach dem Rechtsgrund des Anspruchs. Ihn auf § 1353 zu stützen, schafft Unbehagen. Mehr leuchtet Liebs Vorschlag ein (a. a. O . , S. 187), die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften 43

§8 1 1

I. Abschnitt: Eherecht

analog anzuwenden; denn schließlich handelt es sich auch bei der Ehegattenmitarbeit um eine gemeinsame Zweckverfolgung, um eine gemeinsame, W e r t e schaffende Tätigkeit. VI.

Hinweise für die Lösung der

Ausgangsfälle

1. Fall: Lies Abschnitt III l b und Abschnitt IV 1. Es handelt sich um eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Die Ehegatten müssen sich einigen. Kunigunde hat nur einen Anspruch darauf, daß Balduin sich unter Würdigung der von ihr vertretenen Auffassung redlich um eine Einigung bemüht; vgl. Ol.G Düsseldorf, FamRZ 1969, 153 und Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 5. 2. Fall: Lies Abschnitt IV 5. Es geht um die rechtliche Qualifikation des „Übergabevertrags". Dieser kann nicht als eine reine Schenkung angesehen werden. Vielmehr gebührte der Frieda von Anfang an ein Miteigentumsanteil nach den Vorschriften des Auftragsrechts. Eine Schenkung liegt nur bezüglich des zunächst dem Moritz zustehenden Miteigentumsanteils vor. Nur diesen Anteil kann darum Moritz unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückverlangen. Vgl. BGH, FamRZ 1969, 78 und FamRZ 1972, 201, sowie Henrich, FamRZ 1975, 533. 3. Fall: Lies Abschnitt V. Beate war zur Mitarbeit verpflichtet (kleinerer Fabrikationsbetrieb mit ungünstiger Ertragslage). Darauf kommt es jedoch nicht an. Nach h. M. ist zu fragen: Wurde zwischen den Ehegatten ein Vertrag geschlossen? Diese Frage ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Insbesondere kann aus bloßer Mithilfe noch nicht auf den stillschweigenden Abschluß eines Gesellschaftsvertrages geschlossen werden. Damit kann Beate für ihre Mitarbeit jedenfalls nach herrschender Meinung - kein Entgelt beanspruchen; vgl. Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 7.

§ 8. Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft I.

Eigentumsvermutungen

1. Ein Ehemann zahlt seine Schulden nicht. D e r Gerichtsvollzieher k o m m t und pfändet ein Gemälde „Kahnfahrt im Mondenschein". Die Frau widerspricht der Pfändung und erklärt: „ D a s Bild gehört mir." Rechtslage? F ü r den Gläubiger eines Ehegatten ist es praktisch ausgeschlossen nachzuweisen, daß eine Sache, die sich in der ehelichen Wohnung befindet, dem einen oder dem anderen Ehegatten gehört. Deswegen hat das B G B f ü r diesen Fall eine Vermutung aufgestellt (§ 1362): Die im Besitz eines o d e r beider Gatten befindlichen Sachen werden zugunsten 44

Vermögensrechtliche Außenwirkungen

§ 8 I 3

der Gläubiger des Mannes oder der Frau als Eigentum des jeweiligen Schuldners angesehen. Will in unserem Beispielsfall also die Frau der Pfändung widersprechen, dann m u ß sie diese Vermutung widerlegen, etwa durch den Nachweis, daß sie das Bild mit in die Ehe gebracht hat. D e r Nachweis, daß sie einmal Eigentümerin war, genügt. Von einem Recht, das einmal bestanden hat, wird das Fortbestehen vermutet ( B G H , W M 1975, 1307).

E i n e ähnliche Vermutung kannte schon das römische Recht, die sog. praesumptio Muciana. Mit diesem Namen pflegt die Eigentumsverm u t u n g des § 1362 auch heute noch belegt zu werden. D i e Vermutung gilt uneingeschränkt nur dann, wenn die Ehegatten zusammenleben. Leben die Ehegatten getrennt, dann gilt die Vermutung nur dann, wenn sich die Sache im Besitz des Schuldners befindet. Es wird hier also aus dem Besitz auf das Eigentum geschlossen (ebenso wie in § 1006 I, 1). Befindet sich die Sache im Besitz des Ehegatten, der nicht der Schuldner ist, dann gilt die Vermutung nicht, § 1362 I, 2. 2. Eine zweite Vermutung enthält § 1362 II: F ü r die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen wird vermutet, daß sie dem Gatten gehören, für dessen Gebrauch sie bes t i m m t sind. W ä h r e n d sich auf die Vermutung des § 1362 I nur die Gläubiger eines Ehegatten berufen können, wirkt die Vermutung des § 1362 II auch zugunsten eines jeden Ehegatten. Beispiel: Eine Ehe wird geschieden. D e r Ehemann verlangt alle Schmuckgegenstände zurück, die er während der Ehe gekauft oder geerbt und die seine Frau getragen hat und die sich noch in ihrem Besitz befinden. Begründung: Er habe diese Gegenstände der Frau nicht geschenkt, sondern nur zum Gebrauch überlassen. Widerspricht die Frau dieser Behauptung, so muß sie nachweisen, daß die Schmuckgegenstände ausschließlich zu ihrem persönlichen Gebrauch bestimmt waren. Gelingt ihr dieser Beweis, dann spricht die Vermutung des § 1362 II für ihr Eigentum. Bei dieser Beweisführung kann sie sich nicht auf einen Erfahrungssatz berufen („Frauenschmuck ist in der Regel zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch der Frau bestimmt"). F.s reicht auch nicht aus, wenn sie nachweisen kann, daß sie den Schmuck gelegentlich getragen hat. Maßgebend ist allein, ob die Schmuckstücke ihr vom Mann zur beliebigen Benutzung überlassen worden waren. Vgl. B G H , N J W 1959. 142 (Kapitalanlage) und B G H , F a m R Z 1971, 24 (Erbstück).

3. § 1362 wird ergänzt durch § 7 3 9 Z P O . In dieser Vorschrift ist bestimmt, daß im Falle der Vermutung des § 1362 für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer gilt. Nach §§ 8 0 8 , 809 Z P O ist nämlich eine Pfändung nur 45

§ 8 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

zulässig bei Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten befinden, der zur Herausgabe der Sache bereit ist. Beispiel: Die Eheleute M und F haben einen BMW. Den Wagen fährt meistens die Frau. Kann dieser Wagen wegen Schulden des M gepfändet werden? a) § 1362 I: Es wird vermutet, daß der Wagen dem Schuldner (M) gehört. b) Wenn es § 739 ZPO nicht gäbe, könnte F der Pfändung widersprechen. Sie könnte sagen: Der Wagen befindet sich in meinem Alleingewahrsam oder zumindest in meinem Mitgewahrsam. Ich bin zu der Herausgabe nicht bereit, §§ 808, 809 Z P O . Diese Möglichkeit wird durch § 739 ZPO ausgeschlossen.

II.

Die

Schlüsselgewalt

Ausgangsfall: Moritz, von Beruf Eisenbahner, ist seit 1958 verheiratet. Aus seiner Ehe gingen bis 1966 fünf Kinder hervor. Im Januar 1967 suchte seine Ehefrau Frieda den Arzt auf und ließ sich empfängnisverhütende Pillen verschreiben. Sie wollte ebenso wie ihr Mann keine weiteren Kinder mehr haben. Der Arzt verschrieb Eugynon. Der Apotheker verlas sich und händigte der Frau das Magenpräparat Enzynorm aus. Frieda las zwar die Aufschrift „Magenpräparat", hielt dies aber für eine geschickte Tarnung. Naturgemäß konnte die regelmäßige Einnahme des Magenpräparates die Geburt des sechsten Kindes nicht verhindern. Moritz verlangt nun vom Apotheker Schadensersatz dafür, daß er dem ungewollten Kind Unterhalt leisten muß. Mit Recht?

1.

Rechtsentwicklung

Nach § 1357 ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Diese sog. Schlüsselgewalt stand ursprünglich nur der Frau zu. Die Frau hatte den Haushalt zu führen. Sie hatte aber regelmäßig keine eigenen Mittel, sondern nur einen Anspruch auf ein Haushaltsgeld gegen den Mann. Der Mann war also letztlich derjenige, an den sich die Gläubiger halten mußten. Man konnte aber vom Mann nicht erwarten, daß er seiner Frau für jedes Rechtsgeschäft Vollmacht erteilen würde, und eine solche ständige Bitte um Vollmachterteilung der Frau auch nicht zumuten. Außerdem war es zum Schutz der Gläubiger notwendig, ihnen ein Zugriffsrecht gegen den Mann zu eröffnen. Daraus erklärt sich das Rechtsinstitut der Schlüsselgewalt: aus Rechtsgeschäften der Frau, die innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises lagen, wurde (grundsätzlich allein) der Mann sowohl berechtigt als auch verpflichtet. Diese Schlüsselgewalt allein der Frau war geschaffen für die Hausfrauenehe. Nicht erfaßt war der Fall der Doppelverdienerehe und auch nicht der Fall, daß der Mann den Haushalt führte, die Frau aber berufstätig war. Im letztgenannten Fall half man sich entweder durch die

46

Vermögensrechtliche Außenwirkungen

§8112

Konstruktion einer stillschweigenden Bevollmächtigung oder durch die analoge Anwendung des § 1357 a. F. („Frau" i. S. des Gesetzes ist der jeweils den Haushalt führende Ehegatte). Die neue Fassung, die das 1. Eherechtsreformgesetz gebracht hat, verwirklicht das Gleichberechtigungsgebot auch im Bereich der Schlüsselgewalt. Gleichgültig, wer also für die Familie handelt, Mann oder Frau, jeder bindet nunmehr durch sein Geschäft auch den anderen Ehegatten, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Dem Gläubiger haften beide Ehegatten als Gesamtschuldner. Die gesamtschuldnerische Haftung verbessert die Position des Gläubigers, verschlechten aber (im Fall der Hausfrauenehe) die Lage der Frau. 2. Die Rechtsnatur a)

der

Schlüsselgewalt

Innenverhältnis

Ursprünglich, als sie noch die „Geschäfte des Mannes" führte, hielt man die Frau für seine Beauftragte. Sie wurde für verpflichtet angesehen, den Weisungen des Mannes zu folgen, ihm über die abgeschlossenen Geschäfte Auskunft zu erteilen, Rechnung zu legen und das Erlangte herauszugeben. Schon das Gleichberechtigungsgesetz gab diese Konzeption auf. Die Frau, die den Haushalt „führt", braucht vom Mann keine Weisungen entgegenzunehmen. Dabei ist es geblieben. Ehegatten, die f ü r den angemessenen Lebensbedarf der Familie sorgen, handeln nicht ah Beauftragte ihres Ehepartners. Sie sind lediglich - aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353) - gehalten, bei der Geschäftsführung aufeinander Rücksicht zu nehmen. Sie haben den Wünschen des Ehepartners in angemessener Weise Rechnung zu tragen, sie müssen ihn über wichtige Geschäfte unterrichten und sie müssen darauf achten, daß sie die vom Familieneinkommen her gesteckten Grenzen nicht überschreiten. b)

Außenverhältnis

Früher hielt man die Schlüsselgewalt für eine gesetzliche Vertretungsmacht. Gegen eine solche Einordnung spricht heute, daß die Fregatten eigenverantwortlich handeln und daß sie nicht nur den Ehepartner, sondern auch sich selbst durch ihre Geschäfte berechtigen und verpflichten. Es empfiehlt sich darum, statt von einer Vertretungsmacht von einer gesetzlichen Ermächtigung zu sprechen (vgl. Erman-Heckelmann, § 1357 Rdz. 14). Uberschreitet ein Ehegatte die Grenzen der Schlüsselgewalt, d. h. schließt er Geschäfte, die nicht zum angemessenen Lebensbedarf der Familie gehören, so ist § 1357 unanwendbar. In die Lücke treten die allgemeinen Vertretungsvorschriften. Wer im eigenen Namen 47

§ 8 II 3

I. Abschnitt: Eherecht

Geschäfte schließt, die von der Schlüsselgewalt nicht mehr gedeckt werden, berechtigt und verpflichtet nur sich selbst (§ 164). Macht dagegen ein Ehegatte beim Vertragsschluß deutlich, nur oder auch für seinen Ehepartner handeln zu wollen, so kommt es, wenn § 1357 nicht eingreift, auf das Vorliegen einer besonderen Bevollmächtigung an. Fehlt sie, so gelten die §§ 177, 179. Unklar ist nach geltendem Recht die Rechtslage, wenn ein minderjähriger Ehegatte Rechtsgeschäfte im Rahmen der Schlüsselgewalt abschließt. Früher sagte man: Eine Ehefrau braucht ebensowenig wie ein Vertreter (§ 165) voll geschäftsfähig zu sein, weil sie sich selbst nicht verpflichtet. Nunmehr, nachdem das Gesetz auch eine Selbstverpflichtung des handelnden Ehegatten vorsieht, muß eine Vorschrift weichen: entweder der Satz, daß ein Minderjähriger sich ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht verpflichten kann (§ 108) oder der Satz, daß ein Ehegatte sich in jedem Fall bei Schlüsselgewaltsgeschäften mitverpflichtet. M. E. geht der Minderjährigenschutz vor: aus Geschäften des minderjährigen Ehegatten wird nur der andere Ehegatten berechtigt und verpflichtet. c) Sachenrechtliche

Konsequenzen

Aus Schlüsselgewaltgeschäften werden beide Ehegatten „berechtigt". „Berechtigt" bedeutet hier nicht allein forderungsberechtigt, sondern auch dinglich berechtigt. Mit der Ubereignung einer Sache an einen Ehegatten wird automatisch auch der andere Eigentümer. Es entsteht also Miteigentum an allen Sachen, die zum Lebensbedarf der Familie angeschafft werden. 3. Der Umfang

der

Schlüsselgewalt

Schlüsselgewalt haben die Ehegatten für alle Geschäfte, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie getätigt werden. Früher sprach das Gesetz von den Geschäften, die innerhalb des häuslichen Wirkungskreises hegen. Die neue Formel ist teils enger, teils weiter. Enger ist sie insofern, als jetzt die Angemessenheit besonders betont wird. Indessen wurden von der Rechtsprechung auch schon früher unangemessene Rechtsgeschäfte aus dem Bereich der Schlüsselgewalt ausgenommen. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß nach früherem Recht für die Frage, ob ein Geschäft noch zum häuslichen Wirkungskreis gehört, auf den tatsächlichen Zuschnitt der Lebensführung abgestellt wurde, nicht auf den Zuschnitt, wie er sein sollte. Die neue Formel spricht für eine Umorientierung, die Bedürfnisse der Praxis sprechen dagegen. Der Geschäftspartner eines Ehegatten kann die Angemessenheit eines Geschäfts nur nach dem Lebensstil der Ehegatten 48

Vermögensrechtliche Außenwirkungen

§8114

abschätzen, den er kennt, nicht nach den ihm unbekannten tatsächlichen Vermögensverhältnissen. Weiter ist die neue Formel insofern, als sie statt vom häuslichen Wirkungskreis vom Lebensbedarf spricht. Unter der Geltung des früheren Rechts wurde z. B. das Mieten einer Wohnung oder die Aufnahme eines Darlehens als nicht mehr in den Rahmen des häuslichen Wirkungskreises fallend angesehen. Selbst bei Teilzahlungsgeschäften hielten viele § 1357 a. F. für unanwendbar. Unter den Begriff „Geschäfte für den angemessenen Lebensbedarf" lassen sich alle diese Geschäfte ohne Schwierigkeit subsumieren. Ob es richtig ist, den Bereich der Schlüsselgewaltgeschäfte so weit auszudehnen, ist eine andere Frage. Rechtspolitisch wäre es besser, diesen Bereich eher einzuschränken. Jede Ausdehnung führt hin zum Güterstand der Güter- (und Haftungs-) gemeinschaft, also weg vom gesetzlichen Güterstand, unter dessen Geltung kein Ehegatte für die Schulden des anderen einstehen muß. Am gesetzlichen Güterstand als der vom Gesetzgeber für grundsätzlich als richtig erachteten Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Ehegatten hat sich aber jede Gesetzesauslegung auszurichten. Das spricht für eine restriktive Interpretation des Begriffs „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs". Unstreitig sind „angemessen" die Geschäfte, die schon bisher von der Schlüsselgewalt der Frau gedeckt waren: Kauf von Lebens- und Genußmitteln (auch dann, wenn durch längeres „Anschreiben lassen" eine größere Schuld entstanden ist; vgl. O L G K ö l n , O L G Z 1971, 155), Anschaffung von Kleidern (hier spielt der Begriff der „Angemessenheit" eine Rolle: D e r Kauf eines Nerzmantels ist n u r in wenigen Familien eine „angemessene" Bedarfsdeckung!), Erwerb von Hausratsgegenständen, Geschäfte, die im Zusammenhang mit der Ausbildung, Erziehung oder Betreuung der Kinder stehen (Verpflichtung eines Nachhilfelehrers, Z u z i e h u n g eines Arztes). Auch wenn ein Ehegatte selbst den A r z t aufsucht, gehört der Vertrag, den er schließt, zur angemessenen Bedarfsdeckung (vgl. B G H , F a m R Z 1967, 276).

Keine Schlüsselgewalt haben Ehegatten, die getrennt leben (§ 1357 III). Ebenso wie es bei getrennt lebenden Ehegatten keinen „Familienunterhalt" gibt, sondern nur wechselseitige Unterhaltsansprüche der Ehegatten und Ansprüche der Kinder gegen die Eltern, so gibt es dann, wenn die Ehegatten getrennt leben, auch keinen „Lebensbedarf der Familie", sondern nur einen Bedarf der einzelnen Familienmitglieder. 4. Aufhebung

der

Schlüsselgewalt

Nach § 1357 II kann jeder Ehegatte die Schlüsselgewalt des anderen aufheben oder einschränken. Die Erklärung muß entsprechend § 168 S. 3 entweder dem anderen Ehegatten oder dem Dritten gegenüber 49

§ 8 II 5

I. Abschnitt: Eherecht

erfolgen. Dritten gegenüber wirkt die Erklärung aber nur, wenn sie diesen bekannt oder im Güterrechtsregister eingetragen war. Beispiel: Eine Dame kauft in einem Pelzgeschäft einen Leopardenmantel für 10000 DM und sagt zu dem Geschäftsinhaber: „Die Rechnung schicken Sie bitte meinem Mann". Der Geschäftsinhaber kennt den Ehegatten. Er weiß, daß dieser ein bedeutendes Unternehmen betreibt, eine sehr geräumige Villa bewohnt und einen großen Mercedes fährt. Was wird er tun? (1) Er wird prüfen, ob das Geschäft in den Rahmen der Schlüsselgewalt fällt. Diese Frage ist zu bejahen. Der äußere Zuschnitt der Lebensführung, nach dem allein Außenstehende die Angemessenheit eines Geschäfts zu beurteilen vermögen, spricht dafür. (2) Wenn er sichergehen will, muß er weiter prüfen, ob der Mann die Schlüsselgewalt nicht aufgehoben oder eingeschränkt hat, d. h. er muß in das Güterrechtsregister Einsicht nehmen. (Allerdings: Welcher Kaufmann wird das tun?) Wenig Sinn hat es, wenn ein Mann die Aufhebung der Schlüsselgewalt in einer Zeitungsanzeige bekannt gibt („Ich erkläre hiermit, daß ich für die Schulden meiner Ehefrau nicht aufkomme"). Will er sich darauf berufen, so muß er nachweisen, daß der Vertragspartner der Frau diese Anzeige gelesen hat.

5. Hinweise für die Lösung des Ausgangsfalls

Den Vertrag mit dem Apotheker hat die Frau geschlossen. Der Ehemann kann deswegen einen vertraglichen Schadensersatzanspruch (aus c. i. c. oder positiver Forderungsverletzung) nur geltend machen, wenn er aus dem Rechtsgeschäft der Frau berechtigt worden ist. Problem: Gehört der Kauf der „Pille" zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie? Die Antwort kann nicht anders lauten als bei der Frage, ob die Zuziehung eines Arztes von der Schlüsselgewalt gedeckt ist (s. o. 3). O b der Mann daneben auch einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, hängt davon ab, ob er in einem der in § 823 I geschützten Rechte oder Rechtsgüter verletzt worden ist. Die Frage ist streitig: Heldrich (Schadensersatz bei fehlgeschlagener Familienplanung, JuS 1969, 455, 461) hält eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Selbstbestimmungsrecht in Fragen der Kinderplanung) für gegeben, die überwiegende Meinung ist jedoch gegenteiliger Ansicht (Mertens, Ein Kind als Schadensfall, FamRZ 1969, 252; Loewenheim, Probleme der Produktenhaftung, NJW 1969, 1754; Henrich, Fälle und Lösungen, S. 44f.). Eine Erörterung der eigentlichen Problematik des Falles, die vornehmlich im Bereich der Vertragshaftung aktuell wird, nämlich, ob der Mann einen ersatzfähigen Schaden erlitten hat, gehört nicht in den Rahmen dieser Darstellung. Deswegen nur einige Stichworte: Vermögensminderung? (Ja! Belastung mit Unterhaltsleistungen.) Schadensersatzanspruch? (Die wohl überwiegende Meinung sagt ja; vgl. neben dem LG Itzehoe, FamRZ 1969, 90, das den Ausgangsfall entschieden hat, namentlich Heldrich a . a . O . ; zu den Bedenken dagegen s. Henrich, Fälle und Lösungen, S. 43). Mitschuld? (Uberwiegende Auffassung: Schadensteilung; a. A. - das Mitverschulden der Frau darf nicht zu hoch veranschlagt werden - D. u. A. Giesen, FamRZ 1969, 319f.).

50

§9 1 2

Unterhaltsansprüche

§ 9. Unterhaltsansprüche I. Unterhalt,

wenn die Ehegatten

zusammen

leben

1. Nach § 1360 S. 1 sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Das heißt: Jeder Ehegatte muß zum Familienunterhalt beitragen. Das gilt nicht nur für die Doppelverdienerehe, sondern auch für die Hausfrauenehe. Bei der Hausfrauenehe braucht allerdings die Frau regelmäßig keine Geldleistungen zu erbringen. Sie erfüllt ihre Unterhaltspflicht dadurch, daß sie den Haushalt führt. Führt der Mann den Haushalt, gilt dasselbe für ihn, § 1360 S. 2. Der Unterhaltsanspruch ist nicht auf die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten beschränkt. Geschuldet ist ein Beitrag zum „Familienunterhalt". Zur Familie gehören auch die Kinder. Gibt der Mann der Frau weniger Haushaltsgeld, als sie braucht, um sich und die Kinder zu unterhalten, so kann die Frau gegen den Mann auf Leistung der zusätzlich benötigten Unterhaltsbeträge klagen. Der Unterhaltsanspruch der Kinder ist im Gesetz besonders geregelt. Die Kinder haben gegen ihre Eltern eigene Unterhaltsansprüche ebenso wie die hilfsbedürftigen Eltern gegen ihre Kinder; vgl. §§ 1601 ff. Die Kinder können ihre Unterhaltsansprüche darum nicht unmittelbar aus den §§ 1360, 1360a herleiten. § 1606 III stellt jedoch insoweit einen Einklang mit § 1360 her, als er feststellt, daß die Mutter ihren Unterhaltsbeitrag in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. 2. Der Umstand, daß beide Ehegatten verpflichtet sind, zum Familienunterhalt beizutragen, besagt nicht, daß sie gleichartige Beiträge zu leisten haben. Die Beiträge können vielmehr nach Art und Maß durchaus verschieden sein. Das trifft insbesondere im Fall einer Hausfrauenehe zu, in welcher der Mann die Geldmittel für den Familienunterhalt zu beschaffen hat und die Frau ihren Beitrag durch die Führung des Haushalts und die Pflege und Erziehung der Kinder erbringt. Sind beide Ehegatten berufstätig, so müssen auch beide Geldmittel zum Familienunterhalt beisteuern; vgl. BGH, FamRZ 1967, 380. Die Höhe der von den beiden Ehegatten zu erbringenden Geldbeiträge hängt dann einmal von der Höhe der jeweiligen Einkünfte von Mann und Frau ab und zum anderen davon, wie weit ein Ehegatte daneben noch den Haushalt versorgt. Praktische Bedeutung haben die §§ 1360, 1360 a vor allem dann, wenn ein Ehegatte von einem Dritten getötet oder körperlich verletzt wird, so

51

§914

I. Abschnitt: Eherecht

daß sein Unterhaltsbeitrag der Familie verlorengeht. Bei Tötung eines Ehegatten steht dem anderen ein Schadensersatzanspruch nach § 844 II zu, bei Verletzung eines Ehegatten kan'n dieser den der Familie entstehenden Schaden selbst geltend machen. Dagegen kann sich ein Ehemann, wenn seine Frau getötet oder verletzt wird, nicht mehr auf § 845 berufen. 3. Die Unterhaltspflicht des Ehegatten geht der Unterhaltspflicht der Verwandten vor, solange der unterhaltspflichtige Ehegatte seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet, § 1608. Grundsätzlich kann also der Ehemann den Unterhalt nicht mit der Begründung verweigern, die Ehefrau möge sich an ihre reichen Eltern halten. Ebenso geht der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten den Unterhaltsansprüchen der sonstigen Verwandten grundsätzlich vor. Der Ehemann kann also nicht seinen Unterhaltsbeitrag mit dem Argument verweigern, er müsse zunächst seine armen Eltern unterhalten. Nur der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen unverheirateten Kindes besitzt den gleichen Rang wie der Unterhaltsanspruch des Ehegatten, § 1609 II, 1. 4. Art und Umfang der Unterhaltsgewährung a) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist (§ 1360a II, 1), d.h. grundsätzlich durch Naturalleistung: der verdienende Ehegatte (regelmäßig: der Mann) muß für eine Wohnung sorgen, der nicht verdienende Ehegatte (regelmäßig: die Frau) muß den Haushalt führen. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im voraus zur Verfügung zu stellen, § 1360 a II, 2. Das heißt: Die Frau, die den Haushalt führt, kann am Ersten eines jeden Monats vom Mann ein Haushaltsgeld verlangen. b) Der Umfang des Unterhaltsanspruchs richtet sich nach den Bedürfnissen, wobei die Bedürfnisse wiederum von den Vermögensverhältnissen der Ehegatten abhängen. Gedeckt werden müssen durch den Unterhalt insbesondere die Kosten des Haushalts, die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und der Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder (§ 1360a I). Ferner hat der nicht verdienende Ehegatte einen Anspruch auf ein Taschengeld. Problem: Muß die Ehefrau erspartes Wirtschaftsgeld dem Mann zurückgeben? Nach dem Wortlaut des § 1360b scheint es so zu sein, als sei die Frage zu verneinen. Indessen handelt es sich bei der Gewährung von Wirtschaftsgeld um eine Vorschußleistung. Der Mann will - im Zweifel - nicht mehr.geben, als was die Frau tatsächlich benötigt. Darum kann er einen Überschuß herausverlangen. § 1360b betrifft nur definitive Unterhaltsleistungen: Der Mann kauft z. B. mehr Kleider für die Frau, als sie braucht.

52

Unterhaltsansprüche

§916

5. Insbesondere: Unterhalt der Stiefkinder Beispiel: Die Frau hat aus erster Ehe ein Kind mit in die zweite Ehe gebracht. Wer ist unterhaltspflichtig? a) Die Mutter, § 1601. b) Kann die Mutter gem. § 1360 verlangen, daß ihr Mann auch diesem seinem Stiefkind Unterhalt leistet? Das Stiefkind gehört nicht zur Familie (ebensowenig wie die Schwiegermutter oder eine kranke Tante). Das ergibt sich eindeutig aus § 1360 a I. Der Mann ist also nach dem Gesetz nicht unterhaltspflichtig. Eine Unterhaltspflicht kann sich darum nur aus einem Vertrag ergeben. Werden Stiefkinder in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so pflegen die Gerichte für die Dauer der häuslichen Gemeinschaft häufig eine stillschweigende Übernahme der Unterhaltsverpflichtung durch den Stiefvater oder die Stiefmutter anzunehmen, jedenfalls dann, wenn der Stiefvater für sie Lohnsteuerermäßigung oder Kindergeld in Anspruch nimmt; vgl. BVerwG, MDR 1960, 526; SoergelLange, Bern. 7 vor § 1601. Zur Zurückhaltung mahnt OLG Nürnberg, FamRZ 1965, 217: Die bloße Aufnahme des Kindes in die häusliche Gemeinschaft ist für sich allein noch kein Indiz für den (stillschweigenden) Abschluß eines Unterhaltsvertrags.

6. Prozeßkosten Für Schulden eines Ehegatten hat der andere nur einzustehen, wenn die Verbindlichkeiten aus Schlüsselgewaltsgeschäften herrühren. Für Schadensersatzverbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung eines Ehegatten braucht der andere Ehegatte nicht einzustehen. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Prozeßkosten. Von diesem Grundsatz macht § 1360a IV eine Ausnahme: Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Ehegatte vom anderen einen Prozeßkostenvorschuß verlangen. Beispiel: Die Frau will die Scheidung ihrer Ehe beantragen oder wegen Verletzung ihrer Ehre oder ihres Persönlichkeitsrechts auf Unterlassung, Widerruf oder Schadensersatz klagen. Das Gericht setzt einen Termin zur mündlichen Verhandlung erst an, wenn die Frau die Prozeßgebühr bezahlt hat, § 111 GKG. Desgleichen wird ein Anwalt zunächst einen Kostenvorschuß verlangen. Hat die Frau keine eigenen Mittel, so darf der Mann diese Klage nicht dadurch unmöglich machen, daß er der Frau die dafür benötigten Mittel verweigert. Darum bestimmt § 1360 a IV: Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt für die 53

§ 9 II 2

I. Abschnitt: Eherecht

Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist. Der Begriff „persönliche Angelegenheiten" ergibt sich aus seinem Gegensatz: den vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Jedoch ist die Abgrenzung mitunter schwierig. Auch vermögensrechtliche Ansprüche können persönliche Angelegenheiten sein, wenn sie eine genügend enge Verbindung zur Person des betreffenden Ehegatten haben (BGH, FamRZ 1964, 197). Das trifft insbesondere zu, wenn wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts Schadensersatz verlangt wird, aber auch Schadensersatzansprüche wegen Körperverletzung gehören hierher; bei Erbstreitigkeiten ist die Zugehörigkeit zu den „persönlichen Angelegenheiten" zweifelhaft.

II.

Unterhalt, wenn die Ehegatten getrennt leben

1. Getrenntleben im Rechtssinn (§ 1361) bedeutet, daß zwischen den Eheleuten die eheliche Gemeinschaft aufgehoben ist. Also: Bloßes Getrenntwohnen genügt nicht. Andererseits gibt es ein Getrenntleben sogar dann, wenn die Ehegatten noch unter einem Dach wohnen, § 1567 I. 2. Leben die Ehegatten getrennt, so hat dies für die Unterhaltsansprüche folgende Konsequenzen: a) Der Anspruch auf einen Beitrag zum Familienunterhalt wandelt sich in einen persönlichen Unterhaltsanspruch. Ein bedürftiger Ehegatte kann vom anderen „den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt" verlangen, § 1361 I. Nach der Schuld an der Trennung wird - ebenso wie bei der Ehescheidung - nicht mehr gefragt. Auch der G r u n d , weswegen sich die Ehegatten getrennt haben, spielt für ihre Unterhaltsansprüche keine Rolle. b) Ein Ehegatte, der bei der Trennung nicht erwerbstätig war, muß sich nach der Trennung nicht notwendig seinen Unterhalt selbst verdienen, es sei denn, daß dies nach seinen persönlichen Verhältnissen von ihm erwartet werden kann (das trifft etwa für eine Ehefrau zu, die bei der Eheschließung ihre Berufstätigkeit aufgegeben hat und ohne Schwierigkeiten in ihren früheren Beruf wieder zurückkehren kann) oder die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten eine solche Wiederaufnahme der Berufstätigkeit geboten erscheinen lassen, § 1361 II. c) Der volle Unterhaltsanspruch wandelt sich um in einen Anspruch auf einen „billigen" Unterhaltsbeitrag oder entfällt gänzlich, wenn der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des 54

Rechtszwang gegen den Ehegatten

§ 10 I 1

Verpflichteten schuldig gemacht oder seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten aus sonstigen schwerwiegenden Gründen grob unbillig wäre. Ausnahme: Der Berechtigte ist wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert, § 1361 III i. V. m. § 1579 I Ziff. 2 - 4 , II.

§ 10. Rechtszwang gegen den Ehegatten und Schutz gegenüber einer Ehestörung durch Dritte I. Rechtszwang

gegen den Ehegatten

Ausgangsfall: Kunigunde und ihr Ehemann Balduin sind Miteigentümer eines Hauses. Im ersten Stock dieses Hauses gibt es zwei Wohnungen, die den Treppenaufgang und den Vorplatz gemeinsam haben. In der einen wohnt Kunigunde mit ihren Kindern, in die andere hat sich Balduin mit seiner intimen Freundin Franziska zurückgezogen. Kunigunde findet diesen Zustand unerträglich. Sie klagt gegen Balduin mit dem Antrag, er möge der Franziska verbieten, seine Wohnräume weiterhin zu betreten. Wird sie mit dieser Klage Erfolg haben?

1. Die Klage auf Herstellung

des ehelichen

Lehens

Handelt ein Ehegatte dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353) zuwider, so kann der andere gegen ihn auf Herstellung des ehelichen Lebens klagen. Man pflegt hier von einer „Herstellungsklage" zu sprechen. Bei der Klage ist genau anzugeben, wozu der Ehegatte verurteilt werden soll. Der Klageantrag muß also lauten: „ . . . den Ehegatten zu verurteilen, das eheliche Leben dadurch wieder herzustellen, daß er in die eheliche Wohnung zurückkehrt, daß er den Geschlechtsverkehr wieder aufnimmt, daß er es aufgibt, allabendlich mit seinen Freunden Trinkgelage zu veranstalten" usw. Die Herstellungsklage gehört zu den Ehesachen i. S. der §§ 606ff. ZPO. Wichtig: Das Urteil, das den Ehegatten zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verurteilt, ist nicht vollstreckbar, § 888 II ZPO. D e m Ehegatten kann also nicht für den Fall der Zuwiderhandlung eine Geldstrafe oder Haft angedroht werden. Das Urteil hat nur eine moralische Wirkung. Deswegen kommt der Klage keine große praktische Bedeutung zu. Umstritten ist die Frage, ob mit der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens auch die Unterlassung von Ehebruch und sonstigem ehe55

§ 1 0 12

I. Abschnitt: Eherecht

widrigem Verhalten verlangt werden kann. Das Reichsgericht sagte nein: In der Zivilprozeßordnung werde zwischen der Erwirkung von unvertretbaren Handlungen und der Erzwingung von Unterlassungen unterschieden. Die Erzwingung einer Unterlassung richte sich nach § 890 Z P O . Weil in dieser Vorschrift eine dem § 888 II Z P O entsprechende Ausnahme fehle, in der Ehe jeder Zwang aber unzulässig sei, könne es keine Klage auf Unterlassung von Ehebruch oder sonstigem ehewidrigem Verhalten geben (RGZ 151, 159, 162). Die neuere Lehre lehnt diese formale Unterscheidung mit Recht ab. O f t ist es nur eine Frage der Formulierung, ob vom Beklagten ein Tun oder ein Unterlassen begehrt wird (z. B.: „den ehewidrigen Verkehr mit der X zu unterlassen" oder „alle Beziehungen zu der X abzubrechen"). Die bloße Formulierung darf aber nicht entscheidend sein. Darum kann mit der Herstellungsklage auch ein Unterlassen begehrt werden. Für diesen Unterlassungsanspruch gilt jedoch ebenso wie für einen Anspruch auf ein positives Tun das Vollstreckungsverbot des § 888 II Z P O (,Staudinger-Hübner, Vorbem. 44 vor § 1353; Beitzke, § 12 III, 3a). 2. Deliktische Unterlassungsklagen a) Gegen jeden Eingriff in ein durch § 823 I geschütztes Rechtsgut oder Recht und gegen jede Verletzung eines Schutzgesetzes i. S. des § 823 II kann der Betroffene grundsätzlich den sog. quasinegatorischen Unterlassungsanspruch geltend machen. Frage: Bestehen solche Unterlassungsansprüche auch zwischen Ehegatten? Früher sagte man: Stellen unerlaubte Handlungen zugleich Eheverfehlungen dar, deretwegen die Ehe geschieden werden könnte, so sollen die Ehegatten sich scheiden lassen. Ein ehegemäßes Verhalten darf nicht mit den Mitteln des Deliktsrechts erzwungen werden. Nach geltendem Recht gibt es zwar keine Eheverfehlungen mehr. Geblieben ist aber die Unerzwingbarkeit der Herstellungsklage. Eine deliktische Unterlassungsklage ist vollstreckbar. Daraus ergibt sich der Grundsatz: Soweit die deliktische Unterlassungsklage auch der Herstellung des ehelichen Lebens dienen soll, ist sie unzulässig. Von diesem Grundsatz muß jedoch dann eine Ausnahme gelten, wenn der Rechtsgüterschutz den Schutz der Ehe eindeutig überwiegt. Das wird etwa bei Körperverletzungen oder bei geschäftsschädigenden Äußerungen regelmäßig der Fall sein. Bloße Beleidigungen dagegen, insbesondere solche im Intimbereich, können nicht mit Hilfe der deliktischen Unterlassungsklage unterbunden werden. b) Der Schutz des räumlich-gegenständlichen

Bereiches der Ehe

D e r räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe ist eine Erfindung des B G H zu dem Zweck, die Ehefrau im häuslichen Bereich gegen das Ein56

Rechtszwang gegen den Ehegatten

§101 3

dringen von Nebenbuhlerinnen zu schützen. Gemeint ist damit der Bereich, der „die äußere sachliche Grundlage für das gemeinsame Eheund Familienleben abgibt und zugleich den einzelnen Familienmitgliedern die Entfaltung ihrer Persönlichkeit ermöglichen soll", einfacher: die Ehe- und Familienwohnung, unter Umständen auch das Geschäft, in dem der Ehegatte mitarbeitet (BGHZ 6, 360, 365; BGH, LM Nr. 2 zu § 823 [Af] B G B ) . Dieser räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe ist nach der Auffassung des B G H ein geschütztes Rechtsgut, dessen Verletzung mit einer quasi-negatorischen Unterlassungsklage begegnet werden kann. Der B G H glaubt, diese Konstruktion mit Art. 6 G G rechtfertigen zu können: Ehe und Familie seien zu schützen. Soweit es sich um die Erhaltung und Reinhaltung des äußeren ehelichen Lebensraumes - „um den Schutz des häuslichen Herdes" - handle, sei der Schutz der Ehe und der Familie nur dadurch möglich, daß der in einem Recht auf diesen Lebensraum verletzte Ehegatte in eben diesem Recht geschützt werde. Insbesondere die Ehefrau bedürfe dieses Schutzes, wenn es ihr durch Angriffe des Ehemannes oder eines Dritten auf den äußeren ehelichen Lebensbereich dauernd unmöglich gemacht werde, sich darin entsprechend ihrer Stellung als Ehefrau und Mutter der Familie so zu bewegen und zu betätigen, daß ihre Frauenwürde, ihr Persönlichkeitsrecht und ihre Gesundheit unangetastet blieben. Offengelassen hat der B G H , ob das Recht des Ehegatten auf diesen Bereich als absolutes Recht i. S. des § 823 I zu gelten habe oder ob Art. 6 G G als Schutzgesetz i. S. des § 823 II anzusehen sei. O b mit dieser Konstruktion ein Schutz gegen dritte Ehestörer gewährleistet werden kann, wird noch zu prüfen sein. Gegen den Ehegatten kann diese Unterlassungsklage m. E. nicht erhoben werden. Da der Schutz der Ehe hier eindeutig im Vordergrund steht, schließt die nicht vollstreckbare - Herstellungsklage jeden - vollstreckbaren - deliktischen Unterlassungsanspruch aus (Beitzke, § 12 III, 3 a; a. A. jedoch die h. M.). 3.

Vermögensrechtliche

Ansprüche

a) Ansprüche auf vermögensrechtliche Leistungen, die sich aus der Ehe ergeben, aber nicht unmittelbar die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft zum Ziel haben, sondern sich unabhängig vom Bestehen einer solchen Gemeinschaft verwirklichen lassen - hauptsächlich also die Ansprüche auf Geldleistungen - werden regelmäßig durch eine Forderungsklage (Unterhaltsklage) nach den allgemeinen Vorschriften der Z P O geltend gemacht (Beispiele: Klage auf Zahlung von Taschengeld, Klage auf Zahlung des Haushaltsgeldes). Für diese auf Geld 57

§ 1 0 13

I. Abschnitt: Eherecht

gerichteten Ansprüche gelten die Erwägungen nicht, die für die besondere Behandlung der Ansprüche auf Herstellung des ehelichen Lebens angestellt worden sind. Hier ist eine Vollstreckung notwendig. Daß es sich bei der Unterhaltsklage nicht um eine Herstellungsklage handelt, läßt sich dem Gesetz entnehmen, das zwischen Ehesachen und Streitigkeiten, welche die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen, deutlich unterscheidet (vgl. §§ 23 a, 23 b I GVG). b) Nach den allgemeinen Vorschriften der Z P O sind auch Schadensersatzansprüche geltend zu machen, deren Grund außerhalb des Eherechts liegt (Beispiel: Schadensersatzansprüche aus einem Kfz-.Unfall). Hier können die Ehegatten wie einander fremde Personen gegeneinander klagen, soweit nicht die Geltendmachung dieser Ansprüche dem Wesen der Ehe widerstreitet. Dem Wesen der Ehe widerstreitet z. B. die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, wenn der haftende Ehepartner dadurch wesentliche Nachteile erleiden würde, die über die mit der Erstattung des Schadens notwendig verbundene Vermögenseinbuße hinausgingen. O b ein Ehegatte vom anderen bei einer fahrlässigen Körperverletzung Schmerzensgeld verlangen kann, ist bestritten, aber jedenfalls nicht grundsätzlich auszuschließen; vgl. BGH, D B 1973, 1847. Praktische Bedeutung hat diese Frage vor allem dann, wenn ein Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen werden soll (§ 3 N r . 1 PflVG) oder wenn ein Zweitschädiger, der dem verletzten Ehegatten vollen Ersatz geleistet hat (einschließlich eines Schmerzensgeldes), beim mitverantwortlichen Ehegatten Regreß nimmt. Poblem: Die Versicherung wird sich dann, wenn die verletzte Ehefrau gegen den Mann Schadensersatzansprüche geltend macht, auf § 11 Ziff. 4 AKB berufen. Diese Klausel der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftverkehrsversicherung schließt die Deckung für Haftpflichtansprüche aus Schadensfällen von Angehörigen des Versicherungsnehmers aus, denen der Versicherungsnehmer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zur Zeit des Versicherungsfalles Unterhalt gewährt. Diese Bestimmung benachteiligt ohne hinreichenden Grund die Mitglieder der Familie. Man kann sie deswegen mit gutem Grund für verfassungswidrig (Verstoß gegen Art. 6 G G ) halten; so mit überzeugender Begründung Dieckmann, Zur H a f t u n g unter Ehegatten, Reinhardt-Festschrift, S. 51 ff., 61.

Ebenso wie bei der Unterlassungsklage ist auch bei einer Klage auf Schadensersatz § 888 II Z P O zu beachten. Das Vollstreckungsverbot darf durch eine Schadensersatzklage nicht umgangen werden. In den Fällen, in denen eine deliktische Unterlassungsklage nicht zulässig ist, kann auch nicht auf Schadensersatz geklagt werden. c) Bei jeder Schadensersatzklage eines Ehegatten gegen den anderen spielt der Haftungsmaßstab eine Rolle. Nach § 1359 haben Ehegatten bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden 58

§ 1 0 II 1

Rechtszwang gegen den Ehegatten

Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Sie haften also nur für diligentia quam in suis. Beachte: § 1359 ist anwendbar, wenn ein Ehegatte Pflichten verletzt, die sich aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft oder aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben, wohl auch dann, wenn er im häuslichen Bereich einen Schaden anrichtet, etwa eine dem Ehepartner gehörende wertvolle Vase zerstört. § 1359 ist dagegen nicht anwendbar in Fällen, in denen sich die Ehegatten wie beliebige Dritte gegenüberstehen: so etwa, wenn die Gatten miteinander einen schuldrechtlichen Vertrag geschlossen haben oder ein Ehegatte den anderen fahrlässig verletzt hat, z. B. bei einem Unfall im Straßenverkehr; letzteres strittig, vgl. B G H , DB 1973, 1847. d) Beachte ferner: Die Verjährung aller Ansprüche zwischen Ehegatten ist während der D a u e r der Ehe gehemmt-, § 204. 4. Hinweise

für

die Lösung

des

Ausgangsfalles

a) Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens möglich, aber Urteil nicht vollstreckbar, § 888 II ZPO (s. o. 1). b) Deliktische Unterlassungsklage (mit der Möglichkeit der Vollstreckung) nur zulässig, wenn man den „räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe" als Schutzobjekt i. S. des § 823 I oder § 823 II ansieht. Die h. M. tut das (vgl. BGH, LM Nr. 1 b zu § 823 [Af] BGB). Zu den Bedenken dagegen s. o. 2b.

II.

Der

Schutz gegenüber

einer Ehestörung

durch

Dritte

Ausgangsfall: Ein Ehemann hat die Ehelichkeit eines von seiner Ehefrau geborenen Kindes angefochten. Die Nichtehelichkeit wird rechtskräftig festgestellt, die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben (§ 93 c Z P O ) . Dem Ehemann sind Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 1100 DM entstanden. Außerdem hat er aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts dem Kind einen Prozeßkostenvorschuß in Höhe von 300 DM geleistet. Diese Beträge, insgesamt 1400 DM, verlangt er nun vom Erzeuger des Kindes. Mit Recht? 1. Deliktische

Schadensersatzansprüche

Deliktische Schadensersatzansprüche gegen einen Ehestörer setzen v o r a u s , daß dieser in ein nach § 823 I geschütztes Rechtsgut oder Recht eingegriffen oder ein Schutzgesetz i. S. von § 823 II verletzt oder den Ehegatten sittenwidrig geschädigt hat. Frage: W i r d durch den Ehestörer ein (absolutes) Recht des unbeteiligten Ehegatten verletzt? Gelegentlich liest man, die „ E h e " sei ein „sonstiges R e c h t " i. S. des § 8 2 3 I (vgl. z. B . L G Berlin, F a m R Z 1968, 652). Diese Behauptung ist 59

§ 10 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

schon deswegen unrichtig, weil die Ehe als solche kein Recht ist. Die Ehe ist ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis. Aus diesem Gemeinschaftsverhältnis entstehen Rechte und Pflichten. Die Rechte, die mit der Eheschließung entstehen, sind aber mit der Ehe nicht identisch. Eine verbreitete Meinung hält zwar nicht die Ehe, wohl aber das Recht der Gatten auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft für ein sonstiges Recht i. S. des § 823 I (BGH, NJW 1956, 1149; Dölle I, § 32 III, 1; Jayme, Die Familie im Recht der unerlaubten Handlungen, S. 254). Aber: Das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft gründet sich auf § 1353, der nur von einem Recht gegenüber dem anderen Ehegatten spricht, also ein relatives Recht begründet. Relative Rechte werden aber nach § 823 I nicht geschützt (h. M., anders Löwisch, Der Deliktschutz relativer Rechte, 1970, S. 173ff.). Im Schrifttum versucht man, diesen Einwand teilweise dadurch zu überspielen, daß man eine Doppelnatur dieses Rechts annimmt: Im Verhältnis der Ehegatten zueinander sei das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft ein relatives Recht, Dritten gegenüber habe das Recht auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft dagegen absoluten Charakter (vgl. K. H. Schwab, NJW 1956, 1149; Gemhuber, § 17 I, 4). Der rechtfertigende Grund für diese Annahme bleibt unklar. Er dürfte wohl letztlich auf die Auffassung zurückgehen, daß die Ehe eine zu schützende „Institution" sei, also mehr als ein bloßes (relativ wirkendes) personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis (vgl. etwa O L G Celle, FamRZ 1964, 336). In späteren Entscheidungen des BGH ist nicht mehr von der Verletzung eines absoluten Rechts die Rede. Stattdessen wird betont, daß die Verpflichtungen, die einem Ehegatten dem anderen Ehegatten gegenüber aus der Ehe obliegen, dem Wesen der Ehe entsprechend persönliche Verpflichtungen sind und deswegen nur durch den Ehegatten, nicht auch durch einen Dritten, verletzt werden können (BGHZ 23, 279, 281; 26, 217, 221). Lehnt man den absoluten Charakter des Rechts auf Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ab, so scheidet eine Haftung nach § 823 I aus, weil der Ehestörer kein geschütztes Recht verletzt hat. Bejaht man ein solches absolutes Recht, so bleibt immer noch die Frage, ob Schadensersatzansprüche nicht durch die Sonderregelungen des Eherechts ausgeschlossen werden oder ob der Ersatz bloßer im Zusammenhang mit der Ehestörung stehender Vermögensnachteile noch vom Schutzbereich einer Norm erfaßt ist, die den Bestand der Ehe zum Gegenstand hat (letzteres Argument stammt von Esser, SchR II, 60

Rechtszwang gegen den Ehegatten

§ 10 II 2

§ 107 IIb; ähnlich auch BGH, FamRZ 1972, 33, 34). Die Rechtsprechung, die früher ein absolutes Recht bejahte, schloß Schadensersatzansprüche mit der Begründung aus, durch solche Schadensersatzansprüche gegen den Ehestörer werde auf den mitschuldigen Ehegatten ein mittelbarer Zwang ausgeübt. Dies jedoch sei nicht zulässig (vgl. R G Z 72, 130; BGHZ 23, 217ff„ 281 f.; 26, 220f.; dagegen Beitzke, M D R 1957, 408; LG Augsburg, FamRZ 1971, 170). Die Gründe, die gegen eine Haftung als Folge der Verletzung des Rechts auf Ungestörtheit der ehelichen Lebensgemeinschaft sprechen, schließen es übrigens auch aus, dem verletzten Ehegatten einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuzuerkennen; vgl. BGH, FamRZ 1973, 295. Eine Haftung aus $ 823 II läßt sich ebenfalls nicht begründen. § 172 StGB a. F. (Ehebruch) kommt nach der Aufhebung dieser Bestimmung als Schutzgesetz nicht mehr in Betracht, § 185 StGB scheidet als Schutzgesetz deswegen aus, weil der eingetretene Vermögensschaden (Belastung mit Unterhaltsverpflichtungen, Kosten der Anfechtung) außerhalb des Schutzzwecks dieser Norm liegt (vgl. Dölle I, § 32 III, 2 a), und bei Art. 6 GG wird man annehmen müssen, daß auch er nicht vor solchen finanziellen Belastungen schützen will, ganz abgesehen davon, daß die Anwendung des Art. 6 GG schon wegen seines schwer konkretisierbaren Inhalts Bedenken auslösen müßte (vgl. Beitzke, § 12 III 3b). Für eine Haftung nach § 826 schließlich wird es in aller Regel an dem Schädigungsvorsatz fehlen. Der Ehestörer handelt normalerweise aus anderen Gründen als dem, dem betroffenen Ehegatten einen Schaden zufügen zu wollen. Immerhin ist das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes nicht schlechthin auszuschließen. 2. Anspruch auf Beseitigung einer Ehestörung und auf Unterlassung künftiger Störungen Nachdem der BGH Schadensersatzansprüche wegen einer Ehestörung kategorisch ablehnt, verwundert es zunächst, daß er - in einem begrenzten Rahmen - einen Störungsbeseitigungs- und Unterlassungsanspruch anerkennt, nämlich bei einem Eingriff in den sog. „räumlichgegenständlichen Bereich der Ehe" (zu diesem Begriff s. o. I, 2b). Ob dieser Rechtsprechung gefolgt werden kann, hängt davon ab, ob man für den behaupteten Anspruch eine tragfähige Anspruchsgrundlage findet. In der Rechtsprechung glaubt man den Anspruch vor allem auf Art. 6 GG (Schutzgesetz i. S. von § 823 II) stützen zu können (BGH, FamRZ 1963, 555; KG, FamRZ 1965, 330; O L G Nürnberg, FamRZ 1966, 511). Dagegen läßt sich einwenden, daß es hier nicht um den 61

§ 10 II 3

I. Abschnitt: Eherecht

Schutz der Ehe geht, sondern um den Schutz eines Ehegatten, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit und dessen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit verletzt worden sind. Bemerkenswert ist, daß der Schutzanspruch sich sogar dann durchsetzt, wenn durch das Abwehrverfahren die Ehe gefährdet wird (vgl. Dölle I, § 32 II, 1). Die Literatur favorisiert als Rechtsgrundlage § 823 I (Gembuber, § 17 I, 1; Staudinger-Hübner, Vorbem. 53 vor § 1353). Hier stößt die Umschreibung des verletzten Rechtsgutes oder Rechtes auf Schwierigkeiten. Der „räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe" als solcher ist kein „sonstiges Recht". Auch ob die personenrechtliche Zuordnung der Ehegatten und ihre Verbindung zu geschlechtlicher Treue als Schutzobjekt eines absoluten Rechts angesehen werden können (so Gembuber, § 1 7 1, 2), ist zweifelhaft. Worum es geht, hat der BGH selbst ausgesprochen: Es geht um den Schutz des Ehegatten in seinem Persönlichkeitsbereich; der Ehegatte soll davor geschützt werden, daß sein Ansehen in der Öffentlichkeit beeinträchtigt wird; geschützt werden sollen seine Ehre und seine Würde und schließlich auch der Bereich, den er zur Entfaltung seiner Persönlichkeit braucht. Schutzobjekt ist also das besondere Persönlichkeitsrecht des Ehegatten, eine spezifische Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hinzutreten können weitere Ansprüche, insbesondere ein Besitzschutzanspruch. Versteht man den „räumlich-gegenständlichen Bereich" so, dann bestehen gegen einen Schutzanspruch keine Bedenken. Der in diesem Bereich verletzte Ehegatte kann sowohl auf Beseitigung der Störung als auch auf Unterlassung künftiger Störungen klagen. Scheitern kann seine Klage lediglich dann, wenn es ihm nicht um den Schutz des äußeren ehelichen Lebensbereiches, sondern um die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft geht; denn in diesem Fall will er mit Zwang etwas erreichen, was nach § 888 II ZPO nicht erzwungen werden darf; vgl. OLG Frankfurt, NJW 1974, 2325. 3. Hinweise

für die Lösung des

Ausgangsfalles

a) Anspruch aus unerlaubter Handlung? § 823 I scheidet aus: keine Verletzung eines absoluten Rechts (sehr str.); § 823 II scheidet ebenfalls aus: weder Art. 6 GG noch § 185 StGB wollen vor Vermögensschäden im Zusammenhang mit einer Ehestörung Schutz gewähren; § 826 kommt deswegen nicht in Betracht, weil dem Ehebrecher kaum jemals ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden kann. b) Trotzdem bleibt der Ehemann nicht gänzlich ohne Schutz: Seine Aufwendungen sind nämlich Unterhaltszahlungen an das Kind. Das gilt jedenfalls für den geleisteten Prozeßkostenvorschuß. Es gilt darüberhinaus aber auch für die dem Scheinvater entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten. Die

62

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§11 I

Klärung der Abstammung ist für das Kind so wichtig, daß die dafür aufgewendeten Kosten als zu seinem Lebensbedarf gehörend angesehen werden können ( B G H , FamRZ 1972, 33). Das Kind kann somit diese Kosten vom wirklichen Vater - sobald dessen Vaterschaft feststeht - ersetzt verlangen. Sein Anspruch geht gem. § 1615b I kraft Gesetzes auf den Scheinvater über (s. u. § 20 V, 2a). Vgl. auch Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 4.

§ 11. Das gesetzliche Ehegüterrecht I. Geschichtliche Entwicklung Das Ehegüterrecht hat es mit der Frage zu tun: Was geschieht mit dem Vermögen der Ehegatten nach der Eheschließung? Auf diese Frage gibt es zwei extreme Antworten: (1) Es geschieht überhaupt nichts. Es bleibt bei einer Trennung der Gütermassen. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen weiterhin selbständig. (2) Die Lebensgemeinschaft wird zu einer Gütergemeinschaft: die beiderseitigen Vermögen werden gemeinschaftliches Vermögen. Zwischen diesen extremen Möglichkeiten gibt es eine Reihe von mittleren Lösungen: Eine teilweise Vergemeinschaftung, Zuweisung der Verwaltungsbefugnis an einen Ehegatten, keine Vergemeinschaftung aber späterer Ausgleich. Im römischen Recht herrschte Gütertrennung. Der Mann hatte jedoch die Lasten der Ehe zu tragen. Als Beitrag dafür übereignete ihm die Frau oder ein Angehöriger der Frau bestimmte Vermögensgegenstände (dos). Bei der Auflösung der Ehe, namentlich im Fall der Scheidung, hatte der Mann die dos an den Geber zurückzuerstatten. Dieses sog. Dotalsystem wurde in das Gemeine Recht übernommen. Es galt in Teilen Deutschlands noch bis 1900. Ein anderes System: Es besteht Gütertrennung, aber der Mann verwaltet das Vermögen der Frau und hat auch während der Dauer der Ehe die Nutznießung dieses Vermögens. Dieses System (Verwaltung und Nutznießung oder kurz: Verwaltungsgemeinschaft) hatte vor 1900 in Deutschland die weiteste Verbreitung (vor allem in Norddeutschland). Die allgemeine Gütergemeinschaft (die Vermögen der Gatten verschmelzen zu einem Vermögen, dem sog. Gesamtgut) war vor 1900 ebenfalls in ganz Deutschland verbreitet mit besonderen Schwerpunkten in Ost- und Westpreußen. Abwandlungen dieser vollkommenen Gütergemeinschaft bildeten die sog. Errungenschaftsgemeinschaft und die sog. Fahrnisgemeinschaft. Bei 63

§111

I. Abschnitt: Eherecht

der Errungenschaftsgemeinschaft wurde nur das Vermögen gemeinschaftlich, das die Ehegatten während der Ehe erwarben, die vorehelichen Vermögen blieben getrennt. Bei der Fahrnisgemeinschaft wurde neben der Errungenschaft auch das bewegliche voreheliche Vermögen der beiden Ehegatten gemeinschaftliches Vermögen. Errungenschaftsgemeinschaft und Fahrnisgemeinschaft galten bis 1900 in vielen Variationen überwiegend in Süddeutschland, die Errungenschaftsgemeinschaft vor allem in Bayern und Württemberg, die Fahrnisgemeinschaft vor allem in Baden. Die Zersplitterung vor dem Inkrafttreten des BGB war heillos. Von Ort zu Ort galten verschiedene Rechte, teilweise sogar von Ortsteil zu Ortsteil. In manchen Orten galt darüber hinaus verschiedenes Recht für die verschiedenen Stände. Dieser Rechtszersplitterung machte das BGB ein Ende. Es erklärte das am weitesten verbreitete System, nämlich die Verwaltungsgemeinschaft, zum gesetzlichen Güterstand-. Die Vermögen des Mannes und der Frau blieben auch nach der Eheschließung getrennt. Das sog. eingebrachte Vermögen der Frau wurde jedoch vom Mann verwaltet. Er hatte daran auch die Nutznießung; d. h. die Erträge dieses Vermögens flössen in sein Vermögen - zum Ausgleich dafür, daß er für den Familienunterhalt aufzukommen hatte. Die Frau behielt nur die Verfügungsgewalt über ihr sog. Vorbehaltsgut. Neben diesem gesetzlichen Güterstand gab es im B G B noch vier weitere Güterstände: die Gütertrennung, die insbesondere dann eintrat, wenn die Ehegatten durch Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen hatten, sowie drei vertragliche Güterstände: die allgemeine Gütergemeinschaft, die Fahrnisgemeinschaft und die Errungenschaftsgemeinschaft. Nach dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes konnte der gesetzliche Güterstand nicht mehr bestehen bleiben. An seine Stelle trat zunächst die Gütertrennung. Das Gleichberechtigungsgesetz führte als gesetzlichen Güterstand die sog. Zugewinngemeinschaft ein. Sie gilt, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbaren. An ihrer Statt können durch Vertrag Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbart werden. Weggefallen sind die Errungenschaftsgemeinschaft und di? Fahrnisgemeinschaft. Vertragliche Modifikationen der Gütergemeinschaft sind jedoch möglich, u. a. auch solche, die in etwa der alten Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnisgemeinschaft entsprechen. Es wird also der gesetzliche Güterstand, die Zugewinngemeinschaft, den Ehegatten nicht aufgezwungen. Sie gilt nur dispositiv, ihre Regelung ist nachgiebiges Recht. Die Gatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse nach § 1408 durch Vertrag abweichend regeln. Der Vertrag 64

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§ 1 1 II

heißt Ehevertrag, ist ein Verfügungsgeschäft, insofern er unmittelbar auf das Vermögen eines oder beider Ehegatten einwirkt und muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden, § 1410. II. Die Zugewinngemeinschaft.

Grundgedanken

Die Zugewinngemeinschaft, seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes gesetzlicher Güterstand, steht zwischen der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft. Solange die Zugewinngemeinschaft währt, bleiben die Vermögen der Ehegatten getrennt. Nach der Beendigung des Güterstandes, sei es durch den Tod eines Ehegatten, sei es durch Scheidung oder sei es durch vertragliche Aufhebung oder Urteil, wird der Zugewinn, den die Gatten erzielt haben, ausgeglichen. Dieser Ausgleich des Zugewinns ist ein Ausdruck der allumfassenden Lebens- und Schicksalsgemeinschaft der Ehegatten, Konsequenz der modernen Vorstellung, daß die Ehegatten in einem genossenschaftsähnlichen Verhältnis stehen, daß ihre Arbeit gleichen Wert hat. Der Ausgleich findet auf verschiedene Weise statt. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, so verzichtet man regelmäßig darauf, den Zugewinn zu berechnen. Stattdessen erhöht man den gesetzlichen Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel des Nachlasses, § 1371 I. Eine Errechnung des Zugewinns findet normalerweise nur statt, wenn die Ehe aus anderen Gründen aufgelöst wird (Aufhebung, Scheidung) oder wenn der Güterstand durch Vertrag oder ein Urteil auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns aufgehoben wird, § 1372. Hier wird dann dem Ehegatten, der während der Ehe keinen Zugewinn erzielt hat oder dessen Zugewinn niedriger ist als der Zugewinn des anderen Ehegatten, eine schuldrechtliche Ausgleichsforderung zuerkannt. Praktisch bedeutet das, daß der Grundgedanke des Zugewinnausgleichs im Normalfall wieder preisgegeben und durch eine schematische Bevorzugung des überlebenden Ehegatter\ ersetzt wird. Beispiele: 1. M und F heiraten. Im Zeitpunkt der Eheschließung haben beide kein Vermögen. Im Verlauf der Ehe erwirbt der Mann ein Vermögen von 100000 DM. Die Frau erwirbt nichts. Die Ehe bleibt kinderlos. a) Der Mann stirbt zuerst: Gesetzliches Erbrecht der Frau: Die Frau erhält die Hälfte des Nachlasses = 50000 D M (§ 1931 I, 1). Die andere Hälfte des Nachlasses fällt an die Eltern oder Geschwister des Mannes. 65

§ 1 1 III 1

I. Abschnitt: Eherecht

Der Ausgleich des Zugewinns geschieht dadurch, daß der Erbteil gem. § 1371 I um ein Viertel des Nachlasses erhöht wird: Die Frau erhält 75000 DM. Die Eltern oder Geschwister bekommen lediglich 25000 DM. Bei einem wirklichen Ausgleich wäre folgendermaßen zu verfahren: Die Frau bekommt die Hälfte des Zugewinns (= 50000 DM) vorweg. Der Rest ist der Nachlaß. An diesem Nachlaß hat die Frau ein Erbrecht in Höhe von 1 /2 ( = 25000 DM). Zusammen würde die Frau also 75000 DM erhalten. Der Rest (25 000 DM) würde an die Eltern oder Geschwister des Mannes fallen. Hier führt die erbrechtliche Lösung somit zum gleichen Ergebnis wie die güterrechtliche Lösung. b) Die Frau stirbt zuerst: In diesem Fall behält der Mann seinen Zugewinn ganz. Die Eltern oder Geschwister der Frau bekommen nichts. 2. M und F bringen je ein Kind aus einer früheren Ehe mit in die Ehe. a) Der Mann stirbt zuerst: Erbrechtliche Lösung: gesetzlicher Erbteil der Frau = '/4 des Nachlasses (§ 1931 I, 1) = 25 000 D M ; Erhöhung um ein weiteres Viertel gemäß § 1371 I; Summe: 50000 D M . Die verbleibenden 50000 DM fallen an das Kind des Mannes aus erster Ehe. Bei einer güterrechtlichen Lösung müßte die Frau die Hälfte des Zugewinns ( = 50000 DM) + V 4 des verbleibenden Nachlasses ( = 12500 DM) erhalten, zusammen also 62 500 DM. Das Kind des Mannes aus erster Ehe bekäme 37500 DM. b) Die Frau stirbt zuerst: Erbrechtliche Lösung: Nachlaß = 0. Der Mann behält seinen Zugewinn ganz. Nach seinem Tod bekommt sein Kind aus erster Ehe 100000 DM. Das Kind der Frau aus erster Ehe geht leer aus. Bei einer güterrechtlichen Lösung würde der Anspruch der Frau auf die Hälfte des Zugewinns (50000 DM) den Nachlaß bilden. Von diesem Nachlaß stünde dem Mann ein Viertel (= 12500 DM) zu, dem Kind der Frau aus erster Ehe 3 /4 (= 37500 DM). Diese Gegenüberstellung zeigt deutlich: Durch die erbrechtliche Lösung werden die Angehörigen, insbesondere die Kinder des Ehegatten, der keinen Zugewinn erzielt hat, in krasser Weise benachteiligt.

III.

Nähere Ausgestaltung

der Gütertrennung Güterstandes

nährend, der Dauer des

1. Während der Dauer des Güterstandes bleiben das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau getrennt. Das gilt sowohl für das Vermögen, das die Ehegatten bei der Eheschließung bereits haben als auch für das Vermögen, das die Ehegatten während der Ehe erwerben. 66

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§ 1 1 III 2

§ 1363 II, 1. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbständig und kann darüber auch, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, frei verfügen, § 1364. Aus der Verpflichtung der Gatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich aber für sie die Verpflichtung, bei Ausübung ihrer Vermögensrechte dieser Gemeinschaft Rechnung zu tragen, insbes. zum angemessenen Unterhalt der Familie beizutragen, ihr Vermögen also so zu verwalten, daß sie ihren Unterhaltspflichten nachkommen können. Ein Verstoß gegen diese allgemeinen Pflichten kann bei einem güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht geben, § 1381. Daneben enthalten die §§ 1365-1369 einige Verfügungsbeschränkungen für besondere Fälle, in denen ein Verstoß die Unwirksamkeit der Verfügung zur Folge hat. Eine Rechtspflicht, dem anderen Ehegatten über den Stand des eigenen Vermögens Auskunft zu erteilen, sieht das Gesetz nur bei Beendigung des Güterstandes vor. Will jedoch ein Ehegatte bei bestehender Ehe wissen, wie groß etwa das Vermögen des anderen Ehegatten ist oder wieviel er im Monat verdient, so würde es rechter ehelicher Gesinnung widersprechen, würde ihm eine Auskunft verweigert werden. Ein solches Auskunftsverlangen, das selbstverständlich nicht so weit geht wie das Recht auf Auskunft nach Beendigung des Güterstandes (§ 1379), kann darum auf § 1353 gegründet werden; vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1379 Anm. 2. Weigert sich ein Ehegatte grundlos und beharrlich, über den Stand seines Vermögens Auskunft zu geben, so gibt § 1386 III dem anderen Ehegatten das Recht, auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns zu klagen. 2. Die Bildung von gemeinschaftlichem Vermögen ist bei der Zugewinngemeinschaft nicht ausgeschlossen. Gemeinschaftliches Vermögen entsteht nicht kraft Gesetzes, es kann aber durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung begründet werden. In manchen Fällen kann man eine solche Vereinbarung unterstellen, etwa wenn während der Ehe aus beiderseitigen Ersparnissen ein Sparkonto angelegt oder Hausrat angeschafft wird. Bei der Anschaffung von Hausrat ist allerdings § 1370 zu beachten: Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, werden Eigentum des Ehegatten, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände gehört haben (dingliche Surrogation). Bei dem Miteigentum, das hiernach (insbesondere) an Hausratsgegenständen entstehen kann, handelt es sich um Bruchteilseigentum, nicht um Gesamthandseigentum. Die Ehegatten können nicht stillschweigend eine partielle Gütergemeinschaft begründen und auch der Abschluß 67

§11 IV

I. Abschnitt: Eherecht

e i n e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s kann bei d e r b l o ß e n A n s c h a f f u n g v o n H a u s rat n i c h t u n t e r s t e l l t w e r d e n ( s o m i t R e c h t Baur,

SachenR,

8.

Aufl.

§ 5 1 V 4 b g e g e n O L G M ü n c h e n , N J W 1972, 5 4 2 ) . Fall: Beide Ehegatten sind berufstätig. D e r Mann stellt das Haushaltsgeld zur V e r f ü g u n g . E r k a n n deswegen nichts ersparen. Die Frau zahlt ihr E i n k o m m e n aut ein K o n t o ein, u m die G r u n d l a g e für den späteren Bau eines Eigenheims zu s c h a f f e n . W e m gehört das G e l d auf der Bank? A n t w o r t : Im Zweifel beiden E h e g a t t e n ! Die G r u n d l a g e der Bruchteilsgemeinschaft ist hier eine stillschweig e n d e Verrechnungsabrede der Parteien des Inhalts, daß die ersparten Gelder, o b w o h l formal d e n E i n k ü n f t e n der Ehefrau entstammend, beiden Parteien z u s t e h e n sollen; vgl. B G H , F a m R Z 1966, 442. 3. N a c h § 1 3 6 4 v e r w a l t e t jeder E h e g a t t e sein V e r m ö g e n s e l b s t ä n d i g . E s s t e h t aber n i c h t s im W e g e , d a ß ein Ehegatte d e m anderen sein g a n z e s Vermögen

oder

Teile

zur

Verwaltung

überläßt.

Für e i n e n

solchen

V e r t r a g g e l t e n d i e V o r s c h r i f t e n d e s A u f t r a g s o d e r des G e s c h ä f t s b e s o r g u n g s v e r t r a g e s , a l s o die § § 6 6 2 ff. D e r A u f t r a g ist j e d e r z e i t w i d e r r u f l i c h , § 6 7 1 . § 671 ist an sich z w a r abdingbar.

Aber: Zwischen

Ehegatten

kann die W i d e r r u f l i c h k e i t

nur

d u r c h f ö r m l i c h e n E h e v e r t r a g a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n , § 1413. U n d selbst d a n n b l e i b t ein W i d e r r u f a u s w i c h t i g e m G r u n d n o c h z u l ä s s i g . 4.

Besitzverhältmsse

A n Hausrat und E h e w o h n u n g besteht regelmäßig Mitbesitz.

Allein-

b e s i t z h a b e n d i e E h e g a t t e n n o r m a l e r w e i s e nur an d e n z u m p e r s ö n l i c h e n G e b r a u c h d i e n e n d e n u n d an d e n u n t e r alleinigem V e r s c h l u ß s t e h e n d e n Sachen. IV.

Verfügungsbeschränkungen

Ausgangsfälle: (1) D e r verheiratete K a u f m a n n K bestellt zu U r k u n d e des N o t a r s N für die F i r m a F eine G r u n d s c h u l d in H ö h e von 30000 D M an seinem G r u n d s t ü c k . D u r c h die Belastung wird der Verkehrswert des G r u n d s t ü c k s im wesentlichen ausgeschöpft. Sonstiges nennenswertes Vermögen hat K nicht. N beantragt d e n Vollzug d e r U r k u n d e . Der Rechtspfleger weigert sich, die Eintragung zu verfügen, ehe nicht die Z u s t i m m u n g der Ehefrau des K zu dieser Belastung beigebracht w o r d e n sei. Mit Recht? (2) E i n e Ehefrau (F) hat von ihren Eltern ein Fernsehgerät geschenkt b e k o m m e n . D e r E h e m a n n (M) f ü r c h t e t einen nachteiligen Einfluß auf die Kinder und verkauft u n d übereignet das Gerät o h n e Wissen der F an seinen Freund (D), d e r ihn f ü r d e n Eigentümer hält. Als F das Gerät von D herausverlangt, erklärt dieser, er habe gutgläubig Eigentum an dem Gerät erworben. Hilfsweise m a c h t er geltend, es stehe ihm so lange ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis er d e n gezahlten Kaufpreis in H ö h e von 600 D M zurückerhalten habe. 68

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§ 11 IV 1

1. Da die bloße Verpflichtung der Gatten, bei Ausübung ihrer Vermögensrechte der ehelichen Gemeinschaft Rechnung zu tragen, keinen ausreichenden Schutz vor willkürlichen Verfügungen gibt, hat das Gesetz gewisse Verfügungsbeschränkungen aufgestellt. Die Beschränkung besteht darin, daß grundsätzlich der andere Ehegatte der Verfügung zustimmen muß. Von der Zustimmung des anderen Ehegatten sind abhängig (1) Verfügungen über das Vermögen im ganzen, § 1365, (2) Verfügungen über Haushaltsgegenstände, § 1369. U b e r sein „Vermögen im ganzen" verfügt nicht nur derjenige, der ausdrücklich sein Gesamtvermögen als Objekt des Geschäfts bezeichnet, sondern auch derjenige, der nur über einen einzelnen Gegenstand oder über mehrere einzelne Gegenstände verfügt, wenn nur diese Gegenstände praktisch sein gesamtes Vermögen darstellen (so die herrschende „Einzeltheorie", B G H Z 35, 135; 43, 174; Staudinger-Felgentraeger, § 1365 Anm. 19, im Gegensatz zu der sog. „Gesamttheorie"). Ob letzteres der Fall ist, entscheidet eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Typischer Anwendungsfall: Übertragung eines Bauernhofes oder eines gewerblichen Unternehmens an einen Abkömmling im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Wird nicht über das Gesamtvermögen, sondern über einen einzelnen Gegenstand oder über einzelne Gegenstände verfügt, so ist § 1365 allerdings nur anwendbar, wenn der Vertragspartner weiß, daß es sich bei dem Vermögensgegenstand um praktisch das ganze Vermögen des Ehegatten handelt oder zumindest die Verhältnisse des Verfügenden kennt, aus denen er einen entsprechenden Schluß ziehen kann (so - im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs - die herrschende „subjektive Theorie", B G H Z 43, 177; Staudinger-Felgentraeger, § 1365 Anm. 21 ff., im Gegensatz zur „objektiven Theorie", die zum Schutz der Familie § 1365 immer dann anwenden will, wenn ein Gegenstand objektiv das gesamte Vermögen ausmacht; Gernhuber, § 35 II, 6). Wichtig: Zustimmungsbedürftig ist nicht erst das Verfügungsgeschäft, sondern bereits das Verpflichtungsgeschäft. Insofern ist die übliche Bezeichnung „Verfügungsbeschränkungen" nicht ganz korrekt. Es handelt sich um Veräußerungsverbote, und zwar nicht um relative Veräußerungsverbote (i. S. des § 135), sondern um absolute Veräußerungsverbote (BayObLG, FamRZ 1967, 337). Ein gutgläubiger Erwerb, wie er bei relativen Veräußerungsverboten möglich ist (§ 135 II), ist hier ausgeschlossen. Geprüft wird in erster Linie das Verpflichtungsgeschäft. Ist das Verpflichtungsgeschäft wirksam (z. B. weil die Zustimmung erteilt wurde oder im Zeitpunkt seiner Vornahme die Zustimmung noch nicht erfor69

§ 1 1 IV 2

I. Abschnitt: F.herecht

derlich war), so kann die Wirksamkeit des Verfügungsgeschafts nicht mehr von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Festzuhalten ist also: Zustimmungsbedürftig sind Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte dann, wenn sie entweder das Vermögen im ganzen (praktisch das ganze Vermögen) oder Gegenstände des ehelichen Hausrats betreffen. Die Verfügung über andere Gegenstände, mögen sie auch noch so wichtig sein, rechtfertigt die Anwendung dieser Vorschrift nicht. So ist z. B. die Verfügung über die Familienwohnung nicht zustimmungsbedürftig, wenn der Verfügende daneben noch anderes Vermögen hat - ein seltsames Ergebnis, wenn man bedenkt, daß die Verfügung über Einrichtungsgegenstände zustimmungsbedürftig ist. Der andere Ehegatte kann sich lediglich auf § 1353 berufen (vgl. O L G Nürnberg, FamRZ 1962, 473 und oben § 7 III, lc). O b der Verfügende eine Gegenleistung erhält, spielt für die Anwendbarkeit der §§ 1365ff. keine Rolle. Er bedarf der Zustimmung seines Ehegatten auch dann, wenn das Geschäft ihm wirtschaftliche Vorteile bringt (arg. e § 1365 II: Wäre § 1365 auf unentgeltliche Geschäfte beschränkt, so wäre § 1365 II praktisch bedeutungslos); vgl. B G H Z 35, 135. U b e r die Zweckmäßigkeit des § 1369 in der vorliegenden Fassung kann man geteilter Meinung sein. B e i s p i e l e : Der Ehemann verkauft die Eigentumswohnung, in der die Familie wohnt - die Zustimmung der Ehefrau ist nicht erforderlich (wenn nicht § 1365 eingreift). Die Ehefrau will (nachdem die Kinder groß geworden sind) das Kjnderbett, den Kinderwagen, den Laufstall verkaufen - der Ehemann muß zustimmen! Der Ehemann verkauft sein Auto - die Zustimmung der Ehefrau ist nur dann erforderlich, wenn sie den Kraftwagen mitbenutzt hat.

O b § 1369 auch dann gilt, wenn die Ehegatten getrennt leben, ist umstritten. Die herrschende Meinung bejaht die Anwendbarkeit mit dem Hinweis, gerade getrennt lebende Ehegatten seien besonders schutzbedürftig (vgl. Soergel-Lange, § 1369 Bern. 3). Aber: Getrennt lebende Ehegatten haben keinen „ehelichen Haushalt". Damit fehlt ein Tatbestandsmerkmal für die Anwendung des § 1369 (vgl. Gemhuber, § 35 III, 4). 2. Die Zustimmung des Ehegatten kann nach § 182 dem verfügenden oder sich verpflichtenden Ehegatten oder dem Dritten gegenüber erklärt werden. Die Zustimmung zu dem Verpflichtungsgeschäft deckt auch das Verfügungsgeschäft. Sie kann also nach dem Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts nicht mehr widerrufen werden. Wäre es anders, dann könnte der Dritte aus dem (gültigen) Verpflichtungsgeschäft klagen und dann in das Vermögen des Ehegatten vollstrecken. 70

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§ 1 1 IV 3

Wird die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert, dann kann sie durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Ehegatten ersetzt werden, §§ 1365 II, 1369 II. Die fehlende Einwilligung macht einen Vertrag schwebend unwirksam, aber durch Genehmigung heilbar, § 1366 I. Ein einseitiges Rechtsgeschäft (z. B. Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses, wenn der Gesellschaftsanteil praktisch das gesamte Vermögen ausmacht) ist dagegen, wenn die Zustimmung fehlt, unheilbar nichtig, § 1367. Bei Verträgen hat der Dritte während des Schwebezustandes zwei Möglichkeiten: Er kann einmal den Vertrag widerrufen, freilich nur dann, wenn er nicht gewußt hat, daß sein Vertragspartner verheiratet war oder wenn dieser wahrheitswidrig die Einwilligung seines Ehepartners behauptet und der Dritte dieser Behauptung vertraut hat, § 1366 II. Der Dritte kann aber auch den abschließenden Ehegatten auffordern, die erforderliche Genehmigung des anderen Ehegatten zu beschaffen. Hier muß dann der andere Ehegatte seine Genehmigung dem Dritten gegenüber erklären. Die Genehmigung gilt als verweigert, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt wird, § 1366 III. 3. Die §§ 1365 ff. finden nur Anwendung, solange die Ehe (bzw. der Güterstand) besteht. Das bedeutet nicht, daß schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte mit Beendigung der Ehe in jedem Fall voll wirksam würden. Zwar ist es richtig, daß der verfügende Ehegatte nach Beendigung der Ehe erneut und nun auch voll wirksam über den Gegenstand verfügen könnte. Der Unterschied zwischen einer erneuten Verfügung und der rückwirkenden Heilung eines früheren Rechtsgeschäfts liegt aber darin, daß die rückwirkende Heilung Auswirkungen haben kann auf den Zugewinnausgleich, während diese Gefahr bei einer Neuvornahme des Rechtsgeschäfts nicht besteht. Beispiel: M will sich von seiner Frau trennen. Er verkauft — ohne Wissen seiner Frau - ein größeres Grundstück (Bauerwartungsland), das praktisch sein gesamtes Vermögen ausmacht, um mit dem Erlös in einer anderen Stadt eine Eigentumsw o h n u n g zu erwerben. Ein Jahr danach erhebt er die Scheidungsklage. Inzwischen ist aus dem Bauerwartungsland Bauland geworden, der Wert um 100 Prozent gestiegen. Kann nunmehr, nachdem die Ehe geschieden worden ist, die Frau ihre Genehmigung noch verweigern?

Die Rechtsprechung nimmt an, daß schwebend unwirksame Geschäfte mit der Auflösung der Ehe zu voll wirksamen Geschäften erstarken (vgl. O L G Saarbrücken, O L G Z 1967, 1; BayObLGZ 1972, 144; O L G H a m m , FamRZ 1972 , 29 7; BayObLG, NJW 1972, 2272). In der Literatur wird diese Auffassung mit Recht kritisiert (vgl. Lange, JuS 1970, 503; Reimcke, N J W 1972, 1786 und NJW 1973, 305). Sie verkürzt die Rechte der Frau. Die H ö h e ihres Anspruchs auf Zugewinn71

§ 1 1 IV 5

I. Abschnitt: Eherecht

ausgleich bestimmt sich danach, wie groß im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags das Vermögen ihres Mannes war. Hat sich dieses Vermögen infolge der Veräußerung vermindert, so würde sich auch ihr Ausgleichsanspruch vermindern, wenn sie die Veräußerung gegen sich gelten lassen müßte. N u r dann konvalesziert ein schwebend unwirksames Rechtsgeschäft mit Beendigung des Güterstandes zu voller Wirksamkeit, wenn die Interessen des anderen Ehegatten durch das Wirksamwerden nicht berührt werden können, etwa wenn der zustimmungsberechtigte Ehegatte stirbt: die §§ 1365ff. bezwecken nicht den Schutz der Erben; vgl. Gernhuber,

§ 3 5 IV, 7.

4. Für die Verfügung gilt das gleiche wie für den schuldrechtlichen Vertrag. Die fehlende Einwilligung macht die Verfügung schwebend unwirksam, die Verweigerung der Genehmigung hat die endgültige Nichtigkeit zur Folge, wenn die Genehmigung nicht durch das Vormundschaftsgericht ersetzt wird. Die Nichtigkeit wirkt gegenüber jedermann (vgl. B G H Z 40, 218). Der gute Glaube des Dritten an die Verfügungsbefugnis des Ehegatten wird nicht geschützt. § 135 II ist nicht anwendbar. Absolutes Veräußerungsverbot! Der Verfügende kann vindizieren. Er braucht sich den Einwand des venire contra factum proprium nicht entgegenhalten zu lassen, weil die Vorschriften das Interesse des anderen Ehegatten schützen wollen. Aber nicht nur der Verfügende, sondern auch der andere Ehegatte kann den Gegenstand der Verfügung herausverlangen. Beide Gatten haben die sog. revokatorische Klage (§ 1368). Der zustimmungsberechtigte Ehegatte macht damit freilich kein eigenes Recht geltend, sondern ein fremdes Recht im eigenen Namen (Prozeßstandschaft); vgl. SoergelLange, § 1368 Anm. 9. 3. Hinweise für die Lösung der Ausgangsfälle: Fall 1: a) K hat nicht „über sein Vermögen verfügt", sondern lediglich sein Grundstück belastet. Frage: Kann auch die Verfügung über einen einzelnen Gegenstand eine Verfügung über das Vermögen im ganzen sein? Die Frage ist mit der herrschenden „Einzeltheorie" zu bejahen. b) Wann ist die Belastung eines Grundstücks eine Verfügung über das Vermögen im ganzen? Die Belastung eines Grundstücks ist eine Verfügung über das Grundstück. Bildet das Grundstück im wesentlichen das ganze Vermögen des Verfügenden, so wäre bei einer buchstabengetreuen Auslegung des § 1365 jegliche Belastung des Grundstücks eine Verfügung über das Vermögen im ganzen. Hier hat sich jedoch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise durchgesetzt. Eine Belastung des - das ganze Vermögen ausmachenden - Grundstücks fällt nur dann unter § 1365, wenn die Belastung den Verkehrswert des Grundstücks ganz oder im wesentlichen

72

Das gesetzliche Ehegüterrecht

§ 1 1 IV 5

ausschöpft (BayObLGZ 1967, 89; Staudinger-Felgentraeger, § 1365 Anm. 47). Das ist hier der Fall. c) Spielt es eine Rolle, ob der Vertragspartner des Ehegatten weiß, daß es sich bei dem Verfügungsobjekt um praktisch das gesamte Vermögen des Verfügenden handelt? Die objektive Theorie sagt nein, die herrschende subjektive Theorie sagt ja. d) Kommt es auf die Kenntnis des Vertragspartners im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts an oder ist die Kenntnis zur Zeit der Vollendung des Erwerbstatbestandes entscheidend? Fehlte dem Vertragspartner bei Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts die erforderliche Kenntnis, so ist das Verpflichtungsgeschäft wirksam und muß deswegen auch erfüllt werden. Spätere Kenntnis kann ihm nicht mehr schaden (BayObLGZ 1967, 87, 91; Tiedtke, FamRZ 1975, 65; a. A. Lange, JuS 1974, 766). e) Ergebnis: W u ß t e F bei Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts nicht, daß es sich bei dem Grundstück um praktisch das gesamte Vermögen des K handelte, so war das Geschäft auch ohne die Einwilligung des Ehegatten voll wirksam. Die Eintragung kann deswegen nicht vom Nachweis der Zustimmung des anderen Ehegatten abhängig gemacht werden (ausführliche Lösung bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 11). Fall 2: a) Problem: § 1369 betrifft Verfügungen eines Ehegatten über ihm gehörende Haushaltsgegenstände. Ist die Vorschrift auch dann - analog - anwendbar, wenn ein Ehegatte über Haushaltsgegenstände verfügt, die dem anderen Ehegatten gehören? Die Frage ist bestritten. Die Befürworter einer analogen Anwendung berufen sich auf den Schutzzweck des § 1369 ( O L G Köln, MDR 1968, 586; Dolle I, § 53 III; Gemhuber, § 35 III, 1; Palandt-Diederichsen, § 1369 Anm. 1). Die Gegner argumentieren: Eine Ausweitung des § 1369 würde die Verkehrssicherheit gefährden (müßten dann nicht auch Haushaltsgegenstände einbezogen werden, die keinem Ehegatten gehören, sondern einem Ehegatten nur leih- oder mietweise überlassen worden sind?). Außerdem ist sie praktisch nicht geboten (Verfügung des Nichteigentümers ist Verfügung eines Nichtberechtigten, darum grundsätzlich unwirksam, § 185; gutgläubiger Erwerb scheitert daran, daß an Hausratsgegenständen die Ehegatten regelmäßig Mitbesitz haben; dem Eigentümer ist die Sache dann abhanden gekommen); vgl. Rittner, Die Bedeutung des § 1369 BGB im Handelsrecht, FamRZ 1961, 185ff„ 191 ff.; Staudinger-Felgentraeger, §1369 A n m . 19. b) Nimmt man an, daß D deswegen kein Eigentum erworben hat, weil das Gerät der F abhanden gekommen ist, so kann D den Kaufpreis gem. §§ 440 I, 323 III von M herausverlangen. Wendet man § 1369 analog an, so kann D seinen Herausgabeanspruch unmittelbar auf § 812 I, 1 gründen, da in diesem Fall auch das Verpflichtungsgeschäft als unwirksam angesehen werden müßte. In beiden Fällen hat D aber nur gegen M Ansprüche. Gegenüber dem Herausgabeanspruch der F kann er deswegen kein Zurückbehaltungsrecht (§ 273) geltend machen. Vgl. dazu die ausführliche Lösung bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 12. 73

§12

12

I. Abschnitt: Eherecht

§ 12. Der Zugewinnausgleich I. Der Zugewinnausgleich

zu Lebzeiten beider

Gatten

Ausgangsfall: Balduin und Kunigunde waren von 1945-1961 miteinander verheiratet. Im Jahre 1959 begann Kunigunde mit Balduins Neffen Nepomuk ein intimes Verhältnis. Im Dezember 1959 und im Juni 1961 brachte sie zwei Töchter zur Welt, als deren Vater Nepomuk festgestellt wurde. Nachdem seine Bitten, die Beziehungen zu Nepomuk abzubrechen, nichts halfen, erhob Balduin am 21. 2. 1961 Scheidungsklage. Die Ehe wurde geschieden. - Balduins Mutter gehört ein kleines landwirtschaftliches Anwesen. Balduin und Kunigunde lebten seit dem Beginn ihrer Ehe auf dem Hof und bewirtschafteten das Anwesen gemeinsam, bis Balduin eine Stelle bei der Gemeindeverwaltung bekam. Für ihre Arbeit erhielten Balduin und Kunigunde von Balduins Mutter freie Kost und Wohnung, aber keinen Barlohn. - Im Jahre 1949 erwarb Balduin einen Acker von 1600 m 2 Größe. Den Kaufpreis von 700 DM stellte seine Mutter zur Verfügung, sie zahlte den Betrag unmittelbar an den Verkäufer. Bei Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes, am 1 . 7 . 1958, hatte das Grundstück einen Wert von 11200 DM. Danach stieg sein Wert weiter, weil Nachbargrundstücke durch eine Firma aufgekauft wurden. Schließlich, im Oktober 1960, verkaufte Balduin das Grundstück an die Firma für 32 000 DM. - Kunigunde fordert nun von Balduin die Hälfte des erzielten Zugewinns, nämlich 10400 DM. Muß Balduin diesen Betrag zahlen? 1. Ein wirklicher Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns erfolgt regelmäßig nur, w e n n der Gütersiand auf andere Weise als durch den Tod eines Gatten beendet wird, also durch Nichtigerklärung, A u f h e b u n g oder Scheidung der Ehe, sowie durch Aufhebung des Güterstandes durch Vertrag oder durch Urteil auf vorzeitigen Zugewinnausgleich, § 1372. Wird der Güterstand durch den Tod eines Gatten beendet, so erfolgt ein solcher „güterrechtlicher" Ausgleich nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn der überlebende Ehegatte weder Erbe n o c h Vermächtnisnehmer ist, § 1371 II. 2. In den Fällen eines güterrechtlichen Ausgleichs wird dem Ehegatten, der keinen oder einen geringeren Zugewinn in der Ehe erzielt hat, eine Ausgleichsforderung gegen den Gatten, der den größeren Z u g e w i n n erzielt hat, zugebilligt. D i e Ausgleichsforderung beträgt die H ä l f t e des Betrages, um den der Zugewinn des einen Gatten den des anderen übersteigt, § 1378 I. Errechnet wird der Zugewinn durch Vergleich des Anfangsvermögens, d. h. des Vermögens bei Eintritt des Güterstandes, mit dem Endvermögen, d. h. dem Vermögen bei Beendigung des Güterstandes, § 1373. 74

D e r Zugewinnausgleich

3. Nähere

Berechnung

des

§12 I 3

Zugewinns

a) Beispiel: Anfangsvermögen des Mannes: 10000DM; Endvermögen: 100000DM. Anfangsvermögen der Frau: 20000 DM; Endvermögen: 40000 DM. Zugewinn des Mannes folglich: 90000 DM; Zugewinn der Frau: 20000 DM. Ergebnis: Die Frau hat gegen den Mann einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 70000 : 2 = 35000 DM. Variation: Der Zugewinn des Mannes beruht auf seinem Arbeitsverdienst. Der Zugewinn der Frau beruht darauf, daß sie von ihren Eltern nach der Eheschließung Möbel im Wert von 10000 DM bekommen hat und von ihrem Mann Wertpapiere im Wert von 10000 DM. Grundsatz 1: Der Zugewinnausgleich geht auf die Vorstellung zurück, daß jeder Zugewinn des einen Ehegatten indirekt auch auf der Mitarbeit des anderen Ehegatten beruht (der Mann hätte nicht so viel ersparen können, wenn die Frau nicht „kostenlos" den Haushalt geführt hätte!). Darum gilt Vermögen, das einem Ehegatten unentgeltlich zugewendet worden ist, regelmäßig nicht als Zugewinn. Schenkungen, Ausstattungen, Erbschaften werden deswegen dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, § 1374 II. Grundsatz 2: Hat ein Ehegatte den anderen in großzügiger Weise schon bei bestehendem Güterstand an seinem Zugewinn beteiligt, so muß sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte diese Vorausempfänge grundsätzlich anrechnen lassen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Gelegenheitsgeschenke und solche Zuwendungen, bei denen nachgewiesen werden kann, daß sie nach dem Willen des Zuwendenden von der Anrechnung ausgenommen sein sollten, § 1380 I. Hätte M die Wertpapiere seiner Frau nicht übertragen, so wäre sein End vermögen und damit sein Zugewinn um 10 000 DM höher. Der Wert der Papiere ist deswegen seinem Zugewinn hinzuzurechnen, § 1380 II. Ausstattung (Möbel) und Schenkungen (Wertpapiere) sind kein ausgleichspflichtiger Zugewinn. Vom Zugewinn der F sind somit 20000 DM abzuziehen. Rechnerisch geschieht dies dadurch, dal? ihrem Anfangsvermögen 20000 D M hinzugezählt werden, § 1374 II. Daraus ergibt sich folgende Lösung: Anfangsvermögen des M : 10000 DM; Endvermögen 100000 DM. Dem Endvermögen wird hinzugerechnet, was M seiner-Frau als Vorausleistung zugewendet hat, § 1380 II. Wertpapiere sind keine Gelegenheitsgeschenke und gelten- darum im Zweifel als ausgleichspflichtige 75

§12

13

I. Abschnitt: Eherecht

Vorausleistung. Endvermögen somit: 100000 DM + 10000 DM = 110000 D M . Zugewinn: 110000 D M (Endvermögen) - 10000 DM (Anfangsvermögen = 100000 DM. Anfangsvermögen der F: 20000 D M . Dem Anfangsvermögen wird hinzugerechnet, was die F nach der Eheschließung als Ausstattung von ihren Eltern bekommen hat, nämlich die Möbel im Wert von 10000 D M , sowie die Wertpapiere im Wert von ebenfalls 10000 DM. Das Anfangsvermögen der F beträgt somit 40 000 DM, das Endvermögen ebenfalls 40000 D M , der Zugewinn ist gleich null. Der Ausgleichsanspruch der F entspricht der Hälfte des Betrages, um den der Zugewinn des M ihren eigenen Zugewinn übersteigt, also 100000 D M : 2 = 50000 D M . Auf diesen Anspruch muß sie sich gem. § 1380 I anrechnen lassen, was sie als Vorempfang erhalten hat, also den Wert der Papiere (10000 DM). Insgesamt hat die F somit gegen M einen Ausgleichsanspruch in H ö h e von 40000 DM. Hätte M bei der Schenkung der Wertpapiere bestimmt, daß die Schenkung auf die Ausgleichsforderung nicht angerechnet werden solle, so wäre § 1380 nicht anwendbar. Der Zugewinn des M würde lediglich 90000 D M betragen, der Ausgleichsanspruch der F dementsprechend 45000 DM. Diesen Anspruch könnte die F dann aber in voller Höhe geltend machen. b) Unbillige

Konsequenzen

Zu merkwürdigen Ergebnissen führt die herrschende Meinung, wenn die Zuwendungen eines Ehegatten an den anderen seinen Zugewinn übersteigen. Der Gesetzgeber hat nämlich versäumt, für diesen Fall eine Rückerstattungspflicht des begünstigten Ehegatten vorzusehen. Angenommen der Ehemann baut mit seinen Ersparnissen (Wert: 100000 DM) auf dem Grundstück der Frau, das diese von ihren Eltern geerbt hat (Wert: 50000 DM), ein Haus, ohne Miteigentümer werden zu wollen. Hatten beide Ehegatten kein Anfangsvermögen und ist bei Beendigung des Güterstandes außer dem Haus auch kein Endvermögen vorhanden, so sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Anfangsvermögen des Mannes: 0; Endvermögen: 0. Dem Endvermögen wird allerdings der Wert der Zuwendung an die Frau (100000 DM) hinzugerechnet. Rechnerischer Zugewinn des Mannes somit: 100000 DM. Anfangsvermögen der Frau: 0; Endvermögen: 150000 DM (Wen des bebauten Grundstücks). Dem Anfangs vermögen werden der Wen des ererbten Grundstücks und des darauf gebauten Hauses hinzugerechnet. Der Wert des Anfangsvermögens ist somit gleich dem Wert des End76

D e r Zugewinnausgleich

§12 I 3

Vermögens. Rechnerisch hat die Frau demzufolge keinen Zugewinn erzielt. Auf ihren Ausgleichsanspruch in Höhe von 50000 D M muß sie sich allerdings den Wert dessen anrechnen lassen, was der Mann für den H a u s b a u aufgewendet hat. Im Ergebnis kann sie darum nichts verlangen. Sie braucht aber nach den güterrechtlichen Regeln auch nichts herauszugeben. Diese krasse Benachteiligung des Mannes läßt sich nur ausgleichen, wenn man dem Mann die Möglichkeit gibt, die Zuwendung rückgängig zu machen. Als Grundlage für eine solche Rückgängigmachung k o m m t - bei Auflösung der Ehe durch Scheidung - Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (vgl. Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 129).

c) Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen Vermögen ist das Aktivvermögen abzüglich der Schulden. Wenn also ein Ehegatte Wertpapiere im Werte von 10000 D M in die Ehe mitbringt, aber 4000 D M Schulden hat, so beträgt sein Anfangsvermögen 6000 D M . Die Verbindlichkeiten können aber nur bis zur Höhe des Aktivvermögens abgezogen werden. Das Anfangsvermögen ist also mindestens null, § 1374 I. D a s Hauptproblem des Zugewinnausgleichs ergibt sich aus der Schwierigkeit, das Anfangsvermögen nach längerer Ehedauer noch festzustellen. Diese Schwierigkeit war es, die den Gesetzgeber veranlaßt hat, bei Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten auf die wirkliche Errechnung des Zugewinns zu verzichten und den Zugewinnausgleich durch eine schematische Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ein Viertel des Nachlasses zu ersetzen. In anderen Fällen versucht das Gesetz die Berechnungsschwierigkeiten dadurch zu verringern, daß es die Gatten auf die Möglichkeit verweist, ein gemeinsames Verzeichnis zu errichten, in dem der Bestand und der Wert des Anfangsvermögens festgestellt werden und das dann im Verhältnis der Ehegatten zueinander die Vermutung der Richtigkeit f ü r sich hat, § 1377. Wichtiger noch ist § 1377 III: Ist kein Verzeichnis aufgenommen, so wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß kein Anfangsvermögen vorhanden war, daß also mit anderen Worten das gesamte Vermögen Zugewinn ist. Im übrigen haben die Ehegatten die Möglichkeit, während des F.hescheidungsprozesses für den Fall der Auflösung der Ehe Vereinbarungen Uber den Zugewinnausgleich zu treffen. Solche Verträge bedürfen allerdings der notariellen Beurkundung, § 1378 III, 2 i. d. F. des 1. EheRG. Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Gatten bei Beendigung des Güterstandes nach Abzug der Schulden verbleibt, § 1375. Jeder Ehegatte ist verpflichtet, dem anderen Ehegatten über den Bestand 77

§12 I 3

I. Abschnitt: Eherecht

seines Vermögens Auskunft zu geben, § 1379. Jeder Gatte muß dem anderen auf Verlangen ein Bestandsverzeichnis vorlegen (§ 260), das auch den Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten angibt. d)

Bewertungsmaßstäbe

Was die Bewertungsmaßstäbe angeht, so ist grundsätzlich der Verkehrswert maßgebend, für einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb der Ertragswert, § 1376. Der Ertragswert errechnet sich aus dem jährlichen Reingewinn. Der Ertragswert ist ein Vielfaches des jährlichen Reingewinns. Einzelheiten sind in Landesgesetzen geregelt, Art. 137 EG B G B . Üblicherweise geht man von dem 25fachen Betrag des jährlichen Reingewinns aus. Häufig muß ein Ehegatte, um den Ausgleichsanspruch des anderen befriedigen zu können, Vermögensgegenstände veräußern. Ist bei einer solchen Veräußerung der Verkehrswert nicht zu erzielen, so tritt - für die Berechnung des Endvermögens - an seine Stelle der Veräußerungswert (vgl. Soergel-Lange, § 1376 Bern. 7). Das hat Bedeutung insbesondere dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Beteiligung an einer Handelsgesellschaft aufgeben muß; vgl. dazu Rittner, FamRZ 1961, 505ff., 515. e)

Wertsteigerung

Ein und derselbe Gegenstand kann bei Beendigung des Güterstandes einen höheren Wert haben als zu Beginn des Güterstandes. Das kann auf zwei Gründen beruhen: einem wirklichen Wertzuwachs oder einem scheinbaren Wertzuwachs. Wenn beispielsweise Ackerland zu Bauland wird, dann ist sein Wert wirklich gestiegen. Wenn dagegen ein Kaufkraftschwund bei Sachwerten zu einem höheren Geldwert führt, dann liegt nur eine scheinbare Wertsteigerung vor. In den Fällen einer wirklichen Wertsteigerung ist es nahezu einhellige Auffassung, daß die Wertsteigerung einen ausgleichspflichtigen Vermögenszuwachs darstellt (BGHZ 46, 343). Ob auch bei einer scheinbaren Wertsteigerung eine Ausgleichspflicht entsteht, war dagegen lange Zeit umstritten. Heute hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß bei einer scheinbaren Wertsteigerung keine Ausgleichspflicht entsteht. Aus dem Grundgedanken der Zugewinngemeinschaft folgt, daß der andere Ehegatte nur an einem echten Vermögenszuwachs beteiligt werden soll ( B G H , NJW 1974, 137). f)

Substanzverlust

Die Ehefrau hat eine Aussteuer mitbekommen im Wert von 20000 DM. Der Ehemann hat in die Ehe nichts mit eingebracht. Bei der 78

D e r Zugewinnausgleich

§12 I 4

Ehescheidung hat der Ehemann ein Vermögen von 75000 DM, die Möbel der Frau haben infolge der Abnutzung nur noch einen Wert von 5000DM. Sie selbst hat Ersparnisse aus ihrer Berufstätigkeit in Höhe von 20000 D M . Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch? Zugewinn des Mannes: 75000 DM; Zugewinn der Frau: 25 000 DM (Endvermögen) - 20000 DM (Anfangs vermögen) = 5000 D M . Der Ausgleichungsanspruch beträgt somit (75000 DM - 5000 DM) :2 = 35000 D M . Beachte: Die Ersparnisse der Frau werden also zunächst dazu verwendet, den Substanzverlust des Anfangsvermögens auszugleichen. 4. Sicherung des

Zugewinnausgleichs

Die Sicherung des Zugewinnausgleichs versucht das Gesetz zu gewährleisten: a) Durch die bereits erwähnte Auskunftspflicht über den Stand des Endvermögens, § 1379. b) Durch Zurechnung von gewissen, von einem Ehegatten vorgenomzu seinem Endvermögen. menen Vermögensminderungen Hinzuzurechnen sind (§ 1375 II): (1) Unentgeltliche Zuwendungen, durch die der Ehegatte nicht einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandsrücksicht entsprochen hat (Beispiele: Der Ehemann hat seiner Freundin eine Eigentumswohnung gekauft, Abkömmlingen Zuwendungen gemacht, die eine Erbfolge vorwegnehmen). (2) Verschwendetes Vermögen (Beispiel: Der Ehemann hat 10000 DM in einer Spielbank verspielt). (3) Vermögensminderungen in der Absicht, den anderen Gatten zu benachteiligen (Beispiel: Die Ehefrau verbrennt Hundertmarkscheine). Die Hinzurechnung findet aber nur dann statt, wenn diese Vermögensminderungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes vorgenommen wurden. Eine Hinzurechnung findet nicht statt, wenn der andere Ehegatte mit der Vermögensminderung einverstanden war, § 1375 III. c) Durch einen Bereicherungsanspruch gegen Personen, denen der andere Ehegatte in der Absicht, seinen Gatten zu benachteiligen, Zuwendungen gemacht hat. Einen solchen Bereicherungsanspruch hat ein Ehegatte dann, wenn der andere Ehegatte ihm ausgleichspflichtig wäre, aber wegen der Vermögensminderungen, die er vorgenommen hat, nichts leisten kann. 79

§ 12 16

[. Abschnitt: Eherecht

Beispiel: Z u g e w i n n der Frau ist gleich null. D e r M a n n hat ein J a h r vor der S c h e i d u n g seinen gesamten bis dahin erzielten Zugewinn in H ö h e von 2 0 0 0 0 D M seiner Freundin geschenkt. Ausgleichsanspruch der F r a u : 10000 D M . V o m Mann ist nichts zu b e k o m m e n . H i e r hat die Frau einen Bereicherungsa n s p r u c h gegen die Freundin, § 1390 I. O b die F r e u n d i n die Benachteiligungsabsicht gekannt hat, spielt bei einer unentgeltlichen Z u w e n d u n g keine Rolle, § 1390 I. Handelt es sich u m ein entgeltliches Rechtsgeschäft, das der Ehegatte in Benachteiligungsabsicht vorgenomm e n h a t (z. B. Verkauf einer Sache weit u n t e r ihrem wirklichen Wert), so entsteht ein Bereicherungsanspruch gegen den Dritten nur dann, wenn er die Benachteiligungsabsicht nachweislich gekannt hat, § 1.390 II.

5. Wahrung

der Interessen

des

Ausgleichspflichtigen

D i e Interessen des Ausgleichspflichtigen werden durch die §§ 1381 bis 1383 gewahrt. H i e r ist besonders wichtig § 1381 I: D e r Ausgleichsschuldner kann die E r f ü l l u n g der Ausgleichsforderung ganz oder zum Teil einredeweise verweigern, wenn der Ausgleich des Zugewinns nach den U m s t ä n d e n des Falles grob unbillig wäre. E i n e solche grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, w e n n der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat, § 1381 II; so, w e n n der M a n n schuldhaft seiner Arbeit nicht nachgegangen ist oder einen übermäßigen Teil seines Arbeitseinkommens für sich verbraucht hat o d e r wenn die Frau ihren Haushaltspflichten nicht nachgekommen ist. Eheverfehlungen nicht wirtschaftlicher Natur des Gläubigers berechtigen den Schuldner der Ausgleichsforderung grundsätzlich nicht dazu, die Erfüllung d e r Forderung zu verweigern, es sei denn, daß sie sich auf die wirtschaftliche Situation der Ehegatten ausgewirkt haben, etwa wenn ein Ehegatte den anderen verlassen u n d längere Zeit von ihm getrennt gelebt hat; vgl. B G H Z 46, 350. Zu berücksichtigen sind dagegen in jedem Fall die E i n k o m m e n s - und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten u n d ihre unterhaltsrechtliche Versorgungslage. W ü r d e der Ausgleichspflichtige infolge der Ausgleichszahlung in eine Notlage geraten, w ä h r e n d der ausgleichsberechtigte Ehegatte in seiner Versorgung nicht gefährdet ist, so kann § 1381 geltend gemacht werden; vgl. B G H , F a m R Z 1973, 254. 6. Die Klage auf vorzeitigen

Ausgleich

des

Zugewinns

D i e Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns soll vor allem den Ausgleichsberechtigten sichern. Aber auch der Ausgleichspflichtige kann sich ihrer bedienen, um eine ungerechtfertigte Beteiligung des anderen 80

Der Zugewinnausgleich

§12 1 7

G a t t e n a m Z u g e w i n n a u s z u s c h l i e ß e n . D i e K l a g e kann e r h o b e n w e r d e n : a ) w e n n d i e E h e g a t t e n seit m i n d e s t e n s drei J a h r e n getrennt leben, v o n jedem Ehegatten;

b) w e n n d e r a n d e r e E h e g a t t e l ä n g e r e Zeit h i n d u r c h die w i r t s c h a f t l i c h e n V e r p f l i c h t u n g e n , die sich aus d e m ehelichen Verhältnis ergeben, s c h u l d h a f t nicht erfüllt hat und a n z u n e h m e n ist, daß er sie auch in Z u k u n f t nicht e r f ü l l e n w i r d , § 1386 I; c) w e n n d e r a n d e r e E h e g a t t e o h n e Z u s t i m m u n g seines Partners ü b e r sein V e r m ö g e n i m g a n z e n v e r f ü g t o d e r sich z u einer solchen V e r f ü g u n g v e r p f l i c h t e t hat u n d d e s w e g e n eine erhebliche G e f ä h r d u n g der künftigen A u s g l e i c h s f o r d e r u n g z u b e s o r g e n ist, §§ 1386 II Z i f f . 1, 1365; d) w e n n d e r a n d e r e E h e g a t t e sein V e r m ö g e n d u r c h V e r s c h w e n d u n g , u n e n t g e l t l i c h e Z u w e n d u n g e n an D r i t t e o d e r in d e r A b s i c h t d e r Benacht e i l i g u n g d e s A u s g l e i c h s b e r e c h t i g t e n v e r m i n d e r t hat und eine erhebliche G e f ä h r d u n g d e r k ü n f t i g e n A u s g l e i c h s f o r d e r u n g z u besorgen ist, §§ 1386 II Z i f f . 2, 1375; e) w e n n d e r a n d e r e E h e g a t t e sich beharrlich u n d g r u n d l o s weigert, ü b e r sein V e r m ö g e n A u s k u n f t z u g e b e n , § 1386 I I I . M i t d e r R e c h t s k r a f t e i n e s solchen U r t e i l s w i r d der G ü t e r s t a n d a u f g e h o b e n ; an die Stelle d e r Z u g e w i n n g e m e i n s c h a f t tritt G ü t e r t r e n n u n g , § 1388.

7. Hinweise

für die Lösung

des

Ausgangsfalls

a) Kunigunde hat Anspruch auf einen güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns, § 1372. Beachte: Für die Berechnung des Anfangsvermögens kommt es hier nicht auf den Zeitpunkt der Eheschließung an, sondern auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gleichberechtigungsgesetzes (1. 7. 1958); denn erst von diesem Zeitpunkt an tritt zwischen den Ehegatten der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte Balduins Grundstück („sein Vermögen") einen Wert von 11200 D M . b) Zum Problem, ob Wertzuwachs Zugewinn darstellt, s. o. 3e. c) Zur Frage, ob das ehewidrige Verhalten Kunigundes ihren Mann berechtigt, die Erfüllung der Ausgleichsforderung zu verweigern, s. o. 5. d) Lösung: Das ehebrecherische Verhältnis hat sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Für diesen Zeitraum bestand zwischen den Ehegatten keine echte Ehegenossenschaft. Andererseits hat das ehebrecherische Verhältnis aber auch nur zwei Jahre gedauert - bei einer Gesamtdauer der Ehe von sechzehn Jahren. Außerdem hat Kunigunde durch ihre Mitarbeit auf dem Hof den Ankauf des Grundstücks mit ermöglicht. Fazit: Kunigunde kann nicht den vollen Ausgleich des Zugewinns verlangen, Balduin andererseits die Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht gänzlich verweigern. Ein teilweiser Ausgleich erscheint angemessen. Vgl. im übrigen die ausführlichen Lösungshinweise bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 13. 81

§ 12 II 2

I. Abschnitt: Eherecht

II. Der Zugewinnausgleich

beim Tod eines Gatten

1. Beim Tod eines Gatten wird der Zugewinnausgleich nicht errechnet, sondern ersetzt durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des Uberlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft. Dies gilt auch dann, wenn der Verstorbene gar keinen Zugewinn erzielt oder der Uberlebende den größeren Zugewinn erzielt hat, § 1371. Die Erhöhung k o m m t auch einem Gatten zugute, der den Ausgleich wegen pflichtwidrigen Verhaltens i. S. des § 1381 gar nicht verdient hat. Das Steuerrecht übernimmt diese Fiktion eines Zugewinns nicht (mehr). Steuerfrei bleibt nur der Betrag, den der überlebende Ehegatte bei güterrechtlicher Abwicklung der Zugewinngemeinschaft als Ausgleichsforderung geltend machen könnte ( § 5 1 ErbStG).

2. Eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils setzt voraus, daß der überlebende Ehegatte überhaupt Erbe wird. Wird er das nicht, sei es, weil er vom Erblasser enterbt worden ist oder die Erbschaft ausgeschlagen hat (§ 1371 III) oder zur Zeit des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933), oder sei es, weil er erbunwürdig ist (§ 2339) oder auf die Erbschaft verzichtet hat (§ 2346), so tritt an die Stelle der erbrechtlichen Lösung die güterrechtliche (§ 1371 II). Dann kann der überlebende Gatte eine Ausgleichsforderung geltend machen, wie sie ihm zustünde, wenn die Ehe nicht durch Tod, sondern einen anderen Umstand beendet worden wäre. H a t der überlebende Ehegatte durch Vertrag mit dem Erblasser auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet (§ 2346), ist er durch Urteil für erbunwürdig erklärt worden (§§ 2339ff., 2345) oder ist ihm mit Recht der Pflichtteil entzogen worden (§ 2335), so erhält er nur den Zugewinnausgleich nach der güterrechtlichen Lösung (aber: § 1381 beachten!). Ist der überlebende Ehegatte lediglich enterbt worden oder hat er die Erbschaft ausgeschlagen, so „kann" er nach § 1371 II, III den güterrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen, daneben aber auch noch den nach dem gewöhnlichen (d. h. nicht gem. § 1371 I erhöhten) Erbteil berechneten Pflichtteil verlangen. Beispiel: Der Nachlaß des Erblassers im Wert von 100000 DM besteht zur Gänze aus Zugewinn. Der Erblasser hat testamentarisch seine Kinder zu Alleinerben eingesetzt und die Ehefrau enterbt. In diesem Fall kann die Ehefrau Ausgleich des Zugewinns nach den §§ 1373ff. verlangen, daneben aber noch ihren kleinen Pflichtteil aus dem nicht erhöhten Erbteil. Der güterrechtliche Ausgleichsanspruch ist 50000 DM wert. Die verbleibenden 50000 DM bilden den Nachlaß. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 I, 2). D e r gesetzliche Erbteil des Ehegatten ist (neben Abkömmlingen) ein Viertel

82

Der Zugewinnausgleich

§ 1 2 II 3

des Nachlasses (§ 1931 1, 1). Die Ehefrau kann somit neben dem güterrechtlichen Ausgleich (50000 D M ) noch ein Achtel des Nachlasses, also 6250 DM ( 5 0 0 0 0 : 8 ) verlangen.

W i e die Formulierung „kann . . . verlangen" zu verstehen ist, war lange Zeit bestritten. Ein Teil der Lehre argumentierte: Der überlebende Ehegatte, der nicht Erbe w i r d und dem auch kein Vermächtnis zusteht, hat ein Wahlrecht: er kann den güterrechtlichen Ausgleich und den aus dem nicht erhöhten Erbteil errechneten Pflichtteil (den sog. „kleinen Pflichtteil") verlangen. Er braucht sich aber für diese Möglichkeit nicht zu entscheiden, sondern kann statt dessen auch den sog. großen Pflichtteil wählen, d. h. - unter Verzicht auf den güterrechtlichen Ausgleichsanspruch - den Pflichtteil, der sich aus dem um ein Viertel des Nachlasses erhöhten Erbteil errechnet (vgl. etwa Heinr. Lange, N J W 1957, 1381).

Beispiel: Der Ehemann stirbt acht Tage nach der Eheschließung. Zugewinn w u r d e nicht erzielt. Der Wert des Nachlasses beträgt 100000 DM. Der Erblasser hat seinen Sohn aus erster Ehe zum Alleinerben eingesetzt, die Ehefrau enterbt. N a c h § 1371 II kann in diesem Fall die Ehefrau neben dem Ausgleich des Zug e w i n n s ( W e n = 0) den kleinen Pflichtteil verlangen. Sie bekommt damit (gem. §§ 1931 I, 1, 2303) ein Achtel von 100000 DM = 12500 DM. Hätte sie das Recht, stattdessen auch den sog. großen Pflichtteil zu wählen, so könnte sie das Doppelte verlangen, nämlich 25000 DM [(Vi gem. § 1931 I, 1 + V« gem. § 1371 I):2], Die heute h. M . lehnt dieses Wahlrecht ab (vgl. BGHZ 42, 182). Sie liest den § 1371 II folendermaßen: „Wenn der überlebende Ehegatte den Zugewinnausgleich verlangen kann, weil er weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist, so steht ihm, falls er überhaupt pflichtteils-

berechtigt ist, nur der kleine Pflichtteil zu".

F ü r die h. M . spricht folgende Erwägung: Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit der Regelung des § 1371 eine generelle Erhöhung des Ehegattenerbrechts einführen wollte; denn sonst hätte er auch das Erbrecht derjenigen Ehegatten erhöhen müssen, die nicht im gesetzlichen Güterstand leben. Der Gesetzgeber bezweckte mit § 1371 vielmehr, den überlebenden Ehegatten in pauschaler Form am Zugewinn des verstorbenen Ehegatten zu beteiligen. Jede gesetzliche Bestimmung, die in Einzelfällen dazu führen kann, daß ein Ehegatte aus dem Nachlaß ohne Grund (weil nämlich kein Zugewinn erzielt worden ist) mehr erhält, als ihm nach den erbrechtlichen Regeln zustünde, muß so eng w i e möglich interpretiert werden. 3. Die Regelung des § 1371 II, III gibt dem überlebenden Ehegatten nach dem Gesagten folgende Befugnisse: 83

§ 1 2 II 3

I. Abschnitt: Eherecht

a) Hat der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen getroffen, ist der überlebende Ehegatte also gesetzlicher Erbe, so kann er wählen, ob er es bei dem gesetzlich vorgesehenen schematischen Zugewinnausgleich der erbrechtlichen Lösung belassen oder ob er die Erbschaft ausschlagen und sich für die güterrechtliche Lösung entscheiden will. Wählt er den güterrechtlichen Ausgleich, so kann er gem. § 1371 III zusätzlich noch den (kleinen) Pflichtteil verlangen. Nach § 1371 III kann der Ehegatte, der die Erbschaft ausschlägt, den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde. Damit ist folgendes gemeint: nach den erbrechtlichen Vorschriften (§§ 2303 ff.) kann ein Pflichtteilsberechtigter den Pflichtteil verlangen, wenn er durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen worden ist. Wer eine ihm zugefallene Erbschaft ausschlägt, kann grundsätzlich keinen Pflichtteil verlangen, es sei denn, daß die besonderen Voraussetzungen der §§ 2306, 2307 vorliegen. Aus § 1371 III ergibt sich somit, daß ein Ehegatte, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, auch dann den Pflichtteil verlangen kann, wenn die Voraussetzungen der §§ 2306, 2307 nicht vorliegen. § 1371 III durchbricht die erbrechtlichen Regeln aber nur in dem Fall, daß ein Ehegatte die Erbschaft ausschlägt. Von diesem Ausnahmefall abgesehen, gelten die Pflichtteilsvorschriften (§§ 2303ff.) auch für das Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Das bedeutet: Ein Ehegatte kann kein Pflichtteilsrecht geltend machen, wenn (1) er durch Vertrag mit dem Erblasser auf sein gesetzliches Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat (§ 2346) oder (2) der Erblasser ihm den Pflichtteil entzogen hat (§ 2335) oder (3) er rechtskräftig für erbunwürdig erklärt worden ist (§§ 2339, 2342) oder (4) zur Zeit des Erbfalls die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933). b) Hat der Erblasser den überlebenden Ehegatten enterbt und ihm auch kein Vermächtnis zugewandt, so kann der überlebende Ehegatte den güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns und den (kleinen) Pflichtteil verlangen, § 1371 II. Auch hier ist der Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen, wenn einer der oben genannten erbrechtlichen Ausschließungsgründe vorliegt. c) Ist dem überlebenden Ehegatten ein Erbteil oder ein Vermächtnis durch eine Verfügung von Todes wegen zugewandt, so kann er sich damit begnügen. Er hat aber einen Anspruch darauf, daß er mindestens den Pflichtteil erhält. Der Pflichtteil errechnet sich hier - weil die 84

Der Zugewinnausgleich

§ 12 II

3

Voraussetzungen des § 1371 II, III nicht gegeben sind - aus dem nach § 1371 I erhöhten Erbteil. D . h.: Bleibt der Wert des Vermögens, das ihm der Erblasser zugewandt hat, hinter dem großen Pflichtteil zurück, s o kann der überlebende Ehegatte eine Pflichtteilsergänzung verlangen (§§ 2305, 2307). Er kann aber auch die Erbschaft oder das Vermächtnis ausschlagen und dann den Anspruch auf den Zugewinnausgleich s o w i e den kleinen Pflichtteil geltend machen (§§ 1371 III, 2307). Ist der überlebende Ehegatte durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, s o gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, w e n n der ihm hinterlassene Erbteil nicht größer ist als der große Pflichtteil (2306 I, 1). In jedem Fall kann der überlebende Ehegatte aber auch eine ihm z u g e w e n d e t e Erbschaft oder ein ihm zugewendetes Vermächtnis ausschlagen und dann nach § 1371 III den Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil verlangen. Beispiele: (1) Ein Nachlaß in Höhe von 80000 DM besteht ausschließlich aus Zugewinn. Der Erblasser wird überlebt von seiner Frau und seiner Tochter. Gesetzliches Erbrecht der Frau: l U (§ 1931 I, 1) + V« (§ 1371 I) = Vi = 40000 DM. Schlägt die Frau die Erbschaft aus, so kann sie die Hälfte des Zugewinns (40000 DM) und dazu den kleinen Pflichtteil (Va von 40000 DM = 5000 DM) verlangen, zusammen also 45000 DM. Die Ausschlagung bringt ihr mehr ein als das gesetzliche Erbrecht! (2) Der Ehemann setzt durch Testament seine Frau zu '/s, seine Tochter zu 7 /s des Nachlasses als Erben ein. Hier kann die Frau die Erbschaft ausschlagen und gem. § 1371 III Ausgleich des Zugewinns und den kleinen Pflichtteil verlangen. Sie kann sich aber auch auf § 2305 berufen und von der Tochter die Vervollständigung des Pflichtteils verlangen, wobei hier der große Pflichtteil zugrunde zu legen ist [('/« + V4):2 = V«]. Ausschlaggebend wird bei dieser Wahl sein, in welcher Höhe der Nachlaß aus Zugewinn besteht. Ist der Nachlaß im Wert von 80000 DM zur Gänze Zugewinn, so ist es für die Frau günstiger, den Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil zu wählen, als eine Pflichtteilsergänzung bis zum Wert des großen Pflichtteils. Ist der Zugewinn gering, so kann für die Frau der Pflichtteilsergänzungsanspruch günstiger sein. Umschließt beispielsweise der Nachlaß im Wert von 80000 DM nur einen Zugewinn im Wert von 20000 DM, so kann die Frau, wenn sie den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, insgesamt 20000 DM verlangen (V« von 80000 DM). Schlägt die Frau die Erbschaft dagegen aus, so erhält sie die Hälfte des Zugewinns (10000 DM) und Vs des verbleibenden Nachlaßrestes, also (70000:8 = ) 8750 DM, zusammen somit 18750 DM. 85

§ 1 2 114

I. Abschnitt: Eherecht

D e r überlebende Ehegatte hat also eine Reihe von Wahlmöglichkeiten, die ihm die Entscheidung sehr erschweren können. Hinzu kommt, daß die Ausschlagungsfrist nur sechs Wochen beträgt (§ 1944 I) und innerhalb dieser Frist oft keine hinreichende Klarheit über den Bestand und den Wert des Nachlasses und die Höhe des Zugewinns des Verstorbenen zu erlangen sein wird und infolgedessen nicht zu übersehen ist, ob der Ausgleichsanspruch zuzüglich des kleinen Pflichtteils günstiger ist als der erhöhte gesetzliche Erbteil oder als das letztwillig Zugewandte zuzüglich einer etwaigen Pflichtteilsergänzung. 4. Die Stellung der

Stiefkinder

Die Erhöhung des Ehegattenerbteils verschlechtert die Position der nicht gemeinschaftlichen Abkömmlinge, d. h. der Kinder oder Kindeskinder, die entweder einer früheren Ehe" des erstverstorbenen Ehegatten entstammen oder nichteheliche Kinder oder Adoptivkinder des Erblassers sind. Das gilt namentlich bei dem Tod desjenigen Ehegatten, der keinen Zugewinn erzielt hat, weil hier die Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten der inneren Rechtfertigung entbehrt. Diese Benachteiligung versucht § 1371 IV dadurch auszugleichen, daß er die Kinder des Erblassers, die nicht zugleich Kinder des überlebenden Ehegatten sind, unter bestimmten Voraussetzungen an dem Viertel des Nachlasses, das dem überlebenden Ehegatten zusätzlich zufließt, teilhaben läßt. Diese Kinder können nämlich von dem überlebenden Ehegatten die Mittel verlangen, die sie für eine angemessene Ausbildung benötigen, allerdings nur aus dem zusätzlichen Viertel und nur dann, wenn sie entsprechend bedürftig sind. Bedürftig ist, wer seine Ausbildung nicht aus eigenem Vermögen bestreiten kann und auch keine liquiden Unterhaltsansprüche gegen dritte Personen hat (vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1371 Anm. 105f.). Dagegen kann die Bedürftigkeit nicht mit dem Argument verneint werden, das Kind könne sich die Mittel zu seiner Ausbildung selbst verdienen. Die Ausbildung verlangt Einsatz der ganzen Person. Für eine Erwerbstätigkeit bleibt daneben kein Raum; str., a. A. Staudinger-Felgentraeger a. a. O .

Das Gesetz erkennt den Ausbildungsanspruch des Stiefkindes aber nur an, wenn der überlebende Gatte den schematisch erhöhten Erbteil erhält, also gesetzlicher Erbe geworden ist. Was er als eingesetzter Erbe oder als Vermächtnisnehmer erhält, ist durch den Ausbildungsanpruch nicht belastet. Der überlebende Gatte kann durch Ausschlagung der Erbschaft den Eintritt der Verpflichtung verhindern. Da der Ausbildungsanspruch unter Umständen eine starke Belastung des überlebenden Gatten bedeuten kann, wird dieser sich überlegen müssen, ob 86

Gütertrennung, Gütergemeinschaft

§13 1

es nicht vorteilhafter für ihn ist, wenn er die Erbschaft ausschlägt und dadurch den Pflichtteil (ein Achtel) samt Zugewinnausgleich erhält, ohne an die Stiefkinder etwas zahlen zu müssen.

§ 13. Gütertrennung, Gütergemeinschaft, Ehevertrag, Güterrechtsregister I.

Gütertrennung

Das Wesen der Gütertrennung besteht darin, daß die Gatten in vermögensrechtlicher Hinsicht sich so gegenüberstehen, wie wenn sie nicht verheiratet wären. Die Vermögen bleiben getrennt. Jeder Gatte kann über sein Vermögen frei verfügen. Ein Ausgleich findet nicht statt. Gemildert wird diese starre Trennung lediglich durch die allgemeinen Ehewirkungen, also die Verpflichtung zu ehelicher Lebensgemeinschaft und deren Folgen, die Schlüsselgewalt und die Unterhaltspflichten. Die Gütertrennung gibt es sowohl als vertraglichen Güterstand als auch als subsidiär geltenden gesetzlichen Güterstand. Vertraglicher Giiterstand ist die Gütertrennung dann, wenn sie als solche vereinbart wird, § 1408. Als subsidiärer gesetzlicher Güterstand gilt sie dann, wenn der eigentliche gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft von den Ehegatten von vornherein vertraglich ausgeschlossen oder später aufgehoben wird, sei es durch Urteil (§ 1388) oder sei es durch Vertrag, wenn die Ehegatten dabei keinen anderen Güterstand vereinbaren (§ 1414). Als Ausschluß oder Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes wird es angesehen, wenn die Ehegatten den Zugewinnausgleich oder den Versorgungsausgleich (§§ 1587ff.) ausschließen. Gütertrennung tritt ferner dann ein, wenn die Ehegatten zunächst Gütergemeinschaft vereinbart hatten und diese Gütergemeinschaft dann später durch Urteil oder Vertrag aufgehoben wird (§§ 1449 I, 1470 I, 1414 S. 2). Daß nicht nur der Ausschluß des Zugewinnausgleichs, sondern auch der Ausschluß des Versorgungsausgleichs Gütertrennung zur Folge hat, überrascht deswegen, weil in allen anderen Fällen, in denen eine Gütertrennung eintritt, ein Versorgungsausgleich stattfindet. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs bedeutet deswegen zwar Gütertrennung, die Vereinbarung der Gütertrennung bedeutet aber nicht den Ausschluß des Versorgungsausgleichs! Ihren Sinn findet diese Bestimmung in der Erwägung, daß dem Ehegatten, der den anderen nicht an seinen späteren Versorgungsbezügen partizipieren lassen will, nicht die Hoffnung ver87

§ 13 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

bleiben soll, vom Zugewinn des anderen unter Umständen profitieren zu können. Dieser Gedanke hätte es freilich nahegelegt, in dem Ausschluß des Zugewinns (oder der Vereinbarung der Gütertrennung) auch einen Ausschluß des Versorgungsausgleichs zu sehen, zumal der Versorgungsausgleich die konsequente Weiterentwicklung des Zugewinnausgleichs darstellt. Rechtspolitisch ist diese Regelung deswegen nicht unbedenklich, weil der Ehegatte, der den Ausschluß des Versorgungsausgleichs durchsetzt, regelmäßig auch der ist, der in der Ehe den größeren Zugewinn erzielt, meist also der Mann. Dem ohnehin schwächeren Teil (meist der Frau) wird damit nicht nur der Teilhabeanspruch an den Versorgungsbezügen des anderen entzogen, sondern auch der Anspruch auf (erbrechtlichen oder güterrechtlichen) Ausgleich des Zugewinns.

II. Die

Gütergemeinschaft

1. Die Gütergemeinschaft ist ein vertraglicher Güterstand, d. h. sie setzt einen entsprechenden Ehevertrag der Ehegatten voraus. Sie tritt niemals kraft Gesetzes ein. Das Wesen der Gütergemeinschaft besteht in der Erweiterung der Lebensgemeinschaft zur Gütergemeinschaft. Das gesamte Vermögen, das die Gatten bei Eingehung der Ehe haben oder später erwerben, wird grundsätzlich gemeinschaftliches Vermögen, Gesamtgut, das den Ehegatten zur gesamten Hand zusteht, § 1416.. Beachte: Die Bereicherung, die ein Ehegatte bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft erfährt, gilt steuerrechtlich als eine Schenkung (§ 7 IV ErbStG)! Gesamthandsgemeinschaft bedeutet: Die Gemeinschaft besteht nicht an den einzelnen Gegenständen eines Vermögens, sondern an einem ganzen Sondervermögen. Jedem Gesamthänder steht nur ein Anteil an dem gemeinschaftlichen Vermögen zu. Im Hinblick auf die einzelnen Sachen ist jeder Gesamthänder Eigentümer der ganzen Sache, jedoch beschränkt dadurch, daß der andere Gesamthänder ebenfalls Eigentümer der ganzen Sache ist. Die Gesamthandsgemeinschaft der Ehegatten ist die engste Gesamthand, die es gibt. Kein Ehegatte kann über seinen Anteil am Gesamtgut verfügen, erst recht nicht über einen Anteil an den einzelnen Gegenständen (denn einen solchen Anteil gibt es gar nicht!). Auch die Teilung kann nicht verlangt werden, § 1419. Selbst bei Beendigung der Gütergemeinschaft wird nicht danach gefragt, wer das Vermögen in das Gesamtgut eingebracht hat. Das Vermögen wird unter die Ehegatten zu gleichen Teilen verteilt, § 1476. 88

Gütertrennung, Gütergemeinschaft

§ 1 3 II 2

Zwischenfrage: Welche anderen Gesamthandsgemeinschaften gibt es? Wie unterscheiden sie sich von der Gesamthand bei der Gütergemeinschaft? Lies § 719 und 2033! Was ist in § 719 I abdingbar, was nicht? Beachte demgegenüber: In § 1419 I kann nichts abbedungen werden! Die Vermögensverschmelzung hat eine Kehrseite. Da das Gesamtgut die Hauptmasse des Vermögens der Ehegatten bildet, muß es grundsätzlich den Gläubigern eines Ehegatten auch als Haftungsobjekt dienen, unbeschadet der persönlichen (gesamtschuldnerischen) Haftung der Ehegatten (S§ 1437, 1459). Von dem Grundsatz der Vermögensverschmelzung gibt es Ausnahmen. Ein Teil des Vermögens der Ehegatten bleibt persönliches Vermögen oder kann zumindest persönliches Vermögen bleiben, nämlich das sog. Sondergut und das sog. Vorbehaltsgut. D. h.: In einer Gütergemeinschaft kann es fünf Vermögensmassen geben: das Gesamtgut, das Sondergut des Mannes, das Sondergut der Frau, das Vorbehaltsgut des Mannes und das Vorbehaltsgut der Frau. Die Gütergemeinschaft ist an sich auf vermögensrechtlichem Gebiet der vollkommenste Ausdruck einer idealen Ehe. Ehegatten sollen alles miteinander teilen! Freilich beruht die Vereinbarung der Gütergemeinschaft nicht immer auf rein idealen Beweggründen. Aus dem aus der Rechtsgeschichte bekannten Satz: „Wem ich meinen Leib gönne, dem gönne ich auch mein Gut", wird nicht selten die Umkehrung: „Wem ich meinen Leib gönne, der soll mir auch sein Gut gönnen". Verbreitet ist die Gütergemeinschaft auch heute noch namentlich in bäuerlichen Kreisen Süddeutschlands. In den Städten wird sie nur noch selten vereinbart. 2. Die

Gütermassen

a) Das Gesamtgut Das Gesamtgut umfaßt das ganze Vermögen der Gatten, sowohl das beim Eintritt der Gütergemeinschaft vorhandene als auch das später erworbene - soweit es nicht ausnahmsweise Sonder- oder Vorbehaltsgut ist, § 1416. Die Vermutung spricht also für Gesamtgut. Die Vergemeinschaftung erfolgt ipso iure mit dem Eintritt des Güterstandes bzw. mit dem späteren Erwerb eines Vermögensgegenstandes. Die Übertragung des Vermögens auf die Gesamthand geschieht also nicht durch ein besonderes Rechtsgeschäft. Beispiele: (1) M ist Eigentümer eines Hauses. schaft. Im gleichen Augenblick Miteigentümer des Gesamtgutes, gesamten Hand. Das Grundbuch

Er heiratet und vereinbart Gütergemeinverliert er das Alleineigentum und wird zu dem dann auch das Haus gehört, zur wird unrichtig. Jeder Gatte kann vom an89

§ 13 II 3

I. Abschnitt: Eherecht

deren verlangen, daß er die Erklärungen abgibt, die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlich sind, § 1416 III. (2) M , der mit F in Gütergemeinschaft lebt, kauft ein Haus. Das Haus kann er kaufen entweder für die Gesamthand oder für sich. Kauft er das Haus für die Gesamthand, so werden im Grundbuch die Ehegatten als in Gütergemeinschaft mitberechtigt eingetragen. Kauft er das Haus für sich und läßt er sich auch im Grundbuch eintragen, so geht das Eigentum zwar zunächst auf ihn über, aber im selben Augenblick tritt die Gesamthand als Rechtsnachfolgerin kraft Gesetzes an seine Stelle. D. h.: Im selben Augenblick, in dem er durch die Eintragung Eigentümer wird, wandelt sich das Alleineigentum in Miteigentum zur gesamten Hand. Das Grundbuch ist unrichtig und muß berichtigt werden. Problem: Der Mann ist als Alleineigentümer - zu Unrecht - eingetragen. E r veräußert das Haus an einen Dritten. Wird der Dritte Eigentümer? Ja - kraft guten Glaubens, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit des Grundbuchs gekannt hat, § 892. O b die Gütergemeinschaft im Güterrechtsregister eingetragen war, spielt keine Rolle. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs geht vor.

b) Sondergut Sondergut eines Gatten sind die Gegenstände seines Vermögens, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (§ 1417 II), z. B. unpfändbare Lohn- oder Gehaltsansprüche, der Anspruch auf Schmerzensgeld, Rentenansprüche aus der Sozialversicherung, ein Nießbrauch. Werden Gehälter, Renten, Schmerzensgelder etc. jedoch ausbezahlt, so fallen diese Beträge in das Gesamtgut (§ 1417 III, 2: Verwaltung „für Rechnung des Gesamtgutes"). c) Vorbehaltsgut Vorbehaltsgut entsteht aufgrund eines Rechtsgeschäfts, sowie durch Surrogation, § 1418. Die Ehegatten können durch Ehevertrag Gegenstände (z. B. ein Hausgrundstück) zum Vorbehaltsgut erklären. Desgleichen ist Vorbehaltsgut, was durch Bestimmung eines Dritten in letztwilliger Verfügung oder bei unentgeltlicher Zuwendung zum Vorbehaltsgut erklärt worden ist. Hat auf diese Weise ein Ehegatte Vorbehaltsgut, so wird alles, was er aufgrund eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung eines zum Vorbehaltsgut gehörenden Gegenstandes oder durch Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht, wiederum Vorbehaltsgut (Surrogation), § 1418. 3. Die Verwaltung

und die Haftung

des Gesamtgutes

a) Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den sie Gütergemeinschaft Vereinbaren, zugleich bestimmen, wer das Gesamtgut verwalten soll, ob der Mann oder die Frau. Treffen sie keine solche 90

Gütertrennung, Gütergemeinschaft

§ 13

III

Bestimmung, so obliegt die Verwaltung ihnen beiden, § 1421. Die gemeinschaftliche Verwaltung ist die Regel. Sie wird in etwa 80 bis 90% aller Fälle gewählt. b) Haben die Ehegatten die gemeinschaftliche Verwaltung gewählt, so können sie nur zusammen über das Gesamtgut und die Gegenstände des Gesamtgutes verfügen, § 1450. Die Verfügung eines Ehegatten ist in der Regel nur wirksam, wenn sie mit Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgt. Verpflichtungsgeschäfte eines Gatten ohne Mitwirkung (Bevollmächtigung) des anderen sind zwar voll wirksam, verpflichten aber grundsätzlich nur den Handelnden persönlich mit seinem Vorbehaltsund Sondergut, ohne eine Haftung des Gesamtgutes zu begründen. (Dabei ist allerdings zu beachten, daß eine Vollmacht nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erteilt werden kann. Auch eine Duldungsvollmacht kann zu einer Verpflichtung des anderen Ehegatten führen.) H a t ein Ehegatte ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten über Gegenstände des Gesamtgutes verfügt, so hat der andere Ehegatte die selbständige revokatorische Klage, §§ 1453, 1455 Ziff. 8. 4. Ende der Gütergemeinschaft

und

Fortsetzung

Die Gütergemeinschaft endet mit der Auflösung der Ehe; sie kann ferner beendet werden durch Ehevertrag (§ 1408) und durch Aufhebungsurteil, §§ 1449, 1470. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst und sind gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, so kann die Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Gatten und den Abkömmlingen fortgesetzt werden. Eine solche „fortgesetzte Gütergemeinschaft" tritt allerdings nur dann ein, wenn die Ehegatten in einem Ehevertrag eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Solche Vereinbarungen kommen allerdings heute kaum noch vor (nur in etwa zwei Prozent der Gütergemeinschaftsverträge). III.

Eheverträge

Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag regeln, § 1408. Der Vertrag heißt Ehevertrag. Er muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden, § 1410. Problem: Was kann vereinbart werden, was nicht? Beispiel: Können die Ehegatten vereinbaren, daß ihr gesamter künftiger Erwerb in das Eigentum eines Ehegatten fallen soll? Nein! § 310 steht entgegen. Das gleiche gilt für eine Vereinbarung, wonach (ent91

§ 13 III 3

I. Abschnitt: Eherecht

sprechend dem früheren gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung) dem Ehemann die Nutznießung des gegenwärtigen und des künftigen Vermögens der Frau zustehen soll. Diese Auffassung ist freilich nicht unbestritten. Manche Autoren sagen, § 310 sei auf Schuldverträge zugeschnitten und auf Eheverträge nicht anwendbar. Stattdessen wird die Anwendung von § 138 empfohlen: Ein Vertrag, der den gesamten künftigen Erwerb eines Ehegatten dem anderen zuspricht, vernichtet die Freiheit der Persönlichkeit; vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 Anm. 59 f. Also: Vertragsfreiheit nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze! Außerdem: Der Ehevertrag muß sich im Rahmen der vom BGB zur Verfügung gestellten Typen halten. Demnach können die Parteien folgende Vereinbarungen treffen: 1. Beseitigung des gesetzlichen Güterstandes oder einer vereinbarten Gütergemeinschaft. Folge: Gütertrennung. 2. Vereinbarung von Gütergemeinschaft oder Gütertrennung. 3. Abweichungen innerhalb des gewählten Güterstandes von nicht zwingenden Sätzen. Beispiele: a) Bestimmte Gegenstände können - im Rahmen einer Gütergemeinschaft - zu Vorbehaltsgut erklärt werden (§ 1418 II Ziff. 1). b) Es kann - im Rahmen einer Gütergemeinschaft - festgestellt werden, wer das Gesamtgut verwalten soll (§ 1421 S. 1). c) Bei der Zugewinngemeinschaft kann unter Aufrechterhaltung der Verfügungsbeschränkungen der Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung ausgeschlossen oder beschränkt werden, z. B. hinsichtlich des Zugewinns aus dem Geschäftsvermögen (vgl. die Auslegungsregel des § 1414 S. 2). Ebenso ist es zulässig, die Quote der Zugewinnbeteiligung f ü r den Fall der Scheidung zu verändern (Staudinger-Felgentraeger, § 1408 Anm. 61) oder die erbrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs auszuschließen oder die den überlebenden Ehegatten treffende Quote herabzusetzen (eine Erhöhung würde die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte Dritter beeinträchtigen; vgl. Soergel-Gaul, § 1408 Bern. 16). d) Für nicht zulässig gehalten werden von der wohl h. M. sog. Mischgüterstände, d. h. Güterstände, bei denen charakteristische Merkmale zweier Güterstände miteinander vermengt werden. Beispiele: Im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft kann kein Gesamtgut begründet werden, im Rahmen einer Gütergemeinschaft können nicht die Verfügungsbeschränkungen der Zugewinngemeinschaft für das Vorbehaltsgut für anwendbar erklärt werden (§ 137!); vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 A n m . 65. Teilweise spricht man von einem - unzulässigen - Mischgüterstand

92

Gütertrennung, Gütergemeinschaft

§ 1 3 IV 4

auch in den Fällen, in denen die Ehegatten unter Beibehaltung der Zugewinn gemeinschaft im übrigen (Verfügungsbeschränkungen!) den Zugewinn gänzlich ausschließen (Gütertrennung + Zugewinngemeinschaft); vgl. Staudinger-Felgentraeger, § 1408 A n m . 70, 85. M. E. hält sich eine solche Vereinbarung aber noch im Rahmen der Gesetze.

In der Praxis überwiegen die auf Gütertrennung gerichteten Eheverträge. Gütergemeinschaften werden ungleich seltener vereinbart. Am seltensten sind die Eheverträge, die eine Modifikation der Zugewinngemeinschaft enthalten. Im Verhältnis zum gesetzlichen Güterstand bildet der vertragliche Güterstand eine relativ seltene Ausnahme. Der Anteil der Ehen, in denen der gesetzliche Güterstand gilt, wird auf über 95 Prozent geschätzt. IV.

Güterrechtsregister

Das Güterrechtsregister soll Dritten die Möglichkeit verschaffen, sich - vor allem - über die güterrechtlichen Verhältnisse von Ehegatten zu unterrichten. Zur gesetzlichen Regelung vgl. §§ 1558-1563. Wichtig ist: 1. Eingetragen werden können nur solche güterrechtlichen Tatsachen (insbesondere Vereinbarungen), die eine Außenwirkung entfalten, d. h. die Rechtsstellung der Ehegatten zu Dritten zu beeinflussen vermögen ( B G H , WM 1976, 582; im einzelnen ist vieles streitig; vgl. StaudingerFelgentraeger, Vorbem. 6ff. zu §§ 1558-1563). 2. Es besteht keine Eintragungspflicht. 3. Dem Schweigen des Registers darf man vertrauen, nicht aber seinen positiven Angaben (sog. „negative Publizität"). Das heißt: Haben die Ehegatten Gütergemeinschaft mit Gesamtgutsverwaltung durch den Mann vereinbart, die Vereinbarung jedoch nicht in das Güterrechtsregister eintragen lassen, so kann sich die Frau, wenn der Mann Vermögensgegenstände einem gutgläubigen Dritten schenkt, diesem gegenüber nicht auf die fehlende Verfügungsmacht des Mannes (§ 1427) berufen (§ 1412). [Beachte jedoch § 935! Hatte zuvor der Mann die Vermögensgegenstände in Besitz genommen, § 1422?] O d e r : Ist im Güterrechtsregister Gütertrennung eingetragen, haben die Ehegatten inzwischen aber den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wiederhergestellt, so muß die Frau trotz § 1369 es gegen sich gelten lassen, wenn der Mann an einen gutgläubigen Dritten ihm gehörende Hausratsgegenstände veräußert, § 1412 II. 4. Die Publizitätsfunktion des Güterrechtsregisters schließt einen gutgläubigen Erwerb im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs (§ 892) nicht aus. Veräußert der im Grundbuch fälschlich als Allein93

§ 14 I I

I. Abschnitt: Eherecht

eigentümer eingetragene Ehemann trotz der im Güterrechtsregister eingetragenen Gütergemeinschaft ein Grundstück, so wird der gutgläubige Erwerber geschützt.

§ 14. Die Ehescheidung I. Geschichtliche Entwicklung - Rechtsvergleichung - Statistik 1. Das römische und das ältere deutsche Recht kannten die Scheidung durch privaten nicht an gerichtliche oder priesterliche Mitwirkung geknüpften Vertrag oder einseitige Erklärung. Im 10. Jh. erlangte die Kirche die Gerichtsbarkeit in Ehescheidungssachen. Damit wurde das kirchliche Recht und damit der Grundsatz von der Unauflöslichkeit der Ehe maßgebend. Die Reformatoren, die die sakramentale Natur der Ehe leugneten, ließen die Scheidung dem Bande nach wegen Ehebruchs zu. Damit war die erste Bresche geschlagen, andere Gründe folgten: die böswillige Verlassung (desertio), die quasi-desertio usw. Während die Scheidung zuerst durch einseitige private Erklärung erfolgte, verlangte die protestantische Lehre später die nachfolgende obrigkeitliche Feststellung, daß die Ehe geschieden sei. Noch später wurde die trennende Kraft in den obrigkeitlichen Ausspruch selbst verlegt. Die Aufklärungszeit des 18. Jh. sah die Ehe als bloßes bürgerlichrechtliches Vertragsverhältnis an (contractus civilis) und ebnete dadurch einem neuen staatlichen überkonfessionellen Scheidungsrecht die Bahn. Am scheidungsfreundlichsten war unter den partikularrechtlichen Regelungen die des preußischen ALR, das für die kinderlose Ehe die gegenseitige Einwilligung und für alle Ehen einseitige unüberwindliche Abneigung als Scheidungsgründe anerkannte. Der Code Civil ließ für alle Ehen die Scheidung durch consentement mutuel zu (heute weggefallen).

Das Personenstandsgesetz vom 6. 2. 1875 beseitigte die kirchliche Gerichtsbarkeit in Ehesachen, ließ das materielle zersplitterte Scheidungsrecht aber mit einer Ausnahme unverändert; es bestimmte nur, daß an Stelle der vom bisherigen Recht etwa vorgesehenen Trennung von Tisch und Ben stets die Auflösung der Ehe dem Bande nach auszusprechen sei. Das BGB brachte eine einheitliche Ordnung des materiellen Scheidungsrechts. Es erkannte als Scheidungsgründe vier Fälle schuldhafter 94

Die Ehescheidung

§1413

Verletzung der ehelichen Pflichten an, nämlich a) b) c) d) oder vom

Ehebruch, Lebensnachstellung, bösliches Verlassen, schuldhafte Zerrüttung der Ehe durch schwere Pflichtverletzung ehrloses oder unsittliches Verhalten, dazu, als einzige Ausnahme Verschuldensprinzip, die unheilbare Geisteskrankheit.

Im Jahre 1938 wurde das Scheidungsrecht aus dem B G B herausgenommen und im Ehegesetz neu geregelt. Dabei wurden die Scheidungsgründe erheblich vermehrt. Wichtigste Neuerung war die Einführung der Ehescheidung wegen unheilbarer Ehezerrüttung nach dreijähriger Heimtrennung ohne das Erfordernis eines Verschuldens. Das EheG wurde 1946 - von nationalsozialistischen Bestandteilen gereinigt neu verkündet. Auf ihm beruhte das Ehescheidungsrecht bis zum 1. Eherechtsreformgesetz. Das 1. Eherechtsreformgesetz hat das Scheidungsrecht auf eine völlig neue Basis gestellt. An die Stelle des seit der Reformationszeit herrschenden Verschuldensprinzips ist nun das Zerrüttungsprinzip getreten. Eine Ehe wird nicht geschieden, weil ein Ehegatte gegen eine Verhaltenspflicht schuldhaft verstoßen hat, sondern allein deswegen, weil die Ehe zerrüttet ist, die Ehegatten nicht mehr „miteinander können". Eine Ehescheidung wegen Eheverfehlungen gibt es nicht mehr. 2. Von den ausländischen Rechten lehnen noch heute namentlich das spanische und das irische Recht eine Ehetrennung dem Bande nach ab. Das andere Extrem bilden die Rechtsordnungen, die die Scheidung in das Belieben der Ehegatten oder eines Ehegatten stellen, ohne die Scheidung vom Vorliegen besonderer Scheidungsgründe abhängig zu machen. Eine einverständliche Scheidung gibt es z. B. in Mexiko, Japan und der Volksrepublik China. Eine Scheidung durch Verstoßung der Frau durch den Mann (talak) ist die übliche Form der Eheauflösung in den Staaten, deren Eherecht vom islamischen Recht beherrscht wird. In den meisten Staaten wird die Scheidung vom Vorliegen bestimmter Scheidungsgründe abhängig gemacht. Generalklauseln sind selten, die enumerative Aufzählung der Scheidungsgründe ist die Regel. Das Verschuldensprinzip wird in immer mehr Staaten durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt. 3. Im Jahre 1974 wurden knapp 100000 Ehen geschieden. Das ist die höchste Zahl seit 1950. Die Entwicklung zeigt eine steigende Tendenz. Gegenüber 1973 ist eine Erhöhung um 9,3 Prozent zu verzeichnen. 95

§ 1 4 112

I. Abschnitt: Eherecht

II. Die Grundstrukturen des Scheidungsrechts nach dem 1. Eherechtsreformgesetz 1. Das 1. Eherechtsreformgesetz kennt nur noch einen einzigen Scheidungsgrund: die unheilbare Zerrüttung der Ehe. Das Gesetz spricht von der Scheidbarkeit einer „gescheiterten" Ehe, § 1565. Diese Formulierung ist deswegen nicht glücklich, weil sie dazu verleitet, jede Ehe als einen „Versuch" zu betrachten. Eine Ehe soll aber nicht als „Versuch" begonnen, sondern von den Eheleuten „auf Lebenszeit" geschlossen werden (§ 1353 I). Die Gemeinschaft der Ehegatten kann zerstört werden durch äußere Einflüsse ebenso wie durch menschliches Versagen der Ehegatten. Diese Zerstörung läßt sich am besten mit dem Wort „unheilbare Zerrüttung" ausdrücken. Ist die Ehe zerstört, so soll sie geschieden werden, ohne daß danach geforscht wird, welches im einzelnen die Gründe waren, die zu der Entfremdung der Ehegatten führten. Einen oder einige Gründe herauszuheben und zur Grundlage der Scheidung zu machen, wie es früher geschah, ist ein oberflächliches, unwahrhaftiges und unbefriedigendes Verfahren. Eine Entfremdung zwischen Gatten tritt nicht aufgrund eines einmaligen oder mehrmaligen Fehlverhaltens eines Ehegatten ein. In der Mehrzahl der Fälle ist das Fehlverhalten eines Gatten nur das äußere Zeichen dafür, daß das Verhältnis zwischen den Gatten gestört ist, der Tropfen, der den Krug zum Überlaufen bringt. Das aber festzustellen, waren die Gerichte früher meist nicht in der Lage. Waren sich die Ehegatten über die Scheidung einig, so spielte man dem Gericht eine Komödie vor: ein Ehegatte behauptete eine schwere Eheverfehlung des anderen. Dieser gab sie zu. Eine Nachprüfung war nicht möglich, weil die behauptete Eheverfehlung sich ohne Zeugen abgespielt haben sollte. Die Ehe wurde geschieden. Waren sich die Ehegatten nicht einig, so war der Prozeß noch unerfreulicher: es wurde „schmutzige Wäsche gewaschen", die Grenzen der Privat- und Intimsphäre häufig genug überschritten, die Atmosphäre emotional aufgeladen. So gesehen ist die Neuregelung zu begrüßen: sie ermöglicht die Versachlichung des Ehescheidungsverfahrens und die Wiederherstellung der Wahrhaftigkeit im Prozeß. 2. Die unerfreulichen Zustände des früheren Scheidungsrechts wären wenig gebessert worden, hätte der Gesetzgeber lediglich an die Stelle des Scheidungsgrundes der schweren Eheverfehlung den Scheidungsgrund der unheilbaren Zerrüttung gesetzt. Nach wie vor müßte der Richter in die Ehe hineinleuchten, hätte kaum die Möglichkeit, die Wahrheit festzustellen, würde Komödie gespielt werden. Um dem zu begegnen, hat der Gesetzgeber zwei Vermutungstatbestände geschaffen, bei deren Vor96

§ 14 III 1

Die Ehescheidung

liegen das „Scheitern" der Ehe unwiderlegbar vermutet wird: (1) Die Ehegatten leben seit drei Jahren getrennt, § 1566 II. (2) Die Ehegatten leben seit einem Jahr getrennt und uollen beide die Scheidung, § 1566 I. Ein Hauptgrund, weswegen früher ein Ehegatte (meist die Ehefrau) sich gegen eine Scheidung wehrte, war die oft ungenügende Versorgung. Im neuen Ehescheidungsrecht nehmen deswegen die Unterhalts- und Versorgungsansprüche breiten Raum ein. Der bedürftige Ehegatte (aber auch nur der wirklich bedürftige Ehegatte) soll Unterhalt verlangen können, gleichgültig, ob er zum „Scheitern" der Ehe beigetragen hat oder nicht. Darüberhinaus ist vorgesehen, daß die Versorgungsrechte, die einem Ehegatten während der Ehe zugewachsen sind, nach dem Grundsatz des Zugewinnausgleichs beiden Ehegatten gleichermaßen zugute kommen. 3. Neuerdings wird die Frage gestellt, wo überhaupt der Staat das Recht hernehme, Ehegatten die Scheidung zu versagen, die einverständlich geschieden werden wollen (vgl. etwa Wolf, Nochmals: Grundgesetz und Eherecht, J Z 1974, 17). Man forscht nach einem staatlichen „öffentlichen" Interesse am Bestand der Ehe, man erwähnt in diesem Zusammenhang insbesondere das Interesse der Kinder, man zitiert Freud und sagt, die Ehe sei notwendig und schützenswert als Instrument der Pazifizierung des Sexualtriebs {Ramm, Grundgesetz und Eherecht, S. 20), man meint, es könne auch eine Rolle spielen, daß die „europäische" Form der Ehe den Bedürfnissen einer dynamischen Industriegesellschaft entgegenkomme, weil sie nämlich gerade den Grad von Beharrungstendenz und Mobilität begünstige, der den Bedürfnissen einer Industriegesellschaft entspreche (Pawlowski, Das Studium der Rechtswissenschaft, 320ff.). Näher liegt es wohl, an die Schutzfunktion der richterlichen Ehescheidung zugunsten des schwächeren Ehepartners zu denken (nicht jede „einverständliche" Scheidung wird wirklich vom Willen beider Partner getragen!). III. 1. Der

Die Scheidungsvoraussetzungen

im einzelnen

Grundtatbestand

Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie „gescheitert" ist, § 1565 I, 1. „Gescheitert" ist eine Ehe, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 I, 2. Lebensgemeinschaft ist nicht dasselbe wie häusliche Gemeinschaft. Sie kann auch dann noch gegeben sein, wenn die Ehegatten getrennt leben. Ein Ende findet sie erst dann, wenn die Ehegatten jegliche ehelichen Beziehungen abge97

§ 14 III 2

I. Abschnitt: Eherecht

brochen haben oder zumindest ein Ehegatte sich vom anderen definitiv abgewandt hat. Aber selbst dann kann die Ehe noch nicht geschieden werden. Hinzukommen muß die fehlende Aussicht einer Wiederherstellung. Solange noch Chancen einer Heilung der Ehe bestehen, ist die Scheidung ausgeschlossen. Der Richter muß der Ehe also eine Prognose stellen. Dazu wird er regelmäßig die Ursachen erforschen müssen, die zur Zerrüttung geführt haben. Erst dann, wenn diese Untersuchung ergibt, daß zwischen den Ehegatten eine völlige Entfremdung eingetreten ist, die es als ausgeschlossen erscheinen läßt, daß die Ehegatten jemals wieder eheliche Beziehungen zueinander aufnehmen, kann die Scheidung ausgesprochen werden. Auf den Grundtatbestand des § 1565 werden sich diejenigen Ehegatten berufen, welche die Fristen des § 1566 nicht abwarten wollen. Indessen sind die Voraussetzungen des § 1565 nicht leicht zu beweisen. Außerdem ergibt eine Zusammenschau der §§ 1565 und 1566, daß der Grundtatbestand des § 1565 vom Gesetzgeber keineswegs als Regel, sondern nur als Ausnahme gedacht ist. So leichtherzig wie unter der Geltung des früheren § 43 EheG (unheilbare Zerrüttung der Ehe aufgrund einer schweren Eheverfehlung) kann heute die Unheilbarkeit einer Ehe nicht mehr festgestellt werden. Insbesondere wenn ein Ehegatte bereit ist, die Ehe fortzusetzen, wird man - vor Ablauf der Dreijahresfrist des § 1566 II - sagen müssen, daß in aller Regel noch eine Chance für die Wiederherstellung der Ehe besteht. Wollen beide Ehegatten geschieden sein, so ist dies zwar ein gewisses Indiz für eine tiefgreifende Zerrüttung. Aber auch hier muß der Richter prüfen, ob der Entschluß nicht voreilig und unüberlegt gefaßt worden ist, eine Prüfung, die wenn die Ehegatten nicht wenigstens seit einem Jahr getrennt leben - nur selten zu dem Ergebnis führen wird, daß die Lebensgemeinschaft tatsächlich aufgehoben und ihre Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Allzu schnellen Scheidungen schiebt auch § 1565 II einen Riegel vor: Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Fälle, in denen eine Scheidung nach § 1565 in Betracht kommt, sind etwa die, daß ein Ehegatte den anderen fortgesetzt mißhandelt oder mit einem anderen P a r t n e r eine bigamische E h e geschlossen hat.

2. Die Zerrüttungsvermutung

bei einseitigem

Scheidungsverlangen

Die Feststellung, daß eine Ehe unheilbar zerrüttet und eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht zu erwarten ist, 98

Die Ehescheidung

§ 14 III 3

muß der Richter aufgrund von Indizien treffen. Ein wichtiges Indiz ist die häusliche Trennung. Leben Ehegatten längere Zeit häuslich getrennt, ohne, durch äußere Umstände (etwa aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen) dazu gezwungen zu sein, so besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß ihre Ehe zerrüttet ist. Diese tatsächliche Vermutung wandelt § 1566 II in eine gesetzliche Vermutung um: es wird und zwar unwiderlegbar - vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben. „Getrennt leben" ist ein rechtstechnischer Begriff. Ehegatten „leben getrennt", wenn sie die häusliche Gemeinschaft aufgegeben haben und ein Ehegatte sie erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt, § 1567 I, 1. Die häusliche Gemeinschaft kann nicht nur dadurch beendet werden, daß ein Ehegatte das Haus verläßt, sie kann auch dann aufgehoben sein, wenn die Ehegatten noch unter demselben Dach wohnen (der Mann wohnt und schläft in seinem Arbeitszimmer, schließt es ab, wenn er das Haus verläßt und spricht kein Wort mehr mit seiner Frau), § 1567 I, 2. Die Trennung muß nicht ununterbrochen angedauert haben. Versöhnungsversuche der Ehegatten sollen nach Möglichkeit gefördert werden. Wenn die Eheleute - probeweise - die häusliche Gemeinschaft wieder aufnehmen, sollen sie nicht befürchten müssen, dals bei einem Scheitern des Versuches die Trennungsfrist von neuem zu laufen beginnt. Darum bestimmt § 1567 II, daß ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, die in § 1566 bestimmten Fristen nicht unterbricht oder hemmt. Liegen die Voraussetzungen des § 1566 II vor, so ist der Richter der Pflicht enthoben, von Amts wegen zu ermitteln, ob die Ehe unheilbar zerrüttet ist. Der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, ist nicht mehr genötigt, die ehelichen Verhältnisse offenzulegen. Das Verfahren wird dadurch versachlicht und die Scheidung erleichtert. 3. Die Zerrüttungsvermutung bei einverständlicher Scheidung Beantragen beide Ehegatten die Scheidung, so wird die Zerrüttungsvermutung, die sich aus längerem Getrenntleben ergibt, verstärkt. Man kann davon ausgehen, daß die Ehegatten ihre Lage meist besser beurteilen können als ein Außenstehender, besser auch als der Richter. Der Gesetzgeber hat dieser tatsächlichen Situation dadurch Rechnung getragen, daß er dann, wenn beide Ehegatten die Scheidung beantragen, oder der Ehegatte, der die Scheidung nicht beantragt hat, der Scheidung zustimmt, schon bei einjährigem Getrenntleben der Ehegatten die Zerrüttungsvermutung eingreifen läßt, § 1566 I. Auch hier ist die Vermutung unwiderlegbar. 99

§ 14 III 4

I. Abschnitt: Eherecht

Nicht ganz unproblematisch ist die Gleichsetzung von Scheidung auf Antrag beider Ehegatten und Scheidung auf Antrag eines Ehegatten mit Zustimmung des anderen. Die Erfahrung lehrt, daß nicht jeder Ehegatte, welcher der Scheidung „zustimmt", auch wirklich geschieden werden will. Oft wird er seine Zustimmung nur erteilen aus Trotz oder Verzweiflung oder aufgrund des psychischen Drucks, den sein Partner auf ihn ausübt. Vielfach wird die Zustimmung auch - wie schon früher bei den sog. Konventionalscheidungen - „erkauft" werden um den Preis einer günstigen Scheidungsfolgenregelung. Trotzdem ist § 1566 I eine sinnvolle Regelung. Gäbe es diese Zerrüttungsvermutung nicht, so wäre eine entsprechend weitherzige Auslegung des Scheidungsgrundtatbestandes die sichere Folge. Die Richter würden dann ebenso häufig und aufgrund einer ebenso oberflächlichen Prüfung eine unheilbare Zerrüttung konstatieren, wie sie unter der Geltung des § 43 EheG eine unheilbare Zerrüttung aufgrund einer schweren Eheverfehlung feststellten. Gegenüber einer solchen Praxis ist die Zerrüttungsvermutung des § 1566 I zweifellos das kleinere Übel. Schließlich wird durch ihn ein Gespräch vor dem Richter nicht ausgeschlossen. Der Richter hat zu prüfen, ob beide Ehegatten wirklich scheidungswillig sind und beide die Konsequenzen ihres Entschlusses auch übersehen. 4. Die Härteklausel Ein Ehegatte, der nicht geschieden werden will, wird zunächst, wenn das Scheitern der Ehe nicht unwiderlegbar vermutet wird, nachzuweisen versuchen, daß seine Ehe nicht zerrüttet oder die eingetretene Zerrüttung noch heilbar ist. Mißlingt dieser Nachweis oder besteht eine unwiderlegliche Vermutung des Scheiterns der Ehe, so bleibt ihm noch eine Möglichkeit, die Scheidung zu verhindern. Er muß nachweisen, daß die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen noch minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder daß die Scheidung für ihn aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise als geboten erscheint, ungeachtet dessen, daß sie gescheitert ist, § 1568 I. Das ist die sog. Härteklausel. Um sie ist im Gesetzgebungsverfahren viel gestritten worden. Große praktische Bedeutung wird sie kaum erlangen. Sie ist als Ausnahme gedacht (wie ihr Wortlaut überdeutlich erkennen läßt) und wird auch nur in Ausnahmefällen die Scheidung einer unheilbar zerrütteten Ehe verhindern. Im übrigen kann die Härteklausel die Scheidung der Ehe nicht gänzlich verhindern, sondern lediglich verzögern. Wenn nämlich die Trennungszeit länger als fünf Jahre gedauert hat, ist eine Berufung auf die Härteklausel ausgeschlossen, § 1568 II. 100

Die Ehescheidung

IV. Der

§ 14 IV 3

Scheidungsprozeß

1. Bis zum Erlaß des 1. Eherechtsreformgesetzes war der Scheidungsprozeß ein streitiges Verfahren. Es gab einen Kläger und einen Beklagten, häufig (nämlich im Fall einer Widerklage) auch zwei Kläger und zwei Beklagte. Ein Ehegatte mußte gegen den anderen selbst dann klagen, wenn dieser ebenfalls geschieden sein wollte. Der Fall, daß die Ehegatten sich bereits vor dem Prozeß einigten, wer „die Schuld übernehmen" sollte, war deswegen nicht selten. Nach dem nunmehr geltenden Recht wird nicht mehr auf Scheidung geklagt. Das Scheidungsverfahren wird vielmehr durch einen Antrag eingeleitet, der sowohl von einem der Ehegatten als auch von beiden gestellt werden kann, § 1564 S. 1. Dementsprechend heißt es in der Zivilprozeßordnung: Das Verfahren auf Scheidung wird durch Einreichung einer Antragsschrift anhängig, § 622 I ZPO. 2. Entsprechend dem Charakter der Ehe ist das Antragsrecht höchstpersönlicher Natur. Auch der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte kann den Antrag stellen, ohne zuvor oder danach seinen gesetzlichen Vertreter fragen zu müssen. Er ist für das Scheidungsverfahren prozeßfähig, § 607 I ZPO. Nur für den Geschäftsunfähigen muß der gesetzliche Vertreter das Verfahren führen, bedarf dazu aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 607 II ZPO. 3. Das Scheidungsverfahren gehört zu den Ehesachen (§§ 606 ff. ZPO), einer Verfahrensart, die sich gegenüber gewöhnlichen Verfahren in vielen Beziehungen unterscheidet. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht hat ein eigenes Ermittlungsrecht. Es kann zur Aufrechterhaltung der Ehe auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht worden sind (ob es von dieser Befugnis Gebrauch machen wird, ist eine andere Frage!), § 616 ZPO. Die Dispositionsmaxime ist beschränkt. Ehefeindliche Tatsachen dürfen nicht als wahr unterstellt werden, wenn sie nicht bestritten werden, § 617 ZPO. Das Gericht kann das Verfahren von Amts wegen aussetzen, wenn nach seiner Oberzeugung Aussicht auf Fortsetzung der Ehe besteht (gegen den Widerspruch beider Ehegatten aber nur dann, wenn die Ehegatten noch nicht länger als ein Jahr getrennt leben und insgesamt auf die Dauer von höchstens einem Jahr, bzw. bei einer mehr als dreijährigen Trennung auf die Dauer von höchstens sechs Monaten), § 614 II, IV Z P O . Das Ehescheidungsverfahren findet vor den Familiengerichten statt (§ 606 ZPO), die bei den Amtsgerichten neu gebildet werden (§ 23 b GVG). Dem Verfahren muß heute nicht mehr - wie früher - ein Sühneversuch vorangehen, doch soll das Gericht, wenn es das Verfahren aus101

§ 14 IV 4

I. Abschnitt: Eherecht

setzt, den Ehegatten nahelegen, eine Eheberatungsstelle in Anspruch zu nehmen, § 614 V ZPO. Besonders geregelt ist in den §§ 620-620 g Z P O der Erlaß einstweiliger Anordnungen. Das Gericht kann - auf Antrag eines der Ehegatten - durch solche Anordnungen die elterliche Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind und den persönlichen Verkehr des nicht sorgeberechtigten Eltemteils mit dem Kind regeln, die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil anordnen, bestimmen, wie im Verhältnis der Ehegatten zueinander für den Unterhalt eines Kindes zu sorgen ist, das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, den Unterhalt eines Ehegatten sicherstellen, sowie über die Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats und die Herausgabe oder Benutzung der zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten oder eines Kindes bestimmten Sachen entscheiden und schließlich einen Ehegatten zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses verpflichten. Wichtig ist: Die Frage, wem die elterliche Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind zustehen soll, kann das Gericht auch von Amts wegen durch einstweilige Anordnuni: regeln. 4. Die wichtigste Neuerung auf dem Gebiet des Scheidungsverfahrensrechts ist - neben der Einrichtung der Familiengerichte - die Entscheidungskonzentration, die gleichzeitige Erledigung der Scheidung und der Scheidungsfolgen. Vor dem 1. Eherechtsreformgesetz wurde im Scheidungsverfahren nur über die Scheidung entschieden (von den einstweiligen Anordnungen abgesehen). Die Regelung des Sorgerechts und des persönlichen Verkehrs mit den Kindern blieb dem Vormundschaftsgericht vorbehalten, über Unterhaltsfragen hatten die Amtsgerichte zu entscheiden, desgleichen über die Zuweisung der Ehewohnung und die Verteilung des Hausrats. N u n m e h r bestimmt § 623 I Z P O : Soweit in Familiensachen (elterliche Gewalt, persönlicher Verkehr des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind und gegenüber dem Ehegatten, Versorgungsausgleich, Ehewohnung und Hausrat, Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, Verfahren nach den BGB-§§ 1382, 1383; vgl. § 6 2 1 Z P O ) eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, ist hierüber gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden. Das bedeutet: Gegen den Willen eines Partners kann eine Scheidung nunmehr erst dann ausgesprochen werden, wenn die vor allem von diesem Partner für regelungsbedürftig gehaltenen Scheidungsfolgen gerichtlich geklärt sind. Auch der Partner, der der Scheidung selbst 102

D i e Folgen der Scheidung

§15 1 1

nicht widersprechen kann (z. B. weil die Ehegatten seit mehr als drei Jahren getrennt leben und deswegen die Zerrüttungsvermutung eingreift), kann auf diese Weise erreichen, daß nicht zunächst einmal die Ehe geschieden wird und erst danach die Scheidungsfolgen geregelt werden. Er braucht nur den Antrag zu stellen, daß über diese Fragen eine Entscheidung herbeigeführt wird. In jedem Fall - und das ist besonders wichtig - wird in das Scheidungsverfahren die Regelung der elterlichen Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder und die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 1587b mit einbezogen (§ 623 III ZPO). Die Gefahr übereilter Scheidungen ist besonders groß, wenn beide Ehegatten die Scheidung wollen. Hier ist § 630 ZPO bedeutsam: Der Antrag auf Scheidung nach § 1565 i. V. m. § 1566 I muß enthalten - die Mitteilung, daß der andere Ehegatte der Scheidung zustimmt oder in gleicher Weise die Scheidung beantragt, - den gemeinsamen und übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten zur Regelung der elterlichen Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder und über die Regelung des persönlichen Verkehrs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, - die Einigung der Ehegatten über die Regelung der Unterhaltspflichten gegenüber ihren Kindern, - die Einigung der Ehegatten über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, - die Einigung der Ehegatten über die Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und Hausrat. Es wird damit also der Scheidungsausspruch von der Regelung der wichtigsten Scheidungsfolgen abhängig gemacht.

§ 15. Die Folgen der Scheidung I. Nachwirkungen

der Ehe zwischen den geschiedenen

Gatten

Mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils ist die Ehe aufgelöst. Das bedeutet aber nicht, daß die Ehegatten nunmehr einander so gegenüberstehen, als seien sie niemals miteinander verheiratet gewesen. Die aufgelöste Ehe hat Nachwirkungen. 1.

Name

Der geschiedene Ehegatte behält den Ehe- und Familiennamen grundsätzlich bei. Er kann durch (öffentlich beglaubigte) Erklärung gegenüber 103

§ 1 5 12

I. Abschnitt: Eherecht

dem Standesbeamten aber auch seinen Geburtsnamen oder einen anderen Namen wieder annehmen, den er vor der Eheschließung geführt hat, § 1355 IV. Anders als nach früherem Recht kann seit dem Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes kein Ehegatte mehr dem anderen Ehegatten die Weiterführung seines Namens nach der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen verbieten oder beim Vormundschaftsgericht einen entsprechenden Antrag stellen. 2.

Unterhaltspflichten

a) Das frühere Recht verknüpfte den Unterhaltsanspruch mit der Schuld an der Scheidung. Wer allein oder überwiegend schuldig geschieden wurde, hatte keinen Unterhaltsanspruch. Wurde die Ehe wegen schwerer Ehezerrüttung nach dreijähriger Heimtrennung geschieden und enthielt das Urteil keinen Schuldausspruch, so traf den Kläger eine Unterhaltspflicht, wenn dies der Billigkeit entsprach. h) Nach geltendem Recht gibt es keine Scheidung wegen Verschuldens mehr. Die Schuld an der Scheidung soll deswegen auch im Unterhaltsrecht keine Rolle mehr spielen. Der Grundgedanke der neuen Regelung ist der, daß jeder geschiedene Ehegatte dann, wenn er bedürftig ist, aber auch nur dann, vom anderen Unterhalt verlangen kann. Im einzelnen heißt das: aa) Können die Ehegatten nach der Scheidung selbst für ihren Unterhalt sorgen, so haben sie keinen Unterhaltsanspruch (§ 1569). Es wird von ihnen also grundsätzlich erwartet, daß sie weiterhin erwerbstätig bleiben oder von ihrem Vermögen leben. Den Stamm ihres Vermögens brauchen sie allerdings nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre, § 1577. bb) Auf die Möglichkeit, sich den Unterhalt selbst zu verdienen, braucht sich ein Ehegatte nicht verweisen zu lassen, wenn (1) er ein gemeinschaftliches Kind pflegt oder erzieht und deswegen von ihm eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, § 1570; (2) er im Zeitpunkt der Scheidung oder bei Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes so alt oder krank ist, daß von ihm eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, §§ 1571, 1572; (3) er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, § 1573 I; (4) seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit weggefallen sind, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern, § 1573 IV, 1; 104

Die Folgen der Scheidung

§1512

(5) von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Dabei dürfen schwerwiegende Gründe nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben, § 1576. cc) Wenn ein Ehegatte trotz der genannten Erschwerungen imstande ist, seinen Unterhalt wenigstens teilweise zu verdienen, vermindert sich die Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten entsprechend. Die Unterhaltspflicht endet gänzlich, wenn die Bedürftigkeit des anderen Ehegatten entfällt (die Kinder werden selbständig, der Ehegatte findet eine Arbeit oder wird nach einer Krankheit wieder gesund). N u r soweit und solange der eine Ehegatte bedürftig ist, kann er Unterhalt beanspruchen. dd) Ein Ehegatte, der bei der Scheidung nicht berufstätig war, muß nicht jede beliebige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Er ist nur zu einer „angemessenen" Erwerbstätigkeit verpflichtet. Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Dabei sind die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen, § 1574 I, II. eej Ein Ehegatte soll sich ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen, soweit dies erforderlich und ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist, § 1574 III. Hat er in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen, so kann er nach der Scheidung diese oder eine entsprechende Ausbildung (wieder) aufnehmen, falls diese eine seinen Unterhalt nachhaltig sichernde Erwerbstätigkeit zum Ziel hat, und bis zu deren Abschluß vom anderen Ehegatten Unterhalt verlangen. Voraussetzung der Ausbildungsfinanzierung ist, daß ein erfolgreicher Abschluß zu erwarten steht. Außerdem besteht der Anspruch nur für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen — unter Berücksichtigung ehebedingter Verzögerungen - abgeschlossen werden kann, § 1575. c) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den Lebensverhältnissen, § 1578 I, 1. Es kommt also, ebenso wie für die Frage, ob eine Erwerbstätigkeit „angemessen" ist, auf den sozialen Status an, den die Ehegatten im Laufe ihrer Ehe erreicht haben, nicht auf den Status, den sie vor der Eheschließung hatten. Der Unterhalt umfaßt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf, § 1578 I, 2. In manchen (Härte-)fällen vermindert 105

§ 1 5 12

I. Abschnitt: Eherecht

sich allerdings die Unterhaltspflicht auf einen Betrag, der der Billigkeit entspricht, und zwar wenn aa) die Ehe nur von kurzer Dauer war und der Bedürftige auch nicht für längere Zeit wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte, bb) der Berechtigte sich einer schweren Straftat gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht oder cc) seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt oder dd) über einen längeren Zeitraum hinweg während der Ehe die Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, verletzt hat, § 1579 I (vgl. dazu auch § 1381; oben § 12 I, 5). Beachte: Mutwillig führt seine Bedürftigkeit etwa herbei, wer angesichts einer bevorstehenden Scheidung seine Erwerbstätigkeit aufgibt, um nach der Scheidung einen Unterhaltsanspruch zu erlangen, nicht aber, wer deswegen bedürftig wird, weil aufgrund seines ehefeindlichen Verhaltens die Ehe geschieden wird.

Die Minderung tritt nicht ein, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, § 1579 II. d) Neben der Bedürftigkeit des Berechtigten kommt es für den Unterhaltsanspruch auch auf die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten an. Die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten kann entweder deswegen fehlen, weil der Verpflichtete nicht die Mittel hat, für sich und den geschiedenen Ehegatten ausreichend zu sorgen, oder deswegen, weil er noch andere Ansprüche zu befriedigen hat, seien es Ansprüche aus Vertrag oder unerlaubter Handlung oder Unterhaltsansprüche unverheirateter Kinder oder - wenn er sich erneut verheiratet hat - seines zweiten Ehegatten. Hier gilt: aa) Ist der Verpflichtete nicht leistungsfähig, d. h. ist er außerstande, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts Unterhaltsleistungen an den früheren Ehegatten zu erbringen, so wandelt sich dessen Anspruch auf vollen Unterhalt um in einen Anspruch auf eine billige Leistung, § 1581, S. 1. Dabei kommt es auf die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten an. Es wird hier gefragt: Wieviel kann jeder Ehegatte zu seinem Lebensunterhalt beitragen? Dabei müssen sich die Ehegatten unter Umständen auch zu „unangemessener" Erwerbstätigkeit bequemen. Notlagen verlangen erhöhte Anstrengungen und auch Opfer. bb) Bei der Frage nach der Leistungsfähigkeit sind auch Unterhaltsansprüche minderjähriger unverheirateter Kinder des Pflichtigen oder bei Wiederverheiratung - des zweiten Ehegatten zu berücksichtigen. 106

Die Folgen der Scheidung

§1512

Aber: Nur die Unterhaltsansprüche minderjähriger unverheirateter Kinder stehen dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten im Rang gleich, §§ 1582 II, 1609 II. Die Ansprüche des neuen Ehegatten gehen in der Regel dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach. Man sagt: Wird von dem geschiedenen Ehegatten verlangt, daß er zur Sicherung seines Unterhalts seine Möglichkeiten ausschöpft, so kann ein' Gleiches auch vom neuen Ehegatten des Verpflichteten verlangt werden. Der unterhaltspflichtige Ehemann kann darum nicht etwa mit seiner zweiten Frau eine Hausfrauenehe vereinbaren und dann gegenüber seiner ersten Ehefrau erklären, er sei nicht imstande, zwei Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Beispiel: Ein Ehemann ist seiner geschiedenen Frau, seiner zweiten Frau, einem minderjährigen unverheirateten Kind aus der ersten Ehe und einem minderjährigen unverheirateten Kind aus der zweiten Ehe unterhaltspflichtig. Wenn der Unterhaltsbedarf der beiden Frauen mit je 600 DM und der Unterhaltsbedarf der Kinder mit je 200 DM angenommen wird und das Einkommen des Mannes 1800 D M beträgt, so ist der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau folgendermaßen zu berechnen: Zunächst ist vom Einkommen des Mannes dessen eigener angemessener Bedarf abzuziehen. Wird dieser Bedarf mit 700 DM angenommen, so verbleiben 1100 D M . Da diese Summe nicht ausreicht, um die Bedürfnisse aller Unterhaltsberechtigten zu decken, müssen diese eine Kürzung hinnehmen, § 1581. Weil Ehefrauen und Kinder im Range einander gleichstehen (§ 1609 II) und nur zwischen den Ehefrauen ein Rang Verhältnis besteht, ist zunächst der Anspruch der Kinder festzustellen. Zu diesem Zweck wird die zur Verfügung stehende Summe im Verhältnis des jeweils festgestellten Bedarfs (600:600:200:200) aufgeteilt. Dabei ergibt sich, daß jedes Kind ein Achtel der Summe, d. h. 137,50 D M , beanspruchen kann. Aus der verbleibenden Summe (1100 — 275 = 825 DM) wird zunächst der Unterhalt für die geschiedene Frau gedeckt. Die geschiedene Frau erhält also ihren vollen Bedarf (600 D M ) . Die zweite Frau muß sich mit dem Rest (225 DM) zufrieden geben.

Die Situation ist allerdings eine andere, wenn der neue Ehegatte nicht seihst für seinen Unterhalt sorgen kann, sei es wegen der Pflege oder Erziehung eines Kindes oder sei es wegen Alters oder Krankheit oder anderer Gebrechen oder sei es deswegen, weil er keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Hier hat der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nur in drei Fällen einen Vorrang gegenüber dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten, nämlich dann, wenn er entweder ein gemeinschaftliches Kind betreut oder wenn die Ehe von langer Dauer war oder wenn er seinen Unterhaltsanspruch auf die Härteklausel des § 1576 stützen kann, § 1582 I, 2. In jedem Fall geht also der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten vor. wenn der geschiedene Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind aus der ersten Ehe 107

§ 1 5 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

betreut oder wenn die erste Ehe von langer Dauer war oder die Härteklausel eingreift. Von diesen Fällen abgesehen, hat der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auch dann den Vorrang vor dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten, wenn dieser sich selbst unterhalten kann. Kann vom zweiten Ehegatten keine Erwerbstätigkeit verlangt werden, so stehen die Unterhaltsansprüche der beiden Ehegatten, von den oben genannten drei Sonderfällen abgesehen, einander im Rang gleich. cc) Ist ein Ehegatte nicht leistungsfähig, so tritt seine Unterhaltspflicht gegenüber dem früheren Partner - abweichend von der Regel - hinter die Unterhaltspflicht der Verwandten des früheren Ehegatten zurück; er kann also seinen früheren Partner auffordern, sich zunächst an seine leistungsfähigen Eltern oder Kinder zu halten, § 1584. e) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat oder dem Tod des Berechtigten, § 1586 I. Er erlischt nicht mit dem Tod des Verpflichteten. Hier geht die Unterhaltspflicht als Nachlaßverbindlichkeit auf die Erben des Unterhaltspflichtigen über. Allerdings haften die Erben nur beschränkt, nämlich nur bis zur Höhe des Betrags, der dem Berechtigten als Pflichtteil zugestanden hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre, § 1586b. f ) Zur Entscheidung über den Unterhaltsanspruch ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, § 621 I Ziff. 5 ZPO. Die Entscheidung kann in einem besonderen Prozeß getroffen werden, jedoch ist dann, wenn ein Ehegatte dies beantragt, über den Unterhaltsanspruch gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden, § 623 I ZPO. Wollen beide Ehegatten nach einjähriger Trennung geschieden werden (§ 1566 I), so muß bereits die Antragsschrift die Einigung der Ehegatten über eventuelle Unterhaltspflichten enthalten, § 630 I Ziff. 3 ZPO. Dem Scheidungsantrag soll erst stattgegeben werden, wenn die Ehegatten bezüglich dieser Unterhaltspflicht einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt haben, § 630 III ZPO. II. Vermögenskorrekturen

aus Anlaß der

Ehescheidung

1. Versorgungsausgleich a) Nach früherem Recht erwarb ein Ehegatte, der während der Ehe nicht oder nicht voll erwerbstätig war, regelmäßig keine oder nur eine im Vergleich zu der Versorgung des anderen Ehegatten geringfügige eigene Alters- und Invaliditätssicherung. Darin lag eine offensichtliche Benachteiligung der Ehefrau, die wegen der Führung des Haushalts oder der Kindererziehung nicht erwerbstätig war oder sein konnte. Diese Unbilligkeit hat das 1. Eherechtsreformgesetz beseitigt. Versorgungs108

Die Folgen der Scheidung

§ 15 II 1

anwartschaften, die einem Ehegatten während der Ehe zugewachsen sind, sollen nunmehr nach dem Grundsatz des Zugewinnausgleichs beiden Ehegatten gleichermaßen zugute kommen, § 1587. Dabei sind unter Versorgungsanwartschaften sowohl Anwartschaften nach öffentlichem Recht (Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Anwartschaften auf beamtenrechtliche Versorgung) als auch privatrechtlich begründete Versorgungsanwartschaften (Anwartschaften aufgrund betrieblicher Ruhegeldzusagen, Rentenanwartschaften aus der privaten Rentenversicherung) zu verstehen, § 1587a II. Daß der Versorgungsausgleich auf den Zuwachs während der Ehe beschränkt wird, hat folgenden Grund: Versorgungsansprüche (Beamtenpensionen z. B.) werden nach der sog. ruhegehaltsfähigen Dienstzeit berechnet. Je länger die ruhegehaltsfähige Dienstzeit, desto höher das Ruhegehalt. War der Ehegatte, dem der Versorgungsanspruch zusteht, nur während eines Teiles seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeit verheiratet, so wäre es unbillig, den anderen Ehegatten am gesamten Ruhegehalt teilhaben zu lassen (wie er ja auch bei dem Zugewinnausgleich nur an dem während der Ehe erzielten Zugewinn partizipiert). Beispiel: Ein 35jähriger Beamter wird nach lOjähriger Ehe geschieden. Seine ruhegehaltsfähige Dienstzeit beträgt im Zeitpunkt der Scheidung ebenfalls 10 Jahre. Bei seiner Pensionierung (mit 65 Jahren) würde seine ruhegehaltsfähige Dienstzeit also 40 Jahre betragen. Von diesen 40 Jahren war er 10 Jahre verheiratet. Folglich hat er ein Viertel seiner Ruhegehaltsbezüge auszugleichen. Beläuft sich sein Ruhegehalt auf 2000 D M , so unterliegt also ein Betrag von 500 D M der Ausgleichspflicht. Hat die Frau keine eigenen Versorgungsansprüche erworben, so sind folglich nach der Pensionierung des Mannes 250 D M monatlich an sie abzuführen.

b) Die technische Durchführung des Versorgungsausgleichs hängt von dem Versorgungsträger ab, gegen den der Anspruch des ausgleichspflichtigen Ehegatten gerichtet ist. Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte Versorgungsanrechte in den gesetzlichen Rentenversicherungen erworben, so überträgt das Familiengericht einen Teil dieser Rentenanwartschaften auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten, § 1587b I. Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte als Beamter oder Arbeitnehmer in einem beamtenähnlichen Dienstverhältnis Versorgungsanrechte erworben, so begründet das Familiengericht für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung, § 1587b II. In beiden Fällen entstehen also für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung: im einen Fall werden ihm Rentenanwartschaften des ausgleichspflichtigen Ehegatten übertragen, im anderen Fall Rentenanwartschaften zu seinen Gunsten neu begründet (und die Versorgungsanrechte des ande109

s 1 5 II 1

I. Abschnitt: Eherecht

ren entsprechend gemindert). Kann der Ausgleich weder auf dem Wege der Anwartschaftsübertragung nach § 1587 b I noch auf dem der Anwartschaftsbegründung nach § 1587b II erfolgen, sind also in der F.hezeit Versorgungsanrechte weder in den gesetzlichen Rentenversicherungen noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aufgebaut, ist vielmehr die Vorsorge für den Fall des Alters oder der Invalidität auf andere Weise, etwa durch eine betriebliche Altersversorgung oder eine Lebensversicherung getroffen worden, so hat der ausgleichspflichtige Ehegatte durch Entrichtung von Beiträgen Anwartschaftsrechte für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in einer gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen, § 1587b III. Nun gibt es Fälle, in denen ein Versorgungsausgleich durch Wertausgleich von Anwartschaften oder Versorgungsaussichten („RentenSplitting") nicht möglich oder ausgeschlossen ist. So kann z. B. eine Rentenanwartschaft in einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr begründet werden, wenn der Berechtigte bereits die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld erfüllt. Ferner darf der Monatsbetrag einer Rentenanwartschaft einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen. Wenn darum der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits eine Rentenanwartschaft hat und deren Monatsbetrag zusammen mit dem Monatsbetrag der auf ihn zu übertragenden oder zu seinen Gunsten zu begründenden Rentenanwartschaft diesen Höchstbetrag übersteigen würde, ist die Übertragung oder Neubegründung einer Rentenanwartschaft ausgeschlossen. In diesen, sowie in einigen weiteren Fällen (insbesondere auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587b III auferlegten Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften nicht erbracht hat) erfolgt ein sog. schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, § 1587f. Bei einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat der eine Ehegatte an den anderen eine Geldrente zu zahlen, § 1587g I, 1. Diese sog. Ausgleichsrente kann allerdings erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das f>5. I ebensjahr vollendet hat. § 1587g I. 1 c) Diese Vorschriften über den Versorgungsausgleich sind nicht zwingendes Recht. Die Ehegatten können auch davon abweichende Vereinbarungen treffen. Sie können den Versorgungsausgleich gänzlich ausschließen, § 1408 II, 1 (wobei dieser Ausschluß allerdings unwirksam ist, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird, § 1408 II, 2), sie können aber auch den Versorgungsausgleich in anderer Weise als im Gesetz vorgesehen regeln. 1 in

D i e Folgen der Scheidung

§ 1 5 II 2

Eine solche von der gesetzlichen Regelung abweichende Parteivereinbarung bedarf allerdings zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Familiengerichts, § 1587o. d) Ähnlich wie im Unterhaltsrecht gibt es auch beim Versorgungsausgleich Härte klausein, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichsverpflichtung ausschließen (§§ 1587c, 1587h). 2. Ehewohnung und. Hausrat Ein wichtiges Problem ist auch die Auseinandersetzung der Gatten hinsichtlich der gemeinschaftlichen Wohnung und des Hausrats. Rechtsgrundlage dafür bildet die 6. D V O zum EheG vom 21. 10. 1944 in der Fassung des 1. E h e R G , die sog. Hausratsverordnung. Danach gilt: a) Wenn die Gatten sich anläßlich der Scheidung nicht darüber einigen können, wer von ihnen die Ehewohnung künftig bewohnen und wer die Wohnungseinrichtung und den sonstigen Hausrat erhalten soll, so regelt der Richter auf Antrag die Rechtsverhältnisse an der Wohnung und dem Hausrat, § 1 HausratsVO. Zuständig ist das Familiengericht, bei dem die Scheidungssache anhängig ist, bzw., wenn keine Scheidungssache anhängig ist, das Familiengericht, in dessen Bezirk die Ehegatten zuletzt gemeinsam gewohnt haben, § 11 Hausrats V O . Die Regelung erfolgt unbeschadet der besonderen Vorschrift des § 6 2 1 a Z P O im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 13 HausratsVO. b) Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, § 2 HausratsVO. Ist ein Ehegatte Eigentümer des Hauses, in dem sich die Ehewohnung befindet, so soll die Wohnung dem anderen Gatten nur zugewiesen werden, wenn dies notwendig ist, um unbillige Härten zu vermeiden, § 3 HausratsVO. Bei einer Mietwohnung kann der Richter bestimmen, daß ein von beiden Gatten eingegangenes Mietverhältnis von einem Gatten allein fortgesetzt wird oder daß ein Ehegatte an Stelle des anderen in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis eintritt, § 5 HausratsVO. c) Den beiden Gatten gemeinsam gehörenden Hausrat verteilt der Richter gerecht und zweckmäßig. Hausrat, der während der Ehe angeschafft wurde, gilt als gemeinsames Eigentum, es sei denn, daß das Alleineigentum eines Gatten feststeht. Die Gegenstände gehen in das Alleineigentum des Gatten über, dem der Richter sie zuteilt. J e nach der Sachlage ist diesem die Zahlung eines Kaufpreises oder einer Ausgleichssumme aufzuerlegen, § 8 HausratsVO. Der Richter kann auch einen im Alleineigentum eines Gatten stehenden Gegenstand dem anderen zuweisen, wenn dieser auf seine Weiterbenutzung angewiesen ist und dem anderen Gatten die Überlassung zuzumuten ist. In diesem Fall kann der

111

§ 1 6

11

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Richter einen Zwangsmietvertrag diktieren oder bei Notwendigkeit einer endgültigen Auseinandersetzung sogar das Eigentum gegen angemessenes Entgelt übertragen, § 9 HausratsVO.

II. ABSCHNITT: KINDSCHAFTS- UND VERWANDTSCHAFTSRECHT

§ 16. Abstammung I. Die eheliche

Abstammung

1. Grundsätzliches Jedes Kind hat einen Vater und eine Mutter und über sie noch weitere Verwandte. Diese Beziehung zwischen einem Kind und seinen Eltern und den sonstigen Verwandten ist nicht nur eine natürliche, blutmäßige, sondern auch eine rechtliche. Voraussetzung dafür, daß sie entsteht, ist die Feststellung der Abstammung. Die Abstammung eines Kindes von seiner Mutter festzustellen, ist nicht schwer. Dagegen wußten schon die Römer: Pater Semper incertus. Das Recht muß also Regeln insbesondere für die Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem Vater aufstellen. Mit der Feststellung der Abstammung (hier verstanden als blutmäßige Abstammung) könnte sich das Recht an sich zufrieden geben. Es tut aber mehr. Es unterscheidet zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Das hat seinen Grund nicht nur darin, daß für die Abstammung eines Kindes vom Ehemann seiner Mutter eine Vermutung spricht, die Feststellung darum im Normalfall unproblematisch ist, sondern auch darin, daß die Rechte eines ehelichen Kindes andere sind als die Rechte eines nichtehelichen Kindes. Von der ehelichen oder nichtehelichen Abstammung hängt z. B. ab, wem die elterliche Gewalt über das Kind zusteht, wessen Namen und Staatsangehörigkeit das Kind erwirbt, wie es mit seinen Unterhalts- und Erbansprüchen bestellt ist u. a. m. Darum sind Kriterien erforderlich, aus denen sich ergibt, welche Kinder als ehelich anzusehen sind und welche nicht. Der Gesetzgeber darf sich aber nicht darauf beschränken, 112

Abstammung

§1612

die Voraussetzungen der ehelichen Abstammung zu bestimmen, er muß auch den Weg bezeichnen, auf dem die zunächst für die Ehelichkeit eines in einer Ehe geborenen Kindes sprechende Vermutung widerlegt werden kann, und er muß schließlich die Frage beantworten, ob jedermann die Nichtehelichkeit eines Kindes geltend machen kann oder ob nur bestimmte Personen ein Anfechtungsrecht haben sollen. 2. Voraussetzungen der ehelichen Abstammung Ehelich sind alle Kinder, deren Eltern im Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet sind (auch wenn sie erst einen Tag vor der Geburt geheiratet haben!) oder - wenn ihre Ehe vor der Geburt durch Tod, Scheidung oder gerichtliche Aufhebung aufgelöst oder durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist - im Zeitpunkt der Zeugung miteinander verheiratet waren. Es müssen also zwei Voraussetzungen gegeben sein: (1) Geburt während der Ehe oder innerhalb einer bestimmten Frist nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe und (2) Zeugung durch den Ehemann der Mutter. Von diesen beiden Voraussetzungen läßt sich die erste ohne Schwierigkeiten feststellen. Dagegen ist die zweite Voraussetzung der Ehelichkeit, daß nämlich die Mutter das Kind vom Ehemann empfangen hat, schwieriger nachzuweisen. Das Gesetz hilft sich deshalb mit einer Ehelichkeitsvermutung, die genau gesehen in zwei Vermutungen zerfällt: a) in eine Beiwohnungsvermutung, b) in eine Vaterschaftsvermutung. a) Die

Beiwohnungsvermutung

Die Beiwohnungsvermutung geht davon aus, daß der Mann seiner Frau innerhalb der sog. Empfängniszeit beigewohnt habe, § 1591 II, 1. Die Empfängniszeit ist der Zeitraum, der für die Erzeugung eines Kindes nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft in Betracht k o m m t ; als Empfängniszeit gilt die Zeit vom 181. bis 302. Tag vor der Geburt unter Einschluß dieser Tage, § 1592 I. D a ß der Mann seiner Frau beigewohnt hat, wird allerdings (vom Ausnahmefall des § 1591 II, 2 abgesehen) nur vermutet, wenn und soweit die Empfängniszeit in die Ehe fällt. Der Gesetzgeber kann keine Vermutung aufstellen, daß unverheiratete Personen geschlechtlich miteinander verkehren. Liegt die Empfängniszeit vor der Eheschließung oder wird die Beiwohnungsvermutung für den in die Ehe fallenden Teil der Empfängniszeit widerlegt, so hat das Kind die voreheliche Beiwohnung zu beweisen. 113

§ 1 6

13

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Das Fehlen der Vermutung in diesem Fall bedeutet selbstverständlich nicht, daß ein Kind, das innerhalb von fünf Monaten nach dem Eheschluß geboren wird, als nichtehelich gilt. Der Standesbeamte, dem die Geburt eines Kindes angezeigt wird, wird das Kind als ehelich eintragen, wenn seine Eltern miteinander verheiratet sind, gleichgültig, wann die Ehe geschlossen wurde. Die fehlende Vermutung hat Konsequenzen nur dann, wenn die Ehelichkeit des Kindes angefochten wird. In diesem Fall braucht nämlich der Ehemann nicht die Vermutung zu widerlegen, daß er mit der Mutter des Kindes geschlechtlich verkehrt habe. Die Frage, ob ein Verkehr stattgefunden hat, unterliegt freier richterlicher Beweiswürdigung.

Gegen die Beiwohnungsvermutung ist der einfache Gegenbeweis zulässig, daß der Mann der Frau innerhalb der Empfängniszeit nicht beigewohnt hat. b) Die

Vaterschaftsvermutung

Die Vaterschaftsvermutung geht von der Ursächlichkeit der Beiwohnung für die Erzeugung des Kindes aus. Es wird also vermutet, daß das Kind bei der - vermuteten - Beiwohnung gezeugt worden ist. Auch hier ist der Gegenbeweis zugelassen. Dabei müssen Umstände dargetan werden, wonach die Empfängnis vom Ehemann offenbar unmöglich ist, § 1591 I, 2. Offenbar unmöglich ist die Empfängnis dann, wenn sie in hohem Grade unwahrscheinlich ist; vgl. B G H Z 7, 116. Es genügt also noch nicht der Nachweis, daß die Frau während der Empfängniszeit mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt hat, wohl aber z. B. der Nachweis, daß die Frau, als sie zum erstenmal mit ihrem Mann geschlechtlich verkehrte, bereits schwanger war, oder der Nachweis, daß ein nach dem Tod des Ehemannes geborenes Kind nach seinem Reifegrad nicht mehr von dem verstorbenen Ehemann gezeugt sein kann, wie z. B. ein Sieben-Monats-Kind, das neun Monate nach dem Tod des Ehemannes geboren wird.

Für den Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit kommt der Blutuntersuchung große Bedeutung zu. Nach § 372a ZPO haben alle Beteiligten die Pflicht, die Entnahme von Blutproben in familienrechtlichen Streitigkeiten zu dulden, und zwar ohne Rücksicht auf ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht. Wenn sich bei dem Kind eine Blutgruppe oder Blutfaktoren feststellen lassen, die bei der Mutter und deren Ehemann fehlen, kann dieser nicht der Erzeuger sein. Die Unmöglichkeit der Vaterschaft kann u. U. auch durch ein erbbiologisches Gutachten dargetan werden; vgl. BGH, N J W 1954, 83; FamRZ 1961, 306. 3. Die Geltendmachung

der Nichtehelichkeit

a) Hier lautet der wichtigste Satz: „Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb von 302 Tagen nach Auflösung 114

Abstammung

§16 1 3

oder Nichtigerklärung der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Unehelichkeit festgestellt ist", § 1593. Dieser Satz wird durch einen zweiten ergänzt: Die Ehelichkeit eines Kindes kann nur angefochten werden (1) von dem Mann, der als sein ehelicher Vater gilt, (2) nach-dem Tod des Mannes von seinen Eltern und (3) unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Kind selbst. Das heißt: Wird die Ehelichkeit von diesen Personen nicht angefochten, so kann sich niemand auf die Nichtehelichkeit des Kindes berufen, mag sie noch so offenkundig sein. Das gilt auch für die Anfechtungsberechtigten selbst. So kann z. B. der Scheinvater des Kindes, d. h. der Ehemann der Mutter, die das Kind im Ehebruch empfangen hat, die an das Kind gezahlten Unterhaltsbeträge vom Erzeuger so lange nicht ersetzt verlangen, als die Ehelichkeit noch nicht angefochten und die Nichtehelichkeit noch nicht rechtskräftig festgestellt ist. b) Das Hauptinteresse an der Beseitigung der Ehelichkeit des Kindes hat der Mann, der als sein Vater gilt. Die Anfechtung der Ehelichkeit steht darum grundsätzlich ihm allein zu, § 1594 1. Die Eltern des Mannes können die Ehelichkeit anfechten, wenn die Anfechtung der Ehelichkeit durch den Mann durch dessen Tod vereitelt worden ist. D. h.: Den Eltern steht das Anfechtungsrecht zu, wenn der Mann gestorben ist, ohne von der Geburt des Kindes Kenntnis erlangt zu haben, ferner, wenn der Mann innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des Kindes (d. h. innerhalb der Frist, in der er die Ehelichkeit hätte anfechten können) gestorben ist, ohne die Ehelichkeit angefochten zu haben. Im letzteren Fall ist das Anfechtungsrecht der Eltern aber ausgeschlossen, wenn feststeht, daß der Mann die Ehelichkeit des Kindes nicht anfechten wollte, § 1595a. Dem Kind steht ein Anfechtungsrecht nur in bestimmten Fällen zu (§ 1596 I), nämlich wenn: (1) der Mann gestorben oder für tot erklärt ist, ohne sein Anfechtungsrecht verloren zu haben, (2) die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt ist oder wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben und nicht zu erwarten ist, daß sie die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen, (3) die Mutter den Mann geheiratet hat, der das Kind gezeugt hat (hier ist die Anfechtung der Ehelichkeit Voraussetzung für eine Legitimation), 115

§ 16 I 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

(4) die Anfechtung wegen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels oder wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind sittlich gerechtfertigt ist oder (5) die Anfechtung wegen einer schweren Erbkrankheit des Mannes sittlich gerechtfertigt ist (Verminderung der Heiratsaussichten!). Beachte: Die Mutter des Kindes kann die Ehelichkeit nicht anfechten. Das hängt damit zusammen, daß ein nichteheliches Kind seiner Mutter gegenüber die Stellung eines ehelichen Kindes hat. Durch die Anfecht u n g wird nur das Rechtsband zwischen dem Kind und seinem Vater u n d dessen Verwandten zerschnitten. Darum hat das Gesetz nur diesen Personen ein Anfechtungsrecht eingeräumt. c) Die Anfechtung durch den Mann oder seine Eltern erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Anfechtungsklage gegen das Kind. Das Kind ficht die Ehelichkeit an durch Klage gegen den Ehemann bzw. den f r ü h e r e n Ehemann der Mutter, § 1599 I. N a c h dem Tod des Kindes erfolgt die Anfechtung durch Antrag auf Feststellung der Nichtehelichkeit. Uber den Antrag entscheidet das Vormundschaftsgericht. Das gleiche gilt, wenn das Kind nach dem Tod des Mannes seine Ehelichkeit anficht, § 1599 II. d) Die A u s ü b u n g des Anfechtungsrechts ist regelmäßig an eine Ausschlußfrist gebunden. D e r Mann m u ß die Ehelichkeit binnen zwei Jahren anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er Kenntnis von den Umständen erlangt, die f ü r die Nichtehelichkeit des Kindes sprechen (etwa einem Ehebruch der Mutter während der Empfängniszeit), frühestens aber mit der Geburt des Kindes, § 1594 I, II. F ü r die Eltern gilt eine Ausschlußfrist von einem Jahr. H i e r beginnt die Frist mit d e m Zeitpunkt, in dem ein Elternteil Kenntnis vom Tod des Mannes und von der Geburt des Kindes erlangt, § 1595a I, 4 u. 5. F ü r das Anfechtungsrecht des Kindes gilt in den Fällen des § 1596 I Ziff. 1 - 3 ebenfalls eine Ausschlußfrist von zwei Jahren, in den übrigen Fällen ist das Anfechtungsrecht nicht fristgebunden. Soweit das Anfechtungsrecht fristgebunden ist, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in d e m das Kind von den Umständen, die für seine Nichtehelichkeit sprechen, und von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt, der es zur Anfechtung berechtigt (solange das Kind noch minderjährig ist, kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an!), § 1596 II. e) Die Anfechtung ist ein höchstpersönlicher Akt. Darum ist eine Anfechtung durch einen gewillkürten Vertreter nicht zulässig, § 1595 I. F ü r ein minderjähriges Kind kann nur der gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit anfechten. Er bedarf dazu aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1597 I), das vor der Erteilung der Genehmigung zu 116

§ 16 II 1

Abstammung

prüfen hat, ob die Anfechtung im Interesse des Kindes liegt. Vor der Entscheidung ist auch das Jugendamt zu hören; vgl. § 48 JWG. Gesetzlicher Vertreter wird in den Fällen des § 1596 I Ziff. 1-3 meistens die Mutter sein. Ist der Scheinvater Alleininhaber oder Mitinhaber der elterlichen Gewalt, so muß ein Pfleger bestellt werden, §§ 1629 II, 1795 II, 181, 1909. Will ein Vormund oder ein Pfleger die Ehelichkeit anfechten, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nur erteilen, wenn die Mutter des Kindes einwilligt, § 1597 III. Hat der gesetzliche Vertreter (regelmäßig: die Mutter) in den Fällen des § 1596 I Ziff. 1-3 die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind, sobald es volljährig geworden ist, seine Ehelichkeit innerhalb von zwei Jahren selbst anfechten, § 1598. Beachte: Hat das Kind keine eigenen Mittel, so kann es vom Unterhaltspflichtigen (Schein-)Vater einen Prozeßkostenvorschuß verlangen. Die Pflicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses folgt - wie bei allen Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten - aus der Unterhaltspflicht (s. u. § 20 V 1). Das Kind setzt sich mit einem solchen Verlangen zwar in einen scheinbaren Widerspruch mit seiner Behauptung, es stamme von diesem Mann nicht ab. Der Gesetzgeber hat - mit der Einführung des § 1593 - solche scheinbaren Widersprüche aber in Kauf genommen; vgl. K G , N J W 1971, 197.

f) Für das Verfahren im Anfechtungsprozeß gelten die besonderen Vorschriften der sog. Statusprozesse, §§ 641 ff. ZPO.

II. Die nichteheliche 1.

Abstammung

Grundsätzliches

Etwa 6 Prozent aller Kinder in der Bundesrepublik werden nichtehelich geboren. 1975 waren es 36774. Ebenso wie die eheliche Abstammung ist auch die nichteheliche Abstammung für eine Reihe von Rechtsverhältnissen bedeutsam. Von ihr hängt namentlich ab, ob das Kind gegen seinen Vater (und umgekehrt der Vater gegen das Kind!) einen Unterhaltsanspruch und ein Erbrecht geltend machen kann. Nach früherem Recht erschöpften sich die Beziehungen zwischen einem nichtehelichen Kind und seinem Vater in einer - schuldrechtlich ausgestalteten - Unterhaltspflicht des Vaters. Ansonsten galten Kind und Vater „nicht als verwandt" (§ 1589 II a. F.). Diesen unbefriedigenden Rechtszustand hat das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. 8. 1969 („Nichtehelichengesetz") beseitigt, das am 1. 7. 1970 in Kraft getreten ist. Nach diesem Gesetz besteht auch zwischen dem nichtehelichen Kind und 117

§ 16

II 1

I I . Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

seinem Vater ein familienrechtliches Band. Der ominöse § 1589 II wurde ersatzlos gestrichen. Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des früheren Rechts war die natürliche Erzeugung. Die Erzeugung brauchte aber vom Kind nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen zu werden. Hatte der Inanspruchgenommene der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt, so wurde seine Vaterschaft vermutet. Diese Vermutung konnte nur auf zweierlei Weise widerlegt werden (§ 1717 I a. F.): Einmal - wie bei ehelichen Kindern - durch den Nachweis, daß nach den Umständen die Mutter das Kind unmöglich aus der Beiwohnung empfangen haben konnte (z. B. weil sie bereits schwanger war oder das Kind eine Blutgruppe hatte, die weder die Mutter noch der Inanspruchgenommene hauen) oder durch den Nachweis, daß auch ein anderer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hatte (die sog. exceptio plurium oder Mehrverkehrseinrede). Diese Rechtslage schloß es nicht aus, daß nicht der wirkliche Vater, sondern ein anderer für den Unterhalt des Kindes aufkommen mußte. Die Frau, die mit mehreren Männern geschlechtlich verkehrt hatte, konnte sich zunächst den zahlungskräftigsten aussuchen. Solange diesem weder der Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit der Abstammung noch der Nachweis des Mehrverkehrs gelang, mußte er zahlen. Die Kehrseite dieser Regelung, die man für notwendig hielt, um dem Kind einen „Zahlvater" zu verschaffen, war, daß ein Urteil auf Unterhaltszahlung nicht die Vaterschaft verbindlich feststellen konnte. Verbindlich festgestellt wurde durch das Urteil nur die Unterhaltsverpflichtung, nicht die Vaterschaft. Das Urteil wirkte deswegen auch Rechtskraft nur zwischen den Prozeßparteien. Wollte das Kind eine verbindliche Feststellung der Vaterschaft erreichen, so mußte es auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung klagen (§ 640 a. F. ZPO). Dafür galt jedoch nicht die Vermutung des § 17171 a. F. Wegen der daraus resultierenden Beweisschwierigkeiten (und auch deshalb, weil mit der Feststellung keine materiellen Vorteile für das Kind verbunden waren), wurden solche Klagen von den nichtehelichen Kindern nur sehr selten erhoben. Die neue Konzeption, die zwischen einem Vater und seinem nichtehelichen Kind ein familienrechtliches Band knüpfte, setzt eine allgemein verbindliche Feststellung der Vaterschaft voraus. Eine solche kann auf zweierlei Weise getroffen werden: einmal durch eine Anerkennung der Vaterschaft und zum anderen durch eine gerichtliche Entscheidung, § 1600a S. 1. W ä h r e n d die gerichtliche Feststellung der „Istvaterschaft" - wie gesagt - auch s c h o n bisher möglich war, ist die verbindliche Feststellung durch Anerkennung

118

Abstammung neu. Ein Vaterschaftsanerkenntnis gab es zwar auch schon Recht. Durch ein solches Vaterschaftsanerkenntnis wurde aber schaft festgestellt, sondern dem Anerkennenden allein das Recht in einem späteren Unterhaltsprozeß auf die Mehrverkehrseinrede

§1611 2 nach früherem nicht die Vatergenommen, sich zif berufen.

Anerkennung der Vaterschaft und gerichtliche Feststellung haben konstitutive Wirkung. Vor der Anerkennung oder der gerichtlichen Feststellung können die Rechtswirkungen der Vaterschaft nicht geltend gemacht werden, § 1600a S. 2. 2. Die Anerkennung der Vaterschaft a) Die Feststellung der Vaterschaft durch Anerkennung setzt zweierlei voraus: die Anerkennung durch den Vater und die Zustimmung des Kindes (§ 1600c I). Die Zustimmung des Kindes ist als Sicherung dagegen erforderlich, daß jemand das Kind anerkennt, der gar nicht der wirkliche Vater des Kindes ist. Nur allzu leicht könnte sonst eine Adoption umgangen werden. Vom Vater wird eine unbedingte und unbefristete Erklärung verlangt, in der er seine Vaterschaft anerkennt (§ 1600b I). Die Erklärung muß in der Form einer öffentlichen Urkunde erfolgen (§ 1600e I). Für die Beurkundung sind neben dem Notar (§ 1 BeurkG, § 20 BNotO) auch die Amtsgerichte (§62 BeurkG, § 641 c ZPO), die Standesbeamten (§ 29 a PStG) und die Jugendämter zuständig (§ 49 I Nr. 1 JWG). Die Zustimmung des Kindes ist dem Anerkennenden oder dem Standesbeamten gegenüber zu erklären, § 1600c II. Auch für sie ist öffentliche Beurkundung vorgeschrieben, § 1600e I. Selbst erklären kann das Kind seine Zustimmung aber erst dann, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat. Vorher kann nur sein gesetzlicher Vertreter der Anerkennung zustimmen. Und auch das Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, braucht für die Zustimmung, solange es noch minderjährig ist, die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1600d II. Die letzte Entscheidung über die Zustimmung zur Anerkennung liegt also bei dem gesetzlichen Vertreter des Kindes. Gesetzlicher Vertreter in dieser Frage ist hier - abweichend von der Regel (§ 1705) - nicht die Mutter des Kindes, sondern ein Pfleger (meist das Jugendamt; vgl. §§ 1706, 1709). Der Gesetzgeber fürchtete offenbar einen Interessenkonflikt. (Wird die Mutter nein sagen, wenn ein Mann, der sie heiraten will, die Vaterschaft aus Gefälligkeit anerkennt, ohne in Wahrheit der Vater zu sein?) Die Zustimmung der Mutter wird nicht verlangt. Ihr ist lediglich eine beglaubigte Abschrift der Anerkennungserklärung zu übersenden, § 1600e II. Ist sie mit der Anerkennung nicht einverstanden, so kann sie die Anerkennung anfechten. 119

§ 1 6 II 2

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Anerkennender und Zustimmender müssen ihre Erklärungen selbst abgeben. Sie können keinen Bevollmächtigten schicken, § 1600d III. Der Vater des Kindes muß die Anerkennung auch dann selbst erklären, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Es kann also nicht sein gesetzlicher Vertreter für ihn die Vaterschaft anerkennen. Die Anerkennung ist ein höchstpersönliches Geschäft. Allerdings braucht der Geschäftsbeschränkte für die Anerkennung die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§ 1600d I). b) Entspricht die Anerkennung den genannten Voraussetzungen, so kann sie nur durch eine Anfechtung, verbunden mit einer gerichtlichen Feststellung, daß der Mann nicht der Vater des Kindes ist, wieder vernichtet werden, § 1600f I. Das bedeutet: Eine bewußt wahrheitswidrige Anerkennung der Vaterschaft ist nicht nichtig! Enthielte § 1600f I nicht das Wort „ n u r " , so käme man über § 169 StGB (Personenstandsfälschung) und § 134 BGB zur Nichtigkeit der bewußt wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung!

Anfechtungsberechtigt sind der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, die Mutter und das Kind, außerdem die Eltern des Mannes (nach dessen Tode), § 1600g. Der Kreis der Anfechtungsberechtigten ist also fast der gleiche wie bei einem ehelichen Kind. Ausnahme: Bei einem nichtehelichen Kind hat auch die Mutter ein Anfechtungsrecht. Sie muß die Möglichkeit haben zu verhindern, daß jemand sich als Vater des Kindes ausgibt, ohne es in Wahrheit zu sein. Hält man ihre Zustimmung zur Anerkennung für entbehrlich, kann man ihr doch nicht das Recht nehmen, die Vaterschaft des Anerkennenden zu bestreiten. Die Anfechtungsfrist beträgt für den Mann, seine Eltern und die Mutter ein Jahr, für das Kind zwei Jahre. Ein Versuch, die zeitliche Beschränkung der Anfechtung der Ehelichkeit für verfassungswidrig erklären zu lassen, scheiterte am Bundesverfassungsgericht (BVerfG, FamRZ 1975, 82). Für den Mann und grundsätzlich auch für das Kind beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem ihm die Umstände bekannt geworden sind, die gegen die Vaterschaft sprechen, für die Eltern des Mannes ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem einem Elternteil der Tod des Mannes und die Anerkennung bekannt geworden sind, und für die Mutter des Kindes schließlich läuft die Frist von dem Zeitpunkt an, in dem ihr die Anerkennung bekannt geworden ist, §§ 1600h, 1600i. Ebenso wie bei der Anfechtung der Ehelichkeit eines ehelichen Kindes muß auch bei der Anfechtung der Anerkennung eines nichtehelichen 120

Abstammung

§ 1 6 II 3

Kindes - jedenfalls grundsätzlich - eine Vermutung widerlegt werden. Es wird nämlich vermutet, daß das Kind von dem Mann gezeugt ist, der die Vaterschaft anerkannt hat. Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn der Mann anficht und geltend macht, seine Anerkennungserklärung leide unter einem Willensmangel nach § 119 I (in der Praxis kaum vorstellbar) oder nach § 123 (arglistige Täuschungen sind keine Seltenheit). Hier ist es zunächst Sache des Kindes zu beweisen, daß der Mann der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat. Nur wenn dieser Beweis geführt werden kann, muß der Mann seinerseits die weitere Vermutung entkräften, daß das Kind aus dieser Beiwohnung stammt, §§ 1600m, 1600o II. 3. Die Feststellung

der

Vaterschaft

durch gerichtliche

Entscheidung

a) Durch gerichtliche Entscheidung muß die Vaterschaft dann festgestellt werden, wenn der Vater des Kindes die Vaterschaft nicht anerkennt oder seine Anerkennung deswegen nicht wirksam wird, weil die Zustimmung des Kindes verweigert wird. Auf die Feststellung klagen kann sowohl das Kind (d. i. der Normalfall), das dabei durch einen Pfleger vertreten wird (§ 1706), als auch der Erzeuger (wenn die Zustimmung verweigert wird), § 1600n I. Zuständig ist das Amtsgericht, § 2 3 a GVG. Das Verfahren ist ein Statusprozeß i. S. der §§ 640ff. Z P O . Die Mutter ist zum Termin zu laden, § 640e ZPO. Nach dem Tode des Mannes oder des Kindes tritt an die Stelle der Feststellungsklage ein Antrag an das Vormundschaftsgericht. Antragsberechtigt ist beim Tod des Mannes das Kind, beim Tod des Kindes die Mutter, § 1600n II. In der Klage (bzw. dem Antrag an das Vormundschaftsgericht) muß - zunächst - nur dargelegt werden, daß der Mann der Mutter des Kindes während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Ergeben die Ermittlungen (meist wird auf das Zeugnis der Mutter als Beweismittel zurückgegriffen; ob dies genügt oder ob in jedem Fall ein medizinisches Gutachten einzuholen ist - so KG, FamRZ 1974, 200 - , ist streitig), daß in der Empfängniszeit eine Beiwohnung stattgefunden hat, so wird vermutet, daß das Kind aus dieser Beiwohnung stammt, § I6OO0 II, 1. Nach früher geltendem Recht konnte in einem Unterhaltsprozeß die Vaterschaftsvermutung - wie bereits erwähnt - auf zweierlei Weise widerlegt werden: einmal durch den Nachweis, daß nach den Umständen die Mutter das Kind unmöglich aus der Beiwohnung empfangen haben konnte, und zum anderen durch den Nachweis, daß auch ein anderer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hatte. 121

§ 1 6 113

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Das Nichtehelichengesetz bestimmte einen anderen Modus: Die Vermutung soll nicht gelten, wenn nach Würdigung aller Umstände schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben, § 1600o II, 2. Das bedeutet: Die Mehrverkehrseinrede gibt es nicht mehr. Andererseits braucht die Vermutung nicht durch den Nachweis des Gegenteils widerlegt zu werden. Es genügt, wenn nach Prüfung aller Umstände, die für und gegen die Vaterschaft sprechen, schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben. Steht Mehrverkehr fest oder ist er jedenfalls nicht völlig auszuschließen (d. h. grundsätzlich immer), hat das Gericht zur Feststellung der Vaterschaft naturwissenschaftliche Gutachten einzuholen. In Betracht kommen dabei vornehmlich Blutgruppen-, Tragezeit- und erbbiologische Gutachten. In den Blutgruppengutachten wird untersucht, ob das Kind eine Blutgruppe oder bestimmte Blutmerkmale hat, die sich weder bei der Mutter noch bei dem Beklagten finden, also von einem Dritten herrühren müssen. In den Tragezeitgutachten wird auf den Reifegrad des Kindes abgestellt. Bei den erbbiologischen Gutachten werden Beklagter und Kind auf äußere Ähnlichkeit untersucht. Durch diese Gutachten können Nichtväter meist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als Väter ausgeschlossen werden, seltener dagegen kann die Vaterschaft eines Mannes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben insbesondere - aber nicht nur - , wenn ein Mehrverkehr der Mutter feststeht oder mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden muí? und der oder die anderen Beischläfer - z. B., weil sie nicht mehr zu ermitteln oder gestorben sind - nicht in die Untersuchung einbezogen werden können (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1971, 379; BGH, N J W 1973 , 2249). In diesen Fällen muß dann die Feststellungsklage bzw. der Antrag an das Vormundschaftsgericht abgewiesen werden.

Zu beachten ist: Da es sich um einen Statusprozeß handelt, gilt das Amtsermittlungsprinzip (§§ 640 I, 616 I ZPO). Das Gericht kann von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht worden sind. b) Die Feststellung der Vaterschaft durch eine gerichtliche Entscheidung kann nicht durch eine Anfechtung wieder beseitigt werden. Hier gibt es nur den Weg der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang § 641 i ZPO: Danach findet nämlich eine Restitutionsklage gegen ein rechtskräftiges Urteil, in dem über die Vaterschaft entschieden ist, außer in den Fällen des § 580 ZPO auch dann statt, wenn die Partei ein neues Gutachten über die Vaterschaft vorlegt, das entweder allein oder in Verbindung mit den in dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde. 122

Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern

§ 1 7 II 1

§ 17. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen Ausgangsfall: Ein Bauer hat zwei Söhne: Konrad und Balduin. Der 1931 geborene Konrad macht sich 1958 selbständig. 1959 übergibt der Vater den Hof dem Balduin. 1962 erhebt Konrad gegen Balduin Klage auf Zahlung von 15430 DM als Ausgleich für seine Mitarbeit in der Zeit vom 1. 7. 1948 bis 31. 12. 1957. Er trägt vor, er habe während dieser Zeit seine ganze Arbeitskraft für den Hof eingesetzt und in bar lediglich seit dem 1 . 1 . 1957 ein Taschengeld von 30 DM monatlich erhalten. Er habe sich zunächst einer anderen Tätigkeit widmen wollen, sei aber auf Bitten des Vaters auf dem Hof geblieben. Der Vater habe ihm schon 1948 und später noch öfter erklärt, einer der Söhne werde den Hof bekommen, der andere solle einen Hof pachten und werde dann zum Ausgleich Inventar vom elterlichen Hof erhalten. Keiner der Söhne werde um seinen wohlverdienten Lohn kommen. In dieser Erwartung habe er auf dem Hof gearbeitet. Durch seine Mitarbeit seien erhebliche Werte geschaffen worden. Das, was er- bisher dafür bekommen habe, liege weit unter dem üblichen Lohn eines Landarbeiters. Balduin hält die Klage nicht für begründet. Er meint, Konrad sei nach dem Gesetz zu unentgeltlicher Mitarbeit verpflichtet gewesen. Wer hat recht? I.

Grundsätzliches

D a s Verhältnis zwischen Eltern und Kindern wird hauptsächlich geprägt durch die elterliche Gewalt, die bei ehelichen Kindern den Eltern, bei nichtehelichen Kindern der Mutter zusteht. N e b e n der elterlichen Gewalt bestehen zwischen dem Kind und seinen Eltern oder (bei einem nichtehelichen Kind) seiner Mutter aber auch n o c h andere familienrechtliche Beziehungen. Diese Rechtsbeziehungen ergeben sich z. T . aus der A b s t a m m u n g , z. T. sind sie Folge der Hausgemeinschaft, z. T . beeinflussen sie die Persönlichkeitssphäre, z. T. haben sie vermögensrechtliche Bedeutung.

II.

Allgemeine

Rechtswirkungen

1. Die Staatsangehörigkeit

des

der Abstammung Bereich

im

persönlichen

Kindes

D a s eheliche Kind erhält nach § 4 I Ziff. 1 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn auch nur ein Elternteil Deutscher ist. Der frühere Rechtszustand, wonach nur die ehelichen Kinder eines deutschen Vaters die deutsche Staatsangehörigkeit erwarben, ist durch das Gesetz zur Änderung des RuStAG vom 20. 12. 1974 beseitigt worden. Eheliche Kinder einer deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters, die vor dem Inkrafttreten dieser 123

§ 1 7 II 2

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Neuregelung ( 1 . 1 . 1975), aber nach dem Inkrafttreten des Art. 3 II GG (1. 4. 1953) geboren wurden, können die Staatsangehörigkeit durch die Erklärung, deutsche Staatsangehörige werden zu wollen, erwerben (Art. 3 RuStAÄndG 1974).

b) Das nichteheliche Kind erhält die Staatsangehörigkeit seiner Mutter, § 4 I Ziff. 2 RuStAG. 2. Der Name des Kindes a) Der Name des ehelichen Kindes Das eheliche Kind erhält den Ehenamen seiner Eltern, § 1616. Diese Fassung hat § 1616 durch das 1. EheRG erhalten. Nach dem früheren Recht bekam das eheliche Kind den Familiennamen seines Vaters.

b) Der Name des nichtehelichen Kindes Das nichteheliche Kind erhält den Familiennamen, den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes führt, wenn sie verheiratet ist, also den Ehenamen der Mutter, § 1617 I, 1. Als Familienname der verheirateten Mutter gilt nicht der gem. § 1355 III dem\ Ehenamen vorangestellte Name, § 1617 I, 2. Wenn also die Ehegatten den Namen des Mannes als Ehenamen gewählt haben und die Frau diesem Namen ihren Geburtsnamen vorangestellt hat, so bekommt ihr nichteheliches Kind nicht diesen Doppelnamen, sondern lediglich den zum Ehenamen gewordenen Namen des Mannes.

Diesen Namen behält das Kind auch dann, wenn der Ehemann der Mutter die Ehelichkeit des Kindes mit Erfolg angefochten hat. Der Ehemann der Mutter kann also nicht verlangen, daß das Kind nach der Feststellung seiner Nichtehelichkeit den Geburtsnamen der Mutter zu führen habe. Ändert sich der Name der Mutter, so ist zu unterscheiden: (1) Heiratet die Mutter den Vater des Kindes und wählen die Ehegatten als Ehenamen den Namen des Mannes, so erhält auch das Kind diesen Namen, wenn es noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Ist es älter als vierzehn Jahre, so erhält es den Namen nur dann, wenn es sich der Namensänderung durch Erklärung anschließt, § 1720. (2) Heiratet die Mutter einen anderen Mann als den Vater des Kindes und bekommt sie infolge dieser Eheschließung einen anderen Namen, so erstreckt sich diese Namensänderung nicht auf das Kind, § 1617 III. (3) Ändert sich der Familienname der Mutter aus anderen Gründen, z. B. durch Wiederannahme des Geburtsnamens nach Scheidung der Ehe (§ 1355 III), so erstreckt sich diese Änderung auf den 124

D a s Verhältnis zwischen Eltern und Kindern

§ 17 II 2

Namen des Kindes in jedem Fall dann, wenn das Kind noch nicht fünf Jahre alt ist. Ist das Kind älter als fünf Jahre, so nimmt es an der Namensänderung der Mutter nur dann teil, wenn es sich der Namensänderung durch eine gegenüber dem Standesbeamten abzugebende Erklärung anschließt, § 1617 II. Diese Erklärung hat das Kind selbst abzugeben, wenn es das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat; es braucht dazu allerdings die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist es noch nicht vierzehn Jahre alt, so ist zu unterscheiden: für das Kind, das noch nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, kann nur sein gesetzlicher Vertreter handeln. In der Spanne zwischen dem siebenten und dem vierzehnten Lebensjahr kann die Erklärung sowohl von dem gesetzlichen Vertreter als auch vom Kind selbst mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgegeben werden. Beachte: Gesetzlicher Vertreter ist hier nicht die Mutter, sondern ein Pfleger, § 1706 Ziff. 1. Grund für diese Regelung ist das Interesse, das ein Kind an einer Namenskontinuität haben kann (man denke an die Schwierigkeiten, die auftreten können, wenn die Zeugnisse, die für das Fortkommen des Kindes von Bedeutung sind, auf einen anderen Namen lauten als den, den das Kind später führt). (4) Ist im Zeitpunkt der Namensänderung der Mutter das Kind bereits verheiratet, so ist die Namensänderung ohne Bedeutung, wenn nicht der Name des nichtehelichen Kindes, sondern der Name seines Ehegatten der Ehe- und Familienname geworden ist. Ist der Geburtsname des nichtehelichen Kindes zum Ehe- und Familiennamen geworden, so erstreckt sich die Namensänderung seiner Mutter auf den Ehe- und Familiennamen nur dann, wenn beide Ehegatten gemeinsam sich dieser Namensänderung anschließen, § 1617IV. c) Die Einbenennung durch die Mutter und deren Ehemann Heiratet die Mutter nach der Geburt des Kindes einen anderen Mann als den Vater des Kindes, so bleibt nach dem Gesagten der Name des Kindes auch dann unberührt, wenn sich der Name der Mutter ändert. Die Mutter und ihr Ehemann können aber dem Kind ihren gemeinsamen Ehe- und Familiennamen erteilen, § 1618 I, 1 i. d. F. des 1. EheRG. Eine solche „Einbenennung" hat den Zweck, die Namenseinheit innerhalb einer Familie herzustellen. Erwünschter Nebenzweck ist häufig, die Tatsache der Nichtehelichkeit zu verschleiern. Die Einbenennung geschieht durch öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem Standesbeamten. Für ihre Wirksamkeit ist die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für das Kind kann sein gesetzlicher Vertreter handeln. Ist das Kind 125

§ 1 7 III 1

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

allerdings vierzehn Jahre alt, so kann es die Einwilligung nur selbst erteilen, braucht dazu aber noch die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1618. Beachte: Gesetzlicher Vertreter ist auch hier nicht die Mutter, sondern ein Pfleger, § 1706 Ziff. 1. d) Die Einbenennung

durch den Vater des Kindes

Das früher geltende Recht kannte nur eine Einbenennung durch den Ehemann der Mutter. Das Nichtehelichengesetz hat auch dem Vater des Kindes das Recht eingeräumt, dem Kind seinen Namen zu erteilen, § 1618 I. Mutter und Kind müssen aber ihre Einwilligung geben, wenn die Einbenennung wirksam werden soll. D e r Sinn dieser Regelung leuchtet nicht recht ein. Wächst das Kind bei seiner Mutter auf, so zerstört die Einbenennung die - erwünschte - Namensgleichheit zwischen Mutter und Kind. Wächst das Kind bei seinem Vater auf, so hat dieser die Möglichkeit der Ehelicherklärung oder Adoption. Einer dritten Möglichkeit, dem Kind seinen Namen zu erteilen, bedarf es nicht; vgl. Henrich, Personenstandsrechtliche Aspekte der Reform des Rechts der unehelichen Kinder, StAZ 1968, 149 ff., 153 ff.

3. Der Wohnsitz des Kindes Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz seiner Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen, § 11 S. 1. Da bei nichtehelichen Kindern allein der Mutter das Personensorgerecht zusteht, heißt das, daß nichteheliche Kinder den Wohnsitz der Mutter teilen.

III.

Folgen der Zugehörigkeit

zum elterlichen

Hausstand

1. Nach § 1619 ist ein Kind, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten. a) Die Mitarbeitspflicht des Kindes im elterlichen Hauswesen oder Geschäft ist also von zwei Voraussetzungen abhängig: (1) Zugehörigkeit zum elterlichen Hausstand. Dem elterlichen Hausstand gehört ein Kind an, wenn es dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Bloßes Wohnen im Elternhaus genügt nicht. Ist das Kind außerhalb des Hauses berufstätig, so hat es den „Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen" nicht im elterlichen Hausstand. 126

Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern

§ 1 7 III 1

(2) Entweder Erziehung durch die Eltern (das betrifft minderjährige Kinder) oder Unterhaltsgewährung durch die Eltern (das ist bedeutsam, wenn die Kinder volljährig geworden sind). h) Sind diese Voraussetzungen gegeben, so besteht zwischen den Eltern und dem Kind ein familienrechtliches Verhältnis, aufgrund dessen das Kind zu Dienstleistungen verpflichtet ist. Für diese Dienste kann das Kind nach einhelliger Auffassung kein Entgelt verlangen (BGH, FamRZ 1965, 431; Fenn, Die juristische Qualifikation der Mitarbeit bei Angehörigen und ihre Bedeutung für die Vergütung, FamRZ 1968, 291, 292). Andererseits dürfen die Dienste nur in einem solchen Umfang gefordert werden, daß die Ausbildung des Kindes darunter nicht leidet; vgl. B G H , FamRZ 1960, 359; ferner auch § 1 JugArbSchG. c) Durch die Bestimmung des § 1619 wird nicht ausgeschlossen, daß ein Kind, obwohl es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern unterhalten wird, mit seinen Eltern einen Vertrag schließt, aus dem sich ein Vergütungsanspruch ergibt; vgl. Dölle II, § 90 III. Eine solche Vereinbarung braucht nicht notwendig ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend getroffen werden. In Frage kommen hier namentlich Dienst-, Arbeits- oder Gesellschaftsverträge. Beachte: An sich müßte dem Minderjährigen für den Abschluß eines solchen Vertrages ein Pfleger bestellt werden. Aber: Die Pflegerbestellung kann hier (im Fall eines Arbeitsvertrages, nicht im Fall eines Gesellschaftsvertrages; vgl. §§ 113, 1822 Ziff. 3, 1643 I) durch eine Ermächtigung nach § 113 ersetzt werden; vgl. Fenn, Die Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, S. 282 f.

Wer das Bestehen vertraglicher Beziehungen behauptet, trägt dafür die Beweislast. Der bloße Umstand, daß ein Sohn voll im Betrieb seiner Eltern mitarbeitet, reicht für die Annahme eines Vertragsverhältnisses noch nicht aus. Man wird weiter fragen müssen: Hat der Vater oder haben die Eltern dem Kind einen wirklichen Lohn ausbezahlt und für das Kind Beiträge zur Sozialversicherung geleistet? Wurden Lohnsteuern entrichtet? Ausdrücklich werden Arbeits- oder Gesellschaftsverträge häufig (zumindest auch) aus steuerlichen Gesichtspunkten geschlossen. Arbeitslohn kann als Betriebsausgabe abgesetzt werden; die Progression der Einkommenssteuer wird aufgehalten durch die Verteilung des Gewinns auf mehrere Schultern; sind Kinder Mitgesellschafter, so braucht für den Zuwachs der stillen Reserven keine Erbschaftssteuer entrichtet zu werden usw. Auch sozialversicherungsrechtliche Vorteile spielen oft eine Rolle. Der stillschweigende Abschluß eines Vertrages wird regelmäßig von dem mitarbeitenden Kind behauptet, welches nach einiger Zeit eine Ver127

§ 1 7 IV 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

gütung für seine Mitarbeit erhalten möchte. Die Arbeitsgerichte neigen dazu, in einem solchen Fall § 612 als Anspruchsgrundlage heranzuziehen (vgl. etwa BAG, AP N r . 13, 15, 20, 22, 23 und 24 zu § 612 BGB). Indessen wird es hier oft an einem rechtsgeschäftlichen Bindungswillen der Partner, vor allem der Eltern, fehlen. Meistens liegt der Fall so, daß dem Kind irgendeine Gegenleistung (spätere Hof- oder Geschäftsübernahme) zwar nicht rechtsverbindlich versprochen, aber doch in Aussicht gestellt worden ist. Schlägt diese Erwartung später fehl, so kann das Kind einen Bereicherungsanspruch geltend machen (§ 812 I 2, 2. Alt.); vgl. BGH, FamRZ 1965, 317; FamRZ 1966, 25; Dölle II, § 9 0 III, 5; kritisch zur Anwendung des § 6 1 2 : Canaris, Atypische faktische Arbeitsverhältnisse, BB 1967, 165; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 71 ff. 2. Macht ein volljähriges Kind, das dem elterlichen Hausstand angehört, Aufwendungen zur Bestreitung der Kosten des Haushalts, so wird vermutet, daß es dabei nicht die Absicht hatte, Ersatz zu verlangen, § 1620. G ä b e es diese Auslegungsregel nicht, so könnte sich das Kind, das z. B. auf eigene Kosten Lebensmittel f ü r den elterlichen Haushalt einkauft, auf § 683 (Geschäftsführung ohne Auftrag) berufen.

§ 1620 gilt nicht, wenn sich aus der Art und Weise der Leistung ergibt, daß das Kind den Eltern nur etwas vorschießen wollte (Beispiel: Das Kind bezahlt in Abwesenheit der Eltern eine Rechnung). IV. 1.

Vermögensrechtliche

Hilfspflichten

und

Hilfeleistungen

Unterhalt

Eltern und Kinder sind Verwandte in gerader Linie und deswegen gemäß § 1601 verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Wegen der Einzelheiten s. u. § 20. 2.

Aussteuer

Nach früherem Recht hatten Töchter gegen ihre Eltern im Fall der Verheiratung einen Anspruch auf Aussteuer, d. h. auf Zuwendung der zur angemessenen Einrichtung des Haushalts gehörenden Gegenstände. Diese Vorschrift ist durch das Gleichberechtigungsgesetz ersatzlos gestrichen worden. 3.

Ausstattung

Statt der Aussteuer gibt es nunmehr die sog. Ausstattung. Unter Ausstattung versteht das Gesetz eine Zuwendung, die einem Kind von den 128

Das Verhältnis zwischen Eltem und Kindern

§ 17 IV 3

Eltern mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung gemacht wird und über den gewöhnlichen Unterhalt hinausgeht, § 1624. a) Die Ausstattung ist im Verhältnis zur Aussteuer der weitere Begriff. Die Aussteuer ist eine besondere Art der Ausstattung, auf die die Tochter nach früherem Recht einen Anspruch hatte. Nachdem der Aussteueranspruch der Tochter beseitigt worden ist, weil heute die Töchter geradeso wie die Söhne eine Berufsausbildung erhalten, bleibt es jetzt dem Verantwortungsgefühl der Eltern überlassen, ob und inwieweit sie einer Tochter eine Aussteuer als Ausstattung geben können oder wollen, ebenso wie es ihnen überlassen bleibt, ob sie dem Sohn oder der Tochter, die ihr Examen bestanden haben, die Mittel zur Einrichtung einer Anwaltskanzlei oder einer ärztlichen Praxis geben wollen. b) Ein Anspruch auf eine derartige Zuwendung besteht also nicht. Ausstattung ist eine freiwillige Leistung. Dessenungeachtet entspricht eine derartige elterliche Hilfeleistung der sittlichen Idee der Familiengemeinschaft. Sie gilt deshalb im Zweifel nicht als Schenkung. Als Schenkung wird sie nur dann angesehen, wenn sie das den Vermögensverhältnissen der Eltern und den sonstigen Umständen entsprechende Maß übersteigt, § 1624 I. Konsequenzen: Das Versprechen einer Austattung ist nicht formbedürftig ( § 5 1 8 ) ; eine gewährte Ausstattung kann nicht wegen Undanks widerrufen werden (§ 530); es braucht keine Schenkungssteuer bezahlt zu werden. Sehr bestritten ist, o b eine Ausstattung von den Gläubigem der Eltern wegen Gläubigerbenachteiligung angefochten werden kann (§ 3 Ziff. 3 AnfG; § 32 Ziff. 1 K O ) . Die herrschende Meinung sagt nein: Angefochten werden können nur „unentgeltliche Verfügungen". Eine Ausstattung ist aber, soweit sie sich im genannten Rahmen hält, keine unentgeltliche Verfügung in diesem Sinn; vgl. Staudinger-Gotthardt, § 1624 Anm. 25; Soergel-Lange, § 1624 Bern. 5.

c) Als Ausstattung kommt nicht nur eine Geldzuwendung in Betracht, sondern alles, was einem Kind mit Rücksicht auf die Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von einem Eltern teil zugewandt wird. Beispiele: Den Kindern wird freie Wohnung gewährt; der Vater der Braut zahlt Schulden des künftigen Ehemanns; der Sohn, der eine Arztpraxis eröffnen will, erhält die Einrichtung oder einen Kraftwagen; Staudinger-Gotthardt, § 1624 A n m . 8ff.

d) Die Ausstattung darf, wenn das Kind eigenes Vermögen hat, diesem Vermögen entnommen werden. Wenn der Elternteil, der die Ausstattung gewährt, das Kindesvermögen verwaltet, ist im Zweifel anzunehmen, daß die Ausstattung aus diesem Vermögen gewährt wird, § 1625. 129

§ 1 8 I

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

4. Mitgift Von der Ausstattung zu unterscheiden ist die Mitgift. Der Begriff „Mitgift" wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendet, findet sich aber nicht im Gesetz. Mitgift ist eine Vermögensgabe, die einer Frau mit Rücksicht auf ihre Verheiratung zugewendet wird. Eine Mitgift kann der Frau von den Eltern gegeben werden und fällt dann unter den Begriff der Ausstattung. Sie kann aber auch von Dritten (Großvater, Onkel) gegeben werden und ist dann meist eine Schenkung. Wird ein Mitgiftversprechen gegenüber dem Mann anläßlich der bevorstehenden Verehelichung abgegeben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Versprechen zugunsten der Frau abgegeben worden ist, also ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegt. V. Hinweise zur Lösung des Ausgangsfalles 1. Wieso klagt Konrad gegen Balduin und nicht gegen seinen Vater? (§ 419!) 2. Kein Vergütungsanspruch für gemäß § 1619 geleistete Dienste (s. o. III, 1 b). 3. Anhaltspunkte weder für einen Dienst- oder Arbeitsvertrag noch für ein Gesellschaftsverhältnis (s. o. III, 1c). 4. Bereicherungsanspruch setzt fehlgeschlagene Erwartung voraus. Was wurde versprochen? [Ausstattung mit Inventar]. Ist diese Erwartung fehlgeschlagen? [ N u r dann, wenn kein Anspruch besteht.] 5. Ausstattungsversprechen ist formlos gültig (s. o. IV, 3b). Da Konrad keinen Hof gepachtet hat, kann er mit landwirtschafdichem Inventar nichts anfangen. Nach Sinn und Zweck des Versprechens kann er dafür einen Ausgleich in Geld verlangen. Eingehende Lösungshinweise bei Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 14.

§ 18. Die elterliche Gewalt I. Wesen Unter elterlicher Gewalt versteht das Gesetz das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen. Dieses Sorgerecht umfaßt auch die Vertretung des Kindes, § 1626. Die Bezeichnung „ G e w a l t " ist eine Reminiszenz an die patria potestas des römischen Rechts. Im Wesen ist die elterliche Gewalt von der patria potestas aber grundlegend verschieden. Die patria potestas gab dem Hausvater ein Herrschaftsrecht über das Kind mit Gewalt über Leben und Tod. Die elterliche Gewalt gibt den Eltern - ähnlich der 130

Die elterliche Gewalt

§18 1

Munt des germanischen Rechts - nicht nur Rechte, sondern legt ihnen vor allen Dingen Pflichten auf. Bis zum Inkrafttreten des BGB war im deutschen Recht nicht von der elterlichen, sondern nur von der väterlichen Gewalt die Rede. Aber auch nach dem Inkrafttreten des B G B war der eigentliche „Gewalthaber" noch immer der Vater. Der Mutter wurde zunächst nur eine Nebengewalt zugesprochen. Bei Meinungsverschiedenheiten ging die Meinung des Vaters vor. Ihm allein stand auch das Vertretungsrecht zu. Bei nichtehelichen Kindern sah man es als selbstverständlich an, daß der Mutter nicht die elterliche Gewalt zustehen könne. Man übertrug ihr nur das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Vermögenssorge und gesetzliche Vertretung oblagen dem Vormund. Eine Änderung dieses Rechtszustandes trat erst ein mit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes. Die Gerichte erkannten nun überwiegend bei ehelichen Kindern die elterliche Gewalt beiden Eltern zu gleichem Recht zu. Bei Meinungsverschiedenheiten sollte das Vormundschaftsgericht entscheiden; vgl. BGHZ 20, 313f. •Das Gleichberechtigungsgesetz brachte noch einmal einen Rückschritt. Es verpflichtete zwar beide Eltern, sich um eine Einigung zu bemühen. Im Falle des NichtZustandekommens einer Einigung sollte jedoch der Vater entscheiden, § 1628 I. Auch das Vertretungsrecht sollte grundsätzlich allein dem Vater zustehen, § 1629 I. Diese dem Gleichberechtigungsgebot offensichtlich widersprechende Vorschrift wurde bereits ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom BVerfG für verfassungswidrig und darum nichtig erklärt; vgl. BVerfGE 10, 59. Durch diesen Rechtsspruch, der Gesetzeskraft hat, ist der frühere Rechtszustand, wie er vor Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes, d. h. vom 1. 4. 1953 bis 30. 6. 1958, bestand, wiederhergestellt worden, wonach die elterliche Gewalt einschließlich des Vertretungsrechts beiden Eltern gemeinsam zusteht. Die Rechtsstellung der nichtehelichen Mutter wurde erstmals durch das FamilienrechtsänderungsG 1961 verbessert, das die Möglichkeit schuf, der Mutter auf ihren Antrag hin die elterliche Gewalt (ganz oder teilweise) zu übertragen. Vom Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes an ( 1 . 7 . 1970) steht der nichtehelichen Mutter die elterliche Gewalt kraft Gesetzes zu, und zwar grundsätzlich im gleichen Umfang wie den Eltern eines ehelichen Kindes (§ 1705). Nur für einen kleinen Katalog von Angelegenheiten (§ 1706) soll künftig noch ein Pfleger zuständig sein. Dem Vater eines nichtehelichen Kindes steht als solchem keine elterliche Gewalt zu. Die elterliche Gewalt erwirbt er nur dann, wenn das Kind legitimiert oder von ihm adoptiert wird. 131

§1811

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

II. Elterliche Gewalt und Elternrecht Nach Art. 6 II GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Dieses Elternrecht ist nicht dasselbe wie die elterliche Gewalt. Es ist ein echtes Grundrecht, das gem. Art. 1 III GG Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht bindet; BVerfGE 4, 52, 57; 7, 320; 10, 59. Die Eltern dürfen sich gegen jeden staatlichen Akt wehren, der sie in diesem Grundrecht verletzt. So wäre z. B. ein Gesetz, wonach alle Kinder den Eltern weggenommen und in staatlichen Anstalten erzogen werden können, ohne daß den Eltern die Möglichkeit bliebe, die Kinder in ihrem Sinn zu beeinflussen, verfassungswidrig. Das Elternrecht ist allerdings ein Grundrecht, das den Ehern auch eine Pflicht auferlegt. Zur Pflege und Erziehung der Kinder sind die Eltern nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Diese Verpflichtung ist ein Wesensbestandteil des Elternrechts. Auf den Schutz des Grundgesetzes können sich deswegen Eltern nicht berufen, die sich dieser Verantwortung entziehen; vgl. BVerfG, FamRZ 1968, 578, 584. Entziehen sich die Eltern ihrer Verantwortung, so muß der Staat die Kinder schützen. Es tritt dann die „öffentliche Jugendhilfe" ein; denn: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit" (§ 1 JWG). Im schlimmsten Fall („wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen", Art. 6 III GG) - aber auch nur dann - hat der Staat sogar ein Recht, die Kinder den Eltern wegzunehmen. Art. 6 II GG schützt nach herkömmlicher Auffassung nur die Eltern eines ehelichen Kindes. Bei einem nichtehelichen Kind hat nur die Mutter das Elternrecht, nicht der Vater. Rechtfertigen läßt sich diese Unterscheidung nicht nur mit dem Schutz der Ehe, sondern auch mit den Erkenntnissen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Danach nämlich vermag die biologische Beziehung allein eine psychische Bindung nicht herzustellen. Aus psychologischer Sicht sind Eltern diejenigen Erwachsenen, die sich in gemeinsamer Sorge um das Kind bemühen und mit ihm zusammen leben; vgl. Lempp, NJW 1972, 315. Da der nichteheliche Vater sich regelmäßig um das Kind nicht bemüht und auch nicht mit ihm zusammen lebt, besteht zwischen ihm und dem Kind häufig auch keine psychische Bindung. In den Fällen, in denen eine echte psychische Bindung besteht, weil die Eltern - ohne verheiratet zu sein - mit dem Kind zusammen leben, ist die gesetzliche Regelung unbefriedigend. Ob und wieweit geschiedene Eltern sich auf den Fortbestand ihres Elternrechts berufen können, ist streitig. Berücksichtigt man neben der 132

Die elterliche Gewalt

§ 18 III 2

biologischen auch die psychische Bindung, so spricht vieles dafür, daß ein geschiedener Elternteil, der mit dem Kind nicht mehr zusammen lebt, sich auch nicht mehr auf ein „natürliches" Elternrecht berufen kann. III.

Die eigenverantwortliche Ausübung der elterlichen durch die Eltern

Gewalt

1. Die Eltern haben die elterliche Gewalt in eigener Verantwortung auszuüben, § 1627. Das heißt: Die Verantwortung für alle Maßnahmen und Entscheidungen, die in den Rahmen der elterlichen Gewalt fallen, tragen allein die Eltern, und zwar bei ehelichen Kindern beide Eltern gemeinsam. Bei nichtehelichen Kindern ist die Alleinverantwortliche die Mutter. Kein Elternteil kann auf die elterliche Gewalt verzichten; auch nicht auf Einzelbestandteile der elterlichen Gewalt. Auch eine Übertragung der elterlichen Gewalt, sei es auf Dritte, sei es auf den anderen Elternteil, ist nicht zulässig. [Auch bei der Adoption findet keine Übertragung statt. Die elterliche Gewalt der natürlichen Eltern endet kraft Gesetzes. Die Adoptiveltern erwerben die elterliche Gewalt originär.] Die Eltern können lediglich die Ausübung der elterlichen Gewalt (in jederzeit widerruflicher Weise) auf einen Dritten oder einen Elternteil übertragen. Eine solche Übertragung der Ausübung enthebt die Eltern freilich nicht der Verpflichtung, darüber zu wachen, daß derjenige, der nunmehr die elterliche Gewalt ausübt, dies auch in der rechten Weise tut. 2. Die Eltern eines ehelichen Kindes haben die elterliche Gewalt in gegenseitigem Einvernehmen auszuüben, § 1627. Das bedeutet nicht, daß jede Einzelmaßnahme von den Eltern gemeinsam beschlossen und gemeinsam ausgeführt werden muß. Das wäre in der Praxis auch gar nicht möglich. Es genügt, wenn sich die Eltern über die Grundsätze einig sind, nach denen sie die elterliche Gewalt ausüben wollen. Häufig wird sich zwischen den Eltern eine natürliche Aufgabenteilung einspielen. Handelt dann ein Elternteil allein, so wird er sich auf das mutmaßliche Einverständnis des anderen Teils oder (Dritten gegenüber) auf eine stillschweigende Bevollmächtigung berufen können. Im Bereich der Vertretung kommt auch eine Duldungsvollmacht in Frage; vgl. LArbG Düsseldorf, FamRZ 1967, 47. Nur wichtige Entscheidungen (Schul- und Berufswahl, Konfession) müssen die Eltern grundsätzlich (Eilfälle, z. B. eine dringend notwendige Operation, ausgenommen) gemeinsam treffen. Können sich die Eltern über eine Frage der elterlichen Gewalt nicht einigen, so bleibt als Ausweg nur die Anrufung des Vormundschaftsgerichts - das freilich nur entscheiden wird, wenn eine Entscheidung im 133

§ 18 IV

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Interesse des Kindes geboten ist; vgl. Herrn. Lange, Die Lücke im Kindschaftsrecht, NJW 1961, 1891. 3. Hat ein Elternteil das Kind allein vertreten, ohne vom anderen ausdrücklich oder stillschweigend bevollmächtigt worden zu sein und liegt auch keine Duldungsvollmacht vor, so gelten die Regeln über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177, 178). Das Rechtsgeschäft ist in der Schwebe, kann jedoch durch Genehmigung des anderen Elternteils regelmäßig noch wirksam werden; vgl. Gemhuber, § 50 III, 2. Für einen Schaden, den die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Gewalt dem Kind zufügen, haften sie nach § 1664 (Anspruchsgrundlage, nicht nur Haftungsmaßstab! str.). Nach dieser Vorschrift haben die Eltern für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Für grobe Fahrlässigkeit haften die Eltern jedoch in jedem Falle, §277. § 1664 gilt nicht für Schadenszufügungen, die nicht mit der Ausübung der elterlichen Gewalt zusammenhängen, z. B. bei schuldhaft herbeigeführten Unfällen im Straßenverkehr; im einzelnen ist vieles streitig, vgl. Soergel-Lange, § 1664 Bern. 4. Haben sich die Eltern zur Erfüllung ihrer Pflichten anderer Personen bedient (Arzt, Rechtsanwalt, Hauspersonal), und entsteht dem Kind durch ein Verschulden dieser Personen ein Schaden, so ist zu unterscheiden: Für die Auswahl und die Überwachung der Hilfsperson haften die Eltern nach § 1664. Haben die Eltern die Hilfsperson sorgfältig ausgesucht, so haften sie für ein Verschulden dieser Person nur dann (§§ 1664, 278), wenn die Zuziehung der Hilfsperson nicht unbedingt notwendig war, mit anderen Worten, wenn die Eltern auch selbst hätten tätig werden können. Die Eltern haften darum z. B. dem Kind für eine grob fahrlässige Verletzung durch eine Hausangestellte, jedoch nicht für eine grobe Fahrlässigkeit des das Kind behandelnden Arztes; vgl. Staudinger-Donau, § 1664 Anm. 19ff. Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner, § 1664 II. IV. Die Achtung vor dem Willen des Kindes Wenn Eltern die elterliche Gewalt ausüben, brauchen sie - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - ihre Kinder nicht zu fragen. Jedenfalls steht von einer generellen Achtung des Kindeswillens nichts im B G B . Heute gebietet aber nicht nur das Grundgesetz den Respekt auch vor der kindlichen Würde und kindlichen Persönlichkeit, sondern es geht auch das neue Verständnis des Elternrechts als pflichtgebundenes Recht in diese Richtung. Zu schützen ist der Jugendliche nicht nur „nach außen", sondern auch „nach innen", nämlich gegen eine seinem 134

Die elterliche Gewalt

§18 V 4

Entwicklungsstand nicht mehr angemessene Abhängigkeit. So gesehen ist die Volljährigkeit nur der letzte Punkt eines allmählichen Abbaues der elterlichen Gewalt. Dieser allmähliche Abbau kommt an verschiedenen Stellen im Gesetz zum Ausdruck, etwa bei der religiösen Erziehung, bei Namensfragen, bei der Zustimmung zu einer Anerkennung durch den nichtehelichen Vater, zu einer Ehelicherklärung oder zu einer Adoption oder bei der Testamentserrichtung. Man wird indessen darüberhinaus dem Kind Anhörungs- und Mitentscheidungsrechte in allen Angelegenheiten einräumen müssen, die seine Persönlichkeitssphäre stark berühren, vorausgesetzt, es hat das für eine solche Mitsprache nötige Alter erreicht. Das betrifft etwa Fragen der Ausbildung, der Berufswahl, des Abschlusses von Arbeitsverträgen, der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen wegen Verletzung der Persönlichkeit u. dergl. mehr (siehe dazu Beitzke, AcP 172, 240, 260ff.; Schwab, AcP 172, 266ff.; Schwerdtner, AcP 173, 227). Diese Anhörungs- und Mitspracherechte der Kinder sind auch heute schon gerichtlich durchsetzbar. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet das Vormundschaftsgericht, das den Eltern einen Teilbereich der elterlichen Gewalt (z. B. das Berufsbestimmungsrecht) entziehen und auf einen Pfleger übertragen kann.

V. Das Ende der elterlichen

Gewalt

1. Die elterliche Gewalt endet mit dem Tod des Kindes, mit seiner Volljährigkeit (§ 1626 I) und mit seiner Adoption (§ 1755) - nicht aber mit der Heirat des minderjährigen Kindes, § 1633. Heirat macht nicht mündig! 2. Die elterliche Gewalt eines Elternteils endet mit seinem Tod. Bei einem ehelichen Kind erwirbt in diesem Fall der andere Elternteil die alleinige elterliche Gewalt, § 1681 I. Bei einem nichtehelichen Kind muß ein Vormund bestellt werden, § 1773. 3. Die elterliche Gewalt eines Elternteils endet femer, wenn nach einer Scheidung oder bei Getrenntlehen der Eltern das Familiengericht bestimmt, daß die elterliche Gewalt dem anderen Ehegatten zustehen soll, §§ 1671, 1672. 4. Die elterliche Gewalt eines Elternteils endet schließlich dann, wenn ihm sämtliche Bestandteile der elterlichen Gewalt entzogen werden (eine Entziehung der „elterlichen Gewalt" als solche ist im BGB nicht vorgesehen). Eine solche Entziehung ist die schärfste Maßnahme, die das Vormundschaftsgericht bei einer Gefährdung des Kindeswohls treffen kann, § 1666 (s. dazu unten § 19 IV). 135

§ 1 8 VI 1

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Auch ohne eine Entziehung durch das Vormundschaftsgericht endet die elterliche Gewalt eines Elternteils, wenn er wegen eines an dem Kind verübten Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, § 1676 I. Mit der Rechtskraft dieses Urteils hat er seine elterliche Gewalt „verwirkt" (§ 1676 II). In den beiden zuletzt genannten Fällen gehen die entzogenen oder verwirkten Rechte nicht kraft Gesetzes auf den anderen Elternteil über. Vielmehr muß hier grundsätzlich das Vormundschaftsgericht eine Entscheidung darüber treffen, ob nunmehr die elterliche Gewalt dem anderen Ehegatten allein zustehen soll. Es hat dabei zu prüfen, ob eine solche Entscheidung mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist. Leben die Eltern zusammen, so wird häufig die Gefahr bestehen, daß der seiner Gewalt entkleidete Elternteil die Entscheidungen des anderen Elternteils in einer für das Kind nachteiligen Weise beeinflußt. Hält das Vormundschaftsgericht eine Übertragung der elterlichen Gewalt auf den anderen Elternteil aus diesem Grund für nicht vertretbar, so bestellt es einen Vormund oder Pfleger, §§ 1679 I, 1680. Die Bestellung eines Vormundes oder Pflegers bedeutet, daß auch der „unschuldige" Elternteil die elterliche Gewalt verliert. Es steht ihm dann nur noch - neben dem Vormund oder Pfleger - die tatsächliche Personensorge zu, wobei jedoch bei Meinungsverschiedenheiten die Meinung des Vormundes oder Pflegers vorgeht, § 1679 I, 4. Ausnahme: Sind die Eltern geschieden oder leben sie getrennt, dann ist die Gefahr einer Einflußnahme nicht gegeben. Wird darum in diesem Fall die elterliche Gewalt demjenigen Elternteil entzogen, dem sie nach der Scheidung oder Trennung vom Familiengericht übertragen worden war, oder verwirkt dieser Elternteil die elterliche Gewalt, so geht sie kraft Gesetzes auf den anderen Eltemteil über, §§ 1679 II, 1680.

VI. Die

Personenfürsorge

1. Als Hauptinhalt der Personenfürsorge bezeichnet § 1631 I das Recht und die Pflicht der Eltern, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Das ist selbstverständlich keine erschöpfende Aufzählung. Zum Personensorgerecht gehören anerkanntermaßen auch - das Recht, dem Kind einen Vornamen zu geben, - das Recht und die Pflicht, über die Ausbildung (Schulbesuch, Lehre) zu bestimmen und sie zu überwachen, - das Recht, einer Eheschließung (§ 3 EheG) zuzustimmen. 136

D i e elterliche Gewalt

§ 18 VI 2

- das Recht und die Pflicht, über die Gesundheit des Kindes zu wachen, insbesondere für eine ärztliche Behandlung zu sorgen und über die Vornahme einer Operation zu bestimmen. [Der Minderjährige kann allerdings in die Operation auch selbst einwilligen, wenn er nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag; vgl. B G H Z 29, 33; a. A. Staudinger-Donau, § 1626 Anm. 76ff. Nach erlangter Einsichtsfähigkeit kann er auch nicht mehr gegen seinen Willen allein aufgrund elterlicher Entscheidung operiert werden; vgl. Soergel-Lange, § 1626 Bern. 13.] - das Recht und die Pflicht, angemessene Zuchtmittel anzuwenden, die den Umständen, der Individualität und dem Alter des Kindes anzupassen sind. [Beachte: eine körperliche Züchtigung eines Kindes nach der Pubertät wird im allgemeinen nicht mehr als erzieherisch vertretbar anzusehen sein; vgl. Engler, FamRZ 1969, 65. Gegen Uberschreitungen wird das Kind - oft freilich nur theoretisch - geschützt durch § 1666: Das Vormundschaftsgericht ist zum Einschreiterf verpflichtet. U. U. kann sogar die elterliche Gewalt verwirkt werden, § 1676; außerdem können sich die Eltern strafbar machen, § 223b StGB.] Eltern können die Ausübung ihres Züchtigungsrechts übertragen (z. B., wenn das K i n d bei Pflegeeltern aufwächst oder ein Elternteil emeut heiratet und der Stiefvater oder die Stiefmutter miterziehen sollen). Wieweit fremde Personen ein Züchtigungsrecht aus §§ 677ff. herleiten können, ist bestritten. Regelmäßig wird sich der Züchtigende nicht auf das mutmaßliche Einverständnis des Erziehungsberechtigten berufen können; vgl. Soergel-Lange, § 1631 Bern. 13.

2. Das Erziehungsrecht schließt das Recht zur religiösen Erziehung ein. Die religiöse Erziehung ist in einem besonderen Gesetz geregelt, nämlich im Reichsgesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15. 7. 1921 (RKEG). Danach entscheidet über die religiöse Erziehung eines Kindes in erster Linie die freie Einigung der Eltern, soweit ihnen das Personensorgerecht zusteht. Die Einigung ist jederzeit widerruflich und wird durch den Tod eines Gatten gelöst, § 1 R K E G . Verträge über die religiöse Erziehung (etwa bei der Eheschließung) sind gem. § 4 R K E G ohne bürgerliche Wirkung, d. h. nicht durchsetzbar. Sind sich die Eltern nicht oder nicht mehr einig, so gelten nach § 2 1 R K E G die Vorschriften des BGB über das Recht der Personensorge. Das heißt, den Eltern, die sich nicht einigen können, bleibt nur der Weg zum Vormundschaftsgericht. O b die Bestimmung des religiösen Bekenntnisses freilich überhaupt justiziabel ist, ist sehr bestritten. Der Richter darf in keinem Fall eine Religion gegen die andere abwägen. N u r pädagogische Gesichtspunkte dürfen, wie in § 2 III, 2

.137

§ 18 VI 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

R K E G ausdrücklich betont wird, für seine Entscheidung ausschlaggebend sein, z. B . die Erwägung, daß bei mehreren Kindern eine einheitliche religiöse Erziehung wünschenswert ist; vgl. Glässing, Kann der Vormundschaftsrichter die Erstbestimmung der Religion des Kindes vornehmen?, FamRZ 1962, 350. In der Praxis wird die Entscheidung des Richters dadurch erleichtert, daß der Streit der Eltern meist erst bei der Schuleinschreibung vor die Gerichte getragen wird. Zu diesem Zeitpunkt hat aber die religiöse Erziehung des Kindes in aller Regel bereits eingesetzt. Der Richter kann sich dann auf pädagogische Erkenntnisse berufen, etwa darauf, daß ein Wechsel in der religiösen Erziehung nach Möglichkeit vermieden werden sollte, oder darauf, daß der Ehegatte, der sich bisher tatsächlich um die religiöse Erziehung des Kindes gekümmert hat, die bessere Gewähr für eine religiöse Erziehung bietet als der andere.

Das Kind unterliegt der religiösen Erziehung bis zum vollendeten 14. Lebensjahr. Von da ab steht ihm die Entscheidung darüber frei, zu welchem religiösen Bekenntnis es stehen will. Nach Vollendung des 12. Lebensjahres kann ein Konfessionswechsel nicht mehr gegen seinen Willen bestimmt werden, § 5 R K E G . N a c h Art. 7 II G G haben die Erziehungsberechtigten das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. Dieses Bestimmungsrecht endet jedoch ebenfalls mit der Religionsmündigkeit des Kindes. Die Eltern können das Kind nicht zwingen, an dem Religionsunterricht eines Bekenntnisses teilzunehmen, zu dem es sich nicht mehr bekennt. Sie können nach h. M. das 14 Jahre alte Kind noch nicht einmal zwingen, weiterhin an dem Religionsunterricht seines Bekenntnisses teilzunehmen. Denn zur Entscheidung über das Religionsbekenntnis gehört - jedenfalls nach h. M. - auch die Bestimmung über die Teilnahme am Religionsunterricht; vgl. Maunz-Dürig-Herzog, G G 3. Aufl., Art. 7 Anm. III, 1; B G H Z 21, 340, 351 f. Eine abweichende Regelung gilt in Bayern. Die bayerische Verfassung hat - vor dem Grundgesetz - in Abänderung des RKEG das Alter, von dem an der Minderjährige über seine Teilnahme am Religionsunterricht und an kirchlichen Handlungen und Diensten selbst entscheiden kann, auf 18 Jahre heraufgesetzt (Art. 137 BV). Diese Änderung gilt als partielles Bundesrecht weiter (Art. 125 Nr. 2 GG).

3. Das Recht und die Pflicht, das Kind zu beaufsichtigen, soll dazu dienen, sowohl Schädigungen des Kindes als auch Schädigungen Dritter durch das Kind zu verhüten (vgl. § 832!). Der Aufsichtspflicht unterliegt grundsätzlich auch der briefliche und persönliche Verkehr des Kindes. Aber: Von ihrem Aufsichtsrecht sollen die Eltern bei älteren Kindern nur mit einer gewissen Zurückhaltung Gebrauch machen. Auch das Kind hat das Recht auf eine Eigensphäre, in welche die Eltern nicht ohne Not eingreifen sollten.

138

Die elterliche Gewalt

§ 18 VI 4

Haben die Eltern Anlaß zu der Sorge, daß ihr Kind durch den Umgang mit einem anderen Menschen gefährdet werde (Liebhaber der Tochter!), so können sie gegen diesen auf Unterlassung des Umgangs klagen; vgl. OLG Köln, FamRZ 1963, 447. Beachte: Die elterliche Gewalt ist ein absolutes, gegenüber jedermann wirkendes Recht. Den Eltern steht bei einer Verletzung dieses Rechts durch einen Dritten die quasinegatorische Unterlassungsklage zur Verfügung (analog §§ 12, 862, 1004). Die Eltern dürfen jedoch den Kindern, wenn sie älter geworden sind, den Umgang mit anderen Menschen nicht willkürlich verbieten. Auch wird man ihnen nicht mehr das unbeschränkte Recht zubilligen können, Briefe zu öffnen, die an ein bald volljähriges Kind gerichtet sind, oder jeden unbeaufsichtigten Ausgang zu verbieten, wenn nicht besondere Umstände eine derartige Maßnahme zur Abwendung einer Gefahr nahelegen; vgl. Engler, FamRZ 1969, 65. 4. Aufgrund ihres Rechtes, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, können die Eltern die Herausgabe des Kindes von jedem verlangen, der es ihnen widerrechtlich vorenthält, § 1632 I. Der Satz scheint selbstverständlich. Das Interesse des Kindes kommt dabei aber nicht selten zu kurz. Beispiel: Die Mutter, die sich jahrelang um ihr nichteheliches Kind nicht gekümmert hat, das bei Pflegeeltern aufgewachsen ist, kann das Kind herausverlangen, auch wenn dieses der Mutter völlig fremd gegenübersteht und lieber bei den Pflegeeltern bleiben möchte; vgl. KG, FamRZ 1965, 448. Hier kann de lege lata nur geholfen werden, wenn dem klagenden Eltemteil nach § 1666 das Personensorgerecht entzogen werden kann. D e r Herausgabeanspruch richtet sich nicht nur gegen einen Außenstehenden, sondern besteht auch gegenüber dem Ehegatten. Beispiel: Nach einer Scheidung wird das Kind dem Vater zugesprochen. Die Mutter gibt es nicht heraus. Beachte: Während für die Herausgabeklage grundsätzlich das ordentliche Gericht zuständig ist, entscheidet über einen Herausgabestreit zwischen den Eltern das Familiengericht, § 1632 II. Bei der Entscheidung ist grundsätzlich zu prüfen, ob das Kindeswohl dem Herausgabeverlangen entgegensteht. Hält das Gericht Gründe, die gegen die Herausgabe sprechen, für gegeben, so wird regelmäßig eine Änderung der Entscheidung über die Zuteilung der elterlichen Gewalt in Erwägung zu ziehen sein; vgl. KG, F a m R Z 1971, 585. Auf dem Aufenthaltsbestimmungsrecht beruht auch das Recht der Eltern, ein Kind in einem Heim oder in einer Anstalt unterzubringen. In diesem Zusammenhang ist streitig geworden, ob die Unterbringung dann, wenn sie mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist (Unterbringung in einer Nervenheilanstalt oder einer geschlossenen Erziehungsanstalt), die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts voraussetzt. Mit Rücksicht auf Art. 104 II GG hat das BVerfG in einem 139

§ 1 8 V I I 1 II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht grundlegenden Beschluß (BVerfGE 10, 302) eine richterliche Entscheidung für erforderlich gehalten, wenn der Vormund sein Mündel in einer geschlossenen Anstalt unterbringen möchte. Für die Eltern kann indes ein solches Genehmigungserfordernis nicht gelten. Die Unterbringung durch sie hat einen anderen Rechtsgrund als die Unterbringung durch den Vormund. Die Unterbringung durch den Vormund geschieht aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Fürsorge, der Vormund handelt als Träger eines öffentlichen Amtes, die Eltern handeln kraft ihrer elterlichen Gewalt. Gegen einen Mißbrauch dieses Rechts schützt § 1666; h. M., vgl. BayObLG, FamRZ 1963, 577.

5. Die Personenfürsorge endet als Bestandteil der elterlichen Gewalt mit dieser (s. o. V). Darüber hinaus endet die tatsächliche Personensorge (nicht das Vertretungsrecht und nicht die Vermögensverwaltung!) über ein minderjähriges Kind kraft Gesetzes mit dessen Verheiratung, § 1633. Und schließlich kann die Personensorge einem Elternteil unter den Voraussetzungen des § 1666 (Gefährdung des Kindeswohls durch ein schuldhaftes Verhalten) entzogen werden. Zu der Frage, ob in diesem Fall die Personensorge auf den anderen Elternteil übergeht oder ob ein Pfleger bestellt werden muß, s. o. V, 4.

VII. Das Recht zum persönlichen Verkehr 1. Eheliche Kinder Ein Eltemteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, insbesondere also ein geschiedener Ehegatte, behält die Befugnis, mit dem Kind persönlich zu verkehren, § 1634 I. Zweck dieses sog. Verkehrsrechts ist es, einer Entfremdung vorzubeugen und dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen. Dieser Zweck kann aber nach den Erkenntnissen der Kinder- und Jugendpsychiatrie bei Kleinkindern und Kindern im Grundschulalter nur dann erreicht werden, wenn die Elternteile nicht mehr in Auseinandersetzung miteinander stehen, ihre Scheidung also „bewältigt" haben. Ist das nicht der Fall, so führt das Besuchsrecht häufig zu einer Antipathie zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil; vgl. Lempp, NJW 1972,315. Das Recht zum persönlichen Verkehr wird von der h. M. als Ausfluß des sog. „natürlichen Elternrechts" angesehen (BGHZ 2, 370; BGH, FamRZ 1969, 149; Dolle II, § 98 I, 1), von einer Gegenmeinung als Rest des Personensorgerechts (so im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts insbesondere Gemhuber, § 53 III, 1). Die Existenz des „natürlichen Elternrechts" wird aus Art. 6 II GG hergeleitet, der Pflege und Erziehung der Kinder als „das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht" bezeichnet. Ob allerdings die Eltern sich auch noch nach einer Scheidung (s. o. II) und ob sie sich gegenseitig auf dieses „natürliche Elternrecht" berufen können, ist sehr zweifelhaft, ins140

Die elterliche Gewalt

§ 18 VII 2

besondere, nachdem auch das BVerfG erklärt hat, das in Art. 6 II G G gewährleistete Grundrecht garantiere den Eltern lediglich, daß in erster Linie sie über die Erziehung der Kinder entscheiden sollten und nicht andere Erziehungsträger (BVerfG, FamRZ 1968, 578).

Uber den Umfang und die Ausgestaltung des persönlichen Verkehrs entscheidet in erster Linie die Vereinbarung der Eltern, bzw., wenn die Personensorge einem Vormund oder Pfleger zusteht, die Vereinbarung mit diesem. Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet - nach Anhörung des zuständigen Jugendamtes, § 48 JWG - das Familiengericht, desgleichen, wenn ein Elternteil sich an eine früher getroffene Vereinbarung nicht mehr halten will. Üblich ist es, das Kind dem verkehrsberechtigten Elternteil etwa ein- oder zweimal im Monat für einige Stunden zu überlassen. Bei der Entscheidung ist stets das Wohl des Kindes zu bedenken. Besteht die Gefahr, eines schädlichen Einflusses oder hat das Kind eine lebhafte Abneigung gegen den verkehrsberechtigten Elternteil, so ist das Verkehrsrecht zu beschränken, u. U. sogar gänzlich abzulehnen. Das Wohl des Kindes ist wichtiger als das Liebesbedürfnis des verkehrsberechtigten Elternteils; vgl. Giesen, RdJ 1972, 166; sehr str. Bestritten ist auch die Frage, ob während der Dauer des persönlichen Verkehrs der Personensorgeberechtigte Elternteil aufgrund seines Rechts, den Umgang des Kindes zu bestimmen, die Anwesenheit dritter Personen (Ehegatte des verkehrsberechtigten Elternteils!) verbieten kann. Die Antwort der nunmehr h. M. auf diese Frage lautet nein. Diese Antwort ergibt sich, wenn man das Verkehrsrecht als Rest des Personensorgerechts begreift, daraus, daß, soweit die Restbefugnis reicht, sie gleichrangig neben dem Recht des Sorgeberechtigten steht. D. h.: Während der Dauer des persönlichen Verkehrs sind beide Eltemteile personensorgeberechtigt. Entsteht für diesen Zeitraum bei einer Frage des Personensorgerechts, etwa über den Kontakt des Kindes mit fremden Personen, zwischen den Eltern ein Streit, so hat darüber das Familiengericht zu entscheiden. Zum gleichen Ergebnis gelangt nun auch die Auffassung, die das Verkehrsrecht als Ausfluß des natürlichen Elternrechts ansieht, nur auf einem etwas umständlicheren Weg (BGH, J Z 1969, 194; vgl. dazu Henrich, Fälle und Lösungen, S. 66). 2. Nichteheliche Kinder Der Vater eines nichtehelichen Kindes hatte früher kein Recht zu einem persönlichen Verkehr mit dem Kind. Das Nichtehelichengesetz, das ja auch das Ziel verfolgt, das Band zwischen Kind und Vater enger zu knüpfen, sieht ein Verkehrsrecht vor, freilich von schwächerer Kraft 141

§18 VIII2

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

als das Verkehrsrecht der Eltern eines ehelichen Kindes. An die Stelle der Einigung der Eltern tritt die einseitige Bestimmung des Personensorgeberechtigten (d. h. regelmäßig der Mutter). Der Personensorgeberechtigte bestimmt, ob und in welchem Umfang dem Vater Gelegenheit gegeben werden soll, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Ist der Vater mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, so soll in geeigneten Fällen das Jugendamt zwischen beiden vermitteln. Und schließlich kann das Vormundschaftsgericht eine Entscheidung treffen, wenn es der Auffassung ist, daß ein persönlicher Umgang mit dem Vater dem Wohl des Kindes dient, § 1711. Das wird regelmäßig dann zu bejahen sein, wenn der Vater den persönlichen Umgang aus echter Zuneigung erstrebt, insbesondere, wenn zwischen ihm und dem Kind eine psychische Bindung besteht, etwa weil er längere Zeit mit der Mutter und dem Kind zusammen gelebt hat. VIII. Die Vermögensfürsorge 1. Das Recht und die Pflicht der Eltern, für das Vermögen des Kindes zu sorgen, die sog. Vermögensverwaltung, umfaßt grundsätzlich alle tatsächlichen und rechdichen Fürsorgemaßnahmen für die Erhaltung, Verwertung und Vermehrung des Kindesvermögens. Die Eltern können das Vermögen des Kindes in Besitz nehmen (in diesem Fall sind die Eltern Besitzmittler), sie können es verwalten, sie können Rechte, die zum Vermögen des Kindes gehören, im Namen des Kindes geltend machen (die Vermögenssorge umschließt auch das Recht, das Kind in Vermögensangelegenheiten zu vertreten, § 1626 II), sie können aber auch kraft ihres Verwaltungsrechts im eigenen Namen handeln, sie können über die Gegenstände des Kindesvermögens verfügen, sie können das Kind durch Rechtsgeschäfte verpflichten. Allerdings sind die Schranken im Bereich der Vermögensverwaltung enger als im Bereich der Personenfürsorge. Zu einer Reihe von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften bedürfen die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (s. u. § 19 I, 3b). 2. Erwerben die Eltern mit Mitteln des Kindes bewegliche Sachen, Inhaberpapiere (z. B. Aktien), Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind, oder Rechte, die durch bloßen Abtretungsvertrag übertragen werden können (z. B. einfache Forderungen), so findet dingliche Surrogation statt, § 1646. Das Erworbene wird unmittelbar Eigentum oder Recht des Kindes, gleichgültig, wie die Eltern aufgetreten sind. Das gilt nur dann nicht, wenn nachgewiesen wird, daß die Eltern den Gegenstand im eigenen Namen und ausschließlich für sich selbst erworben haben. In 142

Schranken der elterlichen Gewalt

§191 1

diesem Fall, sowie dann, wenn die Eltern mit Mitteln des Kindes ein Grundstück erworben haben, wächst dem Kind ein obligatorischer Anspruch auf Abtretung oder Ersatz zu.

3. Ursprünglich war mit der elterlichen Gewalt das Nutznießungsrecht am Kindesvermögen verbunden. Das Gleichberechtigungsgesetz hat diese Regelung beseitigt. Die Einkünfte des Kindesvermögens sollen dem Kind zustehen und nicht in das Vermögen der Eltern fallen (und dadurch möglicherweise ihren Gläubigem zugute kommen!). Nur in Ausnahmefällen können die Eltern Vermögenseinkünfte des Kindes auch für den eigenen Unterhalt und den Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Geschwister des Kindes heranziehen, § 1649 II, 1. 4. Die Vermögensfürsorge endet als Bestandteil der elterlichen Gewalt mit dieser (s. o. V). Darüber hinaus endet die Vermögensverwaltung eines Elternteils kraft Gesetzes, wenn er in Konkurs fällt, § 1670. U n d schließlich kann auch die Vermögensverwaltung ebenso wie die Personensorge einem Elternteil durch das Vormundschaftsgericht unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden, §§ 1666 II, 1669.

§ 19. Schranken der elterlichen Gewalt, Verhinderung an ihrer Ausübung, Maßnahmen zum Schutz des Kindes, Verteilung der elterlichen Gewalt nach der Scheidung oder bei Getrenntleben der Eltern I. Schranken der elterlichen

Gewalt

1. Allgemeine Schranken Die elterliche Gewalt und die Vertretungsmacht der Eltern erstrecken sich nicht auf die Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist, § 1639 I. Ein Pfleger ist dem Kind insbesondere dann zu bestellen, wenn beide Eltern oder - bei nichtehelichen Kindern - die Mutter an der Ausübung der elterlichen Gewalt tatsächlich verhindert sind (z. B. durch Krankheit) oder die Eltern aus rechtlichen Gründen ein bestimmtes Rechtsgeschäft nicht für das Kind vornehmen können. Bei nichtehelichen Kindern treten die in § 1706 Ziff. 1 - 3 genannten Angelegenheiten hinzu (s. dazu unter II). 143

§ 19 I 2

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

2. Schranken der Vertretungsmacht a) Abgesehen von den Fällen, in denen dem Kind ein Pfleger bestellt worden ist, sind die Eltern - wegen eines möglichen Interessenwiderstreits - von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen in denselben Fällen, in denen nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen ist, § 1629 II, 1. Diese Verweisung bedeutet: Die Eltern dürfen keine In-sich-Geschäfte abschließen, es sei denn, daß ihnen das Selbstkontrahieren gestattet ist (vgl. etwa § 3 III Berufsbildungsgesetz: Schließen Eltern mit ihrem Kind einen Berufsausbildungsvertrag, so sind sie von dem Verbot des § 181 befreit) oder es sich um bloße Erfüllungsgeschäfte handelt, §§ 1795 II, 181. Außerdem darf kein Elternteil in Vertretung des Kindes gegenüber seinem Ehegatten oder gegenüber einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person ein Rechtsgeschäft vornehmen (oder einem Rechtsgeschäft des Kindes die erforderliche Zustimmug erteilen); auch hier wiederum sind bloße Erfüllungsgeschäfte ausgenommen, § 17951 Ziff. 1. Ein von den Eltern ohne gesetzliche Vertretungsmacht abgeschlossener Vertrag ist schwebend unwirksam (kann also durch die Genehmigung des später bestellten Pflegers noch wirksam werden). Beispiel: Die Mutter des Kindes kann (nach dem Tod des Vaters) in Vertretung des Kindes ein Grundstück, das dem Kind gehört, weder an sich, noch an ihren zweiten Ehemann, noch an ihre Eltern, noch an Geschwister des Kindes verkaufen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Neuinterpretation des § 181 durch den BGH, der das Selbstkontrahierungsverbot auf die Fälle eines möglichen Interessenkonflikts zwischen Vertreter und Vertretenen beschränkt hat. Das heißt: Eltern sind an der Vornahme eines In-sich-Geschäfts dann nicht gehindert, wenn das Geschäft (z. B. eine Schenkung) dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt; vgl. BGH, JZ 1973, 284 und Blomeyer, AcP 172, 1, 11 ff.; BayObLG, FamRZ 1974, 659; BGH, FamRZ 1975, 480.

Auch in einem Rechtsstreit kann ein Eltemteil das Kind nicht vertreten, wenn er selbst, sein Ehegatte oder eine Person, mit der er in gerader Linie verwandt ist, der Gegner ist, § 1795 I Ziff. 3. Ausnahme: Leben die Eltern des Kindes getrennt oder ist die Scheidung ihrer Ehe beantragt, so kann, wenn eine Personensorgeregelung noch nicht getroffen worden ist, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen, § 1629 II, 1, 2. HS.; bei der Geltendmachung eines solchen Unterhaltsanspruches steht also § 1795 I Ziff. 3 der Unterhaltsklage nicht entgegen. Wird der Unterhaltsanspruch geltend gemacht, solange die Scheidungssache anhängig ist, so kann ein Elternteil die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Eltern144

Schranken der elterlichen Gewalt

§19 I 2

teil aber nur im eigenen Namen (d. h. im Wege der Prozeßstandschaft) geltend machen, § 1629 III, 1 (Grund: das Kind soll aus dem Scheidungsverfahren herausgehalten werden). Schließlich können die Eltern das Kind auch nicht vertreten, wenn sie eine (z. B. durch eine Hypothek oder Bürgschaft) gesicherte Forderung, die dem Kind gegen einen Elternteil zusteht, übertragen oder belasten oder wenn sie die Sicherung aufheben oder mindern wollen. Dasselbe gilt, wenn das Kind zu einer solchen Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung verpflichtet werden soll, § 1795 I Ziff. 2. b) Die Eltern sind des weiteren von der Vertretung ausgeschlossen, soweit ihnen die Vertretungsmacht durch das Vormundschaftsgericht für einzelne Angelegenheiten oder einen Kreis einzelner Angelegenheiten entzogen worden ist, § 1629 II, 3 i.V. mit § 1796. Eine solche Maßnahme wird das Vormundschaftsgericht dann treffen, wenn in einer bestimmten Angelegenheit eine Interessenkollision besteht, der Elternteil aber nicht kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Beispiel: Die Mutter, der nach der Scheidung die elterliche Gewalt übertragen worden ist, schließt in Vertretung des Kindes einen Vertrag mit ihrem neuen „Lebensgefährten", mit dem sie nicht verheiratet ist.

c) Sind die Eltern gemäß §§ 1629 II, 1795, 1796 von der Vertretung ausgeschlossen, so ist ein Pfleger zu bestellen. Das gilt auch dann, wenn nur in der Person eines Elternteils ein Ausschlußgrund vorliegt. Das heißt: Ist ein Elternteil aufgrund der genannten Vorschriften rechtlich gehindert, das Kind zu vertreten, so erstarkt keineswegs die elterliche Gewalt des anderen Elternteils zur Alleingewalt. Das zeigt deutlich § 1678 I, wonach nur bei einer tatsächlichen Verhinderung (Abwesenheit, Krankheit) eines Elternteils oder bei einem Ruhen seiner elterlichen Gewalt (z. B. wegen Geschäftsunfähigkeit, § 1673 I) die elterliche Gewalt des anderen zur Alleingewalt erstarkt; vgl. BGH, FamRZ 1972, 498; Dölle II, § 92 I, 4b; a. A. Gemhuber, § 50 I, 4. d) Eine weitere Beschränkung des Vertretungsrechts der Eltern ergibt sich aus den §§ 112, 113. Haben die Eltern ihr minderjähriges Kind zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts oder zum Eintritt in ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis ermächtigt, so ist ihre Vertretungsmacht in dem Bereich ausgeschlossen, in dem der Minderjährige aufgrund dieser Ermächtigung unbeschränkt geschäftsfähig ist. e) Die Vertretungsmacht der Eltern ist ferner durch das Schenkungsverbot des § 1641 beschränkt. Die Eltern können nicht in Vertretung des Kindes Schenkungen machen (oder einer Schenkung durch das Kind 145

§ 1 9 13

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

zustimmen). Ausgenommen sind lediglich Pflicht- und Anstandsschenk u n g e n . Schenkungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. f ) Gewisse Rechtshandlungen kann nur das Kind persönlich vorn e h m e n (mit gewissen Ausnahmen, wenn das Kind geschäftsunfähig ist): Eheschließung, Antrag auf Ehescheidung (§ 607 I ZPO), Abschluß eines Ehevertrags (§ 1411 I, 3), Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes (§ 1595), Anerkennung eines Kindes (§ 1600d), Anfechtung der Anerkennung (§ 1600 k), Antrag auf Ehelicherklärung (§ 1728), Errichtung eines Testaments (§ 2064), Abschluß eines Erbvertrages (§ 2274), Erbverzicht (§ 2347). In all diesen Fällen ist eine Vertretung durch die Eltern ausgeschlossen. g) Schranken der Vertretungsmacht ergeben sich schließlich auch daraus, daß in einer Reihe von meist vermögensrechtlichen Geschäften die Eltern die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts einholen müssen, § 1643. 3. Schranken

im Bereich der

Vermögensverwaltung

a) Grundsätzlich untersteht das gesamte Vermögen des Kindes der Verwaltung durch die Eltern. Ausgenommen sind Vermögensgegenstände, die dem Kind geschenkt oder durch eine Verfügung von Todes wegen zugewendet worden sind, wenn der Schenker oder der Erblasser das Verwaltungsrecht der Eltern ausgeschlossen hat (§ 1638). Außerdem ist die Schranke des § 1630 (Pfleger!) zu beachten. b) Für eine Reihe wichtiger Vermögensgeschäfte bedürfen die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Genehmigungsbedürftig sind (§ 1643 I, II): (1) Gewisse Grundstücksgeschäfte (§ 1821 I Ziff. 1-4). So brauchen die Eltern z. B. die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts, wenn sie ein G r u n d s t ü c k des Kindes verkaufen, übereignen oder belasten wollen. Dagegen können die Eltern ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts f ü r das Kind ein Grundstück kaufen. Beachte: Die Bewilligung einer Restkaufgeldhypothek bei einem Grundstückserwerb ist zwar an sich eine Belastung des Grundstücks; trotzdem sieht man hier von einer Genehmigungspflicht ab, weil es sich dabei um eine sog. „Erwerbsmodalität" handelt. (2) Geschäfte, die sich auf das gesamte Vermögen oder auf eine Erbschaft beziehen (§ 1822 Ziff. 1). H i e r ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts etwa erforderlich, wenn die Eltern das Kind zu einer Verfügung über sein Vermögen im ganzen verpflichten oder wenn die Eltern f ü r das Kind eine Erbschaft ausschlagen wollen. 146

Schranken der elterlichen Gewalt

§19

13

Ausnahme: • Ist das Kind nur deswegen erbberechtigt, weil seine Eltern die Erbschaft ausgeschlagen haben, so können die Eltern auch ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Erbschaft für das Kind ausschlagen. Beispiel: Der Großvater des Kindes stirbt. Sein Nachlaß ist überschuldet. Gesetzlicher Erbe ist der Vater des Kindes. Das Kind wird Erbe nur dann, wenn der Vater ausschlägt. In diesem Fall können die Eltern die Erbschaft für das Kind ausschlagen, ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen zu müssen. (3) Verträge Uber ein Erwerbsgeschäft (Kauf oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts, Abschluß eines Gesellschaftsvertrags z u m Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, § 1822 Ziff. 3). Beachte: Auch der Eintritt in eine bestehende Personalgesellschaft oder das Ausscheiden aus ihr ist genehmigungsbedürftig (der Eintretende erwirbt einen Gesamthandsanteil an dem Erwerbsgeschäft, insofern ist der Erwerb eines Anteils am Geschäft dem Erwerb des Geschäfts im ganzen gleichzusetzen; BGHZ 17, 160), desgl. der Erwerb oder die Veräußerung aller Geschäftsanteile einer GmbH (zwar wird der Minderjährige durch den Erwerb nicht selbst Träger des Erwerbsgeschäfts, es kann sich aber für ihn nach den Grundsätzen über die EinMann-Gesellschaft eine Haftung ergeben; vgl. Staudinger-Engler, §§ 1821, 1822 Anm. 68), nach der überwiegenden Meinung sogar schon eine solche Beteiligung, welche die Herrschaft über die GmbH verleiht (vgl. Staudinger-Engler, a. a. O . , Anm. 69). Nicht genehmigungsbedürftig ist der Erwerb oder die Veräußerung •von Aktien. Die Gesellschaftsverträge, zu deren Abschluß § 1822 Ziff. 3 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangt, sind grundsätzlich nur solche auf Eingehung einer Personalgesellschaft; denn nur sie werden „zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts" eingegangen. Bei einer GmbH betreiben nicht die Gesellschafter das Erwerbsgeschäft, sondern die GmbH. Dessenungeachtet bejaht die wohl h. M. auch hier die Genehmigungsbedürftigkeit zumindest dann, wenn der Minderjährige über die Kapitaleinlage hinaus ein Unternehmerrisiko übernimmt (vgl. Staudinger-Engler, a. a. O . , Anm. 80). (4) Gewisse lichkeit,

Kreditgeschäfte und die Übernahme § 1822 Ziff. 8 und 10.

einer fremden

Verbind-

Beispiele: Aufnahme eines Darlehens, Bürgschaft. (5) Die

Begebung

eines Wechsels,

§ 1822 Ziff. 9.

(6) Die

Erteilung

einer Prokura,

§ 1822 Ziff. 11.

(7) Verträge, durch die das Kind zu wiederkehrenden Leistungen über das 18. Lebensjahr hinaus verpflichtet wird (Miet- oder Pachtverträge, Abzahlungsgeschäfte), wenn das Vertragsverhältnis länger als ein J a h r über diesen Zeitraum hinaus fortdauern soll, § 1822 Ziff. 5.

147

§ 1 9 13

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

c) Auch dann, wenn es nicht um den Kauf eines Erwerbsgeschäfts geht, sondern um den bloßen Betrieb, soll, bzw. muß die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden. Die Eltern sollen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen, wenn sie ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen wollen, § 1645. Sie müssen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen, wenn sie das Kind ermächtigen wollen, ein Erwerbsgeschäft selbständig zu betreiben, § 112. d) Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist keine Unterart der Zustimmung i. S. der §§ 182ff., sie ist überhaupt keine privatrechtliche, sondern eine Staatswillenserklärung, die auch, wenn sie vorher erteilt wird, Genehmigung heißt und nicht Einwilligung; sie ergänzt die Vertretungsmacht der Eltern und kann nur diesen gegenüber erklärt werden, §§ 1643 III, 1828. Eine Erklärung des Vormundschaftsgerichts, eine Genehmigung sei nicht erforderlich (Negativattest), steht einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht gleich; vgl. Soergel-Germer, § 1828 Bern. 18.

Die Vornahme eines genehmigungsbedürftigen Geschäfts ohne die vorherige Genehmigung macht ein einseitiges Rechtsgeschäft ohne weiteres nichtig; der Adressat darf die Erklärung sogar als unwirksam zurückweisen, wenn die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorgelegt wird, §§ 1643 III, 1831. Bei Verträgen ist nachträgliche Genehmigung möglich. Beachte: Eine nachträgliche Genehmigung wird dem Vertragspartner gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm von den Eltern mitgeteilt wird, §§ 1643 III, 1829 I, 2. Die Eltern haben es also in der Hand, den geschlossenen Vertrag scheitern zu lassen, obgleich das Vormundschaftsgericht seine Genehmigung nachträglich noch erteilt hat. Sie brauchen dem Vertragspartner lediglich die Genehmigung nicht mitzuteilen. Der Vertragspartner kann die Eltern zu dieser Mitteilung nicht zwingen. Er kann lediglich die Eltern zur Mitteilung über die Genehmigung auffordern. Wird die Genehmigung dann nicht innerhalb von zwei Wochen mitgeteilt, so gilt die Genehmigung als verweigert (obgleich sie erteilt worden ist!), §§ 1643 III, 1829 II.

e) Von dem Bereich der genehmigungsbedürftigen Geschäfte abgesehen unterwirft der Gesetzgeber die Vermögensverwaltung durch die Eltern nur einer gelinden Kontrolle. So brauchen die Eltern, solange sie beide am Leben sind, kein Verzeichnis des Kindesvermögens anzufertigen (anders als ein Vormund, § 1802). Eine solche Verpflichtung entsteht für sie nur, wenn ein Elternteil stirbt (§ 1682) oder wenn der das Vermögen verwaltende Elternteil sich wieder verheiraten will oder - bei einem nichtehelichen Kind - wenn die Mutter eine Ehe eingehen will 148

Schranken der elterlichen Gewalt

§ 19 II 1

(§ 1683). Das Vormundschaftsgericht kann allerdings von den Eltern jederzeit verlangen, daß sie ein Vermögensverzeichnis einreichen, wenn das Kindesvermögen gefährdet erscheint, § 1667. Ein Vormund muß jährlich über seine Vermögensverwaltung Rechnung legen, § 1840. Auch dazu sind die Eltern nicht verpflichtet. Sie müssen lediglich bei der Beendigung ihrer Vermögensverwaltung, wenn sie dem Kind das Vermögen herausgeben müssen, auf dessen Verlangen über ihre Verwaltung Rechenschaft ablegen, § 1698. Grundsätzlich können die Eltern frei darüber entscheiden, wie sie das Vermögen des Kindes anlegen wollen, ob in Grundstücken, Goldmünzen, Briefmarken usw. Nur dann, wenn sie Barvermögen des Kindes in Geldforderungen oder Wertpapieren anlegen wollen, schreibt das Gesetz eine sog. mündelsichere Anlage vor, §§ 1642, 1807, 1808 (s. u. § 23 IV, 3). II. Besondere

Schranken für die elterliche Mutter

Gewalt der

nichtehelichen

1. Der Gesetzgeber hat es für richtig gehalten, der nichtehelichen Mutter für bestimmte Angelegenheiten einen Pfleger an die Seite zu stellen und dadurch ihre elterliche Gewalt zu beschränken. Zum Aufgabenkreis dieses Pflegers gehören (§ 1706): a) die Feststellung der Vaterschaft und alle sonstigen Angelegenheiten, die die Feststellung oder Änderung des Eltern-Kind-Verhältnisses (Beispiele: Ehelicherklärung, Adoption) oder des Familiennamens des Kindes betreffen; b) die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und die Verfügung über diese Ansprüche; c) die Regelung von Erb- und Pflichtteilsrechten, die dem Kind im Fall des Todes des Vaters und seiner Verwandten zustehen. Die Regelung des § 1706 war im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt lebhaft umstritten. Manchen war der Zuständigkeitsbereich des Pflegers zu groß, anderen zu klein. Zum Teil hat man vorgeschlagen, den Zuständigkeitsbereich des Pflegers auf die Vaterschaftsfeststellung zu beschränken, insbesondere die Namensangelegenheiten herauszunehmen, andere Vorschläge gingen dahin, dem Pfleger zusätzlich zu der Feststellung der Vaterschaft die gesamte Vermögensverwaltung zu übertragen. Die Fassung, die § 1706 schließlich erhalten hat, ist somit ein echter Kompromiß, der im ganzen als vernünftig bezeichnet werden muß. Das Verhältnis der Mutter zum Vater ist nicht selten gespannt. Oft ist es der Mutter unangenehm, mit dem Vater wieder in Verbindung zu treten. Wehrt sich der Vater gegen eine Inanspruchnahme, müssen 149

§ 19

III 1

I I . Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Prozesse geführt werden. Darin ist aber die Mutter in aller Regel unerfahren. Würden ihr diese Geschäfte nicht abgenommen, so würden häufig die Rechte des Kindes nicht mit dem genügenden Nachdruck vertreten werden. 2.Den Bedenken gegen diese Beschränkung der elterlichen Gewalt der Mutter hat das Gesetz dadurch Rechnung getragen, daß es das Vormundschaftsgericht ermächtigt, auf Antrag der Mutter a) anzuordnen, daß die Pflegschaft nicht eintritt, b) die Pflegschaft aufzuheben, c) den Wirkungskreis des Pflegers zu beschränken,

§ 1707.

Nachdem der Mutter schon vor dem Inkrafttreten des NEG auf ihren Antrag die volle elterliche Gewalt übertragen werden konnte, hätte es einen Rückschritt bedeutet, wenn der Gesetzgeber diese Möglichkeiten abgeschnitten hätte. 3. Hat das Vormundschaftsgericht nicht angeordnet, daß die Pflegschaft nicht eintreten soll, so wird mit der Geburt des Kindes das Jugendamt Pfleger, es sei denn, daß bereits vor der Geburt ein Pfleger bestellt worden ist (daß eine Pflegschaft auch bereits für eine Leibesfrucht bestellt werden kann, ergibt sich aus § 1912 I) oder das Kind eines Vormundes bedarf (weil die Mutter aus rechtlichen Gründen, z. B. wegen Minderjährigkeit, die elterliche Gewalt nicht ausüben kann, s. u. III, 2 c), § 1709. III.

Die

Verhinderung

der Eltern an der Ausübung der Gewalt

1. Tatsächliche und rechtliche

elterlichen

Verhinderung

Von einer Verhinderung der Eltern an der Ausübung der elterlichen Gewalt spricht man dann, wenn die Eltern nicht nur an einem bestimmten Handeln für das Kind gehindert sind (wie in den Fällen, in denen ihre elterliche Gewalt beschränkt ist), sondern generell für kürzere oder längere Zeit ihre elterliche Gewalt nicht ausüben können. Die Gründe einer solchen Verhinderung können tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein. Eine tatsächliche Verhinderung liegt z. B. vor, wenn ein Elternteil schwer krank oder vorübergehend abwesend ist. Aus Rechtsgründen ist ein Elternteil an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert, wenn er geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist oder wegen körperlicher Gebrechen gemäß § 1910 einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten hat. Das Gesetz spricht hier von einem Ruhen der elterlichen Gewalt, § 1673. Ist eine tatsächliche Verhinderung eines 150

Schranken der elterlichen Gewalt

§ 19 III 2

Elternteils von längerer Dauer (verbüßt der Vater z. B. eine längere Freiheitsstrafe), so hat das Vormundschaftsgericht diese - länger dauernde - Verhinderung festzustellen. Diese Feststellung hat dann ebenfalls das Ruhen der elterlichen Gewalt zur Folge, § 1674 I. Konsequenz: Solange die elterliche Gewalt ruht, braucht die tatsächliche Verhinderung im Einzelfall nicht mehr festgestellt zu werden. Die Feststellung des Vormundschaftsgerichts dient darum der Rechtssicherheit. 2. Rechtsfolgen der Verhinderung a) Ist ein Elternteil tatsächlich verhindert, die elterliche Gewalt auszuüben, oder ruht seine elterliche Gewalt, so übt der andere Teil die elterliche Gewalt allein aus, § 1678 I. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der andere Elternteil vor der Verhinderung Mitinhaber der elterlichen Gewalt war. Darum geht z. B. bei einer Verhinderung der nichtehelichen Mutter die elterliche Gewalt nicht auf den Erzeuger über. Sind die Eltern des Kindes geschieden oder leben sie getrennt und war die elterliche Gewalt einem Elternteil übertragen (§§ 1671, 1672), so hat die Verhinderung des Elternteils, dem die elterliche Gewalt übertragen war, ebenfalls nicht zur Folge, daß nunmehr der andere Elternteil kraft Gesetzes die elterliche Gewalt erhält. Normalerweise wird hier ein Pfleger bestellt. Nur dann, wenn es sich um ein Ruhen der elterlichen Gewalt handelt und keine Aussicht besteht, daß der Grund des Ruhens wegfallen werde, kann der andere Teil die Ubertragung der elterlichen Gewalt auf sich beantragen, § 1678 II. h) Eine Besonderheit gilt, wenn die elterliche Gewalt eines Elternteils deswegen ruht, weil er beschränkt geschäftsfähig ist. In diesem Fall behält nämlich dieser Elternteil das Recht der Personensorge, freilich ohne das Vertretungsrecht. Allerdings geht bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern die Meinung des gesetzlichen Vertreters vor (typischer Fall: die eheliche Mutter ist noch minderjährig!). Gegenausnahme: Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen der minderjährigen Mutter und einem Vormund oder Pfleger geht die Meinung der Mutter vor (typischer Fall: die nichteheliche Mutter ist noch minderjährig!), § 1673 II. c) Sind beide Eltern oder ist bei einem nichtehelichen Kind die Mutter an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert, so trifft das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßnahmen, § 1693 (Bestellung eines Pflegers oder eines Vormundes). Ist die nichteheliche Mutter bei der Geburt des Kindes minderjährig oder ruht ihre elterliche Gewalt aus anderen Gründen, so wird das Jugendamt mit der Geburt des Kindes Vormund, § 1791 c I. Man spricht hier von einer gesetzlichen Amtsvormundschaft. Hier braucht also ein 151

§ 19 IV 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Vormund nicht eigens bestellt zu werden. Die Amtsvormundschaft tritt nur dann nicht ein, wenn bereits vor der Geburt des Kindes ein Vormund bestellt war. Daß eine solche Bestellung bereits vor der Geburt möglich ist, ergibt sich aus § 1774 S. 2.

IV. Maßnahmen

des Vormundschaftsgerichts zum Schutz des Kindes

1. Die Ausübung der elterlichen Gewalt unterliegt der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Aber diese Aufsicht ist keine ständige, das Gericht schreitet nur ein in gewissen Fällen, soweit sie zu seiner Kenntnis kommen. Um das nicht ganz vom Zufall abhängig zu machen, ist dem Jugendamt die Pflicht auferlegt, dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen, wenn ein Fall zu seiner Kenntnis gelangt, in dem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten befugt ist, § 1694. Hält ein Jugendlicher Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts gegen seine Eltern für geboten, so kann er sich sowohl an das Jugendamt als auch an das Vormundschaftsgericht mit der Anregung wenden, ein Verfahren nach § 1666 einzuleiten. Da das Vorgehen gegen den Vater oder die Mutter in natürliche Beziehungen eingreift, ist dem Gericht ein behutsames Vorgehen zur Pflicht gemacht. Vor einer Entscheidung, die die Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes betrifft, hat es die Eltern zu hören. Nur aus schwerwiegenden Gründen darf hiervon abgesehen werden, § 1695 I. Den Vater eines nichtehelichen Kindes soll das Gericht dann hören, wenn es die Anhörung nach seinem Ermessen für geeignet hält, dem Wohl des Kindes zu dienen, § 1712. Maßnahmen, die in die elterliche Gewalt eingreifen, sind wieder aufzuheben oder zu ändern, wenn sich die Voraussetzungen ändern, unter denen sie getroffen worden sind, § 1696. 2. Die Fälle, in denen das Vormundschaftsgericht eingreifen muß, weil die Eltern aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert sind, die elterliche Gewalt auszuüben oder weil sie in einem konkreten Fall das Kind nicht vertreten können, sind bereits genannt worden (s. o. 1,2; III). 3. Von sich aus muß das Vormundschaftsgericht des weiteren dann Maßnahmen treffen, wenn das geistige oder leibliche Wohl des Kindes gefährdet ist oder der Schutz der Vermögensinteressen des Kindes ein Eingreifen erfordert. Maßnahmen bei einer Gefährdung des geistigen oder leiblichen Wohles des Kindes sind gemäß § 1666 I allerdings nur zulässig, wenn die Gefährdung darauf beruht, daß der Vater oder die Mutter ihr Personen152

Schranken der elterlichen Gewalt

§ 19 IV 4

sorgerecht mißbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig gemacht haben. Die h. M. entnimmt dieser Formulierung, daß die Eltern schuldhaft gehandelt haben müssen; vgl. B G H Z 20, 313. Mit Recht wird dagegen vorgetragen, daß das Kind auch dann geschützt werden müsse, wenn den Eltern kein Schuldvorwurf gemacht werden kann; vgl. Gernhitber, § 49 VIII, 3; Staudinger-Göppinger, § 1666 Anm. 194ff. De lege ferenda empfiehlt sich deswegen eine Änderung etwa in der Form, wie sie im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vorgeschlagen wird: Wird das Wohl des Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Vormundschaftsgericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Weigern sich die Eltern, eine zur Abwendung der Gefahr für Leib oder Leben des Kindes erforderliche Willenserklärung oder sonstige Erklärung abzugeben, so kann das Vormundschaftsgericht die Erklärung ersetzen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; vgl. dazu Gernhuber, FamRZ 1973, 234. Ein Mißbrauch des Personensorgerechts liegt z. B. dann vor, wenn Eltern ihr Kind mißhandeln oder so häufig schlagen, daß das Kind ängstlich, verstört und verschüchtert wird; vgl. O L G Stuttgart, FamRZ 1974, 538. Zum Mißbrauch des Personensorgerechts durch Abmeldung eines Jugendlichen von der höheren Schule bei mangelnder Rücksichtnahme auf die eigenen Wünsche und Neigungen des Auszubildenden vgl. O L G Karlsruhe, FamRZ 1974, 661.

Als Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts kommen neben der Beschränkung oder Entziehung des Personensorgerechts (bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht auch des Rechts der Vermögensverwaltung, § 1666 II) Gebote, Verbote, Auflagen und Anordnungen in Betracht. Bei einer Gefährdung des Kindesvermögens wird auch von der h. M. nur danach gefragt, ob ein Elternteil die mit der Vermögensverwaltung verbundenen Pflichten objektiv verletzt hat (hier wird also kein schuldhaftes Handeln vorausgesetzt). Außerdem kann das Vormundschaftsgericht Schutzmaßnahmen treffen, wenn ein Elternteil in Vermögensverfall geraten ist, § 1667 I. Als Beispiele möglicher Maßnahmen nennt das Gesetz hier die Anordnung der Einreichung eines Vermögensverzeichnisses oder einer Rechnungslegung (§ 1667 II). 4. Maßnahmen zum Schutz des Kindes ermöglicht neben den genannten Vorschriften des BGB auch das JWG. So kann für einen Minderjährigen, dessen leibliche, geistige oder seelische Entwicklung gefährdet oder geschädigt ist, ein Erziehungsbeistand bestellt werden, § 55 JWG. Als Erziehungsbeistand soll eine Persönlichkeit bestellt werden, die über die nötigen pädagogischen und psychologischen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Eltern beraten und dem Minderjährigen mit Rat und Hilfe beistehen zu können; vgl. § 58 J W G .

153

§ 1 9 V I

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Grundsätzlich ist die Bestellung eines Erziehungsbeistandes zwar von einem Antrag der Sorgeberechtigten (also beider Eltern!) abhängig (§ 56 I JWG), das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Bestellung auch dann anordnen, wenn nur ein Personensorgeberechtigter oder wenn das Jugendamt einen entsprechenden Antrag stellt, § 57 JWG. Neben der Erziehungsbeistandschaft kennt das JWG noch die sog. Freiwillige Erziehungshilfe und die Fürsorgeerziehung. Freiwillige Erziehungshilfe gewährt das Landesjugendamt auf schriftlichen Antrag der Personensorgeberechtigten, §§ 62, 63 JWG. Man versteht darunter die mit Einverständnis und Unterstützung der Erziehungsberechtigten auf öffentliche Kosten durchgeführte Erziehung des Minderjährigen in einem Heim oder einer Familie. Fürsorgeerziehung ordnet das Vormundschaftsgericht an (auf Antrag eines Personensorgeberechtigten, des Jugendamts oder des Landesjugendamts, aber auch von Amts wegen), wenn der Minderjährige geistig, sittlich oder körperlich zu verwahrlosen droht oder verwahrlost ist und keine ausreichende andere Erziehungsmaßnahme gewährt werden kann, §§ 64, 65 JWG. Hier kommt es nicht mehr auf das Einverständnis und die Bereitschaft der Personensorgeberechtigten an, die öffentliche Erziehung zu unterstützen. Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung können im übrigen auch als Erziehungsmaßnahme im Rahmen des Jugendstraf rechts vom Jugendgericht angeordnet werden (§§ 5 ff. JGG). Ende 1974 hatten 7254 Jugendliche einen Erziehungsbeistand, 18943 Jugendlichen wurde Freiwillige Erziehungshilfe gewährt und 7849 Jugendliche standen unter Fürsorgeerziehung; vgl. DAVorm. 1976, Sp. 191, 192. V. Die Verteilung der elterlichen Gewalt bei Scheidung, oder Nichtigerklärung der Ehe oder bei Getrenntleben

Aufhebung der Eltern

1. Wird eine Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so kann die elterliche Gewalt nicht mehr beiden Eltern gemeinsam zustehen, jedenfalls nicht mehr von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt werden. Die Eltern trennen sich. Das Kind kann nur bei einem Elternteil bleiben. Aus diesem Grund muß eine Entscheidung darüber getroffen werden, wem nunmehr die elterliche Gewalt zustehen soll. Das Gesetz hat diese Entscheidung - im Interesse des Kindes - nicht der freien Einigung der Eltern überlassen, wenn es dieser Einigung auch große Bedeutung beimißt, sondern verlangt in jedem Fall eine Entscheidung des Familiengerichts, § 1671 I. Da die elterliche Gewalt mehrere Bestandteile umfaßt, wäre es an sich denkbar, einen Teil der elterlichen Gewalt dem Vater, einen anderen 154

Schranken der elterlichen Gewalt

§19

V2

Teil der Mutter zu übertragen. Eine solche Aufspaltung ist aber nur ausnahmsweise und nur in einer F o r m zulässig: Wenn das Wohl des Kindes es erfordert, kann einem Eltemteil die Personensorge und dem anderen die Vermögensverwaltung übertragen werden, § 1671 IV. Eine weitere Aufteilung der elterlichen Gewalt ist nach h. M. unzulässig. D. h.: Das Gericht kann z. B. nicht der Mutter das Recht der Personensorge zuteilen, dem Vater jedoch das Recht zur religiösen Erziehung des Kindes oder dem einen Teil die Personensorge ohne die gesetzliche Vertretung, dem anderen den übrigen Teil der elterlichen Gewalt, insbesondere die gesetzliche Vertretung; vgl. O L G Hamm, FamRZ 1972, 469. Dagegen Lüderitz-Lenzen, FamR2 1971, 625 , 626: Besitzt ein Kind ein landwirtschaftliches Gut und eine Industriebeteiligung, so wäre es sachgerecht, dem bäuerlichen Vater die Vermögenssorge über das Gut, der einer Kaufmannsfamilie entstammenden Mutter (oder einem Dritten!) die Vermögenssorge über die Industriebeteiligung zu übertragen. Unzulässig ist es auch, die gesamte elterliche Gewalt beiden Ehegatten zu übertragen - mit der Maßgabe, daß bei Streitigkeiten das Vormundschaftsgericht oder das Familiengericht entscheiden soll - und zwar selbst dann, wenn beide Eltern das vorschlagen. Ein Streit wäre hier unvermeidlich; vgl. BayObLG, FamRZ 1964, 523; dagegen meinen wiederum Lüderitz-Lenzen, FamRZ 1971, 626: Jede Art der Regelung elterlicher Gewalt ist zulässig, wenn sie im Einzelfall dem Kindeswohl entspricht. Ein Streit ist nicht unvermeidlich, insbesondere dann nicht, wenn die Kinder älter und elterliche Entscheidungen damit seltener sind. Gelegentlich wollen sich die Eltern nicht für einen längeren Zeitraum binden. Sie schlagen deswegen vor, die elterliche Gewalt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einem Elternteil zu übertragen, für die spätere Zeit aber noch einmal das Familiengericht entscheiden zu lassen. Ein solcher Vorschlag der Eltern wird von den meisten Gerichten aber nicht akzeptiert (vgl. BayObLG, DA Vorm. 1976, Sp. 328; s. aber auch KG, FamRZ 1967, 294). 2. Die Eltern haben von Rechts wegen die Möglichkeit, sich über die Zuteilung der elterlichen Gewalt zu einigen. Denn eine gütliche Einigung wird in vielen Fällen die beste Gewähr für eine dem Wohl des Kindes entsprechende Regelung bieten. Die Einigung bindet zwar das Familiengericht nicht, hat aber doch gewisse Rechtswirkungen. Von einem gemeinsamen Vorschlag der Eltern darf nämlich das Gericht nur dann abweichen, wenn dies zum W o h l des Kindes erforderlich ist, § 1671 II, also nicht bereits, wenn es eine andere Lösung für besser hält. Machen die Eltern keinen gemeinsamen Vorschlag oder billigt das G e r i c h t ihren Vorschlag nicht, so hat das Gericht selbständig zu entscheiden. E s hat dann die Regelung zu treffen, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 III. Zweckmäßigerweise sollte dabei auch das Kind g e h ö r t bzw. seine affektive Tendenz festgestellt werden. Bei Jugendlichen über 14 Jahren sollte die Entscheidung nicht gegen ihren Willen

155

§ 2 0 I

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

erfolgen. Wie die Statistik zeigt, wachsen die meisten Kinder bei ihren geschiedenen Müttern auf und nur verhältnismäßig wenige bei ihren geschiedenen Vätern; vgl. Luther, RdJ 1972, 161, 162. 3. Während der Dauer der elterlichen Gewalt kann das Familiengericht seine Anordnungen jederzeit ändern, wenn es dies im Interesse des Kindes für angezeigt hält, § 1696, d. h. wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen; vgl. BayObLG, FamRZ 1962, 166. 4. Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, so werden sie sich vielfach darüber verständigen, bei wem die Kinder verbleiben und aufwachsen sollen. Da die gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt durch die Trennung erschwert wird, überläßt dann ein Gatte dem anderen häufig die Ausübung der elterlichen Gewalt allein, so daß dieser die Erziehungsfragen allein entscheiden und das Kind auch aufgrund einer allgemeinen Ermächtigung allein vertreten kann. Da eine solche Einigung nicht immer möglich ist und zudem den überlassenden Elternteil nicht von seiner Verantwortlichkeit für die elterliche Gewalt, die unverzichtbar ist, entbindet, eröffnet § 1672 dem Familiengericht die Möglichkeit, dem einen oder anderen Teil die elterliche Gewalt entsprechend den für die Auflösung der Ehe gegebenen Vorschriften des § 1671 zuzuteilen und damit zugleich den von der Ausübung der elterlichen Gewalt Ausgeschlossenen von seiner Verantwortlichkeit zu entbinden. Anders als nach § 1671 entscheidet das Familiengericht in einem solchen Fall nur auf Antrag eines Elternteils. Auch hier hat ein gemeinsamer Vorschlag der Eltern den Vorrang. Liegt eine Einigung der Eltern nicht vor, muß das Familiengericht nach Ermittlung des Sachverhalts sich für die Regelung entscheiden, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

§ 20. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten I. Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten im allgemeinen Nahe Verwandte sind verpflichtet, sich gegenseitig zu unterstützen. Das BGB nennt diese Unterstützungspflicht „ Unterhaltspflicht" und beschränkt sie auf Verwandte in gerader Linie, § 1601. Unter Seitenverwandten, z. B. Geschwistern, besteht also keine Unterhaltspflicht, ebensowenig unter Verschwägerten, wie z. B. Schwiegereltern und Schwiegerkindern. 156

Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

§ 2 0 II 2

Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Verwandten ergänzen die Vorschriften über den Familienunterhalt (§§ 1360ff.), sowie über den Unterhalt getrennt lebender (§ 1361) oder geschiedener Ehegatten (SS 1569 ff.). II. Die Voraussetzungen 1. Bedürftigkeit

des

der

Unterhaltspflicht

Unterhaltsberechtigten

Unterhaltsberechtigt ist nur, wer unterhaltsbedürftig ist, d. h., wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, § 1602 I. Wer eigenes Vermögen hat oder arbeiten kann, ist grundsätzlich nicht bedürftig, es sei denn, daß ihm eine Verwertung seiner Arbeitskraft nicht zugemutet werden kann. Beispiel: Dem Studenten kann nicht zugemutet werden, sich sein Studium selbst zu verdienen, solange die Eltern leistungsfähig sind; denn jede Nebentätigkeit hindert ihn an seiner Hauptaufgabe, dem Studium.

Eine bevorzugte Stellung hat das minderjährige unverheiratete (eheliche sowohl als nichteheliche) Kind gegenüber seinen Eltern. Es braucht nämlich, wenn es Vermögen hat, den Stamm des Vermögens nicht anzugreifen. Es kann vielmehr Unterhalt insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag der ihm zumutbaren Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen, § 1602 II. Die freiwillige Leistung Dritter befreit nicht von der Unterhaltspflicht, auch nicht die Unterstützung durch die Sozialhilfe (§ 2 BSHG) oder öffentliche Studienförderungsmittel für bedürftige Studenten (BAFöG). 2. Leistungsfähigkeit

des

Inanspruchgenommenen

Unterhaltsverpflichtet ist grundsätzlich nur, wer leistungsfähig ist. Die Selbsterhaltung geht vor. Unterhaltspflichtig ist darum nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, § 1603 I. Dabei werden strenge Maßstäbe angelegt. Veranschlagt wird nicht, was der Unterhaltspflichtige tatsächlich verdient, sondern was er durch zumutbare Arbeit verdienen kann. Auch hier nimmt das minderjährige unverheiratete Kind eine Sonderstellung ein. Ihm gegenüber trifft die Eltern eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Sie dürfen ihren eigenen Unterhalt nicht voranstellen, sondern müssen alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig verwenden, § 1603 II, 1. Diese Verpflichtung tritt nur dann nicht ein, wenn der Unterhalt des Kindes aus dem Stamm seines Ver157

§ 2 0 III 4

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

mögens bestritten werden kann oder ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter (etwa der Großvater) vorhanden ist, § 1603 II, 2.

III.

Reihenfolge

der

Unterhaltspflichtigen

Die Unterhaltspflichtigen sind in einer bestimmten Reihenfolge zum Unterhalt verpflichtet. 1. Zunächst haftet vor den Verwandten der Ehegatte, § 1608 S. 1. Die Haftung des Ehegatten wird allerdings gemildert, wenn seine Unterhaltspflicht mit der Unterhaltspflicht von Verwandten zusammentrifft. Er gilt nämlich in diesem Fall schon dann als leistungsunfähig, wenn er dem anderen Gatten bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Unterhaltspflichten gegenüber nichtehelichen Kindern) nicht ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt gewähren kann, § 1608 S. 2. D. h., er kann hier den bedürftigen Gatten an seine leistungsfähigen Verwandten verweisen. Abweichend von der Regel haften in diesem Fall die Verwandten vor dem Ehegatten. 2. Die (ehelichen und nichtehelichen) Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig, § 1606 I. 3. Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren (§ 1606 II), die Kinder also vor den Enkeln, die Eltern vor den Großeltern. Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbsund Vermögensverhältnissen (also nicht gesamtschuldnerisch), § 1606 III, 1. Insbesondere, wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden oder nicht miteinander verheiratet sind, ist § 1606 III, 2 von Bedeutung: Die Mutter erfüllt ihre Verpflichtung, zum Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. 4. Für alle Gruppen gilt: Ein leistungsunfähiger Verwandter ist als nicht vorhanden zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die Unterhaltspflicht der gleich nahe Verwandten erhöht oder ein entfernterer Verwandter unterhaltspflichtig wird, § 1607 I. Beachte: Wer an Stelle eines leistungsunfähigen Verwandten unterhaltspflichtig wird, erfüllt mit der Unterhaltsleistung eine eigene Verbindlichkeit, nicht die Schuld des Leistungsunfähigen. Er kann darum den Leistungsunfähigen nicht regreßpflichtig machen, wenn dieser wieder zu Vermögen kommt. Wer dagegen an Stelle eines leistungsfähigen Verwandten Unterhalt leistet, hat diesem gegenüber regelmäßig Ersatzansprüche. Als Anspruchsgrundlagen kommen in Betracht: Ge158

Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

§ 20 V 1

schäftsführung ohne Auftrag (Geschäftsführerwille prüfen!), ungerechtfertigte Bereicherung (zweifelhaft; vgl. Latenz, SchR II, S. 417), unerlaubte Handlung (§ 826: Der Unterhaltspflichtige macht einen Dritten glauben, er, der Dritte, sei mit dem Berechtigten verwandt oder der Unterhaltspflichtige sei leistungsunfähig) oder cessio legis (§91 II BSHG, §§ 36, 37 BAFöG, § 1607 II, 2). Zu den Besonderheiten bei der Unterhaltszahlung an ein nichteheliches Kind s. u. VII, 2a.

IV. Reihenfolge der

Unterhaltsberechtigten

Es ist denkbar, daß ein Unterhaltspflichtiger von mehreren Bedürftigen in Anspruch genommen wird. Dann muß er ihnen allen Unterhalt gewähren, soweit er dazu imstande ist. Ist er dazu außerstande, schreibt das Gesetz auch hier eine Rangordnung vor: 1. An erster Stelle ist den minderjährigen (ehelichen und nichtehelichen) unverheirateten Kindem Unterhalt zu leisten, dann folgen die volljährigen und die verheirateten Kinder, sodann die übrigen Abkömmlinge (Enkel) und erst danach die Verwandten der aufsteigenden Linie, wobei unter diesen wiederum die näheren den entfernteren vorgehen, § 1609 I. 2. Der Ehegatte steht den minderjährigen unverheirateten Kindern gleich; anderen Kindern und den übrigen Verwandten geht er vor, § 1609 II, 1. Ist die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so geht der unterhaltsberechtigte Gatte den volljährigen oder verheirateten Kindern sowie den übrigen Verwandten des Unterhaltspflichtigen ebenfalls vor, § 1609 II, 2. Im Verhältnis zu den minderjährigen unverheirateten Kindern entscheidet die Billigkeit (§ 1581); regelmäßig werden sich alle Beteiligten eine entsprechende Herabsetzung des ihnen zukommenden Unterhalts gefallen lassen müssen. Zur Rangfolge zwischen dem Unterhaltsanspruch des Ehegatten und dem Unterhaltsanspruch eines früheren Ehegatten vgl. § 1582 und oben § 15 I, 2d (grundsätzlich geht der Unterhaltsanspruch des früheren Ehegatten dem Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten vor). V. Der Inhalt des

Unterhaltsanspruchs

1. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf - einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf - und zwar entsprechend der Lebensstellung des Bedürftigen, § 1610. Grundsätzlich kann dieser also angemessenen, d. h. auskömmlichen Unterhalt verlan159

§ 20 V 2

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

gen, bei dem nicht bloß auf die unter allen Umständen zu befriedigenden Bedürfnisse zu sehen ist, sondern auch auf seine Lebensstellung. Diese wird beeinflußt durch eine Reihe von Umständen, wie Lebensstellung und Vermögensverhältnisse der Eltern oder Anlagen, Ausbildung und Berufswahl des Bedürftigen. Was dementsprechend zu leisten ist, kann nur aufgrund der Verhältnisse des einzelnen Falles entschieden werden. O b die Kosten für ein Hochschulstudium zum angemessenen Unterhalt gehören, wurde früher davon abhängig gemacht, ob das Studium „standesgemäß" sei. Heute kann es nicht mehr auf den Stand der Eltern ankommen, sondern nur noch auf die entsprechende Befähigung des Kindes. Daneben wird allerdings noch zu berücksichtigen sein, ob und inwieweit den Eltern die Finanzierung zugemutet werden kann. Kinder, welche an einer Hochschule studieren wollen, sind bereits volljährig, also nicht mehr gem. § 1603 II, 1 privilegiert. Die Eltern brauchen ihren eigenen angemessenen Unterhalt deshalb nicht zu gefährden, um dem Kind ein Hochschulstudium zu ermöglichen; vgl. Jung, FamRZ 1974, 513. Sind die Eltern zu der Finanzierung des Studiums nicht in der Lage, so greifen allerdings meist die staatlichen Förderungsmaßnahmen (BAFöG) ein; vgl. Gernhuber, § 41 VI, 3. Die Kosten für ein Zweitstudium können den Eltern nur dann auferlegt werden, wenn zwingende Gründe einen Berufswechsel erfordern (Gesundheit, zunächst erlernter Beruf bietet keine ausreichende Lebensgrundlage mehr); vgl. Jung, FamRZ 1974, 513. Heiratet das Kind, dann hat für seine Ausbildungskosten in erster Linie der Ehegatte aufzukommen. Die Ausbildungskosten rechnen zu den „persönlichen Bedürfnissen" i. S. des § 1360a I. Die Eltern haften dann nur noch subsidiär, § 1608; vgl. Knom, FamRZ 1966, 603; Jung, FamRZ 1974, 513. Zum Lebensbedarf rechnen auch die Kosten zur Durchführung eines Rechtsstreits, der eine persönliche Angelegenheit betrifft. Der Unterhaltspflichtige hat diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht (vgl. § 1360a IV); Str.; vgl. BVerwG, FamRZ 1974 , 370. Zugunsten von Scheidungswaisen und von Kindern, deren Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben, hat das Gesetz für die Fälle, in denen die Kinder, die bei dem einen Elternteil leben, vom anderen Unterhalt verlangen, einen Mindestlebensbedarf festgesetzt: Bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres können sie mindestens den Betrag verlangen, der für ein nichteheliches Kind derselben Altersstufe als sog. Regelbedarf festgesetzt ist, § 1610 III (s. u. VII, 3). Durch diese Bestimmung wird dem Kind für die H ö h e des Regelbedarfs die Darlegungs- und Beweislast genommen und damit seine Stellung im Prozeß verbessert. 2. Ist der Unterhaltsberechtigte durch ein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er z. B . aufgrund einer Straftat seine Stellung verloren, so kann er nicht den angemessenen Unterhalt verlangen. Hier braucht der Verpflichtete nur einen Unterhaltsbeitrag in der Höhe zu 160

Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

§20

V 3

leisten, die der Billigkeit entspricht. Das gleiche gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem nunmehr von ihm in Anspruch Genommenen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltsverpflichtung kann in diesem Fall sogar gänzlich entfallen, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, § 1611 I. Ausnahmen: All das gilt jedoch nicht für die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern, § 1611 II. 3. Der Unterhalt ist regelmäßig durch eine Geldrente monatlich im voraus zu leisten, § 1612 I, III. Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann der Verpflichtete verlangen, daß ihm die Unterhaltsgewährung in anderer Art gestattet wird, § 1612 I, 2. Beispiele: Der junge Bauer, dem die Geldzahlung schwerfällt, erbietet sich seinen Eltern gegenüber zur Naturalverpflegung; der Enkel will den dem Trunk ergebenen Großvater in einem Heim unterbringen.

Die Eltern haben ganz allgemein unverheirateten Kindern gegenüber das Recht, zu bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus sie Unterhalt gewähren wollen, § 1612 II, 1. Meist werden sie die Naturalverpflegung wählen. Dieses Bestimmungsrecht der Eltern hängt mit ihrem Recht und ihrer Pflicht zur Erziehung der Kinder zusammen. Der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern soll es den Kindern nicht ermöglichen, sich der elterlichen Erziehung zu entziehen. Eine Ausnahme gilt für Kinder aus geschiedenen Ehen, für Kinder, deren Eltern getrennt leben und für nichteheliche Kinder, sowie dann, wenn einem Elternteil aus anderen Gründen die Personensorge nicht zusteht. Hier hat der Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht (z. B. der nichteheliche Vater), grundsätzlich keine Wahlbefugnis, es sei denn, das Kind lebt - ausnahmsweise - in seinem Haushalt, § 1612 II, 3. Auf Antrag des Kindes kann das Vormundschaftsgericht, wenn besondere Gründe vorliegen (Beispiel: die Eltern entscheiden sich für die Naturalverpflegung, weil sie auch auf das volljährige Kind noch erzieherisch einwirken wollen; vgl. KG, FamRZ 1969, 610), die Bestimmung durch die Eltern ändern, § 1612 II, 2. Geändert werden kann allerdings nur eine von der normalen Unterhaltsleistung abweichende Bestimmung. Haben sich die Eltern für eine (monatlich im voraus zu zahlende) Geldrente entschieden, so kann diese Wahl vom Gericht nicht abgeändert werden. 161

§ 20 V 7

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

4 . Unterhaltsleistungen sollen dem Unterhalt dienen. Wegen dieser Zweckgebundenheit, sowie um den Schuldner vor Forderungen zu schützen, auf die er sich nicht einrichten konnte, sieht das Gesetz vor, daß Unterhaltsansprüche nicht für die Vergangenheit geltend gemacht w e r d e n können: In praeteritum non vivitur. Davon macht das Gesetz zwei Ausnahmen: Zum einen kann Unterhalt auch für die Vergangenheit (oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung) von dem Zeitpunkt an verlangt werden, zu dem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist, § 1613 I. Und zum anderen kann im Fall eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (z. B. Kosten einer Operation) Erfüllung auch für die Vergangenheit verlangt werden, § 1613 II. 5 . F ü r die Zukunft § 1 6 1 4 I.

kann auf den Unterhalt nicht verzichtet

werden,

J e d e Vereinbarung, durch welche der Unterhaltsanspruch gemindert o d e r aufgehoben werden soll, auch die entgeltliche, auch die im Vergleichswege, ist nichtig, § 134 (Ausnahme: § 1 6 1 5 e ; s. u. VII, 2 d ) . Zulässig ist nur die nähere Regelung des Unterhaltsbetrages in den G r e n z e n der Angemessenheit. E i n e Vorausleistung befreit den Pflichtigen bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für drei Monate, § 1614 II. Wenn ein Dritter an Stelle des Unterhaltspflichtigen dem Berechtigten Unterhalt gewährt, so hat er den Erstattungsanspruch des Geschäftsführers ohne Auftrag gegen den Pflichtigen, falls er diesem die Übernahme der Geschäftsführung so bald als möglich angezeigt hat; vgl. § 679. § 1613 steht dem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Der Geschäftsführer muß sich u. U. allerdings vom Pflichtigen entgegenhalten lassen, daß er den Unterhaltsberechtigten mit den erforderlichen Mitteln versehen habe und infolge zulässiger Vorausleistung für die kritische Zeit gar nicht mehr unterhaltspflichtig gewesen, folglich auch nicht durch den Geschäftsführer von einer Verbindlichkeit befreit worden sei. Derselbe Einwand kann dem Träger der Sozialhilfe entgegengehalten werden, auf den der Unterhaltsanspruch des Unterstützten gem. § § 9 0 , 21 BSHG übergegangen ist. 6 . D e r Unterhaltsanspruch ist unahtretbar (§ 4 0 0 ) und nur beschränkt pfändbar (§ 8 5 0 b I Ziff. 2 Z P O ) ; gegen ihn kann nicht aufgerechnet w e r d e n , § 3 9 4 . Soweit er auf künftige Leistung gerichtet ist, unterliegt er nicht der Verjährung, § 194 II. N u r rückständige Ansprüche verjähren in vier Jahren, § 197 (beachte dazu aber § 204: H e m m u n g der Verjährung). 7. D e r Unterhaltsanspruch erlischt grundsätzlich mit dem Tode Berechtigten o d e r des Verpflichteten, § 1615 I.

des

Beim Tode des Berechtigten hat der Pflichtige allerdings noch die Beerdigungskosten zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht vom Erben zu erlangen ist, § 1615 II. 162

Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

§ 20 V I

Der Unterhaltsanspruch erlischt ferner, wenn seine Voraussetzungen (Bedürftigkeit des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) entfallen. 8. Tritt nach der Rechtskraft eines zum Unterhalt verpflichtenden Urteils eine wesentliche Veränderung der für den Inhalt des Urteils maßgebend gewesenen Verhältnisse ein, so ist jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Änderung des Urteils zu verlangen, § 323 ZPO. Um das Prozeßrisiko des Unterhaltsbedürftigen zu vermindern (Frage: Besteht ein Abänderungsanspruch, wenn ja: in welcher Höhe?) hat der Gesetzgeber das Gesetz zur vereinfachten Abänderung von Unterhaltsrenten erlassen (BGBl. 1976 I, 2029). Nach dem in das B G B neu eingefügten § 1612 a wird die Bundesregierung immer dann, wenn infolge erheblicher Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Anpassung der Unterhaltsrenten geboten erscheint, durch eine Anpassungsverordnung den Prozentsatz bestimmen, um den Unterhaltsrenten zu erhöhen (gegebenenfalls auch herabzusetzen) sind. Der Unterhaltsberechtigte kann dann eine entsprechende Anpassung der an ihn zu zahlenden Unterhaltsrente verlangen.

VI.

Unterhaltsverträge

Nicht selten wird die Unterhaltsleistung vertraglich geregelt. Hat die Regelung nur die gesetzliche Unterhaltspflicht zum Gegenstand, so bedarf sie keiner Form, bedeutet aber im allgemeinen nur die Feststellung der Unterhaltsrente ihrer Höhe nach, unabhängig von den Verhältnissen der Beteiligten, ohne den Unterhaltsanspruch der Anwendbarkeit der wesentlichen für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch maßgebenden Vorschriften zu entziehen; die §§ 1614 und 1615 bleiben maßgebend, nicht aber § 1613, der den Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit nur für bestimmte Ausnahmefälle anerkennt; RGZ 164, 65. Bei wesentlichen Veränderungen in der Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit einer Partei können sich die Vertragspartner auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Darüber hinaus gilt bei einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere infolge inflationärer Entwicklungen, auch hier § 1612a. Nicht nur dann, wenn die Unterhaltshöhe durch gerichtliche Entscheidung festgesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn sie sich aus einer Vereinbarung oder einer Verpflichtungsurkunde ergibt, kann eine Anpassung um den in der Anpassungsverordnung festgesetzten Prozentsatz verlangt werden. 163

§ 20 VII 2

VII.

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Besondere Vorschriften für das nichteheliche Kind und seine Mutter

1. Grundsätze Nichteheliche Kinder sind mit ihren Eltern ebenso verwandt wie eheliche Kinder. Darum gelten die Vorschriften über die Unterhaltsansprüche und Unterhaltspflichten von Verwandten grundsätzlich auch für sie, § 1615a. Die besondere Situation des nichtehelichen Kindes erfordert jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel. Die wichtigste Besonderheit ist die Einführung des sog. Regelunterhalts, den das Kind als Mindestunterhalt (unabhängig von seiner Bedürftigkeit und der Leistungsfähigkeit des Vaters) verlangen kann. Ansprüche gegen den Vater hat nicht nur das nichteheliche Kind, sondern - in einem beschränkten Umfang - auch die Mutter.

2. Abweichungen

von den allgemeinen

Vorschriften

a) Ersatzansprüche wegen geleisteten Unterhalts W e r an Stelle eines vorrangig Verpflichteten Unterhalt leistet, kann diesen regelmäßig nur dann regreßpflichtig machen, wenn die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (s. o. III, 4). Der Geschäftsführerwille wird aber z. B. dem Scheinvater so lange fehlen, wie er sich noch für den wirklichen Vater des Kindes hält. Außerdem könnte argumentiert werden, daß, solange die wahre Abstammung des Kindes noch nicht festgestellt worden ist, die Mutter oder ihre Eltern oder ihr Ehemann mit der Unterhaltsleistung keine fremde, sondern eine eigene Verpflichtung erfüllen. Um hier und in ähnlichen Fällen nicht den nichtehelichen Vater grundlos zu privilegieren, sieht das Gesetz eine cessio legis vor: Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater geht, soweit an Stelle des Vaters ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehemann der Mutter dem Kind Unterhalt gewährt, auf diesen über, § 1615b I, I. Beachte: D e r Unterhaltsanspruch gegen den wirklichen Vater kann erst geltend gemacht werden, wenn dessen Vaterschaft feststeht, § 1600a. Diese Feststellung k a n n d e r Scheinvater nicht erzwingen. Ihm steht kein Klagerecht zu. Weigert sich das Kind, den wirklichen Vater feststellen zu lassen, so wird man dem Scheinvater, wenn er die Ehelichkeit des Kindes mit Erfolg angefochten hat, das Recht e i n r ä u m e n m ü s s e n , die gezahlten Unterhaltsbeträge von dem Kind zu kondizieren. Schwierigkeiten bereitet hier freilich die Frage, was mit der cessio legis geschieht, wenn das Kind später doch seinen wirklichen Vater feststellen läßt. Liegt in der G e l t e n d m a c h u n g des Bereicherungsanspruchs durch den Scheinvater zugleich eine Erklärung, eine spätere Legalzession nicht zu akzeptieren? Vgl. zu dieser Frage Stolterfoth, D e r Scheinvaterregreß, FamRZ 1971, 341.

164

Die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten

§ 2 0 VII 2

b) Der angemessene Unterhalt Nach allgemeinem Unterhaltsrecht ist der Unterhaltspflichtige zur Zahlung des angemessenen Unterhalts verpflichtet. Welcher Betrag angemessen ist, bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Diese wiederum hängt bei einem ehelichen Kind von der Lebensstellung seiner Eltern ab. Bei einem nichtehelichen Kind wurde der Unterhalt nach bisherigem Recht nach der Lebensstellung der Mutter bemessen. Das Nichtehelichengesetz stellt klar, daß es auch bei nichtehelichen Kindern auf die Lebensstellung heider Eltem ankommt, § 1615c. Bei unterschiedlicher Lebensstellung entscheidet der Mittelwert; vgl. Lange, NJW 1970, 301. c) Unterhalt für die Vergangenheit Nach allgemeinem Unterhaltsrecht gilt der Satz: In praeteritum non vivitur. Bei nichtehelichen Kindern kann dieser Satz deswegen nicht gelten, weil die Vaterschaft mit der Geburt des Kindes in vielen Fällen noch nicht feststeht. Der Vater kann sich seiner Unterhaltspflicht nicht dadurch entziehen, daß er die Feststellung der Vaterschaft möglichst lange verzögert. Darum bestimmt § 1615d, daß das Kind von seinem Vater Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind, bevor die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt war, auch für die Vergangenheit verlangen kann. d) Unterhaltsvereinbarungen Nach den allgemeinen Regeln kann ein Unterhaltsberechtigter nicht für die Zukunft auf den Unterhalt verzichten. Demgegenüber schließt § 1615e für das nichteheliche Kind nur einen unentgeltlichen Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft aus. D. h., daß zwischen dem Kind (das dabei durch einen Pfleger vertreten wird, § 1706) und seinem Vater oder Verwandten des Vaters nicht nur Vereinbarungen über die Höhe des Unterhalts und die Zahlungsmodalitäten getroffen werden können, sondern daß der Unterhaltsanspruch auch durch eine Abfindung ersetzt werden kann. Da bei einer solchen Vereinbarung stets erhebliche Interessen des Kindes auf dem Spiel stehen, schreibt § 1615e II die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vor. O b die bloße Verpflichtungserklärung des nichtehelichen Vaters, Unterhalt in bestimmter Höhe zu zahlen, ein einseitiges schuldbestätigendes Anerkenntnis ist (und deswegen keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf) oder in Wahrheit eine Vereinbarung darstellt, ist bestritten. Tatsache ¡st: Meist wird die H ö h e der „anerkannten" Unterhaltsverpflichtung vom Amtspfleger errechnet, das Ergebnis dem Vater mit der Bitte mitgeteilt, sich beim Jugendamt einzufinden und in öffentlicher Urkunde eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Trotzdem

165

§20 VII3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

wird man hier nicht von einer Vereinbarung sprechen können. Durch die gewählte Form wird nämlich deutlich zu erkennen gegeben, daß eine vertragliche Bindung des Kindes nicht gewollt war. Weil das Kind aber vertraglich nicht gebunden wird, fehlt es auch an der Schutzbedürftigkeit, die allein die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung rechtfertigen würde; vgl. Odersky, Zur rechtsgeschäftlichen Festlegung der Höhe des vom nichtehelichen Vater zu leistenden Unterhalts, FamRZ 1971, 137.

3. Der

Regelunterhalt

Das allgemeine Linterhaltsrecht knüpft die Unterhaltspflicht an zwei Voraussetzungen: Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Kindern gegenüber haften die Eltern gleichrangig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Würden diese Sätze auch für den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gelten, so hätte dies in vielen Fällen zur Folge, daß sich der Vater auf seine Leistungsunfähigkeit oder auf die Mithaftung der Mutter für den Unterhalt berufen würde. Langwierige Unterhaltsprozesse wären unvermeidlich. Um dem zu entgehen, schreibt das Gesetz vor, daß der Vater unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit und vorrangig vor der Mutter - dem Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zunächst einmal den sog. Regelunterhalt schuldet, § 1615 f I, 1. Regelunterhalt ist der zum Unterhalt eines Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderliche Betrag, vermindert um Kindergeld, Kinderzuschläge und ähnliche Zahlungen, § 1615f I, 2. Die Höhe dieses Betrages wird jeweils von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung festgesetzt, § 1615f II. Die Bundesregierung stützt sich dabei auf ein alle zwei Jahre zu erstattendes Gutachten des statistischen Bundesamts (Art. 12 § 24 NichtehelichenG). Derzeit gilt als Regelbedarf eines Kindes bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres ein Monatsbetrag von 165 D M , vom 7. bis 12. Lebensjahr ein Monatsbetrag von 200 DM, vom 13. bis 18. Lebensjahr ein Monatsbetrag von 237 DM (RegelbedarfVO 1976). U m Härtefällen zu begegnen, sieht § 1615h die Möglichkeit einer Herabsetzung des Regelunterhalts vor, wenn der Regelunterhalt wesentlich den Betrag übersteigt, den der Vater dem Kind nach den allgemeinen Unterhaltsregeln leisten müßte. Außerdem können rückständige Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind, bevor der Vater die Vaterschaft anerkannt hat oder durch gerichtliche Entscheidung zur Leistung von Unterhalt verpflichtet worden ist, auf Antrag des Vaters gestundet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht, § 1615 i I. Rückständige Unterhaltsbeträge, die länger als ein Jahr vor Anerkennung der 166

Legitimation nichtehelicher Kinder

§21 I 1

Vaterschaft fällig geworden sind, können auf Antrag des Vaters sogar erlassen werden, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist, § 1615i II. 4. Ansprüche der Mutter a) Die Mutter hat gegen den Vater ihres nichtehelichen Kindes einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung und, falls infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere Aufwendungen notwendig werden (Umstandskleider, Kosten für ärztliche Untersuchungen während der Schwangerschaft), auch die dadurch entstehenden Kosten zu erstatten, es sei denn, daß diese Kosten durch Leistungen des Arbeitgebers oder durch Versicherungsleistungen gedeckt werden, § 1615 k. b) Darüber hinaus hat der Vater der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren, § 16151 I. Dieser Zeitraum, in dem der Vater der Mutter Unterhalt gewähren muß, vergrößert sich, wenn die Mutter infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit außerstande ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder deswegen nicht oder nur beschränkt erwerbstätig sein kann, weil sonst das Kind nicht versorgt werden könnte. Hier beginnt die Unterhaltspflicht des Vaters bereits (frühestens) vier Monate vor der Entbindung und dauert bis (spätestens) ein Jahr nach der Entbindung, § 16151 II.

§ 21. Legitimation nichtehelicher Kinder Nichteheliche Kinder können auf dreierlei Weise ehelich werden: durch die Heirat ihrer Eltern, durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters und durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes. I. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe 1. Allgemeines Nach dem Vorbild des römischen und kanonischen Rechts ist in den Rechtsordnungen fast aller Länder anerkannt, daß ein nichteheliches Kind die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt, wenn seine Eltern 167

§ 21 I 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

einander heiraten. Man spricht in diesem Fall von einer Jegitimatio per subsequens matrimonium. Dementsprechend bestimmt § 1719S. 1: „Ein nichteheliches Kind wird ehelich, wenn sich der Vater mit der Mutter verheiratet; dies gilt auch, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird." Die Legitimation durch nachfolgende Ehe hat große praktische Bedeutung. Nach Schätzungen werden fast 40% aller nichtehelich geborenen Kinder durch eine spätere Eheschließung ihrer Eltern legitimiert (vgl. Jansen-Knöpfel, Das neue Unehelichengesetz, S. 292).

2.

Voraussetzungen

Voraussetzungen der Legitimation sind lediglich, daß die Nichtehelichkeit des Kindes und die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter feststehen. Gilt das Kind als eheliches Kind eines anderen (z. B. des früheren Ehemannes der Mutter), so wird es durch die Heirat seiner Eltern nicht legitimiert. Hier muß zunächst seine Ehelichkeit angefochten werden. Mit der Rechtskraft des Urteils, das die Nichtehelichkeit des Kindes feststellt, gilt das Kind dann - rückwirkend - als nichtehelich. Damit ist der Weg frei f ü r die Feststellung, daß das Kind mit der Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist. Bei einem von einer anderen Person als seinem Vater oder seiner Mutter adoptierten Kind treten im Fall der Heirat seiner leiblichen Eltem die Legitimationswirkungen erst und nur dann ein, wenn das Annahmeverhältnis aufgehoben wird und danach das Verwandtschaftsverhältnis und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten des Kindes zu seinen leiblichen Eltem wieder aufleben, § 1719 S. 2.

Feststehen muß darüber hinaus die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter. Die Eheschließung hat Legitimationswirkung nur dann, wenn der Ehemann die Vaterschaft entweder mit Zustimmung des Kindes anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§§ 1600aff.). O b die Vaterschaft vor (so die Regel) oder nach der Eheschließung festgestellt wird, spielt keine Rolle. Eine nachträgliche Feststellung der Vaterschaft wirkt auf den Zeitpunkt der Eheschließung zurück. O b die Ehe der Eltem gültig ist oder nicht, ist für die Frage der Legitimation unerheblich. § 1719 stellt ausdrücklich klar, daß das Kind auch dann ehelich bleibt, wenn die Ehe, durch die es legitimiert worden ist, später für nichtig erklärt wird.

3. Wirkungen Ein durch die nachfolgende Ehe seiner Eltern legitimiertes Kind hat in jeder Beziehung die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes. Es erhält den Ehenamen, den seine Eltern führen; wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat allerdings nur dann, wenn es sich der Namensänderung durch Er168

Legitimation nichtehelicher Kinder

§ 21 II 2

klärung anschließt, § 1760. Der Vater erlangt neben der Mutter die elterliche Gewalt. Beachte: Stand das Kind bis zur Eheschließung unter Vormundschaft (z. B. weil die Mutter minderjährig war), so endet die Vormundschaft nicht kraft Gesetzes, sondern erst dann - aus Gründen der Rechtsklarheit - wenn ihre Aufhebung vom Vormundschaftsgericht angeordnet wird, § 1883. Das Vormundschaftsgericht ist allerdings zur Aufhebung verpflichtet.

4.

Anfechtung

Eheliche Kinder verlieren ihren Status mit der Anfechtung der Ehelichkeit. Bei legitimierten Kindern soll nach dem Willen des Gesetzes nicht die Ehelichkeit angefochten werden; vielmehr muß hier die Feststellung der Vaterschaft beseitigt werden. Das geschieht, wenn die Feststellung der Vaterschaft auf einer Anerkennung beruht, durch eine Anfechtung der Anerkennung (§§ 1600f-1600m). Eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft kann dagegen nur im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO) beseitigt werden. II. Legitimation

durch Ehelicherklärung

auf Antrag des Vaters

1. Allgemeines Neben der Legitimation durch nachfolgende Ehe hatte schon das römische Recht eine Legitimation durch kaiserliches Rescript (legitimatio per rescriptum principis) ausgebildet, die in Deutschland als Recht des Kaisers und der Landesherren ausgeübt wurde. Das BGB übernahm diese Form der Legitimation „durch Verfügung der Staatsgewalt", machte sie zunächst aber von einem Antrag des Vaters abhängig. Die Möglichkeit einer Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes wurde erst durch das Nichtehelichengesetz eingeführt. Die Ehelicherklärung durch Verfügung der Staatsgewalt hat den Sinn, dem Kind auch in den Fällen die Stellung eines ehelichen Kindes zu verschaffen, in denen eine Eheschließung zwischen den Eltern nicht möglich ist (z. B. weil die Mutter gestorben ist oder der Eheschließung ein Eheverbot entgegensteht) oder die Eltern nicht heiraten wollen. G r o ß e praktische Bedeutung hat sie nicht. So wurden beispielsweise im Land Bayern im Jahre 1965 bei 13873 nichtehelichen Geburten nur 63 Kinder auf Antrag des Vaters für ehelich erklärt (vgl. Jansen-Knöpfel, Das neue Unehelichengesetz, S. 298) im ganzen Bundesgebiet waren es im selben Jahr 324 Kinder.

2.

Voraussetzungen

Voraussetzungen der Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters sind a) die Nichtehelichkeit des Kindes, b) ein Antrag des Vaters, § 1723 und 169

§21

II 4

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

c) die Einwilligung des Kindes, seiner Mutter (wenn das Kind minderjährig ist) und der Ehefrau des Vaters, § 1726 I. Der Antrag des Vaters und die Einwilligungserklärungen der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters sind höchstpersönliche Erklärungen, können also nicht durch einen Vertreter erklärt werden, § 1728 I. Die Einwilligung des Kindes muß von ihm selbst erklärt werden, wenn es 14 Jahre alt und wenigstens beschränkt geschäftsfähig ist. Für ein Kind, das noch nicht 14 Jahre alt oder geschäftsunfähig ist, handelt sein gesetzlicher Vertreter, § 1729 (nicht die Mutter, sondern der Pfleger, § 1706 Ziff.l!).

Die Voraussetzung, daß die nichteheliche Abstammung des Kindes vom Antragsteller feststeht, sei es aufgrund einer Anerkennung, sei es aufgrund einer gerichtlichen Feststellung (§§ 1600äff.), ist unverzichtbar. Unverzichtbar ist auch die Einwilligung des Kindes. Dagegen sind die Einwilligungserklärungen der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters zum Teil entbehrlich (vgl. im einzelnen §§ 1726, 1727), zum Teil können sie ersetzt werden. 3. Die

Ehelicherklärung

Die Ehelicherklärung geschieht durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts. Das Vormundschaftsgericht hat dem Antrag stattzugeben, wenn die Ehelicherklärung dem Wohl des Kindes entspricht und keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen, § 1723. Das Gericht kann also nicht die Ehelicherklärung mit der Begründung verweigern, die Eltern hätten die Möglichkeit, einander zu heiraten (kein Zwang zur Ehe!). Aber-. Leben die Eltern im Konkubinat, so ist es fraglich, ob die Ehelicherklärung dem Wohl des Kindes entspricht. Schließlich verliert die Mutter damit alle Rechte. Das kann, wenn die Eltern zusammen leben, zu Konfliktsituationen f ü h r e n , die im Interesse des Kindes vermieden werden sollten; vgl. StaudingerBökelmann,, § 1734 Anm. 19.

Die Ehelicherklärung ist unanfechtbar. Das Gericht kann sie nicht zurücknehmen, auch wenn sich später herausstellt, daß das Vorliegen gesetzlicher Voraussetzungen zu Unrecht angenommen worden war, § 56 a I, 2 F G G , § 1735 S. 1. Die Ehelicherklärung wird nur dann (rückwirkend) unwirksam, wenn durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt wird, daß der Mann nicht der Vater des Kindes ist, § 1735 S. 2. 4.

Wirkungen

Durch die Ehelicherklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, § 1736. Infolge des damit verbundenen Überwechseins in die Familie des Vaters (das Kind erhält jetzt auch den Familiennamen des Vaters, § 1737) ändern sich die Beziehungen des 170

Legitimation nichtehelicher Kinder

§ 21

III 2

Kindes zu semer Mutter. Die Mutter verliert das Recht und die Pflicht, die elterliche Gewalt auszuüben, § 1738. Ihre Unterhaltspflicht bleibt grundsätzlich bestehen, tritt aber hinter die des Vaters zurück, § 1739. O b sie weiterhin das Recht hat, mit dem Kind persönlich zu verkehren (§ 1634), ist bestritten, aber wohl zu bejahen; vgl. Staudinger-Bökelmann, § 1738 Anm. 5; a. A. Dolle II, § 111 V, 5a. Endet oder ruht die elterliche Gewalt des Vaters oder wird ihm die Sorge für die Person des Kindes entzogen, so kann das Vormundschaftsgericht der Mutter die Ausübung der elterlichen Gewalt zurückübertragen, § 1738 II. III. Legitimation

durch Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes

1. Allgemeines Grundsätzlich kann ein nichteheliches Kind nur durch die Eheschließung seiner Eltern oder durch eine Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters ehelich werden. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz eine Ausnahme zugunsten von solchen nichtehelichen Kindern, deren Eltern miteinander verlobt waren, deren Heirat aber durch den Tod eines Elternteils verhindert worden ist. Diese Ausnahme kann damit gerechtfertigt werden, daß diese „Brautkinder" soziologisch betrachtet ehelichen Kindern näherstehen als nichtehelichen. Wäre der Vater nicht gestorben, so wäre die Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlossen und das Kind dadurch legitimiert worden. In aller Regel bestehen zwischen der Mutter des Kindes und der Familie des Vaters auch freundschaftliche Beziehungen. Das Kind wird durchweg von der Familie des Vaters als verwandt betrachtet und angenommen. Die Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes wurde durch das Nichtehelichengesetz eingeführt. Dem bis dahin geltenden Recht war sie unbekannt. 2. Voraussetzungen Voraussetzungen der Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes sind (§§ 1740 a, 1740 b): a) die Nichtehelichkeit des Kindes, b) die Feststellung der Vaterschaft, c) ein durch den Tod eines Elternteils aufgelöstes Verlöbnis der Eltern, d) ein Antrag des Kindes und e) die Einwilligung des überlebenden Elternteils. Ist der Vater v o r der G e b u r t des Kindes gestorben, ohne seine Vaterschaft a n e r k a n n t zu haben (daß eine A n e r k e n n u n g schon vor der G e b u r t möglich ist, 171

§ 22 I

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

ergibt sich aus § 1600 b II), so kann sie auf Antrag des Kindes vom Vormundschaftsgericht festgestellt werden, § 1600n II.

§ 1740a ermöglicht eine Ehelicherklärung nicht nur dann, wenn der Vater stirbt, sondern auch dann, wenn die Mutter stirbt. Das Kind braucht in diesem Fall also nicht einen Antrag auf Ehelicherklärung durch den Vater abzuwarten, sondern kann das Verfahren auch von sich aus in Gang bringen. In jedem Fall ist Voraussetzung, daß das Verlöbnis der Eltern durch den Tod eines Elternteils aufgelöst worden ist. Ist das Verlöbnis auf andere Weise, insbesondere durch den Rücktritt eines Verlobten, aufgelöst worden, so kann das Kind seine Ehelicherklärung nicht beantragen. Den Antrag für das Kind stellt sein gesetzlicher Vertreter (gem. § 1706 Ziff. 1 regelmäßig der Pfleger). Nur dann, wenn das Kind bereits 14 Jahre alt ist, muß es den Antrag selbst stellen, § 1740c. Die Einwilligungserklärung des überlebenden Elternteils muß von diesem persönlich abgegeben werden. Er braucht dazu - wenn er noch minderjährig ist nicht die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1740b. Die Einwilligungserklärung kann nicht ersetzt werden. Nur dann, wenn der Elternteil zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist, kann auf sie verzichtet werden. Den Interessen der Angehörigen des Verstorbenen trägt das Gesetz dadurch Rechnung, daß es die Anhörung der Eltern des Verstorbenen und - falls der Vater des Kindes gestorben ist - auch seiner ehelichen Kinder vorschreibt, § 1740d.

3. Wirkungen a) Das auf seinen Antrag für ehelich erklärte Kind steht einem Kind gleich, das durch Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist, § 1740 f. Grundsätzlich bekommt (oder behält) es den Namen des überlebenden Elternteils. Auf seinen Antrag hin hat ihm das Gericht jedoch den Namen des verstorbenen Elternteils zu erteilen. Dazu ist allerdings die Zustimmung des überlebenden Elternteils erforderlich, § 1740f II. b) Bekommt das Kind den Namen des verstorbenen Elternteils, so kann auch der überlebende Eltemteil beantragen, daß ihm der - neue Familienname des Kindes erteilt werde, § 1740g. Auf diese Weise kann z. B. die Mutter eines nichtehelichen Kindes nach dessen Ehelicherklärung den Namen ihres Verlobten zuerteilt bekommen.

§ 22. Annahme als Kind - Adoption 1. Begriff - Allgemeines Die Annahme als Kind oder Adoption ist die künstliche Schaffung eines Eltern-Kind-Verhältnisses ohne Rücksicht auf biologische Ab172

A n n a h m e als Kind - Adoption

§221

stammung. Sie erfolgt auf Antrag dessen, der ein Kind annehmen will, durch gerichtliches Dekret (bis zum Inkrafttreten des Adoptionsgesetzes, d. h. bis zum 1.1. 1977, durch Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Adoptivkind). Ein solches Dekret ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die wiederum mit dem Zweck der Adoption zusammenhängen. Diese Interdependenz von Voraussetzungen und Zweck kommt in der Geschichte der Adoption deutlich zum Ausdruck. Ursprünglich verband der Gesetzgeber mit der Adoption nur eine Vorstellung: sie sollte dem Annehmenden Ersatz für fehlende eheliche Abkömmlinge bieten und so die Fortsetzung der Familie ermöglichen. Die Konsequenz: Der Annehmende durfte keine ehelichen Abkömmlinge haben und mußte älter als 50 Jahre sein. Heute sieht der Gesetzgeber in der Adoption vor allem eine Fürsorgemaßnahme für das Kind, dem in einer Familie die Grundlage für eine gedeihliche Entwicklung gegeben werden soll. Die soziale Bedeutung der Adoption steht im Vordergrund. Dieser Auffassungswandel führte zu einer Milderung der ursprünglich strengen Voraussetzungen der Adoption. Den Wunsch, Kinder zu adoptieren, haben vor allem jüngere Ehepaare. Adoptiert werden fast nur noch Klein- und Kleinstkinder. Diese Kinder sind bei jüngeren Ehepaaren auch am besten aufgehoben. Aus diesen Gründen hat das Familienrechtsänderungsgesetz 1961 das Alterserfordernis von 50 Jahren beseitigt und noch andere Erleichterungen geschaffen. D i e s e Erleichterungen haben zu einer erheblichen Zünahme der Adoptionen geführt. W ä h r e n d z. B . in den Jahren 1 9 2 0 - 1 9 3 3 jährlich etwa 4000 Kinder adoptiert wurden, betrug die Zahl der Adoptionen im J a h r e 1974 8530.

Jede gesetzliche Regelung der Adoption muß sich mit dem Spannungsverhältnis auseinandersetzen, das zwischen den leiblichen Verwandten des Kindes und den neuen Verwandten besteht, die durch die Adoption an die Stelle der Blutsverwandten treten sollen. Der Gesetzgeber konnte sich ursprünglich weder zu einer radikalen Loslösung des Kindes aus seiner natürlichen Familie entschließen, noch dazu, den Schwerpunkt der Beziehungen in der natürlichen Familie zu belassen. Er schlug einen Mittelweg ein. Angenommene Kinder sollten eine Doppelstellung haben. Auf der einen Seite wurden ihnen grundsätzlich die Rechte und Pflichten aus der Zugehörigkeit zur natürlichen Familie belassen und den leiblichen Eltern nur die elterliche Gewalt genommen; auf der anderen Seite wurde das Kind nicht völlig in die Familie des Annehmenden eingegliedert. Die Wirkungen der Annahme wurden auf den Annehmenden beschränkt, dem in der Hauptsache nur die Erziehungsrechte zugesprochen, ein Erbrecht gegenüber dem Kind aber versagt wurde. Diese Kompromißlösung führte zu Schwierig173

§ 22

II 1

I I . Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

keiten. Immer mehr Adoptiveltern legten Wert auf eine völlige Loslösung des Kindes aus seiner natürlichen Familie. Dem hat nun das Adoptionsgesetz vom 7. 7. 1976 mit der Einführung der sog. Volladoption Rechnung getragen. Allerdings gilt diese Volladoption nur für den Normalfall der Adoption: die Annahme eines Minderjährigen. Die Volljährigenadoption, die es nach wie vor geben soll, folgt eigenen Regeln. II. Die Annahme 1. Voraussetzungen

auf Seiten des

Minderjähriger Annehmenden

a) Die Adoption soll dem Kind die Möglichkeit verschaffen, in einer Familie aufzuwachsen. Deshalb soll der Normalfall der Adoption die Annahme des Kindes durch ein Ehepaar sein. Eheleute sollen ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Allein annehmen kann ein Ehegatte ein Kind nur in Ausnahmefällen, nämlich (1) wenn das Kind sein nichteheliches Kind ist; (2) wenn das Kind das leibliche Kind seines Ehegatten ist; (3) wenn der andere Ehegatte ein Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, § 1741 II. b) Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen, § 1 7 4 1 III, 1. Also keine gemeinschaftliche Adoption durch Personen, die nicht miteinander verheiratet sind! Wenn der Annehmende allerdings später heiratet, kann das Kind auch von seinem Ehegatten noch adoptiert werden, § 1742. cj Verwandtschaft ist keine Voraussetzung, aber auch kein Hindernis für eine Adoption. Ein nichteheliches Kind kann sogar von seinem Vater oder seiner Mutter adoptiert werden, § 1741 III, 2. d) Wer ein Kind adoptieren will, muß voll geschäftsfähig und grundsätzlich mindestens 25 Jahre alt sein. Nehmen Ehegatten ein Kind an, so genügt es, wenn ein Ehegatte das 25. Lebensjahr vollendet hat und der andere wenigstens 21 Jahre alt ist. Bereits mit 21 Jahren kann jemand sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten adoptieren, § 1743. e) Der Annehmende soll in der Regel das Kind eine angemessene Zeit vor der Adoption in Pflege gehabt haben, § 1744. f ) Das Adoptionsdekret setzt einen Antrag des Annehmenden voraus. Der Antrag muß vom Annehmenden persönlich gestellt werden und notariell beurkundet sein. Bedingungen oder Befristungen machen den Antrag nichtig, § 1752. 174

A n n a h m e als Kind - Adoption

2.

§ 2 2 II 2

Einwilligungen

D i e A n n a h m e darf nur erfolgen, wenn bestimmte Einwilligungserklärungen vorliegen. a) Einwilligen müssen zunächst die Eltern des Kindes, b z w . , bei e i n e m nichtehelichen K i n d , seine M u t t e r . D i e Einwilligung des nichtehelichen Vaters ist nicht notwendig, j e d o c h hat der nichteheliche Vater eine Art Vorhandrecht. Hat er die E h e l i c h e r k l ä r u n g des K i n d e s beantragt oder selbst einen Antrag auf A d o p t i o n des Kindes gestellt, so haben Adoptionsdekrete zugunsten D r i t t e r zu unterbleiben, solange über den Antrag des Vaters noch nicht abschlägig entschieden ist. N u r ein Adoptionsantrag der nichtehelichen M u t t e r geht dem Antrag des Vaters vor. U m Störungen eines A d o p tionsverfahrens durch entsprechende Anträge des nichtehelichen Vaters v o r z u b e u g e n , kann von i h m eine Verzichtserklärung erbeten werden. D e r nichteheliche Vater kann nämlich auf sein Antragsrecht (sei es zum Z w e c k e der Ehelicherklärung, sei es zum Z w e c k e der Annahme) in b i n d e n d e r W e i s e verzichten. D i e Verzichtserklärung bedarf der öffentlichen B e u r k u n d u n g , § 1747 I, I I . D i e Einwilligungserklärung der Eltern b z w . der nichtehelichen M u t t e r kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht W o c h e n alt ist. D i e A n n e h m e n d e n müssen im Zeitpunkt der Einwilligung bereits feststehen, der Einwilligende braucht sie aber nicht zu kennen, § 1747 I I I . Man s p r i c h t hier von einer sog. Inkognitoadoption. Unzulässig ist dagegen eine Blanko-Einwilligung, z . B . eine Einwilligung in eine Adoption d u r c h eine von der Adoptionsvermittlungsstelle erst n o c h auszuwählende P e r s o n . H a b e n die Eltern b z w . die nichteheliche Mutter ihre Einwilligung in die A n n a h m e erklärt, so verlieren sie die Befugnis, ihre elterliche Gewalt ü b e r das K i n d auszuüben (abgesehen von dem Fall, daß ein Ehegatte das K i n d des anderen Ehegatten adoptieren will). Ihre elterliche Gewalt ruht, § 1751 I, 1. Meist wird das K i n d sich in diesem Zeitpunkt bereits in der O b h u t und Pflege der Adoptiveltern befinden (vgl. § 1744). Weil a b e r diesen die elterliche G e w a l t erst mit der Adoption übertragen wird, o b l i e g t die A u s ü b u n g der elterlichen Gewalt bis zu diesem Zeitpunkt regelmäßig dem Jugendamt, das gem. § 1751 I , 2 zum Vormund des K i n d e s wird. h) Einwilligen muß sodann das Kind. Das K i n d hat persönlich einzuwilligen, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat, braucht dazu allerdings die Z u s t i m m u n g seines gesetzlichen Vertreters (das ist nach d e m Gesagten regelmäßig das Jugendamt). F ü r ein Kind, das noch nicht 14 J a h r e alt ist, gibt der gesetzliche Vertreter die Einwilligungserklärung a b , § 1746 I. 175

§ 22

II 3

I I . Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

Ein 14 Jahre altes Kind kann seine Einwilligung bis zum Wirksamwerden des Adoptionsdekrets (d. h. bis zum Zugang des Adoptionsbeschlusses, § 56e S. 2 F G G ) widerrufen, und zwar auch gegen den Willen seines gesetzlichen Vertreters, § 1746 II. c) Will ein Ehegatte ein Kind allein annehmen, so ist dazu die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich, § 1749 I, 1. Praktische Bedeutung hat diese Regelung nur in den Fällen, in denen ein Ehegatte sein nichteheliches Kind adoptieren will (§ 1741 II, 2); denn wenn er das Kind seines Ehegatten adoptieren will, muß dieser schon als Elternteil seine Einwilligung erklären. d) Einwilligen muß schließlich auch der Ehegatte des Anzunehmenden, wenn dieser verheiratet ist, § 1749 II, ein Fall, der bei der Adoption Minderjähriger selten gegeben sein wird. e) Die Einwilligungen sind jeweils von den einwilligungsberechtigten Personen in notariell beurkundeter Form gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklären. Sie müssen unbedingt und unbefristet sein und sind unwiderruflich. Sie verlieren ihre Kraft, wenn der Antrag zurückgenommen oder die Annahme versagt wird, § 1750. J.

Verzicht auf Einwilligungen

und ihre

Ersetzung

Bestimmte Einwilligungen sind unverzichtbar, auf andere kann u . U . verzichtet werden und wiederum andere sind unter bestimmten Voraussetzungen ersetzbar. a) Unverzichtbar ist die Einwilligung des Kindes, soweit seine persönliche Einwilligung erforderlich ist. b) Entbehrlich ist die Einwilligung eines Elternteils oder des Ehegatten des Annehmenden, wenn der Elternteil oder der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist, §§ 1747 IV, 1749 III. c) Ersetzt werden kann die Einwilligung (oder die Zustimmung) eines Vormundes oder Pflegers, soweit ein solcher für das Kind handelt, wenn sie ohne triftigen Grund verweigert wird, § 1746 III. Verweigert ein Elternteil seine Einwilligung, so kann das Vormundschaftsgericht sie nicht bereits dann ersetzen, wenn es die Gründe dafür nicht für überzeugend hält, sondern nur, wenn der Elternteil (1) seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt oder (2) durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist. Außerdem muß in diesen Fällen das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen, § 1748 I, I. Die Einwilligung kann ferner ersetzt werden, wenn (3) die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut 176

Annahme als Kind - Adoption

§ 2 2 II 4

des sich gegen die Adoption sträubenden Elternteils anvertraut werden kann, § 1748 I, 2 und schließlich (4) wenn der Elternteil wegen besonders schwerer geistiger Gebrechen zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre, § 1748 III. Verweigert der Ehegatte des Annehmenden seine Einwilligung, so ist zu prüfen, ob berechtigte Interessen dieses Ehegatten und seiner Familie der Annahme entgegenstehen. Ist das nicht der Fall, so kann das Vormundschaftsgericht die Einwilligung ersetzen, § 1749 I, 2, 3.

4. Rechtsverhältnisse zwischen der Einwilligung der Eltern und dem Ausspruch der Annahme Im Regelfall wird ein Adoptionsdekret erst erlassen, wenn der Annehmende das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat, § 1744. In dieser Phase können die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt nicht mehr ausüben (schon deswegen nicht, weil sie in zahlreichen Fällen, nämlich bei der Inkognito-Adoption, gar nicht wissen, wo sich das Kind aufhält), während andererseits den Annehmenden, die das Kind in Pflege haben, die elterliche Gewalt noch nicht zusteht. Diese Zwischenphase regelt das Gesetz wie folgt: a) Sobald ein Elternteil in die Annahme eingewilligt hat, ruht, wie schon erwähnt, seine elterliche Gewalt. Seine Befugnis, mit dem Kind persönlich zu verkehren, darf er nicht mehr ausüben. Das Jugendamt wird Vormund (es sei denn, daß der andere Eltern teil - etwa bei geschiedener Ehe - die elterliche Gewalt allein ausübt oder ein Vormund bereits bestellt ist), § 1751 I. Diese Rechtsfolgen treten nur dann nicht ein, wenn ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten annehmen will, § 1751 II. b) Sobald die Eltern die erforderliche Einwilligung erteilt haben und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel einer Adoption aufgenommen ist, wird der Annehmende gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig. Seine Unterhaltspflicht geht der Unterhaltspflicht der Verwandten des Kindes vor. Will ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten adoptieren, so geht die Unterhaltspflicht der Ehegatten der Unterhaltspflicht der Verwandten des Kindes vor, sobald die Ehegatten das Kind in ihre Obhut aufgenommen haben und die erforderliche Einwilligung der Eltern des Kindes vorliegt, § 1751 IV. 177

§ 2 2 II 6 5. Der

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht Annahmebeschluß

Vormundschaftsgerichts. Die Adoption geschieht durch Beschluß des Das Vormundschaftsgericht prüft, ob die Voraussetzungen in der Person des Annehmenden, sowie die erforderlichen Einwilligungen vorliegen. Es hat sodann nachzuforschen, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, daß zwischen dem oder den Annehmenden und dem Kind ein Eltem-Kind-Verhältnis entsteht, § 1741 I. Hat der oder haben die Annehmenden Kinder, so sind sowohl deren Interessen als auch die Situation des Adoptivkindes, das in eine Familie mit Kindern aufgenommen werden soll, zu berücksichtigen. Die Annahme darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen oder wenn zu befürchten ist, daß Interessen des Anzunehmenden durch Kinder des Annehmenden gefährdet werden. Dabei sollen allerdings vermögensrechtliche Interessen nicht ausschlaggebend sein, § 1745. Das Vormundschaftsgericht hat eine gutachtliche Äußerung der Adoptionsvermittlungsstelle, die das Kind vermittelt hat, darüber einzuholen, ob das Kind und die Familie des Annehmenden für die Annahme geeignet sind. Ist keine Adoptionsvermittlungsstelle tätig geworden, so ist eine gutachtliche Äußerung des Jugendamts oder irgendeiner Adoptionsvermittlungsstelle einzuholen, § 56d FGG. Mit einem Kind, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, also in die Annahme nicht persönlich einwilligen muß, kann das Vormundschaftsgericht persönlich Fühlung nehmen, § 56c F G G . 6. Wirkungen

der

Annahme

Eine Adoption hat Auswirkungen auf zwei Rechtskreise: auf die Beziehungen des Kindes zum Annehmenden und dessen Verwandten und auf die Beziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Verwandten. a) Die Stellung des Kindes gegenüber dem Annehmenden (1) Nimmt eine Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten. In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, § 1754. Diese Adoptionswirkungen sind, anders als nach dem bisherigen Recht, nicht auf das Kind und den oder die Annehmenden beschränkt; d. h., das Kind hat auch gegenüber den Verwandten des Annehmenden dieselbe Stellung wie ein leibliches Kind des Annehmenden. Diese völlige Eingliederung des Kindes in die Familie des An178

Annahme als Kind - Adoption

§ 2 2 II 6

nehmenden hat Folgen für die Staatsangehörigkeit und den Namen des Kindes. (2) Ein minderjähriges Kind, das nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat, erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn es von einem Deutschen als Kind angenommen wird, § 6 RuStAG. Andererseits verliert ein Deutscher die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn er von einem Ausländer adoptiert wird und dadurch die Staatsangehörigkeit des Annehmenden erwirbt, es sei denn, daß er mit einem deutschen Eltemteil verwandt bleibt, § 27 RuStAG. (3) Das Kind erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden (wobei als Familienname nicht der nach § 1355 III dem Ehenamen vorangestellte Namen gilt), § 1757 I. Auf Antrag des Annehmenden und mit Einwilligung des Kindes kann das Vormundschaftsgericht zusammen mit dem Ausspruch der Annahme dem neuen Familiennamen des Kindes dessen bisherigen Familiennamen hinzufügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Unter denselben Voraussetzungen kann das Vormundschaftsgericht auch den Vornamen des Kindes ändern, § 1757 II. b) Die Stellung

des Kindes gegenüber

seinen leiblichen

Verwandten

Hier gibt es eine Regel und verschiedene Ausnahmen. Die Regel lautet: Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten, § 1755 I, 1. Ausnahmen: (1) Nimmt ein Ehegatte das nichteheliche Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein, § 1755 II. Adoptiert also z. B. ein Ehemann das nichteheliche Kind seiner Frau, so bleibt das Kind mit seiner Mutter und deren Verwandten selbstverständlich weiterhin verwandt. Es gilt ja als gemeinschaftliches Kind der beiden Ehegatten, § 1754 I. Nur seine Verwandtschaftsbeziehungen zum nichtehelichen Vater und dessen Verwandten erlöschen. (2) Sind die Annehmenden mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt, wird also ein Kind z. B. von seinen Großeltern oder von einem Onkel oder einer Tante adoptiert, so erlischt nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu seinen Eltern, § 1756 I. M. a. W.: Das Kind bleibt bei einer Adoption durch die nächsten Angehörigen seiner Eltern- mit den Verwandten der Eltern weiterhin verwandtschaftlich verbunden.

179

§ 2 2 II 7

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

N u r im Verhältnis zu seinen Eltern erlöschen die aus der ElternKind-Beziehung'folgenden Rechte und Pflichten. (3) Nimmt ein Ehegatte das eheliche Kind seines Ehegatten an, dessen frühere Ehe durch Tod aufgelöst ist, so bleibt das Kind mit den Verwandten des verstorbenen Elternteils weiterhin verwandt § 1756 II. Das Kind steht in diesem Fall also in drei Verwandtschaftskreisen : Es ist verwandt mit den Verwandten seiner leiblichen Eltern und mit den Verwandten des Stiefelternteils, von dem es adoptiert worden ist. 7. Aufhebung

des

Annahmeverhältnisses

Nach früherem Recht war ein Annahmevertrag nichtig, wenn eines der besonderen adoptionsrechtlichen Gültigkeitserfordernisse fehlte, er unterlag außerdem den allgemeinen Bestimmungen über Willenserklärungen und Verträge. Insbesondere konnten die verschiedenen Willenserklärungen angefochten werden. Diese unbefriedigende Rechtslage wurde durch das Adoptionsgesetz vom 7. 7. 1976 geändert. Nachdem das Annahmeverhältnis nicht mehr auf einem Vertrag beruht, können jetzt nicht mehr Simulation oder Sittenwidrigkeit als Nichtigkeitsgrund angeführt oder aufgrund eines Irrtums (z. B. über wesentliche Eigenschaften des Angenommenen) oder einer arglistigen Täuschung die zum Vertrag führenden Willenserklärungen angefochten werden. Als Dauerrechtsverhältnis kann das Annahmeverhältnis nunmehr nur noch mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden, § 1764. Die Aufhebung des Annahmeverhältnisses hat ebenso wie seine Begründung durch das Vormundschaftsgericht zu geschehen und ist nur in ganz bestimmten Fällen zulässig (§§ 1759ff.), nämlich - bei fehlendem Antrag, - bei Fehlen der Einwilligung des Kindes oder der erforderlichen Einwilligung eines Elternteils, - aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes. a) Antrag und Einwilligung „fehlen" auch dann, wenn sie unwirksam sind. Unwirksam sind sie (nur) dann, wenn der Erklärende (1) zur Zeit der Erklärung sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand, wenn der Antragsteller geschäftsunfähig war oder das geschäftsunfähige oder noch nicht 14 Jahre alte Kind die Einwilligung selbst erteilt hat, (2) nicht gewußt hat, daß es sich um eine Annahme als Kind handelt, oder wenn er dies zwar gewußt hat, aber einen Annahmeantrag nicht hat stellen oder eine Einwilligung zur Annahme nicht hat abgeben wollen oder wenn sich der Annehmende in der Person des anzu180

Annahme als Kind - Adoption

§ 2 2 III 1

nehmenden Kindes oder wenn sich das anzunehmende Kind in der Person des Annehmenden geirrt hat, (3) durch arglistige Täuschung über wesentliche Umstände zur Erklärung bestimmt worden ist, (4) widerrechtlich durch Drohung zur Erklärung bestimmt worden ist, (5) die Einwilligung vor Ablauf der in § 1747 III, 1 bestimmten Frist erteilt hat, § 1760 II. Aber selbst in diesen Fällen ist das Annahmeverhältnis nicht in jedem Fall aufzuheben (vgl. §§ 1760 III-V, 1761). Insbesondere darf das Annahmeverhältnis nicht aufgehoben werden, wenn dadurch das Wohl des Kindes erheblich gefährdet würde, es sei denn, daß überwiegende Interessen des Annehmenden die Aufhebung erfordern, § 1761 II. Außerdem ist das Annahmeverhältnis in diesen Fällen nicht von Amts wegen aufzuheben, sondern nur, wenn der Antragsberechtigte, nämlich der, ohne dessen Antrag oder Einwilligung das Kind angenommen worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist einen Aufhebungsantrag stellt, §§ 1760 I, 1762. h) Von Amts wegen kann das Annahmeverhältnis nur aufgehoben werden, wenn die Aufhebung aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1763 I. Aber auch hier macht das Gesetz eine Einschränkung: Das Annahmeverhältnis darf nur aufgehoben werden, wenn (bei einer Aufhebung nur im Verhältnis zu einem Eltemteil) der andere Ehegatte oder w j n n ein leiblicher Eltemteil bereit ist, die Pflege und Erziehung des Kindes zu übernehmen und dies auch ohne Gefährdung des Kindeswohls vermag oder wenn die Aufhebung eine erneute Adoption des Kindes ermöglichen soll, § 1763 III. c) Mit der Aufhebung des Annahmeverhältnisses erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten. Gleichzeitig leben die Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den leiblichen Verwandten und die sich aus ihnen ergebenden Rechte und Pflichten, mit Ausnahme der elterlichen Gewalt, wieder auf, § 1764 II, III. Das Vormundschaftsgericht hat den leiblichen Eltern die elterliche Gewalt zurückzuübertragen, wenn und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht; anderenfalls bestellt es einen Vormund oder Pfleger, § 1764 IV. III.

Die Annahme

Volljähriger

Die Annahme Volljähriger unterscheidet sich von der Annahme Minderjähriger in einer Reihe von Punkten. 1. Vorausgesetzt wird ein Antrag sowohl des Annehmenden als auch des Anzunehmenden. Der Anzunehmende wird also nicht lediglich um 181

§ 2 2 III 3

II. Abschnitt: Kindschafts- u. Verwandtschaftsrecht

seine Einwilligung gebeten. Eine Einwilligung der Eltern des Anzunehmenden entfällt, nicht dagegen die Einwilligung der Ehegatten des Annehmenden und des Anzunehmenden, § 1768. 2. Besonders betont wird, daß die Annahme sittlich gerechtfertigt sein muß. Auch durch die Volljährigenadoption soll ein echtes ElternKind-Verhältnis hergestellt werden. Daran dürfte es fehlen, wenn ein 25jähriger Mann ein 18jähriges Waisenkind adoptieren möchte. Typische Fälle einer Volljährigenadoption sind die, daß ein kinderloser Unternehmer oder Hofeigentümer einen Neffen adoptiert, um ihm dann das Unternehmen oder den Hof zu vererben (Steuerersparnis!). Nach dem Gesetz ist eine sittliche Rechtfertigung insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist, etwa weil der Anzunehmende schon vor seiner Volljährigkeit als Pflegekind bei dem Annehmenden gelebt hat, § 1767. 3. Der wesentlichste Unterschied zwischen der Minderjährigenadoption und der Volljährigenadoption liegt in den Wirkungen. Die Volljährigenadoption ist im Zweifel keine Volladoption! Ihre Wirkungen erstrecken sich grundsätzlich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Auch der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Angenommenen, dessen Ehegatte wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert. Auf der anderen Seite bleibt der Angenommene mit seinen bisherigen Verwandten weiterhin verwandtschaftlich verbunden. Die Rechte und Pflichten aus diesen Verwandtschaftsverhältnissen bleiben bestehen. Allerdings geht die Unterhaltspflicht des Annehmenden der Unterhaltspflicht der leiblichen Verwandten vor, § 1770. Aber: Das Vormundschaftsgericht kann beim Ausspruch der Annahme unter gewissen Umständen bestimmen, daß sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten sollen (§ 1772), m. a. W. eine Volladoption dekretieren, nämlich wenn a) ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden vom Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird. Beispiel: Ein Ehepaar kommt bei einem Unfall ums Leben. Ein befreundetes kinderloses Ehepaar adoptiert die Kinder der Verunglückten. Von den Kindern ist eines zehn, das andere vierzehn und das dritte achtzehn Jahre alt. Hier ist es sinnvoll, wenn alle Kinder den gleichen Rechtsstatus erhalten; b) der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist, ein bereits bestehendes ElternKind-Verhältnis also lediglich eine rechtliche Form erhalten soll; 182

Die Vormundschaft

§231

c) der Annehmende sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten annimmt. 4. In den zuletzt genannten Fällen kann das Adoptionsverhältnis nur in sinngemäßer Anwendung der für die Minderjährigenadoption geltenden Vorschriften aufgehoben werden, § 1772 a. E. Soweit es sich bei der Volljährigenadoption um keine Volladoption handelt, kommt eine Aufhebung darüberhinaus in Frage, wenn der Annehmende und der Angenommene die Aufhebung gemeinsam beantragen und ein wichtiger Grund vorliegt.

III. ABSCHNITT: VORMUNDSCHAFTSRECHT

§ 23. Die Vormundschaft I. Begriff und Aufgabe Die Vormundschaft dient der Fürsorge und Vertretung schutzbedürftiger Personen, die entweder trotz ihrer Minderjährigkeit nicht unter elterlicher Gewalt stehen (Altersvormundschaft) oder trotz ihrer Volljährigkeit einer besonderen Fürsorge bedürfen (Vormundschaft über Volljährige). Die Altersvormundschaft soll die fehlende Familienfürsorge, namentlich die elterliche Gewalt, ersetzen. Deshalb setzt sie nur ein, wenn ein Kind überhaupt nicht unter elterlicher Gewalt steht - die Eltern sind tot oder unbekannt, die nichteheliche oder verwitwete Mutter ist noch minderjährig - oder wenn die Eltern die elterliche Gewalt verloren haben, § 1773. Bei Volljährigen, die der elterlichen Gewalt entwachsen sind, ist Voraussetzung einer Vormundschaft die Entmündigung, § 1896. Die Vormundschaft ist zwar ein Amt, der Vormund aber kein Staatsbeamter, sondern nur der Träger einer Amtsstellung. Weil der Vormund dem Mündel als Fremder gegenübertritt, bedarf er einer stärkeren Überwachung als die Eltern. Diese Überwachung geschieht durch das Vormundschaftsgericht. Als Vormundschaftsgerichte fungieren die Amtsgerichte. Zuständigkeit und Verfahren sind im FGG geregelt. Aufsicht über den Vormund bedeutet nicht Bevormundung des Vormunds. Der Vormund hat seine Aufgaben grundsätzlich selbständig und selbstverantwortlich zu erfüllen. Das Vormundschaftsgericht ist, 183

§ 2 3 II

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

abgesehen von der Ernennung und Entlassung des Vormundes, beschränkt auf die Aufsicht über dessen Amtsführung und die Entscheidung über die Genehmigung wichtiger Rechtsgeschäfte. Ein Recht zum eigenmächtigen Eingriff hat es nur ausnahmsweise. II. Einzel- und Berufs- oder

Amtsvormundschaft

Wenn die Vormundschaft ein Amt ist, so gewinnt die Frage der Auswahl der geeignetsten Persönlichkeiten für dieses Amt besondere Bedeutung. In dieser Richtung hat das BGB versagt. Das BGB ging nämlich davon aus, daß sich ungefähr jedermann zum Vormund eigne. Die Vorschriften über Fähigkeit und Tauglichkeit (§§ 1780ff.) sind nur die Zusammenstellung einiger Ausschlußgründe. Das BGB kannte grundsätzlich nur die Einzelvormundschaft, die als unentgeltliches Ehrenamt zu führen ist, § 1836 („Dilettantenvormundschaft"). Die Einzelvormundschaft erwies sich bald als ungenügend. Einzelvormünder waren insbesondere in der Großstadt schwer zu finden. Die Personen, die sich zur Übernahme der Vormundschaft bereit erklärten, waren vielfach den Aufgaben dieses verantwortungsvollen Amtes nicht gewachsen. Diesen Mängeln half der Gesetzgeber ab durch das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz vom 9. Juli 1922. In diesem Gesetz wurde die Amtsvormundschaft der Jugendämter eingeführt. Damit hat der Staat seine Verpflichtung zur Fürsorge für alle schutzbedürftigen Minderjährigen nicht nur anerkannt, sondern in einer sehr anerkennenswerten Weise auch erfüllt. Neben dem Jugendamt gibt es noch eine weitere Form einer Berufsvormundschaft, nämlich die sog. Vereinsvormundschaft. Es sind somit zu unterscheiden: 1. die Einzelvormundschaft, 2. die Amtsvormundschaft, 3. die Vereinsvormundschaft. Bei der Amtsvormundschaft wiederum wird unterschieden zwischen der gesetzlichen Amtsvormundschaft und der bestellten Amtsvormundschaft. Gesetzliche Amtsvormundschaft: Mit der Geburt eines nichtehelichen Kindes, das (z. B. wegen Minderjährigkeit der Mutter) eines Vormundes bedarf, wird das Jugendamt Vormund (es sei denn, daß bereits vor der Geburt ein Vormund bestellt worden ist), § 1791c I, 1. Ergibt sich erst später aus einer gerichtlichen Entscheidung, daß das Kind nichtehelich ist und bedarf das Kind dann eines Vormundes, so wird das Jugendamt 184

§ 23 III 2

Die Vormundschaft

in dem Zeitpunkt Vormund, in dem die Entscheidung rechtskräftig wird, § 1791c I, 2. Bestellte Amtsvormundschaft: Das Jugendamt kann zum Vormund eines Minderjährigen bestellt werden, wenn kein geeigneter anderer Vormund vorhanden ist, § 1791b I, 1. Vereinsvormundschaft: Rechtsfähige Vereine (z. B. Vereinigungen für Jugendwohlfahrt, karitative und konfessionelle Vereinigungen) können zum Vormund bestellt werden, wenn sie vom Landesjugendamt hierzu für geeignet erklärt worden sind, § 1791 a I, 1. Im Jahre 1974 standen 104386 Minderjährige unter Amtsvormundschaft. III. 1. Das

Die Begründung

der Vormundschaft

über

Minderjährige

Bestellungsprinzip

Nach der - ursprünglichen - Regelung des BGB tritt eine Vormundschaft nicht kraft Gesetzes ein und auch nicht - wie im römischen und im mittelalterlichen deutschen Recht - kraft testamentarischer Anordnung, sondern allein kraft einer richterlichen Bestellung. Von diesem sog. Bestellungsprinzip gibt es seit dem Jugendwohlfahrtsgesetz die bereits genannte Ausnahme der gesetzlichen Amtsvormundschaft des Jugendamtes; vgl. jetzt § 1791c. 2. Das Vormundschaftsgericht hat - abgesehen von den Fällen der gesetzlichen Amtsvormundschaft - den Vormund auszuwählen, ist aber in der Wahl nicht völlig frei. Bestimmte Personen sind von vornherein unfähig (z. B. Geisteskranke oder Entmündigte, § 1780), andere sollen nicht zum Vormund bestellt werden, nämlich die sog. Untauglichen (Minderjährige, der Gemeinschuldner während der Dauer des Konkurses, wer durch letztwillige Anordnung der Eltern des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist, §§ 1781, 1782). Aber auch aus dem Kreis der danach Tauglichen kann das Vormundschaftsgericht regelmäßig nicht frei den wählen, der ihm am geeignetsten erscheint, sondern muß die Ansprüche gewisser Personen auf Bestellung zum Vormund berücksichtigen, falls dadurch nicht das Interesse des Mündels gefährdet wird. Das Gesetz spricht hier von einer Berufung zur Vormundschaft. Als Vormund ist berufen, wer von den Eltern des Mündels als Vormund benannt ist (§ 1776). Die Benennung muß durch letztwillige Verfügung erfolgen, § 1777. Erst wenn kein Berufener vorhanden ist, wählt das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Jugendamts frei eine geeignete Persönlichkeit aus - unter möglichster Berücksichtigung von Verwandten und Verschwägerten, sowie der Konfession des Mündels, § 1779. 185

§ 2 3 IV 1

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

3. Wer vom Vormundschaftsgericht als Vormund ausgewählt worden ist, hat die Vormundschaft grundsätzlich zu übernehmen, § 1785. Die Gründe, aus denen die Übernahme einer Vormundschaft abgelehnt werden kann, sind im Gesetz in § 1786 aufgezählt (z. B. Vollendung des 60. Lebensjahres, Belastung durch eigene Kinder). 4. Die Bestellung des Vormundes erfolgt durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft, § 1789. Nach der Bestellung erhält der Vormund die sog. Bestallung, d. h. eine öffentliche Urkunde des Vormundschaftsgerichts über sein Amt, § 1791. Die Bestallung dient dazu, daß sich der Vormund im Rechtsverkehr und bei der Führung von Rechtsstreitigkeiten ausweisen kann. 5. In der Regel wird für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur ein Vormund bestellt. Mehrere Vormünder (Mitvormünder) soll das Vormundschaftsgericht nur dann bestellen, wenn besondere Gründe (z. B. eine besonders schwierige und umfangreiche Vermögensverwaltung) eine solche Bestellung nahelegen, § 1775. Vom Mitvormund zu unterscheiden ist der Gegenvormund. Ein Gegenvormund soll immer dann bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist. Ist das Jugendamt Vormund, so kann kein Gegenvormund bestellt werden, § 1792. IV. Die Führung der

Vormundschaft

1. Der Wirkungskreis des Vormundes im allgemeinen Der Vormund soll Elternstelle beim Mündel vertreten. Seine Gewalt hat daher im wesentlichen den gleichen Inhalt wie die elterliche Gewalt. „Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu vertreten", heißt es in § 1793. Anders als die Eltern haftet der Vormund dem Mündel gegenüber nicht bloß für die Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten, sondern für jede Fahrlässigkeit, § 1833. Seine Pflichtverletzung ist als solche keine unerlaubte Handlung, sondern die Verletzung eines durch die Bestellung begründeten gesetzlichen Dauerschuldverhältnisses. Hat sich der Vormund zur Erfüllung seiner Pflichten der Unterstützung dritter Personen bedient, so ist zu unterscheiden: Hätte der Vormund selbst tätig werden müssen, handelt es sich m. a. W. um eine Angelegenheit, die den persönlichen Einsatz des Vormunds erforderte, so haftet er für jeden Schaden, den die Hilfsperson anrichtet, gleich186

Die Vormundschaft

§ 2 3 IV 3

gültig, ob diese ein Schuldvorwurf trifft oder nicht. Hätte der Vormund auch selbst tätig werden können, so haftet er für ein Verschulden der Hilfsperson nach § 278. Handelt es sich dagegen um Aufgaben, deren Erfüllung vom Vormund nicht erwartet werden konnte (ärztliche Behandlung, Durchführung eines Rechtsstreits), so haftet der Vormund nur f ü r ein Verschulden bei der Auswahl der Hilfsperson oder ihrer Überwachung. 2. Die Sorge für die Person Die Personenfürsorge umfaßt die gleichen Angelegenheiten und hat den gleichen Inhalt wie die der Eltern, § 1800 I i. V. mit §§ 1631-1633. Sie umfaßt also das Recht und die Pflicht, den Mündel zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen, § 1631 I. Auf Antrag hat das Vormundschaftsgericht den Vormund durch geeignete Maßregeln zu unterstützen, § 1631 II. Längere Zeit umstritten war die Frage, ob das Aufenthaltsbestimmungsrecht den Vormund berechtigt, den Mündel in einem geschlossenen Heim oder einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Die Praxis hatte gegen eine solche Unterbringung zunächst keine Bedenken. Das BVerfG erblickte darin aber einen Verstoß gegen Art. 104 II G G ; BVerfGE 10, 302. Die Folge dieses Beschlusses ist § 1800 II: Eine Unterbringung des Mündels, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nun nur noch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Aus welchen Gründen die Unterbringung erfolgt, ob zu Heil- oder Pflegezwecken oder nur aus erzieherischen Gründen, spielt dabei keine Rolle; Str., a. A. Soergel-Germer, § 1800 Bern. 9.

Das Sorgerecht umfaßt an sich auch das Recht, über die religiöse Erziehung des Mündels zu bestimmen. Regelmäßig obliegt dem Vorm u n d aber nicht die Bestimmung der Religion, sondern nur die Durchführung der religiösen Erziehung. Meist wird er dem gleichen Bekenntnis wie der Mündel angehören. Gehört er einem anderen Bekenntnis an, so kann ihm die Sorge für die religiöse Erziehung entzogen werden, § 1801 I. Zur Erstbestimmung der Religion bedarf er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 3 II, 2 RKEG. Auf das religiöse Bekenntnis oder die Weltanschauung des Mündels und seiner Familie ist auch dann Rücksicht zu nehmen, wenn das Jugendamt oder ein Verein als Vormund über die Unterbringung des Mündels entscheidet, § 1801 II. 3. Die Sorge für das Vermögen Auch die Vermögensfürsorge des Vormunds hat grundsätzlich den gleichen Inhalt wie die der Eltern. Ihr Zweck ist Erhaltung des Vermögens und nutzbringende Verwertung im Rahmen ordnungsmäßiger Geschäftsführung. 187

§ 2 3 IV 4

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

G e l d , das z u m V e r m ö g e n des Mündels gehört, muß der Vormund verzinslich anlegen, § 1806. Die A r t der Anlage ist dem V o r m u n d nicht völlig freigegeben. E s ist ihm vielmehr eine sog. mündelsichere Anlage vorgeschrieben. Das B G B zählt in § 1807 die zugelassenen Anlegungsarten auf, beläßt aber dem Landesrecht einen gewissen Spielraum zur näheren Bestimmung und Ergänzung. Als mündelsicher sind z. B. anerkannt Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht (Pfandbriefe!), Staatsanleihen und die Anlage bei einer öffentlichen Sparkasse. Ein Grundpfand gilt im allgemeinen als mündelsicher, wenn die Belastung ein Halb bis zwei Drittel des Grundstückwertes nicht übersteigt; vgl. Soergel-Germer, § 1807 Bern. 6. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormund eine andere Anlegung als die gesetzlich angeordnete gestatten. Die Erlaubnis soll nur verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde, § 1811. Das Vormundschaftsgericht muß also prüfen, ob die vom Vormund beabsichtigte Anlage der vom Gesetz vorgeschriebenen gleichwertig ist, d. h. die gleiche Sicherheit und die gleichen wirtschafdichen Vorteile bietet. Nicht notwendig ist, daß die beabsichtigte Anlage für den Mündel vorteilhafter ist als die gesetzlich vorgeschriebene. So ist z. B. die Anlage von Mündelgeld bei einer Großbank zu gestatten, da diese Anlage der Anlage bei einer Sparkasse gleichwertig ist.

4.

Der

Genehmigungszwang

a) D e r Selbständigkeit des V o r m u n d s sind für zahlreiche Rechtsgeschäfte Schranken dadurch gezogen, daß er zu ihrer Vornahme die Genehmigung eines Gegenvormunds oder des Vormundschaftsgerichts einholen m u ß . D e r A u s d r u c k Genehmigung Umfaßt dabei sowohl die vorherige wie die nachfolgende Zustimmung. D a s Erfordernis der Genehmigung ist regelmäßig i. S. einer Beschränkung der Vertretungsmacht des V o r m u n d s vorgeschrieben; für Rechtsgeschäfte, denen die erforderliche Genehmigung fehlt, gelten ähnliche Regeln wie für Rechtsgeschäfte, die ein Vertreter ohne Vertretungsm a c h t v o r g e n o m m e n hat, § § 1 8 2 9 - 1 8 3 1 . Gleichgültig ist es für das Erfordernis der Genehmigung, ob der Vormund selbst handelt oder nur seine Zustimmung zu einem vom Mündel vorgenommenen Rechtsgeschäft gibt; sonst wäre die Umgehung des Genehmigungszwangs ohne weiteres möglich. Einer Umgehung auf dem Umweg über § 110 beugt § 1824 ausdrücklich vor, indem er bestimmt, daß der Vormund Gegenstände, zu deren Veräußerung eine Genehmigung erforderlich ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines vom Mündel geschlossenen Vertrages oder zur freien Verfügung überlassen darf. 188

Die Vormundschaft

b) Die Genehmigung

eines Gegenvormundes

§ 2 3 IV 4

(oder des Vormund-

schaftsgerichts) ist erforderlich zur Verfügung über die zum Kapitalvermögen (im Gegensatz zum Grundstücksvermögen) des Mündels gehörigen Ansprüche; über bewegliche Sachen des Mündels kann der Vormund - abgesehen von Geld und Wertpapieren - grundsätzlich frei verfügen, § 1812. Die Konsequenzen sind merkwürdig: Der Vormund kann danach bewegliche Sachen des Mündels ohne die Genehmigung des Gegenvormundes verkaufen und übereignen. Will er dagegen die Kaufpreisforderung einziehen (die Einziehung ist nach h. M. eine Verfügung), so braucht er die Genehmigung, es sei denn, daß der Betrag 300 DM nicht übersteigt (§ 1813).

c) Die Genehmigung

des Vormundschaftsgerichts

ist vorgeschrieben

sowohl für bestimmte Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die die Person des Mündels betreffen, als auch für alle wichtigeren Rechtsgeschäfte, die sein Vermögen angehen. Von den die Person betreffenden Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen seien genannt etwa die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes (§ 6 4 0 b ZPO), die Bestimmung über die religiöse Erziehung des Kindes (§ 3 II RKEG), der Antrag, den Mündel aus der deutschen Staatsangehörigkeit zu entlassen (§ 19 I RuStAG).

Die Vermögensverwaltungsgeschäfte,

die das Vormundschaftsgericht

genehmigen muß, sind im wesentlichen in den §§ 1821 und 1822 aufgezählt. Zu den Rechtsgeschäften, zu denen auch die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfen (s. o. § 19 I, 4), treten vor allem hinzu Grundstückskaufverträge, Pachtverträge über ein Landgut oder über einen gewerblichen Betrieb, sowie Lehr-, Dienst- oder Arbeitsverträge, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden. Das Vormundschaftsgericht erteilt die Genehmigung gegenüber dem Vormund, nicht gegenüber dem Mündel und auch nicht gegenüber dem Dritten, § 1828. Dem Dritten gegenüber wird die Genehmigung erst wirksam, wenn sie ihm vom Vormund mitgeteilt wird oder der Vormund dem Dritten gegenüber aufgrund der Genehmigung das Rechtsgeschäft vornimmt. Die Mitteilung der Genehmigung steht im Belieben des Vormundes. Der Vormund kann damit das Wirksamwerden eines Vertrages verhindern, obgleich das Vormundschaftsgericht ihm gegenüber die Genehmigung erklärt hat; vgl. RGZ 130, 151. Persönlich belangen - als falsus procurator analog § 179 - kann der Dritte den Vormund nur dann, wenn dieser bei dem Abschluß des Vertrages der Wahrheit zuwider behauptet hat, das Vormundschaftsgericht habe die Genehmigung bereits erteilt; vgl. Dölle II, § 128 VI, 6c cc; a. A. (§ 179 ist nicht anwendbar; die §§ 1829ff. enthalten eine Sonderregelung) Staudinger-Engler, § 1830 Anm. 11. 189

§ 2 3 IV 5 5. Ausschluß der

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

Vertretungsmacht

Die Vertretungsmacht des Vormundes ist in einer Reihe von Fällen ausgeschlossen: Sie umfaßt nicht die Rechtsgeschäfte, für die der Mündel die Stellung eines unbeschränkt Geschäftsfähigen hat, §§ 112, 113. Sie erstreckt sich nicht auf die Angelegenheiten, für die ein Pfleger bestellt ist, § 1794. Wegen der Gefahr einer Interessenkollision ist dem Vormund das Selbstkontrahieren nur im Rahmen des § 181 gestattet, § 1795 II. Er darf also nicht im Namen des Mündels mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft vornehmen, außer wenn es ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (oder keine Gefahr einer Interessenkollision besteht; s. o. § 19 I, 2a). Er darf darum auch mehrere Mündel nicht vertreten, wenn sie miteinander ein Rechtsgeschäft vornehmen, z. B. einen Gesellschaftsvertrag schließen wollen. Auch das Gericht kann ein Selbstkontrahieren nicht gestatten. Das führt z. B. bei der Erbauseinandersetzung zwischen Geschwistern (für die ja nur ein Vorm u n d bestellt wird, § 1775) oft zu einer wahren Pflegerhäufung. Das ist zwar unpraktisch, aber eine unabweisbare Folge des geltenden Rechts; vgl. Henrich, Fälle und Lösungen, Fall 17.

Außerdem entzieht § 1795 I N r . 1 u. 3 dem Vormund ausdrücklich die Vertretungsbefugnis für Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und den nächsten Angehörigen des Vormundes mit Ausnahme der Erfüllungsgeschäfte. Weiter ist dem Vormund die Vertretungsmacht entzogen, wenn er selbst der Schuldner des Mündels aus einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung ist und es sich um die Ubertragung oder Belastung dieser Forderung oder um die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheiten handelt, § 1795 I N r . 2. Endlich kann das Vormundschaftsgericht auch in anderen Fällen dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen, wenn das Interesse des Mündels in erheblichem Gegensatz steht zum Interesse des Vormundes oder eines von ihm vertretenen Dritten oder seines Gatten oder eines seiner Verwandten in gerader Linie, § 1796. N i m m t der Vormund trotz Ausschluß der Vertretungsmacht ein Rechtsgeschäft vor, so beurteilen sich die Rechtsfolgen regelmäßig nach den §§ 177ff. Einseitige Rechtsgeschäfte sind schlechthin nichtig, Verträge können durch Genehmigung eines Pflegers - und, soweit sie rein vorteilhaft sind, durch die des Mündels selbst - wirksam werden. Gegebenenfalls haftet der Vormund als falsus procurator nach § 179. 190

§ 2 3 VI 2

Die Vormundschaft

Läßt der Sachverhalt klar ersehen, daß der Vormund die Vertretungsmacht zu seinem eigenen Nutzen oder zu dem eines anderen mißbraucht, so ist zwar die Vertretungsmacht nicht ausgeschlossen, doch kann der Dritte, der diese mißbräuchliche Ausnutzung erkannt hat oder bei einiger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, sich wegen seines unlauteren Verhaltens auf die Vertretungsmacht nicht berufen, d. h. aus dem Rechtsgeschäft keine Rechte herleiten; vgl. RGZ 52, 99; 71, 222; 75, 301; noch weitergehend RGZ 85, 353. V. Ende der

Vormundschaft

1. Die Vormundschaft endet mit Wegfall ihrer Voraussetzungen (§ 1882), ohne daß grundsätzlich ein besonderer Aufhebungsakt nötig wäre - also: a) mit dem T o d des Mündels; b) mit der Volljährigkeit des Mündels; c) mit Eintritt oder Wiedereintritt der elterlichen Gewalt. Beispiele: Annahme als Kind (§ 1754), Legitimation durch Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters, § 1736. Für die Legitimation durch nachfolgende Ehe trifft § 1883 eine Sonderregelung: Die Vormundschaft endet erst dann, wenn ihre Aufhebung vom Vormundschaftsgericht angeordnet wird; denn hier muß zunächst geprüft werden, ob die Legitimationswirkungen auch wirklich eingetreten sind. Bei einer Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes gilt dagegen wieder die Regel obgleich § 1704 f. das Kind einem durch nachfolgende Ehe legitimierten Kind gleichstellt. Hier steht nämlich mit der Ehelicherklärung die Legitimationswirkung fest. D i e Vormundschaft endet ferner, wenn das Ruhen der elterlichen Gewalt aufhört (die minderjährige unverheiratete oder verwitwete Mutter z. B. volljährig wird) oder das Vormundschaftsgericht einem Elternteil die Vertretungsmacht, die es ihm entzogen hatte, wieder zurücküberträgt. 2. Das Amt des Vormundes

endet

a) ohne weiteres mit dem Tod oder der Entmündigung des Vormundes, § 1885; b) mit der Entlassung des Vormundes durch das Vormundschaftsgericht, § 1886 ff. VI. Die Vormundschaft

über

Volljährige

1. Ein Volljähriger erhält nur dann einen Vormund, wenn er entmündigt ist, § 1896. 2. Grundsätzlich finden auf die Vormundschaft über Volljährige die Vorschriften über die Vormundschaft über Minderjährige Anwendung, § 1897. Zu den Abweichungen vgl. §§ 1898ff. 191

§ 2 4 II 2

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

§ 24. Die Pflegschaft I. Begriff und

Aufgabe

Die Pflegschaft ist vormundschaftsähnliche Fürsorge mit begrenzterem Aufgabenkreis. Sie soll folgende Aufgaben erfüllen: 1. Ergänzung der elterlichen oder vormundschaftlichen Fürsorge in solchen Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind. 2. Hilfeleistung und Interessenschutz in solchen Fällen, in denen weil es nur um einen begrenzten Aufgabenkreis geht - ein Vormund nicht bestellt wird oder bestellt zu werden braucht. 3. Vorläufiger Schutz in den Fällen, in denen eine Vormundschaft notwendig, ein Vormund aber noch nicht bestellt ist. 4. Schutz der Interessen unbekannter Beteiligter. II. Arten der

Pflegschaft

Entsprechend den verschiedenen Aufgaben der Pflegschaft gibt es mehrere Arten einer Pflegschaft. 1. Die Ergänzungspflegschaft Wer unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind, einen Pfleger, § 1909 I. Beispiel: Der Vormund will mit dem Mündel einen Kaufvertrag schließen

(SS 1795 II,

181).

2. Die Gebrechlichkeitspflegschaft Eine Gebrechlichkeitspflegschaft kann für einen Volljährigen bestellt werden, der infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag. § 1910 unterscheidet zwei Fälle: a) Jemand kann infolge körperlicher Gebrechen, insbesondere, weil er taub, blind oder stumm ist, seine Angelegenheiten nicht besorgen, § 1910 I. b) Jemand kann infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen einzelne seiner Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten nicht besorgen, § 1910 II. In beiden Fällen braucht keine Vormundschaft bestellt zu werden: im ersten Fall deswegen nicht, weil körperliche Gebrechen allein eine Ent192

Die Pflegschaft

§ 24 II 5

mündigung nicht rechtfertigen, im zweiten Fall deswegen nicht, weil ein Fürsorgebedürfnis nur für einzelne Angelegenheiten besteht. Wichtig ist § 1910 III: Die Pflegschaft darf nur mit Einwilligung des Gebrechlichen angeordnet werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist. Nicht möglich ist eine Verständigung in der Regel dann, wenn der Pflegebedürftige geschäftsunfähig ist (beachte: Wer geisteskrank ist, ist geschäftsunfähig, auch wenn er nicht entmündigt ist, § 112 Ziff. 2). Wird die Pflegschaft ohne Einwilligung des Pflegebedürftigen angeordnet, so spricht man von einer Zwangspflegschaft. Die Zwangspflegschaft ist nicht unproblematisch. Sie vertritt in der Praxis nur allzu oft die Entmündigung, ohne aber dem Pflegling die Kautelen des Entmündigungsverfahrens (§§ 645ff. ZPO) zu bieten. Aus diesem Grund ist bei der Anordnung einer Zwangspflegschaft Zurückhaltung geboten. Der Pflegling hat Anspruch auf rechtliches Gehör und ein selbständiges Beschwerderecht; vgl. B G H Z 35, 1; BVerfG, NJW 1965, 2051. Da die Pflegschaft auf die Geschäfts- und Prozeßfähigkeit des Pfleglings keinen Einfluß hat, bleibt dieser neben dem Pfleger handlungsfähig; der Pfleger hat die Stellung eines vom Staat ernannten Bevollmächtigten. Ist freilich der Pflegling geschäftsunfähig, dann hat der Pfleger die Stellung eines gesetzlichen Vertreters; vgl. B G H , FamRZ 1967, 620. 3. Die vorläufige

Pflegschaft

Eine vorläufige Pflegschaft wird dann angeordnet, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, der Bestellung eines Vormundes aber noch Hindernisse im Wege stehen, § 1909 III. 4. Die

Abwesenheitspflegschaft

Ein Abwesenheitspfleger wird bestellt für einen Abwesenden, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder'der an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist, § 1911. 5. Die Pflegschaft für eine

Leibesfrucht

Eine Leibesfrucht erhält zur Wahrung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge bedürfen, einen Pfleger, § 1912 I, 1. In Betracht kommen hier vor allen Dingen erbrechtliche Ansprüche. Man denke etwa an den Fall, daß das erzeugte, aber noch nicht geborene Kind als Nacherbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist. Vgl. in diesem Zusammenhang die §§ 1923 II, 2108 I, 2114ff., 2147ff. Auch wenn die Voraussetzungen des § 1912 I, 1 nicht vorliegen, kann - auf Antrag des Jugendamtes

193

§ 24

II 6

III. Abschnitt: Vormundschaftsrecht

oder der werdenden Mutter - ein Pfleger bestellt werden, wenn anzunehmen ist, daß das Kind nichtehelich geboren werden wird, § 1912 I, 2. Das geschieht etwa dann, wenn der nichteheliche Vater schon vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft anerkennt (§ 1600b II), wozu das Gesetz die Zustimmung des Kindes verlangt (§ 1600c). Ein Pfleger wird nicht bestellt, wenn die Rechte der Leibesfrucht von den Eltern wahrgenommen werden können, d. h. in den Fällen, in denen den Eltern die elterliche Gewalt zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre, § 1912 II. 6. Die Pflegschaft

für unbekannte

oder ungewisse

Beteiligte

Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer bestimmten Angelegenheit der Beteiligte ist, so kann dem Beteiligten für diese Angelegenheit, s o w e i t ein Fürsorgebedürfnis besteht, ein Pfleger bestellt werden, § 1913. Beispiel: Jemand setzt die Kinder seines Bruders als Erben ein. Der Bruder ist z. Z. des Erbfalls zwar verheiratet aber noch kinderlos. In diesem Fall ist gem. § 2101 im Zweifel anzunehmen, daß die Kinder als Nacherben eingesetzt sind. Der Nachlaß fällt zunächst an die gesetzlichen Erben, § 2105. Zur Wahrung der Interessen der noch nicht erzeugten Kinder kann gem. § 1913 ein Pfleger bestellt werden.

194

Sachregister (Die Zahlen verweisen auf die Paragraphen des Buches und deren Unterabschnitte A Abfindung des nichtehelichen Kindes 20 VII 2 Absolute Veräußerungsverbote für Ehegatten 11 IV 1 , 4 Abstammung 16; als Grundlage der Verwandtschaft I U I ; eheliche A. 16 I; nichteheliche A. 16 I I ; Klage auf Feststellung der blutmäßigen A. 16 II 1; Rechtswirkungen im persönlichen Bereich 17 II Abwesenheitspflegschaft 24 II 4 Adoption (s. Annahme als Kind) Adoptionsdekret 22 II 5 Adoptiwerwandtschaft als Eheverbot 5 V 3 Änderungen des Familienrechts 1 III 2 Alleinbesitz der Ehegatten 11 III 4 Allgemeine Gütergemeinschaft 11 I Altersvormundschaft 23 I Amtsvormundschaft 19 III 2; 23 II Anerkennung der Vaterschaft 16 II 2 Anfangsvermögen 12 I 2, 3, 7 Anfechtung der Ehe 5 III 1; der Ehelichkeit eines Kindes 16 I 3; der Anerkennung eines Kindes 16 II 2; 21 I 4 Anfechtungsklage 16 1 3 Angehörige i. S. des StGB, Verwandte 1 II 3; Ehegatten 7 II 2; Verlobte 2 III 2 Anlage von Geld des Kindes, mündelsichere 19 I 3; des Mündels 23 IV 3 Annahme als Kind 22; Begriff - Allgemeines 22 I ; Annahme Minderjähriger 22 II; Voraussetzungen auf Seiten des Annehmenden 22 II 1; Einwilligungen 22 II 2; Verzicht auf

Einwilligungen und ihre Ersetzung 22 II 3; Annahmebeschluß 22 II 5; Wirkungen der Annahme 22 II 6; Aufhebung des Annahmeverhältnisses 22 II 7; Annahme Volljähriger 22 III Anstandsschenkung des Kindes oder aus dem Vermögen des Kindes 1 9 1 2 Antrag auf Feststellung der Nichtehelichkeit 16 1 3 Anzeigepflicht des Jugendamtes 19 IV 1 Arbeitspflicht des hausangehörigen Kindes 17 III 1 Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten 7 IV 5; 7 V 2, 3; zwischen Eltern und Kind 17 III 1 Arglistige Täuschung als Eheaufhebungsgrund 5 III 1, 4 Aufenthaltsbestimmungsrecht 18 VI 1, 4 Aufgebot 5 II 3 Aufhebbarkeit der Ehe 5 III Aufhebung der Ehe 6 II; der ehelichen Gemeinschaft 14 III 1; der Adoption 22 II 7 Auflösung der alten Ehe bei irriger Todeserklärung durch Wiederverheiratung 5 II 1 Aufsichtsrecht und -pflicht der Eltern 18 VI 1, 3; des Vormundschaftsgerichts 19 I V ; des Vormunds 23 IV 2 Auftragsverhältnis zwischen Ehegatten 7 IV 5; 7 V I ; 8 II 2; 11 III 3 Aufwendungen für den elterlichen Haushalt 17 III 2 Ausbildung des Kindes, Anspruch auf Mittel für angemessene A. 12 II 4;

195

Sachregister Bestimmung und Überwachung 18 IV; 18 VI 1; Kosten 20 V 1 Auseinandersetzungszeugnis, Fehlen als Eheverbot 5 V 5 Ausgleich des Zugewinns (s. Zugewinnausgleich) Ausgleich für geleistete Mitarbeit (s. Entgelt) Auskunftspflicht der Ehegatten 7 IV 2; 11 III 1; 12 I 3, 4 Ausländer, Eheschließung 4 II 1 Ausschlagung einer Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten 12 II 2; durch die Eltern 19 I 3 Ausschluß der Vertretungsmacht der Eltern 19 I 2; des Vormundes 23 IV 5 Ausschluß des Zugewinnausgleichs (s. Zugewinnausgleich) Ausstattung 17 IV 3, 4 Ausstattungsversprechen 17 IV 3; 17V Aussteuer 17 IV 2, 3 Auswahl des Vormundes 23 III 2

B Beaufsichtigung (s. Aufsichtsrecht) Bedürftigkeit als Voraussetzung des Ausbildungsanspruchs der Stiefkinder 12 II 4; als Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs unter Verwandten 20 II 1 Beerdigungskosten 20 V 7 Befreiung von Eheverboten 5 II 2; 5 V 1, 4 Beiwohnungsvermutung 16 I 2 Bereicherungsanspruch zur Sicherung des Zugewinnausgleichs 12 I 4; wegen geleisteter Dienste 17 III 1; 17 V Bereitschaft, die Ehe fortzusetzen 14 III 1 Berichtigung des Grundbuchs bei der Gütergemeinschaft 13 II 2 Berufstätigkeit, Recht auf B. 7 IV 4 Berufsvormundschaft 23 II 196

Berufswahl 18 IV Berufung zur Vormundschaft 23 III 2 Besitz an Hausrat und Ehewohnung 7 III 1; 11 III 4 Besitzrecht der Eltern am Kindesvermögen 18 VII 1 Bestallung des Vormundes 23 III 4 Bestandsverzeichnis 12 I 3 Bestätigung einer nichtigen oder aufhebbaren Ehe 5 II 3 Bestellung des Vormundes 23 III 4; eines Mit- oder Gegenvormundes 23 III 5; eines Pflegers (s. Pflegerbestellung) Bestellungsprinzip bei der Vormundschaft 23 III 1 Bewährung der Ehe 5 III 3 Bewertungsmaßstäbe 12 I 3 Bewußtlosigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3 Bigamie als Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Blankoeinwilligung in die Adoption 22 II 2 Blutgruppengutachten 16 I 2; 16 II 3 Blutmäßige Abstammung (s. Abstammung) Blutuntersuchung 16 1 2 Blutsverwandtschaft als Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Bösliches Verlassen als Scheidungsgrund 14 I 1 Brautgeschenke, Rückgabe bei Auflösung des Verlöbnisses 2 V Brautkinder 21 III 1 Brautstand 2 I 4; 2 III 1 Briefzensur 18 VI 3 Bürgschaft 19 1 3 C Consensus facit nuptias 4 1 3 D Darlehensaufnahme 19 1 3 Deliktische Schadensersatzansprüche wegen Ehestörung durch Dritte 10 II 1

Sachregister Deliktische Unterlassungsklagen 10 I 2, 4 Dienstleistungspflicht des hausangehörigen Kindes 17 III 1 Dienstvertrag zwischen Eltern und Kindern 17 III 1; 17 V Dilettantenvormundschaft 23 II Diligentia quam in suis, Haftung des Ehegatten 10 I 3; der Eltern 18 III 3 Dingliche Surrogation 11 III 2; 13 II 2; 18 VIII 2 Dispensable Eheverbote 5 II 2 Dissens bei der Eheschließung 5 I 2 Doppelehe, Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Doppelverdienerehe 8 II 1; 9 I 1 Dos 11 I Dotalsystem 11 I D r o h u n g als Eheaufhebungsgrund 5 III 1, 5 Duldungsvollmacht 18 III 2, 3

E Ehe, Begriff 3 I; Vertrag oder Institution 3 1 2 ; charakteristische Merkmale 3 II Eheaufhebung (s. Aufhebung) Eheberatungsstelle 14 IV 3 Ehebruch, Klage auf Unterlassung 10 I 1 Ehefähigkeitszeugnis, Fehlen als Eheverbot für Ausländer 5 V 6 Ehegüterrecht (s. Eheliches Güterrecht) Eheherstellungsklage (s. Herstellungsklage) Ehehindemisse (s. Eheverbote) Eheliche Abstammung 16 I Eheliche Lebensgemeinschaft 3 II; 7; 14 III 1; Verpflichtung zur Herstellung der e. L. 7 III; 7 IV 2; Wegfall der Verpflichtung zur e. L. 7 III 2; vermögensrechtliche Außenwirkungen 8; Klage auf Herstellung 10 I 1; Recht auf ungestörten Fortbestand 10 II 1

Ehelicherklärung 19 II 1; auf Antrag des Vaters 21 II; auf Antrag des Kindes 21 III Eheliches Güterrecht, Geschichte 11 I (s. auch Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung, Gütergemeinschaft) Ehelichkeit 16 I Ehelichkeitsanfechtung (s. Anfechtung der Ehelichkeit) Ehelichkeitsvermutung 16 I 2 Ehemündigkeit 5 V 1 Ehename 7 I 1; 15 I 1 Ehenichtigkeitsklage (s. Nichtigkeitsklage) Ehesachen 6 I 3; 6 II 3; 10 I 1; 14 IV 3 Ehescheidung 14; geschichtliche Entwicklung 14 I 1; Rechtsvergleichung 14 I 2; Statistik 14 I 3; Grundstrukturen 14 II; Scheidungsvoraussetzungen 14 III; Grundtatbestand 14 III 1; Scheidungsprozeß 14 IV; Scheidungsfolgen 15 Ehescheidungsantrag 14 IV 1, 2 Eheschließung, Form, geschichtliche Entwicklung 4 I; geltendes Recht 4 II; Voraussetzungen des Zustandekommens einer Ehe 4 II 1; Nichtigkeitsgründe 4 II 2; Eheschließung durch Stellvertreter oder Boten 4 II 2; Sollvorschriften 4 II 3 Eheschließung, sachliche Voraussetzungen 5; Geschlechtsverschiedenheit 5 1 1 ; Konsens 5 1 2 ; Nichtigkeitsgründe 5 II; Aufhebungsgründe 5 III; erschöpfende Aufzählung im Gesetz 5 IV; Sollvorschriften 5 V Ehestörung durch Dritte 10 II Ehestreitigkeiten, Schlichtung durch das Vormundschaftsgericht 7 IV 1 Eheverbote 5 II 1, 2; 5 IV; 5 V Ehe vertrag 11 I; 13 III Ehewidriges Verhalten, Klage auf Unterlassung 10 1 1 Ehewohnung, Mitbesitz jedes Ehegatten 7 III 1; 11 III 4; Verfügung über die F.. 11 IV 1; während des

197

Sachregister Scheidungsprozesses 14 IV 3; nach der Scheidung 14 IV 4; 15 II 2 Ehezerrüttung 14 II 1, 2; 14 III 1, 2 Ehrloses oder unsittliches Verhalten der Eltern 19 IV 3 Eigener Bereich der Ehegatten 7 IV 2 Eigentumsvermutungen 8 I Einbenennung 17 II 2 Eingebrachtes Vermögen I I I Einrede des Mehrverkehrs (s. exceptio plurium) Einstweilige Anordnungen in Ehesachen während des Scheidungsprozesses 14 IV 3 Ein verständliche Scheidung 14 II 3; 14 III 3 Einwilligung, des gesetzlichen Vertreters in die Eheschließung 5 III 1, 2; 18 VI 1; des Sorgeberechtigten in die Eheschließung 5 V 2; E. in die Ehelicherklärung 21 II 2; 21 III 2; E. in die Adoption 22 II 2 Einzeltheorie 11 IV 1, 5 Einzelvormundschaft 23 II Elterliche Gewalt 18; Wesen 18 I; 18 VI 3; elterliche Gewalt und Elternrecht 18 II; eigenverantwortliche Ausübung 18 III; allmählicher Abbau 18 IV; Ende 18 V; Personenfürsorge 18 VI; Vermögensfürsorge 18 VIII; Schranken 19 I; besondere Schranken für die nichteheliche Mutter 19 II; Verhinderung der Eltern an der Ausübung 19 III; Regelung durch einstweilige Anordnung 14 IV 3; Verteilung bei Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder bei Getrenntleben der Eltern 14 IV 4; 19 V; nach der Legitimation 21 I 3; 21 II 4 Eltern-Kind-Verhältnis 17 Elternrecht 1 III 3; 18 II; 18 VII 1 Empfängnis vom Ehemann, offenbare Unmöglichkeit 16 I 2 Empfängniszeit 16 I 2; 16 II 3 Endvermögen 12 I 2, 3; Zurechnung zum E. 12 I 4 198

Entbindungskosten 20 VII 4 Enterbung des Ehegatten 12 II 2, 3 Entgelt für geleistete Mitarbeit 7 V 2; 17 III 1 Entscheidungskonzentration 14 IV 4 Entscheidungsrecht in der Ehe 7 IV 1 Entziehung der (Bestandteile der) elterlichen Gewalt 18 V 4; 18 VI 5; 18 VIII 4 Erbbiologisches Gutachten 16 I 2; 16 II 3 Erbrecht des Adoptivkindes 22 I; des Ehegatten 6 I 1; 7 II 1 Erbrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs 11 II; 12 II 2 Ergänzungspflegschaft 24 II 1 Ernstlichkeit, Mangel beim Eheschluß 5 IV Errungenschaftsgemeinschaft I I I Ertragswert 12 I 3 Erwerbsgeschäft, Betrieb durch das Kind 19 I 2, 3; Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht 19 I 3; Beginn im Namen des Kindes 19 I 3 Erwerbstätigkeit der Ehegatten 7 IV 4 Erziehung 18 VI 1; Recht des Kindes auf E. 18 II Erziehungsanstalt 18 VI 4 Erziehungsbeistandschaft 19 IV 4 Erziehungsrecht und -pflicht der Eltern 18 VI 1 Exceptio plurium 16 II 1, 3 F Fahrnisgemeinschaft I I I Fakultative Zivilehe 4 15 Familie, Begriff 1 I Familienbuch 4 II 3 Familiengericht 14 IV 3 Familienname 7 1 1 Familienplanung 8 II 5 Familienunterhalt 7 V 1 ; 8 I I 3 ; 9 I 1 , 2 ; 9 II 2 Familienwohnung (s. Ehewohnung) Feststellung der Vaterschaft durch Anerkennung 16 II 1, 2; durch gericht-

Sachregister liehe Entscheidung 16 II 3; Beseitigung im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens 16 II 3; Aufgabe des Pflegers 19 II 1 Form der Eheschließung (s. Eheschließung) Fortgesetzte Gütergemeinschaft 13 II 4 Frauenraub 4 1 1 Freiheitsentziehung 18 VI 4 Freiwillige Erziehungshilfe 19 IV 4 Friedelehe 4 1 2 Führung des Haushalts (s. Haushaltsführung) Führung der Vormundschaft 23 IV Fürsorgeerziehung 19 IV 4

G Gebrechlichkeitspflegschaft 24 II 2 Geburtenbuch 7 I 1 Geburtsname 7 I 1; 15 I 1; 22 II 6 Geburtsurkunde 7 11 Gefährdung des leiblichen oder geistigen Wohles des Kindes 19 IV 3; eines Minderjährigen 19 IV 4; des Vermögens des Kindes 19 IV 3 Gegenstände des persönlichen Gebrauchs 8 I 2; 11 III 4 Gegenvormund 23 III 5 Geisteskrankheit, als Ehenichtigkeitsgrund 5 II 1 Geld, Anlage 19 I 3; 23 IV 3 Geltendmachung der Nichtigkeit der Ehe 4 II 2; der Nichtehelichkeit eines Kindes 16 1 3 Gemeinschaftliche Angelegenheiten der Ehegatten 7 IV 1 ; 7 V I Gemeinschaftliche Annahme eines Kindes 22 II 1 Gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten 11 III 2 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts 19 I 3 Genehmigungszwang für Geschäfte der Eltern 18 VIII 1; 19 I 3; des Vormundes 23 IV 4

Gesamtgut 11 I; 13 II 1, 2; Verwaltung 13 II 3; Haftung 13 II 1 , 3 Gesamthandsgemeinschaft der Ehegatten 13 II 1 Gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten 8 II 1; der Eltern 18 III 3 Gesamttheorie 11 IV 1 Geschäftsbesorgungsrecht (s. Schlüsselgewalt) Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Ehegatten 7 IV 5; 11 III 3 Geschäftsunfähigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3; eines Eltemteils 19 III 1 Gescheiterte Ehe 14 II 1; 14 III 1 Geschenke während des Verlöbnisses 2 V Geschlechtsgemeinschaft, als Eheverbot 5 1 1 ; Verpflichtung zur G. 7 III 1 Geschlechtsumwandlung 5 I 1 Geschlossene Anstalt 18 VI 4 Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten 7 IV 5; 7 V 2; 7 VI; zwischen Eltern und Kindern 17 III 1; 17 V Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten, Erhöhung um eih Viertel des Nachlasses 12 II Gesetzliches Ehegüterrecht 11 (s. Zugewinngemeinschaft) Gesetzliche Vertreter, Eltern 18 ^ V o r mund 23 IV 1 Getrenntleben der Ehegatten 7 III 2, 3; 911; 14 112; 14 III 2; 14 IV 3 Grad der Verwandtschaft 1 II 1 Großer Pflichtteil 12 II 2, 3 Großfamilie 1 I Grundgesetz, Schutz von Ehe und Familie 1 III 3 Grundstücksgeschäfte, Genehmigungszwang bei der Vermögensverwaltung der Eltern 19 I 3; des Vormundes 23 IV 4 Gute Sitten (s. Sittenwidrigkeit) Gütergemeinschaft 13 II; Gütermassen 13 II 2; Ende 13 II 4; Fortsetzung 13 II 4 199

Sachregister Güterrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs 11 I I ; 12 I 2; 12 II 2, 3 Güterrechtlicher Ausgleichsanspruch (s. Zugewinnausgleich) Güterrechtsregister 8 II 4; 13 IV Gütertrennung 11 I; 13 1

H Härteklausel 14 III 4 Häusliche Gemeinschaft 7 III 1; 14 III 1, 2 Häusliche Trennung 14 III 2 Häuslicher Wirkungskreis (Schlüsselgewalt) 8 II 3 Haftung des Gesamtguts 13 II 1 , 3 Haftungsmaßstab für die Haftung der Ehegatten 10 I 3; der Eltern 18 III 3; des Vormundes 23 IV 1 Halbbürtige Verwandtschaft 1 II 1 Handelsgeschäft (s. Erwerbsgeschäft) Handschuhehe 4 II 2 Hausfrauenehe 7 I V 3, 4; 8 II 1; 9 I 1, 2 Haushaltsführung 7 IV 3; 7 V 2; 9 I 1, 2, 4 Haushaltsgegenstände (s. Hausrat) Haushaltsgeld 9 I 1, 4; 10 I 3 Hausrat, Miteigentum der Ehegatten 11 III 2 ; Mitbesitz 11 III 4; zustimmungsbedürftige Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte 11 IV 1; Benutzung während des Scheidungsprozesses 14 IV 3; Verteilung nach der Scheidung 14 IV 4; 15 II 2 Hausstand, Folgen der Zugehörigkeit zum elterlichen H . 17 III Heilung nichtiger Ehen 5 II 3 Heimliche Ehen 4 1 3 Heimunterbringung 18 VI 4 Heiratsbuch 4 II 3 Herausgabe der Brautgeschenke 2 V Herausgabe des Kindes 18 VI 4 Herstellungsklage 10 I 1, 4; 10 II 3 Hilfspflichten und Hilfeleistungen 17 I V 3

200

Hochschulstudium, Finanzierung durch die Unterhaltspflichtigen 20 V 1

Immaterieller Schaden, Anspruch auf Ersatz bei grundlosem Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV 3 Impotenz, Eheaufhebungsgrund 5 III 3 Indispensable Eheverbote 5 II 2 Inkognito-Adoption 22 II 2 Innengesellschaft 7 V 2 In praeteritum non vivitur 20 V 4 Institutionenlehre 3 1 2 Interessenkollision 19 I 2 ; 23 I V 5 Inventarisierung des Kindes- oder Mündelvermögens 19 I 3 Irrtum beim Eheschluß 5 I 1; 5 III 1, 3 Ist-Vaterschaft 16 II 1

J Jugendamt, Aufgaben 19 IV 1; J . als Pfleger eines nichtehelichen Kindes 19 II 3; J . als Amtsvormund 23 II K Kaufehe 4 I 1 Kinder, Verteilung nach der Scheidung (s. elterliche Gewalt) Kindesvermögen, Verwendung der Einkünfte 18 V I I I 3; Inventarisierung 19 I 3; Gefährdung 19 IV 3 Kindeswille 18 IV Kindeswohl, Gefährdung 19 IV 3 Kirchliche Eheschließung 4 1 5 Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens 10 I 1, 4; 10 II 3 Kleiner Pflichtteil 12 II 2, 3 Kleinfamilie 1 I Konkurs eines Elternteils 18 V I I I 4 Kontrolle der Vermögensverwaltung der Eltern 19 I 3 Konzil von Trient 4 1 3 Kranzgeld 2 IV 3 Kreditaufnahme, Genehmigungspflicht 19 I 3

Sachregister L Lebensbedarf 8 II 3, 5 Lebensgemeinschaft (s. eheliche L.) Legitimation, durch nachfolgende Ehe 21 I; durch Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters 21 II; durch Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes 21 III Legitimatio, per subsequens matrimonium 21 I 1; per rescriptum principis 22 II 1 Leibesfrucht, Pflegschaft für eine L. 24 II 5 Leistungsfähigkeit als Voraussetzung der Unterhaltspflicht unter geschiedenen Ehegatten 15 I 2; unter Verwandten 20 II 2 Leistungsverweigerungsrecht 11 III 1 Literatur zum Familienrecht 1 IV M Mangel der Ernstlichkeit beim Eheschluß 5 IV Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts zum Schutze des Kindes 19 IV Matrimonium non existens 4 II 1 Mehrverkehrseinrede (s. exceptio plurium) Mentalreservation 5 IV Mischgüterstände 13 III 3 Mißbrauch der Rechte aus der elterlichen Gewalt 19 IV 3 Mißbrauch des Rechts auf eheliche Lebensgemeinschaft 7 III 2 Mißhandlung des Ehegatten 14 III 1; des Kindes 19 IV 3 Mitarbeit im Beruf oder Geschäft des anderen Gatten 7 V; 7 VI; im elterlichen Hauswesen oder Geschäft 17 III 1 Mitbesitz der Ehegatten an Hausrat und Ehewohnung 7 III 1; 11 III 4 Miteigentum der Ehegatten 7 IV 5; 7 VI; 8 II 2; 11 III 2

Mitentscheidungsrechte des Kindes 18 IV Mitgift 17 IV 4 Mitvormund 23 III 5 Morgengabe 4 1 1 Mündelsichere Anlage, durch die Eltern 19 I 3; durch den Vormund 23 IV 3 M u n t 18 I Muntschatz 4 I 1

N Nacherbe, Pflegerbestellung für den N . 24 II 6 Nachwirkungen der Ehe zwischen den geschiedenen Gatten 15 I N a m e des geschiedenen Ehegatten 15 I 1; des Kindes 17 II 2; des legitimierten Kindes 21 I 3; 21 II 4; 21 III 3; des Adoptivkindes 22 II 6; (s. auch Ehename; Familienname) Natürliches Elternrecht (s. Elternrecht) Nebenabreden bei der Eheschließung 5 IV Negativattest 19 I 3 Negative Publizität des Güterrechtsregisters 13 IV 3 Nichtehe 4 II 1; 6 I 3 Nichteheliche Abstammung (s. Abstammung) Nichteheliche Kinder, Geltendmachung der Nichtehelichkeit 16 I 3; Abstammung 16 II; Verwandtschaft mit dem Vater 16 II 1; Feststellung der Vaterschaft 16 II 1, 2, 3; elterliche Gewalt 17 I; 18 I; Staatsangehörigkeit 17 II 1; N a m e 17 II 2; Wohnsitz 17 II 3; Unterhalt 20 VII; Legitimation 21; Vormundschaft 23 II Nichtehelichengesetz 16 II 1 Nichtige Ehe, Nichtigkeitsgründe 4 II 2; 5 II; Notwendigkeit einer Nichtigkeitsklage 4 II 2; Heilung 5 II 3; vorläufige Wirksamkeit 6 I 1 201

Sachregister Nichtigerklärung einer Ehe 6 I; Klageberechtigung 6 1 2 ; Verfahren 6 13; Wirkungen 6 1 4 Nichtigkeitsklage 6 I 2, 3; Abweisung wegen unzulässiger Rechtsausübung 5 II 3 Nichtigkeitsurteil 6 I 3, 5 Nießbrauchbestellung am ganzen Vermögen 13 III Nutznießung des Mannes I I I ; der Eltern 18 VIII 3 O Objektive Theorie 11 IV 1, 5 Obligatorische Zivilehe 4 15 öffentliche Jugendhilfe 18 II öffentlicher Glaube des Grundbuchs bei der Gütergemeinschaft 13 II 2 Operation eines Kindes 18 VI 1

vorläufige Pflegschaft 24 II 3; Abwesenheitspflegschaft 24 II 4; Pflegschaft für eine Leibesfrucht 24 II 5; Pflegschaft für unbekannte und ungewisse Beteiligte 24 II 6 Pflichtteilsanspruch der Ehegatten 7 II 1; P. und Zugewinnausgleich 12 II 2, 3 Pflichtteilsergänzung 12 II 3 Praesumptio Muciana 8 11 Prokuraerteilung 19 I 3 Prozeßkostenvorschuß 9 1 6 ; 10 II 3; 14 IV 3; 16 I 3; 20 V 1 Publizitätsfunktion des Güterrechtsregisters 13 IV 4

Q Quasinegatorische Unterlassungsansprüche 10 I 2; 18 VI 3

P

R

Patria potestas 18 1 Personenfürsorge 18 VI; während des Eheprozesses 14 IV 3; Ende 18 VI 5; im Fall der Scheidung 19 V 1; für den Mündel 23 IV 2 Personensorgerecht, Einschränkung, Entziehung, Mißbrauch 19 IV 3 Persönliche Eigenschaften, Irrtum bei der Eheschließung 5 III 3 Persönlicher Verkehr (s. Verkehrsrecht) Persönlichkeitsrecht 8 II 5; 9 II 1; 10 I 2; 10 II 1, 2 Pfleger für nichteheliche Kinder 19 II; Anordnung des Nichteintritts der Pflegschaft, Aufhebung der Pflegschaft, Beschränkung des Wirkungskreises des Pflegers 19 II 2; (s. auch Pflegschaft) Pflegerbestellung 18 V 4; 18 VI 5; 19 I 1, 2; 19 II; 19 III 2 Pflegschaft 24; Begriff und Aufgabe 24 I; Ergänzungspflegschaft 24 II 1; Gebrechlichkeitspflegschaft 24 II 2;

Räumlich-gegenständlicher Bereich der Ehe 10 I 2, 4; 10 II 2 Rechenschaftsablegung der Eltern 19 I 3 Rechnungslegung der Eltern 19 IV 3; des Vormundes 19 13 Recht auf ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft 10 II 1 Recht zum Getrenntleben 7 III 3 Rechtliche Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Gewalt 19 III 1 Rechtsquellen des Familienrechts 1 III Regelbedarf 20 V 2; 20 VII 3 Regelunterhalt 20 VII 1 Reihenfolge, der Unterhaltsberechtigten 9 I 3; 15 I 2; 20 IV; der Unterhaltspflichtigen 9 I 3; 20 III Religiöse Erziehung 18 VI 2; 23 IV 2 Rentensplitting 15 II 1 Restitutionsklage 16 II 3 Revokatorische Klage 11 IV 4; 13 II 3 Ringwechsel beim Verlöbnis 2 I Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV Ruhen der elterlichen Gewalt 19 III 1,2

202

Sachregister S Sakrament, Ehe als S. 4 I 3 Schadensersatzansprüche, wegen Verlöbnisbruchs 2 IV 3; wegen Belastung mit Unterhaltsansprüchen 8 II 5; Geltendmachung zwischen Ehegatten 10 I 3 (s. auch Ehestörung) Scheidung (s. Ehescheidung) Scheidungsfolgen 15 Scheidungsprozeß 14 IV Scheidungsvoraussetzungen (s. Ehescheidung) Scheinerklärung beim Eheschluß 5 IV Scheinvater, Ansprüche gegen den nichtehelichen Erzeuger 10 II; 20 VII 2 Scheitern der Ehe 14 II 2 Schenkung, Ausstattung als Sch. 17 IV 3; als verwaltungsfreies Kindesvermögen 19 I 3 Schenkungen, während des Brautstandes 2 V; während der Ehe 7 VI; aus dem Vermögen des Kindes oder Mündels 19 12 Schlüsselgewalt 8 II; Rechtsnatur 8 II 2; Umfang 8 II 3; Aufhebung 8 II 4 Schmerzensgeldanspruch gegen den Ehegatten 10 I 3 Schrifftum des Familienrechts 1 IV Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs 10 I 2, 4 Schwägerschaft 1 II 2; Bedeutung 1 II 3; Sch. als Eheverbot 5 II 1, 2, 3 Schwangerschaft als persönliche Eigenschaft 5 III 3 Schwere Eheverfehlung 14 II 2; 14 III 1 Seitenverwandte 1 II 1; keine Unterhaltspflicht zwischen S. 20 I Selbständige Vermögensverwaltung (s. Vermögensverwaltung) Selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (s. Erwerbsgeschäft) Selbstkontrahieren, der Eltern 19 I 2; des Vormunds 23 IV 5 Sicherheit, Aufhebung oder Minderung durch den Vormund 23 IV 5

Sicherung des Zugewinnausgleichs 12 I 4 Simulation (s. Scheinerklärung) Sippe 1 I Sippenvertragsehe 4 11 Sittenwidrigkeit, des Verlöbnisses 2 II 2; der Eheschließung 5 IV Sonderangelegenheiten der Ehegatten 7 IV 2 Sondergut bei der Gütergemeinschaft 13 II 1, 2 Sorgerecht (s. Personensorgerecht) Sorgerechtsanordnungen während eines Eheprozesses 14 IV 3 Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten, Haftungsmaßstab für Ehegatten 10 I 3; für Eltem 18 III 3 Sparkasse, Anlage von Geld 23 IV Staatsangehörigkeit der Ehegatten 712; des Kindes 17 II 1; des adoptierten Kindes 22 II 6 Staatsangehörigkeitsehe 7 II 1 Standesbeamter, Mitwirkung beim Eheschluß 4 II 1; Zuständigkeit 4 II 3 Statusprozesse 16 I 3; 16 II 3 Stellvertretung beim Eheschluß 4 II 2 Stichentscheid 7 IV 1 Stiefkinder 1 II 1; 9 I 5; 12 II 4 Stiefverwandtschaft 1 II 1 Stillschweigende Verträge 7 V 2 Störung der Geistestätigkeit beim Eheschluß 5 II 1, 3 Subjektive Theorie 11 IV 1, 5 Sühneversuch 14 IV 3 Surrogation (s. dingliche Surrogation) T Taschengeld 9 I IV; 10 I 3 Tatsächliche Personenfürsorge 18 V 4; 18 VI 5; 19 III 2 Tatsächliche Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Gewalt 19 III 1, 2 Tauglichkeit zum Vormund 23 III 2 Todeserklärung, Wiederverheiratung nach irrtümlicher T. 5 II 1; 5 III 1, 6 203

Sachregister Tötung eines Ehegatten 9 I 2 Tragezeitgutachten 16 II 3

U Übernahme einer fremden Verbindlichkeit 19 I 3 Übliche Mitarbeit 7 V 1 Unbekannte und ungewisse Beteiligte, Pflegschaft für 24 II 6 Unbescholtenheit, Voraussetzungen des Kranzgeldanspruchs der Braut 2 IV 3 Uneheliche Kinder (s. nichteheliche Kinder) Unentgeltliche Zuwendung (s. Schenkung) Unerlaubte Handlung des Verlobten 2 IV 4 Unfähigkeit zur Vormundschaft 23 III 2 Unfruchtbarkeit als Eheaufhebungsgrund 5 III 3 Ungeborenes Kind (Pflegschaft) 24 II 5 Ungestörter Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft 10 II 1 Unheilbare Ehezerrüttung (s. Ehezerrüttung) Unmöglichkeit der Empfängnis, offenbare 16 I 2 Untauglichkeit zur Vormundschaft 23 III 2 Unterbringung des Kindes (Mündels) in einer Familie, einem Heim oder einer Anstalt 18 VI 4; 23 IV 2 Unterhalt, angemessener 20 V 1; 20 VII 2; Vorausleistung 20 V 3; für die Vergangenheit 20 V 4; 20 VII 2; Änderungsklage 20 V 7; durch Dritte oder Nachverpflichtete, Erstattungsanspruch 20 VII 2 Unterhaltsanspruch, der Ehegatten (s. Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten); des ehelichen Kindes 9 1 1 ; Inhalt 20 V; Verjährung 20 V 6;

204

Erlöschen 20 V 7; des nichtehelichen Kindes 20 V I I ; Geltendmachung durch einen Elternteil 19 I 2; durch den Pfleger 19 II 1; Übergang 20 V I I 2; der nichtehelichen Mutter 20 VII 4 Unterhaltsberechtigte, Reihenfolge 9 I 3; 20 IV Unterhaltsgewährung, Art und Umfang 9 I 4 ; 20 V Unterhaltsklage 10 I 3 Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten 9 I ; getrennt lebender Ehegatten 9 II; während der Dauer des Scheidungsprozesses 14 IV 3; Regelung im Eheprozeß 14 IV 4 ; nach der Scheidung 15 I 2; Erlöschen 15 I 2; Vererblichkeit 15 I 2 Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind 14 IV 4; 17 IV 1; 20 II; des nichtehelichen Vaters 20 VII Unterhaltspflicht zwischen Verwandten 20; Voraussetzungen 20 II; Reihenfolge der Pflichtigen 9 1 3 ; 20 I I I ; der Berechtigten 9 I 3; 20 IV; Inhalt des Anspruchs 20 V ; vertragliche Regelung 20 VI Unterhaltsurteil, Abänderung 20 V 8 Unterhaltsverträge 9 I 5; 15 III 2; 20 V I ; zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater 20 VII 2 Unterhaltsverzicht 20 V 5; 20 V I I 2 Unterlassungsklage (s. deliktische Unterlassungsklagen, Ehebruch, eheliche Lebensgemeinschaft, Ehestörung) V Väterliche Gewalt 18 I Vaterschaft, Anerkennung 16 II 1, 2 Vaterschaftsfeststellung (s. Feststellung der Vaterschaft) Vaterschaftsvermutung 16 1 2 ; bei nichtehelichen Kindern 16 II 1, 2, 3 Veräußerungsverbote für Ehegatten 11 IV 1, 4

Sachregister Vereinsvormundschaft 23 II Verfügung eines Ehegatten über das Vermögen im ganzen 11 IV 1 , 5 ; über Haushaltsgegenstände 11 IV 1; über die Familienwohnung 11 IV 1; über Gegenstände, die dem anderen Gatten gehören 11 IV 5 Verfügungsbeschränkungen der Gatten bei der Zugewinngemeinschaft 11 III 1; 11 I V ; bei der Gütergemeinschaft 13 II 3 Verfügungsgeschäfte der Eltern über das Kindesvermögen 18 VIII 1; des Vormundes über Mündelvermögen 23 IV 4 Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten 7 V 2; 7 VI; des haus.ingehörigen Kindes 17 III 1; 17 V Verhinderung der Eltern an der Ausübung der elterlichen Gewalt 19 III Verjährung der Ansprüche zwischen Ehegatten 10 I 3 Verkehrsrecht der Eltern mit ehelichen Kindern 18 V I I 1; des Vaters mit seinem nichtehelichen Kind 18 VII 2; Regelung im Eheprozeß durch einstweilige Anordnung 14 IV 3; Regelung zusammen mit der Scheidung 14 IV 4 Verkehrswert 12 I 3 Verletzung eines Ehegatten 9 I 2 Verlöbnis, Rechtnatur 2 1; Form 2 1; Gültigkeitsvoraussetzungen 2 II; Verlöbnisfähigkeit 2 II 1; Gesetzesverstoß und Sittenwidrigkeit 2 II 2; Wirkungen 2 I I I ; Rücktritt 2 IV; Schadensersatzpflicht bei grundlosem Rücktritt 2 IV 3 Verlobungsring 2 I Vermögen 12 I 3 Vermögenseinkünfte des Kindes 18 VIII 3 Vermögensfürsorge (s. Vermögensverwaltung) Vermögensrechtliche Außenwirkungen der ehelichen Lebensgemeinschaft 8

Vermögensverwaltung, selbständige V. im gesetzlichen Güterstand 11 III 1; Überlassung der V. 11 III 3; V. im Güterstand der Gütergemeinschaft 13 II 3; der Eltern 18 VIII 1; Schranken 19 I 3; des Vormundes 23 IV 3 Vermögensverzeichnis 12 I 3; 19 I 3; 19 IV 3 Vermutung der Beiwohnung 16 II 1 Vernachlässigung des Kindes 19 IV 3 Vernichtbarkeit der Ehe 4 II 2; 5 II Verpflichtungsgeschäfte über das Vermögen im ganzen und Haushaltsgegenstände 11 IV 1 Verpflichtung zur Übernahme der Vormundschaft 23 III 3 Verschuldensprinzip 14 I 1 Verschwägerte (s. Schwägerschaft) Versöhnungsversuche 14 III 2 Versorgungsausgleich 15 II 1 Verteilung der elterlichen Gewalt bei Auflösung der Ehe und bei Getrenntleben der Eltern (s. elterliche Gewalt) Verträge zwischen Ehegatten 7 IV 5 Vertragliche Güterstände 13 I; 13 II Vertragsfreiheit, beschränkt bei Regelung des Güterstandes 13 III Vertragstheorie beim Verlöbnis 2 I 1 Vertreter (s. gesetzliche Vertreter) Vertretung des Ehegatten 8 II 2 Vertretungsmacht, der Eltern 18 I; 18 VIII 1; Vertretung ohne Vertretungsmacht 18 III 3; Ausschluß wegen Interessen Widerstreits 19 I 2; Entziehung durch das Vormundschaftsgericht 19 1 2 ; Schranken 19 1 2; des Vormundes 23 IV 1; Ausschluß derV. des Vormundes 23 IV 5 Verwaltung (s. Vermögensverwaltung) Verwaltung des Gesamtgutes 13 II 3 Verwaltungsgemeinschaft 11 I Verwandtschaft 1 II 1; Bedeutung 1 II 3; Eheverbot der V. 5 II 1, 2, 3; V. als Grundlage einer Unterhaltspflicht 20

205

Sachregister Verwirkung der elterlichen Gewalt 18 V 4; 18 VI 1 Verzicht auf Unterhalt 20 V 5 Vollbürtige Seitenverwandte 1 II 1 Volljährigenadoption 22 III Vorausempfänge 12 I 3 Vorbehaltsgut 11 I; 13 II 1, 2 Vorläufige Pflegschaft 24 II 3 Vormund, amtsrechtliche Stellung 23 I; Überwachung 23 I; Benennung 23 III 2; Berufung zur Vormundschaft 23 III 2; Auswahl 23 III 2; Unfähigkeit und Untauglichkeit 23 III 2; Verpflichtung zur Übernahme der Vormundschaft 23 III 3; Bestellung und Bestallung 23 III 4; Bestellung eines Mitvormundes oder Gegenvormundes 23 III 5; Wirkungskreis 23 IV 1; Vertretungsmacht 23 IV 1; Haftung 23 IV 1; Ausschluß der Vertretungsmacht 23 IV 5; Mißbrauch der Vertretungsmacht 23 IV 5; Entlassung 23 V 2; Führung der Vormundschaft (s. Vormundschaft) Vormundschaft 23; Begriff und Aufgabe 23 I; Begründung 23 III; Führung 23 IV; Sorge für die Person 23 IV 2; Sorge für das Vermögen 23 IV 3; Anlage von Mündelgeld 23 IV 3; Genehmigungszwang 23 IV 4; Gegenvormund 23 III 5; 23 IV 4; Ende 23 V Vormundschaft über Volljährige 23 VI Vormundschaftsgericht, Entscheidung, wenn die Eltern sich nicht einigen können 7 IV 1; Einschreiten bei Gefährdung eines Minderjährigen 18 VI 1; 19 IV; Einschreiten bei Verhinderung der Eltern 19 III 2; Anordnung der Fürsorgeerziehung 19 IV 4; Mitwirkung bei der Personenfürsorge 23 IV 2, 4; bei der Vermögensverwaltung 19 I 3; 23 IV 4; Genehmigungsrecht 19 I 3 Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 19 I 3; 23 IV 4; Rechtsnatur

206

23 IV 4; Rechtsfolgen bei Fehlen der Genehmigung 23 IV 4, 5 Vorname des Kindes, Beilegung 18 VI 1 Vorzeitiger Ausgleich des Zugewinns 11 III 1; 12 I 6

W Wartezeit, Eheverbot 5 V 4 Wechsel, Genehmigungspflicht 19 I 3 Wertzuwachs 12 I 3, 7 Wesen der Ehe 3 II Wichtiger Grund für den Rücktritt vom Verlöbnis 2 IV 2 Widerrechtliche Drohung beim Eheschluß 5 III 5 Wiederaufnahme des Verfahrens 16 II 3 Wiederverheiratung als Endigungsgrund der Unterhaltspflicht des geschiedenen Gatten 15 I 2 Wiederverheiratung nach irrtümlicher Todeserklärung 5 II 1; 5 III 6 Willensmängel bei der Eheschließung 5 III 3, 4, 5; bei der Anerkennung der Vaterschaft 16 II 2 Wirtschaftsgeld (Haushaltsgeld) der Frau 9 I 1, 4; 10 I 3 Wohnsitz, der Ehegatten 7 III 1; 7 IV 1; des Kindes 17 II 3 Wohnung (s. Ehewohnung)

Z Zahlvater 16 II 1 Zerrüttung der Ehe (s. Ehezerrüttung) Zerrüttungsvermutung 14 III 2, 3 Zeugnisverweigerungsrecht der Verwandten und Verschwägerten 1 II 3; der Verlobten 2 III 3; der Ehegatten 7 II 2 Ziviltrauung 4 1 5 Zuchtmittel, Züchtigungsrecht 18 VI 1 Zugehörigkeit zum elterlichen Hausstand 17 III 1

Sachregister Zugewinn, Berechnung 12 I 2, 3; Bewertungsmaßstäbe 12 I 3; Wertzuwachs als Z. 12 I 3, 7; Steuerpflichtigkeit 12 II 1 Zugewinnausgleich 12; zu Lebzeiten beider Ehegatten 11 II; 12 I; beim Tod eines Gatten 11 II; 12 II; Vereinbarungen über den Z. 12 I 3; Sicherung 12 I 4; Verweigerung bei grober Unbilligkeit 12 I 5, 7; Klage auf vorzeitigen Z. 12 I 6; Ausschluß 13 III

Zugewinngemeinschaft 11 I; 11 II; Eintritt 12 I 7; Ende 12 I 1 Zustimmung zu Verfügungen über das Vermögen im ganzen oder über Haushaltsgegenstände 11 IV 1, 2; zur Anerkennung der Vaterschaft 16 112 Zuwendungen eines Ehegatten an Dritte und Zugewinnausgleich 12 I 4 Zwangspflegschaft 24 II 2 Zwangszivilehe 4 1 5

207

Paragraphenverzeichnis (Die fetten Zahlen bedeuten die Paragraphen des Gesetzes, die mageren die Paragraphen des Buches und deren Unterabschnitte) Allgemeine Bedingungen f ü r die Kraftverkehrsversicherung (AKB) 11: 10 I 3

123: 16 II 2 134: 2 II 2; 16 II 2; 20 V 5 135: 11 IV 1, 3, 4 137: 13 III 3 138: 2 112; 5 IV; 13 III Anfechtungsgesetz 164: 8 II 2 (AnfG) 165: 8 II 2 3: 17 IV 3 168: 8 II 4 177: 8 II 2; 18 III 3 Bayerische Verfassung 177ff.: 23 IV 5 (BayVerf) 178: 18 III 3 137: 18 VI 2 179: 8 II 2; 23 IV 4, 5 181: 16 I 3; 19 I 2; Berufsbildungsgesetz 23 IV 5; 24 II 1 3: 19 I 2 182: 11 IV 2 182ff.: 19 I 3 Beurkundungsgesetz 185: 11 IV 5 (BeurkG) 194: 20 V 6 1: 16 II 2 197: 20 V 6 62: 16 II 2 204: 10 I 3; 20 V 6 260: 12 I 3 Bürgerliches Gesetzbuch 273: 11 IV 5 (BGB) 277: 18 III 3 10 a. F.: 7 III 1 278: 23 IV 1 11: 17 II 3 310: 13 III 12: 18 VI 3 323: II IV 5 107: 2 I 2; 2 II 1 394: 20 V 6 108: 2 12; 2 II 1; 5 III 2; 400: 20 V 6 X II 2 419: 14 V 1 110: 23 IV 4 440: 11 IV 5 112: 19 I 2, 3: 23 IV 5: 518: 17 IV 3 24 II 2 530: 17 IV 3 113: 17 III 1; 19 I 2; 612: 17 III 1 23 IV 5 662ff.: 11 III 3 116: 5 IV 667: 7 IV 5 117: 5 IV 671: 11 III 3 118: 5 IV 677 ff.: 18 VI 1 119: 16 II 2 679: 20 V 5 208

683: 17 III 2 719: 13 II 1 741 ff.: 7 IV 5 742: 7 IV 5 812: 2 V; 1 IV 5; 17 III 1 815: 2 V 818 ff.: 2 V 823: 8 II 5; 10 I 2, 4; 10 II 1, 2, 3 823ff.: 2 VI 826: lOIIf. 3; 20 III 4 828: 2 IV 3 832: 18 VI 3 844: 9 I 2 845: 9 I 2 862: 18 VI 3 892: 13 II 2; 13 IV 4 935: 13 IV 3 1004: 18 VI 3 1006: 8 I 1 1297: 2 I 1; 2 III 1 1297: 2 I 1; 2 III 1 1298: 2 IV 2; 2 IV 3; 2 VI 1298ff.: 2 II 1; 2 IV 3; 2 IV 4; 2 VI 1299: 2 IV 2 1300: 2 IV 3 1301: 2 V 1353: 3 II; 7 II 1, 2; 7 IV 1, 3; 7 V 1, 2; 8 II 2; 10 I 1; 10 II 1; 11 I I I 1 ; 11 IV 1; 14 II 1 1354 a. F.: 7 IV 1 1355: 7 1 1; 151 1; 17 II 2; 22 II 6 1356: 7 IV 3, 4; 7 V 1,2 1357: 8 II 1, 2, 3, 4 1359: 10 I 3

Paragraphenverzeichnis 1417: 13 II 2 1360: 9 I 1, 2, 5 1418: 13 II 2 ; 13 III 3 1 3 6 0 f f . : 20 I 1419: 13 II 1 1 3 6 0 a : 9 1 1, 2, 4, 5, 6; 1421: 13 II 3; 13 III 3 20 V 1 1422: 13 IV 3 1360b: 9 I 4 1427: 13 IV 3 1361: 9 II 1, 2 ; 20 I 1437: 13 II 1 1362: 8 I, 1, 2 , 3, 4 1449: 13 I; 13 II 4 1362: 11 III 1 1364: 11 III 1, 3 1450: 13 II 3 1365: 11 IV 1, 2, 5; 12 I 6 1453: 13 II 3 1365 f f . : 11 III 1; 1455: 13 II 3 1459: 13 II 1 11 IV 1, 3 1470: 13 I; 13 II 4 1366: 11 IV 2 1 4 7 6 : 13 II 1 1367: 11 IV 2 1 5 5 8 f f . : 13 IV 1368: 11 IV 4 1369: 11 IV 1, 2, 5; 1 5 6 4 : 14 IV 1 13 IV 3 1 5 6 5 : 14 II 1; 14 III 1; 1 3 7 0 : 11 III 1 14 IV 4 1 3 7 1 : 11 II; 12 I 1; 12 1 5 6 6 : 14 II 2 ; 14 III 1, 2, 3 ; 14 IV 4 ; 15 I 2 11 1, 2, 3, 4 1567: 9 II 1; 14 III 2 1372: 11 II; 12 I 1, 7 1568: 14 III 4 1373: 12 I 2, 3 1569: 15 I 2 ; 20 I 1 3 7 3 f f . : 12 II 2 1570: 1 5 I 2 1374: 12 I 3 1571: 15 I 2 1375: 12 I 3, 4, 6 1572: 1 5 I 2 1376: 1 2 I 3 1573: 1 5 I 2 1377: 1 2 I 3 1575: 15 1 2 1378: 12 I 2, 3 1575: 1 5 I 2 1379: 11 III; 12 I 3, 4 1576: 15 1 2 1380: 1 2 I 3 1577: 1 5 I 2 1381: 15 I 1; 12 I 3; 1578: 15 I 2 12 II 2; 11 III 1 1579 : 9 II 1; 15 I 2 1381 f f . : 12 I 5 1581: 15 I 2; 20 IV 2 1382: 14 IV 4 1582: 15 I 2; 20 IV 2 1383: 14 IV 4 1586: 1 5 I 2 1386: 11 III 1; 12 I 6 1 5 8 6 b : 15 I 2 1388: 12 I 6 ; 13 I 1587: 15 II 1 1390: 1 2 I 4 1 5 8 7 f f . : 13 I 1408: 11 I; 13 II 4; 1 5 8 7 a : 15 II 1 13 III; 15 II 1 1 5 8 7 b : 14 IV 4, 15 II 1 1410: 11 I; 13 III 1 5 7 6 c : 15 II 1 1411: 19 I 2 1 5 8 7 f : 15 II 1 1412: 13 IV 3 1 5 8 7 g : 15 II 1 1413: 11 III 3 1 5 8 7 h : 15 II 1 1414: 13 I; 13 III 3 1 5 8 7 o : 15 II 1 1416: 13 II 1, 2

1589 a. F . : 16 II 1 1589: 1 II 1 1590: 1 II 2 1591: 6 I 4 ; 16 I 2 1592: 1 6 I 2 1 5 9 3 : 16 I 3 1594: 1 6 I 3 1595: 16 I 3; 19 I 2 1 5 9 5 a : 16 I 3 1596: 16 I 3 1597: 16 I 3 1598: 1 6 I 3 1599: 1 6 I 3 1 6 0 0 a : 16 II 1 ; 20 VII 2 1 6 0 0 a f f . : 21 1 2 ; 21 II 1 1 6 0 0 b : 16 II 2 ; 2 1 III 2; 2 4 II 5 1 6 0 0 c : 16 II 2 ; 24 II 5 1 6 0 0 d : 16 II 2 ; 19 I 2 1 6 0 0 e : 16 II 2 1600 f : 16 II 2 1 6 0 0 f f f . : 21 I 4 1 6 0 0 g : 16 II 2 1 6 0 0 h : 16 II 2 1600 i : 16 II 2 1 6 0 0 k : 19 I 2 1 6 0 0 m : 16 II 2 1 6 0 0 n : 16 II 3; 21 III 2 1 6 0 0 o : 16 II 2 , 3 1601: 1 II 3; 9 I 5 ; 17 IV 1; 20 I 1601 f f . : 9 I 1 1602: 20 II 1 1603: 20 II 2 ; 20 V 1 1606: 9 I 1; 20 III 2, 3 1607: 20 III 4 1608: 9 I 3; 20 III 1; . 20 V 1 1609: 9 I 3 ; 15 I 1; 20 I V 1, 2 1610: 2 0 V 1 1611: 20 V 2 1612: 20 V 3 1 6 1 2 a : 20 V 8; 20 VI 1613: 20 V 4, 5 ; 2 0 VI 1614: 20 V 5; 20 VI

209

ParagraphenverzeicHnis 1615: 20 V 7; 20 VI 1615a: 20 VII 1 1615b: 10 II 3; 20 VII 2 1615c: 20 VII 2 1615d: 20 VII 2 1615e: 20 V 5; 20 VII 2 1615f: 20 VII 3 1615h: 20 VII 3 1615Í: 20 VII 3 1615k: 20 VII 4 16151: 20 VII 4 1616: 17 II 2 1617: 17 II 2 1618: 17 II 2 1619: 17 III 1; 17 V 2 1620: 17 III 2 1624: 17 IV 3 1625: 17 IV 3 1626: 18 I; 18 V 1; 18 VIII 1 1627: 18 III 1, 2 1628: 18 I 1629: 1 6 1 3 ; 18 I; 19 I 2 1630: 19 I 1, 3 1631: 18 VI 1; 24 IV 2 163Iff.: 23 IV 2 1632: 18 VI 4 1633: 18 V 1; 18 VI 5 1634: 18 VII 1; 21 II 4 1638: 19 I 3 1641: 19 I 2 1642: 19 I 3 1643: 17 III 1; 19 I 2, 3 1645: 19 I 3 1646: 18 VIII 2 1649: 18 VIII 3 1664: 18 III 3 1666: 18; 18 V 4; 18 VI 1, 4, 5; 18 VIII 4; 19 IV 1, 3 1667: 19 I 3; 19 IV 3 1669: 18 VIII 4 1670: 18 VIII 4 1671: 18 V 3; 19 III 2; 19 V I , 2, 4 1672: 18 V 3; 19 III 2; 19 V 4

210

1673: 1 9 1 2 ; 19 III 1,2 1674: 19 III 1 1676: 18 V 4; 18 VI 1 1678: 19 I 2; 19 III 2 1679: 18 V 4 1680: 18 V 4 1681: 18 V 2 1682: 19 I 3 1683: 19 I 3 1693: 19 III 2 1694: 19 IV 1 1695: 19 IV 1 1696: 19 IV 1; 19 V 3 1698: 19 I 3 1704f: 23 V 1 1705: 16 II 2; 18 I 1706: 16 II 2, 3; 17 112; 18 I; 19 1 1; 20 XII 2; 21 II 2; 21 III 2 1707: 19 II 2 1712: 19 IV 1 1719: 6 I 4; 21 I 1, 2 1720: 17 II 2 1723: 21 II 2, 3 1726: 21 II 2 1727: 21 II 2 1728: 19 I 2; 21 II 2 1729: 21 II 2 1735: 21 II 3 1736: 21 II 4; 23 V 1 1737 a. F.: 21 II 4 1738: 21 II 4 1739: 21 II 4 1740a: 21 III 2 1740 b: 21 III 2 1740c: 21 III 2 1740d: 21 III 2 1740Í: 21 III 2 1740g: 21 III 2 1741: 22 II 1, 2, 5 1742: 22 II 1 1743: 22 II 1, 2, 4 1745: 22 II 5 1746: 22 II 2, 3 1747: 22 II 2, 3, 7 1748 : 22 II 3

1751: 22 II 2, 4 1752: 22 II 1 1754: 22 II 6 1755: 18 V 1; 22 II 6 1756: 22 II 6 1757: 22 II 6; 23 V 1759ff. : 22 II 7 1760: 21 I 3; 22 II 7 1761: 22 II 7 1762: 22 II 7 1763: 22 II 7 1764: 22 II 7 1767: 22 III 2 1768: 22 III 1 1770: 22 III 3 1772: 22 III 3 1773: 18 V 2; 23 I 1774: 19 III 2 1775: 23 III 5; 23 IV 5 1776: 23 III 2 1777: 23 III 1 1779: 1 II 3; 23 III 2 1780: 23 III 2 1780 ff. : 23 II 1781: 23 III 2 1782: 23 III 2 1785: 23 III 3 1786: 23 III 3 1789: 23 III 4 1791: 23 III 4 1791a: 23 II 1791b: 23 II 1791c: 19 III 2; 23 II; 23 III 1 1792: 23 III 5 1793: 23 IV 1 1794: 23 IV 5 1795: 16 I 3; 19 I 2; 23 IV 5; 24 II 1 1796: 19 I 2; 23 IV 5 1800: 23 IV 2 1801: 23 IV 2 1802: 19 I 3 1807: 19 I 3; 23 IV 3 1808: 19 I 3 1811: 23 IV 3 1812: 23 IV 4

Paragraphenverzeichnis 1813: 23 IV 4 1821: 19 I 3; 23 IV 4 1822: 17 III 1; 19 I 3; 23 IV 4 1824: 23 IV 4 1828: 19 I 3; 23 IV 4 1829: 19 I 3 1829ff.: 23 IV 4 1831: 19 I 3 1833: 23 IV 1 1836: 23 II 1840: 19 I 3 1847: 1 II 3 1882: 23 V 1 1883: 21 I 3; 23 V 1 1885: 2 3 V 1886ff.: 23 V 2 1896: 23 I; 23 VI 1 1897: 23 VI 2 1898 ff.: 23 VI 2 1909: 16 I 3; 24 II 1, 3 1910: 19 III 1; 24 II 2 1911:24 114 1912: 19 III 1; 24 II 2 1911: 24 114 1912: 19 II 2; 24 II 5 1913: 24 II 6 1931: 7 II 1; 11 II; 12 II 2, 3 2033: 13 II 1 2064: 19 I 2 2101: 24 II 6 2105: 24 II 6 2108: 24 II 5 2114ff.: 24 II 5 2147ff.: 24 II 5 2274: 19 I 2 2303: 7 II 1; 12 II 2 2303ff.: 12 II 3 2305: 12 II 3 2306: 12 II 3 2307: 12 II 3 2335: 12 II 2, 3 2339: 12 II 2, 3 2339 ff.: 12 112 2342: 12 II 3

2345: 12 II 2 2346: 12 II 2, 3 2347: 19 I 2

17: 4 II 2 18: 5 II 1, 3 20: 5 II 1 21: 5 II 1, 3 23: 4 II 2 Einführungsgesetz zum 24: 6 I 2 B G B (EGBGB) 26: 6 I 4 137: 1 2 I 3 28: 5 IV 30: 2 I 2; 3 II 1; 5 III 2 Bundesausbildungs32: 5 III 3 förderungsgesetz 33: 5 III 4 (BAFöG) 34: 5 III 5 36: 20 III 4 35: 6 II 4 37: 20 III 4 38: 5 II 1 39: 5 III 6; 6 II 4 Bundesnotarordnung 43 a.F.: 14 III 1, 3 (BNotO) 20: 16 II 2 Sechste Durchführungsverordnung zum EheBundessozialhilfegesetz gesetz (HausratsVO) (BSHG) 1: 15 II 2 2: 20 II 1 2: 15 112 21: 20 V 5 3: 15 112 90: 20 V 5 5: 15 II 2 91:20 III 4 8: 15 II 2 9: 15 II 2 Dienstanweisung für 11: 15 112 Standesbeamte (DA) 13: 15 112 184: 4 II 3 Ehegesetz (EheG) 1: 5 V 1 2: 5 II 1 3: 5 III 2; 5 V 2; 18 VI 1 4: 1 II 3; 5 II 1; 5 V 3 5: 5 II 1 7: 5 V 3 8: 5 V 4 9: 5 V 5 10: 5 V 6 11: 4 II 1 12: 4 II 3 13: 4 II 2 13a: 7 I 1 14: 4 II 3 15: 4 II 3 15a: 4 II 1

Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) 5: 12 II 1 6: 12 I 1 7: 13 II 1 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) 35 ff.: 1 III 1 56a: 21 II 3; 22 II 2 56c: 22 II 5 56d: 22 II 5 Gerichtskostengesetz (GKG) 111:9 16 211

Paragraphenverzeichnis Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) 23a: 10 I 3; 16 II 3 23b: 10 I 3; 14 IV 3

Strafprozeßordnung (StPO) 52: 1 II 3; 2 III 3; 7 II 2 Verschollenheitsgesetz (VerschG) Grundgesetz (GG) 9: 5 II 1 1: 18 II Zivilprozeßordnung 2: 5 II 1 (ZPO) 3: 1 III 2; 2 IV 3; 17 II 1 93c: 10 II 6: 1 III 3; 5 II 1; 10 I 2; Pflicht versicherun gs256: 6 I 3 gesetz (PflVG) 10 II 1, 2, 3; 18 II; 323: 20 V 8 3: 10 I 3 18 VII 1 372a: 16 I 2 7: 18 VI 2 383: 1 II 3; 2 II 3; 7 II 2 104: 18 VI 4; 23 IV 2 578ff.: 16 II 3; 21 1 4 Reichs- und Staats117: 1 III 2 angehörigkeitsgesetz 580: 16 II 3 125: 18 VI 2 606: 14 IV 3 (RuStAG) 606ff.: 1 III 1; 6 I 3; 4: 17 II 1 Jugendarbeitsschutz6 II 3; 1 0 1 1 ; 14 IV 3 6: 7 I 2; 22 II 6 gesetz (JArbSchG) 607: 14 IV 2; 19 I 2 9: 7 I 2 1: 17 III 1 614: 14 IV 3 19: 23 IV 4 616: 6 II 3; 14 IV 3; Jugendgerichtsgesetz 16 II 3 Reichs- und StaatsangeÜGG) hörigkeitsänderungs- 620: 7 III 2 5: 19 IV 4 gesetz (RuStAÄndG) 620 ff.: 14 IV 3 621: 14 IV 4; 15 I 2 3: 17 II 1 621a: 15 II 2 Jugendwohlfahrtsgesetz 622: 16 IV 1 (JWG) Gesetz über die religiöse 623: 14 IV 4; 15 I 2 1: 18 II Kindererziehung 630: 14 IV 4; 15 I 2 48: 16 I 3; 18 VII 1 (RKEG) 640 a. F.: 16 II 1 49: 16 II 2 1: 18 VI 2 640: 16 II 3 55: 19 IV 4 2: 18 VI 2 640 ff.: 16 II 3 56: 19 IV 4 3: 23 IV 2, 4 640b: 23 IV 4 57: 19 IV 4 4: 18 VI 2 640 e: 16 II 3 5 8 : 1 9 IV 4 5: 18 VI 2 641 ff.: 16 I 3 62: 19 IV 4 641c: 16 II 2 63: 19 IV 4 Strafgesetzbuch (StGB) 641 i: 16 II 3 6 4 : 1 9 IV 4 35: 1 II 3; 2 III 2; 7 II 2 645ff.: 24 II 2 6 5 : 1 9 IV 4 739: 8 I 3 138: 2 III 2 808: 8 I 3 Konkursordnung (KO) 139: 2 III 2 809: 8 I 3 169: 16 II 2 32: 17 IV 3 850b: 20 V 6 172 a. F.: 10 II 1 850h: 7 V 2 185: 10 II 1, 3 888: 2 I 1; 10 I 1, 3, 4; Nichtehelichengesetz 223 b: 18 VI 1 10 II 2 247: 2 III 2 (NEG) 890: 10 I 1 258: 2 III 2 Art. 12 $ 24: 20 VII 3 212

Personenstandsgesetz (PStG) 3: 4 II 3 9: 4 II 3 12: 4 II 3 29a: 16 II 2 30: 7 I 1 53: 4 II 1